Mishnah Nedarim משנה נדרים Mischnajot mit deutscher Übersetzung und Erklärung. Berlin 1887-1933 [de] https://www.talmud.de/tlmd/die-deutsche-mischna-uebersetzung Mishnah Nedarim Chapter 1 Alle Umschreibungen1 כנוי = Umschreibung, Nebenbenennung, von dem bibl.-hebr. כנה, arab. كنا, zubenennen, einen Beinamen geben, sei es in ehrendem und schmeichelndem oder in tadelndem und lästerndem Sinne; vgl. Jes. 44, 5; Meg. 27b; B. mez. 58b. der Gelübdeformeln sind gleich2 Sie haben die gleiche bindende Kraft. den Gelübdeformeln selbst, die der Bannformeln den Bannformeln selbst, die der Eidformeln den Eidformeln selbst und die der Nasiratformeln den Nasiratformeln selbst.3 Die Reihenfolge der hier aufgezählten Arten von Gelübden und Gelobungseiden ist durch folgende Erwägung bestimmt: Zunächst werden neben den Gelübden die Bannformeln genannt, weil beide sachliche Gelöbnisse sind, d. h. sie geben den Dingen eine vom Menschenwillen zu achtende Bestimmung, sie legen den Dingen die Folgen der einem Gegenstande zugesprochenen Weihe (הקדש) bei (vgl. auch Einleitung S. 173), אוסר חפצא על נפשיה; und bei Cherem lautet die Formel ähnlich wie bei dem Verbotgelöbnis: „דבר זה עלי חרם, dieser Gegenstand sei für mich Banngut.“ Sodann folgen die Eidformeln, weil die Gelobungseide mit den Verbotgelöbnissen zusammen in dem gleichen Capitel der Schrift, Num. 30, behandelt werden; sie unterscheiden sich aber von den letzteren dadurch, dass jene immer persönlich sind, d. h. sie geben dem Menschenwillen Gesetz, sie binden den Willen in Bezug auf einen Gegenstand oder eine Thätigkeit, אוסר נפשיה מחפצא ; vgl. S. R. Hirsch, Kommentar zu Num. 30, 3. Zuletzt werden die Nasiratformeln erwähnt, weil das Nasirat auch durch ein Gelübde bedingt ist, Num. 6, 2. Wenn4 Nach dem Talmud (Ned. 2b) ist vor diesen Worten der Satz einzuschieben: „וידות נדרים כנדרים, die Ansätze (eig. „Griffe, Handhaben“) der Gelöbnisformeln sind gleich den Gelöbnisformeln selbst“, denn die Mischna handelt hier zunächst von den unvollständigen Formeln, nicht aber von den Umschreibungen, die erst in M. 2 folgen. Dass aber die Mischna von zwei genannten Dingen das letzte zuerst behandelt (eine Art von Chiasmus), ist keine seltene Erscheinung, vgl. Sab. II, 1; IV, 1; VI, 1. Die Mischna beginnt jedoch nicht mit dem Satze: ידות נדרים כנדרים, weil die Verbindlichkeit der unvollständigen Gelöbnisformeln erst aus einem Vergleich mit dem Gesetze vom Nasir und dem Worte להזיר, Num. 6, 2 abgeleitet wird, während die bindende Kraft der Umschreibungen (כנויים) unmittelbar aus dem Verse Num. 30, 3 folgt, wo das Gesetz keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Formeln macht, uns vielmehr lehrt, dass ein Gelübde, gleichviel ob man es in der gewöhnlichen Form oder mit einer Umschreibung ausgesprochen hat, bindend ist. einer zum andren sagt: „es sei mir durch Gelübde verboten,5 Zur Form vgl. Jeb. XVI, Note 52. Nach Luzzatto, Literaturbl. des Orient 1847, Nr. 1, Sp. 2 wäre מֻפְרַשְֹנִי ,מֻדַּרְנִי u. s. w. zu punktieren.— Die Worte מדרני ממך resp. die folgenden Ausdrücke der Absonderung und Entfernung bilden mit den Worten שאיני אוכל לך resp. שאיני טועם לך zusammen einen Satz, „es sei mir durch Gelübde verboten, etwas von dem Deinigen zu essen“. Nur in diesem Falle darf er von dem Eigentum des Andren nichts geniessen. Wenn er aber nur מודרני ממך gesagt hätte, so könnte darunter verstanden werden, dass er sich etwa nur den Genuss der Unterhaltung mit ihm versagen will; denn der Ausdruck מודרני ממך ist nicht klar und unzweideutig, Formeln aber, die nicht deutlich den Inhalt des Gelübdes bezeichnen, sind nicht bindend, ידים שאינן מוכיחות לא הווין ידים. Dass aber dieser ganze Satz gleichwohl nur als Ansatz einer Gelöbnisformel (יד) und nicht als vollständiges Gelübde betrachtet wird, hat darin seinen Grund, weil der Gelobende nicht hinzugefügt hat, dass ihm der Genuss des fremden Eigentums wie der eines Opfers (כקרבן) versagt sein soll oder weil er nicht ausdrücklich das Wort אסור (verboten) gebraucht hat; vgl. oben S. 173. (oder) ich will von Dir abgesondert sein,6 Auch hier bilden die Worte מופרשני ממך שאיני אוכל לך zusammen einen Satz, s. Note 5. Die Formel מופרשני ממך allein könnte vielleicht besagen, dass er mit dem andren keinen geschäftlichen Verkehr pflegen will, würde aber nicht deutlich genug zum Ausdruck bringen, dass er von dem Eigentum des andren nichts geniessen will. (oder) ich will von Dir entfernt sein,7 Die Worte מרוחקני ממך allein könnten vielleicht besagen dass er sich nicht in der Nähe des andren, etwa im Umkreise von 4 Ellen, aufhalten will; מרוחקני ממך שאיני אוכל לך ist deshalb als ein Satz aufzufassen. dass ich nichts8 Auch Ms. Or. 567 und ed. princ. lesen שאיני; Ed. Lowe dagegen und unsere Talmudausgaben lesen שאני. Das שאני würde demnach bedeuten: „das, was ich von dem Deinigen essen werde, [soll mir durch Gelübde verboten sein]“. Dies entspricht dann der Form des Gelübdes, welches dem Dinge eine vom Menschen zu achtende Bestimmung auferlegt, אוסר חפצא על נפשיה, s. Note 3. Schwieriger zu deuten ist jedoch die Form שאיני [„dass ich nicht“], weil diese das persönliche Moment betont und an die Eidesformel (שבועה) anklingt. Nach R. Nissim (Ned. 4b s. v. אלא) ist dies also zu erklären: Die Formel שאיני אוכל לך ist als Gelübde nur dann zu betrachten, wenn er zuvor קונם oder einen ähnlichen Ausdruck (s. M. 2) gebraucht hat. Als correctes Gelübde kann es aber trotzdem nicht gelten, weil er die Formel שאיני gebraucht hat, die an die Schwurformel erinnert, es kann vielmehr nur als Ansatz einer Gelöbnisformel (יד) angesehen werden. Andrerseits ist es nur יד נדר und nicht שבועה יד, weil er die ausgesprochene Absicht hatte, durch Gelübde und nicht durch Eid sich den Genuss zu versagen und sein Ausspruch deshalb als Gelübde aufzufassen ist, auch wenn er die Gelöbnisformel nicht ganz correct gebraucht und sie mit der Eidesformel vereinigt hat. von dem Deinigen essen werde, (oder) dass ich nichts von dem Deinigen kosten werde,“ so ist es ihm verboten. [Wenn einer zum andren sagt:] „ich will von Dir verstossen9 מנודה von dem bibl.-hebr. נדה, von sich stossen, entfernen, vgl. Jes. 66, 5; Am. 6, 3. sein,“10 Nach Maim. in seinem Mischnacommentar wäre auch hier zu ergänzen: שאיני אוכל לך, und in diesem Falle dachte R. Akiba daran, in erschwerendem Sinne zu entscheiden und ihm den Genuss zu verbieten; die Formel מנודה אני לך allein könnte jedoch besagen, dass er sich bloss von dem andren etwa 4 Ellen entfernt halten will, ohne sich indess ausserhalb dieser Entfernung den Genuss des fremden Eigentums versagen zu wollen. Nach Andren (Tos.) jedoch wäre dies bei der Formel מנודה אני לך nicht zu vermuten, da niemand diesen Ausdruck, der häufig völligen Bann bedeutet (s. M. kat. III, 1. 2, Ed. V, 6), auf sich selbst wird anwenden wollen, falls er nur die Absicht hat, sich bloss 4 Ellen von dem andren fernzuhalten. Die Formel מנודה אני לך allein wäre vielmehr auch als correctes Gelübde aufzufassen. so zögerte11 חכך, arab. حك, reiben, kratzen, anstossen, vgl. Chul. 23a; dann Anstoss nehmen, zögern, Bedenken tragen. R. Akiba hierbei in erschwerendem Sinne zu entscheiden.12 R. Akiba mochte nicht mit Bestimmtheit erklären, dass diese Formel ähnlich den vorher in der Mischna genannten als Gelöbnisformel anzusehen sei, weil es nicht üblich ist, den Ausdruck נדה auf sich selbst anzuwenden (s. N. 10). Seine Ansicht ging jedoch dahin, dass hier dem Gelobenden dennoch der Genuss zu verbieten sei, weil dieser vielleicht mit dem Ausdruck מנודה nichts andres als mit מרוחק אני sagen wollte. Nach den Weisen aber, die mit R. Akiba controversieren, ist die Formel מנודה אני לך nur als ein Ausdruck entschiedener Ablehnung aufzufassen, ohne dass damit ein Gelübde gemeint ist. Zur Halacha s. Jore dea 206, 3. [Wenn jemand sagt:] „wie die Gelübde der Frevler…,“13 Auch dieser Fall behandelt die Ansätze zu Gelöbnisformeln (ידות) und ist nach dem Talmud (Ned. 9a) also zu erklären: Wenn z. B. ein Stück Brot vor ihm lag und ein Nasir zufällig vorübergeht und er sagt: „כנדרי רשעים הריני ויהא הוא עלי והוא ממני שלא אוכלנו, ich will sein wie einer, der das Gelübde der Frevler tut, es (d. i. das Brot) sei mir verboten [wie ein Opfer], und es sei fern von mir, es (das Brot) zu essen…“ Der Ausdruck „Frevler“ ist hier deshalb gewählt, weil nur ein solcher schnell bereit ist, Gelübde zu tun und zu schwören, ohne zu bedenken, dass er leicht in Gefahr kommen kann, seinen Schwur oder sein Gelübde zu brechen, wenn es sich etwa herausstellt, dass das Tier, das er zum Opfer bestimmt, untauglich ist oder wenn dieses stirbt und er versäumt, ein andres als Ersatz darzubringen (vgl. S. 173). Das Geloben an sich ist nach der Ansicht der Weisen etwas Sündhaftes, und sie folgern dies aus Deut. 23, 23, wo es heisst: „wenn du es unterlässt, ein Gelübde zu tun, so begehst du keine Sünde“, der Gelobende als solcher wird daher חוטא, Sünder genannt; s. Ned. 77b. Nur in gewissen Fällen ist das Gelübde gestattet und auch empfohlen, z. B. um sich selbst zur Ausübung göttlicher Gebote anzuspornen, in deren Erfüllung man sonst träge und lässig wäre. Damit erklärt sich auch Ps. 119, 106 und der Ausspruch des R. Akiba in Abot III, 14. so ist er durch Gelübde verpflichtet hin- sichtlich des Nasirats,14 Er muss, wenn er trotz des Gelübdes das Brot gegessen hat, ein Nasirat von 30 Tagen halten; vgl. Nas. I, 3. des Opfers15 Er muss das Opfer für begangene Untreue darbringen, Lev. 5, 15; denn wenn man durch Gelübde wie Konam u. dergl. (s. M. 2) sich den Genuss einer Sache versagt hat und diese dann dennoch geniesst, so begeht man Untreue, wie wenn man sich an etwas Heiligem vergeht, יש מעילה בקונמות (ת״י). Nach Andren muss er, wenn er gesagt hat: הרי עלי כנדרי רשעים, ein Ganzopfer bringen, da sein Ausspruch dahin aufzufassen ist, dass er geloben wolle, so zu tun wie die Frevler, diese aber sind schnell bereit, Opfer zu geloben. und des Eides.16 Er muss, wenn er das Brot irrtümlich gegessen hat, ein „auf- und absteigendes Opfer“ darbringen (Lev. 5, 4—13), wie es derjenige schuldig ist, der unvorsätzlich einen „Ausspruch-Eid“ (שבועת בטוי) verletzt hat; denn in dem Ausdruck והוא ממני שלא אוכלנו war auch ein Eid enthalten. Wenn er es mutwillig getan hat, so erhält er die Geisselstrafe; vgl. Schebuot III, 7. [Wenn er aber sagt:] „wie die Gelübde der Frommen…,“ so hat er damit nichts gesagt.17 D. h. wenn er gesagt hat, er wolle sein wie einer, der die Gelübde der Frommen tut, dann ist er, selbst wenn der Fall ebenso gelegen und er die gleiche Formel gebraucht hätte, wie oben N. 13 angegeben, in jeder Beziehung frei, denn da die Frommen keine Gelübde tun und nicht schwören, so wollte er nur sagen, dass das Brot ihm nicht verboten sein solle. [Sagt er:] „wie ihre18 Der Frommen. freiwilligen Gaben…,“19 D. h. wenn der Fall so lag wie N. 13 und er sagt: כנדבות כשרים הריני וכו׳. so ist er durch Gelübde verpflichtet hinsichtlich des Nasirats und des Opfers.20 Denn die Frommen pflegen zuweilen ein Nasirat zu übernehmen, um sich von gewissen Dingen fernhalten zu müssen, sowie freiwillige Opfer darzubringen (vgl. Einleitung S. 173), bei denen sie nicht ersatzpflichtig sind und somit die Gefahr, das Verbot Deut. 23, 22 zu übertreten, nicht so nahe liegt. Der Gelobende muss daher, wenn er das Brot gegessen, ein Nasirat von 30 Tagen halten und das Opfer für begangene Untreue darbringen, N. 15. — Das נדר am Schlusse unserer Mischna ist nicht zu urgieren, da ja die Frommen kein Gelübde tun; es ist vielmehr = נדב. Nur zu נזיר ist durchaus das Prädicat נדר erforderlich, vgl. Num. 6, 2; es kann daher das נדר hier als Zeugma angesehen werden. Wenn21 Hier beginnt die Aufzählung der in M. 1 erwähnten Umschreibungen, während bisher die unvollständigen Formeln (ידות) behandelt wurden, s. N. 4. einer zum andren22 In der ed. princ., im jerus. Talmud und bei Alfasi fehlt לחברו. Es ist tatsächlich überflüssig, da man durch die Formel „Konam“ nicht nur einem andren, sondern auch sich selbst den Genuss einer Sache verbieten kann. sagt: „Konam,23 Nach R. Jochanan (Ned. 10a) sind die hier folgenden Nebenformen und Umschreibungen Wörter, die bei den Heiden üblich waren und „Opfer“ bedeuteten. Nach Resch Lakisch hingegen sind diese Ausdrücke von den jüdischen Weisen erfunden, um die Möglichkeit zu schaffen, auch ohne das Wort קרבן ein Gelübde zu thun. Denn bei dieser Formel, die in der Regel קרבן לה׳ lautet, ist zu befürchten, dass man sie auch in umgekehrter Reihenfolge (לה׳ קרבן) gebrauchen, sich aber gleich nach dem ersten Worte לה׳ eines andren besinnen und das Gelübde unterlassen könnte. In diesem Falle aber würde man den Gottesnamen unnütz ausgesprochen haben. — Das Wort קנמי findet sich in der um die Mitte des 19. Jahrhunderts bei Sidon aufgefundenen Eschmunazar-Inschrift zweimal und bedeutet nach der Erklärung von S. Munk (im Journ. asiatique 1856, S. 296) „ich beschwöre, mein Schwur ergeht an …“, also soviel als משביע אני. Ebenso Kalisch, Jüd. Litteraturbl. 1880, S. 167; er sieht in קנם das syr. ܩܢܽܘܡܳܐ Person, Substanz; daher קנמי = bei meiner Person, bei meinem Leben! Anders Schlottmann in ZDMG X, 409, Nöldeke, ib. XXIX, 326. Die Inschrift selbst ist in dem Corpus inscriptionum semiticarum I, S. 16 ff. abgedruckt und erklärt. Bemerkenswert ist nur, dass קונם nach der Auffassung der Mischna eine Umschreibung für קרבן, also ein נדר ist, während es nach jener Inschrift eine Beschwörung, also שבועה sein müsste. Hinfällig ist damit die Annahme Frankels in seiner Monatsschr. 1856, S. 574, Anm. 5, dass das ם in קונם Suffix sei, das Wort selbst also soviel bedeute als „ihr Schöpfer, es sei ihrem Schöpfer gewidmet“ und deshalb eine Nebenbenennung für קרבן לה׳ sei, wie etwa das latein. Diis sacrum. — Ebenso unwahrscheinlich ist die Ableitung Levys in seinem Wörterbuch, wonach zunächst קרבן in קרן ,קבן verkürzt und dieses dann in der Bedeutung von قان und قين (mit angehängtem ם) genommen wurde, sodass es = קרבן לה׳ war. — Die hier in der Mischna angedeutete Formel muss z. B. gelautet haben: (או עלי) קונם ככר זה עליך, Konam sei dieses Brot für dich (oder für mich). Konach, Konas…“,24 Konach und Konas sind entweder Fremdwörter, die bis jetzt nicht ermittelt sind, oder Verstümmelungen und dialectische Abweichungen von der Grundform קונם. Wenn das erstere der Fall ist, so sind jedenfalls semitische Wörter zur Erklärung heranzuziehen, nicht aber griechische, wie Graetz, Monatsschr. XIX, S. 233 will, der in קונם u. s. w. Anklänge an χῆνα ϰαἱ ϰύνα, „Gans und Hund“ sieht, bei denen man nach dem Scholiasten zu Aristophanes, Aves 5, 20 statt bei den Göttern geschworen haben soll! so sind dies Umschreibungen für „Opfer“.25 D. h. der Gegenstand ist ihm zum Genusse ebenso verboten wie ein Opfer. Die Formel דבר זה יאסר עלי כקרבן wäre die eigentliche Form eines Verbotgelöbnisses (נדר), weil man gern das Opfer wegen seiner Häufigkeit als Beispiel eines verbotenen Gegenstandes wählte, vgl. Einl. S. 173, 2; da nun קונם u. s. w. Umschreibungen für קרבן sind, so sind mit diesem ersten Satze der Mischna die ersten vier Worte der M. 1 erklärt, vgl. oben N. 4, [Wenn jemand sagt:] „Cherek, Cherech, Chereph…“,26 „Dieser Gegenstand sei für mich (oder dich) Cherek …“ Vgl. auch N. 23 . so sind dies Umschreibungen für „Banngelöbnis“.27 Der Gegenstand ist ihm daher zum Genusse verboten, als ob er das Wort חרם gebraucht hätte. Denn wenn jemand sagt: „Dieser Gegenstand sei Banngut (חרם) dem Ewigen“, so ist er für den profanen Gebrauch verboten. Das Gleiche gilt, wenn jemand schlechthin sagt: „Dieser Gegenstand sei Banngut“ und er diesen noch nicht den Priestern übergeben hat, denen Alles, was ohne nähere Bestimmung als Banngut erklärt wird, zu überweisen ist; s. Arach. VIII, 6; Maim. Hil. Arach. VI, 1; vgl. auch Ned. II, 4. [Wenn jemand sagt:] „Nasik,28 Er sagt: „ich will Nasik …. sein“, anstatt das Wort נזיר zu gebrauchen. Nasiach, Pasiach…“,29 Die hier genannten Wörter sind offenbar Verstümmelungen des Wortes נזיר. Wie weit man auch hier ging, alle schwierigen Wörter im Talmud mit Hilfe des griechischen Lexicons zu erklären, beweist die Annahme Krochmals in seinen Scholien zum bab. Talmud, S. 231, dass פזיח = ψυχή sei! Die Formel פזיח habe deshalb ebenso bindende Kraft wie נזיר, weil der Nasir durch sein Gelübde sich verpflichte, ein mehr geistiges, „psychisches“ Leben zu führen! so sind dies Umschreibungen für Nasiratformeln.30 Er muss also 30 Tage Nasir sein, Nas. I, 3. [Wenn jemand sagt:] „Schebuta,31 Er sagt z. B. anstatt שבועה die Formel שבותה שלא אוכל ככר זה, Schebuta, dass ich dieses Brot nicht essen werde. Schekuka“,32 Anstatt שקוקה lesen Alfasi, Mëiri, R. Ascher, Jore dea 237, 10 שבוקה. oder wenn jemand mit [der Formel] „Mota“33 מותא ist eine Abkürzung des aram. Wortes מוֹמָתָא, ܡܰܘܡܬܳܐ = Schwur; Targum Onkelos gebraucht es für שבועה, z. B. Gen. 24, 8. Die Lesart im jerus. und bab. Talmud ist במוהי, bei Maim. במוהא, bei R. Ascher נדר במומי נדר במוהי. Nach der Erklärung des Talmud (Ned. 10b) ist die Formel der Mischna dahin zu verstehen, dass er gesagt hat: „במומתא דאמר מוהי = bei dem Schwure, den Mose ausgesprochen hat“, wobei מוהי eine Nebenform für משה ist und ויואל משה (Ex. 2, 21) im Sinne von „schwören“ (wie ויאל I Sam. 14, 24) genommen wird. gelobt,34 Das Wort נדר ist hier nur darum gebraucht, weil die Mischna von „Gelübden“ handelt; thatsächlich ist מותא die Umschreibung eines Schwures. — Die Mischna trennt die beiden Formen שקוקה ,שבותה von מותא durch das Wort נדר, weil jene beiden Wörter Verstümmelungen von שבועה sind, מותא dagegen eine Umschreibung für שבועה ist. so sind dies Umschreibungen für „Eid“.35 Das Brot ist ihm daher zum Genusse verboten. — Die Reihenfolge der hier aufgezählten Umschreibungen ist nicht der in M. 1 parallel, weil dort die materielle Ähnlichkeit der Gelübde entscheidend war (s. N. 3), hier aber das sprachliche Moment die Ordnung bestimmt; denn die Umschreibungen für חרם ,קרבן und נזיר sind von den betreffenden hebräischen Worten abgeleitet oder aus ihnen corrumpiert, während die zuletzt genannte Umschreibung des Schwures, מותא, der aramäischen Sprache angehört. Wenn jemand sagt:35a In der ed. princ. fehlt האומר. In unserer Mischna fehlt ebenso wie in der folgenden das Wort לחברו; es ist aus der Formel אוכל לך zu erschliessen und deshalb fortgelassen. „nicht profan soll sein, was ich von dem Deinigen essen werde,36 Wörtlich: „nicht profan soll [z. B. dieses Brot, das Dir gehört, für mich] sein, ich will [daher] von dem Deinigen nicht essen.“ Daneben besteht aber auch die andre und verständlichere Lesart (Talmud und Kommentare): לַחֻלִּין שאוכל לךּ, wo das לַ = לָא aufzufassen ist, also: „nicht profan sei, was ich von dem Deinigen essen sollte“. Aus dieser Negation ist auf das Gegenteil zu schliessen, sodass er sagen will: nicht profan, sondern heilig (הקדש) soll es sein. [oder] nicht tauglich,37 D. h. „nicht tauglich sei, was ich von dem Deinigen essen sollte“, und so sind in allen folgenden Fällen die Worte שאוכל לך zu ergänzen. Der Gelobende will damit sagen, dass das Eigentum des Andren für ihn den Dingen gleich zu achten sei, bei denen man die Attribute כשר und (das Gegenteil) פסול anwendet, das sind Opfer, vgl. Seb. I, 1 u. s. nicht erlaubt,38 דכי ist das aram. Äquivalent für das hebr. טהור, sowohl im Sinne von „(levitiseh) rein“, vgl. Targ. Onk. zu Lev. 12, 4, als von „erlaubt (zum Genusse)“, vgl. Targ. Onk. zu Lev. 11, 47; Ed. VIII, 4. Das Attribut אסור, verboten (als Gegenteil von דכי = מותר) wird zwar auch bei Dingen gebraucht, die von der Thora zum Genusse verboten sind, z. B. vom Aas, Blut u. dergl., und wenn der Gelobende hieran dächte, wäre sein Gelübde ungültig, s. Einl. S. 173, 2. Indessen wird אסור auch von Opfern und Heiligtümern gesagt, die erst durch die Bestimmung des Menschen ihre Weihe erhalten haben, und da man bei Gelübden, die ohne nähere Bestimmung getan sind, in erschwerendem Sinne entscheidet (Ned. II, 4), so ist das Gelübde gültig, da er auch an Opfer gedacht haben kann, zumal aus seinen Worten auf seine Absicht zu schliessen ist, dass er sich durch Gelübde etwas versagen will. rein39 Vor dem Worte טהור ist (nach R. Nissim) das לא aus dem vorhergehenden Falle zu ergänzen. Er will sagen: „nicht rein sei für mich, was ich von dem Deinigen essen werde, sondern unrein“. Diese Attribute gelten auch beim Opfer, sein Gelübde ist somit gültig. Bei Alfasi lautet auch der Text der Mischna לא טהור. — Nach R. Ascher ist das טהור mit dem darauf folgenden טמא zu verbinden, sodass der Gelobende sagen wollte: „Das, was ich von dem Deinigen essen werde, sei für mich rein und unrein“, d. h. habe den Character der Dinge, auf die man in der Regel die Attribute „rein und unrein“ anwendet, das sind Heiligtümer. [und] unrein,40 „Unrein sei, was ich von dem Deinigen essen werde“, ebenso in den folgenden Fällen. Übriggebliebenes41 Was vom Opfer über die vorgeschriebene Zeit hinaus zurückgeblieben und darum zum Genusse verboten ist, Ex. 29, 34, Lev. 7, 17 u. o. [und] Verworfenes“,42 Ein Opfer, das über die vorgeschriebene Zeit hinaus oder ausserhalb des vorgeschriebenen Ortes gegessen werden soll, Lev. 7, 18; Seb. II, 3. so ist es ihm verboten.43 Das Brot zu essen. Da er bei seinem Gelübde Ausdrücke gebraucht hat, die bei Opfern angewendet werden, so hat er dem Brote den Character eines Opfers beilegen und es sich zum Genusse verbieten wollen. — Die Mischna trennt hier die bisherigen Fälle von den nachfolgenden durch das Wort אסור, obgleich bei diesen das Gelübde ebenso bindend ist wie bei jenen, weil im zweiten Teile der Mischna alle Formeln durch das כ der Vergleichung eingeführt werden und so eine zusammengehörige Gruppe bilden. In der ed. princ. fehlt אסור. [Sagt er:] „wie das Lamm,44 אמרא ist das aram. Äquivalent für das hebr. שה oder כבש, s. Targ. Onkelos zu Gen. 30, 32; Ex. 29, 39; vgl. Esr. 6, 9. 17; 7, 17. — Der Gelobende meint: wie das bestimmte, als Opfer vorgeschriebene Lamm, denn אמרא ist durch das angehängte א determiniert. wie die Schuppen,45 Die zur Aufbewahrung der Opfertiere oder des Holzes dienten. דיר, Stall, Hürde, Schuppen, von dem aram. דור, wohnen, weilen, Dan. 4, 9. 18; bibl.-hebr. דור. Vgl. auch B. kamma VI, 1: הכונס צאן לדיר; Mid. II, 5: לשכת דיר העצים. Der jerus. Talmud liest כדיריים. wie das Holz,46 Das auf dem Altar zum Verbrennen der Opfer aufgeschichtet lag (עצי המערכה). wie die Feueropfer,47 Die Opfer, die אשי ה׳ genannt werden, Lev. 21, 6 u. o. Nach dem jerus. Talmud z. St. ist אשים als Plural von אש zu fassen, also Flammen; der Gelobende meint dann das, was von den Flammen des Altars verzehrt wird. wie der Altar,48 D. i. wie die Opfer, die auf dem Altar verbrannt werden. wie der Tempel,49 D. i. wie die Opfer, deren Blut im Innern des Heiligtums auf den Altar gesprengt wurde (Lev. 4, 1 ff; 17, 14 ff), im Gegensatz zu den Opfern, deren Blut auf den grossen Altar in der Vorhalle gesprengt wurde. wie Jerusalem…“,50 D. i. wie die Opfer, die in Jerusalem dargebracht oder hier gegessen wurden und vor der Sprengung des Blutes auf den Altar zum Genusse verboten waren. oder wenn er gelobt bei einem von den Werkzeugen des Altars,51 Wie Pfannen, Schaufeln u. dergl., Ex. 27, 3. obgleich er [das Wort] „Opfer“ nicht erwähnt, so ist das ein Gelübde wie mit [dem Worte] „Opfer“.52 Weil man in der Regel dem Gegenstand, dessen Genuss man sich versagen will, den Character eines Opfers beizulegen pflegt; s. Einl. S. 173,2 . R. Jehuda sagt: Wenn jemand sagt: „. . Jerusalem…“,53 Er sagt ohne das כ der Vergleichung: „Jerusalem sei für mich das, was ich von dem Deinigen essen werde.“ so hat er damit nichts gesagt.54 Und das Brot ist ihm zum Genusse erlaubt. Hätte er aber כירושלים gesagt, so würde R. Jehuda mit dem ungenannten Tanna unsrer Mischna (ת״ק) übereinstimmen. — Nach einer im Talmud Ned. 11a citierten Boraita ist jedoch nach R. Jehuda auch das mit der Formel כירושלים eingeführte Gelübde ungültig, es sei denn, dass er ausdrücklich gesagt hätte: bei den Opfern, die in Jerusalem dargebracht werden. Der Widerspruch zwischen Mischna und Boraita wird dort gelöst durch die Annahme, dass zwei Überlieferungen im Namen des R. Jehuda bestanden haben. Nach der einen hielt R. J. die Stadt Jerusalem selbst für heilig; wenn der Gelobende also sagte: כירושלים, so war das Gelübde gültig, wie auch der anonyme Tanna erklärt, weil dadurch das Brot die Weihe empfing, die Jerusalem besass. Nach der andren Überlieferung jedoch hielt R. J. die Stadt selbst nicht für heilig, und darum war, wenn er nur בירושלים sagte, das Gelübde ungültig. Die ed. princ. liest auch in unsrer Mischna כירושלים. Wenn jemand sagt: „ein Ganzopfer,55 Ganzopfer können sowohl freiwillige Spenden als auch vorgeschriebene Pflichtopfer sein, vgl. Num. 28, 3. 10 ff; 29, 2 ff. Im letztern Falle hat es zwar den Anschein, als ob hier der Gelobende dem Brote den Character eines bereits von der Thora zum Genuss verbotenen Gegenstandes beilegt, und das Gelübde sollte demgemäss ungültig sein, s. Einl. S. 173, 2. Gleichwohl ist hier das Gelübde gültig, weil man nicht eher verpflichtet ist, die einzelnen Tiere oder Ganzopfer darzubringen, als bis man sie dazu geweiht hat; insofern ist auch das Ganzopfer, welches ein Pflichtopfer ist, als דבר הנדור zu betrachten, d. h. als etwas, das erst durch die Bestimmung des Menschen seine Weihe empfangen hat. — Mëiri fasst קרבן und עולה hier als zwei getrennte Fälle; indessen spricht die Aufzählung der Mischna dafür, dass hier von Pflichtopfern die Rede ist, קרבן an sich kann aber nicht als Pflichtopfer bezeichnet werden. Überdies wäre dann der Fall: קרבן שאני אוכל לך mit dem im zweiten Satze folgenden: קרבן שאוכל לך identisch. [oder] Speiseopfer,56 Das Speiseopfer ist auch Pflichtopfer, s. die N. 55 citierten Stellen. Sündopfer,57 Auch dies ist Pflichtopfer, s. Lev. 4, 2 ff. Dankopfer,58 Dankopfer sind zwar nach dem Thoragesetz keine Pflichtopfer, sondern können nur als Gelübde oder freiwillige Gaben dargebracht werden, s. Lev. 7, 16. Nach den Weisen jedoch (Ber. 54b) sind vier Personen zum Dankopfer verpflichtet: die aus Wüsten- und Kerkernot, aus Krankheits- und Seegefahr Erretteten, die der Ps. 107 schildert und von denen es dort v. 22 heisst: sie sollen Dankopfer bringen. Friedensopfer59 Friedensopfer sind in gewissen Fällen von der Thora vorgeschriebene Pflichtopfer, s. Lev. 23, 19; Num. 6, 14. sei, was ich60 Ed. Lowe, ed. princ. und Ms. Or. 567 lesen שאיני. Dies wäre dann so zu erklären: „Opfer sei [für mich das Brot, das dir gehört], denn ich will von dem Deinigen nicht essen.“ Vgl. auch Ned. II, 2. von dem Deinigen essen sollte“, so ist es ihm verboten; R. Jehuda aber erlaubt es.61 Weil er nicht das כ der Vergleichung gebraucht hat, klingt die Formel wie ein Schwur (vgl. auch Ket. II, N. 57), ohne jedoch ein solcher zu sein. In Mischna 3 erklärte jedoch auch R. Jehuda das Gelübde mit der Formel נותר ופגול selbst ohne das vergleichende כ für gültig, weil diese Begriffe an sich schon darauf hinweisen, dass etwas Verbotenes gemeint sein soll, was bei „Opfer“ nicht der Fall ist. [Wenn er sagt:] „das Opfer, [oder] wie Opfer, Opfer sei, was ich von dem Deinigen essen sollte“, so ist es ihm verboten.62 Dass das Gelübde mit der Formel קרבן und כקרבן gültig ist, war bereits aus dem Vorhergehenden zu entnehmen und brauchte eigentlich nicht wiederholt zu werden. Dieser ganze Satz ist indessen nur wegen der Formel הקרבן notwendig; denn diese Formel הקרבן könnte auch als Schwur gedeutet werden, als wollte der Gelobende sagen: „beim Opfer, beim Leben des Opfers, dass ich von dem Deinigen essen werde!“ Dies aber wäre weder ein Gelübde noch ein Schwur, und das Brot wäre ihm dann zum Genusse erlaubt. Deshalb erklärt hier die Mischna ausdrücklich, dass es ihm verboten ist. Dieser Satz steht jedoch mit dem Satz קרבן שאוכל לך . . מותר in Ned. II, 2 nicht in Widerspruch, weil dieser eine andre Deutung erfährt, s. dort N. 26. [Sagt er:] „zum Opfer,63 Ed. Lowe und ed. princ. lesen: לא קרבן לא אוכל לך; vgl. jedoch Ned. II, 2 und das. N. 27. ich werde von dem Deinigen nicht essen“, so erklärt es ihm R. Meir für verboten.64 Denn er meint: „zum Opfer sei [dein Brot], ich werde [deshalb] von dem Deinigen nicht essen.“ Wenn einer zum andren sagt: „Konam23 Nach R. Jochanan (Ned. 10a) sind die hier folgenden Nebenformen und Umschreibungen Wörter, die bei den Heiden üblich waren und „Opfer“ bedeuteten. Nach Resch Lakisch hingegen sind diese Ausdrücke von den jüdischen Weisen erfunden, um die Möglichkeit zu schaffen, auch ohne das Wort קרבן ein Gelübde zu tun. Denn bei dieser Formel, die in der Regel קרבן לה׳ lautet, ist zu befürchten, dass man sie auch in umgekehrter Reihenfolge (לה׳ קרבן) gebrauchen, sich aber gleich nach dem ersten Worte לה׳ eines andren besinnen und das Gelübde unterlassen könnte. In diesem Falle aber würde man den Gottesnamen unnütz ausgesprochen haben. — Das Wort קנמי findet sich in der um die Mitte des 19. Jahrhunderts bei Sidon aufgefundenen Eschmunazar-Inschrift zweimal und bedeutet nach der Erklärung von S. Munk (im Journ. asiatique 1856, S. 296) „ich beschwöre, mein Schwur ergeht an …“, also soviel als משביע אני. Ebenso Kalisch, Jüd. Litteraturbl. 1880, S. 167; er sieht in קנם das syr. ܩܢܽܘܡܳܐ Person, Substanz; daher קנמי = bei meiner Person, bei meinem Leben! Anders Schlottmann in ZDMG X, 409, Nöldeke, ib. XXIX, 326. Die Inschrift selbst ist in dem Corpus inscriptionum semiticarum I, S. 16 ff. abgedruckt und erklärt. Bemerkenswert ist nur, dass קונם nach der Auffassung der Mischna eine Umschreibung für קרבן, also ein נדר ist, während es nach jener Inschrift eine Beschwörung, also שבועה sein müsste. Hinfällig ist damit die Annahme Frankels in seiner Monatsschr. 1856, S. 574, Anm. 5, dass das ם in קונם Suffix sei, das Wort selbst also soviel bedeute als „ihr Schöpfer, es sei ihrem Schöpfer gewidmet“ und deshalb eine Nebenbenennung für קרבן לה׳ sei, wie etwa das latein. Diis sacrum. — Ebenso unwahrscheinlich ist die Ableitung Levys in seinem Wörterbuch, wonach zunächst קרבן in קרן ,קבן verkürzt und dieses dann in der Bedeutung von قان und قين (mit angehängtem ם) genommen wurde, sodass es = קרבן לה׳ war. — Die hier in der Mischna angedeutete Formel muss z. B. gelautet haben: (או עלי) קונם ככר זה עליך, Konam sei dieses Brot für dich (oder für mich). sei mein Mund, der mit Dir spricht, meine Hand, die mit Dir arbeitet, mein Fuss, der mit Dir geht“, so sind sie ihm verboten.65 Obschon Konam die Umschreibung eines Gelübdes ist, ein Gelübde aber, da es eine Sache zum Genusse verbietet (s. N. 2), sich nur auf einen concreten Gegenstand, nicht aber auf eine Tätigkeit beziehen kann, sind ihm hier dennoch die verschiedenen Handlungen verboten, weil sich Konam auch auf Mund, Hand und Fuss beziehen kann und man bei Gelübden, die ohne genauere Bestimmung getan sind, in erschwerendem Sinne entscheidet, Ned. II, 4. Nach den Rabbinen ist ein Gelübde, das sich auf eine Tätigkeit und nicht auf eine Sache bezieht, auch gültig, s. Jore dea 213, 1. Chapter 2 Folgende1 Zu אלו vgl. Ket. III, N. 1. [Gelübde] sind erlaubt:2 D. h. die Gelübde sind nichtig und bedürfen nicht erst der Lösung durch Gelehrte. [Wenn jemand sagt:] „Profan sei,3 Ed. Lowe liest לחולין. Aus Ned. 13b ist aber zu ersehen, dass חולין die richtige Lesart ist. was ich von dem Deinigen essen werde,4 Es ist selbstverständlich, dass der Gelobende die Sache geniessen darf, von der er sagt, sie solle profan sein; dieser ganze Fall ist daher überflüssig. Er ist wohl nur deshalb hierhergesetzt, um zu zeigen, dass ein Gelübde nicht bloss dann nichtig ist, wenn es dem Gegenstande den Character eines an sich verbotenen beilegt, sondern auch dann, wenn es ihm den eines zum Genusse erlaubten beilegt. [oder] wie Schweinefleisch,5 Lev. 11, 7. Das Gelübde ist nichtig, weil Schweinèfleisch nicht durch die freie Bestimmung des Menschen, sondern bereits durch Thoragesetz verboten ist (דבר האסור), s. Einl. S. 173, 2. Das Gleiche gilt auch in den folgenden Fällen. wie ein Götze,6 Deut. 7, 25. — ע״ז oder עכו״ם heisst in der Mischna nicht nur der Götzendienst, sondern auch der Götze selbst, vgl. Ab. s. I, 3 u. o. wie Tierfelle, die dem Herzen gegenüber aufgerissen sind,7 לבב ein verb. denomin. von לב, am Herzen oder in der Gegend des Herzens etwas tun. — Die Heiden pflegten das Fell noch lebender Tiere dem Herzen gegenüber aufzureissen, das Herz herauszunehmen und dem Götzen als Opfer darzubringen; s. auch Ab. sara II, 3. wie Aas,8 Deut. 14, 21. wie Zerrissenes,9 Ex. 22, 30. Im Talmud: וטרפות. wie Geschmeiss,10 Lev. 11, 11. 13. 20. 23. wie Gewürm,11 Lev. 11, 29. 