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2024-05-02
Polizei räumt Protestcamp auf UCLA-Campus
Gaza-Proteste in den USA
Die Polizei in Los Angeles hat das propalästinensische Protestlager auf dem Campus der UCLA aufgelöst. US-Präsident Biden verurteilte die Gewalt der Uni-Besetzer - will aber nicht die Nationalgarde einschalten.
Die Polizei in Los Angeles hat das propalästinensische Protestlager auf dem Campus der UCLA aufgelöst. US-Präsident Biden verurteilte die Gewalt der Uni-Besetzer - will aber nicht die Nationalgarde einschalten. An den US-Hochschulen kochen die Proteste um den Nahost-Krieg weiter hoch. Vielerorts rücken deshalb Polizeieinheiten aus, um propalästinensische Aktivisten zu vertreiben, die Uni-Gebäude besetzen. Auch auf dem Campus der University of California in Los Angeles (UCLA) gab es einen solchen Einsatz. Dort räumte die Polizei ein Zeltlager. Der US-Sender CNN zeigte am Morgen (Ortszeit) Bilder der Überreste des Camps auf dem Gelände. Zuvor hatten die Beamten demnach aufgestellte Barrikaden niedergerissen. Bei der Räumung sind laut der Nachrichtenagentur AP mindestens 200 Menschen festgenommen worden. Zusammenstöße in der Nacht Die Behörden hatten das Camp auf dem Gelände der UCLA am Mittwochabend (Ortszeit) als "rechtswidrige Versammlung" deklariert. Um das verbarrikadierte Zeltlager hatten sich nach Angaben der "Los Angeles Times" in der Folge mehrere Tausend Protestierende eingefunden, die sich den Einsatzkräften entgegenstellten und sie zunächst von dem Camp zurückdrängten. Schon in der vorangegangenen Nacht war es zu Gewalt gekommen, als Anhänger der Gegenseite eigenhändig versucht hatten, das Protestcamp einzureißen. In den vergangenen Wochen haben sich an diversen US-Hochschulstandorten zahlreiche Aktivisten und Studenten versammelt, um gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen und für Solidarität mit den Palästinensern zu demonstrieren. Meist geht es dabei um die Forderung an Hochschulen und Unternehmen, finanzielle Beziehungen zu Israel zu kappen. Während einige jüdische Studierende an diesen Protesten teilnehmen, fühlen sich andere bedroht und bleiben den Universitäten fern. Anstieg bei antisemitischen Taten Kritiker werfen insbesondere dem radikalen Teil der Protestbewegung Antisemitismus und die Verharmlosung der Hamas vor. Diese spricht Israel das Existenzrecht ab und verübte am 7. Oktober ein beispielloses Massaker an mehr als 1.200 Israelis, die an der Grenze zum Gazastreifen lebten. Seitdem führt die Regierung in Tel Aviv einen großangelegten Militäreinsatz gegen die Terrororganisation im Küstengebiet. Antisemitische Taten sind seit dem 7. Oktober an den Hochschulen angestiegen, islamophobe Übergriffe ebenfalls. Den propalästinensischen Aktivisten stehen vielerorts Demonstranten gegenüber, die sich mit der israelischen Seite solidarisieren und eine Freilassung der von der Hamas noch immer gefangen gehaltenen Geiseln fordern. Biden: Vandalismus und Einschüchterung US-Präsident Joe Biden stellte bei einer Rede im Weißen Haus klar, dass es das Recht gebe, zu protestieren, "aber nicht das Recht, Chaos zu verursachen". Auch für Antisemitismus oder Gewaltandrohungen gegen jüdische Studenten dürfe es keinen Raum auf dem Campus geben. Das gelte auch für Islamophobie oder die Diskriminierung arabischstämmiger Amerikaner.  Biden betonte, dass Vandalismus und Hausfriedensbruch ebenso wie "Menschen zu bedrohen und einzuschüchtern" kein friedlicher Protest seien. Der US-Präsident machte ebenfalls deutlich, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf friedlichen Protest in den USA geschützt seien. Auf die Frage der Presse, ob sich die Nationalgarde einschalten sollte, sagte Biden: "Nein." Der Demokrat machte auch deutlich, dass ihn die Proteste nicht dazu veranlasst haben, seine Nahost-Politik zu überdenken. Auf eine entsprechende Reporterfrage antwortete er ebenfalls mit "Nein". Auch Einsatz am Dartmouth College Landesweit sind mittlerweile mehr als 2.000 Demonstranten festgenommen worden. Vor der Räumung auf dem Campus der UCLA gab es Polizeieinsätze auch an anderen US-Hochschulen: Am Dartmouth College im Bundesstaat New Hampshire wurden am Mittwochabend (Ortszeit) nach Angaben der Polizei der Stadt Hanover 90 Personen festgenommen. Ihnen wurden Hausfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen, nachdem unerlaubterweise Zelte auf dem Gelände errichtet worden waren. In Dallas nahm die Polizei bei der Räumung eines Protestcamps auf dem Gelände der Universität von Texas mindestens 20 Menschen in Gewahrsam, die die Nacht im Gefängnis verbringen sollten, wie der Sender Fox4 berichtete. Eine zunächst friedlich begonnene Demonstration auf ihrem Gelände sei ausgeartet, teilte auch die Stony Brook Universität in New York mit. Zelte seien errichtet, andere Studierende eingeschüchtert und belästigt worden. 29 Protestler seien daraufhin festgenommen worden, darunter neben Studierenden und Mitarbeitern demnach auch Nicht-Angehörige der Hochschule.  200 Festnahmen an der Columbia-Universität Vor mehr als zwei Wochen begann die Welle an Campus-Protesten auf der New Yorker Elite-Uni Columbia mit einem Zeltlager, das schnell von der Polizei aufgelöst wurde. Das als besonders harsch wahrgenommene Vorgehen stachelte die Studierenden an, sodass ein größeres Camp entstand. Die Spannungen führten die weitgehend friedlichen Proteste schließlich zur gewaltsamen Besetzung der Hamilton Hall auf dem Columbia-Gelände. Ein Großaufgebot der New Yorker Polizei hatte den Campus daraufhin geräumt und mehr als 200 Studierende vorläufig festgenommen.
/ausland/amerika/los-angeles-protestcamp-raeumung-100.html
2024-05-02
++ Hamas schickt Delegation zu Verhandlungen nach Kairo ++
Nahost-Krieg
Die Hamas schickt nach eigenen Angaben eine Delegation für weitere Verhandlungen nach Ägypten. Das Oberste Gericht Israels hat Netanyahu zur Planung einer Wehrpflicht für Ultraorthodoxe Aufschub gewährt. Die Entwicklungen im Liveblog.
Die Hamas schickt nach eigenen Angaben eine Delegation für weitere Verhandlungen nach Ägypten. Das Oberste Gericht Israels hat Netanyahu zur Planung einer Wehrpflicht für Ultraorthodoxe Aufschub gewährt. Die Entwicklungen im Liveblog. Hamas-Delegation will nach Kairo zu Verhandlungen reisenIsraels Kriegskabinett berät offenbar über mögliche WaffenruheIsrael: Wehrpflicht-Entscheidung erneut verschoben General Binder wird neuer Militärgeheimdienst-Direktor Nach der Rücktrittsankündigung des Direktors des israelischen Militärgeheimdienstes hat Israels Armee seinen Nachfolger bekannt gegeben. General Schlomi Binder werde das Amt übernehmen, teilte das Militär am Donnerstag mit. Sein Vorgänger Aharon Haliva hatte vor rund anderthalb Wochen seinen Rücktritt verkündet. Er begründete den Schritt damit, so seiner Führungsverantwortung nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober nachzukommen. Haliva hatte nach dem Terrorüberfall erklärt, er trage die Verantwortung für Fehler, die diesen ermöglicht hätten.  Israels Militär kündigte auch weitere Neubesetzungen im Generalstab an. Die Ernennungen seien nach einem "langwierigen Prozess" von Israels Verteidigungsminister Joav Galant und Generalstabschef Herzi Halevi vereinbart worden. Die Neubesetzungen stießen bei einigen israelischen Abgeordneten auf Kritik. Sie pochen darauf, damit bis nach Ende des Gaza-Kriegs zu warten. Iran will Crew von Frachter freigelassen haben Fast drei Wochen nach der Beschlagnahmung des Containerschiffs "MSC Aries" hat der Iran eigenen Angaben zufolge die gesamte Besatzung des Frachters freigelassen. "Alle Besatzungsmitglieder wurden aus humanitären Erwägungen freigelassen und können wieder in ihre Länder zurückkehren", sagte Außenminister Hussein Amirabdollahian in einem Telefongespräch mit seinem estnischen Amtskollegen Margus Tsahkna, wie die Nachrichtenagentur Isna am Donnerstag berichtete. Die Festsetzung des Schiffs selbst sei Amirabdollahian zufolge jedoch berechtigt und im Einklang mit internationalen Richtlinien gewesen. Die Radaranlage des Frachters sei ausgeschaltet und dadurch die Sicherheit der Schifffahrt am Persischen Golf gefährdet gewesen, so der iranische Chefdiplomat. Biden verurteilt Gewalt bei propalästinensischen Demos US-Präsident Joe Biden hat Gewalt bei propalästinensischen Protesten an etlichen Universitäten im Land aufs Schärfste verurteilt. "Es gibt das Recht zu protestieren, aber nicht das Recht, Chaos zu verursachen", sagte Biden in einer kurzfristig anberaumten Rede im Weißen Haus. Auch für Antisemitismus oder Gewaltandrohungen gegen jüdische Studenten dürfe es keinen Raum auf dem Campus geben. Das gelte auch für Islamophobie oder die Diskriminierung arabischstämmiger Amerikaner.  Biden machte auch deutlich, dass ihn die Proteste nicht dazu veranlasst haben, seine Nahost-Politik zu überdenken. Medienbericht: Türkei setzt Handel mit Israel komplett aus Die Türkei hat einem Medienbericht zufolge den Handel mit Israel komplett ausgesetzt. Die Agentur Bloomberg beruft sich auf zwei türkische Regierungsvertreter, die mit dem Vorgang vertraut seien. Seit Donnerstag seien alle Ein- und Ausfuhren unterbrochen, hätten die Insider erklärt. Offizielle Stellungnahmen liegen zunächst nicht vor. Israel verschärft vor ESC Reisewarnung für Malmö Vor dem Eurovision Song Contests (ESC) in Malmö hat Israels Nationaler Sicherheitsrat (NSC) eine Reisewarnung für die schwedische Stadt verschärft. Das Risiko werde von 2 (potenzielle Bedrohung) auf 3 (mittlere Bedrohung) heraufgestuft, teilte der Rat auf seiner Webseite mit. Israelis, die einen Besuch in Malmö planen, werde nahegelegt, dies noch einmal zu überdenken. In der Mitteilung hieß es zur Begründung, Malmö sei als Brennpunkt antiisraelischer Proteste bekannt. Diese passierten wöchentlich und involvierten häufig Aufrufe zur Gewalt gegen Juden und Israelis sowie das Verbrennen israelischer Flaggen. Hamas-Delegation will nach Kairo zu Verhandlungen reisen Die Hamas schickt eigenen Angaben zufolge in Kürze eine Delegation für weitere Verhandlungen über eine Feuerpause nach Kairo. Sie werde bald nach Ägypten aufbrechen, teilt die Palästinenser-Organisation mit. Hamas-Chef Ismail Hanijeh bekräftigt eine "positive Haltung" bei der Prüfung des aktuellen Vorschlags für eine Feuerpause. Die radikal-islamische Gruppe hatte nach eigenen Angaben am Samstag Israels Antwort auf ihren jüngsten Vorschlag zur Waffenruhe im Gazastreifen erhalten. Herzog: US-Unis mit "Hass und Antisemitismus verschmutzt" Der israelische Staatspräsident Isaac Herzog hat eine Botschaft der Unterstützung an jüdische Gemeinden auf der ganzen Welt veröffentlicht. Herzog sprach von einem "dramatischen Wiederaufleben von Antisemitismus" und sprach dabei besonders die "Feindseligkeiten und Einschüchterung gegen jüdische Studenten an Universitäten in den gesamten USA" an. Angesehene akademische Einrichtungen würden "durch Hass und Antisemitismus verschmutzt". An Studierende und Mitglieder jüdischer Gemeinden weltweit gerichtet sagte Herzog: "Das Volk Israel steht euch bei. Wir hören euch. Wir sehen die schamlose Feindseligkeit und die Drohungen. Wir fühlen die Beleidigung, den Vertrauens- und den Freundschaftsbruch. Wir teilen das Unbehagen und die Besorgnis." Polizei in Los Angeles räumt Protest-Lager an Universität Erst an der Columbia University, nun auch an der University of California (UCLA): Die Polizei rückte in der Nacht auch in Los Angeles gegen propalästinensische Demonstranten vor. Ein Großaufgebot an Einsatzkräften mit Schutzschildern und Schlagstöcken hat begonnen, ein Protestlager von Aktivisten zu räumen. Zuvor hatten sie die Demonstranten vergeblich mit Lautsprechern aufgefordert, das Gelände zu verlassen. Die Universitätsleitung hatte das Camp als widerrechtliche Aktion eingestuft. Aktivisten versuchten die Polizisten aufzuhalten. Sie skandierten "schiebt sie zurück". Einige hielten provisorische Schutzschilde und Regenschirme in den Händen, andere wappneten sich mit Helmen, Schutzbrillen und Atemschutzmasken, wie auf TV-Bildern zu sehen war. Das Zeltlager ist etwa so groß wie ein Fußballfeld, nach Schätzungen von Lokalmedien hielten sich dort 300 bis 500 Aktivisten auf. In der Nacht zu Mittwoch waren proisraelische und propalästinensische Demonstrierende mit Stöcken aufeinander losgegangen. Die Demonstranten des propalästinensischen Protestcamps hatten Barrikaden aus Sperrholz errichtet. Diese wurden von den Gegendemonstranten niedergerissen. Universitätsvertreter machten nicht näher bezeichnete "Anstifter" verantwortlich für den Tumult und kündigten eine Untersuchung an. European Song Contest macht Vorgaben zu Flaggen Die Organisatoren des Eurovision Song Contest haben sich das Recht zum Entfernen palästinensischer Flaggen und Symbole beim Finale des Gesangswettbewerbs vorbehalten. Wer eine Karte für die Veranstaltung im schwedischen Malmö gekauft habe, dürfe nur Fahnen der teilnehmenden Länder oder die Regenbogenflagge mitbringen, sagte die Sprecherin des Veranstalters, der European Brodcasting Union, Michelle Roverelli. Die EBU behalte sich das Recht vor, "alle anderen Flaggen oder Symbole, Kleidungsstücke, Gegenstände und Banner zu entfernen, die für den wahrscheinlichen Zweck der Instrumentalisierung der Fernsehsendungen verwendet werden", schrieb Roverelli der Nachrichtenagentur AP. Zuvor hatte die schwedische Zeitung "Göteborgs Posten" über ein Fahnenverbot berichtet. Es wurde erwartet, dass propalästinensische Gruppen vor dem Sängerwettstreit kommende Woche mit Demonstrationen auf ihr Anliegen aufmerksam machen. Aktivisten verlangen unter anderem den Ausschluss Israels vom Wettbewerb. Stopp deutscher Rüstungsexporte nach Israel gefordert Ein zivilgesellschaftliches Bündnis hat die Bundesregierung zum Stopp der Rüstungsexporte nach Israel aufgerufen. Es dürften keine Kriegswaffen oder sonstige Rüstungsgüter aus Deutschland nach Israel ausgeführt werden, wenn das Risiko bestehe, dass damit in Gaza oder im Westjordanland Menschenrechtsverletzungen begangen würden, schreiben 37 Organisationen in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und weitere Kabinettsmitglieder. Die Organisationen - darunter Pax Christi, Amnesty, Oxfam oder Islamic Relief Deutschland - fordern zudem einen sofortigen Waffenstillstand, die Freilassung der Geiseln sowie eine umfassende Ausweitung der humanitären Hilfe im Gazastreifen. Auch solle sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Israel eine Blockade des Landwegs für humanitäre Hilfe beende. "Wir, die unterzeichnenden Organisationen, verurteilen den brutalen Angriff der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen auf Israel vom 7. Oktober 2023, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 240 Menschen als Geiseln genommen wurden", heißt es in dem Brief. Auch das Recht Israels, sich zu verteidigen, werde anerkannt. Bei allen militärischen Handlungen müsse jedoch das Völkerrecht uneingeschränkt geachtet werden, einschließlich Israels Verantwortung als Besatzungsmacht. Israels Kriegskabinett berät offenbar über mögliche Waffenruhe Das israelische Kriegskabinett will einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters zufolge noch heute über den Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen beraten. Auch über die Aussichten für einen Militäreinsatz im Süden des Palästinensergebiets, wo Geflüchtete vor den Kämpfen Schutz suchten, solle gesprochen werden, teilte demnach ein Regierungsvertreter mit. Das Kriegskabinett unter der Leitung Ministerpräsident Benjamin Netanyahus soll demnach um 17.30 Uhr (Ortszeit 18.30 Uhr) zusammenkommen. Anschließend solle das erweiterte Sicherheitskabinett beraten. Israel veröffentlicht in der Regel keine Informationen über die Sitzungen der beiden Gremien. Die Regierung wartet auf eine Antwort der militant-islamistischen Hamas auf den neuen Vorschlag für eine Waffenruhe, der von Vermittler Ägypten vorgelegt wurde. Er sieht unter anderem eine Freilassung einiger israelischer Geiseln aus der Gewalt der Hamas vor. Telefonat zwischen Netanyahu und Scholz Bundeskanzler Olaf Scholz und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu haben nach Angaben eines Regierungssprechers in Berlin über Möglichkeiten gesprochen, wie ein Waffenstillstand im Gazastreifen zu erreichen ist. Zudem hätten beide in einem Telefonat auch die Bemühungen zur Freilassung aller Geiseln sowie Verbesserungen der humanitären Lage für die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen erörtert. Israel: Wehrpflicht-Entscheidung erneut verschoben Im jahrelangen Streit über die Befreiung ultraorthodoxer Juden vom Militärdienst in Israel hat Ministerpräsident Benjamin Netanyahu erneut einen Aufschub zur Vorlage eines neuen Wehrpflichtplans bekommen. Das Oberste Gericht verschob die Frist auf den 16. Mai. Das Gericht, das sich mit Einsprüchen befasst, in denen die jahrzehntealte Befreiung als diskriminierend bezeichnet wird, hatte ursprünglich den 31. März als Frist gesetzt. Die Regierung hatte aber mit Verweis auf den Gaza-Krieg eine Verlängerung bis zum 30. April erreicht und in der vergangenen Woche einen weiteren Aufschub beantragt. Dank der erneuten Fristverlängerung könnte Netanyahu um eine öffentliche Debatte über das brisante Thema vor dem israelischen Gedenktag für gefallene Soldaten am 13. Mai und dem Unabhängigkeitstag am 14. Mai herumkommen. Netanyahus rechtsnationaler Koalition gehören zwei ultraorthodoxe Parteien an, die auf die Ausnahmen pochen. Sie wollen ihren Wählern weiter staatliche Unterstützung zur Konzentration auf religiöse Studien ermöglichen und sie vom Militär fernhalten, wo ihre konservativen Werte beim Umgang mit anderen gesellschaftlichen Gruppen auf die Probe gestellt werden könnten. UN-Bericht: Wiederaufbau im Gazastreifen würde bis 2040 dauern Der Wiederaufbau von zerstörten Häusern im Gazastreifen würde im Falle eines sofortigen Endes des Kriegs dort laut einer Schätzung der Vereinten Nationen bis 2040 dauern. Mit jedem weiteren Tag des Kriegs entstünden für die Bewohnerinnen und Bewohner vor Ort und andere Palästinenserinnen und Palästinenser hohe Kosten, sagte Achim Steiner vom UN-Entwicklungsprogramm (UNDP). Aus einem Bericht des UNDP und der Kommission für Wirtschaft und Soziales für Westasien geht hervor, dass mindestens 370.000 Wohneinheiten im Gazastreifen beschädigt worden sind. Davon sollen 79.000 komplett zerstört worden sein. Hamas zeigt sich erfreut über Spannung zwischen Kolumbien und Israel Die militant-islamistische Palästinenserorganisation Hamas hat den von Kolumbien angekündigten Abbruch seiner diplomatischen Beziehungen zu Israel begrüßt. Der Schritt von Präsident Gustavo Petro sei aller Ehren wert, erklärte die Hamas und forderte andere lateinamerikanische Staaten auf, dem Beispiel Kolumbiens zu folgen. Israel sei "ein bösartiges und faschistisches Gebilde, das weiter Verbrechen gegen unser Volk verübt". Petro hatte am Mittwoch erklärt, sein Land werde die diplomatischen Beziehungen zu Israel abbrechen, das im Gazastreifen Völkermord begehe. Zuvor hatte er das Vorgehen Israels gegen die Hamas im Gazastreifen mit dem Nazi-Deutschlands verglichen. Weitere Festnahmen bei Protesten an US-Unis An mehreren US-Hochschulen sind bei propalästinensischen Protesten erneut Dutzende Menschen festgenommen worden. Am Dartmouth College im Bundesstaat New Hampshire kam es nach Angaben der Polizei der Stadt Hanover zu 90 Festnahmen. Ihnen wurde unerlaubtes Betreten und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen, nachdem unerlaubterweise Zelte auf dem Gelände errichtet worden waren. Bei den Festgenommenen handelte es sich laut Polizei nur zum Teil um Dartmouth-Studierende oder Lehrende.  In Dallas nahm die Polizei bei der Räumung eines Protestcamps auf dem Gelände der Universität von Texas mindestens 20 Menschen in Gewahrsam, die die Nacht im Gefängnis verbringen sollten, wie der Sender Fox4 berichtete. Eine zunächst friedlich begonnene Demonstration auf ihrem Gelände sei ausgeartet, teilte auch die Stony Brook Universität in New York mit. Zelte seien errichtet, andere Studierende eingeschüchtert und belästigt worden. 29 Protestler seien daraufhin festgenommen worden, darunter neben Studierenden und Mitarbeitern demnach auch Nicht-Angehörige der Hochschule.  Angriffe in Gaza dauern an Während der Bemühungen um einen neuen Deal zwischen Israel und der islamistischen Hamas gehen die Angriffe und Kämpfe im Gaza-Krieg weiter. Die israelische Armee teilte mit, Kampfjets und Artillerie hätten am Vortag im zentralen Abschnitt des Gazastreifens "bewaffnete Terroristen, Terror-Infrastruktur und Tunneleingänge angegriffen". Zuvor sei es zu mehreren Angriffen auf israelische Soldaten gekommen. Ein Abschussgerät für Mörsergranaten sei zerstört worden. Mehrere bewaffnete Kämpfer seien getötet worden.  Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant telefonierte nach Angaben einer Sprecherin unterdessen mit seinem amerikanischen Amtskollegen Lloyd Austin. Dabei sei es um "operative Entwicklungen" im Norden und Süden Israels gegangen sowie um die Bemühungen zur Freilassung weiterer Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas.  Palästinensische Sicherheitskräfte töten Bewaffneten im Westjordanland Palästinensische Sicherheitskräfte haben nach Angaben eines Sprechers im Westjordanland einen bewaffneten Mann getötet. Der Vorfall ereignete sich demnach in dem Ort Tulkarm. Eine Patrouille sei dort unter Beschuss geraten und habe daraufhin das Feuer erwidert. Dabei sei der Bewaffnete getroffen worden. Eine lokale Miliz mit Verbindungen zu der radikalislamischen Gruppe Islamischer Dschihad erklärte, bei dem Getöteten handle es sich um eines ihrer Mitglieder. Propalästinensische Protestaktionen auch an britischen Universitäten An einigen Universitäten in Großbritannien finden ähnlich wie in den USA ebenfalls propalästinensische Protestaktionen statt. Studenten in den Städten Leeds, Newcastle und Bristol hätten am Mittwoch aus Protest gegen den Krieg im Gazastreifen Zelte vor Universitätsgebäuden aufgebaut, meldete die britische Nachrichtenagentur PA in der Nacht. Fotos aus Manchester zeigten ebenfalls einige Zelte mit palästinensischen Flaggen. Die Zeitung Times berichtete, die Camps in Großbritannien hätten aber nur einen Bruchteil des Umfangs wie die an den US-Universitäten Yale und Columbia. Iran verhängt Sanktionen gegen die Israel-Verbündeten USA und Großbritannien Wegen der Unterstützung Israels durch die USA und Großbritannien hat der Iran Sanktionen gegen beide Länder verhängt. Wie das Außenministerium in Teheran mitteilte, richten sich die Strafmaßnahmen unter anderem gegen den britischen Verteidigungsminister Grant Shapps, den General James Hockenhull und die britische Marine im Roten Meer. Auch sieben US-Bürger, unter ihnen der General Bryan P. Fenton und der Vizeadmiral Brad Cooper, stehen auf der Sanktionsliste. Sanktionen wurden auch gegen mehrere Unternehmen aus den USA und Großbritannien verhängt, darunter die US-Firmen Lockheed Martin und Chevron sowie die britischen Unternehmen Parker Meggitt, Rafael UK und die britische Tochter des israelischen Rüstungskonzerns Elbit Systems. Nach Angaben des iranischen Außenministeriums umfassen die Sanktionen Kontensperrungen und das Einfrieren von Vermögenswerten im Iran sowie Einreiseverbote. Die tatsächlichen Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die betroffenen Einzelpersonen und Unternehmen sind jedoch unklar. Propalästinensische Demonstranten in USA widersetzen sich Polizei Hunderte propalästinensische Demonstranten haben sich einer Polizeiaufforderung widersetzt, den Campus der University of California in Los Angeles zu verlassen. Sie harrten auch am Donnerstag in ihrem mit Barrikaden gesicherten Protestlager aus. Bereits am Mittwochnachmittag (Ortszeiten) waren viele Polizisten vor Ort eingetroffen. Leere Busse standen nahe der Universität bereit, um Demonstranten wegzufahren, die der Polizeianordnung nicht nachkommen. Hamas-Behörde meldet mindestens 34.596 Tote im Gazastreifen Laut Angaben des von der militant-islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen sind bei der israelischen Militäroffensive gegen Gaza seit dem 7. Oktober mindestens 34.596 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet und 77.816 verletzt worden. Das teilte die Behörde in einer Erklärung mit. Die Vereinten Nationen (UN) halten die Angaben der Behörde für realistisch. Die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte noch höher sein, da viele Menschen vermisst werden und noch immer Tote unter den Trümmern zerstörter Gebäude liegen. Protest in LA: Polizei bereitet offenbar Räumung vor Ein Großaufgebot der Polizei bereitet offenbar die Räumung eines Protestlagers propalästinensischer Aktivisten an der Universität von Kalifornien im US-amerikanischen Los Angeles (UCLA) vor. Hunderte Einsatzkräfte bezogen nach Einbruch der Dunkelheit auf dem Campus der renommierten Hochschule Stellung und forderten die Demonstranten mit Lautsprechern auf, das Gelände zu räumen. Aktivisten wappneten sich mit Helmen, Schutzbrillen und Atemschutzmasken, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Die Universitätsleitung hatte zuvor eine Auflösung des Lagers angeordnet. In der Nacht zu Mittwoch war es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen, als eine vermummte Gruppe mutmaßlich pro-israelischer Gegendemonstranten das Zeltlager mit Stöcken und Stangen angriff. Bereits am späten Dienstagabend hatte die New Yorker Polizei ein propalästinensisches Protestlager auf dem Campus der Eliteuniversität Columbia aufgelöst. Auch an anderen US-Universitäten hat es bereits zahlreiche Aktionen aus Solidarität mit den Palästinensern gegeben. Neue Antisemitismus-Definition in den USA Das US-Repräsentantenhaus hat für eine Erweiterung der rechtlichen Definition von Antisemitismus gestimmt. Die Abgeordneten votierten für einen parteiübergreifenden Entwurf, der vorsieht, dass das Bildungsministerium sich künftig an der Antisemitismus-Definition der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken (IHRA) orientiert.  Demnach ist Antisemitismus "eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen." Es sei auch eine Form von Antisemitismus, das Recht auf Selbstbestimmung abzuerkennen, etwa "durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen", heißt es in der Definition der IHRA. Der Senat muss über den Gesetzentwurf abstimmen. Kritiker des Vorhabens warnen vor einer Einschränkung der freien Meinungsäußerung. Bericht: Derzeit "negative" Verhandlungsposition der Hamas Die militant-islamistische Hamas steht einem Verhandlungsangebot für einen Geisel-Deal im Gaza-Krieg Medienberichten zufolge ablehnend gegenüber, will die Gespräche aber fortsetzen. "Unsere Position zum aktuellen Verhandlungspapier ist negativ", sagte der im Libanon ansässige Hamas-Sprecher Osama Hamdan am Abend im libanesischen Fernsehen, wie die Zeitung Times of Israel berichtete. Die Pressestelle der Hamas habe die Äußerungen Hamdans danach jedoch präzisiert und erklärt, die Hamas-Führung werde zwar die aktuellen Vorschläge Israels nicht unverändert akzeptieren, sei aber bereit weiterzuverhandeln, schrieb dazu die New York Times. Die ablehnende Haltung bedeute nicht, dass die Verhandlungen eingestellt wurden. Vielmehr gebe es "ein Hin und Her". In den kommenden Stunden könnte es eine Antwort geben, so die "Times of Israel". Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen Über den Grenzübergang Erez sind 30 Lkw mit Nahrungsmitteln und medizinischen Hilfsgütern in den Norden des Gazastreifen gelangt. Die Türkei will sich der von Südafrika angestrengten Völkermord-Klage gegen Israel anschließen. Alle Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.
/newsticker/liveblog-nahost-donnerstag-132.html
2024-05-02
Kein "Turbokrebs"-Notstand in Japan
Angebliche Folge der mRNA-Impfung
Weder erklärt Japan wegen massiv ansteigenden Krebsmortalitätsraten den Gesundheitsnotstand, noch hat eine Studie nachgewiesen, dass die mRNA-Impfung gegen Covid-19 der Auslöser eines solchen Anstiegs ist. Von Wulf Rohwedder.
Weder erklärt Japan wegen massiv ansteigenden Krebsmortalitätsraten den Gesundheitsnotstand, noch hat eine Studie nachgewiesen, dass die mRNA-Impfung gegen Covid-19 der Auslöser eines solchen Anstiegs ist. Von Wulf Rohwedder Es ist eine Behauptung, die seit mehreren Jahren immer wieder in der Verschwörungsmythiker-Szene kursiert: Impfungen gegen das Covid-19-Virus, insbesondere durch die mRNA-Variante, lösen einen "Turbokrebs" aus. Mal soll die Anzahl der Krebserkrankungen gestiegen sein, mal der Anteil der Erkrankten, die durch den Krebs sterben. "Notstand" frei erfunden Nun belegt angeblich eine japanische Studie einen solchen Zusammenhang. Sie soll die Regierung des Landes dazu veranlasst haben, einen Gesundheitsnotstand auszurufen. Diese Behauptungen sind gleich in mehrerlei Hinsicht falsch: So hat die japanische Regierung zu keinem Zeitpunkt einen Gesundheitsnotstand wegen Krebsfällen ausgerufen. Zudem stellen noch nicht einmal die Autorin der angegebenen japanische Studie die Behauptung auf, dass die mRNA-Impfung "Turbokrebs" auslöse - ein angebliches Phänomen, das wissenschaftlich nicht definiert und von seriösen Forschern nicht verwendet wird. Studie bestätigt eigenen Titel nicht Laut der von der Kinderärztin Miki Gibo geleiteten Studie "Erhöhte altersbereinigte Krebssterblichkeit nach der dritten mRNA-Lipid-Nanopartikel-Impfstoffdosis während der COVID-19-Pandemie in Japan" wurden 2022 "nach der Massenimpfung mit der dritten Dosis" signifikant erhöhte Sterblichkeitsraten beobachtet. Allerdings erfüllt die Studie nicht, was ihr Titel verspricht: Tatsächlich blieb die Zahl der Krebstoten praktisch stabil. Während bei anderen Krebsarten die Mortalität zurückging, war sie bei Eierstockkrebs, Leukämie, Prostatakrebs, Lippen-, Oral-, Rachen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs sowie Brustkrebs erhöht. Andere Faktoren ausgeblendet Die Autoren weisen insbesondere auf die höhere Todesrate bei Brustkrebs hin. Sie geben jedoch zu, dass die Zahl nach einem deutlichen Rückgang in den ersten Pandemie-Jahren wieder auf den Vor-Pandemie-Niveau lag. Trotzdem führen sie die Zahl als Indiz zur Unterstützung ihrer These an. Die Deutsche Krebsgesellschaft weist auf Anfrage des ARD-Faktenfinders darauf hin, dass im Verlauf der Pandemie Krebsvorsorgeuntersuchungen ausgesetzt oder aufgeschoben wurden. Die langfristigen Folgen verspäteter oder ausgesetzter Untersuchungen könnten aktuell noch nicht beziffert werden, da die Zahlen zur Mortalität oder zur Diagnostik fortgeschrittener Erkrankungen sich erst viel später in den Krebsregistern zeigten. Problematische Methode Die Studie hat zudem gleich mehrere methodische Probleme: So gibt es keine Kontrollgruppe, wie sie bei medizinischen Untersuchungen eigentlich notwendig ist. Sie beruht zudem nicht auf eigenen Erhebungen, sondern auf öffentlich verfügbaren Statistiken, die keine Daten zum Impfstatus der Verstorbenen enthielten. Dies sollte den Nachweis eines kausalen Zusammenhangs allein schon verbieten - insbesondere in Japan, wo nur etwa zwei Drittel der Bevölkerung dreimal geimpft wurde und dabei auch andere Impfstoffe als die mRNA-Vakzine verwendet wurden. Thesen teils nicht begründet Trotzdem behaupten die Autoren, dass der Anstieg der Sterblichkeitsraten eher auf die mRNA-Impfung als auf die COVID-19-Infektion selbst, das Aussetzen von Vorsorgeuntersuchungen oder eine schlechtere Versorgung von Krebspatienten aufgrund des Lockdowns zurückzuführen sei - ohne dies jedoch wirklich zu begründen. Allerdings geben sie zu: "Es sind weitere analytische statistische Untersuchungen nach Impfstatus erforderlich." In Deutschland wurde bisher keine steigende Mortalität bei bestimmten Krebsarten beobachtet. Hierfür gebe es keine Hinweise, erklärte Sibylle Kohlstädt vom Deutschen Krebsforschungszentrum dem ARD-Faktenfinder.
/faktenfinder/turbokrebs-impfung-japan-100.html
2024-05-02
"Wir machen hier keine Bundespolitik"
Strukturwandel in der Lausitz
Bei den anstehenden Kommunalwahlen hofft die AfD auf große Zugewinne. Für Städte wie Spremberg in der Lausitz bedeutet das schon jetzt, dass wichtige Debatten überlagert werden. Selbst dann, wenn es eigentlich gut läuft. Von Thomas Vorreyer.
Bei den anstehenden Kommunalwahlen hofft die AfD auf große Zugewinne. Für Städte wie Spremberg in der Lausitz bedeutet das schon jetzt, dass wichtige Debatten überlagert werden. Selbst dann, wenn es eigentlich gut läuft. Von Thomas Vorreyer Christine Herntier wirkt stolz. Erstmals seit 1990 habe Spremberg ausreichend Geld zur Verfügung, sagt die parteilose Bürgermeisterin. Die Industrieunternehmen der Stadt im Lausitzer Revier haben gute Monate hinter sich. In der Summe war da plötzlich ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag aus der Gewerbessteuer übrig. Der geht nun in die kommunale Wohnungsgesellschaft, das Krankenhaus und den Ausbau der Oberschule. "Wir investieren strategisch, um Spremberg und den Wirtschaftsstandort zu stärken", sagt Herntier. Einst saßen in der brandenburgischen Stadt die Chemie-, Textil- und auch Kohleindustrie. Nach der Wiedervereinigung blieb nur Letztere. Strukturwandel mit Erneuerbaren Energien Nun kommt spätestens 2038 der Kohleausstieg. Gleichzeitig schrumpft Spremberg. Herntier, die selbst Mitglied der Kohlekommission war, muss den Strukturwandel an mehreren Fronten stemmen. Neulich war sie mit Amtskollegen bei der EU-Kommission in Brüssel: Die Lausitz bewirbt sich als klimaneutrales "Net Zero Valley" - und könnte so zahlreiche Erleichterungen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren erhalten. Schon jetzt entsteht laut Herntier in Spremberg Zukunft. Im Industriepark "Schwarze Pumpe", den sich die Stadt mit einer sächsischen Nachbargemeinde teilt, wollen mehrere Unis einen Forschungscampus zur Kreislaufwirtschaft bauen. Nebenan soll ein sogenanntes Referenzkraftwerk stehen.  Das Speicherkraftwerk soll beweisen, dass eine Energiewende mit Netzstabilität gelingen kann. Wasserstoff wird mit grünem Strom produziert, um als Stromspeicher und Industriestoff zur Verfügung stehen. Der Bund fördert das als "Reallabor der Energiewende". Windkraft im Stadtwald Herntier will, dass Spremberg auch ohne Kohle ein "Energiestandort" bleibt. Doch dabei ist sie jetzt aus Sicht ihrer Kritiker zu weit gegangen. Anfang Dezember beschloss die Stadtverordnetenversammlung (SVV) auf Anstoß der Bürgermeisterin eine Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt - und machte damit den Weg frei für den Bau von Windrädern im Spremberger Stadtwald. Das Naherholungsgebiet gilt laut einem Umweltgutachten als ökologisch nicht bedeutsamer Wald. Seit 2009 stehen dort bereits 17 Windräder. Die kommunalen Stadtwerke wollen gemeinsam mit zwei Brandenburger Energieunternehmen 13 weitere Anlagen neuesten Typs aufstellen. "Das Konfliktpotenzial ist groß", sagt Herntier, aber die Stadt würde auf vielfältige Weise finanziell profitieren. Und der Ort sei der einzige, von wo aus eine Direktleitung in den Industriepark und damit zum Referenzkraftwerk gelegt werden könnte. In der SVV gab es dafür eine große Mehrheit. Doch die Entscheidung ist in der Stadt umstritten: Bei einer Unterschriftensammlung waren über 4.100 Unterschriften für eine größere Bürgerbeteiligung zusammengekommen. Der Streit könnte die Wahl des Stadtparlaments am 9. Juni beeinflussen. AfD will stärkste Kraft werden Laut dem AfD-Fraktionsvorsitzenden Michael Hanko wächst die Unzufriedenheit unter Sprembergs Bürgern. Nicht nur, aber auch wegen der Stadtpolitik. Vieles wie die Windräder würde am Bürger vorbei entschieden, sagt Hanko. "Für uns ist die Stimmung daher ziemlich positiv." Im Osten Deutschlands kam die in Teilen rechtsextreme Partei zuletzt mehrfach in Stichwahlen um Landrats- und Bürgermeisterämter. Selbst wenn sie davon nur drei gewann: Es war ein Fingerzeig für die Kommunalwahlen. Die AfD könnte in mehreren Kreisen und Gemeinden deutlich stärkste Kraft werden. In Spremberg kam die AfD schon vor fünf Jahren auf 27 Prozent der Stimmen. Hanko holte kurz darauf auch das Direktmandat für den Landtag. Bei der Bürgermeisterwahl 2021 kam er in der Stichwahl auf fast 40 Prozent. Ein ähnliches Ergebnis traut er jetzt seiner Partei zu. Gemeinsam mit Wählervereinigungen, so Hanko, könnte die AfD dann Mehrheiten in der SVV stellen. Die Partei plakatiert aktuell gegen die Windkraftpläne. Verein organisiert Protest Dabei ist die AfD gar nicht federführend beim Protest, sondern Naturschützer. So hat der Regionalverband des NABU große Bedenken angemeldet. In einem Teilbereich würden die geplanten Windräder 150 Jahre alte Bäume, eine geschützte Schwalbenart und den Trinkwasserschutz gefährden. NABU-Mitglieder und andere Bürger starteten deshalb die Unterschriftensammlung für eine Einwohnerversammlung und drängten erfolglos auf eine andere Auslegung des Flächennutzungsplans. Sie seien abgebürstet worden, sagt einer der Organisatoren, Kay-Uwe Reipert. Die Entscheidung sei aus seiner Sicht gegen großen Widerstand der Stadtbevölkerung getroffen worden, und "ohne dass man miteinander spricht". Die Befürworter des Windparks verweisen dagegen auf eine einjährige Beratungsphase in der SVV. Es habe Bürgerbeteiligungstermine, offene Gesprächsabende, Besichtigungen des Stadtwalds und Anhörungen gegeben - auch mit dem NABU. Doch Reipert und andere organisieren sich jetzt im Verein "Natura Spremberg". Sein Vereinsvize ist der Ortsvereinsvorsitzende der SPD, Reipert selbst war früher CDU-nah. Am meisten habe ihn befremdet, dass er "in die Ecke der AfD gestellt" worden sei, sagt Reipert. Streit um Alternativen Während es Natura nur um einen der neuen Teilbereiche geht, geht es der AfD um den ganzen Stadtwald. "Es war ein Fehler, die ersten Windkraftanlagen damals dort zu genehmigen", sagt AfD-Mann Hanko. Er würde eher eine ehemalige Abraumhalde im Westen der Stadt zum Windkraftgebiet machen. Oder private Flächen. Kai-Uwe Reipert schlägt vor, die Kommune sollte sich Flächen vom Kohlekonzern LEAG zurückholen. Oder die nötigen Windräder sollten im Süden des Industrieparks - auf sächsischem Gebiet - gebaut werden. Die Befürworter des Waldvariante argumentieren, dass ein Wildwuchs der Windkraft in Spremberg verhindert werden soll. Dass nur Anlagen auf städtischem Gebiet Pachteinnahmen brächten - und nur Anlagen im Netzgebiet der Stadtwerke es Letzteren ermöglichten, billigeren Strom anzubieten. Bürgermeisterin Christine Herntier versucht, den Konflikt eher allgemeiner zu fassen. Auch jedes Atomkraftwerk, jeder Tagebau und jede Erdgasleitung sorge für Konflikte. Zudem müssten die Betreiber der Windräder erst ein Immissionsschutzverfahren bestehen, um eine Genehmigung zu bekommen. "Wir halten alle gesetzlichen Vorschriften ein", so Herntier. Kommunalwahl am 9. Juni Doch mit Sorge blicken manche nun auf die Wahl Anfang Juni. Die Waldschützer hätten eine Sache nicht bedacht, sagt etwa der Ex-SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Freese: Ihre Aktion könnte "auf das Konto der AfD einzahlen". Die Partei sei schon immer gegen Windkraft "und gegen alles" gewesen. Reipert widerspricht. Genau das sei der größte Antrieb für Natura gewesen, bei der Stadtratswahl mit einer eigenen Liste anzutreten. Er sagt: "Ich möchte keine hellblaue Flagge am Rathaus haben." Dort sitzt Christine Herntier und äußert sich als Bürgermeisterin nur allgemein zur Wahl. Sie freue sich, dass 154 Kandidaten und neun Parteien und Wählerbündnisse antreten. "Es gibt eine Wahl", sagt Herntier. Man sei hier allerdings in einer ostdeutschen Kleinstadt und mache keine Bundespolitik. Und sie würde ja gerne mal sehen, "wer sich hier hinstellt und die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt blockiert". Sprembergs Stadtverordnetenversammlung tagt noch einmal Ende Mai. Dann soll sie über die Einberufung einer Einwohnerversammlung zur Windkraft abstimmen. Wegen eines Formfehlers mussten die Unterschriften ein zweites Mal gesammelt werden. Stattfinden würde die Versammlung aber in jedem Fall erst nach der Wahl.
/inland/innenpolitik/kommunalwahlen-114.html
2024-05-02
Unwetter zieht über Westdeutschland
Hagel und Starkregen
Der Deutsche Wetterdienst warnt vor kräftigen Gewittern vom Südwesten bis in die Mitte Deutschlands. In Nordrhein-Westfalen kam es bereits zu starkem Niederschlag - größere Schäden sind bislang aber nicht bekannt.
Der Deutsche Wetterdienst warnt vor kräftigen Gewittern vom Südwesten bis in die Mitte Deutschlands. In Nordrhein-Westfalen kam es bereits zu starkem Niederschlag - größere Schäden sind bislang aber nicht bekannt. In einem Streifen vom Südwesten Deutschlands bis in die Mitte des Landes warnt der Deutsche Wetterdienst (DWD) vor möglichen lokalen Gewittern mit Starkregen. Bis in die Nacht hinein seien lokal auch Hagelschauer und Sturmböen möglich, teilte der DWD mit. Am Nachmittag zogen bereits erste schwere Gewitter mit kräftigem Gewitter durch Nordrhein-Westfalen. Schwerpunkte registrierte der DWD am Nachmittag in der Eifel, im Bergischen Land sowie in Köln und Düsseldorf. Im Kreis Euskirchen galt laut WDR wegen des Starkregens bis 16.30 Uhr die höchste Warnstufe. So wurden in der Gemeinde Dahlem in der Eifel 36 Liter pro Quadratmeter binnen einer Stunde gemessen. Auch im Hohen Venn seien weit mehr als 30 Liter pro Stunde auf den Quadratmeter gemessen worden. In Wuppertal kamen 26 Liter pro Stunde auf den Quadratmeter.  Gewitter bilden sich an Tiefdruckrinne In ganz Nordrhein-Westfalen kam es vereinzelt zu überfluteten Kellern oder Unterführungen. Zwar musste die Feuerwehr wie im Kreis Euskirchen zu einem Dutzend Einsätzen ausrücken. Nach Angaben eines Sprechers seien diese aber eher harmlos gewesen. Ein Sprecher der Kölner Feuerwehr sagte am frühen Abend, dass das erste von zwei erwarteten Gewittern inzwischen abgezogen sei und dass man kein besonderes Einsatzaufkommen habe. Die größte Gefahr gehe von Starkregen aus, der teils auch mehrere Stunden anhalten könne. Möglich seien Niederschläge von bis zu 50 Litern pro Quadratmeter binnen weniger Stunden. Als Ursache nannte der DWD eine sich derzeit von Nordrhein-Westfalen bis nach Bayern erstreckende und nur langsam nordostwärts ziehende Linie, die feuchte und kühle Luft im Südwesten von deutlich wärmerer Luft im Rest von Deutschland trenne. Entlang dieser Tiefdruckrinne bildeten sich Gewitter - wo genau, lasse sich nicht exakt vorbestimmen. DWD: Unwetter lassen am Freitag nach Im Verlauf des Freitags lassen die Gewitter den Meteorologen zufolge dann nach. Im Westen könne es noch bis zum Vormittag gebietsweise Niederschläge mit bis zu 35 Litern auf den Quadratmeter innerhalb von sechs Stunden geben. Im weiteren Verlauf des Freitags seien Gewitter mit Starkregen, voraussichtlich aber etwas geringere Niederschlagsmengen, stürmische Böen und Hagel von der Lausitz über das östliche Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern bis nach Schleswig-Holstein möglich.
/inland/deutschland-unwetter-starkregen-100.html
2024-05-02
++ Ukraine bestätigt russischen Durchbruch bei Otscheretyne ++
Krieg gegen die Ukraine
Die russischen Truppen haben in der Ostukraine einen Durchbruch erzielt, wie nun auch das ukrainische Militär bestätigt. Frankreichs Präsident Macron bekräftigt seine Erwägungen zum Einsatz von Bodentruppen. Die Entwicklungen im Liveblog.
Die russischen Truppen haben in der Ostukraine einen Durchbruch erzielt, wie nun auch das ukrainische Militär bestätigt. Frankreichs Präsident Macron bekräftigt seine Erwägungen zum Einsatz von Bodentruppen. Die Entwicklungen im Liveblog. Ukrainisches Militär bestätigt russischen Durchbruch bei OtscheretyneLondon fordert Freilassung von Kremlkritiker Kara-MursaGouverneur: 13 Verletzte bei Großbrand im Hafen von Odessa Gazprom verzeichnet für 2023 Milliardenverlust Unter dem Eindruck des Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der russische Energiekonzern Gazprom im vergangenen Jahr erstmals seit fast einem Vierteljahrhundert rote Zahlen geschrieben. Der Nettoverlust für das zweite Kriegsjahr 2023 belief sich auf rund 629 Milliarden Rubel (umgerechnet 6,4 Milliarden Euro), wie aus einem veröffentlichten Unternehmensbericht hervorgeht. Nach einem Gewinn von 1,23 Billionen Rubel im Jahr 2022 hatten russische Analysten dem mehrheitlich staatlichen Gasriesen zunächst auch für 2023 einen - wenn auch deutlich kleineren - Gewinn vorhergesagt.  HRW sieht Anzeichen für neue russische Kriegsverbrechen Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat Beweise für die Tötung von mindestens 15 ukrainischen Soldaten gesammelt, die sich russischen Einheiten ergeben wollten oder dies bereits getan haben. Dies habe sich seit dem Dezember vergangenen Jahres ereignet. HRW wertete nach eigenen Angaben dafür Drohnenaufnahmen aus. Zwei Videos konnten demnach geolokalisiert werden. NATO besorgt über hybride Angriffe Russlands Die NATO-Mitgliedstaaten zeigen sich in einer Erklärung zutiefst besorgt über die "jüngsten bösartigen Aktivitäten" auf ihrem Hoheitsgebiet. Die Vorfälle seien Teil einer Kampagne von Russland und stellten eine Bedrohung für die Sicherheit der Mitgliedsländer dar. Laut dem Militärbündniss ginge es bei den Vorfällen unter anderem um Spionage, Sabotage, Desinformationskampagnen und Cyberangriffe. Es hieß weiter: "Wir werden einzeln und gemeinsam handeln, um gegen diese Aktionen vorzugehen, und wir werden uns weiterhin eng abstimmen." (20) Jens Stoltenberg on X: "#NATO is deeply concerned by an intensifying campaign of Russian hybrid activities, including on Alliance territory. These actions will not deter us from supporting #Ukraine. Read the statement: https://t.co/KbBx6tNwim" / X (twitter.com) US-Geheimdienste halten baldiges Kriegsende für unwahrscheinlich Die US-Direktorin der Nationalen Nachrichtendienste stuft ein baldiges Ende des russischen Angriffskriegs in der Ukraine als unwahrscheinlich ein. Russland werde seine aggressive Taktik wahrscheinlich fortsetzen, sagt Avril Haines vor dem Streitkräfteausschuss des Senats. Es habe seine Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur verstärkt, um die Regierung in Kiew daran zu hindern, Waffen und Truppen an die Front zu verlegen. Zudem solle die Rüstungsproduktion behindert werden. Ukrainisches Militär bestätigt russischen Durchbruch bei Otscheretyne Die russischen Truppen haben vor einigen Tagen im ostukrainischen Gebiet Donezk einen Durchbruch erzielt. Das hat das ukrainische Militär nun bestätigt - aber hält die Lage trotzdem für kontrollierbar. "Was Otscheretyne anbelangt, so ist der Feind durchgebrochen und hat sich in dieser Ortschaft festgesetzt", sagte der Sprecher der an dem Abschnitt kämpfenden Armeegruppe, Nasar Woloschyn, der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine. Der entsprechende Ortsteil werde aber von der ukrainischen Artillerie beschossen, und die ukrainischen Truppen versuchten die Russen wieder zurückzudrängen. Dafür seien auch zusätzliche Kräfte und Mittel aus der Reserve geholt worden. Die härtesten Kämpfe toben Woloschyn zufolge den Frontabschnitten in Richtung Pokrowsk und Kurachowe. Der russische Gegner habe zwar taktische Erfolge erzielt, aber bisher keinen operativen Vorteil erlangt. Macron bringt erneut Bodentruppen ins Spiel Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat erneut einen möglichen Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine als ein Mittel der Abschreckung in Erwägung gezogen. "Falls die Russen die Frontlinien durchbrechen und falls die Ukraine darum bittet - was bislang nicht der Fall ist - dann müssten wir uns zu Recht diese Frage stellen", sagte Macron in einem Interview mit der britischen Zeitschrift "The Economist".  "Unsere Glaubhaftigkeit hängt auch von einer gewissen Fähigkeit der Abschreckung ab, indem wir nicht offenlegen, was wir tun oder nicht tun werden", sagte Macron. Er wiederholte seine Aussage zu dem Thema, dass er "nichts ausschließen" wolle. "Ich schließe nichts aus, weil wir jemanden gegenüber haben, der auch nichts ausschließt", sagte er mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Tiefer Frust über Russlands Vormarsch Die Führung sei für strategische Fehlplanungen verantwortlich, die die Truppen nicht immer ausbügeln könnten. Das zeige sich nun auf dem Schlachtfeld, so Journalist Jurij Butusow - eine Kritik an der Armeeführung und auch an Präsident Wolodymyr Selenskyj. Selenskyj bilanziert Angriffe auf die Ukraine im April Russland hat nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im April mehr als 300 Raketen, rund 300 "Shahed"-Drohnen sowie mehr als 3.200 Lenk-Bomben bei Angriffen auf die Ukraine eingesetzt. "Nur Stärke kann diesen Terror stoppen", schrieb er auf der Messenger-App Telegram. Im Frühjahr fuhr Russland seine Angriffe auf die Infrastruktur der Ukraine hoch, während die Ukraine auf zusätzliche Hilfe ihrer Verbündeten wartete und ihre Luftabwehr an die Grenzen kam. Russland nimmt eigenen Angaben zufolge nur legitime militärische Ziele ins Visier. DJV appelliert an Schutz von DW-Mitarbeitern Nach dem Verbot der Deutschen Welle (DW) in Belarus hat der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) an Intendant Peter Limbourg appelliert, alles für den Schutz von Mitarbeitern und Informanten in dem Land zu tun. "Jeder, der für die Inhalte der Deutschen Welle arbeitet und zuliefert, befindet sich in Belarus jetzt in äußerster Gefahr", warnte DJV-Chef Mika Beuster in Berlin. Der deutsche Auslandssender war nach eigenen Angaben vor wenigen Tagen vom belarusischen Innenministerium als "extremistische Organisation" eingestuft worden. Damit einher geht ein Verbot von DW-Inhalten auf allen Plattformen im Land. Auch die Zusammenarbeit mit dem Sender kann nun als Straftat gewertet werden. Inhalte der belarusischen Redaktion der Deutschen Welle waren bereits im März 2022 - kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine - als "extremistisch" eingestuft worden. Die Deutsche Welle wies zu Wochenbeginn darauf hin, dass ihre belarusischen Angebote im Land trotz des Verbots weiterhin abrufbar seien. Intendant Limbourg hatte die Entscheidung der belarussischen Regierung verurteilt. Sie zeige, dass das Regime unabhängige Medien fürchte und alles tue, um den Zugang zu freien Informationen einzuschränken. "Wir werden uns davon nicht einschüchtern lassen. Für uns ist dieses Verbot ein Aufruf, noch härter dafür zu arbeiten, dass alle Menschen Zugang zu unseren Inhalten und freien Informationen haben", versprach Limbourg. Auch das Auswärtige Amt hatte das Vorgehen der belarusischen Regierung gegen die Deutsche Welle verurteilt. Social-Media-Beitrag auf X von Journalisten-Verband (DJV) @DJV@federated.press: "Verbot der Deutschen Welle in Belarus.Durch diesen Angriff auf die Pressefreiheit wächst die Gefahr für Medienschaffende in Weißrussland.Wir kritisieren die willkürliche Zensur und fordern Schutz für die Mitarbeiter der Deutschen Welle:https://t.co/5oS0m4T77b pic.twitter.com/IvFmvdeigq" Russland weist US-Vorwurf zu Einsatz von Chemiewaffen zurück Russland hat US-Vorwürfe bezüglich des Einsatzes einer Chemiewaffe in der Ukraine zurückgewiesen. Die Anschuldigungen seien "vollkommen unbegründet", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. Russland komme seinen "völkerrechtlichen Verpflichtungen" in diesem Bereich nach.  Das US-Außenministerium hatte Russland am Mittwoch vorgeworfen, "die chemische Waffe Chlorpikrin gegen ukrainische Streitkräfte" unter Verletzung der Chemiewaffenkonvention eingesetzt zu haben. Der Einsatz solcher Chemikalien sei kein Einzelfall, erklärte das State Department weiter. Die russischen Truppen wollten damit vermutlich die ukrainischen Streitkräfte aus befestigten Positionen verdrängen und taktische Fortschritte auf dem Schlachtfeld erzielen. Estlands Außenminister: Russland für GPS-Störungen verantwortlich Estlands Außenminister Margus Tsahkna hat dem benachbarten Russland vorgeworfen, für die schon seit länger auftretenden Störungen des GPS-Signals im Ostseeraum verantwortlich zu sein. "Wir wissen, dass Russland seit Beginn seiner Aggression in der Ukraine das GPS-Signal stört. In den letzten anderthalb Jahren ist dieses Problem in unserer Region sehr ernst geworden", sagte Tshanka einem Rundfunkbericht zufolge im estnischen Fernsehen. Davon betroffen sei nicht nur Estland, sondern auch Lettland, Litauen, Finnland, Norwegen, Schweden und Polen. "Wenn wir uns die Aktivitäten Russlands ansehen, ist dieser Angriff auf GPS Teil einer hybriden Aktion, die unser Leben stört und alle möglichen internationalen Vereinbarungen bricht", sagte Tsahkna. GPS dürfe gemäß einer Konvention, der auch Russland beigetreten sei, von niemandem gestört werden. Doch gebe es zahlreiche Beweise dafür, dass die Störungen aus der Nähe von St. Petersburg, von Pskow und aus Kaliningrad kommen, sagte der estnische Außenminister - ohne Details zu nennen.  Schweiz lädt offiziell zur Ukraine-Konferenz ein Die Schweiz hat mehr als 160 Delegationen offiziell zur geplanten Ukraine-Konferenz eingeladen. Sie findet am 15. und 16. Juni in einem Nobelhotel am Vierwaldstättersee, dem Bürgenstock, statt und wurde auf Bitten der Ukraine organisiert. Das Treffen finde auf Ebene der Staats- und Regierungschefs und -chefinnen statt, teilte das Außenministerium in Bern mit.   Ziel sei, ein gemeinsames Verständnis für einen möglichen Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine zu entwickeln. Dies soll die Grundlage für einen Friedensprozess sein. Russland hat eine Teilnahme aber bereits ausgeschlossen.  Kyrill I. sendet Protestschreiben Der orthodoxe Moskauer Patriarch Kyrill I. hat sich wegen "neuen eklatanten Beispielen des Drucks auf die Ukrainische Orthodoxe Kirche" (UOK) an UN-Generalsekretär António Guterres, Papst Franziskus und andere Kirchenoberhäupter gewandt. Er schrieb ihnen laut Angaben des Moskauer Patriarchats vom 27. April, die Verfolgung von Gläubigen der UOK in der Ukraine "nimmt die Züge eines totalen antireligiösen Terrors an". Kirchen und Klöster würden geschlossen, ebenso Informationsquellen, die über die Verfolgung berichten würden. Es habe auch Gewaltverbrechen gegeben, so Kyrill I. Anlass seiner Briefaktion ist die Festnahme des Vorstehers des traditionsreichen UOK-Klosters in der ostukrainischen Stadt Swjatohirsk, Metropolit Arsenij (Jakowenko). Die Staatsanwaltschaft wirft dem Geistlichen vor, im September 2023 in einem Gottesdienst rechtswidrig Informationen über die lokalen Standorte der ukrainischen Streitkräften mitgeteilt zu haben. Ein Gericht in Dnipro ordnete am 25. April 60 Tage Untersuchungshaft für Arsenij an. Anträge der Verteidigung auf Hausarrest und die Möglichkeit einer Freilassung auf Kaution wurden abgewiesen. London fordert Freilassung von Kremlkritiker Kara-Mursa Großbritannien hat Russland aufgefordert, den inhaftierten russisch-britischen Kremlkritiker Wladimir Kara-Mursa angesichts dessen Gesundheitszustands sofort freizulassen. Der 42-Jährige müsse wegen "dringend erforderlicher medizinischer Behandlung" umgehend aus der Haft herausgeholt werden, hieß es in einer Erklärung der britischen Staatsministerin für Industrie und wirtschaftliche Sicherheit, Nusrat Ghani. Die Inhaftierung sei politisch motiviert, Kara-Mursa werde von den russischen Behörden verfolgt, weil er sich gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gestellt habe. "Die Haftbedingungen bedrohen sein Leben", so Ghani weiter. "Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich." Kara-Mursa, einer der prominentesten Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin, war im April 2023 wegen "Hochverrats" zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er hatte zuvor Russland bei einer Rede in den USA "Kriegsverbrechen" in der Ukraine vorgeworfen und stand dem im Februar in einer Strafkolonie in der Arktis gestorbenen Kreml-Kritiker Alexej Nawalny nahe. Gouverneur: 13 Verletzte bei Großbrand im Hafen von Odessa Im Hafen der ukrainischen Stadt Odessa ist dem Gouverneur der Region zufolge nach einem Raketeneinschlag ein Großbrand ausgebrochen. Mindestens 13 Menschen seien verletzt worden, teilte Gouverneur Oleh Kiper auf Telegram mit. Bilder und Videos, die in den Telegram-Kanälen der Medien veröffentlicht werden, zeigen Flammen am Ort des Geschehens und große Rauchwolken, die in den Himmel steigen. Ein Medienkanal meldete, das Lagerhaus eines großen Post- und Kurierdiensts sei getroffen worden. Odessa ist ein häufiges Ziel russischer Angriffe. In den vergangenen zwei Tagen wurden acht Menschen durch Raketeneinschläge in der Stadt getötet. Gouverneur: Stromausfall in russischer Region Orjol nach Drohnenangriff Ein ukrainischer Drohnenangriff hat nach russischen Angaben die Energieinfrastruktur in der zentralrussischen Region Orjol beschädigt und zu Stromausfällen geführt. Die Schäden seien entstanden, als Luftabwehreinheiten die Drohnen über den Bezirken Glasunowski und Swerdlowskaja abgefangen hätten, schrieb der Gouverneur der Region, Andrej Klitschkow, auf Telegram. Über Tote oder Verletzte machte er keine Angaben. Selenskyj kündigt weitere Sicherheitsabkommen an Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Abschluss von mehreren neuen Sicherheitsabkommen angekündigt. "Wir bereiten noch sieben neue Sicherheitsdokumente für unser Land vor - bilaterale Sicherheitsabkommen", sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache, "darunter auch mit den USA". Die Details bezüglich der Waffenlieferungen, Finanzhilfen und politischen Kooperation würden gerade ausgearbeitet. Die Verträge unterstützten das Land in diesem und den nächsten Jahren und stellten die Sicherheitsarchitektur bis zum angestrebten NATO-Beitritt dar. "Natürlich hat alles besondere Priorität, was mehr Schutz vor dem russischen Terror bietet", sagte Selenskyj. Weitere Details oder Länder nannte er nicht. Social-Media-Beitrag auf X von Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський: "We continue to work on the first Global Peace Summit, which has the potential to start the path to just peace. We are working with the Swiss side on this.Today, we agreed on the final details, and we will continue to work tirelessly to ensure that as many leaders and countries… pic.twitter.com/Pcc91rsJ4S" Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen Gegen Russland gibt es neue Vorwürfe, es verstoße gegen das UN-Chemiewaffenverbot. Die USA verhängen weitere Sanktionen gegen Unterstützer Russlands. Die Entwicklungen vom Dienstag zum Nachlesen.
/newsticker/liveblog-ukraine-donnerstag-338.html
2024-05-02
Wetterlage und Temperaturen
Wettervorhersage Europa
Ein Tief breitet sich am Donnerstag über die südwestlichen Teile Deutschlands bis in die Mitte aus. Am Freitag erreicht das Tief auch den Nordosten.
Ein Tief breitet sich am Donnerstag über die südwestlichen Teile Deutschlands bis in die Mitte aus. Am Freitag erreicht das Tief auch den Nordosten. Ein Tief breitet sich am Donnerstag über die südwestlichen Teile Deutschlands bis in die Mitte aus. Dabei kommt es zu Schauern und Gewittern mit der Gefahr lokaler Unwetter. In der Nacht kann es regional auch länger ergiebig regnen. Den Gewitterschauern folgt kühlere Luft. Am Freitag erreicht die Tiefdruckzone im Tagesverlauf auch die nordöstlichen Landesteile mit gelegentlichen Schauern und Gewittern. Sonst gibt es am Freitag unter Tiefdruckeinfluss einen wolkenreichen und kühlen Tag.   Temperaturen Europa Am Freitag reicht die Temperaturspanne in Europa von 6 Grad in Perm und 7 Grad in Rovaniemi über 14 Grad in Dublin und London, 15 Grad in Bordeaux und Belgrad, 20 Grad in Lissabon, Madrid und Palermo bis hin zu 27 Grad in Athen.
/wetter/europa-welt
2024-05-02
Tiefer Frust über Russlands Vormarsch
Krieg gegen die Ukraine
Stück für Stück dringt Russlands Armee weiter in den Osten der Ukraine vor. Die Unzufriedenheit über Präsident Selenskyj wächst. Kritiker werfen ihm vor, die Menschen in falscher Sicherheit zu wiegen. Von Marc Dugge.
Stück für Stück dringt Russlands Armee weiter in den Osten der Ukraine vor. Die Unzufriedenheit über Präsident Selenskyj wächst. Kritiker werfen ihm vor, die Menschen in falscher Sicherheit zu wiegen. Von Marc Dugge Der Krieg scheint in diesen Tagen von Kiew weit weg. Sonne und Temperaturen von über 20 Grad bringen die Menschen auf die Straße. Sie schlendern durch Parks, schlecken Eis und sonnen sich, während einige hundert Kilometer weiter östlich die Artillerie donnert - zwei Realitäten in einem Land. Aber ganz ausgelassen zu sein, kommt für die 19-jährige Margarita aus Kiew sowieso nicht in Frage. Man könne sich zwar ein bisschen entspannen, aber jederzeit könne Alarm kommen und man müsse seine Pläne verschieben, wenn es wieder Luftangriffe gebe. "Die Situation an der Front ist beschissen", sagt sie. "Ich bin absolut unzufrieden mit denen, die dafür verantwortlich sind. Niemand hilft unseren Jungs da." "Fleischwolf-Taktik" der Russen Die Frustration ist groß. Russland ist in den vergangenen Tagen im Osten des Landes weiter vorgerückt. Es ist ein langsamer Vormarsch, erkämpft durch massiven Beschuss und mit hohen Verlusten. "Fleischwolf-Taktik" nennt man das sarkastisch in der Ukraine. Ukrainischen Angaben zufolge werden derzeit bei den Angriffen jeden Tag mehr als 1.000 russische Soldaten getötet oder verwundet. Dennoch scheint diese Strategie aufzugehen. Die russische Armee konnte immer mehr Dörfer in der Region Donezk erobern und die Ukrainer immer öfter zum taktischen Rückzug zwingen. Der ukrainische Armeechef Oleksandr Syrskyj macht aus der schwierigen Lage keinen Hehl. Die Situation an der Front hat sich verschlechtert, schrieb er am Wochenende im Messengerdienst Telegram. Russland habe einen bedeutenden Vorteil an Kräften und Mitteln, so Syrskyj, und taktische Erfolge errungen. Warnung, Russland nicht zu unterschätzen Ob diese auch dazu führen, dass Russland rasch tiefer in die Region vorstoßen kann, steht auf einem anderen Blatt. Militärexperten vom amerikanischen "Institute for the Study of War" (ISW) bezweifeln, dass die russische Armee derzeit dazu in der Lage ist. Roman Pogorilyi warnt aber davor, die russische Armee zu unterschätzen. Er ist einer der Gründer von "Deep State Map", einer unabhängigen ukrainischen Onlineseite, die die Militärbewegungen genau analysiert. "Sie drängen schon jetzt immer weiter nach vorn, immer weiter", sagt er. Die ukrainischen Soldaten würden aber dafür sorgen, dass sie nur langsam vorrücken würden. Immer wieder würden sie gestoppt. Kopfschütteln über russische Erfolge - und Kritik an Selenskyj Dennoch gibt es in der Ukraine Ärger und Kopfschütteln darüber, dass Russland gleich mehrere Ortschaften in kurzer Zeit unter seine Kontrolle bringen konnte. So etwa beim Journalisten und Selenskyj-Kritiker Jurij Butusow. Er wirft der Armeeführung vor, lange negative Nachrichten vom Tisch gewischt und die Menschen in falscher Sicherheit gewiegt zu haben. Er sagt, im Land würden Kommandeure für wahrhaftige Berichte schnell entlassen. Also würden einige Kommandeure erst gar nicht berichten. "Es gab sehr viele optimistische Berichte, die der Lage nicht entsprechen", sagt er. Man müsse klären, was der Grund dafür ist - ob es an Unwissenheit liege, Untergebene Dinge nicht melden würden, oder ob sie falsche Schlussfolgerungen ziehen würden. "Aber es ist ja bekannt, wer die Militärhierarchie bildet." Die Führung sei für strategische Fehlplanungen verantwortlich, die die Truppen nicht immer ausbügeln könnten. Das zeige sich nun auf dem Schlachtfeld, so Butusow - eine Kritik an der Armeeführung und auch an Präsident Wolodymyr Selenskyj, der auch der Oberbefehlshaber des Landes ist. Roman Pogorilyi von "Deep State Map" weicht bei der Frage nach Fehlentscheidungen des Militärs aus. "Fehler" sei ein großes Wort, sagt er. Man müsse verstehen, dass viel zu tun sei. Die Ukraine brauche mehr Waffen und Ressourcen. "Wir sehen, in welchem Umfang der Feind ausgerüstet ist. Um das zu zerstören, brauchen wir Feuerkraft, um Flugzeuge abzuschießen. Luftverteidigung, um unser Land vor Beschuss zu schützen." Die Situation verändere sich, die Russen drückten weiter nach vorn. Neue Waffenlieferungen angekündigt Die Nervosität in der Ukraine steigt, und die Rufe nach Hilfe aus dem Ausland werden immer lauter. Diese Rufe würden gehört, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag bei einem Besuch in Kiew. Alle Verbündeten würden prüfen, was sie noch tun können, er erwarte bald neue Ankündigungen. "Wir arbeiten intensiv daran, die dringenden Bedürfnisse der Ukraine zu stillen. Unsere Verantwortung ist es, dass Ankündigungen in die Tat umgesetzt werden und Waffen und Munitionslieferungen so schnell wie möglich passieren." Tatsächlich haben sich in den vergangenen Tagen immer mehr Länder bereit erklärt, noch mehr Waffen an die Ukraine zu liefern. Deutschland hatte beispielsweise am Dienstag unter anderem versprochen, weitere zehn Marder-Schützenpanzer zu liefern. Und auch Lettland kündigte ein neues Hilfspaket an, mit dem auch die Luftverteidigung gestärkt werden soll. Die Nachrichten der vergangenen Tage aus der Ukraine zeigen, wie sehr die Zeit drängt.
/ausland/europa/ukraine-russland-front-102.html
2024-05-02
Deutsche greifen öfter zu Fleischalternativen
Jahresumsatz steigt
Vegetarische und vegane Fleischalternativen werden immer beliebter, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. 2023 wurden 16,6 Prozent mehr Fleischersatzprodukte hergestellt als im Vorjahr.
Vegetarische und vegane Fleischalternativen werden immer beliebter, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. 2023 wurden 16,6 Prozent mehr Fleischersatzprodukte hergestellt als im Vorjahr. Ob Veggie-Burger, Tofubratwurst oder Seitanmortadella: Die Deutschen greifen immer häufiger zu Fleischersatzprodukten. Und das, obwohl diese häufig teurer sind als das Original. 2023 wurden dem Statistischen Bundesamt zufolge 16,6 Prozent mehr Fleischersatzprodukte produziert als im Vorjahr. Im Fünf-Jahres-Vergleich zu 2019 hat sich die Produktion sogar mehr als verdoppelt. Insgesamt wurden 2023 rund 121.600 Tonnen vegetarische und vegane Fleischalternativen hergestellt. Der Geldwert dieser Produktion betrug laut Statistischem Bundesamt 583,2 Millionen Euro und damit 8,5 Prozent mehr als 2022. Auch die Anzahl der Unternehmen, die Fleischersatzprodukte in Deutschland herstellen, ist von 51 im Jahr 2022 auf 67 im vergangenen Jahr gestiegen. Fleischkonsum in Deutschland sinkt Trotz dieser Zuwächse ist der Markt noch eine Nische. Die deutsche Fleischproduktion kommt 2023 auf einen Warenwert von 44,8 Milliarden Euro - fast 80 Mal mehr als der Warenwert der vegetarischen und veganen Alternativen. Dennoch berichtet die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) von einem sinkenden Fleischkonsum in Deutschland. Die Menschen in Deutschland haben 2023 nach vorläufigen Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL) durchschnittlich 51,6 Kilogramm Fleisch pro Kopf verzehrt. 2019 waren es noch 58,8 Kilogram. Damit ging der Fleischverzehr pro Kopf um knapp zwölf Prozent zurück. Einen möglichen Grund für den Rückgang sieht das BLE in einem gewachsenen Bewusstsein für die Auswirkungen eines hohen Fleischkonsums auf die eigene Gesundheit, Klima und Umwelt.
