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Ich erkläre die am Donnerstag, 17. Januar 2002, unterbrochene Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments für wiederaufgenommen. |
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Das Protokoll der vorangegangenen Sitzung wurde verteilt. Gibt es Einwände? |
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Herr Präsident! Ich möchte Sie bitten, meinen Namen auf die Anwesenheitsliste zu setzen. Obwohl ich mich nicht nur an der Abstimmung beteiligt, sondern in der Aussprache auch zu Wort gemeldet habe, bin ich nicht bei den Anwesenden aufgeführt. Das kann hoffentlich korrigiert werden. |
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Ja, für wahr, Herr Pronk. (Das Parlament genehmigt das Protokoll der vorangegangenen Sitzung.) |
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Ich möchte das Parlament davon in Kenntnis setzen, dass ich kurz nach meiner Ankunft im Büro eine Nachricht des Ausschusses für Recht und Binnenmarkt erhalten habe, in der der Präsident aufgefordert wird, dem Europäischen Gerichtshof die Frage der Rechtsgrundlage in Bezug auf das Statut der europäischen Aktiengesellschaft zur Prüfung vorzulegen. Die Frist für die Umsetzung dieses Antrags verstreicht mit dem heutigen Tage. Ich habe weitreichende Konsultationen zu diesem Thema, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Parlaments, durchgeführt und die Gelegenheit wahrgenommen, die Haltung der Konferenz der Präsidenten zu hören. Ich habe die Entscheidung getroffen, den Europäischen Gerichtshof nicht damit zu befassen, und dabei sehr wohl die Bedeutung des Arguments, das ein gewichtiges rechtliches Argument ist, berücksichtigt. Im Vorfeld des bevorstehenden Konvents und angesichts der Erklärung von Laeken, die ausdrücklich Artikel 95 und 308 - die Artikel, um die es hier geht - anführt, habe ich diese Entscheidung im Wesentlichen deshalb getroffen, damit wir zwischen uns und den anderen Gemeinschaftsorganen im Zuge der Vorbereitungen auf den Konvent einen Akt des politischen Vertrauens vollziehen können. Ich habe inzwischen mit dem Präsidenten der Kommission und dem Ratsvorsitzenden, Herrn Aznar López, gesprochen. Mir wurde von beiden Seiten zugesichert, dass der politische Akt des Vertrauens als solcher verstanden worden sei. Ich glaube, sie werden sich in den folgenden Wochen gewillt zeigen, für unsere Organe einen Weg zu finden, auf dem man sich des Kerns der Sache annehmen kann, der sich in unserer Rolle als Parlament, das die Unionsbürger und ihre Anliegen im Rechtsetzungsprozess vertritt, darstellt. Ich hoffe, dass dieser Akt des politischen Vertrauens in das Primat der Politik letztlich begriffen und belohnt und nicht missverstanden wird. Es war schon nicht so einfach, hinsichtlich dieses Aspekts des Barcelona-Gipfels und dieses Themas, das uns seit drei Jahrzehnten begleitet und unter den uns bevorstehenden Problemen vielleicht niemals seinesgleichen haben wird, zu einer Entscheidung zu gelangen. Ich hoffe, sowohl für all jene in diesem Parlament, die vergangene Woche dazu tendierten mit meiner Sichtweise überein zu stimmen als auch für die vielen, die zu diesem Zeitpunkt eher geneigt waren, nicht einverstanden zu sein, dass man dieses, in gutem Glauben gefällte Urteil letzten Endes würdigen wird. Ich glaube, darauf können wir aufbauen. |
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Die meisten von Ihnen wissen, dass ich eine andere Meinung vertreten habe als unser Präsident. Aber ich respektiere diese Entscheidung, und wenn es Ihnen gelungen ist, im Ergebnis eine Haltung des good will herauszuholen, die sich hinterher auch tatsächlich in Vertragsänderungen oder in einer anderen Anerkennung unserer Rechte niederschlägt, so wäre dies ein Erfolg, der ohne das gemeinsame Handeln von Rechtsausschuss und Präsident nicht möglich gewesen wäre. |
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Herr Präsident, ich bin mit Ihrer Entscheidung völlig einverstanden. Ich glaube, in diesem konkreten Fall geht es darum, politisch klug zu handeln, denn wir wollen uns ja für das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft einsetzen, ganz unabhängig von den grundlegenden Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Rechtsgrundlage stellen. |
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Herr Präsident, Sie wissen ja, dass ich eine andere Position vertreten habe, und ich bin weiterhin davon überzeugt, dass es ein Fehler ist, den Gerichtshof nicht anzurufen. Ich möchte es einfach noch einmal im Plenum wiederholen, denn wenn wir akzeptieren, dass der Rat etwas im Mitentscheidungsverfahren durchsetzen kann, uns aber dabei die Mitentscheidung verwehrt, so dient das den Interessen des Rates. Leider glaube ich nicht, dass der Rat dies positiv auslegen wird, sondern eher als etwas Wiederholbares. Ich möchte also einfach sagen, dass ich es für einen Fehler halte, den Gerichtshof nicht anzurufen. |
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Herr Präsident! Ich möchte Sie zu der Entscheidung beglückwünschen, nicht den Europäischen Gerichtshof anzurufen, denn die Schaffung der Europäischen Aktiengesellschaft war eines der Ziele dieser Legislaturperiode. Sie ist eine von fünf Entscheidungen, auf die die Wirtschaft wartet. Diese Entscheidung wurde dreißig Jahre erwartet. Dreißig Jahre lang wurde verhandelt. Jetzt zum Gerichtshof zu gehen, würde bedeuten, dass sich diese Angelegenheit noch einmal um fünf oder sechs Jahre hinauszögert; denn keine Firma - davon habe ich mich überzeugt - würde sich unter diesen unsicheren Bedingungen tatsächlich dieser wichtigen neuen Form bedienen. Deswegen glaube ich, dass es klug gewesen ist, in diesem Falle darauf zu verzichten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen. |
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Herr Präsident, eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung: es wird das Parlament kaum verwundern, dass ich die Haltung, die Sie eingenommen haben, im Namen meiner Fraktion befürworte. Aber ich möchte Sie dennoch dringend bitten, in Ihren Ausführungen auf dem Europäischen Rat von Barcelona nachdrücklichst zu betonen, dass wir als Parlament mit dem angewandten Verfahren unzufrieden sind und hoffen, dass uns zukünftig eine konstruktivere und kooperativere Vorgehensweise seitens der anderen Organe zuteil wird. |
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Herr Präsident, wie Sie wissen, hat die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas Ihre Entscheidung unterstützt. Vom rechtlichen Standpunkt her lässt sich darüber streiten, ob wir im Mitentscheidungsverfahren an Einfluss verloren haben oder nicht. Meine Fraktion ist wie Herr Medina das zum Ausdruck gebracht hat der Ansicht, dass dies nicht der Fall ist und dass wir, politisch gesehen, die richtige Entscheidung getroffen haben. In Anbetracht des Gipfeltreffens von Barcelona bitte ich Sie, dass Sie unseren Standpunkt nicht nur im Hinblick darauf vertreten, was er für die europäische Unternehmerschaft bedeutet, sondern auch im Hinblick auf die so wichtige Konsolidierung der betrieblichen Demokratie und auf die Rechte der Arbeitnehmer. |
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Herr Präsident, ich wollte mich eigentlich nicht melden, aber ich habe natürlich auch etwas zu sagen, wenn die anderen etwas zu sagen haben. Ich möchte Ihnen zunächst einmal ein Wort des Dankes dafür sagen, wie Sie die Frage gehandhabt haben. Unsere Fraktion war ja, wie der Kollege Lehne zum Ausdruck gebracht hat, mehrheitlich für eine Klage. Aber es gab auch andere Meinungen, wie die des geschätzten Kollegen Karl von Wogau. Aber mir hat gefallen, wie Sie politisch mit der Frage umgegangen sind, dass Sie mit dem Ratspräsidenten telefoniert haben, mit dem Ministerpräsidenten Spaniens, José María Aznar, und natürlich dass Sie mit dem Kommissionspräsidenten, Romano Prodi, Kontakt hatten. Wir vertrauen natürlich dem spanischen Ministerpräsidenten nicht nur in dieser Funktion, sondern auch als Ratspräsident, dass er jetzt Wort hält, dass den Worten Taten folgen. Ich sage auch an die Adresse der Kommission - Herr Kommissar, sagen Sie es bitte noch dem Kommissionspräsidenten Romano Prodi: Wir erwarten morgen, wenn es um den Bericht des Kollegen Karl von Wogau geht, um die Finanzdienstleistungen, alles, was wir unter "Lamfalussi " verstehen, dass die Kommission eine Position vertritt, die die Rechte des Parlamentes auch gegenüber dem Ministerrat wahrt. Das erwarten wir morgen. Wenn eine solche Erklärung nicht kommt, wird dies ernsthafte Folgen für das Verhältnis zur Kommission haben, so dass Ihre Aktion, Herr Präsident, morgen sicher auch hilfreich ist für die Erklärung des Präsidenten. Ich danke Ihnen ausdrücklich noch einmal dafür, wie Sie politisch mit diesem Thema umgegangen sind! (Beifall) |
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Herr Präsident, ich habe als Letzte um das Wort gebeten, weil ich in der Eigenschaft als ehemalige Vorsitzende des Rechtsausschusses spreche, unter deren Vorsitz diese Frage erörtert wurde. Ich möchte unterstreichen, dass der Rechtsausschuss diese Frage von Anfang an als eine rechtliche Frage von großer politischer Tragweite betrachtet hat: Es ging dabei um die Befugnisse des Parlaments und das interinstitutionelle Gleichgewicht. Von Anfang an war dem Rechtsausschuss also vollkommen bewusst, dass es in diesem Fall in erster Linie darauf ankam, das Inkrafttreten dieser Richtlinie, mit der wir uns seit dreißig Jahren auseinandersetzen, nicht zu behindern. Im Beschluss dieses Ausschusses wird faktisch ausdrücklich gefordert, dass, sollte man sich zu einer Klage vor dem Gerichtshof entschließen, die Wirkungen erhalten bleiben, auch im Falle einer Nichtigerklärung. Damit möchte ich sagen, dass ich die Entscheidung, die nun getroffen wird, bzw. für die sich eine Mehrheit im Plenum abzuzeichnen scheint respektiere und der Ansicht bin, dass sie dem Anliegen des Rechtsausschusses Rechnung trägt. Ich würde noch weiter gehen als einige Kollegen in ihren Wortmeldungen. Wenn das Europäische Parlament in diesem Fall keine Klage vor dem Gerichtshof einreicht, handelt es politisch sehr verantwortungsbewusst. Es verzichtet nicht auf seine Befugnisse, ist aber der Auffassung, dass es einen unmittelbaren höheren Wert gibt, dem es die Klage vor dem Gerichtshof unterordnet. Ich glaube, unser Standpunkt wird von den Erklärungen der Europäischen Räte gestützt, nicht nur durch den Europäischen Rat von Barcelona, sondern auch durch die Regierungskonferenz. Es ist zu hoffen, dass die Unklarheiten im Hinblick auf die Rechtsgrundlagen aus dem Weg geräumt werden, denn das hat zu dieser Situation geführt. |
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Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, die zu dem, was man praktisch eine Minidebatte zum Thema nennen kann, kurze Beiträge abgegeben haben, einschließlich der Kolleginnen und Kollegen, die mit der getroffenen Wahl nicht einverstanden sind. Solange mir das Privileg des Vorsitzes über dieses Parlament obliegt, werde ich in Bezug auf mein eigenes Urteil - wobei ich mich stets beraten lasse - immer mein Bestes tun, unsere Interessen und die unserer Bürger zu vertreten. Wir haben im Verlauf der Wochen vor der Wahl des Präsidenten viel davon gesprochen, in diesem Parlament mehr Politik betreiben zu wollen. Ich hoffe, dass dieser Akt des politischen Vertrauens die Botschaft übermitteln wird, dass wir der Politik in unserem zukünftigen Handeln Vorrang einräumen werden. Man wird sehen, ob dies ein förderliches und kreatives Umfeld zwischen uns und den anderen Gemeinschaftsorganen bei unserer Arbeit für Europa auf dem bevorstehenden Konvent erzeugen kann. Wortmeldungen zum Verfahren |
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Herr Präsident, eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung: In Folge der Katastrophe, die Dublin insbesondere in der vergangenen Woche heimgesucht hat, als die Stadt von schweren Hochwassern überflutet wurde und eine Großzahl verängstigter Menschen, darunter viele Ältere, obdachlos machte, möchte ich um die Hilfe meiner Kollegen im Parlament und in der Tat der Kommission bitten. Die Szenerie in Dublin erinnerte eher an jene Länder, in denen ausgeprägtere Klimaextreme vorherrschen. Als ich aus dem Parlament zurückkehrte, stellte ich fest, dass meine Nachbarn - und ich erkläre hier ein Interesse, da ich in diesem Stadtteil lebe - in Booten herumschaukelten, und ihre Haustiere mit an Bord genommen hatten. Ich hätte nie erwartet, je so etwas in meinem Land zu sehen. Wie ich weiß, mussten Wähler in Ihrem Wahlkreis, Herr Präsident, Ähnliches durchleiden. Ich möchte denjenigen meine Bewunderung aussprechen, die bereits auf das Unglück reagiert haben, aber auch, sofern das möglich ist, um ein wenig Unterstützung bei der Unterbringung der vielen Menschen bitten, die ihr Obdach in dieser Tragödie verloren haben. |
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Herr Präsident, ich möchte nur anmerken, wie sehr ich es begrüße, dass diese Angelegenheit angesprochen wurde. Es betrifft sowohl den Wahlkreis von Frau Banotti als auch den meinen und ich möchte mich Ihren Bemerkungen anschließen. Sie lebt in dem Bezirk, den mein Sohn im Stadtrat vertritt. Ich muss sagen, nicht nur die Reaktion der Regierung, sondern auch der Bürger war heldenhaft. |
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Ich werde mich zu dieser Frage mit den zuständigen irischen Behörden in Verbindung setzen und die Angelegenheit der Europäischen Kommission vortragen. |
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Herr Präsident! Vor kurzem haben der Präsident der USA und andere Repräsentanten dieses Landes die Entscheidung verkündet, ihre Angriffe auch auf andere dritte Staaten unter dem Vorwand der Bekämpfung des Terrorismus bzw. der Fähigkeit dieser Länder, Massenvernichtungswaffen herzustellen, fortzusetzen und auszuweiten. Herr Bush spricht von einer Achse des Bösen, bei der es sich um die Länder Iran, Irak und Nordkorea handele, und erklärt, man halte sich alle Optionen offen, um die Sicherheit der USA und ihrer Verbündeten zu gewährleisten. Andere prominente Vertreter haben sich ähnlich geäußert und damit besonders heftige Irritationen ausgelöst... (Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.) |
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Herr Korakas, zu dieser wesentlichen Frage, die Sie hier ansprechen, findet morgen Nachmittag eine Aussprache mit Herrn Solana statt. Mir scheint, der vollkommen vernünftige Punkt, den Sie ansprechen, sollte während dieser Aussprache vorgebracht werden. |
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Herr Präsident! Ich möchte das Europäische Parlament darum ersuchen, sich dieser Politik entgegenzustellen und endlich diesen gefährlichen Zuständen Einhalt zu gebieten, die uns an den Rand eines allgemeinen Weltkrieges bringen. |
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Herr Präsident, ich möchte darauf aufmerksam machen, dass infolge der erneuten Weigerung seitens der französischen Gerichte vom vergangenen Freitag, das Flüchtlingszentrum Sangatte zu schließen, im Umkreis von Calais eine ernste Lage entstanden ist. Insbesondere möchte ich die Beeinträchtigungen hervorheben, die dem britischen Bahnfrachtverkehr durch die Vorgehensweise der französischen Behörden, die sich in der Sperrung des Tunnels für den Güterzugverkehr von alles in allem 18 Stunden täglich äußert, entstehen. Als Ergebnis dessen sind 8 000 Arbeitsplätze in Großbritannien, darunter auch in meiner Region im Osten Englands, gefährdet. Abgesehen von anderen, sehr ernstzunehmenden Auswirkungen, lässt die derzeitige Situation den Grundsatz des freien Warenverkehrs innerhalb der Europäischen Union zu einer Farce verkommen. Ich hoffe, die Kommission wird umgehend ein Verfahren gegen die französischen Behörden einleiten, um diesen Zustand zu bereinigen. |
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Am Donnerstag wird eine gemeinsame Aussprache stattfinden, in der auf dieses Thema eingegangen wird. Interessierte Kollegen sollten sich diese Aussprache vormerken. |
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Herr Präsident, nach dem, was unser Kollege zum Flüchtlingslager Sangatte gesagt hat, und was mich etwas überrascht hat, möchte ich als Abgeordneter aus dem Norden Frankreichs das Wort ergreifen. Zunächst hat mich seine Anfechtung eines Gerichtsbeschlusses überrascht. Ich dachte nicht, dass die Kritik eines Gerichtsbeschlusses durch ein politisches Gremium in seinem Land üblich wäre. Weiterhin hat mich überrascht, dass er sich nicht nach den Gründen fragt, weshalb so viele Flüchtlinge versuchen, nach Großbritannien zu gelangen. Schließlich möchte ich ihn darauf hinweisen - und ich kenne dieses Lager gut, da ich es mehrmals besucht habe - dass es einfach darum geht, mit einer Situation human umzugehen, die an sich nicht human ist und die daraus resultiert, dass keine Angleichung der Vorschriften bezüglich der Aufnahme und der Reisefreiheit von Nicht-Europäern in der Europäischen Union erfolgt ist. Bevor ein Gerichtsbeschluss oder ein Land kritisiert wird, sollten wir meines Erachtens alle gemeinsam das Notwendige tun, damit in der Europäischen Union endlich gemeinsame Vorschriften eingeführt werden. |
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Ich möchte Sie nochmals daran erinnern, dass diese Angelegenheit, wie auch immer Ihr Standpunkt dazu sein mag, am Donnerstag auf der Tagesordnung steht, und das ist der richtige Platz, um darüber zu debattieren. |
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Herr Präsident! Am Freitag, dem 8. Februar, beginnt in Salt Lake City, USA, die IXX. Winterolympiade. Bekanntlich erstreben die Olympischen Spiele in der gemeinsamen Anstrengung der Sportler aus aller Herren Länder die Förderung des Weltfriedens, der Freundschaft, des Verständnisses, der Solidarität, des Dialogs, des friedlichen Miteinander der Völker und Kulturen. In diesem Geist entwickelte sich im 8. Jahrhundert v. Chr. die olympische Waffenruhe, die ein Grundprinzip der Olympischen Spiele darstellt. Während der Dauer der Spiele waren alle Feindseligkeiten einzustellen. Die Waffen schwiegen. Herr Präsident! Da die Idee der Waffenruhe, also der Befriedung der Welt, den in unserem Parlament immer wieder bekundeten Wertvorstellungen entspricht, möchte ich Sie darum bitten, an den Präsidenten des Olympischen Komitees, Herrn Rogge, und an den Generalsekretär der UNO, Herrn Kofi Annan, ein Schreiben zu richten, aus dem hervorgeht, dass das Europäische Parlament die Idee der Waffenruhe unterstützt und alle Konfliktparteien dazu auffordert, die Waffen niederzulegen und die nächsten Wochen der Olympischen Spiele einer Lösung ihrer Differenzen mit friedlichen Mitteln zu widmen. |
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Wir werden das übermitteln, wie Sie es verlangen. |
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Herr Präsident, ich wüsste gern, ob sie meine Besorgnis in Bezug auf die rührselige Ausstellung, die vergangene Woche im Parlamentsgebäude in Brüssel unter dem Titel "We on death row " gezeigt wurde, teilen. Diese Ausstellung ist darauf ausgelegt, verurteilte Schwerverbrecher, die sich schrecklicher Verbrechen schuldig gemacht haben, zu glorifizieren. Unsere Wähler sähen es sicher lieber, wenn wir unser Mitgefühl für die Opfer dieser Verbrechen und ihre Familien aufsparten, die zu einem Leben in Trauer verurteilt sind. Dürfte ich die Kolleginnen und Kollegen auch daran erinnern, dass sich die Öffentlichkeit in etlichen Mitgliedstaaten nach wie vor entschieden für die Todesstrafe ausspricht. In Zukunft sollten wir solche widerlichen Ausstellungen vermeiden, oder zumindest dafür sorgen, dass den Interessen der Opfer und ihrer Familien der nötige Respekt gezollt wird. |
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Herr Helmer, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die Anwendung der Todesstrafe gemäß den Bestimmungen des Vertrags von Amsterdam verboten ist. Dies ist nicht nur auf die Mitgliedstaaten anzuwenden ... ... sondern ist auch eine Bedingung für den Beitritt der Kandidaten. Auch auf die Gefahr hin, Ihnen ein weiteres Ärgernis zu bereiten, muss ich gestehen, dass ich der Eröffnung der Ausstellung beigewohnt und mich dabei stolz gefühlt habe. |
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Herr Präsident, als Quästorin, die mit der Leitung von Ausstellungen betraut ist, muss ich mitunter Ausstellungen ablehnen. Aber angesichts der stolzen Geschichte dieses Parlaments in Bezug auf die Frage des Todesurteils, war ich stolz, diese Ausstellung genehmigen zu dürfen. |
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Herr Präsident, ich möchte Sie bitten zu erwägen, einen Kondolenzbrief an den Präsidenten von Nigeria zu verfassen, in dem die Anteilnahme der Mitglieder dieses Parlaments anlässlich der entsetzlichen Explosionen, die sich in Lagos zugetragen haben, zum Ausdruck gebracht wird. Über 1 000 Menschen kamen dabei ums Leben und haben dort nun mehr als 4 000 Waisen hinterlassen. Ich bin sicher, dass es im Sinne aller hier im Parlament ist, wenn wir unser Mitgefühl bekunden. |
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Herr Corrie, dies werde ich gern tun. |
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Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A5-0460/2001) von Arie M. Oostlander im Namen des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten zum Kommissionsvorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels. (KOM(2001) 259 - C5-0359/2001 - 2001/0114(CNS)) |
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Herr Präsident! Ich werde versuchen, mich über das Rauschen hinweg verständlich zu machen. Gegenstand des vorliegenden Berichts ist ein Vorschlag der Kommission im Hinblick auf die Annahme eines Rahmenbeschlusses des Rates als Bestandteil des Aufbaus eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, wie er in den Verträgen, vor allem seit Amsterdam, vorgesehen und für den bei späteren Gipfeltreffen auch ausdrücklich ein Aktionsplan festgelegt worden ist. Der Vorschlag ist allerdings nicht sehr weitreichend. Im vorliegenden Falle geht es um die gemeinsame Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität insbesondere durch Vereinbarungen über minimale Höchststrafen, die Eingang in die nationalen Rechtsvorschriften finden sollen. Da der Text im Grunde genommen dahingehend formuliert wurde, dass er die maximale Chance bietet, vom Rat akzeptiert zu werden, ist er nicht viel mehr als die Kodifizierung des kleinsten gemeinsamen Nenners der in den Mitgliedstaaten geltenden Rechtsvorschriften. Der Vorschlag ist daher faktisch ein recht dürftiges Arbeitspapier geworden, das unser Ausschuss hier und da noch für verbesserungsbedürftig hielt, und zwar in einer solch konstruktiven Weise, dass er überall im Rahmen des Möglichen liegt. Wir haben also keine explizite Debatte über die Drogenpolitik geführt. Wir wollten weder in dem Rahmenbeschluss noch in dem Vorschlag darüber entscheiden, ob bestimmte Drogen legalisiert werden oder nicht. Ebenso wenig sollte zwischen weichen und harten Drogen unterschieden werden. Diese Dinge gehören nicht in diesen Rahmen. Die Intention ist in Wirklichkeit viel bescheidener. Ich hoffe daher, dass wir in der Abstimmung die Änderungsanträge, die dennoch implizit auf diese Themen eingehen, verwerfen, damit wir dem Rat einen realisierbaren Vorschlag unterbreiten können, der, demokratisch gesehen, der Auffassung der Mehrheit der Bürger Europas entspricht. Wir haben versucht - darüber haben wir meines Erachtens im Ausschuss im Grunde genommen Übereinstimmung erzielt -, den Vorschlag hinsichtlich der Sanktionen etwas stringenter zu machen, beispielsweise Freiheitsstrafen nicht durch alternative Strafen zu ersetzen, wenn es sich um Schwerkriminelle handelt. Vierundzwanzig Stunden Hilfsarbeiten in einem Altersheim sind für solche Verbrecher keine angemessene, alternative Strafmaßnahme. Außerdem haben wir bereits vorgeschlagen, dass die Kommission und der Rat eventuell auch die Möglichkeit zivilrechtlicher Sanktionen in Erwägung ziehen, die den Straftäter vor allem dort treffen, wo es ihn am meisten schmerzt, nämlich an seinem Vermögen. Drittens sind wir uns darin einig, dass keine Schattenorganisation unter der Autorität des Generalsekretariats des Rates aufgebaut werden soll. Wenn im Vertrag von Amsterdam bereits die Übertragung von Kompetenzen vom dritten auf den ersten Pfeiler vorgesehen ist, muss das auch durchgesetzt werden und es darf nicht einer ganz anderen Politik vorgegriffen werden, indem unter dem Generalsekretariat eine Schattenorganisation eingerichtet wird. Herr Präsident, sogar innerhalb des politischen Spektrums in den Niederlanden gehöre ich in diesem Punkt nicht zu den Extremisten, sondern zu den Gemäßigten. Meiner Ansicht nach ist dieser juristische Ansatz hinsichtlich des Strafmaßes und der anderen Elemente daher eine Art Schlussteil und nicht der Hauptbestandteil unserer gesamten Drogenpolitik. Das Wichtigste sind präventive und therapeutische Maßnahmen, die in diesen Bereichen entwickelte Politik. Wir dürfen den juristischen Ansatz jedoch nicht vernachlässigen, da er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Sicherung der öffentlichen Ordnung steht. Es handelt sich hier also zu Recht um einen Schlussteil, dem ein entsprechender Platz eingeräumt werden muss. Ansonsten muss nach meiner Auffassung und der unseres Ausschusses das gemeinsame Vorgehen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit einen etwas obligatorischeren Charakter erhalten, wobei jedoch das eigene Ermessen der nationalen Richter respektiert wird, vielleicht sogar mehr, als in dem Vorschlag der Kommission bereits hervorgehoben worden ist. Ich komme nun zu den Änderungsanträgen. Nach der Abstimmung im Ausschuss sind dreizehn Änderungsanträge eingereicht worden und ich bin nicht sehr glücklich darüber. Besser gesagt, ich würde nahezu alle ablehnen. In Änderungsantrag 37 wird der Gedanke, die Repression nicht gegen die Drogenabhängigen selbst zu richten, dahingehend ausgeweitet, sie nicht auf die Drogenkonsumenten zu konzentrieren. Nach meinem Dafürhalten hat der Bericht sich dazu nicht zu äußern und obliegt es den Mitgliedstaaten selbst zu bestimmen, welche Politik sie gegenüber Drogenkonsumenten im Allgemeinen beibehalten oder erneut anwenden wollen. Unsere These, nicht die Drogenabhängigen strafrechtlich zu verfolgen, findet ganz offensichtlich ihren Ursprung darin, dass wir in unserer Drogenpolitik den Schwerpunkt auf therapeutische Maßnahmen legen. Ferner habe ich festgestellt, dass in diesen dreizehn weiteren Änderungsanträgen ungefähr zehnmal die Worte "im großen Stil ", "international ", "grenzüberschreitend " und "organisiert " vorkommen. Ich finde das recht krampfhaft. Diese Begriffe sind bereits mehrmals im Text selbst enthalten, und es sieht fast so aus, als ob die Einreicher dieser Änderungsanträge eigentlich darauf abzielen, die Reichweite des Vorschlags zu begrenzen. Es steht sogar darin, dass insbesondere eingegriffen wird, wenn es sich um Handel von einem EU-Land in ein anderes EU-Land handelt. Das ist wirklich hanebüchen. Illegale Drogenimporte direkt aus Kolumbien, Suriname und von den Niederländischen Antillen würden dann nicht von diesem Rahmenbeschluss erfasst werden. Davon möchte ich jedoch nachdrücklich abraten. Auch Anstiftung und Beihilfe werden in einem der Änderungsanträge dem Geltungsbereich dieses Vorschlags entzogen. Herr Präsident, ich würde sagen, es gibt Leute, die freizügiger sind als der Berichterstatter. Da dieser selbst schon nicht zu den Strengsten gehört, würde ich alle Änderungsanträge, die ich bereits als freizügig bewerte, verwerfen. |