41. Im Talmud: ורמשים. wie die Teighebe12 Num. 15, 20. Arons12a Aron ist nur als Beispiel eines Priesters genannt, weil er der erste aller Priester war. oder wie seine Hebe,“13 Num. 18, 8; Lev. 22, 10. — Challa und Hebe erhalten zwar ihre Weihe erst durch die Bestimmung des Menschen, ein Gelübde, das einem Gegenstand ihren Character beilegt, sollte daher eigentlich gültig sein. Es ist gleichwohl ungültig, weil derjenige, der Challa oder Hebe abscheidet, nicht sowohl die Absicht hat, über das Abgeschiedene ein Verbot (für Nichtpriester) auszusprechen als vielmehr durch diese Handlung den Teig resp. das Getreide zum Genusse geeignet zu machen. Insofern heissen Challa und Hebe nicht דבר הנדור (s. Ned. I, N. 55), zumal sie ja nicht erst durch die Bestimmung des Menschen, sondern auch ursprünglich schon zum Genusse verboten waren (als Tebel, s. Sanh. VIII, N. 23 und Mak. III, N. 27). — Die Mischna zählt hier Dinge auf, bei denen die Grade des Verbotes verschieden sind: zunächst Schweinefleisch, das nur zum Essen verboten, dann Götzen, die auch zur Nutzniessung verboten sind, darauf Teile von Götzenopfern, die niemals den Character eines Götzen verlieren, während dies bei Götzen selbst der Fall sein kann (s. Ab. sara IV, 4 ff). Es folgen: Aas, bei dem das Gesetz insofern noch strenger als bei den vorgenannten Dingen ist, als es in der Grösse einer Olive [levitisch] verunreinigt (Nid. 42 b); Zerrissenes, das eigentlich schon vorher, neben dem Schweinefleisch aufgezählt sein müsste, aller gewöhnlich in Verbindung mit Aas genannt wird; Geschmeiss und Gewürm, das bereits in der Grösse einer Linse [levitisch] verunreinigt (Chag. 11a). Zuletzt werden Challa und Hebe genannt, weil sie „Heiligtümer“ sind. so ist es [ihm] erlaubt.2 D. h. die Gelübde sind nichtig und bedürfen nicht erst der Lösung durch Gelehrte. Wenn jemand zu seiner Frau sagt: „Du seist mir [verboten] wie meine Mutter“,14 אמא = meine Mutter, ef. Mid. I, 2, ähnlich wie אבא = mein Vater, s. Ket. II, Note 61. Die Mutter ist nur als Beispiel einer dem Gelobenden zur Ehe verbotenen Frau gewählt. so öffnet man ihm von andrer Seite einen Ausweg [zur Reue],15 Es genügt zur Lösung des Gelübdes nicht, dass er erklärt, er bereue, sein Gelübde überhaupt getan zu haben und würde es bei richtiger Überlegung durchaus nicht ausgesprochen haben (חרטה מעקרא); es genügt auch nicht, dass man ihm durch den Hinweis auf die Pflicht der Pietät gegen die Eltern einen Ausweg zur Reue eröffnet, indem man etwa zu ihm sagt: hättest du bedacht, dass es ein Mangel an Ehrerbietung gegen deine Mutter ist, ein solches Gelübde zu tun, so hättest du es gewiss nicht ausgesprochen. Er muss vielmehr einen Kundigen um die Entscheidung befragen und dieser muss ihm die Möglichkeit, sein Gelübde zu bereuen, durch den Hinweis auf andre Momente als die Pietät gegen die Mutter eröffnen und kann es dann erst lösen. Vgl. auch M. 5 und Ned. IX, 1. damit er hierin nicht leichtsinnig sei.16 הקיל ראש, leicht sein mit Bezug auf die Gesinnung, leichtsinnig sein, s. Ber. IX, 5; קלות ראש, Leichtsinn, Ned. II, 5 Ende, Ab. III, 14. — Obschon das Gelübde eigentlich ohne weiteres ungültig sein sollte, da er es in Verbindung mit etwas getan, das ihm schon durch Thoragesetz verboten ist, nämlich seiner Mutter, verfährt man dennoch hier strenger, um zu verhüten, dass ein Mann in Momenten der Aufregung sich durch Gelübde den ehelichen Umgang versage; vgl. auch Ket. V, 6. Nach dem Talmud (Ned. 14a) ist diese Bestimmung der Weisen jedoch nur für Unkundige (עם הארץ) getroffen; zur Halacha s. Jore dea 205, 1. [Wenn jemand sagt:] „Konam,17 S. Ned. I, N. 23. dass ich nicht schlafen,18 Ed. Lowe, ed. princ., Ms. Or. 567 und Talmudausg. haben שאני; R. Nissim z. St. erklärt שאני für die richtige Lesart, weil Konam als Umschreibung von נדר ein sachliches Gelöbnis ist, s. Ned. I, N. 3. Es wäre dann zu übersetzen: Konam (d. h. wie Opfer verboten) sei mir der Schlaf, den ich schlafen werde u. s. w. [oder] dass ich nicht sprechen, dass ich nicht gehen werde,“19 Nach der Thora wäre das Gelübde nicht bindend, da es sich nur auf eine Tätigkeit, nicht aber auf einen greifbaren Gegenstand bezieht, vgl. Ned. I, N. 65. [oder] wenn jemand zu seiner Frau sagt: „Konam, dass ich Dir nicht beiwohnen20 שמש, bedienen ist hier euphemistischer Ausdruck für „beiwohnen“, vgl. Ket. V, N. 57. werde,“21 Der Mann ist zum ehelichen Umgang nach der Thora verpflichtet und hat kein Recht, sich durch ein Gelübde dieser Pflicht zu entziehen, sowenig etwa jemand einem andren eine Sache zum Genusse verbieten kann, über die er selbst nicht zu verfügen hat. Der Fall unsrer Mischna muss deshalb so erklärt werden, dass er gesagt hat: Konam sei mir der Genuss Deiner Beiwohnung; in diesem Falle ist das Gelübde gültig, da man dem Gelobenden nicht einen Genuss gestatten darf, den er sich selbst versagt hat. so tritt hier [das Gesetz] in Kraft: „Er darf sein Wort nicht entweihen“ (Num. 33, 3).22 Die Gültigkeit der Gelübde ist hier (nach Ned. 15a) jedoch nur eine rabbinische Anordnung, weil sie nicht greifbare Gegenstände betreffen. In dem letzten Falle darf also der Mann keinen ehelichen Umgang pflegen, obschon er nach der Thora dazu verpflichtet wäre (Gen. 1, 28; Ex. 21, 10), weil die Weisen die Kraft haben, unter Umständen ein Thoragesetz aufzuheben, indem sie anordnen, die Ausübung eines Gebotes zu unterlassen (יש כת לחכמים לעקור דבר מן התורה בשב ואל תעשה). Nach Tos. s. v. רבינא ist in diesem Falle das Gelübde auch nach der Thora gültig. [Wenn jemand sagt:] „Ich schwöre, dass ich nicht schlafen,23 Eig.: „ein Schwur, dass u. s. w.“ Der Schwur ist hier nur dann bindend, wenn er für kurze Zeit den Schlaf verbieten sollte. Wenn aber jemand schwört, drei Tage lang nicht zu schlafen, so ist er die Geisselstrafe schuldig, da er einen vergeblichen Eid (שבועת שוא) geleistet, indem er sich durch den Schwur zu etwas physisch Unmöglichem verpflichtet (s. Scheb. III, 8). In diesem Falle hat der Eid keine Folge, und der Schwörende macht sich sofort strafbar. [oder] dass ich nicht reden, dass ich nicht gehen werde“, so ist es [ihm] verboten.24 Nach der Thora; denn der Eid ist auch gültig, wenn er sich nicht auf einen Gegenstand, sondern auf eine Tätigkeit bezieht, s. Ned. I, N. 3. — Die Mischna zählt hier nicht parallel dem vorigen Satze den Fall auf: שבועה שאיני משמשך, ich schwöre, dir nicht beizuwohnen, weil dieser Schwur ungültig wäre wie jeder Schwur, der auf die Übertretung eines Verbotes oder die Unterlassung eines Gebotes abzielt, s. Scheb. III, 6. Und selbst wenn man diese Formel (ähnlich wie oben N. 21) dahin erklären wollte, dass er meint: הנאת תשמישך יאסר עלי בשבועה, der Genuss deiner Beiwohnung sei mir durch Eid verboten, wäre dieser Ausspruch nicht bindend, da ein Schwur in Form eines Gelübdes hinsichtlich der Übertretung oder Erfüllung eines Gesetzes nicht bindend ist, s. Jore dea 239, 4. [Damit erledigt sich die von L. Heller in Tos. Jomtob s. v. שבועה aufgeworfene Frage]. [Wenn jemand sagt:] „Opfer! Ich werde von dem Deinigen nicht essen,25 Bei Anwendung dieser Formel ist ihm der Genuss vom Gute des Andren erlaubt, weil sie wie ein „Schwur beim Opfer“ klingt, ein solcher Schwur aber ist ungültig. Sollte es aber ein Gelübde sein, so würde es soviel heissen als: Opfer sei, was ich von dem Deinigen nicht essen werde, woraus zu schliessen wäre: was ich aber wohl von dem Deinigen essen werde, soll nicht Opfer sein, und auch dann müsste ihm der Genuss erlaubt sein. — Dieser Satz der Mischna steht aber nicht im Widerspruch mit dem in Ned. I, 3: לא חולין לא אוכל לך … אסור, dem die Deutung gegeben wurde: nicht profan sei es, ich will deshalb von dem Deinigen nicht essen, während in unsrer Mischna קרבן לא אוכל לך .. מותר nicht in ähnlicher Weise gedeutet wird. Denn jener Satz in I, 3 liess nicht die Deutung eines Schwures zu, sondern nur die eines Gelübdes, er musste daher in erschwerendem Sinne entschieden werden; die Formel קרבן לא אוכל לך hingegen lässt auch die Deutung eines Schwures zu und diese Deutung hat sogar die grössere Wahrscheinlichkeit für sich, sie ist daher in erleichterndem Sinne zu entscheiden, obschon sonst Gelübde ohne genauere Bestimmung strenger aufzufassen sind, Ned. II, 4. [oder] Opfer, dass ich von dem Deinigen essen werde,26 Die Talmudausg. lesen: הא קרבן , und so ist auch die Lesart bei Raschi, R. Ascher und R. Nissim. Nach dem Talmud z. St. ist das הא קרבן resp. das הקרבן, das auch in unsrer Mischna als Lesart bestanden hat (vgl. Schit. mekub.), als Schwur aufzufassen = „bei diesem Opfer“, der Schwur aber bei dem Leben eines Opfers ist ungültig, der Genuss daher erlaubt. Anders wurde das קרבן שאוכל לך in Ned. I, 4 gedeutet, s. dort N. 62. [oder] nicht Opfer, ich werde von dem Deinigen nicht essen,“27 Ms. Or. 567 liest שלא אוכל. — Aus dem Talmud (Ned. 16a) ist zu ersehen, dass er לקרבן gelesen hat; und so citleren auch R. Nissim und R. Ascher unsre Mischna. Danach ist die Formel hier so zu erklären: nicht Opfer sei, was ich von dem Deinigen nicht essen werde; daraus ist also zu schliessen: Opfer sei, was ich von dem Deinigen wohl essen werde. Danach müsste es ihm eigentlich zum Genusse verboten sein. Indess erklärt der Talmud, dass dieser Satz nur im Sinne des R. Meir gesagt ist, der den Schluss aus der negativen Form eines Ausspruchs auf die positive nicht gelten lässt, um daraus etwa ein gültiges Gelübde zu construieren (לית ליה מכלל לאו אתה שומע הן), der vielmehr verlangt, dass man den Gegenstand, dessen Character man einer erlaubten Sache beilegen will (also hier das Opfer), positiv und ausdrücklich nennt. Aus diesem Grunde wurde auch die Formel לקרבן לא אוכל לך in Ned. I, 4 anders gedeutet (s. dort N. 64) und entschied dort R. Meir in erschwerendem Sinne. so ist es [ihm] erlaubt. [Wenn jemand sagt:] „ein Schwur! Ich werde von dem Deinigen nicht essen,28 Ed. princ. liest שלא אוכל, und so lasen auch R. Ascher und Schit. Mekub. — Diese Formel ist die eines richtigen Schwures und bedeutet: ich schwöre, von dem Deinigen nicht zu essen. [oder] ein Schwur,29 Der Talmud liest: הא שבועה, Mëiri השבועה. wenn ich von dem Deinigen essen werde,30 Die Formel soll nicht etwa heissen: ich schwöre, dass ich von dem Deinigen essen werde, denn in diesem Falle ist er verpflichtet, seinen Schwur zu halten und zu essen, s. Scheb. III, 1, und das לך, das er hier hinzufügt, ändert an seiner Verpflichtung nichts. Der Fall lag hier vielmehr so, dass A von B dringend ersucht worden ist bei ihm zu essen, A aber diese Einladung wiederholt abgelehnt hat und dann seine Weigerung noch dadurch bekräftigt, dass er erklärt: ein Schwur sei, wenn ich u. s. w., d. h. also soviel als: ich schwöre, dass ich von dem Deinigen nicht essen werde. [oder] kein Schwur, ich werde von dem Deinigen nicht essen,“31 Das will sagen: es sei mir nicht durch Schwur verboten, was ich von dem Deinigen nicht essen werde, woraus zu schliessen ist: was ich von dem Deinigen essen werde, sei mir durch Schwur verboten. Auch dieser Satz ist im Sinne von R. Meir; denn dieser lehrt, dass der Schluss aus dem negativen Satz auf den positiven nur dort unzulässig ist (s. N. 27), wo es sich um Geldfragen oder solche Dinge handelt, die Geldeswert haben, daher auch bei Gelübden, die sich nur auf concrete Gegenstände beziehen, die einen gewissen Wert repräsentieren. Bei Verboten aber, wie bei Eiden, die auch auf Tätigkeiten sich beziehen können, die keinen realen Wert haben (vgl. Ned. II, 1 Ende) hält auch R. Meir jenen Schluss für zulässig. S. auch Scheb. IV, 13 u. N. 65 . so ist es [ihm] verboten. Hierin sind die Schwüre strenger als die Gelübde.32 Dies kann sich nicht auf die erste Hälfte dieser Mischna beziehen, um etwa zu betonen, dass nur bei Eiden, aber nicht bei Gelübden der Schluss von der Verneinung auf die Bejahung zulässig ist und dass deshalb קרבן לא אוכל לך … מותר, dagegen die parallele Formel שבועה לא אוכל לך … אסור sei; denn aus den Worten: „hierin sind die Schwüre strenger als die Gelübde“ wäre zu entnehmen, dass in gewissem Sinne auch diese streng seien, wenn auch nicht ganz so streng wie jene. Dies aber ist tatsächlich nicht der Fall, denn das מותר in unsrer Mischna bedeutet, dass das Gelübde ohne weiteres nichtig ist und nicht erst der Auflösung bedarf, während das אסור hier besagt, dass der Schwur auch nach der Thora bindend ist. Der Satz זה חומר וכו׳ bezieht sich vielmehr auf den letzten Teil der vorig en Mischna, in dem gesagt war, קונם שאיני ישן … הרי זה בלא יחל דכרו, dagegen שבועה שאיני ישן … אסור, wonach ein Gelübde, das sich auf ein Abstractum oder eine Tätigkeit bezieht, nur nach den Rabbinen bindend ist, ein ebensolcher Schwur aber nach der Thora. Aber Gelübde sind auch [zuweilen] strenger als Schwüre. In welchem Falle z. B.? Wenn jemand sagt: „Konam17 S. Ned. I, N. 23. sei die Laubhütte, die ich machen werde,33 Das Gebot s. Lev. 23, 42. [oder] der Lulab, den ich nehmen werde,34 Lulaw, der Palmzweig, ist Bezeichnung für den ganzen Feststrauss, Lev. 23, 40. die Gebetriemen, die ich anlegen werde,“35 Ex. 13, 9. 16; Deut. 6, 8; 11, 18. so ist es ihm [wenn] in Form von Gelübden [ausgesprochen] verboten,36 Denn die Pflicht, in der Sucka zu wohnen u. s. w., ruht auf der Person, das Gelübde aber trifft die Sache; man kann sich daher durch ein [sachliches] Gelübde selbst die Erfüllung eines Gebotes unmöglich machen. [wenn aber] in Form von Schwüren [ausgesprochen] erlaubt,37 Denn der Schwur bindet den Willen des Menschen nur in Bezug auf eine Handlung, die er nach Belieben tun oder lassen kann, hinsichtlich des Gebotes ist er aber bereits durch die Thora gebunden, der Schwur ist deshalb nicht bindend. weil man nicht schwören kann, die Gebote zu übertreten.38 Der Eid hat zwar keine bindende Wirkung, der Schwörende ist jedoch die Geisselstrafe schuldig, weil er einen vergeblichen Eid geleistet, d. h. einen solchen, der wirkungslos bleiben muss, weil er mit einem Thoragesetz collidiert (שבועת שוא); s. Scheb. III, 8. Ebenso ist ein Schwur, ein Thoragebot zu erfüllen, ohne Folge und die Übertretung nicht strafbar; s. ebendas. und Ned. I, N. 13. Es giebt ein Gelübde in einem andren, aber nicht einen Schwur in einem andren.39 Auch in dieser Hinsicht sind Gelübde strenger als Schwüre; darum folgt diese Mischna unmittelbar auf die vorhergehende. Wie ist das zu verstehen? Wenn [z. B.] jemand sagt: „Ich will ein Nasir sein, wenn ich essen werde,40 Dieser Bedingungssatz ist eigentlich überflüssig, denn schon durch den Ausspruch der Formel נזיר הריני ist der Gelobende verpflichtet ein Nasirat zu halten; jener Satz ist nur, wegen des Parallelismus mit dem folgenden Satze hinzugefügt, in welchem die Worte שלא אוכל notwendig sind. ich will ein Nasir sein, wenn ich essen werde,“41 Mëiri liest noch ein drittes mal: הריני נזיר אם אוכל ואכל; aber auch nach unsrem Text ist der Fall beliebig oft hinzuzudenken, vgl. Ket. XI, N. 33. und dann isst, so ist er durch jedes einzelne [Gelübde dazu] verpflichtet.42 Er muss für jeden Ausspruch ein Nasirat von 30 Tagen halten (Nas. I, 3) und am Ende jedes Nasirats die Num. 6, 13ff. vorgeschriebenen Opfer darbringen; insofern tritt also ein Gelübde in Kraft, während ein gleiches bereits wirksam ist. Er muss aber die Nasirate nach einander halten, da er die Tage nicht anders zählen kann. — Die Mischna wählt hier als Beispiel eines Gelübdes das Nasirat, weil dieses nur durch ein ausdrückliches Gelöbnis bedingt ist (Num. 6, 2) und gerade aus der Häufung des Ausdrucks נזיר להזיר (ibid.) die Bestimmung abgeleitet wird, dass ein Nasirgelübde wirksam ist, auch wenn es infolge eines bereits getanen Nasirgelübdes zur Zeit noch nicht erfüllt werden kann (נזירות חלה על נזירות). Die gleiche Bestimmung wird dann auf alle Gelübde übertragen, sodass jemand, der z. B. zweimal gesagt hat: „ich gelobe ein Opfer zu bringen, wenn ich dieses Brot essen werde“, zwei Opfer bringen muss. Nur in dem Falle, wenn er sich den Genuss des Brotes durch die zweimal ausgesprochene Formel: „קונם ככר זה עלי, Konam sei mir dieses Brot“ versagen wollte, könnte die Wiederholung nicht wirksam sein, weil ihm das Brot bereits durch den ersten Ausspruch zum Genusse verboten war und ein bereits verbotenes Object nicht zum zweiten mal von einem Verbote betroffen weiden kann (אין איסור חל על איסור, vgl. Jeb. III, N. 67). [Wenn er aber sagt:] „Ich schwöre, dass ich von dem Deinigen nichts essen werde, ich schwöre, dass ich von dem Deinigen nichts essen werde,“ und dann isst, so ist er nur einmal schuldig.43 Wenn er mutwillig den Schwur nicht gehalten hat, so ist er nur ein mal die Geisselstrafe schuldig, wenn aber unvorsätzlich, so braucht er nur ein „auf- und absteigendes Opfer“ zu bringen, wie dies bei Verletzung von Ausspruchs-Eiden (שבועת בטוי) Lev. 5, 4ff vorgeschrieben ist; s. auch Scheb. III, 7. Dies alles wegen Verletzung des ersten Schwures. Der zweite Schwur kann nicht mehr bindend sein, da das Brot ihm bereits durch den ersten Schwur zum Genusse verboten ist, der zweite mithin nur die Bedeutung haben könnte, dass er sich verpflichtet, ein Gebot zu erfüllen, nämlich seinen ersten Schwur zu halten; ein solcher Eid ist aber nichtig als שבועת שוא, vergeblicher Eid, Scheb. III, 6. Aus dem Wortlaute der Mischna, אינו חייב אלא אחת, er ist nur ein mal schuldig, ist übrigens zu schliessen, dass, wenn der erste Schwur durch einen Weisen gelöst wurde, der zweite immerhin gültig ist; denn sonst hätte die Mischna gesagt: „הרי זה שבועה אחת, so ist es nur ein Schwur“. Bei Gelübden ohne nähere Bestimmung44 Vgl. Ket. VI, N. 28. — Er hat ein Gelübde schlechthin ausgesprochen, ohne seine Absicht genauer zu erklären, und sagt dann, dass er mit der Deutung, die die Kundigen seinem Gelübde geben würden, einverstanden sein werde. ist in erschwerendem Sinne zu entscheiden,45 Da er nicht geschwiegen, sondern ein Gelübde getan, ist zu vermuten, dass er sich etwas zum Genusse versagen wollte. wenn sie aber genauer erklärt werden,46 D. h. wenn er das Gelübde schlechthin getan, dann aber erklärt, dass er dadurch keine Erschwerung auf sich nehmen wollte. in erleichterndem Sinne.47 Eine ähnliche Gegenüberstellung von סתם und פירוש s. Ab. sara I, 5. Wie ist dies zu verstehen? Wenn [z. B.] jemand sagt: „Es sei mir [dieses Ding] wie gesalzenes48 מָלִיחַ, nach der Form von חמיץ, Jes. 30, 24, פליט ,עשיר u. a. Es könnte auch מְלִיחַ analog der Form גביר ,כסיל punktiert werden. Fleisch, wie Trankopfer-Wein,“ so ist es ihm, wenn er beim Geloben die Gott geweihten [Opfer]49 Ms. Or. 567 hat אם כשלמים נדר, die Talmudausg. lesen בשל שלמים , wenn er an Friedensopfer dachte. meinte,50 Er erklärt, er habe beim Geloben an die Opfer gedacht, zu denen nach Lev. 2, 13 auch Salz gehört, oder an die Trankopfer, die im Heiligtum dargebracht wurden, Num. 15, 5. verboten,51 Weil diese Opfer erst durch die Bestimmung des Menschen ihre Weihe empfangen (דבר הנדור), die Beilegung ihres Characters an eine Sache daher ein correctes Gelübde ist; s. Einl. S. 173, 2. wenn er aber beim Geloben die dem Götzen geweihten [Opfer] meinte,52 Denen auch gesalzenes Fleisch und Weinspenden als Opfer dargebracht wurden. erlaubt;53 Denn diese Opfer sind durch Thoragesetz verboten (דבר האסור), und ein Gelübde, das einem Gegenstande ihren Character zuspricht, ist ungültig. wenn er es unentschieden liess,54 Er erklärt, dass er beim Geloben die Deutung im Sinne hatte, die die Weisen seinem Gelübde geben würden. so ist es ihm verboten. [Wenn jemand sagt:] „Es sei mir [dieses Ding] wie Banngut,“ so ist es ihm, wenn er Gott geweihtes Banngut meinte,55 Ein Gut, das für Zwecke des Tempeldienstes (בדק הבית) geweiht wird, Lev. 27, 28. verboten,56 Weil solches Gut erst durch die Weihe des Menschen seinen Character als etwas Verbotenes erhält; das Gelübde ist daher gültig. wenn aber den Priestern geweihtes Banngut, erlaubt;57 Denn darunter wird solches Gut verstanden, das bereits in den Besitz der Priester übergegangen und daher profan ist; vgl. auch Ned. I, N. 27. wenn er es unentschieden liess, ist es ihm verboten. [Wenn jemand sagt:] „Es sei mir [dieses Ding] wie Zehnt,“ so ist es ihm, wenn er beim Ge- loben den Zehnt vom Vieh meinte,58 Lev. 27, 32. verboten,59 Weil das zehnte Tier erst durch die Bestimmung des Eigentümers seine Weihe empfängt; es ist also דבר הנדור, s. N. 51. Es ist zwar das Tier, das als zehntes aus dem Stalle hinausgeht, an sich schon heilig (vgl. Bech. IX, 7), aber nicht ohne dass es aus dem Stalle hinausgeführt ist; die Weihe ist also immerhin erst durch eine Tätigkeit des Besitzers bedingt. wenn aber den von der Tenne,60 Ed. princ. liest: אם במעשר דגן מותר. erlaubt;61 Denn der Zehnt vom Getreide ist, nachdem die Leviten ihn erhalten, auch den Nichtleviten zum Genusse erlaubt, Num. 18, 30. Nach Raschi ist das Gelübde hier darum nichtig, weil der Zehnt, solange er noch in den Ähren steckt, durch Thoragesetz zum Genusse verboten, also דבר האסור ist. wenn er es unentschieden liess, ist es ihm verboten. [Wenn jemand sagt:] „Es sei mir [dieses Ding] wie Hebe“, so ist es ihm, wenn er beim Geloben die Hebe der Tempelhalle meinte,62 D. i. die Spende des halben Schekel, die jährlich im Adar erhoben wurde, um daraus die Opfer der Gemeinde und Andres zu bestreiten; sie wurde in einem besondren Zimmer, לשכה, aufbewahrt. Vgl. Schek. III, 1. verboten,63 Denn diese Hebe empfing ihre Weihe erst durch die Spender. wenn aber die der Tenne,64 Ed. princ. liest אם של דגן מותר. erlaubt;65 Vgl. Ned. II, N. 13. wenn er es unentschieden liess, ist es ihm verboten. Dies sind die Worte des R. Meir. R. Jehuda66 Der jerus. Talmud liest וחכמים אומרים. sagt: Wenn man „Hebe“ schlechthin sagt, so ist es, falls es in Judäa geschieht, verboten,67 Da die Bewohner Judäas in der Nähe des Heiligtums wohnten und gewöhnt waren, die Hebe der Tempelhalle zu spenden, so nannten sie diese auch „Hebe“ schlechthin. Es war also zu vermuten, dass, wenn sie Hebe sagten, sie auch die der Tempelhalle meinten und daher in erschwerendem Sinne zu entscheiden. falls in Galiläa, erlaubt, denn die Bewohner Galiläas kennen die Hebe der Tempelhalle nicht.68 Die Galiläer wohnten fern vom Heiligtum und kannten die Hebe der Tempelhalle nicht. Wenn sie von „Hebe“ schlechthin sprachen, war also nicht zu vermuten, dass sie jene Hebe meinten, sie konnten vielmehr nur an die Hebe von Getreide denken. Wenn jemand den Ausdruck „Banngut“ schlechthin [bei einem Gelübde] gebraucht, so ist es, falls es in Judäa geschieht, erlaubt,69 In Judäa lebten viele Priester, die Bewohner waren daher gewöhnt, das den Priestern geweihte Banngut einfach „Banngut“ zu nennen. Demnach sollte man erwarten, dass, wenn jemand in Judäa die Formel חרם schlechthin gebraucht, der Gegenstand, den das Gelübde treffen sollte, zum Genusse verboten sei. Der Talmud (Ned. 19 b) erklärt deshalb, dass dieser letzte Satz der Mischna nicht mehr die Ansicht des ersten Tanna vertritt, wonach bei Gelübden schlechthin in erschwerendem Sinne zu entscheiden sei, sondern die des R. Elasar b. Zadok, wonach in solchen Fällen in erleichterndem Sinne zu entscheiden ist. falls in Galiläa, verboten, denn die Bewohner Galiläas kennen das den Priestern geweihte Banngut nicht.70 In Galiläa waren Priester selten, man weihte daher dort nur selten Banngut den Priestern; wenn man also von „Banngut“ schlechthin sprach, dachte man nur an solches, das für die Zwecke des Tempeldienstes bestimmt war, und darum war der Gegenstand, den das Gelübde treffen sollte, zu verbieten. — Eine Differenz zwischen den Einwohnern Judäas und Galiläas auf dem Gebiete des Eherechts s. Ket. IV, 12. Wenn jemand mit dem Ausdruck „Cherem“ ein Gelübde tut71 Er sagt: חפץ זה עלי חרם, dieser Gegenstand sei mir Cherem. und dann erklärt: „ich habe nur bei dem „Netze“ des Meeres gelobt,“72 Er erklärt, er habe beim Geloben nicht an חרם im Sinne von „Banngut“ gedacht, sondern an חרם im Sinne von „Netz“, vgl. Ez. 26, 5; Hab. 1, 15. oder wenn jemand mit dem Ausdruck „Korban“ ein Gelübde tut und dann erklärt: „ich habe nur bei den „Geschenken“73 Ms. Or. 567 liest בקורבנות. — קרבן oder קֻרבן (Neh. 10, 35. 13, 31), wie das syr. ܩܽܘܪܒܳܢ, Spende, Gabe, Geschenk. Vgl. auch Targ. Onkelos Gen. 33, 21, wo מנחה mit תקרבתא wiedergegeben wird. für Könige gelobt,“74 Und nicht an „Opfer“ gedacht, die man im Tempel darbringt. oder wenn jemand sagt: „azmi sei ein Opfer,“75 Er sagt zu einem andren: „הרי עצמי עליך קרבן, „azmi“ sei für dich Opfer“, was bedeuten könnte: ich selbst sei dir verboten wie ein Opfer. und dann erklärt: „ich habe nur bei dem „Knochen“ gelobt, den ich mir hingelegt, um bei ihm ein Gelübde zu tun,“76 Um bei dem Zuhörer den Glauben zu erwecken, dass ich ein wirkliches Gelübde getan. oder wenn jemand sagt: „Konam sei der Genuss, den ich von meiner Frau habe,“77 Es kann auch heissen: „Konam sei der Genuss, den meine Frau von mir hat“; denn נהנה bedeutet sowohl „Nutzen haben“ als auch „nützlich sein, Nutzen gewähren“. In diesem Falle jedoch würde das Gelübde nur hinsichtlich dessen gelten können, was der Mann seiner Frau gesetzlich zu leisten nicht verpflichtet ist, Ket. VII, 1; vgl. auch Scheb. III, 4. In unsrer Mischna ist jedoch die obige Erklärung anzunehmen. und dann erklärt: „ich habe nur gelobt von meiner frühern Frau, von der ich geschieden bin, [keinen Genuss zu haben,]“: so braucht man wegen aller dieser [Gelübde] nicht [die Gelehrten] zu befragen;78 Und sie zu ersuchen, die Gelübde zu lösen, diese sind vielmehr von vornherein nichtig, und man glaubt den Gelobenden, wenn sie Gesetzeskundige sind, dass sie von Anfang an nicht die Absicht hatten, etwas durch Gelübde zu verbieten. wenn sie sie aber befragen,79 Sie sind des Gesetzes unkundig und glauben, ihr Gelübde sei gültig und bedürfe erst der Auflösung durch einen Weisen. so bestraft man sie80 Falls sie ihr Gelübde nicht gehalten haben, straft man sie dadurch, dass man ihnen den Bescheid giebt, sie müssen jetzt das Gelübde ebenso lange halten, als sie es bisher verletzt haben, sich also den Genuss des betr. Gegenstandes solange versagen, als sie ihn bisher sich erlaubt haben, Ned. 20a. und erschwert es ihnen.81 Es genügt nicht, dass der Gelobende einfach erklärt, er bereue überhaupt seine Gelübde getan zu haben, der Weise muss ihm vielmehr die Möglichkeit zur Reue erst dadurch eröffnen (פתח), dass er ihn fragt, ob die natürlichen Folgen des Gelübdes derart sind, dass er, wenn er mit gehöriger Umsicht sie erwogen hätte, niemals das Gelübde getan haben würde, und nur dann, wenn der Gelobende diese Frage zu bejahen imstande ist, kann das Gelübde gelöst werden. Vgl. auch oben N. 15. Dies sind die Worte des R. Meir. Die Weisen aber sagen: man öffnet ihnen von andrer Seite einen Ausweg [zur Reue]82 Es genügt, wenn der Weise den Gelobenden darauf aufmerksam macht, dass sein Gelübde in erschwerendem Sinne wohl keine Geltung haben sollte, indem er ihm z. B. sagt: Du hast doch gewiss nicht in der Absicht dein Gelübde getan, dass, als du die Formel קרבן gebrauchtest, dir der Gegenstand wirklich verboten sein sollte; wenn dann der Gelobende erklärt, dies entspreche seiner Absicht, so kann das Gelübde gelöst werden. Aber auch nach den Weisen genügt es nicht, wenn der Kundige zum Gelobenden einfach sagt: da du ja nur die „Geschenke“ für die Könige im Sinne hattest, so ist das Gelübde überhaupt nichtig und der Gegenstand dir erlaubt. und belehrt sie,83 Dass man nicht zum Scherze oder um Andre irrezuführen, ein Gelübde aussprechen dürfe, wie sie es getan; man hält ihnen auch vor, dass sie sich bei denen, die gerade die Übertretung des Gelübdes wahrnehmen, ohne die genaueren Umstände zu kennen, dem Verdachte aussetzen, ein gültiges Gelübde zu verletzen. Dagegen verlangen die Weisen nicht, dass sie zur Strafe das Gelübde so lange halten, als sie es bisher unerlaubterweise verletzt haben, s. N. 80. damit84 In der ed. princ. fehlt כדי. sie nicht leichtsinnig mit Gelübden umgehen. Chapter 3 Vier Gelübde haben die Weisen für nichtig erklärt:1 התיר heisst hier wie im Anfang des zweiten Abschnitts nicht „erlauben“, sondern „für nichtig (מותר) erklären“. Die folgenden Gelübde bedürfen nicht erst der Lösung durch Gelehrte. Gelübde der Aneiferung,2 זרז, syr. ܐܰܪܰܐ, anspornen, aneifern, rüsten, das aram. Äquivalent für das bibl.-hebr. חלץ, vgl. Num. 32, 21 u. s.; davon זירוזין = Anspornung, Aneiferung. — נדרי זירוזין, Gelübde, die von vorn herein nicht ernst gemeint sind, sondern nur zu dem Zwecke ausgesprochen werden, um jemand zu bewegen, von seiner Meinung abzustehen. Gelübde der Übertreibung,3 הבאי, von einem Grundwort הב (vgl. הבהב), eigentl. (eitler) Dunst, warmer Hauch, daher = Nichtiges, Eitles, Übertriebenes, Levy Wtb. Da es auch הוואי geschrieben wird, wie ed. Lowe in unsrer Mischna liest, kann man es auch mit dem arab. هوا = Hauch, Luft in Verbindung bringen; vgl. Kohut, Aruch III, 173b. Vielleicht hängt es auch mit dem arab. هبا = Staubwirbel, Staubatom zusammen, womit Bar Bahlûl das aram. הבלא (bibl.-hebr. הבל) wiedergiebt. Sowohl „Hauch“ als „Staubatom“ kann als Bild des Nichtigen zur Bezeichnung von Eitlem und Übertriebenem dienen; Bacher, Terminologie S. 29, Anm. 1. נדרי הבאי sind also Gelübde, die an hyperbolische Aeusserungen geknüpft sind. Gelübde des Irrtums4 D. h. Gelübde, die auf Irrtum oder Vergessenheit beruhen. und Gelübde [die infolge] des höheren Zwanges5 אונסין, das die Mischnaausg. haben, ist als Plural zu אוֹנֶס mit der mater lectionis ו für das kurze o geschrieben, daher אֳנָסִין zu punctieren; vgl. Ket. II, N. 60. Ed. Lowe hat אנסים. [unerfüllbar geworden sind]. Was ist unter Gelübden der Aneiferung zu verstehen? Wenn [z. B.] jemand einen Gegenstand verkauft und sagt: „Konam,6 Er sagt: Konam (s. Ned. I, N. 23) sei mir dieses Brot, wenn ich dir u. s. w. Nach R. Nissim ist das Beispiel so aufzufassen: er sagt, Konam solle ihm das Geld, das er für den Gegenstand bekommt, sein, wenn er ihn billiger lässt u. s. w.; der Käufer erwidert, die Ware solle ihm Konam sein, wenn er zum Schekel u. s. w. dass ich dir vom [Preise eines] Sela7 Der Sela war = 2 gewöhnlichen Schekel, (vgl. M. scheni II, 8), im Gegensatz zum Schekel des Heiligtums, der = 1 Sela war, vgl. Ket. I, N. 9. nichts nachlasse,“ und der andre sagt: „Konam, dass ich dir zum [Betrage eines] Schekel nichts zulege,“8 Er bietet also nur die Hälfte. so waren beide mit drei Denaren9 Der Sela hatte 4 Denare. einverstanden.10 Sie hatten beide nicht die Absicht ein wirkliches Gelübde zu tun, der Verkäufer wollte vielmehr nur den Preis in die Höhe treiben und den Käufer veranlassen sein Angebot zu erhöhen, dieser wiederum wollte den Preis nur drücken. Obgleich sonst als Regel gilt, dass ein Gelübde so gehalten werden muss, wie es ausgesprochen ist, unbekümmert darum, ob der Gelobende sich vielleicht insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu meinen oder zu wollen (דברים שבלב אינם דברים), wird in unsrem Falle dennoch von der Regel abgewichen, weil es vielfach üblich ist, dass Kaufleute so wie hier verhandeln, die Absicht beider daher von vornherein klar war. Wenn jedoch jeder bei seinem Worte bleibt, sodass der Kauf dadurch nicht zu stande kommt, oder ausdrücklich erklärt, dass er wirklich ein Gelübde habe tun wollen, so ist dieses gültig, J. dea 231, 1. Rabbi Elieser, Sohn Ja- kobs,11 Ms. Or. 567 hat nur ר׳ אליעזר אומר. sagt: auch wenn einer den andren durch Gelübde zwingt, bei ihm zu speisen.12 Nach dem Talmud (Ned. 23b) ist der Fall so: A fordert B auf, bei ihm zu speisen, dieser aber weigert sich der Einladung zu folgen. Wenn nun A zu B sagt: ich will von dem Deinigen keinen Genuss mehr haben, wenn du nicht bei mir speist, so ist das nicht als wirkliches Gelübde aufzufassen, sondern nur als ein Ausdruck der Aneiferung, dass B bei ihm durchaus speisen solle, und wenn dann auch B bei seiner Ablehnung verharrt, darf A dennoch von ihm einen Genuss haben. Man13 Ed. Lowe liest ואמר, ed. princ. ויאמר, der bab. Talmud יאמר לו. kann erklären:14 Vor diesem Satz ist nach dem Talmud zu ergänzen: wenn jemand wünscht, dass seine Gelübde überhaupt ungültig sein sollen, so kann er am Anfang des Jahres [oder auch zu einer andren Zeit] erklären u. s. w. „jedes Gelübde, das ich tun15 In der Mischna fällt in der Regel bei den Verba פ״נ das נ im Infinitiv ab und das vorgesetzte ל erhält den Vocal i, auch bei solchen Zeitwörtern, die in der Bibel das נ beibehalten, wie hier לדור trotz לנדר, Num. 6, 2; Deut. 23, 23; vgl. ליטע (von נטע) Schebiit II, 1 trotz לנטע Jes. 51, 16; לגוף (von נגף) B. kamma I, 4 trotz לנגף Ex. 12, 23. werde,16 Das bibl.-hebr. עתיד dient in der Mischna häufig zur Umschreibung des Futurum, besonders wenn nicht bloss das Zukünftige, sondern auch die Sicherheit des Geschehens ausgedrückt werden soll, vgl. Abot III, 1; Mid. II, 6; Ukz. III, 12. soll ungültig sein,“ nur muss man dessen im Momente des Gelobens eingedenk sein.17 Wenn hier die Mischna meinen sollte, dass derjenige, der für immer oder nur für eine bestimmte Zeit alle seine Gelübde für ungültig erklärt hat, im Momente, da er ein neues Gelübde tut, jener Erklärung eingedenk sein müsse, so könnte dies neue Gelübde nicht ungültig sein; denn da er trotz seiner damaligen Erklärung jetzt ein Gelübde tut, so giebt er deutlich zu erkennen, dass jene ungültig, das Gelübde aber bindend sein soll. Abaje (Ned. 23b) will daher unsre Mischna so erklären, als ob sie lautete: ובלבד שלא יהא זכור בשעת הנדר, nur darf er dessen im Momente des Gelobens nicht eingedenk sein; in diesem Falle ist sein Gelübde nichtig, da er mit seiner ersten Erklärung sagen wollte, dass, falls er diesen Vorbehalt vergessen und dennoch geloben sollte, jedes Gelübde ungültig sein solle. Raba hingegen, der in der Sache selbst zwar mit Abaje übereinstimmt, aber eine Correctur der Mischna nicht vornehmen will, erklärt sie folgendermassen: Es hat jemand erklärt, dass gewisse Gelübde, die er zu einer bestimmten Zeit aussprechen würde, ungültig sein sollen, hat dann aber vergessen, auf welche Gegenstände sich diese event, für nichtig erklärten Gelübde beziehen sollten, ob z. B. auf den Genuss von Brot oder Wein. Wenn er nun ein Gelübde tut, z. B. keinen Wein zu trinken, und gleich darauf erklärt, dass dieses Gelübde nur im Sinne seines damaligen Vorbehalts gemeint sei und dass dieser, sobald er sich dessen genau erinnert, gültig sein solle, und er sich dann erinnert, dass jener Vorbehalt tatsächlich sein event. Gelübde betreffs des Weins für nichtig erklärte, so ist das Gelübde ungültig und der Wein ihm zum Genusse erlaubt. Wenn er aber beim Geloben nicht ausdrücklich erklärt, dass sein Gelübde nur im Sinne seines damaligen Vorbehalts gemeint sei, so ist sein neues Gelübde gültig und der Wein ihm zum Genusse verboten. Denn da er sich erinnert, einen Vorbehalt gemacht zu haben, aber nicht mehr weiss, welche Gelübde durch diesen für nichtig erklärt werden sollten, ob z. B. das Gelübde betreffs des Brotes oder das betreffs des Weines, so hätte er, falls er auf den Vorbehalt Gewicht legt, kein neues Gelübde aussprechen dürfen; da er dies aber getan, so gab er zu erkennen, dass der Vorbehalt nicht mehr in Kraft bleiben, dagegen der Wein ihm zum Genusse verboten sein solle. Nach dieser Erklärung des Raba ist also der Wortlaut der Mischna so aufzufassen: Wenn jemand wünscht, dass seine Gelübde für eine gewisse Zeit ungültig seien, so muss er erklären, dass alle Gelübde, die er während dieser Zeit tun würde, nichtig sein sollen, gleichviel ob er diesen Vorbehalt völlig oder auch nur zum Teil vergessen werde; nur muss er beim Aussprechen des Gelübdes sich jenes Vorbehalts genau erinnern und sagen, dass dieses Gelübde nur im Sinne seines anfänglichen Vorbehaltes gemeint sei. Was sind Gelübde der Übertreibung? Wenn jemand sagt: „Konam,18 Konam sei mir dieses Brot, wenn u. s. w. wenn ich auf diesem Wege nicht soviele Menschen gesehen habe, wie einst aus Ägypten gezogen sind, [oder] wenn ich nicht eine Schlange gesehen habe, die dem Balken der Ölpresse19 בית הבד (syr. ܒܕܳܐ), das Gebäude der Ölpresse, in dem die Butte und die Pressbalken lagen. glich.