/wirtschaft/verbraucher/fleischersatz-beliebter-100.html
2024-05-02
DAX meldet sich nach Feiertagspause träge zurück
US-Börsen im Plus
Der DAX hat sich kaum bewegt aus der Feiertagspause zurückgemeldet. Am ersten Handelstag im Mai stand die Nachlese des Zinsentscheids in den USA im Fokus. An der Wall Street herrscht Erleichterung.
Der DAX hat sich kaum bewegt aus der Feiertagspause zurückgemeldet. Am ersten Handelstag im Mai stand die Nachlese des Zinsentscheids in den USA im Fokus, aber auch die Vorschau auf den morgigen US-Arbeitsmarktbericht. Nach dem gestrigen Zinsentscheid der US-Notenbank Fed haben sich die Anlegerinnen und Anleger am deutschen Aktienmarkt heute zurückgehalten. Der DAX pendelte am ersten Handelstag im Mai recht lethargisch zwischen Gewinn- und Verlustzone. Es mangelte an Gewissheit über die zukünftige geldpolitische Ausrichtung in den USA und damit auch an Kaufargumenten. DAX-Investoren gehen kein Risiko ein Schon am Dienstag war der deutsche Leitindex mit einem Abschlag von einem Prozent aus dem Handel gegangen. Im April hatte er dadurch insgesamt drei Prozent - trotz des zwischenzeitlichen Rekordhochs bei 18.567 Zählern. Heute bewegte sich der DAX in einer relativ engen Spanne um sein Vortagsniveau und schloss mit einem Minus von 0,2 Prozent bei 17.897 Punkten. Damit fiel er unter die 50-Tage-Durchschnittslinie, die bei Charttechnikern als Indikator für den mittelfristigen Trend gilt. Dem DAX falle es schwer, an die alte Stärke anzuknüpfen, schrieb Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst bei CMC Markets. "Bis auf eine Schaukelbörse ohne übergeordnete Richtung, aber weiter mit der Anfälligkeit für Kurskorrekturen, bleibt den Anlegern derzeit nichts anderes übrig. Unterhalb von 18.200 Punkten ist der Markt aus technischer Sicht angeschlagen." OECD senkt Wachstumsprognose Auf die Stimmung drückt heute die neue Konjunkturprognose der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für Deutschland: Sie hat ihre Erwartungen für das Wirtschaftswachstum in Deutschland erneut nach unten korrigiert. Für das laufende Jahr erwarten die OECD-Konjunkturexperten nur noch ein Plus von 0,2 Prozent. Bereits im Februar hatten sie ihre Wachstumsprognose für Deutschland gesenkt. Erleichterung an den US-Börsen An den US-Börsen herrscht dagegen Erleichterung unter den Anlegerinnen und Anlegern. Zur Wochenmitte hatte US-Notenbankchef Jerome Powell zwar einmal mehr Hoffnungen auf Zinssenkungen gedämpft. Es könne "länger als bisher angenommen" dauern, bis die Fed mehr Zuversicht gewinne, dass die Inflation wirklich auf dem Rückzug sei. Allerdings trat Powell auch Sorgen entgegen, dass der nächste Zinsschritt sogar eine Erhöhung sein könnte. Diese war von einigen Marktteilnehmern angesichts der hartnäckigen Preissteigerungen befürchtet worden. "Die Botschaft der Mitteilung und der Pressekonferenz war, dass zwar nicht unbedingt früher, dafür aber mit etwas mehr Zinssenkungen zu rechnen ist", sagte Brian Nick, Stratege beim Analysehaus Macro Institute. Der US-Leitindex Dow Jones notiert zur Stunde 0,5 Prozent fester bei 38.088 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 rückt ebenfalls um 0,5 Prozent auf 5.043 Zähler vor. Der Index der Technologiebörse Nasdaq gewinnt knapp ein Prozent auf 15.754 Stellen. Die Auftragsdaten für die Industrie in den Vereinigten Staaten im März fielen indes wie erwartet aus und brachten daher kaum zusätzliche Impulse. Nun richten sich die Blicke bereits auf den morgigen US-Arbeitsmarktbericht. Ölpreise weiter auf Talfahrt Die Ölpreise sind heute erneut gefallen. Bis zum späten Nachmittag gaben sie ihre Kursgewinne aus dem frühen Handel wieder ab und knüpften an die Talfahrt der vergangenen Handelstage an. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli fiel um 33 Cent auf 83,11 US-Dollar und erreichte den tiefsten Stand seit März. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) mit Lieferung im Juni gab um 46 Cent auf 79,54 Dollar nach und rutschte ebenfalls auf den tiefsten Stand seit März. Euro gibt nach Der Euro hat heute einen Teil seiner gestrigen Kursgewinne wieder eingebüßt. Am Nachmittag notierte die Gemeinschaftswährung bei 1,0689 US-Dollar. Der Dollar kostete damit 0,9348 (0,9330) Euro. Am Devisenmarkt hallt die Zinsentscheidung der Fed noch nach. Diese hatte ihre Leitzinsen abermals nicht angetastet. Erneute Anzeichen für Intervention beim Yen gegenüber Dollar Ein weiterer plötzlicher Anstieg des seit Monaten schwächelnden Yen gegenüber dem Dollar hat Spekulationen über eine erneute Intervention Japans am Devisenmarkt angefacht. In der vergangenen Nacht legte der Kurs des Yen zeitweise kräftig zu. Dies ließ im Gegenzug den Kurs des Dollar absacken. Lange hielt der Yen-Aufschwung nicht an: Am Morgen legte der Dollar bereits wieder zu. Apple bessert bei Gebühren für App-Entwickler nach Apple wird die Entwickler von Anwendungen nicht im ursprünglich geplanten Umfang mit einer "Kerntechnologiegebühr" zur Kasse bitten. Nach einem kritischen Feedback aus der Entwicklergemeinschaft führte Apple heute mehrere Ausnahmen ein, bei denen diese Grundgebühr nicht mehr fällig werden oder niedriger ausfallen soll. Neben Apple-Wettbewerbern wie Spotify hatten sich vor allem Anbieter von kostenlosen Apps über die neue Gebühr nach der von der EU erzwungenen Öffnung des App-Marktes für das iPhone beschwert. Außerdem hatte die EU-Kommission erklärt, die Gebühren von Apple zu überprüfen. Songs von Universal Music kehren nach neuem Deal zu TikTok zurück Songs vom weltgrößten Musikkonzern Universal Music kehren nach rund drei Monaten Pause in die Video-App TikTok zurück. Universal, das unter anderem Billie Eilish und Adele unter Vertrag hat, hatte die Musik mit Ablauf des vorherigen Lizenzdeals Ende Januar von der Plattform abgezogen. Jetzt gibt es eine neue Vereinbarung, die laut dem Konzern eine bessere Vergütung der Musiker und Schutz vor negativen Folgen des KI-Booms vorsieht. Finanzielle Einzelheiten wurden heute zunächst nicht bekannt.  EU moniert Greenwashing bei Lufthansa und Air France-KLM Fast alle Airlines der Lufthansa-Gruppe und andere Anbieter wie Air France-KLM und Ryanair müssen sich gegenüber der EU-Kommission für womöglich beschönigende Werbeaussagen zu Klimaschutz rechtfertigen. Die EU hatte am Dienstag erklärt, in Koordination mit dem europäischen Verbraucherschutz-Netzwerk BEUC seien 20 Airlines wegen potenziell irreführender Umwelt-Werbeaussagen ("Greenwashing") ermahnt worden. Unter den Adressaten seien die Lufthansa und ihre Töchter Austrian Airlines, Brussels Airlines, Air Dolomiti, Eurowings und Swiss, erklärte die Lufthansa heute. "Selbstverständlich befassen wir uns mit jeder Beschwerde, die uns zugeht, und prüfen diese sorgfältig." Borussia Dortmund lebt an der Börse auf Der sportliche Erfolg hat das Interesse der Anleger an Borussia Dortmund gesteigert. Für den Aktienkurs des BVB ging es zeitweise um bis zu 6,5 Prozent nach oben, nachdem er dank eines 1:0-Erfolgs gegen Paris Saint-Germain auf Finalkurs in der Champions League ist und sich zugleich in der kommenden Saison wieder einen Startplatz in der lukrativen europäischen Eliteliga gesichert hat. Der Titel konnte heute über die 200-Tage-Linie springen, die unter charttechnisch versierten Anlegern ein beliebter langfristiger Trendindikator ist. Moderna leidet unter Nachfrage-Flaute für Corona-Impfstoff Der Biotechkonzern Moderna hat die schrumpfende Nachfrage nach seinem Corona-Impfstoff zu spüren bekommen. Pro Aktie fiel im ersten Quartal ein Verlust von 3,07 Dollar an nach einem Gewinn von 0,20 Dollar im Vorjahresquartal, wie die US-Firma mitteilte. Analysten hatten mit einem Minus pro Aktie von 3,58 Dollar gerechnet. Der Umsatz mit dem Impfstoff Spikevax, dem einzigen vermarkteten Produkt von Moderna, rutschte um 91 Prozent auf 167 Millionen Dollar. Russland weiter größter Gewinnbringer von Raiffeisen Bank International Die wegen ihres Russland-Geschäfts kritisierte Raiffeisen Bank International (RBI) erwirtschaftet in dem Land nach wie vor üppige Gewinne. Der Konzerngewinn der in vielen Ländern Osteuropas tätigen Bankengruppe stieg im ersten Quartal um gut ein Prozent auf 664 (657) Millionen Euro, wie das Geldhaus mit Sitz in Wien mitteilte. Etwa die Hälfte davon erzielte die Bank in Russland, wo der Gewinn nach Steuern um acht Prozent auf 326 (301) Millionen Euro zulegte. Russland ist damit zwei Jahre nach Kriegsausbruch in der Ukraine nach wie vor der lukrativste Markt für die Bank. Gasekonzern Linde steigert Gewinn stärker als geplant Der weltgrößte Industriegase-Konzern Linde hat im ersten Quartal mehr verdient als geplant und blickt ein wenig optimistischer auf das Gesamtjahr als bisher. Angesichts guter Geschäfte in allen Weltregionen stieg der bereinigte Quartalsgewinn je Aktie binnen Jahresfrist um zehn Prozent auf 3,75 Dollar, wie das amerikanisch-deutsche Unternehmen mitteilte. In Aussicht gestellt hatte Linde einen Anstieg um maximal acht Prozent auf 3,68 Dollar. Im Gesamtjahr erwartet Linde nun einen Anstieg des bereinigten Gewinns je Aktie um acht bis zehn Prozent auf 15,30 bis 15,60 Dollar. Tesla präsentiert "Cybertruck" in Deutschland Es ist völlig offen, ob er jemals auf deutschen Straßen fahren darf - dennoch hat der US-Elektroautobauer Tesla seinen futuristischen "Cybertruck" in Deutschland präsentiert. Das 3,1 Tonnen schwere und 5,68 Meter lange Gefährt stand heute in einem Einkaufscenter am Potsdamer Platz in Berlin zur Ansicht - nach Angaben des Unternehmens ist es die erste Präsentation für die breite Öffentlichkeit in Deutschland.  Bis einschließlich Samstag kann der mit Edelstahl verkleidete Pickup in dem Einkaufszentrum "Mall of Berlin" besichtigt werden. Siltronic startet mit weniger Umsatz und Gewinn ins Jahr Eine anhaltend schwache Nachfrage hat den Halbleiterwafer-Hersteller Siltronic zum Jahresstart belastet. Viele Kunden halten sich wegen hoher eigener Lagerbestände mit Bestellungen zurück. "Noch immer ist nicht abzusehen, wann die Lager wieder ein normales Niveau erreichen werden", sagte Siltronic-Chef Michael Heckmeier. Der Umsatz sank im ersten Quartal im Jahresvergleich um 15 Prozent auf 343,5 Millionen Euro. Davon blieben 26,4 Prozent als Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hängen. Absolut ging dieses operative Ergebnis um 27,5 Prozent auf 90,8 Millionen Euro zurück. Tarifabschluss für Postbank-Beschäftigte Der Tarifkonflikt bei der Postbank ist nach knapp drei Monaten gelöst. In der fünften Runde einigten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber am frühen Morgen auf Gehaltserhöhungen in zwei Stufen sowie einen bis Ende 2027 verlängerten Kündigungsschutz. Das teilten ver.di und der Deutsche Bankangestellten-Verband (DBV) sowie die Deutsche Bank mit. Kundinnen und Kunden können somit aufatmen: Bei beiden Gewerkschaften liefen Urabstimmungen über unbefristete Streiks bei der Postbank. Warnstreiks hatten in der seit 6. Februar laufenden Tarifrunde wiederholt für Einschränkungen im Service gesorgt. Reederei Moller-Maersk erwartet 2024 stärkere Container-Nachfrage Die dänische Fracht-Reederei Moller-Maersk erwartet nach einem starken ersten Quartal eine höhere Nachfrage im laufenden Jahr. Die weltweiten Container-Transporte dürften im laufenden Jahr am oberen Ende der Spanne von 2,5 bis 4,5 Prozent zulegen, teilte das Unternehmen mit seinen Quartalszahlen mit. Moller-Maersk will sein eigenes Geschäft im gleichen Umfang steigern und wird daher auch für die Ergebnisse im Gesamtjahr optimistischer. Scout24 startet mit Rekord-Kundenzahl ins neue Jahr Das große Interesse an Mitgliedschaften und Abonnements hat dem Internetportalbetreiber Scout24 zu Jahresbeginn einen Umsatz- und Gewinnsprung beschert. Mittlerweile würden rund 413.200 Privatkunden für Zusatzfunktionen bezahlen. Der Konzernumsatz kletterte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 12 Prozent auf 136,1 Millionen Euro. Davon blieben mit 79,5 Millionen Euro rund 16,5 Prozent mehr als um Sondereffekte bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) übrig als noch im Jahr zuvor. Bayer erwirkt Aufhebung eines PCB-Urteils Bayer kann in den USA einen juristischen Erfolg im Zusammenhang mit den Altlasten der milliardenschweren Monsanto-Übernahme verbuchen. Ein Berufungsgericht im US-Bundesstaat Washington hob ein Urteil aus dem Jahr 2021 über 185 Millionen Dollar wegen chemischer Verunreinigungen mit PCB in einer Schule auf. Hugo Boss profitiert von robuster Nachfrage Der Modehändler Hugo Boss hat sich zu Jahresbeginn trotz zögerlicher Kunden besser entwickelt als gedacht. Der Umsatz stieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fünf Prozent und knackte damit die Eine-Milliarde-Euro-Marke. Neben dem Vertrieb im Internet legte auch der Umsatz im stationären Großhandel deutlich zu, während das Einzelhandelsgeschäft moderat wuchs. Unter dem Strich verdiente der Konzern nach Minderheiten 38 Millionen Euro nach 35 Millionen im Jahr zuvor. Novo Nordisk profitiert von Appetitzüglern Der Pharmakonzern Novo Nordisk hat im ersten Quartal dank der hohen Nachfrage nach seinen Appetitzüglern einen Umsatz- und Gewinnsprung verzeichnet. So stieg der Umsatz um 22 Prozent auf 65,35 Milliarden dänische Kronen (rund 8,8 Milliarden Euro). Unter dem Strich stand mit 25,4 Milliarden Kronen ein 28 Prozent höherer Gewinn als im Vorjahr. Dabei profitierte Novo Nordisk von einem robusten Geschäft mit seinen Produkten gegen Diabetes und Fettleibigkeit. Shell macht überraschend viel Gewinn Shell verdiente im ersten Quartal vor Sonderposten 7,7 Milliarden Dollar, ein Plus von knapp sechs Prozent zum Vorquartal. Analysten hatten im Schnitt nur mit 6,3 Milliarden Dollar gerechnet. Vor allem im Gasgeschäft lief es besser als gedacht. Unter dem Strich verblieb für die Shell-Aktionäre ein Gewinn von 7,4 Milliarden Dollar.
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2024-05-02
"Risiko, dass korrupte Eliten gestärkt werden"
EU-Abkommen mit dem Libanon
Grundsätzlich sind Migrationsabkommen wie der EU-Libanon-Deal begrüßenswert, sagt Migrationsforscherin Kohlenberger. Doch die Frage sei, ob die von der EU versprochenen Finanzhilfen die richtigen Empfänger erreiche.
Grundsätzlich sind Migrationsabkommen wie der EU-Libanon-Deal begrüßenswert, sagt Migrationsforscherin Kohlenberger. Doch die Frage sei, ob die von der EU versprochenen Finanzhilfen die richtigen Empfänger erreiche. tagesschau24: Tunesien, Ägypten, jetzt Libanon. Was können solche Deals wie der, den die EU jetzt mit dem Libanon abgeschlossen hat, bringen? Judith Kohlenberger: Das erklärte Ziel seitens der Europäischen Union ist sogenannte Migrationsprävention. Konkret sollen im Libanon untergebrachte syrische Flüchtlinge davon abgehalten werden, den Weg nach Zypern zu suchen, was in den vergangenen Monaten und Wochen zu einem starken Anstieg der dortigen Asylanträge geführt hat. Für den Libanon wiederum bedeutet dies eine bitter notwendige Finanzspritze. Das Land ist nicht nur politisch sehr instabil, sondern auch von starker wirtschaftlicher Not betroffen. Ein zunehmend großer Teil der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Und da ist die Hoffnung, dass die EU-Milliardenzahlungen Milderung verschaffen. Könnte "mehr Fluchtursachen erzeugen als bekämpfen" tagesschau24: Das Geld soll dem Land Sicherheit und Stabilität bringen. Ist das die richtige Maßnahme dafür? Kohlenberger: Grundsätzlich finde ich es begrüßenswert, dass der globale Norden gerade die Nachbarländer von Konflikt- und Kriegsregionen unterstützt. Wir wissen, dass Flüchtlinge gerne in der Region, in den unmittelbaren Nachbarländern bleiben wollen. Jedoch sehen wir, dass der Libanon derzeit ein politisch sehr instabiles Land ist. Immer wieder kommt es zu einem Machtvakuum. Es ist nicht ganz klar, wer auf Dauer der politische Entscheidungsträger sein wird. Und es steht leider auch das Risiko im Raum, dass mit diesen Zahlungen seitens der Europäischen Union korrupte Eliten gestärkt werden. Die wiederum, und das wissen wir aus investigativen Recherchen, auch mit Gewalt gegen syrische Flüchtlinge vorgehen. Und das würde paradoxerweise mehr Fluchtursachen erzeugen als bekämpfen. "Bedeutet häufig auch Anwendung von Gewalt" tagesschau24: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sich auch für eine engere Zusammenarbeit des Libanon mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex aus. Wie bewerten Sie das? Kohlenberger: Dieses Schlagwort höre ich als Migrationsforscherin schon seit Jahren - es ist nie ganz klar, was damit gemeint ist. Wir wissen, dass Frontex in den vergangenen Jahren immer wieder auch in Menschenrechtsverletzungen verwickelt war oder zumindest geflissentlich weggeschaut hat, als andere Staaten sie verübt haben. Das sollte natürlich nicht die Zielsetzung der EU sein. Ganz klar ist aber: Die erklärte Absicht seitens der EU ist es, Geflüchtete von der Überfahrt abzuhalten. Und leider wissen wir, in der Praxis bedeutet solche Grenzsicherung häufig auch die Anwendung von Gewalt gegenüber Schutzsuchenden. Freiwillige Rückkehr "ganz und gar nicht realistisch" tagesschau24: Von der Leyen sagte heute, man arbeite an einem strukturierten Ansatz für eine "freiwillige Rückkehr" nach Syrien. Ist das realistisch? Kohlenberger: Das sehe ich in der derzeitigen Situation als ganz und gar nicht realistisch an. Wir wissen, dass sich die Situation in Syrien noch einmal verschärft hat. Es gibt immer Landstriche, die sicherer sind als andere. Aber insgesamt muss man sagen, Syrien ist derzeit nicht als sicheres Herkunftsland einzustufen. Genau deshalb erhalten syrische Flüchtlinge, die es bis auf europäisches Territorium schaffen, hier Asyl. Weil ganz klar Fluchtgründe vorliegen. "Konkrete Konditionen" wichtig tagesschau24: Dann bleibt die Frage nach Alternativen. Wie könnte man mit der Flüchtlingssituation von Millionen Menschen aus Syrien, von denen wohl auch viele nach Europa wollen, anders und besser umgehen? Kohlenberger: Im Grunde müsste man an den Fluchtursachen ansetzen. Da sind wir aber sehr schnell in einem Bereich, der nicht mehr die Migrationspolitik, sondern eher die Sicherheitspolitik betrifft. Damit Syrien ein Land wird, in das Menschen wieder zurückkehren können, braucht es zuerst eine Befriedung der Situation. Davor aber meine ich, dass man sehr wohl Nachbarländer unterstützen kann - auch finanziell. Es ist aber wichtig, dies an konkrete Konditionen zu koppeln. Es muss sichergestellt sein, dass damit nicht nur die Regierung gestützt wird, sondern auch die lokale Bevölkerung bei der Aufnahme von Geflüchteten. Und dass sich durch diese finanziellen Leistungen auch die Versorgung, die Unterbringungssituation von syrischen Geflüchteten vor Ort verbessert. Denn genau das braucht es, damit diese nicht mehr in Richtung der Europäischen Union weiterreisen wollen. Das Gespräch führte Michail Paweletz. Für tagesschau.de wurde der Text leicht überarbeitet.
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2024-05-02
Asylpolitik wichtigstes Thema bei Europawahl
ARD-DeutschlandTrend
In gut einem Monat wählen die EU-Bürger ein neues Parlament. Im ARD-DeutschlandTrend wird dabei als wichtigstes Thema die Asylpolitik genannt. Für den Bundeshaushalt wünscht sich eine Mehrheit die Einhaltung der Schuldenbremse. Von Ellen Ehni.
In gut einem Monat wählen die EU-Bürger ein neues Parlament. Im ARD-DeutschlandTrend wird dabei als wichtigstes Thema die Asylpolitik genannt. Für den Bundeshaushalt wünscht sich eine Mehrheit die Einhaltung der Schuldenbremse. Von Ellen Ehni Bis zum heutigen Donnerstag hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner seine Kabinettskollegen dazu aufgerufen, Sparvorschläge für den Bundeshaushalt 2025 einzureichen. Nun ist die Deadline erreicht - und viel zusammengekommen ist nach bisherigen Erkenntnissen offenbar nicht. Wie schwer das Sparen fällt, zeigt auch ein Blick darauf, wo denn die Deutschen den Rotstift ansetzen würden. Eine knappe Mehrheit (56 Prozent) ist der Meinung, der Staat sollte für das Bürgergeld weniger Geld ausgeben; knapp jeder Dritte (31 Prozent) hält die Ausgaben in diesem Bereich für angemessen und jeder Zehnte (zehn Prozent) für zu gering. Bei den Ausgaben für die Integration von Flüchtlingen sieht knapp jeder Zweite (47 Prozent) Sparpotenzial, jeder Dritte (34 Prozent) hält die Ausgaben in diesem Bereich für angemessen, 17 Prozent für zu gering. Wunsch nach mehr Ausgaben für Pflege, Renten und Kinder Doch bei anderen Themenfeldern ist das Bild schon differenzierter: Beim Klima- und Umweltschutz hält eine relative Mehrheit von 39 Prozent die Ausgaben des Staates für angemessen; 38 Prozent sind für höhere Ausgaben in diesem Bereich, jeder Fünfte (21 Prozent) spricht sich für Einsparungen aus. Für die Förderung der Wirtschaft hält jeder Zweite (48 Prozent) mehr Ausgaben für nötig. 40 Prozent halten die Anstrengungen aktuell für angemessen, jeder Zehnte (zehn Prozent) sieht Sparpotenzial. Auch bei der Verteidigung und Bundeswehr spricht sich jeder Zweite (50 Prozent) für höhere Ausgaben aus. 32 Prozent halten die Ausgaben hier für angemessen, 16 Prozent für zu hoch. Bei drei Feldern sind sich die Deutschen mehrheitlich einig, dass es mehr Geld geben muss: 55 Prozent sagen das mit Blick auf die Unterstützung von Familien und Kindern, 58 Prozent mit Blick auf Renten und Pensionen und 78 Prozent mit Blick auf die Pflege alter und kranker Menschen. In diesen drei Feldern sieht zugleich kaum ein Wahlberechtigter Sparpotenzial. Mehrheit will an Schuldenbremse festhalten Wo also das Geld hernehmen, das an anderer Stelle ausgegeben werden soll? Bislang verpflichtet die Schuldenbremse im Grundgesetz den Bund dazu, grundsätzlich nur so viel Geld auszugeben wie er einnimmt. Nur in besonderen Lagen wie während der Corona-Pandemie sind demnach Ausnahmen erlaubt. Teile von SPD und Grünen wollen angesichts der Vielzahl wichtiger Themen grundsätzlich an die Schuldenbremse ran. Dafür bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Christian Lindner und seine FDP lehnen das grundsätzlich ab - so wie eine knappe Mehrheit der Wahlberechtigten. Denn 54 Prozent sprechen sich dafür aus, an der Schuldenbremse festzuhalten. Vier von zehn Deutschen würden sie gerne lockern, zum Beispiel für öffentliche Investitionen. Mehrheitlich für die Schuldenbremse sprechen sich die Anhänger von FDP (70 Prozent), AfD (66 Prozent), Union (63 Prozent) sowie dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW, 60 Prozent) aus. Unter SPD-Anhängern hingegen überwiegt die Meinung, die Schuldenbremse sollte gelockert werden: 55 Prozent sprechen sich für eine solche Lockerung aus, 40 Prozent sind dagegen. Unter Grünen-Anhängern sind sogar sieben von zehn (70 Prozent) für eine Lockerung, 29 Prozent wollen die Schuldenbremse beibehalten. Kaum Bewegung bei Sonntagsfrage zum Bundestag Seit Beginn des Jahres gab es einige Verschiebungen bei der Sonntagsfrage, unter anderem bedingt durch die Gründung des BSW. In diesem Monat gibt es allerdings kaum Veränderungen zu Anfang April. Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die SPD von Bundeskanzler Olaf Scholz derzeit unverändert auf 15 Prozent. Die Union verbessert sich in der Sonntagsfrage leicht um einen Punkt und käme auf 31 Prozent. Die Grünen lägen unverändert bei 15 Prozent. Die FDP klettert über die Mandatsschwelle und käme aktuell auf fünf Prozent (plus einen Punkt). Die AfD bleibt stabil bei 18 Prozent. BSW bleibt in der Sonntagsfrage bei fünf Prozent. Auf alle anderen Parteien würden elf Prozent entfallen (minus zwei Punkte). AfD-Anhänger finden Umgang mit Krah übertrieben Damit bliebe die AfD weiter zweitstärkste Kraft. Ohne Auswirkungen in der Sonntagsfrage sind die Vorwürfe gegen den AfD-Spitzenkandidaten für die anstehende Europawahl, Maximilian Krah, Geld aus Russland und China angenommen zu haben - und die Verhaftung eines seiner Mitarbeiter wegen möglicher Spionage für China. Die AfD-Anhänger nehmen ihren Europawahl-Spitzenkandidaten mehrheitlich in Schutz: 77 Prozent halten es für übertrieben, wie die Öffentlichkeit wegen der aktuellen Vorwürfe mit Krah umgeht. 15 Prozent der AfD-Anhänger finden das nicht übertrieben. Anders der Blick auf alle Wahlberechtigten: Sechs von zehn Deutschen (61 Prozent) halten den Umgang mit Krah nicht für übertrieben, jeder Vierte (25 Prozent) für übertrieben. Zugleich denken jeweils sieben von zehn Deutschen, die AfD sollte ihre Nähe zu Russland (71 Prozent) beziehungsweise China (70 Prozent) überdenken. Bei den AfD-Anhängern finden 37 Prozent, die Partei sollte ihre Nähe zu China überdenken; knapp jeder Zweite (48 Prozent) findet das nicht. 31 Prozent der AfD-Anhänger sind der Ansicht, die Partei sollte ihre Nähe zu Russland überdenken; eine Mehrheit der AfD-Anhänger (57 Prozent) sieht das anders. Wählerpotenzial der AfD fast unverändert Die AfD hat in den vergangenen Monaten nur leicht an Wählerpotenzial verloren. Im September 2023 kam es für jeden vierten Wahlberechtigten (24 Prozent) grundsätzlich infrage, die AfD zu wählen. Aktuell gilt das für 23 Prozent - ein Minus von nur einem Prozentpunkt seit September. Für sieben von zehn Wahlberechtigten (71 Prozent) kommt die Wahl der AfD aktuell nach eigener Aussage grundsätzlich nicht infrage (minus ein Punkt im Vergleich zu September 2023). Bei den anderen Parteien sind es am ehesten die Anhänger des BSW, unter denen die Wahl der AfD grundsätzlich infrage kommt: 19 Prozent der BSW-Anhänger sagen das von sich; für knapp zwei Drittel der BSW-Anhänger (64 Prozent) aber kommt die Wahl der AfD nach eigener Aussage nicht infrage. Asylpolitik wichtigstes Thema bei Europawahl Am 9. Juni wird in Europa ein neues Parlament gewählt. Fünfeinhalb Wochen vor der Wahl ist nur knapp jeder dritte Wahlberechtigte (31 Prozent) mit der Politik der EU zufrieden. Knapp zwei Drittel dagegen sind damit unzufrieden. Dabei sehen die Bürgerinnen und Bürger die Flucht-, Asyl- und Integrationspolitik als das wichtigste Problem, um das sich die Europäischen Union besonders dringend kümmern muss. 41 Prozent nennen diesen Komplex bei offener Abfrage als eines der zwei wichtigsten Probleme. Auf den weiteren Plätzen folgen hier internationale Konflikte und Bedrohungen, etwa im Verhältnis zu Russland und China (34 Prozent), der Umwelt- und Klimaschutz (21 Prozent) sowie Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit (20 Prozent). Eine konkrete Maßnahme, mit der die EU Flüchtlingszahlen begrenzen will sind Abkommen mit Drittstaaten. Das Prinzip ist: Die EU stellt den Ländern finanzielle Hilfen in Aussicht, wenn diese im Gegenzug Flüchtlinge von der Weiterreise in die EU abhalten. Nach der Türkei, Ägypten und Tunesien schloss die EU an diesem Donnerstag ein weiteres Flüchtlingsabkommen mit dem Libanon ab. Jeder zweite Wahlberechtigte in Deutschland (51 Prozent) spricht sich für diese Abkommen aus, vier von zehn (38 Prozent) finden das falsch. Sonntagsfrage zur Europawahl: Union auf Platz eins Gut fünf Wochen vor der Europawahl liegt die Union in der Sonntagsfrage deutlich vorn. Wenn schon am Sonntag Europawahl wäre, käme die Union auf 30 Prozent (Europawahl 2019: 28,9 Prozent). Die Grünen kämen auf 15 Prozent (2019: 20,5 Prozent). Die SPD läge aktuell bei 14 Prozent (2019: 15,8 Prozent). Die AfD würde sich auf 15 Prozent verbessern (2019: 11 Prozent). Die FDP läge bei vier Prozent (2019: 5,4 Prozent). Das BSW, das bislang noch nicht an einer Europawahl teilgenommen hat, käme aktuell auf sieben Prozent. Auf alle anderen Parteien würden 15 Prozent entfallen (2019: 18,4 Prozent). Bei dieser Umfrage handelt es sich ausdrücklich um keine Prognose, sondern um die politische Stimmung in der laufenden Woche. Die Sonntagsfrage misst aktuelle Wahlneigungen und nicht tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahlsonntag abgeschlossen ist. Rückschlüsse auf den Wahlausgang sind damit nur bedingt möglich. Viele Wähler legen sich kurzfristig vor einer Wahl fest. Eine große Bedeutung hat zudem die letzte Phase des Wahlkampfs mit der gezielten Ansprache von unentschlossenen und taktischen Wählern. Fünfeinhalb Wochen vor dem Wahltag interessiert sich jeder zweite Wahlberechtigte in Deutschland (49 Prozent) sehr stark beziehungsweise stark für die Europawahl - das sind vier Prozentpunkte weniger als vor der Europawahl 2019; allerdings fand die Befragung damals nur dreieinhalb Wochen vor der Wahl statt. 48 Prozent interessieren sich aktuell weniger beziehungsweise gar nicht für die Europawahl (plus ein Punkt).
/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-3422.html
2024-05-02
Ein Becken, das die Seine sauber halten soll
Olympische Spiele in Paris
Schwimmen in der Seine ist eine unappetitliche Angelegenheit: Müll und Unrat dümpeln durch den trägen Fluss in Paris. Ein Rückkhaltebecken soll das Wasser so rein machen, dass olympische Wettkämpfe darin stattfinden können. Von Julia Borutta.
Schwimmen in der Seine ist eine unappetitliche Angelegenheit: Müll und Unrat dümpeln durch den trägen Fluss in Paris. Ein Rückkhaltebecken soll das Wasser so rein machen, dass olympische Wettkämpfe darin stattfinden können. Von Julia Borutta Nun ist es also so weit: Die Testphase hat begonnen. Wenn alles gut läuft, soll das gigantische Rückhaltebecken in der Nähe des Bahnhofs Gare d'Austerlitz im Sommer betriebsbereit sein. Der Ingenieur Samuel Colin-Canivez hat leuchtende Augen, wenn er in das 30 Meter tiefe Beton-Bassin hinabsteigt. Es fasst 50.000 Kubikmeter Wasser, so viel wie 20 olympische Schwimmbecken. Es sei dazu da, bei besonders heftigen Regenfällen all das Wasser aufzunehmen, das die Pariser Kanalisation nicht fassen kann, erklärt Colin-Canivez: "Wenn wir es hier sammeln, läuft es nicht so, wie es ist, direkt in die Seine, mit allem Schmutz und Unrat." Stattdessen werde das Wasser so lange in dem Becken gehalten, bis die Regenfälle vorbei sind. Dann werde es grob gefiltert, in Kläranlagen geleitet und erst dann in die Seine. So machen es andere Städte schon lange. Jetzt zieht Paris - die am dichtesten besiedelte Großstadt Europas - nach. Das 90 Millionen Euro teure Projekt ist nur ein Baustein im Masterplan für eine saubere Seine und ihren Nebenfluss, die Marne. Insgesamt hat der Staat 1,4 Milliarden Euro ausgegeben, um die Wasserqualität des besonders träge dahinfließenden Flusses nachhaltig zu verbessern. Unter anderem wurde in modernere Kläranlagen und Schleusen investiert. Derzeit finden nahezu täglich Messungen statt. Vor allem fäkale Verunreinigungen seien gefährlich, erklärt Hydrologe Jean-Marie Mouchel von der Sorbonne Universität. Coli-Bakterien seien ein wichtiger Indikator für die Reinheit des Wassers. Abwasserableitung für Hausboote Deshalb ist es so wichtig, dass auch alle Hausboote auf der Seine an das Abwassersystem angeschlossen werden - ein dritter Baustein im Projekt "schwimmbare Seine". Die sogenannten "péniches" liegen malerisch entlang der Pariser Quais, zum Beispiel am Port des Champs Élysée direkt gegenüber der Nationalversammlung. Wenn es viel regnet oder gar Hochwasser gibt, liegen hier schon mal tote Ratten auf dem Weg und neben der Gangway der Hausboote schwappt eine eklige Müllsuppe im Wasser. Madame Han Ha lebt mit ihrem Mann schon seit über 20 Jahren auf der "India Tango". Sie bedauert, dass die Stadt Paris ihnen erst vor drei Monaten grünes Licht dafür gegeben hat, sich an das Abwassersystem anzuschließen. "Wir wollten das längst machen, aber die Stadt konnte uns nie sagen, wie wir das anstellen sollen", erzählt die Mittfünfzigerin. Jetzt, wo die Olympischen Spiele vor der Tür stehen, gebe es endlich eine Lösung. Zu den Kosten von rund 5000 Euro schießt die Stadt 4000 Euro dazu. Bis Juli sollen alle Hausboote angeschlossen sein. Madame Ha zieht sich eine Regenjacke über, führt nach draußen auf den Quai und zeigt auf einen grauen Kasten. Dort drin werde das Abwasser aller Boote am Quai gesammelt und dann in die Pariser Kanalisation geführt, eine echte Verbesserung. Allerdings: Ausgerechnet bei Hochwasser muss Madame Ha das Abwasserrohr entkoppeln, denn sonst könnte die ganze Konstruktion beschädigt werden. "Dann fließt unser Abwasser also doch wieder in die Seine", erklärt sie und zieht etwas ratlos die Schultern hoch. Auch Macron und Hidalgo wollen baden Wird die Wette dennoch aufgehen? Werden etwa Triathlon, Para-Triathlon und Schwimm-Marathon tatsächlich in der Seine stattfinden können? Pierre Rabadan ist überzeugt, dass es klappt. Der ehemalige Rugby-Profisportler ist im Pariser Rathaus für den Sport zuständig und hat sich in den vergangenen Monaten regelmäßig mit eigenen Augen angeschaut, wie das Rückhaltebecken am Gare d’Austerlitz Gestalt annimmt. Die Füße in gelben Gummistiefeln, den Kopf in den Nacken gelegt, steht der Hüne wenige Wochen vor Beginn der Testphase in dem riesigen Beton-Bassin. "Wenn es nicht mehrere Tage am Stück katastrophal heftig regnet, haben wir mit diesem Becken hier die Garantie, dass die Wasserqualität stimmt und wir die Wettkämpfe wie geplant abhalten können", versichert er. Nach den olympischen Spielen im Jahr 2025 sollen für alle Pariser und Pariserinnen Schwimmstellen in der Seine eröffnet werden. Rabadan hat den Sprung ins Wasser bereits letztes Jahr im Juni einmal gewagt - mitten im Herzen der Stadt; dort, wo die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele stattfinden wird. "Das war ein toller Moment," schwärmt er. "Paris, dieses Panorama mit seinen Bauwerken und Monumenten schwimmend zu genießen, das wird für alle einzigartig sein!" Sowohl Bürgermeisterin Anne Hidalgo als auch Staatspräsident Emmanuel Macron haben bereits angekündigt, noch vor der Eröffnung der Spiele ebenfalls in der Seine baden zu gehen.
/ausland/europa/paris-seine-olympische-spiele-100.html
2024-05-02
Die Gefahr kommt vom Meer
Südkoreanische Grenzinseln
Auf der südkoreanischen Inselgruppe Yeongpyeong erleben die Menschen unmittelbar, wie oft Nordkorea das Nachbarland provoziert. Drei Kilometer trennen die Inseln vom Norden. Wie lebt man dort mit dem fast täglichen Beschuss? Von K. Erdmann.
Auf der südkoreanischen Inselgruppe Yeongpyeong erleben die Menschen unmittelbar, wie oft Nordkorea das Nachbarland provoziert. Drei Kilometer trennen die Inseln vom Norden. Wie lebt man dort mit dem fast täglichen Beschuss? Von Kathrin Erdmann Zweimal am Tag legt die Fähre von Incheon an der Westküste Südkoreas ab in Richtung der Yeongpyeong-Inseln. Bis zur größten, der Daeyeongpyeong, sind es gut zwei Stunden Fahrt. Sie ist nur sieben Quadratkilometer groß und für den demokratischen Süden strategisch wichtig, denn wenige Kilometer Luftlinie entfernt erheben sich Inseln aus dem Meer, die zu Nordkorea gehören. Bunker, Tunnel und viele Soldaten Daeyeongpyeong lebt vom Militär. Rund ein Drittel der 2000 Menschen auf der Insel sind Soldaten oder Militärangehörige. Wer die Aussichtsplattform in der Mitte der Insel besucht, sieht überall Tunnel in Tarnfarben, hier und da einen Bunker. Im Inselcafé hängen an einer Gitterwand hunderte Post-it-Friedenstauben und Herzchen in gelb und lila. Soldaten und ihre Freundinnen haben Wünsche und Botschaften geschrieben, bekunden ihre Liebe und hoffen auf Frieden, den es de facto zwischen Nord- und Südkorea seit dem Ende des Krieges 1953 noch immer nicht gibt, sondern nur einen Waffenstillstand. Wegen der exponierten Lage des Cafés auf einer Anhöhe muss es täglich ab 17.00 Uhr schließen. Young Ae steht entspannt hinter der Espressomaschine. "Wenn der Norden Militärübungen macht, hören wir das immer", sagt sie, "dann mache ich mir auch kurz Sorgen, aber die vergehen auch schnell wieder, und der Alltag kehrt zurück." Zuflucht im Schutzbunker Einen größeren Schreck habe sie Anfang Januar bekommen, als 200 Artilleriegranaten in der Pufferzone einschlugen, auf Daeyeongpyoeng Alarm ausgelöst wurde und sich die Menschen in Sicherheit bringen sollten. Drei Stunden habe sie daraufhin im Schutzbunker gesessen und sich, wie wahrscheinlich auch andere Bewohnerinnen, gefragt, warum die Menschen im restlichen Südkorea ein so sorgloses Leben führen können und sie nicht. Park Hee Sook haben die Ereignisse im Januar nicht aus der Ruhe gebracht. Sie zeigt den Schutzbunker unterhalb ihres Hauses. Die Stahltür ist, anders als üblich, nur angelehnt. Zumindest der Vorraum ist geöffnet. Dort stehen links in einem Regal ordentlich aufgereiht etwa 50 Paar Hausschuhe. Sie schätzt die Gefahr einer Attacke nicht größer ein als anderswo: "Südkorea ist ein kleines Land, und wir sind nirgendwo sicher." Aber warum sollte Nordkorea eine kleine Insel eher attackieren als das Festland und Seoul, fragt sie sich. Dennoch hat sie noch gut einen wesentlich schwereren Zwischenfall auf Daeyeongpyoeng in Erinnerung. Im Herbst 2010 reagierte der Norden auf Militärübungen des Südens mit Artilleriefeuer. Mehrere Häuser wurden in Brand gesetzt, vier Menschen starben, achtzehn wurden verletzt. Park Hee Sook zog daraufhin für drei Monate aufs Festland und sagt, sie sei auch danach noch lange bei jedem Geräusch zusammengezuckt.  Auf den Ernstfall vorbereiten Die Insel hat insgesamt sieben Schutzbunker, die so ausgestattet sind, dass alle Bewohner mindestens für einen halben Tag gut versorgt werden können. Lee Han Byul arbeitet bei der Stadtverwaltung und ist für zwei Jahre nach Daeyeongpyoeng abgeordnet. Er führt durch einen der Bunker für 150 Menschen. In einem Raum hängen Gasmasken, im nächsten stehen Notfallbetten, dazu jede Menge verschiedene Nahrungsmittel, eine Hifi-Anlage für Fernsehen und Radio. Außerdem gibt es zwei graue Telefone - eines für die Bewohner der Insel, eines für das Militär - und ein Satellitentelefon. Lee Han Byul glaubt, dass sie auf Daeyeongpyeong sehr gut auf einen möglichen Angriff vorbereitet sind. Die Marine trainiere ständig, gerade im Norden gebe es viele Militärbasen und sogar eine Panzerhaubitze. Im Notfall könne sogar eine Rakete Richtung Norden abgefeuert werden. Regelmäßige Evakuierungsübung Weil es in einem solchen Notfall das Ziel ist, die Bewohner so schnell wie möglich von der Insel zu bringen, wird auch das regelmäßig geübt, alle drei Monate einmal - die Teilnahme ist freiwillig. Ein gutes Dutzend Menschen ist der Aufforderung gefolgt. Sie sitzen an einem Vormittag am Hafen in einem Luftkissenboot. Als das Schiff ablegt, schauen die Koreanerinnen in der ersten Reihe abwechselnd nach links und rechts und unterhalten sich darüber, wie sie verfärbte Wäsche wieder weiß bekommen. Das Reden mit Journalisten überlassen sie den Männern. Die sind eher still, aber einer von ihnen sagt, ihm gebe die Übung Sicherheit, auch wenn die Gruppe im Grunde nur 20 Minuten um die eigene Insel gefahren wird. Polizeihauptmeister Choi Gwang Seok, der vorher sichtlich angespannt war, hat nun ein Lächeln im Gesicht. Alles habe gut geklappt. Willkommensgruß und Minenwarnung Pro Jahr überqueren, meist in Holzbooten, ein bis zwei Nordkoreaner die Seegrenze und stranden im Süden. Schwimmen ist nach Einschätzung von Anwohnern wegen der Strömung zu schwierig. Wenn ein Nordkoreaner an dem breiten Strand aus Sand und Kieselsteinen ankommt, sieht er als erstes ein Schild: "Willkommen in dem freien Land Südkorea. Bitte drücken Sie den Kopf neben dem Telefon, und wir werden sie weiterleiten." Was der Geflüchtete nicht sieht, ist ein weiteres Schild auf der zum Strand hinführenden Seite. Dort wird vor nordkoreanischen Minen gewarnt, die immer wieder angespült werden und sich in den Kieselsteinen verbergen könnten. Ein Restaurantbesitzer vertritt sich in der Mittagspause am Strand die Füße. Im Sommer gingen hier alle schwimmen, Minen hin oder her. Ihm mache die geringe Entfernung zum Norden auch keine Angst: "Beide Länder wissen, dass es im Falle eines Konflikts kein Ende gibt, dann wird das ein richtig großer Krieg, deshalb mache ich mir keine großen Sorgen."
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2024-05-02
Jetzt helfen nur noch schmutzige Deals
Abkommen mit dem Libanon
Augen zu und durch: Die EU unterstützt jetzt auch den Libanon, damit weniger Geflüchtete nach Europa kommen. So vermeidet sie eine längst überfällige Debatte über funktionierende Asylregeln, meint Kathrin Schmid.
Augen zu und durch: Die EU unterstützt jetzt auch den Libanon, damit weniger Geflüchtete nach Europa kommen. So vermeidet sie eine längst überfällige Debatte über funktionierende Asylregeln. Von Kathrin Schmid, ARD-Studio Brüssel Tunesien, Ägypten, Marokko, Libyen, zuletzt Mauretanien - und jetzt auch noch der Libanon. Man drückt beide Augen immer fester zu, um ein einziges Ziel zu erreichen: weniger Geflüchtete in Europa. Natürlich, die kleine Inselrepublik Zypern hat massive Probleme. Rund 4.000 Syrer sind seit Jahresbeginn vom Libanon aus per Boot übergesetzt. Die Flüchtlingslager sind heillos überfüllt, Asylanträge können nicht mehr bearbeitet werden. Und: Zypern hat das Problem, wie Italien, Malta, Griechenland, dass der Rest des EU-Clubs nicht hilft - oder zu wenig, zu langsam. Zypern steht allein da und ruft um Hilfe. Länder leiden an totalitären Machthabern Und das passt in das Konzept der EU-Kommissionschefin, die wie eine Handelsreisende den außereuropäischen Mittelmeerraum bearbeitet. Im Gepäck: EU-Milliarden und blumige Worte. Es gehe darum, den Libanon, der nach Besserem strebt, politisch und wirtschaftlich zu unterstützen. Was ausgeblendet wird: Viele der Länder leiden vor allem an ihren totalitären Machthabern. So ließ sich die EU bereits mit Tunesiens Staatschef ein, der kurz nach den Familienfotos mit dem EU-Spitzenpersonal, wissen ließ: Sein Land nehme doch "nichts an, was Gnaden oder Almosen ähnelt". Zuvor schon wurde bekannt, dass er Flüchtlinge aus Subsahara-Afrika ohne Wasser in der Wüste aussetzen ließ. Viele Kinder müssen arbeiten Nun der Libanon: Der steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, die eigenen Leute rutschen in immer größere Not. Laut UNICEF sieht sich jede zehnte Familie gezwungen, ihre Kinder arbeiten zu schicken, und all das vor allem wegen jahrzehntelanger Korruption in Politik und Wirtschaft. Laut Human Rights Watch werden Syrer von libanesischen Beamten diskriminiert, zum Teil gefoltert, um sie zur Rückkehr in die Heimat zu zwingen. Alles bekannt - die EU toleriert, dass sich andere für sie die Finger schmutzig machen. So fordert jetzt der zyprische Präsident, man müsse prüfen, ob einige Regionen Syriens - wohlgemerkt des Bürgerkriegslands, aus dem die meisten Menschen genau deshalb Bleiberecht in der EU bekommen - mittlerweile als sicher einzustufen seien und Menschen dorthin zurückkehren könnten. Das UN-Flüchtlingshilfswerk sagt "nein". Solidarität und Asylregeln Wenn aber der libanesische Präsident "den Job" bei sich erledigt, erspart sich die EU eine schmerzhafte Debatte. Zumal auch Tempo entscheidend ist. Europa setzt dringend auf mehr Abschottung. Bis der gerade beschlossene Asyl- und Migrationspakt wirkt, dürften noch ein bis zwei Jahre verstreichen. Selbstverschuldetes Elend: Die EU hat es zuvor jahrelang schleifen lassen, an neuen, funktionierenden Asylregeln zu arbeiten. Genauso wie an der Solidarität unter den 27 EU-Staaten. Weil es damit auch künftig nicht weit her sein dürfte, helfen jetzt wohl nur schmutzige Deals. Die Mehrheit der EU-Staaten zumindest will es so - und sollten dann bitte nichts beschönigen.
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2024-05-02
Wohlhabendere Menschen leben länger
Studie des RKI
Die wirtschaftliche Situation der Menschen wirkt sich auf ihre Lebenserwartung aus. Ärmere Menschen sterben in der Regel früher als reichere. Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts ist der Abstand gewachsen.
Die wirtschaftliche Situation der Menschen wirkt sich auf ihre Lebenserwartung aus. Ärmere Menschen sterben in der Regel früher als reichere. Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts ist der Abstand gewachsen. Menschen aus sozial benachteiligten Wohngebieten sterben im Allgemeinen früher als Menschen aus wohlhabenden Gegenden. Diese Unterschiede haben sich in den vergangenen Jahrzehnten laut einer Studie verschärft. Ein Team unter Federführung des Robert Koch-Instituts (RKI) berichtete im Fachblatt "The Lancet Public Health", dass die Lebenserwartung zwischen 2003 und 2019 im Durchschnitt zwar leicht gestiegen sei. Bei Menschen aus ärmeren Wohngegenden stieg sie aber langsamer oder stagnierte sogar. 2003 unterschied sich die Lebenserwartung von Frauen aus den am meisten und den am wenigsten benachteiligten Gegenden noch um 1,1 Jahre. 2019 waren es bereits 1,8 Jahre. Auch bei Männern wuchs der Abstand - von drei Jahren Unterschied im Jahr 2003 auf 3,1 Jahre im 2019. Krebs, Herzerkrankungen und Covid-19 als treibende Faktoren Nach 2019 verschärfte die Corona-Pandemie die Situation weiter. In den folgenden Jahren "vergrößerte sich der Abstand noch schneller auf 2,2 Jahre bei Frauen und 3,5 Jahre bei Männern im Jahr 2021", heißt es in der Studie unter RKI-Federführung. So starb ein Mann in einer benachteiligten Gegend 2021 durchschnittlich 3,5 Jahre früher als ein Mann aus reicherer Gegend. Die grundsätzliche Zunahme der Ungleichheit führt das Forscherteam maßgeblich auf Entwicklungen der Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs, insbesondere Lungenkrebs, zurück. Demnach starben im Laufe der Zeit zwar insgesamt weniger Menschen an diesen Krankheiten. Allerdings sank die Sterblichkeit bei Menschen aus benachteiligten Gebieten weniger stark als bei Menschen aus wohlhabenderen Gegenden. Den Anstieg während der Corona-Pandemie begründen die Forschenden damit, dass die Covid-19-Sterblichkeit in sozioökonomisch benachteiligten Regionen besonders hoch gelegen hat. Bildung und Einkommen als Marker für Benachteiligung Für die Studie, an der auch das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung und die Medizinische Hochschule Hannover beteiligt waren, wurden Daten von allen Menschen mit Wohnsitz in Deutschland untersucht, die zwischen Anfang 2003 und Ende 2021 verstorben waren. Die Daten beruhen auf Angaben des Statistischen Bundesamtes. Zusätzlich verwendeten die Forschenden einen am RKI entwickelten Datensatz zur Erfassung regionaler sozioökonomischer Benachteiligung. Er gibt Auskunft über Bildungsabschlüsse, Beschäftigung und Einkommen in verschiedenen Regionen Deutschlands.
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2024-05-02
Wo Camping in Deutschland am günstigsten ist
Urlaubstipps
Die Campingpreise in Deutschland steigen, am stärksten in Hamburg. Doch es gibt auch günstige Alternativen. Experten raten außerdem dazu, unter anderem frühzeitig zu buchen.
Die Campingpreise in Deutschland steigen, am stärksten in Hamburg. Doch es gibt auch günstige Alternativen. Experten raten außerdem dazu, frühzeitig zu buchen und Ausweichen von Tourismushochburgen. Camping-Urlauber müssen in diesem Jahr mit deutlich höheren Preisen rechnen. Im Schnitt seien in der Sommersaison auf deutschen Campingplätze 6,5 Prozent mehr zu zahlen als vor einem Jahr, sagte eine Sprecherin der Internetplattform "camping.info" heute der Nachrichtenagentur dpa. Am teuersten sei es innerhalb Deutschlands weiter in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern, am günstigsten in Thüringen und dem Saarland. Deutlichster Anstieg in Hamburg Hamburg verzeichnet dabei den größten Preisanstieg: In der Hauptsaison müssten zwei Personen inklusive Stellplatz, Caravan, Strom und Ortstaxe mit durchschnittlich 40,74 Euro pro Nacht rechnen - ein Anstieg von gut 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Am zweitteuersten ist es in Mecklenburg-Vorpommern mit 32,45 Euro. Gegenüber 2023 stiegen die Preise dort aber nur um 5,7 Prozent. Günstige Alternativen in Thüringen und dem Saarland Für preisbewusste Camper bieten sich Thüringen (23,23 Euro), das Saarland (23,65 Euro) und Sachsen-Anhalt (23,69 Euro) an. Dort sind die Preise am günstigsten. Trotzdem sind auch hier die Preise im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Vor einem Jahr hatte die drei Bundesländer danach noch unter 23 Euro gelegen. "Wer mit kleinem Urlaubsbudget campen möchte, der sollte nach Plätzen abseits der Tourismushochburgen schauen und - wenn möglich - außerhalb der Hauptreisezeiten losfahren", rät Maximilian Möhrle, Geschäftsführer des Reise- und Buchungsportals. "Gerade abseits der Tourismushochburgen finden Camper auch noch preiswerte Campingplätze." Mit der Buchung sollte man aber nicht zu lange warten. "Spontan-Camper müssen im Zweifel mit höheren Preisen oder sogar mit komplett ausgebuchten Plätzen rechnen." Deutschland im europäischen Vergleich Deutschland liegt mit einem bundesweiten Durchschnitt von 27,52 Euro weiterhin im oberen Mittelfeld der europäischen Campingpreise. Italien führt die Liste mit 39,24 Euro pro Nacht an, gefolgt von Kroatien (38,77 Euro) und der Schweiz (38,66 Euro). Erstmals seit Jahren stehe damit nicht die Schweiz an der Spitze der teuersten Campinglänger, so die Sprecherin. Gegenüber 2023 steigen die Kosten dort nur um 1,7 Prozent. Am günstigsten lasse sich in Albanien campen (13,52 Euro), gefolgt von der Türkei (14,59 Euro), wo die Preise gegenüber 2023 unverändert blieben. Für den Vergleich hatte das Portal die Preise von mehr als 20 000 Campingplätzen in 34 Ländern Europas ausgewertet.
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2024-05-02
Estland wirft Russland gezielte GPS-Störungen vor
Vorfälle im Ostseeraum
Mehrfach hat Estland Störungen der GPS-Satellitennavigation im Ostseeraum beobachtet. Außenminister Tsahkna sieht Russland als Drahtzieher - dafür gebe es zahlreiche Beweise. Auch für die Bundeswehr deutet vieles auf den Kreml als Urheber hin.
Mehrfach hat Estland Störungen der GPS-Satellitennavigation im Ostseeraum beobachtet. Außenminister Tsahkna sieht Russland als Drahtzieher - dafür gebe es zahlreiche Beweise. Auch für die Bundeswehr deutet vieles auf den Kreml als Urheber hin. Estlands Außenminister Margus Tsahkna hat dem Nachbarn Russland vorgeworfen, für die schon seit längerem auftretenden Störungen des GPS-Signals im Ostseeraum verantwortlich zu sein. "Wir wissen, dass Russland seit Beginn seiner Aggression in der Ukraine das GPS-Signal stört. In den letzten anderthalb Jahren ist dieses Problem in unserer Region sehr ernst geworden", sagte Tshanka im estnischen Fernsehen. "Teil einer hybriden Aktion" Davon betroffen sei nicht nur Estland, sondern auch Lettland, Litauen, Finnland, Norwegen, Schweden und Polen. "Wenn wir uns die Aktivitäten Russlands ansehen, ist dieser Angriff auf GPS Teil einer hybriden Aktion, die unser Leben stört und alle möglichen internationalen Vereinbarungen bricht", sagte Tsahkna. GPS dürfe gemäß einer Konvention, der auch Russland beigetreten sei, von niemandem gestört werden. Doch gebe es zahlreiche Beweise dafür, dass die Störungen aus der Nähe von St. Petersburg und Pskow sowie aus Kaliningrad kommen, sagte der estnische Außenminister - ohne Details zu nennen. Finnair setzt Flüge nach Tartu aus Das GPS-Signal wird von Flugzeugen etwa zur Bestimmung der eigenen Position und zur Navigation verwendet. Ende vergangener Woche mussten zwei Finnair-Flugzeuge umgeleitet werden, nachdem GPS-Störungen den Landeanflug auf Estlands zweitgrößte Stadt Tartu verhindert hatten. Es ist einer von wenigen Flughäfen in der Region, an denen dafür eine GPS-Verbindung erforderlich ist. Die finnische Fluglinie kündigte deshalb an, ihre Flüge von Helsinki nach Tartu bis 31. Mai auszusetzen. Die Airline erklärte, sie wisse nicht, woher die Störungen stammten. Man habe aber in der Vergangenheit ähnliche Probleme in der Nähe der russischen Exklave Kaliningrad und der Ostgrenze Finnlands zu Russland bemerkt. Behörde spricht von "Nebenwirkung" Nach diesen Vorfällen hatte die estnische Behörde für Verbraucherschutz und technische Regulierung (TTJA) die GPS-Störungen untersucht. Sie geht nicht von einem vorsätzlichen Angriff auf Estland aus. Nach ihrer Einschätzung handelt es sich bei den Signalstörungen um eine "Nebenwirkung" - sie seien wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass Russland seine kritische Infrastruktur vor Angriffen verteidigt und versucht, Drohnen abzuschrecken. Tshakna widerspricht Bericht Dem widersprach Tshakna. Wenn ein äußerer Einfluss das Leben von Menschen gefährde und die Luftfahrt beeinträchtige, handle es sich nicht um einen Übertragungseffekt, betonte er. Auch gebe es keine logische Grundlage und Notwendigkeit, die GPS-Signale in Norwegen, Schweden oder Finnland zu stören. Aus dieser Richtung kämen ebenso wie aus Estland keine Drohnenangriffe, sagte Tshakna. Es sei klar, dass Russland stattdessen austeste, was es Richtung Westen tun könne. Weder der Kreml noch das russische Verteidigungsministerium reagierten bisher auf die Vorwürfe. BDL: Schwerwiegender Eingriff Bereits am Dienstag sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Störungen "mit hoher Wahrscheinlichkeit" auf Russland zurückzuführen seien. "Wir haben keine Einschränkungen, was Navigation und Kommunikation anbetrifft", betonte der Sprecher jedoch mit Blick auf Aktivitäten der Bundeswehr im Baltikum. "GPS-Spoofing oder -Jamming nimmt nach Angaben der europäischen Luftsicherheitsbehörde EASA insbesondere in Grenzregionen zu Russland seit Februar 2022 zu, unter anderem im Baltikum", teilte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) auf Anfrage mit. Grundsätzlich handele es sich dabei um einen schwerwiegenden Eingriff in die Sicherheit der zivilen Luftfahrt und eine Bedrohung für den sicheren Betrieb von zivilen Flugzeugen. Die deutschen Fluggesellschaften analysierten regelmäßig die Risikosituation, so der BDL. Die Crews der Airlines seien für verschiedene potenziell kritische Situationen gut geschult. Komme es zu einer Störung des GPS-Signals, könne die Cockpit-Besatzung den Flug mit konventionellen Navigationshilfen (etwa Trägheitsnavigationssystemen sowie bodengestützten Navigationsanlagen) sicher fortführen. Unter diesen Bedingungen bewerte die EASA die Situation als "nicht unsicher".
/ausland/europa/estland-gps-stoerung-russland-verdacht-100.html
2024-05-02
EU schließt Flüchtlingsabkommen mit dem Libanon
Irreguläre Migration von Syrern
Sie fliehen vor Krieg und Armut aus ihrer Heimat - doch auch im benachbarten Libanon sind die Bedingungen für syrische Geflüchtete prekär. Viele von ihnen wagen die Überfahrt in Richtung EU. Nun soll ein Milliarden-Deal die Menschen zurückhalten.
Sie fliehen vor Krieg und Armut aus ihrer Heimat - doch auch im benachbarten Libanon sind die Bedingungen für syrische Geflüchtete prekär. Viele von ihnen wagen die Überfahrt in Richtung EU. Nun soll ein Milliarden-Deal die Menschen zurückhalten. Die Europäische Union hat mit dem Libanon ein Flüchtlingsabkommen geschlossen. Eine Milliarde Euro sollen zur Beschränkung von irregulärer Migration in das Land fließen. Die EU will damit zur Stabilität des Libanon beitragen. "Gleichzeitig zählen wir auf Ihre gute Kooperation, illegale Migration zu verhindern und das Schleusen von Migranten zu unterbinden", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem Gespräch mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Nadschib Mikati und dem Präsidenten Zyperns, Nikos Christodoulidis, in Beirut. Die Finanzhilfe soll bis 2027 ausgezahlt werden und in Bildung, Gesundheit, Wirtschaft, Sicherheit sowie Grenzschutz fließen. "Darüber hinaus wäre es sehr hilfreich für den Libanon, eine Zusammenarbeit mit Frontex zu schließen", der Grenzschutzagentur der EU, erklärte von der Leyen. Die Union wolle im Gegenzug legale Migrationswege aufrechterhalten und Aufnahmeprogramme für syrische Geflüchtete ermöglichen. In den vergangenen Jahren sind viele Flüchtlinge über den Libanon nach Zypern gekommen. Der Libanon und Zypern sind über das Mittelmeer nur einige hundert Kilometer Luftlinie voneinander entfernt. Insbesondere syrische Geflüchtete wählen daher diese Strecke, um nach Zypern und damit in die EU zu gelangen. Mehr als 1,5 Millionen syrische Geflüchtete im Libanon Der Libanon hat seit 2011 mehr als 1,5 Millionen syrische Geflüchtete aufgenommen. Sein Land trage damit die Hauptlast, erklärte Premier Mikati. Das übersteige die Kapazitäten. Vertriebene machten inzwischen ein Drittel der gesamten Bevölkerung aus - mit Folgen für Wirtschaft, Infrastruktur, Sicherheit und Stabilität des Landes. Mikati warnte, der "Feuerball" werde sich nicht auf den Libanon beschränken, die Sicherheit des Libanon und die Europas seien verbunden. Sollte die EU nicht handeln, warne er davor, "dass der Libanon zu einem Transitland von Syrien nach Europa wird. Und die Probleme an der zyprischen Grenze sind nur ein Beispiel dafür, was passieren kann, wenn dieses Problem nicht schnell angegangen wird." Hohe Zahl an Asylanträgen auf Zypern Nach Angaben von Zyperns Präsident Christodoulidis kamen in den vergangenen Monaten fast täglich Syrer aus dem etwa 160 Kilometer entfernten Libanon mit Booten auf der Insel im östlichen Mittelmeer an. Seit Jahresbeginn wurden bereits etwa 4.000 Migranten gezählt - im ersten Quartal des Vorjahres waren es lediglich 78. In absoluten Zahlen kamen zwar deutlich weniger Migranten an als in Italien, Spanien und Griechenland. Gemessen an der Einwohnerzahl werden aber nirgendwo in der EU so viele Asylanträge gestellt wie auf Zypern. Die wachsende Zahl syrischer Flüchtlinge aus dem Libanon sei nicht mehr tragbar, hieß es von der zyprischen Regierung. Die Flüchtlingslager seien überfüllt. Sie forderte ein Handeln der EU. EU setzt auch auf freiwillige Rückkehr nach Syrien Der Ministerpräsident des Libanon, Mikati, bedankte sich beim zyprischen Präsidenten dafür, den Wandel in den Beziehungen mit der EU erreicht zu haben. In einem ersten Schritt sei es notwendig, in der EU und international anzuerkennen, "dass die meisten Regionen in Syrien sicher geworden sind, was die Rückkehr von Vertriebenen ermöglicht". Syrer, die den Libanon nach 2016 erreicht hätten, seien aus ökonomischen Gründen gekommen, sie seien keine Flüchtlinge. Er rufe daher die EU auf, die Unterstützung in Syrien zu verstärken und zur freiwilligen Rückkehr zu ermutigen. "Wir verstehen die Herausforderungen", sagte von der Leyen. Seit 2011 habe die EU den Libanon mit 2,6 Milliarden Euro unterstützt. Die EU werde analysieren, wie sie Hilfen effektiver gestalten könne. Das beinhalte auch die freiwillige Rückkehr nach Syrien in enger Zusammenarbeit mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und den Wiederaufbau in Syrien. NGO: Mittel für humanitäre Hilfe im Libanon gehen zurück Nichtregierungsorganisationen befürworten zusätzliche Unterstützung für den Libanon, kritisieren aber die Stoßrichtung der EU. Neben den vielen Geflüchteten sei auch die einheimische Bevölkerung des Libanon in immer größerer Not. "Doch die Mittel für humanitäre Hilfe gehen seit Jahren zurück. Das schürt Spannungen zwischen Einheimischen und den Geflüchteten", erklärte Ahmad Safi, Programmverantwortlicher der Diakonie Katastrophenhilfe in der Region. Auch die Hilfsorganisation "Brot für die Welt" fordert von der EU, die humanitäre Hilfe auszubauen und Aufnahmeprogramme ermöglichen. In Syrien selbst bleibe die Lage vielerorts verheerend. Eine Rückkehr sei mit hohen Gefahren verbunden, da der Konflikt nicht beigelegt sei. Migrationsabkommen unter anderem mit Tunesien und Ägypten Der Libanon ist nicht das einzige Land, das ein Migrationsabkommen mit der EU unterhält. Zuletzt hatte die EU im März ein 7,4 Milliarden Euro schweres Partnerschaftsabkommen mit Ägypten geschlossen. Dafür soll Kairo die Migration in Richtung Europa eindämmen. Vorbilder sind Migrations- und Wirtschaftsabkommen mit der Türkei sowie Tunesien und Mauretanien. Flüchtlingsorganisationen üben immer wieder Kritik an den Abkommen und der Menschenrechtslage in den Drittländern.
/ausland/europa/libanon-fluechtlingsdeal-von-der-leyen-100.html
2024-05-02
Lieferungen aus Deutschland an russische Militärfirma?
Radioaktives Material
Der Handel mit radioaktiven Substanzen zwischen russischen Firmen und einer Brennelementefabrik in Niedersachsen geht weiter. Laut SWR sind offenbar auch Lieferungen an ein Unternehmen geplant, das eng mit dem Militär kooperiert.
Der Handel mit radioaktiven Substanzen zwischen russischen Firmen und einer Brennelementefabrik in Niedersachsen geht weiter. Laut SWR sind offenbar auch Lieferungen an ein Unternehmen geplant, das eng mit dem Militär kooperiert. Von Nick Schader, SWR Trotz des Angriffkriegs gegen die Ukraine sind offenbar weitere Transporte von radioaktivem Material zwischen Deutschland und Russland geplant. Das haben Recherchen des SWR ergeben. Demnach sind "bis zu fünf" Transporte von radioaktivem Material von der Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen an eine russische Firma von niederländischen Behörden genehmigt worden. Ziel der Lieferungen ist eine Firma, die enge Verbindungen zum russischen Militär haben soll. Die Genehmigungen liegen dem SWR vor. Hintergrund ist, dass diese Transporte über Rotterdam abgewickelt werden sollen. Zwei Frachtschiffe verkehren nach SWR-Informationen dafür zwischen Sankt Petersburg und Rotterdam oder Dünkirchen in Frankreich. Über diesen Weg wird auch regelmäßig Uran aus Russland nach Lingen geliefert. Dabei handelt es sich um russisches Uran, das in Frankreich und im deutschen Lingen zur Produktion von Brennstäben für Kernkraftwerke verwendet wird. Im nun vorliegenden Fall sollen, laut den niederländischen Dokumenten, "uranhaltige Produkte" von der Brennelementefabrik Lingen an das Unternehmen MSZ Machinery in Elektrostal in der Nähe von Moskau geliefert werden. Die russische Militärfirma MSZ Das Unternehmen MSZ arbeitet nach SWR-Recherchen direkt für das russische Militär. In den Fabrikhallen, rund 50 Kilometer östlich von Moskau, wird radioaktives Material wieder aufbereitet. In einem Firmenvideo erklärt ein leitender Mitarbeiter: "Nach der Aufbereitung erhalten die Kerntechniker Uranoxid […]. Es dient dem Bau von Atombomben und als Brennstoff für Kernkraftwerke." Das Werk soll zudem laut unbestätigten Berichten auch Brennstäbe für Atom-U-Boote produzieren. Der Umweltaktivist und frühere Nawalny-Mitarbeiter Alexej Schwarz hat zu dem Unternehmen recherchiert: "MSZ verfügt über eine Lizenz zur Nutzung von Atomenergie zu Verteidigungszwecken, zur Herstellung von nuklearen Waffen und nuklearen Energieanlagen für militärische Zwecke. Jede Verbindung mit Rosatom ist eine Investition in russische Atomwaffen." Er fordert: "Deutschland sollte die Zusammenarbeit sofort einstellen." Zuständig für die Aufsicht über die Brennelemente-Fabrik Lingen ist unter anderem das niedersächsische Umweltministerium. Umweltminister Christian Meyer erklärt, dass grenzübergreifende Uran-Transporte vom Bund bzw. der EU geregelt würden. Ihm seien daher die Hände gebunden. Doch er kritisiert deutlich: "Gerade der Atombereich Russlands ist eng mit dem verbrecherischen Angriffskrieg auf die Ukraine und der militärischen Nutzung für Atombomben verbunden. Statt Uran, radioaktives Material oder Kernbrennstäbe mit Russland auszutauschen, sollten auch der Nuklearsektor von der EU mit Sanktionen belegt werden, wie es Vizekanzler Robert Habeck mehrfach forderte." Bisher keine EU-Sanktionen im Atomsektor Der SWR hat die zuständigen Bundesbehörden und Ministerien zu den Transporten von Lingen nach Russland um Stellungnahme gebeten. Im Kern verweisen alle unisono auf die EU. Da es bisher keine EU-Sanktionen gegenüber Russland im Nuklearsektor gäbe, könnten Uran-Transporte nicht einfach verboten werden. So schreibt unter anderem das Bundesumweltministerium: "Über die Fortentwicklung der Sanktionen gegen Russland entscheidet die Europäische Union. Generell ist es nach Auffassung des BMUV eine notwendige Konsequenz aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, die europäische Abhängigkeit von und die Geschäftsbeziehungen mit Russland im zivil-nuklearen Bereich zu reduzieren bzw. abzubrechen." Laut Bundesumweltministerium gab es in der Vergangenheit bereits solche Lieferungen von Lingen an MSZ in Russland. "Handlanger der russischen Rüstungsindustrie" Anti-Atom-Organisationen und Umweltschützer in Lingen kritisieren die geplanten Transporte scharf. Die Brennelemente-Fabrik in Lingen mache sich mit den geplanten Exporten zum Handlanger der russischen Rüstungsindustrie, sagt Julian Bothe von der Organisation "ausgestrahlt". "Das Uran aus Lingen droht in russischen Atomwaffen und in Atom-U-Booten der russischen Marine eingesetzt zu werden. Die beantragten Uran-Exporte verstoßen deshalb klar gegen deutsche und europäische Sanktionsregeln", sagt Bothe. Alexander Vent protestiert seit Jahren mit der örtlichen Bürgerinitiative AgiEL gegen die Brennelementefabrik. "Schon jetzt gerät die Region Lingen wegen der Brennelementefabrik in den Fokus russischer Interessen. Dass jetzt noch militärische Verstrickungen hinzukommen sollen, verschärft die Situation zusätzlich. Die Bundesregierung muss diesem Treiben ein Ende machen und die Brennelementfabrik endlich schließen." Der Besitzer der Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen, der französische Konzern Framatome, betreibt nach wie vor einen regen Uran-Handel mit russischen Staatsunternehmen. Dass dabei auch Exporte von Lingen nach Russland geplant seien, bestreitet das Unternehmen nicht. Der Zeitpunkt sei allerdings offen: "Framatome erfüllt die europäischen und staatlichen Anforderungen und hält alle internationalen Sanktionen ein." Man könne keine konkreten Transporttermine nennen, es sei "derzeit" kein Urantransport von Lingen zu MSZ geplant.   Uran-Handel geht weiter In der Brennelemente-Fabrik im niedersächsischen Lingen werden unter anderem aus russischem Uran Brennstäbe für Kernreaktoren hergestellt. Dafür wird regelmäßig Uran per Schiff aus Russland angeliefert, auch derzeit noch. Bei den geplanten Exporten handelt es sich nach SWR-Informationen um "radioaktive Produktionsreste", die in Russland wiederaufbereitet werden sollen. Auf EU-Ebene wird schon länger gefordert, dass auch der Nuklear-Sektor in Russland sanktioniert werden müsse. Bisher scheiterte das stets am Veto aus Ungarn. Aber auch Frankreich gilt als Gegner von Sanktionen, wegen seiner engen "Atom-Verbindungen" mit dem russischen Staatskonzern Rosatom. Das Unternehmen MSZ in Elektrostal gehört einer Tochterfirma von Rosatom.