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Herr Präsident! Da ich das erste Mal nach Ihrer Wahl das Wort ergreife, möchte ich Ihnen viel Glück in der Präsidentschaft des Europäischen Parlaments wünschen. Außerdem gratuliere ich meinem Kollegen Oostlander zur Qualität und zu seinem Einsatz bei der Erarbeitung des Berichts, den die Europäische Volkspartei vorbehaltlos unterstützt. Das Drogenproblem ist für die europäischen Bürger ein zentrales Thema. Seit Jahren engagiert sich das Europäische Parlament im Kampf gegen die Drogen. Und heute ist die europäische Dimension des Kampfes gegen die Drogen in Maßnahmen sichtbar, die von der Annahme von Rechtsinstrumenten gegen die Herstellung von Drogen, den Drogenhandel und die Geldwäsche bis hin zur Zusammenarbeit mit den Erzeugerländern und der Förderung der Prävention und des Kampfes gegen die Drogenabhängigkeit sowohl bei der Behandlung als auch der Wiedereingliederung gehen. Das schließt auch die Entwicklung von Netzen zur Information und Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten ein. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass der Drogenhandel seit dem Ende des Kalten Krieges als Finanzierungsquelle für Aktivitäten terroristischer und krimineller Organisationen ein bisher ungekanntes Wachstum verzeichnete. Man geht davon aus, dass derzeit die Drogenkriminalität und das Ausmaß des Drogenhandels 8 % des Welthandels ausmachen. Wenn man diesem Handel ein Ende bereiten würde, brächte man eine der größten Quellen zur Finanzierung dieser kriminellen und terroristischen Organisationen zum Versiegen. Deshalb beinhaltet dieser Vorschlag für einen Rahmenbeschluss, wie unser Kollege Oostlander zu Recht in Erinnerung ruft, nichts Neues noch verstärkt er das Instrumentarium zur Bekämpfung des internationalen Drogenhandels. Es handelt sich um einen notwendigen Schritt, und wir wissen, dass damit auf die sowohl im Aktionsplan von Wien als auch in den Schlussfolgerungen von Tampere und in der Strategie der Europäischen Union zur Drogenbekämpfung (2000-2004) anerkannten Erfordernisse reagiert werden soll. Es handelt sich wirklich um einen notwendigen, zugleich aber auch unzureichenden Schritt: Man beschränkt sich darauf, den kleinsten gemeinsamen Nenner der in jedem Mitgliedstaat geltenden nationalen Vorschriften zu strafbaren Handlungen im Bereich des Drogenhandels festzulegen. Es ist an den Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dafür zu sorgen, dass diese Straftaten mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionen einschließlich Freiheitsstrafen, die in schweren Fällen mindestens fünf Jahre betragen, geahndet werden. Meiner Ansicht nach ist das ein sehr niedriges Strafmaß, vor allem wenn man bedenkt, dass die in den Mitgliedstaaten geltenden Rechtsvorschriften bereits schwere Bestrafungen für den Drogenhandel vorsehen, insbesondere wenn der Grad und die Schwere des Falls noch als erschwerende Umstände in Betracht gezogen werden können. In meinem Land, Portugal, liegt dieses Strafmaß beispielsweise bei zwölf Jahren und kann noch um ein Drittel verschärft werden. Abschließend möchte ich einen Aspekt erwähnen, der von größter Bedeutung ist, und zwar die Einziehung aller unrechtmäßigen Erträge, die direkt oder indirekt durch die Straftat, die Beteiligung an einer kriminellen Organisation oder eine Verschwörung, deren Ziel der Drogenhandel ist, erzielt werden. Ich denke, es entspricht den Wünschen vieler Organisationen, die sich so engagiert im Kampf gegen Drogen einsetzen, dass ein Teil der durch die Einziehung dieser Vermögenswerte erzielten Erträge der Präventionspolitik zugute kommen kann. |
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Herr Präsident! Die Drogenpolitik hat im Europäischen Parlament schon oft Anlass zu hitzigen Debatten gegeben. In ausführlichen Darlegungen wurde dabei alles auf den Kopf gestellt und an Familie, Glauben und Autorität gerührt. Heute befinden wir uns in etwas ruhigerem Fahrwasser. Da sich der Vorschlag der Europäischen Kommission auf die juristischen Aspekte beschränkt, sollten wir sachlich bleiben. Wie die Kommission in ihrem Vorschlag zu Recht betont, liegt die Verantwortung für die Bekämpfung des illegalen Drogenhandels in erster Linie bei den Mitgliedstaaten. Da es jedoch häufig um organisierten Handel geht, der sich über mehrere Länder erstreckt, kann ein Rahmenbeschluss, der diesen grenzübergreifenden Handel anpackt, eine nützliche Ergänzung zu nationaler Politik sein. In dem Vorschlag der Kommission fehlt jedoch eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Drogenarten und damit eine Differenzierung der Strafbarkeit des illegalen Drogenhandels. Immer mehr Länder unterscheiden zwischen weichen und harten Drogen aufgrund der von ihnen ausgehenden Gesundheitsrisiken, und es ist eine immer größere politische Unterstützung für eine Politik festzustellen, die auf fairer Aufklärung und auf der Prävention von Gesundheitsrisiken basiert. Auf dieser Grundlage betreiben einige Mitgliedstaaten eine tolerante Politik hinsichtlich weicher Drogen. Diese Politik soll durch den vorliegenden Rahmenbeschluss nicht beendet werden. Was die Strafzumessung betrifft, müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, um zu einer effizienten und gerechten Strafe zu gelangen. Leider sind die Kriterien für die Feststellung der Schwere der Straftat wie das Ausmaß des Handels, die Häufigkeit und die Art der betroffenen Mittel nicht in den Vorschlag aufgenommen worden. Daher hat meine Fraktion gemeinsam mit drei anderen Fraktionen einen Änderungsantrag eingereicht, um derartige Kriterien in den Text zu integrieren. Die Unterschiede in der Kultur sowie in der Repressionspolitik der einzelnen Mitgliedstaaten und auch das Subsidiaritätsprinzip rechtfertigen eine Beschränkung des Vorschlags auf den grenzüberschreitenden und organisierten illegalen Drogenhandel. Nur mit dieser Einschränkung sieht die übergroße Mehrheit meiner Fraktion in diesem Rahmenbeschluss einen Mehrwert. |
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Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich muss zugeben, dass ich für eine Minderheit unserer Fraktion spreche. Die Drogensituation in Europa wird immer schlimmer. Die stärkere Öffnung unserer Grenzen ist prinzipiell natürlich positiv, führt andererseits aber auch zu einem verstärkten illegalen Handel, u. a. auch mit Drogen. Es beunruhigt mich, dass immer mehr Länder offensichtlich ihre deutliche und restriktive Haltung gegen die Drogensucht aufgeben. Unser Ziel muss ein drogenfreies Europa sein - und nichts anderes! Dieses Ziel aufzugeben wäre gleichbedeutend damit, Tausende Jugendliche im Stich zu lassen. Herr Präsident, ich verstehe Herrn Oostlanders Schwierigkeit, zu einem ausgewogenen Standpunkt zu gelangen, finde aber, es ist ihm im Großen und Ganzen gelungen. Ich begrüße die etwas restriktiveren Töne, die er heute hier angeschlagen hat, kann aber einige der Formulierungen nicht befürworten, denn die Änderungsanträge gehen ganz deutlich in die falsche Richtung. Die Öffnung für eine duldende Haltung gegenüber so genannten weichen Drogen wäre verheerend, da über diese ja bekanntermaßen der Einstieg in die schwere Drogensucht erfolgt. Wir schwedischen Liberalen, und ein großer Teil der gesamten liberalen Fraktion, werden gegen jeden Versuch der Auflockerung der strikten und deutlichen Drogenpolitik stimmen. Aus diesem Gunde lehnen wir die Änderungsanträge 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 33, 34, 35 und 37 ab. Die Änderungsanträge 32 und 36 hingegen können wir akzeptieren. |
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Herr Präsident! Der Berichterstatter hat uns soeben gebeten, von Hinweisen auf die Legalisierung oder Nichtlegalisierung bzw. Duldung oder Nichtduldung abzusehen, da dies hier nicht das Thema sei. Ich bin mir dessen jedoch nicht so sicher. Illegaler Drogenhandel ist für mich einfach ein zu allgemeiner Begriff. Herr Oostlander ist ein Gegner der niederländischen Duldungspolitik und das ist in Ordnung. Ich selbst halte sie auch nur für einen halbgaren Kompromiss. Ich würde lieber die Legalisierung von weichen Drogen sehen, die letzten Endes weniger schädlich sind als Alkohol, der auch in diesem Gebäude reichlich fließt. Nicht nur in den Niederlanden werden weiche Drogen geduldet. Aus Gründen der Volksgesundheit findet diese Politik auch in anderen Ländern Nachahmer, sowohl auf kommunaler, regionaler als auch bisweilen sogar auf nationaler Ebene. Auch wenn wir jetzt harte Urteile fällen, die Praxis wird anders aussehen. Wir sollten uns daher auf eine Politik beschränken, die wir umsetzen können, die auch nach dem Subsidiaritätsprinzip eine europäische Aufgabe ist und für die ein breiter parlamentarischer und gesellschaftlicher Konsens besteht, nämlich die Bekämpfung des lukrativen, organisierten, grenzüberschreitenden Drogenhandels. Den Rest darf Herr Oostlander auf nationaler Ebene ausfechten, es stehen ja Wahlen vor der Tür. |
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Herr Präsident, meine Fraktion wird den Bericht von Herrn Oostlander und die Bekämpfung des illegalen Drogenhandels sehr energisch unterstützen, steht doch die Zahl der akut drogenbedingten Todesfälle bei 7 000 bis 8 000 pro Jahr. Wir können davon ausgehen, dass jeder Bericht von Herrn Oostlander auf großartiger Zielsicherheit und auf Integrität gestützt ist. Ich kenne ihn seit langer Zeit und bin mir absolut sicher, dass er das, was er in diesem Bericht sagt, auch meint. Bei insgesamt 3 000 Meilen irischer Küste ist die Möglichkeit zum Drogenschmuggel stets gegeben. Die Zusammenarbeit auf gesamteuropäischer Ebene ist daher nicht nur zu begrüßen, sondern unerlässlich. Konkrete Vorschläge auf EU-Ebene zu der Frage, wie die EU uns weiter darin unterstützen kann, Drogen nicht nur aus Irland, sondern ebenso aus dem übrigen Europa zu verbannen, nehme ich sehr gerne entgegen. Welche Botschaft soll nun von diesem Parlament ausgehen? Drogen wie Heroin und Crack sind okay? Das akzeptiere ich nicht. Die Entscheidung muss den Abgeordneten dieses Parlaments obliegen. Doch die Entscheidung liegt auf der Hand: entweder Sie unterstützen Herrn Oostlander oder Sie senden die gefährliche Botschaft aus, dass Heroin und synthetische Drogen für den persönlichen Gebrauch und Handel zulässig seien. Änderungsantrag 28, der durch die PSE-, die Verts/ALE- und die GUE/NGL-Fraktion und andere vorgebracht wurde, kann nicht missverstanden werden: "... Konsumenten, die Suchtstoffe für den eigenen Gebrauch herstellen, erwerben und/oder besitzen, und Konsumenten, die anderen Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht Suchtstoffe verschaffen, fallen nicht in den Geltungsbereich dieses Rahmenbeschlusses. " Somit geht es in Ordnung, Kindern oder Erwachsenen Heroin ohne Gewinnerzielungsabsicht zu verschaffen. Wer aber erzielt in Wirklichkeit den Gewinn? Es sind die großen Drogenbarone, die wir allem Anschein nach tolerieren. Wir scheinen in der Lage zu sein, die Terroristen zu verfolgen, die für die entsetzlichen Ereignisse des 11. Septembers verantwortlich sind, aber es gelingt uns offenbar nicht, internationale Drogenterroristen zu fassen. Wir müssen wissen, wer sie sind. Erst der Mord an der Journalistin Veronica Guerin ließ Politiker und Polizei in meinem Land plötzlich aktiv werden, die dann einen brutalen Verbrecherring in Irland zerschlug. Unglücklicherweise traten an ihre Stelle jüngere und sogar noch bösartigere Kriminelle. Während ich in der vergangenen Woche geschäftlich in der Innenstadt meines Wahlkreises unterwegs war, wurde ich Zeuge, wie ganze Komplexe durch Drogen zerrüttet sind. Sie müssen gefasst werden. Die Personen, die dieses Kokain und Heroin herstellen und solche Verwüstung in unseren Städten und unserer Landschaft anrichten, müssen gestoppt werden. Der Bericht Oostlander ist ein kleiner, aber sehr wichtiger Schritt in diese Richtung. Dieser Bericht verfügt über all jene Integrität, die von diesem Parlament erwartet wird. Ich danke ihm für sein Engagement in dieser Angelegenheit. |
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Herr Präsident! Herr Oostlander stellt enttäuscht fest, dieser Vorschlag der Kommission habe keinen großen Wert. Es handele sich lediglich um die Kodifizierung des kleinsten gemeinsamen Nenners der in den Mitgliedstaaten geltenden Rechtsvorschriften. Ehrlich gesagt bin ich jedoch zufrieden mit diesem vorsichtigen Ansatz der Kommission. Das Strafrecht ist ein Gebiet, das in starkem Maße durch nationale Kultur und Geschichte bestimmt wird. Hier ist meiner Meinung nach bei der Übertragung von Kompetenzen auf die europäische Ebene Zurückhaltung zu üben. Nur dort, wo ganz klar grenzüberschreitende Probleme vorliegen, bietet die europäische Rechtsetzung einen Mehrwert. Diese Meinung scheint nur von wenigen Parlamentsmitgliedern geteilt zu werden. Ich bin sehr überrascht, dass ich dieses Mal von meinen Kolleginnen und Kollegen der PSE- und der Verts/ALE-Fraktion rechts überholt werde. Sie haben mit ihren Änderungsanträgen die Begriffe Subsidiaritätsprinzip, Kulturunterschiede und nationale Rechtsetzung ganz oben auf ihre Fahnen geschrieben, obwohl ganz offensichtlich ein grenzübergreifendes Problem vorliegt, das eine europäische Rechtsetzung erfordert, nämlich illegaler Drogenhandel. Meine Kolleginnen und Kollegen wollen der Definition die Worte "grenzüberschreitend " und "organisiert " hinzufügen. Meines Erachtens sind diese Begriffe dem Drogenhandel inhärent und ist eine Ergänzung überflüssig. Sie würde höchstens die Anwendung des Beschlusses erschweren. Der Berichterstatter hatte Schwierigkeiten mit dieser einfachen Kodifizierung des kleinsten gemeinsamen Nenners der in den Mitgliedstaaten geltenden Rechtsvorschriften. Die Einreicher der Änderungsanträge haben anscheinend ein Problem mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner an sich. Das jedoch zeigt, dass das Subsidiaritätsprinzip nicht mehr ist als ein willkommenes Argument, um die vom internationalen Usus abweichende Drogenpolitik der Niederlande zu schützen. Ich unterstütze diesen Vorschlag, in dem bei der Bekämpfung des illegalen Drogenhandels, eines grenzüberschreitenden Problems, das die Sicherheit der europäischen Bürger unmittelbar berührt, ein vertretbarer Anfang gemacht wird. Dass die Niederlande Schwierigkeiten bekommen können, weil sie ihre Gesetze nicht so anwenden, wie sie niedergeschrieben worden sind, ist meiner Meinung nach eine Folge inkonsequenter Politik, die an die europäische und internationale Rechtsetzung angepasst werden muss und nicht umgekehrt. |
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Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, am Samstag Abend ist in Italien ein Jugendlicher, Alessandro Macioci, im Alter von 18 Jahren zu Tode gekommen. Er nahm sich das Leben, indem er die Auspuffgase seines Wagens einatmete. Der Grund - er war des Drogenhandels angeklagt, Herr Oostlander, denn die Polizei hatte in seinen Taschen 2,5 Gramm Haschisch gefunden. Dies sind Fakten, Herr Oostlander, keine Geschichten. In diesem Sinne interpretiert die Polizei in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Politik, die Sie uns gegen die Schwerkriminalität empfehlen. Und in diesem Sinne wird auch die von Ihnen empfohlene Angleichung verstanden. Diese Angleichung ist entgegen jeder Logik eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der EU-Mitgliedstaaten. So wird einer absurden Politik Vorschub geleistet, in einem Land wie Frankreich beispielsweise, und es wird Druck auf Staaten ausgeübt, denen allmählich klar wird, worum es geht. Dabei denke ich an den Staat, aus dem Sie kommen, die Niederlande, dessen Politik Sie nicht billigen, ich denke heute aber auch an Belgien, Portugal oder Spanien, wo Kollegen der spanischen Volkspartei in Madrid sehr interessante Versuche im Bereich der Risikobegrenzung anstellen. Eine solche Politik können wir selbstverständlich nicht angleichen. Was wir anzugleichen haben, läuft immer auf das Schlimmste hinaus, nämlich auf den völlig unverantwortlichen Umgang mit dem Gesetz, Herr Oostlander, denn die von Ihnen vorgeschlagenen Gesetze lassen sich nicht anwenden. Die Liberalen und die "Libertären " wollen anwendbare Gesetze, Sie hingegen praktizieren den verantwortungslosen Umgang mit dem Gesetz. Ihre Politik hat seit dreißig Jahren tagtäglich Gesetze hervorgebracht, die niemals angewendet worden sind. Darüber hinaus vernichtet Ihre Politik ganze Länder, wie Kolumbien, Bolivien, Peru, Laos und Burma. Diese Länder werden durch Ihre Drogenverbotspolitik buchstäblich vernichtet. Ich glaube, dass sich diese Kollegen, abgesehen von dem freundschaftlichen Schulterklopfen, das mir viele von ihnen - sogar aus dem Mitte-Rechts-Spektrum - zuteil werden lassen, Herr Oostlander, bewusst sind, dass diese Verbotspolitik eine Politik ist, die Verbrechen erzeugt, die kriminell ist. Sie sind sich im Klaren darüber, dass ein völlig anderes Vorgehen erforderlich ist. Ihr Bericht jedoch, auch wenn Sie dessen Auswirkungen einzugrenzen versuchen, wie Sie es in Ihren Eingangsbemerkungen zu tun versucht haben, geht genau in die entgegengesetzte Richtung. Hier hat sich die Kommission nicht einzumischen. Die Kommission war fünf Jahre lang nicht in der Lage, etwas gegen Herrn Arlacchi und dessen Missmanagement mit gewendeten KGB-Agenten und krummen Geschäften russischer Generäle zu tun. Das ist uns allen bekannt, das sind Fakten, die wir täglich in den Zeitungen lesen können. Die Kommission soll sich mit Dingen befassen, mit denen sie umgehen kann! Sie soll anfangen, in den Berichten des UN-Drogenkontrollprogramms nachzulesen, nicht aber uns mit völlig absurden Vorschlägen wie dem vorliegenden belästigen. Ich meine, es ist an der Zeit, dass unser Parlament den Mut besitzt, etwas weniger scheinheilig aufzutreten und das zu tun, was unsere Kollegen Chris Davies und Marco Cappato jüngst in Großbritannien getan haben, damit wir als Parlamentsabgeordnete schließlich diese Gesetze ad absurdum führen können. |
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Herr Präsident! Wie bereits erwähnt wurde, stellt der Bericht der Kommission im Hinblick auf die Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels einen kleinen, bescheidenen Schritt in Richtung auf die Lösung des enormen Problems des illegalen Handels mit auf das Zentralnervensystem wirkenden Stoffen dar. Der Hauptvorschlag, der die Festlegung des Strafmaßes betrifft, bezieht sich leider auf das Höchstmaß, das fünf Jahre nicht unterschreiten darf, so dass dem Richter die gesamte Bandbreite von keiner bis zu einer langjährigen Strafe zur Verfügung steht. Dies widerspricht jedoch angesichts der in fast allen nationalen Rechtssystemen vorgesehenen höheren Strafen dem Geist der Harmonisierung. Herr Präsident! Ich möchte aber zugleich betonen, dass die eingebrachten Änderungsanträge, von denen die meisten hoffentlich angenommen werden, einen bestimmten Kollateralnutzen haben. Erstens wird klar, dass Abhängige nicht als Straftäter, sondern als Kranke anzusehen sind und dass Drogenkonsum keinen Straftatbestand darstellt. Zweitens wird vorgeschlagen, die konfiszierten Vermögenswerte der Großdealer Programmen der Vorbeugung und Therapie zugute kommen zu lassen. Abschließend möchte ich der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Vorschläge der Kommission in Zukunft ehrgeiziger sein und eindeutige sowie harmonisierte Mindest- und nicht etwa Höchststrafen für berüchtigte Dealer vorsehen werden, damit der Raum der Sicherheit und des Rechts innerhalb der Europäischen Union gewährleistet wird. |
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Herr Präsident! Ich möchte gleichfalls den Herrn Kollegen Oostlander beglückwünschen. Er unterbreitet eine Reihe wertvoller Empfehlungen zur Verbesserung des Kommissionsvorschlags, vor allem die Betonung der Möglichkeit, Drogenkriminellen ihre Gewinne abzunehmen. Wenn wir diese Leute dort packen, wo es ihnen wirklich weh tut, nämlich an ihrem Portemonnaie, ist das weitaus effektiver, als höhere Freiheitsstrafen zu verhängen. Des Weiteren dürfen wir die Repression nicht gegen die Drogenabhängigen richten, sondern müssen den Schwerpunkt deutlich auf präventive Maßnahmen legen. Das ist ein gutes Signal, auf das Europa sich mit beschränkten Mitteln konzentrieren muss. Hier trennen sich jedoch unsere Wege. Ich bin sehr froh, dass eine Mehrheit der ELDR-Fraktion dem europäischen Trend in Richtung einer etwas realistischeren Drogenpolitik folgt und alle Änderungsanträge, die auf eine Unterscheidung zwischen harten und weichen Drogen und auf die Nichtverfolgung von Konsumenten abzielen, sowie diejenigen Änderungsanträge, die diesen Vorschlag auf grenzüberschreitenden, illegalen Drogenhandel beschränken, unterstützen wird. Wir müssen unsere begrenzten Mittel gegen die Großdealer einsetzen und nicht gegen die kleinen Konsumenten. Die Kollegen von der PPE, die von gefährlichen Signalen sprechen, die das Parlament hiermit aussenden würde, möchte ich meinerseits vor einer Symbolpolitik warnen. Letztlich haben wir in diesem Bereich noch keine Mitsprache. Des Weiteren hat meine Fraktion Bedenken hinsichtlich zweier konkreter Vorschläge der Kommission. Es ist nicht vernünftig, die minimale Höchststrafe von fünf Jahren nicht auf bestimmte Straftaten zu beschränken, sondern für alle Drogendelikte gelten zu lassen. Wir werden daher den Änderungsantrag, der eine Beschränkung befürwortet, unterstützen. Abschließend geht die Regelung, mildere Strafen für geständige Straftäter vorzusehen, die den Ermittlungsbehörden sachdienliche Hinweise geben, die zur Aufdeckung von kriminellen Drogenhändlerringen beitragen, unseres Erachtens doch sehr weit. Dies ist eine sehr heikle Materie, in der die einzelnen Mitgliedstaaten eine jeweils andere Tradition haben. Diese Frage nun plötzlich auf diese Art und Weise, so übereilt zu regeln geht uns zu weit. |