“20 Nach dem Talmud (Ned. 25a) ist hiermit nicht die Grösse des Balkens gemeint, denn es gab Schlangen, die noch grösser als Pressbalken waren. Der Gelobende meint vielmehr, er habe eine Schlange gesehen, die am ganzen Körper, auch auf dem Rücken, so gestreift (nach dem Aruch s. v. טרף glatt) gewesen sei wie ein Pressbalken. Vgl. auch Scheb. III, 8. [Was sind] Gelübde des Irrtums? [Wenn jemand sagt: „Konam18 Konam sei mir dieses Brot, wenn u. s. w. ] wenn ich gegessen habe“, oder wenn ich getrunken habe und sich dann erinnert, dass er gegessen oder getrunken hat,21 Im Momente, da er das Gelübde aussprach, glaubte er bestimmt, dass er nicht gegessen habe; es war daher gar nicht seine Absicht ein Gelübde zu tun. [oder wenn er sagt: „Konam]22 Konam sei mir dieses Brot, sodass ich es nicht essen werde. Der Talmud liest שאני, d. h. Konam sei mir dieses Brot, wenn ich heute essen werde, oder: Konam sei mir das, was ich heute essen werde. dass ich nicht essen werde oder dass ich nicht trinken werde“, dann aber vergisst und isst oder trinkt;23 In diesem Falle war sein Irrtum nicht in dem Momente, da er das Gelübde tat, sondern da er ass und trank, indem er in diesem Augenblick, wo es hätte wirksam sein sollen, das Gelübde völlig vergessen hat. In dieser Hinsicht gilt aber bei Gelübden dieselbe Bestimmung wie bei Eiden, dass nämlich der Mensch nur dann wegen Fahrlässigkeit strafbar ist, wenn er in dem Momente, da der Eid (oder das Gelübde) hätte wirksam sein sollen, des Eides (oder des Gelübdes) vergisst. Dieses Gesetz wird (Scheb. 26 a) aus den Worten האדם בשבועה, Lev. 5, 4 abgeleitet, wo die Thora lehren wollte, dass der Schwörende „im Momente des Schwörens ein ganzer Mensch“, d. h. in vollem Bewusstsein sein müsse. wenn jemand sagt: „Konam sei der Genuss, den ich von meiner Frau habe,24 Vgl. Ned. II, N. 21. weil sie meinen Beutel gestohlen, oder weil sie meinen Sohn geschlagen,“ und es sich ergiebt, dass sie ihn nicht geschlagen oder dass sie ihn nicht gestohlen.25 Hier ist das Gelübde nichtig, weil er einen Grund angegeben, der sich nachher als hinfällig erwiesen. Darum muss er aber auch den Grund tatsächlich ausgesprochen haben; hätte er dies aber nicht getan, auch wenn er ihn im Sinne hatte, so wäre sein Gelübde gültig, weil er sich in dem Objecte selbst, das sein Gelübde treffen sollte, d. i. in seiner Frau, nicht geirrt hatte. Wenn einer Andre [seine] Feigen essen sieht und sagt: „sie seien Euch [wie] Opfer [verboten],“ und es sich findet, dass es sein Vater und seine Brüder und26 Die ed. princ. liest או שהיו עמהן. mit diesen noch andre waren: so sagt Bet-Schammai: jenen ist es erlaubt27 Denn es ist anzunehmen, dass er seinen Eltern sicherlich nicht die Früchte habe verbieten wollen; in diesem Punkte war also das Gelübde ein irrtümliches. und denen, die mit ihnen waren, verboten;28 Denn betreffs der Andren sollte das Gelübde gültig sein. Bet-Schammai ist nämlich der Ansicht, dass ein Gelübde auch dann gültig ist, wenn es in einem Teile nichtig ist. Bet-Hillel aber sagt: es ist diesen und jenen29 In ed. Lowe fehlen die Worte אלו ואלו. erlaubt.30 Nach Bet-Hillel ist ein Gelübde, von dem ein Teil ungültig ist, im ganzen ungültig, weil vermutet wird, dass der Gelobende nur dann sein Gelübde als ein bindendes betrachtet wissen will, wenn es in seinem vollen Umfange gültig ist. Nach dem Talmud (Ned. 25b) muss jedoch der Fall so gewesen sein: Er sagte zunächst: euch allen seien die Früchte verboten (כולכם אסורים), dann aber erklärte er: hätte ich gewusst, dass mein Vater sich unter euch befindet, so würde ich gesagt haben, dem und dem seien die Früchte verboten (פלוני ופלוני אסורים), meinem Vater aber erlaubt; oder er sagte zunächst, als er die Personen nicht erkannte: dem und dem seien die Früchte verboten, dann aber erklärte er: hätte ich gewusst u. s. w., so würde ich gesagt haben, euch allen seien die Früchte verboten, ausser meinem Vater. Nur dann, wenn er bei der Beschränkung seiner ersten Aussage die Form im Vergleich zum eigentlichen Gelübde geändert hat, also zuerst כולכם אסורים und dann פלוני ופלוני אסורים gesagt hat oder umgekehrt, ist das ganze Gelübde nichtig. Hätte er aber seine Ausdrucksweise nicht geändert, sondern sowohl beim Geloben selbst als bei der Beschränkung des Gelübdes den gleichen Ausdruck gebraucht, also beide mal כולכם אסורים oder beide mal פלוני ופלוני אסורים, und nur am Schluss seinen Vater ausgenommen, so wäre das Gelübde in dem Teile, der sich auf die Andren bezieht, gültig, und diesen wären die Früchte verboten, weil er sein eigentliches Gelübde formell nicht genügend abgeschwächt hätte. [Was sind] Gelübde [die infolge] des höheren Zwanges unerfüllbar geworden sind]? Wenn einer den andren durch Gelübde verpflichtet bei ihm zu speisen31 Hier kann der Fall nicht wie oben M. 1 (N. 12) gelegen haben, denn sonst wäre es ein Gelübde der Aneiferung und von vornherein nichtig. Er lag vielmehr so: A und C fordern B auf bei ihnen zu speisen, B aber giebt der Einladung des A den Vorzug. Um nun auf keinen Fall der Einladung des C folgeleisten zu können, fordert B den A auf, ihm durch Gelübde den Genuss von dem Seinigen (von dem Gute des A) zu verbieten, falls er nicht bei ihm (A) speisen sollte; tut dieser das Gelübde, so ist es gültig. Desgleichen wenn B selbst durch Gelübde sich den Genuss von dem Eigentum des A oder diesem den Genuss von seinem (des B) Eigentum versagt, falls B nicht bei A speist. Im letztern Falle wären die Worte הדירו חברו zu übersetzen: wenn einer (A) den andren (B) sich durch Gelübde verpflichten lässt. und dieser dann selbst erkrankt oder wenn dessen Sohn32 Der der väterlichen Obhut bedarf. erkrankt oder ein Strom ihn hindert:33 Dadurch, dass er aus seinen Ufern getreten und den Übergang unmöglich macht. so sind dies Gelübde [die infolge] des höheren Zwanges [unerfüllbar geworden sind].34 Sie bedürfen nicht der Lösung durch Gelehrte, sondern sind von vornherein nichtig; B darf also von dem Gute des A einen Genuss haben, oder umgekehrt. Die Nichtigkeit solcher Gelübde hat ihren Grund in dem aus Deut. 22, 26 gefolgerten Rechtssatz: אונס רחמנא פטריה, denjenigen, der unter dem Zwange einer höheren Gewalt etwas verübt, erklärt das Gesetz für straffrei (B. kamma 28 b). Ebenso ist die Bedingung, die infolge höheren Zwanges unerfüllt blieb, rechtlich ohne Folge, vorausgesetzt dass das Hindernis, wie in unsrer Mischna, ungewöhnlich und nicht vorauszusehen war. Man darf Mördern,35 הָרָג, eine qattâl-Form wie חָרָשׁ ,גַּנָּב u. s. w. Hierunter sind in der Regel Raubmörder zu verstehen. Räubern36 חָרָם = Räuber, die nicht auf Mord ausgehen; das Wort kommt von dem bibl.-hebr. חרם = abreissen, wegraffen, abschneiden, vgl. חרום Lev. 21, 18. und Zöllnern37 מוכס = Zöllner, ein denominativ von dem bibl.-hebr. מבס. Hier ist nur von einem solchen die Rede, der entweder auf eigene Faust Steuern erbebt oder aber von der Regierung in das Amt eingesetzt ist, jedoch in willkürlicher Höbe Zölle fordert. Einem Beamten aber, der im Auftrage der Regierung die gesetzlich vorgeschriebenen Steuern erhebt, darf man diese nicht entziehen. durch Gelübde versichern, dass etwas Hebe ist,38 Man darf sagen: alle Früchte der Welt sollen mir zum Genusse verboten sein, wenn diejenigen, die ich bei mir habe, nicht Hebe sind. Nach Ned. 28 a soll man jedoch dabei denken, dass nur für diesen Tag die Früchte ihm verboten seien; während sonst als Regel gilt, dass ein Gelübde so gehalten werden muss, wie es ausgesprochen ist. und ein geheimer Vorbehalt unwirksam ist (vgl. oben N. 10), wird hier eine Ausnahme gemacht, weil er unter dem Zwange einer höheren Gewalt (אונס) handelt. wenn es auch keine Hebe ist,39 Es ist denkbar, dass selbst Personen, die sich an fremdem Eigentum vergreifen, das Verbot, Hebe zu geniessen, nicht übertreten wollen; vgl. Ket. II. N. 11 Ende. Die Zöllner wiederum werden von ihrer Forderung abstehen, wenn sie hören, dass die Früchte Hebe sind, mit Rücksicht auf die Priester, die in der Regel arm sind oder weil sie die Hebe nur zu einem geringen Preise verkaufen könnten, da sie nur von (levitisch) reinen Priestern genossen werden darf. Es ist hier von jüdischen Räubern u. s. w. die Rede. dass es königliches Gut ist, wenn es auch kein königliches Gut ist. Bet-Schammai sagt: man darf in jeder Form40 Indem man Ansätze von Gelöbnisformeln (ידות) oder Umschreibungen (בנויים) oder wirkliche Gelübdeformeln gebraucht. solche Gelübde tun,41 Um sein Leben oder sein Vermögen zu retten, nur nicht in der Form eines Schwures.42 Denn das Verbot des Meineids ist ein sehr strenges, wie die Worte כי לא ינקה ובו׳ Ex. 20, 7 beweisen. Bet-Hillel aber sagt: auch in der Form eines Schwures.43 Er darf also erklären: „alle Früchte seien mir durch Schwur zum Genusse verboten, wenn diese, die ich bei mir habe, nicht Hebe sind“, oder geradezu: „ich schwöre, dass diese Früchte Hebe sind“. Er muss jedoch insgeheim sich vorbehalten, dass dieses Verbot nur einen Tag gelten soll (vgl. N. 38), resp. unter dem Worte תרומה etwas andres als „Hebe“ verstehen, etwa das, was er sich aufgeladen, auf die Schulter „gehoben“ hat (ת״י), oder bei בית המלך nicht an den „König“, sondern an den „Herrn“, d. h. den Eigentümer der Früchte denken (Mëiri). Bet-Schammai sagt: man darf ihm44 Dem Räuber u. s. w. nicht mit solchen Gelübden den Anfang machen;45 Man darf solche Gelübde nur dann tun, wenn der Räuber zuvor eine Erklärung über die Früchte verlangt. Die ed. princ. liest לא יפתח לו נדר. Bet-Hillel aber sagt: man darf ihm damit auch den Anfang machen. Bet-Schammai sagt: … nur das, was jener ihn zu geloben zwingt…;46 Darf er sich durch Gelübde versagen, er darf aber nicht noch andres unaufgefordert hinzufügen. Über הדיר s. Ket. V, N. 51. Bet-Hillel aber sagt: auch das, was jener ihn nicht zu geloben zwingt. Wie ist dies zu verstehen? Wenn [z. B.] jene zu ihm sagen: sprich: „Konam sei mir der Genuss, den ich von meiner Frau haben werde …“,47 Wenn die Früchte, die ich bei mir habe, nicht Hebe resp. königliches Gut sind. er aber sagt: „Konam sei mir der Genuss, den ich von meiner Frau und meinen Kindern haben werde“, so sagt Bet-Schammai: der Genuss seiner Frau ist ihm erlaubt, der seiner Kinder jedoch verboten; Bet-Hillel aber sagt: der Genuss beider ist ihm erlaubt.48 Die Halacha entscheidet in allen Fällen dieser Mischna im Sinne des Bet-Hillel. [Wenn jemand sagt:] „Diese Pflanzen sollen Opfer sein, wenn sie nicht zerbrechen werden“,49 Er sieht gerade einen Sturm heraufziehen und fürchtet, dass dieser seine Pflanzen zerstören wird. [oder] „dieses Gewand soll Opfer sein, wenn es nicht verbrennen wird“,50 Er befürchtet, dass ein Feuer, das gerade ausgebrochen ist, sein Kleid verbrennen könnte. so kann dabei eine Auslösung stattfinden.51 Die Gegenstände können ausgelöst werden, wie Alles, was man zur Ausbesserung des Tempels geweiht hat (Lev. 27, 15). Für den Erlös müssen Opfer gekauft worden, die Dinge selbst aber sind ihm als profan zu jedem Genusse erlaubt; denn da er nicht sagte: „כקרבן הרי הן עלי, sie seien mir wie Opfer“, so meinte er nicht, dass sie ihm wie Opfer zum Genusse verboten sein sollten. — Die Mischna will an diesem Beispiel zeigen, dass die hier gebrauchte Formel nicht etwa so aufzufassen ist, als wollte er dadurch nur die Bestimmtheit ausdrücken, dass die Dinge bald zerstört sein werden, ohne tatsächlich ein Gelübde beabsichtigt zu haben. Es ist vielmehr in erschwerendem Sinne zu entscheiden, da er vielleicht im Sinne hatte, dass die Dinge gleichsam zur Belohnung für sein Gelübde verschont bleiben werden; im Zweifel aber ist bei Gelübden im strengeren Sinne zu entscheiden, Ned. II,4. [Wenn er aber sagt:] „diese Pflanzen sollen Opfer sein, bis sie zerbrechen“, [oder] „dieses Gewand soll Opfer sein, bis es verbrennt“, so findet dabei keine Auslösung statt.52 Denn aus seinen Worten: „bis sie zerstört sind“ ist zu schliessen, dass die Dinge unter keinen Umständen früher profan werden sollen, sie bleiben ihm daher auch dann noch verboten, wenn er sie vorher auslösen sollte. Sobald sie jedoch zerstört sind, werden sie sofort auch ohne Auslösung zum Genusse erlaubt; Maim. Hil. Mëila IV, 11. Wenn sich jemand den Genuss von den Seefahrenden53 Zum Ausdruck vergl. Ps. 107, 23. durch Gelübde versagt, so ist ihm der von den Bewohnern des Festlandes54 Die gar keine Seereisen zu machen pflegen. erlaubt;55 Denn wenn er sich auch den Genuss von diesen hätte verbieten wollen, so würde er in seinem Gelübde nicht die „Seefahrenden“ genannt haben, die im Vergleich zu jenen nur die Minderheit sind. wenn sich aber jemand den Genuss von den Bewohnern des Festlandes durch Gelübde versagt, so ist ihm [auch] der von den Seefahrenden56 Auch von solchen, die unterwegs sind und weite Seereisen unternehmen. verboten, denn die Seefahrenden gehören auch zu den Bewohnern des Festlandes;57 Weil sie schliesslich doch ans Land steigen und auch während der Fahrt stets an das Ziel ihrer Reise denken. [man versteht jedoch unter den Seefahrenden] nicht [nur] solche, die von Akko58 Der phönicischen Stadt an der Nordküste Palästinas (Richt. 1, 31; Git. I, 2). nach Jaffa59 Der Hafenstadt Palästinas, die zum Stamme Dan gehörte, s. Jos. 19, 46. fahren,60 Nicht nur von solchen ist ihm der Genuss verboten, die nur so kurze Strecken zur See fahren und sich unweit der Küste aufhalten. sondern [auch] solche, die weit hinauszufahren61 פרש, sich entfernen sc. vom Festlande, weite Seereisen machen, von dem bibl.-hebr. פרש = trennen, auseinanderhalten. pflegen.62 Auch von solchen ist ihm der Genuss verboten; so entscheidet die Halacha. — Nach einer Ansicht im Talmud (Ned. 30a) bezieht sich dieser zweite Satz der Mischna auf den Anfang des ersten und will sagen: wer sich den Genuss von den Seefahrenden versagt, darf zwar von den Landbewohnern einen Nutzen haben, aber nicht von den Seefahrenden, jedoch sind hierunter nicht solche zu verstehen, die nur so kurze Seereisen machen wie von Akko nach Jaffa, von diesen darf er vielmehr wohl einen Genuss haben. Wenn sich jemand den Genuss von denen durch Gelübde versagt, „die die Sonne sehen“, so darf er auch von den Blinden keinen Genuss haben, weil er nur die meinte, die die Sonne sieht.63 In Ned. 30 b wird dazu bemerkt: „Da er nicht sagte מן הרואין“; diese absolute Form des Particip würde demnach bedeuten: „diejenigen, die die Sonne sehen“, während der st. constructus רואי החמה auch diejenigen umfasst, die die Sonne nicht selbst sehen, sondern von ihr gesehen werden. Diese Erklärung ist jedoch sehr auffallend, da die Form רואי niemals im passiven Sinne gebraucht wird. Maimonides bemerkt zwar in seinem Commentar z. St., dass diese Phrase (רואי החמה) zur Zeit der Mischna in der Sprache des Volkes bedeutete: „die von der Sonne gesehen werden“ und man bei Gelübden die Worte in dem Sinne aufzufassen hat, in dem das Volk sie gebraucht; indess ist damit die grammatische Schwierigkeit nicht gehoben, auf die bereits Reifmann in השרון VII, 22 hinweist. Es empfiehlt sich daher die Erklärung, die M. Rabinowitz in Gräbers אוצר הספרות II, 137 ff. giebt. Danach ist רואי השמש ein euphemistischer Ausdruck für „Blinde, die die Sonne nicht sehen“, und als solcher beim Volke gebräuchlich gewesen. Derartige Euphemismen sind in Mischna und Talmud nicht selten, vgl. עולים = Gefallene, Pea V, 6 (Commentare); מתוק (Süsses) für „Dünger“ Schebiit III, 1 (Maimon.); סכי שמש = Blinde, Bech. VII, 3 (Fraenkel, לקוטי המשנה z. St.); סגי נהור = blind. Vielleicht ist auch Koh. 7,11 in diesem Sinne zu deuten: טובה חכמה עם נחלה ויתר לראי השמש, „gut ist Weisheit bei Besitz, insbesondere für die Blinden“, die in Armut doppelt unglücklich wären. — Die Mischna ist demnach so zu erklären: Wenn sich jemand den Genuss versagt von denen, die allgemein רואי החמה (euphemistisch „sonneschauend“ für „blind“) genannt werden, so darf er auch von Blinden keinen Genuss haben, denn wenn er auch רואי החמה sagte, so ist dennoch anzunehmen, dass er dies nicht wörtlich gemeint hat („die die Sonne sehen“), sondern diejenigen darunter verstehen wollte, „die die Sonne nicht sehen“, aber gleichwohl von den Menschen (euphemistisch) „sonneschauend“ genannt werden, und bei Gelübden ist die übliche Ausdrucksweise massgebend. Wer sich den Genuss von den Schwarzköpfigen durch Gelübde versagt, darf auch von den Kahlköpfigen und den Grauhaarigen64 שיבה eigentl. „Greisentum, graues Haupt“, dann auch „graues Haar“, vgl. Jer. Ber. IV, 1 (7d) נתמלא כל ראשו שיבות, sein Haupt wurde voll grauer Haare. keinen Genuss haben,65 Da er nicht sagte, er wolle von den „Behaarten“ (בעלי שער) keinen Genuss haben, so meinte er mit den „Schwarzhaarigen“ solche, die einst schwarze Haare hatten, auch wenn sie jetzt keine oder nur graue Haare haben. wohl aber von den Frauen66 Diese trugen ihr Haar nicht sichtbar, sondern verhüllt (vgl. Ket. VII, N. 38). Schwarzhaarigkeit wäre deshalb kein Merkmal zur Kennzeichnung der Frauen; ein solches wäre vielmehr: מכוסי שער, die bedeckten Hauptes gehen. und Kindern,67 Die Kinder pflegten meist baarhaupt zu gehen, Schwarzhaarigkeit wäre deshalb kein Kennzeichen für Kinder; ein solches wäre vielmehr מנולי ראש, die Baarhäuptigen. denn als Schwarzköpfige werden nur Männer bezeichnet.68 Die Männer gehen zuweilen baarhaupt, zuweilen bedeckten Hauptes, Schwarzhaarigkeit ist daher ein sicheres Kennzeichen des erwachsenen Mannes. Die schwarze Farbe ist sicherlich darum gewählt, weil die Mehrzahl der Juden dunkles Haar hatte. — Nach Feuchtwang, in Frankels Monatsschr. 1898, S. 149 ff. war שחורי הראש ein vulgärer Ausdruck, der in Babylonien besonders zur Bezeichnung der Männer gebraucht wurde; er erinnert an die in assyrisch-babylonischen Inschriften häufig wiederkehrende Wendung „ṣalmat ḳaḳḳadi“ = Schwarzköpfige, d. h. Männer. Wer sich den Genuss von den Geborenen69 Die Form יִלּוֹד bedeutet in der Bibel sowohl bereits Geborene (nati), s. Jos. 5,5, als auch solche, die erst in Zukunft geboren werden sollen (nascituri), s. Ex. 1,22; in der Volkssprache bedeutet sie jedoch nur die bereits Geborenen. durch Gelübde versagt, darf von denen einen Genuss haben, die erst später70 Nach dem Ausspruche des Gelübdes. geboren werden;71 Die Form נולדים bedeutet zwar in der Bibel sowohl Geborene, s. Gen. 48, 5, als auch solche, die erst geboren werden sollen, s. I Kön. 13, 2; in der Volkssprache jedoch bedeutet נולדים in der Regel diejenigen, die erst geboren werden sollen, bei Gelübden aber ist die übliche Audrucksweise massgebend. wer sich aber den Genuss von denen durch Gelübde versagt, die geboren werden, darf [auch] von den Geborenen keinen Genuss haben.72 Da der Ausdruck נולדים auch die bereits Geborenen bedeutet. — Im jer. Talmud ist die Lesart: … מן הנולדים ר׳ מאיר אומר, und die Worte אסור בילודים fehlen; daneben gab es noch Versionen, in denen die vier Worte מן הנולדים אסור בילודים gänzlich fehlten, vgl. Mëiri und R. Ascher. R. Meir erlaubt ihm auch den Genuss von den Geborenen.73 Die Worte des R. Meir beziehen sich nicht etwa auf den zweiten Satz der Mischna, denn dann würden sie besagen: wer sich den Genuss von den נולדים versagt, darf nicht nur von diesen, sondern auch von den ילודים einen Genuss haben, das Gelübde wäre demnach ohne jede Wirkung. Seine Worte beziehen sich vielmehr auf den ersten Satz der Mischna und sind so zu erklären: ebenso wie nach den Weisen derjenige, der sich den Genuss von den ילודים versagt, von den נולדים einen Genuss haben darf, so darf auch derjenige, der beim Geloben den Ausdruck נולדים gebraucht hat, von den ילודים einen Genuss haben, weil נולדים nur solche bezeichnet, die erst geboren werden sollen. Die Weisen aber sagen: er hat nur solche gemeint, die [lebendige Junge] gebären.74 Dieser Schlusssatz der Mischna will den zweiten Satz erklären: wer sich den Genuss von den נולדים versagt, darf auch von den ילודים keinen Genuss haben, weil er mit dem Ausdruck נולדים nur solche bezeichnen wollte, die gebären, d. h. Menschen und Säugetiere, gleichviel ob sie bereits geboren haben oder erst gebären werden; Fische und Vögel, die keine lebendigen Jungen zur Welt bringen, sind ihm demnach zum Genusse erlaubt. — Der jerus. Talmud und Ms. Or. 567 lesen לְהִוָּלֵד, „die geboren werden“. Wer sich den Genuss von denen, die den Sabbat feiern, durch Gelübde versagt, darf weder von den Israeliten noch von den Samaritanern75 S. Ket. III, N. 6. einen Genuss haben;76 Weil auch ihnen geboten ist den Sabbat zu halten; von den Heiden aber, denen dies nicht befohlen ist, dürfte er einen Genuss haben, auch wenn sie am Sabbat feiern sollten. [wer sich den Genuss] von den „Knoblauch-Essenden“ [durch Gelübde versagt], darf weder von den Israeliten noch von den Samaritanern einen Genuss haben;77 Nach B. kamma 82a hatte Esra verordnet, dass die Juden in der Nacht zum Sabbat Knoblauch essen sollten, weil diesem eine samenstärkende Kraft innewohne und in dieser Nacht die Männer, die sich mit dem Studium der Gotteslehre beschäftigen, in der Regel ehelichen Umgang pflegen. In manchen Mischna-Ausgaben ist die Lesart: מאוכלי שום אסור בישראל ומותר בכותים, und so las auch Karo im בית יוסף zu Jore dea Cap. 217. Danach wäre in diesem Falle der Genuss von den Samaritanern erlaubt, weil anzunehmen ist, dass sie zwar das Thora-Gebot der Sabbatruhe anerkannten, die Verordnung Esras aber nicht, aus persönlicher Feindschaft gegen den Mann, der den Bau des Tempels zu Jerusalem förderte. [wer sich den Genuss von denen durch Gelübde versagt,] die nach Jerusalem hinaufziehen,78 Zu den drei Wallfahrtsfesten, Deut. 16, 16. darf keinen Genuss haben von den Israeliten, wohl aber von den Samaritanern.79 Obschon auch diesen geboten war, zum Feste nach Jerusalem hinaufzuziehen, taten sie es nicht, sondern begaben sich nach dem Berge Gerisim, um dort ihre Feste zu feiern. [Wenn jemand sagt:] Konam, dass ich keinen Genuss80 In manchen Ausgaben: שאני נהנה, vgl. Ned. I, N. 8 und II, N. 18. von den Nachkommen Noas haben werde, so darf er wohl von den Israeliten, nicht aber von den andren Völkern einen Genuss haben.81 Denn die Israeliten werden speziell nach ihrem Stammvater Abraham benannt. [Sagt er: Konam,] dass ich von den Nach- kommen Abrahams82 זרע אברהם oder בני אברהם יצחק ויעקב werden die Israeliten besonders dort genannt, wo der Gegensatz zwischen ihnen und den andren Völkern nachdrücklich betont werden soll, vgl. Demai VI, 2; B. kamma VIII, 6; B. mez. VII, 1. keinen Genuss haben werde, so ist ihm der Genuss von den Israeliten verboten, aber der von den andren Völkern erlaubt.83 Selbst der Genuss von den Nachkommen Ismaels (Gen. 25, 12ff) oder Keturas (Gen. 25, 1ff) ist ihm erlaubt, weil es Gen. 21, 12 heisst: כי ביצחק יקרא לך זרע, nach Isak soll dir die Nachkommenschaft benannt werden. [Sagt er: Konam,] dass ich von Israel84 D. h. von dem, was den Israeliten gehört. Die Talmudausgaben lesen מישראל. keinen Genuss haben werde, so muss er über den Wert kaufen und unter dem Wort verkaufen.85 Damit er weder beim Einkauf noch beim Verkauf Vorteil habe. Wenn er jedoch erklärt hätte: das Vermögen der Israeliten sei mir zum Genusse verboten, so dürfte er selbst das nicht billig verkaufen, was er über den Wert bezahlt hat, weil das Verbot, das er ausgesprochen, nicht auf seiner Person, sondern auf den Gütern des Andren ruht. [Sagt er: Konam,] dass die Israeliten von mir86 D. h. von dem, was mir gehört. keinen Genuss haben werden, so muss er unter dem Wert kaufen und über den Wert verkaufen,87 Damit sie weder beim Einkauf noch beim Verkauf von ihm Vorteil haben. wenn die andren auf ihn hören.88 D. h. wenn die Andren mit dieser Überteuerung einverstanden sind. Der Talmud und ed. princ. lesen: ואין שומעין לו, die Andren brauchen damit nicht einverstanden zu sein, falls sie durch ihn keinen Schaden leiden wollen. [Sagt er: Konam,] dass weder ich von ihnen noch sie von mir einen Genuss haben werden, so darf er von den andren Völkern einen Genuss haben.89 Das Gelübde ist nicht etwa von vornherein nichtig, weil er es nicht halten kann, wie oben (Ned. II, N. 23) zu dem Falle bemerkt war, wo jemand sich zu etwas verpflichtet, was er nicht aushalten kann; es giebt vielmehr für ihn einen Ausweg, indem er von Nichtjuden kauft und an sie verkauft. [Sagt er:] Konam, dass ich von den Unbeschnittenen keinen Genuss haben werde, so darf er wohl von unbeschnittenen Israeliten90 D. h. von einem Israeliten, dem bereits zwei Brüder an den Folgen der Beschneidung gestorben sind und der deshalb unbeschnitten bleiben darf; vgl. Jeb. VIII, N. 1. einen Genuss haben, aber nicht von den Beschnittenen der andren Völker.91 Weil unter den „Unbeschnittenen“ schlechthin nur solche zu verstehen sind, die das Gebot der Beschneidung nicht kennen. [Sagt er:] Konam, dass ich von den Beschnittenen keinen Genuss haben werde, so darf er keinen Genuss haben von den unbeschnittenen Israeliten, wohl aber von den Beschnittenen der andren Völker der Welt,92 Weil man „Beschnittene“ schlechthin nur solche nennt, die das Gebot der Beschneidung anerkennen; bei Gelübden aber ist die Ausdrucksweise des Volkes massgebend. denn [der Ausdruck] „unbeschnitten“ wird nur von diesen gebraucht, denn es heisst (Jer. 9, 25): „denn alle Völker sind unbeschnitten, das ganze Haus Israel aber ist unbeschnittenen Herzens“; es heisst93 Als Subject zu ואומר ist הכתוב zu ergänzen: „die Schrift sagt“. ferner94 Aus Jer. 9, 25 wäre noch nicht mit Sicherheit zu erweisen, dass die Heiden „Unbeschnittene“ schlechthin genannt werden, denn das ערלים in jenem Verse soll vielleicht durch das nachfolgende ערלי לב näher erklärt werden, sodass die Heiden nur als „unbeschnittenen Herzens“ bezeichnet werden. (I. Sam. 17, 36): „dieser unbeschnittene Philister da;“95 Hier wird also der Philister „unbeschnitten“ schlechthin genannt. es heisst ferner96 Man könnte vielleicht einwenden, dass David den Goliat in dem vorgenannten Verse nur darum als unbeschnitten bezeichnet habe, weil es nicht häufig vorkommt, dass jemand ohne Vorhaut geboren wird, daher zu vermuten war, dass Goliat unbeschnitten sei. (II. Sam. 1, 20): „dass sich nicht freuen die Töchter der Philister, dass nicht frohlocken die Töchter der Unbeschnittenen“.97 Unter einem ganzen Volke werden sich wohl manche finden, die „beschnitten“ geboren werden, gleichwohl werden hier die Philister „unbeschnitten“ schlechthin genannt. R. Elasar, Sohn des Asarja, sagt:98 Im Anschluss an die Gegenüberstellung der Bezeichnungen „Beschnittene“ und „Unbeschnittene“ werden einige Aussprüche mitgeteilt, die von der Wichtigkeit des Gebotes der Beschneidung handeln, obgleich hier von Gelübden nicht mehr die Rede ist. Hässlich ist das Unbeschnittensein, denn die Frevler werden damit beschimpft,99 גני, syr. ܓܢܳܐ, beschimpfen, tadeln, verächtlich machen. denn es heisst (l. c.): denn alle Völker sind unbeschnitten. R. Ismael sagt: Wichtig ist die Beschneidung, denn dreizehn mal wird dabei des Bundesschlusses gedacht.100 In dem Abschnitt, der von dem Gebot der Beschneidung handelt, Gen. 17, findet sich dreizehn mal der Ausdruck ברית, Bund. R. Jose sagt: Wichtig ist die Beschneidung, denn sie verdrängt selbst den strengen Sabbat.101 Das Werkverbot des Sabbat tritt zurück hinter das Gebot der Beschneidung. Der Ausdruck חמורה ist wohl nur im Hinblick auf den Fall gewählt, dass der Versöhnungstag auf einen Sabbat fällt; selbst an einem solchen, besonders „strengen“ Sabbat muss die Beschneidung vollzogen werden. R. Josua, Sohn des Korcha, sagt: Wichtig ist die Beschneidung, denn ihretwegen wurde dem frommen Moses nicht eine Stunde Aufschub gewährt.102 תלה, eig. hängen, dann = in der Schwebe lassen, aussetzen, aufschieben; vgl. Jeb. IV, N. 31. — Nach Ex. 4, 24ff. kam Moses auf seinem Wege von Midian nach Ägypten in Lebensgefahr, weil er mit der Beschneidung seines Sohnes gezögert hatte; erst nachdem Zipora die Beschneidung vollzogen, war Moses von dieser Gefahr befreit. R. Nehemia sagt: Wichtig ist die Beschneidung, denn sie verdrängt selbst [das Gesetz über] die Aussatzschäden.103 Nach Deut. 24, 8 ist es ein Verbot, den Aussatz mechanisch zu entfernen; gleichwohl muss auch an einem Aussätzigen das Gebot der Beschneidung vollzogen werden, selbst wenn man dadurch den Aussatz entfernt. — Der Ausspruch des R. Nehemia enthält eine Steigerung im Vergleich zu dem des R. Jose. Denn das Gebot der Beschneidung verdrängt nur dann das Werkverbot des Sabbat, wenn die Beschneidung zur vorgeschriebenen Zeit, d. h. am achten Lebenstage des Kindes geschieht, nicht aber wenn sie aus irgend welchen Gründen verschoben ist. s. Sab. XIX, 5; das Verbot der Entfernung des Aussatzes wird jedoch von dem Gebote der Beschneidung auch dann verdrängt, wenn diese nicht zur vorgeschriebenen Zeit erfolgt. Rabbi sagt: Wichtig ist die Beschneidung, denn obgleich unser Vater Abraham alle Gebote [Gottes] erfüllte, wurde er doch erst „vollkommen“104 Das aram. שלים entspricht dem hebr. תמים, vollkommen; vgl. Targ. Onk. zu Gen. 17, 1. genannt, nachdem er sich beschnitten hatte, denn es heisst (Gen. 17, 1): „wandle vor mir und sei vollkommen!“105 Im Anschluss an diese Mahnung gab Gott dem Abraham das Gesetz der Beschneidung. Die ed. princ. hat noch den Zusatz: וכתיב זאת בריתי … ביני וביניכם. Eine andre Erklärung [lautet]: Wichtig ist die Beschneidung, denn wenn sie nicht wäre, hätte der Heilige, gelobt sei er, seine Welt nicht geschaffen, denn es heisst (Jer. 33, 25): „Also spricht der Ewige: wenn nicht mein Bund106 Nämlich: der Beschneidung. Tag und Nacht107 Das Bundeszeichen der Beschneidung ist Tag und Nacht am Körper des Israeliten. wäre, hätte ich die Gesetze des Himmels und der Erde nicht gemacht.“108 In der Mischna des jerus. Talmud folgt hier noch: ד״א גדולה המילה שהיא שקולה כנגד כל המצות שבתורה שנ׳ הנה דם הברית אשר כרת ה׳ עמכם על כל הדברים האלה , wichtig ist die Beschneidung, denn sie wiegt alle Gebote der Thora auf, denn es heisst (Ex. 24, 8): Seht, dies ist das Blut des Bundes, den der Ew. mit euch auf alle diese Worte hin geschlossen hat; vgl. auch Ned. 32a. Chapter 4 Zwischen demjenigen, dem der Genuss von seinem Nächsten durch Gelübde versagt ist,1 A hat z. B. gesagt: Konam sei dir, B, mein ganzes Vermögen, oder B hat erklärt: Konam sei mir dein ganzes Vermögen. und demjenigen, dem [nur] dessen Speise versagt ist, besteht kein andrer Unterschied1a Hinsichtlich dessen, was ihnen durch das Gelübde verboten resp. trotzdem noch erlaubt ist. als der bezüglich des Durchgangsrechts2 דריסת הרגל eig. das Betreten mit dem Fusse, d. h. das Recht, das Gebiet des andren zu betreten oder zu durchschreiten, vgl. Erub. VI, 9 und Ket. I, N. 43. und der [Benutzung der] Geräte, in denen man keine Lebensmittel zu bereitet.3 Beides ist demjenigen, dem der Genuss versagt ist, verboten, demjenigen aber, dem nur die Speise versagt ist, erlaubt. — Der erste Satz der Mischna findet sich auch Meg. I, 6. Wenn einem die Speise des andren durch Gelübde versagt ist,4 Nach Ned. 33a muss in diesem Falle A zu B gesagt haben: alles, was mir zum Genuss meiner Speise verhilft, sei dir durch Gelübde verboten, oder B hat erklärt: alles, was dir dazu verhilft, sei mir verboten. so darf ihm dieser keine Schwinge,5 נפה, eine Schwinge, mit der man das feine vom groben Mehl sondert; Maim. zu Schebiit V, 9. kein Sieb,6 כברה ein Sieb, mit dem man die Getreidekörner von der Spreu scheidet; ibid. keine Mühle und keinen Ofen7 תנור ist hier ein Ofen, in dem die Speisen in Töpfen gekocht werden. leihen,8 Obschon diese Gegenstände nur mittelbar zur Bereitung von Speisen dienen; einen Kochtopf, einen Bratspiess u. dgl., die zur Bereitung der Speisen unmittelbar verwendet werden, darf man in diesem Falle gewiss nicht leihen. wohl aber darf er ihm ein Hemd,9 חלוק, von חלק, glatt, ein glattes Kleidungsstück, das keine Falten hat, ein Hemd; Levy Wb. einen Ring, ein Gewand und Nasenringe10 נזם, das in der Bibel sowohl Nasenring (Gen. 24, 47) als Ohrring (Gen. 35, 4) bedeutet, soll wohl hier, wo es dem טבעת gegenübergestellt wird, Nasenring bezeichnen. Im jerus. Talmud findet sich die bessere Lesart: חלוק וטלית נזמים וטבעות, und so zitirt auch der bab. Talmud unsre Mischna. leihen sowie Alles, was man nicht zur Zubereitung von Lebensmitteln braucht; an einem Orte jedoch, wo man solches11 Die Deutung der in der Mischna häufig wiederkehrenden Phrase כיוצא ב׳ ist schwierig. Levy, Wtb. II, 225, erklärt es = wie das, was an ihm herausgeht, daher „wie, gleichwie, desgleichen“; Strack-Siegfried, neuhebr. Gram. S. 60, nehmen es = wie bei dem, was danach geht, also „in ähnlichen Fällen“. Indess beide Erklärungen sind unbefriedigend. Verständlicher sind die Deutungen von Fleischer (Beiträge zu Levys Wtb.), „gleichwie mit etwas hervortretend, d. h. es vor- oder darstellend, wie ein Abbild davon“ und von Jastrow (Wtb. 587) „like that which passes with it (in the same class)“. Nach Geiger, Lesebuch S. 113, heisst die Phrase כיוצא בו „einen ähnlichen Wert hat, ähnlich verhält es sich“; sie ist dem יצא ב׳ nachgebildet, welches bei der Münze heisst „ausgegeben werden für, den Wert haben von“, vgl. M. scheni IV, 8. Nach Bacher, Terminologie S. 75, ist der Ausdruck כיוצא בו wahrscheinlich dem Heerwesen entlehnt, in dessen Sprache יצא eine grosse Rolle spielt. Das ב ist als ב societatis aufzufassen (vgl. Ps. 44, 10) und יוצא בו heisst demnach „derjenige, der mit einem andren zugleich ins Feld zieht“. Durch כ erweitert, bezeichnet dann die Redensart einen Gegenstand als mit einem andren gleichartig. Die aramäische Wiedergabe dieser hebr. Phrase findet sich im jerus. Targum zu Gen. 2, 18. 20 בד נפיק ביה = כנגדו; zu Deut. 14, 8 כנפיק ביה. Porges, in Frankels Monatsschr. 