/investigativ/swr/uran-brennelemente-deutschland-russland-100.html
2024-05-02
Die möglichen Kosten der Cannabis-Legalisierung
Drogenkonsum in Deutschland
Nach der Teillegalisierung von Cannabis rechnen Experten mit mehr Konsumenten. Dies könnte neue volkswirtschaftliche Kosten verursachen - unter anderem durch nötige Ausgaben für Suchtprävention. Von Mona Botros.
Nach der Teillegalisierung von Cannabis rechnen Experten mit mehr Konsumenten. Dies könnte neue volkswirtschaftliche Kosten verursachen - unter anderem durch nötige Ausgaben für Suchtprävention. Von Mona Botros, NDR Seit dem 1. April dieses Jahres ist es in Deutschland für Volljährige legal, Cannabis für den privaten Konsum zu besitzen. Mögliche Kosten der Legalisierung für Gesellschaft und Wirtschaft sind in der Debatte um das Gesetz zur Freigabe und seine Folgen bislang nicht konkret benannt worden. Nach Recherchen des ARD-Wirtschaftsmagazins Plusminus könnten solche Kosten aber entstehen. Dies bestätigen Experten wie Tobias Effertz von der Universität Hamburg. Der Wirtschaftswissenschaftler forscht unter anderem zu den Folgen des Drogenkonsums. Aufgrund des einfacheren Zugangs zu Cannabis und der Entwicklung eines "grauen Marktes" für die Droge erwartet Effertz steigende Konsumentenzahlen. Damit verbunden seien deutlich höhere Kosten im Gesundheitssektor durch die Behandlung von Erkrankungen, die mit Cannabis verbunden sind. Hunderttausende mit schädlichem Konsum "Im Weiteren ist mit höheren Kosten durch Produktivitätsverluste zu rechnen. Die belaufen sich jetzt schon auf circa 1,5 Milliarden Euro pro Jahr", sagt Effertz. Damit ist etwa eine Arbeitslosigkeit gemeint, die aus einer Drogensucht resultiert. Seine Berechnung beruhe auf Suchtstatistiken, wonach es in Deutschland aktuell etwa 600.000 Menschen mit "schädlichem Cannabiskonsum" gebe. Das sind volkswirtschaftliche Kosten, die im neuen Cannabis-Gesetz offenbar nicht berücksichtigt wurden. Auf Anfrage von Plusminus schreibt das Bundesgesundheitsministerium, "für die Finanzierung der medizinischen Behandlungen von Suchterkrankungen bzw. ambulanter und stationärer Therapien" seien die "Sozialversicherungsträger, in der Regel die Krankenkassen und die Rentenversicherungsträger" zuständig. Prävention kostet Geld Um einen steigenden Konsum abzuwenden, fordert der Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Uniklinikum Würzburg, Marcel Romanos, mehr Einsatz in der Prävention. Selbst Studien des Bundesgesundheitsministeriums hätten gezeigt, dass der Konsum von Cannabis bei Kindern und Jugendlichen steigen werde. Das bedeute "mehr Kinder mit Angsterkrankungen, mehr Kinder mit Depressionen, mehr Kinder mit Psychosen" so der Mediziner. Und das verursacht Kosten. Als Gegenmaßnahme rät Romanos zu verstärkter Aufklärung: "Es ist überhaupt nicht trivial, Prävention verfügbar zu machen und in der Fläche zu implementieren. Und ja, das kostet Geld." Hierfür hat die Bundesregierung in Zusammenhang mit dem Cannabisgesetz im ersten Jahr sechs Millionen Euro vorgesehen. Was kommt auf Länder und Kommunen zu? Grundsätzlich verweist das Bundesgesundheitsministerium gegenüber Plusminus jedoch auch hier auf andere Kostenträger, denn: "Maßnahmen zur Suchtprävention und Suchtberatung werden überwiegend im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge durch Länder und Kommunen finanziert." Ob und in welcher Höhe einem Land oder einer Kommune durch das Cannabisgesetz zusätzliche Kosten für Suchtprävention und -beratung entstehen, sei seitens des Bundes nicht pauschal zu beantworten, so das Ministerium in einer Stellungnahme. Doch die Bundesregierung sieht auch große Einsparpotentiale durch das neue Gesetz. So hat sie eine Kosteneinsparung in Höhe von 225 Millionen Euro in der Justiz errechnet. Hintergrund sei eine "stark verringerte Anzahl der gerichtlichen Strafverfahren wegen cannabisbezogener Delikte". Eine Einschätzung, die der ehemalige Oberstaatsanwalt Walter Schmengler nicht teilt. Viele Jahre lang ermittelte er zu Drogendelikten in Koblenz. Heute berät er den Bund Deutscher Kriminalbeamter und wirkt mit an den Positionspapieren des Verbandes zur Cannabislegalisierung. Notfalls soll nachgebessert werden Aufgrund der 37 Bußgeld-Tatbestände im neuen Gesetz erwartet Schmengler eine erhebliche Mehrarbeit für die Polizei. Zudem rechne er mit einem Aufblühen der organisierten Kriminalität. Dies hätte umfangreichere Verfahren mit Auslandsbezügen und Rechtshilfeersuchen zur Folge. "Die Anzahl der Beamten, die man zur Bearbeitung derartiger Verfahren benötigt, wird die Einsparungen im Bereich der Konsumdelikte mit Sicherheit übersteigen", so die Prognose von Schmengler. Welche Folgen tatsächlich eintreten werden, ist gegenwärtig ungewiss. Vor dem Bundesrat versprach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, nach 18 Monaten würden die Auswirkungen des Cannabis-Gesetzes erstmals evaluiert werden - und notfalls würde nachgebessert.
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2024-05-02
Schweiz lädt offiziell zur Ukraine-Konferenz ein
Russlands Angriffskrieg
Im Juni soll erneut über einen Frieden in der Ukraine gesprochen werden: Die Schweiz hat offiziell zu einer Konferenz geladen und mehr als 160 Einladungen verschickt - an Russland allerdings nicht. Moskau solle aber einbezogen werden.
Im Juni soll erneut über einen Frieden in der Ukraine gesprochen werden: Die Schweiz hat offiziell zu einer Konferenz geladen und mehr als 160 Einladungen verschickt - an Russland allerdings nicht. Moskau solle aber einbezogen werden. Die Schweiz hat mehr als 160 Delegationen offiziell zur geplanten Ukraine-Konferenz eingeladen. Sie findet am 15. und 16. Juni in einem Nobelhotel am Vierwaldstättersee - dem "Bürgenstock Resort" - statt und wurde auf Bitten der Ukraine organisiert. Das Treffen finde auf Ebene der Staats- und Regierungschefs und -chefinnen statt, teilte das Außenministerium in Bern mit. Ziel sei es, ein gemeinsames Verständnis für einen möglichen Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine zu entwickeln. Die Konferenz solle einen Friedensprozess anstoßen. Schweiz: Moskau hat mehrfach eine Teilnahme abgelehnt "Russland wurde zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingeladen", hieß es. Das Schweizer Außenministerium verwies darauf, dass Moskau mehrfach öffentlich eine Teilnahme abgelehnt habe. Allerdings hieß es weiter: "Die Schweiz ist überzeugt, dass Russland im Verlauf dieses Prozesses miteinbezogen werden muss. Ein Friedensprozess ohne Russland ist undenkbar." Grundlage der Diskussionen ist die Friedensformel, die der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Herbst 2022 bei den Vereinten Nationen vorgestellt hat. Kiew verlangt, dass Aggression bestraft, Leben geschützt, Sicherheit und territoriale Integrität wiederhergestellt und Sicherheit garantiert werden.  Ukraine: Krieg nur beidseitig beenden Die Konferenz ziele nicht darauf ab, Russland einzubinden, sondern solle Länder zusammenbringen, die ein gemeinsames Verständnis für die Schritte zu einer Lösung haben, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba der US-Zeitschrift "Foreign Policy". Danach werde es eine Kommunikation mit Russland geben, und Moskau könne an Verhandlungen beteiligt werden. Natürlich sei es so, dass man den Krieg nicht ohne Beteiligung beider Seiten beenden könne, sagte Kuleba. Chinas Teilnahme offen Der Kreml reagierte: "Wir verstehen nicht, was für ein Meilenstein das sein soll, diese Friedenskonferenz?", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. "Wie kann man von einer ernsthaften Konferenz mit ernsthaften Ergebnissen reden ohne eine Beteiligung Russlands?" Die russische Haltung hat insofern Gewicht, weil China eine Friedenskonferenz verlangt, die für beide Seiten, Russland wie die Ukraine, annehmbar ist. Deshalb ist eine Teilnahme Chinas offen. Ziel des Treffens in der Schweiz ist aber, gerade bei bisher russlandfreundlichen oder neutralen Staaten wie China, Indien, Brasilien oder Südafrika Verständnis für die ukrainische Position zu wecken.
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2024-05-02
Mehr Vorsorge soll Zahl der Suizide senken
Strategie gegen Selbsttötungen
Jährlich nehmen sich mehr als 9.000 Menschen in Deutschland das Leben. Mit der Nationalen Suizidpräventionsstrategie will die Bundesregierung versuchen, die Zahl zu senken. So sollen unter anderem Beratungsangebote gestärkt werden.
Jährlich nehmen sich mehr als 9.000 Menschen in Deutschland das Leben. Mit der Nationalen Suizidpräventionsstrategie will die Bundesregierung versuchen, die Zahl zu senken. So sollen unter anderem Beratungsangebote gestärkt werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat eine Nationale Suizidpräventionsstrategie der Bundesregierung vorgestellt. Der SPD-Politiker kommt damit einer Forderung des Bundestags nach. So sollen unter anderem eine bundesweite Koordinierungsstelle für Beratungs- und Kooperationsangebote, eine zentrale deutschlandweite Krisendienst-Notrufnummer sowie Schulungen für Fachkräfte in Gesundheitswesen und Pflege geschaffen werden. Auch die Forschung zu Suizidversuchen und Suiziden soll ausgebaut werden. Die Strategie stützt sich unter anderem auf Empfehlungen aus Wissenschaft, Politik und von Beratungsstellen. Zugang zu bestimmten Orten beschränken Darüber hinaus plädiert der Minister für "methodenbegrenzende" Maßnahmen, also Zugangsbeschränkung zu Mitteln und Orten für einen Suizidversuch, darunter Gleisanlagen, Brücken oder Hochhäuser. Geprüft werden soll auch die Einrichtung eines pseudonymisierten Suizidregisters - unter anderem, um Risikogruppen leichter zu erkennen. Lauterbach: Hilfsangebote besser bündeln Lauterbach erklärte, das Schicksal der Betroffenen, der Angehörigen und Hilfskräfte dürfe der Gesellschaft nicht egal sein. "Wir müssen das gesellschaftliche Tabu von Tod und Suizid überwinden, psychische Erkrankungen von ihrem Stigma befreien und Hilfsangebote besser bündeln." Jährlich nehmen sich in Deutschland mehr als 9.000 Menschen das Leben; das sind mehr Tote als durch Verkehrsunfälle, Mord und Totschlag sowie illegale Drogen zusammen. 2022 war diese Zahl erstmals wieder auf über 10.000 Suizide geklettert. Mehr als 100.000 Menschen pro Jahr versuchen, sich das Leben zu nehmen. 20 Millionen Euro sind nötig Der Bundestag hatte im vergangenen Juli mit überwältigender Mehrheit beschlossen, dass die Bundesregierung bis Ende Januar ein Konzept zur Vorbeugung und bis Ende Juni auch ein Suizidpräventionsgesetz vorlegen solle. Auch das Nationale Suizidpräventionsprogramm und die Deutsche Akademie für Suizidprävention hatten im vergangenen Herbst mehr Anstrengungen für Suizidvorbeugung in Deutschland gefordert. Nötig seien Bundesmittel von mindestens 20 Millionen Euro. Bestehende niedrigschwellige Hilfsangebote wie die Telefonseelsorge oder die Online-Suizidprävention für junge Menschen "U25" seien überlastet, so die Experten.
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2024-05-02
Faeser verurteilt Aktion gegen Göring-Eckardt
Nach Blockade des Dienstwagens
Nach der Blockade des Dienstwagens von Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt warnt Bundesinnenministerin Faeser vor den Folgen "politischer Aggression". Immer wieder kommt es zu öffentlichen Störaktionen gegen Grünen-Politiker.
Nach der Blockade des Dienstwagens von Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt warnt Bundesinnenministerin Faeser vor den Folgen "politischer Aggression". Immer wieder kommt es zu öffentlichen Störaktionen gegen Grünen-Politiker. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat nach einer Blockade-Aktion gegen Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) gefordert, sich der "zunehmenden Verrohung" entgegenzustellen. "Solche Einschüchterungsversuche haben nichts mehr mit demokratischem Protest zu tun", schrieb Faeser auf der Plattform X (früher Twitter). "Wir sollten nie vergessen, wo politische Aggression hinführen kann. Der zunehmenden Verrohung müssen sich alle Demokraten entgegenstellen." Social-Media-Beitrag auf X von Nancy Faeser: "Solche Einschüchterungsversuche haben nichts mehr mit demokratischem Protest zu tun. Wir sollten nie vergessen, wo politische Aggression hinführen kann. Der zunehmenden Verrohung müssen sich alle Demokraten entgegenstellen. https://t.co/G6Mb5RlFkR" Demonstranten verhindern Abfahrt des Dienstwagens Demonstranten hatten das Auto der Grünen-Politikerin nach einer Partei-Veranstaltung am Samstag im ostbrandenburgischen Lunow-Stolzenhagen bedrängt und sie an der Abfahrt gehindert. Rund 40 bis 50 Demonstranten hatten sich vor dem Veranstaltungssaal versammelt, teilte das Büro von Göring-Eckardt der "Bild"-Zeitung mit. Nach dem Ende der Veranstaltung sei die Bundestagsvizepräsidentin auf dem Rückweg zu ihrem Fahrzeug bedrängt worden. "Mehrere Personen schlugen dabei in aggressiver Stimmung auf das Fahrzeug", erklärte das Büro weiter. Erst als die Polizei Verstärkung gerufen habe, sei die Abfahrt nach 45 Minuten ermöglicht worden. Die Polizei berichtete, dass sich ein 19- und ein 26-jähriger Mann vor und hinter den Dienstwagen gesetzt und die Abfahrt verhindert haben. Die "Märkische Oderzeitung" hatte ebenfalls über den Vorfall berichtet. Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Nötigung Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) führt nach Angaben einer Sprecherin wegen der Blockade ein Ermittlungsverfahren wegen Nötigung gegen zwei Beschuldigte. Zu den näheren Umständen liefen ebenso Ermittlungen wie zur Behauptung eines Beschuldigten, er sei von dem Fahrzeug touchiert worden. Die Grünen-Politikerin forderte einen besseren Schutz. "Die Landespolizeien müssen sich dringend Gedanken darüber machen, wie sie politische Veranstaltungen auf dem Land absichern, und sich auf einheitliche Kriterien verständigen, welche Standards sie dabei eigentlich anwenden", sagte Göring-Eckardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Veranstaltung und auch eine Gegendemo seien angemeldet gewesen; die örtliche Polizei hätte demnach vorbereitet sein können. Dem "Stern" sagte sie in einem Interview: "Da braucht es auch ein stärkeres Bewusstsein der Sicherheitsbehörden." Übergriffe bereits im Januar und Februar Im Januar hatten Bauern Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen nach seiner Rückkehr von einer Privatreise an der Nordseeküste daran gehindert, eine Fähre zu verlassen. Zum Politischen Aschermittwoch im Februar mussten die Grünen wegen massiver Proteste unter anderem von Landwirten eine Veranstaltung in Biberach absagen. In Schorndorf bei Stuttgart war die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang bei einer Veranstaltung ausgepfiffen, beschimpft und an der Abreise gehindert worden. Aus der Union kam Solidarität mit Göring-Eckardt. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, sagte der "Rheinischen Post": "Die Bundestagsvizepräsidentin zu bedrohen und einzuschüchtern, ist absolut inakzeptabel."
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2024-05-02
Wolken, Temperaturen, Wind und Aussichten
Wettervorhersage Deutschland
Am Freitag im Nordosten erst Sonne, später hier und da Schauer oder Gewitter. Im restlichen Land oft stark bewölkt und gebietsweise, zum Teil kräftiger Regen.
Am Freitag im Nordosten erst Sonne, später hier und da Schauer oder Gewitter. Im restlichen Land oft stark bewölkt und gebietsweise, zum Teil kräftiger Regen. In der Nacht zum Freitag sind vom Westen bis in die Mitte, anfangs auch noch im Südosten, weitere und zum Teil heftige Schauer und Gewitter unterwegs. Regional regnet es auch länger und ergiebig. Lokale Überschwemmungen sind möglich. Sonst fällt im Süden noch mancherorts Regen. Im Norden und Nordosten ist es oft nur locker bewölkt oder klar und trocken.   Am Freitag scheint zunächst vom Nordosten bis zur Nordsee noch oft die Sonne. Im Tagesverlauf wird es dann wolkiger und hier und da kommt es zu Schauern oder Gewittern, die kräftig sein können. Im restlichen Land ist es oft stark bewölkt. Im Westen fällt dazu noch gebietsweise, zum Teil kräftiger Regen. Am Nachmittag zieht der Regen Richtung Niederlande ab. Auch von den Alpen bis nach Südostbayern kann es zeitweise regnen. Sonst ist es neben einzelnen Schauern oft trocken und vor allem vom Südwesten bis zur Mitte scheint ab und zu die Sonne. Temperaturen Nacht Die Luft kühlt in der Nacht zu Freitag auf 15 bis 5 Grad ab, mit den mildesten Werten im Nordosten und den kühlsten im Südwesten. Temperaturen Tag Im Nordosten ist es am Freitag noch warm mit bis zu 24 Grad, sonst werden nur noch 11 bis 18 Grad erreicht, mit den niedrigsten Werten am Alpenrand. Wind Am Freitag kommt der Wind meist aus Südwest bis West. Vom Nordosten bis zur Nordsee weht er aus südlichen Richtungen, an der Ostsee auch aus Ost. Er weht schwach bis mäßig, vor allem im Westen und Nordwesten zeitweise auch frisch mit starken Böen. Auf den Bergen im Westen gibt es stürmische Böen. Weitere Aussichten Am Samstag insgesamt wechselhaft und neben Auflockerungen mit freundlichen Abschnitten dichte Wolken mit Schauern. Vor allem im Osten auch einzelne Gewitter. 13 bis 23 Grad. Am Sonntag weiter wechselhaft mit mehr Wolken als Sonne und gebietsweise Regen oder Schauer, vereinzelt mit Blitz und Donner. Im Nordosten etwas freundlicher. 13 bis 23 Grad. Auch am Montag eine Mischung aus Sonne und teilweise dichten Wolken mit Regen oder Schauern, örtlich auch Gewitter. 13 bis 21 Grad.
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2024-05-02
Tarifkompromiss bei der Postbank
Mehr Gehalt und Kündigungsschutz
Der Tarifkonflikt bei der Postbank ist gelöst. Die Beschäftigten erhalten in zwei Stufen 11,5 Prozent mehr Gehalt und einen Kündigungsschutz bis Ende 2027. Die Konzernmutter Deutsche Bank spricht von einem fairen Kompromiss.
Der Tarifkonflikt bei der Postbank ist gelöst. Die Beschäftigten erhalten in zwei Stufen 11,5 mehr Gehalt und einen Kündigungsschutz bis Ende 2027. Die Konzernmutter Deutsche Bank spricht von einem fairen Kompromiss. Nach knapp drei Monaten ist der Tarifkonflikt bei der Postbank beigelegt. Gewerkschaften und Arbeitgeber einigten sich am Morgen in der fünften Verhandlungsrunde auf Gehaltserhöhungen in zwei Stufen sowie einen bis Ende 2027 verlängerten Kündigungsschutz. Die Vereinbarung teilten ver.di und der Deutsche Bankangestellten-Verband (DBV) sowie die Konzernmutter der Postbank, die Deutsche Bank, heute mit. Kundinnen und Kunden können somit aufatmen: Bei beiden Gewerkschaften liefen Urabstimmungen über unbefristete Streiks bei der Postbank. Warnstreiks hatten in der seit 6. Februar laufenden Tarifrunde wiederholt für Einschränkungen im Service gesorgt. Sieben Prozent mehr Gehalt ab Juni Die etwa 12.000 Beschäftigten im Deutsche-Bank-Konzern erhalten nach Angaben der Gewerkschaften in zwei Stufen Lohnsteigerungen um insgesamt 11,5 Prozent. Danach steigen die Gehälter zunächst im Juni um 7,0 Prozent - mindestens aber um 270 Euro - und im Juli 2025 noch einmal um 4,5 Prozent. Beschäftigte können jährlich neu entscheiden, ob sie gegen entsprechenden Entgeltverzicht vier Wochen zusätzlichen Urlaub im Jahr nehmen. Der neue Tarifvertrag gilt rückwirkend ab Februar und hat eine Laufzeit von 26 Monaten bis 31. März 2026. Langfristiger Kündigungsschutz Bei einer Kernforderung kam die Deutsche Bank den Gewerkschaften entgegen: Der ursprünglich bis Ende Januar 2024 befristete Kündigungsschutz wird nun bis 31. Dezember 2027 verlängert. Damit schließt das Geldhaus betriebsbedingte Kündigungen für Tarifmitarbeiter im Bereich ihrer Privatkundenbank in Deutschland bis dahin aus. Die langfristige Absicherung der Arbeitsplätze war den Gewerkschaften wegen der geplanten Filialschließungen besonders wichtig. Die Deutsche Bank hatte angekündigt, bis Mitte 2026 bis zu 250 der 550 Postbank-Filialen zu schließen und dabei auch Personal abzubauen. Die Deutsche Bank sprach von einem "fairen Kompromiss" für beide Seiten. "Dieser Abschluss ist bereits in unseren Finanzplanungen berücksichtigt und ändert nichts an unseren Kostenzielen für dieses und das kommende Jahr", sagte ein Sprecher der Bank der Nachrichtenagentur AFP. Usprungliche Forderung lag bei 15,5 Prozent Ver.di hatte ursprünglich eine Gehaltserhöhung von 15,5 Prozent für die Beschäftigten gefordert, mindestens jedoch eine Anhebung der Monatsgehälter um 600 Euro. Der DBV hatte 14,5 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten von Postbank, Postbank Filialvertrieb, PCC Services und BCB gefordert.
/wirtschaft/unternehmen/tarifvertrag-fuer-postbankbeschaeftigte-100.html
2024-05-02
Ring von Callcenter-Betrügern zerschlagen
Europaweites Netzwerk
Es handelt es sich um den bisher größten Callcenter-Betrug in Europa: Ermittler haben ein Netzwerk von Telefonbetrügern in fünf Ländern aufgedeckt und 21 Personen festgenommen. Die Betrugsmaschen waren vielfältig.
Es handelt es sich um den bisher größten Callcenter-Betrug in Europa: Ermittler haben ein Netzwerk von Telefonbetrügern in fünf Ländern aufgedeckt und 21 Personen festgenommen. Die Betrugsmaschen waren vielfältig. Ermittler aus Deutschland und mehreren Balkanländern haben ein großes europaweites Netzwerk von Telefonbetrügern zerschlagen. Es handle sich bei dem Fall um den "wohl europaweit größten Callcenterbetrug", erklärten mehrere baden-württembergische Behörden gemeinsam in Stuttgart. Seit Dezember seien mehr als 100 Beamte im Schichtbetrieb im Einsatz gewesen, sie hätten 1,3 Millionen Telefonbetrugs-Gespräche gesichert. Mitte April habe man bei großangelegten Durchsuchungsmaßnahmen gemeinsam mit Europol in fünf Ländern, vor allem im Westbalkan, 21 Personen festgenommen. Zwölf Callcenter seien zerschlagen worden. Die Betrüger sollen das gesamte Spektrum der Betrugsvarianten abgedeckt haben. Beispielsweise sollen sie sich als nahe Verwandte, Bankangestellte, Mitarbeiter der Verbraucherzentrale oder als Polizisten ausgegeben haben, um Opfer mit Strafandrohungen, Gewinnversprechen oder Inkassoforderungen zu betrügen. Strobl: "Perfide und skrupellos" Ermittler hätten in rund 6.000 Fällen einen Schaden von insgesamt rund zehn Millionen Euro verhindert. Einsätze gab es in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, dem Kosovo und dem Libanon. Koordiniert wurden die Einsätze von einem Staatsanwalt der europäischen Polizeibehörde Europol im niederländischen Den Haag.  "Betrügerische Anrufstraftaten sind besonders perfide und skrupellos, denn sie spielen mit den Ängsten und Nöten der Menschen", erklärte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl. Gegen diese Kriminellen werde "mit aller Härte und Konsequenz" vorgegangen, fügte er hinzu.
/inland/gesellschaft/netzwerk-telefonbetrueger-100.html
2024-05-02
OECD für Reform der Schuldenbremse
Schwaches Wachstum in Deutschland
Die Industrieländer-Organisation OECD erwartet in diesem Jahr für Deutschland ein noch geringeres Wachstum. Reformen etwa der Schuldenbremse seien nötig. Optimistischer sind die Experten für 2025.
Die Industrieländer-Organisation OECD erwartet in diesem Jahr für Deutschland ein noch geringeres Wachstum. Reformen etwa der Schuldenbremse seien nötig. Optimistischer sind die Experten für 2025. Angesichts der Konjunkturflaute in Deutschland hat die Industriestaaten-Organisation OECD der Bundesregierung Maßnahmen zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums nahegelegt. Dazu gehöre eine Reform der Schuldenbremse, um den Spielraum für Nettoinvestitionen zu erhöhen, sagte der OECD-Deutschlandexperte Robert Grundke. Die Finanzierung von geplanten Projekten im Klima- und Transformationsfonds müsse über 2024 hinaus geklärt werden, um Planungssicherheit zu schaffen. Die OECD hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland erneut nach unten korrigiert. Für das laufende Jahr erwarten die OECD-Konjunkturexperten nur noch ein Plus von 0,2 Prozent, wie aus dem heute in Paris veröffentlichten Wirtschaftsausblick hervorgeht. Bereits im Februar hatte die OECD ihre Wachstumsprognose für Deutschland gesenkt, und zwar von 0,6 Prozent auf 0,3 Prozent. Erst für das kommende Jahr rechnet die OECD dann mit mehr Schwung der deutschen Wirtschaft und einem Konjunkturplus von 1,1 Prozent. Industrieproduktion weiter beeinträchtigt Zum Vergleich: Weltweit erwartet die OECD in diesem Jahr ein Wachstum von 3,1 Prozent und 3,2 Prozent im kommenden Jahr. Im Euroraum geht sie von einem Zuwachs von 0,7 Prozent beziehungsweise 1,5 Prozent aus. "Dies liegt daran, dass die Produktion in der energieintensiven Industrie, welche ein größeres Gewicht in der deutschen Wirtschaft hat als in anderen Ländern der Euro-Zone, noch immer beeinträchtigt ist", sagte der OECD-Experte Grundke. Firmen halten sich mit Investitionen zurück Zudem bleibe die Unsicherheit für die Unternehmen und Haushalte hinsichtlich der Finanzierung von geplanten Subventionen und Infrastrukturprojekten hoch. "Dies dämpft die Investitionstätigkeit der Unternehmen und hält den Konsum der Haushalte trotz gestiegener Reallöhne zurück." Als weiteren Grund für die schwache Konjunktur nennt die Organisation die restriktive Fiskalpolitik. "Die Wiedereinsetzung der Schuldenbremse und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, welches die Nutzung von Sondervermögen zur Finanzierung von Ausgaben stark eingeschränkt hat, führen zu einer starken Reduzierung der öffentlichen Ausgaben 2024", sagte Grundke. Bürokratie als Hemmnis Die in Paris ansässige OECD empfiehlt zudem Bürokratieabbau. "Geringere Steuern und Sozialabgaben für untere und mittlere Einkommen sollten durch eine Streichung von verzerrenden und regressiven Steuervergünstigungen, einen effektiveren Steuervollzug und Ausgabensenkungen in anderen Bereichen finanziert werden", sagte Grundke. Außerdem mahnt die Organisation eine schnellere Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung und eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie an. Die Hälfte aller Frauen arbeite Teilzeit in Stellen, für die sie überqualifiziert seien. Die Anreize für das Arbeitsangebot von Frauen im Steuer- und Sozialleistungssystem sollten verbessert werden - etwa durch die Reform des Ehegattensplittings. 2025 stabiles Wachstum erwartet Für das kommende Jahr erwartet die OECD ein stabiles Wachstum der deutschen Exporte. Die sinkende Inflation und steigende Löhne hätten bereits zu einer erhöhten Kaufkraft und einem Anstieg des privaten Konsums geführt, was der Wirtschaft zugutekomme. Private Investitionen werden laut der OECD-Prognose allmählich wieder anziehen - auch im Zuge neuer Lieferketten, der Digitalisierung und des Ausbaus erneuerbarer Energien.
/wirtschaft/konjunktur/oecd-geringeres-wirtschaftswachstum-deutschland-100.html
2024-05-02
Alles aufgebraucht für 2024
Überlastungstag
Früher als im vergangenen Jahr hat Deutschland seine natürlichen Ressourcen für ein Jahr aufgebraucht. Was das bedeutet und wie es um Ressourcen- und Klimaschutz in Deutschland steht. Von Jan Koch.
Früher als im vergangenen Jahr hat Deutschland seine natürlichen Ressourcen für ein Jahr aufgebraucht. Was das bedeutet und wie es um Ressourcen- und Klimaschutz in Deutschland steht. Von Jan Koch, WDR Was heißt Überlastungstag? Das heißt, dass Deutschland heute seine jährlichen Ressourcen aufgebraucht hat und von heute an mehr nutzt als maximal innerhalb eines Jahres nachwachsen kann. Deutschland und seine Bürger haben also mehr Wälder und Bäume abgeholzt, mehr Rohstoffe genutzt, mehr CO2 ausgestoßen als Deutschland rechnerisch zustehen würde. Ab jetzt leben wir quasi auf Pump. Mit dem Verbrauch, den wir als deutsche Gesellschaft haben, bräuchten wir im Jahr drei Welten. Nach Berechnungen von Umwelt- und Klimawissenschaftlern ist das für Deutschland in diesem Jahr sogar früher der Fall als noch im vorigen Jahr. 2023 war der Überlastungstag für Deutschland am 4. Mai. Der symbolische Tag wird jedes Jahr vom Global Footprint Network errechnet und veröffentlicht. Für die ganze Welt gesehen liegt der Tag erst Ende Juli beziehungsweise Anfang August. Welche Rolle spielt Deutschland im Ressourcenverbrauch? Eine Welt ist nicht genug. Nach diesem Motto agieren viele Industriestaaten. Die Umweltorganisation Germanwatch macht auch den Konsum von Fleisch und anderen tierischen Produkten als einen großen Faktor für den raschen Verbrauch natürlicher Ressourcen aus. In Deutschland werden rund 60 Prozent der Agrarfläche für die Produktion von Futtermitteln verwendet, so die Organisation. "Da die einheimischen Futtermittel trotzdem nicht ausreichen, um den hiesigen Bedarf für die Tiere zu decken, werden zusätzlich massiv Flächen im Ausland in Anspruch genommen", erklärt Konstantinos Tsilimekis, Experte für Welternährung und Landnutzung bei Germanwatch. Es würden "Millionen Tonnen Soja für die Verfütterung nach Deutschland importiert. Der Anbau solcher Futtermittel ist seit Jahrzehnten ein zentraler Treiber für die Vernichtung von Wäldern und den Verlust von Biodiversität." Wie sieht es in anderen Ländern aus? Der weltweite Überlastungstag liegt Ende Juli/Anfang August. Vor 25 Jahren lag er noch im Oktober. Deutschland ist wie viele andere Industriestaaten relativ früh schon am Ressourcenlimit angekommen. Parallel zu uns liegt der symbolische Tag in Frankreich auch Anfang Mai. In Katar oder auch in Luxemburg ist er bereits Mitte Februar erreicht, in den USA Mitte März. China hat noch Zeit bis Anfang Juni. Ein Staat wie Indonesien kommt mit seinen Ressourcen fast genau aus. Dort wird der Überlastungstag in diesem Jahr wohl erst Ende November erreicht. Was können wir ändern? Neben dem Fleischkonsum nennen Klimawissenschaftler auch immer wieder den zu hohen Energieverbrauch. Hier sehen viele Lenkungsmöglichkeiten. Die Investition in erneuerbare Energien wird immer wieder als zentraler Punkt genannt. Das müsse aber konsequent passieren, betonen Klimaforschende. Und da gebe es einen Faktor aus dem vergangenen Jahr, der bedenklich stimmen müsse, so Manfred Fischedick, Leiter des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. "Die deutschen Treibhausgasemissionen sind im vergangenen Jahr zwar um mehr als zehn Prozent gegenüber 2022 gesunken. Das klingt erst einmal nach einem großen Erfolg", sagt Fischedick. "Aber es lag nur zu einem kleineren Teil an strukturellen Maßnahmen wie dem weiter dynamisch fortschreitenden Ausbau erneuerbarer Energien. Maßgeblich waren vielmehr der milde Winter, der verstärkte Import von Strom aus den Nachbarländern und vor allem der energiepreisbedingt starke Rückgang der industriellen Produktion." Was bedeutet ein hoher Ressourcenverbrauch für die Umwelt? Ein hoher Ressourcenverbrauch bringt nicht nur das Klima und die Umwelt, sondern auch die Biodiversität ins Ungleichgewicht. Eine neue Modellstudie renommierter Klimaforschender, an der auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung beteiligt war, kommt zu dem Schluss, dass der Klimawandel bis zur Mitte des Jahrhunderts zum Hauptgrund werden könnte, was den Verlust biologischer Vielfalt angeht. In allen Szenarien führten die Auswirkungen des Landnutzungswandels und des Klimawandels kombiniert zu einem Verlust der biologischen Vielfalt in allen Weltregionen, so das Potsdam-Institut. "Die derzeitigen politischen Maßnahmen reichen nicht aus, um die internationalen Ziele für die biologische Vielfalt zu erreichen", sagt Alexander Popp, Professor für nachhaltige Landnutzung und Klimaschutz an der Universität Kassel und Mitautor der Studie. "Es sind viel stärkere Anstrengungen nötig, um den vom Menschen verursachten Verlust der Biodiversität, eines der größten Probleme der Welt, einzudämmen." Welche Projekte gibt es? Geht es um den Holzverbrauch, dann sind Projekte sinnvoll, die Wälder schonen und Abholzung weltweit reduzieren. Da aber Holz weiterhin ein wichtiger Rohstoff ist auch als nachhaltige Alternative im Häuserbau, gibt es immer wieder Initiativen, Holz nachhaltiger anzubauen. Wegrow, ein deutsches Unternehmen aus Tönisvorst in Nordrhein-Westfalen, baut zum Beispiel einen rasant wachsenden Baum, den Kiri-Baum, systematisch auf Agrarflächen an. Dazu werden die kleinen Bäume in wenigen Wochen im Labor gezüchtet, dann im Gewächshaus gepflegt und nach wenigen Monaten verpflanzt. Innerhalb weniger Jahre sind diese Bäume schon mehrere Meter hoch, so hoch wie Eichen oder Birken erst nach Jahrzehnten. "Dieses Holz kann nachhaltig angebaut und dann genutzt werden, so schonen wir Holzressourcen und Wälder auf der ganzen Welt", so das Unternehmen. Ihren eigenen CO2-Fußabdruck, der vor allem durch den Transport größer wird, versuchten sie durch effizienten Transport und die Nutzung regenerativer Energien wie Solarkraft so schmal wie möglich zu halten. Es ist nur eines von vielen Projekten, die versuchen, klima- und ressourcenfreundlich zu sein. Was ist die Kritik am Überlastungstag? Immer wieder werden die Berechnungen des Global Footprint Networks kritisiert. Sie seien zu einfach, Fakten würden miteinander verrechnet, die manchen Experten zufolge nicht in Relation gebracht werden können. Auch das Institut der Deutschen Wirtschaft kritisiert die Berechnungen seit Jahren. "Für den Index werden nachwachsende Ressourcen, nicht-nachwachsende Ressourcen und Emissionen zusammengefasst, obwohl sie sich schlecht vergleichen lassen", schreibt Hubertus Bardt, Geschäftsführer des Insituts bereits 2021. "Der diagnostizierte Überverbrauch von Ressourcen ist vor allem auf die CO2-Emissionen zurückzuführen, nicht auf die Ressourcennutzung. Wir verbrauchen nicht mehrere Erden. Wir haben auch nicht im Frühjahr alle Ressourcen verbraucht, die uns in einem Jahr zur Verfügung stehen. Aber die Welt produziert zu viel CO2. Das sollte man auch so benennen."
/wissen/forschung/ueberlastungstag-2024-100.html
2024-05-02
Hilfe für die Menschen in der Ukraine
Spenden
Wenn Sie für die Menschen in der Ukraine und Geflüchtete aus der Ukraine spenden wollen, finden Sie hier Hilfsorganisationen und Bankverbindungen.
Wenn Sie für die Menschen in der Ukraine und Geflüchtete aus der Ukraine spenden wollen, finden Sie hier Hilfsorganisationen und Bankverbindungen. "Bündnis Entwicklung Hilft" und "Aktion Deutschland Hilft" rufen mit folgendem Konto gemeinsam zu Spenden auf:BEH und ADHIBAN: DE53 200 400 600 200 400 600BIC: COBADEFFXXXCommerzbankStichwort: ARD/ Nothilfe Ukrainewww.spendenkonto-nothilfe.de "Bündnis Entwicklung Hilft" ist ein Zusammenschluss von Brot für die Welt, Christoffel-Blindenmission, DAHW, German Doctors, Kindernothilfe, medico international, Misereor, Plan International, terre des hommes, Welthungerhilfe sowie das assoziierte Mitglied Oxfam leisten als Bündnis Entwicklung Hilft akute und langfristige Hilfe bei Katastrophen und in Krisengebieten.www.entwicklung-hilft.de "Aktion Deutschland Hilft" ist ein Zusammenschluss von 23 deutschen Hilfsorganisationen, darunter action medeor, ADRA, Arbeiter-Samariter-Bund, AWO International, CARE Deutschland, Habitat for Humanity, HELP - Hilfe zur Selbsthilfe, Johanniter-Unfall-Hilfe, Malteser Hilfsdienst, World Vision Deutschland, Der Paritätische (darüber aktiv: arche Nova, Bundesverband Rettungshunde, Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners, Hammer Forum, Handicap International, Help Age Deutschland, Kinderverband Global-Care, LandsAid, SODI und Terra Tech)www.aktion-deutschland-hilft.de Außerdem rufen zu Spenden auf: Ärzte der Welt e.V.IBAN: DE06 1203 0000 1004 3336 60BIC: BYLADEM1001Deutsche KreditbankStichwort: Ukrainewww.aerztederwelt.org DRK e.V.IBAN: DE63 3702 0500 0005 0233 07BIC: BFSWDE33XXXBank für SozialwirtschaftStichwort: Nothilfe Ukrainewww.drk.de Die Heilsarmee in DeutschlandIBAN: DE82 3702 0500 0004 0777 00BIC: BFSWDE33XXXBank für Sozialwirtschaft Stichwort: Ukrainehilfe www.heilsarmee.de Franziskaner Helfen IBAN: DE83 3705 0198 0025 0014 47 BIC: COLSDE33XXX Sparkasse KölnBonn Stichwort: Nothilfe Ukrainewww.franziskaner-helfen.de HumedicaIBAN: DE35 7345 0000 0000 0047 47 BIC: BYLADEM1KFB Sparkasse Kaufbeuren Stichwort: Ukrainewww.humedica.org KOLPING INTERNATIONAL Cooperation e.V.IBAN: DE74 4006 0265 0001 3135 00BIC: GENODEM1DKMDKM Darlehnskasse Münster eGStichwort: Ukraine-Hilfewww.kolping.net Save the Children e.V.IBAN: DE92 1002 0500 0003 292912BIC: BFSWDE33BERBank für SozialwirtschaftStichwort: Nothilfe Kinder Ukrainewww.savethechildren.de SOS-Kinderdörfer weltweitIBAN: DE22 4306 0967 2222 2000 00BIC: GENODEM1GLSGLS GemeinschaftsbankStichwort: Humanitäre Hilfe Ukrainewww.sos-kinderdoerfer.de UNICEFIBAN: DE57 3702 0500 0000 3000 00BIC: BFSWDE33XXXBank für SozialwirtschaftStichwort: Ukrainewww.unicef.de UNO-Flüchtlingshilfe e.V.IBAN: DE78 3705 0198 0020 0088 50BIC: COLSDE33Sparkasse KölnBonnStichwort: Nothilfe Ukrainewww.uno-fluechtlingshilfe.de/
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2024-05-02
Weniger Hochzeiten in Deutschland
Statistisches Bundesamt
In Deutschland werden deutlich weniger Ehen geschlossen. 2023 trauten sich 361.000 Paare - das ist der zweitniedrigste Wert seit 1950. Ostdeutschland ist vom Rückgang deutlich stärker betroffen. Auch bei der Geburtenrate geht die Kurve nach unten.
In Deutschland werden deutlich weniger Ehen geschlossen. 2023 trauten sich 361.000 Paare - das ist der zweitniedrigste Wert. Ostdeutschland ist vom Rückgang deutlich stärker betroffen. Auch bei der Geburtenrate geht die Kurve nach unten. Die Zahl der Eheschließungen in Deutschland ist im vergangenen Jahr auf den zweitniedrigsten Wert gesunken. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, lag die Zahl mit 361.000 Trauungen nur etwas höher als im Corona-Jahr 2021. In Ostdeutschland war der Rückgang demnach stärker als in Westdeutschland. Im Jahresvergleich sank die Zahl deutschlandweit um 7,6 Prozent. Nur 2021 war die Zahl mit knapp 358.000 Eheschließungen noch etwas niedriger gewesen. Damals hatten Corona-Regeln die Hochzeiten aber auch deutlich eingeschränkt, wie die Statistiker erklärten. In Ostdeutschland sank der Wert um 9,0 Prozent auf rund 51.800 Eheschließungen, in Westdeutschland um 7,4 Prozent auf 297.700 Hochzeiten. Von allen Eheschließungen wurde der überwiegende Großteil zwischen Mann und Frau geschlossen, während 9.200 Menschen einen Partner bzw. eine Partnerin des gleichen Geschlechts heirateten.  Zahl der Geburten auf niedrigstem Stand seit 2013 Das Statistische Bundesamt teilte weiter mit, dass im vergangenen Jahr so wenige Kinder in Deutschland auf die Welt kamen wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Die Zahl sank 2023 um 6,2 Prozent auf etwa 693.000 Kinder. Die Marke von 700.000 Kindern wurde demnach zuletzt 2013 unterschritten. In Ostdeutschland sank die Geburtenzahl nach Angaben der Statistiker mit 9,2 Prozent stärker als in Westdeutschland mit 5,9 Prozent. Beim Großteil der Geburten handelte es sich um die ersten Kinder (46,5 Prozent), es folgten Zweitgeburten (34,8 Prozent). Langfristig jedoch sank der Anteil der ersten Kinder zwischen 2013 und 2023, während der Anteil der dritten Kinder und mehr zunahm. Dieser stieg im vergangenen Jahr mit 18,7 Prozent auf den höchsten Wert seit 2009. Einfluss darauf hatten den Statistikern zufolge Mütter mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Bei ihnen war der Anteil der dritten oder weiteren Kinder mit 26,4 Prozent deutlich höher als bei Müttern mit deutschem Pass (15,8 Prozent). Der Rückgang der Geburten im Jahresvergleich war im vergangenen Jahr etwas schwächer als ein Jahr zuvor.
/inland/gesellschaft/ehen-geburten-statistik-100.html
2024-05-02
Ganz anders als Merz
Laumann soll CDU-Vize werden
Vor dem Parteitag der CDU in Berlin haben die Strategen die personellen Weichen gestellt. Der Chef des Arbeitnehmerflügels und NRW-Sozialminister Laumann dürfte neuer Bundesvize werden. Er steht für völlig andere Themen als CDU-Chef Merz. Von J. Trum.
Vor dem Parteitag der CDU in Berlin haben die Strategen die personellen Weichen gestellt. Der Chef des Arbeitnehmerflügels und NRW-Sozialminister Laumann dürfte neuer Bundesvize werden. Er steht für völlig andere Themen als CDU-Chef Merz. Von Jochen Trum Friedrich Merz und Karl-Josef Laumann stammen beide aus Westfalen, sind katholisch, Christdemokraten und gehören der gleichen Generation an. Merz wird in diesem Jahr 69, Laumann 67. Doch ansonsten könnten zwei Unionspolitiker kaum unterschiedlicher sein. Während Merz mit seiner berühmten Steuererklärung in Kurzform gezeigt hat, dass Bierdeckel auch für die Theorie taugen, steht bei Laumann die praktische Seite des Pappuntersetzers im Vordergrund. In der Corona-Pandemie sorgte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister und bekennende Schützenfest-Fan für viel Heiterkeit, als er den Menschen riet, bei privaten Feiern etwas kürzer zu treten. Gegen Bier, so befand er, sei nichts einzuwenden. "Man kann ja mit dem Schnaps mal etwas vorsichtiger sein." Damit hatte er in ernsten Zeiten die Lacher auf seiner Seite. Ein typischer Laumann, gerade heraus und unorthodox.    Auch wenn sie in derselben Partei sind, stehen der Sauerländer Merz und der Münsterländer Laumann für denkbar andere Themen: Merz, der Jurist und Wirtschaftsmann, Laumann, der Maschinenschlosser und Sozialpolitiker. Mittelstandsunion (MIT) gegen Christdemokratische Arbeitnehmerschaft (CDA). Blackrock gegen IG Metall. Hier scharfe Rhetorik, dort eine bodenständige Originalität, wie sie in der deutschen Politik nur noch selten zu finden ist. Laumann als soziales Gewissen der Union Seit Merz Parteichef ist und Carsten Linnemann Generalsekretär, auch er aus Westfalen und Mitglied des Wirtschaftsflügels, reifen in der CDU Pläne, den Sozialpolitiker Laumann ganz vorn in die Parteispitze zu hieven. Aus dem Arbeitnehmerflügel ist zu hören, dass nur so die Breite der Union als Volkspartei sichtbar werde. Laumann soll das soziale Gewissen der Partei verkörpern. Anders als Merz traut man ihm zu, im Wahlkampf die sozialpolitische Flanke zu schließen. Die Union habe drei Wurzeln, ist immer wieder zu hören: die konservative, die liberale und die christlich-soziale. Letztere droht nach Auffassung mancher in der Partei zu verkümmern. Das soll Laumann jetzt richten. "Poltern für die soziale Sache", hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung seinen Politikstil einmal beschrieben. Auf dem Sozialflügel, wo ohnehin eine gewisse Merz-Skepsis vorhanden ist, traut man Laumann zu, dass er dort punktet, wo Merz sich erkennbar schwertut.   Auch bei den Gewerkschaften genießt Laumann hohes Ansehen. "Er ist ein verlässlicher und loyaler Gewerkschafter", sagt Anja Weber, DGB-Vorsitzende in Nordrhein-Westfalen, über ihn. Regelmäßig sei man mit ihm in Kontakt. "Es gibt wenige von seinem Schlag in der CDU." Sie attestiert ihm ein gutes Gespür für Sozialthemen und ist sicher, dass Laumann sich nicht nur als Feigenblatt für Soziales im CDU-Vorstand verstehen wird. Mit ihm "bekommen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der CDU die Bedeutung, die ihnen zusteht". Der Weg für Laumann ist frei Vor dem Parteitag stellt sich Sozialpolitiker Laumann ganz in den Dienst der Sache: "Merz ist jemand, der einen Plan für Deutschland hat", sagt er. Aber Laumann weiß auch, dass in der Partei offen über die Defizite des Vorsitzenden geredet wird. "Es geht darum, auch Wechselwähler für die Union zu gewinnen," sagt er selbstbewusst über seine künftige Rolle. "Eine gute Sozialpolitik gibt den Leuten Sicherheit, das muss eine CDU verkörpern." Dass er sich damit meint, versteht sich von selbst. Der Weg für Laumann, auf dem Bundesparteitag zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt zu werden, ist frei. Ein Gedrängel um die Vize-Posten, nach dem es vorübergehend aussah, ist von den Strategen abgeräumt worden. Ines Claus, Fraktionsvorsitzende der CDU im hessischen Landtag, verzichtet auf eine Kandidatur. Auch Gitta Connemann aus Niedersachsen, die Bundesvorsitzende der Mittelstandsunion, tritt nicht an. Wider die Dominanz der Mittelstandsunion Auf die fünf Stellvertreter-Positionen werden sich neben Laumann die bisherigen Vizes und Bundestagsabgeordneten Silvia Breher (Niedersachsen) und Andreas Jung (Baden-Württemberg) bewerben, außerdem Ministerpräsident Michael Kretschmer (Sachsen) und Landesministerin Karin Prien (Schleswig-Holstein). Laumann wäre der einzige im Bundesvorstand, der dem Arbeitnehmerflügel angehört, alle anderen "zahlen ihre Beiträge bei der MIT", wie ein CDA-Mann sagt.     Bislang hat die CDU stets Wert darauf gelegt, dass die führenden Köpfe auch aus möglichst vielen Ecken der Republik kommen. Man sei eine "föderale Partei". Derzeit herrscht aber ein personelles Überangebot aus Nordrhein-Westfalen: Merz, Linnemann, Jens Spahn und Ina Scharrenbach, Kabinettskollegin von Laumann in Düsseldorf, sind Mitglieder im Präsidium, der Düsseldorfer Ministerpräsident Hendrik Wüst ist als beratendes Mitglied auch Teil der Parteispitze. Instinktpolitiker mit schnörkellosem Stil Trotzdem kann Laumann mit einem guten Ergebnis rechnen. Das dürfte auch daran liegen, dass der kantige Münsterländer als durchsetzungsstark gilt. Öffentlichkeitswirksam bietet er etwa Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Stirn, wenn es um die zwischen Bund und Ländern umstrittene Krankenhausreform geht. Seiner eigenen Partei hat er vor Jahren den Mindestlohn schmackhaft gemacht, auch hat er am neuen Grundsatzprogramm mitgewirkt. "Laumann ist ein Instinktpolitiker", sagt ein führender Christdemokrat. Eines der auffälligsten Merkmale ist sicherlich seine schnörkellose Sprache. Klar, direkt, auch mal deftig. Staatstragende Reden sind ihm fremd. Dass die Menschen ihn verstehen, ist ihm dabei wichtiger als fehlerfreie Grammatik. Manchmal kann Laumann mit seiner Art Freund und Gegner gleichermaßen amüsieren. Kurz vor Weihnachten trat er im Düsseldorfer Landtag ans Rednerpult und wünschte dem versammelten Plenum ein frohes Fest. Um dann mit spitzbübischer Freude hinzuzufügen: "Ich freue mich richtig darüber, dass Jesus Christus geboren ist. Denn wenn er nicht geboren wäre, gäb's keine CDU." Da musste auch die SPD lachen.
/inland/innenpolitik/laumann-cdu-100.html
2024-05-02
15-Jähriger wegen Mordes an Sechsjährigem verurteilt
Fast acht Jahre Jugendstrafe
Im Prozess um den Tod eines Sechsjährigen aus Pragsdorf in Mecklenburg-Vorpommern hat das Landgericht Neubrandenburg das Urteil verkündet. Der 15-jährige Angeklagte wurde zu sieben Jahren und neun Monaten wegen Mordes verurteilt.
Im Prozess um den Tod eines sechsjährigen Jungen aus Pragsdorf hat das Landgericht Neubrandenburg heute das Urteil verkündet. Der 15-jährige Angeklagte wurde zu sieben Jahren und neun Monaten wegen Mordes verurteilt. Im September vergangenen Jahres hatte der 15-Jährige den sechsjährigen Jungen in der Nähe eines Bolzplatzes in Pragsdorf geschlagen und dann mit mehreren Messerstichen getötet. Das habe der Angeklagte am letzten Prozesstag auch weitgehend so gestanden, so ein Gerichtssprecher. Der Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Tat soll aus Spiel heraus geschehen sein Die Eltern des Opfers gaben nach dem Prozesstag vor einer Woche an, dass der 15-Jährige vor Gericht den genauen Tathergang schilderte und auch gestand, dass es, anders als zuvor von ihm angegeben, keinen weiteren Beteiligten gab. Demnach sei die Tat aus einer Art Spiel heraus entstanden. Gemeinsam mit dem Sechsjährigen habe er Luftanhalten gespielt, wodurch sein Spielkamerad ohnmächtig geworden sei. Dann sei der Junge wieder zu sich gekommen, woraufhin der Angeklagte die Kontrolle verloren und den Jungen mehrfach gewürgt und auf ihn eingestochen habe. Dieses Thema im Programm:NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 02.05.2024 | 07:00 Uhr
/inland/regional/mecklenburgvorpommern/getoeteter-sechsjaehriger-aus-pragsdorf-urteil-erwartet-100.html
2024-05-02
Demonstranten bedrängen Bundestagsvizepräsidentin
Göring-Eckardt in Brandenburg
Nach einer Veranstaltung der Grünen in Brandenburg haben laut Medienberichten Demonstranten das Auto der Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt eine Dreiviertelstunde lang blockiert. Die Polizei ermittelt wegen Nötigung.
Nach einer Veranstaltung der Grünen in Brandenburg haben laut Medienberichten Demonstranten das Auto der Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt eine Dreiviertelstunde lang blockiert. Die Polizei ermittelt wegen Nötigung. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die gewaltsame Blockade des Dienstwagens von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) nach einer Diskussionsveranstaltung im Barnim scharf kritisiert. "Solche Einschüchterungsversuche haben nichts mehr mit demokratischem Protest zu tun", schrieb Faeser am Donnerstag im Online-Netzwerk X. "Wir sollten nie vergessen, wo politische Aggression hinführen kann. Der zunehmenden Verrohung müssen sich alle Demokraten entgegenstellen", forderte Faeser. Zwei 19- und 26-jährige Männer sollen Polizeiangaben zufolge am Samstagabend die Abfahrt der Grünen-Politikerin nach der Veranstaltung im ostbrandenburgischen Lunow-Stolzenhagen verhindert haben, indem sie sich vor und hinter das Auto gesetzt haben. Die Polizei ermittelt wegen Nötigung. Der 26-Jährige habe angegeben, von dem Auto touchiert worden zu sein. Verletzungen waren laut Polizei aber nicht ersichtlich, eine Behandlung durch Rettungskräfte habe er abgelehnt. Göring-Eckardt auf dem Weg zu ihrem Dienstwagen "bedrängt" Insgesamt seien bei der Veranstaltung rund 100 Menschen im Saal gewesen, teilte das Büro Göring-Eckardts im Bundestag der Nachrichtenagentur AFP in Berlin mit. Vor dem Saal hätten sich zu Beginn "schätzungsweise etwa 40 bis 50 Demonstranten" versammelt. Nach der Veranstaltung sei Göring-Eckardt auf dem Weg zu ihrem Dienstwagen "bedrängt" worden, mehrere Menschen hätten "dabei in aggressiver Stimmung auf das Fahrzeug" geschlagen, in dem Göring-Eckardt und ihr Fahrer saßen. Dienstwagen eine Dreiviertelstunde blockiert Erst als die Polizei Verstärkung gerufen habe, habe das Auto "nach etwa 45 Minuten" anfahren können. "Wir waren überrascht, wie sorglos die Polizei offenbar Hinweise in Nachrichtengruppen zum Aufruf von Gegenprotest, von denen uns berichtet wurde, bewertet hatte." Kurz vor Veranstaltungsbeginn sei ein Polizeieinsatzleiter nur "mit einer Handvoll Kolleginnen und Kollegen vor Ort" gewesen, zum Ende seien noch zwei Einsatzkräfte anwesend gewesen. 28 Frauen und 60 Männer sitzen im neu gewählten Brandenburger Landtag. Das neue Parité-Gesetz soll ein solches Ungleichgewicht künftig verhindern. Bei dieser Wahl fehlte es vor allem an ausgewogenen Kandidatenlisten.mehr Göring-Eckardt plädiert für mehr Schutz für Veranstaltungen in ländlichen Regionen Als Reaktion plädierte die Grünen-Politikerin für mehr Schutz für politische Veranstaltungen in ländlichen Regionen. "Die Landespolizeien müssen sich dringend Gedanken darüber machen, wie sie politische Veranstaltungen auf dem Land absichern, und sich auf einheitliche Kriterien verständigen, welche Standards sie dabei eigentlich anwenden", sagte Göring-Eckardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Das kann unser Rechtsstaat nicht hinnehmen." Bei der Polizei müsse "jetzt ein anderes Bewusstsein her", forderte sie. "Demonstrations- und Meinungsfreiheit sind genauso zu gewährleisten wie die ordnungsgemäße Durchführung politischer Veranstaltungen und der Schutz von politisch Engagierten. Wir können die ländlichen Räume nicht einem Mob überlassen." CDU solidarisiert sich mit Göring-Eckardt Auch die Union forderte ein entschiedeneres Handeln der Behörden und solidarisierte sich mit Göring-Eckardt. "Um das Fundament unserer Demokratie zu schützen, muss sich der Rechtsstaat auch an dieser Stelle wehrhaft zeigen", forderte Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU). Das Demonstrationsrecht in Deutschland sei ein hohes Gut, "aber die Bundestagsvizepräsidentin zu bedrohen und einzuschüchtern, ist absolut inakzeptabel." In Brandenburg finden am 9. Juni zeitgleich mit der Europawahl auch Kommunalwahlen statt. Im September wird in dem Bundesland ein neuer Landtag gewählt. Sendung: rbb24 Inforadio, 02.05.2024, 6:00 Uhr
/inland/regional/brandenburg/brandenburg-demonstranten-bedraengen-bundestagsvizepraesidentin-goering-eckardt-100.html
2024-05-02
Mindestens zehn Tote bei Unwettern in Brasilien
Nach schweren Regenfällen
Heftige Regenfälle haben im Süden Brasiliens Überschwemmungen ausgelöst. Mindestens zehn Menschen starben, viele weitere verloren ihre Häuser. Eine Entwarnung gibt es noch nicht, die Regenfälle sollen bis Freitag andauern.
Heftige Regenfälle haben im Süden Brasiliens Überschwemmungen ausgelöst. Mindestens zehn Menschen starben, viele weitere verloren ihre Häuser. Eine Entwarnung gibt es noch nicht, die Regenfälle sollen bis Freitag andauern. Durch starke Regenfälle kommt es im Bundesstaat Rio Grande do Sul im Süden Brasiliens zu Überschwemmungen. Seit Beginn der Regenfälle am Montag sind laut Behördenangaben mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 1.000 Menschen wurden dem Zivilschutz zufolge obdachlos, mehr als 20 Menschen werden noch vermisst. Die Behörden berichteten von zahlreichen überschwemmten Straßen, Erdrutschen und eingestürzten Brücken. Auch die Strom- und Wasserversorgung sei teilweise ausgefallen. Der Gouverneur von Rio Grande do Sul, Eduardo Leite, rief am Mittwochabend (Ortszeit) die Bewohner mehrerer Regionen auf, sich in Sicherheit zu bringen. Er sprach von einer kriegsähnlichen Situation. Steigende Pegelstände erwartet Auch das Militär beteiligte sich am Rettungseinsatz, unter anderem mit fünf Hubschraubern. Betroffen ist insbesondere das Taquari-Tal. Die Region ist in Deutschland auch wegen ihrer Migrationsgeschichte bekannt. Im 19. Jahrhundert wanderten Deutsche in die Gegend aus, bis heute wird dort von einer Minderheit der Dialekt Riograndenser Hunsrückisch gesprochen. Die Region war bereits im vergangenen September von Unwettern und Überschwemmungen betroffen. Damals starben mindestens 42 Menschen. "Leider wird die Situation in diesem Jahr wahrscheinlich schlimmer sein als 2023", sagte Gouverneur Leite. Die Pegelstände der Flüsse stiegen weiter, es bestehe auch die Gefahr von Erdrutschen. Präsident kündigt Besuch im Katastrophengebiet an Angesichts der Katastrophe kam das Krisenkabinett des Bundesstaats zusammen. "Besonders besorgniserregend ist die Situation bei den Dämmen, die sich in Alarmbereitschaft befinden und bei denen die Gefahr des Kollapses und der Überschwemmung aufgrund der sehr hohen Pegelstände besteht", sagte Vizegouverneur Gabriel Souza. Gouverneur Leite bat auf dem Online-Nachrichtendienst X Brasiliens Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva um Hilfe. Der Präsident kündigte ebenfalls auf X an, heute persönlich in die betroffenen Gebiete zu reisen. Nach Behördenangaben sollen die Regenfälle noch bis Freitag andauern. Erst im März gab es im Südosten Brasiliens schwere Unwetter mit mindestens 25 Toten. Präsident da Silva nannte damals den Klimawandel als eine der Ursachen. Social-Media-Beitrag auf X von Lula: "Hoje conversei novamente com o governador @EduardoLeite_, do Rio Grande do Sul, para saber da situação das fortes chuvas no estado. Amanhã vou pessoalmente ao Sul para verificarmos a situação e o trabalho conjunto dos ministros com o governo do estado. pic.twitter.com/wWORHknv14"
/ausland/amerika/ueberflutung-brasilien-100.html
2024-05-02
Weniger ausländische Investitionen in Deutschland
Beliebtheit des Wirtschaftsstandorts
Ausländische Investoren zieht es innerhalb Europas vor allem nach Frankreich. Deutschland fällt zurück, wie eine Studie der Beratungsfirma EY zeigt. Die Experten warnen vor einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit.
Ausländische Investoren zieht es innerhalb Europas vor allem nach Frankreich. Deutschland fällt zurück, wie eine Studie der Beratungsfirma EY zeigt. Die Experten warnen vor einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit. Europa und seine größte Volkswirtschaft Deutschland ziehen einer Studie zufolge weniger ausländische Investitionen an. Im vergangenen Jahr sank die Anzahl der Neuansiedlungen und Erweiterungen auf dem Kontinent um vier Prozent - auf insgesamt 5.694 Projekte, wie das Beratungsunternehmen EY heute mitteilte. Das im Jahr 2019, also vor Beginn der Corona-Pandemie erreichte Niveau werde damit um elf Prozent unterboten. Frankreich beliebtester Standort Attraktivster Standort blieb demnach Frankreich, trotz eines Rückgangs um fünf Prozent auf 1194 Neuansiedlungen und Erweiterungen. In Deutschland fiel das Minus mit zwölf Prozent auf 733 Projekte wesentlich größer aus. Bezogen auf Deutschland schrieb EY: "Industrielle Investoren wurden durch das rezessive Umfeld, die hohen Energiepreise und die Sorge um die Sicherheit der Energieversorgung abgeschreckt." Komplexe Bürokratie und hohe Arbeitskosten schränkten auch weiterhin die Fähigkeiten Deutschlands ein, mehr ausländische Unternehmen anzuziehen. London führend als Investitionsregion Der zweite Rang ging deshalb an das Vereinigte Königreich verloren, das gegen den Trend einen Anstieg von sechs Prozent auf 985 Projekte verzeichnete. London etablierte sich als Europas führende Investitionsregion - gefolgt von Paris. Besonders ausländische Software- und IT-Anbieter zogen es in die britische Hauptstadt. Frankreich als Brexit-Profiteur Auch der Blick auf den langfristigen Trend zeigt, dass Deutschland offensichtlich für ausländische Investoren an Attraktivität verloren hat: Seit 2017 ging die Zahl der Investitionsprojekte um 35 Prozent zurück. In Großbritannien betrug das Minus in dem Zeitraum 18 Prozent. Frankreich dagegen legte um 20 Prozent zu. "Frankreich ist der große Brexit-Gewinner. Deutschland hingegen hat sogar noch mehr Investitionen verloren als Großbritannien", sagte Henrik Ahlers, Vorsitzender der EY-Geschäftsführung. "Weckruf für den gesamten Kontinent" EY-Expertin Julie Linn Teigland betonte: "Europa braucht dringend ausländische Investitionen und diese Studie sollte ein Weckruf für den gesamten Kontinent sein." Investitionen stärkten die europäische Wirtschaft, indem sie Arbeitsplätze schafften, Innovationen förderten und die Exporte ankurbelten. "Es müssen jetzt dringend Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass Europa angesichts der immer schärferen Konkurrenz aus den USA und China wettbewerbsfähig bleibt", sagte Teigland.
/wirtschaft/konjunktur/weniger-investitionen-eu-deutschland-100.html
2024-05-02
Opferzahl nach Autobahn-Einsturz steigt auf 48
Südchina
23 Fahrzeuge waren in die Tiefe gestürzt, nachdem in China ein 18 Meter langer Abschnitt einer Autobahn abgerutscht war. Inzwischen gehen die Behörden von 48 Todesopfern aus. Vermutlich hatte starker Regen die Straße unterspült.
23 Fahrzeuge waren in die Tiefe gestürzt, nachdem in China ein 18 Meter langer Abschnitt einer Autobahn abgerutscht war. Inzwischen gehen die Behörden von 48 Todesopfern aus. Vermutlich hatte starker Regen die Straße unterspült. Im Süden Chinas ist die Zahl der Toten nach dem Einsturz einer Schnellstraße auf mindestens 48 gestiegen. Das berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Zuvor waren 24 Tote gemeldet worden, nachdem gestern ein knapp 18 Meter langer Abschnitt der Straße in der Provinz Guangdong abgerutscht war. Weitere 30 Menschen erlitten laut den Behörden Verletzungen, allerdings keine lebensbedrohlichen. Insgesamt 23 Fahrzeuge seien seien in die Tiefe gestürzt. Xi: Überwachung und Frühwarnung stärken Chinas Präsident Xi Jinping habe nach dem Erdrutsch "wichtige Anweisungen" für die Rettungs- und Katastrophenhilfe gegeben, berichtete Xinhua weiter. Es müssten alle Anstrengungen unternommen werden, um die Menschen vor Ort zu retten. Außerdem ordnete Xi an, Überwachung und Frühwarnung zu verstärken und Notfallpläne zu verbessern. Metergroßes Loch und Flammen Nach Angaben der Verwaltung der Stadt Meizhou stürzte der Straßenabschnitt am frühen Mittwochmorgen gegen 2.00 Uhr (Ortszeit) ein. In der Gegend hatte es in den vergangenen Tagen heftig geregnet. Augenzeugen berichteten örtlichen Medien, sie hätten ein lautes Geräusch gehört und ein metergroßes Loch an der Stelle entdeckt, an der sie gerade vorbeigefahren seien. Staatlicher Sender spricht von geologischer Naturkatastrophe Dem staatlichen Fernsehsender CCTV zufolge handelte es sich bei dem Einsturz um eine geologische Naturkatastrophe. Der anhaltende Starkregen habe das Unglück beeinflusst. China wurde in den vergangenen Jahren verstärkt von schweren Überschwemmungen, verheerenden Dürreperioden und Rekordhitze getroffen. Der Klimawandel führt dazu, dass extreme Wetterereignisse häufiger und intensiver werden.
/ausland/asien/china-fahrbahneinsturz-100.html
2024-05-02
Mindestens 13 Verletzte nach Angriff auf Odessa
Krieg gegen die Ukraine
Erneut trifft es Odessa: Nach einem russischen Raketenangriff auf die ukrainische Stadt kämpfen Einsatzkräfte gegen schwere Brände - mindestens 13 Menschen wurden verletzt. Die USA verhängten derweil neue Sanktionen gegen Waffenhersteller.
Erneut trifft es Odessa: Nach einem russischen Raketenangriff auf die ukrainische Stadt kämpfen Einsatzkräfte gegen schwere Brände - mindestens 13 Menschen wurden verletzt. Die USA verhängten derweil neue Sanktionen gegen Waffenhersteller. Bei einem russischen Raketenangriff auf die ukrainische Hafenstadt Odessa sind in der Nacht ersten Angaben der Behörden zufolge mehr als 13 Menschen verletzt worden. In der Stadt gibt es demnach schwere Brände. Der Bürgermeister von Odessa, Hennadij Truchanow, erklärte im Onlinedienst Telegram, ein neuer russischer Raketenangriff habe die Stadt im Südwesten der Ukraine getroffen. Die Rettungskräfte würden gegen mehrere Großbrände kämpfen. Der Gouverneur der Region Odessa, Oleh Kiper, sprach hingegen von 14 Verletzten. Bei dem Angriff sei zivile Infrastruktur beschädigt worden, darunter Postlager. Bilder und Videos, die in Telegram-Kanälen veröffentlicht wurden, zeigen Flammen am Ort des Geschehens und große Rauchwolken, die in den Himmel steigen. Verstärkter Beschuss auf Odessa - Ukrainische Angriffe auf Energieanlagen Über den Hafen von Odessa am Schwarzen Meer wickelt die Ukraine einen Großteil der wirtschaftlich bedeutsamen Getreideexporte ab. Russland greift die Stadt und ihren Hafen immer wieder mit Raketen und Drohnen an. In den vergangenen Tagen wurde die Stadt immer wieder Ziel von Angriffen: Am Mittwochmorgen hatten die örtlichen Behörden mitgeteilt, dass drei Menschen durch einen russischen Angriff getötet worden seien. Durch einen Angriff vom Montag wurden den Angaben zufolge fünf Menschen getötet. Auch die Ukraine zielt mit Angriffen offenbar auf die russische Infrastruktur. Ukrainische Drohnen beschädigten nach russischen Behördenangaben im westrussischen Gebiet Orjol Energieanlagen. Die Stromversorgung in zwei Landkreisen sei daher eingeschränkt, teilte der Gouverneur von Orjol mit. Die Schäden seien entstanden, als Luftabwehreinheiten die Drohnen über den Bezirken Glasunowski und Swerdlowskaja abgefangen hätten. Über Tote oder Verletzte machte er keine Angaben. USA verhängen weitere Sanktionen gegen Russland Unterdessen gab die US-Regierung neue Sanktionen bekannt, die insbesondere auf Russlands Waffenproduktion abzielen. Betroffen seien etwa 200 Unternehmen und 80 Einzelpersonen in Drittstaaten wie etwa China, Belgien und der Slowakei, die Russland mit Material für ihr Waffenprogramm unterstützen sollen, erklärte das US-Finanzministerium. Die Sanktionen zielen demnach auch auf den Bau chemischer und biologischer Waffen durch Russland ab. Das US-Außenministerium hatte Moskau vorgeworfen, im Angriffskrieg gegen die Ukraine verschiedene Reizgase einzusetzen und so die Chemiewaffenkonvention der Vereinten Nationen zu brechen. Sanktioniert werden zudem drei Personen, die den Angaben zufolge in Verbindung mit dem Tod von Alexej Nawalny stehen. Ihr Vermögen in den USA wird gesperrt. US-Bürgern oder Menschen, die sich in den Vereinigten Staaten befinden, sind Geschäfte mit den sanktionierten Firmen und Personen untersagt. Auch internationale Geschäfte werden durch die Sanktionen für Betroffene meist deutlich schwieriger.