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Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Oostlander, zu seinem ausgezeichneten Bericht, den er vorlegt, beglückwünschen und daran erinnern, dass sich dieser von der Kommission vorgelegte Rahmenbeschluss in eine globale Strategie des Kampfes gegen die Droge auf der Grundlage eines ausgewogenen Ansatzes von Maßnahmen zur Verringerung von Nachfrage und Angebot und zum Vorgehen gegen den gesetzwidrigen Handel einreiht. Dieser Vorschlag ist nicht die GESAMTE europäische Politik im Zusammenhang mit Drogen. Er betrifft lediglich eine spezielle Komponente, die mit dem Kampf gegen Drogen im Zusammenhang steht. Der Ansatz für die Drogenthematik in der Europäischen Union geht jedoch aus dem Aktionsplan für den Zeitraum 2000-2004 hervor, dessen Halbzeitbewertung Mitte dieses Jahres erfolgen wird. In Laeken forderten uns die Staats- und Regierungschefs auf, bis Ende Mai dieses Jahres den Rahmenbeschluss zur Harmonisierung der Strafen auf europäischer Ebene im Bereich des Drogenhandels annehmen. Das ist der alleinige Grund für diesen Vorschlag. Die Kommission ist der Auffassung, dass im Kampf gegen den Drogenhandel die einzelnen Gerichts-, Polizei- und Zollbehörden der Mitgliedstaaten eng zusammenarbeiten müssen, um das Problem des grenzüberschreitenden Drogenhandels in Angriff zu nehmen. Damit eine solche Zusammenarbeit effektiv sein kann, muss ihr ein gemeinsamer Ansatz auf Unionsebene zugrunde liegen, vor allem bei der Angleichung der Definitionen der Tatbestandsmerkmale und der bei Drogenhandel zur Anwendung kommenden Strafen, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen. Wir begrüßen die Ziele des Berichts von Herrn Oostlander. Es liegt auf der Hand, dass die repressiven Maßnahmen gegen die Drogenhändler durch eine Politik der Prävention und sozialen Wiedereingliederung der Drogenabhängigen ergänzt und vervollständigt werden müssen. Der Charakter des vorgesehenen Instruments ist lediglich auf die repressiven Aspekte des Phänomens Droge gerichtet. Man kann sagen, dass die Kommission bei der Erarbeitung dieser strafrechtlichen Initiative mit großer Sachkenntnis vorgegangen ist, und zwar dank unserer umfassenden Vorbereitungsarbeit, vor allem mit einer Untersuchung der Definitionen in jedem Mitgliedstaat, der laut Gesetz zur Anwendung kommenden Strafen und - was nicht minder wichtig ist - der konkreten Bedingungen für die Anwendung der Strafen bei Drogenhandel in allen fünfzehn Mitgliedstaaten. So ermöglichte diese Studie, die öffentlich gemacht wurde, eine vergleichende Analyse der Rechtsvorschriften aller Mitgliedstaaten im Bereich des Drogenhandels. Deshalb muss die erste Präzisierung sein, dass das Ziel in der Harmonisierung der Strafen für den Drogenhandel besteht. Diesen Vorschlag kann man nicht als Vorschlag ansehen, der den länderübergreifenden oder den grenzüberschreitenden Drogenhandel einschränkt. Denn es ist doch so: Entweder hat der Drogenhandel in den meisten Fällen seinen Ursprung außerhalb Europas und ist immer länderübergreifend, oder ich sehe nicht, wie es möglich sein soll, den grenzüberschreitenden Handel härter zu bestrafen als den schweren Handel, der innerhalb eines Mitgliedstaats festgestellt wird. In den Staaten kann es nicht zwei Strafgesetzbücher geben - eines für den Drogenhandel ausschließlich innerhalb ihrer Grenzen und eines bei Vorliegen einer grenzüberschreitenden Dimension. Kommen wir zur zweiten Frage: der Definition des Drogenhandels. Die Kommission wurde diesbezüglich bereits kritisiert, sie sei nicht ehrgeizig genug. Was haben wir getan? Wir haben uns darauf beschränkt, die Schlüsselelemente der Konvention der Vereinten Nationen von 1988 gegen den illegalen Handel von Drogen und psychotropischen Substanzen zu bündeln und diese Definition mit den nationalen Rechtsvorschriften bezüglich der Definition der Tatbestandsmerkmale in Verbindung mit dem Drogenhandel in Einklang zu bringen. In diesem Sinne ist das ein Versuch, eine Synthese der Definition des Drogenhandels zu finden. Aber - und das ist die dritte wichtige Bemerkung - wir haben dabei das Subsidiaritätsprinzip beachtet. Deshalb schließt diese Definition weder den individuellen Konsum von Drogen noch den nicht auf Gewinnerzielung orientierten Handel zum persönlichen Konsum ein. Diese Fälle liegen ausschließlich in der Rechtsprechung der einzelnen Mitgliedstaaten, denn - wie in dieser Aussprache klar wurde - die fünfzehn Mitgliedstaaten gehen in diesem Bereich höchst unterschiedlich vor. Daher wird dieser Vorschlag der Kommission diese Unterschiede im nationalen Recht in den Gebieten, in denen der Handel mit Drogen für persönliche Zwecke nicht unter Strafe gestellt ist, nicht ändern. Wenn jedoch der Drogenhandel ein Ausmaß und eine Schwere annimmt, die unter Strafe zu stellen sind, schlägt die Kommission vor, dass diese Strafen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein sollen. Die Strafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren gewährt nicht nur den Richtern einen großen Spielraum bei der Anwendung des Gesetzes je nach den Umständen im Einzelfall, sie ist auch ein Vorschlag, der darauf gerichtet ist, sich eine Vorstellung von der Schwere zu machen, mit der die Fälle des Drogenhandels zu ahnden sind, bei denen diese Strafe zur Anwendung kommt. Ich weiß, dass in einigen Ländern - der Abgeordnete Carlos Coelho erwähnte Portugal - das Höchstmaß der Mindeststrafe höher ausfällt. Es muss gesagt werden, dass es in anderen Ländern geringer ist und dass diese Zahl "fünf Jahre " uns als Mindeststufe der Harmonisierung erscheint, wobei es selbstverständlich jedem Mitgliedstaat vorbehalten bleibt, in seinen Rechtsvorschriften andere, strengere Höchstmaße für die Mindeststrafe festzulegen. Aber diese Frage wird zurzeit auf Ratsebene diskutiert. Ich denke daher, dass dieser Vorschlag, der, wie ich hoffe, vom Parlament angenommen wird, einen ersten Schritt in einem Kampf, an dem alle Mitgliedstaaten teilnehmen, gegen die Drogen darstellt, die eine Bedrohung für die Gesundheit, die Sicherheit und die Lebensqualität der Bürger und - wie der Herr Abgeordnete Oostlander betonte - eine der Quellen zur Finanzierung zahlreicher anderer krimineller Aktivitäten, darunter auch des Terrorismus, sind. Vor diesem Hintergrund hoffe ich, dass das Parlament dem Bericht zustimmt und die Bedingungen schafft, damit der Rat diesen Rahmenbeschluss bis Ende Mai dieses Jahres annehmen kann. |
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Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über folgende Berichte: Bericht (A5-0436/2001) von Frau Ludford im Namen des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten über den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates (KOM(2001) 127 - C5-0250/2001 - 2001/0074(CNS)) betreffend den Status der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen; Bericht (A5-0455/2001) von Frau Keßler im Namen des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten über den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates (KOM(2001) 388 - C5-0350/2001 - 2001/0155(CNS)) betreffend die Voraussetzungen, unter denen Drittstaatsangehörige im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten während höchstens drei Monaten Reisefreiheit genießen, und die Einführung einer besonderen Reisegenehmigung unter Festlegung der Voraussetzungen, unter denen Drittstaatsangehörige einreisen dürfen, um sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten während höchstens sechs Monaten frei zu bewegen. |
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Herr Präsident, mit diesem Vorschlag wird eine der wichtigsten Verpflichtungen des Tampere-Gipfels vom Oktober 1999 zum Thema Justiz und Inneres umgesetzt. Dies erforderte eine Annäherung der Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen an die der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten, so dass ihnen einheitliche Rechte gewährt werden, die denjenigen der EU-Bürger stark angenähert sind. Ziel des Vorschlags ist es daher, Einwanderern oder Flüchtlingen, die mindestens fünf Jahre lang rechtmäßig ansässig waren, die langfristige Aufenthaltsberechtigung in der EU zu erteilen. Dieser Vorschlag schließt selbstverständlich Personen, die sich illegal in der Europäischen Union aufhalten, nicht ein. Ebenso wenig ist er auf Personen anzuwenden, deren Aufenthalt nur von begrenzter Dauer ist, wie z. B. Studenten oder Personen, denen vorübergehender Schutz gewährt wird. Angesichts der Vorbehalte in einigen Lagern, nicht zuletzt in einigen Teilen des Rats, muss betont werden, dass die EU lediglich die Maßnahmen fortführt, mit denen Mitgliedstaaten bestimmten Einwanderern bereits das Recht auf dauerhaften Aufenthalt eingeräumt haben. Es ist folglich nur eine Erweiterung auf EU-Ebene. Diese EU-weite Dimension besteht aus sozialer Gerechtigkeit und Gleichheit vor dem Gesetz, wie sie durch die grundlegenden Bestimmungen der EU-Verträge und das nüchterne Eigeninteresse der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft vorgegeben sind. Schätzungen besagen, dass sich bis zu 20 Millionen Personen rechtmäßig in der Europäischen Union aufhalten, die die Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaates, in dem sie ansässig sind, nicht angenommen haben oder denen es bisher nicht gestattet war, sie anzunehmen. Man denke an türkische Bürger in Deutschland oder Nordafrikaner in Frankreich, um nur zwei Hauptbevölkerungsgruppen zu nennen. Aber in allen Mitgliedstaaten gibt es Einwanderergruppen, die unzähligen Nationalitäten angehören und für die Staatsangehörigkeit des jeweiligen Mitgliedstaats in Frage kämen. In meinem Land, dem Vereinigten Königreich, schätzte das britische Wirtschaftsblatt The Economist vergangene Woche, dass die Hälfte der dort wohnhaften zwei Millionen Muslime Ausländer sind. Bei den meisten handelte es sich um Einwanderer aus dem Commonwealth, die in den 50er und 60er Jahren zugewandert waren. Ich werde später noch einmal auf die Stellung des Vereinigten Königreichs Bezug nehmen. Mein Wunsch, Berichterstatterin für diesen Bericht zu sein, rührt zum Teil von meinem Engagement bei der Rassismusbekämpfung. Die gerechte Behandlung und aktive Integration Drittstaatsangehöriger, begleitet von Maßnahmen zur Prävention von Diskriminierung, werden sich bei der Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit als nützlich erweisen. Dies wird im Laufe der Zeit immer wichtiger, nicht unwichtiger. Es ist von starkem wirtschaftlichem und sozialem Interesse für die EU, diese Personen zu integrieren, und ebenso scheinheilig von uns, dies im Zusammenhang mit anderen EU-Politikfeldern nicht zu tun. Die Entfremdung einiger Einwanderergruppen und ihre soziale und wirtschaftliche Benachteiligung bieten Anlass zu großer Besorgnis. Außerdem liegen beunruhigende Berichte über zunehmende Zwischenfälle rassistisch motivierter Übergriffe und Anfeindungen, insbesondere seit dem 11. September, vor. Die beste Maßnahme, um all jenen Faktoren entgegenzuwirken, ist zu gewährleisten, dass der immense Beitrag, den Einwanderer leisten, gefördert, anerkannt und aufrechterhalten wird. Gleiche Rechte wie die anderen EU-Bürger in Bereichen wie Beschäftigung, Bildung und Sozialschutz werden ihren wirtschaftlichen Beitrag sogar noch steigern. Weitere Maßnahmen würden zudem die soziale Integration erhöhen. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die Änderungsanträge 33 bis 35 zu gleichberechtigtem Zugang zu Gerichtsverfahren, Teilnahme am öffentlichen Leben auf lokaler Ebene und Wahlrecht lenken, die ich verfasst habe, doch sollte ich sofort darauf verweisen, dass der neue Änderungsantrag 56 der ELDR-Fraktion dazu bestimmt ist, den Änderungsantrag 34, zu ersetzen, denn so soll klargestellt werden, dass es sich um die Teilnahme am lokalen Gemeinschaftsleben, z. B. in Nachbarschaftsforen, handeln soll, und dass Änderungsantrag 35 nur darauf angelegt ist, die Mitgliedstaaten zu ermuntern, Wahlrechte auf kommunaler und europäischer Ebene zu verleihen. Die Fraktion der Grünen hat mehrere meiner ursprünglichen Änderungsanträge nochmals eingereicht, doch wurden sie im Ausschuss überstimmt. Um konsequent zu bleiben, wird die ELDR für sie stimmen. Lassen Sie mich nun zu der heiklen Aufgabe kommen und versuchen, eine ausgewogene Abstimmung zu den Änderungsanträgen zu erlangen, so dass alle Teile des Parlaments diesen Bericht tragen können. Ich möchte die Rechte ersuchen einzusehen, dass ein vernünftiger Ausgang auch mit der Annahme einiger ihrer Punkte verbunden sein würde, aber natürlich nicht aller. Daher ist der Verweis auf die Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung des Rates bei der Beurteilung der Gefahren für die Sicherheit zwar akzeptabel, aber einige der Maßnahmen gehen zu weit. Aus praktischer Sicht bedeutet dies, dass Änderungsantrag 82 annehmbar ist und Änderungsantrag 9 nicht. Während es vernünftig ist, den Erwerb von Kenntnissen der Landessprache des Aufnahmelandes als Grundvoraussetzung für die soziale Integration zu erwähnen, geht man zu weit, wenn man darauf als Kriterium für die Gewährung des EU-Aufenthaltstitel besteht. Ich appelliere an die Linke, das Gesamtbild nicht von Einwänden zu Detailfragen stören zu lassen, damit das beständige Eintreten des Parlaments für die rechtliche Absicherung der Rechte von Drittstaatsangehörigen endlich von Erfolg gekrönt wird. Es ist bedauerlich, dass das Vereinigte Königreich aus dieser Maßnahme ausscheidet. Dies ist nicht nur sozial ungerecht gegenüber den Aufenthaltsberechtigten im Vereinigten Königreich, es macht das Vereinigte Königreich auch unattraktiver für talentierte Fachleute - ein Punkt, der von wirtschaftlichem Interesse ist. Ich fordere das Parlament hiermit auf, sich für die Konsensfindung zu diesem ausgewogenen und sinnvollen Vorschlag zusammenzuraufen. Ich bitte den spanischen Vorsitz außerdem, Einvernehmen im Rat zu erzielen, um zu demonstrieren, wie stark sein Engagement für soziale Integration und zudem für die Mobilität der Arbeitskräfte, wie sie auf dem Barcelona-Gipfel nochmals gefordert werden wird, ist. Es gibt 20 Millionen Aufenthaltsberechtigte, die den Inbegriff von "mobil " verkörpern. Es wäre heuchlerisch von uns, ihnen das Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union zu verweigern. |
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Herr Präsident! Die gemeinsame Regelung der Bedingungen, unter denen Angehörige von Drittstaaten im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten Reisefreiheit genießen, ist sehr zu begrüßen. Im Rahmen der Arbeiten des Ausschusses waren die bruchstückhaften Regelungsversuche auf Grund einer französischen und einer portugiesischen Initiative wiederholt auf Kritik gestoßen. Es wurde ein globalerer Ansatz für die Freizügigkeit im Schengen-Raum gefordert. Diese Forderung wird durch den vorliegenden Richtlinienvorschlag der Kommission erfüllt. Zum einen sollen die Voraussetzungen geregelt und harmonisiert werden, unter denen Drittstaatsangehörige während höchstens drei Monaten Reisefreiheit genießen. Damit wird dem Vertrag von Amsterdam entsprochen, der dem Rat auferlegt, innerhalb von fünf Jahren nach seinem Inkrafttreten die Bedingungen festzulegen. Zum anderen soll ein völlig neues Instrument eingeführt werden - das der besonderen Reisegenehmigung. Diese gestattet eine auf sechs Monate ausgeweitete Reisefreiheit bei Vorliegen besonderer Bedingungen. Zunächst einmal ist es für mich nicht verständlich, warum das Rechtsinstrument der Richtlinie gewählt wurde und nicht das der Verordnung. Der Text ist ausreichend konkret. Da eine Richtlinie nationale Umsetzung verlangt, wird die Anwendung des Rechtsakts auf unbestimmte Zeit hinaus verzögert. Zudem wird durch den vorliegenden Rechtsakt unter anderem die bereits in Kraft getretene Verordnung 1091/2001 ersetzt. Daher ist auch aus diesem Grund das Rechtsinstrument der Verordnung das adäquatere Mittel. Keine inhaltliche Änderung hat die Reisefreiheit für nicht der Visumspflicht unterliegende Drittstaatsangehörige und für Inhaber eines längerfristigen Aufenthaltstitels erfahren. Eine Neuregelung ergibt sich jedoch für Inhaber der von den Mitgliedstaaten ausgestellten nationalen Visa für den längerfristigen Aufenthalt, die noch nicht im Besitz des Aufenthaltstitels sind. Entgegen dem Vorschlag der Kommission soll meines Erachtens solchen Drittstaatsangehörigen weiterhin ermöglicht werden, auch vor der Stellung eines Antrags auf Ausstellung dieses Aufenthaltstitels im Gebiet der Mitgliedstaaten zu reisen. Die Reisefreiheit jetzt auf einmal erst ab Antragstellung zu gestatten, würde einen Rückschritt zur gegenwärtigen Rechtslage nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen bedeuten. Dies wäre für keinen der Betroffenen nachvollziehbar. Zudem ist kein Grund ersichtlich, warum diese Kategorie gegenüber den anderen in der Richtlinie behandelten Drittstaatsangehörigen hinsichtlich des Beginns der Reisefreiheit anders und schlechter behandelt werden sollten. Allerdings müssen reisende Drittstaatsangehörige mit nationalem Visum dann auch die gleichen Kriterien erfüllen wie reisende Drittstaatsangehörige mit einheitlichem Schengen-Visum. Dies folgt aus der Gleichstellung der Visa für den Bereich der Reisefreiheit. Das bedeutet, dass die Konsultationsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten über die vertraulichen Listen 5A und 5B der konsularischen Instruktion auch für die nationalen Visa gelten müssen. Diejenigen Mitgliedstaaten, die gegenüber Drittstaatsangehörigen aus bestimmten Ländern Vorbehalte haben, hätten sonst bei Ausstellung nationaler Visa durch andere Mitgliedstaaten keine Möglichkeit der Kenntnisnahme und der Kontrolle. Es würde somit eine Sicherheitslücke entstehen, die nach den Ereignissen des 11. September nicht hinnehmbar ist. Zu diesem Punkt hat im Ausschuss eine lebhafte Diskussion stattgefunden. Dennoch hat der Ausschuss meinen Vorschlag mit großer Mehrheit unterstützt. Dieses Ergebnis bekräftigt die Stärke des Ausschusses, aufgrund veränderter Bedingungen eine neue Entscheidung über einen Sachverhalt, über den bereits abgestimmt worden war, zu treffen. |
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, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Recht und Binnenmarkt. (ES) Herr Präsident, ich möchte die Kommission noch einmal zu den uns vorgelegten Vorschlägen beglückwünschen, die dazu beitragen sollen, die Verhältnisse in der Europäischen Union an die Gegebenheiten einer neuen europäischen Gesellschaft anzupassen. Europa ist von einem Kontinent der Auswanderer zu einem Kontinent der Einwanderer geworden. Die Vorschläge der Kommission sollen die Integration aller Personen erleichtern, die in unsere jeweiligen Gesellschaften einwandern. Bei der Aussprache im Rechtsausschuss zu diesem Thema wurden einige Änderungsanträge eingereicht: einige formaler, andere weniger formaler Art. Im federführenden Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten bemühte sich Frau Ludford auf bewundernswerte Weise, die rechtlichen Begriffe zu klären und zu präzisieren; aber ich habe den Eindruck, der Text der Richtlinie würde an Kraft verlieren, wenn wir hier den Großteil der Änderungsanträge, die von einer zufällig zustande gekommenen Mehrheit im Ausschuss für die Freiheiten angenommen wurden, uneingeschränkt billigten. Frau Ludford selbst macht diesbezüglich Vorschläge, die uns als richtig erscheinen, und ich glaube, das Wichtigste, was dieses Plenum jetzt tun kann, ist zu versuchen, den Text des Kommissionsvorschlags entsprechend umzuformulieren. Letzten Endes geht es darum, eine größtmögliche Gleichbehandlung und Gleichstellung zwischen den langfristig Aufenthaltsberechtigten und den Bürgern der Gemeinschaft zu erreichen; dabei müssen natürlich das nationale Recht und die Verfassungsgrundsätze gewahrt bleiben. Es dürfen jedoch keine künstlichen Forderungen aufgestellt werden, die eine Integration dieser Menschen erschweren, die bereits viele Jahre unter uns leben. Es besteht also angesichts der endgültigen Vorschläge, die uns Frau Ludford vorlegt, und der Aussprache im Ausschuss, die Hoffnung, dass das Plenum den Text so weit wie möglich auf den ursprünglichen Kommissionsvorschlag zurückführt und dass nicht viele der Änderungsanträge bestehen bleiben, die, wie ich bereits sagte, von einer zufällig zustande gekommenen Mehrheit im Ausschuss für die Rechte und Freiheiten der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten angenommen wurden. |
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Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Danken möchte ich der Kommission, Ihnen, Herr Vitorino, für die ausgewogene Vorlage zum Daueraufenthalt von Drittstaatsangehörigen, aber auch der Berichterstatterin, Baroness Ludford, für die intensive Zusammenarbeit. Wichtig sind mir die Änderungsanträge zu dieser Richtlinie, die den Mitgliedstaaten eine Sicherheitsüberprüfung ermöglichen. Dies dient nicht nur dem Aufnahmeland, sondern der gesamten Europäischen Union. Denn durch Schengen besteht jederzeit die Möglichkeit, Binnengrenzen zu überschreiten, so dass sich die anderen Mitgliedstaaten auf die verantwortungsbewusste Aufnahme von Drittstaatsangehörigen im ersten Aufnahmeland verlassen können müssen. Diese Überprüfung trägt dem Sicherheitsbedürfnis der aufnehmenden Bevölkerung Rechnung, wie auch den Bedürfnissen der in unseren Mitgliedsländern lebenden Drittstaatsangehörigen. Zum einen werden auch sie vor Terrorakten geschützt, aber zum anderen macht der jeweilige Staat deutlich, dass die bei uns lebenden Drittstaatler keine Gefahr für die innere Sicherheit darstellen. Damit können wir jenen Kräften eine klare Absage erteilen, die versuchen, aus terroristischen Anschlägen fremdenfeindliches Kapital zu schlagen. Wichtig ist auch die Möglichkeit, Integration zu einem Kriterium für den Erwerb des Aufenthaltstitels zu machen. Langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatler wünschen in der Regel heimisch zu werden. Das heißt, sie wollen Bestandteil der Gesellschaft sein, und das heißt auch, sich verständigen zu können. Denn aus Verständigung entsteht Verstehen, und aus Verstehen entsteht Zusammenwachsen. Wir müssen also Zeichen setzen. Wir müssen den Spracherwerb fordern und fördern. Denn fehlende Sprachkenntnisse bedeuten fehlende Kommunikation und nahezu zwangsläufig den Ausschluss aus vielen Lebensbereichen. Wenn unsere Zuwanderer nicht weiterhin im gesellschaftlichen Abseits verharren sollen, dann müssen wir den Spracherwerb fordern, ansonsten ist der Weg des Neubürgers in schlecht bezahlte Bereiche der Arbeit vorprogrammiert. Die Forderung ist in erster Linie eine Chance und keine Hürde, denn wir sind uns wohl alle einig, dass wir denjenigen Menschen, die zu uns kommen und bleiben, eine faire Chance geben wollen. |
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Herr Präsident, der Europäische Rat erklärte anlässlich seines Gipfeltreffens von Tampere, dass die Rechtsstellung von Drittstaatsangehörigen der Rechtsstellung der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten angenähert werden sollte, damit sie über weitestgehend vergleichbare Rechte wie EU-Bürger verfügen. In dem sehr ausgewogenen Vorschlag der Kommission sind die Bedingungen, die erfüllt werden müssen, um den Status eines langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen zu erlangen, sachlich und unmissverständlich festgelegt worden. Kriterien sind unter anderen die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und ausreichende Einkünfte. Darüber hinaus darf die betreffende Person keine Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder innere Sicherheit darstellen. Allerdings sehe ich einige Änderungsanträge mit Besorgnis, muss ich sagen, stehen sie doch im Gegensatz zu den Zielen von Tampere. Artikel 7 des Vorschlags der Kommission über die Bedrohung der öffentlichen Ordnung ist eindeutig, aber ich halte es für heikel und kontraproduktiv, Einwanderung und Terrorismus zu vermischen. Andererseits sind wir uns darin einig zu sagen, dass der Grad der Sprachbeherrschung zwar ein Integrationsmerkmal für die betreffende Person ist, dass er jedoch keinesfalls Bedingung sein darf, um den Status des Aufenthaltsberechtigten zu erlangen, einfach, weil es sich hierbei um kein objektives und präzises Kriterium handelt: es besteht kein ursächliches Verhältnis zwischen einem bestimmten Grad der Sprachbeherrschung - welcher Grad ist hier überhaupt gemeint? - und der eigentlichen Integration. Mir persönlich sind Menschen bekannt, die seit zehn Jahren in meinem Land leben und von denen jeder sagen wird, dass sie vollständig integriert sind, obwohl sie noch größere Schwierigkeiten mit dem Französischen haben. Schließlich erscheint es mir fragwürdig, die Forderung nach angemessenem Wohnraum als zusätzliche Bedingung aufzunehmen, um die Zuerkennung des Status des rechtmäßig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen zu umgehen. Schon sehr viele Einheimische haben leider keinen angemessenen Wohnraum und sind dennoch keine Bürger zweiter Klasse. Schließlich wünscht sich jeder angemessenen Wohnraum. Grundsätzlich geht es doch darum, eine aufnahmebereite Gesellschaft zu schaffen und anzuerkennen, dass die Integration ein Prozess ist, der zwei Seiten hat, d. h. in dem die Anpassung des Einwanderers ebenso wie die der aufnehmenden Gesellschaft gefordert ist. |