1900, S. 188 will das יצא in unserer Phrase aus der Bedeutung erklären, die es in Verbindung mit ציץ, שמש, נגה u. dergl. aufweist, also = zum Vorschein kommen, hervortreten; כיוצא בו hiesse demnach „wie das, was an dem Gegenstande sich herausstellt, dabei (oder daran) zum Vorschein kommt, ersichtlich wird, hervortritt, sich deutlich ergiebt“. Er versucht endlich auch כיוצא בו so zu deuten, dass es heisst: „wie etwas, was an der Sache selbst herauswächst, gewissermassen ein besonders hervorragender Teil am Ganzen, aus dem Ganzen hervorgegangen und mit ihm verbunden“. vermietet, ist [auch] dies verboten.12 Weil er die ersparte Miete zur Anschaffung von Lebensmitteln verwenden könnte. Wenn einem der Genuss vom andren durch Gelübde verboten ist, so darf dieser [gleichwohl] für ihn13 Die ed. princ. und die Talmudausg. lesen שוקל לו. den Schekel entrichten,14 D. h. den halben Schekel, den man alljährlich zur Bestreitung der Gemeindeopfer zu entrichten hatte, Schek. I, 1. In dem Falle, dass B sich selbst durch Gelübde den Genuss von A versagt hat, darf dieser dennoch den Schekel für ihn zahlen, weil er selbst dem B den Genuss seines Vermögens nicht verboten hat. Aber auch wenn A dem B jeden Genuss seines Vermögens verboten hat, darf er für diesen gleichwohl zahlen, weil er dadurch ein Gebot erfüllt, die Ausübung eines Gebotes aber nicht als ein materieller Gewinn zu betrachten ist, denn „מצות לאו ליהנות נתנו , die Gesetze sind nicht zum Genuss gegeben“. B hat freilich durch A den Vorteil, dass er zur Zahlung des Schekel nicht mehr gezwungen werden kann, indess ist dies nur ein indirecter Nutzen und darum erlaubt. — Nach R. Nissim handelt die Mischna hier nur von dem Falle, dass B seinen Schekel durch einen Boten an die Verwaltung der Tempelkasse geschickt hat, der Schekel aber dann gestohlen wurde oder verloren ging, nachdem die Summe zur Anschaffung der Gemeindeopfer aus der Kasse abgehoben war. In einem solchen Falle konnte B nicht mehr gezwungen werden, den Schekel noch einmal zu zahlen; A durfte deshalb für ihn zahlen, weil es eine Leistung war, zu der B nicht mehr verpflichtet war, weil er somit dem B keinen Vermögensvorteil verschaffte. Vgl. Schek. II, 1. dessen Schuld bezahlen15 Der jerus. Talmud und die ed. princ. lesen ופורע לו. — Nach einer Ansicht in Ned. 33b handelt dieser Satz von dem Falle, dass B mit seinem Gläubiger vereinbart hat, dass dieser ihn zur Zahlung der Schuld nicht drängen dürfe. Wenn daher A für ihn zahlt, so verschafft er ihm keinen Vermögensvorteil, weil B vielleicht bei seinem Gläubiger den völligen Verzicht auf die Zahlung erwirken könnte. Nach einer andren Ansicht (ibid.) gilt dieser Satz der Mischna von jeder Schuld, und A darf darum dem Gläubiger des B zahlen, weil er diesem nicht direct einen Vermögensvorteil zuwendet, sondern nur verhindert, dass der Gläubiger die Schuld von ihm fordert; vgl. auch Ket. XIII, N. 16. und dessen verlorenes Gut ihm zurückgeben;16 A darf dem B die Sache, die dieser verloren, zurückgeben, weil er damit ein Gebot ausübt, Deut. 22, 3. Aber auch B darf dem A, von dem er keinen Nutzen haben darf, dessen verlorenes Gut zurückgeben; denn obschon man während der Ablieferung eines Fundes indirect Nutzen haben kann, weil man in diesem Momente einem Armen, der gerade um ein Almosen bittet, nichts zu geben braucht [nach dem Grundsatze: העוסק במצוה פטור מן המצוה, „wer in der Ausübung eines Gebotes begriffen ist, braucht ein andres, dessen Erfüllungszeit eingetreten, nicht zu üben“, d. h. er braucht die Ausübung des ersten nicht zu unterbrechen, vorausgesetzt, dass er beide nicht gleichzeitig erfüllen kann], so gilt dies doch als ein so seltenes Zusammentreffen, dass man von einem Vermögensvorteil des B nicht reden kann. [Dieser relative Nutzen, den man durch Ablieferung eines Fundes haben kann, wird im Talmud als פרוטה דרב יוסף bezeichnet; s. B. kamma 56b]. an einem Orte, wo man dafür Lohn empfängt,17 Und A und B sich gegenseitig jeden Genuss von einander durch Gelübde verboten haben; denn in diesem Falle würde entweder der Finder einen Nutzen haben, wenn er sich die Ablieferung bezahlen liesse, oder der Eigentümer, wenn der Finder auf den Lohn verzichten würde. fällt der Nutzen an das Heiligtum.18 Die Mischna sagt hier nicht wie in andren Fällen, wo die Nutzung verboten ist (s. Ab. sara III, 9), dass der Nutzen „in das Salzmeer geworfen werden“ müsse, weil durch das Gelübde ihnen jeder Nutzen ebenso wie etwas „Heiliges“, wie Opfer u. dergl. verboten wurde, vgl. Einl. S. 173. — War jedoch nur dem B jeder Genuss von A verboten und jener hat die von A verlorene Sache gefunden, so darf er keine Bezahlung annehmen; desgleichen darf A die verlorene Sache des B nicht ohne Entschädigung abgeben. — Nach R. Nissim ist מקום in diesem Satze nicht mit „Ort“, sondern mit „Fall, Lage“ zu übersetzen, und die Mischna will sagen: „wenn der Fall so lag, dass man eine Bezahlung annehmen darf …“, d. h. wenn der Finder gerade mit einer gewinnbringenden Arbeit beschäftigt war, sodass er berechtigt ist, für die Erstattung eine entsprechende Vergütung zu fordern; s. B. mez. II, 9. Er19 Derjenige, der dem andren den Genuss verboten hat (A). darf auch für ihn mit dessen Zustimmung die Hebe und den Zehnt abscheiden,20 Wenn der andre (B) erklärt hat, es dürfe jeder für ihn die Hebe abscheiden. Hätte er jedoch den A damit beauftragt, so dürfte dieser es nicht tun, da die Erfüllung dieses Auftrages als „Nutzen“ für B angesehen würde. für ihn21 Wenn A ein Priester und B ein Laie ist und jener diesem jeden Genuss verboten, oder dieser sich selbst jeden Genuss von A durch Gelübde verboten hat. die Vogelopfer22 קנים, eig. Vogelnester, dann die Vogelpaare, die als Opfer darzubringen sind. der flussleidenden Männer,23 Lev. 15, 14. die der Frauen24 Lev. 15, 29. und die der Gebärenden25 Lev. 12, 6. 8. sowie Sünd- und Schuldopfer darbringen;26 A darf die Vogelopfer für B darbringen, obgleich er ihm resp. seiner Frau dadurch erst den Genuss von Heiligem, Opfern u. dergl. ermöglicht, weil er ihm nur indirect einen Genuss verschafft, indem er ihn aus dem Zustande befreit, in welchem er Heiliges nicht geniessen darf, und die Priester überdies bei Opferhandlungen nicht als Beauftragte der Menschen, sondern als „Bevollmächtigte Gottes“ (שלוחי דרחמנא) gelten. A darf aber auch Ganz- und Friedensopfer für B darbringen, denn wenn ihm dies schon bei Sünd- und Schuldopfern gestattet ist, die B zu bringen verpflichtet ist, so muss es bei freiwilligen Opfern gewiss erlaubt sein. er darf ihn in Midrasch.27 מדרש, das schon in II Chron. 13, 22 und 24, 27 vorkommt, bedeutet die Auslegung der Schrift, die sich auf die Ableitung und Erläuterung der einzelnen Satzungen bezieht; vgl. auch Ket. IV, N. 60. Halachot28 הלכה eigentl. Gang, Weg, dann Norm, Satzung, geltendes Recht, Überlieferung. Midrasch und Halachot, die Exegese und das Resultat dieser Auslegung bilden die einander ergänzenden Teile des Gesetzesstudiums vgl. auch Hoffmann, Zur Einleitung S. 1ff. und Hagadot29 הגדה, aram. אגדה, eigentl. das Gesagte, Erzählte, bezeichnet die Aussprüche der Weisen, die zwar an die Schrift angelehnt sind, aber nicht gesetzliche Bestimmungen, sondern nur Schrifterklärungen, Erzählungen, Sentenzen u. dergl. zum Inhalt haben; vgl. auch Zunz, Gottesdienstl. Vorträge,2 S. 45 Anm. b. unterrichten;30 Denn der Unterricht in der Lehre des Gesetzes hat unentgeltlich zu geschehen, er verschafft ihm daher durch den Unterricht keinen Vermögensvorteil. Jene Bestimmung wird (Ned. 37 a) aus Deut. 4, 5 abgeleitet, wo Moses sagt: „Siehe, ich lehre euch Gesetze und Rechte, wie der Ew., mein Gott mir geboten“, womit angedeutet sein soll, dass ebenso wie Gott dem Moses die Gesetze „unentgeltlich“ gegeben, so auch die Israeliten das Lehren des Gesetzes als eine Pflicht unentgeltlich üben sollen, מה אני בחגם אף אתם בחנם. Nach Jore dea 246, 5 ist es jedoch erlaubt, für die durch den Unterricht erlittene Versäumnis Bezahlung zu nehmen, es darf daher nach der Halacha A den B auch nicht in Midrasch u. s. w. unterrichten. er darf ihn jedoch nicht in der Schrift unterrichten,31 מקרא, das in der Bibel (Neh. 8, 8) die „Vorlesung“, im Neuhebr. aber auch das „Vorgelesene“, den Stoff des Lesens bezeichnet, bedeutet hier das „Lesen“, d. h. den Gesangsvortrag und das sinngemässe Abteilen der Worte der heiligen Schrift. Für die Unterweisung in diesen Gegenständen durfte man Bezahlung annehmen, weil deren Studium kein Thoragebot ist; A darf deshalb den B hierin nicht umsonst unterrichten, weil er ihm einen Vermögensvorteil verschafft. wohl aber darf er dessen Söhne [und dessen Töchter32 In der ed. princ. fehlen die Worte ואת בנותיו; vgl. auch Sota III, 4 über die Frage, ob Töchter in der Thora zu unterrichten sind oder nicht. ] in der Schrift unterrichten.33 Eigentlich ist der Vater verpflichtet seine Kinder zu unterrichten; die Ausübung der Pflicht aber, die ihm hier von A abgenommen wird, ist für ihn nicht als ein materieller Gewinn anzusehen nach dem oben (N. 14) erwähnten Grundsatze: „die Gebote sind nicht zum Genusse gegeben“. Er darf auch dessen Frau und dessen Kinder ernähren, obgleich jener selbst zu ihrem Unterhalt verpflichtet ist.34 Weil er ihm nur indirect einen Vermögensvorteil zuwendet; vgl. die zweite, oben N. 15 angegebene Erklärung. Aber auch nach der ersten, dort angeführten Ansicht, wonach A nur dann die Schuld des B bezahlen dürfe, wenn ein bestimmter Zahltermin nicht vereinbart war, während hier der Gatte auf alle Fälle den Unterhalt seiner Familie zu bestreiten hat, darf A gleichwohl diese Kosten für B bezahlen, weil dort B, wenn A nicht für ihn eingetreten wäre, selbst hätte zahlen müssen, hier aber B, wenn er seine Familie nicht ernährt, sondern diese sich selbst beköstigt oder sich Entbehrungen aller Art ausgesetzt hätte, nicht nachträglich verpflichtet wäre, seiner Familie die Auslagen zu ersetzen. Er darf weder dessen unreines noch dessen reines Vieh füttern;35 Weil das Vieh dadurch wertvoller wird, B also einen Vorteil hat. R. Elieser sagt: er darf wohl das unreine, aber nicht das reine Vieh füttern.36 D. h. mästen, ihm mehr Futter geben, als es zur Erhaltung unbedingt nötig hat; denn da das unreine Vieh nicht zum Essen für den Israeliten dient, sondern nur zum Arbeiten, so hat der Eigentümer durch die Überfütterung seines Viehs keinen Nutzen. sondern den Nachteil, dass das Tier weniger arbeiten kann. Dem Vieh jedoch das unbedingt erforderliche Futter zu geben, ist auch nach den Weisen dem A verboten, weil B dadurch Vorteil hat. Da sagten sie (die Weisen) zu ihm: Was macht hier den Unterschied zwischen unreinem und reinem [Vieh]? Darauf antwortete er ihnen: bei dem reinen gehört das Leben dem Himmel,37 D. h. es kann dem Himmel als Opfer dargebracht werden (Mëiri). der Leib aber ihm (dem Eigentümer),38 Wenn das Tier geschlachtet ist, darf es der Eigentümer essen, er hat also einen Vorteil dadurch, dass es schwerer ist. bei dem unreinen aber gehören Leben und Leib dem Himmel.39 Das unreine Tier kann er nur für Zwecke des Heiligtums verwenden (בדק הבית, Ned. II, N. 55), aber nicht zum Essen, und selbst solange es lebte, konnte er es nur zur Arbeit benutzen; keinesfalls hat er also einen Vorteil durch die Überfütterung. Da sagten jene zu ihm: auch bei dem unreinen gehört das Leben dem Himmel, der Leib aber ihm selbst, denn wenn er will, kann er es den Heiden verkaufen oder den Hunden zu fressen geben.40 Er hat also durch die Mästung einen Nutzen. Wenn einem der Genuss vom andren durch Gelübde verboten ist, und er kommt, um ihn zu besuchen, so darf er [bei ihm] stehen,41 Kurze Zeit. aber nicht sitzen;42 Längere Zeit. Dieser Satz handelt von einem Orte, wo es Brauch ist, Krankenwärter für Lohn zu mieten; wenn daher A sich längere Zeit bei B aufhält, würde er ihm die Kosten des Wärters ersparen. er darf dessen Person heilen,43 Weil er damit eine Pflicht erfüllt (vgl. N. 33); denn in den Worten והשבתו לו Deut. 22, 2 ist auch angedeutet, dass man verpflichtet ist dafür zu sorgen, dass einem die verloren gegangene Gesundheit wiedergegeben wird. An einem Orte jedoch, wo solche Hilfeleistung bezahlt wird, darf A es nicht umsonst tun, weil er ihm einen Vermögensvorteil verschafft. aber nicht das, was zu seinem Gute gehört;44 D. h. dessen Vieh. An einem Orte, wo Doch jemand vorhanden ist, der das Tier heilen kann, darf A es nicht tun, selbst wenn dort solche Dienste nicht bezahlt werden, weil er ihm einen Vermögensvorteil zuwenden würde; er darf ihm aber Mittel angeben, um das Tier zu heilen. Ist jedoch kein andrer Sachverständiger am Orte, so darf A selbst dem B diesen Dienst erweisen, weil das Tier sonst unrettbar verloren wäre, A aber dem B ein „verlorenes Gut“ wieder erstatten darf, s. M. 2. Eine ähnliche Unterscheidung findet sich auch Ab. sara II, 2. er darf mit ihm in einer grossen Wanne45 אמבטי, griech. ἐμβατή, Badewanne. baden, aber nicht in einer kleinen;46 Weil durch sein Hineinsteigen das Wasser in der Wanne höher steigt und den Körper des B bedeckt, er also diesem nützt. er darf mit ihm in einem Bette47 Das nicht dem A gehört. schlafen. R. Jehuda48 Dieser will nur den letzten Satz der Mischna erklären, aber nicht dagegen controversieren. sagt: im Sommer wohl, aber nicht in der Regenzeit, weil er ihm einen Genuss verschafft.49 Weil er zur Erhöhung der Temperatur im Bette beiträgt, dem B also in der kalten Jahreszeit einen Genuss verschafft. Er darf mit ihm zusammen auf demselben Ruhebett sitzen50 Es wird nicht befürchtet, dass er einschlafen könnte, er darf daher selbst im Winter auf einem kleinen Sopha mit ihm zusammen sitzen. und mit ihm am selben Tische speisen,51 Da A dem B jeden Genuss von seiner Seite verboten hat, ist anzunehmen, dass sie nicht eben befreundet sind, und darum auch nicht zu befürchten, dass er ihm von seiner Speise reichen könnte. aber nicht aus der [gleichen] Schüssel52 תמהוי, Becken, Schüssel zum Anrichten der Speisen, vgl. Sab. V, N. 31. — Das Speisen aus gemeinsamer Schüssel ist ihnen verboten, denn wenn A wenig isst, kann B sich eine grössere Portion nehmen, also Vorteil durch jenen haben., wohl aber darf er [mit ihm]53 Die Talmudausg. lesen עמו. aus der Schüssel essen, die herumgereicht wird.54 חזר zurückkehren, herumgehen, circulieren; vgl. Ket. XIII, N. 22. — Nach dem Talmud (Ned. 41b) ist zu החוזר zu ergänzen לבעל הבית, d. b. A darf mit B zusammen aus der Schüssel essen, die zunächst den Gästen und dann dem Hausherrn gereicht wird; die Schüssel enthält so viel, dass ein Rest unter allen Umständen dem Gastgeber gereicht wird. Es hat somit B von A keinen Vorteil, sie kürzen vielmehr beide den Wirt. Nach einer andren Erklärung heisst תמחוי החוזר eine Schüssel, die bei Bedarf immer wieder gefüllt wird; wenn also A früher aufhören sollte sich zu bedienen als B, würde er diesem doch keinen Vorteil gewähren, da die Schüssel ohnedies wieder gefüllt wird. Er darf nicht mit ihm zusammen aus der grossen Schüssel essen,55 אבוס ist hier nicht wie in der Bibel „Futterstall“ oder „Dreschtenne“, sondern der Behälter für die Speisen der Arbeiter, ähnlich wie nach der Septuaginta אבוס in Jes. 1, 3 mit „Krippe“ zu übersetzen ist. wie sie den Arbeitern vorgesetzt wird;56 Obschon dieser Behälter noch grösser ist als die vorhergenannte „Schüssel“; denn es ist zu fürchten, dass B sich etwas Speise von der nimmt, die dem A gehört. er darf auch nicht mit ihm in einer Reihe57 אומן Furche, Reihe, Furchenstrecke, vom arab. مان = durchfurchen: Hoffmann, Israel. Monatsschr. 1893, S. 30; B. mez. VII, N. 24. arbeiten;58 Weil er den Boden locker macht und so dem B das Arbeiten erleichtert, oder weil er durch seine Arbeit, wie Mähen, dem B mehr Raum und Bewegungsfreiheit verschafft. dies sind die Worte des R. Meir. Die Weisen aber sagen: er darf in einiger Entfernung von ihm arbeiten.59 Auch wenn es in derselben Reihe geschieht, denn es ist nicht zu befürchten, dass sich A dies auch in der Nähe des B erlauben würde; R. Meir hingegen hegt diese Befürchtung. In der Nähe zu arbeiten ist aber dem A auch nach den Weisen verboten. Wenn einem der Genuss vom andren vor dem „siebenten“ [Jahre] durch Gelübde verboten ist, so darf er nicht auf dessen Feld gehen60 Da er das Gebiet des A nicht betreten darf, s. oben M. 1. und nicht von dessen hinausragenden [Früchten]61 Zu נוטות ist noch das Substantiv פרות oder נטיעות zu ergänzen. Es finden sich in der Mischna öfter Beispiele, wo das Hauptwort neben dem Adjectiv ausgelassen ist, so in unserer Mischna שביעית, sc. שנה; פטם = der gemästete, sc. שור, Ochs, Sab. XX, 4; שומרה sc. סוכה = Wachthütte, B. batra IV, 8. essen;62 Obgleich sonst die Früchte des siebenten Jahres nicht als Eigentum des Herrn des Feldes, sondern als הפקר, herrenloses Gut, Gemeingut gelten (Lev. 25, 6. 7), darf hier B dennoch die Früchte von dem Felde des A nicht essen, weil dieser sie ihm zum Genusse verboten hat zu einer Zeit, da er noch das Verfügungsrecht über sie hatte und dieses Verbot auch dann noch wirksam ist, wenn sie nicht mehr sein Eigentum sind. wenn es aber im siebenten Jahre geschieht,63 Wenn A das Verbot erst im siebenten Jahre ausgesprochen hat. so darf er zwar nicht auf dessen Feld gehen,64 Denn wenn auch die Früchte als Gemeingut anzusehen sind, so gilt dies noch nicht von dem Boden des Feldes, dieser ist es vielmehr nur in dem Moment, da jemand die Früchte pflückt und geniesst. Wenn es aber dem B erlaubt wäre, das Feld zu betreten, so wäre zu befürchten, dass er vielleicht noch länger dort verweilen würde, als zum Genusse der Früchte unbedingt nötig ist, er würde also von dem Felde selbst einen Nutzen haben. wohl aber von dessen hinausragenden [Früchten] essen.65 Da A das Verbot erst im siebenten Jahre ausgesprochen, wo er kein Eigentumsrecht an den Früchten mehr hatte, ist es gar nicht in Kraft getreten. Im babyl. Talmud und in manchen Mischnaausg. findet sich die Lesart: מן הנטיעות הנוטות. Wenn er ihm [nur] die Speise vor dem siebenten Jahre durch Gelübde versagt, so darf er auf dessen Feld gehen,66 Denn das Durch- gangsrecht ist ihm nicht verboten, vgl. oben Mischna 1. aber nicht von dessen Früchten essen; wenn es jedoch im siebenten Jahre geschah,63 Wenn A das Verbot erst im siebenten Jahre ausgesprochen hat. so darf er darauf gehen und [davon] essen.65 Da A das Verbot erst im siebenten Jahre ausgesprochen, wo er kein Eigentumsrecht an den Früchten mehr hatte, ist es gar nicht in Kraft getreten. Im babyl. Talmud und in manchen Mischnaausg. findet sich die Lesart: מן הנטיעות הנוטות. Wenn einem der Genuss vom andren durch Gelübde verboten ist, so darf er ihm nichts verleihen67 B darf dem A, der das Verbot ausgesprochen, nichts verleihen, weil zu befürchten ist, dass sonst auch A aus Gefälligkeit dem B etwas leihen würde. und nichts von ihm entleihen, ihm kein Darlehen gewähren68 Weil zu befürchten ist, dass sonst auch A dem B ein Darlehen gewähren würde. — Der Ausdruck שאל wird hier von Sachen gebraucht, die in natura zurückgegeben werden, לוה von Geld, bei dem dies nicht der Fall ist. und kein Darlehen von ihm nehmen, ihm nichts verkaufen69 Würde B die Ware dem A zum reellen Werte verkaufen, so würde nicht nur dieser einen Nutzen haben, sondern auch B den Vorteil, dass er seine Ware absetzt. Würde er sie unter dem Werte verkaufen, so wäre zu befürchten, dass A aus Gefälligkeit ihm auch etwas abkaufen würde; würde er sie endlich über den Wert verkaufen, so würde nur B einen Nutzen haben. und nichts von ihm kaufen.70 Auch nicht zu einem Preise, der höher ist als der reelle Wert des Gegenstandes, wobei B nur Schaden hätte, denn es ist zu befürchten, dass dann A aus Gefälligkeit auch dem B etwas abkaufen würde. Wenn einer zum andren71 Dieser Fall handelt nicht mehr von einem, der dem andren jeden Genuss von seiner Seite verboten hat, sondern von zwei beliebigen Personen. sagt: leihe mir deine Kuh, der andre erwidert: sie ist nicht frei,72 Sie wird gerade bei der Arbeit verwendet. und jener dann sagt: Konam,73 Zu Konam s. oben II, N. 18; hier würde demnach die Formel lauten: wie Opfer verboten sei mir die Kuh, mit der ich nie pflügen werde. dass ich mein Feld mit ihr nie pflügen werde,74 Hier ist zu ergänzen, dass der Entleiher sich über die Verweigerung des andren geärgert und deshalb dieses Gelübde ausgesprochen, dann aber die Kuh dennoch geborgt bekommen hat. so ist es, wenn er gewöhnt war selbst zu pflügen, ihm verboten, jedem andren aber erlaubt;75 Denn er wollte nur sagen, dass er mit der Kuh nicht so pflügen werde, wie er es gewöhnt ist, d. h. er selbst nicht, andren aber sollte es gar nicht verboten sein, für ihn zu pflügen. wenn er jedoch nicht gewöhnt war zu pflügen, so ist es ihm wie jedem andren verboten.76 Weil er meinte, er werde mit der Kuh weder selbst pflügen, noch andere pflügen lassen, wie er es sonst gewöhnt ist. Wenn einem der Genuss vom andren durch Gelübde verboten ist und er nichts zu essen hat,77 Der Satz der Mischna gilt auch dann, wenn B wohl zu essen hat; der Fall ist nur deshalb so gewählt, weil dann eher anzunehmen ist, dass A sich bemühen wird dem B Unterhalt zu verschaffen. so kann der andre zum Krämer78 חנוני, Krämer, Kaufmann, von חנות = Laden (Stamm חנה), ein Subst. mit der Endung ני wie בישני ,שפכוני Pea VII, 1; קרתני Demai VI, 4. — Ms. Or. 567 liest: אצל חנוני הרגיל אצלו, zu dem Krämer, bei dem er zu kaufen pflegt. Hiernach will die Mischna lehren, dass A selbst zu einem solchen Krämer das folgende sagen darf, obschon er mit ihm in Geschäftsverbindung steht und es den Anschein hat, als ob dieser dann nur in dessen Auftrag handelt. gehen und sagen: dem N. N. ist der Genuss von mir durch Gelübde verboten,79 Die ed. princ. liest: איש פ׳ גדר ממני הנאה, der Talmud נודר, er hat sich den Genuss von mir versagt. und ich weiss nicht, was ich tun soll;80 Wie ich mich zu verhalten habe, wenn ich dem B Speise zuwenden will. dann darf er (der Krämer) jenem81 Dem B, dem der Genuss von A verboten ist. [Speise] geben und von dem andren82 A; s. Anm. 1. bezahlt nehmen.83 Wenn A ihm zahlen will. Da A dem Käufer nicht den Auftrag erteilt hat, dem B Speise zu geben, so wird diese als ein Geschenk an B und die Bezahlung des A als ein Geschenk an den Kaufmann angesehen. Er darf aber diesem keinen Auftrag geben den B zu versorgen, vgl. N. 20, und er kann daher auch unter keinen Umständen zur Zahlung gezwungen werden. — Nach Maimonides ist der Kaufmann (und ebenso der Arbeiter im folgenden Falle) als Gläubiger des B anzusehen; A darf deshalb für B die Schuld bezahlen nach M. 2. Die ed. princ. liest: ובא זה ונוטל מזה. War sein84 Des B. Haus zu bauen,85 Die ed. princ. liest היה ביתו נופלת, wenn sein Haus eingestürzt oder baufällig war. seine Mauer aufzurichten oder sein Feld zu ernten, so kann der andre zu den Arbeitern gehen und sagen: dem N. N. ist der Genuss von mir durch Gelübde verboten, und ich weiss nicht, was ich tun soll; dann dürfen sie bei jenem arbeiten und von dem andren den Lohn annehmen.86 Dieser zweite Fall, dessen Begründung der des ersten conform ist, wird nur deshalb auch noch angeführt, um zu zeigen, dass dem A das Verfahren nicht bloss dort gestattet ist, wo es sich um die Erhaltung des B handelt, sondern auch bei Dingen, die nicht so dringend sind. Sind sie zusammen unterwegs und jener hat nichts zu essen,87 Hier handelt die Mischna (im Gegensatz zur vorigen, s. N. 77) nur von dem Falle, dass B nichts zu essen hat, weil ihm hier die Speise, die der andre von A erhalten hat, direct übergeben wird, während im M. 7 A für B nur bezahlt (ת״י). Nach R. Akiba Eger jedoch gilt dieser Satz der Mischna auch in dem Falle, dass B wohl zu essen hat, und zwar darf dieser das Geschenk des A darum annehmen, weil es durch die Übergabe an den Dritten zunächst dessen Eigentum geworden ist und dann erst aus dessen Besitz in den des B übergeht. so darf dieser [etwas] einem dritten als Geschenk geben, und dies ist dann jenem [zum Genusse] erlaubt. Ist kein dritter bei ihnen, so kann er es auf einen Stein oder einer Mauer legen und sagen: die Dinge seien jedem, der sie wünscht, preisgegeben; alsdann darf jener sie nehmen und essen. R. Jose aber verbietet es.88 Da kein andrer vorhanden ist, aus dessen Besitz es in den des B übergeht, so sieht es aus, als ob A dem B ein Geschenk macht. Die Halacha entscheidet jedoch im Sinne des ersten, ungenannten Tanna. Chapter 5 Wenn [zwei] Teilhaber1 שותף, (syr. ܫܰܘܬܳܦܳܐ), socius, Teilhaber, Miteigentümer. Das Substantiv ist von einem Partic, des Pual gebildet mit Abwertung des vorgesetzten מ; ebenso עוברה, die Schwangere, Para III, 2; vgl. Hillel, Nominalbildung, S. 34. Es könnte auch שׁוֹתָף punktiert werden nach Analogie von שובך, גולל, עובר; vgl. Baneth in Erub. VI, 5. 7. sich gegenseitig jeden Genuss von einander durch Gelübde verboten haben,2 Dieser Satz findet seine sinngemässe Anwendung auch im Falle, dass nur der eine (A) dem andren (B) jeden Genuss von seinem Vermögen verboten hat. so dürfen sie den [gemeinsamen] Hof3 Der nicht so gross ist, dass der eine den andren zu einer Teilung zwingen kann, d. h. er enthält nicht 4 Ellen im Quadrat für jeden Besitzer und noch 4 Quadratellen für jede Thür, s. B. batra I, 6 u. N. 52. nicht betreten.4 Vgl. Ned. III, 1. Nach den Weisen (ת״ק) ist jedem das Betreten des Hofes verboten, weil sie der Ansicht sind: אין ברירה, d. b. ein später eintretendes Ereignis oder eine später getroffene Entscheidung hat keine rückwirkende Kraft, giebt „keine Aufklärung“ darüber, ob das von diesem Ereignis oder dieser Entscheidung betroffene Objekt von Anfang an diese Bestimmung gehabt hat (vgl. Ab. sara III. N. 47). Auf unsren Fall übertragen, heisst dies: wir sagen nicht, dadurch, dass A einen Teil des Hofes betritt, sei erwiesen, dass gerade dieser Teil schon von Anfang an als sein Eigentum anzusehen war, es ist vielmehr dieser Teil in jedem Momente zugleich als Eigentum des B zu betrachten und darum für A unzugänglich. Hiergegen liesse sich freilich einwenden, dass eigentlich infolge des Societätsverhältnisses jeder Teil des gemeinsamen Hofes jedem Einzelnen im Momente, da er ihn benutzt, als Eigentum gehört und daher zur Benutzung gestattet sein sollte. Allein, die durch ein Verbotgelöbnis über einen Gegenstand ausgesprochene Weihe hebt das Eigentumsrecht an dieser Sache auf, קונמות מפקיעין מידי שעבוד; durch das Verbot, das A gegen B ausgesprochen hat, verliert daher dieser das Eigentumsrecht an dem Hofe. R. Elieser, Sohn Jacobs, sagt: ein jeder betritt den ihm gehörigen Teil;5 Durch das Betreten des Hofes wird entschieden (יש ברירה), dass von Anfang an der Teil, der gerade von einem betreten wird, dessen Eigentum war und der andre kein Anrecht daran hatte. — Wenn jedoch der Hof so gross war, dass der eine den andren zu einer Teilung zwingen konnte (N. 3), dann giebt auch R. Elieser b. J. zu, dass keiner von beiden den Hof betreten darf, solange die Teilung nicht erfolgt ist. Denn wenn auch R. Elieser der Ansicht ist, dass יש ברירה, dass also jeder gerade den ihm gehörigen Teil des Hofes betritt, so würde doch nach erfolgter Teilung ein jeder nur ein Stück von 4 Quadrat-Ellen betreten dürfen, die andren, gemeinsamen 4 Ellen aber nicht. Solange aber die Teilung nicht vollzogen ist, würde jeder ein Stück von 8 Ellen, nämlich das ihm allein gehörige und das beiden gemeinsame Stück betreten dürfen, es würde also ein jeder, solange er die Trennung nicht herbeiführt, dem andren den Vorteil einer grösseren Bewegungsfreiheit verschaffen, und die Benutzung dieses Vorteils wäre jedem einzelnen verboten. beiden ist es verboten, eine Mühle oder einen Ofen dort aufzustellen oder Hühner zu züchten.6 Dies gilt auch nach R. Elieser b. J. und zwar für einen Hof, der nicht geteilt werden kann. Nur das Betreten ist nach ihm erlaubt, weil der Hof eben dazu am meisten gebraucht wird; alles aber, was nicht unbedingt hier geschehen muss und von vornherein einer dem andern verwehren könnte, ist zu unterlassen, weil durch die Unterlassung des Verbotes es den Anschein hat, als ob der eine dem andren erst jetzt, im Momente der Benutzung, diesen Vorteil gewährt. Ist nur dem einen von ihnen jeder Genuss vom andren verboten, so darf [nur] er den Hof nicht betreten.7 Dieser Satz ergiebt sich nach dem Obigen von selbst, er ist nur deshalb hierhergesetzt, weil die Schlussworte, die R. Elieser hinzufügt, etwas Neues enthalten. R. Elieser, Sohn Jacobs, sagt: er kann zum andren sagen: „ich betrete nur den mir gehörigen Teil, aber ich betrete nicht den dir gehörigen Teil;“ man zwingt jedoch den, der das Verbot ausgesprochen hat, seinen Teil zu verkaufen.8 Weil zu fürchten ist, dass er, da er den andren den Hof betreten sieht, das Verbot vergessen und gleichfalls den Hof benutzen wird; war jedoch die Benutzung beiden verboten, so ist dies nicht zu befürchten. Man zwingt ihn aber nur dann zum Verkaufe seines Anteils, wenn er sich selbst den Genuss des andren durch Gelübde versagt hat. Hat aber der andre ihm den Genuss verboten, so fällt dieser Zwang fort, denn sonst wäre zu fürchten, dass jeder Teilhaber dem andren den Genuss seines Eigentums verbietet, damit dieser gezwungen wird, ihm seinen Anteil zu verkaufen. Ist einem [Fremden] von der Strasse von einem dieser [Teilhaber] jeder Genuss verboten, so darf er den Hof9 Falls dieser nicht so gross ist, dass sie zu einer Teilung gezwungen werden können, s. N. 3. nicht betreten.10 Auch nicht, um für den, der ihm die Benutzung nicht verboten bat, etwas zu besorgen. R. Elieser, Sohn Jacobs, sagt: er kann zu ihm sagen: „ich betrete den Teil deines Genossen, aber ich betrete nicht den dir gehörigen Teil.“11 R. Elieser b. J. will damit sagen, dass wir nicht nur in M. 1 die rückwirkende Kraft eines Ereignisses anerkennen, wo dem einen Teilhaber durch den andren das Nutzungsrecht versagt ist (s. N. 5) und dieser also durch das Verbot in der Benutzung seines Eigentums gehindert ist, sondern auch in unsrem Falle, wo es sich um einen Fremden handelt, der überhaupt kein Anrecht an dem Hofe hat. Die Halacha entscheidet auch im Sinne des R. Elieser b. J. Wenn einem der Genuss vom andren verboten ist und dieser ein Bad oder eine Kelter in der Stadt hat, die [von ihm] vermietet sind,12 A hatte sein Bad anderweitig vermietet, bevor er dem B jeden Genuss seines Eigentums verboten hatte so sind sie ihm, falls der andre noch ein Anrecht daran hat,13 תפיסת יד, eig. Besitzergreifung, Anrecht. Er hat sich einen Teil des Grundstücks vorbehalten, z B. einen Brunnen, der zum Bade gehörte, u. dergl. [zur Benutzung] verboten, falls er aber kein Anrecht daran hat, erlaubt.14 Da A die Sachen vollständig einem andren überlassen, so hat er auch kein Recht mehr, einem andren deren Gebrauch zu verbieten. Man könnte freilich einwenden, dass auch hier A das Eigentumsrecht des Mieters aufhebt nach dem Grundsatze, dass Verbotgelöbnisse das Eigentumsrecht aufheben CN. 4), demnach wäre dem B auch in diesem Falle die Benutzung zu verbieten. Allein jener Grundsatz kann nur dort Anwendung finden, wo derjenige, der das Verbot ausspricht, noch ein Bestimmungsrecht über die Sache hat, hier jedoch hatte A von dem Momente an, da er sie vermietete, kein Verfügungsrecht mehr über die Sache: dem B ist daher der Gebrauch zu gestatten. Wenn einer zum andren sagt: Konam, dass ich dein Haus nicht15 Vgl. Ned. II, N. 18. betreten oder dass ich dein Feld nicht kaufen werde und dieser stirbt oder es an einen andren verkauft,16 Oder verschenkt. so ist es ihm erlaubt.17 Da er „dein Haus, dein Feld“ sagte, so hat er sich die Benutzung nur für die Zeit versagt, in der sie dem andren gehören. [Wenn er aber sagt:] Konam, dass ich dieses Haus nicht betreten oder dass ich dieses Feld nicht kaufen werde und dieser stirbt oder es an einen andren verkauft, so ist es ihm verboten.18 Da er ein bestimmtes Haus ohne Angabe des Eigentümers nannte, so bleibt ihm dessen Benutzung verboten, gleichviel wem es gehört. [Wenn einer zum andren sagt:] „Ich will dir Banngut sein“,19 D. h Alles, was mir gehört, sei für dich [verboten wie] Banngut, s. Ned. I, N. 27. Nach Ned II, 4 handelt dieser Fall von einem Galiläer, der unter „Banngut“ schlechthin solches verstand, das für die Zwecke des Tempeldienstes bestimmt war, בדק הבית, Lev. 27, 28; s. das. N. 70. so ist dem, den das Verbot trifft, der Genuss von jenem versagt.20 Obgleich B, den das Verbot treffen soll, nicht ausdrücklich seine Zustimmung gegeben; denn jeder darf über sein Eigentum ein Verbotgelöbnis aussprechen und der andre muss dieses Verbot achten Dem A, der das Verbot ausgesprochen, ist es jedoch erlaubt, von B einen Genuss zu haben. [Wenn er sagt:] „du seiest mir Banngut“,21 D. h. Jeder Genuss von dir sei mir [verboten wie] Banngut. so ist dem, der das Verbot ausgesprochen, der Genuss vom andren versagt. [Wenn er sagt:] „Ich sei dir und du seiest mir [Banngut]“, so dürfen sie beide keinen Genuss von einander haben; beide dürfen jedoch die Dinge benutzen, die den aus Babylon Hinaufziehenden gehören,22 S. die folgende Mischna. Die hier genannten Dinge sind Gemeingut aller Israeliten und können nicht veräussert werden; der Anteil jedes Einzelnen ist daher so minimal, dass einer nicht dem andren den Genuss verbieten kann. aber nicht die Dinge, die [den Einwohnern] ihrer Stadt gehören.23 S. M. 5. Hier ist das Anrecht jedes Einzelnen ein grösseres, weil die Einwohner andrer Städte kein Verfügungsrecht haben und diese Dinge event. von den Behörden dieser Stadt veräussert werden dürfen. Es kann daher einer dem andren den Genuss solcher Dinge verbieten. Welches sind die Dinge, die den aus Babylon Hinaufziehenden gehören? Z. B. der Tempelberg, die Vorhöfe24 Ebenso der ganze Tempel; die Vorhöfe sind nur deshalb genannt, weil sie Allen zugänglich waren. Ed. princ. liest: הר הבית והלשכות והעזרות. und der Brunnen (mitten) auf der Strasse.25 Der für die Wallfahrer nach Jerusalem angelegt war. Welches sind die Dinge, die [den Einwohnern] der Stadt gehören? Z. B. die Strasse,26 רחבה, eig. der weite Raum, freie Platz, Markt. das Bad, die Synagoge, die Lade27 Die zum Aufbewahren der Thorarollen und Bücher diente. und die Bücher,28 Der heiligen Schrift. man kann jedoch seinen Anteil [daran] dem Fürsten verschreiben.29 Nach dem Wortlaut der Mischna wäre zu übersetzen: „und wenn man seinen Anteil dem Fürsten verschreibt“, und dieser Satz wäre dann zu ergänzen: so darf jemand, dem der Genuss von einem andren verboten ist, diesen Anteil nicht benutzen. Dies wäre aber falsch, denn wenn A seinen Anteil an diesen gemeinsamen Dingen dem Fürsten überweist, so würde er sich ja jedes Anrechts entäussert haben und die Benutzung müsste dann dem B freistehen. Deshalb werden die Worte והכותב חלקו לנשיא in Ned. 48a so erklärt, als ob sie lauteten: והכותב כותב חלקו לנשיא, wenn jemand verschreiben will, so kann er seinen Anteil dem Fürsten verschreiben, d. h. wenn diejenigen, die sich gegenseitig den Genuss von einander verboten haben, einen Ausweg finden wollen, die in der Mischna genannten Dinge zu benutzen, so können sie ihren Anteil dem Fürsten verschreiben, wodurch ihnen dann die Benutzung gestattet ist. In M. 1, wo es sich um den gemeinsamen Hof handelt, dessen Benutzung sie sich gegenseitig verboten haben, wurde jedoch dieser Ausweg nicht angegeben, weil dieser Hof nur ihnen beiden gehörte, sie also keinen Vorteil von dieser Überweisung hätten, da der Fürst ihnen nicht den Hof zur Benutzung überlassen würde. In unsrem Falle aber, wo es sich um Dinge handelt, an denen alle Einwohner der Stadt Anteil haben, würde der Fürst im Interesse der Gesamtheit die Benutzung Allen gestatten. R. Jehuda sagt: es ist gleich, ob man ihn dem Fürsten oder einem Privatmann verschreibt.30 Sie dürfen ihren Anteil ebensogut einem Privatman verschreiben. Was aber ist der Unterschied, ob man ihn dem Fürsten oder einem Privatmann verschreibt? Wer ihn dem Fürsten verschreibt, braucht ihn diesem nicht erst zuzueignen, wer ihn aber einem Privatmann verschreibt, muss ihn diesem erst zueignen;31 Da sie von ihrem Besitzrecht zurücktreten, wird der Anteil jedes Einzelnen wie Gemeingut (הפקר) betrachtet; will man also diesen Anteil einem andren zuwenden, so muss man ihn zunächst entweder selbst für ihn erwerben, d. h. ergreifen und in die Höhe heben in der Absicht, dass hierdurch der andre der Eigentümer werde, oder einen Dritten für diesen den Gegenstand erwerben lassen. Einem Fürsten gegenüber bedarf es dieser mittelbaren Zueignung nicht, weil er kraft seiner Machtfülle als der Eigentümer aller herrenlosen Güter gilt. die Weisen32 Die Weisen wie R. Jehuda erklären nur die Worte des ungenannten Tanna: והכותב חלקו לנשיא, ohne mit ihm zu controversieren. aber sagen: sowohl diesem wie jenem muss man ihn erst zueignen,33 Auch der Fürst erwirbt nicht das Eigentum eines andren ohne ausdrückliche Zueignung. man hat vom Fürsten nur deshalb gesprochen, weil es [gewöhnlich] so geschieht.34 Vgl. Jeb. XV, N. 14. — Man pflegt in der Hegel dem Fürsten Güter zuzuwenden aus Ehrfurcht vor ihm (Raschi), oder aber weil man bei einem Privatmann zu befürchten hat, dass er die Benutzung solcher Güter sich allein vorbehalten und den andren verbieten wird, ein Fürst aber den Gebrauch auch andren gestattet (R. Nissim). R. Jehuda sagt: die Bewohner Galiläas brauchen [ihren Anteil] nicht erst zu verschreiben, denn ihre Vorfahren haben [ihn] bereits für sie verschrieben.35 Die Galiläer waren leicht erregt und daher schnell geneigt einander die Benutzung ihres Eigentums zu verbieten; sie haben deshalb ihren Anteil an den Gegenständen, die allen Einwohnern einer Stadt gehörten, schon frühzeitig dem Fürsten verschrieben, damit ihre Nachkommen ihn sich nicht mehr gegenseitig verbieten können. Über Differenzen zwischen Galiläa und andren Provinzen vgl. auch Ket. IV, 12 und Ned. II, 4. Wenn einem der Genuss vom andren durch Gelübde verboten ist und jener nichts zu essen hat, so darf dieser einem andren [etwas] als Geschenk geben, und jener darf dieses dann geniessen.36 Die Mischna Ned. IV, 8, deren erster Satz mit diesem fast gleichlautend ist, handelt von dem Falle, dass beide unterwegs waren, während unsre Mischna davon spricht, dass sie daheim waren; selbst in diesem Falle braucht B, dem der Genuss von A verboten ist, sich nicht an andre um Hilfe zu wenden, sondern kann sich durch den genannten Ausweg Mittel verschaffen. Es37 Vor diesem Satz ist nach Ned. 48a zu ergänzen: Wenn jedoch der Erfolg beweist, dass die Absicht des Gebers (A) nur die war, dass B, dem zunächst jeder Genuss von A verboten war, dennoch einen Genuss haben soll, so ist die Überweisung seitens des A an einen dritten nicht gestattet. Als Beleg hierfür folgt dann die Erzählung des Falles in Bet-Choron. Ohne jene Einschaltung würde die Entscheidung in dem Falle von Bet-Choron mit dem ersten Satz der Mischna in Widerspruch stehen. geschah einst, dass jemand in Bet-Choron,38 Bet-Choron, die Stadt in Ephraim, s. Jos. 16, 3.5 u. o. dessen Vater jeder Genuss von ihm verboten war, seinen Sohn verheiratete und zu seinem Nächsten sagte: der Hof und das Gastmahl seien Dir zum Geschenk gegeben, aber sie gehören Dir nur39 Die Talmudausg. lesen: אלא נתונים הינן לפניך, wo die aram. Form תינן dem hebr. הם entspricht. zu dem Zwecke, dass mein Vater komme und mit uns an dem Mahle teilnehme. Darauf sagte der andre zu ihm: „Wenn sie mir gehören, so sollen sie dem Himmel geweiht sein!