/ausland/europa/ukraine-angriff-odessa-100.html
2024-05-02
EU will Flüchtlingsdeal mit Libanon schmieden
Syrische Migranten
Die EU will die irreguläre Migration von syrischen Geflüchteten nach Zypern stoppen. Dafür reisen EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Zyperns Präsident Christodoulidis in den Libanon. Das Ziel: Ein Milliarden-Deal mit dem Land.
Die EU will die irreguläre Migration von syrischen Geflüchteten nach Zypern stoppen. Dafür reisen EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Zyperns Präsident Christodoulidis in den Libanon. Das Ziel: Ein Milliarden-Deal mit dem Land. Es geht darum, die irreguläre Einreise von syrischen Geflüchteten in die EU zu verhindern. Deshalb reisen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Zyperns Präsident Nikos Christodoulidis heute in den Libanon. Bei dem Besuch soll eine Vereinbarung getroffen werden, um die zumeist syrischen Migranten in dem Land zu halten. Dafür sollen Finanzhilfen im Umfang von rund einer Milliarde Euro bereitgestellt werden. Mit dem EU-Geld soll das Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen im Libanon gestärkt werden. Zudem sind Mittel für die Sicherheitsbehörden und die Streitkräfte des Landes sowie für den Kampf gegen Schleuserbanden und für Wirtschafts- und Finanzreformen vorgesehen. Die legale Migration wird den Plänen zufolge erleichtert werden. Zypern schlägt Alarm Vor allem die zyprische Regierung hatte die wachsende Zahl syrischer Flüchtlinge aus dem Libanon zuletzt als nicht mehr tragbar kritisiert und ein Handeln der EU gefordert. Sein Land sei nicht in der Lage, noch mehr Menschen aufzunehmen, beteuerte Staatschef Christodoulidis. Die vorhandenen Flüchtlingslager seien überfüllt, auch musste man die Bearbeitung der Asylanträge vorerst stoppen.  Nach Angaben von Staatschef Christodoulidis kamen in den vergangenen Monaten fast täglich Syrer aus dem etwa 160 Kilometer entfernten Libanon mit Booten auf der Insel im östlichen Mittelmeer an. Seit Jahresbeginn wurden bereits etwa 4.000 Migranten gezählt - im ersten Quartal des Vorjahres waren es lediglich 78. In absoluten Zahlen sind das deutlich weniger als beispielsweise in Italien, Spanien und Griechenland, wo Bootsflüchtlinge aus Ländern wie Tunesien, Libyen, Ägypten, Marokko oder der Türkei ankommen. Gemessen an seiner Einwohnerzahl werden aber nirgendwo in der EU so viele Asylanträge wie auf Zypern gestellt. Auf der Insel sind die Flüchtlingslager überfüllt. Dreistelliger Millionenbetrag könnte bereits im Sommer fließen EU-Kommissionschefin von der Leyen hatte deshalb Hilfe zugesagt. "Es sind wir, die Europäer, die entscheiden, wer nach Europa kommt und unter welchen Umständen. Und nicht das organisierte Verbrechen der Schmuggler und Menschenhändler", erklärte sie am vergangenen Sonntag in einer Rede und verwies auf die bereits existierenden Abkommen mit Ländern wie Tunesien und Ägypten. Auch diese Staaten sollen im Gegenzug für Finanzhilfen in Milliardenhöhe unerwünschte Migration in die EU stoppen. Der für den Libanon vorgesehene Betrag ist für den Zeitraum bis Ende 2027 vorgesehen. Ein erster hoher dreistelliger Millionenbetrag könnte bereits im Sommer fließen. Berichte über Festnahmen und Folter Ob das EU-Geld aber ausreicht, um die Lage im Libanon zu entspannen, ist allerdings fraglich. Das Land steckt derzeit in der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise seiner Geschichte und zählt mit mehr als 1,5 Millionen syrischen Migranten gleichzeitig zu denjenigen Staaten, die pro Kopf weltweit die meisten Geflüchteten aufgenommen haben. Menschenrechtlern zufolge wenden libanesische Beamte seit Jahren diskriminierende Praktiken gegen Syrer an, um sie zur Rückkehr nach Syrien zu zwingen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) berichtete, dass die libanesischen Behörden in den vergangenen Monaten Syrer, darunter Oppositionsaktivisten und Armeeüberläufer, willkürlich festgenommen, gefoltert und nach Syrien zurückgeschickt hätten. Die libanesischen Regierenden vertreten die Meinung, das Bürgerkriegsland sei stabil und sicher genug, um eine Rückkehr zu gewährleisten. Die Vereinten Nationen und andere Menschenrechtsorganisationen sehen dies allerdings anders. Sie weisen darauf hin, dass die wirtschaftliche Lage ein Überleben kaum möglich mache und politische Flüchtlinge um ihr Leben fürchten müssten. Hinzu kommt: Auch der syrische Machthaber Baschar al-Assad will die geflohenen Menschen nicht zurück in seinem Land. Nahost-Experte warnt Auch aus anderen Gründen werden die Pläne der EU kritisch gesehen. "Die EU macht im Libanon einen großen Fehler", sagt etwa Riad Kahwaji, Direktor des Institute for Near East and Gulf Military Analysis. Das Land habe eine lange Geschichte interner Probleme, getrieben von konfessionellen Konflikten, die bis heute immer wieder zu einem Machtvakuum führen. Der Libanon sei in keiner Weise bereit, ein Aufnahmeland für Geflüchtete zu sein. Dieselben Politiker, die jetzt Gelder von der EU in Empfang nehmen, würden auf Podien dazu aufrufen, die Syrer aus dem Land zu werfen, sagt Kahwaji. "Es ist irre, zu sehen, dass die Europäer an die Illusion glauben, dass die libanesischen Behörden in der Lage wären, den Flüchtlingsstrom einzudämmen." Mit Informationen von Matthias Reiche, ARD-Studio Brüssel
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2024-05-02
Stimmungstest für Regierung - und Londons Verkehrspolitik
Kommunalwahl in England und Wales
In England und Wales wird heute auf kommunaler Ebene gewählt, doch es ist auch ein Stimmungstest für die britische Regierung. In London geht es um die Zukunft von Bürgermeister Khan - und dessen Verkehrspolitik. Von Sven Lohmann.
In England und Wales wird heute auf kommunaler Ebene gewählt, doch es ist auch ein Stimmungstest für die britische Regierung. In London geht es um die Zukunft von Bürgermeister Khan - und dessen Verkehrspolitik. Von Sven Lohmann Es ist schwer, in London einen Taxifahrer zu finden, der nicht auf den Bürgermeister der Stadt schimpft, Sadiq Khan. Die Fahrer äußern Unverständnis über die vielen Einbahnstraßen und Durchfahrverbote. Mal sei Linksabbiegen untersagt, mal Rechtsabbiegen. Taxifahrer in London leiden, und viele andere auch, die auf das Auto angewiesen sind. So auch Danny Madden, Bauunternehmer im Norden Londons, den nun auch noch zusätzlich die Umweltgebühr plagt: "Wir haben dadurch Aufträge verloren", sagt Madden. Die hohen Extrakosten müssten sie auf die Kunden umlegen. "Und die haben gesagt: Wenn es jetzt teurer wird, ziehen wir den Auftrag zurück." Schulden für die Umweltzone Umgerechnet 15 Euro müssen Autofahrer pro Tag bezahlen, die mit ihrem Wagen die Abgasnorm nicht einhalten. Eine Abgabe für saubere Luft, die sich über ganz London erstreckt. Madden hat nun seine Transporter verkauft und neue angeschafft, die die Abgaswerte einhalten. Nun spart er die Gebühr, sitzt aber auf einem Berg an Schulden. Er müsse Geld verdienen, Mitarbeiter bezahlen. Doch nun habe er Extrakosten wegen der Umweltzone. Saubere Luft ist Haupt-Wahlkampfthema für Khan Das Thema ist emotional. Streitthema ist vor allem die Frage, ob man zur Verbesserung der Luftqualität das Autofahren möglichst unattraktiv machen soll, auch wenn es Wählerstimmen kostet. Londons Bürgermeister Khan von der Labour-Partei rühmt sich damit, den Autoverkehr schon verringert zu haben. Er wolle, dass die Menschen zu Fuß gehen, Fahrrad fahren, den Bus oder die Bahn nehmen, sagte er im Wahlkampf. Heute geht es für ihn um seine Wiederwahl. Saubere Luft und Verkehr gehören zu den Hauptthemen. Dafür bekommt er auch Applaus. Londons Luft ist noch immer schwer zu atmen. Extreme Luftverschmutzung wirkt sich auf Gesundheit aus Rosamund Kissi-Debrah steht demonstrativ an einer vielbefahrenen Kreuzung, um ihre Geschichte zu erzählen. Ihre Tochter ist im Alter von neuen Jahren an der verpesteten Londoner Luft verstorben. "Plötzlich bekam sie den schlimmsten Husten, den ich je erlebt habe", erzählt die Mutter. Über 30 Mal hätten sie anschließend ins Krankenhaus gemusst wegen schwerer Asthmaanfälle. "Es ist nicht gut ausgegangen. Sie ist daran gestorben."  Zehn Jahre ist das her. Seitdem kämpft Kissi-Debrah für bessere Luft und unterstützt jede Maßnahme, die Autofahren unattraktiver macht. Wer widerspricht, dem zeigt sie auch schon mal den Obduktionsbericht ihrer Tochter: "Sie ist an extremer Luftverschmutzung gestorben, so steht es auf ihrem Totenschein." Bürgermeisterwahl wird zur Abstimmung über Umwelt-Maßnahmen Die Londoner sind gespalten in der Frage. Die Hälfte unterstützt die Umweltgebühr und Einschränkungen für Autos, die andere nicht. Den heutigen Wahltag sieht Bürgermeister Khan deshalb auch als Abstimmung über seine harten Maßnahmen. "Wenn ich die Wahl verliere, habe ich wohl falsch gelegen", sagt Khan. Aber manchmal müsse man zu harten Maßnahmen stehen und versuchen, den Leuten zu erklären, warum sie "richtig und alternativlos" seien. "Der nationalen Politik einen Fingerzeig geben" Neben London wird noch in mehr als hundert weiteren Kommunen und Großstädten in England und Wales gewählt. Dort geht es um Themen wie Löcher in den Straßen oder noch tiefere Krater in den Finanzen der Gemeinden. Gleichzeitig werden die Lokalwahlen aber auch zu einem wichtigen Stimmungstest für die Wahlen zum britischen Parlament später im Jahr. Die grundsätzliche Stimmung im Land habe einen großen Einfluss auf die heutige Wahl, meint Jon Tabbush vom Thinktank "Center for London". Es würden auch Themen eine Rolle spielen, auf die lokal niemand Einfluss hätte. "Das zeigt, hier geht es auch darum, der nationalen Politik einen Fingerzeig zu geben." Stimmungstest für Parlamentswahlen und Sunak Deshalb wird Premierminister Rishi Sunak genau hinschauen. Mit seinen konservativen Tories liegt er in Umfragen zum landesweiten Trend abgeschlagen hinter der Labour-Partei. Die Kommunalwahlen werden ihm einen Eindruck liefern, wie düster die Aussichten für ihn und die Konservativen tatsächlich sind. Selbst Putschversuche aus den eigenen Reihen muss er befürchten, sollten die Ergebnisse desaströs für die Tories enden.
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2024-05-02
Arizona stoppt Rückkehr zum Abtreibungsrecht von 1864
Entscheidung im Parlament
Im April verfügte das oberste Gericht in Arizona, dass ein 160 Jahre altes, fast komplettes Abtreibungsverbot wieder in Kraft treten kann. Doch das Parlament verhinderte das nun - auch mit Stimmen aus den Reihen der Republikaner.
Im April verfügte das oberste Gericht in Arizona, dass ein 160 Jahre altes, fast komplettes Abtreibungsverbot wieder in Kraft treten kann. Doch das Parlament verhinderte das nun - auch mit Stimmen aus den Reihen der Republikaner. Die Abgeordneten des US-Bundesstaats Arizona haben eine Rückkehr zu einem Abtreibungsverbot aus dem Jahr 1864 verhindert. Nach dem Repräsentantenhaus stimmte auch der Senat für die Aufhebung des 160 Jahre alten Gesetzes, das nach einem Urteil eines Landesgerichtes ansonsten in einigen Wochen wieder in Kraft getreten wäre. Die Regelung von 1864 sah ein Verbot von Abtreibungen in allen Phasen der Schwangerschaft vor, auch in Fällen von Vergewaltigung oder Inzest. Ausnahmen hätten nur gegolten, wenn das Leben der betroffenen Frau gefährdet ist. Bei dem Votum von 16 zu 14 Stimmen unterstützten eine Republikanerin und ein Republikaner die Abgeordneten der Demokratischen Partei. Es wird damit gerechnet, dass die demokratische Gouverneurin Katie Hobbs die Vorlage nun schnell unterzeichnet. US-Medien zufolge könnte das Gesetz aus dem 19. Jahrhundert möglicherweise trotzdem für kurze Zeit in Arizona in Kraft treten, weil die nun beschlossene Aufhebung erst verzögert greift. In Arizona sind Abtreibungen derzeit ab der 15. Schwangerschaftswoche verboten.   Das Oberste Gericht des Bundesstaates hatte im April erlaubt, das Verbot aus dem Jahr 1864 wieder anzuwenden. Es kriminalisiert nicht direkt Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch wünschen, sondern Personen, die ihnen dabei helfen - also etwa Ärztinnen und Ärzte. Mit dem Urteil wurde ein anhaltender Streit im US-Wahlkampf befeuert. Republikanerin: Verstoß gegen die konservativen Werte "Wir sind hier, um ein schlechtes Gesetz aufzuheben", sagte die demokratische Senatorin Eva Burch zu ihrer Entscheidung, für die Aufhebung zu stimmen. "Ich möchte nicht, dass wir Gesetze über Frauen in Ehren halten, die zu einer Zeit geschrieben wurden, als Frauen nicht wählen durften." Die republikanische Senatorin Wendy Rogers sagte dagegen, die Aufhebung des Gesetzes verstoße gegen die konservativen Werte Arizonas. "Das Leben beginnt mit der Empfängnis. Damit lagen sie 1864 richtig. Wir müssen auch 2024 richtig liegen." Juristischer Flickenteppich Im Juni 2022 hatte der Supreme Court - das höchste Gericht der USA - mit seiner konservativen Mehrheit das landesweite Recht auf Abtreibung gekippt, das fast 50 Jahre lang Gültigkeit gehabt hatte. Seitdem können die Bundesstaaten eigenständig über Regeln zum Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Entstanden ist dadurch ein rechtlicher Flickenteppich. So sind Schwangerschaftsabbrüche in diversen Bundesstaaten inzwischen praktisch verboten, während andernorts eine - im Vergleich zu deutschen Verhältnissen - weiterhin recht liberale Gesetzgebung gilt.
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2024-05-02
Hamas-Anführer offenbar skeptisch
Verhandlungen zu Geisel-Deal
Im Ringen um eine Feuerpause in Nahost steht eine offizielle Antwort der Hamas auf die Zugeständnisse Israels noch aus. Der Anführer der Islamistengruppe meldete sich allerdings bereits zu Wort - und klang wenig optimistisch.
Im Ringen um eine Feuerpause in Nahost steht eine offizielle Antwort der Hamas auf die Zugeständnisse Israels noch aus. Der Anführer der Islamistengruppe meldete sich allerdings bereits zu Wort - und klang wenig optimistisch. Der Anführer der militant-islamistischen Hamas im umkämpften Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, ist bezüglich des jüngsten Verhandlungsangebots für einen Geisel-Deal einem Medienbericht zufolge skeptisch. Es handele sich nicht um ein Angebot der ägyptischen Vermittler, sondern um ein israelisches "in amerikanischem Gewand", das eine Reihe von Fallstricken enthalte, sagte eine dem Hamas-Anführer nahestehende Quelle dem israelischen Fernsehsender Channel 12 am Abend. So enthalte der gegenwärtige Entwurf keine Garantie, dass der Krieg beendet wird. Unklar, wie viele Geiseln noch leben Im Rahmen ägyptischer Vermittlungsbemühungen in Kairo war der Hamas ein Vorschlag für eine Feuerpause im Gegenzug für die Freilassung von Geiseln unterbreitet worden. Ägyptische Vermittler hatten das Angebot zuvor von Israel erhalten. Bei dem Massaker am 7. Oktober in Israel hatten die Hamas und andere Terrorgruppen etwa 250 Geiseln genommen. 105 von ihnen wurden Ende November freigelassen. Wie viele von den übrigen noch am Leben sind, ist unklar. Offizielle Antwort der Hamas bald erwartet Eine Antwort der Hamas auf den israelischen Vorschlag steht noch aus. Die Islamistenorganisation bestand bislang auf einem Ende des Krieges, was Israel aber ablehnt. Die israelische Regierung hat einen raschen Beginn der umstrittenen Offensive in Rafah im Süden des Gazastreifens an der Grenze zu Ägypten angekündigt, sollte es nicht zu einer Einigung kommen. Der im Libanon ansässige Hamas-Vertreter Osama Hamdan sagte dem von der proiranischen Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon kontrollierten Fernsehsender Al-Manar: "Unsere Position zum aktuellen Verhandlungspapier ist negativ"; das berichtete die Times of Israel in der Nacht. Laut der Pressestelle der Hamas bedeute das jedoch keinen Abbruch der Verhandlungen. Der Zeitung zufolge wollte die Organisation in den nächsten Stunden eine Antwort auf den jüngsten Vorschlag vorlegen. Wie viel Gewicht hat al-Sinwars Wort? Äußerungen von Hamas-Führern im Exil sollten nicht als offizielle Positionen der Islamistenorganisation betrachtet werden, sagte der Vertraute al-Sinwars dem israelischen Sender Channel 12. Der Gaza-Anführer verlasse sich bei seinen Entscheidungen nur noch auf zwei enge Gefolgsleute, die den Gazastreifen auf seinen Befehl hin vor dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres verlassen hätten. Der Times of Israel zufolge hatte es in jüngster Zeit Äußerungen von Hamas-Führern im Exil gegeben, die ein Abkommen für eine Waffenruhe im Gazastreifen befürworteten.  Blinken: "Hamas blockiert den Weg zur Feuerpause" Bei seinem Besuch in Israel hatte US-Außenminister Antony Blinken die Hamas zuvor dazu aufgerufen, Israels Vorschlag für eine Feuerpause zuzustimmen. "Es ist die Hamas, die den Weg zur Feuerpause blockiert", sagte er. Es liege ein "sehr starker Vorschlag auf dem Tisch", dem die Terrororganisation "zustimmen und die Sache zu Ende bringen" müsse. Der israelische Vorschlag sieht Medienangaben zufolge ein mehrstufiges Verfahren vor, in dem die Kämpfe im Gazastreifen vorerst für 40 Tage gestoppt werden und im Gegenzug Geiseln freikommen. Zunächst sollen Frauen, Kranke, Ältere und Verwundete freigelassen werden. Wie schon bei der ersten Waffenruhe werden auch palästinensische Häftlinge - ebenfalls in einem Stufenverfahren - aus israelischen Gefängnissen entlassen. Die israelische Regierung wollte nach Aussage eines Sprechers bis zum Abend auf eine Antwort der Hamas warten. Danach werde "eine Entscheidung" getroffen, ob Israel eine Delegation zu weiteren Gesprächen nach Kairo entsenden werde.
/ausland/asien/nahost-israel-gaza-hamas-102.html
2024-05-02
Hamburger Polizei im Großeinsatz
Demos zum Tag der Arbeit
Während sich viele Menschen auf einen freien Tag freuen, ist die Hamburger Polizei im Großeinsatz: Zum 1. Mai sind wieder mehrere Demonstrationen angemeldet. Einige der Versammlungen hat die Polizei genauer im Blick.
Am 1. Mai rufen in Hamburg regelmäßig auch linke und linksextreme Gruppen zu Kundgebungen auf. Am Mittwoch folgten mehr als 9.000 Menschen den Appellen - mehr als zunächst erwartet und deutlich mehr als vor einem Jahr. Nach Angaben von Polizeisprecherin Sandra Levgrün waren 1.800 Beamte und Beamtinnen bei den Kundgebungen im Einsatz, auch aus Bremen und von der Bundespolizei. Es blieb bis zum Abend friedlich. "Die Demonstrationen an diesem sonnigen Tag zeichneten sich durch friedliche und verantwortungsvolle Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus, sodass die Polizei Hamburg eine sehr positive Bilanz zieht", sagte Levgrün. Tausende bei "Wer hat, der gibt" Am Nachmittag versammelte sich die mit rund 6.000 Teilnehmenden größte Kundgebung am Bahnhof Dammtor. Das Bündnis "Wer hat, der gibt" hatte zu einem Protestzug durch die Stadtteile Rotherbaum und Harvestehude bis zur U-Bahn-Station Eppendorfer Baum aufgerufen. Die Demonstrierenden rechneten auf dem Weg entlang der Alster mit Politikerinnen und Politikern fast aller Parteien sowie mit den Reichen ab und forderten eine gerechte Steuerpolitik. Außerdem skandierten sie Slogans wie "Alle zusammen gegen den Faschismus" oder "Nazis raus!". 1.800 Menschen bei "revolutionärer 1. Mai-Demo" Am späten Nachmittag startete die "revolutionäre 1. Mai-Demonstration" des vom Verfassungsschutz als gewaltorientiert eingestuften Roten Aufbaus am Hauptbahnhof. Rund 1.800 Teilnehmende zogen durch St. Georg, Hohenfelde und Eilbek bis zum S-Bahnhof Landwehr. Der Slogan der Demo lautete "Krieg, Krise, Kapitalismus - so wie es ist, darf es nicht bleiben". 1.400 Menschen ziehen von der Schanze nach Altona Am Mittag waren rund 1.400 Menschen dem Aufruf von Anarchisten und Linksautonomen zu einer Demonstration gefolgt und kamen ins Schanzenviertel. Unter dem Motto "Solidarisch. Selbstbestimmt. Herrschaftsfrei" zogen sie vom Bahnhof Sternschanze nach Altona. Vom Dach der Roten Flora wurden die Teilnehmenden mit Pyrotechnik begrüßt, größere Zwischenfälle gab es aber nicht. Am Bahnhof Altona löste sich die Kundgebung auf. Hunderte bei "Take Back The Night" in der Schanze Eine erste größere Demo hatte am Dienstagabend unter dem Motto "Take Back The Night" im Schanzenviertel stattgefunden. Laut Polizei zogen rund 900 Menschen - vor allem Frauen - vom linksalternativen Zentrum Rote Flora nach St. Pauli. Sie wollten gezielt auf die Gewalt gegen Frauen und auch Femizide, also die Tötung von Frauen, aufmerksam machen. Der Zug wurde von zahlreichen Polizeikräften begleitet. Zum Start der Demo wurde vom Dach der Roten Flora Feuerwerk gezündet. Viele der Demonstrantinnen trugen FFP2-Masken. Größere Zwischenfälle gab es in der Walpurgisnacht nicht. "Nur ein paar Bengalos und Nebeltöpfe - ansonsten blieb alles ruhig", sagte ein Polizeisprecher.   Große DGB-Demo in Altona Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Hamburg rief am Tag der Arbeit dazu auf, auf die Straße zu gehen. Das Motto der drei Hamburger Veranstaltungen lautete: "Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit". Die größte Demo gab es in Altona. Tausende versammelten sich am Vormittag auf dem Platz der Republik und zogen anschließend zu einer Kundgebung auf dem Fischmarkt. Außerdem gab es in Harburg und Bergedorf DGB-Demonstrationen. Mann im vergangenen Jahr durch Polizist schwer verletzt Im vergangenen Jahr waren in Hamburg bei Demonstrationen rund um den 1. Mai mehr als 5.000 Menschen auf die Straße gegangen. Dabei gab es zwar insgesamt keine größeren Ausschreitungen und die Polizei zog hinterher eine insgesamt positive Bilanz. Am Bahnhof Schlump war allerdings bei einer Polizeiaktion ein Mann schwer verletzt worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind die Ermittlungen inzwischen abgeschlossen. Ob es zu einer Anklage gegen einen beteiligten Beamten kommt, ist noch unklar. Dieses Thema im Programm:NDR Fernsehen | Hamburg Journal | 01.05.2024 | 19:30 Uhr
/inland/regional/hamburg/demonstration-hamburg-106.html
2024-05-02
Alle bestehen auf ihren roten Linien
Frist zum Haushalt 2025 endet
Bis heute haben die Ministerien Zeit bekommen, ihre Etat-Zahlen für den kommenden Haushalt abzuliefern. Schon jetzt zeichnet sich der nächste Eklat ab - und es drohen weitere Haushaltslöcher. Von Jan-Peter Bartels und Nicole Kohnert.
Bis heute haben die Ministerien Zeit bekommen, ihre Etat-Zahlen für den kommenden Haushalt abzuliefern. Schon jetzt zeichnet sich der nächste Eklat ab - und es drohen weitere Haushaltslöcher. Von Jan-Peter Bartels, Nicole Kohnert Täuschend ruhig liegt das Regierungsviertel in der Sonne. Beschaulich fast. Harmonisch ist es hinter den Kulissen aber nicht. Es geht um viel Geld, um den Haushalt 2025. Der Endspurt läuft, nächstes Jahr wird gewählt. Was jetzt nicht in den Haushalt kommt, das klappt nicht mehr - und wer will schon öffentlich dafür gescholten werden, seine Projekte nicht umzusetzen? An diesen Haushaltverhandlungen hängt alles: die geplante Rentenreform, die Kindergrundsicherung, diverse Klimaschutzprogramme, mehr Geld für Verteidigung. Nun wird im Hintergrund gedealt und es läuft das Spiel: Wer zuerst zuckt, verliert. Lindner will an der Schuldenbremse festhalten "Konstruktiv!" Es klingt fast wie eine Drohung, wenn Finanzminister Christian Lindner dieses Wort in den Mund nimmt und damit die anstehenden Gespräche mit seinen Koalitionspartnern meint. Die anstehenden Haushaltsverhandlungen verbindet er mit dem FDP-Wirtschaftskonzept und meint, dass alles "Hand in Hand" und "Schritt für Schritt" gehen müsse. Lindner will die wirtschaftliche Dynamik im Land stärken und außerdem um jeden Preis die Schuldenbremse einhalten. Die rote Linie der Liberalen ist also klar gezogen. Damit das klappt, müssen wohl weit mehr als 20 Milliarden Euro eingespart werden. Die SPD will nicht am Sozialstaat rütteln Kürzungsvorschläge gibt es einige, beispielsweise die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren zu streichen oder das Renteneintrittsalter anzuheben. Aber hier zieht die SPD ihre Linie: "Das wird mit uns nicht geändert", sagte Kanzler Olaf Scholz am Wochenende in Hamburg. Am Sozialstaat werde nicht gerüttelt, das garantiere die SPD. Stattdessen versucht das Wirtschaftsforum der SPD, die Debatte über die Schuldenbremse neu zu befeuern. Auch diese Gruppe verweist - wie die FDP - auf die lahmende Wirtschaft, kommt aber in einem Papier zu einem ganz anderen Schluss in Sachen Schuldenbremse: "Halten wir daran fest, so werden die Kosten, die künftige Generationen zu tragen haben, die Kosten der Kreditaufnahme in den Schatten stellen." Habeck will ein Entlastungsprogramm Die Grünen schütteln nur noch mit dem Kopf. Sie haben Lindners Wirtschaftskonzept erst einmal ignoriert. Wirtschaftsminister Robert Habeck will am liebsten die Schuldenbremse lockern und ein "kurzfristiges, aber wuchtiges Entlastungsprogramm" für die Wirtschaft auflegen. Hier kreuzen sich die Linien von Grünen und Liberalen, das sieht auch der Vizekanzler: Die Verhandlungen über den Haushalt könnten schwierig werden, sagt Habeck. Damit die Rechnung am Ende stimme, bekämen die Leute entweder weniger Geld oder sie müssten mehr bezahlen: "Dass das eine erfreuliche Operation wird, das kann niemand glauben." Kürzungslisten statt Wunschlisten Eine schwierige Operation, die ihre Zeit brauchen wird, glaubt die Opposition. "Wir werden einen heißen Sommer und Herbst erleben", sagt Christian Haase, der haushaltspolitische Sprecher der Union. Für ihn ist klar, dass einige der roten Linien nicht funktionieren werden: "Man kann nicht alle Sozialleistungen für sakrosankt erklären. Da schütteln auch die Leute eher den Kopf, weil die schon sehen, dass die Enden nicht zusammenpassen. Das Volk ist weiter als seine Regierung." Eine Linie allerdings werde halten, sagt Haase voraus: "Wir bewegen uns nicht bei der Schuldenbremse. Deswegen wird es die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Grundgesetzänderung in dieser Legislatur nicht geben." Und so wird die Ampel wohl nur noch Kürzungslisten diskutieren können, keine Wunschlisten. Allein einem Herzensanliegen der FDP könnte eine Zukunft beschert sein: Die FDP will gerne den Solidaritätsbeitrag abschaffen, den inzwischen vor allem Unternehmen zahlen. Das soll die Wirtschaft stärken. Klage gegen den Solidaritätsbeitrag Ihn abzuschaffen könnte Milliarden kosten, das würde ein weiteres Haushaltsloch reißen. Auch deswegen halten Grüne und SPD am Soli fest. Allerdings will das Bundesverfassungsgericht noch in diesem Jahr über eine Klage gegen den Solidaritätsbeitrag entscheiden. FDP-Chef Lindner warnte deswegen beim Parteitag der Liberalen: "Bevor wir uns von Karlsruhe aus Rechtsgründen dazu zwingen lassen, sofort und ohne Plan auf den Soli verzichten zu müssen, sollten wir lieber die klare politische Entscheidung treffen, planvoll Schritt für Schritt auf ihn zu verzichten." Am Plan B wird also im Finanzministerium gearbeitet. Sollte Karlsruhe die Ampel zum Abschaffen des Solis zwingen, würde das wohl eine neue Debatte in Gang setzen, ob man nicht erneut eine Notlage erklären und die Schuldenbremse aussetzen müsse. Nur eine kleine Rolle für die Steuerschätzung Noch liegt diese Entscheidung in der Zukunft. Die großen Linien, die großen Posten werden Kanzler Scholz, Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Lindner in den kommenden Wochen zu dritt klären, heißt es immer wieder. Die Steuerschätzung Mitte Mai, auf die Haushaltspolitiker gerne setzen, um mehr Spielraum im Rechenspiel zu haben, wird voraussichtlich nur eine kleine Rolle spielen. So wird in den Hinterzimmern diskutiert, verhandelt und Druck aufgebaut: Alle bestehen auf ihre Linien - keiner will zuerst zucken.
/inland/innenpolitik/haushalt-lindner-104.html
2024-05-02
Proteste in Georgien weiten sich aus
Umstrittenes NGO-Gesetz
Zehntausende Menschen haben in Georgien erneut gegen das umstrittene Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme" demonstriert. Das Parlament stimmte in zweiter Lesung für das Gesetz, die dritte steht noch aus. Von Björn Blaschke.
Zehntausende Menschen haben in Georgien erneut gegen das umstrittene Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme" demonstriert. Das Parlament stimmte in zweiter Lesung für das Gesetz, die dritte steht noch aus. Von Björn Blaschke Die Stimmung bei den Demonstrationen in Georgiens Hauptstadt Tiflis wird immer angespannter. Kommen die Protestierenden den Parlamentstüren zu nahe, setzt die Polizei Reizgas ein - und Wasserwerfer. Die Zurückgedrängten reagieren mit Pfiffen, blasen in Trillerpfeifen oder Tröten, einige schmeißen Wasserflaschen und Steine auf die Polizisten, die mit Helmen und Schutzschilden ausgerüstet sind. Trotzdem sollen mehrere Beamte Verletzungen erlitten haben, so wie auch Demonstrierende. Die meisten von denen zeigen sich unerschütterlich - wie David: "Wir haben vor nichts Angst", sagt er. "Das ist unsere Zukunft, und wir wählen Europa." Regierung will Gesetz in kommenden Tagen durchs Parlament bringen Die mittlerweile fast täglichen Auseinandersetzungen entzünden sich an einem Gesetzentwurf mit einem sperrig klingenden Namen. Er lautet: "Über die Transparenz ausländischer Einflussnahme". Die Regierung plant, den Entwurf in den kommenden Tagen durchs Parlament zu bringen. Sollte ihr das gelingen, müssten alle Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 20 Prozent ihres Geldes aus dem Ausland erhalten, ihre Einkünfte offenlegen. Von notwendiger Transparenz spricht die Regierungspartei. Die Opposition im Parlament sagt: Es ist ein "russischer Gesetzentwurf". Einer ihrer Abgeordneten erklärt: "Der fünfte Artikel ist russisch, weil dieses Gesetz ebenso wie ein Kreml-Gesetz darauf abzielt, Menschen öffentlich zu Agenten, Spionen und Verrätern zu erklären." Handgreiflichkeiten im Parlament In zweiter Lesung stimmten gestern 83 Abgeordnete für den Gesetzentwurf, 23 dagegen. Das Vorhaben muss dann noch in dritter Lesung verabschiedet werden. Im Anschluss an die jüngste Abstimmung kam es zu Handgreiflichkeiten im Parlament. "Russen raus", skandierten die Menschen vor dem Gebäude. In Russland nutzen die Behörden seit 2012 eine ähnliche Rechtsvorschrift, so die Kritik, um systematisch die Zivilgesellschaft und unabhängige Medien zu zerschlagen. Darauf ziele auch die Regierungspartei in Georgien ab, so Demonstrantin Nina: "Wir glauben nicht, dass es um Transparenz geht", sagt sie. "Es geht um Kontrolle von Medien und Nichtregierungsorganisationen. Ich sage, es ist pro-russisch." Georgien ist EU-Beitrittskandidat Georgien genießt seit vergangenem Dezember EU-Beitrittskandidaten-Status. Die Menschen, die dieser Tage lautstark vor das Parlament ziehen, wollen, dass daraus eine Mitgliedschaft wird. Auch Dimitri: "Wir müssen gegen dieses Gesetz kämpfen", sagt er. "Und gegen alles, was uns von Europa fernhält. Und wir müssen unser Bestes geben, so schnell wie möglich in die EU zu kommen." Die Regierungspartei möchte erklärtermaßen ebenfalls eine Annäherung an die EU. Gleichzeitig unterhält sie jedoch gute Beziehungen zu Russland. Widersprüchlichkeit möchten ihre Politiker darin nicht erkennen. Anders der Führer der größten Oppositionspartei im Parlament. Er sei vorletzte Nacht festgenommen und von Polizisten geschlagen worden, hieß es aus seinem Umfeld. Mit offensichtlichen Verletzungen an der Nase und an einem Auge forderte er danach im Parlament die Regierungspartei auf, vom eingeschlagenen Weg abzukehren: "Es sind nur noch fünf Monate bis zu den Wahlen. Vielleicht werde ich mit diesem Auge nie wieder sehen können, aber im Land wird man die Wahrheit erkennen."
/ausland/europa/georgien-proteste-126.html
2024-05-01
++ 30 Lkw mit Hilfsgütern passieren Übergang Erez ++
Nahost-Krieg
Über den Grenzübergang Erez sind 30 Lkw mit Nahrungsmitteln und medizinischen Hilfsgütern in den Norden des Gazastreifen gelangt. Die Türkei will sich der von Südafrika angestrengten Völkermord-Klage gegen Israel anschließen. Alle Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.
Über den Grenzübergang Erez sind 30 Lkw mit Nahrungsmitteln und medizinischen Hilfsgütern in den Norden des Gazastreifen gelangt. Die Türkei will sich der von Südafrika angestrengten Völkermord-Klage gegen Israel anschließen. Alle Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen. Ende des Liveblogs Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse. Hamas will sich eventuell Donnerstag zu Vorschlag äußern Die militant-islamistische Hamas hat eine rasche Reaktion auf den derzeit diskutierten Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen in Aussicht gestellt. "Höchstwahrscheinlich werden die Unterhändler morgen Donnerstag eine Antwort erhalten, so Gott will", hieß es in einer Stellungnahme der Hamas, die am Mittwochabend an die Nachrichtenagentur AP geschickt wurde. Israels Militär - Bereiten "Offensive im Norden" vor Israel bereitet nach Angaben von Generalstabschef Herzi Halevi "eine Offensive im Norden" vor. Einzelheiten nennt er während einer Lagebeurteilung an der libanesischen Grenze nicht. Die Offensive im Gazastreifen werde "mit Macht fortgesetzt", erklärt er zudem. 30 Lkw mit Hilfsgütern passieren Grenzübergang Erez 30 Lastwagen mit Hilfsgütern sind nach Angaben der israelischen Armee über den Grenzübergang Erez in den besonders von Lebensmittelknappheit betroffenen Norden des Gazastreifens gefahren. Laut Armee wurde der Grenzübergang am Mittwoch zum ersten Mal seit Kriegsbeginn für die Einfuhr humanitärer Hilfe geöffnet. Das Welternährungsprogramms (WFP) hatte allerdings bereits Mitte April mitgeteilt, dass Lastwagen mit seinen Hilfsgütern erstmals seit Beginn des Gaza-Kriegs Erez passiert hätten. Aus Israel gab es dafür bislang keine Bestätigung. Von der Armee hieß es weiter, am Mittwoch seien Nahrungsmittel und medizinische Hilfsgüter aus Jordanien über Erez geliefert worden. Die Öffnung des Grenzübergangs im Norden des Gazastreifens sei auf Anweisung der Regierung erfolgt und Teil der Bemühungen Israels, die Menge und Routen für humanitäre Hilfe für den Gazastreifen auszuweiten. Israels Kriegskabinett hatte die Öffnung des Grenzübergangs zwischen Israel und dem nördlichen Teil des Gazastreifens Anfang April beschlossen. Kolumbien will diplomatische Beziehungen zu Israel abbrechen Kolumbiens Präsident Gustavo Petro kündigt den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel an. Petro sagt vor einer jubelnden Menschenmenge in Bogota bei einem Marsch zum Tag der Arbeit, dies werde am Donnerstag aufgrund der Vorgänge im Gazastreifen geschehen. Er warf der israelischen Regierung Völkermord vor. Staaten dürften angesichts der Ereignisse im Gazastreifen nicht tatenlos bleiben. Eine Stellungnahme Israels liegt zunächst nicht vor. Petro hat in der Vergangenheit den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu scharf kritisiert. Waffenruhevorschlag: Hamas will konkreteren Wortlaut zu Abzug Israels Bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe für den Gazastreifen hakt es nach Angaben aus Vermittlerkreisen unter anderem noch am genauen Wortlaut zu einem möglichen Truppenabzug Israels. Die Hamas wolle die Formulierung des derzeit diskutierten Vorschlags dahingehend konkretisieren, dass ein "kompletter israelischer Abzug aus dem gesamten Gazastreifen" festgelegt werde, sagte ein Vertreter aus Ägypten, der über die Verhandlungen informiert war, der Nachrichtenagentur AP. Das solle sicherstellen, dass es keine unterschiedlichen Auslegungen gebe. Auch die bedingungslose Rückkehr von Bewohnern in den Norden des Gazastreifens müsse eindeutiger formuliert werden, weil bisher nicht ganz klar sei, wer zurückdürfe und wer nicht, sagte die Gewährsperson. Israels Sicherheitskräfte räumen Siedlungsaußenposten Bei Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften sind 30 israelische Siedler im Westjordanland festgenommen worden. Das teilte ein Sprecher der Grenzpolizei der Nachrichtenagentur dpa auf Anfrage mit. Israels Armee und Mitarbeiter der israelischen Zivilverwaltung im Westjordanland hätten am Mittwoch einen illegalen Siedlungsaußenposten nahe der Stadt Ramallah geräumt, berichteten mehrere israelische Medien übereinstimmend. Dutzende israelische Siedler versammelten sich den Berichten zufolge auf dem Gelände und versuchten, den Einsatz zu verhindern. Der Außenposten sei auf privatem palästinensischem Gelände errichtet gewesen, zitierten Medien die israelische Regierungsbehörde im Westjordanland.Westjordanl New Yorker Bürgermeister: 300 Festnahmen bei Uni-Protesten Bei den propalästinensischen Campus-Protesten in New York hat die Polizei in der Nacht zu Mittwoch laut Bürgermeister Eric Adams etwa 300 Personen festgenommen. Bei den Polizeieinsätzen habe es sich um die Räumung eines besetzten Gebäudes der Columbia-Universität und um einen Einsatz beim City College gehandelt, sagte Adams bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Bei den Festnahmen werde geprüft, wer tatsächlich Student ist und wer sich nicht hätte auf dem Uni-Gelände befinden dürfen. Adams beschuldigte erneut Scharfmacher außerhalb der Studierendenschaft, die Proteste zu eskalieren.  Kreise: Waffenruhevorschlag beinhaltet schrittweisen Abzug Israels Vertreter Ägyptens und der Hamas haben der Nachrichtenagentur AP die Bedingungen für eine Waffenruheabkommen genannt, über das derzeit im Gaza-Krieg verhandelt wird. Teil des Vorschlages sei auch ein schrittweiser Abzug Israels aus dem Gazastreifen im Gegenzug für die Freilassung von Geiseln, sagten die Gewährsleute der AP und bestätigten damit entsprechende Medienberichte. Demnach sollen in der ersten Woche einer 40-tägigen Anfangsphase weibliche Geiseln von der Hamas im Gegenzug für palästinensische Häftlinge freigelassen werden. Anschließend würde das israelische Militär sich von der Küstenstraße im Gazastreifen Richtung Osten zurückziehen, Hilfslieferungen ermöglichen und Menschen aus dem Norden des Gazastreifens die Rückkehr erlauben. Die Hamas würde außerdem eine Liste jener Geiseln vorlegen, die noch am Leben sind. Blinken: Hamas blockiert Weg zur Feuerpause im Gazastreifen US-Außenminister Antony Blinken hat die Hamas bei seinem Besuch in Israel gedrängt, dem jüngsten Vorschlag über eine Waffenruhe und die Geisel-Freilassung im Gazastreifen endlich zuzustimmen. "Es ist die Hamas, die den Weg zur Feuerpause blockiert", sagte Blinken nach Angaben seines Außenamtssprechers Matthew Miller bei einem Treffen mit Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu. Ein hochrangiger Hamas-Vertreter kündigte eine Antwort der islamistischen Palästinenserorganisation "innerhalb sehr kurzer Zeit" an.  Türkei will sich Völkermord-Klage Südafrikas gegen Israel anschließen Die Türkei will sich der von Südafrika angestrengten Völkermord-Klage gegen Israel anschließen. Das erklärte Außenminister Hakan Fidan in Ankara. Man werde noch die juristischen Details zu dem Antrag beenden. Ende Dezember hatte Südafrika Israel vor dem Internationalen Gerichtshof wegen angeblich im Gaza-Krieg begangener Verstöße gegen die Völkermordkonvention verklagt. Das UN-Gericht verfügte in einem einstweiligen Entscheid, Israel müsse Schutzmaßnahmen ergreifen, um einen Völkermord zu verhindern. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen wiederholt scharf kritisiert und Israel "Völkermord" an den Palästinensern vorgeworfen. Jordanien: Israelische Siedler greifen Hilfskonvois an Zwei jordanische Hilfskonvois sind nach staatlichen Angaben auf dem Weg in den Gazastreifen von israelischen Siedlern angegriffen worden. Die mit Lebensmitteln und anderen Hilfsgütern beladenen Fahrzeuge hätten es aber dennoch geschafft, ihre Ziele im Gazastreifen zu erreichen, teilt das jordanische Außenministerium weiter mit. Detailliertere Angaben zu dem Vorfall macht es nicht. Nach Angaben der israelischen Rechtshilfeorganisation Honenu nahm die israelische Polizei vier Männer fest, die Hilfs-Lkw auf dem Weg nach Gaza in der Nähe einer großen Siedlung im Westjordanland blockiert haben sollen. Blinken fordert mehr Hilfe für Menschen in Gaza US-Außenminister Antony Blinken hat bei einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu erneut mehr Unterstützung für die Menschen im Gazastreifen gefordert. Beim Thema Hilfslieferungen habe er zwar eine Verbesserung ausgemacht. Nach Angaben seines Ministerium betonte Blinken aber bei dem Treffen in Israel auch, dass es wichtig sei, "diese Verbesserung zu beschleunigen und aufrecht zu halten". Social-Media-Beitrag auf X von Shalom Lipner: "Struck by the stonefaced looks and even scowls of ALL the US participants. https://t.co/gJ09tevnBA" Israelische Ministerin kritisiert Geisel-Verhandlungen Eine israelische Ministerin hat mit Äußerungen gegen einen Deal zur Freilassung von Hamas-Geiseln für Empörung gesorgt. Man dürfe nicht für die Rückkehr einer kleinen Anzahl von Geiseln die Kriegsziele Israels opfern, sagte Orit Strock, Ministerin für Siedlungen und Nationale Projekte, dem israelischen Armeesender. Für diese Ziele habe man "Soldaten in den Kampf geschickt, einige von diesen Soldaten sind nicht zurückgekommen", sagte die 64-jährige Ministerin von der rechten Partei Religiöser Zionismus. Gewaltsame Zusammenstöße an University of California Bei pro-palästinensischen Protesten auf dem Campus der University of California (UCLA) in Los Angeles ist es Medienberichten zufolge zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Protestteilnehmern gekommen. Laut dem Sender CNN brachen die Auseinandersetzungen am frühen Mittwochmorgen zwischen pro-palästinensischen und pro-israelischen Demonstranten aus. Ein Sprecher des Bürgermeisters teilte im Onlinedienst X mit, die Polizei von Los Angeles habe "sofort auf die Bitte (des Universitätskanzlers) um Unterstützung auf dem Campus reagiert". An amerikanischen Hochschulen kommt es im Zuge des Kriegs im Gazastreifen immer häufiger zu pro-palästinensischen Protesten. Am späten Dienstagabend hatte die New Yorker Polizei ein Protestlager auf dem Campus der Eliteuniversität Columbia aufgelöst. Blinken: "Entschlossen, eine Waffenruhe zu erzielen" Zum Auftakt seiner Israel-Gespräche ist US-Außenminister Antony Blinken mit Staatspräsident Izchak Herzog zusammengetroffen. Herzog sagte nach Angaben seines Büros bei der Zusammenkunft in Tel Aviv, die Freilassung der Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas habe gegenwärtig höchste Priorität. Blinken sagte demnach: "Wir sind entschlossen, eine Waffenruhe zu erzielen, die die Geiseln nach Hause bringt, und zwar jetzt. Und der einzige Grund, warum dies nicht erzielt werden könnte, ist wegen der Hamas." Blinken sagte, es liege ein Vorschlag auf dem Tisch. "Und wie wir gesagt haben, keine Verzögerungen, keine Ausreden." Gleichzeitig müsse man sich auch auf die Menschen in Gaza konzentrieren, "die im Kreuzfeuer leiden, das die Hamas verursacht hat". Der Fokus sei dabei mehr humanitäre Hilfe. Nach dem Treffen mit Herzog sei ein Gespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu in Jerusalem geplant. Blinken hatte von einem "sehr, sehr großzügigen" Vorschlag Israels für einen Deal mit der Hamas gesprochen. Im Rahmen von Vermittlungsbemühungen in Kairo wird nun auf eine Antwort der Hamas gewartet. SPD-Politiker Roth begrüßt IGH-Urteil Die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) im Verfahren Nicaraguas gegen Deutschland zum Krieg im Gazastreifen ist parteiübergreifend als positiv gewertet worden. Es sei "ein guter Tag für das internationale Recht" gewesen, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Das russlandfreundliche autoritäre Regime in Nicaragua ist mit seinem Versuch vorerst gescheitert, internationales Recht für seine verbrecherischen Zwecke zu instrumentalisieren", fuhr er fort. Deutschland sei "keine Kriegspartei, sondern der größte humanitäre Geber für die Palästinenserinnen und Palästinenser". Der Vize-Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Link, bezeichnete die IGH-Entscheidung als "wichtiges Signal". Deutschland unterstütze Israel bei seiner Selbstverteidigung, bemühe sich aber auch um Hilfe für die Menschen im Gazastreifen, sagte er den RND-Zeitungen. Der IGH in Den Haag hatte am Dienstag Sofortmaßnahmen im Verfahren zu dem von Nicaragua gegen Deutschland erhobenen Vorwurf der Begünstigung eines "Völkermords" im Gazastreifen abgewiesen. Polizei rückt gegen Uni-Besetzer auf Columbia-Campus vor Nach der Eskalation propalästinensischer Proteste an der New Yorker Elite-Universität Columbia ist ein Großaufgebot der Polizei gegen die Studierenden vorgerückt. Am Abend strömten Hunderte Polizisten auf den Campus im Norden Manhattans, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur dpa vor Ort berichtete. Die Beamten drangen auch in das von Demonstranten besetzte Universitätsgebäude ein, es gab mehrere Festnahmen - laut dem US-Sender CBS mindestens 50. Dutzende Zelte in dem sogenannten Solidaritätscamp auf dem Gelände wurden von den Einsatzkräften durchsucht. Die Demonstrierenden kritisieren das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg und fordern Solidarität mit den Palästinensern. Außerdem verlangen sie von der Hochschule, finanzielle Beziehungen mit Israel zu kappen. Die Universitätsleitung lehnte das ab. Huthi: Haben Schiffe im Roten Meer und im Indischen Ozean angegriffen Die Huthi-Rebellen im Jemen haben nach eigenen Angaben Schiffe im Roten Meer und im Indischen Ozean angegriffen. Die "MSC Orion" sei im Indischen Ozean ins Visier genommen worden, sagt ein Sprecher der Rebellen-Gruppe im Fernsehen. Zudem seien zwei US-Zerstörer und das Schiff "Cyclades" im Roten Meer attackiert worden. Die Huthi bezeichnen ihre Angriffe als Akt der Solidarität mit den Palästinensern im Nahost-Krieg. Blinken: Israel vor Öffnung von Grenzübergang für Hilfen für Gaza Israel will nach den Worten von US-Außenminister Antony Blinken zeitnah den Grenzübergang Erez für Hilfslieferungen in den Norden des Gazastreifens öffnen. Die ersten Güter hätten bereits Jordanien verlassen und seien unterwegs zum Übergang Erez, sagte Blinken bei einem Besuch in Jordanien. Aus US-Kreisen verlautete zudem, dass die Lieferung den Gazastreifen am Mittwoch erreichen dürfte. Blinken lobte die jordanischen Behörden für die Koordinierung der geplanten Hilfslieferungen. "Wir unterstützen diese Bemühungen direkt, und dann gelangt dies viel effektiver und effizienter in den Gazastreifen und zu den Menschen, die es im Norden brauchen", sagte der US-Chefdiplomat, ehe er nach Israel weiterreiste. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen UN-Generalsekretär Guterres warnt vor einer neuen Stufe der Eskalation zwischen der Hamas und Israel. Laut Premier Netanyahu werde die Armee gegen die Hamas in Rafah vorgehen - unabhängig von Verhandlungen. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.
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2024-05-01
Demos zum 1. Mai meist friedlich verlaufen
Tag der Arbeit
Demonstrationen zum 1. Mai von linken und linksradikalen Gruppen in Hamburg und Berlin verliefen bis zum Abend weitgehend friedlich. In Stuttgart löste die Polizei eine Kundgebung auf, nachdem Teilnehmer Polizisten angegriffen hatten.
Demonstrationen zum 1. Mai von linken und linksradikalen Gruppen in Hamburg und Berlin verliefen bis zum Abend weitgehend friedlich. In Stuttgart löste die Polizei eine Kundgebung auf, nachdem Teilnehmer Polizisten angegriffen hatten. Mehr als 20.000 Menschen haben sich am 1. Mai an linken und linksradikalen Demonstrationen beteiligt, vor allem in Berlin und Hamburg. Die Polizei stand jeweils mit einem Großaufgebot parat, um mögliche Krawalle in der Nacht zu verhindern. Daneben gab es die traditionellen Demonstrationen der Gewerkschaften am Tag der Arbeit für mehr soziale Gerechtigkeit, bei denen es kaum Vorfälle gab. In Stuttgart wurde eine Demonstration der linken Szene in der Innenstadt beendet, wie die Polizei auf X mitteilte. Demo-Teilnehmer hätten Polizisten mit Pfefferspray, Dachlatten mit Schrauben, anderen Schlagwerkzeugen, Schlägen und Tritten angegriffen. Die Beamten reagierten demnach mit Pfefferspray und Schlagstöcken. Die Einsatzkräfte hätten die gewaltvolle Personengruppe schließlich umschlossen. Die anderen Versammlungsteilnehmer hätten sich dann solidarisiert und die Polizeikräfte bedrängt. 167 Personen vorläufig festgenommen Weiter hieß es in der Mitteilung: "Da sich die Versammlungsleitung und die Teilnehmer völlig unkooperativ zeigten, wurde die Versammlung durch die Versammlungsbehörde aufgelöst." Wie viele Demonstrationsteilnehmer verletzt wurden, sei noch nicht bekannt. Im Laufe des Demonstrationsgeschehens nahm die Polizei den Angaben zufolge 167 Personen vorläufig fest. Gegen sie wurden Strafverfahren eingeleitet. Bei Durchsuchungen fand die Polizei bei Teilnehmern eine Vielzahl an Pyrogegenständen, weiteres Vermummungsmaterial, Feuerlöscher, Rauchtöpfe und Handschuhe. Die Demonstration richtete sich nach Polizeiangaben "gegen Sozialabbau", setzte sich "für eine solidarische Gesellschaft" ein und sei von einer Einzelperson angemeldet worden. Keine größeren Vorfälle in Berlin Ohne größere Probleme passierte die sogenannte Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration in Berlin die Sonnenallee in Neukölln. Befürchtete Konfrontationen mit der Polizei blieben zunächst aus. Rund eineinhalb Stunden nach dem Start am Südstern in Kreuzberg hatte der Protestzug Neukölln durchquert und war auf dem Rückweg zum Ausgangspunkt. Laut Polizei nahmen etwa 11.600 Menschen teil. Die Veranstalter sprachen auf der Onlineplattform X von 25.000 bis 30.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Ein großes Polizeiaufgebot begleitete die Demonstration linker und linksradikaler Gruppen, sah aber zunächst keinen Anlass, einzuschreiten. In früheren Jahren kam es bei der Demonstration oft zu teils heftigen Krawallen. Auf die arabisch geprägte Sonnenallee in Neukölln hatte die Polizei ein besonderes Augenmerk gerichtet, nachdem es dort nach dem Terrorangriff der radikal-islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 Freudenkundgebungen und auch danach immer wieder propalästinensische Aktionen gegeben hatte. Bei der Demonstration waren dann auch Palästina-Fahnen und große Anti-Israel-Plakate zu sehen. Unter anderem war zu lesen "Keine Waffen für Israel" oder "Free Palestine". Auch aggressive Anti-Polizei-Sprechchöre waren zu hören. Auf dem Dach eines Gebäudes und im Demonstrationszug wurde Bengalo-Feuerwerk gezündet. Die Polizei hielt sich zurück. Sie hatte nach Hinweisen von Anwohnern an der Strecke nachmittags bereits Steindepots entdeckt und gesichert.  Weitgehend friedlicher Verlauf in Hamburg In Hamburg folgten laut Polizei in diesem Jahr mehr als 9.000 Menschen - und damit etwa 4.000 mehr als im vergangenen Jahr - den Demo-Aufrufen von linken und linksradikalen Gruppen. Die Polizei begleitete die Aufzüge mit einem Großaufgebot. Größere Zwischenfälle gab es den Angaben zufolge nicht. Alle Veranstaltungen seien weitestgehend friedlich verlaufen, hieß es. Als letzte von insgesamt drei Demonstrationen aus dem linken und linksextremen Spektrum ging am Mittwochabend am S-Bahnhof Landwehr die revolutionäre 1. Mai-Demo des vom Verfassungsschutz als gewaltorientiert eingestuften Roten Aufbaus zu Ende. In der Spitze nahmen daran nach Polizeiangaben 1.800 Menschen teil. Vereinzelt sei Pyrotechnik gezündet worden, hieß es. Größere Zwischenfälle habe es aber nicht gegeben. Polizeisprecherin Sandra Levgrün resümierte: "Die Demonstrationen an diesem sonnigen Tag zeichneten sich durch friedliche und verantwortungsvolle Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus, sodass die Polizei Hamburg eine sehr positive Bilanz zieht."
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2024-05-01
++ USA: Russland setzt chemische Kampfstoffe ein ++
Krieg gegen die Ukraine
Gegen Russland gibt es neue Vorwürfe, es verstoße gegen das UN-Chemiewaffenverbot. Die USA verhängen weitere Sanktionen gegen Unterstützer Russlands. Die Entwicklungen vom Dienstag zum Nachlesen.
Gegen Russland gibt es neue Vorwürfe, es verstoße gegen das UN-Chemiewaffenverbot. Die USA verhängen weitere Sanktionen gegen Unterstützer Russlands. Die Entwicklungen vom Dienstag zum Nachlesen. USA werfen Russland Einsatz von Chemikalien vorUS-Sanktionen gegen Unterstützer RusslandsAngriffe auf Tschassiw Jar erwartetUkraine meldet Tote in Region CharkiwRussland meldet ukrainische DrohnenangriffeUSA verhängen Importverbot für russisches Uran Ende des Liveblogs Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse. USA: Russland verstößt gegen Chemiewaffen-Verbot Russland verstößt nach Angaben der US-Regierung gegen die Chemiewaffenkonvention der Vereinten Nationen. Im Angriffskrieg gegen die Ukraine habe das russische Militär verschiedene Reizgase "als eine Form der Kriegsführung" eingesetzt, teilte das US-Außenministerium mit. "Der Einsatz solcher Chemikalien ist kein Einzelfall", hieß es in der Mitteilung. Russische Truppen wollten damit ukrainische Streitkräfte aus befestigten Stellungen vertreiben und so auf dem Schlachtfeld taktische Vorteile erzielen.  Die Ukraine hat in der Vergangenheit Russland mehrfach den Einsatz von Chemiewaffen vorgeworfen. Die UN-Chemiewaffenkonvention verbietet dies. So beklagte der ukrainische Generalstab zu Jahresbeginn, dass russische Truppen das Reizgas CS gegen ukrainische Soldaten in Schützengräben einsetzten. Die Gasgranaten würden von Drohnen abgeworfen oder von der Artillerie verschossen, hieß es aus Kiew. Moskau hat seinerseits den ukrainischen Streitkräften ebenfalls den Einsatz verbotener Chemiewaffen vorgeworfen. In den aktuellen Vorwürfen ist die Rede von dem Kampfstoff Chlorpikrin. Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) listet Chlorpikrin als verbotenen Stoff; Deutschland setzte das Gas im Ersten Weltkrieg ein.Russland hat sich zu den Anschuldigungen noch nicht geäußert. Korruptionsvorwurf: Selenskyj entlässt Geheimdienstbeamten Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mitten im Krieg vor dem Hintergrund von Korruptionsvorwürfen Ilja Witjuk, einen hochrangigen Beamten des Geheimdienstes SBU, entlassen. Das entsprechende Dekret wurde auf der Webseite des ukrainischen Präsidenten ohne Nennung von Gründen veröffentlicht. Witjuk leitete beim SBU die Spionageabwehr im Bereich Cybersicherheit. Zuvor hatten ukrainische Medien eine Recherche veröffentlicht, derzufolge die Ehefrau Witjuks im Zentrum Kiews eine Luxuswohnung gekauft haben soll. Witjuk war vor der Entlassung bereits beurlaubt worden.  Präsident Selenskyj hat immer wieder einen rigorosen Kampf gegen Korruption und Veruntreuung von Mitteln im Staatsapparat versprochen. Der Nachweis von Erfolgen bei diesem Kampf gilt auch als Voraussetzung für eine EU-Mitgliedschaft seines Landes. Trotzdem gilt die Ukraine nach wie vor als eins der korruptesten Länder Europas. Erst vor wenigen Tagen musste Agrarminister Mykola Solskyj wegen eines Bestechungsskandals zurücktreten. USA verhängen neue Sanktionen gegen Russland-Unterstützer Die USA haben ein neues Sanktionspaket gegen Unterstützer des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine verhängt. Wie das US-Finanzministerium in Washington mitteilte, richten sich die Strafmaßnahmen gegen rund 300 Personen und Unternehmen. Betroffen sind Firmen aus Russland, China und anderen Staaten, denen vorgeworfen wird, Moskau bei der Beschaffung von Waffen und Rüstungsgütern für den Ukraine-Krieg zu helfen. Kreml stellt in Ukraine eroberte Panzer aus dem Westen zur Schau Auf dem Gelände einer Weltkriegsgedenkstätte im Westen von Moskau werden seit Mittwoch in der Ukraine eroberte Panzer aus westlicher Produktion zur Schau gestellt. Zu sehen sind dort etwa ein Leopard-2-Kampfpanzer und ein Marder-Schützenpanzer aus Deutschland sowie amerikanische M1-Abrams- und Bradley-Panzer. Die vom russischen Verteidigungsministerium organisierte Ausstellung soll den ganzen Mai über geöffnet bleiben. Sikorski appelliert an Deutschland zur Lieferung von Marschflugkörpern Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski hat die Bundesregierung bei einem Treffen mit seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock indirekt zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ermuntert. Er werde nicht in die internen Angelegenheiten eines befreundeten Landes eingreifen, sagte Sikorski bei einer Pressekonferenz anlässlich des 20. Jahrestags des EU-Beitritts Polens. Die amerikanische Entscheidung könne aber für andere auch eine Inspiration sein. Er hatte zuvor bereits für eine Lieferung Deutschlands geworben. Die Bundesaußenministerin ließ offen, ob es zu der Lieferung von deutscher Seite kommen wird. "Mit Blick auf Taurus, das wissen Sie auch, gibt es bei uns eine intensive Debatte", sagte Baerbock an Journalisten gerichtet. Vermehrte Angriffe auf Tschassiw Jar erwartet Monatelanger unerbittlicher russischer Artilleriebeschuss hat Tschassiw Jar in der Ostukraine verwüstet, wie neue Drohnenaufnahmen der Nachrichtenagentur AP zeigen. Kaum ein Gebäude ist intakt geblieben, Häuser sind verkohlt, und die Stadt mit einst 12.000 Einwohnern ist verwaist. Einem Bericht der Financial Times zufolge leben noch 700 Menschen dort. Die massive Zerstörung erinnert an die Städte Bachmut und Awdijiwka, die die Ukraine nach monatelanger Bombardierung und großen Verlusten für beide Seiten aufgab. Tschassiw Jar wird seit Monaten unerbittlich von russischen Streitkräften angegriffen. Die Stadt ist strategisch wichtig, weil durch sie Versorgungslinien der ukrainischen Armee verlaufen. Eine Eroberung würde Russland die Kontrolle über Anhöhen verschaffen, von denen aus die Armee Städte angreifen kann, die einen Teil der Verteidigungslinien der Ukraine bilden. Der Financial Times zufolge erwarten Analysten und ukrainische Militärangehörige, dass Russland die Angriffe auf Tschassiw Jar in den kommenden Tagen verstärken wird. Demnach sagten hochrangige ukrainische Militärs, die russische Armee wolle die Stadt bis zum 9. Mai einnehmen, an dem Russland das Ende des Zweiten Weltkriegs feiert. Russland meldet Angriff auf Regionalhauptquartier in Odessa Das russische Verteidigungsministerium meldet, dass sich der jüngste Angriff auf die ukrainische Hafenstadt Odessa gegen das Regionalhauptquartier der ukrainischen Armee gerichtet hat. Die Einrichtung sei von der Luftwaffe unter anderem mit Raketen beschossen worden. Nach ukrainischen Angaben wurden Wohn- und Verwaltungsgebäude getroffen. Drei Menschen seien getötet worden. Klingbeil bezeichnet Ukraine-Hilfe als "Marathonlauf" Die von Russland angegriffene Ukraine muss aus Sicht von SPD-Chef Lars Klingbeil noch über Jahre unterstützt werden. "Wir müssen vielleicht noch zehn Jahre Geld und Waffen mobilisieren, um der Ukraine zu helfen", sagte Klingbeil dem Nachrichtenportal t-online. "Das ist ein Marathonlauf." Dafür brauche man das Mandat der Bevölkerung. "Deutschlands Sicherheit wird auch in der Ukraine verteidigt." Klingbeil betonte, dass die Grenze dessen, welcher Umfang an Unterstützung der deutschen Bevölkerung zumutbar sei, ständig neu vermessen werden. "Vor Ausbruch des Krieges hätte niemand es für möglich gehalten, wie stark wir die Ukraine militärisch unterstützen." Zugleich mahnte der SPD-Vorsitzende an, dass neben der militärischen Unterstützung für Kiew auch über diplomatische Initiativen diskutiert werden müsse. "Wir können nicht zulassen, dass der Friedensbegriff nur von den Wagenknechten und den Rechtsradikalen von der AfD besetzt wird. Die meinen mit Frieden nämlich eine Kapitulation vor Putin und das ist falsch." Die Strategie der Bundesregierung und der SPD bleibe, "die Ukraine so stark zu machen, dass sie zum richtigen Zeitpunkt aus einer Position der Stärke verhandeln kann". Ukraine meldet Tote in Region Charkiw Bei russischen Angriffen sind ukrainischen Angaben zufolge im Osten der Ukraine zwei Menschen getötet worden. Um zehn Uhr morgens hätten die Russen mit "gelenkten Fliegerbomben" ein Auto und ein Haus in dem Dorf Solotschiw etwa 15 Kilometer von der russischen Grenze entfernt getroffen, erklärte der Gouverneur der Region Charkiw, Oleg Synegubow, beim Kurznachrichtendienst X. "Bei dem Angriff wurden ein Mann und eine Frau getötet, die sich im Auto befanden", fügte Synegubow hinzu. Am Ort des Angriffs breiteten sich demnach drei Brände aus, bei dem zwei ältere Menschen verletzt wurden. In den vergangenen Monaten hat Russland bei seinen Angriffen auf die Ukraine verstärkt Lenkbomben eingesetzt. Schoigu: Mehr und bessere Waffen nötig Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat nach eigenen Angaben mehr und schnellere Waffenlieferungen für den Krieg in der Ukraine angeordnet. Es sei nötig, "den Umfang und die Qualität der an die Truppen gelieferten Waffen und militärischen Ausrüstungen zu steigern, vor allem der Waffen", zitierte das Ministerium Schoigu in einer Mitteilung auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. Russland: Ukraine greift mehrere russische Regionen mit Drohnen an Nach russischen Angaben hat die Ukraine in der Nacht mehrere russische Regionen mit Drohnen aus der Luft angegriffen. Inoffizielle russische Nachrichtensender berichten von einem Brand in der Ölraffinerie von Rjasan nach dem Angriff. Der russische Telegram-Kanal Baza, der den Sicherheitsdiensten nahesteht, bestätigt dies. Es habe keine Verletzten gegeben, sagt Pawel Malkow, Gouverneur der Region Rjasan, die im Nordwesten an die Region Moskau grenzt. Die Rosneft-Raffinerie verarbeitet rund 5,8 Prozent des gesamten raffinierten Rohöls in Russland. Sie ist ein häufiges Ziel ukrainischer Luftangriffe. Auch die Gouverneure der südwestrussischen Regionen Kursk und Woronesch, die an die Ukraine grenzen, berichten von Drohnenangriffen auf ihr Gebiet, ohne dass es zu Schäden oder Verletzten gekommen sei. Krim-Beauftragte wirft Russland Folter auf Halbinsel vor Die ukrainische Krim-Beauftragte Tamila Taschewa hat Russland vorgeworfen, auf der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Menschen zu foltern und verschwinden zu lassen. "Die Russen verfolgen Menschenrechtsaktivisten und Journalisten auf der Krim, sie verschleppen Zivilisten in dunkle Keller und foltern sie dort, sie lassen Menschen verschwinden", sagte Taschewa dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Die Russen haben die Krim zu einer riesigen Militärbasis gemacht und nutzen sie als Ausgangspunkt für Angriffe gegen die Ukraine." Die schlechte Menschenrechtslage auf der Krim wird auch in Berichten des Europarates und anderer Organisationen angeprangert. USA verhängen Importverbot für russisches Uran Die USA verbieten die Einfuhr von russischem Uran. Der Senat verabschiedete die Maßnahme einstimmig. Die Sanktionen werden 90 Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes wirksam. Sie enthalten Ausnahmeregelungen für den Fall, dass die Versorgung heimischer Reaktoren gefährdet ist. Uran wird für den Betrieb kommerzieller Atomreaktoren zur Stromerzeugung verwendet. Nach Angaben der US-Behörde für Energiestatistik (EIA) importierten die US-Kernkraftwerke im Jahr 2022 rund zwölf Prozent ihres Urans aus Russland. Bürgermeister: Drei Tote in Odessa bei russischem Raketenangriff Bei einem russischen Raketenangriff sind ukrainischen Angaben zufolge drei Menschen in Odessa getötet worden. Drei weitere Menschen seien verletzt worden, erklärte der Bürgermeister von Odessa, Hennadij Truchanow, im Onlinedienst Telegram. Über den Hafen von Odessa am Schwarzen Meer wird ein Großteil der wirtschaftlich bedeutsamen ukrainischen Getreideexporte abgewickelt. Russland greift die Stadt und ihren Hafen immer wieder mit Raketen und Drohnen an. Durch einen Angriff am Montag waren ukrainischen Angaben zufolge fünf Menschen getötet worden. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen Mehrere Millionen Euro investiert die Ukraine in den Bau von Drohnen - ihrer effektivsten Waffe. Beim Angriff auf Odessa verwendete die russische Armee laut ukrainischer Staatsanwaltschaft Streumunition. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.
/newsticker/liveblog-ukraine-mittwoch-358.html
2024-05-01
Umstrittenes NGO-Gesetz nimmt zweite Hürde
Massive Proteste in Georgien
Das Parlament in Georgien hat in zweiter Lesung das Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme" verabschiedet. Kurz darauf protestierten erneut Zehntausende vor dem Parlament. Aus der EU kommt scharfe Kritik am Kurs der Regierung.