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Herr Präsident, Herr Kommissar! Es ist schon etwas merkwürdig, dass wir im Jahre 2002 explizit festlegen müssen, dass dauerhaft in unseren Mitgliedstaaten ansässige Drittstaatsangehörige in etwa die gleiche Behandlung erfahren sollen wie diejenigen, die durch den Zufall der Geburt Unionsbürger geworden sind. In meinen Augen ist es recht eigenartig, dass dies als etwas Besonderes festgelegt werden muss, denn das sollte doch wohl selbstverständlich sein. Unsere Kollegin, Baroness Ludford, hat meines Erachtens eine sehr gute Arbeit geleistet und eine ausgewogene Einstellung gezeigt. Wenn sie darauf verweist, dass wir mit gemeinsamen Vorschriften auch einen Beitrag zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der EU leisten, hat sie, so glaube ich, damit einen sehr wichtigen Aspekt angesprochen. Wir wollen keine Bürger erster und zweiter Klasse haben. Das ist eine Schicksalsfrage für Europa. Ein Europa, von dem wir stets sagen, es gründe auf der humanistischen Grundhaltung von der Gleichwertigkeit aller Menschen, muss für diese Werte eintreten! In dieser Hinsicht betrachte ich die Richtlinie als einen großen und wichtigen Schritt nach vorn. |
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Herr Präsident, ich möchte beiden Berichterstatterinnen danken und zum Ausdruck bringen, dass ich diese Initiativen begrüße. Die kritischen Bemerkungen der Baronin Ludford zum mangelnden Enthusiasmus der britischen Regierung teile ich ebenso. Es ist bedauerlich, dass ihren eher progressiven Ideen die Bestätigung im Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten versagt blieb und wir nun einer von Missgunst erfüllten Herangehensweise an das Problem der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, mit einer Überbetonung der Themen Terrorismus, Erwerb von Sprachkenntnissen und ausreichenden Finanzmitteln, besonders im Bereich der Pensionen, entgegenblicken. Zu den ersten beiden dieser drei Aspekte stimme ich wiederum mit den Anmerkungen der Baronin Ludford überein. Die Vorschläge der Kommission waren zweifellos höher einzuschätzen, als das, was nun in diesen Bereichen empfohlen wird. Dies lässt mich zu dem Schluss gelangen, dass das Bild von Drittstaatsangehörigen in den Köpfen einiger Abgeordneter nur sehr wenig mit der Realität gemein hat, was etwa die geografische Herkunft, die soziale Schicht oder die politischen Ansichten betrifft. In dieses Bild passt die überwiegende Mehrheit der Drittstaatsangehörigen, deren Beitrag zur Wirtschaft und Gesellschaft der Europäischen Union enorm ist und den sie erwiesenermaßen seit etlichen Jahren erbringen, überhaupt nicht. Warum sonst werben unsere Regierungen so zahlreich zunehmend Arbeitskräfte aus Drittstaaten mit allen Qualifikationsstufen an, wenn dies nicht der Fall wäre? Warum sollten diese Personen sich dafür entscheiden, hierher zu kommen und sich für viele Jahre niederzulassen, wenn sie befürchten müssen, dass man ihnen mit Misstrauen begegnet oder sie als Bürger zweiter Klasse betrachtet, die hier nur geduldet sind und als weiterer Teil einer Wegwerfgesellschaft angesehen werden? Wie von anderen bereits erwähnt, sollten wir uns um gleiche Rechte für jene Menschen, die in dieser Weise zu unserer Gesellschaft beitragen, bemühen. |
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Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich spreche jetzt zum Bericht Ludford, in dem es zunächst einmal darum geht, den Menschen, die schon seit langem legal hier leben, bessere Bedingungen durch mehr Rechte zu gewährleisten. Das ist erst einmal ein guter Ansatz. Das Problem ist allerdings, dass darin die Drittstaatsangehörigen innerhalb der EU eine Art dritte Klasse von Bürgern darstellen, nämlich nach den jeweiligen Staatsangehörigen eines bestimmten Landes und dann, als zweiter Position, den Staatsangehörigen der restlichen EU-Länder. Diese Unterscheidung schreibt der Bericht fort und rechtfertigt damit auch, dass es nie eine endgültige Nichtdiskriminierung geben wird. Denn wer wirklich dafür sorgen will, dass es gleiche Rechte für alle gibt, der muss auch diese Unterschiede nivellieren. Ein zweiter Punkt ist mir aber noch wichtiger. Noch einmal, es geht darum, die Rechte der lange in der EU lebenden Menschen zu verbessern. Hier wird aber eben nur ein ganz bestimmter Teil angesprochen, nämlich diejenigen mit einem legalen Aufenthaltsstatus. Damit fallen alle raus, die illegalisiert hier leben. Jetzt könnte man sagen, o.k., die Illegalisierten sind halt nicht Teil des Berichtes und deswegen wollen wir da heute auch nicht darüber reden, aber das ist genau das Problem: Es geht hier immer nur um die Leute mit legalem Aufenthaltsstatus und bei fast allen anderen Gesetzesvorhaben - selbst bei Initiativberichten - fallen immer wieder Änderungsanträge durch, die genau für die Stärkung der Rechte der Illegalisierten eintreten. Da muss man sagen, dass die Illegalisierten eben die logische Konsequenz aus einer EU-Festungspolitik sind. Deswegen mache ich mir auch gar keine Hoffnung, dass es innerhalb des Parlaments, der Kommission oder des Rates kurzfristig große Änderungen in diesem Punkt geben wird. Aber dann sollte man auch so ehrlich sein und sagen, es geht hier wirklich nur um die Leute, die das Glück haben, unter sehr unwürdigen Bedingungen überhaupt in die EU einreisen zu können - oft illegal, die dann den Joker ziehen, dass sie Asyl bekommen, von welchem EU-Land auch immer, oder die eben kapitalistisch verwertbar sind. Für alle Leute, die aus diesem Raster rausfallen, soll es keine Rechteverbesserung geben. |
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Meiner Meinung nach beinhalten beide Vorschläge eine Reihe von Vorschriften, die für sich genommen angemessen und human sind. Insbesondere Frau Ludfords Bericht versucht den sympathischen Forderungen nach fairer Behandlung und aktiver Integration gerecht zu werden - schlimm, wenn es nicht so wäre! Aber ich möchte ein paar Anmerkungen machen. Erstens: Wir befinden uns nun einmal in der Festung Europa, und die politische Haltung, die den Spielraum der EU-Gesetzgebung dominiert, ist von Zugangsvorschriften bestimmt, die so streng sind, dass das berühmte Nadelöhr dagegen fast wie ein offenes Scheunentor erscheint. Zweitens: Ich stelle fest, dass der vorliegende Entwurf die Regierung meines Heimatlands in einem schlechten Licht erscheinen lässt. Unser ehemaliger liberaler Kollege, Herr Haarder, praktiziert als neu ernannter Minister für "Integration und Ausweisung " eine Politik, die seine ehemaligen Fraktionskollegen erstaunen muss. Die Vorschriften, die heute zur Debatte stehen, sind wesentlich weniger ausländerfeindlich als die Vorschläge von Herrn Haarder. Drittens: Der Umstand, dass das dänische Volk eine fremdenfeindliche Regierung bekommen hat, deren Vorschriften die der EU rechts überholen, führt nicht dazu, dass die von mir vertretene Volksbewegung ihre Auffassung in Bezug auf Schengen und den Abschnitt 4 des EU-Vertrags ändert. Wie bekannt, gilt hier für Dänemark eine Ausnahmeregelung. Diese Integrationstechnik, die im EU-System teilweise angewendet wird, ist eine ernste Bedrohung für die Demokratie. Es ist nicht Sache der EU, eine Regierung loszuwerden. Es ist nicht Sache der EU, eine humane Ausländerpolitik zu gewährleisten, das ist die Aufgabe der Dänen selbst - we, the people. |
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Herr Präsident, die beiden Vorschläge der Kommission für eine Richtlinie über die Voraussetzungen für den Aufenthalt und die Reisefreiheit von Drittstaatsangehörigen innerhalb der Europäischen Union scheinen uns angesichts der derzeitigen Notwendigkeiten zumindest etwas abwegig. Sie gehen auf eine Einstellung zurück, die darin bestand, der Öffnung unseres Hoheitsgebiets und der unkontrollierten Reisefreiheit von Drittstaatsangehörigen vor der Sicherheit unserer Mitbürger den Vorrang einzuräumen, und von der wir glaubten, dass sie nach den Terroranschlägen vom 11. September der Vergangenheit angehört. Leider ist diese gefährliche Einstellung nach wie vor aktuell, wie man sieht. Was beispielsweise die Reisefreiheit von Drittstaatsangehörigen anbelangt, wird in dem Vorschlag für die Richtlinie die derzeit gemäß Artikel 22 des Schengener Abkommens für sie beim Wechsel von einem in ein anderes EU-Land geltende Meldepflicht abgeschafft. Es wird den Mitgliedstaaten überlassen, diese Pflicht individuell beizubehalten, allerdings in abgeschwächter Form und bei längeren Meldefristen. Unseres Erachtens wäre genau das Gegenteil erforderlich gewesen. Man hätte prüfen müssen, wie diese Anmeldung besser und wirksamer funktionieren könnte. Jedermann hier weiß doch, dass Europa nach dem 11. September bezichtigt wurde, für Terroristen ein bequemes Hinterland zu bieten, weil seine Binnengrenzen zu durchlässig sind. Im vorliegenden Falle haben wir es offenbar jedoch mit einem Vorschlag zu tun, der diese Durchlässigkeit noch erhöhen würde. Darüber hinaus lehnen wir die Einführung einer speziellen Reisegenehmigung für die Dauer von einem halben Jahr ab, die im EG-Vertrag nicht vorgesehen ist und auch nicht dessen Geist entspräche, denn dort bezieht sich die gemeinsame Visapolitik lediglich auf Visen mit einer Geltungsdauer bis drei Monate. Was schließlich den anderen Vorschlag für eine Richtlinie über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige anbelangt, sind wir der Ansicht, dass die Gemeinschaft keinerlei Kompetenz besitzt, einen gemeinsamen Status mit vereinheitlichten Grundsätzen einzuführen, auch nicht, wenn Einstimmigkeit bestünde. Artikel 63 EGV sieht lediglich vor, dass der Rat einwanderungspolitische "Maßnahmen " hinsichtlich der Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen trifft, doch es kann und darf sich nicht um einen umfassenden Status handeln, der allen Mitgliedstaaten eine zentrale, einheitliche und starre Lösung vorschreibt. Vor allem ist es unseres Erachtens nicht angebracht, Drittstaatsangehörigen, die diesen so genannten Status in Anspruch nehmen können, Rechte einzuräumen, wodurch die Unterschiede zu den einheimischen Bürgern verwischt würden, und die gleichsam automatisch auf eine Aufenthaltsberechtigung in den anderen Mitgliedstaaten hinauslaufen. Diejenigen unter unseren Kollegen, die der Ansicht sind, dass wir in erster Linie hier sind, um die Interessen unserer jeweiligen Völker zu vertreten, werden gegen diese beiden Entwürfe stimmen. |
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Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann die Initiative der Kommission bezüglich der Reisefreiheit von Drittstaatsangehörigen innerhalb des Schengener Raums nur begrüßen, hatte ich doch selbst im Zusammenhang mit zwei vorherigen Berichten ausdrücklich eine entsprechende Forderung zum Ausdruck gebracht. Das uns vorgeschlagene Verfahren entspricht praktisch sehr gut dem Bedürfnis nach einem umfassenderen und stärker integrierten Konzept, so wie wir es gefordert hatten. Also, der Kommission Glückwünsche zu ihrer Initiative. Zu dem Bericht von Frau Kessler ist generell zu sagen, dass meine Fraktion dessen Ausrichtung und Änderungsanträge unterstützt. Wir stimmen der Einschätzung zu, dass eine Verordnung im vorliegenden Falle als Rechtsinstrument besser geeignet ist als eine Richtlinie. Wir stimmen auch ihren Präzisierungen zur Gültigkeitsdauer der Reisegenehmigung zu. Allerdings gibt es einen - und dies ist meine ganz persönlich Auffassung - mir verwunderlich erscheinenden Punkt in dem Bericht von Frau Kessler: es geht um die emotional fast überbetonte Beharrlichkeit, mit der sie gegen den Vorschlag der Kommission antritt, wonach sich die Inhaber eines längerfristigen Aufenthaltstitels, die noch nicht im Besitz ihres endgültigen Aufenthaltstitels sind, erst dann frei bewegen dürfen, wenn sie in dem Staat, der ihnen ein Visum ausgestellt hat, einen offiziellen Antrag auf einen Aufenthaltstitel gestellt haben. In ihrem Bericht schreibt Frau Kessler, ich zitiere: "Es ist kein Grund ersichtlich, warum diese Kategorie gegenüber den anderen in diesem Rechtsakt behandelten Drittstaatsangehörigen hinsichtlich des Beginns der Reisefreiheit anders behandelt werden sollte. Das ist kein Geheimnis. Was die Kommission im vorliegenden Falle vorschlägt, entspricht genau dem, was der Ausschuss für Freiheiten der Bürger einstimmig billigt und was das gesamte Parlament akzeptiert hat, als es für meinen Bericht über die französische Initiative stimmte. Die Wahrheit, Frau Kessler, ist, dass wir uns der Position des Rates anpassen, die das Parlament abgelehnt hatte, indem es dem soeben von mir erwähnten Bericht zustimmte. Es gibt also kein Geheimnis, Frau Kessler, es handelt sich um eine Anpassung. Warum wollen Sie das nicht anerkennen? |
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Herr Präsident, ich möchte auf den Bericht von Frau Ludford eingehen. Bevor andere Aspekte der Einwanderungspolitik behandelt werden, muss ein gemeinsamer Status für die langfristig Aufenthaltsberechtigten festgelegt werden. Damit wird den Schlussfolgerungen von Tampere strikt Rechnung getragen, in denen es heißt, dass die Rechte von Drittstaatsangehörigen den Rechten der Bürger der Europäischen Union angenähert werden sollen. Wir müssen z. B. die Probleme lösen, die es theoretisch verhindern, dass sich Drittstaatsangehörige innerhalb der Union frei bewegen können. Aus diesem Grund wird meine Fraktion sich darum bemühen, dass von diesem Hohen Haus ein deutliches Signal der Unterstützung für den Vorschlag der Europäischen Kommission ausgeht, das insbesondere an den Rat gerichtet ist. In diesem Zusammenhang möchte ich Frau Ludford persönlich für ihre Bemühungen danken. Wir vermögen einigen der im Ausschuss angenommenen oder im Plenum erneut eingereichten Änderungsanträgen nicht zuzustimmen. Wie Frau Roure sagte, können wir die Einführung subjektiver Kriterien bei der Gewährung einer langfristigen Aufenthaltsberechtigung nicht billigen und noch weniger eine gefährliche Propaganda, bei der es nicht um die Grenzkontrollen geht, sondern darum, die langfristig aufenthaltsberechtigten Zuwanderer mit Terroristen gleichzusetzen oder doch zumindest mit dem Terrorismus in einem Atemzug zu nennen. Wir werden uns auch wieder für das Recht der Drittstaatsangehörigen auf politische Teilnahme an den Kommunalwahlen und den Wahlen zum Europäischen Parlament einsetzen. Ich hoffe nur, dass trotz der vielen leeren Plätze bei den Ratsvertretern diese Botschaft auch außerhalb des Parlaments Gehör findet. |
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Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Tatsächlich diskutieren wir gerade zwei Themen, die, obwohl eng miteinander verbunden, sich dennoch voneinander unterscheiden. Wir führen nämlich eine gemeinsame Aussprache über zwei Schwerpunkte der Einwanderungspolitik: Der erste betrifft die Anerkennung des Status der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen und der zweite die Reglung des Aufenthalts und der Freizügigkeit für bestimmte Zeiträume und aus besonderen Gründen. Sicherlich erscheint der erste Vorschlag als der wichtigere, denn mit ihm sollen die Voraussetzungen festgelegt werden, unter denen Drittstaatsangehörige, die im Sinne der Richtlinie dauerhaft ansässig sind, sich auch in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten dürfen als dem, der ihnen das Wohnrecht gewährt hat. Die Prüfung der Richtlinie in den Dienststellen des Rates kommt offensichtlich nur mühsam voran, was auf den Umfang und die Kompliziertheit der behandelten Materie zurückzuführen ist. Zahlreiche Mitgliedstaaten bemühen sich derzeit noch, sich einen genauen Standpunkt zu den verschiedenen Bestimmungen der Richtlinie, aber auch zu den unterschiedlichen Situationen und Empfindungen zu erarbeiten, wobei diese Staaten im Übrigen auch in unterschiedlichem Maße betroffen sind. Man denke nur an bestimmte geografische Standorte, wo, wie beispielsweise in Italien, das Einwanderungsproblem mit Sicherheit wesentlich akuter, schwerwiegender und dringlicher ist als anderswo. Darüber hinaus muss noch auf weitere Aspekte im Zusammenhang mit dem Hauptproblem hingewiesen werden, beispielsweise auf Vorhaben zur Familienzusammenführung und andere Projekte im Bereich der Asylpolitik, ganz zu schweigen von der schwierigen Situation der Flüchtlinge. Der Standpunkt einiger Regierungen, die versuchen, eine direkte Verbindung - wir könnten auch sagen, eine direkte Gegenüberstellung - zwischen der Richtlinie und der nationalen Gesetzgebung herzustellen, erscheint generell vertretbar. Eben dies tun wir gerade in Italien, wobei wir uns wirklich bemühen, diesen Richtlinienvorschlag voranzubringen. Nach der Festlegung einiger Mindestkriterien muss es jedoch stets im Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten liegen, ihre eigenen Gesetze anzuwenden. |
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Herr Präsident, ich möchte kurz auf den Bericht Ludford zu den Rechten für langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige eingehen. Ich entschuldige mich dafür, die ersten Minuten dieser Debatte versäumt zu haben, aber neben etlichen Problemen am heutigen Tage wurde ich unter anderem in der Warteschlange bei der Passkontrolle auf dem Flughafen aufgehalten. Vor mir wurden zwei Passinhaber des Vereinigten Königreichs abgefertigt, doch aufgrund ihrer asiatischen Herkunft mussten sie sich einer intensiven Befragung unterziehen, die meiner Meinung nach völlig unzulässige Züge annahm. Kolleginnen und Kollegen im Parlament werden wissen, dass diese Verhaltensweise nur zu typisch für Zollstellen in Europa ist. Meine Entschuldigung gilt auch der Baronin Ludford. Herr Medina äußerte bereits, dass der ursprüngliche Kommissionsvorschlag durch einige der durch die Ausschüsse angenommenen Änderungen abgeschwächt wurde. Dass diese Änderungsanträge im Ausschuss durchkamen, war zum Teil auch meinem Versäumnis, entsprechende Zahlen vorzulegen, geschuldet. Deshalb möchte ich mich nochmals entschuldigen. Wir sollten bestrebt sein, nach Möglichkeit allen langfristig Aufenthaltsberechtigten dieselben Rechte wie EU-Bürgern einzuräumen. Wir sollten die Änderungsanträge der PPE-DE-Fraktion ablehnen, die darauf abzielen, langfristig Aufenthaltsberechtigte irgendwie als Bürger zweiter Klasse einzustufen. Wie Frau Roure bereits sagte, sollten wir die Menschen zur Integration ermuntern und ich befürworte ihre Anstrengungen beim Erwerb von Sprachkenntnissen. Aber den Fortschritt des Einzelnen beim Erlernen der Sprache als Kriterium für die Erteilung des Status eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zu verwenden, ist diskriminierend. Falls die Sprachfertigkeiten in der Landessprache des Aufenthaltslandes als allgemeiner Maßstab für das Recht auf Aufenthalt genutzt würde, so fallen mir viele Mitbürger ein, die dann nicht das Recht hätten, dort zu leben! Andere Teile dieses Berichts, wie der Nachweis angemessener Pensionsabsicherung als Voraussetzung für die Einräumung einiger oder derselben Rechte, sind ebenso subjektiv. Wir können die Leute nicht ersuchen, in die Europäische Union zu kommen, nur um dann zu sagen "zahlen Sie Ihre Steuern hier, aber erwarten Sie im Gegenzug keinerlei soziale Dienste oder Sozialleistungen ". Dies entspräche der Aufrechterhaltung des Status des Bürgers zweiter Klasse. Vor 200 Jahren stürmten unsere Vorfahren um die Welt, gründeten in fernen Ländern Kolonien und vergriffen sich an diesen Ländern. Wir haben nun das Recht und die Pflicht, die Gesellschaft wieder ins Lot und unser Parlament in Ordnung zu bringen. Wir müssen alle Mitgliedstaaten auffordern, ihre Bürger umfassender über den Nutzen und die Vorteile der Errichtung einer integrierten Gesellschaft aufzuklären. In ein paar Jahren wird eine Zeit kommen, in der neue EU-Mitgliedstaaten nach Drittstaatsangehörigen Ausschau halten werden, weil sie sie in der Wirtschaft benötigen und offene Stellen besetzen müssen. Bis dahin müssen wir die Dinge ins Reine gebracht haben. |
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Herr Präsident, Herr Kommissar! Der Bericht, so wie er aus dem Ausschuss ins Plenum gekommen ist, also nicht der Berichtsentwurf, zeugt wirklich von Realitätsbezug. Er berücksichtigt die Konsequenzen, die wir aus dem 11. September zu ziehen haben, und er berücksichtigt auch die Leitlinie für die Einwanderung von Arbeitskräften, die wir auf einer sehr breiten Basis im Plenum beschlossen haben. Ich begrüße daher auch das, was als Konsequenz daraus hervorgeht, nämlich die Kontrollen, bevor ein Status für langfristig Aufhältige ausgesprochen wird, so etwa, dass der rechtmäßige Aufenthalt seit fünf Jahren erwartet wird und dass überprüft wird, ob der Betreffende über ausreichende Finanzmittel für sich und die unterhaltsberechtigte Familie verfügt, oder dass ein Beschäftigungsverhältnis vorliegen muss und Sozialversicherung, Alterversicherung nachgewiesen werden muss. Ich begrüße es auch, dass angesichts des 11. September eine Sicherheitsüberprüfung eingeführt wird. Wir brauchen weder Kriminelle noch Personen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und die Ordnung der Europäischen Union darstellen. Ich begrüße es auch, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit für die Einführung weiterer Voraussetzungen zur Überprüfung haben werden, wie etwa Sprachkenntnisse, Wohnraum und dergleichen mehr. Positiv ist auch - wieder im Zusammenhang mit kriminellen Delikten -, dass die Ausweisungsmöglichkeiten verschärft werden. Ich begrüße diese Regelungen deshalb, weil sie einhergehen mit einem Privilegienstatus, der in der Folge ausgesprochen wird, wie etwa der Zugang zu Erwerbstätigkeit, Bildung, sozialem Schutz und Integration, was auch zu begrüßen ist. Wir, von Seiten der Europäischen Volkspartei, bekennen uns zu einer kontrollierten Aufnahme von Drittstaatenangehörigen, so dass in der Folge auch tatsächlich eine Integration ermöglicht wird und die Sicherheit und die Stabilität der Union gewährleistet bleiben kann. |
