Das Protokoll der letzten Sitzung wurde verteilt. Gibt es Einwände? Frau Präsidentin, ich sehe meinen Namen nicht auf der Liste derjenigen, die sich an der Schlußabstimmung über den Mais beteiligt haben. Ich möchte gerne, daß vermerkt wird, daß ich, ebenso wie meine Fraktion, mit "ja" stimmen wollte. Wir werden das korrigieren. (Das Parlament genehmigt das Protokoll.) Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über folgende Berichte: (A4-0124/97) von Herrn Wynn im Namen des Ausschusses für Haushaltskontrolle über den Bericht der Kommission (KOM(97)0048 - C4-0108/97) über die Maßnahmen im Anschluß an die Bemerkungen in der Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Beschluß über die Entlastung für die Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften für das Haushaltsjahr 1994; -(A4-0120/97) von Herrn Wynn im Namen des Ausschusses für Haushaltskontrolle über die Entlastung der Kommission zur Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften für das Haushaltsjahr 1995 - Einzelplan III; -(A4-0125/97) von Herrn Dankert im Namen des Ausschusses für Haushaltskontrolle über die Entlastung zur Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften für das Haushaltsjahr 1995 - Einzelpläne I, IV, V und VI; -(A4-0071/97) von Herrn Blak im Namen des Ausschusses für Haushaltskontrolle über die Entlastung der Kommission für die Haushaltsführung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl für das Haushaltsjahr 1995; -(A4-0121/97) von Herrn Bösch im Namen des Ausschusses für Haushaltskontrolle über die Entlastung der Kommission zur Haushaltsführung des sechsten und siebten EEF für das Haushaltsjahr 1995.Ich möchte Herrn Friedmann, den Präsidenten des Rechnungshofs, herzlich begrüßen. Frau Präsidentin, es ist schön, hier so viele Menschen bei der Aussprache über die Entlastung zu sehen. Ich bin überrascht, daß so viele daran Interesse haben. Allerdings wird der Saal in zwei Minuten sicherlich nahezu leer sein. Es liegen zwei Stellungnahmen vor, die in meinem Namen verfaßt wurden; daher stehen mir zehn Minuten zur Verfügung. Theoretisch habe ich fünf Minuten für jede der Stellungnahmen. Was jedoch die erste der beiden angeht - die Maßnahmen im Anschluß an die Entlastung für das Haushaltsjahr 1994 -, so kann ich mich äußerst kurz fassen und den Hauptteil meiner Redezeit auf die Entlastung für das Haushaltsjahr 1995 verwenden. In bezug auf die Maßnahmen im Anschluß an die Entlastung für das Haushaltsjahr 1994 möchte ich lediglich sagen: Ich erwarte von der Kommission, daß sie das Parlament über den Stand der Erfüllung unserer Forderungen aus dem Entschließungsentwurf auf dem laufenden hält. Das betrifft nicht zuletzt die wenigen noch ausstehenden Maßnahmen im Zusammenhang mit der Zuverlässigkeitserklärung von 1994. Wir werden die Folgemaßnahmen mit Interesse verfolgen. Ich komme jetzt zu der Entlastung für das Haushaltsjahr 1995, zu der in der Stellungnahme der Entschließungsantrag mit 89 Artikeln enthalten ist. Es hätten 90 sein sollen, aber das werde ich gleich erläutern. Im Unterschied zu der sonst üblichen Verfahrensweise, Forderungen einfach an den Rechnungshof oder die Kommission zu richten, werden in mindestens elf dieser Artikel Forderungen an das Parlament gerichtet. Wir möchten, daß das Parlament eine größere Rolle in Fragen der Haushaltskontrolle einnimmt. Der Entwurf eines Entschließungsantrages umfaßt alle Bereiche, bei denen das Parlament bestimmte Anliegen oder Vorschläge hat. Die Hauptphilosophie, die der Stellungnahme zugrunde liegt, ist in der Begründung enthalten. Wir stimmen nicht über die Begründung ab, daher wird sie auch nicht verändert, sondern nur als Teil der Stellungnahme vorgelegt. Wenn man sie aber liest, dann werden die Gründe für die Vorschläge recht deutlich. Zum Beispiel ist Punkt 14 des Entschließungsentwurfs eine verdichtete Version der Absätze 9 bis 23 der Begründung. In diesen letztgenannten Absätzen werden die Probleme der Zuverlässigkeitserklärung besonders detailliert dargestellt. Dort werden Sie auch die Gründe dafür finden, daß eine Entlastung erteilt werden kann, auch wenn die Zuverlässigkeitserklärung im Zusammenhang mit den Zahlungen negativ ausfällt. Ich empfehle, die Begründung zu lesen. Diese Empfehlung richtet sich insbesondere an diejenigen, die einfach den Jahresbericht des Rechnungshofs zur Zuverlässigkeitserklärung zugrunde legen und daraus eine Vorstellung von den Geschehnissen haben, die der Wirklichkeit nicht entspricht. Auch hier zeigt sich wieder, daß Menschen im allgemeinen nicht auf die Wirklichkeit reagieren, sondern auf ihre Vorstellung von der Wirklichkeit. Ein anderes Beispiel bezieht sich auf Olivenöl. Das ist in der Tat ein schwieriges Gebiet, denn die eine Abstimmung, die ich als Verfasser der Stellungnahme am Montag im Ausschuß verloren habe, betraf Olivenöl. In den Absätzen 31 und 32 der Begründung wird das Problem dargelegt. Die Kommission selbst hat in ihrem jüngsten Optionspapier vom 12. Februar deutlich auf die fortdauernden Probleme in diesem Bereich hingewiesen. Vergessen Sie nicht, daß wir über die Entlastung für das Haushaltsjahr 1995 sprechen. Bereits im Februar 1997 lag ein Bericht vor, in dem es hieß, bei der Gemeinsamen Marktorganisation für Olivenöl gäbe es einige Mängel, die mit der Zeit immer offenkundiger würden und zur Folge hätten, daß eine wirksame Kontrolle nicht immer möglich sei. Die eigenen Mängel im System blieben bestehen, insbesondere das gemeinsame Interesse von Herstellern und Eigentümern der Ölmühlen, überhöhte Zahlenangaben zu machen. Betrügereien seien festgestellt worden bei der Vergabe von Verbrauchsbeihilfen. Auch bei den Mengenangaben für die Ausfuhrrückerstattungen sei Betrug festgestellt worden. Leider sei es besonders in Jahren mit hohen Olivenölpreisen außerordentlich verlockend, Olivenöl mit Keimöl zu vermischen und daraus zu Lasten der Verbraucher Profit zu ziehen. Und so geht es in dem Bericht weiter. Darin heißt es auch, daß die Mitgliedstaaten dem Rat ihrer Agenturen bezüglich hinreichend strenger Sanktionen nicht gefolgt seien. Unter anderem aus diesem Grund sei die Wirksamkeit der Kontrollen durch die Agenturen gefährdet. In dem Absatz, gegen den Montag abend gestimmt wurde, ging es um Maßnahmen in dieser besonderen Frage. Mein Problem besteht darin, daß der nun fehlende Artikel - derjenige, der vom Ausschuß abgelehnt wurde - sozusagen auf die Achillesferse des Olivenölsektor abzielte. Das ist für mich ein Problem. Wäre ich nicht der Verfasser der Stellungnahme - in dieser Eigenschaft führe ich aus, was der Ausschuß beschließt -, würde ich offen sagen, daß die Entscheidung von Montag abend eine dumme Entscheidung war. Ich würde auch sagen, daß wir es hier mit einem System zu tun haben, das von Betrug zersetzt ist. Ich würde darüber hinaus sagen, daß die Kommission entsprechend Artikel 13 der Entscheidung des Rates vom 31. Oktober 1994 zur Haushaltsdisziplin unverzüglich Maßnahmen einleiten sollte, damit monatliche Steigerungen auf diesem Sektor aufgehoben oder verringert werden. Da ich jedoch der Verfasser der Stellungnahme bin, kann ich solche Dinge natürlich nicht sagen. Lassen Sie mich ein anderes Beispiel aus der Stellungnahme anführen: Artikel 74 des Entschließungsentwurfs enthält die Forderung nach 2 Millionen ECU für Sportentwicklungsvorhaben in den Townships in Südafrika. Dies wurde aufgenommen, weil es Teil der Bemerkungen zur Haushaltslinie B7-5070 war, welche wir im Parlament im Dezember 1994 verabschiedet haben. Jetzt haben wir April 1997. Realität ist, daß in bezug auf diese Forderung sehr wenig passiert ist. Wenn Sie sich Absatz 52 der Begründung anschauen, werden Sie sehen, daß unter dieser Haushaltslinie im Jahr 1995 125 Millionen ECU bereitgestellt waren. 123 Millionen ECU wurden gebunden, etwa 2 Millionen ECU blieben übrig. Die Forderung des Parlaments nach der Förderung von Sportprojekten wurde nie umgesetzt - sie wurde vergessen. Die Kommission hat bei der Erörterung dieses Punktes im Ausschuß dankenswerterweise zugegeben, daß sie hier einen Fehler gemacht hat. Bei uns würde man sagen: Es hat uns erwischt, sie haben uns geschnappt. Wir haben nicht getan, was wir hätten tun sollen. Ich hoffe, daß die Bemerkung in der Stellungnahme über die Entlastung zu Ergebnissen führt. Dem Parlament ist dies wichtig, und ich versichere der Kommission, daß ich diesen besonderen Punkt mit großer Sorgfalt beobachten werde. So gut die Begründung auch ist, sie sagt nicht alles. Wenn sie alles sagen würde, wäre sie zu lesen wie ein Buch und so lang wie der Jahresbericht des Rechnungshofes. Der Hinweis auf die Zuschüsse für Whisky-Hersteller in Absatz 35 mag für manche verwirrend sein, denn darauf wird in der Begründung nicht eingegangen. Das ist ein Thema, welches das Parlament mit großem Interesse verfolgt hat, und einige von uns haben eine Theorie, wie es dazu kam, das heißt, wie die Machenschaften im Ministerrat und der Roßhandel, der dabei betrieben wird, zu diesen 40 Millionen ECU für die Whisky-Hersteller führten. Wie die Kommission dies in ihren Antworten auf die Bemerkungen des Rechnungshofes verteidigt, ist interessant zu lesen. Ich würde nur sagen: " Behalten Sie diesen Bereich im Auge. Das Parlament wird beschließen, ob die 40 Mio. ECU gerechtfertigt sind oder nicht. Wir möchten darüber einiges mehr wissen und sehen, ob die 40 Mio. ECU weiterhin vergeben oder die Vergabe beendet werden sollte." In ähnlicher Weise wird das Parlament in Absatz 50 aufgefordert, in der Frage der fortgeschrittenen Fernsehdienstleistungen eine Entscheidung zu treffen. Es liegt die Empfehlung des Rechnungshofes vor, daß keine Gelder mehr gezahlt werden sollten. Innerhalb des Parlaments bestehen zwischen den verschiedenen Ausschüssen Meinungsunterschiede. Auch hier hoffe ich, daß das Parlament über diesen Punkt eingehend beraten und vor dem nächsten Haushalt einige konkrete Vorschläge in dieser Hinsicht machen kann. Die Berichterstatter für die einzelnen Sektoren werden jeweils ihre Bereiche behandeln. Mir bleibt lediglich, denjenigen zu danken, die an der Abfassung der Stellungnahme beteiligt waren, insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekretariats. Ich empfehle dem Parlament die Annahme der Stellungnahme und bin zuversichtlich, daß die Ergebnisse dieser umfassenden Stellungnahme umgesetzt werden. Herr Präsident, das Parlament hat sich stets mit der Entlastung für die Ausführung des Haushaltsplans des Europäischen Parlaments befaßt. Neu ist, daß jetzt die Einzelpläne für den Gerichtshof, den Rechnungshof, den Ausschuß der Regionen und den Wirtschafts- und Sozialausschuß hinzukamen, und der Ausschuß für Haushaltskontrolle beabsichtigt, nächstes Jahr auch noch den Haushaltsplan des Rates hinzuzufügen, da es natürlich nicht möglich ist, daß ein Haushaltsplan in Höhe von über 300 Mio ECU der öffentlichen Kontrolle entzogen bleibt. Im Vergleich zu den von Herrn Wynn in bezug auf den Gesamthaushaltsplan angesprochenen Problemen sind die Probleme, die wir bei den kleineren Haushaltsplänen haben, natürlich gering und überschaubar. Aber auch hier tritt ständig das Problem einer mangelhaften Haushaltsausführung auf, wie beispielsweise im Falle des Europäischen Parlaments die Annullierung eines wichtigen Teils der für die Unterrichtung der Öffentlichkeit vorgesehenen Mittel, aus dem einfachen Grund, daß nicht rechtzeitig die erforderlichen Beschlüsse gefaßt wurden, damit diese Mittel ausgegeben werden können. Da bei unseren Arbeiten ständig übersetzt und gedolmetscht werden muß, fallen bei sehr hohe Kosten durch die Annullierung von Sitzungen sowohl der Fraktionen wie anderer Organe dieses Parlaments an. Ein weiteres Problem betrifft die Tatsache, daß die Erstellung des Bestandsverzeichnisses des Parlaments - nicht ganz, aber beinahe - unmöglich war. In den letzten Tagen wurde nun ein erster Bericht vorgelegt. Das hat Jahre gedauert, und im Grunde muß schon wieder mit der Bestandsaufnahme für das nächste Jahr begonnen werden. Im Falle des Rechnungshofs ergab sich, daß von ihm zu leichtfertig die finanziellen Folgen für Gebäudeprobleme auf sich nahm, für die eigentlich die luxemburgische Regierung verantwortlich war. Bei den kleineren Organen scheint also doch manches verbesserungsfähig zu sein. Im Vergleich zum Gesamthaushaltsplan handelt es sich jedoch um relativ kleine Probleme. Noch ein Wort zum Gesamthaushaltsplan. Herr Wynn wies soeben bereits darauf hin, daß verschiedene Berichterstatter eine ganze Reihe von Einzelbereichen behandelt haben, und ich habe mich mit der Gesamtproblematik der Strukturfonds befaßt. Von uns im Europäischen Parlament wird natürlich besonders begrüßt, daß die Kommission im Rahmen des SEM um einen besseren Haushaltsvollzug bemüht ist. Für das SEM braucht jedoch nicht bis zum Jahr 2000 abgewartet zu werden. Das vorläufige Ergebnis lautet, daß zwischen Kommission und Rat inzwischen erfreulicherweise eine Übereinstimmung über eine Verbesserung der Beihilferegeln erzielt wurde. Diese Regeln müssen ab jetzt angewandt werden, und bevor mit dem nächsten Strukturfonds-Programm begonnen wird, müssen eine Bewertung dieser Regeln sowie ihre Anwendung erfolgt sein. Eine solche Verbesserung der Beihilferegeln ist jedoch noch nicht der Fall. Vom Parlament wird schon seit Jahren eine verbesserte Regelung gefordert, um eine effektive Korrektur von Unregelmäßigkeiten zu ermöglichen. Von der Kommission wird systematisch geantwortet, mit der Regelung habe es nichts auf sich. Der Ausschuß für Haushaltskontrolle hat die Kommission Anfang Februar um eine Mitteilung über die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten für Rückforderungen von zu Unrecht ausbezahlten Beträgen ersucht. Kommissar Liikanen hat mir schließlich weitergeholfen, nachdem ich anderthalb Monate gewartet habe, was jedoch nicht seine Schuld war. Aus der Lektüre der betreffenden Texte ergibt sich, daß selbst bei einer sehr großzügigen Auslegung der geltenden Bestimmungen und unter Berufung auf Urteile des Gerichtshofs betreffend den Agrarsektor, für den andere und viel strengere Vorschriften gelten, und bei dem die Erfüllung solcher Verpflichtungen eine - bei den Strukturfonds fehlende - Voraussetzung für die Gewährung einer Beilfe bildet, die Regelung unzureichend ist. In der Praxis handelt die Kommission also am Rande der Legalität, wenn sie im Rahmen der bestehenden Regelung Geld zurückzufordern versucht, und meines Erachtens hat sie diesen Rand überschritten, wenn große Geldsummen beim Europäischen Sozialfonds längere Zeit blockiert werden. Gleichwohl wird von der Kommission keine Änderung der einschlägigen Rechtsvorschriften vorgeschlagen; im Rahmen von SEM 2000 versucht sie jedoch, durch eine Ausführungsverordnung betreffend die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten und durch Einführung eines Systems für Nettosenkungen, die Bestimmungen zu verschärfen. Die Kommission tut dies jedoch im Rahmen der heutigen mangelhaften - und daher meines Erachtens ungeeigneten - Regelung. Auf diese Weise versucht die Kommission, das Recht nach ihrem Willen festzulegen. Für eine Kommission, die als Hüterin der Verträge gerade dafür verantwortlich ist, daß die Vorschriften richtig eingehalten werden, halte ich das nicht für eine richtige Politik. Der Grund liegt dabei meines Erachtens darin, daß die Kommission nicht genügend Mut besitzt, den Kampf mit dem Rat aufzunehmen. Das ist eine gravierende Tatsache, und zwar umso gravierender, als der Außenwelt gegenüber erklärt wird, die Europäische Union befasse sich ernsthaft mit der Bekämpfung von Betrug und Unregelmäßigkeiten. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die besondere Brisanz der Entlastung für den 6. und 7. Entwicklungsfonds 1995 liegt sicherlich in der Tatsache, daß wir als Parlament letztes Jahr für 1994 die Entlastung für die Kommission in diesem Bereich verweigert haben. Wenn ich heute dem Hause - gestützt auf einen einstimmig abgestimmten Bericht des Ausschusses für Haushaltskontrolle - empfehle, der Kommission für 1995 die Entlastung für den Entwicklungsfonds zu erteilen, möchte ich dies in einigen kurzen Punkten begründen. Erstens: Der Rechtsrahmen für den Entwicklungsfonds hat sich zwar seit dem vergangenen Jahr nicht geändert, jedoch hat die Kommission mehrfach versichert, den Grundsatz der Budgetierung weiterhin zu unterstützen. Die Kommission hat einen formellen Vorschlag der Regierungskonferenz vorgelegt, die Erklärung Nr. 12 im Anhang zum EG-Vertrag zu streichen. Durch die Streichung würde das rechtliche Hindernis gegen eine Budgetierung fallen und der Weg dahin zumindest formell freigemacht werden. Zweitens: Ein weiterer Grund für die Nichtentlastung 1994 war der Fall der AKP-Kulturstiftung. Diese Frage scheint gelöst zu sein. Drittens: Die im großen und ganzen positive Zuverlässigkeitserklärung des Rechnungshofes bedeutet einen erheblichen Fortschritt gegenüber der Lage vom Jahr 1994. Der Rechnungshof stellte fest, daß seit 1994 einige Verbesserungen erfolgt sind, zum Beispiel: Darlegung der angewandten Rechnungsführungsgrundsätze sowie Stärkung der Bestandsaufnahme und Rechnungsabschlußverfahren, Stärkung des analytischen Buchführungssystems für eine Kontrolle der Mittel, Verstärkung der Erläuterungen in den Finanzausweisen, wodurch sich der tatsächliche Durchführungsstand der Gemeinschaftshilfe besser beurteilen läßt. Bei der Verweigerung der Entlastung 1994 ging es darum, energisch den politischen Standpunkt klarzumachen, daß dieses Haus den Verlust der demokratischen Kontrolle nicht länger hinnehmen konnte. Der Beschluß des Parlaments wurde von der Kommission offenbar nicht ignoriert. In der Debatte wird vielleicht noch einiges angesprochen. Ich konzentriere mich jetzt aber nur auf ein Paar Hinweise. Grundsätzlich ist es, wenn man sich das erste Mal - auch als Berichterstatter des Ausschusses für Haushaltskontrolle - mit dieser Materie befaßt, sehr schwer verständlich, wie man mit bereits abgelaufenen Instrumenten wie den Entwicklungsfonds noch operieren kann und gleichzeitig nebeneinander operieren muß. Das ist offenbar eine eigene Wissenschaft, und das kann einem Europa der Bürger, das von allen Institutionen der Europäischen Union angestrebt wird, nicht dienlich sein. Ich meine, auch der Kommission sollte für zukünftige Entwicklungsfonds eine intelligentere Lösung als das derzeitig bestehende System einfallen. Daß der Mittelabfluß nicht zufriedenstellend ist, müssen wir auch heuer wieder feststellen. Da wir eine Institution mit politischer Entlastungsfunktion sind, ist mir natürlich klar, daß eine besondere Situation der einzelnen Empfängerländer zu berücksichtigen ist. Zu begrüßen ist sicherlich die Politik der Strukturanpassungshilfe. Daß hier Schwerpunkte wie das Bildungswesen und die medizinische Grundversorgung von der Kommission ausgewählt wurden, scheint doch eine Politik zu sein, die über die Entwicklungshilfepolitik anderer Finanzinstitutionen hinausgeht. Obwohl wir festgestellt haben, daß die Mittel nicht immer zur Zufriedenheit genutzt wurden, sollten wir an dieser Politik festhalten und sie weiter ausbauen. Die in dem Strukturanpassungsprogramm verankerte makroökonomische Politik soll darauf ausgerichtet werden, die grundlegenden Sozialleistungen für die in Armut lebenden Menschen zu sichern. Die Kommission ist aufgefordert, stärker dafür Sorge zu tragen, daß die Mittel den am meisten benachteiligten Bevölkerungsgruppen und den zu unterstützenden Sektoren zugute kommen, um eine effizientere Verteilung zu erreichen. Ich möchte betonen, daß es wichtig wäre, daß die Kommission noch etwas klarere Grenzen zieht zwischen den Empfängerländern, die die Mittel transparent nutzen, und den Empfängerländern, in denen die Verwendung der Mittel nicht mehr nachvollziehbar ist. Wir können den europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern wohl nicht zumuten, daß letztendlich Gelder in verschiedene Partnerländer fließen, wo wir die Verwendung unserer Steuergelder überhaupt nicht mehr nachvollziehen können. Ein letzter Punkt noch zum Bereich des Personals. Ich habe diese Frage extra im Entschließungsantrag aufgegriffen. Ich wehre mich ein bißchen dagegen, daß gelegentlich von seiten der Kommission dem Parlament der Schwarze Peter zugespielt wird, etwa wenn es zu Personalkürzungen in den AKP-Ländern kommt. Wir wissen, daß man in verschiedenen Ländern mit sehr hohem Personaleinsatz arbeiten muß, und wir hoffen, daß es von seiten der Kommission einen klar durchstrukturierten Personalplan auch für die Delegationen in den Empfängerländern geben wird. Frau Präsidentin, im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr kann ich erklären, daß mit einer einzigen Ausnahme, auf die ich gleich zurückkommen werde, die Ausführung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 von uns absolut positiv bewertet wird. Ich möchte nochmals dafür plädieren, daß die Mittel gleichmäßiger über das Jahr verteilt verwendet werden; wenn nämlich zuviel auf das Ende des Jahres verschoben wird, besteht die Gefahr, daß die Sorgfalt dadurch beeinträchtigt wird. Die Ausnahme, von der ich sprach, betrifft die Ausgaben für den Fremdenverkehr im Rahmen der Haushaltslinie B5325. In der Vergangenheit wurden hier große Fehler gemacht. Die Kommission teilte uns letztes Jahr im November mit, sie habe eine task force für eine spezielle Buchungskontrolle der von der Gemeinschaft für den Fremdenverkehr seit 1990, so glaube ich, finanzierten Maßnahmen eingesetzt. Meine Frage an den Kommissar lautet, ob diese Arbeiten im Juni abgeschlossen sein werden, wie zugesagt wurde. Ich halte dies für sehr wichtig, denn die schwere Bürde, die auf der betreffenden Generaldirektion lastet, muß behoben werden. Ich vertraue übrigens darauf, daß aufgrund der getroffenen Maßnahmen die Dinge wieder in Ordnung gebracht wurden. An den Ratsvorsitzenden möchte ich heute die Bitte um Mitarbeit bei der erforderlichen Rechtsgrundlage richten, damit die im Haushaltsplan für 1997 für den Fremdenverkehr eingesetzten Mittel - ich nenne PHILOXENIA - auch ausgegeben werden können. Es handelt sich hier um einen Sektor, der für die künftige Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere für Jugendliche und Frauen - was für uns alle als vorrangiges Ziel gilt - äußerst wichtig ist. Darf ich Sie, Herr Ratsvorsitzender, zu diesem Punkt um eine klare Zusage bitten? Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich habe die Ehre, Ihnen die Empfehlung des Rates für die Entlastung der Kommission zur Ausführung des Gesamthaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 zu unterbreiten. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Sie über die wichtigsten Überlegungen und Maßnahmen des Rates im Anschluß an die von ihm über die Bemerkungen des Rechnungshofs geführten Beratungen zu informieren. Ich bin der Überzeugung, daß Sie die von unserer Präsidentschaft und vom Rat vertretene Ansicht teilen, nämlich daß unsere beiden Institutionen auch auf diesem Gebiet in gutem Einvernehmen zusammenarbeiten müssen. Mit seiner Empfehlung vom 17. März dieses Jahres wollte der Rat erneut unterstreichen, für wie wichtig er es erachtet, daß alle an der Ausführung des Gemeinschaftshaushalts Beteiligten dafür Sorge tragen, daß bei der Ausgabe der Gemeinschaftsmittel die geltenden Vorschriften sowie die Grundsätze einer gesunden Mittelbewirtschaftung, einer sparsamen Haushaltsführung und der Transparenz strikt eingehalten werden. Wie könnte dies auch anders sein, vor allem jetzt, da sämtliche Mitgliedstaaten unserer Gemeinschaft mit den Ihnen bekannten finanziellen und haushaltsmäßigen Problemen konfrontiert sind. Nach Ansicht des Rates darf keine zu Lasten der Gemeinschaftsmittel gehende Maßnahme durchgeführt werden, wenn nicht vor und während der Ausführung größtmögliche Disziplin sowie ein vernünftiges Finanzmanagement gewahrt werden. Durch regelmäßige Kontrollen zur Feststellung, ob laufende Maßnahmen noch gerechtfertigt sind, kann ein maximaler wirtschaftlicher Nutzen der bereitgestellten Mittel gewährleistet werden. Die Ausführung der Maßnahmen im Rahmen des Programms SEM 2000 (Sound and Economic Management)stellt einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar. Der Rat ist darüber erfreut, daß der Rechnungshof die von der Kommission und den Mitgliedstaaten partnerschaftlich unternommenen Anstrengungen zur Behebung der von ihm regelmäßig aufgezeigten gravierenden Mängel uneingeschränkt unterstützt. Was die vom Rat vertretenen Standpunkte anbelangt, so werde ich mich darauf beschränken, kurz die wichtigsten Themen zu erwähnen. Für Einzelheiten der Empfehlung verweise ich Sie auf die Stellungnahmen und Erläuterungen, die die Präsidentschaft für den Ausschuß für Haushaltskontrolle abgegeben hat. Auf dem Gebiet der Eigenmittel teilt der Rat insbesondere die Besorgnis des Rechnungshofs über die Effizienz der Regelung für das gemeinschaftliche Versandverfahren in den Mitgliedstaaten, und daher wird von ihr die Notwendigkeit einer Verbesserung der Zuverlässigkeit der Informationssysteme betreffend den innergemeinschaftlichen Handel unterstrichen. Was die Ausgaben auf dem Agrarsektor betrifft, so bedauert der Rat insbesondere die nicht fundierten Ausgaben, die im Rahmen der Betrugsbekämpfung erfolgt sind. Da keine diesbezügliche Analyse der Kosteneffizienz durchgeführt wurde, möchte der Rat, daß dies bei einer nächsten Rechnungsprüfung des Rechnungshofs der Fall sein wird. Hinsichtlich der Strukturfonds teilt der Rat die Ansicht des Rechnungshofs, wonach bei den Vorschriften insbesondere betreffend das Subsidiaritätsprinzip mehr Transparenz erforderlich ist und daß die Arbeitsweise der Kontrollausschüsse sowie die Verfahren für die Ausgabenbescheinigung verbessert werden müssen. Die Kritik des Rechnungshofs, die auch in seinem Sonderbericht zur Unterstützung der Zuverlässigkeitserklärung geäußert wird, stellt einen Ansporn dar, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen, insbesondere was das Subsidiaritätsprinzip sowie die konkreten und finanziellen Korrekturen betrifft, unter der Voraussetzung, daß eine Reihe von Verbesserungen bereits angebracht wurde. Was speziell den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung anbelangt, so hält es der Rat für unbedingt erforderlich, daß die Kommission und die Mitgliedstaaten weiterhin im Hinblick auf eine bessere Ausführung der für die Programme bereitgestellten Haushaltsmittel zusammenarbeiten, vor allem um zu vermeiden, daß die noch zu begleichenden Beträge allzu hoch ausfallen und daß sich die Verpflichtungs- und Zahlungsermächtigungen am Ende des Jahres häufen. Der Rat ersucht die Kommission ferner, zu prüfen, welche Verbesserungen bei einer nächsten Reform der Strukturfondsverordnungen im Hinblick auf eine bessere Koordinierung der Verwendung von Darlehen und Beihilfen möglich sind. Bezüglich des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, ersucht der Rat die Kommission um Durchführung der Maßnahmen zur Verbesserung der Verwaltung dieser Gemeinschaftsinitiative sowie der Verfahren zur Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter Beträge. Was die Bemerkungen des Rechnungshofs zur Ausführung des PHARE- und TACIS-Programms betrifft, so ist sich der Rat der mit den Tätigkeiten auf diesem spezifischen Gebiet verbundenen Probleme bewußt. Gleichwohl ersucht er die Kommission, die für den Abschluß von Abkommen geltenden Gemeinschaftsvorschriften voll einzuhalten und das Submissionsverfahren unverkürzt anzuwenden. Wie im letzten Jahr fordert der Rat eine bessere Koordinierung der Teilnehmer, eine klare Beschreibung der Experten sowie eine Vereinfachung der Organisation und der Verwaltungsverfahren. Bei der Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern weist der Rat darauf hin, daß er der Befugnis des Finanzkontrolleurs und des Rechnungshofs zur Ausübung einer Kontrolle der Verwendung von Gemeinschaftsmitteln, die externen Begünstigten zuerkannt werden, große Bedeutung beimißt. Was die Ausführung der Haushaltsmittel für die Organe anbelangt, so hat der Rat die Bemerkungen des Rechnungshofs zu einer Reihe von Schwachstellen bei der Verwaltung des Personals der externen Delegationen sowie der Immobilien zur Kenntnis genommen. Er nimmt ferner zur Kenntnis, daß die diesbezüglichen Empfehlungen des Rechnungshofs von der Kommission derzeit durchgeführt werden. Der Rat hat im Lichte sämtlicher Bemerkungen des Rechnungshofs und nach eingehenden Beratungen, die er hierüber geführt hat, beschlossen, dem Parlament die Entlastung der Kommission zur Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 1995 zu empfehlen. Es sei mir gestattet, zu der vom Rechnungshof gemäß Artikel 188C vorgelegten Zuverlässigkeitserklärung, aufgrund derer der Rat die Erklärung verfaßt hat, die jetzt gleichzeitig mit den Empfehlungen übersandt wurde, noch eine einzige Bemerkung anzubringen. Der Rat stellt fest, daß die Rechnungsabschlüsse ein korrektes Bild der Einnahmen und Ausgaben der Union vermitteln, wenngleich diese Rechnungsabschlüsse vom informativen Wert her noch verbesserungsfähig sind. Der Rechnungshof hat keine gravierenden Fehler bei der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der den Einnahmen zugrunde liegenden Vorgänge entdeckt. Allerdings hat er bei den den Zahlungen zugrunde liegenden Vorgängen Fehler festgestellt, so daß er keine allgemeine Gewähr für die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der den Zahlungen des Haushaltsjahres zugrunde liegenden Vorgänge übernehmen kann. Der Rat ist hierüber besorgt. In diesem Zusammenhang begrüßt der Rat mit großer Zustimmung die Ankündigung des Programms SEM 2000 zur Verbesserung des Finanzmanagements der Kommission. Der Rat versucht, dieses Programm rasch und vollständig auszuführen, um die Anzahl der Fehler bei den den Zahlungen zugrunde liegenden Vorgängen erheblich zu reduzieren. Frau Präsidentin, damit habe ich kurz dargelegt, was die Ratspräsidentschaft Ihnen im Namen des Rates zu diesen Fragen mitteilen wollte. Abschließend möchte ich bei dieser Gelegenheit Ihrem Ausschuß für Haushaltskontrolle für die beachtenswerte Arbeit danken, die er jedes Jahr im Rahmen der Entlastung verrichtet, und zwar nicht nur zugunsten des Europäischen Parlaments, sondern der gesamten Europäischen Union. Es ist jetzt Aufgabe des Parlaments, von seinen Befugnissen Gebrauch zu machen und einen Beschluß hinsichtlich der Entlastung zu fassen. Von Herrn Cornelissen wurde mir noch eine spezielle Frage zum PHILOXENIA-Programm gestellt. Herr Cornelissen weiß genau so gut wie ich selber, daß die Rechtsgrundlage des PHILOXENIA -Programms u. a. Artikel 235 des EWG-Vertrags ist und daß hier die Regel der Einstimmigkeit gilt. Eine solche Einstimmigkeit wurde im Rat bislang nicht erzielt, so daß es keine Rechtsgrundlage für das PHILOXENIA-Programm gibt. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Entlastungsbeschluß und eine Entlastungsdebatte beschäftigen sich naturgegeben mit der Vergangenheit. Wir diskutieren und bewerten, was geschehen ist. Ich denke, jede Bewertung, die sich mit der Vergangenheit beschäftigt, hat nur dann ihren Sinn, wenn sie auch aufzeigt, welche Lehren wir aus der Vergangenheit für die Zukunft ziehen. Unter dieser Perspektive möchte ich für meine Fraktion zu dieser Entlastung Stellung nehmen. Was liegt denn in Zukunft vor uns, und welche Lehren brauchen wir? Wir hoffen auf den Abschluß der Regierungskonferenz. Wir hoffen auf einen positiven Abschluß, damit dann die Erweiterungsdiskussion beginnen kann. Eine Erweiterung, die nicht nur politisch beschlossen wird, sondern die auch die berühmte Strategie der Vorbeitrittsphase erfordert, eine Strategie, die uns von Kommissar Liikanen angekündigt wurde und von der wir hoffen, daß wir an der Diskussion und am Haushaltsverfahren beteiligt werden. Aber es ist nicht nur die Erweiterung, die vor uns liegt, vor uns liegt auch - ob mit oder ohne Erweiterung - eine Reform der Agrarpolitik, eine Reform der Strukturfonds generell, und wir werden die Debatte über die Finanzierung der Europäischen Union über das Jahr 1999 hinaus sehr politisch führen müssen. Unter dieser Perspektive gewinnt die Bewertung der Haushaltsausführung vielleicht eine Dimension, die über das Detail hinausgeht. Die Entschließung, die wir, hoffe ich, morgen verabschieden werden, wendet sich wesentlich mehr als vorangegangene Entschließungen an dieses Haus selbst. Es gab konkrete Aufträge an die Ausschüsse dieses Hauses, die Ausgaben, die Ausführung, die Effizienz des Haushalts stärker zu überwachen und kritische Vorschläge zu machen, wo Verbesserungen möglich sind. Das fängt an bei den Eigenmitteln, geht über die Fischereipolitik bis hin zur Entwicklungszusammenarbeit. Aber wir sollten nicht aus den Augen verlieren, daß es die großen Bereiche sind, die uns die meisten Sorgen bereiten, und das sind die Programme, das sind die Strukturfonds, das ist PHARE, das ist TACIS, das ist MEDA, das ist die Entwicklungszusammenarbeit. Und - ich wende mich an Herrn Kommissar Liikanen und den Präsidenten des Rechnungshofes - seltsamerweise beunruhigt uns der Betrug, der stattfindet, überhaupt nicht, auch nicht die vielleicht mangelnde Effizienz im eigentlichen Sinne, uns beunruhigt vielmehr die Tatsache, daß bestimmte Mittel nicht ausgegeben werden. Das ist das große politische Problem, und dem werden wir uns in der Zukunft ganz erheblich widmen, das kann ich für meine Fraktion sagen, das haben wir aus dieser Debatte gelernt. Denn es kann nicht sein, daß wir für politische Ziele, die Rat und Parlament beschlossen haben, Gelder auf eine Haushaltslinie setzen, Mittel im Haushalt bereitstellen und darum streiten, wieviel Geld wir einstellen, um dann nach einem, zwei oder drei Jahren festzustellen, daß die Mittel nicht ausgegeben wurden. Das kann nicht angehen! Genau diese Punkte hat auch der Rechnungshof bemängelt. Ich will nur einige Zahlen nennen: 1, 9 Milliarden ECU bei PHARE und 0, 6 Milliarden ECU bei TACIS am Ende 1995 sind eine Menge Geld. Damit könnte man mit einer Strategie der Vorbeitrittsphase schon einiges erreichen, würde man es denn ausgeben. Und solange dieses Geld nicht ausgegeben ist, können wir nicht die Effizienz beurteilen, und mit Betrug brauchen wir uns auch nicht zu beschäftigen. Aber eines sollte man nicht vergessen, nicht ausgegebenes Geld ist kein Zeichen von Sparsamkeit per se . Man sollte - und da wende ich mich auch an die Damen und Herren, die hier zuhören - nicht meinen, wenn wir Geld nicht ausgegeben haben, daß wir deshalb sparsam mit Ihrem Steuergeld umgegangen sind. Vielmehr haben wir gegen die politischen Ziele, die wir uns gesetzt haben, verstoßen. Und deshalb werden wir darauf drängen, daß das Geld ausgegeben wird, natürlich effizient und entsprechend den Mittelbindungen. Es aber aufteilen und dann nach ein paar Jahren an die Mitgliedstaaten auszahlen, dieses Spiel werden wir nicht mehr mitspielen. Ein deutscher Minister soll gesagt haben, die EU habe für die Entwicklungszusammenarbeit zuviel Geld und nicht die Verwaltungskapazitäten, es optimal auszugeben. Sollte das stimmen - und dem Sinne nach könnte das jeder gesagt haben -, sehe ich eine ganz große Gefahr: Wenn die Leute meinen, wir hätten zuviel Geld und nicht nur nicht die Verwaltung, sondern auch nicht die politischen Möglichkeiten, es auszugeben, dann wird die Konsequenz die Renationalisierung nicht nur der Finanzen, sondern auch der Politik sein. Und in diesem Sinne werden wir aus dieser Entlastung eine Konsequenz ziehen: Wir erwarten, daß das Geld ausgegeben wird, effizient und sparsam, aber so ausgegeben wird, wie dieses Parlament es beschlossen hat. Frau Präsidentin, Herr Präsident des Rechnungshofs, für die Mitglieder des Ausschusses für Haushaltskontrolle ist heute ein wichtiger Tag. Heute haben wir die Möglichkeit, unserer Forderung nach einer klaren Rechnungsführung in der Union und einer vernünftigen Verwendung der zu Verfügung gestellten Mittel durch die Institutionen der Gemeinschaft Ausdruck zu verleihen. Heute ist der Tag, an dem wir den europäischen Bürgern eine Botschaft übermitteln können: eine Botschaft der Transparenz und der Zuverlässigkeit der Rechnungsführung der Gemeinschaft. Wenn wir diese Botschaft übermitteln würden, ohne daß die Rechnungsführung wirklich klar wäre, würden wir Abgeordneten eine unserer grundlegendsten Pflichten verletzen. Deshalb ist der Beschluß der Entlastung für die Haushaltsführung für 1995 von so entscheidender Bedeutung. Und deshalb sind auch die Stellungnahmen der Berichterstatter und das gesamte Verfahren der Diskussion über die Änderungsanträge so wichtig. Dies ist ein Bericht, der nicht ohne einen weitgehenden Konsens aller Fraktionen verabschiedet werden kann. Aus diesem Grund muß die Flexibilität hervorgehoben werden, die die verschiedenen Berichterstatter -allen voran Terence Wynn- bewiesen haben, als es darum ging, Vorschläge zu akzeptieren, die ihre ursprünglichen Ansätze veränderten. In diesem Zusammenhang muß ich bezüglich des Olivenöls sagen, daß ich, wenn Herr Wynn nicht der Berichterstatter gewesen wäre, gedacht hätte, daß der Verfasser des unglücklichen Abschnitts über das Olivenöl womöglich keine Ahnung von Oliven, von der tatsächlichen Situation des Olivenölmarktes, von Unregelmäßigkeiten oder Betrügereien hat. Da aber Herr Wynn den Bericht verfaßt hat, muß ich sagen, daß er ein vernünftiger Abgeordneter ist, der in der Lage ist, die Argumente der anderen zu verstehen und einen für alle Seiten akzeptablen Text zustande zu bringen -ich gestehe ihm sogar zu, daß er vielleicht doch etwas Ahnung vom Olivenölmarkt hat-. Andererseits wird deutlich, daß der Rechnungshof beim gegenwärtigen Verhältnis zwischen den Verpflichtungen und den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln Gefahr läuft, weiterhin nicht mehr allen seinen Verpflichtungen in wirksamer Weise nachkommen zu können. Wir müssen einen umfassenderen Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Rechnungshof und den nationalen Kontrollinstitutionen ausarbeiten, und die politische Initiative dafür muß vom Europäischen Parlament ausgehen. Schließlich, meine Damen und Herren, bleibt noch das politische Problem, das sich uns stellt, wenn wir die Entlastung für eine Haushaltsführung mit einer Zuverlässigkeitserklärung empfehlen sollen, die nach den Worten des Berichterstatters beim jetzigen Zustand schwerlich irgendwann positiv ausfallen kann. Der politische Tatbestand, den wir mit der Erteilung der Entlastung für die Haushaltsführung akzeptieren, ist, daß die Zahl der festgestellten Unregelmäßigkeiten kein Indikator für Betrug ist. Wir sind der Überzeugung, daß die Kommission ihr Buchführungssystem beträchtlich verbessern muß, und wir fordern, daß die Mitgliedstaaten, die 80 % des Gemeinschaftshaushalts verwalten und für 90 % der Unregelmäßigkeiten verantwortlich sind, sich um eine kontinuierliche Verbesserung der Finanzkontrolle der gemeinschaftlichen Ausgaben bemühen. Wir müssen jeden Mißbrauch anprangern und alle Unregelmäßigkeiten aufdecken, aber wir dürfen nicht der Versuchung erliegen, " Betrug" zu schreien, um einem demagogischen Populismus Genüge zu tun. Diese Haltung würde das Parlament und alle seine Mitglieder diskreditieren. Frau Präsidentin, liebe Kollegen, 1995 war das erste Jahr der Amtszeit der neuen Kommission unter Vorsitz von Herrn Santer. Ebenfalls in diesem Jahr hat die Kommission mit dem Ziel einer besseren Haushaltsführung ein ehrgeiziges Programm mit dem Namen SEM 2000 eingeleitet. Wenn wir nun heute über die Entlastung der Kommission beschließen, geben wir auch ein Urteil über die ersten Ergebnisse des Reformprozesses in der Finanzverwaltung anhand der Ausführung des Gesamthaushaltsplans 1995 ab. Was sagen uns nun die Zahlen? Daß es gelungen ist, die Ausgaben um 13 % unter dem Plafond der bewilligten Zahlungsermächtigungen zu halten. Von dem Gesamtbetrag von 76, 89 Milliarden ECU sind nur 66, 91 Milliarden ECU ausgegeben worden. Das bedeutet, daß die Europäische Union sehr viel weniger ausgabenfreudig ist, als man gemeinhin annimmt. Einhaltung des Haushaltsrahmens ist jedoch keinesfalls gleichbedeutend mit sinnvoller Mittelvergabe. Eine sparsame Ausgabenpolitik allein genügt nicht. Man muß damit auch die beschlossenen Politiken durchsetzen. Ich glaube nämlich an folgende Grundwahrheit: Nicht der Haushalt kann Grundlage für die Politik sein, sondern die Politik muß das Fundament des Haushalts sein. Als Managementwerkzeug hat der Haushaltsplan aber auch auf Fortschritt abzuzielen. Sehen wir doch der Wahrheit ins Auge: Zwar sind im Haushaltsplan 1995 Einsparungen erzielt worden, doch konnten manche Politiken von wesentlicher Bedeutung nicht in zufriedenstellender Weise umgesetzt werden. Das wohl deutlichste Beispiel hierfür ist der Europäische Sozialfonds: Hier standen 6, 7 Milliarden ECU an Zahlungsermächtigungen zur Verfügung, doch wurden tatsächlich nur 5, 1 Milliarden ECU ausgegeben; 24 % der Mittel blieben also ungenutzt. Da liegt also mit Sicherheit irgendwo ein grober Einschätzungsfehler vor. Ein zweites großes Manko in der Ausführung des Gesamthaushaltsplans 1995 ist das Betrugsunwesen. Mit 1, 14 Milliarden ECU, also 1, 7 % der Ausgaben, erreichen die ermittelten Unregelmäßigkeiten eine neue Höchstmarke. Die Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung sind nach wie vor unzureichend, denn Betrug breitet sich aus und ist praktisch im Wirtschaftsleben schon etwas Normales geworden, wie es der zeitweilige Ausschuß zur Untersuchung des gemeinschaftlichen Versandverfahrens ermittelt hat. Dieses Problem hat alarmierende Ausmaße angenommen. Innerhalb von drei Jahren hat sich der Umfang der Betrügereien versiebenfacht. 1992 wurden Unregelmäßigkeiten im Wert von 204 Millionen ECU festgestellt; 1995 belaufen sie sich auf etwas mehr als 1, 1 Milliarden ECU. Die Schuld für dieses endemische Übel liegt bei mehreren Seiten, und es sei nur daran erinnert, wie es auch Herr Wynn gerade zu Recht getan hat, daß 80 % der Haushaltsmittel von den Mitgliedstaaten ausgegeben und verwaltet werden, und daß daher sie für eine korrekte Verwendung des Geldes der Gemeinschaft auf ihrem Gebiet Sorge zu tragen haben. Diesbezüglich ist die Lage noch immer nicht zufriedenstellend. Herrn Wynn, dem Berichterstatter, sind diese Schwierigkeiten nicht entgangen, und zwar zu Recht. Frau Präsidentin, ich möchte mich bei meinem Beitrag auf den Bericht Wynn beschränken, und ich möchte zunächst meine Würdigung für seinen üblichen Enthusiasmus und sein Engagement, mit denen er die Arbeit verrichtet hat, aussprechen. Der vorliegende Entlastungsbericht enthält eine Reihe positiver Punkte. Als erstes läßt sich feststellen, daß im Vergleich zu 1994 die Zahl der Unregelmäßigkeiten erheblich zurückgegangen ist. Während diese Zahl 1994 noch bei 23, 5 % lag, ist sie 1995 bereits auf 10 % gesunken. Das ist zweifellos positiv, was jedoch nicht heißt, daß der Prozentsatz nicht noch viel zu hoch ist. Das Problem liegt darin, daß die Mittel größtenteils von den Mitgliedstaaten ausgegeben werden und daß die Zusammenarbeit mit ihnen verbessert werden muß. Zu bedauern ist auch, daß in diesem Jahr wiederum keine Zuverlässigkeitserklärung abgegeben werden konnte. Notwendig ist meines Erachtens vor allem, daß sich Kommission und Rechnungshof über eine richtige, über eine statistische Methode einigen, damit wir die vorgelegten Fakten richtig beurteilten können. Was die Schlußfolgerungen von Herrn Wynn zu den Agrarausgaben und insbesondere die Ziffer 24 betrifft, so bin ich damit nicht einverstanden. Die Kommission hat genau die Politik ausgeführt, wie sie im Rahmen der MacSharry-Reformen 1992 vereinbart wurde. Wenn die Ausgaben gestiegen sind, dann ist dies eben eine Tatsache; wir können jedoch nicht fordern, daß sie auf den Stand 1992 gesenkt werden, denn das war nicht vereinbart worden. Noch ein Wort zu den Eigenmitteln. Sind die BSP-Schätzungen derzeit wirklich über jeden Zweifel erhaben, oder ist eine korrektere Methode noch immer möglich? Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Unser Ausschuß hat sich gesondert mit den Erfahrungen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschäftigt, gestützt auf die Sonderberichte des Rechnungshofes zur EU-Verwaltung in Mostar und zur Wahlbeobachtung in Palästina. Leider hat sich für uns das desolate Bild in bezug auf die Verwaltung und Kontrolle der dort ausgegebenen Mittel bestätigt. Desolat nicht etwa, was die letztendliche Bestimmung der Mittel angeht, sondern desolat deshalb, weil die institutionellen Unklarheiten über die Strukturen und Zuständigkeiten zwischen Rat und Kommission dazu führen, daß nach wie vor keine zügige Bewirtschaftung möglich ist und die Verantwortlichen vor Ort, wie z.B. Hans Koschnik, in große Schwierigkeiten gebracht werden. Es muß auch in diesem Bereich zu einer vollen Verantwortung der Kommission kommen, so daß das Parlament in die Lage versetzt wird, überhaupt sinnvoll eine Entlastung zu erteilen. Dabei ist natürlich Voraussetzung, daß auch in Zukunft die Ausgaben im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik nichtobligatorisch bleiben. Alles andere wäre ein Rückfall in die Dunkelkammer ministerieller Beschlüsse, und dies in Zeiten, in denen mehr Transparenz und Demokratie gefordert wird. Herrn Friedmann möchte ich auffordern, doch dringend die seit 1994 angemahnte Stellungnahme zur gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu liefern, die uns in den Beratungen zur Regierungskonferenz unterstützen sollte. Zum zweiten möchte ich auf die letzte Ziffer im Wynn-Bericht hinweisen, wo es um die Veröffentlichung der Sichtvermerksverweigerungen geht. Was unser Haus anbelangt, ist hier 1995 und 1996 eine dramatische Zunahme zu verzeichnen, insbesondere im Zusammenhang mit der Ausstattung des neuen Parlamentsgebäudes. Im Mittelpunkt stehen dabei Verstöße gegen die Haushaltsvorschriften und gegen die Vergabepraxis. Da wurden bei Ausschreibungen Fristen nicht eingehalten, der Bedarf nicht quantifiziert, überteuerten Angeboten der Zuschlag erteilt, nachträglich Angebote ohne neue Ausschreibungen ergänzt usw. All dies wirft ein schlechtes Licht auf die Glaubwürdigkeit unserer eigenen Institution und bedarf dringend der Korrektur. Um dem Wildwuchs der Sichtvermerksverweigerungen zu begegnen, wäre schon viel geholfen, wenn der Rechnungshof diese in Zukunft in seinem Jahresbericht veröffentlichte. Transparenz ist die erste und wichtigste Voraussetzung für die Abschaffung dieser Mißwirtschaft. Frau Präsidentin, Herr Kommissar, verehrte Kollegen, auch ich kann den Berichterstattern zu diesem Paket von Entschließungsanträgen zur Entlastung nur gratulieren, und hier besonders Terry Wynn, denn ich möchte mich im wesentlichen zu seinem Bericht über die Entlastung für das Haushaltsjahr 1995, der hervorragenden Qualität seiner Arbeit, den zahlreichen von ihm angesprochenen Aspekten und seiner Kompetenz äußern. Ich meine, daß das Parlament bei der Entlastung der Kommission seiner Aufgabe gut gerecht wird. Persönlich möchte ich die Gelegenheit nutzen und dessenungeachtet eine ein wenig kritische Bemerkung anbringen, denn mit einem so umfangreichen Dokument wird der Rahmen einer Entlastung im engeren Sinne denn doch ein wenig überschritten. Manche Absätze, die häufig durch Änderungsanträge hineingebracht worden sind, beunruhigen mich. Nehmen wir zum Beispiel die Bereitstellung von Mitarbeitern für TACIS - ein Problem, das in der Zwischenzeit wohl geregelt worden ist -; wenn ich hier sehe, daß eine Untersuchung des Nutzens der Entwicklungsprogramme für die Frauen gefordert wird, wenn ich sehe, daß der Bericht Wynn über die Entlastung für 1995 benutzt wird, um nach einer Dienstreise des Haushaltsausschusses vor einigen Wochen Mittel für das CERI in Florenz in der Rückstellung zu belassen, dann beunruhigt mich das. Das ist wie beim Olivenöl, wenn dort ganz aktuelle Maßnahmen gefordert werden. Hier sollte man, denke ich, die Dinge klarer auf verschiedene Dokumente verteilen, womit der Bericht von Herrn Wynn jedoch nichts von seiner herausragenden Qualität verliert. Frau Präsidentin, ich werde mich in meinen Ausführungen mit dem Bericht von Herrn Wynn über die Entlastung der Kommission für das Haushaltsjahr 1995 befassen. Ich muß jedoch sogleich gestehen, daß dieser Bericht nicht auf die Zustimmung meiner Fraktion rechnen kann. Ich stimme zwar dem Berichterstatter zu, wenn er sich befriedigt äußert zum Geist der konstruktiven Zusammenarbeit, der zwischen Kommission und Rechnungshof Einzug gehalten hat, wenn er feststellt, daß sich die Kontrolle der konsolidierten Einnahmen und Ausgaben durch den Rechnungshof seit 1994 verbessert hat. Aber auch dieses Mal muß ich feststellen, daß der Berichterstatter und der Haushaltskontrollausschuß aus den Untersuchungen des Rechnungshofes nicht die richtigen Schlüsse ziehen. Denn wie schon 1994 ist der Rechnungshof auch hier der Meinung, daß er keine umfassende Zuverlässigkeitsbescheinigung für die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der den Zahlungen des Haushaltsjahrs 1995 zugrundeliegenden Vorgänge erteilen kann. Das Jahr 1995 dürfte ein neuer Rekord sein, denn die Unregelmäßigkeiten erreichen die horrende Summe von 1, 14 Milliarden ECU, also 1, 7 % der Ausgaben. Im übrigen weist der Hof darauf hin, daß sich der Gesamtbetrag der substantiellen Fehler bei den den Zahlungen zugrundeliegenden Vorgängen auf 4 Milliarden ECU belaufen dürfte, also 5, 9 % der betroffenen Beträge, womit die für den Hof noch annehmbaren 1 % bei weitem überschritten sind. Trotz alledem schlägt uns der Haushaltskontrollausschuß wie schon 1992, 1993 und 1994 die Entlastung der Kommission vor. Wie viele Jahre will das Parlament denn noch in Erwartung eines eventuell durchgeführten SEM 2000 dermaßen sein Vertrauen aussprechen? Der Bericht kommt darüber hinaus zu völlig falschen Schlüssen. Zunächst einmal, wie eben schon von Herrn Dell'Alba erwähnt, durch die Einfügung von Textteilen, die mit der Entlastung überhaupt nichts zu tun haben. Dann werden rein ideologisch gefärbte Vorschläge zur Vergemeinschaftung gemacht: Vergemeinschaftung der einzelstaatlichen Kontroll- und Managementsysteme, Vergemeinschaftung der Zollsysteme. Hier wird auf ideologisch gefärbte Maßnahmen zurückgegriffen, weil man echte Maßnahmen zur Bekämpfung der Unregelmäßigkeiten scheut. Letzte Neuerung in diesem Bereich, letztes Allheilmittel, ist der Vorschlag, auch für den Haushalt des Rates Entlastung zu erteilen. Frau Präsidentin, der Bericht von Herrn Wynn über die Ausführung des Gesamthaushaltsplans 1995 bestätigt die schon in den Vorjahren festzustellenden beunruhigenden Entwicklungen. Zunächst einmal der zunehmende Umfang der Unregelmäßigkeiten: 204 Millionen ECU in 1992, 403 in 1993, 1, 08 Milliarden in 1994 und 1, 14 Milliarden in 1995. Dies belegt vor allem das schlechte Funktionieren des Binnenmarktes, die unzureichenden Zollkontrollen an den Grenzen der Europäischen Union und die Mißwirtschaft mit dem gemeinschaftlichen Versandverfahren. Aber auch die Fehler bei Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit nehmen zu. Sie betrafen 1994 4 % der Ausgaben, 1995 fast 6 % (5, 93 %). Zurückzuführen sind sie insbesondere auf die allzu großzügig gestalteten Haushalte, die zu Nachlässigkeiten in der Ausführung führen. Dann wäre noch die Nicht-Ausnutzung von rund 20 % der Mittel festzuhalten, insbesondere bei den Strukturfonds, und hier ganz besonders beim Europäischen Sozialfonds. Aber auch in der Außenpolitik wurden die Mittel nicht voll ausgeschöpft. Hier ist die nicht erschöpfende Ausführung im wesentlichen auf eine anfänglich überhöhte Einschätzung der Ausgaben zurückzuführen. In diesem Zusammenhang kann man nur bedauern, daß unser Parlament bei der Erarbeitung der Haushaltsleitlinien für 1998 diese Tatsachen nicht berücksichtigt und sich für eine Korrektur der Ausgaben für Strukturfonds und Außenpolitik nach unten eingesetzt hat. Im Klartext gesprochen: Wo Mittel nicht ausgeschöpft werden, darf man nicht an unnötigen Ausgaben festhalten, sondern sollte bei überhöhten Haushaltsansätzen Streichungen vornehmen und diesen Tatsachen, diesen alljährlich erneut gemachten Feststellungen bei der Überprüfung der Haushaltsvorausschauen für 1999 Rechnung tragen. Frau Präsidentin, ich möchte zunächst den vier Verfassern, Herrn Wynn, Herrn Dankert, Herrn Blak und Herrn Bösch, für ihre Stellungnahmen danken. Mit meinen Bemerkungen möchte ich mich an jeden der Akteure im Entlastungsverfahren wenden, zuerst an das Parlament. Es ist heute recht deprimierend zu sehen, daß es sich hier in diesem Parlament, das seine Verantwortung für die Entlastung eigentlich ernst nehmen sollte, tatsächlich nur um eine Zusammenkunft des Ausschusses für Haushaltskontrolle mit einigen anderen Mitgliedern handelt. Diese sind sehr willkommen, aber es sind zu wenige von ihnen da. Es ist deprimierend, insbesondere wenn man sich vor Augen hält, wie schnell Mitglieder des Parlaments Änderungsanträge zum Haushalt mit zusätzlichen Ausgaben vorlegen, auf der anderen Seite aber ihre Verantwortung für die Kontrolle des Haushalts in qualitativer oder quantitativer Hinsicht noch nicht ernst nehmen. Ich hoffe, daß wir intern weiter an unserer eigenen Verantwortung arbeiten können. Zum zweiten möchte ich einige Worte an die Kommission richten. Entsprechend der Linie in der Stellungnahme von Herrn Wynn sind das Worte der Ermutigung, und zwar der Ermutigung durch Unterstützung der Arbeit von SEM 2000. Das ist nicht nur eine verbale Ermutigung. Eine sehr praktische Form der Ermutigung ging von der unschätzbaren Arbeit von Herrn Colom i Naval im Zusammenhang mit der Unterstützung des SEM 2000Prozesses aus. Indem wir dies der Kommission sagen, erkennen wir allerdings auch an, daß wir noch einen langen Weg vor uns haben. Auf diesem Weg werde ich ein oder zwei der Dinge wiederholen, die im letzten Jahr gesagt wurden. Ich möchte insbesondere Kommissar Liikanen an die Zusage erinnern, die er im vergangenen Jahr in dieser Phase zu Politiken einer größeren Konzentration gegeben hat. Er nannte das im vergangenen Jahr "Politiken der kritischen Masse" , und daß es tatsächlich kohärentere Politiken geben sollte, die leichter zu bestimmen und zu kontrollieren sind. Ich möchte auch einige Worte zum Rechnungshof sagen. Ein weiterer Punkt, der mich in diesem Jahr deprimiert, wurde bereits von Herrn Fabre-Aubrespy angesprochen, nämlich die Zuverlässigkeitserklärung. Ich bin nicht ganz sicher, ob dies ein korrekter Sprachgebrauch ist. Die Verwendung des Begriffs "Zuverlässigkeitserklärung" scheint mir eher ein Mißbrauch von Sprache zu sein. Ob es sich nun um eine Nicht-Erklärung der Zuverlässigkeit oder um eine Erklärung der Nicht-Zuverlässigkeit handelt, darüber bin ich mir nicht ganz sicher. Doch eine Zuverlässigkeitserklärung ist es gewiß nicht. Wir müssen feststellen, daß die Botschaft verwirrend wird. Wir haben eine größere Kontroverse zwischen der Kommission und dem Rechnungshof über die statistische Methodologie verfolgt, die vom eigentlichen Wert des Verfahrens der Zuverlässigkeitserklärung ablenkt. Ich muß beiden Institutionen sagen: Legen Sie diesen Streit über Statistiken bei und versichern sie uns, den Mitgliedstaaten und den Bürgern, daß es eine einvernehmliche Grundlage für eine Zuverlässigkeitserklärung gibt und wir alle Vertrauen in ihre Methodologie haben können. Solange das nicht der Fall ist, verschwenden wir unsere Ressourcen bei den Bemühungen um Rechnungsprüfung. Wir müssen sicher sein können, daß die Zuverlässigkeitserklärung ein Dokument mit einem bestimmten Wert ist. Im letzten Viertel dieser kostbaren fünf Minuten möchte ich mich kurz dem Rat zuwenden. Der Rat und das Parlament haben eine gemeinsame Sprache, aber ich bin mir nicht recht sicher, daß wir bereits eine gemeinsame Philosophie haben. Wir haben eine gemeinsame Sprache, wenn wir alle einen Kniefall vor Worten wie "Effizienz" , " solides Finanzmanagement" und "angemessene Haushaltsdisziplin" machen. Ich kann dem amtierenden Ratspräsidenten nur zustimmen, wenn er von all diesen Dingen spricht. Ich würde diese Aussagen aber noch höher bewerten, wenn ich sicher wäre, daß die Bemühungen des Rates auf hoher ministerieller Ebene bei den Empfehlungen im Zusammenhang mit der Entlastung die gleiche Größenordnung hätten wie im Ausschuß für Haushaltskontrolle. Herr Wynn hat dargelegt, daß 80 % der Ausgaben an die Mitgliedstaaten gehen. Der gleiche Rat, der von Effizienz und solidem Finanzmanagement spricht, erläßt auf der anderen Seite einen solchen Wust von Agrarverordnungen, die Betrug und Unregelmäßigkeiten Tür und Tor öffnen. Daher bitte ich ihn, wenn er sie von solidem und effizientem Management spricht, diese Forderung nicht nur an die Kommission zu richten, sondern dafür zu sorgen, daß sie in den Verwaltungen der 15 Mitgliedstaaten, welche die 80 % kontrollieren, in die Praxis umgesetzt wird. Zum Schluß möchte ich etwas aufgreifen, was Herr Dankert über seine Bestrebungen zu einer Entlastung des Rates gesagt hat. Wenn wir könnten, würden wir in diesem Jahr den Rat für das stalinistisch anmutende Mausoleum entlasten, das allen als Ratsgebäude bekannt ist. Über den Bau wurde entschieden, indem die Mittel zu einer obligatorischen Ausgabe erklärt wurden. Diese Bestrebungen von Herrn Dankert wären im Nachhinein ein sehr interessanter Beitrag zu unserer Aussprache über die Entlastung. Frau Präsidentin, unter Hinweis auf das Arbeitsdokument über PHARE möchte ich meiner großen Genugtuung darüber Ausdruck geben, daß die Schlußfolgerung in dem gemeinsamen Bericht von Herrn Wynn aufgenommen worden ist, und ich bedanke mich für die gute Zusammenarbeit. Daß unsere Arbeit nicht sinnlos ist, hat sich daran gezeigt, daß die Kommission jetzt zumindest die eine Empfehlung übernommen und die Strategie für das PHARE-Programm geändert hat, damit der Zweck und die Prioritäten nun eindeutig der Erweiterung dienen. Damit haben wir zur Vorbereitung der Empfängerstaaten auf ihre Mitgliedschaft der EU beitragen können. Ich bin froh, daß wir uns jetzt darauf einigen konnten, daß die Aufgabe des PHARE-Programms darin bestehen soll, zu einer Entwicklung beizutragen, die sicherstellt, daß die mittel- und osteuropäischen Staaten Mitglieder der Union werden können. Die Kommission hat zugleich wissen lassen, daß die Verwaltung verbessert wird, die Beschlußfassungsverfahren vereinfacht und durchschaubarer gestaltet werden sollen. Ich freue mich über diese Mitteilungen, obwohl ich jetzt schon sagen kann, daß wir dies alles im Auge behalten und überprüfen werden, wann es eingeleitet wird, und daß wir die ganze Angelegenheit von seiten des Ausschusses weiter verfolgen werden, damit es nicht bei leeren Worten bleibt, sondern tatsächlich zu Veränderungen kommt. Wenn man die Berichte betrachtet, die über die Jahre erstellt worden sind, dann haben wir immer wieder die gleiche Kritik geäußert. Ich habe zur Kenntnis genommen, daß auch der Rat gemerkt hat, daß viele der Punkte, die wir bemängeln, jahrein, jahraus dieselben sind. Deshalb möchte ich auch den Rat auffordern, zu einer Änderung der Lage beizutragen. Es ist doch ärgerlich, daß nicht einmal der Rat seinerseits dazu beiträgt, daß die nötigen Beschlüsse getroffen werden. Im Zusammenhang mit PHARE bedaure ich, daß die Kommission nicht gewillt war, eine Gesamtanalyse vorzunehmen. Wir sollten doch wissen, welche Resultate die verschiedenen Projekte zeitigen, und damit überhaupt etwas verändert wird, ob sie einen nützlichen Beitrag zur Verbesserung der Lage in den Empfängerländern leisten. Natürlich hätten wir die bereitgestellten Mittel nutzen müssen, wie Frau Wemheuer sagte, aber das Entscheidende ist doch, daß dafür gesorgt wird, daß sie zu einer positiven Entwicklung beitragen, und daß wir etwas für unser Geld bekommen. In diesem Zusammenhang finde ich es auch besorgniserregend zu hören, daß beispielsweise die an Albanien gezahlten Gelder sich in blauen Dunst aufgelöst haben. Keiner weiß, wo das Geld geblieben ist. Schließlich möchte ich die Kommission dringend auffordern, für eine ordentliche Gesamtbewertung zu sorgen, damit wir erfahren, was wir für die Gelder, die wir ausgeben, bekommen, und damit wir die Unterstützung der Unionsbürger für eine Fortsetzung der verschiedenen Programme sicherstellen können. Frau Präsidentin! Ich möchte auf Blaks Bericht über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl und den Bericht des Rechnungshofs darüber zurückkommen. Ich finde, daß der Bericht sehr gut ist, und daß es gut ist, daß man drei Fragen aufgegriffen hat, um Beispiele zu haben, damit alle verstehen können, worum es geht. Womit ich mich beschäftigen möchte, ist vor allem der Große Belt und die Öresundbrücke. Es ist offensichtlich, daß die Kommission hier einen Fehler begangen hat. Es ist nicht so, daß dieser Fehler eine Menge Geld gekostet hat, aber prinzipiell ist ein falscher Beschluß gefaßt worden, als man statt 170 Millionen ECU 353 Millionen ECU Darlehen dem Projekt Großer Belt zur Verfügung gestellt hat. Es ist eine so wichtige Frage, weil diese Mittel für andere Maßnahmen im Bereich Infrastruktur hätten verwendet werden können. Es hätten Arbeitsplätze anderswo als ausgerechnet im Bereich Großer Belt geschaffen werden können. Im Zusammenhang mit der neuen, großen Brücke zwischen Dänemark und Schweden ist vor allem wichtig, daß das Geld richtig eingesetzt wird, und daß dieses Projekt nicht im Verhältnis zu anderen, notwendigen Infrastrukturprojekten bevorzugt wird. Ich kann dem leider nicht zustimmen, daß die Brücke zwischen Schweden und Dänemark genauso toll und schön sein wird wie die am Großen Belt, wie von Blak beschrieben. Im Gegenteil, die Brücke zwischen Schweden und Dänemark ist nicht erwünscht. Frau Präsidentin! Es ist die Dimension der fehlgeleiteten Beträge und die Offensichtlichkeit einer nichtzeitgemäßen Ausgabenstruktur, die die Steuerzahler in den Mitgliedstaaten in ihrer Einstellung zur Europäischen Union mehr als verunsichern müssen. Wenn in Zeiten der dramatisch steigenden Arbeitslosigkeit rund 24 % oder 1, 6 Millarden ECU des Sozialfonds nicht genutzt werden, handelt es sich hier schlichtweg um eine zynische Politik. In einer Zeit sinkender Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft betragen die Gesamtmittel für die Forschung nur 2, 9 Millarden ECU. Im selben Jahr hingegen beliefen sich die um 22, 6 % gestiegenen Ausgaben für Getreide und Ackerkulturen allein auf über 15 Milliarden ECU, was im Widerspruch zum erklärten Ziel der Kostendämpfung im Agrarbereich steht. Die Unregelmäßigkeiten bei den Ausgaben für Tiere und Flächen betragen allein bis zu 1, 7 Milliarden ECU oder zwei Drittel der Gesamtausgaben für Forschung. Derartige Diskrepanzen beweisen vor allem die Notwendigkeit einer den wirtschaftlichen und sozialen Realitäten entsprechenden Reform der Ausgabenstruktur. Frau Präsidentin. Zunächst möchte ich allen danken, die dem Parlament heute morgen ihre Stellungnahmen vorgelegt haben. Besonders danke ich Terry Wynn, dessen Sachverstand immer wieder deutlich wird. In Wales wäre er damit als "Entlastungs-Wynn" bekanntgeworden. Ich möchte nur auf zwei Punkte eingehen. Erstens: In Maastricht hat der Europäische Rat in seiner Weisheit den Rechnungshof beauftragt, diese Zuverlässigkeitserklärung - DAS - zu erstellen. In der Erklärung für 1994 wurde das Finanzvolumen der wesentlichen Fehler annähernd beziffert; 1995 geschah dies ein weiteres Mal. Jedermann scheint nur an dieser Abschlußstatistik Interesse zu haben, anstatt an all der Arbeit, die dahinter steht. Eine Tatsache ist, daß der Rat dem Rechnungshof die Ressourcen oder Mittel zur Erfüllung dieser Sonderaufgabe nicht zur Verfügung gestellt hat. Ich glaube nicht, daß die Stellungnahme, der Entschließungsantrag oder die Aussprache über die Entlastung der richtige Rahmen für eine Befassung mit den Verfahren, die vom Rechnungshof bei der Abfassung dieser Erklärung angewandt werden, ist. Wir haben einige diesbezüglich Änderungen aus der Stellungnahme gestrichen, und ich denke, das war richtig. Ich bin froh, daß demnächst ein Treffen zwischen dem Rechnungshof und dem Ausschuß für Haushaltskontrolle stattfindet, bei dem wir sehen wollen, wie wir einander bei dieser gemeinsamen Aufgabe unterstützen können. Und wiederum in seiner Weisheit hat der Europäische Rat etwas eingerichtet, was ich gerne als "Satellitenkonstellation" bezeichne. In der Stellungnahme werden sie "dezentralisierte Gemeinschaftsagenturen" genannt. Diese Agenturen der zweiten Generation werden uns Probleme bereiten. Und wir werden dem Rat und der Kommission Probleme bereiten, wenn das Parlament nicht erhält, worum es gebeten hat, nämlich das Recht für das Parlament, die Entlastung zu beschließen, und das Recht für die Kommission, die volle Finanzkontrolle über diese Agenturen auszuüben. Ich habe kürzlich gute Neuigkeiten von den Finanzkontrolleuren der Kommission gehört, wonach interessante Bemühungen im Gang sind, um dieser Situation abzuhelfen, die dem Rechnungshof Jahr für Jahr Anlaß für Anmerkungen in bezug auf die beiden "alten" Agenturen, wie wir sie nennen können, in Dublin und jetzt in Thessaloniki, gibt. Ich möchte dem Rechnungshof für die Erarbeitung dieser Sonderberichte über die neuen Satelliten-Agenturen, die einen Teil des Jahres 1994 und das Jahr 1995 erfassen, danken. Das war sehr hilfreich. Das Parlament fühlt sich dadurch ermutigt, entlang der vereinbarten Linien fortzufahren. Daher möchte ich besonders dem Rechnungshof danken und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit zwischen dem Rechnungshof und dem Ausschuß für Haushaltskontrolle bei dieser interessanten Aufgabe. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun diskutieren wir schon so viele Jahre über die Entlastung, aber dennoch ist festzustellen, daß das Verfahren immer noch verbesserungsbedürftig ist, und wir müssen weiter daran arbeiten. Das betrifft etwa die Einbeziehung der sogenannten Zuverlässigkeitserklärungen in die Entlastungsdebatte. Das betrifft aber auch solche Feststellungen wie die, daß der Rat wenigstens für einen Teil der Entlastungsthemen seine Hausaufgaben nicht rechtzeitig gemacht hat. Nur allmählich kommt es ins Bewußtsein der Öffentlichkeit oder der Beteiligten, daß 80 % der Ausgaben durch die Mitgliedstaaten verwaltet werden. Es ist also gut, wenn das beim Rat selbst bemerkt worden ist. Aber die Mitgliedstaaten müssen ja dann auch auf den Rechnungshofbericht reagieren. Und über die Reaktionen der Mitgliedstaaten muß sich die Kommission berichten lassen und uns auch wieder informieren; dieser Wunsch sollte künftig berücksichtigt werden. Aber auch das Parlament selbst kann sicher, etwa in der Zusammenarbeit der Ausschüsse mit dem Haushaltskontrollausschuß über die Entlastung, seine Arbeiten noch verbessern. Inhaltlich sind die Themen, die wir ansprechen, zwar vielfach dieselben, vor allem die Mängel im Haushaltsvollzug. Zwar wechselt das manchmal von Politikbereich zu Politikbereich, aber im Grunde ist das dasselbe Problem. Frau Wemheuer und Frau Theato haben ja auf die politische Bedeutung dieser Versäumnisse hingewiesen. Ich habe aber vor allem auch noch ein Anliegen, nämlich daß die Eigenmittel stärker berücksichtigt werden müssen. Ich danke Herrn Wynn, daß er das in seinem Bericht schon getan hat. Aber ich bedaure, daß der Ausschuß die Forderung nach einem gesonderten Bericht darüber nicht unterstützt hat. Ich setze aber trotzdem drauf, daß uns der Rechnungshof dazu vor allem mit Blick auf die neue Finanzordnung 1999 noch einiges Material liefern wird. Herr Präsident, ich möchte Herrn Wynn, den Verfassern der Stellungnahmen und Frau Theato gratulieren. Sie sind eine Gruppe von Menschen, die sich der umfassenden Aufgabe verschrieben haben, die Gemeinschaftsfinanzen in Ordnung zu bringen. Der bemerkenswerteste Punkt beim Haushalt 1995 ist - im Gegensatz zu einzelstaatlichen Haushalten, die von Mehrausgaben belastet sind -, daß wir mit den Ausgaben um 13 % unter der Obergrenze der für Zahlungen zur Verfügung stehenden Mittel bleiben. Das ist nicht unbedingt positiv, aber sicherlich sehr viel besser als das Problem der Mehrausgaben, von dem wir auf nationaler Ebene so viel hören. Im Falle der Strukturfonds - die ein Instrument zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts sind und eine relativ bescheidene Finanzsumme enthalten, wenn man sich vor Augen hält, daß damit zwischen 2 und 3 % des BIP in die Ziel 1-Regionen fließen - ist die Tatsache, daß ihre Ausschöpfung 19 % unterhalb der Obergrenze der zur Verfügung stehenden Mittel liegt, ein gewisser Anlaß zur Besorgnis. Bei den Strukturfonds handelt es sich um ein wertvolles Instrument, das zur Gänze genutzt werden sollte. Herr Wynn konzentriert sich natürlich auf die Kontrolle, die Rückerstattung zuviel gezahlter Beträge und auf die Evaluierung. Aber in bezug auf die Strukturfonds besteht ein weiteres Problem. In Irland, das diese Aufgabe besonders gut bewältigt hat und als Beispiel angeführt wird, haben wir die Erfahrung gemacht, daß das Geld, welches wir über 15 Jahre transferiert haben - und das 1992, vor dem gegenwärtigen Programm, seinen Höchststand erreichte - stärker in den öffentlichen Sektor und soziale Aufgaben einfloß als in die Förderung der wirtschaftlichen Infrastruktur. Das ist für jeden feststellbar, der die Entwicklungen bei den öffentlichen Ausgaben genau verfolgt. Daß dies weder von der Kommission noch vom Rechnungshof festgestellt wurde, stellt eine Schwäche unseres Evaluierungssystems dar. Auch wenn Irland große Fortschritte gemacht hat, sind doch die Lektionen, die zu lernen sind, in allen Teilen der Gemeinschaft die gleichen - denn man wird wahrscheinlich feststellen, daß das gleiche auch in anderen Gebieten passiert ist. Diese Lektionen lauten, daß wir unsere Strategie neu definieren, unsere Ziele eingrenzen und unsere Politiken mit den einzelnen Mitgliedstaaten und Regionen abstimmen müssen, anstatt zu versuchen, einen globalen Rahmen für alle zu entwickeln. Wenn wir das getan haben, werden Kontrolle und Rückerstattung, um die es Herrn Wynn geht, nicht mehr das große Problem sein. Herr Präsident, die Stellungnahmen von Herrn Wynn, Herrn Blak und Herrn Bösch schlagen die Entlastung der Kommission hinsichtlich der Ausführung des Gesamthaushaltsplans, des Haushalts für Kohle und Stahl und des Europäischen Entwicklungsfonds für das Haushaltsjahr 1995 vor. Die Kommission ist dazu verpflichtet, die Punkte, die in den Stellungnahmen und in dem Entschließungsentwurf aufgeführt sind, sorgfältig zu verfolgen. Es wird erhebliche Arbeit geleistet, um den Hauptanliegen des Parlaments nachzukommen. Ich möchte einiges aus dieser Arbeit erwähnen. Zunächst zu den Fortschritten, die im Zusammenhang mit der Initiative SEM 2000 gemacht wurden: Die Mitgliedstaaten akzeptieren jetzt nach und nach die Notwendigkeit eines gemeinsamen Ansatzes in Fragen des Finanzmanagements, den die Kommission in SEM 2000 in Gang gesetzt hat - zum großen Teil auf Drängen des Parlaments. Eine Reihe von Mitgliedstaaten haben beispielsweise bereits die Aufforderung akzeptiert, direkt auf die im Bericht des Rechnungshofes angesprochenen Punkte zu reagieren. Wie in der Stellungnahme von Herrn Wynn gefordert wird, werden die Beiträge zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Jahr in dem Folgebericht wiedergegeben. Bei dieser Gelegenheit werden Sie die Informationen erhalten, um die Herr Bardong gebeten hat. Was die konsequente Anwendung der Förderungsvorschriften bei den Strukturfonds angeht, so hat jetzt eine akzeptable Lösung allseitige Zustimmung im Rat gefunden. Die Annahme einer endgültigen Entscheidung steht für die nächste Woche auf der Tagesordnung der Kommission. Künftig werden in allen Programmierungsentscheidungen klare Richtlinien zu wiederkehrenden Förderungsproblemen enthalten sein. Das ist ein großer Schritt zur Verbesserung des Finanzmanagements. Diese Maßnahme ist eine effiziente Reaktion auf die Kritik, die von seiten des Rechnungshofs und des Europäischen Parlaments wiederholt erhoben wurde. Die zweite Schlüsselfrage betrifft mögliche Korrekturen der Finanzrahmen in den Strukturfonds, worauf Herr Dankert hinwies. Ich möchte zu einigen Ihrer Anmerkungen Stellung nehmen. In dieser Frage müssen erst noch Fortschritte erzielt werden. Die Kommission schlägt vor, mit einem zweigleisigen Ansatz vorzugehen. Zunächst legen wir den Entwurf einer Verordnung der Kommission vor, um die Verantwortlichkeiten der Mitgliedstaaten für die Finanzkontrolle zu klären. Dies wird sich auf Artikel 23 der gegenwärtigen Verordnung des Rates über die Verwaltung der Strukturfonds gründen. Zweitens werden wir unsere interne Linie im Hinblick auf die Bedingungen, unter denen Nettofinanzkorrekturen nach den Bestimmungen der bestehenden Rechtsgrundlagen gemacht werden sollten, klären. Dies wird sich auf Artikel 24 der obengenannten Verordnung des Rates gründen. Im Hinblick auf die Methode möchte ich etwas präziser sein, da ich das große Interesse des Parlaments in dieser Frage kenne. Ich möchte die folgenden vier Punkte nennen: Erstens bezieht der Ansatz der Kommission die Klärung der Anwendung der bestehenden Strukturfonds-Bestimmungen unter Inanspruchnahme der bestehenden rechtlichen Befugnisse ein. Zweitens versucht er nicht , den Mitgliedstaaten neue Verwaltungsstrukturen aufzuerlegen. Die Absicht liegt eher darin, angemessene Mindestkontrollstandards einzuführen, die einheitlich in der gesamten Union angewendet werden sollten. Drittens schlägt die Kommission keine grundlegende Änderung im Programmierungsansatz vor, unter dem die Mitgliedstaaten allgemein frei sind, bei der Finanzierung von zuschußfähigen Projekten zu wechseln. Viertens, und das ist der wichtigste Punkt, sollten die Bedingungen geklärt werden, unter denen Nettofinanzkorrekturen ohne Erstattungsmöglichkeit gemacht werden sollten - zum Beispiel in Fällen, in denen die Finanzkontrolle systematisch gescheitert oder es zu einer Ablehnung der Zusammenarbeit mit der Kommission gekommen ist. Unsere Absicht ist, diese vierte Position, die Nettorückerstattungen bedeutet, zur Anwendung zu bringen. Ich sehe, daß die Kommission im vorliegenden Entschließungsantrag dazu aufgefordert wird, einen Vorschlag zur Änderung von Artikel 24 der Ratsverordnung 4253/88 zu unterbreiten, damit Unregelmäßigkeiten wirksam berichtigt werden können. Ich kann bestätigen, daß wir diese Option für die Zukunft nicht ausgeschlossen haben. Wir haben bereits veranlaßt, daß die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung des Rates vor Beginn der nächsten Programmierungsperiode überprüft werden, und wir werden die Auffassungen des Parlaments in diesem Zusammenhang im vollen Umfang berücksichtigen. Ich finde es völlig natürlich, daß bei neuen Vorschlägen für Strukturfondsprogramme nach 2000 eine neue Verordnung ebenfalls Teil dieses globalen Pakets ist. Wir sprechen nicht über die entfernte Zukunft. Sie treten zwar erst im Jahr 2000 in Kraft, doch die Vorschläge müssen vorher gemacht werden. Ich stimme mit Herrn Dankert überein, daß wir es uns nicht leisten können, auf die Änderung im Jahr 2000 zu warten, bevor wir Maßnahmen auf diesem Gebiet ergreifen. Wie ich sagte, können Verbesserungen im Rahmen der bestehenden Verordnung gemacht werden, und daher beabsichtigt die Kommission, kurzfristig nach dem oben erwähnten zweigleisigen Ansatz zu verfahren. Im Zusammenhang mit SEM 2000 werden Bemühungen unternommen, die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten in der Haushaltsplanung und -ausführung zu verbessern. Die engen Haushaltszwänge in der Zielgeraden vor der dritten Stufe der WWU machen es noch wichtiger, daß wir die aktuellsten und realistischsten Schätzungen der Haushaltserfordernisse erhalten. Das müssen wir mit Blick auf die Vorbereitung des 1998er Haushaltes dringend voranbringen. Dieses Thema wurde gerade gestern im Rahmen des Trialogs mit dem Rat und dem Parlament erörtert. Ein Problem lag bei den Schätzungen im Bereich der Landwirtschaft. Wir müssen unseren Haushaltsvorschlag im April machen. Das ist sehr weit im voraus für 1998. Wenn wir die Möglichkeit haben, es uns später in diesem Jahr noch einmal anzusehen und dem Parlament Änderungen und Richtigstellungen schriftlich zukommen zu lassen, würde dies den Haushaltsentscheidungen des nächsten Jahres eine solidere Grundlage geben. Der Berichterstatter des Parlaments für SEM 2000, Herr Colom i Naval, wurde zum nächsten Treffen der Personal Representatives Group im Mai eingeladen, und dann werden wir uns um eine Lösung der Frage der Finanzkorrekturen bemühen. Ich möchte kurz zwei weitere Punkte streifen. Zunächst die Zuverlässigkeitserklärung oder DAS. Wie im letzten Jahr beschreibt Terry Wynn in seiner Stellungnahme sehr deutlich die Ergebnisse und die Schwierigkeiten. Ich teile sein Unbehagen über die Zahlenangaben und ihre Interpretation. Ich möchte betonen, daß das Problem in der mangelnden Erfahrung liegt. Die Ergebnisse der ersten beiden DAS-Prüfungen haben sich ohne ausreichende Erklärung stark unterschieden. Das unterstreicht den experimentellen Charakter der DAS, über den wir uns alle von Anfang an im klaren waren. Es wird einige Jahre dauern, bevor die Methode wirklich ausgereift ist und nicht nur die Zuverlässigkeit des Rechnungsprüfers, sondern auch des Prüfobjektes gewährleisten kann. Bis dahin sollten alle Zahlenangaben und insbesondere Schlußfolgerungen aus DAS-Prüfungen mit Vorsicht behandelt werden. Wir werden Ihre Wünsche natürlich bei den Diskussionen im nächsten Sommer mit dem Rechnungshof auf der Grundlage der DAS für 1996 berücksichtigen. Wir hoffen, so weit wie möglich zu einer gemeinsamen Sprache zu finden, wobei die Unabhängigkeit des Rechnungshofs bei der Prüfung selbstverständlich respektiert wird. Zweitens können im Hinblick auf PHARE die vom Rechnungshof beschriebenen und im Bericht Wynn unterstrichenen Schwierigkeiten nur eingeräumt werden. Als erste Reaktion beschloß die Kommission am 19. März neue politische Leitlinien für PHARE. Sie stellen eine Neuausrichtung von PHARE auf zwei Hauptprioritäten dar: die Schaffung von Institutionen und die Förderung von Investitionen. Auch das Management von PHARE muß reformiert werden. Es muß zur Vereinfachung der Verfahren, zur Dezentralisierung der Ausführung und zu einer stärkeren Rolle der EU-Delegationen kommen. Herr Tomlinson erwähnte meine Bemerkungen vom letzten Jahr über die Konzentrierung auf größere Projekte, die leichter zu verwalten sind, um eine ausreichende kritische Masse zu haben. Die Neuausrichtung von PHARE ist ein gutes Beispiel dafür. Wir bemühen uns darum, auch in anderen Bereichen im Haushalt voranzukommen. Es ist für die Kommission nicht leicht, aber wir alle wissen, daß es auch für das Parlament nicht leicht sein wird. Wir müssen uns vergegenwärtigen, daß wir jetzt einen Haushalt in der Union für 370 Millionen Menschen haben. Kleine Haushaltsposten mit einer sehr kleinen kritischen Masse könnten unmöglich effizient umgesetzt werden. Die Verwaltungskosten sind oftmals höher als die betreffenden Beträge im Haushalt, und es gibt keine Kontrollmöglichkeiten. Wir sollten daher einen kritischen Blick darauf richten, was auf welche Weise umgesetzt werden kann. Ich habe die Bemerkung gehört, daß wir nicht alle Haushaltsposten ausgeschöpft hätten. Manchmal gibt es Beträge in den Haushaltsposten, die nicht einfach ausgeschöpft werden können. Wir sollten nicht nur die politischen Prioritäten diskutieren, sondern auch die Frage, wie diese in die Haushaltssprache übertragen und somit realisierbar gemacht werden können. Ich komme zurück zu PHARE. Weitere Elemente werden klarer werden, wenn die Kommission nach Abschluß der Regierungskonferenz ihre Prä-Beitrittsstrategie vorlegt. Diese Aufgabe soll in enger Zusammenarbeit mit dem Parlament wahrgenommen werden. Das sollte auch die Vorbereitungen für den Haushalt 1998 erleichtern. Herr Blak stellte mir zwei oder drei sehr detaillierte Fragen. Ich hoffe, daß ich sie nach Rücksprache mit den Diensten der Kommission beantworten kann. Vielleicht können wir uns in der nächsten Woche miteinander in Verbindung setzen und dies bilateral klären. Zum Schluß möchte ich den Verfassern der Stellungnahmen, Terry Wynn, Freddy Blak und Herbert Bösch, der Vorsitzenden des Ausschusses für Haushaltskontrolle, Frau Theato, sowie auch allen Ausschußmitgliedern danken. Sie haben bei der Analyse des Berichts des Rechnungshofes und der Festlegung der entscheidenden Maßnahmen, die zu ergreifen sind, große Mühen auf sich genommen. Ihre Unterstützung ist entscheidend für den weiteren Fortschritt in Richtung auf eine solide Verwaltung der Gemeinschaftsfinanzen. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, aber wir werden ihn entschlossen fortsetzen und nicht umkehren. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet am Donnerstag um 12.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über die Empfehlung (A4-0103/97) von Herrn Alavanos im Namen des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigungspolitik betreffend den Vorschlag für einen Beschluß des Rates über den Abschluß - durch die Europäische Gemeinschaft - eines Europa-Mittelmeer-Interimsassoziationsabkommens über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der PLO zugunsten der Palästinensischen Behörde für das Westjordanland und den Gazastreifen sowie über die Erklärung des Rates zum NahostFriedensprozeß. Herr Präsident, normalerweise wäre die Aussprache über das Europa-Mittelmeer-Interimsabkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Palästinensischen Befreiungsorganisation eine rein formale Angelegenheit. Es wird ohnehin einstimmig von allen Fraktionen des Europäischen Parlaments unterstützt, wie auch aus der Debatte im Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten vor wenigen Tagen und aus der diesbezüglichen Abstimmung zu ersehen war. Heute jedoch, in dem Sturm, der sich im Nahen Osten nach dem unverantwortlichen Beschluß der israelischen Regierung unter Netanjahu über den Bau von Siedlungen in den östlichen Gebieten Palästinas erhoben hat, erhält die Aussprache über dieses Abkommen einen besonderen Charakter und enorme Bedeutung und sollte ein deutliches Signal des Europäischen Parlaments sowohl an den Ministerrat der Europäischen Union, endlich aktiv zu werden, als auch an die Protagonisten der Krise im Nahen Osten sein. Zum Abkommen selbst möchte ich folgendes sagen: Erstens weist es eine Besonderheit auf. Es ist kein Abkommen zwischen der Europäischen Union und einem Land bzw. einem Staat. Es ist nicht einmal ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Palästinensischen Behörde, deren rechtlicher Status den Abschluß internationaler Verträge nicht zuläßt. Es ist ein Abkommen der Europäischen Union mit der Organisation für die Befreiung Palästinas, ein neuartiges und besonderes Abkommen, das sich allerdings auf das israelisch-palästinensische Interimsabkommen stützt, nach dem die PLO internationale Verträge schließen darf. Außerdem gehören die palästinensischen Gebiete ohnehin zur vom MEDA-Programm betroffenen Region und sind Gegenstand der Mittelmeerpolitik der Europäischen Union. Zweitens ist es ein Interimsabkommen, dessen Laufzeit begrenzt ist und entsprechend den im Osloer Abkommen festgelegten Bestimmungen über den Übergang zur Autonomie 1999 endet. Drittens ist es kein gemischtes Abkommen. Es erfordert nicht die Zustimmung der Mitgliedstaaten und setzt daher auch nicht die Ratifizierung durch die nationalen Parlamente voraus. Viertens ist das Abkommen buchstäblich in Rekordzeit ausgehandelt worden. Nachdem der Rat am 1. Oktober 1996 die Leitlinien für den Abschluß des Abkommens gebilligt hatte, wurde es bereits am 10. Dezember 1996 paraphiert und schließlich am 24. Februar 1997 unterzeichnet. Allerdings waren die Bedingungen zu Beginn des Verhandlungsprozesses gänzlich anders als bei seinem Abschluß, vor allem zum jetzigen Zeitpunkt, da das Europäische Parlament dem Vorschlag zustimmen soll. Da der Inhalt des Abkommens - von den genannten Besonderheiten abgesehen - dem der anderen EuropaMittelmeer-Abkommen entspricht, brauche ich auf diesen Punkt nicht einzugehen. Lassen Sie mich jedoch zwei Aspekte nennen: Möglicherweise erweisen sich erstens die Quoten bei gewissen sensiblen Erzeugnissen, z.B. Blumen, nach ein oder zwei Jahren als zu gering. Zweitens müssen wir die Klauseln in Artikel 68 beachten, die es jedem Vertragspartner gestatten, die Maßnahmen zu ergreifen, die dieser im Fall eines Krieges oder innerer Unruhen zur Wahrung seiner Sicherheit für notwenig hält. Dieser Artikel darf aber nicht über Artikel 2, der die Anwendung der in jeder Hinsicht unverletzbaren Menschenrechtsklausel, speziell im Hinblick auf Folterungen, den Schutz demokratischer Rechte usw. vorsieht, gestellt werden, sondern muß ihm, ganz im Gegenteil, untergeordnet sein. Das Wichtigste ist meines Erachtens die politische Bedeutung des Abkommens. Es stärkt die palästinensischen Behörden und könnte zur Stabilität in der Region und zur regionalen Integration beitragen, und eben deshalb begrüßt und unterstützt das Europäische Parlament den Vorschlag. Aber offensichtlich hängt doch all das von äußeren Faktoren ab, die das Abkommen auf ein bedeutungsloses Stück Papier reduzieren könnten. Insofern ist meiner Meinung nach eine stabile, entschlossene und einheitliche Grundsatzposition des Ministerrates der Europäischen Union zur gegenwärtigen Krise vielleicht viel wichtiger als die abschließende Billigung des Abkommens durch das Europäische Parlament. Ich denke, wir dürfen uns da nicht heraushalten und unsere Hände in Unschuld waschen, wie es der Präsident der Vereinigten Staaten, Clinton, leider tut. Nötig ist ein energisches und zielgerichtetes Einwirken auf Israel, damit es den Bau der Siedlungen in Ostjerusalem stoppt und wir so doch auf eine Fortsetzung des Friedensprozesses im Nahen Osten hoffen können. Herr Präsident, der Ausschuß für Außenwirtschaftsbeziehungen ist ebenfalls sehr erfreut über das Interimsabkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der PLO zugunsten der Palästinensischen Behörde für das Westjordanland und den Gaza-Streifen. Erstens, weil es als Instrument zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in den früheren besetzten Gebieten dazu beitragen wird, eine Zone des Friedens und der Stabilität in der Region zu errichten; damit führt es die seit 1970 von der Europäischen Union verfolgte Politik fort, die die Union sowohl im Bereich der humanitären Hilfe als auch im Bereich der Hilfe für die wirtschaftliche und politische Entwicklung des palästinensischen Volkes an die erste Stelle gesetzt hat. Zweitens, weil es die -wenn auch nur vorläufige- Formalisierung bilateraler Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Palästinensischen Behörde bedeutet, wie es den Wünschen dieses Ausschusses entspricht, und weil es den Status der Palästinenser als vollberechtigte Mittelmeerpartner bekräftigt, sobald der rechtliche Status des Westjordanlands und des Gaza-Streifens endgültig festgelegt ist. Und drittens, weil die demokratische Fundierung dieses Abkommens, ergänzt durch die Nichterfüllungsklausel, einen Beitrag zur Entwicklung der demokratischen Grundsätze und der Menschenrechte leistet, die diesen Friedensprozeß begleiten muß. Die -vor allem- politische Bedeutung dieses Abkommens und seine Zweckmäßigkeit angesichts der schwierigen Situation, in der sich der Friedensprozeß derzeit befindet, und auch im Hinblick auf die Zweite Europa-Mittelmeer-Konferenz liegen also auf der Hand. Aus diesem Grund hat der Ausschuß für Außenwirtschaftsbeziehungen auch eine positive Stellungnahme abgegeben, aber in diesem Zusammenhang muß ich auch im Namen unseres Ausschusses meinem Mißfallen über das Vorgehen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten Ausdruck verleihen, der seine Zustimmung gegeben hat, ohne die Stellungnahme unseres Ausschusses zu berücksichtigen. Es ist nicht das erste Mal, daß dies geschieht, aber in diesem Fall finden wir es ganz besonders bedauerlich, nicht nur, weil es sich hier um ein Ratifizierungsverfahren handelt, sondern auch wegen der politischen Bedeutung dieses Abkommens. Herr Präsident, ich danke Ihnen sehr, daß Sie mir die Gelegenheit geben, hier im Namen des Rates eine Erklärung insbesondere zur derzeitigen Lage im Nahen Osten abzugeben. Der Rat ist über die letzten Entwicklungen des Nahost-Friedensprozesses äußerst beunruhigt. Während mit der Unterzeichnung des Hebron-Abkommens über den Abzug der israelischen Armee im Januar dieses Jahres ein deutlicher Fortschritt in den palästinensisch-israelischen Beziehungen erzielt wurde, hat sich gezeigt, daß der damals in Schwung gekommen Bewegung nur ein kurzes Leben beschieden war. Der Beschluß der israelischen Regierung, auf einem Hügel in der Umgebung Jerusalems, der von den Israelis Har Homa und von den Palästinensern Jabal Abu Ghneim genannt wird, 6.500 Wohneinheiten zu bauen, hat zu einer wesentlichen Verschlechterung der Lage in der Region geführt. Die Spannungen haben sich verschärft. Das Vertrauen der arabischen Welt in den Friedenswillen der israelischen Regierung ist geringer geworden. Nach friedlichen Protestaktionen von Palästinensern gegen die getroffene Entscheidung kam es an verschiedenen Stellen auch zu Gewalttaten. Gegen israelische Bürger wurden terroristische Selbstmordanschläge verübt. Der Rat hat bei mehr als einer Gelegenheit seine Ansicht zu der israelischen Siedlungspolitik kundgetan. Nach Auffassung der Europäischen Union stehen die Siedlungen im Widerspruch zum Völkerrecht und sind mit den Resolutionen 242 und 338 des UN-Sicherheitsrates, die die Grundlage für eine Friedensregelung bilden, unvereinbar. Durch die israelische Siedlungspolitik wird ferner dem Ergebnis der Verhandlungen über den endgültigen Status vorgegriffen. Was insbesondere die Situation in Jerusalem betrifft, so ist festzustellen, daß der Friedensprozeß sowie das Vertrauen der Palästinenser und der arabischen Länder durch die Siedlungspolitik untergraben werden. Vor der Entscheidung Israels über Har Homa/Jabal Abu Ghneim hat die Europäische Union auf diplomatischem Weg Israel dringend aufgefordert, von den Bauplänen abzusehen. Als die Entscheidung durchgesetzt wurde, hat die Europäische Union ihre Einwände hiergegen durch die Ratspräsidentschaft zur Kenntnis bringen lassen, und zwar auch im Rahmen der Vereinten Nationen. Der Rat hat von den jüngsten Anschlägen in Israel mit Abscheu Kenntnis genommen und sie aufs Schärfste verurteilt. Ein Anschlag wurde auf ein Café in Tel Aviv verübt, und noch vor kurzem wurden zwei Selbstmordanschläge verübt. Durch die Gewalt wird der Friedensprozeß eindeutig unterminiert. Unschuldige Bürger werden zu Opfern, und ihr Sicherheitsgefühl wird durch die Anschläge sehr ernstlich untergraben. Die Europäische Union hat die Palästinensische Autonomiebehörde nachdrücklich aufgefordert, in den ihr unterstehenden Gebieten äußerste Anstrengungen zu unternehmen, um gemäß den Verpflichtungen aus dem Interimsabkommen den Terrorismus zu bekämpfen. Wie in der Vergangenheit bereits geschehen, hat Israel auf den letzten Terroranschlag durch erneute Schließung der Grenzen zum Gazastreifen und zum Westjordanland reagiert. Der Rat bleibt bei seinem Standpunkt, daß die Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Palästinenser auf Maßnahmen begrenzt bleiben muß, die für die israelischen Sicherheitserfordernisse wirklich notwendig sind. Die erneuten Gewalttätigkeiten, die gestern wieder Opfer gefordert haben, zeigen nach Ansicht des Rates, wie prekär der Friedensprozeß ist. Alle Beteiligten müssen sich Rechenschaft darüber ablegen, welche Verantwortung sie im Lichte einer solchen prekären Situation tragen. Sodann dürfen die für den Friedensprozeß ebenfalls notwendigen strukturellen Maßnahmen zugunsten der palästinensischen Bevölkerung nicht aus den Augen verloren werden. Die palästinensische Wirtschaft befindet sich nämlich in einer äußerst schwierigen Situation, und eine ausgedehnte und langanhaltende Schließung der Grenze zu Israel kann nicht hingenommen werden. Sie wird zu einem weiteren Rückgang des Lebensstandards der Palästinenser in den palästinensischen Gebieten führen, wodurch die Gefahr entsteht, daß eine Brutstätte für Unfrieden, Unruhen und Gewalt geschaffen wird. Die Europäische Union strebt danach, die sozioökonomische Lage der Palästinenser zu verbessern, und hat hierzu ein umfangreiches Hilfsprogramm erstellt. Der Rat hofft, daß sich beide Seiten Aktionen enthalten werden, durch die der Friedensprozeß weiter untergraben werden könnte. Der Rat und der Sonderbeauftrage der Europäischen Union für den Nahost-Friedensprozeß, der hochgeschätzte spanische Botschafter Moratinos, hatten hierzu seit Beginn der Krise wiederholt Kontakt mit den beteiligten Parteien. Der Ratsvorsitzende hat eine Reihe von Hauptstädten der Partnerländer der Europäischen Union im Mittelmeerraum zur Vorbereitung der Europa-Mittelmeerkonferenz, die am 15. und 16. April in Malta stattfinden wird, besucht. Außer dem Europa-Mittelmeerprozeß hat der Vorsitzende auch über die aktuelle Lage im Nahen Osten ausführlich gesprochen. Obwohl der Barcelona-Prozeß von dem Nahost-Friedensprozeß getrennt ist, wird allen Beteiligten dadurch auch ein Forum für eine anzustrebende Zusammenarbeit geboten. Der Ratsvorsitz erwartet - und wird sich dafür einsetzen -, daß die Konferenz in Malta auch in dieser Hinsicht ein Erfolg sein wird und einen Beitrag zur Deeskalation wird leisten können. Unser Sonderbeauftragter, Botschafter Moratinos, ist ständig dabei, mit den beteiligten Parteien Möglichkeiten für konstruktive Aktionen der Europäischen Union zu prüfen, um zur Wiederingangsetzung des Friedensprozesses beizutragen. Auch nach Abbruch der Direktgespräche zwischen Israel und den Palästinensern hat er seine Dienste angeboten, die von beiden Seiten sehr begrüßt wurden. Er hat mit Ministerpräsident Netanjahu und Präsident Arafat sowie mit Mitgliedern seines Kabinetts gesprochen. Ferner unterhält er engen Kontakt mit seinem amerikanischen Amtskollegen Dennis Ross. Er versucht, die Parteien dazu zu überreden, sowohl die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sicherheit wie den politischen Dialog wiederaufzunehmen. Zur Wiederherstellung des gegenseitigen Vertrauens sind nämlich Fortschritte in beiden Bereichen erforderlich. Ohne einen politischen Dialog werden sich wesentliche Fortschritte als unmöglich erweisen. Vorgestern, d. h. am Montag, den 7. April, haben der Sonderbeauftragte Moratinos sowie Vertreter der Mitgliedstaaten im Rahmen des Rates eine eingehende Lagebeurteilung vorgenommen. Angesichts des Ernstes der Lage halten wir es für wichtig und notwendig, daß die beteiligten Parteien zu einem Abbau der Spannungen gelangen und daß sie sich um eine Wiederaufnahme der Gespräche bemühen. Gerade jetzt ist es wichtig, daß von sämtlichen Beteiligten gemeinsame Anstrengungen zur Wiederbelebung des Friedensprozesses unternommen werden. Die Ratspräsidentschaft steht hierzu in engem Kontakt mit den Vereinigten Staaten, von denen soeben Gespräche mit dem israelischen Ministerpräsidenten geführt wurden, und morgen, am Donnerstag, den 10. April 1997, wird Ministerpräsident Netanjahu Den Haag einen Besuch abstatten. Herr Präsident, ich danke Ihnen, mir die Gelegenheit gegeben zu haben, diese Erklärung abzugeben. Herr Präsident, ich werde natürlich nicht sehr viel Wort verwenden, um zu sagen, wie ernst die Situation ist. Momentan besteht meines Erachtens eine gewisse Übereinstimmung mit der Haltung des Rates, und ich teile die sehr große Besorgnis, wie sie hier von dem amtierenden Ratspräsidenten zum Ausdruck gebracht wurde. In den letzten Monaten wurde das nach den Osloer Verträgen mühsam zwischen den beteiligten Parteien aufgebaute Vertrauen zu einem großen Teil wieder zerstört. Für einen Prozeß, der schwierig war und stets schwierig sein wird, stellt Vertrauen etwas Wesentliches dar, doch besteht ein solches Vertrauen nicht mehr. Das Europäische Parlament und auch unsere Fraktion haben sich bislang geweigert, den Friedensprozeß für tot zu erklären, wie es einige gerne getan hätten, und radikale Maßnahmen vorzuschlagen, wie die Aufforderung an den Rat und die Kommission, die Abkommen zwischen der Europäischen Union und Israel auf Eis zu legen. Wir haben dies nicht getan, und zwar deswegen, weil nicht wir als erste - noch vor den eigentlich Beteiligten - zu sagen haben, der Friedensprozeß sei am Ende, und wir taten es ferner nicht, weil wir auf eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses hoffen. Wir waren vorsichtig. Von der Organisation der arabischen Länder wurden jedoch die neuen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Israel, die bei der Entwicklung des Friedensprozesses eine sehr wichtige Etappe darstellten, in Frage gestellt. Dies bedeutet einen sehr erheblichen Rückschritt, an dem zu ermessen ist, welcher Schaden in den letzten Monaten dem Frieden in der Region zugefügt wurde. Heute steht das Europäische Parlament vor einer neuen Situation und es muß überlegen, wie es hierauf reagieren soll und wie es einen nützlichen Beitrag zum Frieden leisten kann, denn dieses Parlament und unsere Fraktion haben stets - und ich hoffe, daß dies auch weiterhin der Fall sein wird - eine Position zur Förderung des Friedensprozesses und zur Unterstützung von Fortschritten bei diesem Prozeß eingenommen. Es geht jetzt darum, sehr sorgfältig zu prüfen, welche Schritte am nützlichsten sind. Es wird uns gesagt, die israelische Regierung beabsichtige, nachdem das Treffen mit Clinton erfolglos war, Globalverhandlungen vorzuschlagen, durch die sämtliche Probleme, sowohl die Sicherheit Israels wie die in den Osloer Verträgen vorgesehene zweite und dritte Phase, mit einem Schlag gelöst werden sollen. Es wird uns gesagt, es bestehe die Absicht, die Dauer des Friedensprozesses zu verkürzen, so daß er nicht zweieinhalb Jahre dauert, sondern in neun Monaten zum Abschluß gebracht wird. Für uns ist nicht ersichtlich, inwieweit es sich bei diesem Vorschlag des israelischen Ministerpräsidenten um eine reale Möglichkeit handelt, und inwieweit es um bloße Propaganda sowie darum geht, daß im wesentlichen auf den Frieden verzichtet wird. Wir wissen - und der Rat hat uns dies heute bestätigt -, daß der israelische Ministerpräsident in dieser Woche mit dem Rat zusammentreffen wird, und wir haben Kenntnis eines Schreibens des Rates an die amerikanische Regierung, bei dem es um eine gemeinsame Aktion geht. Was sich aus alledem ergeben wird, wissen wir nicht. In dieser Hinsicht hat das Parlament gut daran getan, vorerst keinen Entschließungsantrag vorzusehen. Das Parlament wird jedoch Stellung nehmen müssen, und es ist sogar möglich, daß es dies bei unserer nächsten Tagung in Brüssel wird tun müssen. Dabei muß es vermeiden, die Appelle, Warnrufe und Besorgnisse zu wiederholen, die in den letzten Monaten mehrfach zum Ausdruck gebracht wurden. Unterdessen nehmen wir mit Befriedigung zur Kenntnis, daß das vorliegende Assoziationsabkommen, das ohne Zweifel einen Beitrag im Sinne und in Richtung des Friedensprozesses darstellt, der sich heute in einer schwierigen Phase befindet, vom Parlament so rasch verabschiedet wurde. Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, das Abkommen, mit dem wir uns heute befassen, stellt in den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Palästinensern sowie in den Beziehungen zum Mittelmeerraum allgemein eine wichtige Etappe dar und zeigt, daß die Europäische Union am politischen und wirtschaftlichen Leben des entstehenden palästinensischen Staates voll beteiligt ist und daß die starke Absicht besteht, den Weg zu einer Normalisierung im Nahen Osten mit den beteiligten Parteien gemeinsam zu beschreiten. Dies gilt insbesondere jetzt, da aufgrund wachsender Spannungen und zunehmender Schwierigkeiten die Gefahr besteht, daß ein solcher Weg unterbrochen wird. Während auf palästinensischer Seite heute der Wille zu verzeichnen ist, zu fordern, daß die Europäische Union in den Friedensprozeß eingreift, versuchen andere hingegen die Europäische Union davon auszuschließen und die hervorragende Tätigkeit von Botschaft Moratinos zu behindern sowie Sinn und Tragweite des Assoziationsabkommens, das nun geschlossen werden soll, zu schmälern. Es ist also äußerst wichtig, daß die Europäische Union im Sinne der Konferenz von Barcelona deutlich zu erkennen gibt, daß sie sich in der Region nicht nur finanziell, sondern auch politisch engagiert. Der Hinweis auf Barcelona und die Folgekonferenz in La Valletta ist gerade im Hinblick auf eine Verknüpfung des Abkommens mit dem allgemeineren Prozeß notwendig, dessen Ziel darin besteht, bis zum Jahr 2010 im Mittelmeerraum eine Freihandelszone zu schaffen. Es ist in der Tat richtig, daß dem palästinensischen Volk die Rechte zuerkannt werden, die ihm durch das MEDA-Programm gewährleistet werden, und der Abschluß des vorliegenden Abkommens wird einen wichtigen Schritt in diese Richtung darstellen. Ebenso richtig ist die Festlegung eines für den Handel und die Zusammenarbeit mit dem Gazastreifen und dem Westjordanland notwendigen Rechtsrahmens, und zwar gerade im Hinblick darauf, daß zwischen der Europäischen Union und sämtlichen Maschrik- und Maghreb-Ländern der Kurs einer Öffnung und des gegenseitigen Interesses verstärkt wird, wofür jedoch der Friede in der Region nach wie vor eine Grundvoraussetzung bildet. Das Abkommen ist mehr von politischer als wirtschaftlicher Bedeutung, und in diesem Zusammenhang sei auf die Besonderheit eines Abkommens hingewiesen, das von der Organisation zur Befreiung Palästinas im Namen eines Staates unterzeichnet wird, der noch nicht anerkannt ist und der heute dafür kämpft, sein Existenzrecht auch innerhalb seiner ideellen Grenzen zu behaupten. Es ist zu hoffen, daß es bis 1999 möglich sein wird, ein Europa-Mittelmeer-Interimsassoziationsabkommen mit einem palästinensischen Staat zu schließen, der unter voller Achtung des Völkerrechts sowie im Rahmen friedlicher Beziehungen zu den Nachbarländern gebildet wurde. Herr Präsident, von Oktober 1996 bis Februar 1997 wurden diese äußerst wichtigen Verhandlungen mit einer - so würde ich sagen - seltenen, lobenswerten und beispielhaften Geschwindigkeit zu einem Abschluß gebracht. Nun ist zu hoffen, daß der internationale Rechtsstatus der Palästinensischen Behörde mit der gleichen Geschwindigkeit und Entschlossenheit geregelt wird, so daß am Ende der in den Osloer Verträgen vorgesehenen Übergangszeit, d. h. also Ende 1999, die Palästinensische Autonomiebehörde mit allen anderen Staaten als vollberechtigter Partner Verhandlungen führen kann. Mehr Würde, mehr Autorität bedeuten auch größere Stabilität im Innern, vor allem aber ein hohes Ansehen auf internationaler Ebene: dies sind die unerläßlichen Schritte, durch die Palästina zu einer echten Nation werden und somit globale und dauerhafte Abkommen aushandeln kann. Die Hauptvoraussetzung jedoch - und darauf wurde heute von vielen Seiten hingewiesen - ist die Wiederherstellung einer Situation der Sicherheit und der Existenzmöglichkeit für alle. Das wird solange nicht möglich sein, wie der Konflikt im Zusammenhang mit den israelischen Siedlungen innerhalb der der Palästinensischen Behörde unterstehenden Gebiete nicht gelöst sein wird. Solche Kolonien stellen lauter Pulverfässer dar und somit mögliche Gefahrenherde, und jeder kann - auf beiden Seiten - die Flamme entzünden, wann immer ihm dies geeignet erscheint. An erster Stelle muß also Frieden geschaffen werden, aber es muß auch einen freien Zugang zu den Ressourcen geben, über die Palästina verfügt, und die es bislang aufgrund der von Israel ausgeübten Kontrollen nicht nutzen konnte: wir denken vor allem an das Meer, den Hafen, über den nicht einmal Gaza verfügen konnte, obwohl er dort vor der Haustür liegt. Wir hoffen, daß es künftig auch zu diesen Naturressourcen einen Zugang geben wird; vor allem jedoch erhoffen wir eine wirtschaftliche Neubelebung, die zwar durch Abkommen wie dasjenige, mit dem wir uns heute befassen, erfolgen wird, vor allem jedoch durch Maßnahmen, durch die die Produktion gefördert werden soll. Auch ich habe zusammen mit anderen Kolleginnen und Kollegen als Beobachter bei den Wahlen fungiert, und ich habe festgestellt, daß inmitten der Bomben und inmitten der Angst ein palästinensisches Volk gleichwohl dabei ist, sich zu organisieren, um einer solchen Aufforderung zu entsprechen. Dieses Volk muß von uns unterstützt werden, und zwar nicht mehr nur durch wirtschaftliche und finanzielle Maßnahmen, sondern auch durch eine gewisse Form der technischen Hilfe, damit es nicht nur politisch, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht autonom werden kann. Die Ausführungen des amtierenden Ratspräsidenten zur Lage im Nahen Osten und insbesondere in Israel entsprachen den Vorstellungen, die wir Liberalen diesbezüglich besitzen, und es ist nicht so unerwartet, daß er sich in liberalem Sinne äußert. Es ist unbestreitbar, daß anstelle des Friedensabkommens und des Weges, der zum Frieden führen soll, eine eskalierende Konfliktsituation getreten ist. Es ist ferner klar, daß die Siedlungspolitik der israelischen Regierung in jedem Fall einen der Hauptgründe für diesen Konflikt bildet, wie gerechtfertigt auch die Erklärung sein mag, daß über Jerusalem erst bei der letzten Verhandlungsrunde gesprochen werden müsse. Der Geist der Osloer Verträge mag genauso wichtig sein wie der Buchstabe. Es geht darum, das gegenseitige Vertrauen zwischen den Beteiligten wieder aufzubauen. Einer der Bausteine einer solchen Politik zur Wiederherstellung des Vertrauens stellt das Interimsassoziationsabkommen dar, über das zwischen der Europäischen Union und den Palästinensern verhandelt, und durch das in unserer Beziehung zu Israel und den Palästinensern ein größeres Gleichgewicht geschaffen wird. Dieses Abkommen trägt der Realität der Osloer Verträge Rechnung, und es wird damit für eine Erweiterung des gegenseitigen Handels und der Zusammenarbeit zwischen der Union und den Palästinensern ein solider Rechtsrahmen geschaffen. Der Handel mit den Palästinensern wurde von der Union erfreulicherweise bereits zuvor erheblich liberalisiert, und die Palästinenser benötigen insbesondere auch größere wirtschaftliche Fortschritte, um ihre Zukunftsperspektiven zu verbessern. Gleichzeitig haben wir eine Möglichkeit, sie auf die Achtung der Menschenrechte anzusprechen, die einen Bestandteil des Abkommens bildet. Daher hoffen wir, daß die Union in Zusammenarbeit mit den Amerikanern alles tun wird, um eine Eskalation zu verhindern. Herr Präsident, Herr amtierender Ratspräsident, " wann immer Sie wollen, schaffen Sie es" - dieser Gedanke kommt mir beim Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der PLO zugunsten der Palästinensischen Behörde. Geradezu in Rekordzeit haben Sie rechtliche Hindernisse aus dem Weg geräumt und diplomatischen Druck abgebaut und etwas erreicht, was eine der großen erfolgreichen weltpolitischen Initiativen der Europäischen Union werden könnte. Denn es ist mit Sicherheit eine großartige Initiative, da sie Palästina de facto die Anerkennung verschafft, auf die es Anspruch hat. Voll erfolgreich jedoch nur unter einer Voraussetzung: Sie dürfen nicht mitten in der Furt stehenbleiben. Das Abkommen sieht nämlich die Unterstützung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der palästinensischen Gebiete und die Mitwirkung am Aufbau einer Zone des Friedens und der Stabilität in der Region vor. Diese Ziele werden jedoch unerreicht bleiben, wenn nicht allerschnellstens alles Erdenkliche unternommen wird, um eine der schwersten Krisen in den Griff zu bekommen, die der Friedensprozeß jemals gekannt hat. Was ist also zu tun? Vierundsiebzig Länder aus der Bewegung der Blockfreien haben gerade die Ihnen wohlbekannte Position verabschiedet, die von großer politischer Tragweite ist. Und Europa? Sie verfügen über mindestens eine Handlungsmöglichkeit, nämlich die Aussetzung des Interimshandelsabkommens zwischen Europa und Israel bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Regierung Netanjahu die Kolonisierung in den besetzten Gebieten in Ostjerusalem beendet, oder anders gesagt, bis er die bereits unterzeichneten Abkommen einhält, wie es die Vereinten Nationen praktisch einstimmig gefordert haben. Ein solches starkes politisches Vorgehen wäre bei weitem nicht gegen Israel gerichtet, sondern wäre Ausdruck der Solidarität mit den Frauen und Männern, die sich selbst in Israel erheben, mit den Frauen und Männern, die in den Straßen von Tel Aviv zu Zehntausenden der Welt das würdige, friedliche und verantwortungsbewußte Bild ihres Landes vermitteln. Und dies mit nur einem Ziel, das auch wir anstreben: den Frieden zu retten. Herr Präsident! In der letzten Nummer des Journal of Palestine Studies sagt der amerikanische Forscher William Quant, daß in dem Fall, daß Israel heute auf der Grundlage einer Zwei-StaatenLösung Frieden schließen würde, alles gewonnen wäre, was vor 1967 angestrebt wurde. Weshalb wird dann kein Friede geschlossen? 59 Prozent der Israelis glauben, daß ein Krieg ausbrechen kann. Gleichzeitig sagen 51 Prozent der Israelis, daß sie eine Zwei-Staaten-Lösung akzeptieren. Warum folgt Netanjahu dem Willen des Volkes in seinem eigenen Land nicht? Ich glaube, man sollte sich daran erinnern, daß Netanjahu eine besondere Richtung des Zionismus vertritt, den revisionistischen Zionismus, welcher der Ansicht ist, daß nicht nur der Gazastreifen und das Westjordanland, sondern auch das Königreich Jordanien Teile von "Rechts-Israel" sind. Netanjahu wird von seinen eigenen Anhängern unter großen Druck gesetzt. Er ist ganz einfach in Lebensgefahr, was der Mord an Rabin gezeigt hat. Wenn man wirklich will, daß Netanjahu Frieden schließen kann, muß er einem Gegendruck ausgesetzt werden, einem sehr starken Gegendruck. Eine Möglichkeit des Gegendrucks ist die Unterstützung, die den Palästinensern gegeben wird. Es ist erfreulich, daß das Assoziierungsabkommen jetzt unter Dach und Fach ist. Es könnte noch besser sein, und es könnte noch viel mehr getan werden. Aber eindeutige Signale, daß die Europäische Union und die Weltgesellschaft voraussetzen, daß zu einer endgültigen Lösung ein palästinensischer Staat gehören muß, sind Teil eines solchen Drucks. Ich frage mich jedoch, ob man nicht noch weitergehen muß, ob man Netanjahu nicht auf unterschiedliche Arten klarmachen muß, daß er mehr zu verlieren hat, wenn er den Frieden sabotiert, als wenn er den Traum vom "großen Israel" weiterträumt. Ich möchte hier nicht auf Einzelheiten eingehen, aber ich finde, daß der Rat wirklich darüber nachdenken muß, wie man auf Netanjahu einen Gegendruck ausüben kann, der dazu führt, daß er einsieht, daß er jetzt die Chance für einen Frieden wahrnehmen muß. Im Nahen Osten gibt es nämlich jedes achte Jahr einen großen Krieg. Nächstes Mal wäre das 1998, und ich hoffe, daß wir das mit gemeinsamen Kräften verhindern können. Herr Präsident, zu einer Zeit, da sich der Friedensprozeß in einer kritischen Phase befindet und das Opfer vorsätzlicher Angriffe und zahlloser Provokationen ist, werden wir hier kaum von der Eröffnung eines Tunnels in den arabischen Teil der Stadt sprechen, von wiederholten Absperrungen, die die Freizügigkeit der Bevölkerung insgesamt beeinträchtigen, von der Ansiedlung neuer extremistischer Siedler, von kollektiven Strafaktionen, von den Toten durch Attentate und Verfolgung. Nach zwei Jahren mühsamster Verhandlungen kontrolliert die Palästinensische Behörde gerade einmal 7 % des von Israel militärisch besetzten Gebiets, und wir haben unsere Solidarität mit dem Volk Palästinas und den hunderttausenden israelischer Bürger zu zeigen, die begeisterte Anhänger des Friedens sind und ihre arabischen Nachbarn respektieren. Das uns heute vorliegende Abkommen kann ein Beitrag zur Stabilisierung der gesamten Region sein. Seine politische Tragweite ist noch viel größer als seine wirtschaftliche und finanzielle Bedeutung. Die Union muß vor Ort präsent sein, zumal die amerikanische Regierung, die bisher so einbezogen, so aktiv und manchmal auch so effizient war, heute offensichtlich nur schwer einen Regierungschef bändigen kann, der sich als Sprengmeister betätigen will. Die Europäische Union hat sich also als entschlossene Verfechterin von Frieden und Gerechtigkeit zu zeigen. Was die bestehenden Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Westjordanland sowie dem Gazastreifen betrifft, so ist der praktische Mehrwert des vorliegenden Abkommens mit der PLO nicht groß. Aufgrund früherer Maßnahmen ist der Handel zwischen der Europäischen Union und den autonomen palästinensischen Gebieten bereits zu einem großen Teil liberalisiert. Von verschiedenen Seiten wurde jedoch darauf hingewiesen, daß das Abkommen vor allem von politischer Bedeutung ist. Eine Verbesserung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation des palästinensischen Volkes kann für den Friedensprozeß eine positive Bedeutung besitzen. Ein weiterer Punkt von politischer Bedeutung ist, daß sich die PLO und die Palästinensische Behörde durch das Abkommen dazu verpflichten, für die Einhaltung der grundlegenden Menschenrechte Sorge zu tragen. Auch dies ist im Rahmen des Friedensprozesses von Bedeutung. Zur erneuten Ingangsetzung des Friedensprozesses ist jedoch mehr erforderlich. Seitens der Palästinensischen Behörde muß alles getan werden, um den entsetzlichen Mordanschlägen in Israel ein Ende zu bereiten. Auf israelischer Seite wurde letzte Woche von Ministerpräsident Netanjahu Präsident Clinton ein Vorschlag unterbreitet, durch beschleunigte Verhandlungen innerhalb von sechs Monaten zu endgültigen Vereinbarungen über den Status der autonomen palästinensischen Gebiete zu gelangen. Es läßt sich schwerlich beurteilen, inwieweit ein solcher Vorschlag realisierbar ist. Auf jeden Fall wird die amerikanische Regierung hierbei weiterhin eine aktive Vermittlerrolle spielen müssen. Von Druckmitteln ist in dieser Hinsicht nichts zu erwarten. In der Hoffnung, daß das Abkommen zwischen der Union und der PLO zur wirtschaftlichen