Das Parlament in Georgien hat in zweiter Lesung das Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme" verabschiedet. Kurz darauf protestierten erneut Zehntausende vor dem Parlament. Aus der EU kommt scharfe Kritik am Kurs der Regierung. Überschattet von Protesten hat das Parlament in Georgien in zweiter Lesung ein Gesetz zur verschärften Kontrolle von Nichtregierungsorganisationen angenommen. Es sieht vor, dass Nichtregierungsorganisationen, die zu mindestens 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden, sich behördlich registrieren lassen müssen. Von den insgesamt 150 Abgeordneten stimmten 83 für die umstrittene Gesetzesinitiative, 23 votierten dagegen. Für die Annahme des Gesetzes sind drei Lesungen notwendig. Die finale Lesung soll Regierungschef Irakli Kobachidse zufolge in zwei Wochen stattfinden. Auseinandersetzungen im Parlament und auf der Straße Während der Lesung kam es zu lautstarken und teilweise handgreiflichen Auseinandersetzungen im Parlament, wie Fernsehbilder zeigen. Ein Abgeordneter aus dem Regierungslager warf im Plenarsaal ein Buch auf Abgeordnete der Opposition, während andere Kontrahenten körperlich angingen. Auf den Straßen von Tiflis kommt es seit Wochen zu massiven Protesten. Am Dienstagabend war die Polizei mit Wasserwerfern, Tränengas und Blendgranaten gegen Demonstranten vor dem Parlament vorgegangen. Dabei wurden nach Angaben des Innenministeriums 63 Personen festgenommen. Nach der Verabschiedung des Gesetzes in zweiter Lesung protestierten erneut Zehntausende vor dem Parlamentsgebäude. EU-Appell zur Wahrung der Versammlungsfreiheit Die EU kritisiert das harte Vorgehen der georgischen Polizei gegen die Demonstrierenden. "Georgien ist EU-Beitrittskandidat - ich appelliere an die Behörden, das Recht auf eine friedliche Versammlung zu gewährleisten", schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf dem Kurznachrichtendienst X. Der Einsatz von Gewalt zur Unterdrückung der Versammlungsfreiheit sei inakzeptabel. Außenministerin Annalena Baerbock schrieb auf X, dass Georgiens EU-Kandidatenstatus eine historische Chance sei, die von Zehntausenden Menschen auf den Straßen getragen werde. Das Fundament dieser Chance sei "eine demokratische, lebendige und kritische Zivilgesellschaft. Es ist an der Regierung, den Weg in die Zukunft nicht mutwillig zu verbauen", schrieb Baerbock. Kritiker sehen Parallelen zu russischem Gesetz Die Regierungspartei Georgischer Traum, die das Gesetz zur verschärften Kontrolle von Nichtregierungsorganisatinen eingebracht hat, will damit nach eigenen Angaben mehr Transparenz schaffen. Sie will ausländische Einflussnahme stärker kontrollieren und aus dem Ausland aufgezwungene "pseudoliberale Werte" bekämpfen. Kritiker befürchten, das Gesetz könne wie in Russland missbraucht werden, um Geldflüsse zu stoppen und prowestliche Kräfte zu verfolgen. Viele Projekte zur Demokratieförderung in der Ex-Sowjetrepublik arbeiten mit Geld aus EU-Staaten oder den USA.
/ausland/europa/georgien-gesetz-auslaendische-einflussnahme-100.html
2024-05-01
Fed lässt Leitzins unverändert
Hohe US-Inflation
Hohe Inflationsrate, hohe Zinsen: Die US-Notenbank Fed belässt den Leitzins vorerst auf hohem Niveau. Hoffnungen, die Teuerung könne nachlassen, hatten sich zuletzt zerschlagen.
Hohe Inflationsrate, hohe Zinsen: Die US-Notenbank Fed belässt den Leitzins vorerst auf hohem Niveau. Hoffnungen, die Teuerung könne nachlassen, hatten sich zuletzt zerschlagen. Angesichts der hartnäckig hohen Inflation in den USA hält die Notenbank Federal Reserve an ihrer straffen Linie fest. Die Währungshüter beließen den Leitzins in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. Zu diesem Satz können sich Geschäftsbanken Zentralbankgeld leihen. Zentralbank-Chef Jerome Powell hatte jüngst signalisiert, dass die Hochzinspolitik wohl noch länger Bestand haben müsse, um die Inflationswelle zu brechen. Die Notenbank der größten Volkswirtschaft der Welt hat seit März 2022 ihren Leitzins im Kampf gegen die Inflation im rekordverdächtigen Tempo um mehr als fünf Prozentpunkte angehoben. Zuletzt drehte sie allerdings nicht mehr an der Zinsschraube. "Die wirtschaftlichen Aussichten sind unsicher, und der Ausschuss beobachtet die Inflationsrisiken weiterhin mit großer Aufmerksamkeit", erklärte die Fed nach ihrer Entscheidung.  Zinssenkung nicht vor September? Der Preisauftrieb in den USA hat sich jüngst wieder unerwartet beschleunigt: Die Teuerungsrate lag zuletzt mit 3,5 Prozent weit über dem Ziel der Zentralbank von zwei Prozent. Die Fed hat den starken Preisauftrieb also noch nicht in den Griff bekommen. Angesichts der zähen Inflation erwarten die Finanzmärkte eine Zinssenkung nicht vor September. Noch vor wenigen Wochen war über den Juni als wahrscheinlichen Zeitpunkt für die Zinswende spekuliert worden.
/wirtschaft/finanzen/fed-leitzins-146.html
2024-05-01
Ex-Rocker aus NRW offenbar im Iran getötet
Hells Angels
Der frühere Hells-Angels-Rocker Ramin Y. aus Mönchengladbach soll vom Iran aus Terroranschläge auf jüdische Ziele in Deutschland organisiert haben. Nun wurde er offenbar getötet. Von F. Flade und R. Pinkert.
Der frühere Hells-Angels-Rocker Ramin Y. aus Mönchengladbach soll vom Iran aus Terroranschläge auf jüdische Ziele in Deutschland organisiert haben. Nun wurde er offenbar getötet. Von Florian Flade, WDR, und Reiko Pinkert, NDR Auf dem Körper von Ramin Y. prangen zahlreiche Tätowierungen. "Iran" steht etwa auf der linken Brust, unter seinem Hals in Englisch der Schriftzug "Erwarte keine Gnade". Die Verzierungen sind Symbole seiner Zeit als Rocker, zuerst bei den Kölner "Bandidos", dann bei den "Hells Angels" in Mönchengladbach. Ramin Y. war ein führendes Mitglied der Gruppierungen. Heute wird er weltweit als Tatverdächtiger bei einem Mord an einem anderen Rocker gesucht. Nun soll Ramin Y. selbst getötet worden sein. Nicht in Deutschland, sondern im Iran. Laut iranischen Medienberichten wurde der flüchtige 36-jährige Ex-Rocker in der vergangenen Woche in Teheran in seiner Wohnung ermordet aufgefunden - offenbar erschossen. Y.s Anwalt bestätigte gegenüber WDR und NDR, dass der Mann tot ist. Der Hintergrund der Tat ist bislang unklar. In iranischen Medien wird einerseits vermutet, dass private Gründe Anlass für die Tat gegeben haben könnten. Andererseits wird behauptet, dass der Mossad die Tat verübt haben könnte. Die israelische Botschaft in Berlin war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.  In den vergangenen Jahren war der gebürtige Mönchengladbacher tatsächlich ins Visier der Israelis geraten. Der flüchtige Ex-Rocker soll für die iranischen Revolutionsgarden Anschläge auf jüdische Ziele in Deutschland organisiert haben - unter anderem einen versuchten Brandanschlag auf die Synagoge von Bochum. Flucht in den Iran Im September 2021 soll Ramin Y. in den Iran geflohen sein, nachdem er als Hauptverdächtiger bei einem Mord an einem Duisburger Rocker im Jahr 2014 ermittelt worden war. Er und andere sollen einen Verräter aus den eigenen Reihen erst ermordet und dann zerstückelt haben. Dessen Leichenteile fanden Ermittler später im Rhein. Laut deutschen Behörden führte Ramin Y. in den vergangenen Jahren im Iran ein luxuriöses Leben, ohne einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Bilder auf der Social-Media-Plattform Instagram zeigen ihn unter anderem mit teuren Luxusautos. Vom Rocker zum iranischen Geheimdienstler? Deutsche Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass Ramin Y. in die Strukturen der iranischen Revolutionsgarden eingebunden war, insbesondere in die Geheimdienst-Abteilung der Quds-Force, die für Auslandsoperationen zuständig ist. Die Quds-Force wird für terroristische Aktionen gegen israelische und jüdische Ziele weltweit verantwortlich gemacht. Im November 2022 hatte ein Mann in Essen zunächst Schüsse auf das Rabbinerhaus der Alten Synagoge abgegeben. Danach kam es zu einem versuchten Brandanschlag auf die Synagoge von Bochum. Die Polizei konnte einen Tatverdächtigen, einen damals 35 Jahre alten Deutsch-Iraner festnehmen. Ramin Y. soll den Mann in einem Videotelefonat im November 2022 angestiftet haben. Y. soll dem Mann geraten haben, Handschuhe zu tragen, sein Gesicht zu verdecken und sein Handy nicht zum Tatort mitzunehmen. WhatsApp-Nachrichten, die die Ermittler auswerten konnten, sollen das belegen. Vor der Tat hatte sich der 35-Jährige mehrfach im Iran mit Ramin Y. getroffen.  Attentat im Auftrag des Iran Im Dezember 2023 wurde dieser 35-jährige Deutsch-Iraner wegen des versuchten Brandanschlags auf die Synagoge von Bochum vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Das Gericht ging davon aus, dass das Attentat im Auftrag staatlicher Stellen im Iran erfolgte und über Ramin Y. orchestriert wurde. Ziel des Attentats war es laut OLG, Verunsicherung und Angst innerhalb der jüdischen Bevölkerung hervorzurufen. Das Motiv des Attentäters: antisemitische Gesinnung. Vor Gericht sagte der Attentäter aus, Ramin Y. habe seine Familie bedroht, deshalb habe er die Tat ausgeführt. Ramin Y. hingegen schrieb auf X, vormals Twitter, dass er lediglich private und geschäftliche Beziehung zu dem Mann gehabt habe. Der Anwalt des flüchtigen Ex-Rockers erklärte: "Herr Y. bestreitet, den Auftrag erteilt und den Angeklagten bedroht zu haben." Ramin Y. soll auch andere Attentäter angeworben haben Nach dem Urteil bestellte das Auswärtige Amt einen Vertreter der iranischen Botschaft in Deutschland ein und protestierte gegen die offenbar von staatlichen Stellen des Mullah-Regimes beauftragten Gewalttaten. Auf X schrieb das Auswärtige Amt: "Der geplante Anschlag auf eine Synagoge im November 2022 in Bochum geht laut dem OLG Düsseldorf auf eine staatliche iranische Stelle zurück." Man werde keine ausländisch gesteuerte Gewalt in Deutschland dulden. Ramin Y. soll laut Sicherheitsbehörden auch andere Attentäter in Deutschland angeworben haben, teilweise über Handychat. Dabei soll es nicht nur um Anschläge auf jüdische Einrichtungen wie Synagogen gegangen sein. Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sollte offenbar ausgespäht werden. Nach Ansicht der deutschen Ermittler steckt dahinter eine Strategie der iranischen Geheimdienste, auch Vertreter der organisierten Kriminalität für ihre Zwecke einzuspannen, beispielsweise um Terrorakte in Europa durchzuführen. Die iranischen Revolutionsgarden sind in der Europäischen Union weiterhin nicht als terroristische Organisation gelistet. In einer früheren Version des Artikels hatten wir geschrieben, dass in iranischen Medien vermutet wird, dass der israelische Geheimdienst, Mossad, Ramin Y. erschossen hat. Mittlerweile wird in diesen Medien ebenfalls spekuliert, dass es private Gründe für den Mord geben könnte. Dies haben wir korrigiert.
/investigativ/hells-angels-anschlaege-iran-100.html
2024-05-01
Mehr als 5.500 Polizisten begleiten Demos
Tag der Arbeit in Berlin
Die Berliner Polizei stellt sich auch in diesem Jahr am 1. Mai auf Gewalt ein. Tausende Einsatzkräfte werden den "revolutionären" Protestzug durch Neukölln begleiten. Daneben gibt es aber auch politische Veranstaltungen und Familienfeste.
Die Berliner Polizei stellt sich auch in diesem Jahr am 1. Mai auf Gewalt ein. Tausende Einsatzkräfte werden den "revolutionären" Protestzug durch Neukölln begleiten. Daneben gibt es aber auch politische Veranstaltungen und Familienfeste. "Revolutionärer 1. Mai"-Demonstration zieht durch Neukölln Polizei rechnet mit mehr als 5.000 Teilnehmern - 6.200 Polizeikräfte im Einsatz Villenviertel im Grunewald wurde bei "MyGruni"-Satire-Demo nicht eingezäunt pro-palästinensische Demonstranten stören DGB-Kundgebung, Polizei ermittelt Die Demonstrationen zum "Tag der Arbeit" in Berlin sind bislang allesamt friedlich und ohne größere Zwischenfälle verlaufen. Seit kurz nach 18 Uhr zieht die linksextreme "Revolutionärer 1. Mai"-Demonstration vom Südstern in Kreuzberg nach Neukölln. Hier wird mit Gewalt gerechnet, weshalb insgesamt 6.200 Polizeikräfte aus verschiedenen Bundesländern im Einsatz sind. Laut Polizei nehmen bislang 5.000 Menschen an diesem Protestzug teil. Die ersten Teilnehmer trafen sich ab 16:30 Uhr am Südstern, die Lage blieb nach Beobachtung von rbb-Reportern vor Ort ruhig. Nun soll sich der Protestzug über folgende Route auf den Weg machen: Südstern - Körtestraße / Lilienthalstraße - Hasenheide - Hermannplatz - Karl-Marx-Straße - Erkstraße - Sonnenallee - Hermannplatz (Zwischenkundgebung) - Hasenheide - Südstern. Laut Polizei ist die Demo für 5.000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen angemeldet, man rechne aber mit bis zu 10.000 Teilnehmenden. Nach Einschätzung der Polizei ist die Strecke mit Blick auf den Gaza-Krieg gezielt gewählt worden, um einen möglichst großen Zulauf von pro-palästinensischen Demonstranten zu erreichen. Man rechne mit aggressiven Demonstranten. Steindepots entdeckt In einem Haus in der Pannierstraße, das an der Demo-Route steht, entdeckte die Polizei eigenen Angaben zufolge angelegte Steindepots und Dachziegel neben einer bereitgelegten Palästina-Flagge. Das teilte die Polizei am Nachmittag auf "X" mit. Mehrere Anwohner hätten die Polizei darauf hingewiesen. Sie kündigte an, die Strecke mit einem Polizeihubschrauber abzufliegen, um mögliche weitere Steindepots zu entdecken. Innensenatorin fordert konsequentes Vorgehen der Polizei Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) lobte die gute Vorbereitung der Polizei auf die Demonstrationen zum 1. Mai. "Die Sicherheit unserer Stadt hat oberste Priorität", schrieb die SPD-Politikerin am Mittwoch auf der Plattform X. Die Polizei werde konsequent gegen Straftäterinnen und Straftäter vorgehen. Am 1. Mai wird in Berlin traditionell gefeiert und demonstriert. Hier können Sie das Geschehen in der Hauptstadt im Liveticker miterleben.mehr Keine Einzäunung bei "MyGruni"-Demo in Grunewald Bereits am Mittag hatte sich die "My Gruni"-Demonstration in Berlin-Grunewald mit von der Polizei geschätzten 4.000 Teilnehmern in Bewegung gesetzt. Die Route der Demo mit dem Motto "Razzia im Grunewald – Kapitalverbrechen aufklären" verläuft vom Johannaplatz aus über die Bismarckallee, den Wildpfad, die Griegstraße, die Königsallee und die Fontanestraße bis zum Bahnhof Grunewald. Start war um 13 Uhr. Die Polizei berichtete am Nachmittag auf X von einer friedlichen Atmosphäre ohne Zwischenfälle. Gegen 17 Uhr endete die Veranstaltung. In diesem Jahr hatten die Veranstalter eine Satire-Aktion angekündigt: Analog zu den Einzäunungsplänen für den Görlitzer Park kündigten sie an, das Villenviertel Grunewald einzäunen zu wollen. Geplant sei eine Razzia mit "Spezial-Enteignungskräften (SEK)" in Grunewald und ein Schlag gegen die "kapitalextremistische Szene", teilte die Initiative "MyGruni" mit. Das fand aber nicht statt. Laut rbb-Reportern handelte es sich bei der Ankündigung um einen PR-Gag. Zuvor waren zwei Fahrrad-Demos als Zubringer in der Behaimstraße mit laut Polizei rund 70 Demonstranten und vor der Max-Schmeling-Halle mit etwa 2.200 Teilnehmern gestartet. Pro-palästinensische Störung bei der DGB-Demo Zuvor hatte der "Tag der Arbeit" in Berlin mit einer Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) für "Mehr Lohn, Freizeit, Sicherheit" begonnen. Zu Beginn des Zugs durch die Mitte der Hauptstadt schätzte die Polizei die Teilnehmerzahl auf 7.500, sie erhöhte die Schätzung später auf 12.500 Menschen. Der Demonstrationszug musste kurzzeitig gestoppt werden, als etwa 100 Personen die Demo durch laute pro-palästinensische Parolen und entsprechende Transparente störten. Das bestätigte die Polizei dem rbb. Die Beamten hätten die Gruppe vom Rest der Demo getrennt, dann sei die Demo fortgesetzt worden. Am frühen Abend teilte die Polizei dann auf X mit, dass in diesem Zusammenhang zwei Strafanzeigen wegen Volksverhetzung ausgestellt worden seien. Eine Person habe sich der Polizei widersetzt, woraufhin ihre Personalien festgestellt worden seien. Kundgebungen und Straßenfeste auch in Brandenburg Für das Land Brandenburg hat der Gewerkschaftsbund zudem Kundgebungen, Demos und Straßenfeste in Cottbus, Forst, Guben, Finsterwalde, Königs Wusterhausen, Potsdam, Hennigsdorf, Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder), Schwedt, Strausberg und Eberswalde angekündigt. Alle Veranstaltungen finden Sie auf der Seite des DGB [berlin-brandenburg.dgb.de]. Seine bundesweite zentrale Mai-Veranstaltung richtet der DGB jedes Jahr in einem anderen Bundesland aus. In diesem Jahr findet er in Hannover (Niedersachsen) statt. Über ein Jahrzehnt zählte das "Myfest" zum Standardprogramm am 1. Mai in Berlin. Anfang des Jahrtausends startete es als Gegenentwurf zu Randale. Nun aber scheint die Unterstützung im Bezirk verloren zu sein. Von Simon Wenzelmehr Zahlreiche Feste im gesamten Stadtgebiet Das über rund 15 Jahre in Folge veranstaltete "Myfest" in Kreuzberg findet derweil in diesem Jahr erneut nicht statt. Die Bezirksverwaltung sagte, es habe seitens der Veranstalter keine konkreten Planungen gegeben, der Veranstalter warf dem Bezirksamt vor, kein Interesse an dem Fest zu haben. Der Senat wiederum kritisierte den erneuten Ausfall des Festes: Nun gebe es kaum alternative, friedliche Festangebote zum "Myfest". 2025 wolle man aber wieder ein "Myfest" ausrichten, sagt der Organisator Halis Sönmez. Es gibt in Kreuzberg aber eine kleine Ausgabe: als "Maifeiertag am Mariannenplatz" mit Musik unter freiem Himmel, Reden und Angeboten für Kinder, zwischen 10 und 22 Uhr, rund um den Mariannen-, den Heinrich- und den Oranienplatz. Die Linke ist eine der Veranstalterinnen. Weitere Feste gibt es verteilt über die ganze Stadt: Auf dem Kinderbauernhof der Ufa-Fabrik in Tempelhof etwa gibt es vor allem für Familien Angebote am 1. Mai. Das Fest "HelleMitteTanzt" auf dem Alice-Salomon-Platz in Hellersdorf bietet vom 1. bis zum 5. Mai ein kostenloses Bühnen- und Familienprogramm samt Autoscooter, Kettenkarussell, Zuckerwatte und Co. In der Hasenheide wurden Gedichte und Geschichten zum Tag der Arbeit vorgelesen. Am Kurt-Schumacher-Damm auf dem Zentralen Festplatz ist wieder Rummel. Und im Obersee-Orankesee-Park in Alt-Hohenschönhausen findet mit "Kulturen im Park" wieder ein Fest mit verschiedenen Lesungen, Oldtimern und Artistik statt. Und wem das alles zu viel ist: Um 12 Uhr eröffnet das Strandbad Wendenschloss seine Saison. Es soll bis zu 26 Grad warm werden. Zahlreiche Veranstaltungen sind in Berlin für den 1. Mai angemeldet. Die Polizei sieht sich gerüstet. Die meisten Kräfte werden am Abend bei der Revolutionären 1. Mai-Demo im Einsatz sein. Wie diese verlaufen wird, ist nach Ansicht der GdP eine "Wundertüte".mehr Friedliche Demonstrationen in der Walpurgisnacht Bereits am Vorabend des 1. Mai gab es in Berlin zwei größere Demonstrationen. Unter dem Titel "Take Back the Night" waren bis zu 2.800 Menschen dem Aufruf von linken, queer-feministischen Frauen gefolgt. Die Versammlung startete verspätet auf dem Boxhagener Platz in Friedrichshain und sollte eigentlich bis zur Jannowitzbrücke ziehen. Etwa eineinhalb Stunden früher als geplant wurde sie dann auf der Warschauer Straße beendet. Zwar wurden unterwegs vereinzelt Pyrotechnik und Böller gezündet, letztlich blieb die Lage aber laut Polizei friedlich. Es gab nach ersten Meldungen keine Festnahmen. Zuvor waren bis zu 800 Personen dem Demonstrationszug "Für Frieden und soziale Gerechtigkeit!" vom Leopoldplatz in Wedding in Richtung Gesundbrunnen gefolgt. Auch hier gab es laut Polizei keine Zwischenfälle. Rund 3.000 Polizeikräfte begleiteten die Veranstaltungen in der Walpurgisnacht. Sendung: rbb24 Inforadio, 01.05.2024, 7 Uhr
/inland/regional/brandenburg/demonstrationen-berlin-100.html
2024-05-01
Britische Polizei beginnt mit Festnahmen von Migranten
Abschiebungen nach Ruanda
Großbritannien hat mit den Vorbereitungen für die umstrittenen Abschiebungen nach Ruanda begonnen. Die Polizei nahm mehrere illegal eingereiste Menschen fest. Landesweite Einsätze seien im Gange, so das Innenministerium.
Großbritannien hat mit den Vorbereitungen für die umstrittenen Abschiebungen nach Ruanda begonnen. Die Polizei nahm mehrere illegal eingereiste Menschen fest. Landesweite Einsätze seien im Gange, so das Innenministerium. In Großbritannien hat die Polizei nach Angaben des Innenministeriums die ersten für eine Abschiebung nach Ruanda bestimmten Migranten festgenommen. "Die ersten illegalen Migranten, die nach Ruanda abgeschoben werden sollen, wurden jetzt festgenommen", erklärte das Innenministerium. Es seien "eine Reihe landesweiter Einsätze" im Gange, so das Ministerium weiter. Die ersten Abschiebeflüge sollen in den nächsten neun bis elf Wochen beginnen. Innenminister James Cleverly sagte, sein Haus arbeite daran, "rasch diejenigen Menschen festzunehmen, die kein Recht haben, hier zu sein, damit wir die Flüge starten lassen können". Sein Ministerium veröffentlichte Aufnahmen, auf denen zu sehen ist, wie ein Mann in einen Kleinbus der Einwanderungsbehörde gesetzt wird und ein weiterer in Handschellen aus einem Haus abgeführt wird. Abschiebung ohne Antragsprüfung Das britische Parlament hatte kürzlich ein Gesetz verabschiedet, das die Abschiebung von Asylsuchenden nach Ruanda ermöglicht, wenn diese ohne Erlaubnis nach Großbritannien gelangten. Die Herkunft der Migranten spielt dabei keine Rolle. Die Abschiebungen können stattfinden, ohne dass die Asylanträge in Großbritannien überhaupt geprüft werden. Der Oberste Gerichtshof in London hatte die Pläne für rechtswidrig erklärt. Die Richter haben Zweifel, dass die Menschen in Ruanda ein faires Asylverfahren bekommen. Nach dem neuen Modell werden die Asylanträge nun von der ruandischen Regierung in Kigali geprüft. Sollten sie angenommen werden, bekommen die Flüchtlinge ein Aufenthaltsrecht in dem ostafrikanischen Land und können nicht nach Großbritannien zurück. Kritik an Langzeit-Präsident Menschenrechtsorganisationen werfen Ruandas Präsident Paul Kagame vor, Regimegegner zu verfolgen und die Meinungsfreiheit zu unterdrücken. Kagame ist seit 24 Jahren in Ruanda an der Macht. Das UN-Flüchtlingshilfswerk berichtet über außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Todesfälle in der Haft. Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak hat sich mit dem Gesetz über das Gericht hinweggesetzt und Ruanda zum sicheren Drittstaat erklärt. Damit sollen Einsprüche vor britischen Gerichten verhindert werden. Insgesamt sollen nach den Plänen der Regierung bis Jahresende 5.700 Migranten nach Ruanda abgeschoben werden. Ruanda erhält im Gegenzug Geld aus London. Offiziellen Statistiken zufolge kamen zwischen Januar 2022 und Juni 2023 mehr als 57.000 Menschen in kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien. In den ersten vier Monaten dieses Jahres kamen mehr als 7.200 Menschen auf diesem Weg ins Land - ein neuer Rekordwert. Die oft von Schleppern organisierten Überfahrten sind äußerst gefährlich. Erst vergangene Woche starben dabei fünf Menschen. Scharfe Kritik an Vorhaben - Klagen zu erwarten Sunak steht angesichts bevorstehender Wahlen und schwacher Umfragewerte seiner Konservativen Partei unter Druck und hat angekündigt, die illegale Migration einzudämmen. Der sogenannte Ruanda-Plan ist der Kern seiner Einwanderungspolitik. Die Konservativen versprechen sich davon größeren Zuspruch bei den Wahlen. Zahlreiche Bürgerrechtsorganisationen lehnen den Ruanda-Plan als unmenschlich ab. Die Regierung muss sich auf Klagen einstellen. Auch ranghohe Vertreter der Vereinten Nationen haben London dazu aufgerufen, das Vorhaben zu überdenken.
/ausland/europa/grossbritannien-festnahmen-ruanda-100.html
2024-05-01
Chinesischer Corona-Forscher darf zurück ins Labor
Konflikt mit Behörden
Als erster Wissenschaftler sequenzierte er das Corona-Virus und veröffentlichte seine Ergebnisse. Seitdem ringt der Virologe Zhang mit den chinesischen Behörden - zuletzt auch mit tagelangem Protest.
Als erster Wissenschaftler sequenzierte er das Corona-Virus und veröffentlichte seine Ergebnisse. Seitdem ringt der Virologe Zhang mit den chinesischen Behörden - zuletzt auch mit tagelangem Protest. Nach tagelangem Protest darf der chinesische Virologe Zhang Yongzhen in sein Labor zurück. Zhang ist der erste Wissenschaftler, der 2020 eine Sequenz des Covid-19-Virus in China veröffentlicht hatte. Das medizinische Zentrum in Shanghai, in dem sein Labor untergebracht ist, habe "vorläufig zugestimmt", dass er und sein Team weiterarbeiten dürften, schrieb Zhang auf der chinesischen Internetplattform Weibo. Zhang war nach eigenen Angaben auf die Straße gesetzt worden - ein Zeichen für den anhaltenden Druck auf chinesische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zum Coronavirus forschen. Um zu protestieren, saß er tagelang bei strömendem Regen auf Pappkartons vor dem Labor. Mitglieder seines Teams entrollten ein Transparent mit der Aufschrift "Normale wissenschaftliche Forschungsarbeit fortsetzen", wie im Internet veröffentlichte Bilder zeigen. Protest schlug Wellen Die Aktion erregte Aufmerksamkeit und verbreitete sich in den chinesischen sozialen Medien. Auch die staatlichen Medien berichteten über seinen Protest. Das deutet daraufhin, dass die Regierung sich im Umgang mit Zhang und seinem Team uneinig war. Durch die zusätzliche Aufmerksamkeit standen die lokalen Behörden unter Druck. Das Klinische Zentrum für öffentliche Gesundheit in Shanghai erklärte schließlich, Zhangs Labor werde renoviert und sei aus Sicherheitsgründen geschlossen. Seinem Team sei ein anderer Laborplatz zur Verfügung gestellt worden. Zhang entgegnete, das angebotene Labor genüge nicht den Sicherheitsstandards für seine Forschungen. Chinesischen Behörden entzogen ihm Posten Zhang hatte am 5. Januar 2020 das Coronavirus entschlüsselt und die chinesischen Behörden in einer internen Mitteilung vor der möglichen Ausbreitung des Virus gewarnt. Am nächsten Tag ordnete die oberste Gesundheitsbehörde die vorübergehende Schließung seines Labors an. Ausländische Wissenschaftler erfuhren schnell, dass Zhang und andere chinesische Wissenschaftler das Virus entschlüsselt hatten und forderten China auf, die Sequenz zu öffentlich zu machen. Zhang veröffentlichte die Sequenz am 11. Januar 2020, obwohl die Gesundheitsbehörden dies nicht genehmigt hatten. Die Sequenzierung eines Virus ist der Schlüssel für die Entwicklung von Testkits, Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung und Impfungen. Im Ausland wurde Zhang für seine Arbeit mit Preisen ausgezeichnet. Die chinesischen Gesundheitsbehörden entzogen ihm hingegen einen Posten im Zentrum für Seuchenkontrolle und -prävention und untersagten ihm die Zusammenarbeit mit einigen seiner früheren Partnern.
/ausland/asien/corona-forscher-china-100.html
2024-05-01
"Hamas blockiert Weg zu Feuerpause"
Blinken in Israel
Aus Sicht von US-Außenminister Blinken hängt es von der Hamas ab, wie es im Nahost-Konflikt weitergeht. Der israelische Vorschlag für eine Feuerpause sei "sehr stark". Aber auch der Druck auf Netanyahu wächst.
Aus Sicht von US-Außenminister Blinken hängt es von der Hamas ab, wie es im Nahost-Konflikt weitergeht. Der israelische Vorschlag für eine Feuerpause sei "sehr stark". Aber auch der Druck auf Netanyahu wächst. Bei seinem Besuch in Israel hat US-Außenminister Anthony Blinken die Hamas dazu aufgerufen, Israels Vorschlag für eine Feuerpause zuzustimmen. "Es ist die Hamas, die den Weg zur Feuerpause blockiert", sagte er. Es liege ein "sehr starker Vorschlag auf dem Tisch", dem die Terrororganisation "zustimmen und die Sache zu Ende bringen" müsse. Kompliziertes Verfahren Der israelische Vorschlag sieht Medienangaben zufolge ein mehrstufiges Verfahren vor, in dem die Kämpfe im Gazastreifen vorerst für 40 Tage gestoppt werden und im Gegenzug Geiseln freikommen. Zunächst sollen Frauen, Kranke, Ältere und Verwundete freigelassen werden. Wie schon bei der ersten Waffenruhe werden auch palästinensische Häftlinge - ebenfalls in einem Stufenverfahren - aus israelischen Gefängnissen entlassen. Die israelische Regierung will nach Aussage eines Sprechers bis heute Abend auf eine Antwort der Hamas warten. Danach werde "eine Entscheidung" getroffen, ob Israel eine Delegation zu weiteren Gesprächen nach Kairo entsenden werde. "Antwort innerhalb sehr kurzer Zeit" Die Verhandlungsrunde wurde von den USA, Ägypten und Katar vermittelt. Aus Verhandlungskreisen hieß es, die katarischen Vermittler erwarteten eine Antwort der Hamas in ein oder zwei Tagen. Ein hochrangiger Vertreter der Hamas gab gegenüber der Nachrichtenagentur AFP an, die Hamas werde "ihre Antwort innerhalb sehr kurzer Zeit klar vorlegen". "Wir sind entschlossen, eine Waffenruhe zu erzielen, die die Geiseln nach Hause bringt, und zwar jetzt", erklärte Blinken in Tel Aviv. "Der einzige Grund, warum dies nicht erzielt werden könnte, ist wegen der Hamas." Gleichzeitig betonte der US-Außenminister die Notwendigkeit, sich auch auf Hilfe für die Menschen im Gazastreifen zu konzentrieren, "die im Kreuzfeuer leiden, das die Hamas verursacht hat". "Letzte Chance" vor Rafah-Offensive? Bei Blinkens Besuch ging es auch darum, die Hilfslieferungen nach Gaza noch einmal deutlich zu intensivieren, um die Lage der Menschen dort zu verbessern. Gleichzeitig machte der US-Politiker im Gespräch mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu abermals deutlich, dass die Vereinigten Staaten eine Offensive der israelischen Armee in Rafah ablehnen. Hierzu hätten die USA eine "klare Haltung", hieß es aus dem US-Außenamt. Israel hat einen raschen Beginn der umstrittenen Offensive angekündigt, sollte es nicht zu einer Einigung kommen. Der nun auf dem Tisch liegende Vorschlag werde als "letzte Chance" betrachtet. Rafah liegt im Süden des Gazastreifens an der Grenze zu Ägypten. Dort haben wegen des seit fast sieben Monaten anhaltenden Kriegs inzwischen bis zu 1,8 Millionen Bewohnerinnen und Bewohner des Palästinensergebiets Zuflucht gesucht. Druck auch auf Netanyahu Die israelische Regierung vermutet dort jedoch die letzte Bastion der Hamas. Für die rechtsextremen Parteien in der israelischen Regierung ist die Militäroperation in Rafah nach bisheriger Darstellung deshalb nicht verhandelbar. Deshalb ist unklar, ob sie einer Waffenruhe überhaupt zustimmen würden. Siedlungsministerin Orit Strock gab klar zu verstehen, was sie von dem Angebot an die Hamas hält: Die Regierung schickt Menschen in den Krieg. Hunderttausende Soldaten haben alles hinter sich gelassen und sind für die Ziele, die die Regierung bestimmt hat, in den Kampf gezogen. Und wir werfen diese Ziele in den Müll, um jetzt 22 oder 33 Menschen zu retten? Solch eine Regierung hat kein Existenzrecht. Zerwürfnis mit den USA? Netanyahu weiß also, dass ein Aufschub oder sogar das Absehen von der Rafah-Offensive seine Regierung sprengen und damit sein politisches Schicksal besiegeln könnte. Deshalb machte er - auch gegenüber Blinken - mehrfach deutlich, dass er daran festhalte, ob mit oder ohne Deal. Nach dem heutigen Treffen mit Blinken trat Netanyahu nicht vor die Presse. Beobachter werten dies als Beleg für ein tiefes Zerwürfnis mit den USA. Mit Informationen von Julio Segador, ARD-Studio Tel Aviv
/ausland/asien/nahost-israel-gaza-hamas-100.html
2024-05-01
Polizei verhaftet Demonstrierende bei Mai-Marsch
Protest in Istanbul
In Istanbul hat die Polizei mehr als 200 Teilnehmende eines Protestmarschs zum 1. Mai festgenommen. Sie wollten den symbolträchtigen Taksim-Platz erreichen, auf dem Demonstrationen verboten sind.
In Istanbul hat die Polizei mehr als 200 Teilnehmende eines Protestmarschs zum 1. Mai festgenommen. Sie wollten den symbolträchtigen Taksim-Platz erreichen, auf dem Demonstrationen verboten sind. Tränengas, Gummigeschosse und Festnahmen: In Istanbul haben Polizisten einen Marsch zum Taksim-Platz verhindert. Die Behörden hatten im Voraus ein Demonstrationsverbot für den Platz erlassen und das Zentrum großräumig abgesperrt. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse gegen Demonstrierenden ein, die versuchten, die Barrikaden zu überwinden. Einige von ihnen warfen mit Steinen nach den Sicherheitskräften. Nach Angaben von Innenminister Ali Yerlikaya wurden 210 Menschen festgenommen.  Platz mit historischer Bedeutung Der Taksim-Platz im Zentrum Istanbuls ist ein Ort mit Symbolkraft für Gewerkschaften und Opposition. Am 1. Mai 1977 wurden dort bei einer Gewerkschaftskundgebung mehr als 30 Menschen von einem unbekannten Schützen getötet und zahlreiche weitere verletzt. Heute durfte eine kleine Gruppe von Gewerkschaftsvertretern den Platz betreten und einen Kranz zum Gedenken an die Opfer niederlegen. Auch für Regierungsgegner hat der Platz eine wichtige Bedeutung. Hier nahmen 2013 die regierungskritischen Gezi-Proteste ihren Ausgang. Die Proteste richteten sich damals zunächst gegen die Bebauung des Gezi-Parks, der neben dem Taksim-Platz liegt. Ausgangspunkt für Regierungsproteste Dann weiteten sie sich zu landesweiten Demonstrationen gegen den damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan aus. Der ließ die Proteste niederschlagen. Regierungskritische Versammlungen auf dem Taksim-Platz sind seitdem nicht mehr erlaubt. Als Begründung für die Sperrung des Platzes nennt Erdogans Regierung Sicherheitsbedenken. Allerdings hatte das Verfassungsgericht 2023 entschieden, dass ein Demonstrationsverbot am Taksim-Platz das Recht auf friedliche Versammlung verletze.
/ausland/europa/istanbul-proteste-tag-der-arbeit-100.html
2024-05-01
Dank Beharrlichkeit zum literarischen Weltstar
Zum Tod von Paul Auster
New York war seine Stadt, seine "New-York-Trilogie" verhalf ihm zum Durchbruch. Sein letztes Werk "Baumgartner" schien den Abschied vorauszunehmen. Jetzt ist Paul Auster mit 77 Jahren gestorben. Von A. Passenheim.
New York war seine Stadt, seine "New-York-Trilogie" verhalf ihm zum Durchbruch. Sein letztes Werk "Baumgartner" schien den Abschied vorauszunehmen. Jetzt ist Paul Auster mit 77 Jahren gestorben. Von Antje Passenheim Schreiben sei für ihn kein Akt des freien Willens - es sei eine Frage des Überlebens, hat Paul Auster einmal in einem Interview gesagt. Aber das Leben, das war für den erfolgreichen Schriftsteller von der Macht des Zufalls geprägt. Ein Motiv, das sich durch sein gesamtes Werk zieht. Vor allem durch seinen Roman "4 3 2 1", der ein Leben in vier Varianten erzählt. Ein Leben, das so gar nicht zufällig seinem eigenen ähnelte - und das er noch vor zwei Jahren pries. Ich bin dankbar, dass ich so viele Jahre hatte. Und ich hoffe, dass noch ein paar Jahre kommen. Aber wir werden sehen. Es könnte auch heute schon vorbei sein. Ich habe keine Ahnung. Studium in Frankreich, Jobs als Übersetzer 1947 wurde Paul Auster in New Jersey als Sohn jüdischer Einwanderer geboren. Schon als Jugendlicher träumte er davon, Schriftsteller zu werden. Er studierte Literatur in New York und Frankreich und finanzierte sich anfangs durch Lehraufträge und Übersetzungsarbeiten.  Am Ende wurde der markante Autor mit den schweren Augenlidern zum Literaturstar: Er schrieb mehr als 30 Bücher, die in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurden und meistens in seiner Wahlheimat New York spielen. Der Durchbruch kam erst mit 40 Dabei sah es lange nicht so aus, als würde Auster mit den Schreiben Erfolg haben. "Ich glaube, 'Stadt aus Glas', den ersten Teil der 'New York Trilogie', haben 17 Verlage abgelehnt", erinnerte sich der Literat. "Das war ein entscheidender Moment in meinem Leben. Statt zu verzweifeln, habe ich weitergeschrieben." Die experimentellen Kriminalgeschichten der Trilogie brachten dem damals bereits 40-jährigen Auster den Durchbruch. Romane wie "Mr. Vertigo" oder "Buch der Illusionen" machten ihn zum gefeierten Bestsellerautor. Du erreichst ein gewisses Alter. Ich werde älter. Und viele Menschen, die du geliebt hast, sind tot. Beste Freunde, Verwandte sind tot. Du läufst mit Geistern in deinem Kopf herum. So wie du mit denen lebst, die noch da sind. Und dann kapierte ich, dass ich jeden Tag genauso mit den Toten sprach wie mit den Lebendigen. New York und immer wieder New York Austers Geschichten spielen oft in Brooklyn, wo er 50 Jahre lang mit seiner zweiten Ehefrau, der norwegisch-amerikanischen Schriftstellerin Siri Hustvedt, lebte. Dort spielt - in einem Tabakladen - auch der Film "Smoke", zu dem er das Drehbuch schrieb. Seine Figuren sind oft von seiner eigenen Lebensgeschichte beeinflusst. Sind exzentrisch, zerrüttet. Auf der Suche nach sich selbst, verlieren sie sich oft in dunklen Abgründen. "Ich hatte meinen Teil an Tragödien, Ärger und Enttäuschungen im Leben", so der Autor. "Aber die ganze Zeit haben mich meine Arbeit und die Liebe zu Siri über Wasser gehalten. Ich bin wirklich froh, sie gefunden zu haben und eine Arbeit, die ich liebe." Späte Schicksalsschläge In den vergangenen Jahren schlug das Schicksal böse in Austers Leben zu: Nach dem Tod seiner zehn Monate alten Enkelin trauerte er auch um seinen Sohn. Beide starben an einer Opioid-Vergiftung. Vor gut einem Jahr gab Siri Hustvedt dann bekannt: Ihr Mann sei bereits seit Längerem an Krebs erkrankt. Ob aus freiem Willen oder nicht: Fast bis zum Schluss schrieb Paul Auster. Im vergangenen November erschien sein letzter Roman "Baumgartner" in den USA. Politisch aktiv gegen Trump Schon vor den letzten Präsidentschaftswahlen hatte Auster zusammen mit anderen Schriftstellern die Initiative "Writers against Trump" - "Autoren gegen Trump" - gegründet. Das Ziel: möglichst viele Menschen zum Wählen zu motivieren, um doch noch "das Schlimmste" zu verhindern. Er sei nicht besonders optimistisch, sagte er bis zum Schluss.
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2024-05-01
Countdown in der Nordsee
Raketenstarts geplant
Im Juni sollen zum ersten Mal Raketen von einer mobilen Startplattform in der Nordsee abheben. In der Testphase werden sie den Weltraum nicht erreichen - das könnte sich ab 2026 ändern. Von Ute Spangenberger.
Im Juni sollen zum ersten Mal Raketen von einer mobilen Startplattform in der Nordsee abheben. In der Testphase werden sie den Weltraum nicht erreichen - das könnte sich ab 2026 ändern. Von Ute Spangenberger Die Anfänge sind bescheiden: Die Raketen, die demnächst aus der Nordsee starten sollen, sind maximal vier Meter hoch und fliegen nicht höher als 42 Kilometer. Sie werden den Weltraum also nicht erreichen. Das teilte die German Offshore Spaceport Alliance (GOSA) mit, ein Joint Venture von vier Unternehmen, die den Startplatz aufbauen und betreiben. In dieser sogenannten Demo-Kampagne soll getestet werden, ob die Starts von der schwimmenden Plattform in der Nordsee überhaupt funktionieren. Sabine von der Recke, Mitglied der Geschäftsführung bei GOSA erklärt: "Die größte Herausforderung ist das Wetter. Das ist aber bei allen Raketenstarts der Fall, auch von Land aus. Wir gehen momentan davon aus, dass der Wellengang maximal anderthalb Meter betragen darf." In der Testphase im Juni werden vier Raketenbauer ihre Raketen starten, darunter ein kommerzielles Unternehmen aus den Niederlanden und Space Team Aachen, eine studentische Initiative. Bedarf der Industrie dürfte zunehmen Der Anstoß zu einer privatwirtschaftlich betriebenen und genutzten Startplattform in der Nordsee war vor einigen Jahren vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gekommen. Die Idee: Der Bedarf der Industrie, Kleinsatelliten in den Weltraum zu bringen, wird in den nächsten Jahren zunehmen, darum ergibt ein eigener deutscher Zugang zum Weltraum Sinn. Bislang war die geografische Lage Deutschlands auf der Nordhalbkugel ein Nachteil für Raketenstarts. In der Vergangenheit waren Satelliten sehr groß. Wir reden über kleine Pkw, die primär in der Nähe des Äquators gestartet wurden, weil die Satelliten in geostationären Orbits fest positioniert wurden. Dafür war es vorteilhaft, in der Nähe des Äquators gen Osten zu starten, die Erdrotation mitzunehmen, dadurch spart man Treibstoff. Heute sind die meisten Satelliten wesentlich kleiner. Viele haben maximal die Größe eines Kühlschranks und fliegen zur Erdbeobachtung oder in großen Konstellationen. Das bedeutet, dass viele Satelliten in einer Anordnung fliegen. Maritime Starts in Deutschland die einzige Möglichkeit BDI-Bereichsleiter Wachter erklärt weiter: "Um globale Abdeckungen zu erreichen, positioniert man kleine Satelliten in polare sonnensynchrone Orbits, das heißt, vereinfacht gesagt, die Satelliten fliegen vom Nordpol zum Südpol und auf der anderen Seite wieder hoch". Die Erde rotiere darunter durch - so könne man mit einer Kette an Satelliten an einem Tag eine globale Abdeckung erreichen. Um diese Orbits zu erreichen, kann man auch aus Deutschland starten. Der ehemalige Astronaut und Raketenexperte Ulrich Walter sagt, dass aufgrund der dichten Besiedlung maritime Starts praktisch die einzige Möglichkeit sind, um von hier aus sicher Raketen zu starten: Die Raketen müssen genau Richtung Norden starten. Damit sie beim Aufstieg mit der größten Explosionsgefahr keine Menschen auf dem Boden gefährden, müssen sie über das Meer aufsteigen, also entweder an der Nordseeküste starten oder noch besser in der Nordsee selbst. Deutsches Hoheitsgebiet endet im sogenannten Entenschnabel bei der Doggerbank. Von dort sollen die Starts erfolgen. Vorbereitung auf Starts in den Weltraum Sollte die Testphase erfolgreich verlaufen, könnten ab 2026 sogenannte Microlauncher, also kleine und leichte Trägerraketen, mit Satelliten in den Weltraum starten. Noch an Land, in Bremerhaven, werden die Raketen dafür in eine sogenannte Launch Box gepackt und auf eine Barge gerollt. Diese Plattform wird in die Nordsee geschleppt, dort wird die Box geöffnet, die Rakete aufgerichtet, betankt und vom Schiff aus gestartet. Die Plattform kann dabei die Schaukelbewegung des Wassers bis zu einer gewissen Höhe ausgleichen. Völlig neu sind Raketenstarts vom Wasser aus nicht, aber weltweit starten Raketen gemeinhin von Land. Um mit Raketen aus der Nordsee wirklich in den Weltraum zu starten, bedarf es dann noch einiger Vorbereitung. Bei den suborbitalen Starts jetzt will man zunächst praktische Erfahrung sammeln. Dazu gehören die Starts selbst, aber auch die Kommunikationswege, die man mit Kunden, Partnern sowie den zuständigen Behörden und Institutionen gehen muss. Bei Raketenstarts müssen Genehmigungen eingeholt werden, so muss etwa der Luftraum gesperrt werden. Deutsche Raketenbauer am Start Mehrere deutsche Raketenbauer stehen derzeit in den Startlöchern. Sie werden ihre ersten Missionen allerdings von Land starten. Startplätze gibt es etwa in Norwegen und Schottland. "Damit wir aus der Nordsee wirklich Orbitalstarts machen, also Raketen in den Weltraum bringen, sind wir jetzt darauf angewiesen, dass die ersten Missionen möglicher Kunden an Land gelingen", erklärt GOSA-Mitarbeiterin von der Recke. Mit Blick auf die Zukunft ist sie optimistisch: "Wir haben die gesamte Wertschöpfungskette in Deutschland. Wir haben einen Spaceport, Raketen und Satelliten, die hier gebaut werden und ihre Dienste erbringen." Ulrich Walter betont, dass Weltraumstarts aus der Nordsee gerade für die jungen deutschen Raketenbauer viele Vorteile haben: "Für deutsche Launcher bedeutet das keinen Papierkrieg wegen Grenzübergang und wenig Vorlaufzeit. Die Start-ups, die ihre Raketen im 3D-Druck schnell bauen werden, können die Zeit zwischen 'Kunde will einen Satelliten ins All bringen' und 'Er ist im All' auf wenige Monate verkürzen." Hinzu komme, dass die Preise fallen werden. Wachsendes Geschäft mit Satelliten Der BDI rechnet vor, dass in den vergangenen 60 Jahren so viele Satelliten in den Weltraum gebracht wurden wie ungefähr in den vergangenen drei bis vier Jahren. Die Prognosen, die jährlich nach oben korrigiert würden, gingen davon aus, dass bis 2030 jedes Jahr etwa 2.000 Satelliten ins All starten. Der Großteil von ihnen sind Klein- und Kleinstsatelliten, die in den Orbits positioniert werden, die von der Nordsee aus angeflogen werden. Der Bedarf wäre also da. Auf die Frage, ob die mobile Startplattform demnächst auch als echter "Weltraumbahnhof" bezeichnet werden kann, sagt GOSA-Mitarbeiterin von der Recke: Das ist eine interessante Diskussion, die führen wir auch immer wieder. Ich kann mit Weltraumbahnhof gut leben, Raketenstartplatz aus der Nordsee kann man auch sehr gut sagen. Und wenn irgendjemand meint, wir müssen das Raumflughafen nennen, dann muss ich mich jedes Mal zusammenreißen, aber dann mache ich das auch. Am Ende des Tages gehe es ihr einzig und allein darum, kleine Trägerraketen aus der Nordsee zu starten: "Das müssen wir können, gerade als Hochtechnologieland."
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2024-05-01
"Braune Hetzer in Schranken verweisen"
Fahimi zum Tag der Arbeit
Am heutigen Tag der Arbeit hat die DGB-Chefin Fahimi die Rolle der Gewerkschaften hervorgehoben. Zudem rief sie dazu auf, die extremen Rechten zu stoppen. Von der SPD forderte sie, den Sozialstaat zu verteidigen.
Am heutigen Tag der Arbeit hat die DGB-Chefin Fahimi die Rolle der Gewerkschaften hervorgehoben. Zudem rief sie dazu auf, die extremen Rechten zu stoppen. Von der SPD forderte sie, den Sozialstaat zu verteidigen. Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, hat am heutigen 1. Mai die Rolle der Gewerkschaften für die Demokratie hervorgehoben. Zudem rief sie dazu auf, extrem Rechte zu stoppen. "Gewerkschaften, das ist der solidarische Zusammenschluss der Beschäftigten, um eine selbstorganisierte Macht zu entfalten - unabhängig von Regierungen", sagte Fahimi bei der Hauptveranstaltung des DGB zum Tag der Arbeit in Hannover. Allerdings sei diese Macht den erstarkenden politischen Kräften am rechten Rand ein Dorn im Auge. "Warum? Weil Unabhängigkeit und Macht aus eigener Kraft immer im Widerspruch stehen zu den autoritären Allmachts- und Kontrollphantasien der rechten Ideologen", unterstrich sie vor rund 2.500 Zuhörerinnen und Zuhörern auf dem Klagesmarkt in Hannover. Bundesweit fanden nach DGB-Angaben 450 Veranstaltungen mit rund 330.000 Teilnehmenden statt. Fahimi betont Rolle der Gewerkschaften Fahimi betonte, der 1. Mai sei stets auch ein Tag der Mobilisierung gegen Kräfte, die demokratischen Werten entgegenstehen. "Wir Gewerkschaften müssen und werden alles in unserer Kraft Stehende tun, um die extrem Rechten zu stoppen und ihr spaltendes Treiben zurückzudrängen", sagte Fahimi und rief dazu auf, im Bündnis mit Sozial- und Umweltorganisationen, mit Kultur- und Sportverbänden sowie den Religionsgemeinschaften Flagge zu zeigen, "so lange, bis diese braunen Hetzer in ihre Schranken verwiesen worden sind". Fahimi hob ferner die Wirksamkeit der Gewerkschaften für gute Arbeitsbedingungen hervor. "Wir bleiben die Schutzmacht der Beschäftigten", sagte sie. Allein im vergangenen Jahr hätten die DGB-Gewerkschaften für rund elf Millionen Beschäftigte neue Tarifverträge verhandelt. Für den Sozialstaat eintreten In diesem Jahr stehe der Tag der Arbeit unter der Überschrift "Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit!" Dies bedeute, sich weiterhin einzusetzen für gute Bezahlung und faire Teilhabe am Wohlstand, für sichere Arbeitsplätze und "eine Arbeit, die Luft lässt für Familien und ein gutes Leben". Auch der Erhalt eines Sozialstaates mit hochwertiger Gesundheitsversorgung, umfassenden Bildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten sowie auskömmlichen Renten fordere unablässiges Engagement. Die DGB-Vorsitzende sagte, dass in Deutschland jährlich zwischen 1,3 und 2 Milliarden Überstunden geleistet würden, weit mehr als die Hälfte davon unbezahlt. Angesichts dessen sei es "respektlos", wenn einige darüber fabulierten, man müsse den Menschen "Lust auf Arbeit" machen. "Dann wird so getan, als wären die Beschäftigten in Deutschland faul und wenig leistungsbereit - und das geht an jeder Realität vorbei", kritisierte Fahimi. Fahimi nimmt Reiche ins Visier Die ehemalige SPD-Generalsekretärin forderte von den Sozialdemokraten, die sozialpolitischen Errungenschaften in Deutschland auch gegenüber den Ampel-Partnern zu verteidigen. "Es läuft gerade eine gefährliche Generaldebatte zum Sozialstaat an", sagte sie. "Viele, die so gern über das Bürgergeld reden, wollen in Wahrheit den Sozialstaat diskreditieren und verhindern, dass über die wahren Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft gesprochen wird", sagte Fahimi dem Nachrichtenmagazin Spiegel. Die SPD müsse viel stärker und mit einfachen Worten sagen, wodurch sie sich eigentlich von den anderen Parteien unterscheidet.  Fahimi warnte: "In der Krise graben einige, die nie ihren Frieden mit dem Sozialstaat gemacht haben, alte neoliberale Ideen aus. Von der SPD erwarte ich insofern, dass sie ihre Angebote für Wirtschafts- und Arbeitspolitik stärker herausarbeitet und nicht nur Abwehrkämpfe führt." Über manche Fragen werde kaum geredet. Etwa: "Was tragen Einkommensmillionäre eigentlich zum Gemeinwohl bei? Warum gilt für die Hälfte der Beschäftigten immer noch kein Tarifvertrag?" "Es ist offenbar einfacher und manchmal auch gezielte Ablenkung, einen Konflikt in der Bevölkerung zu schüren, den es so gar nicht gibt: Du musst arbeiten gehen, während ein anderer von deinem Geld faul auf dem Sofa liegt", sagte Fahimi. "Statt Bürgergeld- und Mindestlohnempfänger gegeneinander auszuspielen, sollten wir darauf schauen, mit welch absurd hohen Vermögen einige in Saus und Braus leben." IGBCE-Chef appelliert an Arbeitgeber Bei einer Kundgebung In Köln betonte der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE), Michael Vassiliadis, die Arbeitgeber müssten sich ihrer sozialen Verantwortung stellen und die Reallohnverluste der Beschäftigten stoppen. "Die Inflation hat sich beruhigt, die Konjunktur zieht an: Jetzt ist die Zeit, den Menschen dauerhaft Kaufkraft zurückzugeben", sagte Vassiliadis. Das sei auch volkswirtschaftlich sinnvoll. Die Reallöhne seien auf das Niveau von 2016 zurückgefallen, die Binnennachfrage liege am Boden, so Vassiliadis. Dieser "dramatische Trend" müsse umgekehrt werden. Weil mahnt gute Arbeitsbedingungen an Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil appellierte an die Arbeitgeber, für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen. "Ich habe kein Verständnis dafür, dass immer mehr Unternehmen Tarifflucht begehen. Das ist in Zeiten von Fachkräftemangel und enormer Arbeitsverdichtung kurzsichtig und schadet uns allen", sagte der SPD-Politiker bereits am Dienstag in Hannover. Weil hob mit Blick auf den Tag der Arbeit das 75-jährige Bestehen des Grundgesetzes hervor. Es garantiere die Bildung von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden und lege damit die Basis für die Tarifautonomie. Er betonte, die tiefgreifenden Veränderungsprozesse in vielen Branchen ließen sich nur gemeinsam mit den Beschäftigten und den Gewerkschaften erfolgreich gestalten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil warnte zum Tag der Arbeit vor Sozialkürzungen. "Der 1. Mai ist der Tag der Solidarität - wir lassen uns nicht auseinandertreiben", sagte der SPD-Politiker dem Berliner Tagesspiegel. "Gerade zum Tag der Arbeit kann man nicht genug betonen: Ich lasse es nicht zu, dass Arbeitnehmerrechte rasiert und der Sozialstaat geschleift werden."
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2024-05-01
Eskalation an US-Unis
Pro-Palästina-Demos
Auf dem Unigelände der UCLA sind propalästinensische und proisraelische Demonstrierende aneinandergeraten. Die Hochschulleitung bat die Polizei um Hilfe. Einen massiven Polizeieinsatz gab es auch in New York.
Auf dem Unigelände der UCLA sind propalästinensische und proisraelische Demonstrierende aneinandergeraten. Die Hochschulleitung bat die Polizei um Hilfe. Einen massiven Polizeieinsatz gab es auch in New York. An der renommierten University of California in Los Angels (UCLA) hat es gewalttätige Auseinandersetzungen gegeben. Laut dem Sender CNN gingen propalästinensische und proisraelische Demonstranten aufeinander los. Die Demonstranten des propalästinensischen Protestcamps hatten demnach Barrikaden aus Sperrholz errichtet. Diese wurden von den Gegendemonstranten niedergerissen. Auf Fernsehaufnahmen war zu sehen, wie Protestierende beider Seiten mit Stöcken aufeinander losgingen. Andere feuerten Feuerwerkskörper oder bewarfen sich gegenseitig mit Gegenständen. Der Sprecher der Bürgermeisterin von Los Angeles teilte auf der Plattform X mit, die Polizei sei der Bitte der Hochschulleitung um Unterstützung sofort nachgekommen. Universitätsleitung verurteilt Gewalt Die Universitätsleitung hatte das Camp zuvor als rechtswidrig bezeichnet und die Demonstrierenden zum Verlassen des Geländes aufgefordert. UCLA-Kanzler Gene Block erklärte, während sich viele Demonstrierende "friedlich verhalten" hätten, seien "die Taktiken anderer offen gesagt schockierend und beschämend". Er sprach zudem von den Handlungen, "die in krassem Widerspruch zu unseren Werten als einer Institution stehen". "Wir haben Fälle von Gewalt gesehen", führte Block aus. Diese Vorfälle haben viele auf unserem Campus, insbesondere unsere jüdischen Studenten, in einen Zustand von Angst und Schrecken versetzt. Block kündigte zudem an, die Sicherheitsmaßnahmen zu erhöhen. Demnach soll eine größere Anzahl von Polizisten und Sicherheitspersonal auf dem Unigelände präsent sein. Block will die jüngsten Gewalttaten zudem strafrechtlich untersuchen lassen. Unileitung: "Unerträgliche" Atmosphäre für jüdische Studierende Auch an der Elite-Universität Columbia in New York rückte die Polizei gegen protestierende Studierende aus. Am Abend strömte ein Großaufgebot der Polizei auf den Campus. Die Beamten drangen auch in das von Demonstrierenden besetzte Universitätsgebäude ein. Es gab mehrere Festnahmen - laut dem US-Sender NBC etwa 100. Dutzende Zelte in dem sogenannten Solidaritätscamp auf dem Gelände wurden von den Einsatzkräften durchsucht. Universitätspräsidentin Minouche Shafik hatte beklagt, dass viele der jüdischen Studenten die in den vergangenen Wochen an der Columbia University herrschende Atmosphäre "unerträglich" gefunden und deshalb die Universität verlassen hätten. In einem Schreiben an die New Yorker Polizei erklärte Shafik, dass die Besetzung des Gebäudes von Menschen angeführt werde, die nicht mit der Universität in Verbindung stünden. Verdacht der Teilnahme von Nicht-Studierenden Auf einer Pressekonferenz erklärten Bürgermeister Eric Adams und Vertreter der Polizei, die Besetzung sei von externen Personen angezettelt worden, die nicht mit der Universität in Verbindung stünden und den Strafverfolgungsbehörden bekannt seien. Die Polizei begründete ihre Schlussfolgerungen zum Teil mit dem eskalierenden Verhalten der Besetzer, wie Vandalismus, der Errichtung von Barrikaden und Zerstörung von Sicherheitskameras. Adams deutete an, dass sich einige der protestierenden Studenten dieser Einflussnahme in ihren Reihen nicht vollständig bewusst waren. Einer der Anführer der Proteste, der palästinensische Student Mahmoud Khalil, bestritt die Behauptung, dass Außenstehende die Besetzung initiiert hätten. "Es sind Studenten", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Es ist bereits der zweite Großeinsatz der Polizei auf dem Campus in New York: Vor knapp zwei Wochen war die New Yorker Polizei schon einmal gegen Demonstrierende vorgerückt.
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2024-05-01
"Für uns ein Glücksfall"
20 Jahre EU-Osterweiterung
Die Sorge war vor 20 Jahren groß: Was würde passieren, wenn der deutsche Arbeitsmarkt plötzlich für Millionen Menschen geöffnet wird? Heute fällt die Bilanz der EU-Osterweiterung positiv aus. Von J. Rieger und K. Ruoff.
Die Sorge war vor 20 Jahren groß: Was würde passieren, wenn der deutsche Arbeitsmarkt plötzlich für Millionen Menschen geöffnet wird? Heute fällt die Bilanz der EU-Osterweiterung positiv aus. Von Jenni Rieger und Kim Ruoff, SWR An einem Mittwoch schloss Evelin Fazekas in Ungarn ihre Ausbildung zur Restaurantmanagerin ab, am Samstag derselben Woche sei sie bereits in Deutschland gewesen. Ihr Traum von einem neuen besseren Leben beginnt im Jahr 2012. Denn obwohl Ungarn bereits zum 1. Mai 2004 Mitglied der europäischen Union wurde, dauerte es noch weitere sieben Jahre, bis Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den EU-Beitrittsländern hierzulande uneingeschränkt arbeiten konnten. Sorge vor Dumpinglöhnen und Verdrängung Gleich zehn Länder auf einen Schlag wurden vor zwanzig Jahren Mitglied der EU. Nach langen Verhandlungen und einer mehrjährigen Vorbereitungsphase kamen Polen, Tschechien, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen, Slowakei, Slowenien, Malta und Zypern hinzu. Die Europäische Union wuchs von 15 auf 25 Mitgliedsstaaten - für viele ein Grund zur Sorge vor Dumpinglöhnen und der Verdrängung deutscher Arbeitskräfte. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit wurde hierzulande deshalb erst einmal eingeschränkt. Inzwischen arbeitet Evelin Fazekas seit mehreren Jahren für den schwäbischen Mittelständler Ziehl-Abegg. In Künzelsau produziert das Unternehmen Ventilatoren für die Industrie. Fazekas setzt hier Tag um Tag über 10.000 Einzelteile auf Leiterplatten, die später in den Ventilatoren verbaut werden. Konzentriert und gewissenhaft müsse sie arbeiten. Ein Job, der für viele nicht mehr attraktiv genug sei. "Ohne die Arbeitskräfte aus dem Ausland würde hier gar nichts mehr gehen", sagt Marc Wucherer, Vorstandvorsitzender von Ziehl-Abegg. Manche arbeiten als Ingenieure, die meisten in einfachen Funktionen. Gerade die Bestückung der Leiterplatten übernehmen mittlerweile fast ausschließlich Mitarbeiterinnen aus den ost- und mitteleuropäischen Beitrittsländern. Anders seien die Stellen längst nicht mehr zu besetzen. Am Band trotz Abitur und Ausbildung Evelin Fazekas ist eigentlich überqualifiziert für den Job, sie hat Abitur, eine Ausbildung. Trotzdem mache sie ihre Arbeit gerne. Auch, weil sie hier immer noch ein Vielfaches mehr verdient als in der Gastronomie in ihrer ungarischen Heimat. "Mein Gehalt dort wäre bei 700 bis 900 Euro maximum. Mit zwölf Stunden Arbeit pro Tag und auch Samstag und Sonntag." Wie sie sind viele junge Ungarinnen und Ungarn damals in andere europäische Länder gezogen. "Von meiner Klasse mindestens die Hälfte." Inzwischen arbeiten rund 820.000 Menschen aus den Ländern der EU-Osterweiterung in Deutschland. Eine Studie des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. (ifo) hat Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet und kommt zu dem Schluss: Die düsteren Prognosen haben sich nicht bewahrheitet. Der Zuzug von Beschäftigten aus den EU-Beitrittsländern führte nicht zu einer Verdrängung von deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Vielmehr wurden auf dem Arbeitsmarkt wichtige Lücken geschlossen. Personen aus den mittel- und osteuropäischen Ländern sind vor allem in Bereichen tätig, die "aufgrund niedriger Löhne oder ungünstiger Arbeitsbedingungen für heimische Arbeitskräfte wenig attraktiv sind", heißt es in der Studie. Neue Märkte, weniger Barrieren Für Ziehl-Abegg sei die Osterweiterung der EU ein Glücksfall gewesen, nicht nur mit Blick auf neue Mitarbeitende, sagt der Vorstandsvorsitzende Wucherer. "Wir haben auch neue Märkte erschlossen, die Barrieren wurden runtergefahren. Deswegen konnten wir uns verbreitern." Länder wie Ungarn oder Polen haben stark vom Zugang zum EU-Binnenmarkt - dem größten weltweit - profitiert. In den Ländern siedelten sich ausländische Unternehmen an, der Lebensstandard stieg. "Unsere Produkte waren auf einmal auch dort gefragter." Die Ventilatoren von Ziehl-Abegg sind in Aufzügen und Fabrikhallen, aber auch in Wohnanlagen oder Kühlräumen der Lebensmittelindustrie verbaut. Nach dem Aufschwung droht Stagnation Der gestiegene Lebensstandard sowie die in einigen Branchen deutlich gestiegenen Löhne in den osteuropäischen EU-Staaten, führten aber auch dazu, dass Deutschland als Auswanderungsland nicht mehr so attraktiv ist wie einst, sagt Kathrin Sommerfeld, Wissenschaftlerin am Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim. "Wir haben kaum noch zusätzliche Beschäftigte, die nach Deutschland kommen, sondern es gibt diesen 'Turn over', dass die Menschen herkommen, für ein paar Jahre hierbleiben, die Hälfte nur für ein bis vier Jahre, und dann wieder zurückgehen. Da ist die Befürchtung aus ökonomischer Sicht, dass es da nicht mehr viel zusätzliches Potential gibt. Das wird jetzt eher stagnieren in den nächsten Jahren." Evelin Fazekas möchte dennoch in Deutschland bleiben, seit zwei Jahren hat sie nun auch die deutsche Staatsbürgerschaft.
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2024-05-01
Warnstreiks bei Lieferando
NGG will Tarifvertrag
In der Lieferbranche streiten Lieferando und Arbeitnehmervertretung über mehr Geld und Tarifbindung. Die Fronten sind verhärtet. Jetzt gibt es wohl Warnstreiks der Fahrerinnen und Fahrer.
In der Lieferbranche streiten Lieferando und Arbeitnehmervertretung über mehr Geld und Tarifbindung. Die Fronten sind verhärtet. Jetzt gibt es wohl Warnstreiks der Fahrerinnen und Fahrer. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat beim Lieferdienst Lieferando erneut zu Warnstreiks aufgerufen. Fahrerinnen und Fahrer hätten für mehrere Stunden die Arbeit niedergelegt, teilte eine Gewerkschaftssprecherin mit. Ein Sprecher des Lieferdienstes erklärte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa, Konsumenten könnten weiter bestellen. Es werde mit keinen Einschränkungen gerechnet, weder für die Verbraucher noch für die Restaurantpartner. Hintergrund des Ausstands sind die Forderungen der NGG nach einem Tarifvertrag für die Lieferando-Beschäftigten. "Seit über einem Jahr stellt sich Lieferando taub. Gerade nach der hohen Inflation der letzten Jahre ist ein Tarifvertrag mehr als überfällig", erklärte NGG-Referatsleiter Mark Baumeister. Erst vor wenigen Tagen hatten Lieferando-Beschäftigte vor dem Hauptquartier der niederländischen Konzernmutter Just Eat Takeaway in Amsterdam demonstriert. Forderungen nach mehr Stundenlohn und Zuschlägen Die NGG fordert einen Stundenlohn von mindestens 15 Euro sowie die Zahlung eines 13. Monatsgehalts. Sie will außerdem höhere Zuschläge für Abend-, Sonn- und Feiertagsschichten durchsetzen. Der Arbeitgeber wiederum verweist darauf, dass die Arbeitsbedingungen bei Lieferando im Branchenvergleich überdurchschnittlich gut seien. Der Stundenlohn liege bei 14 Euro, alle Fahrerinnen und Fahrer seien direkt bei Lieferando angestellt. Es gebe Zuschläge für Arbeiten während der Stoßzeiten sowie weitere Boni und Pauschalen. Viele andere Plattformen arbeiteten hingegen vor allem mit Subunternehmern zusammen, bei denen die Fahrerinnen und Fahrer zu deutlich schlechteren Konditionen angestellt seien.
/wirtschaft/arbeitsmarkt/ngg-lieferando-tarifvertrag-100.html
2024-05-01
Dreiviertel der Punktesammler sind Männer
50 Jahre Punkte in Flensburg
Wer zu schnell mit dem Auto unterwegs ist und dabei erwischt wird, bekommt ein Bußgeld - und seit jetzt 50 Jahren auch Punkte in Flensburg. Warum das System eingeführt wurde und was es gebracht hat. Von Sebastian Vesper.
Wer zu schnell mit dem Auto unterwegs ist und dabei erwischt wird, bekommt ein Bußgeld - und seit jetzt 50 Jahren auch Punkte in Flensburg. Warum das System eingeführt wurde und was es gebracht hat. Von Sebastian Vesper, tagesschau.de Mehr als zehn Millionen Menschen in Deutschland haben einen Punkt - ungefähr jeder fünfte Autofahrer. Das geht aus Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes vom 1. Januar 2024 hervor. Dort wird seit nun 50 Jahren erfasst, wer viele Punkte hat. Anfang der 1970er Jahre starben auf deutschen Straßen circa 21.000 Menschen pro Jahr. Deswegen wurde am 1. Mai 1974 das sogenannte "Mehrfachtäterpunktsystem" eingeführt, der umgangssprachliche "Punkt in Flensburg". Seitdem sterben weniger Menschen im Straßenverkehr, obwohl es heute knapp dreimal so viele Autos, Lkw und Motorräder zugelassen sind. Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass im vergangenen Jahr 2.817 Menschen bei Verkehrsunfällen getötet wurden. Darauf habe aber nicht nur der "Punkt aus Flensburg" Einfluss. Der ADAC weist darauf hin, dass beispielsweise auch Autos sicherer geworden sind. Gleichzeitig hätten Gesetze wie zum Beispiel die Promillegrenze zu weniger Toten im Verkehr geführt. "Fahreignungs-Bewertungssystem" 2014 wurde das "Mehrfachtäterpunktsystem" reformiert. Seitdem heißt es offiziell "Fahreignungs-Bewertungssystem". Es soll einfacher strukturiert sein, teilte das Kraftfahrtbundesamt (KBA) auf Anfrage mit. Für schwere Verstöße und Straftaten gibt es drei Punkte. Für sogenannte "verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten" wird ein Punkt vergeben. Ab acht Punkten ist der Führerschein für mindestens sechs Monate weg. Ab fünf gesammelten Punkten können Fahrerinnen und Fahrer einen Punkt selbst abbauen. Dafür müssen sie ein Fahreignungsseminar besuchen. Das System funktioniere gut, sagt ein Sprecher des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC). Fahrerinnen und Fahrer, denen Bußgelder und Ermahnungen egal seien und die andere gefährden, würden herausgefiltert. Die würden dann den Führerschein verlieren. Männer sammeln mehr Punkte Die meisten Menschen haben zuletzt einen Punkt bekommen, weil sie zu schnell gefahren sind. Insgesamt sind 75 Prozent der eingetragenen Punktesammler Männer. Warum es zwischen den Geschlechtern so große Unterschiede gibt, gehe aus den Daten des KBA nicht hervor, so die Behörde. Auch dem ADAC lägen dazu "keine Informationen" zu. Wofür der erste Punkt vergeben wurde, weiß das KBA laut einer Pressesprecherin nicht mehr, denn die gesammelten Punkte werden gelöscht. Das dauert je nach Schwere des Verstoßes zwischen zweieinhalb und zehn Jahren.