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Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Im Namen der Kommission möchte ich den Berichterstatterinnen Baroness Ludford und Margot Kessler für die ausführliche Arbeit danken, die sie dem Europäischen Parlament heute vorgelegt haben. Aus unserer Sicht ist der Status der in einem Mitgliedstaat langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen ein grundlegendes Element für die Erarbeitung einer gemeinsamen Einwanderungspolitik. Der Status der langfristig Aufenthaltsberechtigten führt dazu, dass die Aufnahmepolitiken langfristig ausgerichtet sind, indem den Angehörigen von Drittstaaten, die es wünschen, garantiert wird, dauerhaft in ihrem Aufnahmeland zu leben. Dieser Status - so, wie ihn die Kommission vorschlägt - bietet ihnen die erforderliche Rechtssicherheit, um sich erfolgreich in die europäischen Gesellschaften integrieren zu können. Das in Tampere aufgestellte und in Laeken bekräftigte Ziel besteht darin, die legalen Zuwanderer gleich zu behandeln und ihnen Rechte und Pflichten zuzuerkennen, die mit denen der Bürger der Europäischen Union vergleichbar sind. Im Vorschlag der Kommission ist als Ziel die Angleichung der Rechte der langfristig Aufenthaltsberechtigten an die der Bürger der Union festgelegt. Wir haben die konkreten und objektiven Voraussetzungen für den Zugang der Drittstaatsangehörigen zum Status des langfristig Aufenthaltsberechtigten definiert. Diese von uns vorgeschlagenen Voraussetzungen wurden im Wesentlichen formuliert, um zu prüfen, ob der Drittstaatsangehörige tatsächlich in dem betreffenden Mitgliedstaat dauerhaft seinen Wohnsitz genommen hat und ob er beabsichtigt, sich dort zu integrieren. Er muss in diesem Mitgliedstaat während eines ausreichend langen Zeitraums (fünf Jahre) gelebt und seine wirtschaftliche Integration durch Einkünfte und eine Krankenversicherung nachgewiesen haben. Darüber hinaus darf die betreffende Person keine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen. Der Bericht, über den Sie jetzt diskutieren, nennt noch eine weitere Voraussetzung für die Zuerkennung des Status: die Beherrschung der Sprache des Aufenthaltslandes. Nach Auffassung der Kommission ist die Sprache ein Integrationskriterium, und deshalb muss das Erlernen der Sprache im Mittelpunkt der neuen Integrationspolitiken stehen, zu denen die Kommission in Verbindung mit ihrer Mitteilung vom November 2000 Überlegungen anstellt und zu denen wir dem Parlament und dem Rat 2003 eine Initiative vorlegen wollen. Daher bin ich bereit, die Frage der Sprache, wie in einem von der Abgeordneten Eva Klamt unterzeichneten Änderungsantrag vorgeschlagen, vor allem in ihrer objektiven Dimension und insbesondere dann zu berücksichtigen, wenn der Aufnahmestaat für die Zuwanderer wirkliche Bedingungen für das Erlernen der Sprache schafft. Was nun die Aufnahme einer neuen Anforderung zur Alters- bzw. Rentenversicherung betrifft, so halte ich es nicht für zweckmäßig, noch mehr Bedingungen für die Erlangung des Status eines dauerhaft Aufenthaltsberechtigten zu stellen. Die Gesetzgebung der meisten Mitgliedstaaten gewährt bereits heute diesen Status automatisch, ohne zu überprüfen, ob diese Auflage der Altersversicherung erfüllt ist. Diese Frage muss in eine umfassendere und komplexere Frage eingebunden werden, die mit der Beziehung zwischen den Wanderarbeitnehmern und den Systemen der Sozialen Sicherheit im Allgemeinen im Zusammenhang steht. Deshalb arbeitet die Kommission daran, dass Drittstaatsangehörige in stärkerem Maße von der Verordnung Nr. 1408/71 betreffend die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit profitieren. Wir denken, dass diese Angelegenheit in diesem Zusammenhang zu behandeln ist. Bei einigen eingereichten Änderungsanträgen vertritt die Kommission die Auffassung, dass erst dann, wenn der Status als langfristig Aufenthaltsberechtigter gewährt ist, die betreffende Person auch in den Genuss der gleichen Behandlung wie die Angehörigen der Mitgliedstaaten in praktisch allen Bereichen des sozioökonomischen Lebens kommen kann. Wir stehen auch den Änderungsanträgen aufgeschlossen gegenüber, die auf die Gleichbehandlung im Bereich der Gerichtsverfahren und Berufungsmöglichkeiten noch vor der Zuerkennung des Status abstellen, wie etwa in den von Frau Ludford eingereichten Änderungen, die wir deswegen in den Text aufnehmen. Zur Einbeziehung in das politische Leben äußert sich die Kommission nicht, da ihrer Ansicht nach der Vertrag keine Rechtsgrundlage dafür enthält, dass wir uns mit diesem Thema befassen. Einige der vorgeschlagenen Änderungen sind Ausdruck einer besonderen Sorge im Bereich öffentliche Ordnung, eine Sorge, die nach den Ereignissen des 11. September vollkommen verständlich ist. Ich teile die hier im Verlauf der Aussprache geäußerte Meinung, dass wir nicht dem gefährlichen Irrtum einer Vermengung von Einwanderung und Terrorismus verfallen dürfen, was zu einer Art Generalverdacht gegen Drittstaatsangehörige führen könnte. Die Kommission hat ein Arbeitspapier zum Zusammenhang zwischen der Gewährleistung der inneren Sicherheit und der Achtung der Verpflichtungen und der internationalen Instrumente im Bereich des Schutzes ausgearbeitet. Auf der Basis dieser Vorlage haben wir dann sämtliche in unseren Vorschlägen enthaltenen Schutzklauseln zur öffentlichen Ordnung überprüft. Dabei ging es darum sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten angesichts der terroristischen Bedrohung in der Lage sind, ihre öffentliche Ordnung wirksam zu schützen. Im Rahmen dieser Prüfung hat die Kommission einige ihrer Vorschläge, darunter auch den hier vorliegenden, vor allem auf zwei Punkte hin überarbeitet: Wir haben die Forderung herausgenommen, dass vor der Zuerkennung des Status die Bedrohung tatsächlich bestehen muss, und dabei die Fälle eines potenziellen Risikos berücksichtigt, wie sie bereits ausgehend von der aktuellen Fassung des Genfer Abkommens von 1951 ausgelegt werden können. Und wir haben auch das Verbot der Anwendung von Maßnahmen der Ausweisung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen herausgenommen. Ich denke, mit diesen beiden Änderungen wird den Sorgen hinsichtlich der Gewährleistung der inneren Sicherheit und des Kampfes gegen den Terrorismus Rechnung getragen, und damit bräuchten die vorgeschlagenen Änderungen nicht in Betracht gezogen werden. Das Neue und der wichtige Zugewinn bei dem vorliegenden Vorschlag bestehen darin, dass denjenigen, die den Status eines langfristig Aufenthaltsberechtigten haben, das Recht gewährt wird, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen. In diesem Fall erfolgt die Integration nicht nur auf einzelstaatlicher, sondern auch auf europäischer Ebene. Die Personen, die eine bestimmte Zeit in einem Mitgliedstaat gewohnt haben, befinden sich gegenüber denen, die direkt aus ihrem Herkunftsland gekommen sind und sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen wollen, im Vorteil. Das halte ich für einen sehr wichtigen Aspekt, den man nicht vernachlässigen sollte. Was nun den Vorschlag zur Freizügigkeit und zum Reisen der Drittstaatsangehörigen betrifft, zu dem die Abgeordnete Kessler als Berichterstatterin fungierte, möchte ich zunächst hervorheben, dass der Vorschlag wichtige Elemente im Sinne der Errichtung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beinhaltet. In der Tat schließt ja der Schengen Besitzstand bereits bestimmte Vorschriften zur Freizügigkeit von Drittstaatsangehörigen ein. Aber die mit der Wahrnehmung dieser Reisefreiheit verbundenen Bedingungen sind nicht immer transparent, und sie sind in verschiedenen Instrumenten verstreut enthalten. Die Kommission teilt die Auffassung des Europäischen Parlaments, dass es notwendig ist, alle einzelnen Elemente, die diese Reisefreiheit definieren, in einem einzigen Rechtsinstrument zusammenzufassen. So sind im Vorschlag die Bedingungen festgelegt, die den Drittstaatsangehörigen die Freizügigkeit unabhängig davon erlauben, ob sie der Visumspflicht unterliegen, Inhaber eines Aufenthaltstitels oder im Besitz eines längerfristigen Visums sind, während sie auf den Aufenthaltstitel warten. Andererseits soll der vorliegende Vorschlag auch die Reisefreiheit verschiedener Personengruppen regeln, die ein legitimes Interesse an einem Aufenthalt von drei bis sechs Monaten im Raum ohne Grenzen haben, ohne dass ihre Situation einer Einwanderung im eigentlichen Sinne gleichzusetzen wäre. Zum Beispiel Touristen, Forscher, Musiker auf einer Tournee, Personen auf Familienbesuch, Fälle von Krankenhaus- und Genesungsaufenthalten. Für diese Personen ist die Einführung einer besonderen Reisegenehmigung vorgesehen, die es ihnen gestattet, über einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten frei zu reisen, sich jedoch nicht länger als drei Monate im Hoheitsgebiet ein und desselben Mitgliedstaats aufzuhalten, was voll und ganz im Einklang mit dem Vertrag steht. Bei den meisten Änderungsanträgen im Bericht der Abgeordneten Kessler geht es darum, den Vorschlag inhaltlich konkreter und eindeutiger zu gestalten. Zur Form des Rechtsinstruments wird vorgeschlagen, keine Richtlinie, sondern eine Verordnung zu wählen. Bei all diesen Vorschlägen unterstützt die Kommission jede Lösung, bei der im Rat ihre Empfehlungen Zustimmung finden. Der einzige Punkt, bei dem wir vom Vorschlag der Abgeordneten Kessler abweichen, betrifft den Änderungsantrag Nr. 5 zur Reise in einem Raum ohne Grenzen mit einem längerfristigen Visum, der - wie Herr Deprez bereits hervorhob - mit Umsicht geprüft werden muss. Wir ersuchen das Parlament, ihn nicht anzunehmen. Ein längerfristiges Visum ist ein nationales Visum, das nach nationalen Vorschriften und nicht nach den Vorschriften von Kapitel 3 - Sektion I des Schengener Durchführungsübereinkommens ausgestellt wird. So gesehen scheint es mir schwierig zu sein, bei einem längerfristigen Visum die für kurzfristige Visa vorgesehenen Vorschriften, d. h. eine vorherige Konsultation, durchzusetzen. Während der Aussprache über den französischen Vorschlag zum längerfristigen Visum wurde diese Art von Vorschlägen bereits vom Parlament abgelehnt, das namentlich die Rechtsgrundlage und vor allem den uneinheitlichen Ansatz in Frage stellte. Aufgrund des gleichen Standpunktes, den zuvor das Parlament eingenommen hatte, zog auch die Kommission die Rechtsgrundlage in Zweifel und erklärte, dass sie auf jeden Fall einen Vorschlag unterbreiten wird, der auch die Inhaber eines längerfristigen Visums einbeziehen und so das Anliegen der französischen Initiative erneut aufgreifen wird, indem es in einen allgemeineren Rahmen gestellt wird. Ich teile die Bedenken, die im Änderungsantrag Nr. 5 zum Ausdruck kommen, das heißt bezüglich der Möglichkeit, dass ein Drittstaatsangehöriger in einem Raum ohne Grenzen sofort umherreisen kann. Diese Möglichkeit besteht allerdings heute auch schon, denn ein Drittstaatsangehöriger kann immer ein Einheitsvisum, das so genannte "C "Visum beantragen und damit frei umherreisen. Zum Abschluss möchte ich die Berichterstatterinnen beglückwünschen und meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die von der Kommission unterbreiteten Vorschläge in diesem Parlament auf eine "grenzüberschreitende " Zustimmung treffen. |
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Vielen Dank, Herr Kommissar Vitorino! Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. |
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Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A5-0464/2001) von Herrn van den Berg im Namen des Ausschusses für Entwicklung und Zusammenarbeit über die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung - Eine Bewertung. (KOM(2001) 153 - C5-0395/2001 - 2001/2153(COS)). |
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Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Herren Kommissare! Die Europäische Union ist weltweit der größte Geber im Bereich Soforthilfe. Die Not der Menschen, die von einem Krieg oder einer Naturkatastrophe beispielsweise in Bangladesch, Afghanistan, Somalia oder auf dem Balkan betroffen sind, wird mit europäischem Geld gelindert. Der Übergang von der Phase der Soforthilfe zur Rehabilitationshilfe und von dort zur regulären Entwicklungshilfe für das betroffene Gebiet funktioniert in der Praxis jedoch nicht immer ideal. Dieses Problem wird in der Fachliteratur auch als "Grauzone " bezeichnet. Zur Verdeutlichung möchte ich ein Beispiel aus den Schulbüchern anführen. Nachdem der Orkan Mitch 1998 eine Spur der Verwüstung durch Mittelamerika gezogen hatte, reagierte die Union umgehend mit Soforthilfe. Die Kommission arbeitete dann ab 1999 an einem Aktionsprogramm für den Wiederaufbau in Mittelamerika, und ECHO sollte sich ab März 2001 aus dem Gebiet zurückziehen. Das Aktionsprogramm enthielt positive Elemente wie Beteiligung der lokalen Gemeinschaft, Koordinierung mit den Mitgliedstaaten und anderen Geldgebern sowie die Dekonzentration der Zuständigkeiten von der Zentrale in Brüssel auf die Delegation in Managua. In der Praxis funktionierte das Programm jedoch viel zu schleppend. Zwei Jahre nach der Katastrophe waren erst einige wenige Projekte genehmigt. Dieses Beispiel illustriert leider die Regel und nicht die Ausnahme, und das ist natürlich sowohl in politischer als auch in humanitärer Hinsicht inakzeptabel. Wer wird demnächst den Menschen in Afghanistan erklären, dass wir unser Hilfeversprechen wegen unseres eigenen Unvermögens, nach der Soforthilfephase schnell und flexibel zu reagieren, nicht einhalten können? Die Frage ist, welche Maßnahmen die Kommission ergreift, um das Problem der Grauzone beim Wiederaufbau von Afghanistan zu vermeiden. Bei der Vorbereitung dieses Berichts wurden die Kommission und die einschlägigen Organisationen umfassend zu Rate gezogen. Die Kommission bestätigt das Problem der Grauzone, ihre Evaluierung, die wir heute besprechen, bleibt jedoch zu vage und zu theoretisch. Daher werden der Kommission in meinem Bericht, auch auf der Grundlage der Konferenz mit den betreffenden NRO und intensiver Gespräche mit Ihren Dienststellen, einige konkrete Vorschläge unterbreitet. Die Kommission stellt fest, dass unflexible und bürokratische Verfahren eines der Kernprobleme darstellen. Die Lösung hierfür sieht sie in Addenda zu den Länderstrategiepapieren, wodurch eine schnelle und flexible Reaktion in einer Krisensituation ermöglicht werden soll. Diesen Vorschlag unterstütze ich, aber nur, wenn diese Addenda innerhalb einer Frist von zwei Monaten genehmigt werden. Kann die Kommission mitteilen, ob sie bereits neue, vereinfachte, beschleunigte und flexible Verfahren für die Genehmigung und Anpassung der Addenda ausgearbeitet hat? Andernfalls bleibt der Vorschlag für diese Krisendokumente nur ein Stück Papier. Des Weiteren verweise ich als Ihr Berichterstatter auf die große Bedeutung von Koordinierung und Zusammenarbeit, nicht nur zwischen den Dienststellen der Kommission, sondern auch mit den Mitgliedstaaten, den internationalen Gebern, lokalen Partnern und den NRO. Aus meinen Gesprächen mit der Kommission hat sich deutlich der Bedarf an einem flexiblen Instrument für Wiederaufbau und Rehabilitation gezeigt, damit das Problem der Grauzone angegangen werden kann. Die bestehende Verordnung über Rehabilitation ist zu beschränkt. Projekte beispielsweise im Bereich Sicherheit und verantwortungsvolle Verwaltung werden von dieser Verordnung nicht erfasst, und es stehen keine ausreichenden Mittel zur Verfügung. Es ist offensichtlich, dass der Gesamtbetrag von beispielsweise ca. 50 Mio. EUR für Asien bei weitem nicht zur Linderung der Not in Afghanistan ausreicht. Daher empfehle ich Ihnen, einen Vorschlag für eine überarbeitete Richtlinie über Rehabilitation und Wiederaufbau vorzulegen, damit in der Phase nach der Krise flexibel auf die wirklichen Bedürfnisse der Bevölkerung in einem betroffenen Gebiet reagiert werden kann. Um die ausreichende Verfügbarkeit von Mitteln zu gewährleisten, sollten die Gelder aus dem bestehenden nicht verwendeten Haushalt und den Reserven rasch durch einen Auslösemechanismus freigegeben werden, der greift, sobald eine Krise entsteht. Wie gedenkt die Kommission, meinen Plan in konkrete Vorschläge umzusetzen? Das Problem der Grauzone zwischen Soforthilfe und Rehabilitation ist nur allzu bekannt. Wir dürfen es nicht länger hinnehmen, dass Menschen, die in ihrem täglichen Leben direkt mit den Folgen von Kriegen oder Naturkatastrophen konfrontiert werden, auf sich alleine gestellt bleiben, weil wir nicht in der Lage sind, schnell, flexibel und koordiniert auf die Situation vor Ort zu reagieren. Da Europa als größtem Soforthilfegeber weltweit eine fantastische Rolle zukommt, muss es auch diese Lücke mit der nachhaltigen Entwicklung in Krisengebieten schließen. Erst damit würde wirklich ein erheblicher Beitrag zur Sicherheit und Stabilität in Konfliktregionen in Asien, Lateinamerika und Afrika geleistet. Das wäre vielleicht eine vernünftigere Investition, als jetzt schon große Beträge für Verteidigungsmaterial wie die F16 festzulegen, auch wenn ich weiß, dass die Kommission nicht dafür zuständig ist. Als Ihr Berichterstatter werde ich daher weiter aufmerksam beobachten, wie die Kommission und die Mitgliedstaaten dieses Problem in der nahen Zukunft angehen. Ich setze große Erwartungen in die bisher erfolgte Zusage, bin jedoch sehr neugierig auf die konkrete Antwort der Kommission. |
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Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Stellvertretend für Herrn Mantovani, der aufgrund von Problemen im Luftverkehr heute nicht anwesend sein kann, lege ich einige Überlegungen zur Mitteilung der Kommission über die schwierige Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung dar. Ich danke dem Berichterstatter, Herrn van den Berg, für die hervorragende Arbeit, die er geleistet hat und die bei der Abstimmung im Ausschuss breite Zustimmung fand. Zunächst halte ich es für wichtig, die Komplementarität, die Kohärenz und das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu verbessern, denn sie sind erforderlich, um die Kluft zwischen den verschiedenen Phasen der internationalen Hilfe, die so genannte Grauzone, zu überbrücken und ganz allgemein die Effizienz der Entwicklungs- und Kooperationspolitik der Europäischen Union zu erhöhen. Tatsächlich geht es darum, die multilateralen Finanzinstitutionen wie Weltbank, Internationaler Währungsfonds, die verschiedenen UNO-Organisationen und den Club von Paris stärker an diesem Prozess zu beteiligen. Außerdem halte ich es für angebracht, zwischen interner und externer Koordinierung zu unterscheiden, um festzulegen, welche Akteure welche Maßnahmen durchführen - sei es auf europäischer oder auf internationaler Ebene oder aber auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten -, und um besser planen zu können, was auch ein effizienteres Handeln bei der Umsetzung der Rehabilitations- und Entwicklungsmaßnahmen ermöglichen wird. Der Beitrag unserer PPE-DE-Fraktion konzentriert sich speziell auf die Notwendigkeit einer stärkeren Komplementarität und insbesondere, wie auch in den Änderungsanträgen 15 und 16 von Herrn Mantovani zum Ausdruck kommt, einer besseren Koordinierung der verschiedenen Aktionen, um mehr Effizienz und bessere Ergebnisse bei der Verknüpfung und Koordinierung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung zu erreichen. Im Einzelnen werden gefordert: geeignete Methoden der Koordinierung und Ex-post-Bewertung, Haushaltskontrollmaßnahmen und weniger bürokratische Eingriffe, um besser zu gewährleisten, dass die Entwicklungshilfe der Union die von einer Krise betroffenen Länder und somit die wirklich bedürftigen Menschen auch konkret, wirksam und ohne Zeitverlust erreicht, sowie die Vermeidung von sinnloser Doppelarbeit und Überlagerungen von Anstrengungen oder investierten Finanzmitteln. |
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Herr Präsident, ebenso wie Max van den Berg in seinem Bericht begrüßen wir die Mitteilung der Kommission über die Verknüpfung von Soforthilfemaßnahmen der Europäischen Union in den Ländern der südlichen Hemisphäre mit der gemeinschaftlichen Politik der Entwicklungszusammenarbeit. Die Mitteilung, die wir hier erörtern, fand im Ausschuss zwar Zustimmung, aber es wurden auch Schwachstellen aufgedeckt. In der Entschließung, über die wir nachher abstimmen, wird vorgeschlagen, wie diese Mängel beseitigt werden könnten, sie bringt die Besorgnis gegenüber einigen Punkten zum Ausdruck und enthält auch Empfehlungen, wie die Maßnahmen der Europäischen Union in den besagten Bereichen in der Praxis verbessert werden; wir hoffen, dass sie berücksichtigt werden. Diese gesamte Debatte zeigt, dass es eine dialektische Beziehung gibt zwischen der humanitären Hilfe, die die Europäische Union bei Katastrophen jeglicher Art leistet, und der Hilfe, die regelmäßig erbracht wird, um die Entwicklung einer Region oder eines Landes zu unterstützen. Das heißt, dass den Programmen für Rehabilitation oder Entwicklung Überlegungen zugrunde liegen müssen, wie Konflikten vorgebeugt oder Naturkatastrophen und ihre schlimmsten Auswirkungen soweit wie möglich verhindert werden können. Zugleich müssen die Notfallhilfen möglichst zu einer späteren Rehabilitation und Entwicklung der betroffenen Region beitragen. Wir räumen heute ein, dass in den Aktivitäten der Europäischen Union beim Übergang zwischen den verschiedenen Bereichen erhebliche Störungen auftreten. In den meisten Fällen ist dies auf die Zersplitterung im administrativen Organigramm und auf die Verzettelung in den Zuständigkeiten sowie auf die mangelhafte Abstimmung zwischen den Dienststellen, die an der Planung und Durchführung dieser Maßnahmen beteiligt sind, zurückzuführen. Ein weiteres Hemmnis ist die bürokratische Komplexität vieler dabei verwendeter Mechanismen. Schlimmer noch erscheint uns, dass es Länder gibt, mit denen die Europäische Union bisher keinerlei Kooperationsabkommen abgeschlossen hat, wie Kuba. Dies führt dazu, dass Soforthilfe oder humanitäre Aktionen der Gemeinschaft nicht die Kontinuität haben, die im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit wünschenswert wäre. |
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Die Kommission ist gut im Analysieren, lässt jedoch häufig die nötige Führungskraft vermissen, um politische Entscheidungen auch wirklich umzusetzen. Sie ist immer noch zu hierarchisch, bürokratisch und zentralistisch organisiert, und die Mitgliedstaaten stellen ihr zu wenig Mittel zur Verfügung und räumen ihr zu geringen politischen Spielraum ein, um schlagkräftig operieren zu können. Diese strukturellen Mängel stehen daher einer Lösung des Problems der Grauzone im Weg. Der Übergang von Soforthilfe zu Wiederaufbau und Entwicklung erfordert Flexibilität in der Beschlussfassung. Schwerfällige Verfahren und zu umfassende Zuständigkeiten können sich noch negativer auf das beabsichtigte Ergebnis auswirken als die technischen Risiken, mit denen schnelle Verfahren einher gehen können. Die wichtigste Voraussetzung ist selbstverständlich eine optimale Präventionspolitik in Bezug auf Naturkatastrophen und Kriege. Es muss alles nur Mögliche unternommen werden, bevor eine Krise ausbricht. Die Einsatzbereitschaft muss optimal sein, Pläne müssen bereitliegen, Koordinierungsverbände müssen vereinbart werden und die Durchführungspartner müssen soweit es geht bekannt sein. Detaillierte und flexible Katastrophenpläne müssen Bestandteil der Länderstrategiepapiere sein. ECHO muss sich auf Soforthilfe konzentrieren, sollte aber in seinen Mitarbeiterstamm auch Fachleute auf dem Gebiet der Wiederaufbauhilfe aufnehmen, um einen flexibleren Übergang zu erleichtern. Die Durchführungskontrolle muss von einer Ex-ante- auf eine Ex-post-Bewertung verlagert werden. Eine effiziente interne Koordinierung ist nur möglich, wenn in einem frühen Stadium ein multidisziplinäres Team zusammenarbeitet. Wann können wir von der Kommission konkrete Vorschläge für vereinfachte politische Verfahren erwarten? Herr van den Berg unterbreitet in seinem Bericht ausgezeichnete Empfehlungen. Die gesamte Gebergemeinschaft ist für eine Verbesserung verantwortlich. Das Problem der Grauzone ist ein zusätzlicher Grund, die interne Reorganisation der Kommission zu beschleunigen. Es wird höchste Zeit, die schönen Analysen in noch schönere politische Taten umzusetzen. |
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Herr Präsident, zunächst möchte ich dem Berichterstatter für seinen vortrefflichen Bericht zur Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung danken. Das ist eine ungemein wichtige Angelegenheit, doch voller Probleme. Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass die Katastrophen, sowohl die von Menschenhand wie in Afghanistan, als auch die Naturkatastrophen wie in Goma in der Demokratische Republik Kongo weltweit zugenommen haben. Für die größtmöglichste Effektivität bedarf es der vollen Zusammenarbeit aller Beteiligten: der Geberstaaten, der Empfängerstaaten, der ausführenden Organe wie Regierungen und NRO und der bilateral hilfeleistenden Mitgliedstaaten. In Afghanistan haben wir Bombardierung und Zerstörung gesehen. Dies kann für uns nur Soforthilfe, die Wiedereingliederung von Millionen von Flüchtlingen und Entwicklungshilfe bedeuten. Es war entsetzlich, aus der heutigen Tagespresse erfahren zu müssen, wie eine völlig verarmte Familie ihre zwölfjährige Tochter in die Ehe verkauft hat, nur um den Rest der Familie ernähren zu können. Das ist tragisch. Daher sind Hilfeleistungen für die Bedürftigsten absolut lebenswichtig und erfordern Ortskenntnis sowie die richtige Form der Beihilfe. Vor zwei Wochen teilte ECHO dem Ausschuss für Entwicklung und Zusammenarbeit mit, dass die Situation in Goma vollkommen unter Kontrolle und dass alles, was man benötige, vor Ort verfügbar sei. Doch genau an diesem Abend hörten wir, wie Nichtregierungsorganisationen im Fernsehen erklärten, dass 90 000 Menschen von Hunger betroffen wären und Säuglinge bereits stürben. Liegen dem nun Opportunismus, verlässliche Hinweise oder ein Überreagieren zu Grunde? Es ist fast unmöglich, auf Naturkatastrophen vorbereitet zu sein. Es wäre besser, über ein zentrales europäisches Depot zu verfügen, das schnell und angemessen reagieren kann. Zusammenarbeit und eine Institution, die für das Fällen von Entscheidungen verantwortlich ist, sind alles, worum es bei der Verknüpfung geht. |
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Herr Präsident, zu Beginn möchte ich Ihnen dafür danken, dass Sie mir das Wort zu diesem wichtigen Thema erteilt haben. Wenn ich nun in die Sprache übergehen dürfte, die ich und Herr van den Berg gemeinsam haben, würde ich gern Folgendes anmerken. |