“ Jener aber erwiderte ihm: „Ich habe Dir das Meinige nicht gegeben, dass Du es dem Himmel weihest.“ Darauf entgegnete der andre: „Du hast mir [also] das Deinige nur deshalb gegeben,40 Oder: Du hast mir [gewiss] das Deinige nicht in der Absicht nur gegeben, dass Du u. s. w. damit Du mit Deinem Vater zusammen speisen und Ihr Euch mit einander versöhnen könnt und die Sünde41 Mëiri liest statt עון תלוי בראשו die Worte קולר תלוי בצוארו, „die Fessel ruht auf seinem Halse“, eine Phrase, die im Talmud oft wiederkehrt (vgl. Sanh. 7b u. s.) zur Bezeichnung einer drohenden Gefahr. auf seinem Haupte ruhe!“42 D. h. dass er von dem, was ihm eigentlich verboten ist, geniesse. Als dann die Sache vor die Weisen kam, sagten sie: ein Geschenk, das nicht derart ist, dass es, wenn man es heiligen wollte, auch heilig wäre, gilt nicht als Geschenk.43 Die Wortfolge in der Mischna ist etwas schwierig und die Lesarten schwanken. Der unsrigen am ähnlichsten ist die in der Erklärung des R. Ascher zitierte: כל מתנה שאינה שאם הקדישה מקודשת אינה מתנה, jedes Geschenk, das durch Vorbehalte des Gebers nicht in dem Grade Eigentum des Empfängers ist, dass es heilig wäre, wenn dieser es dem Heiligtum überweisen würde, gilt nicht als Geschenk. In unsrem Falle nun hat der Geber A ausdrücklich erklärt, dass er den Hof und das Gastmahl ausschliesslich zu dem Zwecke dem B übergebe, damit sein Vater an dem Mahle teilnehmen könne, jedes andre Verfügungsrecht aber hat er sich selbst vorbehalten; dashalb ist es in keiner Hinsicht als Geschenk anzusehen, und dem Vater des A bleibt nach wie vor die Teilnahme am Hochzeitsmahl verboten. — Tosafot haben die Lesart: כל מתנה שאם הקדישה אינה מקודשת אינה מתנה, ein Geschenk, das, wenn man es heiligen wollte, nicht heilig wäre, gilt nicht als Geschenk. R. Nissim endlich und R. Ascher in seinen Entscheidungen lesen: כל מתנה שאינה שאם הקדישה אינה מקודשת אינה מתנה , jedes Geschenk, das nichtig ist, weil es nicht völlig in den Besitz des Empfängers übergegangen ist, denn wenn er es heiligen wollte, wäre es nicht heilig, gilt nicht als Geschenk; so scheinen auch der jerus. Talmud, Raschi und Schit. mekub. gelesen zu haben. — Weiss, Studien über die Spr. der Mischna, S. 115 weist darauf hin, dass sich in der Mischna häufig in Verbindung mit der Negation ein überflüssiges ש findet, z. B. כל הזבחים שנזבחו שלא לשמן, Seb. I, 1, שלא על מנת לקבל פרס , Abot I, 3 (vgl. auch Ket. VII, N. 31, wo „das ש in שאם“ in „das ש in שאינה“ zu berichtigen ist). Er vermutet nun, dass die Mischna ursprünglich gelautet habe: כל מתנה שאינה שאם הקדישה אינה מקודשת, wobei שאינה = אינה wäre: „das ganze Geschenk ist nichtig, denn wenn er es heiligen wollte, würde es auch nicht heilig sein.“ Dadurch nun, dass im Texte שאינה stand, das man relativisch aufgefasst habe, seien dann die beiden Worte אינה מתנה, die jemand am Rande zur Erklärung sich angemerkt habe, in den Text gekommen, sodass schliesslich der Satz die Gestalt annahm: כל מתנה שאינה שאם הקדישה אינה מקודשת אינה מתנה. Wir haben indessen nach unsren obigen Ausführungen keinen Grund, hier eine Korrektur des Mischnatextes anzunehmen. Chapter 6 Wer sich Gekochtes durch Gelübde verbietet, dem ist Gebratenes1 Weil im allgemeinen unter מבושל Gebratenes nicht verstanden wird. In der Bibel wird zwar בשל auch vom „Braten“ gebraucht, s. ויבשלו הפסח באש כמשפט, II Chron. 35, 13, was nach Ex. 12, 9 nur „braten“ bedeuten kann; indess ist bei Gelübden die übliche Redeweise massgebend, und diese bezeichnet mit מבושל nur Gekochtes. und Gesottenes2 שלוק bedeutet im Talmud zuweilen „stark oder zu lange gekocht“, vgl. Ukz. II, 6, Chul. 111a (s. jedoch die Bemerkung des R. Elia Wilna zu Jore dea 73, 1), zuweilen „zu wenig gekocht“, vgl. Terum. X, 11 (nach der Erklärung des Mëiri zu Ned. 49 a u. A.). In unsrer Mischna ist nach R Nissim, Tosafot u. A. unter שלוק das letztere zu verstehen, während das, was zu viel gekocht ist, in der Regel als מבושל bezeichnet wird. Nach Raschi und R. Ascher ist jedoch auch hier שלוק im ersteren Sinne zu nehmen. erlaubt. Sagt jemand: „Konam,3 S. Ned. II, N. 18. dass ich gekochtes Gericht nicht essen werde“, so ist ihm das, was in einem Topfe weich zubereitet wird,4 Wie Brei, Mus u. dergl., die mit Brot genossen werden. verboten, was aber dick hergestellt wird, erlaubt;5 Weil solche Speisen, die ohne Brot genossen werden, in der Regel nicht תבשיל heissen. auch ist ihm ein schlürfbares Ei6 Die Talmudausg. lesen בביצה טורמוטא, ed. Lowe und ed. princ. בביצה טרמיטה. — טרמיטא ist das griech. τϱομητή, eigentl. „zitternd“, ein Ei, das man wiederholt bald in heisses, bald in kaltes Wasser legt, sodass es zusammenschrumpft und im ganzen geschlürft werden kann; so Ned. 50b. Der jerus. Talmud erklärt טורמיטא mit רופיטון, ῥοφητόν, schlürfbar; das Ei wird weich gekocht und ohne Brot verzehrt, daher auch nicht als תבשיל bezeichnet. Löw bei Krauss, griech. u. lat. Lehnwörter II, S. 270 weist auf Galen VI, 706 u. 769 hin, wo die beiden griech. Wörter neben einander vorkommen. und ein in heisser Asche zubereiteter Kürbis erlaubt.7 רמוצה, denomin. von רמץ رمض, Asche, in heisse Asche gelegt, damit er süss und schmackhaft werde. Nach einer andren Erklärung in Ned. 51a ist דלעת הרמוצה = קרא קרקוזאי, nach Raschi u. A. = Kürbis aus einem Orte Karkus, der aber sonst im Talmud nicht erwähnt wird. Aruch erklärt es als „runden Kürbis“. Perles, in Frankels Monatsschr. 1872, S. 363 liest קרבוזאי; der Talmud erklärt nach ihm דלעת הרמוצה durch das rabbin. קרי = Kürbis und durch das gleichlautende persische charbuz, woraus auch unser „Kürbis“ hergeleitet ist. Wer sich das, was im Topf zubereitet wird, durch Gelübde versagt, dem ist nur das verboten, was darin gesotten wird.8 רתחה (= dem bibl. רתח, Ez. 24, 5), das Wallen, Sieden. Der bab. Talmud hat die aram. Form רתחתא, Ms. Or. 567 רתיחתה. — Er darf alles das nicht essen, was lange kochen muss, bis es geniessbar wird, wie Graupen, Reis u. dergl., weil solches in der Regel מעשה קדרה genannt wird. Sagt er: „Konam, dass ich nicht versuchen werde, was in den Topf kommt“, so ist ihm alles verboten, was im Topf gekocht wird. [Wenn sich jemand durch Gelübde] „das Eingelegte“9 כבוש von כבש, pressen, Eingemachtes, in Essig u. dergl. Eingelegtes. [versagt], so ist ihm nur das Eingelegte von Kraut verboten;10 Denn unter „Eingelegtem“ schlechthin wird gewöhnlich eingelegtes Kraut verstanden. [wenn er aber sagt: Konam] „dass ich Eingelegtes nicht kosten werde“, so ist ihm alles Eingelegte verboten.11 Sobald er den bestimmten Artikel fortlässt, ist Alles zu verbieten, was unter den Begriff כבוש fällt; ebenso in den folgenden Fällen. [Wenn sich jemand] „das Gesottene“ [versagt], so ist ihm nur gesottenes Fleisch verboten;12 Die ed. princ. liest: משלוק אינו אסור אלא בשלוק של ירק; ebenso lesen auch Tos. und R. Ascher. [sagt er aber: Konam,] „dass ich Gesottenes nicht kosten werde“, so ist ihm alles Gesottene verboten. [Wenn sich jemand] „das Gebratene“ [versagt], so ist ihm nur gebratenes Fleisch verboten; dies sind die Worte des R. Jehuda. [Sagt er aber: Konam,] „dass ich Gebratenes nicht kosten werde“, so ist ihm alles Gebratene verboten. [Wenn sich jemand] „das Gesalzene“13 S. Ned. II, N. 48. [versagt], so ist ihm nur gesalzener Fisch14 Ed. princ. hat המליח של בשר; ebenso Mëiri. verboten; [sagt er aber: Konam,] „dass ich Gesalzenes nicht kosten werde“, so ist ihm alles Gesalzene verboten. [Wenn jemand sagt: Konam,] „dass ich Fisch, Fische15 Nach R. Nissim ist dies dahin zu erklären, dass er beide Worte, דג דגים, gesagt hat; unter דג sind grosse Fische zu verstehen, die einzeln verkauft werden, unter דגים kleine, die nur in grösserer Menge in den Handel kommen, und da er beides gesagt, so sind ihm Fische jeder Art verboten. Nach Maimon. in seinem Mischna-Kommentar ist דג דגים als status constructus aufzufassen, wie שיר השירים, Hohel. 1, 1, הבל הבלים, Koh. 1, 2, und diese Verbindung der Einzahl eines Substantivs mit seiner Mehrzahl soll hier die Zusammenfassung sämtlicher Arten einer Gattung ausdrücken. Nach Andren jedoch (R. Ascher, Mëiri) ist דג von דגים zu trennen, und gleichviel, ob er דג oder דגים gesagt hat, sind ihm alle Fische verboten. nicht kosten werde“, so sind ihm sowohl grosse als kleine, gesalzene wie ungesalzene,16 טפל = dem bibl.-hebr. תפל, Hiob, 6, 6, nüchtern, fade, ungesalzen. Ed. Lowe und Ms. Or. 567 haben תפילין. rohe wie gekochte verboten; kleingehackte Triss17 טרית = ϑϱίσσα, eine Sardellenart. Nach Raschi in Meg. 6a ist es eine Art Thunfisch, Triton; vgl. auch Ab. s. II, N. 59. — Triss ist ihm erlaubt, weil dieser Fisch, der stets in kleine Stücke zerlegt (טרופה) verkauft wird, einen besondren Namen hat und nicht in דג miteinbegriffen ist. und Fischlake18 ציר, صير, Saft, Salzlake, die mit Wasser vermischt, als Tunke oder Zukost verwendet wird. — Nach Ned. 52b ist ihm nur die Lake zum Genuss erlaubt, die bereits vor dem Aussprechen seines Gelübdes aus dem Fisch gewonnen war; die spätere ist ihm jedoch verboten, weil vielleicht auf seine Worte שאיני טועם das Hauptgewicht zu legen ist, er sich also den Genuss alles dessen versagen wollte, was aus Fisch gewonnen wird. Das Gleiche gilt entsprechend auch bei Molke (M. 5) und Honig (M. 8). sind ihm jedoch erlaubt. Wer sich das aus kleinen Fischen bereitete Gericht19 צחנה, صحناة, ein Gericht, das aus kleinen, gesalzenen Fischen hergestellt wird. Weil in diesem Gericht auch kleingehackte Fische enthalten sind, ist ihm auch zerlegte Triss verboten. versagt, dem ist zerlegte Triss verboten, Fischlake aber und Salzlake20 מורים, muries, Fischbrühe, Salzlake, aus dem Fett des Fisches gewonnen, zuweilen mit Wein vermischt, s. Ab. s. II, 4. erlaubt.21 Weil in diesen keine festen Bestandteile vom Fisch enthalten sind, sie also nicht als צחנה bezeichnet werden. Wer sich zerlegte Triss versagt, dem sind Fischlake und Salzlake verboten (a. L.: erlaubt).22 Der bab. Talmud und die Mischnaausg. lesen אסור, die ed. princ. und der jerus. Talmud מותר; in der ed. Lowe fehlt der letzte Satz der Mischna vollständig. — Raschi und die Andren, die אסור lesen, erklären: die Fisch- und Salzlake sei darum verboten, weil sie dünn und flüssig ist, ähnlich wie zerlegte Triss, das טרופה aber in seinem Gelübde ist entscheidend. R. Nissim, der מותר liest, erklärt, das טרית sei entscheidend; weil aber in der Lake keine Stücke vom Fisch, wie etwa bei טרית טרופה, enthalten sind, ist sie ihm erlaubt. Wer sich Milch versagt, dem ist Molke erlaubt,23 קום, ed. Lowe קם, ist abgestandene Milch, Molke, nach dem jerus. Talmud z. St. die Flüssigkeit, die von der geronnenen Milch kommt. — Die Molke ist ihm erlaubt, weil sie nicht als „Milch“ bezeichnet wird. R. Jose aber verbietet sie ihm,24 Weil sie Bestandteile von Milch enthält und daher auch unter den Begriff Milch fällt. [Wer sich] Molke [versagt], dem ist Milch erlaubt.25 Auch nach R. Jose, denn Milch wird nicht mit dem Namen „Molke“ bezeichnet. Abba Saul sagt: wer sich Käse versagt, dem ist er gesalzen wie ungesalzen verboten.26 Obgleich in der Regel Käse gesalzen wird, so wird doch auch der ungesalzene als Käse und nicht etwa als dicke, geronnene Milch bezeichnet. Wer sich Fleisch versagt, dem ist die Brühe27 רוטב (von רטב, frisch, saftig sein), Brühe. und der Bodensatz28 קיפה (von קפי oder קוף), was vom gekochten Fleisch und seinen Zutaten beim Kochen zu Boden fällt, Bodensatz; Levy Wtb. erlaubt;29 Weil beides nicht „Fleisch“ genannt wird. R. Jehuda30 R. Nissim las ר׳ יוסי. aber verbietet sie ihm.31 Weil sie Fleischgeschmack haben. Es sagte R. Jehuda: einst hat mir32 Im Talmud עלינו. R. Tarphon die Eier, die darin33 Ed. princ.: שנתבשלו בתוכו. mitgekocht waren, verboten.34 In einem ähnlichen Falle, wo jemand sich den Genuss von Fleisch versagt hatte; und dieses Verbot konnte nur darin seinen Grund haben, dass die Eier einen Fleischgeschmack angenommen hatten. Darauf sagten sie35 Die Weisen, die mit R. Jehuda controversieren. zu ihm: so war es auch,36 Der Fall lag wirklich so, aber Du kannst nicht ohne weiteres Deine Ansicht durch die Entscheidung des R. Tarphon stützen. aber nur wann?37 Wann war ihm Alles, Fleisch und Eier, zu verbieten? Wenn er sagt: dieses Fleisch sei mir [verboten],38 Hier ist אסור oder קונם zu ergänzen, vgl. Einl. S. 173. denn wenn sich jemand etwas versagt und dieses mit einer andren Sache vermischt wird, so ist ihm diese verboten, sobald darin soviel von jenem39 Nämlich dem verbotenen Stoffe. enthalten ist, dass es ihr einem Geschmack mitteilt.40 בנותן טעם ist die Menge eines Stoffes, die einem andren, mit dem sie vermischt wird, ihren Geschmack mitteilt, vgl. Ab. s. V, N. 69; das ב dient nur zur Bezeichnung des Quantums, s. Ab. s. V, N. II. Das בו kann auf die ganze Mischung bezogen werden, wie es oben in der Übersetzung geschehen ist, aber auch auf den verbotenen Stoff. — Die Weisen wollen sagen: Nur dann, wenn er gesagt hat: „dieses Fleisch sei mir verboten“, darf er die ganze Mischung nicht geniessen, sobald sie nach dem Fleisch schmeckt, weil er durch sein Gelübde sich Alles, was von „diesem“ Fleisch einen Geschmack empfängt, versagen wollte. Wenn er jedoch gesagt hätte: „Fleisch sei mir verboten“, so hätte er sich nur den Genuss von Fleisch in natura versagt, der Fleischgeschmack aber bliebe ihm erlaubt, und in dem Falle des R. Tarphon wäre die Mischung erlaubt gewesen. Wer sich Wein versagt, dem ist ein Gericht, in dem ein Weingeschmack ist, erlaubt.41 Dies entspricht der Ansicht der Weisen in der vorigen Mischna. Wenn jemand sagt: Konam, „dass ich diesen Wein nicht kosten werde“, und dieser in ein Gericht fällt, so ist es ihm verboten, sobald es von jenem einen Geschmack erhalten hat. Wer sich Weintrauben versagt, dem ist Wein erlaubt, [wer sich] Oliven [versagt], dem ist Oel erlaubt. Sagt er: „Konam, dass ich diese Oliven oder diese Trauben nicht kosten werde“, so sind ihm diese wie das, was daraus hervorgeht, verboten. Wer sich Datteln versagt, dem ist Dattelhonig erlaubt. [Wer sich] Spättrauben42 סתוני, eine Nominal-Bildung wie חנוני, s. Ned. IV, N. 78, hibernae sc. uvae, Trauben, die bis zum „Winter“ (סתו) im Weinberg bleiben und, da sie nicht völlig reif werden, in der Regel nur zur Herstellung von Essig dienen; vgl. auch Terumot XI, 2. [versagt], dem ist Spättrauben-Essig erlaubt. R. Jehuda, Sohn Betheras, sagt: wenn etwas nach seinem Ursprunge benannt wird43 Z. B. Dattelhonig, Spättrauben-Essig. und sich jemand es44 D. h. die Frucht selbst, deren Erzeugnis noch nach ihr benannt wird, z. B. Spättrauben. versagt, so ist ihm auch das, was daraus hervorgeht, verboten; die Weisen aber erlauben es.45 Er darf wohl die Spättrauben geniessen, obschon er sie in seinem Gelübde genannt hat; denn es ist anzunehmen, dass er, als er sich Spättrauben versagte, nicht diese selbst meinte, da sie ja gewöhnlich nicht genossen werden, dass er vielmehr nur an den Essig dachte, der aus den Spättrauben gewonnen wird. Die Differenzen zwischen dem ersten, ungenannten Tanna (ת״ק), R. Jehuda b. B. und den Weisen sind also folgende: Nach dem ersten Tanna ist ihm z. B. Spättraubenessig erlaubt, sobald er in seinem Gelübde nur Spättrauben nannte, obschon diese selbst zuweilen gegessen werden und der daraus gewonnene Essig danach benannt wird und geniessbar ist; denn es ist dem Gelobenden nur das zum Genuss verboten, was er ausdrücklich in seinem Gelübde bezeichnet hat. Nach R. Jehuda b. B. jedoch sind ihm in diesem Falle nicht nur die Spättrauben selbst, sondern auch der Essig verboten, da dieser nach seinem Ursprung „Spättraubenessig“ genannt wird. Nach den Weisen endlich darf er wohl die Spättrauben, aber nicht den Essig geniessen. Das מתירים der Weisen bezieht sich nicht auf das ביוצא הימנו in den Worten des R. Jehuda b. B., denn den Saft verbieten sie gleich ihm, sondern auf das stillschweigend zu ergänzende סתוניות, die ja nach R. Jehuda b. B. verboten sein müssen, da er erklärt: אסור אף ביוצא הימנו, auch der Saft ist verboten. Wer sich Wein versagt, dem ist Apfelwein erlaubt;46 Weil dieser nicht unter „Wein“ schlechthin verstanden wird. [wer sich] Oel [versagt], dem ist Sesam-Oel47 שומשמין, das in der Mischna nur in der Pluralform erscheint und in seiner Etymologie dunkel ist, entspricht dem orientalischen Sesam. Vielleicht ist das Wort durch Transposition von שושמא, ܫܽܘܫܡܳܐ entstanden, vgl. Löw, aram. Pflanzennamen S. 376. erlaubt;48 Weil unter „Oel“ gewöhnlich nur Olivenöl verstanden wird. [wer sich] Honig [versagt], dem ist Dattelhonig erlaubt;49 Denn während in der Bibel mit דבש Dattelhonig gemeint ist, wird im Volksmund mit „Honig“ in der Regel der Bienenhonig bezeichnet. [wer sich] Essig [versagt], dem ist Spättrauben-Essig erlaubt;50 Denn unter Essig wird gewöhnlich Weinessig verstanden. [wer sich] Lauch51 כרישה, aram. כרתי, ist Allium Porrum, Lauch. [versagt], dem ist [syrischer] Kopflauch52 קפלוט = ϰεφαλωτός, mit einem Kopf, einer Knolle versehen, eine bestimmte Lauchart, die in Syrien und Palästina wuchs; Maimon, erklärt es mit שם הכרתין שבארץ ישראל. Es ist nicht, wie Krauss, Lehnwörter S. 560 will, mit „Knoblauch“ schlechthin zu identificieren, s. Löw ibid, und aram. Pfl., S. 227. „In manchen Gegenden wird der gemeine Lauch oder Porree auch „Kopflauch“ genannt, weil er in seiner Zwiebel gleichsam einen Kopf hat“, Rumohr, Kochk. S. 145, citiert bei Sanders, Wörterb. der deutschen Sprache, s. v. Lauch. erlaubt;53 Denn unter „Lauch“ schlechthin wird nicht der syrische verstanden. [wer sich] Kraut [versagt], dem sind Feldkräuter54 Die nicht gezüchtet werden, sondern auf dem Felde wild wachsen. erlaubt, weil dies ein zusammengesetzter Name ist.55 לִוּוּי, nomen actionis zu לוה = anschliessen, zugesellen. Bacher, Terminologie, S. 93 will לַוָּי lesen, eine ähnliche Form wie דַוָּי und שם לווי würde demnach bedeuten: ein begleiteter, mit einer nähern Bestimmung zusammengesetzter Name. Diese Punctation erscheint jedoch etwas gesucht, während לִוּוּי in בִּנּוּי und שם כנוי (s. Ned. I, 1) eine gesicherte Parallele hat. Das Gleiche gilt von der Punctation לָווּי, die Porges, Frankels Monatsschr. 1900, S. 189 vorschlägt; danach wäre diese neuhebr. Form im Sinne des hebr. נלוה mit der Vorliebe zu erklären, die das Neuhebr. für die פָּעוּל-Bildung hat. Levy, Kohut und Jastrow punctieren לְוָוי, nach Analogie von כְתָב. Die Mischna ed. Lowe hat לַווי und Alfasi לואי. Die Wendung שם לווי findet sich noch in Neg. XIV, 6 und Para XI, 7. [Wer sich] Kohl56 כרוב, ϰϱάμβη, Kohl. [versagt], dem ist [auch] Kohlkeim57 אספרגוס, ἀσπάϱαγος, der junge, als Gemüse gegessene Trieb verschiedener Bäume, Sträucher und Kräuter, hier der Kohlkeim, cyma; so Löw, aram. Pflanzennamen S. 51. Vgl. auch Tos. Demai IV, wo כרוב erwähnt wird, aus dem man den אספרגוס herausschneidet. Im Talmud Ber. 51a u. s. kommt אספרגוס auch als Getränk vor, wahrscheinlich als „der Wein, den man mit Pflanzentrieben ansetzt“; vgl. Fürst in Revue des Et. juives, 1899, S. 221. Maimon, in seinem Kommentar erklärt das Wort in unsrer Mischna in diesem Sinne, ebenso in Hil. Ned. IX, 10. verboten;58 Weil dieser auch unter כרוב verstanden wird, aber nicht umgekehrt. Die ed. princ. hat מותר באספרגוס. [wer sich] Kohlkeim [versagt], dem ist Kohl erlaubt. [Wer sich] Graupen59 גריס, Zerstossenes, Zermalmtes = bibl.-hebr. גרש; hier: zerkleinerte Erbsen oder Bohnen, Graupen. [versagt], dem ist [auch] der Brei60 מקפה, vom bibl.-hebr. קפא, sich zusammenziehen, gerinnen, Brei. [davon] verboten;61 Weil der Brei nach den Graupen benannt wird. R. Jose aber erlaubt ihn.62 Weil er sich nur Graupen versagt hat, dieses Gericht aber nicht Graupen schlechthin, sondern immer nur Graupenbrei genannt wird. [Wer sich] Brei [versagt], dem sind Graupen erlaubt;63 Denn Brei wird auch aus andren Hülsenfrüchten hergestellt. [wer sich] Brei [versagt], dem ist Knoblauch verboten;64 Weil man in der Regel in jeden Brei Knoblauch tut, um ihn zu würzen, Knoblauch also ein Bestandteil jeder Art von Brei ist. Nach R. Nissim ist ihm der Knoblauch verboten, weil מקפה, die er sich versagt, jedes breiartige Gericht bedeutet, Knoblauch aber zuweilen, mit Wasser verdünnt, auch als Brei gegessen wird. — Tosafot lesen מן המקפה מותר בשום. R. Jose aber erlaubt ihn.65 Weil er mit מקפה nur ein Gericht mit Knoblauch, aber nicht diesen allein meinte. [Wer sich] Knoblauch [versagt], dem ist Brei erlaubt.66 Denn unter שום ist nur Knoblauch in trockenem Zustande zu verstehen. [Wer sich] Linsen [versagt], dem sind [auch] Linsenkuchen67 אשישה, in der Bibel für „Zusammengepresstes, Compactes, Kuchen“ gebraucht, ist hier nach der Erklärung des jerus. Talmud z. St. ein Gericht aus gerösteten und zerstossenen Linsen, die, mit Honig eingerührt, im Tiegel zubereitet wurden. — Nach Tosafot, R. Ascher u. A. bedeutet אשישים Abfall von Linsen; Mëiri las אסור בחסיסים, d. i. Mehl der in der Mischna oft genannten 5 Getreidearten (s. Ned. VII, N. 12), vermischt mit Linsenmehl und zu Brot verarbeitet. verboten;68 Denn diese werden zuweilen auch unter „Linsen“ schlechthin verstanden. R. Jose aber erlaubt sie. [Wer sich] Linsenkuchen [versagt], dem sind Linsen erlaubt.69 Denn diese werden nie אשישים genannt. [Wenn jemand sagt: Konam,] „dass ich Weizen, Weizenkörner nicht kosten werde“, so ist ihm sowohl das Mehl als das Brot daraus verboten.70 Da er beide Ausdrücke gebrauchte, sind ihm sowohl Weizenbrot, welches schlechthin חטה genannt werden kann, als auch Weizenkörner, die חטים heissen, verboten. [Wenn jemand sagt: Konam,] „dass ich Graupe, Graupenkörner nicht kosten werde“, so sind sie ihm sowohl roh als gekocht verboten.71 Unter גרים allein wäre gekochte Graupe, unter גריסין allein rohe zu verstehen; da er nun beide Ausdrücke gebraucht hat, sind ihm Graupen in jedem Zustand verboten. R. Jehuda72 R. Jehuda will nicht die vorhergehende Behauptung bestreiten, sondern nur erklären. Die Formel פלוני אומר bedeutet in der Mischna nicht immer, dass dieser Tanna mit dem vorhergenannten controversiert, sondern zuweilen auch, dass er dessen Ausspruch erklärt; vgl. Tos L. Heller zu Bik. III, 6 s. v. הגיע. sagt: [Wenn jemand sagt:] „Konam, dass ich Graupe oder Weizen nicht kosten werde“, so ist es ihm erlaubt, sie roh zu kauen.73 כסם, zermalmen, zerkauen, bei rohen Dingen gebraucht. Chapter 7 Wer sich durch Gelübde Kraut versagt, dem sind Kürbisse1 דלעת, plur. דלועין oder דילועין, im sing. fem., im pl. masc., Kürbis. erlaubt;2 Denn Kürbisse werden unter „Kraut“ nicht miteinbegriffen. R. Akiba aber verbietet sie ihm.3 Weil Kürbisse zu ירק gehören. Aber nur dann, wenn er erklärt hat, er wolle keine Kräuter essen, die gekocht werden, sind ihm auch Kürbisse verboten; denn „Kräuter“ schlechthin werden nur solche genannt, die roh gegessen werden, Kürbisse aber werden nur gekocht gegessen. Da sagten sie (die Weisen) zu ihm: geschieht es nicht, dass man zu seinem Boten sagt: „hole mir Kraut!“ und dieser erwidert: „ich habe nur Kürbisse gefunden!“4 Also heisst doch Kürbis nicht ירק und muss erlaubt sein. Darauf entgegnete er ihnen: dies ist richtig,5 Und eben daher entnehme ich meinen Beweis; denn da der Bote seinem Auftraggeber berichtete, er habe nur Kürbis gefunden, so wollte er sagen, dass er zwar etwas dem ירק Ähnliches gefunden, nur nicht das Kraut, das jener meinte. aber würde er ihm vielleicht erwidern: „ich habe nur Hülsenfrüchte gefunden!“6 Nein, denn Hülsenfrüchte [sing. קטנית, plur. קטניות] sind dem ירק gar nicht ähnlich, Kürbisse aber wohl, und darum müssen diese verboten sein. Es werden vielmehr Kürbisse unter Kraut miteinbegriffen, Hülsenfrüchte aber werden nicht unter Kraut miteinbegriffen. Auch ist ihm frische7 לח, frisch, d. h. halbreif. ägyptische Bohne8 פול המצרי nicht die gemeine Bohne, faba vulgaris, sondern nymphaea nelumbo, Löw, aram. Pfl. S. 313. verboten,9 Denn halbreif ist sie auch roh geniessbar, also in ירק miteinbegriffen. trockene aber erlaubt.10 Trocken, d. h. reif können die Bohnen nur gekocht genossen werden, sind also nicht mit ירק, sondern eher mit דגן (s. M. 2) zu vergleichen, denn sie werden auch in grossen Mengen aufbewahrt. Wer sich Getreide versagt, dem ist trockene ägyptische Bohne verboten;11 Weil unter דגן alle Früchte zu verstehen sind, die in „Haufen“ aufgeschüttet werden, und dies geschieht mit den reifen ägyptischen Bohnen ebenfalls. dies sind die Worte des R. Meir. Die Weisen aber sagen: nur die fünf [Getreide-] Arten12 Die fünf Getreidearten, die in der Mischna häufig neben einander erscheinen (s. Challa I, 1, Men. X, 7, Pes. II, 5) und für die die gleichen gesetzlichen Bestimmungen gelten: Weizen, Gerste, Spelt, Hafer, Roggen(?). sind ihm verboten. R. Meir sagt: wer sich den [Feld-] Ertrag versagt, dem sind nur die fünf Arten verboten;13 Weil unter תבואה gewöhnlich nur diese Getreidearten verstanden werden. Wenn auch der Ertrag des Weinbergs in der Bibel תבואת הכרם genannt wird, Deut. 22, 9, so ist doch bei Gelübden die übliche Ausdrucksweise entscheidend. wer sich aber Getreide versagt, dem ist alles [Ähnliche]14 Was in Haufen aufgeschüttet wird, z. B. auch frische ägyptische Bohne, s. M. 1. verboten und nur Baumfrüchte und Kraut sind ihm erlaubt. Wer sich Kleidung versagt, dem ist ein härenes Gewand,15 שק, ein Gewand, das aus Ziegenhaaren hergestellt ist, griech. σάϰϰος; vgl. Kelim XXVII, 1. ein Tuch16 יריעה, ein Gewand aus grobem Zeug, ohne Naht. und ein Überwurf17 המילה, خملة, ein einfacher Überwurf ohne irgend welchen Aufputz (Levy Wtb.) zum Schutz vor Regen. Mëiri giebt zwei Erklärungen für dieses Wort: nach Einigen ist es ein Tuch, das zum Einpacken von Waren gebraucht wird, שרפיליירה, d. i. franz. serpillière, Packleinwand; nach Andren ist es eine Kopfbedeckung aus einem Stück groben Stoffes. erlaubt.18 Weil unter כסות in der Regel Kleider aus Leinen oder Leder verstanden werden. Wenn jemand sagt: Konam sei mir die Wolle, die auf meinen Leib kommt, so darf er sich mit geschorener Wolle bedecken.19 Weil er beim Gelübde nur Kleider im Sinne hatte. [Wenn jemand sagt: Konam sei mir] der Flachs, der auf meinen Leib kommt, so darf er sich mit Flachsbündeln20 אניצי פשתן, (auch in B. mez. II, 1), das im jerus. Talmud und in der Tos. Suk. I, 6 als עניצי פ׳ erscheint, sind Büschel gehechelten Flachses, Flachsbündel. In Suk. 12b erklärt R. Chananel אניצי פשתן als „geklopften und gehechelten Flachs“, ebenso Tosafot ibid. s. v. באניצי. Raschi zu unsrer Mischna bemerkt: דדייק ולא נפיץ, Flachs, der geklopft, aber noch nicht ausgekämmt ist, während aus Raschi zu Suk. 12b s. v. סככה hervorgeht, dass unter אניצי פשתן geklopfter und ausgekämmter Flachs zu verstehen ist; s. die Bemerkung des R. S. Straschun zu Ned. 55b und Fes. VII, N. 2. bedecken.21 Weil er sich nur die Kleider aus Flachs versagen wollte. R. Jehuda sagt: alles richtet sich nach dem Gelobenden;22 D. h. nicht nur nach dem Worte, sondern auch nach der Absicht des Gelobenden sowie nach dem Anlass, bei dem das Gelübde ausgesprochen wurde. wenn er beladen war,23 טען, aufladen, belasten, hier = er hat sich aufgeladen, näml. Wolle oder Flachs. in Schweiss geriet24 הזיע, in Schweiss geraten, von זוע oder יזע, woher זעה Gen. 3, 19 und יזע Ezech. 44, 18, Schweiss. und der Geruch ihm lästig war25 Oder: das Atmen ihm schwer war. und [darum] sagt: Konam seien mir die Wolle und der Flachs, die auf mich kommen, so darf er sich damit bedecken,26 Er darf Kleider aus Wolle und Flachs anziehen, denn da der Anlass zu seinem Gelübde nur die Schwere der Last war, so wollte er sich offenbar nur das Tragen von Wolle und Flachs als Last, aber nicht als Kleid verbieten. sie aber nicht über den Rücken herabhängen lassen.27 הפשיל, nachschleppen, herabhängen lassen, von פשל, eigentl. träge sein, zurückbleiben. — Er darf sie nicht als Last tragen, denn eben dieses hatte er sich durch Gelübde versagt. Aus demselben Grunde darf er sie auch nicht nach vorn als Last herabhängen lassen; die Mischna handelt nur von der üblichen Art des Tragens. Wer sich ein Haus28 D. h. das Betreten des Hauses. versagt, dem ist der Söller29 עליה, der Söller, das obere Stockwerk. erlaubt;30 Denn der Söller wird nicht unter בית verstanden. dies sind die Worte des R. Meir. Die Weisen aber sagen: der Söller ist im Haus miteinbegriffen.31 Er darf daher auch den Söller nicht betreten. Wer sich [nur] den Söller versagt, dem ist das Haus erlaubt.32 Darin stimmen alle Weisen überein, denn unter „Söller“ wird gewiss nicht das Haus verstanden. Wer sich das Bett versagt, dem ist das Sofa33 דרגש, ed. Lowe דרגיש, syr. ܕܰܪܓܽܘܫܬܳܐ, Sofa, Sänfte, Bahre, vgl. Sanh. II, 3; Mikw. IX, 5; Tos. Nid. IX, 16. In dem Targ. Jon. (דרגשא) und im paläst. Targum (דרגושה) wird das bibl.-hebr. מטה Gen. 47, 31, יצוע Gen. 48, 2, מטה כבודה Ez. 23, 41 (דרגישן) mit דרגש übersetzt. Zur Etymologie dieses Wortes weist Brüll in seinen Jahrbüchern IV, S. 118 auf das, was Spiegel, ZDMG 26, 705 zur Erklärung des Wortes Haudarakhta des Avesta bemerkt: „Es muss von darydraj, griech. δϱαττω herkommen und das Zusammengehaltene, Compacte, vielleicht auch das Umzäunte bedeuten.“ Dieser Stamm draj muss demnach frühzeitig in das Syrische eingedrungen sein. Im Armenischen findet sich gleichfalls dieses Wort als darkht = Garten, Paradies, vgl. Spiegel, ibid. und Hübschmann, ZDMG 46, 235, N. 25. — Über דרגש herrscht schon unter den Amoräern eine Meinungsverschiedenheit. Der eine erklärt es Ned. 56a als „ערסא דגדא, Bett des Glückes“, ein reich ausgestattetes Bett, das dem Hausgenius, der Fortuna geweiht war, aber sonst zum Schlafen nicht verwendet wurde. Der andre beschreibt es als ערסא דצלא, ledernes Bett, das nicht so vornehm wie מטה war und zum Ruhen diente. Als Unterschied zwischen מטה und דרגש wird Ned. 56b angegeben, dass „bei מטה die Gurte um die Bettstangen gespannt waren, während bei דרגש auf der Innenseite Löcher waren, durch die die Gurte gezogen waren“; nach einer andren Erklärung „gingen bei דרגש die Gurte nicht durch die Löcher des Holzes, sondern durch eigens dazu angebrachte Schlingen.