/inland/gesellschaft/punkte-flensburg-102.html
2024-05-01
Hochstraße im Süden Chinas eingestürzt
Mehr als 20 Tote
Nach tagelangen Regenfällen ist im Süden Chinas eine Hochstraße eingestürzt. Dabei kamen in der Provinz Guangdong nach neuesten Angaben 24 Menschen ums Leben. Retter brachten Verletzte in ein Krankenhaus.
Nach tagelangen Regenfällen ist im Süden Chinas eine Hochstraße eingestürzt. Dabei kamen in der Provinz Guangdong nach neuesten Angaben 24 Menschen ums Leben. Retter brachten Verletzte in ein Krankenhaus. Beim Einsturz von Teilen einer Hochstraße im Süden Chinas sind nach neuesten Berichten 24 Menschen getötet worden. Retter hätten zudem 30 Menschen ins Krankenhaus gebracht, meldete der staatliche Fernsehsender CCTV. Sie befänden sich nicht in Lebensgefahr. Nach Angaben der Behörden der Stadt Meizhou in der Provinz Guangdong stürzte um die Mittagszeit ein knapp 18 Meter langer Abschnitt der Straße ein. Insgesamt waren 18 Fahrzeuge betroffen. In der Gegend hatte es in den vergangenen Tagen heftig geregnet. Rauchende Fahrzeugwracks und Flammen Augenzeugen berichteten örtlichen Medien, sie hätten in lautes Geräusch gehört und ein metergroßes Loch an der Stelle klaffen gesehen, an der sie gerade vorbeigefahren seien. Aufnahmen in Onlinediensten zeigten rauchende Fahrzeugwracks auf einem schlammigen Gelände, über dem die Autobahn verlief. Auf einigen Aufnahmen waren auch Flammen zu sehen. Laut CCTV waren rund 500 Einsatzkräfte vor Ort. Die Schnellstraße wurde in beide Richtungen gesperrt. Dem Sender zufolge handelte es sich bei dem Einsturz um eine "geologische Naturkatastrophe". Der "anhaltende Starkregen" habe das Unglück beeinflusst. Zuletzt hatten die örtlichen Behörden angesichts der tagelangen heftigen Regenfälle für Teile der südlichen Provinz Guangdong die höchste Warnstufe ausgerufen und vor Erdrutschen und Sturzfluten gewarnt. Mindestens fünf Menschen kamen seit Beginn der Regenfälle ums Leben, viele weitere Menschen galten als vermisst. China wurde in den vergangenen Jahren verstärkt von schweren Überschwemmungen, verheerenden Dürreperioden und Rekordhitze getroffen. Der Klimawandel führt dazu, dass extreme Wetterereignisse häufiger und intensiver werden.
/ausland/hochstrasse-china-100.html
2024-05-01
Zeltlager mit Hunderten Asylsuchenden wird geräumt
Irland
In der irischen Hauptstadt Dublin zelten seit Wochen Asylsuchende vor der Behörde, die Asylanträge prüft. Zuletzt waren es etwa 200 Zelte. Nun gehen die Einsatzkräfte dagegen vor.
In der irischen Hauptstadt Dublin zelten seit Wochen Asylsuchende vor der Behörde, die Asylanträge prüft. Zuletzt waren es etwa 200 Zelte. Nun gehen die Einsatzkräfte dagegen vor. Mit einem großen Polizeiaufgebot wird in Dublin ein Zeltlager mit Hunderten Asylsuchenden in Dublin geräumt. Das berichten der Sender RTÉ und die Zeitung Irish Times. Busse stünden bereit, um die Menschen wegzubringen. Mehr als 200 Zelte standen zuletzt in den Straßen und Wegen rund um das International Protection Office, das in Irland dafür zuständig ist, Asylanträge zu prüfen. Der irische Regierungschef Simon Harris hatte die Räumung am Dienstag angekündigt. In einer Erklärung der Regierung hieß es, der Einsatz solle dazu dienen, den "sicheren Transport" von Menschen aus den Zelten zu erleichtern. In Unterkünfte verlegt Die Menschen würden in Unterkünfte verlegt, heißt es in der Erklärung. Dort soll es unter anderem Toiletten, Duschen, Gesundheitsdienste und Lebensmittel geben. Wo die Unterkünfte sich befinden, blieb offen. Irlands Wirtschaftsminister Peter Burke, sagte, die Asylsuchenden würden in Einrichtungen verlegt, in denen sie "Rundum-Dienstleistungen" erhalten würden. Sie müssten jedoch möglicherweise immer noch in den Zelten leben. In Irland herrscht Wohnungsmangel. "Absolut skandalös" Die Vorsitzende der oppositionellen Labour-Partei, Ivana Bacik, hatte zuvor gesagt, es sei "absolut skandalös", dass ein ehemaliges Krankenhausgelände leer stehe, während die Menschen in den Zelten ohne Zugang zu sanitären Einrichtungen lebten. Justizministerin Helen McEntee sagte, die Regierung habe "Tag und Nacht" daran gearbeitet, Unterkünfte für Menschen, die Schutz suchen, und für Obdachlose bereitzustellen. Es hatte bereits zuvor Bemühungen gegeben, die Campbewohner in alternative Unterkünfte umzusiedeln. Am 16. März wurden etwa 150 Asylsuchende in die Notunterkunft Crooksling im County Dublin verlegt. Einige von ihnen verließen jedoch am Tag ihrer Ankunft das Crooksling-Gelände und kehrten zum International Protection Office zurück - mit der Begründung, dass der neue Standort zu abgelegen sei und die versprochenen sanitären Einrichtungen nicht funktionierten. Integrationsminister Roderic O'Gorman wies Behauptungen zurück, dass die Menschen aufgrund des St.-Patrick's-Fests umgesiedelt worden seien. Deutlich mehr Asylsuchende Nach Angaben der irischen Regierung waren zuletzt deutlich mehr Asylsuchende ohne die notwendigen Papiere in das EU-Land gekommen, überwiegend über die offene Grenze zur britischen Provinz Nordirland. Seit Januar haben Medienberichten zufolge mehr als 6.700 Menschen in Irland Asyl beantragt. Das seien fast 90 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Regierungschef Harris kündigte an, irregulär eingereiste Migranten zurück ins Vereinigte Königreich zu schicken. Er will entsprechende Gesetze auf den Weg bringen. Das lehnt der britische Premierminister Rishi Sunak jedoch ab, solange die EU nicht ihrerseits Migranten aus Großbritannien zurücknimmt.
/ausland/europa/dublin-raeumung-asylsuchende-100.html
2024-05-01
Binance-Gründer zu vier Monaten Haft verurteilt
Kryptowährungsbörse
Er dürfte der reichste Insasse in einem US-Gefängnis werden: Der Gründer der Kryptowährungsbörse Binance, Zhao, soll für vier Monate in Haft. Er hatte Verstöße gegen Geldwäschegesetze zugegeben.
Er dürfte der reichste Insasse in einem US-Gefängnis werden: Der Gründer der Kryptowährungsbörse Binance, Zhao, soll für vier Monate in Haft. Er hatte Verstöße gegen Geldwäschegesetze zugegeben. Der Gründer der Kryptowährungsbörse Binance, Changpeng Zhao, ist in den USA zu einer viermonatigen Haftstrafe verurteilt worden. Ein Richter in Seattle setzte das Strafmaß für den 47-jährigen Kanadier fest, wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht. Zhao und Binance hatten im November Verstöße gegen Geldwäschegesetze zugegeben. Er gab alle Posten bei der Kryptobörse auf. Fragwürdige Geldflüsse - auch in den Iran Die US-Justiz warf Binance und Zhao nach jahrelangen Ermittlungen vor, Geldwäsche- und Sanktionsgesetze umgangen zu haben. Die Betreiber der Kryptobörse hätten trotz Millionen Kunden in den USA nicht die vorgeschriebenen Kontrollen eingeführt. Das habe fragwürdige Geldflüsse möglich gemacht, unter anderem in Höhe von rund 900 Millionen Dollar zwischen den USA und dem von Sanktionen betroffenen Iran. Den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft zufolge wies Zhao Binance-Mitarbeiter unter anderem an, mit US-Kunden per Telefon zu kommunizieren, um keine Spuren zu hinterlassen. Nach Erkenntnissen der Ermittler ging Binance unter anderem nicht gegen Transaktionen vor, die Bewegungen wie das internationale Terrornetzwerk al-Kaida oder die palästinensische Terrororganisation Hamas über die Plattform tätigten.  Richter: Weitere Verbrechen unwahrscheinlich Die Anklage hatte für Zhao - in der Kryptoszene als "CZ" bekannt - drei Jahre Gefängnis gefordert, während die Verteidiger für eine Bewährungsstrafe plädierten. Wann Zhao die Haftstrafe antreten soll, ist unklar. Der Richter empfahl eine Inhaftierung in der Region Seattle. Er erkannte an, dass Zhao trotz drohender Strafe freiwillig in die USA gekommen sei und mit den Ermittlungsbehörden kooperiert habe. Er halte es für wenig wahrscheinlich, dass der Binance-Gründer in Zukunft Verbrechen begehe - zugleich solle das Urteil aber auch eine abschreckende Wirkung haben. Für Binance wurden mit dem Schuldeingeständnis Strafen von rund 4,3 Milliarden Dollar fällig. Zhao persönlich zahlt 50 Millionen Dollar. Zhao will Online-Bildungsplattform aufbauen Zhao dürfte der reichste Insasse in einem US-Gefängnis werden: In der Milliardärsliste des Finanzdienstes Bloomberg lag er am Mittwoch auf Rang 42 mit einem geschätzten Vermögen von gut 36 Milliarden Dollar. Es besteht hauptsächlich aus seiner Beteiligung an Binance. Zhao sagte, er wolle in Zukunft eine Online-Bildungsplattform aufbauen. Binance ist eine Handelsplattform für Digitalwährungen wie Bitcoin. Gemessen am Handelsvolumen ist es der größte Marktplatz dieser Art. Binance: Keine Kundengelder veruntreut Der Fall Binance zog allerdings viel weniger Aufmerksamkeit auf sich als der Zusammenbruch des Konkurrenten FTX, dessen Gründer Sam Bankman-Fried im März wegen Betrugs zu 25 Jahren Haft verurteilt worden war. Binance betonte stets, dass US-Behörden dem Unternehmen nicht vorwarfen, Kundengelder veruntreut oder Märkte manipuliert zu haben. US-Justizminister Merrick Garland verwies im November darauf, dass Binance auch aufgrund der Gesetzesverstöße zum weltgrößten Handelsplatz für Kryptowährungen geworden sei.
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2024-05-01
Bestsellerautor Paul Auster gestorben
Trauer um US-Schriftsteller
Paul Auster zählte zu den beliebtesten Schriftstellern seiner Generation. Berühmt wurde er unter anderem mit der "New-York-Trilogie". Nun ist Auster im Alter von 77 Jahren gestorben.
Der US-Bestsellerautor Paul Auster zählte zu den beliebtesten Schriftstellern seiner Generation. Berühmt wurde er unter anderem mit der "New-York-Trilogie". Nun ist Auster im Alter von 77 Jahren gestorben. Der US-Schriftsteller Paul Auster ist tot. Der Autor der "New-York-Trilogie" starb mit 77 Jahren an den Folgen einer Lungenkrebserkrankung, wie die Schriftstellerin Jacki Lyden mitteilte, die mit Auster befreundet war. Auster starb demnach in seinem Haus im New Yorker Stadtbezirk Brooklyn. Seine Frau Siri Hustvedt und seine Tochter Sophie Auster seien bei ihm gewesen, so Lyden. Hustvedt hatte die Krebserkrankung des Autors im vergangenen Jahr öffentlich gemacht. Zuerst hatten die New York Times und der britische Guardian über Austers Tod berichtet. Auster wurde 1947 in Newark als Sohn jüdischer Einwanderer geboren und träumte schon in seiner Jugend davon, Schriftsteller zu werden. Er studierte Literatur in New York und Frankreich und finanzierte sich anfangs durch Lehraufträge und Übersetzungsarbeiten. Exzentrische, zerrüttete Charaktere Nachdem seine erste Ehe gescheitert war, gelang ihm Mitte der 1980er Jahre mit der "New-York-Trilogie" - drei lose miteinander verbundenen Detektivgeschichten mit den Titeln "Stadt aus Glas", "Schlagschatten" und "Hinter verschlossenen Türen" - der Durchbruch. Später etablierte er sich mit Werken wie "Mond über Manhattan", "Mr. Vertigo" und "Das Buch der Illusionen" als gefeierter Bestsellerautor. Austers Figuren, oft von seiner eigenen Lebensgeschichte beeinflusst, sind exzentrische, zerrüttete Charaktere. Sie verlieren sich auf der Suche nach sich selbst in dunklen Abgründen und obskuren Ecken. Das Unvorhersehbare, zufällige Ereignisse und fantastische Wendungen prägen ihr Dasein und geben Anlass zu philosophischen Betrachtungen über Kunst und Kultur, Identität, Leben und Tod. Der Bestsellerautor erhielt etliche Preise. Er war einer der beliebtesten und erfolgreichsten US-Schriftsteller seiner Generation, seine Werke wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Auch in Deutschland war er bekannt. Auster schaffte nur eine Seite pro Tag Sein Leben lang schrieb Auster langsam. Erst Entwürfe mit der Hand, dann fertige Manuskripte mit der Schreibmaschine. Eine Seite schaffe er so etwa pro Tag, sagte Auster einmal der Nachrichtenagentur dpa. "Aber wenn man dranbleibt, läppern sich die Seiten." In jüngerer Vergangenheit veröffentlichte Auster einige umfangreiche Werke, darunter den Roman "4 3 2 1" von 2017, der mehr als 1.000 Seiten umfasst, und die etwa 800 Seiten starke Biografie über den US-Autor Stephen Crane mit dem Titel "In Flammen". "Baumgartner" war letztes Werk Der mit rund 200 Seiten relativ kurze Roman "Baumgartner" erschien vergangenen November in den USA. Darin geht es um einen Witwer, der um seine Frau trauert. Austers Ehefrau Hustvedt nennt es ein "kleines zartes und wundervolles Buch". Nach seiner Krebsdiagnose unterzog Auster sich einer Reihe von Behandlungen, wie er zur Veröffentlichung von "Baumgartner" dem Guardian erzählte. "Ich habe das Gefühl, dass mein Gesundheitszustand so prekär ist, dass dies das Letzte sein könnte, was ich jemals schreibe." Doch wenn dies das Ende sei, dann habe es sich gelohnt - er gehe umgeben von "menschlicher Freundlichkeit" in seinem Freundeskreis.
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2024-05-01
Wie Allergiker sich vor Insektengift schützen können
Hyposensibilisierung
Rund drei Millionen Menschen in Deutschland haben eine Allergie gegen Bienen- oder Wespengift. Eine Hyposensibilisierung bietet effektiven Schutz, doch nur wenige Betroffene machen davon Gebrauch. Von N. Kunze.
Rund drei Millionen Menschen in Deutschland haben eine Allergie gegen Bienen- oder Wespengift. Eine Hyposensibilisierung bietet effektiven Schutz, doch nur wenige Betroffene machen davon Gebrauch. Von Nina Kunze, SWR Der Frühling hat angefangen, und damit sind auch wieder viele Insekten unterwegs. Einige Allergiker in Deutschland dürfte das gar nicht freuen - rund eine Million Menschen haben hierzulande eine Allergie gegen Bienengift, doppelt so viele leiden an einer Allergie gegen Wespengift. Doch Fachleute schlagen Alarm: Nur ein Zehntel der besonders gefährdeten Allergikerinnen und Allergiker schützen sich mit einer Hyposensibilisierung. Laut der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft ist die Insektengiftallergie die bei weitem häufigste Ursache für schwere allergische Reaktionen im Erwachsenenalter. Bis zu 40 Todesfälle nach einem Insektenstich werden jährlich in Deutschland erfasst. Um nicht immer ein Notfallset dabei haben zu müssen, können Betroffene eine Hyposensibilisierung machen, bei der der Körper an das Gift gewöhnt wird. Dadurch wird die Allergie zwar nicht geheilt, allerdings könnten die Symptome stark vermindert werden. Wann spricht man von einer Allergie? Voraussetzung für die Therapie ist, dass schon einmal eine allergische Reaktion vorgefallen ist. Diese geht über Rötungen und Schwellungen rund um die Einstichstelle hinaus: Von einer Allergie spricht man, wenn sich die Abwehrreaktion gegen das Gift auch an unerwarteten Stellen zeigt, so Thilo Jakob, Allergologe und Direktor der Hautklinik am Universitätsklinikum Gießen: "Wenn der Rest des Körpers mitreagiert, an anderen Stellen, dann ist das das Alarmzeichen." Wer eine allergische Reaktion nach einem Insektenstich erlebt hat, sollte zunächst beim Arzt abklären, welches Insekt die Reaktion ausgelöst hat. Das verrät ein Haut- oder Bluttest. Ärztinnen und Ärzte können auch ein Notfallset verschreiben, das aus einem Antihistaminikum, Kortison und einem Adrenalin-Pen besteht. Wann wird eine Therapie empfohlen? Je nach Schweregrad der Allergie wird eine Hyposensibilisierung empfohlen, auch bekannt als Desensibilisierung oder allergen-spezifische Immuntherapie. Betroffene bekommen dabei in mehrwöchigen Abständen kleinste Mengen des Gifts per Spritze unter die Haut. Die Kosten für die Hyposensibilisierung übernimmt die Krankenkasse, vorausgesetzt diese wird gemäß der aktuellen Leitlinie empfohlen. Darunter fallen Personen, deren Symptome sich nicht nur auf die Haut beschränken, Personen mit einem beruflichen Risiko wie Imker oder Bäckereipersonal, sowie Personen, bei denen eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität vorliegt. Effektive Therapie, aber wenig angenommen Laut Allergologe Jakob bietet die Therapie ein hohes Maß an Schutz, bei Bienengift wirke sie bis zu 94 Prozent, bei Wespengift sogar bis zu 99 Prozent. Allerdings seien für einen anhaltenden Schutz mindestens drei, besser sogar fünf Jahre Behandlung nötig. Ein langer Zeitraum, der - wie auch die Angst vor Spritzen - abschreckend wirken kann. Doch Jakob kennt noch andere Gründe, weshalb nur ein Zehntel der Berechtigten die Therapie auch in Anspruch nimmt. Gerade junge Leute ignorierten das Risiko ihrer Allergie gerne. Dazu komme, dass Bienen- und Wespenstiche selten seien. Die Motivation, sich mit einer Hyposensibilisierung gegen die Folgen zu schützen, ist also geringer als beispielsweise bei einer Pollenallergie. Trotz Schutzwirkung viele Vorbehalte Dabei muss es nicht unbedingt der berüchtigte allergische Schock sein, der zu ernsten Konsequenzen führt. Auch Unfälle aufgrund einer allergischen Reaktion im Straßenverkehr können die Lebensqualität dauerhaft einschränken. Dennoch gibt es Vorbehalte gegenüber der Therapie, auch unter medizinischem Personal. Beispielsweise fürchten einige, dass auch die Therapie eine allergische Reaktion auslösen kann. Der Allergologe Jakob gibt jedoch Entwarnung. Schließlich werde die Therapie von allergologisch erfahrenen Ärzten durchgeführt, die im Notfall reagieren können: "Das ist etwas, das sehr gut kontrollierbar und behandelbar ist." Therapieoption möglichst früh ansprechen Besonders an einer Stelle könnte laut Jakob verstärkte Aufklärungsarbeit manch ein zusätzliches Leben retten. Denn nur die Hälfte der Betroffenen gehen wegen ihrer Allergie tatsächlich auch zum Arzt. Oft sind es deshalb die Notfall-Sanitäterinnen und -Sanitäter, die Betroffene von den Vorteilen einer Therapie überzeugen können. Deshalb sei es wichtig, notfallmedizinisches Personal darauf zu schulen, gezielt über die Therapie zu informieren, so Jakob: "Wenn in der akuten Situation jemand einem sagt: Da gibt's was, womit man das vermeiden kann, dass das nicht wieder auftritt - dann ist der Anteil derer, die dann eine Immuntherapie machen, viel höher." Zurück in ein normales Leben Thilo Jakob selbst gibt Betroffenen vor allem eines mit - nämlich gut auf ihr eigenes Leben aufzupassen. Denn ohne die Therapie liege das Risiko eines allergischen Schocks bei bis zu 70 Prozent, nach der Therapie gebe es nur noch ein Restrisiko von wenigen Prozent. Betroffene unterscheiden sich dann nicht mehr vom Rest der Bevölkerung - und können auf ihr Notfallset verzichten.
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2024-05-01
Ein EU-Musterschüler und ein schwarzes Schaf?
Slowenien und Ungarn
In Slowenien sind sich zwanzig Jahre nach dem EU-Beitritt fast alle einig: Die Entscheidung war richtig. Ungarns Regierungschef Orban ist hingegen ein Kritiker - doch die Mehrheit im Land ist pro-europäisch. Von W. Vichtl.
In Slowenien sind sich zwanzig Jahre nach dem EU-Beitritt fast alle einig: Die Entscheidung war richtig. Ungarns Regierungschef Orban ist hingegen ein Kritiker - doch die Mehrheit im Land ist pro-europäisch. Von Wolfgang Vichtl Es begann mit der Europahymne, der "Ode an die Freude" - vor zwanzig Jahren endlich auch für das kleine Slowenien und den deutlich größeren Nachbarn Ungarn. Seitdem ist viel Zeit vergangen. Zum Jahrestag hängen langsam die ersten Plakate für die Europawahl. In Slowenien sind sich Regierung und Opposition weitgehend einig: Die EU ist die beste Lösung für Slowenien. In Ungarn klebt Viktor Orbans regierende Fidesz-Partei ein Schmähplakat: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sitzt mit grimmigem Blick auf einem Thronsessel, neben ihr die wichtigsten Köpfe der politischen Konkurrenz im Kellnerkostüm, Überschrift: "Unterwürfige Diener Brüssels". Auf ihren Serviertellern die Worte "Migration", "Gender", "Krieg". Es ist viel passiert in den vergangenen zwanzig Jahren. Das "Musterländle" Slowenien "Dear Robert", so begrüßt von der Leyen Anfang August 2023 den slowenischen Ministerpräsidenten Robert Golob. Aber in dem Fall klingt es herzlich und ernst gemeint. Die Botschaft, die sie mitgebracht hat: "Europa steht an der Seite der Freunde in Slowenien. Slowenien kann auf Europa zählen." Das war bitter nötig, es war die Woche nach dem großen Regen. Die Schäden im Sommer 2023 waren enorm. Die erste Hilfe aus Brüssel kam sofort und unbürokratisch: 400 Millionen Euro aus dem EU-Krisenfonds. Danach gab es noch deutlich mehr, nach einem gemeinsamen Plan für den Wiederaufbau: Brücken, Straßen, Hochwasserschutz - und vieles mehr. Ortstermine nur vier Wochen später: Das Gröbste ist abgeräumt, Behelfsbrücken verbinden wieder durch die Flut abgeschnittene Landesteile. Die überschwemmte Autoteilefirma, Volkswagen ist ihr größter Kunde, fangt wieder an zu arbeiten, aus eigener Kraft, mit Hilfe slowenischer Gelder, mit Unterstützung des Volkswagen-Konzerns - und wenn nötig mit EU-Geldern. Die inzwischen mehr als zwei Millionen Sloweninnen und Slowenen gelten als die "Schwaben Südosteuropas". Ein europäisches "Musterländle". 83 Prozent überzeugt von der EU-Mitgliedschaft Mehr 13 Milliarden Euro hat Slowenien seit dem Beitritt aus EU-Fonds überwiesen bekommen, Entwicklungshilfe für Infrastruktur vor allem. Fast neun Milliarden flossen in derselben Zeit zurück in die Brüsseler Kassen, Tendenz langsam steigend. Das europäische Prinzip: nehmen und geben. Knapp 90 Prozent haben 2003 für "Europa jetzt" gestimmt, also den Beitritt Sloweniens zur EU. Immer noch 83 Prozent sind heute - 20 Jahre später - davon überzeugt, dass Slowenien von der EU-Mitgliedschaft vor allem profitiert hat. Die Zahlen des Internationalen Währungsfonds (IWF) bestätigen das: Der Wohlstand in Slowenien ist spürbar gewachsen. Slowenien gilt als stabile Wirtschaft, schon drei Jahre nach dem Beitritt wurde der Euro Landeswährung in Slowenien. Störenfried Ungarn In Ungarn zahlen sie immer noch mit Forint. Auch ein Problem, denn die ungarische Währung hat gegenüber dem Euro rasant an Wert verloren, und der sinkt weiter. 83 Milliarden Euro EU-Gelder sind seit dem EU-Beitritt in Ungarns Kassen geflossen, auch dort vor allem in Infrastruktur - und in die Landwirtschaft. Weitere Milliarden sind im Moment aber eingefroren, wegen Rechtstaatsbedenken, wegen gravierender Demokratiedefizite. Geld, das Ungarn gut gebrauchen könnte. Das Wohlstandgefälle gegenüber dem Nachbarn Slowenien ist nicht nur in der IWF-Statistik deutlich sichtbar. Ungarn ist eine Insel der Widerspenstigen in Europa. So sieht das der bereits 18 Jahre lang regierende Ministerpräsident Orban. 18 Jahre, kurz vor und nach dem Beitritt, mit einer Unterbrechung. 18 Jahre, in denen Orban Ungarn umgebaut hat, wegentwickelt von dem, was die meisten anderen als europäische Werte hochhalten: Demokratie und Rechtsstaat. "Ungarn tickt anders" Stolz schart der Populist Orban im Jahr 20 nach dem Beitritt zur Europäischen Union die Feinde der Demokratie um sich. Viele, wie Orban selbst, Fans des letzten US-Präsidenten Donald Trump. "Tschüss Brüssel, es lebe Europa", so verkauft Orban seine Idee einer Europäischen Union. Zu Hause, in Ungarn, nennt er es "illiberale Demokratie", die "in Brüssel" können darin wenig Demokratisches erkennen. Damit - und mit Hilfe eines zurechtgebogenen Wahlrechts - konnte er sich bisher seine Mehrheiten sichern. Ungarn tickt anders, patriotischer, sagt eine, die mit einstimmte in die Sprechchöre vor dem ungarischen Parlament: "Ungarn, Ungarn". Eine Viertelmillion Menschen hat sich mitten im Budapester Frühling auf dem Platz vor dem ungarischen Parlament versammelt, unter einem Meer von ungarischen Flaggen. Fast wie damals, als Orban der Volksheld der Ungarn war. Damals ging es gegen die russischen Besatzer, für den freien Westen, also für Europa. Lange her. Mindestens 70 Prozent pro-europäisch eingestellt Die Zeiten haben sich geändert. Die Sprechchöre der vergangenen Wochen klingen anders: "Orban verschwinde!" und "Dreckige Fidesz!" Gemeint ist die Regierungspartei Orbans. Der Jubel gilt dem im Moment neuen Volkshelden, Péter Magyar, einem Fidesz-Aussteiger, den das "System Orban" so ernst nimmt, dass es der vor kurzem noch eher Unbekannte schon auf das Fidesz-Wahlplakat als "unterwürfiger Diener Brüssels" geschafft hat. Obwohl er diesen Eindruck sicher nicht macht. Wieder mehr Europa scheint aber die Hoffnung vieler zu sein. Denn, egal wie laut Orban gegen Brüssel wettert, die Mehrheit der pro-europäisch eingestellten Ungarinnen und Ungarn ist stabil: 70 Prozent plus X, so die Umfragen. Ein "Huxit" also sicher kein Thema, ein Austritt, 20 Jahre nach dem EU-Eintritt.
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2024-05-01
Polizei geht in Tiflis gegen Demonstranten vor
Proteste gegen NGO-Gesetz
Seit Wochen gibt es in Georgien Proteste gegen ein geplantes Gesetz, das ausländische Einflüsse auf die Zivilgesellschaft offenlegen soll. Die Stimmung ist aufgeheizt - mehr als 60 Demonstranten wurden festgenommen.
Seit Wochen gibt es in Georgien Proteste gegen ein geplantes Gesetz, das ausländische Einflüsse auf die Zivilgesellschaft offenlegen soll. Die Stimmung ist aufgeheizt - mehr als 60 Demonstranten wurden festgenommen. In Georgien im Südkaukasus ist die Polizei am Dienstagabend mit Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen. Nach Regierungsangaben wurden 63 Menschen festgenommen. Sechs Polizisten seien verletzt worden. Einsatzkräfte waren mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor dem Parlament in der Hauptstadt Tiflis vorgegangen und hatten die Hauptstraße Rustaweli-Prospekt geräumt. Die Polizei sprach davon, dass die Kundgebung nicht mehr friedlich gewesen sei. Die öffentliche Ordnung müsse wiederhergestellt werden. Präsidentin Salome Surabischwili forderte die Polizei auf, das gewaltsame Vorgehen gegen die ihren Worten nach friedlichen jungen Demonstranten sofort einzustellen. Die seit Wochen andauernden Proteste richten sich gegen Pläne der Regierung, den angeblichen ausländischen Einfluss auf die Zivilgesellschaft zu unterbinden. Abgeordnete debattieren über umstrittenes NGO-Gesetz Im Parlament debattierten die Abgeordneten in zweiter und damit vorletzter Lesung über das umstrittene Gesetz, das nach Auffassung seiner Gegner wie in Russland zur Kontrolle der Zivilgesellschaft eingesetzt werden soll. Der Entwurf sieht vor, dass Nichtregierungsorganisationen (NGO) ausländische Geldquellen offenlegen müssen. Die Regierungspartei Georgischer Traum will nach eigenen Angaben auf diese Weise für mehr Transparenz sorgen und ausländische Einflussnahme kontrollieren. Viele Projekte zur Demokratieförderung in Georgien werden vom Westen finanziert, auch aus der EU und den USA. Kritiker befürchten, dass dieses Gesetz nach Moskauer Vorbild missbraucht werden soll, um Geldflüsse zu stoppen und prowestliche Kräfte zu verfolgen. Seit Wochen finden Demonstrationen statt Die Proteste in dem Land, das EU-Beitrittskandidat ist, dauern schon seit Wochen an. Im Herbst steht eine Parlamentswahl an. Am Montag brachte die Regierungspartei ihrerseits etwa 100.000 Anhänger zu einer Kundgebung in Tiflis zusammen. Der starke Mann der Partei, der Milliardär Bidsina Iwanischwili, hielt dabei eine Rede, die einen deutlich autoritären Kurs ankündigte.  Vor der Regierungszeit seiner Partei ab 2012 sei Georgien von ausländischen Einflussagenten geführt worden, so Iwanischwili. Er bezeichnete die oppositionelle Nationale Bewegung als "eine einzige kriminelle und verräterische Gruppe" und drohte damit, sie nach der Wahl zur Rechenschaft zu ziehen. Dem Westen warf der Ex-Regierungschef vor, Georgien wie die Ukraine als Kanonenfutter im Kampf gegen Moskau zu missbrauchen. Die EU und viele ihrer Mitgliedsstaaten haben das geplante Gesetz über sogenannte Auslandsagenten scharf kritisiert. Vergangenes Jahr hatte die Führung in Tiflis den Entwurf angesichts von Massenprotesten auf Eis gelegt. Bei dem neuen Anlauf sind Iwanischwili und Ministerpräsident Irakli Kobachidse aber entschlossen, das Gesetz einzuführen. Präsidentin Surabischwili steht auf der Seite der meist jungen, proeuropäischen Demonstranten.
/ausland/europa/georgien-proteste-122.html
2024-05-01
Wo Wissenschaftler den Sternen näher kommen
Atacama-Wüste in Chile
Wie und wann entstanden die Galaxien? In der chilenischen Wüste haben japanische Wissenschaftler ein einzigartiges Teleskop errichtet, das helfen soll, die größten Geheimnisse der Welt zu entschlüsseln.
Wie und wann entstanden die Galaxien? In der chilenischen Wüste haben japanische Wissenschaftler ein einzigartiges Teleskop errichtet, das helfen soll, die größten Geheimnisse der Welt zu entschlüsseln. Es ist laut Guinnessbuch der Rekorde das am höchsten gelegene Observatorium der Welt: Auf dem Gipfel des Cerro Chajnantor in der Atacama-Wüste im Norden Chiles haben japanische Wissenschaftler ein weltweit einzigartiges, infrarot-optimiertes Teleskop mit einer Öffnung von 6,5 Metern Durchmesser errichtet: das University of Tokyo Atacama Observatory, kurz TAO genannt. Nach 26 Jahren Planung und Bau ist TAO jetzt offiziell eröffnet worden. "Dieses Teleskop soll dazu dienen, die Natur des Universums und den Ursprung des Lebens zu erforschen", schreiben die an TAO beteiligten Wissenschaftler der berühmten Elite-Universität von Tokio auf ihrer Webseite.  Wann entstanden die Galaxien? Bei dem ehrgeizigen Projekt geht es um Fragen wie: Wann entstanden die Galaxien? Wie haben sie ihre heutige Struktur gebildet? Um mithilfe von Teleskopen wie TAO auf diese und andere Fragen Antworten zu finden, ist die Atamaca-Wüste ein idealer Standort. Dank der sogenannten Humboldt-Strömung ist die Region fast ständig wolkenfrei. In rund 90 Prozent der Nächte ist der Sternenhimmel in der äußerst sauberen und trockenen Wüstenatmosphäre zur Beobachtung frei. In der Nähe von TAO steht auch die Radioteleskop-Anlage ALMA (Atacama Large Millimeter/submillimeter Array) aus 66 Parabolantennen, die unter anderem von der Europäischen Südsternwarte (ESO) und Japan getragen wird. Astronomen können damit Fragen des kosmischen Ursprungs nachgehen.  Die ESO betreibt in der Region noch weitere Teleskope. In der Nähe lässt die ESO derzeit das Extremely Large Telescope bauen. Das weltweit größte optische Teleskop soll 2028 in Betrieb gehen. "Einer der besten Orte für kosmische Infrarotbeobachtungen" Was ist nun das Besondere an TAO? Die Fähigkeit, im Bereich von Infrarot-Wellenlängen zu arbeiten. Galaxien, die in der Frühzeit des Universums entstanden seien, befänden sich extrem weit entfernt und bewegten sich entsprechend der kosmischen Expansion von uns weg, so die Forscher. Das Licht dieser Galaxien sei zu längeren, mehr roten Wellenlängen verschoben. "An diesem extrem trockenen Ort gibt es weniger Wasserdampf in der Atmosphäre als an jedem anderen Ort der Erde", erläutern die japanischen Wissenschaftler den Vorteil des Standorts von TAO. "Da Wasserdampf Infrarotstrahlen aus dem Universum absorbiert, machen diese einzigartigen Bedingungen zusammen mit dem fast täglich klaren Himmel diesen Ort zu einem der besten Orte für kosmische Infrarotbeobachtungen". Außerdem liege Atacama auf der südlichen Hemisphäre, "sodass wir astronomische Objekte beobachten können, die von der nördlichen Hemisphäre aus nicht sichtbar sind. Unser Ziel ist es, die Eigenschaften von Galaxien insgesamt zu verstehen, indem wir dieselben Galaxien sowohl mit TAO als auch mit ALMA beobachten", heißt es auf der Seite der Universität Tokio weiter.
/wissen/forschung/observatorium-chile-102.html
2024-05-01
Polizei rückt gegen Uni-Besetzer auf US-Campus vor
Gaza-Proteste eskalieren
Die propalästinensischen Proteste an der Columbia-Universität in New York eskalieren. Die Polizei drang am Abend in die Hamilton Hall ein, um Aktivisten zu vertreiben, die das Gebäude besetzt hatten. Es gab Festnahmen.
Die propalästinensischen Proteste an der Columbia-Universität in New York eskalieren. Die Polizei drang am Abend in die Hamilton Hall ein, um Aktivisten zu vertreiben, die das Gebäude besetzt hatten. Es gab Festnahmen. Nach der Eskalation propalästinensischer Proteste an der New Yorker Elite-Universität Columbia ist ein Großaufgebot der Polizei gegen die Studierenden vorgerückt. Am Abend strömten Hunderte Polizisten auf den Campus im Norden Manhattans. Die Beamten drangen auch in das von Demonstranten besetzte Universitätsgebäude ein, es gab mehrere Festnahmen - laut dem US-Sender NBC etwa 100. Dutzende Zelte in dem sogenannten Solidaritätscamp auf dem Gelände wurden von den Einsatzkräften durchsucht. Zweiter Großeinsatz der Polizei binnen zwei Wochen Es ist bereits der zweite Großeinsatz der Polizei auf dem Campus: Vor knapp zwei Wochen war die New Yorker Polizei schon einmal auf Bitten der Unileitung gegen die Studierenden vorgerückt. Diese kritisierten das Vorgehen als unverhältnismäßig, in der Folge kam es an Dutzenden Universitäten in den USA zu Protesten und der Errichtung von Zeltlagern. Zuvor hatten teils vermummte Demonstranten Fenster eingeschlagen, Eingänge verbarrikadiert und eine palästinensische Flagge entrollt. Die Hamilton Hall ist das Gebäude, dass in den 1960er-Jahren aus Protest gegen den Vietnam-Krieg besetzt worden war. Trotz aller Drohungen, das Protestcamp zu räumen, harrten die Studenten seit über einer Woche aus. Gabriela war von Anfang an dabei. Die Studentin nennt eine ihrer Hauptforderungen an die Elite-Universität: "Es gibt viele Institutionen, die Geschäfte mit dem Apartheidstaat Israel machen. Wir drängen sie, diese Beziehungen mit Israel zu kappen." Besetzern droht Exmatrikulation Die rund 14 Milliarden Dollar schwere Stiftung der Columbia-Universität wird von einer eigenen Investmentfirma verwaltet. Das Geld fließt unter anderem in Unternehmen, die mit Israel kooperieren - auch in der Waffen- und Techindustrie. Die Universität hat abgelehnt, diese Beziehungen zu kappen. Doch sagte Universitätspräsidentin Minouche Shafik zumindest zu, Investitionen in mutmaßlich kriegsrelevante Firmen zu überprüfen. Den Studierenden droht wegen der Hausbesetzung nun die Exmatrikulation, erklärte Universitätssprecher Ben Chang. "Sie haben keinen Zugang mehr zu Lehr- oder Freizeiteinrichtungen. Sie können ihre Abschlüsse auch nicht mehr machen." Es sei bedauerlich, dass sich die Demonstranten für eine derartige Eskalation entschieden hätten. Chang stellte klar, die Maßnahme sei keine Beschneidung von Meinungsfreiheit: "Es geht hier um die Aktionen der Protestler - und nicht den Grund ihrer Proteste." Vorwurf des Vandalismus und Störung des Uni-Betriebs Den Besetzern sei die Möglichkeit gegeben worden, das Gebäude friedlich zu verlassen. Doch das hätten sie abgelehnt. Neben dem Vandalismus würden ein paar Dutzend Protestierende den Unibetrieb für 37.000 Studierende stören - davon viele kurz vor ihrem Examen. Einige jüdische Studierende hatten von antisemitischen Angriffen berichtet. Sie fühlten sich bedroht. Studentin Gabriela ist skeptisch. Bei den Protesten seien viele jüdische Kommilitonen dabei, sagt sie. "Es ist eine Schande, dass die Uni uns als gewaltbereit darstellt. Das hier ist eine Mischung aus allen Studierenden." Auch Carry empfindet das so. Die Jüdin, die selbst lange in Israel lebte, hat vor 20 Jahren ihren Abschluss an dieser Uni gemacht. Das dort nun junge Menschen verhaftet würden oder der Uni verwiesen, weil sie ihre Meinung äußerten, das treffe sie: "Ich habe hier nichts Antisemitisches erlebt. Und als Frau mit tiefen jüdischen Wurzeln bin ich wohl glaubwürdig. Seit Tagen erlebe ich diese Demonstranten völlig friedlich. Ich spreche mit jungen Menschen, die so sind, wie ich es früher hier war." Sorge vor "unverhältnismäßigen" Maßnahmen Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Volker Türk zeigte sich schon vor dem Polizeieinsatz am Abend "besorgt". Einige Strafverfolgungsmaßnahmen würden "in ihrer Wirkung unverhältnismäßig erscheinen". Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres mahnte: "Es ist wichtig, die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit zu garantieren. Zugleich ist Hasssprache inakzeptabel." Mit Informationen von Antje Passenheim, ARD New York
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2024-05-01
Ist Deutschland fleißig - oder nicht?
Diskussion über Erwerbstätigkeit
Wirtschaftsvertreter klagen, dass in Deutschland immer weniger gearbeitet wird. Gleichzeitig ist die Zahl der Erwerbstätigen so hoch wie nie. Ein scheinbarer Widerspruch, der Diskussionen auslöst. Von Hans-Joachim Vieweger.
Wirtschaftsvertreter klagen, dass in Deutschland immer weniger gearbeitet wird. Gleichzeitig ist die Zahl der Erwerbstätigen so hoch wie nie. Ein scheinbarer Widerspruch, der Diskussionen auslöst. Von Hans-Joachim Vieweger Die Einschätzungen könnten unterschiedlicher nicht sein. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) betont: "Deutschland ist ein fleißiges Land" - und verweist wie Kanzler Olaf Scholz darauf, dass so viele Menschen erwerbstätig sind wie nie zuvor. Nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes für den März sind es 45,7 Millionen Menschen. Bei Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger klingt das ganz anders: Man dürfe sich von der Meldung der Rekord-Erwerbsarbeit nicht in der Illusion wiegen, "deshalb sei alles in Butter". Der hohen Zahl an Erwerbstätigen stehe nämlich ein kontinuierliches Minus bei den durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden gegenüber. Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank und Chef des Bankenverbands, folgert daraus: "Wir müssen wieder mehr, sicherlich auch anders, aber auch härter arbeiten." Widersprüchliche Berichte zu Arbeitszeit Irritierend wirken auf den ersten Blick auch die Meldungen von Wirtschaftsforschern. So überschrieb das DIW in Berlin eine Studie zum Arbeitsmarkt vor kurzem mit folgenden Worten: "In Deutschland wird so viel gearbeitet wie nie". Dagegen meldete das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit: "Noch nie außer im Corona-Jahr 2020 war die Arbeitszeit so niedrig". Beide Meldungen zogen auf dasselbe Jahr 2023. Der Widerspruch löst sich auf, wenn man betrachtet, worauf sich die jeweiligen Zahlen beziehen. Die Arbeitszeit je erwerbstätiger Person lag dem IAB zufolge 2023 nur bei 1.342 Stunden im Jahr; dabei handelt es sich um die effektive Arbeitszeit unter Berücksichtigung von Überstunden auf der einen Seite sowie Urlaub und Krankheitstagen auf der anderen Seite. Damit ergab sich ein Minus von 0,3 Prozent im Vergleich zur entsprechenden Vorjahreszahl sowie ein Minus von 2,2 Prozent zur Vor-Corona-Zeit. Und die Schlagzeile mit der niedrigen Arbeitszeit. Das gesamte Arbeitsvolumen in Deutschland stieg dagegen um 0,4 Prozent - so hat es das IAB ebenfalls in seiner Jahresbilanz gemeldet. Das bedeutet: Der Effekt der höheren Zahl an Erwerbstätigen übertraf den Effekt der niedrigeren individuellen Arbeitszeit. Dabei hängen die gegenläufigen Entwicklungen - mehr Erwerbstätige, weniger Stunden pro Kopf - zum Teil miteinander zusammenhängen, wie Professor Enzo Weber vom IAB erläutert. Mehr Teilzeit - auch bei Männern Da ist zum Beispiel die Tendenz, dass mehr Frauen im Erwerbsleben aktiv sind. Da Frauen aber nach wie vor höhere Teilzeitquoten als Männer haben, sinke unterm Strich die durchschnittliche Arbeitszeit pro Kopf, sagt Weber im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Unterm Strich ergäben sich aber trotzdem zusätzliche Arbeitsstunden, "denn früher waren die Frauen ja gar nicht auf dem Arbeitsmarkt". Allerdings gibt es eine zweite Entwicklung, die die Zahl der Arbeitsstunden mehr und mehr beeinflusst: Das zunehmende Interesse von Männern an Teilzeit. Vor Corona habe sich das kaum in der effektiven Arbeitszeit niedergeschlagen, erläutert der Ökonom Weber. Inzwischen aber würden mehr und mehr Männer den Wunsch nach Teilzeit realisieren - auch wegen des Wunsches, Familien- und Erwerbsarbeit in der Partnerschaft besser zu verteilen. Insgesamt lagt die Teilzeitquote 2023 über alle Beschäftigten gerechnet bei 39 Prozent. Das deutet schon an: Arbeitszeitwünsche werden differenzierter. Es gehe also nicht um die viel diskutierte Vier-Tage-Woche für alle, betont der IAB-Forscher, sondern um mehr Flexibilität: Um Arbeitswochen, die an persönliche Situationen angepasst werden und sich auch im Lebensverlauf ändern können. Wobei klar sein müsse, dass eine geringere Arbeitszeit Folgen für das Einkommen hat: "Wer mehr arbeitet, wird mehr verdienen, wer weniger arbeitet, wird weniger verdienen." Ganz ähnlich sieht das Professor Clemens Fuest, der Präsident des Münchner Ifo-Instituts. Grundsätzlich sei nichts dagegen einzuwenden, wenn Menschen aus persönlichen Vorlieben weniger arbeiten und damit im Gegenzug auf Einkommen und Konsum verzichten. Zugleich weist Fuest auf ein Problem für die Volkswirtschaft im Gesamten hin: Wenn Menschen weniger arbeiten und weniger verdienen, wirkt sich das auch auf Steuern und Abgaben aus. Insbesondere auf die Sozialversicherungen, die von den Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert werden. Weniger Arbeit - mehr Produktivität? Auch IAB-Forscher Enzo Weber nimmt die volkswirtschaftliche Dimension in den Blick: "Eine Volkswirtschaft, die weniger arbeitet, wird auch weniger Wertschöpfung erreichen." Zugleich seien Menschen, die ihre Arbeitszeit nach den eigenen Präferenzen wählen können, besonders produktiv - was der Volkswirtschaft wiederum zugute komme. Voraussetzung dafür sind gute Rahmenbedingungen von Seiten der Politik. Vertreter der Wirtschaft und von CDU/CSU und FDP fordern finanzielle Anreize für Menschen, die mehr arbeiten wollen. "Arbeit, Leistung und Fleiß müssen sich in unserem Land mehr lohnen", sagt zum Beispiel Stephan Stracke, Vorsitzender der AG Arbeit und Soziales der Unions-Fraktion im Bundestag. Zum einen sollten die Arbeitsanreize für diejenigen verbessert werden, die Sozialleistungen beziehen. Erst kürzlich hat eine Studie im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums ergeben, dass ein höherer Verdienst in manchen Fällen durch den Verlust staatlicher Unterstützung vollständig aufgefressen wird. Zum zweiten, so der CSU-Politiker Stracke, sollten Überstunden steuerlich begünstigt werden. Fachkräftemangel als Wachstumsbremse Bei den Überstunden geht Arbeitsminister Heil nicht mit. Er verweist im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio darauf, dass rund die Hälfte der Überstunden gar nicht bezahlt werde: "Überstunden ordentlich bezahlen - das ist ein Beitrag zur Leistungsgerechtigkeit." Um Menschen Mehrarbeit zu ermöglichen, setzt der SPD-Politiker Heil vor allem auf bessere Rahmenbedingungen bei der Kinderbetreuung. Hier liege der Hauptgrund in "unfreiwilliger Teilzeit, vor allem von Frauen". Egal, welches Konzept verfolgt wird - die Frage der Arbeitszeiten dürfte zunehmend zum Thema der politischen Auseinandersetzung werden. Gilt doch der Arbeitskräftemangel als eine wesentliche Wachstumsbremse und strukturelles Problem der deutschen Wirtschaft.
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2024-05-01
tagesschau vor 20 Jahren
Zeitgeschichte
tagesschau vor 20 Jahren: Wie sah die Welt vor 20 Jahren aus? Alle 20-Uhr-Sendungen der tagesschau seit 1989 im Nachrichtenrückblick.
tagesschau vor 20 Jahren: Wie sah die Welt vor 20 Jahren aus? Alle 20-Uhr-Sendungen der tagesschau seit 1989 im Nachrichtenrückblick. Wie sah die Welt vor 20 Jahren aus? Welche Themen bestimmten die politische Debatte? Wie wurden die Probleme bewertet? Wer war damals wichtig? Die tagesschau bietet einen wertvollen Einblick in die jüngere Zeitgeschichte. Die tagesschau vor 20 Jahren dokumentiert alle 20-Uhr-Ausgaben Tag für Tag im Nachrichtenrückblick. Tagesschau-Ausgaben im Mai 2004 Die Jahre 1989-2004
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2024-05-01
Wie Gewerkschaften um junge Menschen werben
Mitglieder-Gewinnung
Die "Generation Z" der unter 30-Jährigen will weniger arbeiten und gute Löhne. Eigentlich gute Vorzeichen für Gewerkschaften. Die werben offensiv um junge Menschen - und stehen vor vielen Fragezeichen. Von E. Atif, M. Böff und A. Leimbach.
Die "Generation Z" der unter 30-Jährigen will weniger arbeiten und gute Löhne. Eigentlich gute Vorzeichen für Gewerkschaften. Die werben offensiv um junge Menschen - und stehen vor vielen Fragezeichen. Von Emal Atif, Melanie Böff, Alina Leimbach, ARD-Finanzredaktion Eine ungewöhnliche Pause in der Heinrich-Kleyer-Berufsschule in Frankfurt: Pünktlich um 9 Uhr stehen vor dem Pausenhof zwei junge Gewerkschafts-Aktivistinnen und verteilen energisch Flyer. Mit dem Ruf nach "Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit" versuchen sie, die Auszubildenden für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zu gewinnen. Am 1. Mai könnten sie gleich mit ihnen gemeinsam auf die Straße gehen und für bessere Arbeitsbedingungen demonstrieren. "Man hört ja oft von Gewerkschaften, aber ich glaube nicht wirklich, dass sie meine Arbeitsbedingungen verbessern können", sagt ein Auszubildender während der Verteilaktion. Eine junge Frau sagt: "Ich finde solche Aktionen schon gut, weil man in der Schule zwar mal die Basics über Gewerkschaften hört, aber ich so merke, wie mir konkret geholfen werden kann." Für die DGB-Jugendvertreterin Meike Reicharts ist es unerlässlich, aktiv auf junge Leute zuzugehen. "Wir wollen ihnen zeigen, dass sie nicht allein sind, sondern, dass wir gemeinsam für ihre Rechte kämpfen können", sagt die DGB-Jugendvertreterin Meike Reichartz gegenüber tagesschau.de. "Viele wissen nicht, dass sie bei einer Mitgliedschaft nicht nur Teil einer Organisation werden, sondern auch direkt Einfluss auf ihre Arbeitsbedingungen nehmen können." Mitgliederzuwachs bei Gewerkschaften Der DGB umfasst knapp sechs Millionen Gewerkschaftsmitglieder. Diese verteilen sich auf acht Gewerkschaften, die alle Branchen und Wirtschaftsbereiche in Deutschland abdecken. Bei vielen Gewerkschaften steigen die Mitgliederzahlen. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat nach eigenen Angaben "das bislang erfolgreichste Jahr" seit ihrer Gründung 2001 hinter sich. Rund 190.000 neue Mitglieder seien 2023 geworben worden, sagte ver.di-Sprecher Jan Jurczyk tagesschau.de. Die Zahl der Mitglieder stieg auf knapp 1,9 Millionen. Ver.di ist damit hinter der IG Metall die zweitgrößte Gewerkschaft in Deutschland. Letztere verzeichnet nach Angaben eines Sprechers bei den Neuaufnahmen so viel Zulauf wie seit langem nicht mehr. Im vergangenen Jahr gab es rund 129.000 Eintritte. "Die Tarifabschlüsse sind zumeist besser, auch die Rekrutierung verläuft erfolgreicher, weil die Leute selbstbewusster geworden sind", so Jurczyk. Nach Einschätzung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln ist die Strategie speziell der Dienstleistungsgewerkschaft "das Organisieren am Konflikt. Durch harte Tarifauseinandersetzungen sollen Mitglieder gewonnen werden." Demografischer Wandel als Herausforderung Allerdings verlassen gleichzeitig viele Mitglieder die Gewerkschaften - rund 150.000 Menschen waren es bei ver.di im vergangenen Jahr. Wie bei anderen Institutionen macht sich auch hier der demografische Wandel bemerkbar. Vielen Menschen sind in den 1970er- oder 1980er-Jahren eingetreten, waren fast ihr ganzes Arbeitsleben in der Gewerkschaft organisiert und gehen nun bald in Rente. So stellt sich die Frage: Wie viele junge Menschen rücken nach, wenn die sogenannte "Babyboomer"-Generation in Rente geht und damit dann auch ihre Gewerkschafts-Mitgliedschaft kündigt. Mitglieder kommen und gehen schneller Die Art der Mitgliedschaft habe sich bereits verändert, so ver.di-Sprecher Jurczyk. Früher blieben Mitglieder oft jahrzehntelang, während heute viele nur für ein oder zwei Jahre einträten, um spezifische Probleme zu lösen, etwa die Gründung eines Betriebsrates. Dann träten manche wieder aus. Jurczyk fasst das so zusammen: "Die Leute kommen leichter rein, sie treten aber auch leichter wieder aus." Trotz Vorurteilen in der Gesellschaft über die Arbeitsmoral der "Generation Z" beobachteten Gewerkschaften wie ver.di aber keine Abnahme des Engagements bei jungen Menschen, im Gegenteil: "Die sind wach, aufmerksam, streitbar und fleißig." Ver.di sei überzeugt, dass der Fachkräftemangel, die Tendenz zu mehr Engagement, aber auch die Inflation und steigende Mieten Menschen auch in Zukunft motivierten, in Gewerkschaften einzutreten. Viele hätten weniger Angst vor einem möglichen Arbeitsplatzverlust, sie seien weniger abgeschreckt und engagierten sich somit mehr. Stärkerer Fokus auf junge Menschen Ob der Mitgliederzuwachs bei ver.di zu einem langfristigen Trend wird, bleibt aber ungewiss. Auch bei der IG Metall weiß man: "Der Fachkräftemangel stärkt grundsätzlich die Position der Beschäftigten, ist für Gewerkschaften aber kein Selbstläufer", so ein Sprecher. Es gehe weiterhin darum, die Menschen in den Betrieben systematisch anzusprechen und sie von einer Mitgliedschaft zu überzeugen. Dabei wird von vielen Gewerkschaften versucht, verstärkt jüngere Menschen anzusprechen, sei es über Social Media und Flyer oder an Berufsschulen, Pflegeschulen oder Universitäten. Allein ver.di konnte im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben etwa 50.000 neue Mitglieder zwischen 18 und 29 Jahren gewinnen. Dabei gibt es unterschiedliche Strategien. Die Chemiegewerkschaft IG BCE beispielsweise stehe "für kooperative Verhandlungen", urteilt das IW Köln. Sie versuche durch sogenannte Bonusregelungen für Gewerkschaftsmitglieder neue Mitglieder gewinnen. "Das ist schwierig, weil die Arbeitgeber dem oft skeptisch gegenüberstehen." Tarifbindung ist gesunken Um für die Zukunft gerüstet zu sein, müssten Gewerkschaften eng mit Betriebsräten vernetzt sein und darüber einen Zugang zum Betrieb bekommen, heißt es vom IW Köln. Allerdings zeige sich auch, dass es zum Teil gar keinen Bedarf für Gewerkschaften gebe. "In vielen Betrieben ist das Betriebsklima gut, die Arbeitsbedingungen werden als fair empfunden und innerbetriebliche Konflikte werden einvernehmlich zwischen Geschäftsleitungen und Belegschaften gelöst." Für wenig zielführend halte man beim IW Köln die Bestrebungen der Gewerkschaften, staatliche Unterstützung bei der Stärkung der Tarifbindung einzufordern. "Mehr allgemeinverbindliche Tarifverträge vermindern eher den Anreiz, Gewerkschaftsmitglied zu werden, anstatt ihn zu erhöhen." Hintergrund sind Forderungen, dass die Politik per Gesetz eine größere Verbindlichkeit von Tarifverträgen schafft - auch um die noch bestehenden Lohnunterschiede zwischen Ost und West zu verringern. "Tatsächlich ist die Tarifbindung aber nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch in Westdeutschland verhältnismäßig gering", schreibt das Münchner ifo-Institut dazu. Wolle man die Tarifbindung erhöhen, müsse man vor allem die Anreize erhöhen, beispielsweise durch stärkere Berücksichtigung von Unterschieden in der Leistungsfähigkeit ostdeutscher Betriebe in den Tarifverträgen, so das ifo. Die beiden DGB-Gewerkschafterinnen in Frankfurt zeigen sich nach ihrer halbstündigen Verteilaktion zufrieden. Die meisten hätten die Flyer angenommen, es hätten sich auch interessante Gespräche ergeben. "Je früher junge Menschen wissen, welche Rechte sie haben und wie sie sich für diese einsetzen können, desto besser sind sie in der Lage, sich auf der Arbeit zu behaupten, ohne sich vom Chef einschüchtern zu lassen oder alles hinzunehmen", sagt eine Jugendvertreterin des Gewerkschaftsbunds. Zumindest zum Nachdenken haben sie einige der Schüler gebracht: "Es hat mir nochmal bewusst gemacht, dass man mehr Macht hat, wenn man sich organisiert und zusammentut für eine Sache", sagte einer. Wenn es um ganz bestimmte Anliegen bei der Arbeit gehe, könne er sich den Eintritt in eine Gewerkschaft vorstellen. "Wenn ich mich aber grundlegend unzufrieden fühle, wäre mein erster Gedanke, den Job zu wechseln."
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2024-05-01
Wie das soziale Europa Gestalt annimmt
Gewerkschaften
Am 1. Mai machen in mehreren deutschen Städten Gewerkschaften für gute Arbeitsbedingungen mobil. Auch in Europa haben sie einiges erreicht - gegen Widerstände. Von Jakob Mayr.
Am 1. Mai machen in mehreren deutschen Städten Gewerkschaften für gute Arbeitsbedingungen mobil. Auch in Europa haben sie einiges erreicht - gegen Widerstände. Von Jakob Mayr Das "soziale Europa" war lange vor allem eine wohlklingende Floskel in Sonntagsreden. Denn Brüssel hat in der Sozialpolitik wenig zu melden, dafür sind weitgehend die Mitgliedsstaaten zuständig. Aber die EU bewegt sich doch, und das überrascht manchmal sogar Fachleute - etwa Tania Bergrath, die das Büro des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Brüssel leitet. Nach ihren Worten hätte vor wenigen Jahren niemand gedacht, dass die europäische Mindestlohnrichtlinie in dieser Legislaturperiode ein Erfolg wird. Im Herbst 2022 wurde sie beschlossen. Die Regelung kann zwar Mitgliedsstaaten nicht verpflichten, einen Mindestlohn einzuführen. Aber EU-Länder, die wie Deutschland schon einen haben, müssen dafür einen Rahmen schaffen und Mindestlöhne regelmäßig anpassen. Die Regierungen sollen Pläne aufstellen, um die Tarifbindung der Beschäftigten auf 80 Prozent zu steigern. "Keine ökonomische Abrissbirne" Löhne auszuhandeln ist und bleibt Sache der Tarifparteien vor Ort. Aber mehr Unternehmen in Tarifbindung bringen - das könne man von Europa aus anschieben, erklärt DGB-Vertreterin Bergrath. In der Mindestlohndebatte hat sie Erfahrungen mit dem deutschen Modell in Brüssel eingespeist: "Wir haben in Deutschland gesehen, dass das eben keine ökonomische Abrissbirne ist, die etwas zum Einsturz bringt, sondern dass es ganz im Gegenteil Beschäftigungsverhältnisse stärkt, dass das immer nur eine Reißleine nach unten sein kann. Wir konnten da mit nationalen Beispielen die Diskussion in Brüssel bereichern." Das hat der DGB auch in der Debatte über das Lieferkettengesetz getan, für das es wie für die Mindestlohnregelung schon ein deutsches Vorbild gab. Vergangene Woche hat das EU-Parlament die Lieferketten-Richtlinie beschlossen. Demnach müssen Unternehmen nachweisen, dass sie nicht von Ausbeutung wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren. Kurzarbeitergeld nach deutschem Vorbild Die EU-Abgeordneten haben außerdem das Gesetz für mehr Rechte von Plattformarbeitern gebilligt. Beschäftigte von Uber, Lieferando, Deliveroo und Co. sollen wie normale Angestellte behandelt werden. Das soziale Europa nimmt Konturen an - und zwar seit Jahren. Auch hier scheint zu gelten, dass sich Europa vor allem in Krisen weiterentwickelt. Jedenfalls werten Experten die sozialen Errungenschaften als Reaktion auf wirtschaftliche Flauten und die Corona-Pandemie. Um deren Folgen für die Beschäftigten abzumildern, hat die EU das Kurzarbeitergeld SURE eingeführt - nach deutschem Vorbild. Die größte Transformation steht Europa noch bevor - hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft. In Brüssel kümmert sich Dirk Bergrath von der Europa-Vertretung der IG Metall darum, dass dabei die Beschäftigten mitgenommen werden: "Dabei geht es einerseits um die industriepolitische Zukunft in Europa und andererseits konkret um Auswirkungen der CO2-Grenzwerte für Pkw auf die Arbeitsplätze." Dachverband verhandelt Die IG Metall setzt sich dafür ein, dass Betriebsrätinnen und -räte gehört werden, wenn die EU-Kommission über Fusionen von Unternehmen entscheidet - oder dafür, dass das EU-Beihilferecht der Förderung von Firmen nicht entgegensteht. Dabei verhandeln deutsche Gewerkschaften nicht direkt mit Kommission und EU-Parlament. Das macht in ihrem Namen der Gewerkschaftsdachverband ETUC. Er muss die Interessen der sehr unterschiedlich organisierten Gewerkschaften aus den 27 Mitgliedsstaaten bündeln. Beim 50-jährigen Jubiläum vor einem Jahr würdigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Rolle von ETUC für die soziale Marktwirtschaft: "In manchen Teilen der Welt dient die Wirtschaft allein der Gewinnmaximierung - reiner Kapitalismus. Hier in Europa dagegen müssen auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genau wie die Gesellschaft als Ganzes profitieren können. Es herrscht ein klares Einverständnis bei uns. Es ist völlig in Ordnung, Gewinne zu erzielen, aber alle müssen ihren Anteil bekommen." Enger Kontakt zu EU-Abgeordneten Abgeordnete der pro-europäischen Fraktionen im EU-Parlament teilen diese Überzeugung - der Kontakt zu den Gewerkschaften ist eng. Der Christdemokrat Dennis Radtke sitzt im Sozialausschuss des Parlaments. Nach seinen Worten nehmen die Gewerkschaften in Brüssel aktiv Einfluss und konnten so in der ablaufenden Legislaturperiode einiges durchsetzen. Nach Ansicht des SPD-Europaabgeordneten René Repasi werden die Herausforderungen nicht kleiner: "Wir haben jetzt wegen der Inflation bessere Lohnabschlüsse bekommen. Das wird sich drehen, und dann müssen Gewerkschaften besonders stark sein, um Tariflöhne weiter durchzusetzen. Und dann müssen wir von europäischer Ebene auch kommen, um Tarifverträge zu schützen." Es bleibt also auch in der nächsten Legislaturperiode genug zu tun für Politik und Gewerkschaften in den Mitgliedsstaaten und auf europäischer Ebene. Gerade der Einsatz für ein soziales Europa bringe die EU den Menschen näher, meint Tania Bergrath vom DGB in Brüssel: "Ich glaube, das wird vermittelbarer und anschaulicher, wenn man konkrete Beispiele aus der Arbeitswelt aufzeigen kann, die mit der der Lebensrealität von Menschen zu tun haben."
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2024-05-01
Eine Fahrkarte für elf Millionen
Ein Jahr Deutschlandticket
Vom beliebtesten Projekt der Ampel ist oft die Rede, dabei hat das Deutschlandticket in seiner einjährigen Geschichte auch für viel Ärger gesorgt - vor allem zwischen Bund und Ländern. Oliver Sallet und Birthe Sönnichsen ziehen Bilanz.
Vom beliebtesten Projekt der Ampel ist oft die Rede, dabei hat das Deutschlandticket in seiner einjährigen Geschichte auch für viel Ärger gesorgt - vor allem zwischen Bund und Ländern. Von Oliver Sallet, Birthe Sönnichsen Wenn der Bundesverkehrsminister ein Thema hat, über das er gerne spricht, dann ist es das Deutschlandticket. Schließlich hat es Volker Wissing (FDP) auch erfunden. Ein digitales Ticket, ein einheitlicher Preis von 49 Euro, gültig in Städten und im Regionalverkehr in ganz Deutschland, so die einfache Idee dahinter. Das Deutschlandticket soll dabei helfen, den Tarifdschungel zumindest etwas übersichtlicher zu machen. Zum ersten Geburtstag sagt Wissing im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio, das "modernste ÖPNV-Ticket in ganz Europa" sei nicht mehr wegzudenken. Die Zahlen scheinen das zu bestätigen. Elf Millionen Abonnenten hat das Deutschlandticket, jeder achte Deutsche nutzt es. Etwa jeder Vierte hat das Deutschlandticket im ersten Jahr zumindest mal ausprobiert. Der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Oliver Krischer (Grüne), sieht darin sogar "eine mittelgroße Revolution im Nahverkehr." Und auch Knut Ringat, Vizepräsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), stimmt in die Lobeshymnen mit ein, immerhin habe Deutschland "Fahrgastzahlen von vor Corona. Und das trotz Homeoffice." Kaum Neukunden im ÖPNV Viele Verkehrsunternehmen transportieren mehr Fahrgäste als in den vergangenen Jahren, die Einnahmen sind aber nicht entsprechend gestiegen. Die meisten Kundinnen und Kunden zahlen durch das Deutschlandticket weniger, aber viele neue Kunden hat es bisher nicht überzeugt. Nur acht Prozent der Deutschlandticket-Nutzer waren vorher nicht regelmäßig mit Bus oder Bahn unterwegs. Das reicht weder, um das Ticket dauerhaft wirtschaftlich anbieten zu können, noch dafür, die Klimaziele zu erreichen. "Ich brauche wenigstens 20 Prozent mehr Neukunden, um wirtschaftlichen Erfolg zu haben", rechnet Ringat vom VDV vor. Um die Klimaziele zu erreichen, seien sogar 30 Prozent Neukunden nötig. Die Verkehrsunternehmen wollen deshalb mehr Deutschlandtickets vor allem als Job-Ticket verkaufen. "Diesen Anteil wollen und werden und müssen wir steigern." Fachleute glauben, dass allein bis zu 15 Millionen Jobtickets verkauft werden könnten. Das liegt auch daran, dass der Preis für Kundinnen und Kunden auf unter 35 Euro sinkt - weil Zuschüsse vom Staat und den Arbeitgebern hinzukommen. Langfristige Finanzierung unklar Bisher würden einige Unternehmen zögern, diese Jobtickets anzubieten, weil nicht klar sei, ob es das Deutschlandticket dauerhaft geben wird. Denn so alt wie das Deutschlandticket ist auch die Debatte um seine Finanzierung, die je zur Hälfte vom Bund und von den Ländern geschultert wird. Im Januar einigten sich beide Seiten auf den Fortbestand des Angebots für 49 Euro im Monat - vorerst. Verkehrsminister Wissing zeigt sich überzeugt, dass das Deutschlandticket bleiben werde. "Wir müssen den Unternehmen klar sagen: Ich könnte das Jobticket in Form des Deutschlandtickets einführen", sagt Wissing. Niemand stelle das mehr in Frage. Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD, Isabel Cademartori, warnt hingegen, dass "die Diskussion über den Preis und die Zukunft des Deutschlandtickets" seine Akzeptanz gefährden würden und fordert "langfristige und stabile Finanzierungsstrukturen" von Bund und Ländern. Ingo Wortmann, Präsident des Verbandes der Verkehrsunternehmen, fordert mehr Geld vom Bund. Das Geld reiche noch nicht mal, um das aktuelle Angebot aufrechtzuerhalten, erst recht nicht dafür, den Nahverkehr auszubauen. "Wir wollen dringend vermeiden, dass wir ein tolles neues Ticket haben, aber gleichzeitig weniger Busse und Bahnen fahren." Das drohe aber aktuell, warnt Wortmann. Berlin schlägt mit dem 29-Euro-Ticket eigenen Weg ein Dass mitten in die Debatte um eine langfristige Finanzierung nun das Berliner 29-Euro-Ticket fällt, mit dem die Hauptstadt ab 1. Juli einen eigenen Weg einschlägt, hält Verkehrsminister Wissing für kontraproduktiv. Wissing sieht ein "Glaubwürdigkeitsproblem", wenn der Berliner Senat mehr Geld für das Deutschlandticket fordert, gleichzeitig aber ein noch günstigeres Regionalticket auf den Markt bringt. Jedes zweite Deutschlandticket ist inzwischen digital. Eine zentrale digitale Vertriebsplattform gibt es jedoch noch nicht. Die Verkehrsunternehmen könnten Millionen sparen, etwa indem sie sich zusammentun und das Ticket über eine gemeinsame digitale Plattform verkaufen. Bundesverkehrsminister Wissing fordert auch von Unternehmen Veränderungen. Es könne nicht richtig sein, einfach alles so zu lassen, wie es immer war. "Wir haben mehr als 60 Verkehrsverbünde. Die brauchen wir nicht wirklich. Hier kann man Effizienzreserven heben. Das hilft dann auch Mittel für den Ausbau freizumachen." Das Deutschlandticket als Digitalisierungsprojekt Geld, das auch dabei helfen könnte, den Preis für das Ticket stabil zu halten. Wie lange der noch bei 49 Euro liegen wird, das wollte zum ersten Geburtstag keiner so genau vorhersagen. Wissing setzt lieber auf andere Vorhersagen. Für ihn war das Deutschlandticket von Beginn an ein Digitalisierungsprojekt. Er will, dass die Länder und die Verkehrsunternehmen in Zukunft digitale Daten erfassen, um den ÖPNV besser planen und steuern zu können. Dafür müsse im Hintergrund noch viel passieren. "Je schneller sie dabei vorankommen, umso wahrscheinlicher ist es, dass der zweite Geburtstag des Deutschland-Tickets genauso gefeiert wird, wie der erste", glaubt der Bundesverkehrsminister.
/inland/innenpolitik/deutschlandticket-jahresbilanz-100.html
2024-05-01
Der Traum vom "Sonnenaufgang" in Russland
Oppositionelle Dunzowa
Jekaterina Dunzowa tritt gemäßigt auf und will doch Russland umkrempeln. Bei der Präsidentschaftswahl durfte sie nicht kandidieren. Nun gründet sie eine neue Partei - wenn es ihr denn gelingt. Von Frank Aischmann.