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Zunächst möchte ich Herrn van den Berg zu der ausgezeichneten Qualität seines Berichts gratulieren, der sich mit einem doch recht schwierigen Thema auseinander setzt. Krisensituationen sind immer komplex, und wir müssen einen Konsens darüber erzielen, wie die Reaktion der Union als Ganzes verbessert werden kann. Die Mitteilung der Kommission, die Schlussfolgerungen des Rats und der parlamentarische Bericht tragen zum Zustandebringen dieses Konsenses bei. Wie Sie wissen, Herr Präsident, ist die Europäische Union einer der Hauptakteure im Kreis der Hilfeleister in der Welt. Die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten bringen gemeinsam die Hälfte der Mittel für die von den Industrieländern finanzierten internationalen Hilfsprogramme auf. Die Europäische Kommission ist über ihr Büro für humanitäre Soforthilfe, besser bekannt unter dem Namen ECHO, aktiv an der Erbringung humanitärer Hilfe für die am meisten gefährdeten und am schwersten betroffenen Länder dieser Welt beteiligt. Die Zahlen sprechen für sich. Allein im vergangenen Jahr hat ECHO bereits mehr als 500 Mio. EUR für humanitäre Projekte in ca. 80 Ländern bereitgestellt, durch die ca. 18 Mio. Menschen erreicht wurden. Aufgabe des Programms ECHO ist und bleibt die Finanzierung koordinierter humanitärer Hilfe und Unterstützung, die über humanitäre Partnerorganisationen geleistet werden mit dem Ziel, Leben zu retten und zu schützen, Leid zu lindern sowie die Integrität und die Würde der Bevölkerung von Drittländern in humanitären Krisen zu gewährleisten. Obwohl die Hauptaufgabe von ECHO darin besteht, humanitäre Soforthilfe zu leisten, beschäftigt sich das Büro auch mit kurzfristiger Rehabilitation in der Phase unmittelbar nach der Krise. Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass es in der Grauzone zwischen Soforthilfe und Entwicklungshilfe Verbesserungen geben muss. Die Redner des heutigen Abends haben ebenfalls darauf hingewiesen. Wir alle haben dieselben Schwierigkeiten konstatiert: zu langsame Entscheidungsverfahren, Probleme im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich der Finanzierungsinstrumente und die Notwendigkeit, die geeigneten Durchführungspartner zu finden. Durch systematischeres Angehen dieser Punkte können wir Fortschritte erzielen, wir müssen jedoch auch sehen, dass wir nicht in der Lage sind, alle durch die Komplexität dieser Situation bedingten Probleme zu lösen, und müssen bei unserem Vorgehen realistisch bleiben. Die Kommission hat eine Reihe von Aktionen ausgearbeitet, um die politischen Leitlinien für die Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung umzusetzen. So legt ECHO derzeit letzte Hand an Leitlinien für seine Exit-Strategien an. Dieses Dokument wird die Basis für Konsultationen mit anderen Kommissionsdienststellen in Bezug auf die Bedingungen, unter denen ECHO sich aus der Hilfeleistung zurückziehen kann. Des Weiteren arbeiten die Dienststellen der Kommission an einem gegenseitigen Abkommen, um eine zuverlässige Koordinierung und adäquate Verfahren im Rahmen der Ausführung des Cotonou-Abkommens mit den AKP-Ländern zu garantieren. Die in der Mitteilung erläuterten Grundsätze bezüglich der Verbindung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung werden angewendet. Europ I arbeitet aktiv an einer Agenda, um seine Arbeitsmethoden zu verbessern und damit seine Kapazität für ein schnelles Eingreifen zu steigern. Die Kommission ist sich haushaltstechnisch gesehen darüber im Klaren, dass ihre operationellen Mittel und Instrumente überarbeitet werden müssen. Unseres Erachtens muss die Anzahl der Haushaltslinien reduziert werden. Andererseits ist dafür Sorge zu tragen, dass mit umfassenderen Verordnungen noch immer alle bestehenden Arten von Aktivitäten gedeckt werden können, die Entscheidungsverfahren beschleunigt werden, die Auswahl der Durchführungspartner flexibel wird und Entscheidungen ggf. ohne Zustimmung der betroffenen Regierung gefasst werden können. Aufgrund von Erfahrungen in der Vergangenheit sind wir der Ansicht, dass eine weitere Integration unseres Eingreifens in die bestehenden regionalen Instrumente der richtige Weg vorwärts ist und zu einer größeren politischen Kohärenz und einer stärkeren Komplementarität der verschiedenen Arten von Interventionen innerhalb eines Landes führt. In Beantwortung verschiedener Fragen, die heute Abend gestellt wurden, möchte ich noch einmal betonen, dass die Komplementarität der diversen Instrumente im Wiederaufbauprozess in Afghanistan ein Beispiel für den Ansatz ist, den die Kommission verfolgt. Abschließend, Herr Präsident, möchte ich noch einen wichtigen Aspekt hervorheben. Wir müssen uns gut vor Augen führen, dass ein Eingreifen in der Phase unmittelbar nach der Krise beinhaltet, größere politische und technische Risiken zu akzeptieren. Ich möchte das hier noch einmal ausdrücklich ansprechen. Aus diesem Grund sieht die Kommission ihre Debatte mit dem Rat im vergangenen Jahr und Ihren heutigen Bericht als Beiträge auf dem Weg hin zu einer effektiveren Reaktion auf Krisen und einer besseren Verknüpfung von Soforthilfe und Entwicklung. |
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Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über die folgenden Berichte: Bericht (A5-0013/2002) von Herrn Hughes im Namen der Delegation des Europäischen Parlaments im Vermittlungsausschuss über den vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Regelung der Arbeitszeit des im Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (PE-CONS 3676/2001 - C5-0688/2001 - 1998/0319(COD)); Bericht (A5-0026/2002) von Frau Ghilardotti im Namen der Delegation des Europäischen Parlaments im Vermittlungsausschuss über den vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft (PE-CONS 3677/2001 - C5-0687/2001 - 1998/0315(COD)). |
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Herr Präsident, ich möchte Herrn Friedrich danken, der als Vizepräsident für die Vermittlung beim Thema Straßenverkehr verantwortlich zeichnete, sowie Herrn Rocard, der als Vorsitzender des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten daran mitgewirkt hat; im Grunde habe ich allen Mitgliedern der parlamentarischen Delegation zu danken, denn es war vor allem ein Gemeinschaftswerk. Mein Dank gilt auch Frau Palacio als Mitglied der Kommission und ihren Mitarbeitern, die wiederholt entscheidend dazu beigetragen haben, die Situation zu retten, wenn alles festgefahren schien. Und schließlich möchte ich dem belgischen Ratsvorsitz für die Energie und Entschlossenheit danken, mit der er die Einigung in diesem Punkt befördert hat. Das Ergebnis der Vermittlung zum Straßenverkehr ist eindeutig zu begrüßen. Jetzt wird eine der letzten verbliebenen Lücken im Arbeitszeitpuzzle geschlossen. Diesem Ergebnis kommt im Hinblick auf den Gesundheitsschutz und die Sicherheit sowie die allgemeine Verkehrssicherheit, aber auch, was die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs zwischen der Straße, der Schiene und anderen Verkehrssektoren betrifft, eine immense Bedeutung zu. Wir haben, um nun konkret zu werden, erstens sichergestellt, dass die selbstständigen Kraftfahrer grundsätzlich mit einbezogen werden. Manche werden möglicherweise enttäuscht sein, dass dies erst vier Jahre nach Ende der Übergangsperiode geschehen wird. Doch dürfen wir nicht vergessen, dass die Selbstständigen dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates zufolge mit großer Sicherheit auf Dauer ausgeschlossen wären. Der Rat wollte sie grundsätzlich nicht mit einbeziehen und lediglich erwägen, sie auf der Grundlage einer Untersuchung der Kommission zu möglichen künftigen Verzerrungen aufzunehmen. Selbst dann hätte der Rat wohl alles daran gesetzt, einen solchen Schritt der Kommission zu blockieren. Die Situation ist jetzt eine ganz andere. Die Selbstständigen werden prinzipiell einbezogen und können nur in zwei Fällen ausgeschlossen werden: erstens, wenn die Kommission einen solchen Ausschluss vorschlägt und zweitens, wenn wir als Mitgesetzgeber hier im Plenum einem solchen Ausschluss zustimmen. Keiner dieser Fälle dürfte wirklich eintreten. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Ergebnisses ist eine genauere Definition der Selbstständigkeit. Auch bei einer nur vorübergehenden Nichtberücksichtigung der Selbstständigen hielten wir eine eindeutige und exakte Definition, was unter einem selbstständigen Kraftfahrer zu verstehen ist, für unumgänglich, um zu verhindern, dass die Fahrer von skrupellosen Arbeitgebern in eine Scheinselbstständigkeit gedrängt werden. Wir verfügen nunmehr über eine sehr klare Definition in Artikel 3 Absatz e), wo es im letzten Satz heißt: Kraftfahrer, auf die die in der Definition enthaltene Kriteriencheckliste nicht zutrifft, gelten als Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie. Das ist eine äußerst nützliche Definition. Wir haben jetzt eine wesentlich bessere und klarere Definition der Arbeitszeit, die auch die Selbstständigen mit einschließt, außer bei allgemeinen administrativen Tätigkeiten, die keinen direkten Zusammenhang mit der gerade ausgeführten spezifischen Transporttätigkeit aufweisen. Bei der Nachtarbeit - und hier werden sicherlich einige enttäuscht sein - ist es uns nicht gelungen, eine Begrenzung auf acht Stunden durchzusetzen. Dazu habe ich drei kurze Anmerkungen. Der Rat hätte einer solchen Regelung nicht zugestimmt. Die meisten Delegationen sprachen sich dagegen aus. Es gibt im Hinblick auf den Umweltschutz und die Straßenverkehrssicherheit stichhaltige Argumente für den Transport von Gütern bei Nacht, wenn sie denn auf der Straße befördert werden müssen. Zugeständnisse bei der Nachtarbeit waren ganz entscheidend, um die Selbstständigen in den Geltungsbereich der Richtlinie einbeziehen zu können. In dieser gemeinsamen Aussprache erörtern wir u. a. die Bedeutung von Arbeit, Unterrichtung und Anhörung. Artikel 8 zu Abweichungen von den wöchentlichen Arbeitszeiten und für Nachtarbeit können Sie entnehmen, dass wir uns vorrangig für die Förderung des sozialen Dialogs eingesetzt haben. Abschließend möchte ich bemerken, dass bestimmte Aspekte des uns vorliegenden Textes in hohem Maße auf den Sachverhalt wie im Fall Kralowetz zutreffen. Das gilt insbesondere für jene Punkte, in denen es um die Unterbindung von Scheinselbstständigkeit, die Regelung der Aufzeichnung der Arbeitszeiten und die Pflichten von Versendern und anderen für die Festlegung von Routen und Zeitplänen verantwortlichen Personen geht. Doch der Fall Kralowetz lässt zwei Dinge überdeutlich zu Tage treten: Zum einen brauchen wir im Erweiterungsprozess dringend zusätzliche Sozialschutzmaßnahmen sowie eine sozial kontrollierte Öffnung des Arbeitsmarktes für Arbeitnehmer aus Mittel- und Osteuropa, insbesondere in diesem Sektor. Zum anderen liegt es auf der Hand, dass wichtige Texte wie dieser nicht das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt wurden, wenn die Kontrollen weiter so gehandhabt werden wie in diesem Fall. Wir müssen auf eine umfassende und ordnungsgemäße Durchführung der Kontrollen in der gesamten Europäischen Union dringen. Zum Abschluss möchte ich anmerken, dass wir dringend für die gesamte EU verbindliche Vorschriften benötigen, denn sonst wird der Fall Kralowetz in den kommenden Wochen und Monaten nicht der einzige bleiben. |
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Herr Präsident, mit der heutigen Aussprache und der morgigen Abstimmung im Plenum sind wir am Ende eines langen und schwierigen Weges angelangt, der die drei Organe einige Jahre in einem offenen und konzentrierten Meinungsaustausch zu einem Thema von herausragender Bedeutung beschäftigt hat: die Unterrichtung, Anhörung und Mitwirkung der Arbeitnehmer. Mit dem am 17. Dezember vergangenen Jahres erfolgreich abgeschlossenen Vermittlungsverfahren hat die Europäische Union Mindeststandards für die Unterrichtung und Anhörung festgelegt, die im gesamten Gebiet der Union anzuwenden sind. Nach dem Statut der Europäischen Aktiengesellschaft, der Richtlinie über Europäische Betriebsräte und der Charta der Grundrechte wird nun mit dieser Richtlinie der auf Gemeinschaftsebene wie auch auf nationaler Ebene bestehende rechtliche Rahmen ergänzt. Das kann dazu beitragen, den Wandel vorzubereiten, die Durchführung von Umstrukturierungsmaßnahmen unter annehmbaren Bedingungen zu gewährleisten und dem Beschäftigungsziel den ihm heute gebührenden Vorrang einzuräumen. Zudem halte ich es für besonders bedeutsam, dass vor dem Gipfel in Barcelona eine Einigung erzielt worden ist. Fast alle Mitgliedstaaten verfügen über einen auf Normen oder Tarifverträgen beruhenden Rechtsrahmen zur Gewährleistung der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer: aber eben wie gesagt nur fast alle, und mit der vorliegenden Richtlinie wird das diesbezügliche Recht auf das gesamte Gebiet der Union ausgedehnt. Um zum Kern des Themas zu kommen: Mit dieser Richtlinie wird das Recht der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter anerkannt, in allen Betrieben mit mindestens 50 Beschäftigten in sämtlichen Fragen betreffend das Leben des Unternehmens, unter besonderer Bezugnahme auf die Auswirkungen der Unternehmensentscheidungen auf Beschäftigung, Arbeitsorganisation, Ausbildung und Umschulung, unterrichtet und angehört zu werden. Wichtig ist, dass in der Richtlinie auf Inhalt und - auch vorübergehende - Modalitäten für die Unterrichtung und Anhörung eingegangen wird. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass letztere zu einem angemessenen Zeitpunkt erfolgen müssen, weil dies die Voraussetzung dafür ist, dass die Umstrukturierungs- und Anpassungsprozesse der Unternehmen und die Festlegung der zur Vermeidung negativer Folgen für die Arbeitnehmer notwendigen vorausschauenden Maßnahmen zum Erfolg führen. Den Arbeitnehmervertretern und den Arbeitnehmern selbst werden eine ganze Reihe von Rechten zuerkannt, und es werden Sanktionen vorgesehen, d. h. die Mitgliedstaaten müssen zum Zeitpunkt der Implementierung und Anwendung der Richtlinie wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen in ihr Regelwerk einführen. Ich halte das für einen besonders wichtigen Aspekt, über den auch viel diskutiert worden ist. Der ursprüngliche, auch vom Europäischen Parlament unterstützte Vorschlag der Kommission sah eine Sanktion auf EU-Ebene vor. Nach Maßgabe der uns nun vorliegenden Richtlinie werden jedoch die Mitgliedstaaten selbst Sanktionen erlassen, wodurch das Subsidiaritätsprinzip gewahrt wird. Ferner wird für die Mitgliedstaaten, die über gar keine, d. h. weder eine rechtliche noch eine tarifvertragliche Regelung verfügen, ein Übergangszeitraum vorgesehen, der jedoch im Vergleich zu dem gemeinsamen Standpunkt verkürzt wurde. Sicherlich, das Europäische Parlament hätte sich noch mehr erhofft: eine genauere Unterrichtung, eine präzisere Begriffbestimmung und mehr Inhalte; doch wenn wir die Kompliziertheit des Themas und den Widerstand berücksichtigen, auf den wir in den letzten Monaten nicht nur vonseiten der Regierungen, sondern auch der Lobbyisten gestoßen sind, so können wir meines Erachtens zufrieden sein. Die Delegation des Europäischen Parlaments im Vermittlungsausschuss hat diese mögliche Vereinbarung einstimmig gebilligt. Wir können zufrieden sein, weil Rechte anerkannt werden, der Sozialdialog aufgewertet und das Subsidiaritätsprinzip gewahrt werden, wobei ein einheitlicher Rechtsrahmen für das gesamte Gebiet der Union festgelegt wird: Im Hinblick auf die in den Betrieben anerkannten Rechte wird es also keine Arbeitnehmer erster und zweiter Klasse mehr geben. Abschließend möchte ich noch einen besonderen Dank an die Frau Kommissarin Diamantopoulou und ihr Team, an die belgische Ratspräsidentschaft und an die Frau Ministerin Onkelinx richten. Ich möchte betonen, dass es insbesondere wir drei Frauen waren, die sich für diese Richtlinie engagiert haben. Vielleicht ist es auch unserer Entschlossenheit und unserem Wissen um die enorme Bedeutung dieser Thematik zu verdanken - wobei ich von meinem Ausschuss und vom Parlament und die Kommissarin und die Ministerin durch ihre Überzeugungen gestützt wurden -, dass wir einen so wichtigen Prozess vollenden konnten. Der Gipfel von Barcelona wird meines Erachtens eine gute Gelegenheit bieten, um zu prüfen, ob unsere Vereinbarung auch wirklich etwas Konkretes und Positives bewirken kann. |
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Herr Präsident, ich habe den Eindruck, dass das Parlament von mir eine Erklärung zu den Fernfahrern erwartet, die im Großherzogtum Luxemburg ausharren. Nun, dazu möchte ich Folgendes sagen. Nach den der Kommission vorliegenden Informationen haben die luxemburgischen Behörden anlässlich der Untersuchung der Staatsanwaltschaft München eine Hausdurchsuchung des in Österreich ansässigen Speditionsunternehmens Kralowetz in Luxemburg veranlasst. Dieses Unternehmen ist seit 1986 in Luxemburg tätig und hat sich in acht europäischen Ländern etabliert. Der Firmeninhaber, Karl Kralowetz, wurde am 22. Januar verhaftet, und seit dem 26. Januar sind etwa 150 zum Unternehmen Kralowetz gehörende LKWs aus mehreren Ländern in Luxemburg auf dem Parkplatz einer Zollstelle eingetroffen. Die Fahrer beschweren sich, dass sie seit über drei Monaten keinen Lohn erhalten haben. Wahrscheinlich sind die meisten von ihnen illegal beschäftigt. Die Luxemburger Behörden organisieren momentan die Rückkehr der Fahrer in ihr jeweiliges Herkunftsland, und jeder Fahrer wird 1 000 EUR als Entschädigung erhalten. Das eigentliche Problem ist jedoch das skrupellose Verhalten des betreffenden Spediteurs. Er hatte Arbeitnehmer illegal - also ohne Sozialabgaben zu zahlen - ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt und Löhne gezahlt, die nicht im Einklang mit nationalem Recht bzw. Tarifverträgen stehen. Die Justizbehörden und Untersuchungsausschüsse verschiedener Mitgliedstaaten haben über mehrere Monate Ermittlungen und Befragungen durchgeführt und Berichte erstellt. Daran schlossen sich weitere Untersuchungen an, mehrere Verantwortliche wurden festgenommen sowie Unterlagen und Ausrüstungsgegenstände beschlagnahmt. Die Kommission begrüßt zwar das Vorgehen der Justiz- und Verwaltungsbehörden, bedauert jedoch, dass es überhaupt zu einer solchen Affäre kommen konnte. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer korrekten Anwendung nationaler Rechtsvorschriften, aber auch der nachfolgenden Gemeinschaftsvorschriften für den internationalen Straßenverkehr - erstens der Vorschriften über die Zulassung als Verkehrsunternehmer mit den drei Kriterien gutes Renommee, finanzielle Leistungsfähigkeit und fachliche Eignung und zweitens der Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten. Hier hat die Kommission vor kurzem einen Vorschlag für neue, vereinfachte und aktualisierte Gemeinschaftsvorschriften vorgelegt. Ferner sind folgende, noch zu beschließende Rechtsinstrumente von entscheidender Bedeutung: erstens die Vorschriften über die Arbeitszeit - und hier wäre eine Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat überaus begrüßenswert -, über die Sie morgen abstimmen werden. An dieser Stelle möchte ich Herrn Hughes den besonderen Dank der Kommission übermitteln. Zweitens die Vorschriften über eine einheitliche Fahrerbescheinigung, zu welchen Herr van Dam als Berichterstatter fungierte und denen das Europäische Parlament am 17. Januar seine Zustimmung erteilt hat. Mit dieser Verordnung wird der illegalen Beschäftigung von Fahrern, die nicht aus EU-Ländern stammen, ein Riegel vorgeschoben, da die Rechtmäßigkeit der Beschäftigung dieser Fahrer damit überprüft werden kann. Abschließend möchte ich anmerken, dass die gemeinschaftlichen Instrumente vorhanden sind oder aber sich im Genehmigungsverfahren befinden. Sie müssen von den Mitgliedstaaten ordnungsgemäß umgesetzt werden, und dieses Beispiel sollte eine Lektion sein, dass solch skrupellosem Vorgehen durch Wildwestspediteure künftig ein Riegel vorgeschoben wird. |
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Der soeben von Herrn Kommissar Bolkestein angeführte Fall ist selbstverständlich ein krasses und wahrscheinlich auch außergewöhnliches Beispiel für den Missbrauch im Transportsektor, er ist jedoch nicht das einzige Beispiel. Wir haben in den vergangenen Jahren mehrere Fälle erlebt, die in einem beinahe ebenso großen Stil abliefen wie der gerade gehörte. Neben den zahlreichen in großem Maßstab betriebenen illegalen Praktiken gibt es auch viel Missbrauch in kleinem Umfang, denn der Transportsektor wird zu einem großen Teil durch Regelverstöße gekennzeichnet. Das uns jetzt vorliegende System, nämlich stringentere Vorschriften über die Arbeitszeit - es geht ja nicht nur um die Fahrzeiten, sondern auch um die Arbeitszeiten - stellt im Vergleich zu früher eine Verschärfung dar. Das kann nur funktionieren, wenn die Kontrollen verbessert werden. Geschieht das nicht - und ich schließe mich in diesem Punkt Herrn Hughes an -, sind alle diese Vorschriften wertlos. Wenngleich die Kontrolle in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegt, ändert das nichts daran, dass der Kommission alle zwei Jahre ein Bericht über die Ergebnisse der Kontrollen vorgelegt werden muss. Ich möchte die Kommission auffordern, sich noch einmal mit diesem Bericht zu beschäftigen und erneut zu prüfen, welche Anforderungen in diesem Zusammenhang an die Mitgliedstaaten gestellt werden. Ein Punkt, dem die Kommission offenbar nachgeht, betrifft die Frage, ob ausländische Transportunternehmer strenger kontrolliert werden als nationale, also Personen der eigenen Nationalität. Das darf natürlich nicht als Kriterium angewendet werden. Die Kommission überprüft dies zu Recht, aber dabei darf es nicht bleiben, solange die Transportunternehmer ihre Fahrer zu lange und mit überhöhter Geschwindigkeit fahren lassen, weil diese häufig zu einer festgelegten Zeit an ihrem Bestimmungsort ankommen müssen. Solange, Herr Kommissar, - ich weiß sehr wohl, dass dies nicht in Ihren Zuständigkeitsbereich fällt - in den Mitgliedstaaten verschiedene zulässige Höchstgeschwindigkeiten gelten, ist dies alles sinnlos. In dem einen Mitgliedstaat sind 90 km/h erlaubt, in dem anderen 100 km/h und im nächsten wiederum 80 km/h. Die Art und Weise, in der Transport in Europa stattfindet, ist einfach verrückt. All dies ist verbesserungsbedürftig. Neben der Frage der Kontrollen besteht das Problem der Sanktionen. Jeder Mitgliedstaat kocht hier sein eigenes Süppchen. In diesem Bereich müsste es im Grunde genommen Mindestvorschriften geben. Ich weiß, dies ist momentan keine europäische Zuständigkeit, sollte es aber werden. Solange - und damit komme ich zum Schluss - die Fahrtenschreiber der Transportunternehmer und der Fahrer kontrolliert werden müssen, wird es immer Betrug geben, da der Fahrtenschreiber ein Instrument ist, das sich hierfür anbietet. Es wird dringend Zeit, die Verordnung, auf die wir warten, auszuarbeiten, in der bestimmt wird, dass die Fahrzeuge künftig mit einer digitalen Box ausgestattet werden müssen. |
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Herr Präsident! Ich möchte in Anbetracht der knappen Zeit die Glückwünsche, die ich aussprechen wollte, unterlassen. Es ist auch mir aufgefallen, Frau Ghilardotti, dass an diesen Berichten viele Frauen beteiligt gewesen sind, sowohl an Ihrem Bericht als auch an demjenigen über die Arbeitszeiten und zwar sowohl während der belgischen Präsidentschaft als auch innerhalb der Europäischen Kommission. Ich halte das für ein gutes Ergebnis. Normalerweise bin ich keine Freundin großer Worte, vor allem nicht, solange Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind, aber da wir nun an deren Ende angelangt sind, wage ich es doch, Superlative zu verwenden und das Zustandekommen dieser beiden Abkommen als historisch zu bezeichnen. Zunächst halte ich es für äußerst positiv, dass nun nach langer Zeit wieder europäische Arbeitsgesetzgebung festgelegt wird. Das entspricht dem Streben nach einem sozioökonomisch ehrgeizigen Europa, wie es in den Zielen von Lissabon formuliert wurde: eine dynamische und wettbewerbsfähige Wirtschaft mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt. Dieser letzte Teil der Zielsetzungen sollte am Vorabend des Gipfels von Barcelona auch noch einmal betont werden. In beiden Dossiers werden historische Schritte vollzogen. Die Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft stellt die wesentliche Anerkennung des Rechts von Arbeitnehmern dar, vorab an wichtigen Entscheidungen eines Unternehmens beteiligt zu werden, und das gehört zu den Mores und Traditionen des europäischen Sozialmodells. Eine Innovation des wirtschaftlichen Lebens ist erforderlich, dazu gehört jedoch ein proaktiver Ansatz, bei dem auch die Mitbestimmung von Arbeitnehmern ernst genommen wird. In der EU-Charta der sozialen Grundrechte wird dies als ein Grundrecht anerkannt. In der vorliegenden Richtlinie ist dieses Recht für alle Betriebe in der Union ausgearbeitet worden. Ein dritter Schritt ist erforderlich, denn wenn wir diese Mitbestimmung von Arbeitnehmern ernst nehmen, muss sie auch bei Umstrukturierungen und Veränderungen in Unternehmen gelten. Die Kommission hat vor kurzem ein diesbezügliches Dokument veröffentlicht. Es ist gut, dass heute Abend auch Kommissar Bolkestein unter uns weilt, denn es ist meines Erachtens sehr wichtig, dass diese Diskussion auch in anderen Bereichen geführt wird und das Thema Mitbestimmung der Arbeitnehmer ebenfalls in anderen Dossiers zur Sprache kommt, beispielsweise bei Unternehmensveräußerungen und -zusammenschlüssen und auch in der Wettbewerbspolitik von Herrn Kommissar Monti. Ich denke, diese Diskussion muss in der Zukunft einen ganz wichtigen Platz einnehmen, denn auch auf diesem Gebiet muss die Konsultation der Arbeitnehmer zur Tradition, zur Routine gehören. Was die Arbeitszeiten von im Straßenverkehr beschäftigtem Fahrpersonal betrifft, schließe ich mich den Äußerungen von Herrn Hughes zu dem Fall in Luxemburg an. Ich möchte auch noch einmal betonen, dass eine auf europäischer Ebene festgelegte Definition der Scheinselbstständigkeit eine sehr wichtige Rolle bei der Lösung von Problemen dieser Art spielen kann, da es eine diesbezügliche europäische Definition zur Zeit nicht gibt, sondern die Mitgliedstaaten, auch die Beitrittskandidaten, ihre eigenen Bestimmungen anwenden. |