“ Vgl. Krengel, das Hausgerät in der Mischna, S. 28—30, ausführlich in Kobak, Jeschurun 1872, S. 34ff. Maimon. erklärt דרגש als ein kleines. niedriges Polster, das man vor das grössere, מטה, stellt, also Stufe, Tritt. erlaubt;34 Weil dieses nicht unter מטה verstanden wird. dies sind die Worte des R. Meir. Die Weisen aber sagen: Sofa ist in Bett miteinbegriffen.35 Also ihm auch zur Benutzung verboten. Wer sich [nur] das Sofa versagt, dem ist das Bett erlaubt. Wer sich eine Stadt versagt, dem ist es erlaubt, den Bezirk36 תחום ist der Bezirk einer Stadt bis zur Sabbat-Grenze, soweit man sich von dieser Stadt aus am Sabbat oder Festtag entfernen darf, s. Einl. zu Erub. S. 52. dieser Stadt zu betreten, aber verboten, ihr Weichbild37 עבור, das „Weichbild“ einer Stadt, d. i. der Streifen Landes zwischen der äussersten Kante der letzten Häuser und einer Linie, die man sich in einer constanten Entfernung von 70⅔ Ellen rings um den Ort gezogen denkt. Über die Erklärung des Wortes sowie über dessen Schreibung, ob אבוד („das Angegliederte“) oder עבור („das Einverleibte“), differieren Rab und Samuel Erub. 53a, s. auch ib. V, Anm. 1. zu betreten;38 Das „Weichbild“ der Stadt wird noch als unmittelbar zu ihr gehörig betrachtet und ist ihm darum zum Betreten verboten, der Bezirk hingegen gilt als „ausserhalb der Stadt“ gelegen (vgl. מחוץ לעיר Num. 35, 5) und ist ihm daher zu benutzen gestattet. Die ed. princ. liest: הנודר מן העיר מותר ליכנס בתחומה ואסור ליכנס בתוכה . wer sich jedoch ein Haus versagt, dem ist es verboten, [es] von der Oberschwelle39 אגף (von נגף, schlagen, stossen), die Oberschwelle, genauer: innere Kante der Oberschwelle, auf die die sich schliessende Thür stösst oder anschlägt; so Baneth zu Pes. VII. N. 71. einwärts [zu betreten]. [Wenn jemand sagt:] Konam seien mir diese Früchte, [oder] Konam seien sie für meinen Mund, (oder Konam seien sie meinem Munde), so ist ihm das verboten, was dafür eingetauscht wird40 D. h. was er für den Erlös der Früchte erhält, falls er selbst sie verkauft hat; wenn jedoch ein andrer sie verkauft hat, so darf er von dem Erlös einen Nutzen haben. oder was daraus hervorwächst.41 Wenn man jene Früchte gesät hat und sie neue hervorbringen. — Nach R. Nissim gilt dieser Satz der Mischna nur für den Fall, dass er gesagt hat: „diese Früchte seien mir Konam“, dass er also die Früchte genau bezeichnet hat, denn damit wollte er zum Ausdruck bringen, dass Alles, was mit diesen Früchten in Verbindung steht, ihr Erlös und ihr Ertrag, ihm zum Genuss verboten sein soll. Nach Andren (R. Ascher, Mëiri) jedoch gilt dieser Satz auch dann, wenn er nicht gerade: „diese Früchte u. s. w.“ gesagt, sondern sie in andrer Form näher bezeichnet hat, z. B. „die Früchte des N. N. oder die des Ortes N. N. seien mir Konam“; denn da er Konam schlechthin sagte, ohne etwas vom Essen oder Kosten zu erwähnen, so meinte er, dass diese Früchte wie Alles, was er durch sie gewinnt, ihm versagt sein sollen. [Wenn er aber sagt: Konam], dass ich sie nicht essen oder dass ich sie nicht kosten werde, so ist ihm das erlaubt, was dafür eingetauscht wird oder daraus hervorwächst;42 Denn er meinte, er wolle nur die bezeichneten Früchte selbst nicht geniessen. [dies43 Dass nämlich im ersten Falle der Ertrag der Früchte verboten, der Ertrag dieses Ertrages jedoch erlaubt ist und im zweiten der Ertrag selbst erlaubt ist. gilt aber nur] von Dingen, deren Samen zergeht;44 Wie bei Hülsenfrüchten u. dergl., deren Samenkörner nicht erhalten bleiben, sodass diese Früchte in jedem Jahre aufs neue gesät werden müssen; von der eigentlichen Frucht, die er sich versagt hatte, kann daher nicht mehr die Rede sein. bei Dingen aber, deren Samen nicht zergeht,45 Wie Knoblauch, Zwiebel u. dergl., vgl. Terum. IX, 6. sind [ihm] auch die Erzeugnisse ihrer Erzeugnisse46 Wenn die verbotenen Früchte neue hervorbrachten und man dann auch diese eingepflanzt, sodass auch sie wieder Früchte hervorbrachten. verboten.47 Denn auch in den späteren Erzeugnissen ist etwas von den verbotenen Früchten, deren Samen ja nicht zergangen ist, enthalten, dieses Verbotene aber kann auch durch Vermischung mit noch so vielen erlaubten Früchten nicht als aufgehoben, als nicht vorhanden (בטל) betrachtet werden nach dem Grundsatz „דבר שיש לו מתירין אפילו באלף לא בטל, eine verbotene Sache, die nach einer bestimmten Zeit oder durch eine gewisse Handlung von selbst wieder zu einer erlaubten wird, gilt auch bei einer Vermischung mit tausend [gleichartigen] Dingen nicht als aufgehoben“, die ganze Mischung ist vielmehr zum Genuss verboten. Dinge nun, die durch Gelübde verboten sind, können von selbst wieder erlaubt werden, sobald der Gelobende sein Gelübde bereut und ihm dieses dann von Weisen aufgelöst wird. Wenn jemand zu seiner Frau sagt: Konam sei mir deiner Hände Arbeit, Konam sei sie für meinen Mund, Konam sei sie meinem Munde, so ist ihm das verboten, was dafür48 D. i. für das, was sie für ihren Gatten zubereitet. eingetauscht wird oder was daraus hervorwächst.49 Wenn sie z. B. einen Baum gepflanzt hat. — Die Begründung der einzelnen Sätze dieser Mischna ist ähnlich der der vorigen Mischna. [Wenn er aber sagt: Konam,] dass ich sie nicht essen oder dass ich sie nicht kosten werde, so ist ihm das erlaubt, was dafür eingetauscht wird oder daraus hervorwächst; [dies gilt aber nur] von Dingen, deren Samen zergeht, aber bei Dingen, deren Samen nicht zergeht, sind ihm auch die Erzeugnisse ihrer Erzeugnisse verboten. [Wenn jemand zu seiner Frau sagt: Konam,] dass ich das, was du bereitest, bis Pessach nicht geniessen werde, [oder] dass ich das, was du bereitest, bis Pessach nicht anziehen werde, so darf er das, was sie vor Pessach bereitet hat, nach Pessach geniessen oder anziehen.50 Denn er meinte, er wolle nur bis Pessach dasjenige nicht geniessen, was sie bis dahin zubereitet habe, nach Pessach aber wohl. [Wenn er aber sagt: Konam,] dass ich das, was du bis Pessach bereitest, nicht essen werde, [oder] dass ich das, was du bis Pessach bereitest, nicht anziehen werde, so darf er das, was sie vor Pessach bereitet hat, [auch] nach Pessach nicht geniessen oder anziehen.51 Weil er meinte, er wolle das, was sie vor Pessach zubereitet, überhaupt nicht geniessen. [Wenn jemand zu seiner Frau sagt: Konam sei,] was du von mir52 Von dem, was mir gehört. Dieses Gelübde gilt jedoch nur mit Bezug auf das, was er seiner Frau gesetzlich zu leisten nicht verpflichtet ist, s. Ned. II, N. 77. vor Pessach geniessen solltest, wenn du vor dem Hüttenfest53 חג wird im Talmud vorzugsweise das Hüttenfest genannt; vgl. auch schon I Kön. 8, 2; II Chron. 5, 3. in das Haus deines Vaters gehst, so darf sie, wenn sie vor Pessach [dorthin] ging, bis Pessach von ihm keinen Genuss haben;54 Hat sie jedoch einen Genuss von ihm gehabt, so erhält sie die Geisselstrafe (R. Nissim). Nach Maimon. Hil. Ned. X, 12 und der Erklärung des R. Abraham di Boton im לחם משנה z. St. erhält in diesem Falle der Mann die Geisselstrafe, aber nicht die Frau, weil er ihr den Genuss verschafft und somit die Entweihung seines Wortes veranlasst hat; nach R. Josef Karo im כסף משנה z. St. werden beide bestraft. Ist sie jedoch nicht in das Haus ihres Vaters gegangen, so durfte sie vor Pessach einen Genuss von ihm haben, weil nicht zu befürchten war, dass sie vielleicht nach Pessach dorthin geht. [wenn sie] nach Pessach [dorthin ging], [so tritt das Verbot in Kraft:] „er darf sein Wort nicht entweihen.“55 Sie erhält nach den Rabbinen die Geisselstrafe, wenn sie vor Pessach ihr Vaterhaus aufgesucht hat, weil nachträglich das Verbot in Kraft tritt, dass sie ein Verbotgelöbnis, das über eine Sache ausgesprochen ist, nicht entweihen darf. Nach der Thora jedoch erhält sie die Geisselstrafe nicht, weil sie vor Pessach noch nicht in ihrem Vaterhause gewesen war, also noch von ihrem Gatten einen Genuss haben durfte. Nach der Halacha jedoch soll sie von ihm auch vor Pessach keinen Genuss haben, weil zu fürchten ist, dass sie die Bedingung nicht einhält und nach Pessach ihr Elternhaus aufsucht; J. dea 220, 22. (Num. 30, 3). [Wenn er sagt: Konam sei,] was du bis zum Hüttenfest von mir geniessest, wenn du bis Pessach in das Haus deines Vaters gehst, so darf sie, wenn sie vor Pessach [dorthin] ging, bis zum Hüttenfest keinen Genuss von ihm haben, nach Pessach aber darf sie [dorthin] gehen.56 Und es wird nicht befürchtet, dass sie vielleicht durch diese Erlaubnis vergessen könnte, dass sie bereits vor Pessach das Vaterhaus besucht hat und ihr daher der Genuss von ihrem Gatten verboten ist; denn das Verbot ihres Gatten wird ihr in Erinnerung bleiben und von ihr beachtet werden. Chapter 8 [Wenn jemand sagt:] „Konam, dass ich an diesem Tage keinen Wein versuchen werde“, so ist es ihm nur verboten, bis es finster wird.1 Denn unter היום versteht man in der Regel nur die Zeit, solange es hell ist. Aber auch nach Eintritt der Dunkelheit darf er nicht ohne weiteres Wein trinken, sondern muss sein Gelübde erst durch Kundige lösen lassen, weil zu befürchten ist, dass er den Ausdruck היום mit יום אחד verwechseln könnte, im letzteren Falle aber ist ihm der Genuss von Wein nicht schon am Abend, sondern erst 24 Stunden nach dem Anssprechen des Gelübdes erlaubt, s. weiter. [Sagt er:2 An einem Wochentage oder auch am Sabbat. ] „diese Woche“, so ist es ihm während der ganzen Woche und am Sabbat, der zu dieser verflossenen Woche gehört,3 Das שעברה kann natürlich nicht heissen „der vorüber ist“, denn der bereits vergangene Sabbat gehörte nicht zu der Woche, auf die sich das Gelübde bezog; es muss vielmehr im prägnanten Sinne gefasst und das ש kausal erklärt werden = da er ja u. s. w. Ms. Or. 567 liest: והשבת שעברה, ebenso Raschi; R. Ascher hat: והשבת שעבר. Das ושבת לשעבר, das einzelne Lesarten haben, heisst „und der Sabbat gehört zur Vergangenheit“. verboten. [Sagt er:] „diesen Monat“, so ist es ihm während des ganzen Monats verboten, der Neumond jedoch gehört zum kommenden [Monat].4 Am Neumondstage ist ihm der Wein bereits erlaubt, selbst wenn der Monat 30 Tage hat und der erste Neumondstag daher noch zum vorigen Monat gehört, denn auch dieser Tag wird bereits nach dem nächstfolgenden Monat benannt. — Der jerus. Talmud liest שלבא. [Sagt er:] „dieses Jahr“, so ist es ihm während des ganzen Jahres verboten, Neujahr aber gehört zum kommenden [Jahre].5 Am Neujahr ist ihm daher der Wein erlaubt. להבא und לעתיד לבא, die beide die Zukunft bedeuten, unterscheiden sich dadurch, dass jenes einen kürzeren Zeitraum (z. B. einen Monat), dieses einen längeren (z. B. ein Jahr, das in Tage und Monate eingeteilt wird) bezeichnet. [Sagt er:] „diese Jahrwoche,“6 שבוע, die Jahrwoche, das Jahrsiebent, wie Dan. 9, 24. 27. so ist es ihm während der ganzen Jahrwoche verboten sowie im siebenten Jahre,7 שביעית, das siebente Jahr ϰατ’ ἐξοχήν, das Erlassjahr, Deut. 15, 1. das zu dieser verflossenen [Jahrwoche] gehört. Wenn er aber sagt: „einen Tag, eine Woche, einen Monat, ein Jahr, eine Jahrwoche“, so ist es ihm bis zur Wiederkehr des [betreffenden] Zeitpunktes verboten.8 Wenn er z. B. „einen Tag“ sagte, so ist es ihm verboten bis zur Wiederkehr des Momentes, in dem er das Gelübde getan, am nächstfolgenden Tage; sagte er „einen Monat“, so bleibt es ihm verboten bis zur Wiederkehr des Tages und Momentes im nächstfolgenden Monat u. s. w. [Sagt er:] „bis Pessach“, so ist es ihm verboten, bis dieses eintritt.9 Denn עד hat gewöhnlich ausschliessende Bedeutung, עד ולא עד בכלל; vgl. Jeb. VIII, N. 17. [Sagt er:] „bis Pessach sein wird“, so ist es ihm verboten, bis dieses zu Ende geht.10 Denn עד ש׳ heisst auch „während, solange als“, vgl. Hohel. 1, 12. [Sagt er:] „bis zum Pessach“,11 Der Talmud Kid. 64b, Tosefta (ed. Wien) sowie Raschi, R. Nissim und R. Ascher lesen פסח(ה) עד פני. so sagt R. Meir, es ist ihm verboten, bis dieses eintritt,12 Die Wendung עד לפני הפסח resp. עד פני הפסח könnte in dreifachem Sinne gedeutet werden: 1) bis (Angesichts des) Pessach, d. h. nur bis zu dem Eintritt des Pessach; 2) bis zu dem Momente, da Pessach sich wendet, d. h. bis kurz vor Ausgang des Pessach, vgl. כי פנה יום, Jerem. 6, 4, arab. فنى, dahinschwinden, aram. עד דמיפני פסחא, bis das Pessachfest sich wendet, bis es vorüber ist, Kid. 65a; 3) Angesichts des Pessach, während Pessach, wobei das עד = inclusive ist. R. Meir nun ist der Ansicht, dass der Gelobende die Zeit gemeint hat, die unter לפני הפסח jedenfalls verstanden wird, d. i. bis zum Eintritt des Pessach, denn beim Geloben wird man nicht einen Ausdruck wählen, der über die Dauer des Gelübdes noch Zweifel zulässt, R. Jose aber sagt, es ist ihm verboten, bis dieses zu Ende geht.13 Denn wenn man bei einem Gelübde einen mehrdeutigen Ausdruck wählt, so will man, dass es sich auch auf die Zeit erstrecke, die nur möglicherweise unter jenen Ausdruck fällt, עד לפני הפסח kann aber auch bis Ausgang des Pessach bedeuten. [Sagt er:] „bis zur Ernte,14 Des Getreides. bis zur Weinlese, bis zur Olivenlese“,15 מסיק, von מסק, Neg. II, 4 (verwandt mit مسك, ergreifen, Levy, Nhbr. Wtb.) abpflücken, der technische Ausdruck für das Pflücken der Oliven. so ist es ihm nur verboten, bis diese eintritt.16 Gleichviel, ob er die Formel עד שיהא oder עד שיגיע gebraucht hat. Dies [nämlich] ist die Regel: Wenn etwas eine bestimmte Dauer hat17 Z. B. das Pessachfest. und jemand sagt: „bis es eintritt“, so ist es ihm nur verboten bis es eintritt; wenn er aber sagt: „bis es sein wird“, so ist es ihm verboten, bis es zu Ende geht;18 Denn da er die Dauer der betreffenden Zeit kannte, so ist anzunehmen, dass sein Gelübde sich auf die ganze Dauer erstrecken sollte. wenn aber etwas keine bestimmte Dauer hat,19 Wie die Ernte und die Wein- und Olivenlese, die nicht an ein bestimmtes Datum gebunden sind, sondern sich je nach der Reife der Früchte richten. so ist es ihm, gleichviel ob er sagt: „bis es sein wird“, oder ob er sagt: „bis es eintritt“, nur verboten, bis es eintritt.20 Da die Zeit der Ernte unbestimmt ist, so ist anzunehmen, dass er sich in einen Zweifel nicht einlassen und sich den Genuss nur bis zum Beginn der Ernte versagen wollte. [Sagt er:] „bis zum Sommer“,21 קיץ, wie in der Bibel, nicht nur „Sommer, Dürre“, sondern auch „getrocknete Früchte“, insbesondere Feigen (Am. 8, 1; II Sam. 16, 1), sowie die „Obsternte“ (Jes. 16, 9). [oder] „bis der Sommer sein wird“, [so ist es ihm verboten], bis das Volk anfängt, [die Früchte] in Körben heimzubringen.21a Wo also bereits viele Früchte reif sind. [Sagt er:] „bis der Sommer verflossen ist“, [so ist es ihm verboten], bis die Messer22 מקצוע (= bibl.-hebr. מקצועה, Jes. 44, 13), Messer, Hacke, ein Instrument zum Zerschneiden der Feigenkränze; so schon R. Chananel und Raschi zu Sab. 123b. Nach Maimon. z. St. bedeutet hier das Wort „Matten“, auf denen die Feigen getrocknet wurden und die nach dem Gebrauch zusammengelegt und für das kommende Jahr aufbewahrt wurden. zusammengelegt werden.23 קפל aram. = bibl.-hebr. כפל, doppelt machen, falten, zusammenlegen; hier also = in die Scheide gesteckt werden. [Sagt er:] „bis zur Ernte“, [so ist es ihm verboten], bis das Volk anfängt zu ernten und zwar den Weizen, aber nicht die Gerste.24 Der Weizen wird später reif als die Gerste. Im allgemeinen versteht man unter „Ernte“ schlechthin die Weizenernte; Gerste wurde nur wenig von Menschen gegessen, vgl. Ket. V, 8. Alles richtet sich [jedoch] nach dem Orte, an dem man das Gelübde getan;25 Wenn also an dem Orte des Gelobenden mehr Gerste als Weizen gebaut wird, so ist dort unter „Ernte“ die Gerstenernte zu verstehen. geschah es im Gebirge, so richtet es sich nach dem Gebirge,26 Wenn er also im Gebirge das Gelübde getan und sich dann in der Ebene aufhält, wo die Ernte früher beginnt, so ist doch die Erntezeit des Gebirges für ihn massgebend. geschah es in der Ebene, so richtet es sich nach der Ebene. [Sagt er:] „bis zur Regenzeit“, [oder] „bis die Regenzeit sein wird“, [so ist es ihm verboten,] bis der zweite Regen27 רביעה, ar. ربيع, Frühregen [bibl.-hebr. יורה], der nach Tos. Taan. I, 3 in Palästina im Monat Marcheschwan beginnt und von dem 3 Perioden unterschieden werden, der 17., der 23. Marcheschwan und der Neumond Kislew, d. i. October oder November (nach R. Jose); vgl. auch Schebiit IX, 7; Tos. Toharot VII, 8. gefallen ist;28 Es genügt nicht etwa, dass nur die Zeit des zweiten Regens gekommen, ohne dass jedoch Regen gefallen ist, noch dass es geregnet hat, bevor die zweite Regenperiode begonnen hatte, es muss vielmehr diese Periode eingetreten sein und auch geregnet haben. R. Simon, Sohn Gamliels, aber sagt: [nur] bis die Zeit des zweiten Regens eintritt.29 Auch wenn es noch nicht geregnet hat; R. Simon b. G. ist also nicht so streng wie sein Gegner. [Sagt er:] „bis die Regenzeit aufhört“, [so ist es ihm verboten,] bis der ganze Nissan zu Ende ist; dies sind die Worte des R. Meir.30 Denn während des ganzen Monats Nissan schaltet man auch in das tägliche Gebet nach R. Meir die Bitte um Regen ein und so lange gilt der Regen noch als ein Zeichen göttlichen Segens; Taan. I, 2. R. Jehuda aber sagt: bis Pessach vorüber ist.31 Nach R. Jehuda (ibid.) bittet man auch nur bis zum letzten Tage Pessach um Regen. [Wenn jemand sagt:] „Konam, dass ich dieses Jahr32 Der Talmud Ned. 63a liest לשנה. keinen Wein kosten werde“, und das Jahr als Schaltjahr erklärt wird,33 Indem zu den 12 Monaten noch ein dreizehnter, Adar II, hinzugefügt wird, s. Sanh. I, 2. so ist es ihm in diesem [ganzen Jahre] und im Schaltmonat verboten.34 Es wird nicht angenommen, dass er mit dem Ausdruck „Jahr“ nur ein gewöhnliches Jahr zu 12 Monaten meinte. [Sagt er:] „bis Anfang Adar“, [so ist es ihm verboten] bis zum Anfang des ersten [Monats] Adar. [Sagt er:] „bis Ende Adar“, [so ist es ihm verboten] bis zum Ende des ersten [Monats] A dar.35 Denn unter Adar schlechthin wird in der Regel der erste Monat Adar verstanden; R. Nissim.— Neben unsrer Lesart bestand noch eine zweite: עד סוף אדר שני , wonach es ihm bis zum Ende des zweiten Monats Adar verboten ist, weil nämlich in einem Schaltjahre beide Monate Adar als ein einziger Monat zu betrachten sind; Maimon., R. Ascher. R. Jehuda sagt: Wenn jemand sagt: „Konam, dass ich keinen Wein kosten werde, bis Pessach sein wird“, so ist es ihm nur bis zur Pessachnacht verboten, denn er meinte nur bis zu der Zeit, da die Menschen gewöhnlich Wein trinken.36 Und in der ersten Nacht des Pessachfestes ist es Pflicht, vier Glas Wein zu trinken, Pes. X, 1. — Obgleich nach M. 3 in dem Palle, dass jemand bei einem Gelübde, das sich auf eine bestimmte Zeit, z. B. ein Fest erstreckt, die Wendung עד שיהא gebraucht, dem Gelobenden die Sache erst mit Ablauf dieser Zeit zum Genusse erlaubt ist, lehrt unsre Mischna dennoch, dass ihm hier der Wein schon zum Beginn des Festes gestattet ist, weil mit Sicherheit anzunehmen ist, dass er durch das Gelübde sich nicht der Pflicht des Weintrinkens am Pessach entziehen wollte. Sagt er: „Konam, dass ich kein Fleisch kosten werde, bis der Fasttag sein wird“, so ist es ihm nur bis zum Abend37 לילי im Plural = die jeweiligen Vorabende des betr. Tages, vgl. לילי יום טוב ראשון של חג, Suk. II, 6; לילי שבת, hier und Terum. VIII, 3, s. Tos. Jomtow ibid.Nach Barth (persönl. Mitteilg.) ist לילי Singular vom Emphaticus ליליא. vor dem Fasttage verboten, denn er meinte nur bis zu der Zeit, da die Menschen gewöhnlich Fleisch essen.38 Am Tage vor dem Versöhnungstage war es Brauch, mehr als sonst zu essen, insbesondere pflegte man bei der letzten Mahlzeit vor Beginn dieses Fasttages Fleisch zu geniessen, vgl. Chul. V, 3. Sein Sohn R. Jose sagt: Wenn jemand sagt: „Konam, dass ich keinen Knoblauch kosten werde, bis Sabbat sein wird“, so ist es ihm nur bis zur Nacht des Sabbat verboten, denn er meinte nur bis zu der Zeit, da die Menschen gewöhnlich Knoblauch essen.39 S. Ned. III, Note 77. Wenn einer zum andern sagt: „Konam, dass ich von dir keinen Genuss haben werde, wenn du nicht für deine Kinder ein Kor40 כור, das bibl.-hebr. Hohlmass für Trockenes und Flüssiges (I Kön. 5, 25 u. s.) ist = 30 Sea = 180 Kab; vgl. noch Ket. V, N. 85. Weizen und zwei Fass41 חבית, Plur. חָבִיּוֹת mit organischem, unverändertem â, daher aram. חָבִיתָא, Fleischer, Beitr. zu Levy, Nhbr. Wtb.; hieraus ist das Wort in das Arabische übergegangen, خابية, s. Fraenkel, Fremdwörter im Arab. S. 168. Wein [von mir] annimmst“, so kann er sein Gelübde auch ohne Entscheidung eines Gelehrten lösen,42 In Ned. 24a, wo diese Mischna citiert wird, ist die Lesart להתיר, und dieser Ausdruck wäre eigentlich hier am Platze, denn bei dem Vater oder dem Gatten der Frau, die ihre Gelübde lösen, wird הפר נדר gebraucht, d. h. durch Einsprache den Fortbestand des Gelübdes unterbrechen oder verhindern, bei einem Gelehrten aber, der auf Verlangen ein Gelübde löst, heisst es im Talmud gewöhnlich התר נדר, d. h. den ganzen Bestand des Gelübdes von Grund aus aufheben, so dass es als von Anfang an unwirksam betrachtet wird; Ned. 78a; X, N. 4. Indessen ist hier der Ausdruck להפר nicht zu urgieren. Vielleicht ist aber auch der Ausdruck להפר absichtlich gebraucht, da das Gelübde tatsächlich wirksam war bis zu dem Momente, da der andre erklärte, dass in der Nichtannahme das Geschenkes seine Ehre bestehe, das Gelübde wird hier also gar nicht von Grund aus aufgehoben; Tos. chad. indem der andere zu ihm sagt: „Hast du nicht43 כלום, irgend etwas, entstanden aus כל-מא (wie ברם aus בר-מא), so Nöldeke, mand. Gram. 202, Anm. 2 und schon Brann im Litteraturbl. des Orient, 1846, S. 110; nach Geiger, Lehrb. S. 26 und Levy, Nhbr. Wtb. ist es aus כל und אום (= מאומה) zusammengesetzt. כלום erscheint häufig als Einleitung eines Fragesatzes und entspricht dann unsrem „etwa“; Grünbaum, ZDMG XXXIX, S. 601 ff. vergleicht es mit dem neuarabischen شى, das auch oft in Fragen vorkommt, wie عندك سى دراهم = hast du Geld, habesne pecuniam? nur meiner Ehre halber44 Um mich durch Zuweisung eines Geschenkes öffentlich auszuzeichnen. so gesprochen? Darin aber45 Dass ich meine Kinder selbst ernähre und Geschenke ablehne; vgl. auch Spr. 15, 27. besteht meine Ehre“. Ebenso: wenn jemand sagt: „Konam sei,46 Wie Opfer verboten sei dir das, was u. s. w., Ned. II, N. 18. was du von mir geniessen solltest, wenn du nicht meinen Kindern ein Kor Weizen und zwei Fass Wein geben willst“, so sagt R. Meir: es ist ihm verboten, bis er [diese Dinge ihnen] giebt;47 Denn da er ein so grosses Geschenk für seine Kinder beansprucht, hat er dem andren jedenfalls schon grosse Dienste geleistet; sein Gelübde war daher durchaus ernst gemeint. die Weisen aber sagen: auch dieser kann sein Gelübde [selbst] ohne Entscheidung eines Weisen lösen, indem er nachher zu ihm sagt: „es sei so gut, als ob ich es schon bekommen hätte“.48 Zur Form vergl. Ket. IX, N. 51. Wenn man in jemand dringt,49 סרב, syncopiert aus סרהב (und dieses wiederum ist Sifel zum bibl.-hebr. רהב, Spr. 6, 3; Jes. 3, 5), in jemand dringen, auffordern, bestürmen; Levy, Nhbr. Wtb. die Tochter seiner Schwester zu heiraten50 Nach Jeb. 62b gilt es als frommes Werk, die Tochter seiner Schwester zu heiraten; ein Hinweis hierfür wird in Jes. 58, 7. 9 gefunden, wo es heisst: entziehe dich nicht deinem Fleische (d. i. den Pflichten gegen deine Ange- hörigen), dann wirst du rufen und der Ew. wird es erhören. und er sagt: „Konam, dass sie niemals einen Genuss von mir haben wird“, ebenso: wenn jemand sich von seiner Frau scheidet und sagt: „Konam, dass meine Frau niemals einen Genuss von mir haben wird“, so dürfen sie von ihm [gleichwohl] einen Genuss haben,51 Genuss von seinem Vermögen. denn er meinte es nur in Bezug auf die Ehe.52 Genuss der ehelichen Gemeinschaft. Wenn einer in den andren dringt, dass er bei ihm speise und dieser sagt: „Konam, dass ich dein Haus nicht betrete“, [oder] „dass ich keinen Tropfen Kaltes bei dir koste“, so darf er [gleichwohl] sein Haus betreten und Kaltes bei ihm trinken, denn er meinte es nur in Bezug auf Essen und Trinken.53 Er wollte durch sein Gelübde nur die Einladung zu dieser bestimmten oder überhaupt zu einer grösseren Mahlzeit ablehnen, sich aber nicht jeden Genuss von ihm versagen. Chapter 9 R. Elieser sagt: man darf jemand einen Weg [zur Reue] durch [den Hinweis auf] die dem Vater oder der Mutter schuldige Ehrfurcht eröffnen;1 Man gibt ihm etwa zu bedenken: hättest du wohl dein Gelübde auch getan, wenn du gewusst hättest, dass man deinen Eltern vorhalten würde, einen Sohn zu besitzen, der leichtfertig Gelübde ausspricht? Wenn er dann erklärt, dass, wenn er dies erwogen hätte, er nicht gelobt haben würde, so darf man ihm das Gelübde lösen. Dieser Hinweis auf die Möglichkeit, das Bereuen eines Gelübdes zu begründen und dann dessen Lösung zu erwirken, heisst פתח; vgl. auch Ned. II, N. 15. die Weisen aber verbieten es.2 Denn es ist zu befürchten, dass er sich vielleicht schämt einzugestehen, dass er auch bei Erwägung jenes Umstandes sich nicht gescheut haben würde zu geloben; sein Geständnis wäre dann unwahrhaftig und das Lösen des Gelübdes würde geschehen, ohne dass er es aufrichtig bereut hätte. Da sagte R. Zadok: anstatt dass3 עד ש׳ = anstatt dass, ebenso wie, vgl. Nid. VI, 14. man ihm den Weg durch [den Hinweis auf] die dem Vater oder der Mutter schuldige Ehrfurcht eröffnet, könnte man ihm ja den Weg durch [den Hinweis auf] die dem Ewigen schuldige Ehrfurcht eröffnen,4 Indem man ihm vorhält, dass es sündhaft ist, überhaupt Gelübde zu tun, weil es Deut. 23, 23 heisst: wenn du es unterlässt, zu geloben, so begehst du keine Sünde, woraus Ned. 77b gefolgert wird, dass das Geloben an sich Sünde ist. Wenn er nun erklärt, dass er nicht gelobt haben würde, wenn er dies gewusst hätte, so dürfte man ihm das Gelübde lösen. dann5 Raschi liest: אלא אם אחה אומר כן, danach sind die Worte אין נדרים noch von R. Zadok gesprochen. R. Nissim und R. Ascher lesen: אמרו לו אם בן, danach sind die Worte אם כן אין נדרים von den Weisen eingewendet. wären es ja keine Gelübde!6 Wenn man ihn durch den Hinweis auf die Ehrfurcht gegen Gott zur Reue bewegen dürfte, so würde sein Gelübde zu Unrecht gelöst werden, da er sich schämen wird einzugestehen, dass er auch jetzt noch an seinem Gelübde festhält (אם כן אין נדרים ניתרין יפה, Abaje, Ned. 64a). R. Elieser müsste vielmehr der Ansicht sein, dass man durch den Hinweis auf die Pietät gegen die Eltern ebesowenig jemand zur Reue bewegen darf wie durch den Hinweis auf die Ehrfurcht gegen Gott. Nach Raba (l. c. 64b) will R. Zadok sagen, es wäre zu befürchten, dass wenn der Hinweis auf die Ehrfurcht gegen Gott zur Reue genügen würde, ein jeder sich seine Gelübde selbst, ohne Befragen eines Kundigen lösen würde, da diesen Ausweg zur Begründung der Reue jeder leicht selbst finden kann (אם כן אין נדרים נשאלין לחכם, ibid.); in Wirklichkeit aber kann man seine Gelübde nicht selbst lösen, sondern muss dies stets durch einen anderen geschehen, s. Chag. I, 8 und 10a. Der Einwand des R. Zadok kann auch so verstanden werden: ebenso wie du, R. Elieser, sagst, dass man dem Gelobenden den Weg zur Reue durch den Hinweis auf die Ehrfurcht gegen die Eltern eröffnen darf, weil anzunehmen sei, dass seine Reue aufrichtig und nicht erheuchelt ist, ebenso müsstest du sagen, dass man auch durch den Hinweis auf die Ehrfurcht gegen Gott die Reue begründen dürfe, weil er auch hier nicht Reue heucheln würde. Darauf entgegnen ihm (אמרו לו) die Weisen, die mit R. Elieser controversieren: diese beiden Dinge sind nicht zu vergleichen, denn Gott gegenüber wird der Gelobende sich sicherlich scheuen zu erklären dass er an seinem Gelübde festhält und somit eine unwahrhaftige Erklärung abgeben und eine unrechtmässige Lösung seines Gelübdes erwirken, seinen Eltern gegenüber aber würde er diese Scheu nicht empfinden, darum stimmt R. Elieser in jenem Falle mit uns überein. Andrerseits stimmen die Weisen in dem letzten Fall der Mischna der erleichternden Ansicht des R. Elieser zu. — Ed. Lowe liest: אם כן אין נודרים. Die Weisen stimmen jedoch mit R. Elieser darin überein,7 Der Talmud liest מודים. dass man bei Dingen, die die Beziehungen zwischen ihm und seinem Vater oder seiner Mutter betreffen,8 Wenn er z. B. seinen Eltern durch Gelübde verboten hat von seinem Vermögen irgend einen Nutzen zu haben. ihm den Weg durch [den Hinweis auf] die dem Vater oder der Mutter schuldige Ehrfurcht eröffnen darf.9 Indem man ihm vorhält: hättest du dein Gelübde getan, wenn du gewusst hättest, dass es deine Pflicht ist, deine Eltern zu ernähren? Wenn er dann diese Frage verneint, so darf man ihm das Gelübde lösen. In diesem Falle ist nämlich (nach Abaje) anzunehmen, dass seine Reue aufrichtig ist und sein Gelübde mit Recht gelöst wird; denn so wenig er sich scheute jenes Gelübde auszusprechen, obschon es gegen die Ehrfurcht vor seinen Eltern verstiess, so wenig würde er sich jetzt schämen, sein Gelübde aufrecht zu erhalten, wenn er es nicht ernstlich bereuen würde. Es ist aber hier auch nicht zu befürchten, dass er sich sein Gelübde selbst lösen würde (Raba); denn da man zur Lösung anderer Gelübde einen Kundigen befragt, weil man hier die Reue nicht mit dem Hinweis auf die Ehrfurcht gegen die Eltern begründen kann, so wird man auch in unserem Falle nicht selbst sein Gelübde lösen, sondern erst einen Kundigen befragen. Ferner10 D. i. noch eine Erleichterung. — Der Ausdruck ועוד wird in der Mischna dann gebraucht, wenn zwei Aussprüche eines Tanna unmittelbar auf einander folgen, wie Erub. I, 4 und 5, oder falls der Tanna in beiden Fällen eine erleichternde Ansicht ausspricht, auch dann, wenn zwischen diesen Fällen der Ausspruch eines andern Tanna erwähnt wird; so in unserer Mischna bei dem Ausspruch des R. Elieser mit Bezug auf seinen Ausspruch in M. 1, ebenso Beza IV, 7, gleichfalls bei einem Ausspruch des R. Elieser mit Bezug auf einen Ausspruch desselben Tanna in M. 6. Der Ausdruck ועוד wird aber nicht gebraucht, wenn beide Aussprüche eines Tanna erschwerend sind und zwischen ihnen in der Mischna von etwas anderem die Rede war, s. Erub. II, 3 und 4; vgl. Erub. 23a und Tosafot daselbst. sagte R. Elieser: man darf jemand einen Weg [zur Reue] durch [den Hinweis auf] solche Umstände eröffnen, die erst später eingetreten sind;11 D. i. solche Umstände, die nach dem Aussprechen des Gelübdes nicht gerade eintreten müssen und auch unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht immer, sondern nur zuweilen eintreten; wenn er erklärt, dass er bei gehöriger Erwägung dieser möglichenfalls eintretenden Umstände sein Gelübde nicht getan haben würde, so darf man es ihm lösen, weil es als von Anfang an nichtig betrachtet wird. Ms. Or. 567 liest: פותחין לנולד . die Weisen aber verbieten es.12 Denn ein Gelübde kann infolge der Reue der Gelobenden nur deshalb gelöst werden, weil es als von Anfang an nichtig erachtet wird; wenn aber nur solche Umstände eintreten, die nicht gewöhnlich sind, so hätte er sie beim Geloben nicht berücksichtigt und würde sich auch nicht enthalten haben zu geloben in der Erwägung, dass sie vielleicht eintreten. Wie ist dies zu verstehen? Wenn [z. B.] jemand sagt: „Konam, dass ich13 Vgl. Ned. II, N. 18. von N. N. keinen Nutzen haben werde“ und dieser nun ein Schriftgelehrter14 Der in religiösen Fragen autoritativen Bescheid erteilt, vgl. Jeb. II, N. 30. Es kann hier auch סופר in seinem ursprünglichen Sinne gefasst werden = Schreiber, der für die Einwohner der Stadt Urkunden u. dergl. ausstellt. wird oder seinen Sohn bald darauf15 Nachdem er das Gelübde ausgesprochen. verheiratet und jener erklärt: „hätte ich gewusst, dass er ein Schriftgelehrter sein oder seinen Sohn so bald verheiraten würde,16 Und ich so bald Veranlassung haben würde, an dessen Hochzeitsfeier teilzunehmen. so hätte ich das Gelübde nicht getan“, [oder wenn er sagt:] „Konam, dass ich dieses Haus nicht betreten werde“ und es dann eine Synagoge wird und er erklärt: „hätte ich gewusst, dass es eine Synagoge werden würde, so hätte ich das Gelübde nicht getan“, so17 Dieser Schlusssatz, der nichts anderes enthält als der einleitende Satz dieser Mischna, wird hier deshalb wiederholt, weil inzwischen mehrere Einzelfälle aufgezählt sind; R. Nissim. erlaubt es R. Elieser [ihm diesen Weg zu eröffnen], die Weisen aber verbieten es. R. Meir sagt: es gibt Umstände, die eigentlich erst später eingetreten sind,18 Eigentlich: die den Anschein haben, als gehörten sie zu denen, die erst nach dem Geloben eingetreten sind. aber dennoch nicht als solche gelten; und die Weisen stimmen darin mit ihm überein19 So lesen auch Ed. Lowe und Ed. princ. (a. L.:20 So Ms. Or. 567. aber die Weisen stimmen darin nicht mit ihm überein). Wie ist dies zu verstehen? Wenn [z. B.] jemand sagt: „Konam, dass ich die N. N. nicht heirate, da ihr Vater schlecht ist“, und man ihm dann mitteilt: „er ist gestorben21 Nachdem das Gelübde getan war; denn wenn er vorher gestorben wäre, dann gälte das Gelübde als von vornherein nichtig, weil es auf Irrtum beruhte, vgl. Ned. III, 2. oder er hat Busse getan“, [oder wenn jemand sagt:] „Konam, dass ich dieses Haus nicht betrete, da ein böser Hund darin ist oder eine Schlange darin ist“, und man ihm dann mitteilt: „der Hund ist tot oder die Schlange ist erschlagen“, so17 Dieser Schlusssatz, der nichts anderes enthält als der einleitende Satz dieser Mischna, wird hier deshalb wiederholt, weil inzwischen mehrere Einzelfälle aufgezählt sind; R. Nissim. sind dies Umstände, die eigentlich erst später eingetreten sind, aber dennoch nicht als solche gelten;22 Da er beim Geloben einen bestimmten Grund angegeben, so gilt das Gelübde als ein bedingtes, d. h. als ein solches, das nur so lange bindend sein soll, als der Grund nicht hinfällig wird. Das Gelübde ist daher von selbst nicht mehr giltig und bedarf nicht einmal der Lösung durch einen Kundigen; J. dea 232, 19. Nach R. Ascher muss jedoch das Gelübde noch gelöst werden, weil der Wortlaut des Gelübdes nicht der einer regelrechten Bedingung war. und die Weisen stimmen darin mit ihm überein (a. L.: die Weisen aber stimmen darin nicht mit ihm überein). Ferner sagte R. Meir: man darf jemand einen Weg [zur Reue] durch [den Hinweis auf] das eröffnen, was in der Thora geschrieben steht, und zu ihm sagen: „hättest du gewusst,23 Als du dem N. N. durch Gelübde verbotest irgend einen Nutzen von deinem Vermögen zu haben. dass du das Gesetz übertrittst: „du sollst dich nicht rächen“ (Lev. 19, 18) oder „du sollst nicht nachtragen“ (ibid.) oder „du sollst deinen Bruder nicht in deinem Herzen hassen“ (Lev. 19, 17) oder „du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Lev. 19, 18) oder „dein Bruder soll neben dir zu leben haben“ (Lev. 25, 36), vielleicht verarmt er24 Über die Form s. Ket. VI, N. 36. und du darfst ihn dann nicht ernähren“;25 Denn wenn er auch Anspruch auf Unterstützung aus der Armenkasse hat, so ist es doch zunächst Pflicht der Verwandten, ihm zu helfen, und der Gelobende könnte dann diese Pflicht nicht erfüllen. wenn er dann erklärt: „hätte ich gewusst, dass dem so ist, so hätte ich das Gelübde nicht getan“, so ist es erlaubt [ihm das Gelübde zu lösen].26 Dieser Fall ist jedoch nicht mit jenem in M. 1 zu vergleichen, wo es verboten war, den Weg zur Reue durch den Hinweis auf die dem Ewigen schuldige Ehrfurcht zu eröffnen; denn dort ist zu befürchten, dass seine Reue erheuchelt ist, weil er sich scheuen wird, sein Gelübde gegenüber dem fundamentalen Gebot der Gottesfurcht aufrecht zu erhalten (s. N. 6), in unserem Falle jedoch ist nicht anzunehmen, dass er solche Scheu empfinden wird, weil er nur gegen ein einzelnes Thoragesetz verstösst. Man darf jemand27 Der gelobt hat sich von seiner Frau scheiden zu lassen. einen Weg [zur Reue] durch [den Hinweis auf] die Ketuba28 D. h. auf seine Pflicht, der Frau die in der Ketuba für den Fall der Scheidung verschriebene Stimme auszuzahlen, s. Ket. Einl. S. 92. seiner Frau eröffnen. Einst versagte sich jemand den Genuss seiner Frau, deren Ketuba 400 Denar28a S. Ket. I, N. 9. betrug; sie erschien dann vor R. Akiba und dieser verurteilte ihn, ihr die Ketuba auszuzahlen.29 Vgl. Ket. VII, 1. Darauf sagte er: Rabbi, 800 Denar hat mein Vater30 Vgl. Ket. II, N. 61. hinterlassen, mein Bruder hat 400 und ich habe 400 erhalten,31 D. h. Immobilien im Werte von 400 Denar, denn Mobilien des Mannes haften nicht für die Ketuba, s. Ket. VIII, N. 43. wäre es nicht genug, dass sie 200 erhält und ich 200? Da erwiderte ihm R. Akiba: Selbst wenn du die Haare auf deinem Kopfe verkaufen müsstest,32 Wenn dir auch, nachdem du die Ketuba mit deinen Immobilien bezahlt hast, nichts anderes zur Erwerbung deines Unterhalts übrig bleiben sollte, als dein Kopfhaar. so musst du ihr doch ihre Ketuba auszahlen. Darauf erklärte jener: „hätte ich gewusst, dass dem so ist, so hätte ich das Gelübde nicht getan“. Da erlaubte sie33 Die Frau; er löste ihm das Gelübde. ihm R. Akiba. Man darf jemand34 Der gelobt hat eine Reihe von Tagen zu fasten oder kein Fleisch zu geniessen, ohne zu bedenken, dass während dieser Zeit auch Sabbate oder Festtage sein werden, an denen man nicht fasten darf resp. Fleisch essen soll, weil es Jes. 58, 13 heisst: וקראת לשבת ענג, wenn du den Sabbat eine Lust nennst (Maim.). Nach R. Nissim wäre, wenn er diese Pflicht der Sabbatweihe gekannt hätte, ein solches Gelübde als von Grund aus nichtig zu betrachten und brauchte nicht erst gelöst zu werden, weil er wissen musste, dass Sabbate oder Festtage in jene Zeit fallen werden. Der Fall muss vielmehr von jemand handeln, dem die Pflicht der Sabbatweihe unbekannt war. den Weg [zur Reue] durch [den Hinweis auf] die Festtage und Sabbate35 Im Talmud Ned. 25 b wurde dieser Satz mit Umstellung der Worte citiert: פותחין בשבתות ובימים טובים , und in dieser Reihenfolge werden jene Tage in der Regel genannt. eröffnen.36 Erklärt er nun, dass wenn er bedacht hätte, dass die heiligen Tage in jene Zeit fallen würden oder (nach R. Nissim) dass man diese Tage durch Speise und Trank auszeichnen müsse, er jenes Gelübde nicht getan haben würde, so darf man es ihm lösen, Anfangs37 D. i. die Weisen der früheren Zeit; vgl. auch Hoffmann, die erste Mischna, S. 42. hat man gesagt: nur diese Tage sind ihm erlaubt,38 Für die Sabbate und Festtage gilt das Gelübde als gelöst. die andren Tage aber verboten, bis später R. Akiba lehrte, dass ein Gelübde, von dem ein Teil39 Im Talmud 66 a ist die Lesart מכללו, ebenso ed. Lowe, Ms. Or. 567 und jerus. Ned. III, 2 (38 a); im babyl. Talmud Ned. 25b dagegen מקצתו. gelöst ist, als gänzlich gelöst gilt.40 Denn aus den Worten ככל היוצא מפיו יעשה (Num. 30, 3) ist zu schliessen, dass man ein Gelübde nur dann zu erfüllen braucht, wenn „es noch ganz in der Form besteht, in der es aus seinem Munde hervorgegangen ist“; jerus. Ned. I, 1 (36 c), vgl. auch Ned. III, N. 30. Wie ist dies zu verstehen? Wenn [z. B.] jemand sagt: „Konam, dass ich von euch allen keinen Nutzen habe“, so darf er, sobald es ihm erlaubt ist,41 Durch Lösung eines Kundigen, der ihm einen Weg zur Reue eröffnet hat oder dem er von selbst seine Reue erklärt hat; vgl. Ned. III, 2 Ende. von einem von ihnen Nutzen zu haben, von allen Nutzen haben. [Wenn jemand sagt: „Konam,] dass ich von diesem und diesem [u. s. w.] keinen Nutzen habe“, so darf er, sobald es ihm erlaubt ist, von dem ersten einen Nutzen zu haben, von allen einen Nutzen haben;42 Nach dem Talmud Ned. 26b ist der Fall so zu erklären: Er hat gesagt: „A sei mir zum Genusse verboten und B wie A (הרי זה כראשון) und C wie B u. s. w.