Jekaterina Dunzowa tritt gemäßigt auf und will doch Russland umkrempeln. Bei der Präsidentschaftswahl durfte sie nicht kandidieren. Nun gründet sie eine neue Partei - wenn es ihr denn gelingt. Von Frank Aischmann Eine neue Partei wird heute gegründet - aber die Medien in Russland schweigen über das Projekt namens "Rasswet", Sonnenaufgang. Und auch die Parteigründerin Jekaterina Dunzowa kommt praktisch nicht mehr in den Zeitungen oder im staatlichen Fernsehen vor, seit sie im vergangenen Dezember durch die Zentrale Wahlkommission von der Präsidentschaftswahl ausgeschlossen wurde. Die eingereichten Unterlagen seien fehlerhaft, so die offizielle Begründung. Ende einer Kandidatur nach nur einem Monat. Denn, so glaubt Dunzowa: Ein Oppositions-Kandidat darf nicht sein wie ich. Sondern muss ein Freak sein, über den man sagt: 'Schaut euch den an, eine seltsame Person.' Wenn der Oppositionskandidat ganz normal ist, könnten die Bürger ja denken: 'Wow! Wir haben doch noch eine Opposition, und die ist ziemlich in Ordnung.' Vorsichtig in Wortwahl und Auftreten Gerade dieses ganz Normale, eher Zurückhaltende fällt auf bei der 41-jährigen Journalistin und Juristin, die politisch unauffällig einige Jahre Kommunalpolitik im Gebiet Twer betrieb, bis sie Ende November als völlig Unbekannte auf nationaler Ebene ankündigte, Präsident Wladimir Putin bei der Wahl im März beerben zu wollen. Überschrift ihrer Wahlkampagne: "Geben wir dem Land die Zukunft zurück!" Vorsichtig in der Wortwahl - um gegen keines der verschärften Zensur-Gesetze zu verstoßen, versprach sie ein Ende des Krieges gegen die Ukraine - oder, offiziell: der Militärischen Spezialoperation. Niemand erkläre den Russen deren Hintergründe, sagt Dunzowa: "Eine Entnazifizierung der Ukraine - was soll das tatsächlich bedeuten? Vielen ist das nicht klar, aber sie sind gefangen in der Propaganda der landesweiten Fernsehkanäle, die von morgens bis abends über Feinde berichten, die überall sind und bekämpft werden müssen." Politischer Druck auf Schritt und Tritt Das Aus für die Präsidentschaftsbewerbung bedeutete keinen Rückzug Dunzowas - ganz im Gegenteil verfolgte sie mit ihren Unterstützern zielstrebig die Gründung einer neuen Partei. Noch im Januar legte das Organisationskomitee von "Sonnenaufgang" los, Dunzowa berichtete äußerst ausführlich via Social Media über jeden Schritt. Sie tourte durch die russischen Regionen, denn in der Hälfte muss es Treffen gegeben haben, bevor der Gründungsparteitag der landesweiten Partei stattfinden kann. Den sollte es dann Anfang März geben, formal rechtzeitig angemeldet. Aber nur zehn Tage vor dem Termin kündigte das Moskauer Hotel überraschend die Saalmiete - leider, leider, eine Havarie, hieß es. Politischen Druck erlebte Dunzowa auch bei ihren Reisen durch das Land immer wieder: Mal wurde sie von den Behörden befragt, mal ein Raum mit Unterstützern von der Polizei geräumt. Denn auf dem Aufgabenzettel der neuen Partei sieht sie Dinge wie die Entlassung aller politischen Gefangenen, die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, den Kampf gegen die weitverbreitete Homophobie, das Ende der sogenannten Militärischen Spezialoperation. Patriotismus-Ansprache auf Instagram Auf Instagram, eigentlich in Russland gesperrt, ging sie auf den neuen russischen Patriotismus ein: Unter Patriotismus wird öfter Treue und Gehorsamkeit zum aktuellen Regime verstanden. Wir hören oft, dass die stärkste Form des Patriotismus die Bereitschaft sei, für unser Land zu sterben. Aber stimmt das wirklich? Oder verlangt man einfach, dass wir die Regierung mit ihrer zweifelhaften Weltanschauung verteidigen? Und andersrum: Die Bürger, die an friedlichen Aktionen teilnehmen und mit den Handlungen des Regimes nicht einverstanden sind, werden immer öfter als Hochverräter gebrandmarkt. Aber warum sind wir Verräter? Ist vielleicht das Gegenteil der Fall? Echte Liebe zur Heimat verlangt, manchmal nicht mit dem Regime und seinen Vertretern einverstanden zu sein. Den Gründungsparteitag von "Rasswet", gleichsam den Sonnenaufgang, werden in Russland nur wirklich Interessierte mitbekommen. Der 1. Mai ist ein Feiertag und die staatlichen Medien werden sich weiter sehr zurückhalten in der Berichterstattung über Dunzowas Projekt. Die Delegierten treffen sich auch nicht in Moskau, sondern in einem kleinen Vorort namens Golitzyno. Erstaunlich ist aber, dass der Gründungsparteitag wohl tatsächlich stattfindet; dass es Jekaterina Dunzowa damit gelungen ist, eine neue Oppositionspartei auf den Weg zu bringen.
/ausland/europa/dunzowa-100.html
2024-05-01
Israel offenbar zu großen Zugeständnissen bereit
Verhandlungen um Geisel-Deal
Israels Regierung gibt der Hamas vor der angekündigten Bodenoffensive in Rafah eine "letzte Chance" für eine Waffenruhe. Berichte nennen nun Einzelheiten zu Israels Zugeständnissen.
Israels Regierung gibt der Hamas vor der angekündigten Bodenoffensive in Rafah eine "letzte Chance" für eine Waffenruhe. Berichte nennen nun Einzelheiten zu Israels Zugeständnissen. Während der in Kairo laufenden Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sind Einzelheiten über einen der islamistischen Hamas vorgelegten Vorschlag für ein Abkommen bekannt geworden. Wie das "Wall Street Journal" unter Berufung auf ägyptische Beamte berichtete, sieht der Vorschlag - an dessen Ausarbeitung Israel beteiligt gewesen sei, dem es aber noch zustimmen müsse - zwei Stufen vor. Die erste Stufe würde demnach die Freilassung von mindestens 20 Geiseln innerhalb von drei Wochen im Austausch gegen eine nicht näher bezeichnete Anzahl palästinensischer Häftlinge beinhalten. Die Dauer könne für jede weitere Geisel um einen Tag verlängert werden, hieß es. Eine zweite Stufe würde einen zehnwöchigen Waffenstillstand umfassen, in dem sich die Hamas und Israel auf eine umfangreichere Freilassung von Geiseln und eine längere Kampfpause einigen würden, die bis zu einem Jahr dauern könnte. Israel: "Letzte Chance" "Israel hat sich mehr als nur flexibel gezeigt, um eine Einigung zu erzielen", zitierte die Zeitung "Times of Israel" einen israelischen Beamten. So habe man die Zahl der in einem ersten Schritt von der Hamas freizulassenden Geiseln gesenkt. Israel sei zudem offen für die Möglichkeit, dass die vor den Kämpfen in den Süden des abgeriegelten Gazastreifens geflüchteten Palästinenser ohne israelische Sicherheitskontrollen in den Norden zurückkehren, hieß es. Eine der Möglichkeiten, die derzeit geprüft werde, sei, dass Ägypten die Sicherheitskontrollen übernehme, berichtete die israelische Zeitung weiter. Die israelische Regierung erwarte am Mittwochabend eine Antwort der Hamas auf das jüngste Angebot, zitierte die Zeitung den israelischen Beamten weiter. Israel sei bereit, in den kommenden Tagen eine Delegation zu den indirekten Verhandlungen nach Kairo zu entsenden, zitierte derweil das "Wall Street Journal' israelische und ägyptische Beamte. Israel sehe den jüngsten Vorschlag als "letzte Chance". Sollte es nicht bald zu einer Einigung mit der Hamas kommen, werde man mit der angekündigten Bodenoffensive in der Stadt Rafah im Süden Gazas beginnen, zitierten israelische Medien jüngst ranghohe Beamte.  Die Vorbereitungen für eine Offensive in Rafah würden fortgesetzt, sagte ein Beamter dem "Wall Street Journal". USA drängen Hamas zur Annahme des Vorschlags "Zeit ist von entscheidender Bedeutung, ich kann hier aber keine Frist setzen", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby. Die Israelis hätten "in guter Absicht" verhandelt. Die Hamas sollte den Vorschlag annehmen. Die radikale Islamistenorganisation besteht auf ein Ende des Krieges, was Israel jedoch ablehnt. Beide Seiten verhandeln nicht direkt, sondern über die Vermittler Ägypten, Katar und USA.
/ausland/israel-hamas-deal-details-verhandlungen-100.html
2024-05-01
US-Uni droht Studenten mit Rausschmiss
Gaza-Proteste eskalieren
Polizeieinsätze, Festnahmen und Blockaden: An US-Universitäten spitzt sich die Lage um propalästinensische Proteste zu. Studenten, die in New York ein Uni-Gebäude besetzt haben, droht nun die Exmatrikulation. Von Antje Passenheim.
Polizeieinsätze, Festnahmen und Blockaden: An US-Universitäten spitzt sich die Lage um propalästinensische Proteste zu. Studenten, die in New York ein Uni-Gebäude besetzt haben, droht nun die Exmatrikulation. Von Antje Passenheim Hausbesetzung für ein freies Palästina. Für ein Ende des Gaza-Kriegs. Dutzende Studierende der Columbia Universität nehmen ein Gebäude auf dem Campus ein. Teils vermummte Demonstranten schlagen Fenster ein, verbarrikadierten Eingänge, entrollen eine palästinensische Flagge. Die Hamilton Hall ist das Gebäude, dass in den 1960er Jahren aus Protest gegen den Vietnam-Krieg besetzt worden war. Trotz aller Drohungen, das Protestcamp zu räumen - sie harren seit über einer Woche aus. Gabriela war von Anfang an dabei. Die Studentin nennt eine ihrer Hauptforderungen an die Elite-Universität: "Es gibt viele Institutionen, die Geschäfte mit dem Apartheidsstaat Israel machen. Wir drängen sie, diese Beziehungen mit Israel zu kappen." Besetzern droht Exmatrikulation Die rund 14 Milliarden Dollar schwere Stiftung der Columbia Universität wird von einer eigenen Investment-Firma verwaltet. Das Geld fließt unter anderem in Unternehmen, die mit Israel kooperieren - auch in der Waffen- und Tech-Industrie. Die Universität hat abgelehnt, diese Beziehungen zu kappen. Doch sagte Universitätspräsidentin Minouche Shafik zumindest zu, Investitionen in mutmaßlich kriegsrelevante Firmen zu überprüfen. Den Studierenden droht wegen der Haus-Besetzung nun die Exmatrikulation, erklärte Universitätssprecher Ben Chang. "Sie haben keinen Zugang mehr zu Lehr- oder Freizeiteinrichtungen. Sie können ihre Abschlüsse auch nicht mehr machen." Es sei bedauerlich, dass sich die Demonstranten für eine derartige Eskalation entschieden hätten. Chang stellte klar, die Maßnahme sei keine Beschneidung von Meinungsfreiheit: "Es geht hier um die Aktionen der Protestler - und nicht den Grund ihrer Proteste." Vorwurf des Vandalismus und Störung des Uni-Betriebs Den Besetzern sei die Möglichkeit gegeben worden, das Gebäude friedlich zu verlassen. Doch das hätten sie abgelehnt. Neben dem Vandalismus würden ein paar Dutzend Protestierende den Unibetrieb für 37.000 Studierende stören - davon viele kurz vor ihrem Examen. Einige jüdische Studierende hatten von antisemitischen Angriffen berichtet. Sie fühlten sich bedroht. Studentin Gabriela ist skeptisch. Bei den Protesten seien viele jüdische Kommilitonen dabei, sagt sie. "Es ist eine Schande, dass die Uni uns als gewaltbereit darstellt. Das hier ist eine Mischung aus allen Studierenden." Auch Carry empfindet das so. Die Jüdin, die selbst lange in Israel lebte, hat vor 20 Jahren ihren Abschluss an dieser Uni gemacht. Das dort nun junge Menschen verhaftet würden oder der Uni verwiesen, weil sie ihre Meinung äußerten, das treffe sie: "Ich habe hier nichts Antisemitisches erlebt. Und als Frau mit tiefen jüdischen Wurzeln bin ich wohl glaubwürdig. Seit Tagen erlebe ich diese Demonstranten völlig friedlich. Ich spreche mit jungen Menschen, die so sind, wie ich es früher hier war." Sorge vor "unverhältnismäßigen" Maßnahmen Die New Yorker Polizei spricht von einem Sicherheitsrisiko. Doch ohne die Anfrage der Uni darf sie auf dem Privatgelände nicht einschreiten. Vor knapp zwei Wochen hatte ein Einsatz des NYPD die Proteste erst angefacht. Seitdem ziehen sie sich über Hochschulen in den ganzen USA. Rund 1000 Studierende und Hochschulpersonal wurden seitdem - zumindest vorübergehend - festgenommen. Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Volker Türk zeigte sich "besorgt". Einige Strafverfolgungsmaßnahmen würden "in ihrer Wirkung unverhältnismäßig erscheinen". Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres mahnte: "Es ist wichtig, die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit zu garantieren. Zugleich ist Hasssprache inakzeptabel."
/ausland/amerika/us-uni-proteste-gaza-rauswurf-studenten-100.html
2024-05-01
Polen will mehr
20 Jahre EU-Osterweiterung
Polen ist zurück auf der europäischen Bühne, erklärt Premierminister Tusk. In den Reden zum Jahrestag des EU-Beitritts wird aber deutlich, dass das Land nicht nur wieder mit dabei sein, sondern die EU verändern will. Von Martin Adam.
Polen ist zurück auf der europäischen Bühne, erklärt Premierminister Tusk. In den Reden zum Jahrestag des EU-Beitritts wird aber deutlich, dass das Land nicht nur wieder mit dabei sein, sondern die EU verändern will. Von Martin Adam Aleksander Kwaśniewski ist wieder ein gefragter Mann. 20 Jahre nachdem Polen mit ihm als Staatspräsident EU-Mitglied wurde, wird Kwaśniewski regelmäßig um ein Fazit gebeten. Die Aufnahme sei nicht selbstverständlich gewesen, sagte er vor wenigen Tagen, schließlich habe man weiter westlich nicht unbedingt auf Polen gewartet. Aber sie sei doch eine von drei wichtigen Voraussetzungen für ein modernes Polen nach 1989 gewesen. Für die Demokratie habe es eine neue Verfassung gebraucht, für die Sicherheit die NATO, "und um uns eine Chance auf Entwicklung und Erfolg zu geben, brauchten wir die Europäische Union. Und so ist es gekommen." Das Land hat seine Wirtschaftsleistung seit dem Beitritt verdoppelt, internationale Unternehmen investieren und Polinnen und Polen leben und arbeiten in ganz Europa. Die Zustimmungswerte zur EU-Mitgliedschaft sind konstant hoch, auch wenn sie zuletzt wegen der Bauernproteste gegen den sogenannten "Green Deal" auf 77 Prozent abgesunken sind. Ein Polexit nach dem britischen Vorbild steht aber nicht zur Debatte. Polen will führende Kraft sein Polen sei Europa geworden, sagt Premierminister Donald Tusk: "Ich spreche von grundlegenden Werten, von Freiheit, Würde und Rechtsstaatlichkeit - das ist Europa und Polen ist zum Herzen Europas geworden." Seine Generation habe nur davon träumen können, nach Westen zu reisen. Heute sei der Westen in Polen. Klingt nach Finale, sagt er, aber das sei es nicht. Denn um dieses Europa müsse man sich kümmern. Und seit die nationalkonservative PiS nach acht Jahren Dauerstreit mit der EU im Oktober abgewählt wurde, wiederholt Tusk regelmäßig: Polen sei zurück auf der europäischen Bühne. Dass Polen heute aber mehr will als vor 20 Jahren - nicht mehr nur mit am Tisch sitzen, sondern mitbestimmen - das machte der polnische Außenminister Radosław Sikorski wenige Tage vor dem Jubiläum bei einer Grundsatzrede im Parlament, dem Sejm klar. Die EU müsse ein "geopolitisch den anderen internationalen Großmächten ebenbürtiger Akteur" werden. Und: "Polen und die Polen" hätten verdient, dabei eine führende Rolle zu spielen. Der EU neue Regeln geben Seit dem Regierungswechsel hat Warschau das Weimarer Dreieck, ein Gesprächsformat mit Deutschland und Frankreich, wiederbelebt. Es fordert vor allem mit Blick auf den russischen Krieg im Nachbarland Ukraine eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik und Aufrüstung. Aber auch politisch solle sich die EU verändern, fordert Sikorski im Sejm. Niemand dürfe ein Monopol aufs Rechthaben besitzen, vor allem wenn das Bündnis weiter wachsen solle: "Die Aufgabe besteht also darin, ein gerechteres Abstimmungssystem zu schaffen, das sowohl vor als auch nach der Erweiterung allen Ländern Einfluss auf die Handlungen der Union gibt." Polen sei zu Zeiten des Vertrags von Nizza der Union beigetreten. Der Folgevertrag von Lissabon hatte Abstimmungen zu Gunsten der größeren Länder wie Deutschland und Frankreich verschoben - gegen polnischen Protest. Vielleicht, das deutet Sikorski zumindest an, brauche die EU jetzt also einen neuen Vertrag, der das Stimmgewicht anders verteilt, aber die EU durch weniger Zwang zur Einstimmigkeit auch handlungsfähiger macht. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar dafür ausgesprochen, einen EU-Kommissar für Verteidigung einzusetzen. Sikorski werden Ambitionen auf den Posten nachgesagt. Ex-Präsident Kwaśniewski sagt dazu, Polen dürfe jedenfalls nicht mehr nur von der Seite zuschauen und meckern. Schließlich sei man hier ja nicht in der Muppet Show, wo ein paar Alte von der Loge herab alles schlechtreden können.
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2024-05-01
Als Europa sich an sich selbst begeisterte
20 Jahre EU-Osterweiterung
Die Erweiterung der EU um acht Staaten vor allem im Osten Europas wurde vor 20 Jahren begeistert gefeiert. Wirtschaftlich eine Erfolgsgeschichte - aber politisch auch ein Prozess der Ernüchterung. Von H. Schmidt.
Die Erweiterung der EU um acht Staaten vor allem aus dem Osten Europas wurde vor 20 Jahren begeistert gefeiert. Wirtschaftlich eine Erfolgsgeschichte - aber politisch auch ein Prozess der Ernüchterung. Von Helga Schmidt Am Morgen des 1. Mai 2004 macht in Litauen ein Säugling Schlagzeilen. Bilder von ihm sind in den Nachrichtensendungen des Fernsehens zu sehen. Es ist ein Junge, wenige Minuten nach Mitternacht geboren. Der erste Litauer, der als Bürger der Europäischen Union zur Welt gekommen ist. Für seine Landsleute ist das ein historischer Einschnitt. Litauen hatte ja nicht nur zum Ostblock gehört, sondern war, wie Estland und Lettland auch, Sowjetrepublik gewesen. 15 Jahre nach dem Fall der Mauer kommt es zur Wiedervereinigung Europas. In Warschau und Prag wird der EU-Beitritt mit Feuerwerken gefeiert. An der Grenze zwischen Österreich und Ungarn schneidet der ungarische Regierungschef Peter Medgyessy einen Stacheldraht durch. Es ist einer der letzten Reste des Eisernen Vorhangs. 15 Jahre zuvor hatte sein Land als erstes die Grenzen geöffnet, für die DDR-Flüchtlinge. "Niemals mehr darf solch eine Grenze in Europa entstehen", fordert Medgyessy, ein ehemaliger Reformkommunist, am Tag des EU-Beitritts. Dass sein Nachfolger 20 Jahre später den russischen Präsidenten Wladimir Putin einen Freund nennen würde war damals nicht vorstellbar. Erinnerung an den Freiheitskampf der Osteuropäer Die Geschichte der Europäischen Union ist eine Geschichte der Erweiterung. Aber nie kamen so viele Neumitglieder dazu wie 2004: acht osteuropäische Länder, dazu Malta und der geteilte Inselstaat Zypern. Dass der Westen die Erweiterung nicht als einen Akt eigener Großzügigkeit missverstehen sollte, empfahl Polens Präsident Alexander Kwasniewski. "Wir haben hart dafür gearbeitet", rief er seinen Landsleuten wenige Minuten vor Mitternacht zu. "Wir sollten uns dafür selbst beglückwünschen, unsere Unabhängigkeit und Souveränität mit eigenen Händen wiedererlangt zu haben." Einige Tage danach ist in Zittau im Dreiländereck von Deutschland, Polen und Tschechien die Überwindung der europäischen Teilung unter dem Brennglas zu beobachten. Bundeskanzler Gerhard Schröder geht zusammen mit seinen Amtskollegen aus Warschau und Prag, Vladimir Spidla und Leszek Miller, über die beiden Brücken, um zuerst von Polen nach Tschechien und dann von Tschechien nach Deutschland zu kommen, ganz ohne Grenzkontrollen. "Wer hätte das vor 60 Jahren gedacht", sinniert Schröder, "dass es einen Tag geben könnte wie diesen - wo Europa vereint ist und wir alle die Chance haben, Europa zu einem Ort dauerhaften Friedens zu machen?" Dass derselbe Schröder 20 Jahre später an der Freundschaft zu Putin festhalten würde, auch nach dem Einmarsch in die Ukraine? Unvorstellbar. Vorfreude und Ängste Im Mai 2004 herrscht Feststimmung in der EU, aber es gibt auch Sorgen. Das deutsche Handwerk sieht sich durch polnische Klempner bedroht, die Rede ist auch von Billiglöhnern, die den Arbeitsmarkt aus den Fugen bringen könnten. Die Südeuropäer fürchten, dass die lieb gewonnenen Fördergelder aus den Brüsseler Gemeinschaftstöpfen künftig eher in Richtung Osten abfließen. Einige Sorgen bewahrheiten sich. Durch die Kohäsionspolitik, mit der Brüssel die Entwicklung schwächerer Regionen in Europa fördert, gingen in den vergangenen zwei Jahrzehnten vermehrt Mittel von West- nach Osteuropa, während der Geldfluss in den Süden abnahm. Trotzdem werten Ökonomen die Osterweiterung heute als eine Erfolgsgeschichte für beide Seiten. Die Neuen konnten ihren Außenhandel seit dem EU-Beitritt mehr als verdreifachen - dank Integration in den Binnenmarkt. Allein in Polen hat sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Kopf seit 2004 verdoppelt. Und Slowenien, Musterland der wirtschaftlichen Integration, erreichte 2022 ein BIP pro Kopf, dass fast 80 Prozent des EU-Durchschnitts ausmachte. Danach folgen Estland, Tschechien, Litauen, Lettland und die Slowakei. Geholfen hat das alles aber auch den vielen westeuropäischen Unternehmen, die die neuen Märkte im Osten erobern konnten. Mehr als nur ein Geldautomat? Zu den Erfolgen der Osterweiterung gehört auch, dass viele der neuen Länder ihr demokratisches, auf europäischen Rechtstaatsprinzipien fußendes Regierungssystem festigen und weiterentwickeln konnten. Zum ganzen Bild gehört aber, dass ausgerechnet die beiden Länder, die am meisten von den EU-Förderprogrammen profitierten, die größten Probleme mit dem demokratischen Rechtsstaat hatten. Für Warschau und Budapest scheine Brüssel eine Art Bankautomat zu sein, der Spruch kursierte lange im Europäischen Parlament - ein Automat, aus dem man Geld zieht, ohne sich um die Regeln der Bank zu kümmern. Polen war in den Jahren der PiS-Herrschaft unübersehbar auf einen autoritären Kurs abgedriftet. Seit der Abwahl der Partei von Jaroslaw Kaczynski im vergangenen Jahr hat Warschau sich mit dem entschiedenen Pro-Europäer Donald Tusk an der Spitze als verlässlicher Partner im Kreis der Staats- und Regierungschefs zurückgemeldet. Eine Entwicklung zum Autoritären kann also auch wieder rückgängig gemacht werden, so wird das von vielen in Brüssel bewertet. In Ungarn sieht das anders aus. Premier Viktor Orban kann sich auch nach der jüngsten Wahl auf die breite Mehrheit seiner Landsleute verlassen, obwohl er Opposition, freie Journalisten und Juristen drangsaliert. Und dafür sorgt, dass Fördergelder aus Brüssel vorzugsweise an die eigenen Leute gehen. Was von Ungarns Begeisterung blieb Noch einmal zurück in den Mai des Jahres 2004. Im Berlaymont hat Péter Balás gerade sein neues Büro bezogen, er ist der erste ungarische EU-Kommissar. Wie alle zehn neuen Kommissare ist er ab sofort voll stimmberechtigt, auch, wenn er noch kein eigenes Ressort hat, das kommt später. Balás ist gelernter Diplomat, er drückt sich vorsichtig aus, gerät trotzdem ins Schwärmen. "Dass wir die gleichen Rechte jetzt haben, als ungarische Staatsbürger, das ist unschätzbar wichtig" sagt er im Gespräch mit dem ARD-Studio Brüssel. "Mit Personalausweis über Grenzen reisen, eventuell eine Arbeit in einem anderen EU-Land aufnehmen, Studien machen, und so weiter", zählt Balás auf und macht in dem Gespräch den Eindruck, dass das alles für ihn nach wie vor ein Wunder ist. "Die gleiche Behandlung der ungarischen Staatsbürger, das ist wichtig!“" Vorher war Balas ungarischer Botschafter bei der EU gewesen, seine Residenz war ein offenes Haus für kritische Geister, es glich einem liberalen Salon. Einladungen waren unter Brüssels Journalisten hoch begehrt. Dass Ungarn zwanzig Jahre später zum Paria im Kreis von Europas Demokratien werden könnte? Unvorstellbar.
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2024-04-30
++ Guterres warnt vor Eskalation in Rafah ++
Nahost-Krieg
UN-Generalsekretär Guterres warnt vor einer neuen Stufe der Eskalation zwischen der Hamas und Israel. Laut Premier Netanyahu werde die Armee gegen die Hamas in Rafah vorgehen - unabhängig von Verhandlungen. Die Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.
UN-Generalsekretär Guterres warnt vor einer neuen Stufe der Eskalation zwischen der Hamas und Israel. Laut Premier Netanyahu werde die Armee gegen die Hamas in Rafah vorgehen - unabhängig von Verhandlungen. Die Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. Guterres fordert Einigung zwischen Hamas und IsraelUN-Gericht weist Forderungen gegen Deutschland abOffensive in Rafah wird laut Netanyahu kommenMutmaßlicher türkischer Attentäter in Jerusalem erschossenBau eines vorübergehenden Piers in Gaza geht voran Ende des Liveblogs Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. UN-Nothilfekoordinator: Rafah-Angriff dürfte unmittelbar bevorstehen UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths geht davon aus, dass trotz internationaler Appelle eine Bodenoffensive der israelischen Streitkräfte in Rafah im Gazastreifen unmittelbar bevorstehen dürfte. Die israelischen Verbesserungen beim Zugang zu Hilfsgütern im Gazastreifen dürften "nicht zur Vorbereitung oder Rechtfertigung eines umfassenden militärischen Angriffs auf Rafah genutzt werden", warnte Griffiths. US-Außenministerium: Haben für Israel keine eigenen Maßstäbe Mit Blick auf die Einhaltung des Völkerrechts legt das US-Außenministerium nach eigenen Angaben bei Israel keine eigenen Standards an. "Wir stellen an Israel die gleichen Maßstäbe wie an jedes andere Land", sagte der stellvertretende Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel, am Dienstag in Washington. Dies gelte für den Gazastreifen und Gebiete außerhalb des Gazastreifens. "Das Völkerrecht muss befolgt und eingehalten werden", sagte Patel weiter. "Und wenn wir Verstöße oder besorgniserregende Probleme feststellen, sprechen wir sie nicht nur bei der israelischen Regierung an, sondern ergreifen auch entsprechende Maßnahmen." Am Montag hatte Patel bestätigt, dass bei fünf israelischen Militäreinheiten "schwere Menschenrechtsverletzungen" vor Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober festgestellt worden seien. Den Angaben zufolge haben vier Bataillone diese Verstöße "wirksam behoben", die Untersuchung bei einer fünften Einheit läuft noch. Patel hatte dabei allerdings nicht direkt auf Fragen von Journalistinnen und Journalisten geantwortet, um welche Verstöße es sich genau gehandelt habe, wie sie behoben worden seien und ob weiterhin Sanktionen erwogen würden. Stattdessen betonte er wiederholt, es handele sich um einen "laufenden Prozess". Columbia University droht Campus-Besetzern mit Exmatrikulation Angesichts der pro-palästinensischen Proteste an der New Yorker Columbia University hat die Hochschule Studierenden wegen der Besetzung eines Gebäudes mit Exmatrikulation gedroht. "Wenn sie so weitermachen, wird das klare Konsequenzen haben", erklärte Universitätssprecher Ben Chang am Dienstag mit Blick auf das Verhalten der Demonstranten. Die Studenten hätten sich "für eine Eskalation entscheiden" und unter anderem Türen und Fenster eingeschlagen und Eingänge blockiert. Weiter hieß es, den Protestierenden sei "die Möglichkeit gegeben worden", das Gebäude friedlich zu verlassen, was diese jedoch abgelehnt hätten. Am Dienstagmorgen (Ortszeit) hatten mehrere maskierte Menschen Fenster an der renommierten Universität eingeschlagen und Türen mit Metalltischen blockiert. Zuvor hatte die Verwaltung der Hochschule damit begonnen, einzelne Studenten zu suspendieren. Universitätssprecher Chang verwies darauf, dass die Störungen auf dem Campus ein "bedrohliches Umfeld" für viele der jüdischen Studierenden und Angestellten geschaffen hätten und die Lehrtätigkeit sowie das Lernen für die Abschlussprüfungen behinderten.  USA: Keine Hinweise auf Einflussversuche aus Ausland auf Uni-Proteste Dem Weißen Haus liegen keine geheimdienstlichen Hinweise auf mögliche Versuche aus dem Ausland vor, die anhaltenden propalästinensischen Proteste an US-Universitäten anzufachen. Er wisse weder von Beweisen in der Geheimdienstwelt noch bei den Strafverfolgungsbehörden, sagte der Sprecher des nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Doch prüfe man fortwährend den Informationsfluss, um sicherzustellen, dass ein möglichst klares Lagebild vorliege. Vergangene Woche hatte die frühere demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in einem Interview des irischen Senders RTÉ gesagt, dass die Proteste in den USA gegen Israels Kriegsführung im Gazastreifen und die Unterstützung der Regierung von Präsident Joe Biden für Israel einen "russischen Beigeschmack" hätten. Blinken: Werde in Israel Schritte für Gaza-Hilfen ansprechen US-Außenminister Antony Blinken will bei seinem anstehenden Treffen mit Israels Premier Benjamin Netanyahu Maßnahmen besprechen, die für mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen notwendig seien. "Ich kann nun morgen nach Israel reisen und mit der israelischen Regierung die Dinge besprechen, die noch getan werden müssen", sagte Blinken in Jordanien während eines Besuchs bei einer Organisation, die Hilfslieferungen aus den USA entgegennimmt. Die gegenwärtige Nahost-Reise ist die siebte des US-Außenministers in die Region seit Beginn des Kriegs im Gazastreifen Anfang Oktober. Guterres fordert Einigung zwischen Hamas und Israel UN-Generalsekretär António Guterres hat Israel und die islamistische Hamas im Gaza-Krieg zu einer Einigung auf eine Feuerpause aufgefordert. "Im Interesse der Menschen in Gaza, im Interesse der Geiseln und ihrer Familien in Israel und im Interesse der Region und der ganzen Welt ermutige ich die Regierung Israels und die Hamas-Führung nachdrücklich, jetzt eine Einigung zu erzielen", sagte Guterres in New York. Er bezeichnete eine mögliche Offensive Israels auf Rafah als unerträgliche Eskalation. In Rafah haben mehr als eine Million Zivilisten Schutz gesucht. Netanyahu verurteilt Haftbefehle gegen Israelis Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat mögliche Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag gegen ihn und andere Israelis schon im Vorfeld scharf kritisiert. Sollte der Gerichtshof die Haftbefehle erlassen, sei dies ein "beispielloses antisemitisches Hassverbrechen", sagte Netanyahu in einer Videoansprache. Er sprach zudem von einer "Verzerrung der Gerechtigkeit und der Geschichte". Weißes Haus kritisiert propalästinensische Demos Die US-Regierung hat die Besetzung eines Gebäudes der New Yorker Elite-Universität Columbia durch propalästinensische Demonstranten kritisiert. "Die gewaltsame Übernahme eines Gebäudes auf dem Campus ist der absolut falsche Weg. Das ist kein Beispiel für friedlichen Protest", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Ein kleiner Prozentsatz von Studierenden sollte nicht in der Lage sein, die akademische Ausbildung aller zu stören. "Studenten, die für ihren Universitätsbesuch bezahlen und eine Ausbildung anstreben, sollten dieser ungestört folgen können, und sie sollten sich dabei sicher fühlen können", sagte Kirby weiter. US-Regierung zu Geisel-Deal: Hoffnungen steigen und schwinden Die US-Regierung hat hinsichtlich der Hoffnungen auf eine schnelle Einigung Israels mit der islamistischen Hamas auf eine Feuerpause zu Pragmatismus geraten. "Ich würde nicht sagen, dass wir übermäßig zuversichtlich sind (...) Ich würde sagen, dass wir in dieser Sache sehr pragmatisch sind", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Es liege ein wirklich guter Vorschlag auf dem Tisch und die Hamas sollte ihn annehmen. Auf die Frage nach einer Frist sagte Kirby: "Zeit ist von entscheidender Bedeutung." Er könne an der Stelle jedoch keine Frist festlegen. Zudem dürfe man sich der Sache nie zu sicher ein. "Wir werden einfach weiter am Ball bleiben und sehen, ob wir es schaffen können.» Israel will neue Grenzübergänge eröffnen Israel wird der US-Regierung zufolge noch in dieser Woche einen neuen Grenzübergang in den nördlichen Teil des Gazastreifens eröffnen. Dies habe der US-Präsident Joe Biden in einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu gefordert, teilt das Weiße Haus mit. Derzeit würden 200 Lastwagen pro Tag die Grenze zum Küstenstreifen überqueren, hieß es weiter. Die UN schätzt, dass jeden Tag 500 Lkw mit Hilfsgütern nötig wären. UN-Gericht weist Forderungen gegen Deutschland ab Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat vorläufige Maßnahmen gegen Deutschland wegen angeblicher Beihilfe zu einem Völkermord im Gazastreifen abgelehnt. Deutschland müsse die Rüstungsexporte nach Israel nicht stoppen, entschieden die höchsten UN-Richter in Den Haag. Zugleich wies das Gericht den Antrag Deutschlands ab, die Klage Nicaraguas als solche abzuweisen. Nicaragua beschuldigt die Bundesrepublik vor dem obersten UN-Gericht der Beihilfe zu einem Völkermord im Gazastreifen und begründet dies mit Rüstungslieferungen Deutschlands an Israel und der zeitweiligen Einstellung deutscher Zahlungen für das Palästinenser-Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA). Ramallah: Wütende Proteste bei Besuch von deutschem Repräsentanten Beim Besuch eines deutschen Repräsentanten nahe Ramallah im Westjordanland haben palästinensische Studenten wütend protestiert. Studentenvertretungen hatten aufgerufen, sich "denen entgegenzustellen, die das Töten unseres Volkes in Gaza erlauben und den zionistischen deutschen Botschafter von der Universität der Märtyrer zu vertreiben". Auf Videoaufnahmen war zu sehen, wie Diplomaten sich eilig vom Gelände der Universität entfernten, junge Männer rannten ihnen hinterher. Einige rüttelten an der Tür eines Fahrzeugs und brachen den Rückspiegel ab. Der deutsche Repräsentant in Ramallah, Oliver Owcza, schrieb bei X, er bedauere, dass das Treffen "ungebührlich von Protestierenden unterbrochen wurde". Friedliche Proteste hätten immer ihren Platz. Die Arbeit mit palästinensischen Partnern wolle man fortsetzen.  Social-Media-Beitrag auf X von Oliver Owcza: "Peaceful protest & dialogue always has its place. We regret that today’s meeting of EU Heads of Missions at the National Museum in Birzeit was unduly interrupted by protestors. Nevertheless, we remain committed to constructively work with our Palestinian partners!" Wieder mehr Geld für Palästinenser-Hilfswerk - aber nicht von den USA Viele Länder haben ihre Zahlungen an das kriselnde Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) wieder aufgenommen. Auch Deutschland will wieder unterstützen. Laut UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini sind auch neue Geberländer hinzugekommen. Die USA als größter Geldgeber hätten ihre Zahlungen aber noch nicht wieder aufgenommen. Deutschland und andere Geber hatten nach dem Bekanntwerden von Terrorismusvorwürfen die Zusammenarbeit mit dem UN-Hilfswerk gestoppt. UNRWA-Chef: Nerven in Rafah liegen vor Offensive blank Die Nerven der Menschen in der Grenzstadt Rafah im Gazastreifen sind laut UNRWA-Chef Philippe Lazzarini aus Angst vor einer israelischen Militäroffensive bis aufs Äußerste gespannt. "Unsere Kollegen vor Ort berichten von außerordentlicher, tief sitzender Angst", sagte Lazzarini. Das israelische Militär habe die Menschen dort noch nicht aufgefordert, das Gebiet zu verlassen, aber damit werde jeden Moment gerechnet, sagte der Chef des UN-Palästinenserhilfswerks bei einer Pressekonferenz in Genf. Vieles hänge nun von den laufenden Verhandlungen über eine Feuerpause und Freilassung von Geiseln ab.  Mutmaßlich türkischer Attentäter in Jerusalem erschossen Bei einer Messerattacke auf einen israelischen Grenzpolizisten in Jerusalem ist ein mutmaßlich türkischer Staatsbürger erschossen worden. Er habe im Bereich der Altstadt mit einem Messer auf den Polizisten eingestochen und ihn verletzt, teilte die israelische Polizei mit. Demnach handle es sich um einen 34-jährigen Türken. Die Nachrichtenseite "ynet" berichtete, der Mann sei am Montag über Jordanien als Tourist eingereist. Ein Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem sagte, man prüfe den Bericht. Die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei waren zuletzt vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs extrem angespannt.  Offensive in Rafah wird laut Netanhayu kommen Die angekündigte Offensive Israels in Rafah im Süden des Gazastreifens soll nach Angaben des Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu mit oder ohne Geisel-Deal mit der Hamas stattfinden. Bei einem Treffen mit Angehörigen israelischer Geiseln und gefallener Soldaten sagte Netanyahu nach Angaben seines Büros: "Wir werden nach Rafah hineingehen und die Bataillone der Hamas dort zerschlagen - mit Deal oder ohne Deal."  Ziel sei weiter der "totale Sieg" über die islamistische Terrororganisation Hamas. In Kairo laufen gegenwärtig indirekte Verhandlungen über einen neuen Deal über eine Feuerpause im Gaza-Krieg und die Freilassung weiterer Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge. Es wurde damit gerechnet, dass Israel im Fall einer Einigung zunächst von einem Militäreinsatz in Rafah absehen würde.  Bau eines vorübergehenden Piers in Gaza geht voran Um Hilfsgüter nach Gaza zu transportieren, arbeiten US-Truppen derzeit an einem vorübergehenden Hafen. Die Anlage soll Anfang Mai einsatzbereit sein. Geplant ist, dass Schiffe Hilfsgüter von Zypern zu dem Hafen bringen. Dort sollen sie auf kleinere Schiffe verladen und zu einem zweispurigen Fahrdamm aus Metall gebracht werden, der über 550 Meter ans Ufer führt. Das US-Verteidigungsministerium teilte mit, dass das Projekt mindestens 320 Million Dollar kosten werde. Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh erklärte gegenüber Reportern, dass es sich bei den Kosten um eine grobe Schätzung für das Projekt handele, die den Transport der Ausrüstung und Bauteile an die Küste des Gazastreifens sowie den Bau und die Lieferung der Hilfsgüter umfasse. China: Hamas und Fatah untereinander versöhnungsbereit Das chinesische Außenministerium sieht bei den rivalisierenden Palästinenser-Gruppen Hamas und Fatah die Bereitschaft für eine Versöhnung. Nach einem von China vermittelten Treffen beider Gruppen in Peking teilte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums mit, dass die Gespräche fortgesetzt werden sollten, "um die Verwirklichung der palästinensischen Solidarität und Einheit zu einem frühen Zeitpunkt zu erreichen". Bisher ist es den beiden Palästinenser-Gruppen nicht gelungen, ihre Streitigkeiten beizulegen, seit Teile der militant-islamistischen Hamas die moderatere Fatah 2007 in einem kurzen Krieg aus dem Gazastreifen vertrieben hatten. China versucht, sich als Vermittler in der Region zu profilieren. Demonstranten übernehmen Uni-Gebäude in New York Demonstranten haben einer Meldung der Nachrichtenagentur AP zufolge ein Gebäude der Columbia University in New York übernommen und an einem Fenster eine palästinensische Flagge gezeigt. Die Teilnehmenden eines Protests gegen den Gaza-Krieg verbarrikadierten die Zugänge zum Gebäude. Auf Videoaufnahmen war zu sehen, wie sich Demonstranten vor der Hamilton Hall unterhakten und Möbel und Metallabsperrungen zum Gebäude trugen. Auf einer Instagram-Seite der Organisatoren wurden Unterstützer aufgerufen, das Protestlager zu schützen. Über den Studenten-Radiosender WKCR-FM wurde berichtet, wie die Übernahme des Gebäudes erfolgte. Am Montagnachmittag (Ortszeit) war eine Frist abgelaufen, bis zu der Demonstranten ein Protestlager aus rund 120 Zelten verlassen mussten. Wenn sie das nicht taten, mussten sie damit rechnen, vorübergehend von der Universität verwiesen zu werden. Vertreter der Columbia University reagierten zunächst nicht auf eine Kommentaranfrage per E-Mail. US-Präsident Biden fordert Druck von Katar und Ägypten US-Präsident Joe Biden hat Ägypten und Katar US-Regierungsangaben zufolge aufgefordert, Druck auf die militant-islamistische Hamas zur Freilassung von Geiseln im Rahmen der Verhandlungen über eine Feuerpause im Gazastreifen auszuüben. Beide Länder sollten alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Freilassung von von der Hamas festgehaltenen Geiseln zu erreichen, teilte das Weiße Haus am Montag (Ortszeit) mit. Dies sei das einzige Hindernis für eine sofortige Feuerpause. Katar und Ägypten sind gemeinsam mit den USA Vermittlerländer in dem Konflikt. Den Angaben zufolge telefonierte Biden mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad al-Thani, und Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi zu dem Vorschlag, der derzeit auf dem Tisch liege. Vertreter Ägyptens, Katars und der Hamas hatten sich am Montag in Kairo getroffen, eine Reaktion der islamistischen Palästinenserorganisation auf den Vorschlag steht noch aus. Baerbock: "Es liegt jetzt allein in den Händen der Hamas-Führer" Außenministerin Annalena Baerbock sieht bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen die Hamas am Zuge. "Es liegt jetzt allein in den Händen der Hamas-Führer in Gaza, dass die Geiseln endlich freikommen", sagte die Grünen-Politikerin im Deutschlandfunk. Es sei unvorstellbar, dass heute noch - nach mehr als sechs Monaten - Frauen, Männer und Kinder weiter in den Händen der Hamas seien. "Deswegen ist es so wichtig gewesen, dass wir gestern Abend, gestern Nacht noch einmal zusammengekommen sind mit den wichtigsten arabischen Vertretern, mit den Amerikanern und den Briten und gemeinsam deutlich gemacht haben: Diese Geiseln müssen nun endlich, endlich befreit werden", sagt Baerbock nach ihrer Rückkehr von einer Konferenz mit Außenministern westlicher und arabischer Staaten in Saudi-Arabien. Die Hamas spreche nicht für die Menschen des Landes, so Baerbock. "Daher ist der gemeinsame Druck so wichtig. Aber es zeigt eben auch, wie schwierig dieser ganze Prozess ist über die ganzen letzten sechs Monate." Internationaler Gerichtshof behandelt Eilantrag Nicaraguas In dem Verfahren um die Klage Nicaraguas gegen Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord im Gazastreifen wird der Internationale Gerichtshof heute eine Vorentscheidung treffen. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen in Den Haag wird zunächst nur über einen Eilantrag Nicaraguas entscheiden, das unter anderem einen Stopp der Rüstungslieferungen gefordert hatte. Das Land argumentiert, dass durch die deutschen Rüstungslieferungen an Israel ein Völkermord ermöglicht werde. Deutschland hatte die Klage zurückgewiesen. USA gegen Israel-Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs Das Weiße Haus hat sich ausweichend zu den Konsequenzen möglicher Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu und andere Israelis geäußert. Man unterstütze die Ermittlungen nicht und sei außerdem überzeugt, dass der - von den USA nicht anerkannte - Strafgerichtshof in Den Haag keine rechtliche Zuständigkeit habe, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre. Sie war zuvor gefragt worden, ob potenzielle Haftbefehle die Verhandlungen über eine Feuerpause torpedieren könnten. Huthi: Angriff auf Schiffe im Roten Meer und Indischen Ozean Die Huthi-Rebellen im Jemen haben nach eigenen Angaben Schiffe im Roten Meer und im Indischen Ozean angegriffen. Die "MSC Orion" sei im Indischen Ozean ins Visier genommen worden, sagte ein Sprecher der Gruppe im Fernsehen. Zudem seien zwei US-Zerstörer und das Schiff "Cyclades" im Roten Meer attackiert worden. Die Huthi bezeichnen ihre Angriffe als Akt der Solidarität mit den Palästinensern im Gaza-Krieg. Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen Tausende haben in Tel Aviv erneut für eine Verhandlungslösung zur Freilassung der Geiseln demonstriert. Wegen Sicherheitsbedenken pausiert Lufthansa weiterhin ihre Flüge nach Teheran. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.
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2024-04-30
++ Ukraine stockt Geld für Drohnen deutlich auf ++
Krieg gegen die Ukraine
Mehrere Millionen Euro investiert die Ukraine in den Bau von Drohnen - ihrer effektivsten Waffe. Beim Angriff auf Odessa verwendete die russische Armee laut ukrainischer Staatsanwaltschaft Streumunition. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.
Mehrere Millionen Euro investiert die Ukraine in den Bau von Drohnen - ihrer effektivsten Waffe. Beim Angriff auf Odessa verwendete die russische Armee laut ukrainischer Staatsanwaltschaft Streumunition. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. Ukraine investiert in 300.000 neue DrohnenGetötete Ukrainer: Ermittlung wegen zweifachen MordesRussischer Angriff auf Odessa offenbar mit StreumunitionUkraine: Etwa 30 Tote bei Flucht vor Kriegsdienst Ende des Liveblogs Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Lettland beschließt weitere Militärhilfe für die Ukraine Lettland wird der Ukraine weitere Militärhilfe für den Abwehrkampf gegen Russland leisten. Regierungschefin Evika Silina kündigte nach einer nicht-öffentlichen Kabinettssitzung ein weiteres Hilfspaket für das angegriffene Land an. Demnach werden den ukrainischen Streitkräfte Flugabwehrgeschütze und unbemannte Überwachungsflugzeuge aus den Beständen der Armee des baltischen EU- und NATO-Landes übergeben. Zudem soll auch andere materielle und technische Ausrüstung an Kiew geliefert werden, teilte Silina auf der Plattform X mit. Dies werde dazu beitragen, die Abwehr von Luftangriffen und Aufklärungsfähigkeiten zu verbessern. Social-Media-Beitrag auf X von Evika Siliņa 🇱🇻🇺🇦: "Valdība tikko atbalstīja NBS pretgaisa aizsardzības lielgabalu, taktiskās bezpilota novērošanas sistēmas, kā arī citu būtisku materiāli tehnisko līdzekļu nodošanu Ukrainas bruņotajiem spēkiem. Tas palīdzēs uzlabot gan Ukrainas pretgaisa aizsardzību, gan izlūkošanas spējas. 1/2" Ukraine investiert in 300.000 neue Drohnen Die ukrainische Regierung stockt ihre Ausgaben für Drohnen zur Abwehr der russischen Invasion um mehrere Hundert Millionen Euro auf. Ministerpräsident Denys Schmyhal teilte mit, zu diesem Zweck würden zusätzliche 367 Millionen Euro (15,5 Milliarden Hrywnja) zur Verfügung gestellt. "Mit den heute bereitgestellten Mitteln werden 300.000 Drohnen an unsere Sicherheits- und Verteidigungskräfte geliefert werden", sagte er bei einer Kabinettssitzung in Kiew. Unter dem Druck des seit über zwei Jahren andauernden russischen Angriffskrieges hat die Ukraine die Entwicklung und Produktion von Drohnen verschiedenster Typen rasch ausgebaut. Sie hat mit diesen Waffen in den vergangenen Wochen verstärkt auch das russische Hinterland angegriffen.  Abbau von Denkmal zur Völkerfreundschaft In der ukrainischen Hauptstadt Kiew wird ein Denkmal aus Sowjetzeiten abgebaut, das die Verbindung von Russland und der Ukraine symbolisieren sollte. Die Demontage der etwa 20 Elemente aus rotem Granit werde mehrere Tage dauern, kündigte die Stadtverwaltung an. Das Denkmal besteht aus einer Gruppe von Figuren unter dem sogenannten "Bogen der Völkerfreundschaft". Das Ensemble war 1982 eingeweiht worden und sollte an die Vereinigung des ukrainischen Volkes mit dem brüderlichen russischen Volk im Jahre 1654 erinnern. Getötete Ukrainer: Ermittlung wegen zweifachen Mordes Im Fall der zwei getöteten ukrainischen Soldaten im oberbayerischen Murnau ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft nun wegen zweifachen Mordes. Was konkret zu dieser Einordnung geführt hat, teilte die Generalstaatsanwaltschaft zunächst nicht mit. Die beiden Ukrainer im Alter von 23 und 36 Jahren waren am Samstagabend auf dem Gelände eines Einkaufszentrums erstochen worden. Tatverdächtiger ist ein 57 Jahre alter Russe. Nach dpa-Informationen wurde in seiner Wohnung ein Messer sichergestellt, das womöglich die Tatwaffe war.  Ukraine plant keine Zwangsrückführung geflüchteter Männer Wehrpflichtigen Männern, die aus der Ukraine geflohen sind, wird das Leben zwar mit kürzlich verschärften Wehrerfassungsvorschriften schwerer gemacht. Zur Rückkehr gezwungen werden sollen sie jedoch nicht - trotz fehlender Soldaten in der Ukraine. "Es wird keine Beschränkungen und keine erzwungene Rückkehr ukrainischer Bürger jeglichen Geschlechts oder Alters in ein Land im Krieg geben", sagte die für die EU-Integration zuständige Vizeregierungschefin Olha Stefanischyna in einem Kommentar für die Deutsche Welle. Russland meldet Abschuss von ATACMS-Raketen Russland hat eigenen Angaben zufolge sechs ATACMS-Raketen abgeschossen, die die USA der Ukraine geliefert hatten. Die Raketen seien "in den vergangenen 24 Stunden" abgeschossen worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau, ohne den Ort des Abschusses zu nennen. Die Ukraine äußerte sich nicht zu dem Vorfall. Mehrheit der Deutschen laut Umfrage gegen "Taurus"-Lieferung Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa für die Sender RTL und ntv lehnt eine Mehrheit von 56 Prozent der Deutschen "Taurus"-Lieferungen ab. 37 Prozent sprechen sich demnach dafür aus. Die Zahl der Befürworter steigt damit wieder an. Im März waren es laut Forsa-Umfrage nur 28 Prozent gewesen. Mehrheitlich für eine Taurus-Lieferung sind weiter nur die Anhänger der Grünen (63 Prozent). Die Mehrheit der Anhänger der beiden anderen Ampel-Parteien SPD (52 Prozent) und FDP (63 Prozent) lehnt die Lieferung ab. Russischer Angriff auf Odessa offenbar mit Streumunition Russland hat am Montag bei seinem Raketenangriff auf die Hafenstadt Odessa nach ukrainischen Angaben Streumunition verschossen. "Es handelt sich um eine wahllose Waffe, die erhebliche Opfer unter der Zivilbevölkerung verursachen kann", teilte die ukrainische Staatsanwaltschaft am Dienstag bei Telegram mit. Metallfragmente seien in einem Radius von anderthalb Kilometern vom Einschlagsort gefunden worden.  Die Staatsanwaltschaft warf den verantwortlichen russischen Offizieren einen bewussten Einsatz der Waffe zur Tötung möglichst vieler Zivilisten vor. Tschechien wirbt für EU-Erweiterung 20 Jahre nach dem eigenen EU-Beitritt hat sich Tschechien für baldige neue Erweiterungsrunden ausgesprochen. Dies sei eine "geostrategische Notwendigkeit", sagte der tschechische Präsident Petr Pavel auf einer Europakonferenz in Prag, an der auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teilnahm. "Wenn wir die Westbalkanstaaten, die Ukraine, die Republik Moldau und Georgien zu lange vor der Tür stehen lassen, liefern wir sie Akteuren wie Russland aus, die es mit den Europäern und Europa keineswegs gut meinen", mahnte der Ex-NATO-General Pavel.  "Diese Länder wollen zum Westen gehören", sagte der tschechische Regierungschef Petr Fiala. "Geben wir ihnen diese Chance und nutzen wir die Möglichkeiten, die eine Erweiterung bietet", forderte der liberalkonservative Politiker. Pavel rief die Kandidatenländer auf, sich seriös auf einen künftigen Beitritt vorzubereiten. Dabei könne Tschechien mit seinen Erfahrungen helfen. Zugleich mahnte der Präsident Reformen der EU an. Man müsse sich die Frage stellen, ob Europa besser sein könnte. Die Antwort laute: "mit Sicherheit Ja".  Lühmann fordert, Desinformation zu sanktionieren Vor dem Hintergrund mutmaßlicher Falschinformationen aus Russland zur Europawahl hat die deutsche Europa-Staatssekretärin Anna Lührmann Sanktionen gefordert. Die EU müsse "Sanktionen gegen diejenigen russischen Akteure verhängen, die an Desinformationsoperationen beteiligt sind", sagte Lührmann bei einem Treffen mit ihren EU-Kollegen in Brüssel. Vor der Europawahl sei "eine Reihe von russischen, aber auch chinesischen" Kampagnen unterwegs. In den vergangenen Monaten waren mehrere Netze aufgeflogen, die gezielt Falschinformationen verbreitet hatten. Die tschechischen Behörden hatten im März über die Enttarnung eines von Moskau finanzierten Propaganda-Netzwerks um die Internetseite "Voice of Europe" mit Sitz in Prag informiert, das Europaabgeordnete für prorussische Veröffentlichungen bezahlt haben soll. Auf der Seite waren unter anderem die AfD-Kandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron aufgetreten. Ukraine: Mindestens zwei Tote nach russischem Angriff in Charkiw Bei einem russischen Luftangriff auf die zweitgrößte ukrainische Stadt Charkiw sind lokalen Behördenangaben zufolge mindestens zwei Menschen ums Leben gekommen. Sechs weitere Menschen seien verletzt worden, schrieb der Gouverneur der gleichnamigen Region im Nordosten der Ukraine auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. Demnach habe Russland bei der Attacke präzisionsgelenkte Waffen eingesetzt und ein Wohngebäude in der Regionalhauptstadt getroffen. Bürgermeister Ihor Terechow schrieb bei Telegram von einem Toten und sieben Verletzen. OMV-Schiedsverfahren gegen Gazprom Der österreichische Erdöl-, Gas- und Chemiekonzern OMV hat in Zusammenhang mit seiner Beteiligung an einem russischen Gasfeld ein Schiedsverfahren gegen Gazprom eingeleitet. Das sagte OMV-Chef Alfred Stern zur österreichischen Nachrichtenagentur APA. Es gehe darum, "die vertraglich vereinbarten Rechte der OMV zu wahren". Der teilstaatliche Konzern mit Sitz in Wien ist an dem westsibirischen Gasfeld Juschno-Russkoje mit knapp 25 Prozent beteiligt, wurde aber per Bescheid von Russland enteignet. Die OMV habe daraufhin mehrere Schiedsverfahren eingeleitet, sagte Stern. Gazprom wiederum will das verhindern. Der staatliche Gasriese hat russischen Gerichtsunterlagen zufolge ebenfalls Klage gegen die OMV und andere Energieversorger wie CEZ und die slowakische ZSE eingeleitet. ISW: Moskaus Militär kann bei weiterer Offensive wählen Russlands Streitkräfte können dank vorangegangener Erfolge im ostukrainischen Donbassgebiet US-Militärexperten zufolge nun ihre weitere Angriffsrichtung wählen. Westlich der kürzlich eroberten Kleinstadt Awdijiwka gebe es jetzt mehrere taktische Möglichkeiten für Moskau, die Offensive auszuweiten, schrieben die Experten der Denkfabrik ISW in Washington. Die russische Kommandoführung habe die Wahl, entweder weiter nach Westen zur Industriestadt Pokrowsk vorzustoßen oder nach Norden zu schwenken, um den Angriff auf Tschassiw Jar zu verstärken. Social-Media-Beitrag auf X von Institute for the Study of War: "NEW: Russian forces secured additional marginal tactical gains northwest and southwest of Avdiivka as of April 29, but have not made significant advances in the Avdiivka direction over the last 24 hours. (1/3) pic.twitter.com/qyP8gqJJRM" Zahl der Toten in Odessa steigt laut Ukraine auf fünf Nach dem russischen Raketenangriff auf Odessa ist die Zahl der Todesopfer ukrainischen Beamten zufolge auf fünf, die Zahl der Verletzten auf 32 gestiegen. Zuvor war von vier Toten und 28 Verletzten die Rede gewesen. Regionalgouverneur Oleh Kiper schrieb auf Telegram, dass zusätzlich zu den bei dem Angriff Getöteten ein Mann an einem Schlaganfall gestorben sei, der auf den Angriff zurückzuführen sei. Ukraine: Etwa 30 Tote bei Flucht vor Kriegsdienst In der Ukraine sind nach Angaben des Grenzschutzes seit Kriegsbeginn 2022 etwa 30 Männer bei dem Versuch ums Leben gekommen, sich mit einer illegalen Flucht ins Ausland einer Einberufung zur Armee zu entziehen. Einige seien umgekommen, als sie einen Gebirgsfluss überqueren wollten, andere in den Bergen, sagte der Sprecher des ukrainischen Grenzschutzes, Andrij Demtschenko, der Nachrichtenagentur Ukrinform am Abend. "Jeden Tag gibt es Versuche, die Grenze illegal zu überqueren", sagte der Sprecher. "Die meisten dieser Versuche finden außerhalb der Grenzkontrollpunkte an der Grenze zu Moldawien und Rumänien statt. Die größte Zahl mit gefälschten Dokumenten wird an der Grenze zu Polen verzeichnet." Dem Grenzschutz zufolge starben allein 24 Männer bei dem Versuch, den Fluss Tisa an der ukrainischen Grenze zu Rumänien zu überqueren. UN-Bericht zu Opferzahlen in der Ukraine Wie das britische Verteidigungsministerium auf seinem X-Account postete, haben die Vereinten Nationen für den Monat März 604 Zivilistinnen und Zivilisten gezählt, die in der Ukraine getötet oder verwundet worden sein sollen. Es handele sich um einen Anstieg von 20 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor. Social-Media-Beitrag auf X von Ministry of Defence 🇬🇧: "Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine – 29 April 2024. Find out more about Defence Intelligence's use of language: https://t.co/F5Zc0CXcAz#StandWithUkraine 🇺🇦 pic.twitter.com/8F4fVKJ6nC" Weitere Militärhilfe aus Deutschland Wie die Bundesregierung mitteilte, wurden ein zweites Flugabwehrsystem vom Typ "Skynex", knapp 30.000 Schuss Munition für den Flugabwehrpanzer "Gepard" und Munition für das System Iris-T an die Ukraine geliefert. Russland verstärkte zuletzt seine Luftangriffe auf ukrainische Ziele mit Raketen, Marschflugkörpern, Drohnen und Gleitbomben. Neben der Lieferung von "Marder"-Schützenpanzern bemüht sich Deutschland mit seinem neuen Rüstungspaket, dem Bedarf an Flugabwehr Rechnung zu tragen. Das Mitte April zugesagte dritte Flugabwehrsystem des Typs "Patriot" stand nicht auf der aktualisierten Liste der deutschen Militärhilfe. Weiter wurden 7.500 Artilleriegranaten 155, Munition für den Kampfpanzer "Leopard 2" und 3.000 Panzerabwehrhandwaffen geliefert. Die ukrainische Armee erhielt auch einen weiteren Brückenlegepanzer "Biber", einen Pionierpanzer, neun Minenräumpflüge sowie neun Schwerlastsattelzüge M1070 "Oshkosh".  Selenskyj: Brauchen "Patriots" und Granaten Trotz einer Belebung westlicher Rüstungshilfen nach monatelanger Pause benötigt die von Russland angegriffene Ukraine eigenen Angaben zufolge weiter Waffen und Munition. Die täglichen russischen Raketenangriffe, die täglichen Angriffe an der Front könnten gestoppt werden, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. "Aber dazu ist die ukrainische Armee auf ausreichende Unterstützung durch ihre Partner angewiesen." Die Partnerländer verfügten über die Waffensysteme, die die Ukraine dringend brauche, so Selenskyj weiter. Dabei nannte er vor allem "Patriot"-Flugabwehrsysteme aus US-Produktion und Artilleriegranaten des Kalibers 155 Millimeter. Im Gespräch mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bestätigte Selenskyj, dass die ersten versprochenen Waffenlieferungen der USA bereits eingetroffen seien. "Doch muss der Prozess beschleunigt werden", sagte er. Social-Media-Beitrag auf X von Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський: "I have just received reports on the situation in Odesa following a Russian missile strike and in Kharkiv following a Russian guided aerial bomb strike.Unfortunately, a number of people have been killed in Odesa. My condolences to their close ones. Many people have been injured,… pic.twitter.com/Dg7eAEOqdt" Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen Durch russische Angriffe sind in Odessa mindestens zwei Menschen getötet worden. Polnische Bauern haben alle Blockaden an den Grenzübergängen zur Ukraine geräumt. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.
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2024-04-30
Wall Street im Sog der Zinssorgen
Schlechte DAX-Monatsbilanz
Vor dem morgigen Zinsentscheid der US-Notenbank Fed werden die Investoren zunehmend nervös: Zuerst sackte der DAX unter 18.000 Punkte, anschließend zog es auch die Wall Street tief ins Minus.
Vor dem morgigen Zinsentscheid der US-Notenbank Fed werden die Investoren zunehmend nervös: Zuerst sackte der DAX unter 18.000 Punkte, anschließend zog es auch die Wall Street tief ins Minus. Die Sorge um eine anhaltend hohe Inflation in den USA belastete den Aktienmarkt: Nach einem Erholungsversuch in den vergangenen drei Handelstagen legte der Dow Jones heute wieder den Rückwärtsgang ein und gab um 1,5 Prozent auf 37.815,92 Punkte nach. Der marktbreite S&P 500 verlor 1,6 Prozent auf 5.035,69 Punkte. Der technologielastige Nasdaq 100 sank um 1,9 Prozent auf 17440,69 Zähler. Inflationssorgen belasten Wall-Street Frische Daten vom Arbeitsmarkt kamen bei den Anlegern schlecht an. In den USA waren die Arbeitskosten zu Jahresbeginn stärker gestiegen als erwartet. Zudem legten auch die Hauspreise deutlicher als erwartet zu. Das könnte die Inflation weiter fördern und dämpft die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen der US-Notenbank Federal Reserve. Hugh Johnson von Hugh Johnson Economics kommentierte: "Zinssenkungen sind zwar noch nicht vom Tisch, aber der Bericht wird für die Fed sicherlich nicht hilfreich sein." Im Gegensatz zu Deutschland wird morgen in den USA gehandelt. Noch während des morgigen Wall-Street-Handels wird die Fed ihren Zinsentscheid verkünden. Ökonomen gehen fest davon aus, dass die Federal Reserve den Leitzins unverändert lassen wird. Im Fokus stehen deshalb die Äußerungen von Fed-Chef Jerome Powell, die Marktteilnehmer auf Hinweise zum weiteren geldpolitischen Kurs abklopfen werden. DAX fällt unter 18.000 Punkte Bereits zuvor hatte auch der DAX an Boden verloren: Der deutsche Leitindex schloss vor dem morgigen Feiertag und der Zinsentscheidung der US-Notenbank Federal Reserve ein Prozent leichter auf 17.932 Punkten. Daraus resultierte für den Monat April ein Verlust von rund drei Prozent. "Im Vorfeld der US-Zinssitzung am Mittwoch und des US-Arbeitsmarktberichts am Freitag ist die Angst, sich jetzt auf der falschen Seite zu positionieren, groß", sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners. Hinzu komme die Fahrt aufnehmende Berichtssaison. "Diese Datenflut hält sicherlich viele davon ab, bei Kursen oberhalb der 18.000 ihre Aktienpositionen aufzustocken." Geht es jetzt weiter abwärts? Gegen ein Ende der Rally spreche das bislang moderate Ausmaß der Korrektur nach Erreichen des Allzeithochs über 18.500 Punkten Anfang April, stellt Konstantin Oldenburger, Marktbeobachter bei CMC Markets, fest. "Gerade einmal drei Prozent hat der DAX verloren, nach über 26 Prozent Plus in den fünf Monaten zuvor. Und mit einem Anstieg über 18.200 Punkte könnte man durchaus einen Schlussstrich unter das Kapitel Korrektur ziehen. Weitere Kursgewinne wären dann nur eine Frage der Zeit", meint Oldenburger. Doch kein "Sell in May and go away" im DAX? Damit sieht die DAX-Monatsbilanz im April schwach aus, der Schlusskurs des vergangenen März hatte bei 18.492 Punkten gelegen. Gemäß einer bekannten Anlagestrategie enden heute die besten sechs Monate an der Börse (November bis April). Dem Mai eilt als Börsenmonat kein allzu guter Ruf voraus - oder ist das überholt? Die oft zitierte Börsenweisheit "Sell in May and go away" scheine ihren Schrecken ein wenig verloren zu haben, zu diesem Schluss kommt jedenfalls IG-Experte Christian Henke. "In den vergangenen zehn Jahren konnte der DAX im besagten Wonnemonat in 60 Prozent der Fälle um durchschnittlich 1,6 Prozent zulegen." Hoffnungssignal von der deutschen Wirtschaft Positive Signale für den deutschen Aktienmarkt kamen von der Konjunktur, ist die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal doch um 0,2 Prozent gewachsen. Ökonomen hatten im Schnitt nur mit einem Zuwachs von 0,1 Prozent gerechnet. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer führte das Plus teilweise auf die ungewöhnlich milde Witterung zurück, von der die Bautätigkeit profitierte. EU-Wirtschaft wächst um 0,3 Prozent Auch die Wirtschaft in der Europäischen Union ist zum Jahresauftakt wieder leicht gewachsen. In den 27 EU-Ländern stieg die Wirtschaftsleistung zwischen Januar und März im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent. Auch in der Eurozone wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,3 Prozent. Unterdessen verharrte die Inflationsrate in der Eurozone im April bei 2,4 Prozent. Immo-Aktien nach Vonovia-Zahlen stark gefragt Im DAX war gegen den Abwärtstrend die Vonovia-Aktie gefragt. JPMorgan-Analyst Neil Green attestiert Deutschlands größtem Wohnimmobilienkonzern einen ermutigenden Jahresstart. Vonovia erzielte von Januar bis März einen Gewinn von 335,5 Millionen Euro - nach einem Verlust von rund zwei Milliarden Euro vor Jahresfrist. Im Sog der Vonovia-Aktie legten auch andere Aktien aus dem Sektor zu. Im MDAX gehören TAG Immobilien, LEG Immobilien und Aroundtown zu den größten Gewinnern. Im SDAX stehen Patrizia Immobilien, Deutsche Wohnen und Grand City Properties auf den Kauflisten der Anleger. Schwacher Jahresstart von Volkswagen Dagegen ist der Volkswagen-Konzern angesichts von Problemen in China und belastet durch Modellanläufe schwächer ins neue Jahr gestartet. Der Umsatz ging im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um ein Prozent auf knapp 75,5 Milliarden Euro zurück. Das Ergebnis nach Steuern fiel um fast 22 Prozent auf 3,71 Milliarden Euro. Die Aktie verliert gut zwei Prozent. Enttäuschte Anleger lassen Mercedes-Benz fallen Größter DAX-Verlierer war Mercedes-Benz. Von Januar bis März sank das Betriebsergebnis des Autobauers um fast 30 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro. Die bereinigte Rendite von Mercedes-Benz Cars sackte um fast sechs Prozentpunkte auf 9,0 Prozent ab. Mercedes-Benz habe noch schwächer als befürchtet abgeschnitten, so ein Händler. ProSiebenSat.1: Aufspaltungsantrag knapp gescheitert Der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 ist im Strategiestreit mit seinem Hauptaktionär MFE mit einem blauen Auge davon gekommen. Bei der Hauptversammlung verfehlte der Antrag von MFE, dass ProSiebenSat.1 eine Abspaltung aller nicht zum Kerngeschäft zählenden Randaktivitäten vorbereiten solle, die nötige Dreiviertelmehrheit, wie Aufsichtsratschef Andreas Wiele sagte. Der Antrag erhielt zwar mit 70,95 Prozent eine deutliche Mehrheit der Stimmen, verfehlte aber knapp die vorgeschriebene 75-Prozent-Schwelle. Durchsetzen konnten die von der italienischen Familie Berlusconi kontrollierte MFE und der zweite Großaktionär PPF ihre gegen den Willen des Aufsichtsrats nominierten drei Kandidaten für das Gremium. MTU profitiert vom Eurofighter Der Eurofighter und die starke Nachfrage in der Wartung haben den Triebwerkshersteller MTU Aero Engines im ersten Quartal gestützt. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) legte um drei Prozent auf 218 Millionen Euro zu. Der Nettogewinn verharrte mit 158 Millionen Euro nahezu auf dem Vorjahresniveau. Covestro betätigt Jahresgewinnziel Niedrigere Verkaufspreise haben dem Kunststoffkonzern Covestro im ersten Quartal einen Ergebnisrückgang eingebrockt. Das operative Ergebnis (Ebitda) sank um 4,5 Prozent auf 273 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr erwartet Covestro unverändert ein Ebitda zwischen 1,0 und 1,6 Milliarden Euro. Commerzbank verspricht Aktionären weiteres Wachstum Nach einem Rekordgewinn im vergangenen Jahr bleibt die Commerzbank optimistisch. "Für das laufende Geschäftsjahr streben wir trotz der Konjunkturschwäche ein höheres Konzernergebnis als 2023 an", bekräftigte Konzernchef Knof auf der Online-Hauptversammlung. Mindestens 70 Prozent davon sollen durch Dividenden und Aktienrückkäufe an die Aktionäre ausgeschüttet werden. K+S startet besser ins Jahr als erwartet K+S, der Düngerkonzern, hat im ersten Quartal nach vorläufigen Zahlen ein operatives Ergebnis (Ebitda) von rund 200 Millionen Euro erzielt und damit die Analystenerwartungen von im Mittel 165 Millionen Euro deutlich übertroffen. Evotec und Bayer bauen Kooperation aus Das Biotechunternehmen Evotec weitet seine Zusammenarbeit mit dem Leverkusener Pharma- und Agrarkonzern Bayer aus. Der Fokus der Kooperation werde auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen erweitert, teilte Evotec mit. Finanzielle Details der neuen Vereinbarung wurden nicht genannt. Stahlkocher protestieren gegen Thyssenkrupp-Chef Tausende Stahlkocher von Thyssenkrupp haben heute in Duisburg für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und Standorte demonstriert. Die IG Metall wirft Konzernchef Lopez und Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm vor, in dem Verkaufsprozess von 20 Prozent der Anteile des Stahlunternehmens an die Gesellschaft EPGC des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky die Mitbestimmung zu übergehen. Lufthansa setzt den Rotstift an Die Lufthansa dreht nach den teuren Streiks des ersten Quartals an der Kostenschraube. Die Kernmarke Lufthansa will Sachkosten senken, Neuprojekte stoppen und Einstellungen in der Verwaltung prüfen. Konzernweit rechnet Vorstandschef Carsten Spohr für 2024 nur noch mit einem Flugangebot von 92 statt 94 Prozent des Niveaus aus der Zeit vor der Corona-Krise. Gutes Quartal für Großbank Santander Ein starkes Privatkunden-Geschäft auf dem Heimatmarkt hat den Gewinn der spanischen Großbank Santander im Auftaktquartal angeschoben. Der Nettogewinn kletterte binnen Jahresfrist um elf Prozent auf 2,85 Milliarden Euro. Der nach Börsenwert zweitgrößte Finanzkonzern der Euro-Zone bestätigte zudem seine Gewinnziele für das laufende Jahr. Opel-Mutter setzt auf neue Modelle Nach einem Umsatzminus von zwölf Prozent zum Jahresauftakt ist die Opel-Mutter Stellantis zuversichtlich, mit neuen Modellen in Fahrt zu kommen. Finanzchefin Natalie Knight sagte, die neuen Modelle seien "Blockbuster" und schafften "die Voraussetzungen für wesentlich verbessertes Wachstum und für Rentabilität in der zweiten Jahreshälfte". KI-Boom beschert Samsung Gewinnsprung Steigende Chippreise und der Boom rund um Künstliche Intelligenz haben dem Elektronikriesen Samsung im ersten Quartal 2024 einen deutlichen Gewinnsprung beschert. Der Überschuss erhöhte sich im Jahresvergleich um mehr als das Vierfache auf 6,75 Billionen Won (4,6 Milliarden Euro).