Entwicklung der palästinensischen Gebiete beitragen und für die Palästinensische Autonomiebehörde einen Anreiz bilden wird, um zu einer sicheren und endgültigen Friedensregelung mit Israel zu gelangen, können wir uns mit dem vorliegenden Abkommen einverstanden erklären. Herr Präsident, verehrte Kolleginen und Kollegen! Wir, die Freiheitliche Partei, begrüßen im vorliegenden Abkommen mit der PLO den Ausbau und die Vertiefung der politischen Zusammenarbeit, gerade im Hinblick auf die Festigung der Demokratie und die Achtung von Menschenrechten zur Sicherung von Frieden und Stabilität in dieser krisengeschüttelten Region. In diesem Zusammenhang begrüßen wir auch sehr die Verankerung einer Demokratieklausel, die eine Aussetzung des Abkommens im Falle von schweren Menschenrechtsverletzungen ermöglicht. Eine zusätzliche Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten in die EU lehnen wir aber ab, da beim derzeitigen Überschuß der landwirtschaftlichen Produktion auf dem europäischen Markt ein Import von mehr Agrarprodukten die Situation der bäuerlichen Betriebe verschlimmern würde und zu einem weiteren Preisverfall führen könnte. Da wir Freiheitlichen uns seit jeher gegen die Lebendtiertransporte, insbesondere in weit außerhalb der EUGrenzen liegende Länder wegen der damit verbundenen unerträglichen Qualen für die Tiere ausgesprochen haben, sehen wir es als unsere Pflicht an, die Streichung dieses Passus aus dem Kommissionsvorschlag zu fordern, der im Bericht des Kollegen Alavanos leider nicht kommentiert wird. Herr Präsident, verehrte Kollegen, ein jeder weiß es, hat es heute vormittag schon gesagt und macht sich Sorgen: Die Lage im Nahen Osten ist zur Zeit schwierig, ja gefährlich, wenn nicht sogar explosiv. Bringt es noch etwas, daran zu erinnern, daß sich die Gründe hierfür im Programm der israelischen Regierungsparteien finden, in der Persönlichkeit und den Vorstellungen von Herrn Netanjahu, in der Wiederaufnahme der Siedlungspolitik, aber auch in den Aufrufen mancher palästinensischer Gruppen zur Gewalt, in den mörderischen terroristischen Attentaten und Attentatsversuchen, ganz zu schweigen von gewissen Erklärungen der Palästinensischen Behörde? Ich halte dies für eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses, den die überwiegende Mehrheit des israelischen Volkes wünscht, und den trotz allem auch viele Palästinenser noch unterstützen, weder für notwendig, noch für sinnvoll oder gar positiv. Es bedarf hier vielmehr eines gemeinsamen internationalen Vorgehens der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union, auf deren Modalitäten der amtierende Ratspräsident gerade verwiesen hat. Ich möchte gerade jetzt Herrn Moratinos, unserem europäischen Emissär, zu seinem hervorragenden Vorgehen, seiner Arbeit und seinem Kampfeswillen gratulieren. Daher muß, auch wenn die Abkommen von Oslo sie zulassen und nicht untersagen, die Gründung neuer Siedlungen gestoppt werden, und zwar nicht nur, weil sie kurzfristig die Spannung erhöhen und zu Blockaden führen, sondern weil vor allem die Angelegenheit langfristig, egal von welcher Regierung, nicht mehr in den Griff zu bekommen ist. Daneben müssen aber auch und vor allem Terrorismus, Aufrufe zu Terrorismus und alle ihm zugrundeliegenden Ideen angeklagt, bekämpft und verfolgt werden. Für Terrorismus gibt es keine Rechtfertigung. Hierin kann es keinen Kompromiß geben. Wer in Europa, in Spanien, Frankreich, Großbritannien oder Irland, um nur einige Länder zu nennen, würde dem zu widersprechen wagen? Gleichzeitig ist aber auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Israel voll fortzusetzen und natürlich mit der Palästinensischen Behörde auszubauen. Deshalb unterstütze ich als Vorsitzender der Delegation Europa-Israel nach Kräften das Europa-Mittelmeer-Interimsabkommen mit der PLO, so wie ich auch die Abkommen mit Israel unterstützt habe und mich dafür einsetze, daß sie voll wirksam werden, viele Aktionen beinhalten und zu konkreten Ergebnissen führen. Ohne diese Abkommen wäre der Gedanke an Frieden durch Zusammenarbeit und Partnerschaft zum Scheitern verurteilt. Zu diesem letzten Punkt bitte ich Sie alle, noch einmal nachzudenken. Die kommenden Tage werden von entscheidender Bedeutung sein. Möge sich der gesunde Menschenverstand durchsetzen und damit der Frieden, den alle Länder des Mittelmeerraums so dringend benötigen. Herr Präsident, meine Damen und Herren, leider hat sich heute, da wir in diesem Parlament über das Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der PLO debattieren, die Lage in dieser Region so sehr verschlechtert, daß der Friedensprozeß in Gefahr ist. Mehr denn je ist die Union gefordert, hier die führende Rolle zu übernehmen, die ihr zusteht, und den im Augenblick stockenden Friedensverhandlungen auf diplomatischem Wege einen neuen Impuls zu verleihen. Wie wir schon oft in diesem Parlament gesagt haben, reichen wirtschaftliche Maßnahmen allein nicht aus, um das Gleichgewicht in der Region wiederherzustellen: die wirtschaftliche Zusammenarbeit muß mit politischen Initiativen einhergehen. Wir begrüßen daher sehr, daß das Hauptziel des Interimsabkommens darin besteht, einen geeigneten Rahmen für einen umfassenden Dialog zu schaffen, der die Entwicklung enger Beziehungen zwischen den Vertragsparteien sowie die schrittweise und gegenseitige Liberalisierung des Handels ermöglicht und einen Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der palästinensischen Gebiete leistet. Wir begrüßen auch die Zusatzvereinbarung in Form einer gemeinsamen Erklärung zum politischen Dialog, nach der die Beziehungen zwischen den Vertragsparteien durch einen regelmäßigen Austausch über Themen von gemeinsamem Interesse, wie Frieden, Sicherheit, Demokratie und Menschenrechte, intensiviert werden sollen. Aber wie ich bereits sagte, meine Damen und Herren, sind alle diese positiven Aspekte durch die Blockierung des Friedensprozesses in Gefahr. Die Sicherheit, der Frieden und die Stabilität in der Region sind für uns alle von Interesse, und wir müssen uns von diesem Parlament aus ganz besonders dafür einsetzen. Ich rufe daher von dieser Tribüne aus die internationale Gemeinschaft dazu auf, den Dialog mit den Vertragsparteien zu verstärken, um den Geist von Oslo wiederzubeleben und die dort getroffenen Vereinbarungen durchzusetzen. Dies bedeutet auch, daß der Bau jüdischer Siedlungen in Ost-Jerusalem eingestellt wird und daß die Palästinensische Behörde dafür sorgt, daß die Sicherheit in der Region gewährleistet ist, indem sie die extremistischen Gruppen kontrolliert, die einen geeigneten Nährboden gefunden haben, um den Friedensprozeß mit ihren Aktivitäten noch mehr zu überschatten. Ich komme zum Schluß, meine Damen und Herren. Es gibt ein Sprichwort, das heißt: " In trüben Wassern ist gut fischen" . Lassen wir nicht zu, daß bestimmte Fischer von der Nichteinhaltung der Friedensabkommen profitieren. Herr Präsident, das Interimsassoziationsabkommen mit der Palästinensischen Behörde kam in einem ungewöhnlich raschen Tempo zustande, wobei nicht immer der richtige Verfahrensweg befolgt wurde. Insbesondere eine wichtige Stellungnahme des Ausschusses für Außenwirtschaftsbeziehungen wurde vom Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigungspolitik nicht rechtzeitig berücksichtigt, was zu bedauern ist. Dies hat jedoch keinen Einfluß auf die für die Palästinenser neu entstandene Situation, die jetzt die im Rahmen des MEDA-Programms zur Verfügung gestellten Mittel beanspruchen können. Das bedeutet größere Entwicklungsmöglichkeiten in den palästinensischen Gebieten, aber auch einen intensiveren Dialog zwischen der Europäischen Union und der Palästinensischen Autonomiebehörde. Es handelt sich um ein Interimsabkommen, was heißt, daß damit zwar noch kein wirklich vollkommener politischer Dialog möglich ist, daß aber in jedem Fall die sozioökonomische Entwicklung der gesamten Region dadurch gefördert werden kann und daß das Abkommen als solches Stabilität schafft und dem Friedensprozeß förderlich ist. Wir stehen am Vorabend der Konferenz von Malta und wir möchten, daß die in Barcelona ergriffene Initiative erneut bekräftigt wird. Wir nehmen eine Bewertung dessen vor, was gut und was nicht gut gelaufen ist, und wir möchten, daß es auf dem Gebiet der Sicherheit, der Finanz- und Wirtschafts- sowie der Sozial- und Kulturpolitik Fortschritte geben wird. An der Konferenz in Malta wird die Palästinensische Behörde jetzt in ihrer neuen Eigenschaft eines ernsthafteren Partners der Europäischen Union teilnehmen, und das bedeutet für sie eine bessere Position, als sie sie jemals in der Vergangenheit besessen hatte. Ich bin sehr erfreut, daß wir heute in einem frühzeitigen Stadium vor dieser Konferenz den Bericht von Herrn Alavanos behandeln. Es ist uns zwar allen bewußt, daß sich in der Region selbst sehr turbulente und bisweilen negative Entwicklungen vollziehen, doch wird das vorliegende Abkommen letztendlich zu einem positiven Prozeß im Nahen Osten beitragen. Herr Präsident, der Frieden im Nahen Osten wird nur erreicht, wenn das Osloer Abkommen zeitlich, inhaltlich und formal korrekt umgesetzt wird. Diese Umsetzung wird im Augenblick durch die unannehmbare Politik des Herrn Netanyahu behindert, deren letzte Episode der Beginn des Baus einer neuen Siedlung in Ost-Jerusalem war, die gegen alle Normen des Völkerrechts verstößt. Die Europäische Union muß eine aktive und autonome Rolle bei der Förderung des Friedensprozesses spielen. Aus diesem Grund unterstützen wir sowohl das Abkommen mit der PLO zugunsten der Palästinensischen Behörde als auch die Bemühungen des Sondergesandten der Europäischen Union in der Region, Herrn Miguel Angel Moratinos, einschließlich des Vorschlags, einen Verhaltenskodex für beide Seiten aufzustellen. Das genügt aber noch nicht. Die Union müßte mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln Druck auf die Regierung in Tel Aviv ausüben, damit sie sich an die Vereinbarungen hält. In diesem Zusammenhang sollte meiner Meinung nach auch die Aufhebung des Interimsabkommens zwischen der Europäischen Union und Israel in Erwägung gezogen werden. Ferner sollte die Union den Vereinigten Staaten, speziell Herrn Clinton, vorschlagen, einen ähnlichen Weg zu beschreiten, und diesen Vorschlag in den Rahmen der transatlantischen Beziehung einbeziehen. Herr Präsident, am Vorabend der Konferenz von Malta ist der Friedensprozeß verwundet, und es ist zu hoffen, daß die Verwundung nicht tödlich ist. Diese Situation wird sich natürlich entscheidend auf den Ausgang der Konferenz in Valletta auswirken, denn wir dürfen nicht vergessen, daß die Europa-Mittelmeer-Abkommen ein erstes Angebot sind, das es Israel ermöglichen soll, aus der Enklave-Situation herauszukommen, in der es seit seiner Gründung gelebt hat. Ich möchte zwei Bemerkungen machen. Die erste bezieht sich auf die Erklärung der Ratspräsidentschaft, die sehr zu begrüßen ist, vor allem weil sie von dieser Präsidentschaft kommt -ich habe nicht vergessen, welche Rolle Holland dabei gespielt hat, als Israel und Spanien einen mehr als 500 Jahren währenden Zwist beilegten-. Ich denke, die Erklärung ist sehr deutlich ausgefallen. Wir beschweren uns immer über die Außenpolitik, doch dieses eine Mal müssen wir dem Rat applaudieren, wenn er sagt, daß das, was im Augenblick geschieht, die Erklärungen der UNO mißachte, und daß die Siedlungspolitik nicht nur gegen die Osloer Abkommen, sondern auch gegen die Erklärungen der UNO verstoße, wenn er ausdrücklich davon abrät, jüdische Siedlungen im arabischen Sektor zu bauen, und sich gegen den Terrorismus ausspricht. Und ich würde noch hinzufügen, daß wir einer Politik, die ein ganzes Volk in die Verzweiflung treiben und seine Führung hinwegfegen kann, nicht tatenlos zusehen dürfen. Ich halte es für dringend notwendig, daß wir uns in diesem Augenblick nachdrücklich für den Friedensprozeß einsetzen und unsere Rolle als Partner der Vereinigten Staaten bekräftigen. Dabei müssen wir wissen, daß die Verhandlungen immer zwischen Israelis und Palästinensern stattfinden müssen, wie dies auch in der Vergangenheit und bei früheren Friedensprozessen der Fall war -ich denke zum Beispiel an Camp David, wo ein Vorgänger von Herrn Netanyahu als Vorsitzender des Likud einen Schritt auf Ägypten zumachte-. Es ist sehr wichtig, daß wieder ein Klima des Vertrauens hergestellt und daß ein Verhaltenskodex aufgestellt wird, um den sich der Sondergesandte Moratinos gerade bemüht. Wir müssen diesen Prozeß des Dialogs unterstützen, und es ist unannehmbar, daß ein Prozeß, der im Einklang mit den UNO-Resolutionen, mit den Konferenzen von Madrid und Oslo sowie mit dem steht, was danach gekommen ist -und hier ist unser Abkommen mit der Palästinensischen Behörde zu nennen- nach 6 Monaten beendet wird und unter völliger Zerstörung des Vertrauens in die Schaffung von Bantustans mündet. Ich glaube, daß unser Abkommen, das von Israel kritisiert wird, die Möglichkeit eröffnet, hier konkrete Schritte zu unternehmen. Ich halte es zum Beispiel für wichtig, daß der Hafen und der Flughafen von Gaza und sichere Korridore genehmigt werden, und hier könnte Israel ein positives Zeichen setzen. Andernfalls werden wir uns gezwungen sehen, ernstere Entscheidungen bezüglich unserer Handelsbeziehungen mit Israel zu treffen. Herr Präsident, Herr amtierender Ratspräsident, Herr Kommissar, liebe Kollegen, in dieser dringlichen, aber doch so notwendigen Debatte haben wir es mit vier Aspekten zu tun. Der erste Punkt ist das neue Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Palästinensischen Behörde. Ich beglückwünsche Herrn Alavanos zu seiner Arbeit und seinem Vorschlag und möchte ebenfalls unterstreichen, daß dies ein positiver und notwendiger Schritt sowohl für die Beziehungen der Europäischen Union zur Palästinensischen Behörde als auch für den Friedensprozeß insgesamt und die Zusammenarbeit zwischen Europa und der Mittelmeerregion ist. Ich unterstütze also das Abkommen. Der zweite Aspekt ist der Friedensprozeß. Ich brauche nicht all das zu wiederholen, was Ihnen in bezug auf die jüngsten Ereignissen ohnehin klar ist. Es ist jedoch notwendig und die Pflicht der Europäischen Union, alles für die Rettung des Friedensprozesses zu tun. Daher habe ich mich über die heutigen Ausführungen des amtierenden Ratspräsidenten sehr gefreut. Der dritte Punkt ist die Koordinierung zwischen Europa und den Vereinigten Staaten, die von den Entwicklungen nicht unberührt bleiben, und vielleicht sind die Vereinigten Staaten hier tatsächlich im Vorteil, weil sie ein Staat sind und eine Außenpolitik haben. Aber auch Europa kann viel tun. Wir haben bereits den Sonderbeauftragten Herrn Moratinos, der ausgezeichnete Arbeit leistet. Wir müssen ihn jedoch noch wirksamer unterstützen, ihm Mittel in die Hand, ihm politische Rückendeckung geben, damit er seine Arbeit erfolgreich zu Ende führen kann. Und die vierte und letzte Frage: Diese Aussprache findet knapp eine Woche vor der Barcelona II-Konferenz auf Malta statt. Barcelona II ist eine weitere Gelegenheit für Europa, einen neuen Rahmen abzustecken, der auf vertrauensbildende Maßnahmen in der Region als erster Voraussetzung dafür aufbaut, das Wenige, was leider vom Friedensprozeß übriggeblieben ist, zu retten. Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich werde mich kurz fassen, denn bezüglich des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Palästinensischen Behörde und der neuen Situation, in der sich der Friedensprozeß im Mittleren Osten befindet, kann sich die Europäische Kommission voll und ganz den Ausführungen des Herrn Ministers Patijn anschließen, denen sie kaum noch etwas hinzuzufügen hat. Wenn Sie mir also gestatten, werde ich auf einige der hier gemachten Äußerungen eingehen, um den Standpunkt der Europäischen Union hinsichtlich des Abkommens mit Palästina, der Lage im Mittleren Osten und der für nächste Woche -am Dienstag und Mittwoch in Valletta in Malta- geplanten Europa-MittelmeerKonferenz zu erläutern. Zunächst ist zu sagen, daß das Abkommen mit der Palästinensischen Behörde unabhängig von seinem Inhalt, der aufgrund der gegenwärtigen Situation der palästinensischen Wirtschaft eher beschränkt ist, eine große politische Bedeutung hat. Ab dem Moment, da die Palästinenser an der Konferenz von Barcelona teilnahmen und den Barcelona-Prozeß unterzeichneten, war es nämlich notwendig -wie Sie, Herr Alavanos, in Ihrem Bericht sehr richtig bemerken-, unsererseits damit zu antworten -und dies ist das politische Interesse der Operation-, daß wir die Palästinensische Behörde im Bereich der institutionellen, wirtschaftlichen, finanziellen und Kooperationsbeziehungen auf die gleiche Stufe stellten wie die übrigen Mittelmeerländer. Anders ausgedrückt, heißt das, daß dieses Abkommen von seinem rechtlichen Status her nicht das gleiche ist wie die Abkommen mit Israel, Tunesien, Marokko, Jordanien oder Ägypten. Was jedoch seinen Inhalt und seinen zukunftsweisenden Charakter angeht, gibt es überhaupt keinen Unterschied. Irgendwann einmal, vielleicht wenn ich nicht mehr der Kommission angehöre, werde ich Ihnen erzählen können, welche Hindernisse wir überwinden und welchen Druck wir aushalten mußten, um dieses Abkommen zum Abschluß bringen zu können. Aber es ist ja letztendlich positiv, daß der Ministerrat es unterzeichnet hat und daß sich das Europäische Parlament einstimmig dafür ausspricht. Der zweite Punkt betrifft die Lage im Mittleren Osten. Sie ist von Herrn Patijn und von den meisten Parlamentariern ausführlich beschrieben worden. Letzte Woche hatten wir die Möglichkeit, zusammen mit dem Präsidenten des Ministerrats, Herrn van Mierlo, eine Reise durch den gesamten Mittelmeerraum zu starten, die das Ziel hatte, die Situation vor Ort kennenzulernen, wobei auch das Treffen nächste Woche in Valletta berücksichtigt wurde. Nachdem wir uns in Begleitung von Herrn van Mierlo mit den verschiedenen Gesprächspartnern unterhalten haben, kann ich Ihnen versichern, daß die Lage äußerst ernst ist. Es geht im Augenblick nicht darum, daß die Arabische Liga einfach nur ihrer Mißstimmung Ausdruck verliehen hätte. Es geht auch nicht um eine politische Positionierung, die sich von einem Moment auf den anderen ändern kann. Das Thema ist sehr ernst. Es gibt ein grundlegendes Problem, das darin besteht, daß, wie unter anderem von Herrn Barón sehr richtig angemerkt worden ist, die Osloer Abkommen und die Resolutionen der Vereinten Nationen einfach nicht eingehalten werden. Und im gesamten Mittelmeerraum ist der -begründete oder unbegründete- Eindruck entstanden, daß Israel oder die israelische Regierung sich bei ihrem Vorgehen darauf verläßt, daß die internationale Gemeinschaft untätig zuschaut. Dadurch ist natürlich das Vertrauen in den Friedensprozeß erheblich zurückgegangen. Die Initiative, die die Ratspräsidentschaft nach der Tagung vom Montag über politische Zusammenarbeit ergriffen hat, und der von Botschafter Moratinos eingebrachte Vorschlag stellen meiner Ansicht nach einen intelligenten und geeigneten Weg dar, um etwas zu erreichen, das die Europäische Kommission für einen ganz entscheidenden Punkt hält. Wenn eine neue Verhandlungsrunde zustande käme -deren Form selbstverständlich von den beiden Verhandlungspartnern, Israelis und Palästinensern, festgelegt wird-, dann wäre es diesmal wirklich unbegreiflich, wenn die sich Europäische Union an diesem Prozeß nicht beteiligte. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt muß sie das tun. Dies liegt im Interesse Israels und im Interesse der Palästinenser, und ich würde sogar behaupten, daß es auch und in erster Linie im Interesse der Vereinigten Staaten liegt. Dabei müßte die Europäische Union in ihrer ergänzenden Rolle direkt an den Verhandlungen teilnehmen können. Wir müssen folglich die Bemühungen des Botschafters Moratinos mit aller Kraft unterstützen, wir müssen das Schreiben von Herrn van Mierlo an die Vereinigten Staaten unterstützen -und darum möchte ich das Parlament bitten-, und wir müssen den vom Ministerrat der Union vorgelegten Verhaltenskodex unterstützen, der den einzig vernünftigen Weg darstellt, um schnell eine Lösung für dieses Problem zu finden, bevor es sich noch weiter zuspitzt. Der dritte Punkt ist Valletta. Ein Problem, das uns besondere Sorgen bereitete und das wir nur mit Mühe lösen konnten, war, den Friedensprozeß im Mittleren Osten von der Mittelmeerkonferenz zu trennen. Bedenken Sie, daß die Arabische Liga im Zusammenhang mit dem Friedensprozeß erneut den Boykott, den Rückzug aller multilateralen Gruppen und die Schließung der Interessenvertretungen beschlossen hat, was im Augenblick in den gemäßigten arabischen Ländern, die bereits eine erste Annäherung an Israel vollzogen hatten, umgesetzt wird. Das geschah am Karfreitag. Am gleichen Tag hat jedoch die arabische Seite befunden, daß es nicht angebracht sei, die Atmosphäre des Treffens in Valletta zu vergiften, und daß das Mittelmeerprojekt genügend Bestand und genügend eigene Kraft habe, um fortgeführt zu werden. Ich will Ihnen natürlich nicht verheimlichen, daß der Kontext von Valletta nicht der gleiche ist wie der von Barcelona. In Barcelona herrschte Friedenseuphorie, gerade war das Washingtoner Abkommen unterzeichnet worden und es war eine gewisse politische, intellektuelle und wirtschaftliche Entspannung zu spüren. Die Konferenz in Valletta steht in einem äußerst schwierigen Kontext, und deshalb müssen wir sowohl mit der Abschlußerklärung als auch mit den Entschließungen so vorsichtig wie möglich umgehen, wenn wir erreichen wollen, daß uns die Mittelmeer-Plattform als ein differenziertes Element erhalten bleibt, das nicht vom Friedensprozeß vorherbestimmt wird. Die Logik, die von Herrn Patijn verfolgt wird, ist die richtige Logik. Barcelona, der Mittelmeerprozeß, ist nicht gleichbedeutend mit dem Friedensprozeß, aber es steht natürlich außer Frage, daß dieser Prozeß den Dialog in dieser schwierigen Situation, in der wir uns im Augenblick befinden, vorantreiben kann. Dies wollte ich im Namen der Kommission sagen, wobei ich noch einmal Herrn Alavanos für seine Information und ganz allgemein auch dem Europäischen Parlament für seine positive Aufnahme dieses Abkommens danken möchte, dessen Aushandlung sehr kompliziert war. Herr Präsident, ich bin gerade aus Palästina und Israel zurückgekehrt und möchte eine Frage an den amtierenden Ratspräsidenten richten. Alle haben heute Botschafter Moratinus unterstützt, ich glaube jedoch, daß die Union von dem ganzen Verfahren ausgeschlossen wurde. Weder die Israelis noch die Amerikaner wollen uns eine bedeutende Rolle zugestehen. Ich hoffe sehr, daß der Botschafter bei seinen Bemühungen erfolgreich sein wird, aber wenn die Grenzübergänge zum Ghaza-Streifen wieder geschlossen sind, das Obst in den Straßen verrottet und die Nelken an die Ziegen verfüttert werden, dann wird es im Ghaza-Streifen bald zu einer Explosion kommen. Sieht der amtierende Ratspräsident eine Rolle für Thiérry Larsson, der dem Osloer Friedensabkommen zu einem solchen Erfolg verhalf? Ich glaube, daß eine solche Erfahrung überaus wichtig ist und wir sehr bald eine mutige politische Geste benötigen, wenn uns die ganze Angelegenheit nicht um die Ohren fliegen soll. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet um 12.00 Uhr statt. (Die Sitzung wird um 11.55 Uhr unterbrochen und um 12.00 Uhr wiederaufgenommen.) Ich habe die Freude, Ihnen mitteilen zu können, daß beim Adelboden-Cup, einem EuropaParlamentariern vorbehaltenen Skirennen, vom 3. bis 6. April 1997 die aus Herrn Ebner und Herrn Nassauer bestehende Mannschaft des Europäischen Parlaments den zweiten Platz belegt hat. Wir gratulieren ihnen dazu. Herr Präsident, die Abstimmung über meinen Bericht wurde auf heute verschoben, damit die Mitglieder des Ausschusses gestern noch die Gelegenheit wahrnehmen konnten, aufschlußreiche Zusatzinformationen von Kommissar Flynn zu erhalten, dem es am Montag nicht möglich war, bei der Debatte anwesend zu sein. Herr Präsident, ich möchte Sie bitten, daß Sie Herrn Flynn die Gelegenheit geben, hier zu sprechen, damit wir alle seine wichtige Botschaft zu hören bekommen. Der vorliegende Vorschlag betrifft die Änderung einer Richtlinie von 1990. Dieser Vorschlag verfolgt zwei Ziele. Zunächst soll der allgemeine Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeweitet werden, so daß alle Zubereitungen- Arzneimittel, Kosmetika und Pestizide - dadurch abgedeckt sind. Zudem sollen die Luftgrenzwerte für Benzol festgelegt werden. Dabei sollte berücksichtigt werden, daß Benzol das erste aus einer langen Liste von Karzinogenen ist, für das solche Maßnahmen ergriffen werden. In erster Lesung schlug das Parlament eine Reihe von Änderungsanträge vor, von denen die Kommission elf annahm. Fünf davon wurden in den Gemeinsamen Standpunkt des Rates aufgenommen. Sechs wurden in erster Linie aufgrund unzureichender technischer Daten und Tests nicht berücksichtigt. Die Kommission hat den Gemeinsamen Standpunkt aus zwei Gründen angenommen. Zunächst bedeutete das, daß man sich auf den ersten Stoff einigen konnte und damit einen Präzedenzfall für andere Stoffe aus dieser Kategorie schaffen würde. Zudem stellt es einen potentiellen Durchbruch für ein breiteres Spektrum an Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen dar. In zweiter Lesung schlägt das Parlament die Einführung von Änderungsanträgen vor, die im gemeinsamen Standpunkt des Rates nicht berücksichtigt wurden. Wie in erster Lesung stimmt die Kommission dem Inhalt der Änderungsanträge des Parlaments zu. Da jedoch die erforderlichen technischen Änderungen und unterstützendes technisches Datenmaterial nicht verfügbar sind, muß sie akzeptieren, daß der Rat derzeit mit den gesetzlichen Auflagen noch zurückhaltend ist. Vor diesem Hintergrund kann die Kommission die Änderungsanträge 1-10 im Bericht Ojala nicht annehmen. Bei der Annahme des Gemeinsamen Standpunkts betont die Kommission ihre Absicht, sobald wie möglich spezifische Vorschläge in Übereinstimmung mit den Änderungsanträgen des Parlaments vorzulegen. Im Hinblick auf die endgültige Annahme des Vorschlags beabsichtigt die Kommission, diese Absicht im Protokoll des Rates formal festzustellen. Änderungsantrag Nr. 11, durch den der Zeitpunkt festgelegt werden soll, an dem die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen haben müssen, um dieser Richtlinie spätestens am 31. Dezember 1998 nachzukommen, wird von der Kommission akzeptiert, und dem Rat wird ein geänderter Vorschlag zu diesem Punkt unterbreitet. Nach Auffassung der Kommission stellt dieser Vorschlag, so wie er im Gemeinsamen Standpunkt enthalten ist, gemeinsam mit Änderungsantrag Nr. 11 einen tatsächlichen Fortschritt dar. Diese Ansicht wird auch von der Berichterstatterin, der ich für ihre Arbeit danke - geteilt, und im letzten Absatz ihres Berichts zum Ausdruck gebracht. Ich bin zuversichtlich, daß Frau Ojala und die anderen Mitglieder dieses Hauses, die ihre Besorgnis über den Standpunkt des Rates in der Aussprache vom Montag abend zum Ausdruck gebracht haben, sich nun meiner Absicht versichern konnten, den Forderungen des Parlaments in einer praktischen Weise nachzukommen. Herr Präsident, nachdem ich nun die Stellungnahme von Kommissar Flynn gehört habe, möchte ich darauf hinweisen, daß ich eigene Abstimmungsempfehlungen zu diesen Änderungsanträgen abgegeben habe, daß aber die Abstimmungsempfehlung Nr. 11, zu der ich einen mündlichen Antrag auf Änderung der Jahreszahl in 1999 stellen wollte, unnötig ist. Ich ziehe sie zurück, weil Kommissar Flynn erklärt hat, daß die Kommission bereit ist, den Antrag der Grünen in seiner vorliegenden Form mit dem Termin 1998 anzunehmen. (Der Präsident erklärt den so geänderten Gemeinsamen Standpunkt für gebilligt.) , Berichterstatter. (EN) Herr Präsident, mit der Kommission und dem Rat wurde vereinbart, daß keine dritte Lesung stattfinden sollte. Der Herr Kommissar sagte gestern abend, daß er am Wortlaut der Änderungen, über die wir abstimmen werden, einige minimale Änderungen vornehmen wolle. Ich begrüße die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen, denn sie sind tatsächlich eine Verbesserung. Jedoch möchte ich es nicht versäumen, jetzt darüber abzustimmen und dadurch das gesamte Vermittlungsverfahren wegen eines solchen geringfügigen Punktes in Gang zu setzen. Wenn die Kommission diese Verbesserungsvorschläge vorlegt, dann sollte das Haus sie in dieser Form unterstützen. Herr Präsident, ich bestätige, daß die beiden Änderungen in ihrer jetzt vorliegenden Form von der Kommission problemlos angenommen werden können. (Der Präsident erklärt den so geänderten Gemeinsamen Standpunkt für gebilligt.) Die dänischen Sozialdemokraten im Europäischen Parlament haben heute für den Lehne-Bericht gestimmt, aber gegen Änderungsantrag 16. Die dänischen Sozialdemokraten finden, daß es in einem Zahlungssystem die Möglichkeit geben sollte, ein Geldinstitut von der Teilnahme an einem solchen Zahlungsnetz auszuschließen, wenn dieses Institut unzureichende Sicherheit für seine Fähigkeit bietet, die Auszahlungen zu decken, die es vorzunehmen beantragt hat. Wenn es keine Möglichkeit der Ausschließung gibt, wächst die Gefahr, daß das Zahlungssystem Verluste erleidet, für die die übrigen Teilnehmer des Systems aufkommen müssen, falls ein Geldinstitut bankrott geht. Nach Artikel 3 des Richtlinienvorschlags sollen alle gemeldeten Transaktionen in das Zahlungsnetz aufgenommen werden ohne Rücksicht darauf, ob der Teilnehmer genügend Sicherheit für eine Deckung der Zahlungen gestellt hat. Der zweite Punkt von Artikel 3 Absatz 1 sieht jedoch die Möglichkeit vor, daß ein Zahlungssystem vorschreiben kann, Zahlungsaufträge seien erst dann als verpflichtend zu betrachten, wenn festgestellt worden ist, daß es keine Probleme bei dem sogenannten clearing geben wird, also alle Geldinstitute über genügend Deckung verfügen oder Sicherheiten gestellt haben. Deshalb wäre es keine gute Idee, den zweiten Punkt von Artikel 3 Absatz 1 zu streichen, und aus diesem Grund stimmen die dänischen Sozialdemokraten gegen Änderungsantrag 16. Empfehlung für die zweite Lesung Ojala (A4-0072/97) Da auch Arsen zu den verschleppbaren Schwermetallen gehört, sollten die in Abänderungsantrag 5 angeführten Stoffe wirklich in die wissenschaftliche Evaluierung aufgenommen werden. Chemische Verbindungen dieser Art können sich derart in den menschlichen Zellen festsetzen, daß sie auch in der Muttermilch übertragen werden und dadurch nachfolgende Generationen gefährdet sind. Insbesondere gibt es Risiken derartiger Schwermetallverbindungen in der Wechselwirkung mit anderen umweltgefährdenden Stoffen, wie etwa Fluorchlorkohlen-Wasserstoffen oder Cyaniden, die heute noch immer, obwohl es Alternativen dafür gibt, in der Industrie eingesetzt werden. Die Bekämpfung von chemischen Substanzen, die in Spuren auf weite Teile der Menschheit verteilt sind, ist extrem schwierig. Es muß daher angestrebt werden, gesundheitsschädliche Chemikalien derart einzusetzen und zu verwerten, daß eine Verbreitung auch in Spuren nicht mehr möglich ist. Besonders zu beachten ist bei schädlichen Substanzen wie Arsenverbindungen, Cyaniden oder chlorierten Kohlenwasserstoffen, daß die Gesundheitsschädigung nicht unmittelbar auftritt, sondern Krankheiten wie z.B. Krebs erst nach einigen Jahrzehnten auftreten können. Empfehlung für die zweite Lesung Farassino (A4-0087/97) Der Kommissionsvorschlag zur Änderung der Richtlinie 91/439/EWG hat lediglich zum Ziel, die Bedingungen, unter denen der Inhaber eines Führerscheins ein Fahrzeug steuern darf, in klaren Codes unionsweit festzulegen. Dem Europäischen Parlament ging es bei der Behandlung des Vorschlags von Anfang an um viel weitergehende Änderungen hinsichtlich des Führerscheins. So wurde in der ersten Lesung u. a. der Punkteführerschein sowie die gegenseitige Anerkennung auch bei einer etwaigen Aussetzung oder Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, gefordert. Die Kommission und der Rat sind jedoch der Ansicht, daß diese Ergänzungen nicht in den Anwendungsbereich des Kommissionsvorschlags fallen. In dem Gemeinsamen Standpunkt wurden diese Forderungen des Europäischen Parlaments daher nicht übernommen. Der Ausschuß für Verkehr und Fremdenverkehr hat dennoch in seiner Empfehlung für die zweite Lesung erneut die gegenseitige Anerkennung zwischen den Mitgliedstaaten von Strafmaßnahmen im Zusammenhang mit der Fahrerlaubnis aufgenommen. In der Begründung zu der Empfehlung lesen wir, daß "die gegenseitige Anerkennung eine Grundvoraussetzung für die konkrete Umsetzung der Freizügigkeit im Binnenmarkt darstellt" . Obwohl ich mit dem Ausschuß für Verkehr und Fremdenverkehr der Meinung bin, daß schwerwiegende Zuwiderhandlungen im Verkehr, die in einem Mitgliedstaat begangen wurden, Konsequenzen für die Fahrerlaubnis im gesamten Gebiet der Gemeinschaft haben sollten, halte ich eine solche Berufung des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr auf die Freizügigkeit für übertrieben und nicht überzeugend. Ein Vorschlag für eine solche Anerkennung kann daher nicht auf der Grundlage von Artikel 75 erfolgen, sondern muß sich auf die K-Artikel mit den dazugehörenden Befugnissen des Europäischen Parlaments stützen. Aus diesen Gründen habe ich gegen die eingereichten Änderungsanträge und die Empfehlung des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr gestimmt. Die dänischen Sozialdemokraten im Europäischen Parlament haben heute gegen die Empfehlung für die zweite Lesung des gemeinsamen Standpunkts des Rates im Hinblick auf den Erlaß der Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/439/EWG über den Führerschein gestimmt. Die beiden Änderungsanträge der Empfehlung bezwecken, daß der Entzug des Führerscheins in einem Land automatisch einen Entzug des Führerscheins in den anderen Mitgliedstaaten zur Folge hat. Die dänischen Sozialdemokraten stimmen gegen diese Empfehlung, weil es nicht mit dem dänischen Vorbehalt gegenüber der Beteiligung an einer Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres vereinbar ist, strafrechtliche Maßnahmen mit übernationaler Geltung auszustatten. Die dänische Forderung nach gemeinsamen Vorschriften für den Entzug des Führerscheins geht dahin, einen vollständigen Austausch von Informationen zwischen den verschiedenen nationalen Behörden einzuführen, damit die Nationalstaaten möglichst gut befähigt werden, zum Entzug eines Führerscheins in einem anderen Staat Stellung zu nehmen. Ich möchte kurz mein Verhalten bei der Abstimmung über den Entwurf einer Empfehlung für die zweite Lesung nach dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates zum Thema Führerschein darlegen. Mit diesem Richtlinienvorschlag soll ein System harmonisierter Codes für die Eintragungen in den von den Mitgliedstaaten ausgestellten gemeinschaftlichen Modellführerschein eingeführt werden. Diese Vorschriften haben also für den Alltag des Autofahrers in Europa große Bedeutung. Die Dokumente der verschiedenen Verwaltungen werden im wesentlichen aufeinander abgestimmt, wodurch sich das Gefühl einer Unionsbürgerschaft für die Menschen in der Europäischen Union verstärkt. Ich habe daher für den Gemeinsamen Standpunkt des Rates gestimmt. Der Berichterstatter zu diesem Thema, Herr Farassino, wünschte hingegen eine Änderung des Gemeinsamen Standpunktes in Richtung einer gegenseitigen Anerkennung durch die Mitgliedstaaten der Aussetzung oder Rücknahme der Fahrerlaubnis. Ich persönlich und auch meine Fraktion (UPE) ist der Auffassung, daß die beiden Änderungsanträge von Herrn Farassino bei der Entscheidung des Parlaments nicht berücksichtigt werden sollten. An und für sich ist der Gedanke an eine gegenseitige Anerkennung der Aufhebung oder Rücknahme der Fahrerlaubnis durchaus zulässig. Ich meine jedoch, daß dies nicht in einem Text zum Ausdruck gebracht werden sollte, mit dem ein harmonisiertes System für die Einträge in Führerscheinen angestrebt wird. Darüber hinaus bin ich auch der Auffassung, daß eine solche Anerkennung nicht in die Zuständigkeiten der Gemeinschaft nach Artikel 75 des Vertrags fällt. Bei der Abstimmung über diesen Entwurf einer Empfehlung für die zweite Lesung haben wir uns an den Gemeinsamen Standpunkt des Rates gehalten, der einen Erfolg auf dem Weg zur "funktionellen" Harmonisierung der Vorschriften in Europa und zur Erleichterung des Alltags unserer Bürger darstellt. Bericht Palacio Vallelersundi (A4-0030/97) Wir sind der Meinung, daß das Folgerecht für Vergütungen an den Urheber eine wichtige Rolle spielt. Deshalb haben wir die Durchführung dieser gesetzlichen Regelung in Schweden am 1. Januar 1997 mit Zufriedenheit zur Kenntnis genommen. Wir sind aber nicht der Ansicht, daß diese Frage auf europäischer Ebene aus Prinzipgründen harmonisiert werden sollte, vor allem deshalb nicht, weil es unnötig zu sein scheint. Die Anzahl der Großverkäufe, die in andere Mitgliedstaaten verlagert würden, wo das Problem noch nicht geregelt worden ist, ist unbedeutend. Auch das Schutzbedürfnis von Verkäufen mit geringerem Wert motiviert keine Harmonisierung, da diese Kunstwerke ihren Markt fast ausschließlich innerhalb der Mitgliedstaaten finden. Der Vorschlag der Kommission für das Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerks ist schlecht durchdacht. Der britische Verband der Schönen Künste vertritt die Auffassung, daß dadurch in London 5.000 Arbeitsplätze verloren gehen könnten und die wichtigsten Auktionen entweder in die Schweiz oder die Vereinigten Staaten verlegt werden. Die Besorgnis der British Fine Arts Federation wird auch von der französischen Commissaires-Priseurs und den entsprechenden Verbänden in Belgien und Luxemburg geteilt. Die Europäische Kommission hat es versäumt, eine Kosten-Nutzen-Analyse des Vorschlags durchzuführen. Sie hat sogar die britische Regierung mit Geringschätzung behandelt, da sie auf eine nachdrückliche Forderung des Ministers für Technologie, Ian Taylor, vom 6. März nach einer angemessenen Kosten-Nutzen-Analyse nicht reagiert hat. Die Mitglieder der britischen Konservativen Partei unterstützten in Änderungsantrag Nr. 40 die Forderung des Europäischen Parlaments, den Vorschlag solange zurückzustellen, bis eine geeignete Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt wurde. Leider wurde dieser Änderungsantrag nicht angenommen. Die Mitglieder der britischen Konservativen Partei distanzieren sich auch von der offiziellen Position der PPEFraktion, die den Vorschlag der Kommission unterstützt. Wir wurden nicht in das Europäische Parlament gewählt, um für einen Vorschlag zu stimmen, der einer wichtigen britischen Industrie schaden wird. Die Mitglieder der britischen Konservativen Partei vertreten auch die Auffassung, daß es auch nicht richtig ist, wenn die Kommission diesen Vorschlag im Namen des Binnenmarktes vorbringt. Der Kunstmarkt ist ein weltweiter und kein europäischer Markt. Gemäß den Unterlagen, die dem Parlament von der französischen Commissaires-Priseurs und den entsprechenden Verbänden in Belgien und Luxemburg vorgelegt wurden, werden derzeit in Paris und Brüssel 90 % der Einnahmen aus Folgerechten von Werken bereits verstorbener Künstler erzielt. Nur 10 % gehen an lebende Künstler. Die Mitglieder der Britischen Konservativen Partei im Europäischen Parlament können nicht unterstützen, daß 5.000 lebende Briten ihre Arbeitsplätze zugunsten toter Künstler verlieren. Das Urheberfolgerecht ist das Recht des Urhebers eines Originalkunstwerkes (ohne Manuskripte) oder seiner Erben, bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Autors einen Prozentsatz des Verkaufspreises seines Werkes zu erheben. In der Europäischen Union ist das Urheberfolgerecht in elf Mitgliedstaaten rechtlich geregelt, wird jedoch nur in acht Mitgliedstaaten wirklich angewandt. In den Rechtsvorschriften der Niederlande, Österreichs, Irlands und Großbritanniens findet es keine Erwähnung. Der Harmonisierung des Urheberrechts kommt also große Bedeutung zu, und zwar ist die Rechtsgrundlage dafür Artikel 100 A (Harmonisierung im Bereich des geistigen Eigentums); so kann den Wettbewerbsverzerrungen und Diskriminierungen ein Ende bereitet werden, unter denen im wesentlichen die Schöpfer plastischer Werke je nach Land leiden, in dem diese Werke verkauft werden. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die Schöpfer plastischer Werke im Gegensatz zu Schöpfern literarischer, musikalischer und audiovisueller Werke nur über eine Haupteinnahmequelle verfügen, nämlich die erste Verkörperung ihres schöpferischen Bemühens. Das Urheberfolgerecht ist also eine Art Vergütung, damit der Urheber aus seinem Werk Nutzen zieht. Abgesehen von diesem wirtschaftlichen Gebot muß aber auch das künstlerische Schaffen geschützt und gefördert werden, das das Wesen der europäischen Kultur ausmacht. Die dänischen Sozialdemokraten im Europäischen Parlament haben heute für den Bericht über den Vorschlag für eine Richtlinie über das Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerks gestimmt. Im heutigen Europa erhalten viele der Künstler, die Originalkunstwerke anfertigen, keinen Prozent des Preises, für den so ein Kunstwerk weiterverkauft wird, nachdem der Künstler es veräußert hat. Eine Reihe Mitgliedstaaten, darunter Dänemark, haben versucht, dies Problem mit Hilfe einer Folgerechtsregelung zu lösen, die dem Künstler einen gewissen prozentualen Anteil des Preises gewährleistet, für den ein Kunstwerk gehandelt wird, wenn es zum zweiten, dritten, vierten usw. Mal weiterverkauft wird. Dadurch entsteht jedoch ein neues Problem, nämlich daß Kunsthändler und andere, die nicht gewillt sind, die Folgerechtsgebühren zu zahlen, den Handel in Ländern abwickeln, wo keine Folgerechtsvorschriften gelten. Auf dem Papier wird der Vorschlag, für den wir gestimmt haben, eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage dänischer Künstler bedeuten. Die Vorschläge unterscheiden sich jedoch kaum von den in Dänemark geltenden Folgerechtsvorschriften. Zudem sind sie so abgefaßt, daß die Möglichkeit einer Verabschiedung im Europäischen Parlament besteht. Dadurch tragen wir einerseits dazu bei sicherzustellen, daß Künstler in allen EUMitgliedstaaten eine Vergütung erhalten, die mehr dem Marktpreis entspricht; und andererseits vermeiden wir damit die zuvor erwähnte Wettbewerbsverzerrung. Lindqvist (ELDR), Eriksson, Seppänen, Sjöstedt und Svensson (GUE/NGL), Holm und Lindholm (V) Bonde, Lis Jensen, Krarup und Sandbæk (I-EDN), schriftlich. (SV) Wir haben gegen diesen Bericht gestimmt, da wir finden, daß eine Harmonisierung der Kategorisierung von Kunstwerken nicht notwendig ist. Diese Kategorisierung muß durch internationale Gesetzgebung erfolgen. Wir finden auch, daß die Frage, was als Original zu betrachten ist, ein rein kulturelles Problem ist und national entschieden werden muß. Dieser Bericht schafft keinen Ausgleich zwischen dem Handelsinteresse und dem Künstlerinteresse und verschlechtert deutlich die Situation der nordischen Künstler. Der Bericht nimmt keine Rücksicht auf kleine und nationale Märkte, auch nicht auf den Kunstmarkt, wo sich vor allem junge Künstler aufhalten, deren Preise niedriger sind, oftmals unter 1000 ECU. Der Vorschlag für eine Gemeinschaftsrichtlinie über die Sicherung der finanziellen Rechte der Urheber plastischer und graphischer Werke ist durchaus zu begrüßen. Einerseits deshalb, weil solche Rechte noch nicht in allen Mitgliedstaaten bestehen, und andererseits auf Grund dessen, daß in den einzelnen Ländern die Rechtsvorschriften hinsichtlich der jeweiligen Werke, der Rechtsinhaber und der finanziellen Beträge erheblich differieren. Grundlage der Harmonisierung der Rechtsvorschriften muß jedoch zumindest die Sicherung bestehender Rechte sein. Keinesfalls können wir akzeptieren, daß die Harmonisierung ein Mittel zur Beschneidung von Rechten und Einkünften sein soll. Wir können dem Vorschlag der Kommission über die Sicherung finanzieller Rechte, die sich aus Verkäufen über 1000 ECU ergeben, nicht zustimmen. Dies würde einen großen Teil von Transaktionen, die vor allem die Werke junger Künstler betreffen, unberücksichtigt lassen. Wir schlagen daher in Übereinstimmung mit den Forderungen der Künstlerverbände vor, die Grenze auf mindestens 500 ECU zu senken. Der Vorschlag der Kommission über die Preistranchen entspricht ebenfalls nicht unseren Vorstellungen, da er gemäß den in den einzelnen Mitgliedstaaten gültigen Bestimmungen zu einer Verringerung des Einkommens der Künstler führen würde. Aber auch die von der Berichterstatterin vorgeschlage Änderung ist inakzeptabel und wird sich, wenn sie verabschiedet wird, vor allem auf Grund der Erweiterung der oberen Preisspanne verheerend auf die Künstler auswirken. Wir haben uns die entsprechenden Vorstellungen der Künstlerverbände zu eigen gemacht und fordern dementsprechend in unserem Änderungsantrag Sätze von jeweils 5 %, 3 % und 2 % auf den Verkaufspreis für Preistranchen von 500 bis 50 000 ECU, von 50 000 bis 250 000 ECU sowie von über 250 000 ECU. Wir sind ebenfalls nicht einverstanden mit der von der Berichterstatterin vorgeschlagenen Begrenzung der geschützten Kopien. Wir sind dagegen, daß Handschriften nicht unter das Folgerecht fallen sollen. Wir halten es jedoch für positiv, daß das Folgerecht die Urheber wirksmer vor Enteignung schützt und sie so davor bewahrt, zum Objekt von Ausbeutung und Erpressung zu werden, und daß die Rechte der Urheber aller Arten von Originalwerken so weit als möglich einander angeglichen werden. Daher können wir, sofern unsere Änderungsanträge nicht gebilligt werden, nicht für den Bericht stimmen. Bericht Ford (A4-0110/97) Herr Präsident, der uns heute vorliegende Bericht Ford regt den Aufbau einer neuen