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Herr Präsident, die ELDR-Fraktion begrüßt das zwischen Parlament und Rat erreichte Vermittlungsergebnis hinsichtlich der Richtlinie zur Regelung der Arbeitszeit des im Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals sowie der Richtlinie über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer. Angesichts dieser diffizilen Problematik und der Schwierigkeiten, zu einer Einigung zu gelangen, halten wir die Annahme des Dokuments im Ergebnis des Vermittlungsverfahrens für eine gute Lösung. Die Richtlinie über die Arbeitszeit im Straßenverkehr soll dazu dienen, unlauteren Wettbewerb und Sozialdumping im europäischen Binnenmarkt zu überwinden. Es sind auch Regelungen notwendig, um angemessene Arbeitsbedingungen für die Kraftfahrer sicherzustellen und damit einen Verlust an Sicherheit zu verhindern. Das Parlament hatte die Einbeziehung der selbständigen Kraftfahrer in den Geltungsbereich der Richtlinie gefordert und auf die Notwendigkeit verwiesen, alle Kraftfahrer - ob abhängig beschäftigt oder nicht - gleich zu behandeln. Nunmehr - sieben Jahre nach dem Inkrafttreten der Richtlinie - ist die Einbeziehung der selbständigen Kraftfahrer vorgesehen. Sicherlich kann die Kommission nach der Überprüfung entscheiden, ob die Einbeziehung der selbständigen Kraftfahrer erneut einem Mitentscheidungsverfahren unterzogen werden soll, um so mehr, da die Definition, was unter einem selbständigen Kraftfahrer zu verstehen ist, der Entstehung neuer Formen der Scheinselbständigkeit vorbeugt. Das ist in Ordnung, einverstanden, Herr Hughes, aber trotzdem sind damit meine Erwartungen noch nicht ganz erfüllt. Der Fall der Fernfahrer, die in Luxemburg festsaßen - und ich möchte noch hinzufügen, Herr Bolkestein, dass dieselben letzten Freitag mit der bereitgestellten Summe in Höhe von jeweils 1 000 Euro wieder in ihre Länder zurückkehren konnten - macht die Situation deutlich, zu der das Fehlen hinreichender gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften führen kann. Wie wir gesehen haben, gibt es gewissenlose und das Recht missachtende Transportunternehmer, die nicht davor zurückschrecken, Lücken, die einerseits zwischen den einzelnen nationalen Rechtsvorschriften und andererseits zwischen den nationalen und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften bestehen, bis hin zur Gesetzesübertretung ausnutzen, wobei sie wahrscheinlich auf das Fehlen wirksamer Kontrollen spekulieren. Einige Regierungen sind sich dessen durchaus bewusst. So haben Belgien, die Niederlande, Frankreich, Deutschland, Irland und Luxemburg 1999 eine Verwaltungsvereinbarung "Eurocontrol Route " abgeschlossen, mit der die Zusammenarbeit zwischen den Kontrolldiensten verbessert und verstärkt werden soll. Um jedoch gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Güterkraftverkehrsunternehmen im Binnenmarkt sicherzustellen, bedarf es zunächst gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften, und anschließend müssen die Mitgliedstaaten konsequent ein Überwachungs- und Sanktionssystem durchsetzen. |
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Herr Präsident, sehr geehrte Berichterstatter, verehrter Herr Kommissar Bolkestein! Ich möchte bei dem Wort Cowboy einhaken. Ich habe diesen Sektor jahrelang untersucht und denke nicht, dass wir es mit einer Cowboygesellschaft zu tun haben, sondern mit einem Cowboysektor. Das Transportgewerbe ist, wie allgemein bekannt, ziemlich angeschlagen. Die Gewinne sind sehr niedrig. Der Sektor ist in viele Kleinunternehmer zersplittert. Es gibt auch große Unternehmen, die langsam aber sicher kleine Fahrer zu Selbstständigen oder sogar Scheinselbstständigen gemacht haben. Kurzum, es gibt viel zu tun. Es wird mit Arbeitszeiten, mit Tarifverträgen und mit vielem anderen Schindluder getrieben. Vor diesem Hintergrund haben wir, vor allem in Bezug auf den internationalen Gütertransport, eine besondere Verantwortung, und die haben wir auch übernommen. Eines der ersten Dinge, die ich tat oder tun durfte, als wir hierher kamen, stand im Zusammenhang mit der Willy Betz-Affäre. Das war ein mit Kralowetz vergleichbarer Fall, jedoch etwas weniger schwerwiegend. Dort wurde mit ausgezeichnetem Material gefahren, und es wurde dafür gesorgt, dass viele Dinge in Ordnung waren, mit Ausnahme der Arbeitsgenehmigung und einiger anderer Punkte. Das hat zu der drivers' attestation-Richtlinie geführt. Glücklicherweise können wir jetzt eine zweite, sehr wichtige Richtlinie über die Regelung der Arbeitszeiten begrüßen. Ich denke, in der nächsten Zeit müssen noch mehr Lücken in der Gesetzgebung geschlossen werden. In Anbetracht dessen ist es vielleicht sehr gut, dass die Richtlinie über Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer - ich möchte hier das Wort "historisch " verwenden - auch angenommen wird, aus dem ganz einfachen Grund, dass viele große internationale Transportunternehmen im Laufe der Zeit ihren Betrieb ausgeflaggt haben, wobei den Arbeitnehmern häufig keine Mitsprache eingeräumt wurde. Diese Unternehmen haben ihre Arbeitnehmer verselbstständigt oder an selbstständige Kleinunternehmer vergeben. Auch dabei gab es keine Mitsprache. Solche Themen können wir jetzt besser anpacken. |
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Herr Präsident! Uns liegen hier zwei Richtlinienentwürfe von großer prinzipieller Bedeutung zur Diskussion vor, die seitens der GUE/NGL-Fraktion starke Unterstützung finden. Mit der Richtlinie über das im Straßenverkehr beschäftigte Fahrpersonal wird diese Berufsgruppe nun in die allgemeinen Vorschriften über die Arbeitszeit einbezogen. Das ist natürlich wichtig für die Situation der Arbeitnehmer, liegt aber ebenso im Interesse der Verkehrsteilnehmer. Während des Vermittlungsverfahrens habe ich mehrfach auf den Aspekt der Verkehrssicherheit hingewiesen, den ich für die Regierungen, die diese Vorschriften zukünftig umsetzen sollen, als wichtig erachte. Ebenso bedeutungsvoll ist die Gleichstellung von selbstständigen Kraftfahrern und angestelltem Fahrpersonal, die mit dieser Richtlinie erreicht wird. Aus der Sicht der anderen Verkehrsteilnehmer spielt es nämlich keine Rolle, ob man von einem angestellten oder einem selbstständigen Kraftfahrer überfahren wird. Der Nachteil dieser Richtlinie liegt allerdings in den langen Übergangszeiten. Im besten Fall werden bis zu ihrer Umsetzung sieben Jahre vergehen, wobei wir wissen, dass es auch nach diesem Termin schwer sein wird, die Umsetzung der Vorschriften in der Praxis zu kontrollieren. Bei der anderen Richtlinie über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer bildet eine Art Rahmenvereinbarung die Rechtsgrundlage, die für die Forderungen der Arbeitnehmer nach Unterrichtung und Anhörung von großer Bedeutung ist. Wir dürfen jedoch auch nicht vergessen, dass sie auch rechtliche Möglichkeiten für die Zurückweisung der Forderungen der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen schafft, so beispielsweise in den Punkten 25 und 26 des Richtlinienentwurfs, die Raum für eine mehr oder weniger weite Auslegung bieten. Die entscheidende Voraussetzung für das Funktionieren dieser Richtlinie wird daher ihre Annahme vor Ort im Arbeitsleben sein sowie die Fähigkeit der Gewerkschaften, ihre Forderungen mit Hilfe der Richtlinie durchzusetzen. Ich glaube, das gilt allgemein für diese Art von Vorschriften. Wir können gut gemeinte und in vieler Hinsicht hervorragende Richtlinien annehmen, aber wenn es dann um ihre Umsetzung in der Realität geht, so wissen wir, dass dieses Parlament keinen besonders großen Einfluss darauf hat. Ebenso wenig können meiner Meinung nach die Regierungen der Mitgliedsländer bewirken. In dieser Hinsicht teile ich Frau Smets Glauben an ein System dichter Kontrollen nicht. Es ist schwer zu ermitteln, was sich draußen auf den Straßen zuträgt, nicht zuletzt in den Nächten. Ebenso kompliziert ist es, Einblick zu erlangen, was hinter geschlossenen Fabriktoren geschieht. Hier können nur die Mitarbeiter selbst etwas tun. Aus diesem Grunde möchte ich meinen Redebeitrag mit einem eindringlichen Appell an die Arbeitnehmer beenden: "Verlassen Sie sich nicht darauf, dass die Probleme vom Europäischen Parlament oder vom Rat gelöst werden, sondern gehen Sie davon aus, dass Sie sie selbst lösen müssen, wobei Sie allerdings Hilfestellung von den verabschiedeten Richtlinien erhalten. " |
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Herr Präsident! Zunächst begrüße ich für meine Fraktion den im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss über die Rahmenrichtlinie zur Information und Konsultation. Gleichzeitig danke ich der Berichterstatterin des Parlaments, Frau Ghilardotti, dass sie uns zu diesem Kompromiss geführt hat. Er liegt jetzt ganz nahe beim Gemeinsamen Standpunkt. Wir haben in unserer Fraktion über Information und Konsultation durchaus kontrovers diskutiert, aber darüber waren wir uns einig, dass der Gemeinsame Standpunkt ein wirklich guter Ausgangspunkt für eine vernünftige Lösung ist. Seit der ersten Lesung im Parlament im April 1999 und schon zuvor bei den Ausschusssitzungen gab es oft große Meinungsunterschiede zwischen den Fraktionen; die Berichterstatterin musste sich bewegen - sie hat es getan -; das gleiche gilt für mich als Schattenberichterstatter der stärksten Fraktion, der EVP-DE. Es liegt ein konstruktiver Kompromiss vor. Das Mögliche wurde erreicht. Es kam darauf an, endlich den Fuß in die Türe zu bringen. Schon der nächste Windstoß kann die Tür weiter öffnen. Bei der zweiten Lesung konnte sich die EVP-DE in vielen Punkten durchsetzen. Die Mehrheit meiner Fraktion war gegen europäische, aber für nationale Sanktionen. In der Vermittlung sind diese Vorstellungen zusätzlich in die Erwägungen aufgenommen worden. Die Rahmenrichtlinie in der endgültigen Form trägt erstens zum Funktionieren des europäischen Betriebsrats bei. Alle lokalen Arbeitnehmervertreter bekommen Mindestrechte, die ihnen helfen, die vom europäischen Betriebsrat erhaltenen Informationen zu verwerten. Zweitens trägt sie dazu bei, Umstrukturierungsprobleme zu entschärfen, die sich auch auf nationale Unternehmen beziehen. Die Betriebsräte-Richtlinie gilt dagegen nur für transnationale Unternehmen. Die Rahmenrichtlinie schreibt vor, das Verfahren im Geiste der Zusammenarbeit durchzuführen. Das bedeutet Partnerschaft. Partnerschaft bezweckt einerseits klare Interessenvertretung, aber auch den Interessenausgleich im gemeinsamen Gespräch durch Information und Konsultation. Rechtzeitige Information bringt Transparenz, die Vertrauen schafft und Reibungsverluste für die Unternehmen vermeidet - ein wirtschaftlicher und sozialer Vorteil. Gewinner sind dabei Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Weise. |
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Herr Präsident! Lassen Sie mich zunächst den beiden Berichterstattern für ihre Arbeit an zwei wichtigen Richtlinien danken. Ich möchte mich hier auf die Richtlinie über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer konzentrieren, aber dennoch auch einige Worte zur Richtlinie über die Arbeitszeit des im Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals sagen. Dabei ist die Einbeziehung selbstständiger Kraftfahrer von größter Bedeutung, auch wenn es eine Übergangsperiode geben wird. Es handelt sich hier nämlich um Schutzvorschriften für die Berufskraftfahrer, wobei in dieser Hinsicht kein Unterschied zwischen angestellten und selbstständigen Kraftfahrern besteht. Wie Herman Schmid ganz richtig erklärte, ist dies auch eine Frage der Verkehrssicherheit. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Fahrzeugführer angestellt oder selbstständig ist. Hinsichtlich der Unterrichtung und Anhörung kann ich der Abgeordneten van den Burg zustimmen, wenn sie diese Richtlinie als historisch bezeichnet, denn sie ist tatsächlich historisch. An ihrer Erarbeitung waren drei Frauen beteiligt, und ich kann noch eine vierte Frau nennen, die dabei eine Rolle gespielt hat. Als der Rat im Juni während der Ratspräsidentschaft Schwedens endlich zu einem Gemeinsamen Standpunkt gelangte, der die Grundlage für diese Richtlinie bildet, hatte daran auch eine schwedische Ministerin Anteil. Meiner Ansicht nach muss diese Art von Unterrichtung und Anhörung in einem Gemeinsamen Markt selbstverständlich sein, denn bei diesem geht ja nicht nur um die Rechte der Unternehmen, sondern auch um die Rechte der Arbeitnehmer, um ihre Unterrichtung und die Anhörung ihrer Standpunkte. Manchmal wird in Schweden die Frage gestellt: "Was hat das eigentlich für eine Bedeutung für Schweden? Wir haben doch bereits eine wesentlich bessere Gesetzgebung. " Ja, das stimmt. Auf gesetzliche Vorschriften in unserem Land hat diese Richtlinie vielleicht überhaupt keine Auswirkung. Dennoch sind Mindestrichtlinien von großer Bedeutung, nicht nur für die Länder, in denen die Gesetzgebung nicht so weitreichend ist, sondern auch indirekt zur Vermeidung von Sozialdumping auf einem Binnenmarkt, auf dem Unternehmen sich etablieren und die Arbeitnehmer schlechte Bedingungen erhalten. Somit ist es für alle Länder wichtig, das Mindestniveau anzuheben und Mindestrichtlinien zu beschließen, die die Bedingungen verbessern. Abschließend möchte ich noch einmal den Berichterstattern für zwei gute Richtlinien danken. Ich hoffe, wir können damit weitergehen und zukünftig die Unterrichtung und Anhörung verbessern. |
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Herr Präsident! Der Fall Kralowetz ist zum Teil ein luxemburgisches Problem, weil die Regierungen der letzten 20 Jahre Transportunternehmen in großer Zahl durch allerlei Vergünstigungen nach Luxemburg gelockt haben, ohne jedoch eine Kontrolle über die Arbeits- und Lohnbedingungen bei diesen Firmen aufzubauen. Kralowetz ist fundamental jedoch auch ein europäisches Problem. Es ist ein Beweis dafür, dass ein soziales Europa nicht besteht. Die Europäische Union hat den Transportsektor 1998 vollständig liberalisiert, ohne parallel dazu die notwendigen sozialen Regelungen vorzusehen. Heute sehen wir mit dem Fall Kralowetz und anderen Fällen die Resultate davon. Ich denke, dass die Kommission mehr machen muss als das, was heute Abend angesprochen wurde. Drei Sachen sind meines Erachtens zentral. Erstens: Die Kontrollen müssen verschärft werden. Was nützen Gesetze, wenn nicht kontrolliert wird, ob sie eingehalten werden? Zweitens: Die Papiere der Sozialversicherungen müssen in der EU harmonisiert werden. Das sollten wir nicht erst Ende 2003 tun, sondern wir sollten versuchen, das bereits Anfang 2003 in die Wege zu leiten. Drittens, und das ist wahrscheinlich der wichtigste Punkt: Das System der CEMT-Transportlizenzen, das es Unternehmen von außerhalb der EU erlaubt, durch die EU-Mitgliedstaaten durchzufahren, fördert heute Sozialdumping und Illegalität und wird sie auch morgen noch fördern, wenn wir es nicht fertig bringen, diese CEMT-Transportlizenzen an soziale Mindeststandards zu binden. Wenn dies nicht passiert, dann braucht Karl Kralowetz morgen nur nach Russland zu gehen und kann von dort sein System, sein skrupelloses Geschäft weiterführen. |
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Herr Präsident! Eine europäische Regelung zur Arbeitszeit der Berufskraftfahrer ist aus drei Gründen dringend erforderlich: Erstens zum sozialen Schutz der Beschäftigten, zweitens zur Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit und drittens aus Wettbewerbsgründen. Die im Vermittlungsausschuss erzielten Punkte finden wir gut. Wir teilen insbesondere das, was von Ihnen schon angesprochen wurde: Einbeziehung der Selbständigen, eine klare Definition der Selbständigen, eine klare Definition der Arbeitszeiten - wodurch natürlich auch die Unternehmen wieder mehr in Regress genommen werden können -, und die Festlegung der Ausnahmetatbestände betreffend die wöchentliche Arbeitszeit und die Nachtarbeit. Meine Kollegen haben es schon gesagt: Ohne Kontrollen und ohne Sanktionen bringt keine Richtlinie irgendeinen Fortschritt. Ich glaube, genau hier sollten wir ansetzen. Die Kommission hat eine neue Verordnung zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr vorgelegt, die demzufolge demnächst in diesem Parlament anstehen wird. Es gibt gegenwärtig zwischen den im Vermittlungsausschuss erzielten Ergebnissen und dem neuen Vorschlag starke Diskrepanzen. Die müssen ausgeräumt werden, da muss man koordinieren. Damit haben wir natürlich auch die Chance, insbesondere die Sanktionen und die Kontrollen viel stärker mit zu gestalten und festzulegen, denn es geht um eine Verordnung, und das heißt, das hat auch eine andere Rechtsverbindlichkeit und Wirksamkeit. Meiner Ansicht nach ist der wichtigste Schwerpunkt dabei, dass wir trotz der Berücksichtigung der Harmonisierung des Wettbewerbs vorrangig von der Notwendigkeit ausgehen müssen, dass wir eine Harmonisierung der Sozialvorschriften und eine Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit brauchen. Und wenn uns das gelingt, dann haben wir schon eine ganze Menge erreicht. |
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Herr Präsident, ich kann die Begeisterung meiner Kollegen über die Ergebnisse dieser Vermittlung nicht teilen, doch möchte ich den beiden Berichterstattern ebenfalls herzlich gratulieren. Zu meinem Bedauern und möglicherweise ihrer Überraschung haben sie gewonnen, und ich habe verloren. Wir alle wissen: Wenn der Rat nicht nachgegeben hätte, dann hätte das Parlament selbst eher Zugeständnisse gemacht als eine der beiden Richtlinien aufzugeben. Das Parlament befand sich in der schwächeren Position, doch haben die beiden Berichterstatter sich wirklich wacker geschlagen. Ich beglückwünsche sie zu ihrem Geschick. Dabei kam ihnen der frühe Rückzieher der britischen Regierung während der beiden Vermittlungsverfahren entgegen. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der Europaminister des Vereinigten Königreichs, der im vergangenen Herbst eigentlich nach Straßburg gekommen war, um die britischen Abgeordneten aller Parteien davon zu überzeugen, gegen den gesamten Bericht Ghilardotti zu stimmen, nicht nur erkennen musste, dass die Labour-Abgeordneten dem Bericht positiv gegenüber standen, sondern selbst seine Meinung änderte und ihn nun ebenfalls unterstützte. Die Politik ist manchmal ein seltsames Spiel. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, bin ich ein leidenschaftlicher Verfechter von Unterrichtung und Anhörung, jedoch widersetze ich mich ebenso leidenschaftlich einem Einheitskorsett für Unternehmen unterschiedlicher Art und Größe. Meiner Meinung nach ist diese geänderte Richtlinie mehr eine Barriere denn eine Brücke für die Beteiligung von Arbeitnehmern. Und nun zur Arbeitszeitrichtlinie: diese Rechtsvorschrift taugt in meinen Augen nicht viel. Sie wäre noch weniger wert, wenn es eine Begrenzung der Nachtarbeit gegeben hätte, doch war ich sehr erfreut darüber, dass der Berichterstatter letztlich Vernunft angenommen hat und dieser Vorschlag aus dem Rennen genommen wurde. Allerdings halte ich die Rechtsvorschrift wegen ihrer provisorischen Erweiterung um die selbstständigen Kraftfahrer noch immer für schlecht. Wie der spanische Abgeordnete bereits ausführte, als er sich den anderen Ländern anschloss und die ablehnende Haltung seines Landes gegenüber der Endfassung zum Ausdruck brachte, ist es das erste Mal, dass der Unternehmenssektor in eine Richtlinie einbezogen wird. Ich werde mich auf jeden Fall dafür einsetzen, dass es die letzte bleibt. Wir sollten für mehr Arbeitsplätze sorgen, anstatt für weniger. Dies sollte und darf nicht als Präzedenzfall angesehen werden. |
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Herr Präsident, Herr Kommissar Bolkestein! Die Situation der gestrandeten Fernfahrer in Luxemburg zeigt einmal mehr, wo es europäischen Regelungs- und Kontrollbedarf gibt. Hier wird uns so klar, wie es bisher kaum der Fall war, vor Augen geführt, was auf diesem Arbeitsmarkt, was bei den Fernfahrern tatsächlich los ist. Wenn Sie einmal mit den Fernfahrern Europas sprechen, werden Sie hören, wie dort gearbeitet wird, wie illegal teilweise gearbeitet wird, unter welchen Lohnbedingungen; gefahren wird bis zur Ermüdung, und sozialversichert sind sie nur teilweise. Das ist die Realsituation eines europäischen Arbeitsmarktes! Das ist das Problem, mit dem wir konfrontiert sind! So gesehen ist diese Arbeitszeitregelung längst überfällig - zu unserer Sicherheit auf der Straße und zur Sicherheit der Arbeitnehmer, der Fahrer selbst. Im Übrigen ist dieser Fall - das wurde schon vorher erwähnt - nicht nur eine Frage von Luxemburg oder eine Frage einiger österreichischer Unternehmer, jetzt wissen wir schon, dass es sich um mehrere österreichische Unternehmer handelt. Er ist auch ein europäisches Phänomen. Das Kernproblem besteht dabei für mich als absoluten Erweiterungsbefürworter der Europäischen Union darin, dass wir heute mit den Arbeitnehmern der Kandidatenländer Schindluder treiben, dass das die Arbeitnehmer sind, die heute unter Kollektivvertrag zu Schindlöhnen arbeiten müssen, unter Sozialbedingungen arbeiten müssen, die verheerend sind. Das ist das Entree dieser Arbeitnehmergruppe in diese Europäische Union! Dagegen haben wir anzutreten! Aber es ist ja immerhin so, dass jede schlechte Seite auch eine gute hat. So ist in meinem Land, in Österreich, bereits eine Gruppe von Frächtervertretern aufgestanden, die einer europäischen Regelung, europäischen Regelungen, das Wort sprechen in Richtung Kontrolle, in Richtung Maßnahmen, die auch auf diesen ruinösen Wettbewerb Einfluss nehmen. Das ist die Situation, vor der wir stehen. Im Übrigen sollten Sie, Herr Kommissar, das zum Anlass nehmen, über Kontrollsysteme für Arbeitnehmer am europäischen Arbeitsmarkt mehr und besser nachzudenken. |
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Herr Präsident, zunächst einmal möchte ich natürlich den Berichterstattern gratulieren. Dann möchte ich unterstreichen, dass die Annahme dieser beiden Richtlinien einen wichtigen Schritt bei der Schaffung des europäischen Arbeitsrechts und damit beim Aufbau des sozialen Europas darstellt. Es wurde auf den Dialog gesetzt, alle Seiten waren bereit, Zugeständnisse an ihre ursprünglichen verständlichen Standpunkte zu machen. Die Einbeziehung der Selbstständigen kann sich natürlich nachteilig auf den Unternehmergeist auswirken, wie dies von Vertretern meines Landes vorgebracht wurde. Was den allgemeinen Rahmen für die Unterrichtung und Anhörung angeht, so heißt es in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gleich zu Beginn von Kapitel IV "Solidarität " in Artikel 27 mit dem Titel "Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Unternehmen ", dass "für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder ihre Vertreter auf den geeigneten Ebenen eine rechtzeitige Unterrichtung und Anhörung in den Fällen und unter den Voraussetzungen gewährleistet sein (muss), die nach dem Gemeinschaftsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten vorgesehen sind ". In Artikel 136 des Vertrags über die Europäische Union wurde als Ziel der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten bereits der soziale Dialog genannt. Daher erscheint es als logisch und notwendig, dass eine Einzelrichtlinie, neben weiteren speziellen Richtlinien, wie der Richtlinie 94/45/EG, einen allgemeinen Rahmen mit Mindestbedingungen für die Ausübung des Rechts auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in den Unternehmen der Gemeinschaft festlegt. Diese Rechte, die zuerst in die Europäische Sozialcharta von 1961 und in die Charta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 aufgenommen wurden, sind heute, wie ich bereits sagte, Gegenstand der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Es dürfte niemanden überraschen, dass die Arbeitnehmer durch ihre Vertreter über die Lage des Unternehmens oder seine Entwicklung Bescheid wissen und über die anstehenden Entscheidungen sowie die sich daraus ergebenden Folgen für die Zukunft informiert sind, denn in vielen Fällen knüpfen sie ihre Existenz und vor allem die Sorge um ihren Lebensunterhalt an das Unternehmen. Diese Rechte müssen natürlich ihrem Wesen nach dazu beitragen, das Unternehmen zu stärken, die Beschäftigungsmöglichkeiten und die Anpassung der Arbeitnehmer an neue oder modernisierte Produktionsverfahren zu verbessern. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Mechanismen nicht immer zufriedenstellend funktioniert haben: Die Arbeitnehmer haben von Entscheidungen erst erfahren, als sie bereits getroffen waren. Aus diesem Grund erscheint mir Artikel 4 besonders wichtig ... (Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.) |