“ Da er also die Gültigkeit des Gelübdes betreffs des B (das Verbot des Genusses von B) von der Gültigkeit des Gelübdes betreffs des A bedingt sein lässt und davon mittelbar auch das Verbot des Nutzens von C, so ist das ganze Gelübde gelöst und darf er von allen einen Nutzen haben, sobald ihm das Gelübde betreffs des A gelöst ist. Wenn er aber bei seinem Gelübde nicht erklärt: „ich will von B keinen Nutzen haben wie von A“, sondern nur sagt: „ich will von A und von B (לזה ולזה) u. s. w. keinen Nutzen haben“, so würden diese Gelübde nach der Ansicht der Weisen als einzelne, nicht von einander bedingte gelten und jedes besonders einer Lösung bedürfen. Nach R. Simon dagegen würden auch in diesem Falle alle Gelübde als ein einziges, zusammenfassendes gelten und völlig gelöst sein, sobald ein Teil von ihnen gelöst wird (R. Ascher, Bertinoro). Nach der Erklärung des Maim. jedoch, der unsre Mischna nach ihrem Wortlaut citiert (Hil. Ned. IV, 11), wäre das Gelübde in der Form לזה ולזה auch nach der Ansicht der Weisen als ein einziges aufzufassen, und nur wenn die Personen im Gelübde einzeln und unverbunden genannt wären (שאינו נהנה לזה לזה), wäre es zu teilen und müsste, um vollständig gelöst zu sein, in jedem einzelnen Teile gelöst werden, s. Tos. L. Heller. sobald es ihm aber erlaubt ist, von dem letzten einen Nutzen zu haben, ist es ihm nur von dem letzten erlaubt, von den andren aber bleibt es ihm verboten;43 Denn die Gültigkeit des Gelübdes betreffs der ersteren war nicht bedingt von der Gültigkeit des Gelübdes betreffs des letzten. ist es ihm erlaubt, von dem mittleren einen Nutzen zu haben, so darf er von den andren abwärts43a D. i. von denen, die er in seinem Gelübde nach dem mittleren genannt hat. einen Nutzen haben, von den andren aufwärts aber bleibt es ihm verboten.44 Dieser Satz fehlt in einem analogen Fall der Mischna Nas. IV, 1. [Wenn er sagt:] „Was ich von diesem geniessen sollte, sei Opfer, und was ich von jenem geniessen sollte, sei Opfer“,45 Vgl. Ned. I, 4. so muss er für jeden einzelnen einen Weg [zur Reue] haben.46 Auch dieser Satz vertritt die Ansicht des R. Simon, Scheb. V, 3. Er lehrt dort, dass jemand, der gegenüber 5 Personen, die von ihm ihr Deposit zurückfordern, leugnet es erhalten zu haben und dies durch einen Schwur bekräftigt, später aber seine Schuld eingesteht, nur dann 5 Opfer zu bringen verpflichtet ist, wenn er in jedem Falle der Ableugnung den Ausdruck des Schwures wiederholt hat, andernfalls aber braucht er nur ein Opfer zu bringen. So muss auch in unsrer Mischna bei jedem Einzelnen der Ausdruck „Opfer“ wiederholt sein, um das Gelübde als ein aus mehreren Teilen bestehendes erscheinen zu lassen, sodass jeder Teil besonders einer Lösung bedarf. Nach den Weisen jener Mischna jedoch, die den Verwahrer auch dann zu 5 Opfern verpflichten, wenn er nicht bei jedem Einzelnen den Ausdruck des Schwures wiederholt hat, ist auch dann in unsrer Mischna das Gelübde als ein aus mehreren Teilen bestehendes zu betrachten, wenn er den Ausdruck „Opfer“ nicht bei jedem Einzelnen wiederholt, sondern nur erklärt hat: „was ich von diesem und von jenem (u. s. w.) geniessen sollte, sei Opfer.“ [Wenn jemand sagt:] Konam,dass ich keinen Wein kosten werde, denn der Wein ist schädlich für den Leib“,47 מֵעַיִם, bibl.-hebr., von einem Singul. מע oder מעה, Inneres, Eingeweide, Leib, kommt in der Bibel nur im st. constr. oder mit Suffixen vor. Es wird in der Mischna und im Talmud oft מעיים geschrieben, was auf die Punctation מֵעַיִם schliessen lässt; so schon D. Kimchi. Nach Andren (Ibn Esra) ist מֵעִיִם zu lesen nach Analogie von דֵּעִים, Hiob 37, 16. und man ihm dann erklärt: „der alte48 מְיֻשָּׁן, „gealtert“, eine Pualbildung von ישן nach Analogie von מְיֻדָּע Ps. 55, 14, מְיֻסָּד 1. Kön. 7, 10. Nach B. batra VI, 3 wird unter יין מישן drei Jahre alter Wein verstanden, während יין ישן Wein bezeichnet, der erst ein Jahr alt ist. Wein ist ja gut49 יפה, aram. שפיר, heisst hier nützlich, wohltuend, vorteilhaft; vgl. auch Ket. VIII, N. 25. für den Leib“, so ist ihm alter Wein erlaubt,50 Wenn er nämlich erklärt, dass er, wenn er dies gewusst hätte, sich überhaupt keinen oder nur neuen Wein durch Gelübde versagt haben würde und das Gelübde ihm daraufhin gelöst wird. und nicht nur alter ist ihm erlaubt, sondern jeder Wein.51 Denn das Gelübde wird als ein irrtümliches betrachtet, weil es von einer falschen Voraussetzung ausging, es bedarf daher nicht erst der Lösung. Hätte er jedoch erklärt, dass er, wenn er dies gewusst hätte, sich jeden Wein ausser dem alten versagt haben würde, so darf er dann nur alten Wein trinken. — Der Ausdruck יפה ist nicht zu urgieren; denn es hätte eigentlich schon die Erklärung, dass Wein nicht schädlich ist, genügt, das Gelübde als ein irriges erscheinen zu lassen. Die Mischna will nur betonen, dass, da der Wein nicht nur nicht schädlich, sondern geradezu wohltuend ist, das Gelübde gewiss als ein irriges zu betrachten ist. [Wenn er sagt:] „Konam, dass ich Zwiebel nicht kosten werde, denn Zwiebel ist schädlich für das Herz“, und man ihm dann erklärt: „Kypros-Zwiebel52 כופרי wohl aus einem Orte dieses Namens (Kypros; Krauss, griech. u. lat. Lehnwörter), wie כלב כופרי Jeb. 59b, so Raschi und Tos.; nach Maim. = die auf dem Lande, Dorfe (כפר) wachsen, s. auch Terum. II, 5. ist ja gut für das Herz“,52a לב kann auch den „Magen“ bezeichnen, wie das talmud. אלבא ריקנא = auf leeren Magen; vgl. das griech. ϰαϱδιαλγία = Magenkrampf, während ϰαϱδία zumeist das „Herz“ bedeutet. Da somit der Sinn der Wörter לב und כופרי nicht feststeht, ist auch die medizinische Bedeutung dieser Stelle nicht mit Sicherheit zu ermitteln (Dr. Preuss). so ist ihm Kypros-Zwiebel erlaubt, und nicht nur Kypros-Zwiebel ist ihm erlaubt, sondern jede Zwiebel.53 Auf diesen Fall sind die Bemerkungen N. 51 sinngemäss zu übertragen. Ein solcher Fall trug sich einst zu, und R. Meir erlaubte ihm alle Zwiebeln zu geniessen.54 So ist in Mischna 6—8 der Grundsatz, dass ein Gelübde als gänzlich gelöst gilt, sobald ein Teil von ihm gelöst ist, an Beispielen erläutert, in denen sich das Gelübde entweder auf eine bestimmte Zeit bezieht (M. 6) oder auf Personen (M. 7) oder Sachen (M. 8), von denen man sich den Genuss versagen wollte. Man darf jemand55 Der gelobt hat sich von seiner Frau scheiden zu lassen. den Weg [zur Reue] durch [den Hinweis auf] seine Ehre und die seines Kindes eröffnen;56 Man braucht nicht zu befürchten, dass er sich nur schämt sein Gelübde aufrecht zu erhalten, seine Reue also nur erheuchelt ist. man sagt zu ihm: „wenn du gewusst hättest, dass man morgen von dir sagen würde: „das ist die Art57 וסת (oder ווסת) wird gewöhnlich mit dem griech. ἔϑος zusammengestellt = Art, Sitte, Gewohnheit, Regel; nach Fraenkel, ZDMG LII, S. 298 ist jedoch die Etymologie des Wortes unsicher; „dass es aber nicht ἔϑος ist, ist ganz sicher.“ des N. N., dass er sich von seinen Frauen scheidet“, und dass man von deinen Töchtern sagen würde: „dies sind Töchter einer Geschiedenen,58 Die vielleicht gleich ihrer Mutter mit einem Makel behaftet sind. warum59 Die im Talmud und Midrasch häufig vorkommende Phrase: מה ראה פל׳ לעשות heisst: „was hat N. N. erfahren, dass er dieses tat? Was ist ihm widerfahren, was hat ihn angefochten?“ Die Redensart, die auch bei leblosen Subjecten und, wie hier, mit passiver Wendung des Nebensatzes erscheint, ist dann der Ausdruck geworden für die Frage nach dem Grunde einer auffälligen Erscheinung = warum? Vgl. auch Bacher in Stades Zeitschr. für alttest. Wissenseh. 1899, S. 345 ff. mag wohl ihre Mutter geschieden sein?“60 Es muss doch wohl an ihr ein Makel gefunden sein. und wenn er dann erklärt: „hätte ich gewusst, dass dem so ist, so hätte ich das Gelübde nicht getan“, so ist es ihm erlaubt (die Frau zu behalten).61 Nachdem ihm das Gelübde von einem Kundigen gelöst ist. [Wenn jemand sagt:] „Konam, dass ich die hässliche62 כעור auch Arach. III, 1, 3, oder auch כאור B. kam. IX, 4. syr. ܟܰܐܐܰܪ, hässlich. N. N. nicht heirate“, sie aber in Wirklichkeit schön ist, [oder] „die schwarze“, sie aber weiss ist, [oder] „die kleine“, sie aber gross gewachsen ist, so darf er sie heiraten, nicht weil sie hässlich war und dann schön wurde, [oder] weil sie schwarz war und dann weiss wurde, [oder] weil sie klein war und dann gross wurde,63 Denn in diesem Falle würde er seine Reue mit einem Umstande begründen, der erst nach dem Aussprechen seines Gelübdes eingetreten ist, was nach M. 2 nicht zulässig ist. sondern weil das Gelübde auf einem Irrtum beruhte.64 Da die Frau im Momente des Gelobens nicht hässlich u. s. w. war, so war das Gelübde von vornherein nichtig und bedarf nicht erst der Lösung. Einst65 Vor diesem Satz ist zu ergänzen: R. Ismael dagegen lehrt, dass das Gelübde auch dann nichtig ist, wenn im Moment des Gelobens die Frau nicht schön war und später erst schön erschien. Zum Belege für diese Ansicht wird der folgende Fall berichtet. hatte sich jemand durch Gelübde jeden Genuss von der Tochter seiner Schwester versagt; da brachte man sie in das Haus des R. Ismael und putzte66 יִפָּה, schmücken, putzen, Jer. 10, 4. sie dort aus. Darauf sagte R. Ismael zu ihm: „mein Sohn, hast du dir den Genuss dieser versagt?“ Jener erwiderte: „nein“; da erlaubte ihm R. Ismael sie zu heiraten.67 Denn da es möglich ist, sie schön erscheinen zu lassen, ist sie nicht als von Anfang an hässlich zu betrachten. Die Halacha entscheidet aber nicht im Sinne des R. Ismael. — Dieser Fall ist jedoch nicht mit dem in M. 3 zu vergleichen, wo das Gelübde ohne weiteres nichtig war, weil dort nach dem Wortlaut (שאביה רע) zu vermuten war, dass das Gelübde nur solange wirksam sein sollte, als der Grund nicht hinfällig war; s. N. 22. In unsrer Mischna aber hat das Gelübde nicht die Form einer Bedingung (etwa שהיא כעורה ), sondern die einer bestimmten Behauptung, diese aber war irrig. Der Unterschied zwischen diesen beiden Fällen kann auch so erklärt werden: In M. 3 war eher zu vermuten, dass sein Gelübde nur solange gültig sein sollte, bis er Gegenteiliges erfährt, weil es natürlich ist, dass der Mensch stirbt oder weil es häufig vorkommt, dass er sich bessert; es ist jedoch nicht so häufig oder natürlich, dass eine hässliche Frau später schön erscheint, sodass nicht zu vermuten ist, dass sein Gelübde nur solange gelten sollte, als sie hässlich ist. Bei dieser Gelegenheit weinte R. Ismael und sprach: „die Töchter Israels sind schön, nur die Armut entstellt sie!“ Als R. Ismael gestorben war, stimmten die israelitischen Töchter Klagelieder an und riefen aus: „Töchter Israels, weinet68 Zur Form vgl. Ket. IV, N. 62. um R. Ismael!“ So heisst es auch bei Saul (II. Sam. 1, 24): „Töchter Israels, weinet um Saul!“69 Der Vers wird auf R. Ismael angewendet, weil sein Schluss lautet: „der euch bekleidet mit Purpur und herrlichem Zierat, der mit goldenem Geschmeide euer Gewand schmückte!“ In Ed. Lowe fehlt בשאול, dagegen ist dort der ganze Vers citiert. Chapter 10 Bei einem verlobten1 Unter מאורסה ist hier wie immer eine Angetraute zu verstehen, die noch nicht von dem Gatten heimgeführt ist; vgl. Jeb. IV, N. 69. Mädchen2 Während sonst נערה ein Mädchen bezeichnet, das im Besitze der Pubertätszeichen und mindestens 12 Jahre und einen Tag alt ist, wird hier bei Gelübden unter נערה ein Mädchen verstanden, das dieses Alter erreicht hat, auch wenn es noch nicht jene Zeichen aufzuweisen hat; Maim. Hil. Ned. XI, 3 u. A. Nach der Halacha haben jedoch die Gelübde von Mädchen, die 11 dahre alt sind (und von Knaben, die 12 Jahre alt sind), auch schon bindende Kraft, sobald diese das volle Bewusstsein erlangt haben, wem ihre Gelübde gelten; vgl. auch Nid. V, 6. heben ihr Vater und ihr [zukünftiger] Gatte gemeinsam ihre Gelübde3 Auch solche, die sie vor ihrer Verlobung getan, הארוס מפר בקודמין. In Ned. 67a wird dies aus dem Verse Num. 30, 7 abgeleitet, der nur von einer Verlobten handelt, die noch nicht heimgeführt ist, da von der bereits Heimgeführten erst in den Versen 11 ff. die Rede ist. Die Worte ונדריה עליה in V. 7 beziehen sich auch auf solche Gelübde, die schon „auf ihr ruhten“, bevor sie sich verlobte. Ist sie jedoch heimgeführt, so darf der Ehegatte nur die Gelübde aufheben, die sie nach der Heimführung getan, die früheren aber nicht, אין הבעל מפר בקודמין, Ned. l. c. auf.4 Ob beide die Gelübde an demselben Tage erfahren haben müssen, um sie aufheben zu können, oder ob sie dieses Recht auch haben, wenn sie an verschiedenen Tagen sie erfahren haben, ist controvers, s. J. dea 235, 5.— הפר = aufheben, d. i. den Fortbestand des Gelübdes durch Einsprache hindern, seine fernere Gültigkeit unterbrechen; dieser Ausdruck wird nur vom Vater oder Gatten gebraucht. Bei dem Kundigen aber, der ein Gelübde löst, wird der Ausdruck התיר angewendet, weil dieser das Gelübde von Grund aus auflöst, seinen Bestand von Anfang an aufhebt und es als von vornherein nichtig erklärt. —Vater und Gatte können aber nur in Gemeinschaft ihre Gelübde aufheben, weil sie als נערה noch der Gewalt des Vaters untersteht (vgl. N. 9), andrerseits auch schon ihrem Gatten durch die erfolgte Trauung (קדושין) angehört. Hebt sie der Vater auf, aber nicht der Gatte,5 Er lässt vielmehr den Tag, an dem er von den Gelübden erfährt, vorübergehen, ohne Einsprache zu erheben. hebt sie der Gatte auf, aber nicht der Vater, so sind sie nicht aufgehoben,6 Dieser zweite Satz will nur der missverständlichen Auffassung begegnen, dass das ובעלה im ersten „oder“ bezeichnen und der Vater allein oder der Gatte allein die Gelübde der Verlobten aufheben könnte. Es hätte freilich der erste Satz kurz lauten können: אביה ובעלה מפירין יחדו, indessen ist diese Ausdrucksweise in der Mischna nicht üblich (R. Ascher). und es braucht nicht erst gesagt zu werden, [dass dies auch gilt,] wenn sie einer von ihnen bestätigt hat.7 In Ned. 67 a wird bemerkt, dass dieser Schlusssatz im Grunde überflüssig ist, denn das קיים in diesem Satze ist nichts andres als das negative לא הפר im vorhergehenden, und wenn das Gelübde schon dann nicht aufgehoben ist, wenn der eine keine Einsprache erhoben, so muss es doch gewiss noch gültig sein, wenn er seine ausdrückliche Zustimmung erteilt hat; überdies ist das Schweigen einer Zustimmung gleich zu achten, vgl. Num. 30, 15: הקים אתם כי החריש לה ביום שמעו. Der Talmud ergänzt deshalb den letzten Satz also: Wenn der eine von ihnen (A) das Gelübde zunächst bestätigt, während der andre (B) es aufhebt, dann aber der erste seine Bestätigung bereut und sie von einem Kundigen als nichtig erklären lässt, so gilt diese Nichtigkeitserklärung nicht etwa einer Aufhebung des Gelübdes gleich, sodass A nicht mehr die Aufhebung auszusprechen brauchte. Denn da das Gelübde eine Zeit lang, zwischen der Bestätigung des A und der Zurücknahme dieser Bestätigung, nur einseitig, nämlich von B, aufgehoben war, also nicht als aufgelöst gelten konnte, so kann es nur dann aufgehoben werden, wenn B diese Aufhebung noch einmal ausspricht und auch A das Gelübde ausdrücklich aufhebt; Nachmanides. Nach Andren (Maim., R. Ascher) giebt es in diesem Falle überhaupt keine Möglichkeit, das Gelübde aufzuheben; denn da es eine Zeit lang, nämlich zwischen der Bestätigung des A und deren Nichtigkeitserklärung, von A nicht aufgehoben werden konnte, so kann es überhaupt nicht mehr aufgehoben werden. — Es findet sich zwar in der Mischna öfter, dass Sätze ausdrücklich gelehrt werden, die man aus den vorhergehenden schliessen konnte, vgl. ואין צריך לומר B. mez. IV, 11; danach wäre der Schlusssatz in dieser Mischna nicht so auffallend. Es wird jedoch jene Formel in der Regel nur dort angewendet, wo das Neue erst erschlossen werden müsste; in unsrer Mischna aber ist der letzte Fall (שקיים) mit dem vorletzten geradezu identisch (Tos.). Auch pflegt es der Talmud in der Regel zu begründen, warum solche scheinbar überflüssigen Sätze in der Mischna gleichwohl ausgesprochen werden, und sich nicht mit dem Hinweis darauf zu begnügen, dass diese Sätze eigentlich nicht erst gesagt zu werden brauchten (זו ואין צריך לומר זו). Stirbt der Vater, so fällt8 נתרוקן, Nithpael von רקן, Ukzin I, 3, einem verbum denominativum von ריק mit angefügtem נ, vgl. המאושכן Bech. VII, 5 (von אשך), vielleicht auch ממושכנת Schebiit X, 6 (von משך). Man braucht aber nicht mit Weiss, Studien zur Spr. d. Mischna, S. 34 anzunehmen, dass hier „zweifellos“ das נ für das מ eingetreten ist, wie es in ריקם erscheint und wie in der Mischna häufig, namentlich bei der Pluralbildung נ für מ eintritt. Das Wort heisst eigentl. entleert werden, dann übergehen, zufallen. dessen Recht nicht dein [künftigen] Gatten zu;9 Dass er etwa allein ihre Gelübde aufheben könnte; denn aus den Worten בנעריה בית אביה Num. 30, 17 wird gefolgert, dass „sie in der Gewalt des Vaters ist, solange sie noch ein Mädchen (נערה) ist“, vgl. Ket. IV, N. 42. stirbt der Gatte, so fällt das Recht dem Vater zu;10 Und der Vater darf allein ihre Gelübde aufheben, solange sie noch nicht mannbar ist. in dieser Hinsicht hat der Vater ein Vorrecht11 S. Ket. VIII, N. 25. vor dem Gatten. In einer anderen Hinsicht aber hat der Gatte ein Vorrecht vor dem Vater, dass nämlich der Gatte sie (ihre Gelübde) aufheben kann, wenn sie mannbar12 S. Ket. VII, N. 57. ist,12a Und er sie heimgeführt hat, nachdem sie mannbar geworden war; denn hätte er sie vorher heimgeführt, so wäre das Recht auf ihn allein ebensowenig übergegangen, wie wenn der Vater gestorben wäre, N. 9. Dies ist freilich auch aus M. 5 zu ersehen; der Schlusssatz ist indessen nur hinzugefügt, um gegenüber dem Falle, in dem der Vater ein Vorrecht hat, auch einen Fall aufzuzeigen, in dem der Gatte ein Vorrecht hat. der Vater aber sie nicht aufheben kann, wenn sie mannbar ist.13 Denn aus Num. 30, 17 ist zu schliessen, dass sie nur als נערה der Gewalt des Vaters untersteht. Wenn sie ein Gelübde getan, als sie verlobt war,14 Und ihr Vater es erfahren, aber nicht ihr Verlobter. am selben Tage geschieden wird und sich dann am selben Tage wieder verlobt [u. s. w.] und wäre es auch an hundert [Männer nach einander], so heben ihr Vater und ihr letzter Gatte ihre Gelübde [gemeinsam] auf.15 Vgl. N. 3. Dies nämlich ist die Regel: solange sie nicht eine Zeit lang in ihrer eigenen Gewalt gewesen ist,16 D. h. solange sie noch nicht selbständig geworden ist entweder durch Erlangung der Pubertät oder durch Heimführung. heben ihr Vater und ihr letzter Gatte [gemeinsam] ihre Gelübde auf.17 Durch diesen zusammenfassenden, mit der Formel זה הכלל eingeleiteten Satz (vgl. Ket. III, N. 69) soll angedeutet werden, dass solange der Vater mit den Boten, die der Gatte geschickt hat, um die Verlobte ihm zuzuführen, zusammengeht, oder die Boten des Vaters mit denen des Gatten zusammengehen, die Verlobte als unter väterlicher Gewalt stehend betrachtet wird, Ned. 89 a, vgl. Ket. IV, 5. Nach manchen Decisoren jedoch gilt sie als solche selbst dann, wenn sie den Boten des Mannes übergeben ist, solange sie dieser nicht heimgeführt hat, J. dea 254, 8. Es ist Sitte bei den Gelehrten,18 Denen bekannt ist, dass der Vater oder der Gatte auch allgemein, selbst wenn sie kein specielles Gelübde erfahren haben, Gelübde aufheben können. dass er (der Vater), bevor seine Tochter aus seiner Gewalt scheidet,19 Und in die des Gatten übergeht. ihr erklärt: alle Gelübde, die du in meinem Hause getan, sollen aufgehoben sein. Ebenso erklärt ihr der Gatte, bevor sie in seine Gewalt übergeht:20 D. i. bevor er sie heimführt. alle Gelübde, die du getan, bevor du in meine Gewalt gekommen bist, sollen aufgehoben sein, denn nachdem sie in seine Gewalt gekommen ist, kann er jene nicht mehr aufheben. Wenn eine mannbare [Jungfrau] 12 Monate oder eine Witwe 30 Tage zugebracht hat,21 Nachdem sie vom Gatten aufgefordert war, sich zur Hochzeit vorzubreiten, nach welcher Frist der Gatte verpflichtet ist, ihr den Unterhalt zu gewähren, s. Ket. V, 2. so sagt R. Elieser, dass ihr Gatte sie (ihre Gelübde) aufheben kann, da er auch verpflichtet ist ihr den Unterhalt zu gewähren.22 Denn es ist anzunehmen, dass eine Frau nur in dem Sinne Gelübde tut, dass der Mann keine Einsprache dagegen erhebt, da sie auch von ihm ihren Unterhalt bekommt. Die Weisen aber sagen: der Gatte23 Allein. kann sie nicht aufheben, solange sie nicht in seine Gewalt gekommen ist.24 Denn erst wenn sie von ihm heimgeführt ist, tut sie ihre Gelübde im Sinne ihres Gatten. Die Halacha entscheidet im Sinne der Weisen. Bei einer auf die Leviratsehe wartenden25 Eigentl. eine Frau, die den Levir, d. h. die Eheschliessung mit ihm erwartet, vgl. Jeb. IV, N. 15. Frau,26 Die als Mädchen (נערה) von ihrem Vater verheiratet und dann Witwe wurde. mag sie nun einen oder zwei Schwäger haben,27 Und ein Schwager hat die „Heirats-Ansprache“ (מאמר, s Jeb. II, N. 8) an sie gehalten. kann er (der Schwager), so sagt R. Elieser, sie (die Gelübde) aufheben;28 Mit ihrem Vater gemeinsam. R. Josua sagt: wenn nur einer, aber nicht zwei vorhanden sind.29 Nach R. Josua hat der Mann die Schwägerin durch „Maamar“ zwar nicht vollständig erworben (vgl. Jeb. l. c.), aber das Band der Leviratsehe - Pflicht, das ihn mit ihr verknüpft, ist so stark (יש זיקה), dass sie bereits als von ihm heimgeführt gilt. Wenn daher nur ein Levir vorhanden ist, kann er ihre Gelübde aufheben, wie wenn er sie bereits geehelicht hätte. Wenn dagegen zwei Schwäger vorhanden sind, mit denen beiden sie zunächst durch jenes Band verknüpft ist, so ist, da man vorerst nicht weise, welcher von ihnen sie heiraten wird, nicht zu entscheiden (אין ברירה, Ned. V, N. 4), von welchem der beiden Brüder sie als geehelicht gelten soll; es darf daher keiner von ihnen ihre Gelübde aufheben. R. Akiba sagt: weder wenn einer, noch wenn zwei vorhanden sind.30 R. Akiba ist der Ansicht, dass die Schwägerin, solange sie mit dem Schwager nur durch das Band der Leviratsehe - Pflicht verknüpft ist, noch nicht als von ihm geehelicht gilt (אין זיקה), andrerseits dass „Maamar“ noch keinen Besitzakt im Sinne der Thora darstellt. Es sagte nämlich R. Elieser: wenn schon bei einer Frau, die er sich selbst erworben,31 Durch Antrauung, קדושין. er (der Mann) ihre Gelübde aufheben kann,32 In Gemeinschaft mit ihrem Vater, Ned. X, 1. sollte er da nicht bei einer Frau, die ihm vom Himmel zugeeignet ist,33 Durch das göttliche Gebot der Leviratsehe, Deut. 25, 5. erst recht ihre Gelübde aufheben können!34 In Gemeinschaft mit ihrem Vater. Da sagte R. Akiba zu ihm: nein; wenn du dieses sagst bei einer Frau, die er sich selbst erworben, über die aber andre keine Gewalt haben,35 Denn wenn sie nach erfolgter Eheschliessung eine zweite Ehe eingehen wollte, bevor die erste gelöst ist, würde die zweite ungültig sein, vgl. Jeb. V, N. 18. willst du es etwa auch sagen bei einer Frau, die ihm zwar vom Himmel zugeeignet ist, über die jedoch auch andere Gewalt haben!36 Denn zunächst ist sie mit allen Brüdern ihres verstorbenen Gatten durch das Band der Leviratsehe - Pflicht verknüpft (זקוקה), und wenn einer von ihnen „Maamar“ an sie gehalten und dann der andre ebenfalls, so wäre auch die letztere Trauung rabbinisch gültig und müsste erst durch Scheidebrief gelöst werden, s. Jeb. V, 1 und N. 6. Darauf wendete ihm R. Josua ein: Akiba, deine Worte sind zutreffend, wenn zwei Schwäger vorhanden sind; was aber erwiderst du, wenn nur ein Schwager vorhanden ist?37 Dein Einwand ist zutreffend gegenüber dem R. Elieser, der dem Levir erlaubt die Gelübde der Schwägerin aufzuheben, auch wenn zwei Schwäger vorhanden sind; was aber willst du mir einwenden, der ich dem Levir jene Befugnis nur dann zuspreche, wenn ein Levir vorhanden ist? Da antwortete er ihm: die Schwägerin ist nicht so vollständig dem Levir zu eigen,38 Denn wer der Jebama beiwohnt, solange sie vom Levir noch nicht heimgeführt ist, selbst wenn sie sich dieser angetraut hat, übertritt nur das einfache Verbot Deut. 25, 5. wie [sonst] die Verlobte ihrem [künftigen) Gatten.39 Denn wer ihr beiwohnt, wird mit dem Steinigungstode bestraft, Deut. 22, 24. Wenn jemand zu seiner Frau40 Oder auch zu seiner minderjährigen Tochter. sagt: „alle Gelübde, die du von jetzt an41 Während כאן örtlich und zeitlich gebraucht wird, weist die Verbindung מכאן עד oder מכאן ועד stets auf ein zeitliches Ziel hin, vgl. Git. VII, 7, 8; s. auch Nas. 1,3. tust,42 Die volle, mit ו geschriebene Form des Imperfects findet sich in der Mischna nicht nur in der Pausa, sondern zuweilen auch ohne Pausa, so hier תדורי anstatt des regelmässigen תִּדְּרִי, vgl. יחליקו Jeb. IV, 3; שימתונו Toh. IX, 5. bis ich von dem Orte N. N. zurückkomme, sollen gültig sein,“ so hat er damit nichts gesagt.43 Denn es könnte geschehen, dass sie Gelübde tut, mit denen er nicht einverstanden wäre, sodass die Bestätigung sich als eine irrtümliche erweisen würde. Erklärt er aber: „sie sollen aufgehoben sein,“ so sagt R. Elieser, dass sie aufgehoben sind;44 Weil anzunehmen ist, dass er wünscht, dass seine Frau überhaupt keine Gelübde tut. die Weisen aber sagen: sie sind nicht aufgehoben. Es sagte nämlich R. Elieser: wenn er Gelübde aufheben kann, die schon den Character eines Verbotes erlangt haben,45 D. h. Gelübde, die die Frau bereits ausgesprochen und die bindend sind, solange der Mann sie nicht aufhebt. sollte er da nicht Gelübde aufheben können, die den Character eines Verbotes noch nicht erlangt haben!46 Die sie noch nicht ausgesprechen hat. Darauf entgegneten sie ihm: es heisst aber (Num. 30, 14): „ihr Mann kann es gelten lassen und ihr Mann kann es aufheben“, [das will sagen:] solche [Gelübde], die für gültig zu erklären möglich war,47 Die wenigstens eine Zeit lang gültig waren und die der Mann bestätigen konnte. kann man aufheben,48 Die Worte אישה יקימנו werden als Vordersatz zu den nachfolgenden ואישה יפרנו gedeutet: nur wenn הקם möglich war, kann הפר eintreten. solche aber, die für gültig zu erklären nicht möglich war, kann man auch nicht aufheben.49 Ein Schluss (ק״ו) aber, den man selbst zieht, kann, auch wenn er richtig ist, nicht das umstossen, was die Thora durch die Zusammenstellung jener beiden Ausdrücke (היקש) hat sagen wollen. Das Aufheben von Gelübden50 Durch den Vater oder den Gatten. kann während des ganzen Tages51 Von dem Moment des Gelobens bis zum Eintritt der Nacht des darauf folgenden Tages. geschehen.52 Num. 30, 6 u. 9. Es giebt hierbei eine Erleichterung und eine Erschwerung.53 In manchen Fällen ist die Frist zur Aufhebung eine längere, in manchen eine kürzere. Wie ist dies zu verstehen? Wenn sie [z. B.] in der Nacht zum Sabbat ein Gelübde getan, so kann man es in der Nacht zum Sabbat und noch am Sabbattag, bevor Nacht ist, aufheben;54 Denn die Nacht und der darauf folgende Tag bilden einen Tag. wenn sie aber bei eintretender Dunkelheit55 עם השנה = mit Eintritt der Dunkelheit, vgl. Sab. I, 10. In diesem Zusammenhange ist gemeint, dass sie das Gelübde am Sabbat, vor Eintritt der Nacht zum Sonntag getan. ein Gelübde getan, so kann man es nur solange aufheben, als noch nicht Nacht ist, denn sobald56 Ed. Lowe liest: שאם לא הפר משחשכה. Nacht ist und man es noch nicht aufgehoben hat, kann man es nicht mehr aufheben.57 Die Mischna wählt hier das Beispiel von Sabbat, obschon die gleichen Bestimmungen auch an jedem Wochentage gelten, um gleichzeitig zu lehren, dass man auch am Sabbat Gelübde auflösen darf, und zwar auch solche, die nicht Dinge betreffen, die noch am selben Sabbat notwendig sind; denn da die Mischna auch von solchen Gelübden handelt, die die Frau kurz vor Eintritt der Nacht getan, ist zu ersehen, dass die Bestimmung auch für Gelübde gilt, die nicht für den Sabbat Notwendiges betreffen, denn in dieser späten Tageszeit wird sie bereits ihre Mahlzeit eingenommen oder ihre Schmucksachen abgelegt haben, die sie sich event. durch Gelübde versagen könnte. Von einem Kundigen jedoch darf sie sich am Sabbat nur solche Gelübde lösen lassen, die Dinge betreffen, die für diesen Sabbat notwendig sind, vgl. Sab. XXIV, 5. Chapter 11 Dies sind die Gelübde,1 Hierher gehören auch Verbote, die sich die Frau mit dem Ausdruck des „Eides“ (שבועה) auferlegt hat, vgl. Ned. Einl. S. 174 und II, 2. die man2 Der Gatte oder der Vater. Nach Maim. Hil. Ned. XII, 1 kann jedoch der Vater nicht nur die hier in der Mischna bezeichneten, sondern alle Gelübde seiner Tochter aufheben, weil es Num. 30, 6 כל נדריה ואסריה heisst und der Talmud die Gelübde, die die Beziehungen zwischen Vater und Tochter beeinträchtigen, nicht besonders behandelt, wie er es bei den Gelübden tut, die das Verhältnis zwischen Mann und Frau betreffen; s. מגדל עז z. St. aufheben kann: Dinge, die eine Verkümmerung des Lebens einschliessen;3 Vgl. Num. 30, 14. Unter ענוי נפש sind Dinge zu verstehen, die eine Verkümmerung des Lebens und des Lebensgenusses oder eine Minderung des körperlichen Wohlbefindens einschliessen. Dazu kommen noch דברים שבינו לבינה, Gelübde, die die Beziehungen der Ehegatten zu einander beeinträchtigen, was in den Worten בין איש לאשתו v. 17 gefunden wird. Die Ansicht der Decisoren, wonach der Vater nur die beiden zuletzt genannten Arten von Gelübden aufheben kann, stützt sich darauf, dass die Thora בין אב לבתו unmittelbar mit den Worten בין איש לאשתו zusammenstellt, die Rechte des Vaters also mit denen des Gatten verglichen wissen will (מקיש את האב לבעל, Sifrě z. St.). Der Unterschied