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2024-04-30
Gefürchtete Polizeibusse zurück auf Irans Straßen
Druck auf Frauen und Protestbewegung
Das Regime im Iran hatte die Protestbewegung von den Straßen vertrieben. Jetzt werden Kontrollen wieder härter. Karin Senz über das Todesurteil gegen einen Rapper und das mögliche neue Kopftuchgesetz.
Das Regime im Iran hatte die Protestbewegung von den Straßen vertrieben. Jetzt werden Kontrollen wieder härter. Das zeigt das Todesurteil gegen einen Rapper und das mögliche neue Kopftuchgesetz. Von Karin Senz Das iranische Regime verschärft seinen Druck auf die Protestbewegung im Land. Das zeigt das Todesurteil gegen den iranischen Rapper Toomaj Salehi. Seine Musik ist düster und voller Wut. Er drückt damit das Gefühl vieler junger Iranerinnen und Iraner aus. Das weiß auch das Regime. Das greift er in seinen Songs ganz offen an, besingt sein Ende. Das Todesurteil von vergangener Woche gegen ihn sehen Kritiker aber nicht nur als Strafe dafür. Es soll der jungen Protestbewegung das Signal geben: Wir schrecken auch nicht vor Euren Idolen zurück. Widerstand wird nicht geduldet. Auch nicht, wenn es darum geht, die Frauen wieder unter das Kopftuch zu zwingen. Frauen sollen Tschador tragen Der Oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei erklärt Anfang des Monats: "Gemäß der islamischen Rechtsprechung und aus religiöser Sicht müssen Frauen ihren ganzen Körper bedecken, außer die Handflächen und das Gesicht." Sie dürften das nicht vernachlässigen. Khamenei geht also noch weiter. Er will die Frauen unter den Tschador zwingen, das lange schwarze Tuch, das vom Kopf bis zum Boden reicht. Gefährliche Kontrollen Narges ist eine der Frauen, die nach dem Tod von Jina Mahsa Amini im September 2022 auf die Straße ging, natürlich ohne Kopftuch. Bis vor kurzem war die Mitte 30-Jährige in Teheran ohne unterwegs, zum Beispiel auf dem Weg zum Yoga. "Da haben sie mich aufgefordert, das Kopftuch aufzusetzen, mich verwarnt, weil ich ohne unterwegs war." Früher sei es möglich gewesen, solchen Situationen zu entfliehen, indem sie solche Aufforderungen ignoriert habe. Sie sei dann einfach schnell weggegangen. "Dieses Mal hab ich die schweren Schritte hinter mir gehört", erzählt die junge Frau während sie in ihrem Büro sitzt Sie hat blau-rot-lila gefärbte Haare. Das Fenster ist offen. Draußen zwitschern die Vögel. Aber die friedliche Atmosphäre trügt. Narges heißt eigentlich anders. Sie ist nervös, fühlt sich auch in ihrem Büro in Teheran nicht sicher, während sie weiter erzählt: "Plötzlich waren da vier oder fünf Polizisten und Polizistinnen. Da hab' ich mir schnell mein Tuch aufgesetzt." Die Polizistinnen hätten eine schwarzen Tschador getragen und Fotos von ihr gemacht. Sie befahlen ihr, zu einem Minibus der Polizei zu gehen. Das wollte Narges auch schon fast machen. "Dann hab‘ ich’s mir aber anders überlegt und gefragt: 'Warum soll ich? Jetzt trage ich doch ein Kopftuch'." Gefürchtete Minibusse Ihren Mut zum Protest hat sie noch nicht ganz verloren. In diesem Fall zahlt es sich aus. Sie diskutiert noch kurz mit den Beamtinnen und Beamten. Die sagen Narges, sie solle bloß nicht mehr ohne Kopftuch rausgehen. Dann darf sie weitergehen. In anderen Fällen drängt die Sittenpolizei Frauen in ihre Minibusse. Dieses gefürchtete Symbol für den Tod von Jina Mahsa Amini ist seit gut zwei Wochen zurück auf den Straßen im Iran. Eine neue Welle der Kopftuchkontrollen läuft. Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen in Genf berichtet, die iranische Polizei habe viele Frauen und Mädchen festgenommen. "Das ist alles eine Tortur" Im Café Farance in Teheran bedient das Personal auch Frauen ohne Kopftuch. Zumindest bis vor zehn Tagen. Stammgast Ali erzählt in einer versteckten Ecke, dass er dabei gewesen sei, als die Polizei das Café versiegelt habe: "Das war seit dem iranischen Neujahr im März hier im Café zwar das erste Mal. Aber im letzten Jahr war’s auch schon ein oder zwei Mal zu." Das Café gebe es seit mehr als 60 Jahren. "Hier stand Vida Movahed auf einem Stromkasten mit ihrem weißen Kopftuch an einen Stock gebunden. Das ist alles eine Tortur", erzählt Ali. Das Bild der jungen Frau geht 2017 um die Welt, ihr stiller Protest. Heute  - sechseinhalb Jahre später - holen sich Frauen wieder mit Kopftuch ihren Kaffee im Farance. Lockere Kleidung, kein Kopftuch, das war über Monate noch ihr Protest im Alltag, nachdem das Regime den Aufstand auf der Straße mit Gewalt niedergeschlagen und und durch Hinrichtungen erstickt hatte. Aber auch das bisschen Freiheit wolle ihnen das Regime wegnehmen, sagen Kritiker. Es gehe darum, die junge Generation in ihre Schranken zu weisen, ihnen Angst beizubringen, sie zu brechen. Neues Kopftuchgesetz: Härtere Strafen Ein Instrument dabei, das neue Kopftuchgesetz. Nach langem Streit könnte es jetzt bald in Kraft treten. Dann drohen den Frauen noch härtere Strafen: Beispielsweise bis zu 15 Jahre Haft, tausende Euro Geldbuße, jahrelanges Berufsverbot für Promis. Eine iranische Menschenrechtsorganisation berichtet von einer neuen Welle von Hinrichtungen, angeblich wegen Drogendelikten. Das Regime nutzt offenbar aus, dass sich die Welt aktuell auf den Krieg in Gaza und Irans Konflikt mit Israel konzentriert. Der Rapper Toomaj Salehi singt davon, dass Haare im Wind im Iran ein Verbrechen sind. Sein Anwalt will gegen das Todesurteil vorgehen und so Salehis Leben retten.
/ausland/asien/iran-sittenpolizei-108.html
2024-04-30
Keine Sofortmaßnahmen gegen deutsche Israel-Hilfe
Internationaler Gerichtshof
Der Internationale Gerichtshof hat es abgelehnt, Sofortmaßnahmen gegen Deutschland im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg durchzusetzen. Unter anderem ging es um Rüstungsexporte nach Israel. Geklagt hatte Nicaragua.
Der Internationale Gerichtshof hat es abgelehnt, Sofortmaßnahmen gegen Deutschland im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg durchzusetzen. Unter anderem ging es um Rüstungsexporte nach Israel. Geklagt hatte Nicaragua.  Das höchste Gericht der Vereinten Nationen, der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag, hat Deutschland vom Vorwurf der "Begünstigung eines Völkermordes" entlastet. Geklagt hatte Nicaragua wegen deutscher Rüstungsexporte nach Israel. Das mittelamerikanische Land hatte gefordert, dass das Gericht Deutschland anweist, diese und andere Lieferungen zu stoppen. Das Argument: Im Gazastreifen bestehe wegen des Vorgehens des israelischen Militärs die ernste Gefahr eines Völkermords. Berlin verstoße daher gegen die Völkermordkonvention von 1948, weil es Israel weiterhin mit Waffen beliefere. Nicaragua verwies auf eine vorangegangene Entscheidung des IGH, wonach es plausibel sei, dass Israel während seines Angriffs auf Gaza einige in der Völkermordkonvention garantierte Rechte verletzt habe. Mahnung des Gerichts auch an Deutschland Doch die UN-Richter wiesen die Forderung nach der Durchsetzung von Sofortmaßnahmen gegen Deutschland ab. "Das Gericht stellt fest, dass die Umstände im Moment nicht so sind, dass sie die Ausübung seiner Befugnis erfordern, einstweilige Maßnahmen anzuordnen", hieß es. Allerdings betonte der IGH bei der Bekanntgabe der Entscheidung die "tiefe Besorgnis" über die Situation in Gaza. Und der Gerichtshof erinnerte die Staatengemeinschaft an internationale Vereinbarungen, keine Waffen an Parteien bewaffneter Konflikte zu schicken. So werde verhindert, dass Konventionen zum Schutz vor Völkermord verletzt werden könnten. Ausdrücklich erwähnte das Gericht in diesem Zusammenhang auch Deutschland. Verfahren nicht komplett eingestellt Gleichzeitig lehnte das Gericht ab, das Verfahren gegen Deutschland komplett einzustellen. Abgewiesen wurde lediglich der Eilantrag Nicaraguas. Darin hatte das Land fünf Sofortmaßnahmen beantragt, darunter neben dem Exportstopp auch die sofortige Wiederaufnahme der Unterstützung für das UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA. Diese hatte Deutschland im Januar ausgesetzt, weil Mitarbeitern des UNRWA vorgeworfen worden war, in den Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober verwickelt gewesen zu sein. Nach der Veröffentlichung eines Untersuchungsberichts zu dem UN-Hilfswerk kündigte die Bundesregierung in der vergangenen Woche jedoch die Wiederaufnahme der Zahlungen an. Bundesregierung begrüßt Entscheidung Die Bundesregierung begrüßte die Entscheidung. Deutschland sei "keine Konfliktpartei in Nahost", betonte das Auswärtige Amt in einer Mitteilung auf X. Die Bundesrepublik sei der größte Geber von humanitärer Hilfe für die Palästinenser und arbeite unerlässlich dafür, dass die Hilfe die Menschen in Gaza erreiche. Allerdings habe der Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober "diese neue Spirale von Leid erst losgetreten, gegen den sich Israel verteidigen muss", so das Auswärtige Amt weiter. "Noch immer sind über 100 Geiseln in der Hand der Hamas, die die Menschen in Gaza als Schutzschilde missbraucht." Social-Media-Beitrag auf X von Auswärtiges Amt: "Niemand steht über dem Recht. Das leitet unser Handeln. Wir begrüßen den heutigen Beschluss des Internationalen Gerichtshof @CIJ_ICJ im Eilverfahren von #Nicaragua gegen Deutschland. 1/3" Lieferungen stets verteidigt Deutschland hatte die Vorwürfe Nicaraguas zu jedem Zeitpunkt zurückgewiesen. Die Bundesrepublik liefere Waffen "nur auf der Grundlage einer sorgfältigen Prüfung, die weit über die Anforderungen des Völkerrechts hinausgeht", hatte die Leiterin der Rechtsabteilung und Völkerrechtsberaterin des Auswärtigen Amts, Tania von Uslar-Gleichen, Anfang April vor dem Internationalen Gerichtshof gesagt. Die Sicherheit Israels stehe aufgrund der deutschen Geschichte "im Zentrum der deutschen Außenpolitik". Einer der Vertreter Nicaraguas, der deutsche Anwalt Daniel Müller, warf Deutschland hingegen vor, einerseits humanitäre Hilfe für die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen zu leisten und andererseits "die militärische Ausrüstung zu liefern, die verwendet wird, um sie zu töten". Der engste Verbündete Israels sind eigentlich die USA - Nicaragua habe aber den IGH gegen Deutschland angerufen, weil die USA das Gericht nicht anerkennen, erklärten die Anwälte des Landes.  Nicaragua mit dem Iran verbündet Das autoritär regierte Nicaragua gilt als Verbündeter des Iran, der seinerseits ein Erzfeind Israels ist. Im Zuge des Krieges in Gaza haben sich die Spannungen im gesamten Nahen Osten verschärft: Fast täglich gibt es Gefechte an der libanesisch-israelischen Grenze zwischen der vom Iran unterstützten und mit der Hamas verbündeten Hisbollah im Libanon und der israelischen Armee. Der lange währende Konflikt zwischen Israel und seinem Erzfeind Iran brach offen aus, als der Iran Mitte April von seinem Staatsgebiet erstmals Israel angriff.
/ausland/europa/den-haag-klage-deutschland-waffenlieferung-100.html
2024-04-30
Trump muss Ordnungsstrafe von 9.000 Dollar zahlen
Verstoß gegen Nachrichtensperre
Im Schweigegeld-Prozess sind Ex-US-Präsident Trump Kommentare über Verfahrensbeteiligte gerichtlich verboten worden. Er äußerte sich trotzdem und muss nun eine Strafe zahlen. Bei weiteren Verstößen droht Trump sogar Haft.
Im Schweigegeld-Prozess sind Ex-US-Präsident Trump Kommentare über Verfahrensbeteiligte gerichtlich verboten worden. Er äußerte sich trotzdem und muss nun eine Strafe zahlen. Bei weiteren Verstößen droht Trump sogar Haft. Im Prozess gegen Donald Trump im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin muss der frühere US-Präsident eine Ordnungsstrafe von 9.000 Dollar (rund 8.420 Euro) zahlen. Richter Juan Merchan reagierte damit in New York auf wiederholte Kommentare Trumps über Prozessbeteiligte. Diese sind ihm wegen einer entsprechenden Nachrichtensperre - einer "gag order" - nicht erlaubt. Die von Merchan verhängte Geldstrafe setzt sich aus je 1.000 Dollar für neun Verstöße zusammen. In seiner schriftlich bekanntgegebenen Entscheidung wies der Richter den Ex-Präsidenten zudem an, sieben "beleidigende Beiträge" aus Trumps eigenem Onlinedienst Truth Social und zwei Beiträge von seiner Wahlkampfwebsite zu entfernen. Merchan erklärte: "Der Angeklagte ist hiermit gewarnt, dass das Gericht fortgesetzte vorsätzliche Verstöße gegen seine gesetzmäßigen Anweisungen nicht hinnehmen wird und es, falls nötig und den Umständen angemessen, eine Haftstrafe verhängen wird." Staatsanwalt: Trump weiß genau was er tut In der Woche zuvor hatte Staatsanwalt Christopher Conroy eine Reihe von Verletzungen der Nachrichtensperre aufgezählt, die Trump über sein Konto auf der Plattform Truth Social oder auf seiner Wahlkampf-Website begangen hatte. Unter anderem seien die wahrscheinlichen Verfahrenszeugen Stormy Daniels und Michael Cohen angegriffen worden. Trump wisse genau, was er tun dürfe und was nicht, "und er tut es trotzdem", sagte Conroy und beantragte das Ordnungsgeld. "Wir streben noch keine Freiheitsstrafe an", obwohl Trump "scheinbar danach strebe", so der Staatsanwalt. Trumps Anwalt Todd Blanche hatte die Stellungnahmen seines Mandanten dagegen als Reaktionen auf politische Angriffe dargestellt: "Es ist erlaubt, auf politische Angriffe zu reagieren." Auf wiederholte Nachfrage des Richters, auf welche Attacken Trump dort reagiert habe, nannte Blanche keine spezifische Stellungnahme. Im Vorfeld des Prozesses hatte Trump unter anderem Richter Merchan und Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg immer wieder als korrupt und parteiisch dargestellt. Merchan belegte deshalb Kommentare über Staatsanwälte, Zeugen und Geschworene sowie deren Verwandten mit einer Schweigepflicht. Vorwurf der Fälschung von Geschäftsunterlagen Die Anklage wirft Trump vor, er habe den Ausgang der US-Präsidentenwahl 2016 mit der Zahlung von 130.000 Dollar Schweigegeld an Sex-Darstellerin Daniels beeinflussen wollen. Die Transaktion selbst war zwar nicht illegal, bei der Rückerstattung des Geldes an seinen Anwalt Michael Cohen habe Trump jedoch Geschäftsunterlagen gefälscht, um deren eigentlichen Zweck zu verschleiern. Es handelt sich um den ersten Strafprozess gegen einen Ex-Präsidenten in der US-Geschichte. Trump drohen mehrere Jahre Haft, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnten, oder eine Geldstrafe. Er selbst erklärte sich für nicht schuldig. Der voraussichtliche republikanische Kandidat für die anstehende Wahl des US-Präsidenten muss trotz seines Wahlkampfes an vier Tagen in der Woche vor Gericht erscheinen.
/ausland/amerika/trump-strafen-prozess-100.html
2024-04-30
Die SPD setzt auf Frieden - doch auf welchen?
Kritik an Haltung zu Ukraine
Die SPD stellt das Wort "Frieden" vermehrt in den Mittelpunkt. Sie positioniert sich als Gegner derjenigen, die ausnahmslos Waffenlieferungen an die Ukraine fordern. Kritiker befürchten, dass die Partei den Ernst der Lage verkennt. Von D. von Osten.
Die SPD stellt das Wort "Frieden" vermehrt in den Mittelpunkt. Sie positioniert sich als Gegner derjenigen, die ausnahmslos Waffenlieferungen an die Ukraine fordern. Kritiker befürchten, dass die Partei den Ernst der Lage verkennt. Von Demian von Osten Es dürfte ein bewusster Schritt der Strategen im Willy-Brandt-Haus gewesen sein: "Frieden sichern. SPD wählen." Das steht unter einem Foto von Bundeskanzler Olaf Scholz und Europa-Spitzenkandidatin Barley. Die Wahlkampagne der SPD setzt zuallererst auf das Wort Frieden. Im aktuellen Wahlwerbespot, in dem Barley und Scholz vor zwei Schachbrettern sitzen, nennt Barley Frieden noch vor Sicherheit, Gerechtigkeit und Zusammenhalt. Die SPD will sich als Friedenspartei inszenieren - doch viele fragen sich: Was genau bedeutet das? Friedens- und Entspannungspolitik steckt tief drin in der DNA der Partei. Die SPD-Legende Willy Brandt vertrat Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre eine Entspannungspolitik gegenüber der Sowjetunion und ihren Verbündeten, die dem damaligen Bundeskanzler den Friedensnobelpreis einbrachte. Zurück zur Jugend? Auch der heutige Bundeskanzler Scholz ist in seinen jungen Jahren ein Verfechter von Abrüstung gewesen. Als stellvertretender Bundesvorsitzender der Jusos reiste Scholz in den 1980er Jahren viele Male in die DDR. 1987 trat er bei einer Veranstaltung der SED-nahen Freien Deutschen Jugend (FDJ) auf und forderte: "Frieden kann heute und in dieser Welt nicht mehr militärisch hergestellt werden. Sicherheit und Frieden sind nur politisch herstellbar." Damals ging es um einen atomwaffenfreien Korridor in Europa. Mit der aktuellen Friedenskampagne kehrt Scholz auch ein Stück weit zurück zu seiner politischen Jugend - auch wenn er gleichzeitig einen sicherheitspolitischen Kurswechsel vollzogen hat und Deutschland unter seiner Kanzlerschaft zu einem der wichtigsten militärischen Unterstützer der Ukraine in Europa geworden ist. Wie viel hat die SPD dazu gelernt? Die SPD und Russland: Die Freundschaft von Altkanzler Gerhard Schröder zu Kremlchef Wladimir Putin, die Nord Stream-Pipelines, um billiges russisches Gas nach Europa zu bringen - es waren meist SPD-Politiker, die Russland an Europa binden wollten und damit Deutschland von Russland abhängig gemacht haben. Auch nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014 veränderte die SPD kaum ihre Haltung zum international immer aggressiver auftretenden Russland. Als 2015 die Warnungen vor einer Abhängigkeit von Russland laut wurden, sowohl in Deutschland als auch in anderen europäischen Staaten, hielt die SPD an dem Projekt fest. Sigmar Gabriel, damals Wirtschaftsminister und SPD-Chef, setzte das Projekt durch - begleitet vom offensichtlich falschen Hinweis von CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel, es sei ein rein privatwirtschaftliches Projekt. Erst nach dem Beginn der russischen Ukraine-Invasion räumte Gabriel Fehler ein. Noch immer gilt die SPD im Vergleich zu den meisten anderen deutschen Parteien als zögerlicher in Bezug auf die militärische Ukraine-Hilfe - und erntet dafür Kritik, auch aus den eigenen Reihen. Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth, starker Verfechter der Ukraine-Unterstützung, kandidiert nicht mehr für den Bundestag, auch weil er sich zunehmend von der SPD entfremdet habe. Treffen mit Historikern Fünf Professoren, selbst SPD-Mitglieder, kritisierten Scholz' Kommunikation und zögerliche Haltung bei der Unterstützung der Ukraine wie auch die Fehler der Vergangenheit in einem offenen Brief. "Teile der Partei denken ja anscheinend, es sei da mit einem Parteitagsbeschluss alles getan, dass da nicht alles gut war, was man in der Russlandpolitik gemacht hat," sagte einer der Unterzeichner Jan C. Behrends im RBB-Radio. "Wir glauben, dass man die gesamte Russlandpolitik der Bundesregierung aufarbeiten sollte." Heute sind die Unterzeichner des Briefes ins Willy-Brandt-Haus geladen. Prominente SPD-Politiker wehren sich indes gegen jene, die sich für mehr Waffenlieferungen in die Ukraine aussprechen. Olaf Scholz sagte im Zusammenhang mit der Taurus-Debatte: "Ich wundere mich, dass es einige gar nicht bewegt, ob es gewissermaßen zu einer Kriegsbeteiligung kommen kann durch das, was wir tun." Fraktionschef Rolf Mützenich forderte im Bundestag eine Diskussion über das "Einfrieren" des Konflikts. Und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, als Außenminister gemeinsam mit Bundeskanzlerin Merkel an den Minsk-Vereinbarungen zum Einfrieren des Krieges in der Ostukraine 2015 beteiligt, kritisiert den "wachsenden Ehrgeiz" der "Militärexperten, der Kaliber-Experten". Welcher Frieden ist gemeint? Ein Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine dürfte sich so ziemlich jeder herbeisehnen, auch um eine weitere Eskalation zwischen Russland und der NATO zu verhindern. Doch die Friedensrhetorik der SPD birgt das Risiko, dass darunter ein Diktatfrieden verstanden werden könnte - also ein Frieden unter Russlands Bedingungen. Ein solcher würde Kremlherrscher Putin für seinen Angriffskrieg belohnen und könnte ihn und andere Diktatoren zu weiteren militärischen Schritten ermuntern. Auf der anderen Seite sagen selbst ausgewiesene Hardliner in der deutschen Debatte: Jeder Krieg, auch dieser, wird irgendwann mit Verhandlungen enden, um einen Frieden herbeizuführen. Scholz' SPD dürfte mit ihrer neuen Friedensrhetorik vor der Europawahl verbreitete Sorgen in der Bevölkerung aufgreifen. Fast zwei Drittel sorgen sich laut ARD-Deutschlandtrend vom März dieses Jahres vor mehr russischer Einflussnahme in Europa, russischen Angriffen auf andere Staaten in Europa oder dass Deutschland in den Krieg hineingezogen werden könnte. Etwa ebenso viele sind gegen eine Lieferung der "Taurus"-Marschflugkörper an die Ukraine. Und in einer Forsa-Umfrage findet eine knappe relative Mehrheit, die Ukraine solle auch dann verhandeln, wenn Russland noch Teile ihres Staatsgebiets besetzt hält. Da erscheint es nur logisch, wenn die SPD diese Stimmungen in der Bevölkerung nicht nur den extremeren Kräften um AfD, BSW und Linke überlassen will.
/inland/innenpolitik/spd-russland-108.html
2024-04-30
BaFin verbietet Kreditgeschäft mit Rücklagen
Gelder von Wohnungseigentümern
Die Finanzaufsicht BaFin hat das Kreditgeschäft der Deutsche Rücklagen untersagt. Es geht um Darlehen in Millionenhöhe. Wohnungseigentümer, deren Geld in Anleihen der Deutsche Rücklagen steckt, machen sich Sorgen.
Die Finanzaufsicht BaFin hat das Kreditgeschäft der Deutsche Rücklagen untersagt. Es geht um Darlehen in Millionenhöhe. Wohnungseigentümer, deren Geld in Anleihen der Deutsche Rücklagen steckt, machen sich Sorgen. Von Claudia Gürkov, BR, und Volker Siefert, HR 'Irgendwas läuft mit unseren Rücklagen womöglich schief', schoss es Christian in München Ende November 2023 durch den Kopf. Das ARD-Magazin Report München zeigte gerade einen Beitrag über fragwürdige Geschäfte mit den Ersparnissen von Wohnungseigentümern. Christian ist Beirat einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), die bis vor kurzem von einer Hausverwaltung der Wiesbadener Consigma-Gruppe betreut wurde. Als Beirat ist er gewählter Vertreter der WEG. Seinen Nachnamen möchte er nicht veröffentlicht sehen.  "Erst durch den Bericht wurde mir klar, dass unser Erspartes möglicherweise in riskanten Anleihen steckt", sagt Christian. Es geht um 240.000 Euro. Seine WEG in München besteht aus 80 Wohnungen und benötigt die Rücklagen dringend, denn ein Heizungsboiler ist kaputt, und in der Tiefgarage gibt es Wasserschäden. Obwohl die WEG die Anleihe bei der DR Deutsche Rücklagen GmbH gekündigt hat, wartet sie bislang auf den Großteil des Geldes. Zahlreiche Wohnungseigentümer melden sich Seit Ende November haben sich rund 40 WEG aus Hessen, Baden-Württemberg und Bayern bei BR und HR gemeldet. Sie alle waren oder sind bei Hausverwaltungen der Consigma-Gruppe. Ihre Rücklagen, berichten sie, seien komplett oder teilweise in Anleihen der Deutsche Rücklagen geflossen. Einige haben ihr Geld inzwischen zurück, andere nur zum Teil. Eigentümer, deren Ersparnisse nach wie vor in Anleihen der Deutsche Rücklagen investiert sind, sind besorgt. Die Deutsche Rücklagen vergab von dem Geld Darlehen, nach eigenen Angaben an Firmen der Immobilienbranche; zudem seien die Darlehen über Einträge in Grundbücher abgesichert. Überprüfen können die Reporter dies nicht. BaFin ordnet Einstellung des Kreditgeschäfts an Mitte März untersagte die BaFin der Deutsche Rücklagen das Kreditgeschäft. Unter der Rubrik Warnungen & Aktuelles steht auf ihrer Webseite: "Die Finanzaufsicht BaFin hat mit Bescheid vom 12. März 2024 angeordnet, dass die in Tauberbischofsheim ansässige DR Deutsche Rücklagen GmbH ihr Kreditgeschäft einstellen und abwickeln muss. Sie hat dafür keine Erlaubnis." Wer Geld an andere verleiht, muss bestimmte Auflagen erfüllen. Über deren Einhaltung wacht die BaFin. Damit soll verhindert werden, dass Firmen durch riskante Geschäfte den Kreditmarkt in Schieflage bringen. Die Deutsche Rücklagen hat die erforderliche Erlaubnis nicht. Gegen diese Entscheidung könnte die Deutsche Rücklagen rechtlich vorgehen. Die Frage danach wird BR und HR nicht beantwortet. Von der Deutsche Rücklagen heißt es auf Anfrage, man sei "in enger Kommunikation" mit der BaFin und werde selbstverständlich entsprechend deren Vorgaben handeln. Der Geschäftsführer schreibt: "Die Deutsche Rücklagen GmbH garantiert selbstverständlich weiterhin die Rückzahlung der Anleihen gemäß der Anleihebedingungen, daran ändert die Mitteilung der BaFin nichts." Unternehmensnetzwerk mit Fragezeichen Die Deutsche Rücklagen ist Teil eines Unternehmensnetzwerkes. So stand es bis Mitte April auf der Webseite der GmbH. Das Netzwerk umfasst danach unter anderem die Consigma-Gruppe und die Deutsche Rücklagen sowie weitere Firmen in Deutschland und der Schweiz. Ebenfalls bis Mitte April teilte die Deutsche Rücklagen auf der Webseite mit, man gehöre zu einem Unternehmensnetzwerk, "das maßgeblich von zwei Personen gesteuert wird". Dabei handelt es sich danach um einen Geschäftsführer der Deutsche Rücklagen und Dr. U. Ihn führt die Deutsche Rücklagen bis zum Umbau des Webauftritts als "Ideengeber und Gründer". Zudem ist Dr. U. wirtschaftlich Berechtigter zweier Firmen, die wiederum Gesellschafter der Deutsche Rücklagen sind. All diese Angaben sind nicht mehr auf der Homepage zu finden. Eigentümerversammlung muss entscheiden In vielen Fällen, die BR und HR vorliegen, hatten Consigma-Verantwortliche keinen Eigentümerbeschluss eingeholt, ob sie angesparte Gelder in Anleihen der Deutsche Rücklagen investieren dürfen. Doch genau das sieht die Rechtsprechung vor, sagt WEG-Fachanwalt Burkhard Rüscher aus München: "Nur mündelsicher, ohne Verlustrisiko und schnell verfügbar dürfen Hausverwalter Rücklagengelder anlegen, für alles andere benötigt der Verwalter einen genehmigenden Beschluss der Eigentümerversammlung." Die Rechtsanwältin der Consigma-Gruppe schreibt BR und HR, man habe sich an bestehende Verwalterverträge gehalten. Auch der Vorstandsvorsitzende der Consigma Holding AG, Dr. U., verteidigt das Vorgehen. Er hält auch eine Zustimmung der WEG zum Jahresabschluss für eine Genehmigung. Weiter betont Dr. U., man verhalte sich gemäß den gesetzlichen Vorgaben und lege die Rücklagen sicher und gut verzinst an. Unregelmäßigkeiten seien nicht bekannt. Kein einheitlicher Umgang mit WEG-Geldern Nicht alle WEG, die ihr Geld zurückfordern, werden gleich behandelt. Eine kleine Gruppe von WEG bekam ihr Geld kurz nach Kündigung der Anleihe von der Deutsche Rücklagen komplett zurückerstattet. In anderen Fällen wurden Teilbeträge zurückbezahlt. Weitere WEG warten noch auf ihr Geld. Teilweise wurde auf Anfragen der WEG nicht reagiert. Nicht wenige machen sich Sorgen, ob sie ihr Geld zurückbekommen. Die Deutsche Rücklagen schreibt auf Anfrage von BR und HR: "Kein Anleger muss sich um seine bei der Deutschen Rücklagen angelegten Gelder Sorgen machen oder zu einer vorzeitigen Kündigung veranlasst sehen." Die Münchner WEG sorgt sich trotzdem, ob sie ihr Geld zurückbekommt. Als BR und HR nachfragen, antwortet Dr. U., die Gutschrift werde laut Anleihebedingungen zum 30. Juni 2024 erfolgen. Einige Wohnungseigentümer haben Strafanzeige gegen Verantwortliche in dem Unternehmensnetzwerk rund um die Consigma und die Deutsche Rücklagen erstattet. Inzwischen befassen sich nach Recherchen von BR und HR drei Staatsanwaltschaften mit dem Fall. Bisher haben die Staatsanwaltschaften in Stuttgart, Darmstadt und Wiesbaden kein Ermittlungsverfahren eröffnet. Einen Fernsehbeitrag können Sie im Report München um 21:45 im Ersten sehen.
/investigativ/br-recherche/wohnungseigentuemer-gemeinschaften-immobilien-kreditgeschaefte-100.html
2024-04-30
Bundespräsident mit SPD-Ostpolitik im Rucksack
Steinmeier zu Ukraine-Hilfe
Das Nein von Kanzler Scholz bei Waffenlieferungen an die Ukraine stößt bei Bundespräsident Steinmeier auf Verständnis. Er spottet über "Kaliberexperten", die mehr wollen. Damit macht er sich angreifbar, meint Georg Schwarte.
Das Nein von Kanzler Scholz bei Waffenlieferungen an die Ukraine stößt bei Bundespräsident Steinmeier auf Verständnis. Er spottet über "Kaliberexperten", die mehr wollen. Damit macht er sich angreifbar, meint Georg Schwarte. Von Georg Schwarte "Kaliberexperten" also. Das sind wohl die, die der Kanzler, wenn er die bekannten oder selbsternannten Militärexperten hierzulande beschimpfen möchte, gern "Jungs und Mädels" nennt. Weil die "Kaliberexperten" ihm so dermaßen auf die Nerven gehen. Jetzt also legt sich der Bundespräsident mit den "Kaliberexperten" an. Ja, wir haben einen Bundespräsidenten, auch wenn manche sagen, man habe von Joachim Gauck ja doch länger nichts mehr gehört. Der Bundespräsident heißt aber Steinmeier und war bisher nicht durch nachhaltig in Erinnerung bleibende Auftritte oder bewegende Reden aufgefallen. So gesehen sorgt das Staatsoberhaupt gerade für ungewöhnlich viel Aufregung auf einmal. Was nicht per se schlecht sein muss. Erst Dönerspieß - dann Kaliberexperten Erst reist der Mann mit einem Dönerspieß samt Koch in die Türkei und bezieht Prügel für ein falsch gewähltes Symbol der Integration türkischer Einwanderer in Deutschland. Jetzt hat er offenbar Grenzen überschritten, weil er die Militärexperten als "Kaliberexperten" beleidigt, die unter anderem über das Taurus-Waffensystem mit - so Steinmeier - "Ausgelassenheit und wachsendem Ehrgeiz" diskutieren würden. "Kaliberexperten". Darf er das? Darf ein Bundespräsident sagen, dass es keine schlechte Zwischenbilanz für Deutschland sei, wenn nach zweieinhalb Jahren Krieg die deutsche Bevölkerung mehrheitlich die militärische und wirtschaftliche Unterstützung der Ukraine weiter befürworte? Ja, er darf das grundsätzlich. Manchmal muss dieser Bundespräsident vielleicht sogar zuspitzen, um aus dem Gewirr verschachtelter Gemeinplätze heraus verstanden zu werden. Die Tatsache übrigens, dass die bekannten oder selbsternannten Militärexperten sich jetzt alle derart aufregen, muss kein schlechtes Zeichen sein. Schwierig allein wird die Sache, weil der Bundespräsident Steinmeier heißt. Ein langjähriger SPD-Politiker mit derzeit ruhendem Parteibuch, der einem SPD-Kanzler mit ruhendem Puls attestiert, einen ganz guten Job gemacht zu haben. SPD-Ostpolitik holt Steinmeier ein Ein Mann mit außenpolitischen Altlasten im Rucksack, der als Kanzleramtschef, als Außenminister eine Russlandpolitik verfolgte, die im heutigen Lichte sogar Steinmeier selbst ratlos und sehr schweigsam macht. Ein Mann, der vom ukrainischen Präsidenten ausgeladen wurde, bevor er doch noch nach Kiew reisen durfte. Ein Mann, der jahrzehntelang SPD-Ostpolitik inhalierte und später für den Geschmack vieler seine Fehler zu wenig reflektierte. "Das Amt des Bundespräsidenten ist ein überparteiliches, und ich verspreche Ihnen: So werde ich es weiterführen." Das hat Steinmeier zu Beginn seiner zweiten Amtszeit gesagt. So weit so schön. Noch besser wäre es, wenn dieser Bundespräsident uns Mitbürgerinnen und Mitbürgern in diesen Zeiten die Zeitenwende erklären würde. Eine Zeitenwende, die der Kanzler so mutig ausrief, aber sich danach nie traute, daraus folgende Zumutungen zu beschreiben. Ein Bundespräsident muss mir nicht erklären, warum ein Taurus-Marschflugkörper geliefert oder eben nicht geliefert wird. Dafür gibt es - genau - die angeblichen Kaliberexperten. Ein Bundespräsident aber sollte in Zeitenwendezeiten mir die Ernsthaftigkeit der Lage erklären können und vor allem wollen. Ein solcher Bundespräsident aber fehlt.
/kommentar/steinmeier-ukraine-kaliber-experten-100.html
2024-04-30
Pistorius unterzeichnet Osnabrücker Erlass
Bundeswehr-Reform
Der Osnabrücker Erlass soll die geplante Reform der Bundeswehr einleiten. Pistorius bezeichnete ihn als "Kernstück" der angekündigten "Zeitenwende". Entsprechende Maßnahmen hatte er schon Anfang April vorgestellt.
Der Osnabrücker Erlass soll die geplante Reform der Bundeswehr einleiten. Pistorius bezeichnete ihn als "Kernstück" der angekündigten "Zeitenwende". Entsprechende Maßnahmen hatte er schon Anfang April vorgestellt. Es ist ein symbolischer Auftakt für die Neustrukturierung der Bundeswehr: Am Mittag hat Verteidigungsminister Boris Pistorius im Rathaus seiner Heimatstadt den Osnabrücker Erlass unterzeichnet. Das Dokument regelt, wie die Führungsebene der Bundeswehr neu geordnet wird. "Der Erlass ist ein weiteres Kernstück, wenn auch ein formales, der Zeitenwende", sagte Pistorius. Er bringe Deutschland "dem Ziel näher, Abschreckung und Verteidigung wieder in den Mittelpunkt zu stellen." Das sei vor allem mit Blick auf den Krieg in der Ukraine nötig, denn die Bedrohungslage in Europa sei "mit Putins Krieg in der Ukraine eine komplett andere geworden", sagte der Verteidigungsminister. Nachdem die Bundeswehr zuletzt eher auf Auslandseinsätze fokussiert war, gehe es jetzt "wieder um Landes- und Bündnisverteidigung." Schlankere Führungsstruktur und neue Teilstreitkaft Schon im Herbst kündigte Pistorius eine Strukturrefom bei der Bundeswehr an. Anfang April stellte er dann seine konkreten Pläne vor. Unter anderem sollen das territoriale Führungskommando für das Inland und das Einsatzführungskommando für Auslandseinsätze zusammengefasst werden Außerdem soll das Kommando Cyber- und Informationsraum als vierte Teilstreitkraft neben Heer, Marine und Luftwaffe gelten. Ziel der Reformen ist es, die Armee verteidigungsfähiger zu machen. Mit dem Erlass liege jetzt "die formale Grundlage für eine kriegstüchtige Führungsorganisation vor", sagte Pistorius im Rahmen der Unterzeichnung. Vierter Erlass seiner Art Der Osnabrücker Erlass tritt am 1. Mai in Kraft. Er löst damit den Dresdner Erlass ab, den 2012 Pistorius Vorgängers Thomas de Maizière verfügt hat. Es die vierte derartige Regelung zur Neustrukturierung in der Geschichte der 1955 gegründeten Bundeswehr.
/inland/innenpolitik/pistorius-osnabruecker-erlass-100.html
2024-04-30
14-Jähriger stirbt nach Attacke mit Schwert
London
Bei einem Angriff in London ist ein 14-jähriger Junge getötet worden. Weitere Menschen wurden verletzt. Laut aktuellem Ermittlungsstand gibt es keinen terroristischen Hintergrund für die Tat.
Bei einem Angriff in London ist ein 14-jähriger Junge getötet worden. Weitere Menschen wurden verletzt. Laut aktuellem Ermittlungsstand gibt es keinen terroristischen Hintergrund für die Tat. Die Polizei in London hat einen 36 Jahre alten Mann festgenommen, der mit einem Schwert mehrere Menschen angegriffen hat. Dabei verletzte er auch einen 14-Jährigen. Der Junge wurde in ein Krankenhaus gebracht, starb jedoch an seinen Verletzungen. Der Täter soll zuerst mit einem Fahrzeug in ein Haus gefahren sein und anschließend Menschen in der Nähe der U-Bahn-Station Hainault angegriffen haben. Auf Videoaufnahmen in britischen Medien war ein Mann in einem gelben Kapuzenpullover zu sehen, der ein langes Schwert oder Messer trug und sich in der Nähe von Häusern in der Gegend zu Fuß fortbewegte. Der verletzte 14-jährige Junge sei mit Stichverletzungen in ein Krankenhaus gebracht worden, aber dort gestorben, sagte Chief Superintendent Stuart Bell von der Londoner Polizei am Dienstag. Zwei Polizisten hätten erhebliche Verletzungen erlitten und seien operiert worden. Sie seien aber vermutlich außer Lebensgefahr. Auch zwei weitere Menschen seien verletzt worden, aber nicht lebensgefährlich, sagte Bell. Die Polizei geht davon aus, dass der Angriff kein gezielter Angriff war. Es handele sich zudem vermutlich nicht um eine Terrorattacke.
/ausland/europa/messerattacke-london-100.html
2024-04-30
Berliner Verkehrssenatorin Schreiner tritt zurück
Uni entzieht Doktorgrad
Berlins Verkehrssenatorin Manja Schreiner tritt von ihrem Amt zurück. Hintergrund ist die Überprüfung ihrer Doktorarbeit. Die Universität Rostock werde ihr den Doktorgrad aberkennen, erklärte Schreiner erstmals öffentlich.
Berlins Verkehrssenatorin Manja Schreiner tritt von ihrem Amt zurück. Hintergrund ist die Überprüfung ihrer Doktorarbeit. Die Universität Rostock werde ihr den Doktorgrad aberkennen, erklärte Schreiner erstmals öffentlich. Im August 2023 wurde die Überprüfung der Doktorarbeit von Manja Schreiner (CDU) wegen möglicher Plagiate angestoßen Die Universität Rostock enzieht der Politikerin nun den Doktortitel Schreiner kündigte am Dienstag ihren Rücktritt an Sie will die Einschätzung der Uni privat anfechten Die Berliner Verkehrssenatorin Manja Schreiner tritt zurück. In einem kurzen Statement sagte die CDU-Politikerin am Dienstagvormittag zur Begründung, die Universität Rostock werde ihr den Doktortitel entziehen. Um Schaden vom Berliner Senat abzuwenden, habe sie den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) deshalb um ihre Entlassung gebeten. "Ich tue dies sehr schweren Herzens", sagte die Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, "ich hätte sehr gerne mit all meiner Kraft diese Stadt weiter gestaltet." Schreiner betonte, sie habe in ihrer Dissertation an keiner Stelle vorsätzlich getäuscht oder betrogen. Als Privatperson werde sie deshalb Widerspruch gegen die Entscheidung einlegen. Wegner teilte rund eine Stunde später mit, dass er der Bitte Schreiners nachkomme. Wer auf ihren Posten folgen werde, steht demnach nicht fest. "Es werden zeitnah Gespräche geführt", so der Regierende Bürgermeister. Seit dem Wochenende stehen Vorwürfe wegen angeblich unsauberer Zitate in der Doktorarbeit von Verkehrssenatorin Manja Schreiner im Raum. Die Uni Rostock prüft nun ihre Arbeit. Dies hatte Schreiner selber angestoßen.mehr Überprüfung nach Plagiatsvorwürfen gegen Schreiners Doktorarbeit Manja Schreiner hatte die Universität Rostock im vergangenen Sommer selbst darum gebeten, ihre juristische Doktorarbeit aus dem Jahr 2007 zu überprüfen. Damit reagierte sie auf Berichte über Plagiate in der Arbeit zum Thema "Arbeitnehmerberücksichtigung im Übernahmerecht". Die Universität Rostock begründete den Entzug des Doktortitels nun mit dem Ausmaß an nicht ausreichend gekennzeichneten Textübernahmen in ihrer Dissertation. Die Quantität der Fehler und ihre qualitative Gewichtung ließen den Fakultätsrat zu dem Schluss kommen, dass das Werk den Ansprüchen an eine wissenschaftliche Arbeit nicht genüge, teilte das Gremium der Juristischen Fakultät am Dienstag mit: "Daher hätte Frau Schreiner der Doktorgrad nicht verliehen werden dürfen. Der Fakultätsrat hat daher einstimmig beschlossen, den Doktorgrad wieder zu entziehen." Zuerst war der Vorwurf im Fachmagazin "Neue Juristische Wochenschrift" aufgetaucht. Der Frankfurter Rechtsprofessor Roland Schimmel hatte in einem Artikel über sogenannte "Bauernopfer" in akademischen Schriften Schreiners Arbeit als Beispiel genannt. Als "Bauernopfer" werden Textübernahmen aus anderen Arbeiten bezeichnet, bei denen die Quelle zwar genannt wird, aber beispielsweise nicht klar gekennzeichnet ist, in welchem Umfang Text übernommen wurde. Danach hatten Fachleute auf der Plattform Vroni-Plag Wiki die Doktorarbeit analysiert und nach eigenen Angaben "zahlreiche und umfängliche Plagiatsbelege" gefunden. Auf der Website heißt es, mehr als zwei Drittel der Seiten enthielten Plagiatstext, auf 13 Seiten machten die problematischen Stellen mehr als 75 Prozent des Textes aus. Hauptsächlich gehe es dabei um "Bauernopfer", teilweise aber auch um "Komplettplagiate". Mehr Miteinander auf Berlins Straßen hat Verkehrssenatorin Manja Schreiner versprochen. Polarisiert hat sie aber mit ihrem Radwege-Stopp. Kritiker sehen in ihr eine reine Auto-Senatorin. Zum Amtsjubiläum will Schreiner mit Zahlen gegenhalten. Von Jan Menzelmehr Auch Giffey trat nach Plagiatsvorwürfen zurück Schreiner selbst hatte sich bis Dienstag nie öffentlich zu den Vorwürfen geäußert. Aus ihrem Umfeld hieß es zuletzt, sie habe "eine tiefe Grundüberzeugung, nichts falsch gemacht zu haben". Manja Schreiner ist nicht die erste Berliner Spitzenpolitikerin, die nach Plagiatsvorwürfen ein Amt verliert. 2021 trat die heutige Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) als Bundesfamilienministerin zurück, als sich abzeichnete, dass ihr die Freie Universität den Doktortitel entziehen würde. Wenige Monate später trat Giffey aber als Spitzenkandidatin bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl an und wurde nach dem SPD-Wahlsieg Regierende Bürgermeisterin. Trotz Verlust des Doktortitels im Amt blieb 2012 der damalige CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Florian Graf. Schreiner stieß mit ihrer Politik als Verkehrssenatorin auf Kritik Schreiner ist Juristin und gehört dem schwarz-roten Berliner Senat seit Ende April 2023 an. Von 1996 bis 2001 studierte sie Rechtswissenschaften an der Universität Rostock. Nach dem Referendariat schloss sie ein Masterstudium in Internationalem und Europäischem Wirtschaftsrecht an. Von 2005 bis 2007 promovierte sie in Rostock. Als Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt stieß Schreiner mit etlichen ihrer Entscheidungen auf Kritik aus der Stadtgesellschaft. Kritiker aus anderen Parteien warfen ihr vor, nach den Bemühungen der rot-grün-roten Vorgängerregierung um eine ökologische Verkehrswende wieder stärker eine Mobilitätspolitik für das Auto zu machen. Anerkennung aus der CDU, Kritik aus der Opposition "Wer getäuscht und Privilegien missbraucht hat, muss Konsequenzen ziehen", kommentierte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Werner Graf am Dienstag die Rücktritts-Ankündigung. "Daher war der Rücktritt Manja Schreiners nach der Aberkennung ihres Doktortitels der einzig mögliche Schritt." Die nun frei werdende Stelle Schreiners müsse "zügig neu besetzt werden". Er kritisierte Schreiners Arbeit als Verkehrssenatorin als "Stop-Politik" und forderte eine "progressive, mutige und nachhaltige Verkehrspolitik" für Berlin. Der Regierende Bürgermeister Wegner betonte in seinem Statement, er sei dem Rücktrittsgesuch "schweren Herzens" nachgekommen. Wegner nannte Schreiner "ein Gesicht und eine Stimme für eine dringend notwendige Verkehrswende in unserer Stadt, die die Ideologie der letzten Jahre überwindet". Schreiner habe in den vergangenen zwölf Monaten "die richtigen Schwerpunkte gesetzt und sich für eine Verkehrspolitik eingesetzt, die alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer in den Blick nimmt." Die Berliner CDU-Generalsekretärin Ottilie Klein zollte Schreiner auf X ihren Respekt. "Die vor einem Jahr begonnene Wende hin zu einer fairen Mobilität für alle trägt ihre Handschrift." Die Vorsitzende der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Kristin Brinker, lobte den Rücktritt der Verkehrssenatorin als "politischen Anstand". Schreiner war "als Verkehrssenatorin eine positive Abwechslung zu ihren rein ideologisch motivierten Vorgängern. Sie war erkennbar bemüht, die vielfältigen verkehrlichen Interessen der Berliner unter einen Hut zu bekommen, anstatt wie ihre Vorgänger die Verkehrsteilnehmer gegeneinander auszuspielen", so Brinker. Sendung: rbb24 Inforadio, 30.04.2024, 11:30 Uhr
/inland/regional/berlin/verkehrssenatorin-schreiner-ruecktritt-berlin-100.html
2024-04-30
Wenn Worte Kinderseelen verletzen
Tag der gewaltfreien Erziehung
Eine abfällige Bemerkung hier, ein demotivierendes Feedback da: Gewalt gegenüber Kindern muss nicht immer körperlich sein. Auch emotional können Eltern Kinder tief treffen - mit teils schwerwiegenden Folgen.
Eine abfällige Bemerkung hier, ein demotivierendes Feedback da: Gewalt gegenüber Kindern muss nicht immer körperlich sein. Auch emotional können Eltern Kinder tief treffen - mit teils schwerwiegenden Folgen. Die Zeiten, in denen der Lehrer im Klassenzimmer den Rohrstock schwingt, sind längst vorbei. Doch eine gewisse körperliche Züchtigung finden erstaunlich viele Eltern bis heute sinnvoll. Dabei ist für Forschende längst belegt, dass Körperstrafen für die Erziehung nicht hilfreich sind - und die Kinder im schlimmsten Fall für ihr Leben zeichnen. Darauf soll der heutige Tag für gewaltfreie Erziehung aufmerksam machen. Die Zustimmung zu körperlichen Strafen in der Erziehung ist im Laufe der Jahre in Deutschland zwar stetig zurückgegangen - aber verschwunden sind vor allem vermeintlich leichte Strafen wie eine Ohrfeige noch längst nicht. In einer Untersuchung der Universitätsklinik Ulm im Jahr 2020 stimmten 52,4 Prozent der 2.500 Befragten der Aussage zu, ein Klaps auf dem Hintern habe "noch niemandem geschadet". 23,1 Prozent fanden es in Ordnung, ein Kind im Rahmen der Erziehung zu ohrfeigen. 7,2 Prozent halten eine Tracht Prügel für eine akzeptable Erziehungsmaßnahme. "Teufelskreis der Gewalt" Unter Männern ist die Zustimmung zu solchen Körperstrafen dabei deutlich höher als unter Frauen. Und: Wer als Kind selbst körperlich gezüchtigt wurde, macht das bei seinen Kindern oft ähnlich. Konkret: Bei der Aussage, ein Klaps auf den Hintern habe noch keinem Kind geschadet, war die Zustimmung unter den Befragten mit eigenen Gewalterfahrungen in der Kindheit 16 Mal so hoch wie bei Befragten, die als Kind keine Körperstrafen erlebt haben. Die Ulmer Wissenschaftler sprechen deshalb von einem "Teufelskreis der Gewalt". Einen pädagogischen Nutzen habe eine solche Bestrafung jedenfalls nicht, betont Tobias Hecker, Professor für Klinische Psychologie und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld. "So eine Strafe führt eigentlich immer in einen Machtkampf, der wenig Lerneffekt und viel Widerstand bei einem Kind hervorruft." "Das schaffst Du eh nicht" In vielen Fällen läuft das, was Wissenschaftler als Gewalt gegen Kinder bezeichnen, aber viel subtiler und ohne Handgreiflichkeiten ab - etwa mit abfälligen Bemerkungen oder demotivierendem Feedback. "Das wird häufig gar nicht als Gewalt wahrgenommen", sagt Hecker. "Aber wenn man die Folgen anschaut, dann ist das für die psychische Gesundheit mindestens genauso schwerwiegend - vielleicht sogar schwerwiegender." Meist finde emotionale Gewalt durch kleine, fast beiläufige Sätze statt. "Erwachsene verfügen über unendlich viele Möglichkeiten, ein Kind in Angst und Schrecken zu versetzen, ohne es je einmal anzurühren", sagt Sabine Andresen, Präsidentin des Deutschen Kinderschutzbundes. "Das schaffst Du eh nicht!", sei so ein Satz. Oder: "Jetzt stell dich nicht so an!" Oder: "Wenn du nicht mitkommst, dann gehe ich ohne Dich!" Gerade in einer Phase, in der Kinder Selbstbewusstsein entwickeln sollen, könnten solche Sätze eine verheerende Wirkung haben, sagt Andresen. "Wenn man solche Sprüche über Jahre hört, dann kann das in allen Bereichen massive Folgen haben, auch für die Bildungschancen eines Kindes oder Jugendlichen", betont Andresen, die als Professorin für Sozialpädagogik und Familienforschung an der Goethe-Universität Frankfurt am Main lehrt. "Du ziehst das ganze Team runter" Anders als bei körperlicher Gewalt wissen Forschende bislang noch relativ wenig über Verbreitung und Folgen von emotionaler Gewalt in Familie oder Schule. Die Sporthochschule Köln und die Universitätsklinik Ulm haben 2022 aber den Vereinssport unter die Lupe genommen. 4.300 Mitgliedern von Sportvereinen wurden repräsentativ befragt. Immerhin 63 Prozent gaben an, psychische Gewalt im Verein erfahren zu haben - die meisten sogar mehrfach. Gemeint sind etwa Sätze wie "Du ziehst das ganze Team runter" oder abfällige Bemerkungen über das Gewicht eines Kindes. "Oft fehlt es den Erwachsenen an Bewusstsein dafür, wie sehr solche Sätze die Kinder entwürdigen und demotivieren", sagt Andresen. In einer internationalen Studie hätten die befragten Kinder gesagt, einmal eine Ohrfeige zu bekommen sei weniger schlimm als in einem Klima emotionaler Gewalt leben zu müssen. Auch Depressionen, Ängste und ein überhöhtes Stress-Empfinden im Erwachsenenalter würden inzwischen in Zusammenhang gebracht mit Erfahrungen von emotionaler Gewalt in Kindheit und Jugend. Alle Erwachsenen müssten aufmerksamer werden für die Wirkung solcher Sätze, fordern Andresen. "Emotionale Gewalt hinterlässt keine sichtbaren Spuren." Deshalb blieben die Kinder mit den Folgen noch viel häufiger allein als bei körperlicher Gewalt. Wie viel Strenge in der Erziehung ist erlaubt? Die Mahnung zu einer gewaltfreien Erziehung heiße aber nicht, dass man den Kindern alles durchgehen lassen müsse, betonen die Experten. "Kinder brauchen Orientierung. Es ist wichtig, ihnen Grenzen zu setzen und Regeln für das Miteinander zu vermitteln", betont Hecker. "Wenn das Kind solche Regeln nicht einhält, dann darf das Konsequenzen haben." Wichtig sei, möglichst konkret aufzuzeigen, welche negativen Folgen ein Fehlverhalten hat. Wenn sich Geschwisterkinder prügeln, könnten Eltern anschließend helfen, bei den Kindern Verständnis füreinander zu schaffen. Wenn ein Kind sein Zimmer anders als verabredet nicht aufgeräumt hat, dann könne die Konsequenz sein, dass es eben noch nicht zu einem Freund zum Spielen gehen darf. "Kindern sind ihre Regelbrüche eigentlich immer bewusst", sagt Hecker. Daraus entstehe dann auch ein Lerneffekt. "Eine Strafe ist hingegen eher eine Strategie der Eltern, die damit ihre eigenen Gefühle regulieren wollen." Wer trotzdem mal aus der Haut fährt, habe deshalb nicht sofort als Vater oder Mutter versagt. "Jedes Elternteil wird irgendwann mal ein Kind anschreien", sagt Hecker. "Wenn das mal passiert, hat es für ein Kind nicht gleich schädliche Folgen. Aber es ist schon wichtig, sich nach so einer Situation zu reflektieren." Kinder und Jugendliche könnten sehr gut unterscheiden, ob die Eltern sie immer von oben herab behandeln oder ob sie in einer stressigen Situation mal überreagieren, betont auch Andresen. "Dann sollte einem aber auch kein Zacken aus der Krone brechen, anschließend zu sagen: Ich wollte nicht so harsch sein, es tut mir leid."
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2024-04-30
Was sich beim Autokauf ändert
Neues Pkw-Label
Die Angaben für Autokäufer auf dem sogenannten Pkw-Label werden ab dem 1. Mai transparenter. Neben detaillierteren Verbrauchsangaben sind künftig auch die möglichen CO2-Kosten aufgeführt.
Die Angaben für Autokäufer auf dem sogenannten Pkw-Label werden ab dem 1. Mai transparenter. Neben detaillierteren Verbrauchsangaben sind künftig auch die möglichen CO2-Kosten aufgeführt. Wer einen Neuwagen kauft, erhält ab dem 1. Mai mehr Informationen beim Händler. Das 2011 eingeführte Pkw-Label, das Angaben zur Verbrauchseffizienz in den bekannten farbigen Balken enthält, wurde reformiert. Nach Angaben des ADAC werden die Angaben zum Sprit- oder Stromverbrauch und zu den CO2-Emissionen transparenter. So werden neben dem "kombinierten" Kraftstoff- beziehungsweise Stromverbrauch auch ergänzende Angaben zum Energieverbrauch in der "Innenstadt", am "Stadtrand", auf der "Landstraße" und der "Autobahn" gemacht. Für Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride wird zudem die elektrische Reichweite in Kilometern angegeben. Gewicht spielt keine Rolle mehr Auch ändert sich die Methodik für die CO2-Farbskala: Wie bisher wird ein Pkw von A (grün) bis G (rot) eingeteilt, aber die Skala orientiert sich nur noch am absoluten CO2-Ausstoß. Die bisherige Einteilung hatte auch das Fahrzeuggewicht berücksichtigt, was schwereren Fahrzeugen oft zu einer besseren CO2-Klasse verhalf. Mögliche CO2-Kosten werden ausgewiesen Neben der Kfz-Steuer und den Energiekosten pro Jahr werden nun auch die möglichen CO2-Kosten über die nächsten zehn Jahre ausgewiesen. Die steigende CO2-Bepreisung fossiler Kraftstoffe ist auf lange Sicht ein wesentlicher Kostenfaktor. Da ihre künftige Entwicklung unsicher ist, werden der Berechnung drei mögliche durchschnittliche CO2-Preise zugrunde gelegt.
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2024-04-30
Polizei räumt Zeltlager neben Pariser Rathaus
Migration in Frankreich
Ende Juli beginnen in Paris die Olympischen Spiele. Mit dem Näherrücken des Weltereignisses würden nun vermehrt Lager von Migranten in und um Paris geräumt, kritisieren Hilfsorganisationen - wie jetzt neben dem Pariser Rathaus.
Ende Juli beginnen in Paris die Olympischen Spiele. Mit dem Näherrücken des Weltereignisses würden nun vermehrt Lager von Migranten in und um Paris geräumt, kritisieren Hilfsorganisationen - wie jetzt neben dem Pariser Rathaus. Die französische Polizei hat ein Lager von Migranten in der Nähe des Pariser Rathauses geräumt. Die Beamten weckten am frühen Morgen die rund 100 Jugendlichen und jungen Männer aus Westafrika und forderten sie auf, ihre Sachen zu packen. Die Polizei teilte mit, der Einsatz sei aus Sicherheitsgründen notwendig gewesen, vor allem weil sich das Lager auch in der Nähe von Schulen befand. Migranten sollten verlegt werden Die Beamten sagten den Migranten, von denen viele minderjährig sind und sich um eine Aufenthaltsgenehmigung bemühen, dass sie auf Wunsch vorübergehend für drei Wochen in der Stadt Angers in der Loire-Region untergebracht werden könnten. In der Nähe wartete ein Bus, der die Asylsuchenden zunächst in ein Transitzentrum der Region Paris bringen sollte. Nur zwei oder drei Männer stiegen in den Bus ein. Die meisten anderen gingen mit ihren Habseligkeiten davon. Einige sagten, sie befürchteten, nach Ablauf der drei Wochen allein in Angers zurückzubleiben, 250 Kilometer südwestlich der Hauptstadt. Wohl vermehrt Räumungen vor Olympischen Spielen Räumungen von Zeltlagern von Migranten finden jedes Frühjahr nach dem Ende der Winterpause statt. Hilfsorganisationen berichten jedoch, die Bemühungen würden vor Beginn der Olympischen Spiele in Paris Ende Juli verstärkt. Die Menschen würden in Unterkünfte weit weg von der Hauptstadt geschickt, anstatt in der Region Paris untergebracht zu werden, wo viele Asylsuchende auf ihre Gerichtstermine warten. Bereits vor einer Woche gab es Berichte über die Räumung mehrerer Zeltansammlungen in Paris. Die Hilfsorganisationen kritisieren vor allem, dass die Behörden die Lager oft räumen, ohne funktionierende Lösungen für die Probleme der obdachlosen Menschen vorzuschlagen.
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2024-04-30
Kaufimmobilien könnten bald wieder teurer werden
Preisentwicklung
Die Preise für Wohnimmobilien steuern nach dem Rückgang 2023 auf eine Erholung hin. Davon gehen Statistiker, aber auch die Immobilienkonzerne selbst inzwischen aus. Die Entwicklung verläuft aber uneinheitlich.
Die Preise für Wohnimmobilien steuern nach dem Rückgang 2023 auf eine Erholung hin. Davon gehen Statistiker, aber auch die Immobilienkonzerne selbst inzwischen aus. Die Entwicklung verläuft aber uneinheitlich. Wohnraum könnte in Deutschland wieder teurer werden. Das gilt wohl nicht nur für Mieterinnen und Mieter, sondern auch für Kaufinteressenten. Darauf deutet eine Reihe von Signalen hin. Für Deutschlands größten Immobilienkonzern ist die Trendwende am Immobilienmarkt in vollem Gange: DAX-Konzern Vonovia erwartet ein baldiges Ende des Preisverfalls bei Immobilien. Die Talsohle bei der Wertentwicklung sei greifbar, so Vonovia-Chef Rolf Buch bei der Vorlage der Quartalszahlen. Vonovia hatte in der Vergangenheit wegen der Immobilienkrise den Wert seines Immobilien-Portfolios immer wieder herunterschreiben müssen und deshalb Milliarden-Verluste verzeichnet. Dies ist nun vorbei: Der Wert des Portfolios sei stabil, "eine Neubewertung zum Quartal war nicht erforderlich." Vonovia schrieb damit von Januar bis März einen Gewinn von 335,5 Millionen Euro - nach einem Verlust von rund zwei Milliarden Euro vor Jahresfrist. Zinswende sendet Signal aus Bei Wohnimmobilien könnte es dem Verband deutscher Pfandbriefbanken (VdP) zufolge im laufenden Jahr Besserung geben. Mit der erwarteten Zinswende der EZB werde womöglich bei den Wohnimmobilien im zweiten Halbjahr eine Stabilisierung der Preise einsetzen, prognostizierte der Verband. "Das Geschäftsjahr 2024 bleibt für alle Akteure an den Immobilienmärkten auf jeden Fall herausfordernd," sagte VdP-Präsident Gero Bergmann. Die Immobilienplattform ImmoScout24 hatte vor wenigen Tagen nach einer Auswertung gemeldet, dass das Interesse auf Käuferseite wieder zugelegt habe. Allerdings gilt dies vor allem für Metropolen-Regionen. In vier von acht der Regionen würden sich die Angebotspreise wieder über dem Vorjahresniveau bewegen, so ImmoScout24. Preise über Vormonat aber unter Vorjahr Bereits in den Vormonaten hatten sich die Preise für neue und bestehende Immobilien weiter verteuert. Laut dem Hauspreisindex EPX des Datendienstleisters Europace sind die Preise bereits im März für neugebaute und bestehende Ein- und Zweifamilienhäuser und für Eigentumswohnungen gestiegen. Der Index kletterte um 0,6 Prozent auf 210,94 Punkte. Das ist allerdings immer noch 1,41 Prozent weniger als im März vergangenen Jahres. Am Bau war noch am Jahresanfang wenig von einem Aufschwung zu spüren. Die Bauaufträge lagen im Januar noch klar unter Vorjahreswert. Die Kauflaune auf Seite der Immobilieninteressenten wird laut Europace-Chef Stefan Münter vor allem von den bereits wieder sinkenden Zinsen am Markt für Baudarlehen angetrieben. Er rechnet in den kommenden Monaten mit weiter anziehenden Preisen. Käufer und Verkäufer finden nicht recht zusammen Nicht ganz so optimistisch für die Preisentwicklung bei Immobilien ist allerdings die Commerzbank. Laut einer am Freitag veröffentlichten Studie werden die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland noch etwas fallen: "Geringe Umsätze deuten auf weiteres Abwärtspotenzial", so die Experten darin. Offenbar klaffe zwischen den Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern noch eine große Lücke. Viele Menschen könnten den Immobilienkauf zu aktuellen Zinsen nicht finanzieren, während Eigentümer nicht spürbar im Preis heruntergehen wollten. Das weitere Abwärtspotenzial für Bestandsimmobilien liegt nach Ansicht der Commerzbank bei fünf bis zehn Prozent unter Berücksichtigung der Kosten für energetische Sanierungen.
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2024-04-30
"Die Hamas muss sich jetzt entscheiden"
Chance auf Feuerpause in Nahost
Kommt Bewegung in die Verhandlungen über eine Feuerpause in Nahost? Es hängt wohl von der Hamas ab, ob sie auf einen neuen Vorschlag Israels eingeht. Dort gerät Regierungschef Netanyahu zunehmend unter Druck. Von J. Segador.
Kommt Bewegung in die Verhandlungen über eine Feuerpause in Nahost? Es hängt wohl von der Hamas ab, ob sie auf einen neuen Vorschlag Israels eingeht. Dort gerät Regierungschef Netanyahu zunehmend unter Druck. Von Julio Segador Die Anspannung wächst - denn die Chancen auf eine neue Feuerpause zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas scheinen so groß wie seit langem nicht mehr. Auf dem Tisch liegt Medienangaben zufolge ein israelischer Vorschlag, der eine Feuerpause von 40 Tagen vorsieht. Im Gegenzug sollen etwa 30 bis 40 Geiseln von der Hamas freigelassen werden. Im Gespräch ist auch, dass - wie schon bei der ersten Waffenruhe im November - palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden. Was nun fehlt, ist die Antwort der Hamas. Vertreter der Terrororganisation reisten aus Kairo ab, um das israelische Angebot zu prüfen. Die israelische Delegation, die in die ägyptische Hauptstadt fliegen wollte, verschob ihre Reise. Erst wolle erst man die Antwort der Hamas abwarten, zitieren israelische Medien Verhandlungskreise. "Außerordentlich großzügiger" Vorschlag Israels Es komme nun auf die Hamas an, sagte auch Außenministerin Annalena Baerbock im Interview mit dem Deutschlandfunk. Sie ist damit auf einer Linie mit US-Außenminister Anthony Blinken, der voraussichtlich morgen in Israel erwartet wird. "Der Hamas liegt ein Vorschlag vor, der außerordentlich großzügig ist", betont Blinken. "Das Einzige, was im Moment zwischen den Menschen in Gaza und einem Waffenstillstand steht, ist die Hamas. Sie muss sich jetzt entscheiden, und zwar schnell entscheiden." Unklar ist, welche Auswirkungen eine mögliche Feuerpause auf die israelische Innenpolitik hätte. Vertreter der rechtsextremen Regierungsparteien hatten damit gedroht, die Koalition zu verlassen, sollte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu im Zuge einer Waffenruhe vorerst darauf verzichten, Rafah im Gazastreifen anzugreifen. Die Stadt ganz im Süden an der ägyptischen Grenze gilt als letzte größere Hamas-Bastion. Die Wut in der Bevölkerung wächst Ganz anders die Stimmung auf den Demonstrationen, die auch Montagabend Tausende in Tel Aviv mobilisierten. Sie setzen die Regierung unter Druck, die Militäroffensive auszusetzen, um die in Gaza verbliebenen Geiseln zurückzubringen - auch wenn die Hoffnung eher gering ist. "Es ist das Mindeste, was ich tun kann: hier an der Seite der Familien der Geiseln zu sein. Verschleppte Geiseln, die von der Regierung verlassen und verdammt wurden zu sterben", sagt Demonstrantin Ilana. "Nur der Druck der Weltöffentlichkeit, Rafah nicht anzugreifen, kann ihnen helfen." Netanyahu immer stärker unter Druck Ministerpräsident Netanyahu steht immens unter Druck: aus dem Ausland, von den eigenen Koalitionspartnern, in der israelischen Öffentlichkeit. Nicht wenige fordern, Netanyahu solle endlich abtreten. "Ich denke, sie müssen alle nach Hause gehen, sie müssen sich schämen für das, was am 7. Oktober passiert ist, sie müssen sich dafür schämen, wie mit dem Krieg umgegangen wurde", sagt Demonstrant Uri. "Um zu wissen, was sie den Geiseln antun, müssen sie nur in die Augen der Familien der Geiseln schauen und verstehen, dass dies das Wichtigste ist." Doch noch ist der Ministerpräsident derjenige, der in Israel die Richtung vorgibt. Gespannt blicken alle auf seine nächsten Entscheidungen.
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2024-04-30
König Charles ist zurück
Erster Auftritt seit Krebsdiagnose
Mehrere Monate zeigte sich König Charles III. nicht öffentlich bei Terminen. Wegen seiner Krebserkrankung pausierte er von offiziellen Aufgaben. Nun ist er wieder da - und besuchte ein Krebszentrum.
Mehrere Monate zeigte sich König Charles III. nicht öffentlich bei Terminen. Wegen seiner Krebserkrankung pausierte er von offiziellen Aufgaben. Nun ist er wieder da - und besuchte ein Krebszentrum. Vor knapp drei Monaten wurde seine Krebserkrankung bekannt - und nun zeigte sich König Charles III. erstmals wieder bei einem offiziellen öffentlichen Termin. Für den ersten Auftritt wählte er den Besuch eines Londoner Krebs-Behandlungszentrums gemeinsam mit seiner Frau Camilla. Bei der Ankunft lächelte das Königspaar, winkte Schaulustigen und wartenden Journalisten zu und schüttelte ein paar Hände. Im Macmillan-Zentrum, das Krebserkrankungen diagnostiziert und behandelt, unterhielten sich Charles und Camilla mit Patienten und ihren Angehörigen sowie dem medizinischen Personal. Krebserkrankung seit Anfang Februar bekannt Mit dem Besuch will der König die Bedeutung von Krebs-Früherkennung und moderner Forschung für die Bekämpfung der Krankheit hervorheben. Der 75-Jährige ist Schirmherr der britischen Wohltätigkeitsorganisation Cancer Research UK und der Macmillan-Krebshilfe. Seine 76-jährige Ehefrau Camilla ist Präsidentin von Maggie's, einer weiteren Wohltätigkeitsorganisation für Krebskranke. Charles III. hatte seine Krebserkrankung Anfang Februar öffentlich gemacht. Sie wurde nach einer Operation wegen einer vergrößerten Prostata festgestellt. Laut Palast handelt es sich jedoch nicht um Prostata-Krebs. An welchem Krebs er erkrankt ist, ist weiter unbekannt. Krebsbehandlung noch nicht abgeschlossen Wegen der Diagnose hatte der Monarch seine öffentlichen Termine seither ausgesetzt. Er nahm jedoch Termine im kleinen Kreis wahr, wie beispielsweise die wöchentlichen Treffen mit dem Premierminister. Am Freitag hatte der Palast erklärt, der König mache ermutigende Genesungsfortschritte und könne in enger Abstimmung mit seinen Ärzten wieder öffentliche Termine wahrnehmen. Es sei allerdings zu früh zu sagen, wie lange die Krebsbehandlung des Königs noch dauere. Kate tritt weiterhin nicht öffentlich auf In den kommenden Wochen hat er mehrere öffentliche Auftritte geplant. Der Palast kündigte an, dass das Königspaar im Juni den japanischen Kaiser Naruhito und seine Frau Masako zu einem Staatsbesuch empfange. Noch ist unklar, an wie vielen Veranstaltungen des britischen Königshauses Charles im Sommer teilnehmen wird. Dazu gehört die offizielle Parade zu seinem Geburtstag. Der Terminkalender des Königs werde zugunsten seiner Genesung angepasst, hieß es. Auch Charles' Schwiegertochter Kate ist an Krebs erkrankt, sie tritt weiterhin nicht öffentlich auf.
/ausland/europa/grossbritannien-koenig-charles-auftritt-krebserkrankung-100.html