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Herr Präsident! Wir haben in den letzten Wochen einige Themen behandelt, die direkt den Transportbereich - auch von den Sozialmaßnahmen her - tangierten, und wir waren auch im Ausschuss für Regionalpolitik, Verkehr und Fremdenverkehr der Meinung, dass all diese Maßnahmen - und ich glaube, die Arbeitszeit, die jetzt endlich geregelt ist, ist ein wichtiges Kapitel, das abgeschlossen wird - nur einen Sinn machen, wenn auch der Wille bei den Mitgliedstaaten da ist, zum einen die Kontrollen zu verschärfen und zum anderen die Sanktionen auch anzupassen. Ich komme aus einem Grenzgebiet und weiß ganz genau, dass es mittlerweile in dem Bereich so heißt: Wer die Regelungen der einzelnen Länder am besten kennt, der kann das meiste Geld machen. Die Lobby, die hier spielt, ist nicht eine Lobby für oder gegen Arbeitnehmer - ich glaube, es hat auch nichts mit der luxemburgischen Gesetzgebung zu tun -, es ist auch keine Lobby für oder gegen die Arbeitgeber. Im Endeffekt sind bei dem luxemburgischen Beispiel beide die Verlierer, und wir haben auch die Kommission beim berühmten van Dam-Bericht noch einmal darauf hingewiesen. Uns geht es nicht darum, immer mehr Richtlinien, immer mehr Details zu haben, uns geht es darum, dass die Länder bereit sind, zusammen anzupacken, damit sowohl die Arbeitgeber korrekte Preise anbieten können und nicht unter diesem Dumping leiden, der dort organisiert wird und selbstverständlich auch die Arbeitnehmer unter korrekten Bedingungen arbeiten können. Denn ich sage und behaupte eindeutig: Die Lobby, die dagegen arbeitet, ist an und für sich eine Lobby, die nur diejenigen unterstützt, die falsch spielen und die die Regelungen nicht respektieren. Ein LKW-Fahrer, der auch Besitzer seines LKW ist - und da komme ich auf den ersten Bericht zurück -, ist immer an der Grenze der Legalität, wenn er rentabel arbeiten will. In der Situation leben wir. Das bedeutet, dass wir die Entwicklung der Liberalisierung im Straßengüterverkehr erstens wirtschaftlich, zweitens für den Arbeitgeber, aber auch für den Arbeitnehmer, mit der gleichen Brille sehen müssen, und ich glaube, dass wir die Interessen beider gleichmäßig vertreten können. |
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Herr Präsident! Ich will mich in meinen zwei Minuten ausschließlich zur Erklärung von Herrn Bolkestein zur Affäre Kralowetz äußern. In dieser bedauernswerten Angelegenheit ist zunächst zu unterstreichen, dass nicht die Gesetzgebung und die Praxis in Luxemburg hier an den Pranger gestellt gehören, sondern die sozialen Defizite im europäischen Raum, in der Europäischen Union, in einem Bereich, wo sie, wie es gerade die Kralowetz-Affäre erhellt, unverzeihlich sind. Schuld ist in erster Linie auch nicht die EU-Kommission, sondern eine Mehrheit der Mitgliedstaaten, die sich weigern, gemeinsame Regeln betreffend Arbeits- und Lohnbedingungen auf anständigem Niveau zu vereinbaren, um im Binnenmarkt dem sozialen Dumping entgegenzuwirken. Beim EU-Richtlinienvorschlag betreffend die Lenkungszeiten der Lastwagenfahrer ist es gerade Luxemburg, zusammen mit Frankreich und Belgien, die sich im Rat "Verkehr " bemüht haben, die Scheinselbständigen in den Bereich der Richtlinie mit einzubeziehen. Hier liegt nämlich auch in der Kralowetz-Affäre der Hase im Pfeffer, trotz der Bemühungen im Bereich Eurocontrôle-Route, die Frau Flesch erwähnt hat, und die lobenswert sind. Wir brauchen auf gemeinschaftlicher Ebene eine Gesetzgebung, die für rechtliche Grauzonen keinen Raum mehr lässt. Diese werden von Leuten mit einer gewissen kriminellen Energie - wie unser Premierminister sich treffend ausgedrückt hat - schamlos ausgenützt. Das ist die Lektion, die wir zu ziehen haben, und ich hoffe, dass die Mitgliedstaaten, die sich bisher weigerten, gemeinsamen Regelungen zuzustimmen, jetzt einer strengeren Reglementierung auf EU-Ebene nicht mehr im Wege stehen, um dieser modernen Sklaverei ein Ende zu setzen. Ich möchte auch noch unterstreichen, dass eine Reform des Niederlassungsrechts in Luxemburg auf dem Instanzenweg ist, das strengere Kriterien enthält, und es dubiosen Firmen nicht mehr so leicht möglich macht, völlig legal Lizenzen und Handelsermächtigungen zu erhalten, was allerdings angesichts der geltenden EU-Richtlinien betreffend die Betriebsdefinition nicht so leicht ist. Ich hoffe, dass die Anhänger der vollen Liberalisierung im Straßengüterverkehr, die sich hier so stark eingesetzt haben dafür, und welche gegen Unternehmer à la Kralowetz und ihre Praktiken keine Handhaben mehr bieten, ... (Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.) |
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Herr Präsident, zunächst möchte ich dem Hohen Haus und der parlamentarischen Delegation im Vermittlungsausschuss meinen herzlichsten Dank aussprechen. Insbesondere möchte ich dem Vizepräsidenten, Herrn Friedrich, und vor allem dem Berichterstatter, Herrn Hughes, für ihre ausgezeichnete Arbeit danken. Dank ihrer Bemühungen, ihres Könnens und ihrer Zielstrebigkeit kann nun eine Maßnahme angenommen werden, die die Kommission vor mehr als drei Jahren vorgeschlagen hatte - eine äußerst erfolgreiche Bilanz. Mit der Annahme dieser Richtlinie kommen wir bei der Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen im Straßenverkehrssektor und vor allem bei der Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit ein gutes Stück voran. Diese Richtlinie wird nicht nur dem Missbrauch in diesem Sektor ein Ende setzen, sondern auch zu einem ausgeglicheneren Verhältnis zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern führen. Eine Wiederbelebung des Bahnverkehrs ist nur dann möglich, wenn der rücksichtslose Wettbewerb im Güterkraftverkehr beendet wird. Die Mitgliedstaaten müssen deshalb für die erforderlichen Kontrollen sorgen, um sicherzustellen, dass die neuen Vorschriften eingehalten werden. Die Richtlinie enthält Mindestanforderungen an die Regelung der Arbeitszeit von Kraftfahrern und berücksichtigt ferner alle von den Fahrern neben dem Fahren ausgeführten Tätigkeiten. Dem Parlament ist es zu verdanken, dass diese Richtlinie letztendlich alle Kategorien von Kraftfahrern einschließt, seien sie nun selbstständig oder nicht. Das wird die Straßenverkehrssicherheit entscheidend verbessern, denn jeder Fahrer ist gleichermaßen von Müdigkeit betroffen, ob er nun bei einem Unternehmen beschäftigt oder selbstständig tätig ist. Zweifellos ist es der beste Ansatz, die Kommission zu ersuchen, dass sie die Auswirkungen der Nichteinbeziehung untersucht und auf dieser Grundlage spezielle Bedingungen für die Einbeziehung der selbstständigen Kraftfahrer vorschlägt. Ich darf den Abgeordneten nochmals für ihre Entschlossenheit danken, die sie während des gesamten Vermittlungsverfahrens bewiesen haben, so dass wir diese Richtlinie schließlich annehmen konnten. In Bezug auf den Bericht Ghilardotti möchte ich die Berichterstatterin sowie alle Parlamentsabgeordnete zu der Einigung beglückwünschen, die zu dieser äußerst wichtigen Richtlinie erzielt werden konnte. Sie war nur dank der Kompromisshaltung von Parlament und Rat möglich. Mit dem uns nun vorliegenden Richtlinienentwurf wird erstens den ursprünglichen Zielen der Kommission betreffend die EU-weite Entwicklung bewährter Praktiken der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer, die auf das frühzeitige Erkennen von neuen Entwicklungen und die Bewältigung der damit verbundenen Veränderungen ausgerichtet sind, voll und ganz Rechnung getragen. Zweitens erhalten die Sozialpartner so Spielraum bei der Umsetzung der Richtlinie. Drittens ist sie mit allen nationalen Regelungen vereinbar und sieht Mechanismen für eine reibungslose Einführung der neuen Bestimmungen in allen Ländern vor. Viertens spiegelt sich darin die Auffassung der beiden Gesetzgeber wider, wurden doch mindestens 15 Änderungsanträge des Parlaments aus den beiden Lesungen in den Text aufgenommen. Deshalb verdient es dieser Entwurf, in jedem Fall von der Kommission, aber auch von Parlament und Rat angenommen zu werden. Die Richtlinie wird den Gemeinschaftsrahmen für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer vervollständigen, einen Rechtsrahmen, der den europäischen Unternehmen und ihren Beschäftigten ein wichtiges Instrument zur Durchsetzung von Veränderungen an die Hand gibt und gewährleistet, dass dies auf sozialverträgliche Weise geschieht. Die Kommission hofft sehr, dass die in den letzten Jahren auf diesem Gebiet geleistete umfangreiche Vorarbeit mit einer positiven und engagierten Einstellung der Sozialpartner zu dem ihnen vor zwei Wochen vorgelegten Konsultationspapier zu den sozialen Aspekten der Unternehmensumstrukturierung fortgeführt werden kann. |
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Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A5-0465/2001) von Herrn Vidal-Quadras Roca im Namen des Ausschusses für Industrie, Außenhandel, Forschung und Energie über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Energieprofil von Gebäuden (KOM(2001) 226 - C5-0203/2001 - 2001/0098(COD)). |
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- (ES) Herr Präsident, diese weitreichende Richtlinie ist das unmittelbare Ergebnis des Grünbuches über die Sicherheit der Energieversorgung, das in jüngster Zeit mehrfach und umfassend in diesem Plenum diskutiert wurde. Wir sind uns zweifellos alle der Tatsache bewusst, dass die Gebäude den wichtigsten Faktor in der Energiebilanz der Union darstellen: Lüftung, Kühlung, Heizung, Beleuchtung usw. Das sind die Positionen, die in der Union den größten Teil der Energiekosten ausmachen, und von dieser Warte aus wird alles, was in diesem Bereich getan wird, auch besonders spürbar. Diese Richtlinie bedeutet das Ende der Ära des Voluntarismus oder der Empfehlungen. Wir treten in eine Zeit der festen Verpflichtung, der verbindlichen Maßnahmen und des festen Willens ein, diese Maßnahmen Realität werden zu lassen. Drei Aspekte der Richtlinie möchte ich unbedingt hervorheben. Der erste ist die Pflicht, dass alle Gebäude in der Union über ein Zertifikat verfügen, das ihre Energieeffizienz ausweist. Dieses Zertifikat wird ohne jeden Zweifel eine große Signalwirkung auf den Märkten haben und wesentlich zur Energieeinsparung beitragen. Der zweite Aspekt ist die Pflicht, bei allen neuen Gebäuden als unabdingbare Voraussetzung für die Baugenehmigung eine Berechnung der Energieeffizienz vorzunehmen. Und der dritte Aspekt ist die Pflicht, im Zuge größerer Renovierungsarbeiten an Gebäuden mit einer Grundfläche über 1 000 m2 die Energieeffizienz zu verbessern. Die Richtlinie sieht noch weitere Maßnahmen vor, ich wollte jedoch nur die drei genannten hervorheben, da sie offensichtlich das größte Potenzial bergen. Ihnen ist sicher nicht entgangen, dass wir bei Erreichung der in einigen Studien vorausgesehenen 20 %igen Einsparung in der Energiebilanz der Gebäude durch eben diese 20 % von den 40 % des Gesamtenergieverbrauchs insgesamt fast 10 % erreichen. Die Bedeutung dieser Tatsache für die Erdölbilanz und die CO2-Emissionen dürfte jedem klar sein. Es ist an der Zeit, den anderen Fraktionen des Parlaments für ihre wertvollen Beiträge und ihre Unterstützung bei der Verbesserung dieses wichtigen Gesetzestextes durch die Änderungsanträge des Parlaments zu danken. Ich danke der Sozialistischen Fraktion und Frau Zrihen für ihre zahlreichen Beiträge und möchte vor allem ihren interessanten Vorschlag zum sozialen Wohnungsbau hervorheben. Der Fraktion der Grünen und Frau Ahern möchte ich ebenfalls herzlich für ihr herausragendes Interesse und ihre Unterstützung danken und gleichzeitig auf ihren höchst interessanten Beitrag zu den Techniken der passiven Kühlung hinweisen, die in den sehr warmen Regionen der Union, wo die Kühlung (Klimaanlagen) allmählich zu einem entscheidenden Faktor wird, so wichtig ist. Danken möchte ich auch der liberalen Fraktion für ihren Hinweis darauf, dass steuerliche Anreize immer besser sind als Sanktionen. In Spanien sagt man "Lecken bringt mehr ein als Beißen ", und das trifft auch auf die Wirtschaft zu. Leider gibt es zwei Punkte, in denen das Parlament keine Einigkeit erzielen konnte: erstens, die Übergangszeiträume für die Anwendung der Richtlinie - hier haben wir uns auf einen vertretbaren Kompromiss zwischen zu weit gesteckten und damit ineffektiven Fristen und zu kurzfristigen, nicht gangbaren Forderungen geeinigt. Der zweite Punkt ist die Flächenbegrenzung auf 1 000 m2, eine Schwelle, die die Grünen-Fraktion herabsetzen wollte. Wir verstehen ihre Absicht und teilen auch ihre Besorgnis. Wenn wir jedoch diese Richtlinie wirklich innerhalb eines Zeitraums umsetzen wollen, der ihre wirksame Anwendung gestattet, müssen wir die von der Kommission vorgeschlagene Zahl akzeptieren. Herr Präsident, wenn es stimmt, dass die Politik die Kunst ist, die das Notwendige möglich macht, wird diese Richtlinie im kommenden Jahrzehnt tatsächlich zu einer Einsparung großen Ausmaßes auf einem äußerst wichtigen Sektor der Energiekosten in der Union führen und damit zu Wohlstand und Fortschritt sowie zur Sicherheit aller Europäer beitragen. |
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Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik. (ES) Herr Präsident, zunächst möchte ich dem Berichterstatter und Kollegen, Herrn Vidal-Quadras, für seine ausgezeichnete Arbeit an dieser wichtigen Richtlinie danken. Er sagte bereits, dass die Europäische Union ständig mehr Energie verbraucht und somit, ebenso wichtig, auch immer mehr Energieträger. Das hat zur Folge, dass unser Bedarf die Möglichkeiten, diese Nachfrage mit eigenen Ressourcen abzudecken, übersteigt. Deshalb sind erstens die Energiequellen zu diversifizieren, indem neue Energiequellen erschlossen werden, zu denen ohne Frage die erneuerbaren Energien zählen. Und zweitens besteht die Notwendigkeit, die Energieeffizienz zu fördern und zu entwickeln. Ich hoffe, Herrn Vidal-Quadras hat die Stellungnahme des Ausschusses für Umweltfragen gefreut. Ich glaube nämlich, dass die von uns dort angeführten Punkte einen der Aspekte seines ausgezeichneten Vorschlags bereichert haben. Meiner Ansicht nach ist die Berücksichtigung der klimatischen Bedingungen und lokalen Besonderheiten von grundlegender Bedeutung für die Akzeptanz des Vorschlags durch die Mitgliedstaaten. Ein weiterer für den Umweltausschuss wichtiger Punkt ist die Harmonisierung der Gebäudezertifikate der verschiedenen Mitgliedstaaten, so dass die in den einzelnen Gebäuden erzielte Energieeffizienz verglichen werden kann. Auch wollten wir präziser definieren, welche Gebäude von den Energiesparmaßnahmen ausgenommen werden. Um der Ablehnung unseres Vorschlages zuvorzukommen, befürworten wir ebenso wie Herr Vidal-Quadras die Annahme des Vorschlags der Kommission zur Reduzierung der Fläche der betreffenden Gebäude. Herr Vidal, ich stehe ebenso wie mein Ausschuss hinter diesem Vorschlag, aber ich verstehe auch Ihre Position. Ich denke, wir werden das Ergebnis abwarten und es respektieren müssen. Wichtig ist, Herr Vidal-Quadras, dass es mit der Richtlinie voran geht. |
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Herr Präsident, zunächst möchte ich Herrn Vidal-Quadras Roca für seine wie immer äußerst kooperative und auf Konsens ausgerichtete Herangehensweise danken. Ich weiß, dass Frau Zrihen, unsere Schattenberichterstatterin von der Sozialdemokratischen Fraktion, die heute Abend leider verhindert ist, seine Arbeitsweise zu würdigen weiß. Mit dieser Richtlinie, die zu einem Maßnahmenpaket gehört, mit dem wir eine intelligentere Nutzung der Energie erreichen wollen, sollen die bewährten Praktiken einiger Mitgliedstaaten EU-weit Verbreitung finden. Sie wird auch bei der Verbesserung der Lage in den Beitrittsländern eine wesentliche Rolle spielen, wo energieeffiziente Gebäude sowohl Vorteile für die Volkswirtschaft bringen als auch zum Umweltschutz beitragen könnten. Wir Sozialdemokraten können die von Herrn Vidal-Quadras Roca und anderen vorgelegten Änderungsanträge vorbehaltlos unterstützen. Der zunehmende Einsatz von Klimaanlagen muss stärker berücksichtigt werden, die Möglichkeiten, die sich den Mitgliedstaaten in Form von Anreizen bieten, sollten klarer bestimmt und zahlreiche Definitionen gestrafft werden. Frau Zrihen wollte u. a. darauf hinweisen, dass die Definitionen für die Gesamtgrundfläche in den kommenden vier Jahren einer erneuten Überprüfung unterzogen werden sollten. Diese Richtlinie könnte hier durchaus zu zögerlich gefasst sein und sollte auch auf eine wesentlich kleinere Gesamtgrundfläche angewendet werden. Wir ersuchen die Kommission, dies in die Wege zu leiten, wenn es sich als notwendig erweist. Zum Abschluss möchte ich Herrn Vidal-Quadras Roca und der Kommission noch einmal danken. Den neuen Richtlinien, die uns das Kommissionsmitglied für diesen wichtigen Bereich der effizienten und intelligenten Energienutzung angekündigt hat, sehen wir erwartungsvoll entgegen. |
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Herr Präsident, auch ich möchte mich den Dankesworten an den Berichterstatter für die hervorragende Arbeit und seine Bemühungen um einen Konsens anschließen, die ja in meinem Falle nicht ganz so erfolgreich waren, da ich mich stets für eine kleinere Gesamtgrundfläche als letztlich festgelegt eingesetzt hatte. Aus diesem Grunde habe ich dahingehende Änderungsanträge eingereicht. Ich möchte gern wissen, ob Frau Zrihen sie angesichts der Anmerkungen der Sozialistischen Fraktion befürworten wird. Wir sind da ganz zuversichtlich, und möglicherweise ist eine Überprüfung der beste Weg nach vorn, wie Frau McNally bereits andeutete. Viele Bestimmungen der Richtlinie sind bereits in der SAVE-Richtlinie von 1993 enthalten. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass sie auch greifen. Wie ich bereits sagte, hätte ich es gern gesehen, wenn sie strenger gefasst wären, doch wir benötigen rechtsverbindliche Maßnahmen - über die wir meiner Ansicht nach auch verfügen -, die wirklich sicherstellen, dass wir das Thema Energieeinsparung in der Europäischen Union ernsthaft angehen. Die Verpflichtung zur Überprüfung stellt praktisch eine der wichtigsten Forderungen im Bericht dar, und dafür möchte ich den Abgeordneten danken. |
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Herr Präsident, ich muss hier auf Folgendes hinweisen: Ich bin Leiter des Energy Efficiency Advice Centre, das im Norden meiner Heimatregion tätig ist. Ich sollte allerdings hinzufügen, dass mein Interesse fachlicher und nicht finanzieller Natur ist. Die Verbesserung des Energieprofils von Gebäuden, wie auch immer es definiert wird, ist das schwierigste Thema, mit dem ich mich je habe herumschlagen müssen. Angesichts der Kompliziertheit dieser Frage habe ich einiges Mitgefühl mit dem Berichterstatter. Im Vereinigten Königreich gibt es zu viele Organisationen, die sich der Verbesserung der Lage verschrieben haben. Auf europäischer Ebene sind die Ziele nicht ganz eindeutig festgelegt. Versuchen wir, Energie einzusparen? Versuchen wir, die CO2-Emissionen zu verringern, oder geht es um die Reduzierung des Energieverbrauchs? Das darf man nicht in einen Topf werfen. Wir sollten uns auf den Energieverbrauch konzentrieren. Nach meiner Erfahrung stellen die bestehenden Gebäude den Schlüssel zu unserem Erfolg dar. Hier ist der Mietwohnungssektor im Vergleich zum Eigenheimsektor der bei weitem kompliziertere Bereich. Von einer Lösung sind wir noch weit entfernt. Generell unterstütze ich die Kommissionsvorschläge und den Bericht, doch habe ich einige Vorbehalte gegenüber Änderungsantrag Nr. 15. Wir sollten unser Augenmerk stärker auf die allgemeine Methodik richten statt uns zum jetzigen Zeitpunkt zu sehr um gemeinschaftliche Mindestnormen zu sorgen. Davon sind wir wirklich noch sehr weit entfernt. Ferner habe ich einige Bedenken, was die Aufnahme eines Indikators für CO2-Emissionen betrifft. Bei Gebäuden hängt dieser vom Gas- bzw. Stromverbrauch ab. Daher lassen sich hier nur schwer Vergleiche anstellen. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. |
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Herr Präsident! Ein erfolgreicher Umgang mit der Energiefrage ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Aufbau einer nachhaltigen Gesellschaft. Bei der heute zu behandelnden Problematik geht es um die Energieeffizienz. Der Berichterstatter hat auf verdienstvolle Weise eine Reihe von Maßnahmen hervorgehoben, die zu einer effizienteren Energienutzung beitragen. Dabei müssen wir sowohl die großen als auch die kleinen Schritte betrachten. Insgesamt gesehen gibt es in den Bereichen der Energieeinsparung und der Weiterentwicklung verschiedener Techniken sehr viel zu tun. Zum Erreichen der gestellten Ziele sind politische Maßnahmen erforderlich, darunter gesetzliche Vorschriften und Anreizsysteme, für die die ganze Gesellschaft eine gemeinsame Verantwortung tragen muss. Das gilt sowohl für Unternehmen als auch den einzelnen Bürger, sowohl für den öffentlichen als auch den privaten Sektor, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler und lokaler Ebene. Unsere Lösungen für die Energiefrage beeinflussen unseren Komfort und Wohlstand, aber auch unsere zukünftige Lebensumwelt im weitesten Sinne. |
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Herr Präsident, zu Beginn möchte ich Herrn Vidal-Quadras Roca zu seiner hervorragenden Arbeit an der vorgeschlagenen Richtlinie über das Energieprofil von Gebäuden meinen Glückwunsch aussprechen. Des Weiteren möchte ich dem Ausschuss für Industrie, Außenhandel, Forschung und Energie dafür danken, dass er dieses Thema so gründlich und umsichtig behandelt hat, und meiner Genugtuung darüber Ausdruck verleihen, dass der Vorschlag im Laufe der Aussprache im Parlament auf den Punkt gebracht und inhaltlich verbessert wurde. Er wird zweifellos eines unserer wichtigsten Instrumente zur Erfüllung der europäischen Kyoto-Verpflichtungen und zur Verbesserung der Versorgungssicherheit darstellen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass über 40 % des Energieendverbrauchs in der EU auf den Gebäudesektor entfallen, der auch über ein immenses Kosteneinsparungspotenzial verfügt. Mit diesem Vorschlag könnte das Energieprofil von Gebäuden bedeutend verbessert werden, indem in den Bauvorschriften der Mitgliedstaaten höhere Mindestnormen festgelegt sowie eine häufigere Anpassung und breitere Anwendung dieser Vorschriften gefordert werden. Dies würde nicht nur auf neue Gebäude zutreffen, sondern auch, wie heute Abend bereits angeklungen ist - und was viel wichtiger ist -, auf viele bestehende Gebäude, wenn diese umfassend renoviert werden. Gerade hier liegt ein echtes Verbesserungspotenzial. Die Kommission begrüßt den Bericht des Parlaments und die vorgeschlagenen Änderungen, die den Vorschlag verbessern, ihn klarer und aussagekräftiger machen. In zahlreichen Änderungsanträgen werden die technischen und finanziellen Aspekte präziser definiert, konkrete Beispiele angeführt sowie Anwendungsbereich und Umsetzung des Vorschlags konkretisiert. Die Kommission kann beispielsweise die Änderungsanträge Nr. 2, 4, 5, 8, 9, 10, 11, 14, 19, 23, 24, 25, 26, 28, 29, 31, 35, 36 und 37 insgesamt annehmen, manche mit kleineren Nachbesserungen. In den Änderungsanträgen Nr. 3 und 6, die wir akzeptieren können, wird unter Berücksichtigung der sozioökonomischen Auswirkungen die Anwendung von Beihilferegelungen und Anreizen vorgeschlagen, um die Umsetzung des Vorschlags zu fördern. Die Änderungsanträge Nr. 7 und 22 über die getrennte Messung, Berechnung bzw. die Zulassung von Inspektoren können ebenfalls angenommen werden, wenn ihre finanziellen und rechtlichen Folgen im Text klarer gefasst werden. Herr Adam erwähnte Änderungsantrag Nr. 15, der sehr umfassend ist. Die Kommission kann ihn in Teilen akzeptieren. Die Festlegung von Energieeffizienzanforderungen auf Gemeinschaftsebene ist jedoch noch nicht durchsetzbar. Die Änderungsanträge Nr. 18 und 20 können ebenfalls teilweise angenommen werden, wenn man berücksichtigt, dass die Anwendung von Indikatoren für CO2-Emissionen freiwillig ist. Die Änderungsanträge Nr. 1, 12, 13, 16, 17, 21 und 27 kann die Kommission sowohl aus technischen Gründen als auch wegen der Definitionen nicht akzeptieren, weil sie u. a. zu detailliert sind oder Probleme hinsichtlich der Subsidiarität auftreten, die sich beispielsweise aus der Festlegung von Energieeffizienzanforderungen auf Gemeinschaftsebene ergeben würden. Aufgrund der Heterogenität des Bausektors, die aus den Unterschieden in Klima, Kultur und Bautradition resultiert, sind bei der Umsetzung der Richtlinie Subsidiarität und Flexibilität für die Mitgliedstaaten wichtig. Nach Ansicht der Kommission besteht der effektivste Weg, die Energieeffizienzanforderungen in den Mitgliedstaaten zu verbessern, darin, Methoden bereitzustellen, die ihnen helfen, ihre Bauvorschriften zu verbessern, ihre eigenen Effizienzanforderungen festzulegen und sicherzustellen, dass sie umfassend angewendet und regelmäßig überprüft werden. Methoden zur Berechnung, zahlreiche Normen und eine Reihe von Standards können auf Gemeinschaftsebene festgelegt werden, doch sollte die Bestimmung der jeweiligen Energieeffizienzanforderungen für Gebäude in der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegen. Die Mehrzahl der vorgelegten Änderungsanträge berücksichtigt diese Grundsätze. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist der Grenzwert für die Anpassung des Energieprofils bestehender Gebäude, wenn sie größeren Renovierungsarbeiten unterzogen werden. Die Anpassung bestehender Gebäude ist ein wichtiger Teil dieses Vorschlags. Dies stellt für viele Mitgliedstaaten Neuland dar: es müssen neue Normen für das Energieprofil, neue Ressourcen und Investitionen in beträchtlichem Umfang bereitgestellt werden. Wir sind daher der Auffassung, dass der vorgeschlagene Grenzwert von 1000 m2 für eine Anpassung den bestmöglichen Kompromiss zum gegenwärtigen Zeitpunkt darstellt. Was schließlich den Übergangszeitraum für diese Richtlinie betrifft, so sollte nach unserem Dafürhalten ein unnötig langer Zeitraum vermieden werden, wenn wir den anvisierten Termin für Kyoto einhalten wollen, welcher im Allgemeinen zwischen 2008 und 2012 liegt. |