zwischen den beiden Gelübdearten besteht darin, dass Gelübde, die eine Verkümmerung des Lebens einschliessen (דברים שיש בהן ענוי נפש), durch die Einsprache des Mannes für alle Zeiten aufgehoben werden, selbst für den Fall, dass der Mann stirbt oder dass sie geschieden wird und einen anderen Mann heiratet; Gelübde aber, die die Beziehungen des ehelichen Lebens schmälern (דברים שבינו לבינה), werden durch die Einsprache des Mannes nur für die Zeit aufgehoben, als die Frau mit diesem Mann zusammenlebt, sobald sie aber Witwe oder geschieden wird und einen anderen Mann heiratet, treten jene Gelübde wieder in Kraft. Die Mischna aber will hier nur solche Gelübde behandeln, die durch die Einsprache des Mannes ihre Gültigkeit für immer verlieren. Ed. Lowe und manche Mischnaausg. lesen: נדרים שיש בהן ענוי נפש. [wenn sie z. B. sagt:] „wenn ich bade“4 Diese Formel אם ארחץ, die an sich keine Gelobungsformel ist, sondern nur eine Bedingung ausdrücken kann, von deren Erfüllung ein Gelübde erst abhängen soll, kann vollständig nicht etwa gelautet haben: קונם פרות עולם עלי אם ארחץ, „die Früchte der Welt seien mir verboten, wenn ich bade“, denn dann brauchte ja das Gelübde nicht erst aufgehoben zu werden, sie brauchte vielmehr, nur die Bedingung einzuhalten, also nicht zu baden, und die Früchte wären ihr zum Genusse erlaubt. Das Gelübde muss vielmehr gelautet haben: קונם הנאת רחיצה עלי לעולם אם ארחץ „Konam sei mir der Genuss des Badens für immer, wenn ich bade“, d. h. wenn ich heute bade oder wenn ich einmal bade. Demnach wäre ihr das erste Baden noch erlaubt, dann aber das Baden für alle Zukunft verboten. Würde sie nun die Bedingung erfüllen, so würde die Unmöglichkeit, in Zukunft zu baden, eine Verkümmerung ihres Lebens bedeuten; würde sie aber an jenem bestimmten Tage nicht baden, so wäre auch dies Unterlassen schon eine Beeinträchtigung ihres körperlichen Zustandes, eine gewisse Entstellung (ניוול) ihres Äussern, in jedem Falle also wäre damit ענוי נפש verbunden. oder „wenn ich nicht bade;“ „wenn ich mich schmücke“5 Wenn sie sagt: „Konam sei mir der Genuss des Schmückens (wie Schminken und dergl.), wenn ich mich heute oder einmal schmücke“. oder wenn ich mich nicht schmücke“. Darauf sagte R. Jose: dies sind nicht Gelübde, die eine Verkümmerung des Lebens einschliessen.6 Denn sobald sie die Bedingung nicht erfüllt, ist ihr das Baden in Zukunft erlaubt, das Unterlassen des Badens aber an einem einzigen, bestimmten Tage ist noch nicht als Verkümmerung des Lebens zu betrachten. Oder aber: R. Jose ist der Ansicht, dass selbst das völlige Unterlassen des Badens nicht als eine Verkümmerung des Lebens anzusehen ist; wenn sie also auch ihre Bedingung erfüllen sollte, würde jenes Gelübde nicht zu den דברים שיש בהן ענוי נפש gehören (J. Lipschütz in ת״י). Dagegen bestreitet R. Jose dem ersten, ungenannten Tanna (ת״ק) nicht, dass jenes Gelübde zu denen zählt, die die Beziehungen der Ehegatten untereinander beeinträchtigen, דברים שבינו לבינה; über den Unterschied s. oben N. 3. Folgende7 Dies ist die Fortsetzung der Worte des R. Jose. sind [vielmehr] Gelübde, die eine Verkümmerung des Lebens einschliessen: Wenn sie sagt: „Konam seien mir die Früchte der Welt“,8 Und zwar für eine bestimmte Zeit, etwa für einen oder einige Tage. Denn wenn sie es für immer gelobt hätte, so wäre das Gelübde nichtig und brauchte nicht erst aufgehoben zu werden, weil sie ohne Früchte nicht leben kann; vgl. auch Ket. VII, 2 und J. dea 232, 5; 235, 3. so kann er (der Mann) dies aufheben. [Wenn sie sagt:] „die Früchte dieser Gegend seien mir verboten“, so darf er ihr solche aus einer andren Gegend bringen.9 Das Gelübde selbst aber darf er nicht aufheben, denn da sie es nur auf Früchte einer bestimmten Gegend beschränkt hat, so ist es nicht mehr zu den Gelübden zu zählen, die eine Verkümmerung des Lebens einschliessen. Unter den Worten מדינה זו ist übrigens eine Gegend zu verstehen, in der die Frau nicht lebt, denn sonst hätte sie sich ausgedrückt: „פרות מדינתי עלי, die Früchte meiner Gegend seien mir verboten“, und der Nachsatz der Mischna hätte dann lauten können: „ יביא לה מחוץ למדינה, er darf ihr bringen von ausserhalb dieser Gegend“. Hätte sie aber gesagt: פרות מדינתי עלי, so könnte der Gatte das Gelübde ebenso wie im letzten Fall dieser Mischna aufheben. [Wenn sie sagt:] „Die Früchte dieses Kaufmannes seien mir verboten“, so kann er es nicht aufheben.10 Denn da die Früchte aller anderen Kaufleute ihr zum Genusse erlaubt bleiben, so schliesst jenes Gelübde noch nicht eine erhebliche Verkümmerung ihres Lebens ein; nach R. Jose aber können nur Gelübde dieser Art aufgehoben werden. Wenn er aber seinen Unterhalt nur von diesem erhalten konnte,11 Wenn nur dieser Kaufmann ihm Waren lieh, ein anderer aber nicht. so kann er es aufheben.12 Denn wenn er kein Geld hat und von niemand Früchte bekommt, wäre dies eine Verkümmerung des Lebens seiner Frau. Dies die Worte des R. Jose.13 Diese Schlussworte der Mischna, die eigentlich überflüssig sind, da die ganze Mischna ein Ausspruch des R. Jose ist (vgl. N. 7), wollen andeuten, dass auch die nächstfolgende Mischna von R. Jose gelehrt ist. Die Halacha entscheidet jedoch nicht in seinem Sinne, J. dea 234, 60. [Wenn sie sagt:] „Konam, dass ich von den Geschöpfen14 D. i. von dem, was den Geschöpfen gehört. keinen Nutzen haben werde“, so kann er es nicht aufheben,15 Denn durch dieses Gelübde wird ihr Leben nicht verkümmert, weil sie sich ernähren kann von dem Vermögen ihres Gatten, den sie gewiss nicht mit „Geschöpf“ bezeichnen wollte. Auch dieser Satz ist nur im Sinne des R. Jose zu verstehen. Nach den Weisen aber kann der Mann das Gelübde auch dann aufheben, wenn sie sich den Genuss von einem einzelnen Menschen N. N. versagt; denn da der Mann gezwungen wäre darauf zu achten, dass er ihr den Unterhalt nicht von diesem N. N. besorgt, so wäre jenes Gelübde ein solches, das die ehelichen Beziehungen der Gatten untereinander beeinträchtigt. So entscheidet auch die Halacha. Man könnte freilich einwenden, dass in diesem Falle der Mann das Gelübde sollte aufheben dürfen, da er selbst ja schliesslich den Unterhalt doch von niemand anders bekommt, als von den „Geschöpfen“, ebenso wie R. Jose das Gelübde aufzuheben erlaubte, wenn der Gatte nur von einem bestimmten Kaufmann seine Ware beziehen konnte (M. 2). Es sind jedoch diese beiden Fälle auseinander zu halten: im letzteren Falle nämlich hatte sich die Frau die Früchte des Kaufmanns N. N. versagt, sie müssten ihr daher unter allen Umständen, auch wenn sie z. B. ihr Gatte ihr besorgt, verboten bleiben; in M. 3 jedoch, wo sie sich nicht die Früchte, sondern den Nutzen von dem Vermögen der „Geschöpfe“ versagte, darf sie die Früchte geniessen, sobald der Mann sie besorgt und sie aus seinem Vermögen sie geniesst (Tos.). sie darf aber von der Nachlese,16 S. Lev. 19, 9. 10. von dem [auf dem Felde] Vergessenen17 S. Deut. 24, 19. und von der [Feld]-Ecke16 S. Lev. 19, 9. 10. einen Nutzen haben.18 Denn diese Dinge sind Gemeingut, und die Eigentümer der Felder haben kein Verfügungsrecht (טובת הנאה) über jene Abgaben, weil bei diesen in der Schrift nicht der Ausdruck des „Gebens“ gebraucht ist, sie müssen vielmehr den Armen „überlassen“ bleiben. — Man könnte freilich einwenden, warum im letzten Fall der M. 2, wo der Mann seinen Unterhalt nur von einem bestimmten Kaufmann beziehen konnte, das Gelübde der Frau wohl aufgehoben werden darf, obgleich sie doch auch von den hier in M. 3 genannten Abgaben sich ernähren konnte; indes handelt jener Fall vielleicht von der Winterzeit, wo die Felder bereits leer stehen (Tos.). [Wenn jemand sagt:] „Konam, dass die Priester oder die Leviten von mir keinen Nutzen haben“,19 Dieser Fall handelt nicht mehr von einer Frau, die ein solches Gelübde tut, denn der Ertrag ihrer Felder gehört nicht ihr, sondern ihrem Gatten (Ket. IV, 4), es sei denn, dass ihr jemand ein Feld zugeeignet hat unter der ausdrücklichen Bedingung, dass ihr Mann daran keinen Anteil habe; dieser Fall ist jedoch so selten, dass die Mischna nicht gerade von ihm handeln wird. Entscheidend für die Aufnahme dieses zweiten Falles in unsrer Mischna war vielmehr nur seine Ähnlichkeit mit dem vorhergehenden: ebenso wie eine Frau, die sich den Nutzen von den „Geschöpfen“ versagt, die Abgaben an die Armen geniessen darf, so dürfen auch Priester und Leviten, denen jemand den Genuss seines Vermögens versagt hat, von den ihnen gebührenden Abgaben einen Genuss haben. so dürfen sie auch gegen seinen Willen [das ihnen Gebührende] nehmen.20 Er darf es ihnen jedoch nicht geben. Wenn auch sonst angenommen wird, dass das Verfügungsrecht in gewissem Sinne als Wertobject zu betrachten ist (טובת הנאה ממון) und er somit eigentlich die Gaben den Priestern und Leviten nicht zuwenden dürfte, ist es ihnen dennoch hier erlaubt, sie sich anzueignen, weil sie sie nicht von ihm als ein Eigentum, sondern gleichsam als herrenloses Gut für sich beanspruchen, denn da jener die Abgaben allen zum Genusse verboten und sie für ihn selbst keinen Wert haben, erscheinen sie als herrenloses Gut. [Wenn jemand sagt: „Konam,] dass diese Priester oder diese Leviten von mir keinen Nutzen haben“, so dürfen andre [das ihnen Gebührende von ihm] nehmen.21 Da die Gaben den anderen zum Genusse erlaubt bleiben, behält er ein Verfügungsrecht über sie, sodass sie noch immer als sein Eigentum gelten; deshalb dürfen die Priester und Leviten, die er in seinem Gelübde genannt hat, keinen Genuss von ihnen haben. [Wenn sie sagt:] „Konam, dass ich nicht arbeite für meinen Vater22 Vgl. Ket. II, N. 61. oder für deinen Vater oder für meinen Bruder oder für deinen Bruder“,23 D. h. Konam sei, was ich für den Lebensunterhalt meines Vaters u. s. w. arbeiten sollte. Durch diese Formel erhält ihre Arbeit die Weihe eines Opfers, s. Ned. I, 2. so kann er es nicht aufheben.24 Denn sie ist gesetzlich zu dieser Leistung nicht verpflichtet. Das Unterlassen dieser Arbeit aber bedeutet weder für sie eine Verkümmerung ihres Lebens (ענוי נפש), noch berührt es unmittelbar ihre ehelichen Beziehungen zu ihrem Gatten; daher kann dieses Gelübde von ihm nicht aufgehoben werden. [Wenn sie sagt: „Konam,] dass ich für dich nicht arbeite“, so braucht er es nicht erst aufzuheben.25 Das Gelübde ist von vorn herein nichtig, weil sie für ihren Mann arbeiten muss, Ket. V, 5. Man könnte hier einwenden, das Gelübde sollte wohl gültig sein, weil ja die Frau auch das Recht auf den Ertrag ihrer Arbeit haben kann, sobald sie nämlich erklärt, auf den Unterhalt durch ihren Gatten zu verzichten, s. Ket. V, 4 u. N. 33. Indessen hat sie jenes Recht nur unter diesem Vorbehalt, in unsrem Falle dagegen wollte sie sich durch das Gelübde lediglich ihrer Pflicht entziehen, ohne ihren Gatten von der Unterhaltspflicht zu entbinden. — Nach dem Grundsatz, dass die Weihe, die man einem Gegenstande beilegt, jedes Eigentumsrecht eines andren daran aufhebt (הקדש מוציא מידי שעבוד , vgl. Ned. V, N. 4), sollte man erwarten, dass durch das Gelübde, das die Frau getan und durch das sie ihrer Arbeit den Charakter eines Opfers beilegt, der Gatte jedes Recht auf ihre Leistung verloren habe. Allein, die Weisen haben angeordnet, dass in solchem Falle der Gatte ein Vorrecht auf ihrer Hände Arbeit habe, das selbst durch Verbotgelöbnisse der Frau nicht berührt werden könne. R. Akiba sagt: er muss es aufheben, vielleicht könnte sie ihm mehr leisten, als ihm zukommt.26 Diese Differenz aber zwischen dem, was sie tatsächlich leistet, und dem, was sie nur zu leisten verpflichtet ist, würde, da sie nicht von dem Manne beansprucht werden kann, von dem Gelübde betroffen werden. Und da es unvermeidlich ist, dass dieser Überschuss mit ihrer dem Manne schuldigen Leistung vermengt wird, so würde das Gelübde ein solches sein, das die ehelichen Beziehungen der Gatten untereinander beeinträchtigt und deshalb gelöst werden können. Der erste, ungenannte Tanna hingegen ist der Ansicht, dass der Überschuss, den sie durch erhöhte Anstrengung und Einschränkung ihrer persönlichen Bedürfnisse erzielt, nicht der Frau, sondern gleichfalls dem Manne gehört; vgl. Ket. V, N. 34. R. Jochanan, Sohn Nuris, sagt: er muss es aufheben, vielleicht lässt er sich von ihr scheiden27 Wodurch der Anspruch des Gatten auf ihren Verdienst erlischt und das Gelübde betreffs ihrer Hände Arbeit wieder in Kraft tritt. Was aber den Überschuss betrifft, so folgt R. Jochanan b. N. der Ansicht des ersten Tanna, dass er dem Gatten zukommt, aus diesem Grunde brauchte also das Gelübde nicht aufgehoben zu werden. und dann wäre es ihr verboten, zu ihm zurückzukehren.28 D. i. ihn wieder zu heiraten; denn er könnte nicht auf die Dienste verzichten, die sie ihm zu leisten verpflichtet ist (Ket. V, 5), auf die er aber infolge ihres Gelübdes kein Recht mehr hat. Denn das Gelübde der Frau, das eigentlich gültig sein sollte und nur gegenüber dem Vorrecht des Gatten seine Kraft verlor (N. 25), ist nur während der Zeit ungültig, die sie mit ihm verheiratet ist; durch ihre Scheidung aber erlangt es wieder bindende Kraft, wie wenn es von Anfang an zu Recht bestanden hätte. — Der bab. Talmud und manche Mischnaausg. lesen: ותהי אסורה עליו . — Man könnte gegen diese Mischna einwenden, dass das Gelübde der Frau in der Form, wie es hier angegeben ist, ungültig sei, da man nicht einen Gegenstand weihen kann, der noch nicht vorhanden ist (vgl. Ket. V, N. 36). Es muss jedoch das Gelübde gelautet haben: Konam (= heilig) sei meiner Hände Arbeit für meinen Vater u. s. w., und da hier die Hände genannt sind, so kann das Gelübde auf diese bezogen werden, die ja bereits vorhanden sind. Wenn seine Frau ein Gelübde getan und er glaubte, seine Tochter hätte das Gelübde getan,29 Und er hob das Gelübde auf in dem Glauben, es seiner Tochter aufgehoben zu haben. Dieser Zusatz von der irrtümlichen Aufhebung des Gelübdes gilt sinngemäss auch für die folgenden Fälle. wenn seine Tochter ein Gelübde getan und er glaubte, seine Frau hätte das Gelübde getan, wenn sie ein Nasirat gelobt hat und er glaubte, sie hätte mit [dem Ausdruck] „Opfer“ ein Gelübde getan, wenn sie mit [dem Ausdruck] „Opfer“ ein Gelübde getan und er glaubte, sie hätte ein Nasirat gelobt, wenn sie sich durch Gelübde Feigen versagt hat und er glaubte, sie hätte sich Weintrauben versagt, wenn sie sich Weintrauben durch Gelübde versagt und er glaubte, sie hätte sich Feigen versagt, so muss er es noch einmal aufheben.30 Denn ein irriges Aufheben [oder Bestätigen] eines Gelübdes ist ungültig. Er muss vielmehr bei dem Aufheben des Gelübdes die Person im Sinne gehabt haben, die es getan, weil es Num. 30, 12 heisst: לא הניא אתה, er hat „sie“ nicht gehindert. Ebenso muss er gewusst haben, welcher Art das Gelübde war, ob z. B. ein Nasirat oder ein Opfer gelobt war, sowie auf welchen Gegenstand sich das Gelübde bezog, weil es (ibid. v. 5) heisst: ושמע אביה את נדרה, ihr Vater hört „ihr Gelübde“. Wenn sie sagt: „Konam, dass ich diese Feigen und Weintrauben nicht koste“,31 Oder auch wenn sie sich Feigen und Weintrauben überhaupt, ohne genauere Bezeichnung versagt hat. und er es für die Feigen bestätigt, so ist das Ganze gültig;32 Denn sobald der Teil eines Gelübdes bestätigt ist, gilt das Ganze als bestätigt. Das Wort יקימנו Num. 30, 14 wird im Sinne von יקים ממנו (woran es in der Aussprache anklingt) gedeutet und soll besagen, dass man auch „etwas von dem Gelübde“ bestätigen kann. hat er es aber für die Feigen aufgehoben, so ist es nicht eher aufgehoben, als bis er es auch für die Weintrauben aufgehoben hat.33 Ein Gelübde gilt erst dann als gänzlich aufgehoben, wenn es in allen seinen Teilen aufgehoben ist, denn das יפרנו (ibid.) kann wegen des fehlenden מ nicht in partitivem Sinne wie יקימנו gedeutet werden. Der Teil des Gelübdes jedoch, den er aufgehoben, in unsrem Falle das Gelübde betreffs der Feigen, gilt bereits als aufgehoben. Das Ganze ist jedoch nach Ned. 87b nur im Sinne des R. Ismael und des R. Akiba; die Weisen hingegen, nach deren Ansicht auch die Halacha entscheidet, deuten das יקימנו nicht wie jene Tannaiten, sondern vergleichen es mit dem יפרנו und erklären: ebenso wie die Aufhebung des Teiles eines Gelübdes nur für diesen Teil gilt, so gilt auch die Bestätigung eines Teiles nur für diesen Teil; Maim. Hil. Ned. XIII, 10. Nach R. Ascher jedoch gilt das ganze Gelübde als bestätigt, sobald ein Teil von ihm bestätigt ist; wenn aber nur ein Teil des Gelübdes aufgehoben ist, so gilt es überhaupt noch nicht als aufgehoben und besteht noch in seiner ganzen Kraft. — Es verhält sich demnach bei der Aufhebung eines Gelübdes durch den Vater oder den Gatten anders als bei der Auflösung durch einen Kundigen, wo die Mischna Ned. IX, 6 lehrte: נדר שהותר מקצתו הותר כולו. Denn durch die Auflösung durch einen Kundigen erscheint das Gelübde als von Grund aus nichtig, wenn also ein Teil aufgelöst ist, so muss das ganze Gelübde nichtig sein, weil der Gelobende es nur getan in dem Sinne, dass das ganze Gelübde gelten solle. Durch die Aufhebung aber durch Vater oder Gatten wird die Wirkung des Gelübdes nur für die Folgezeit aufgehoben; auf die Vergangenheit aber hat die Aufhebung keine rückwirkende Kraft; es kann daher sehr wohl auch ein Teil des Gelübdes aufgehoben werden, ohne dass der andre Teil dadurch berührt wird; vgl. auch Ned. X, N. 4. Wenn sie sagt: „Konam, dass ich Feigen nicht koste und dass ich Weintrauben nicht koste“, so sind dies zwei Gelüdbe.34 Dieser Satz vertritt nur die Ansicht des R. Simon (Ned. IX, N. 46), nach dem in jedem einzelnen Falle das Verbot wiederholt sein muss, um das Gelübde als ein aus mehreren, von einander unabhängigen Teilen bestehendes erscheinen zu lassen, von denen jeder einer besondern Lösung bedarf. Hätte sie aber gesagt: Konam, dass ich weder Feigen noch Weintrauben kosten werde, so wäre dies nach R. Simon als ein, nach den Weisen jedoch als zwei Gelübde aufzufassen. [Wenn jemand35 Der Vater oder der Gatte, die erfahren haben, dass die Tochter resp. die Gattin am Tage oder längere Zeit vorher ein Gelübde getan. sagt:] „ich wusste wohl, dass man Gelübde tun kann, aber ich wusste nicht, dass man36 Der Vater resp. der Gatte. sie aufheben kann“, so kann er sie [gleichwohl] aufheben.37 Denn der Tag, an dem er von dieser Befugnis Kenntnis erhält, ist dem Tage gleich zu achten, an dem er überhaupt von dem Gelübde erfahren und während dessen Dauer allein er es aufheben kann, יום שמעו Num. 30, 6. 8. 13. Wenn jemand sagt: „ich wusste wohl, dass man [Gelübde] aufheben kann, aber ich wusste nicht, ob dies, [bestimmte] ein Gelübde war“,38 Ob dies Gelübde ein solches ist, das, um ungültig zu sein, erst der Aufhebung bedarf. so sagt R. Meir: er kann es nicht aufheben;39 Da er es nicht an dem Tage aufgehoben, an dem es getan wurde, obschon er damals wusste, dass er das Recht hat, Gelübde aufzuheben. Er hätte es auf jeden Fall aufheben sollen, gleichviel ob es der Aufhebung bedarf oder nicht. die Weisen aber sagen: er kann es auf- heben.40 Auch an dem Tage noch, an dem er erfährt, dass das Gelübde der Aufhebung bedarf; denn unter ביום שמעו ist der Tag zu verstehen, an dem man die volle Kenntnis von den das Gelübde betreffenden Vorschriften erhält, nicht blos von dem Aussprechen des Gelübdes, sondern auch von dessen Art sowie von der Befugnis, gewisse Gelübde aufzuheben. Wenn jemand seinem Schwiegersohn jeden Genuss [von seinem Vermögen] durch Gelübde versagt,41 Der Talmud Ned. 88a liest: המדיר הנאה מחתנו, wenn jemand seinem Schwiegersohn jeden Genuss [von seinem Vermögen] verbietet, und diese Lesart ist sprachlich die einfachste. Tos. Kid. 28 b s. v. ר״א citiert unsre Mischna also: המדיר חתנו הנאה ממנו; R. Nissim z. St. liest: הנודר הנאה מחתנו. Die Mischnaausg. jedoch sowie Ed. Lowe und Ms. Or. 567 (das wir fortan der Kürze halber als „Ms. B.“ [Berlin] bezeichnen wollen) lesen: המודד הנאה מחתנו, und da unter מודר nur der zu verstehen ist, dem etwas durch sein eigenes Gelübde oder durch das eines andren verboten ist (s. Einl. S. 174), so müsste המורד הנאה מֵחתְֹנוֹ gelesen werden = wenn jemand von seinem Schwiegervater jeder Genuss verboten ist, oder = wenn sich jemand jeden Genuss von seinem Schwiegervater versagt hat; so schlägt L. Heller in Tos. Jomtow vor, und in der Tat findet sich das Wort חֹתֵּן in der Bibel stets ohne ו. Indes, in der Mischna wäre es dann sicher plene geschrieben worden. seiner Tochter aber Geld41a Aber nicht etwa den Unterhalt, denn dies wäre ihm ohne jede Einschränkung gestattet, s. Ned. IV, 3 u. N. 34. geben will, so kann er zu ihr sagen: Dieses Geld sei dir zum Geschenk gegeben, aber nur unter der Bedingung, dass dein Gatte kein Recht daran hat, dass du es nur für deinen eigenen Unterhalt verwendest.42 Wenn der Schwiegervater keine Bedingung an sein Geschenk knüpfen würde, so würde es Eigentum des Gatten werden, vgl. Ket. IV, 4. Fraglich ist nur, ob er beide Bedingungen ausgesprochen haben muss, dass nämlich erstens der Gatte kein Recht daran habe und zweitens, dass sie es nur für ihren Unterhalt verwende. Die Frage ist unter den Decisoren controvers; nach Nachmanides genügt schon die erste Bedingung, nach R. Jacob Tam müssen beide Bedingungen ausgesprochen sein; vgl. R. Nissim z. St. Die Construction des zweiten mit אלא beginnenden Nebensatzes, der ohne jede Verbindung auf den ersten folgt, ist vielleicht diese: das Geld sei dir nur für deinen Unterhalt geschenkt, unter der Bedingung, dass dein Gatte kein Recht daran habe. [Es heisst:] „Und das Gelübde einer Witwe oder einer Geschiedenen … soll für sie Bestand haben“ (Num. 30, 10); wie ist dies zu verstehen?43 Der Vers bedarf der Erklärung, weil er scheinbar etwas Selbstverständliches besagt; denn wenn die Frau verwitwet oder geschieden ist, so ist ja niemand vorhanden, in dessen Gewalt sie wäre und der ihre Gelübde aufheben könnte. Wenn sie [z. B.] sagt: „ich will nach 30 Tagen eine Nasiräerin sein“, so kann er (der Mann), wenn sie auch innerhalb der 30 Tage heiratet, es nicht aufheben.44 Obgleich sie jetzt in der Gewalt des Gatten ist; denn für die Möglichkeit der Aufhebung der Gelübde ist der Moment entscheidend, wann sie getan sind, damals aber war sie unverheiratet. Wenn sie ein Gelübde getan, während sie noch in der Gewalt des Gatten war, so kann er es ihr aufheben. Wie ist dies zu verstehen? Wenn sie [z. B.] sagt: „ich will nach 30 Tagen eine Nasiräerin sein“, so ist es, auch wenn sie innerhalb der 30 Tage Witwe oder geschieden wird, aufgehoben.45 Obgleich sie jetzt, da das Gelübde in Kraft tritt, nicht mehr in der Gewalt des Gatten ist. Wenn sie an einem Tage46 An dem Tage nämlich, an dem sie heiratet, aber noch vor ihrer Heimführung. ein Gelübde tut, am selben Tage geschieden wird und er47 Ihr früherer Gatte. sie am selben Tage wieder heiratet, so kann er es nicht aufheben,48 Obgleich sie an dem Tage ihrer Eheschliessung, bevor sie heimgeführt wurde, noch in seiner Gewalt war, kann der Vater dennoch ihre Gelübde nicht mehr aufheben, da sie inzwischen bereits verheiratet war; aber auch der Gatte kann es nicht mehr aufheben, da es bereits vor der Eheschliessung getan war. Dies ist [nämlich] die Regel: sobald sie eine Zeit lang in ihrer eigenen Gewalt war, kann er [ihre Gelübde] nicht aufheben.49 Dieser zusammenfassende Schlusssatz will andeuten, dass sie auch in dem Falle als nicht mehr unter väterlicher Gewalt stehend gilt, wenn der Vater oder dessen Vertreter sie den Boten des Gatten, die sie ihm zuführen sollen, übergeben hat, obgleich sie noch nicht heimgeführt ist. Auch in diesem Falle kann der Gatte ihr Gelübde nicht aufheben, da es vor der Heimführung getan war, und der Vater auch nicht, da sie durch die Übergabe an die Vertreter des Gatten aus seiner Gewalt geschieden ist. Vgl. auch Ned. X, 3 u. N. 17. Neun50 Diese Mischna stellt die Fälle zusammen, in denen die Gelübde einer Jungfrau gültig sind und nicht mehr aufgehoben werden können, obschon sonst die Gelübde einer verlobten Jungfrau von dem Vater und ihrem künftigen Gatten gemeinsam aufgehoben werden können, Ned. X, 1. Es gibt nämlich 3 Momente, die dieses Aufheben unmöglich machen: 1) Wenn sie als Minderjährige oder noch nicht Mannbare (בוגרת, Ket. VII, N. 57) von ihrem Vater verheiratet und dann Witwe oder geschieden wird. Als solche heisst sie יתומה בחיי האב, „eine Waise bei Lebzeiten des Vaters“ (vgl. Jeb. XIII, N. 1), denn durch die Eheschliessung hört die Gewalt des Vaters auf. 2) Wenn sie Waise wird; mit dem Tode des Vaters erlischt seine Gewalt. 3) Wenn sie die Mannbarkeit erlangt; auch hierdurch erlischt die väterliche Gewalt. Die Mischna spricht hier von נערות und versteht darunter auch die Mannbaren (בוגרות), wie ja in der Bibel selbst Frauen נערות genannt werden, vgl. Deut. 22, 15 ff. Es folgen dann je 3 Fälle, in denen je eines der 3 angeführten Momente das Aufheben der Gelübde unmöglich macht. Mädchen gibt es,51 Die als נערות getraut wurden. deren Gelübde gültig bleiben: 1) eine52 Zunächst werden die 3 Fälle aufgezählt, in denen das Moment, dass sie יתומה בחיי האב ist, das Aufheben der Gelübde verhindert. Mannbare, die als Waise gilt;53 Sie war als נערה von ihrem Vater verheiratet worden, wurde dann mannbar, tat ein Gelübde und wurde dann Witwe oder geschieden. Hierdurch erlosch die väterliche Gewalt. 2) ein Mädchen, das mannbar ist (a. L.: mannbar wurde)54 So liest Ms. B. und als Waise gilt;55 Sie wurde als נערה getraut, tat als solche ein Gelübde, wurde vom Vater verheiratet, dann Witwe oder geschieden und ist nun mannbar. 3) ein Mädchen, das noch nicht mannbar ist und als Waise gilt;56 Sie wurde als נערה getraut, tat als solche ein Gelübde, wurde dann Witwe oder geschieden und ist noch nicht mannbar. 4) eine Mannbare,57 Es folgen jetzt die 3 Fälle, in denen der Tod des Vaters das Aufheben der Gelübde seiner Tochter unmöglich macht. deren Vater gestorben ist;58 Sie wurde als נערה getraut, tat nach erlangter Pubertät ein Gelübde und verlor dann den Vater. 5) ein Mädchen, das mannbar ist und dessen Vater gestorben ist;59 Sie wurde als נערה getraut, tat als solche ein Gelübde, erlangte dann die Reife und verlor den Vater. 6) ein Mädchen, das noch nicht mannbar geworden und dessen Vater gestorben ist;60 Sie wurde als נערה getraut, tat als solche ein Gelübde, verlor dann den Vater, ist aber noch nicht mannbar. 7) ein61 Nunmehr folgen die Fälle, in denen die erlangte Pubertät der Jungfrau das Aufheben ihrer Gelübde verhindert. Mädchen, dessen Vater gestorben ist und das mannbar wurde, nachdem ihr Vater gestorben war;62 Sie wurde als נערה getraut, verlor den Vater, tat ein Gelübde und wurde dann erst mannbar. — Dieser Fall unterscheidet sich von dem fünften in der Mischna (N. 59) nur dadurch, dass dort erst nachdem die Tochter die Reife erlangt hatte, der Tod des Vaters erfolgte, das Gelübde also geschah, als sie noch in väterlicher Gewalt war, hier aber der Tod des Vaters vor dem Eintritt ihrer Reife erfolgte, ihr Gelübde also geschah, nachdem die Gewalt des Vaters erloschen war. 8) eine Mannbare, deren Vater noch lebt;63 Sie wurde als נערה getraut und tat nach erlangter Reife ein Gelübde, ihr Vater aber ist noch am Leben. 9) ein Mädchen, das mannbar ist und dessen Vater noch lebt.64 Sie wurde als נערה getraut, tat als solche ein Gelübde und erlangte dann die Reife, ihr Vater aber ist noch am Leben. R. Jehuda sagt: auch wenn jemand seine minderjährige Tochter verheiratet, diese dann Witwe oder geschieden wird und zu ihm zurückkehrt, gilt sie noch als Mädchen.65 Nach dem ersten Tanna der Mischna kann der Vater die Gelübde seiner Tochter nicht aufheben, wenn er sie als נערה verheiratet hat, vgl. N. 56. Dem widerspricht nun R. Jehuda und erklärt: nicht nur in diesem Falle kann der Vater ihre Gelübde aufheben, wenn sie noch vor erlangter Pubertät als Witwe oder Geschiedene in sein Haus zurückkehrt, weil sie zur Zeit, als sie נערה wurde und ihre Gelübde somit event, gültig sein könnten, noch in der Gewalt des Vaters war, sondern auch wenn sie als Minderjährige vom Vater verheiratet worden war, sodass sie, als sie נערה wurde, durch ihre inzwischen erfolgte Eheschliessung aus der väterlichen Gewalt geschieden war, gilt sie als נערה, sobald sie noch als נערה in das Haus ihres Vaters zurückkehrt, und ihre Gelübde können auch dann noch vom Vater aufgehoben werden. Demnach würde es nach R. Jehuda nur 8 Fälle geben, in denen der Vater die Gelübde seiner Tochter nicht aufheben kann.— Neben dieser Lesart עדין, wofür ed. Lowe אדיין hat, bestand jedoch noch eine zweite: ועדין, wie aus den Kommentaren des R. Nissim und R. Ascher hervorgeht. Danach fügt R. Jehuda zu den 9 Fällen der Mischna noch einen zehnten hinzu: nicht nur wenn der Vater seine Tochter als נערה, sondern auch wenn er sie als Minderjährige verheiratet hat, kann er, wenn sie vor erlangter Pubertät zu ihm zurückkehrt, ihre Gelübde nicht aufheben, da sie durch ihre Eheschliessung aus seiner Gewalt geschieden ist. [Wenn sie sagt:] „Konam, dass ich von meinem Vater oder von deinem Vater66 D. h. von ihrem Vermögen. keinen Genuss haben werde, wenn ich für deinen Unterhalt arbeite“, [oder] „dass ich von dir67 Von deinem Vermögen. keinen Genuss haben werde, wenn ich für den Unterhalt meines Vaters oder deines Vaters arbeite“, so darf er es aufheben.68 Denn im ersten Falle ist aus dem Gelübde zu ersehen, dass sie die Absicht hat, für den Gatten nicht zu arbeiten, und dieser Umstand ist geeignet die ehelichen Beziehungen zwischen ihnen zu beeinträchtigen, דברים שבינו לבינה, Ned. XI, N. 3. Aber auch im zweiten Falle der Mischna kann der Gatte das Gelübde seiner Frau aufheben, weil es für ihn peinlich ist, dass sie von ihm nur unter der Bedingung einen Nutzen haben darf, dass es ihr verboten sein soll, für ihren oder für seinen Vater zu arbeiten. — Nach Maimon. handelt die Mischna auch von einer verlobten Jungfrau und will lehren, dass sowohl im ersten Falle, wo das Gelübde zunächst nicht ihren Gatten, sondern nur ihre Beziehungen zum Vater unmittelbar berührt, als auch im zweiten Falle, wo sie als Verlobte noch gar nicht verpflichtet ist, für ihren künftigen Gatten zu arbeiten, das Gelübde also noch gar nicht in Kraft tritt, der Vater und der Gatte das Gelübde gleichwohl aufheben können. Früher hat man ge- sagt: drei Frauen werden geschieden69 Auch gegen den Willen des Gatten. Der Ausdruck יצא (Jeb. XV, N. 32) wird sonst nur in den Fällen gebraucht, wo die Ehe getrennt werden muss und die Frau den Anspruch auf die Ketuba verliert; unsre Mischna zählt nun 3 Ausnahmen von dieser Regel auf. und erhalten die Ketuba: wenn sie erklärt: „ich bin unrein für dich“,70 Wenn sie die Frau eines Priesters ist und erklärt, dass sie vergewaltigt sei. Sie darf als Vergewaltigte die Ehe mit ihm nicht fortsetzen, s. Ket. II, N. 51, sie verliert aber dennoch ihren Anspruch auf die Ketuba nicht, weil nicht sie, sondern die Heiligkeit ihres priesterlichen Gatten die Trennung der Ehe verursacht. Wäre aber ihr Gatte ein Nichtpriester, dann dürfte sie als Vergewaltigte die Ehe mit ihm fortsetzen; wenn sie jedoch mutwillig Unzucht getrieben, müsste sie die Ehe trennen, ohne Anspruch auf die Ketuba zu haben. [oder] „der Himmel [weiss], was zwischen mir und dir [vorgeht]“,71 Diese euphemistische Ausdrucksweise soll bedeuten: der Himmel allein kennt die Fruchtlosigkeit unsres ehelichen Umgangs, er allein weiss, dass du impotent bist. Nach dem jerus. Talmud z. St. bedeutet diese Phrase: so weit der Himmel von der Erde entfernt ist, so fern bin ich dir beim ehelichen Umgang, d. h. unsre Ehe muss durch deine Impotenz unfruchtbar bleiben. oder „ich will den Juden entzogen sein“.72 D. h. ich will mit keinem Juden ehelichen Umgang pflegen, weil ich diesen nicht vertragen kann. — Der Ausdruck מן היהודים ist jedoch nicht zu vergleichen mit מן הבריות in M. 3; denn durch den Ausdruck מן היהודים wollte sie sich offenbar den Umgang mit demjenigen versagen, der ihr eigentlich zur Ehe erlaubt ist, d. i. ihr Gatte, denn mit andren Männern dürfte sie als Ehegattin ohnedies keinen Umgang pflegen; unter מן הבריות aber wollte sie ihren Gatten nicht verstanden wissen. — Anfangs nun war die Frau in allen diesen Fällen beglaubt, weil sie sich ja durch solche Aussagen, wenn sie nicht auf Wahrheit beruhten, nicht selbst herabsetzen würde. Dann aber73 Über חזר vgl. Jeb. XV, N. 14 a. haben sie (die Weisen),74 Da es doch möglich ist, dass die Frau die Unwahrheit sagt. damit nicht eine Frau ein Auge auf einen andren [Mann] werfe und es mit ihrem Gatten verderbe,75 Man befürchtete, dass sie, während ihr Gelübde noch in Kraft ist, nach einem Orte gehen würde, wo sie unbekannt ist, um dort jemand zu heiraten, der ihr besser gefällt. bestimmt: wenn sie erklärt: „ich bin unrein für dich“, so muss sie einen Beweis für ihre Behauptung erbringen;76 Wenn sie jedoch keinen Beweis erbringen kann, dass sie vergewaltigt ist, so ist sie nicht beglaubt und die Ehe braucht nicht getrennt zu werden. [wenn sie erklärt:] „der Himmel weiss, was zwischen mir und dir vorgeht“, so sucht man es auf dem Wege der Überredung beizulegen;77 Man sucht sie zu überreden, dass sie diese Klage gegen ihren Gatten nicht mehr vorbringe und die Ehe mit ihm fortsetze. Nach Raschi (z. St.) sucht man den Gatten zu überreden, dass er sich gutwillig von ihr scheide. [wenn sie erklärt:] „ich will den Juden entzogen sein“, so soll er (der Gatte) den ihn betreffenden Teil [des Gelübdes78 Wodurch ihm der eheliche Umgang mit ihr verboten sein sollte. ] aufheben79 Da es ein Gelübde ist, das die ehelichen Beziehungen der Gatten beeinträchtigt. und sie mit ihm ehelich verkehren, allen andren Juden aber entzogen sein.80 Im allgemeinen gilt zwar der Grundsatz, dass ein bereits verbotenes Object nicht von einem zweiten Verbote betroffen werden kann (על איסור אין איסור חל, Jeb. III, N. 67), demnach sollte hier eigentlich das Verbot, das die Frau durch ihr Gelübde betreffs ihrer Person ausspricht, nicht mehr zu dem Verbot des ehelichen Umgangs mit Anderen hinzutreten können, das für sie als Ehegattin ohnedies schon existierte. Dennoch kann hier das erste Verbot noch hinzutreten, weil es sich auf noch andre Objecte erstreckt als das zweite (איסור כולל, ibid. N. 68); denn wenn sie geschieden wird und ihr Gelübde wieder vollständig in Kraft tritt, ist sie auch ihrem frühern Gatten verboten, obschon sie ihm bisher erlaubt war.