Antirassismus-Einheit vor, also eines neuen Instruments zur Unterdrückung freier Menschen. Überall in Europa hat sich nämlich die antirassistische Ideologie in eine Gedankenpolizei mit ihren Bullen, ihren eilfertigen Richtern und ihren Kapos bei der Presse verwandelt. In manchen Ländern, wie den Niederlanden, ist die Situation besonders gravierend. Wegen der Äußerung "Wenn das Demokratische Zentrum erst einmal an der Macht ist, werden wir der multikulturellen Gesellschaft ein Ende bereiten" , was ein durchaus vertretbares politisches Ziel ist, ist der Vorsitzende des niederländischen Demokratischen Zentrums, Herr Janmaat, von einem rasenden Richter, Herrn Van den Heuvel, zu zwei Wochen Haft ohne Bewährung verurteilt worden, womit dieser die holländische Justiz entehrt hat. Eines muß klar sein: Falls ein solches Urteil wegen des Vergehens der Meinungsäußerung in der Revision Bestand haben sollte, würden die Abgeordneten des Front national und des Vlaams Blok einen Besuch bei Herrn Janmaat in seinem Gefängnis beantragen. Unser Parlament befaßt sich mit der Verteidigung der Menschenrechte in der ganzen Welt. Es sollte daher zunächst einmal vor der eigenen Türe kehren. Die antirassistische Justiz der Niederlande ist nicht mehr Wert als die in Peking oder Djakarta. In vielen Berichten, die wir in diesem Parlament behandeln, wird für die Schaffung neuer Institutionen und Organisationen argumentiert. So verhält es sich auch mit diesem Bericht. Es gibt kaum einen Bericht, der vorschlägt, eine Institution oder eine Organisation abzuschaffen. Wir bezweifeln, daß ein europäisches Zentrum zur Überwachung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit die richtige Art ist, Vorurteilen in der Gesellschaft entgegenzuwirken. Die Absicht mag löblich sein, aber wir halten viele andere gesellschaftliche Kosten für wichtiger im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Armut in Europa. Die Einrichtung eines solchen Zentrums tendiert leider dazu, daß viele Dokumente erstellt werden, der Alltag der Menschen aber wenig beeinflußt wird. Auch wenn wir für den Bericht stimmen, möchten wir unseren genannten Vorbehalten Ausdruck verleihen. Wir haben uns dazu entschlossen, heute nicht für den Ford-Bericht über die Einrichtung einer europäischen Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu stimmen. Das hat verschiedene Gründe. Erstens hat sich der Europarat seit Jahren sehr erfolgreich und eingehend mit diesem Thema beschäftigt, wobei unter anderem eine sehr gelungene Jugendkampagne gegen Rassismus, Antisemitismus, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit in Zusammenarbeit mit vielen Jugendorganisationen und Antirassismus-Bewegungen durchgeführt wurde. Wir finden, daß der Europarat über sehr viel Kompetenz in diesem Bereich verfügt, weshalb wir auch meinen, daß es ratsam wäre, den Europarat diese Arbeit weiterführen zu lassen. Wir sind nicht sehr überzeugt von der Relevanz eines Zentrums der Europäischen Union für diesen Bereich, insbesondere wo man doch weiß, daß dem Europarat eine sehr viel größere Anzahl Mitgliedstaaten angehört, und daß er folglich einen sehr viel breiteren Wirkungskreis hat. Zweitens haben wir Bedenken wegen der gewählten Rechtsgrundlage, Artikel 235. Wir sind dagegen, daß die EU ihre Befugnisse immer weiter auszudehnen sucht. Wir halten es selbstverständlich für erforderlich, daß Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bekämpft werden, aber andererseits bezweifeln wir wie gesagt, daß die Europäische Union das bestgeeignete Forum für derartige Aktivitäten darstellt. Bericht Randzio-Plath (A4-0111/97) Wir sind der Meinung, daß Randzio-Plaths Bericht insgesamt gesehen sehr gut ist. Wir haben allerdings gewisse Vorbehalte gegen die Passagen, in denen angedeutet wird, daß Steuern und Sozialabgaben gesenkt werden müssen, damit die Arbeitslosigkeit effektiv bekämpft werden kann. Wir finden, daß diese Passagen zu generell sind, um ihre Aussagen in jeder Hinsicht teilen zu können. Ich rate den Beobachtern, sich aufmerksam mit dem Teil des Wirtschaftsberichts der Kommission zu befassen, in dem es um die Auswirkungen von Währungsschwankungen geht. Denn daraus können wir sehr viel für die Wirtschaftspolitik, die Währungspolitik oder die Politik insgesamt lernen. Es hat wohl niemand vergessen, daß die Kommission vor zwei Jahren inmitten innergemeinschaftlicher Währungsturbulenzen eine beruhigende Mitteilung veröffentlicht hat, in der sie die Auffassung vertrat, daß die makroökonomischen Auswirkungen auf das Wachstum nicht sehr erheblich sein würden: zwischen 0, 25 und 0, 5 Prozentpunkten. Diese Einschätzung hat sie sogar noch weiter mit dem Zusatz heruntergespielt, daß hierin schon der Dollar-Effekt enthalten sei und daß man keine eindeutige Beziehung zwischen nominellen Wechselkursschwankungen und Schwankungen der Wettbewerbsfähigkeit herstellen könne. Gleichzeitig verwarf die Kommission hochmütig die Vorschläge all derer, die - wie Frankreich - Sofortmaßnahmen vorschlugen, entweder in Form einer strengeren Disziplin im Europäischen Währungssystem oder in Form einer Veränderung der Strukturfonds oder auch der Einführung von Währungsausgleichsbeträgen. Heute nun, zwei Jahre später, klingt das alles völlig anders. In dem uns nunmehr vorliegenden Jahreswirtschaftsbericht heißt es, daß das Wachstum "im zweiten Halbjahr 1995 zu einem plötzlichen Stillstand gekommen ist" , daß "der Abschwung in den Ländern besonders heftig ausgefallen ist, deren Währungen im Verlauf der Währungskrise im Frühjahr 1995 besonders hoch geschätzt wurden" . Aber auch die anderen sind nicht verschont worden. So wird zum Beispiel erklärt, daß "in den Ländern, deren Währungen abgewertet worden waren, die kurzfristigen Zinssätze - häufig deutlich - angehoben worden sind. woraus sich eine spürbare Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit auch in diesen Ländern ergeben hat" . "Heftiger Abschwung" , " spürbare Verlangsamung" : auch die Wörter haben sich geändert. Aber auch die letztendliche Schlußfolgerung sieht anders aus: Insgesamt (also auch hier unter Einbeziehung des Dollar-Effekts) "war die Zunahme der Endnachfrage, die in den vorangegangenen 18 Monaten bei fast 3 % gelegen hatte, im zweiten Halbjahr 1995 auf gerade 1 % zurückgegangen" ; das Wachstum des realen BIP ging innerhalb eines Halbjahres von 2, 4 auf 1, 2 Prozentpunkte zurück, also mehr als vorhergesehen. Kommissar de Silguy unterstreicht diese verblüffende Feststellung noch mit der mündlichen Aussage, daß Europa bei dieser Gelegenheit 1, 5 Millionen Arbeitsplätze verloren habe. Wir müssen uns also fragen: Warum diese Kehrtwendung der Kommission? Sind ihre Fachleute dermaßen unfähig, daß sie Ende 1995 nicht erkannten, was schon der einfache Bürger sah, und was meine Fraktion im übrigen immer wieder betont hat, nämlich die verhängnisvollen Auswirkungen interner Währungsschwankungen vor allem für Frankreich, das ja seine Währung an die Mark gebunden hatte? Diesen Tort wollen wir der Kommission doch nicht antun! Wo liegt nun aber die Erklärung? Wir meinen, daß die erste Auffassung, die von 1995, in Wirklichkeit von politischstrategischen Überlegungen diktiert wurde: Es ging darum, die negativen Auswirkungen der internen Währungsschwankungen zuzugeben (wie hätte die Kommission sie auch abstreiten können?) und gleichzeitig langfristig die Lösung einheitliche Währung anklingen zu lassen; gleichzeitig mußten aber die verhängnisvollen Auswirkungen heruntergespielt werden, damit die Mitgliedstaaten Sofortmaßnahmen ergreifen, die zutage gefördert hätten, daß sich das Problem zum großen Teil auch ohne die Pferdearznei einheitliche Währung lösen ließ. Sagen wir es doch einmal ganz offen: Seinerzeit wurden ganz einfach Informationen manipuliert, von denen die Kommission heute wohl meint, sie seien nutzlos. Denn der theoretische Termin der Einführung der einheitlichen Währung ist nähergerückt, die Währungsturbulenzen haben sich beruhigt, und bei erneuten Anfragen könnte die Kommission stets antworten, daß die Fristen für Zwischenmaßnahmen nunmehr zu kurz sind. Sie kann sich also den Luxus der Wahrheit erlauben und damit gewissermaßen die Spuren ihres Verbrechens beseitigen und noch neue Lobpreisungen künftiger Wohltaten der einheitlichen Währung hinzufügen. Ziehen wir also die Lehren aus dieser Angelegenheit: Die Kommission hat 1995 - zumindest vorsätzlich - gelogen und die Mitgliedstaaten absichtlich an Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Arbeitsplätze gehindert und die Arbeitnehmer auf dem Altar der einheitlichen Währung geopfert, die nicht mehr aufgehalten werden durfte. Dies sagt viel über ihr autoritäres Vorgehen und ihre Verachtung für die Menschen und ihre Länder. Doch vergessen wir nicht: Wer einmal lügt... Dieser Hinweis ist durchaus angemessen zu einem Augenblick, da uns die Kommission trotz zunehmender Ungleichgewichte auffordert, mit gesenktem Kopf in Richtung Währungsfusion und Vereinheitlichung der Wirtschaftspolitik zu gehen. Wir, die Unterzeichnenden, haben uns bei der Schlußabstimmung der Stimme enthalten. Der Bericht enthält zutreffende und notwendige Kritik an der verschärften Sparpolitik, welche das offizielle Denken der Union lange Zeit geprägt hat, und welches der wichtigste Grund für die Massenarbeitslosigkeit und die soziale Krise war. Wir sehen in dem Bericht eine Veränderung zugunsten einer expansiven und stimulierenden Konjunkturpolitik. Wir teilen jedoch nicht die Auffassung, daß die Durchführung der EWU angebracht ist. Im Gegenteil, die Vorschriften der EWU sind für die restriktive und depressionsfördernde Politik der Mitgliedsländer verantwortlich. Die EWU würde auch eine Vereinheitlichung in der Politik der Länder mit sich bringen, die mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen nicht vereinbar wäre. Die expansive Politik, die vom Bericht befürwortet wird, steht im Gegensatz zur Währungspolitik der EU, weshalb die Währungspolitik geändert werden und der Gedanke an eine Euro-Währung aufgegeben werden muß. Die Währungszusammenarbeit muß sich andere Formen suchen, die mit einer offensiven Politik gegen Krise und Arbeitslosigkeit vereinbar sind. Wir teilen nicht die Auffassung, daß Steuersenkungen für die Unternehmen und die Abschaffung arbeitsrechtlicher Vorschriften - unter dem verführerischen Namen "Flexibilität" - eine positive, kulturpolitische oder strukturelle Wirkung hat. Der Jahresbericht der Kommission ist wie so oft eine eintönige Lektüre, da er sich nur mit rein wirtschaftlichen Aspekten der EU befaßt, wie Finanz- und Währungspolitik. Die Probleme, über die normale Menschen reden, z. B. Arbeitslosigkeit, Einschränkungen im Öffentlichen Sektor und Umweltprobleme werden nicht behandelt. Die Entschließung des Europäischen Parlaments ist demgegenüber eine erfreuliche Lektüre, da sie eine korrekte und notwendige Kritik der Sparpolitik enthält. welche das offizielle Denken der Union seit langem prägt, und welche die wichtigste Ursache für die Massenarbeitslosigkeit und die soziale Krise war. Wir teilen jedoch nicht die Meinung, daß die Durchführung der EWU angemessen oder wünschenswert wäre. Im Gegenteil, es sind gerade die Konvergenzforderungen der EWU, die hinter der restriktiven und depressionsfördernden Politik der Mitgliedsländer stecken. Schweden ist hierfür eine gutes Beispiel. Nachdem die schwedische Regierung 1990-91 fand, daß Schweden der EU beitreten müsse und folglich eine EU-Politik im Wirtschaftsbereich zu führen begann, mit niedriger Inflation als vorrangigem Ziel, und obwohl Schweden erst 1995 Mitglied der EU wurde, ist die Arbeitslosigkeit in Schweden stark angestiegen. Mit der EWU wird die Wirtschaftspolitik der EU-Länder "koordiniert" werden, und damit werden keine Unterschiede mehr zwischen den verschiedenen Regionen der EU beachtet. Die expansive Politik, für die sich der Bericht einsetzt, steht im Gegensatz zur Währungspolitik der EU, weshalb die Währungspolitik geändert werden und der Gedanke einer Euro-Währung aufgegeben werden muß. Die Währungszusammenarbeit muß andere Formen annehmen, die mit einer offensiven Politik gegen Krise und Arbeitslosigkeit vereinbar sind. Die beiden EU-Strukturfondsprogrammen 1989-1993 und 1994-1999 haben eindeutig zu einer Verbesserung des Wirtschaftswachstums der irischen Wirtschaft beigetragen. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in Irland beläuft sich nun auf mehr als 84 % des EU-Durchschnitts. Das ist in erster Linie auf die hohen Übertragungen von EU-Beihilfen durch die europäischen Regional-, Sozial-, Agrar-, Fischerei- und Kohäsionsfonds zurückzuführen. Die jüngste wirtschaftliche Entwicklung in Irland macht deutlich, was getan werden kann, wenn die Sozialpartner und die Regierung kontinuierliche und stabile makroökonomische Politiken verfolgen, die auf den sozialen Konsens gestützt sind. Dieser Prozeß begann 1987 und führte zu einem weitgehenden Arbeitsfrieden. Irland gehört zu den Ländern, das die Anforderungen der Maastrichter Konvergenzkriterien erfüllen wird und somit der WWU in der Stufe 1 beitreten kann, obwohl es noch einige unterschwellige wirtschaftliche Probleme für die irische Wirtschaft gibt. Zunächst erhält Irland mehr als 11 % des allgemeinen EU-Strukturfonds-Pakets für 1994-1999. Nach 1999 wird sich dieser Betrag auf ca. 7 % oder 8 % des EU-Strukturfondspakets 2000-2005 belaufen. Die irische Regierung, die ihre Ausgaben in den letzten beiden Jahren beträchtlich erhöht hat, hat keine Strukturen dafür vorgesehen, wenn nach 1999 die EU-Beihilfen gekürzt werden. Die Wachstumsraten in Irland beliefen sich in den letzten Jahren auf 7-10 %, die Ausgabenpolitik der irischen Regierung wurde jedoch auf kurzfristige Gewinne ohne langfristige Wirtschaftsstrategie ausgerichtet. Irland sollte meines Erachtens der WWU so bald wie möglich beitreten, wir sollten jedoch Politiken umsetzen, die die obengenannten inflationären Steigerungen bei den öffentlichen Ausgaben und die Tatsache berücksichtigen, daß es immer noch Minderausgaben bei wesentlichen Infrastrukturen gibt und daß es schwierig sein wird, die aktuellen Wachstumsraten beizubehalten, während die Wirtschaftsaktivitäten in anderen EU-Ländern schwach sind. Ich stimme zu, daß die Gelder der EU-Strukturfonds in jene Regionen geleitet werden müssen und sollten, deren wirtschaftliche Leistung und durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen nicht dem europäischen Durchschnitt entsprechen. Die Bereitstellung der Mittel der EU-Strukturfonds sollte durch den europäischen Regionalentwicklungs- und den Sozialfonds und die Regionen innerhalb der Mitgliedstaaten auf das Beste koordiniert werden, deren wirtschaftliche Leistung nicht jener der europäischen Partner entspricht. In Irland muß zum Beispiel jetzt darüber diskutiert werden, wie die Mittel der nächsten EU-Strukturfonds in den Jahren 2000-2005 verwendet werden. Als MdEP für den Wahlkreis von Connaught in Nordirland vertrete ich die Auffassung, daß die Grafschaften von Donegal, Cavan und Monaghan gemeinsam mit der Provinz Connaught in den Jahren 2000-2005 den Ziel-1Status erhalten sollten. Der Ziel-1-Status, der die Regionen dazu berechtigt, den Höchstbetrag aus den europäischen Regional- und Sozialfonds zu erhalten, wird normalerweise nur jenen Gebieten gewährt, deren durchschnittliches Pro-KopfEinkommen sich auf unter 75 % des EU-Durchschnitts beläuft. Die Grafschaften von Donegal, Cavan, Monaghan und die Provinz Connaught sollten und müssen einen Anspruch auf den Höchstbetrag der EU-Gelder erhalten, weil die Leistung dieser Gegenden im Hinblick auf Wirtschaft und Wettbewerb nicht so groß ist wie in anderen Gegenden Irlands. Wir müssen uns über eine Sache im klaren sein. Wenn die EU es mit der Verbindung der Strukturfonds-Politiken und der wirtschaftlichen Leistung der Regionen ernst meint, dann muß die Region von Connaught in Nordirland für den Zeitraum 2000-2005 den Ziel-1-Status erhalten. Die Beschäftigung ist verständlicherweise eine der größten Herausforderungen, vor denen die Entscheidungsträger und politischen Führer auf Ebene der Union und der Mitgliedstaaten stehen. Die Situation verbessert sich zwar, aber wir alle, die uns ein öffentliches Amt bekleiden, müssen unsere Anstrengungen vermehren, um ein günstiges Umfeld für weitere Investitionen und Wirtschaftswachstum zu schaffen, durch das wiederum produktive neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Da sich die Inflation in der Europäischen Union in einer positiven Abwärtsbewegung befindet und das BIP entsprechend zunimmt, ist es wichtiger denn je, daß durch diese begrüßenswerte Tendenz weitere Wirtschaftsaktivitäten angekurbelt werden, aus denen sich wiederum nachhaltige Beschäftigungsmöglichkeiten ergeben. Ich gebe mit Genugtuung zu Protokoll, daß die 1987 in Irland verfolgten Wirtschaftspolitiken mittlerweile positive Ergebnisse zeigen und daß unser Arbeitslosenproblem - das eins der größten in Europa ist - sich nun in eine positive Richtung bewegt und bei den neuen Arbeitsplätzen ein langsamer, jedoch ständiger Anstieg zu verzeichnen ist. Der Berichterstatter beschreibt zu Recht die wichtige Rolle des Privatsektors in der Beschäftigungspolitik, dies wird jedoch nur möglich sein, wenn die einzelnen Regierungen der Mitgliedstaaten Politiken verfolgen, die Investitionen, Unternehmungen und Risikofreudigkeit fördern und belohnen. Zu oft sind die Kosten für die Schaffung neuer Arbeitsplätze ein Hemmnis. Hohe Steuern, die Beiträge für die Sozialversicherung und eine übermäßige Reglementierung sind Faktoren, die die Schaffung von Arbeitsplätzen behindern. Es ist für die Regierungen sicherlich besser, wenn sie die erforderlichen finanziellen Anpassungen bei den Steuern durchführen, als die Kosten zu zahlen, die entstehen, wenn Arbeitslose unterstützt werden müssen. Wenn Mittel aus den EU- und einzelstaatlichen Fonds für Projekte zur Schaffung von Arbeitsplätzen bereitgestellt werden, dann sollte insbesondere auf den Erfolg bestehender Gemeinschaftsprogramme wie LEADER und County Enterprise Boards hingewiesen werden, durch die ein Beschäftigungsniveau erzielt werden kann, das durch einzelstaatliche Programme normalerweise nicht erzielt wird. Diese Programme unterstützen die Beibehaltung einer vernünftigen städtischen und ländlichen Infrastruktur. Die dänischen Sozialdemokraten im Europäischen Parlament haben heute gegen den Bericht über den Jahreswirtschaftsbericht der Kommission für 1997 gestimmt. In dem Bericht wird bemängelt, daß die Kommission der Arbeitslosigkeit nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet hat, und man betrachtet die Wachstumsaussichten der Europäischen Union als unzulänglich, um die Massenarbeitslosigkeit mit Erfolg zu bekämpfen. Der Bericht dagegen befaßt sich sehr mit der Arbeitslosigkeit. Die dänischen Sozialdemokraten stimmen mit dem Ansatz des Berichts zur Bewältigung des Beschäftigungsproblems in Europa überein und befürworten den Austausch von Informationen und die Koordinierung anderer Politiken in einer Anzahl Bereiche; sie können sich jedoch der Forderung einer Art Wirtschaftsregierung auf EU-Ebene, wie in Punkt 13 steht, nicht anschließen. Die Darstellung der Wirtschaft durch die Kommission ist unrealistisch positiv. Die EWU löst nicht das Hauptproblem der hohen Arbeitslosigkeit, sondern läuft im Gegenteil Gefahr, sie noch weiter zu verschlimmern, mit noch mehr Arbeitslosen durch die einseitige Förderung von Preisstabilität und finanzwissenschaftlichen Forderungen. Die Stellungnahme des Ausschusses ist bedeutend realistischer und scheint die Probleme im Zusammenhang mit der EWU teilweise zu erkennen, jedoch ohne daraus Schlußfolgerungen zu ziehen. Es ist die Rede davon, die Nachfrage und die Investitionen zu steigern, ohne daß verstanden wird, daß es die EWU ist, die als Bremsklotz der Entwicklung in ganz Europa wirkt. Vor diesem Hintergrund habe ich gegen den Bericht gestimmt. Leider hat eine Zufallsmehrheit ein zentrales Element der politischen Forderungen des Berichts zu Fall gebracht: die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung als ein unverwerfbares Moment einer umfassenderen Politik der Umverteilung von Arbeit und Einkommen. Kein anderes der verfügbaren Instrumente ist so schnell wirksam! Dies ist eine Niederlage für die neue Politik, die gleichzeitig zu wachsen beginnt, mit dem Euro-Streik der Renault-Arbeiter, mit den europäischen Märschen gegen Massenerwerbslosigkeit, prekäre Beschäftigung und soziale Ausgrenzung, mit der europäischen Versammlung für Vollbeschäftigung, mit dem kommenden Aktionstag des EGB. Auch wenn ich den Optimismus der Berichterstatterin hinsichtlich der Vereinbarkeit der pünktlichen Einführung der EWWU in ihrer gegenwärtigen Konzeption mit einer neuen, ökosozialen Politik nicht teile, geht sonst vieles im Bericht in die richtige Richtung, die einer öko-sozialen Wende, in der der Kampf gegen die Massenerwerbslosigkeit wirklich die erste Priorität hat. Sonst gilt eben: Bei der Debatte über die broad economic guidelines , meine Damen und Herren, die immer noch der neoliberalen Ideologie erliegen, sehen wir uns wieder! Bericht Metten (A4-0105/97) Herr Präsident, der Bericht Metten, über den unser Parlament eben abgestimmt hat, bestätigt leider die Befürchtungen derjenigen, die der Auffassung sind, daß die Kosten für die Einführung der einheitlichen Währung bei weitem die durch Vereinfachung oder Senkung der Wechselgebühren entstehenden Einsparungen übertreffen werden. Auf den ersten Blick scheint sich der Bericht mit einer nebensächlichen technischen Frage zu befassen, denn schon seit langem besteht ein System zur gegenseitigen finanziellen Stützung der Mitgliedstaaten bei erheblichen Zahlungsbilanzschwierigkeiten in einem der Staaten. Dieser Mechanismus greift nicht allzu oft (so wurde er zuletzt 1993 für Italien eingesetzt), was auch verständlich ist, denn gegenwärtig behält sich jedes Land das Recht auf eine eigenständige Wirtschaftspolitik vor, wenn diese auch mit der der anderen mehr oder weniger abgestimmt ist. Es ging also um die Frage, ob dieser Mechanismus nach Einführung der einheitlichen Währung weiter in Kraft bleiben soll. Der Bericht Metten bejaht diese Frage. Zunächst einmal, weil manche Länder vorübergehend der einheitlichen Währung nicht beitreten werden. Dann und in der Hauptsache, weil ein derartiger Mechanismus für die Teilnehmerländer noch viel notwendiger sein wird, denn ihre jeweilige Wirtschaftspolitik wird zu einer einzigen zusammengeschweißt, und da muß man natürlich ein gemeinsames System entwerfen, mit dem allen bei dem Auffangen eventueller unregelmäßiger Konjunkturschocks geholfen werden kann, von denen ja auch die anderen betroffen sein werden. Und damit stoßen wir zum Kern einer lebensnotwendigen Debatte vor. In der in Maastricht auf den Weg gebrachten künftigen Währungsunion gibt es nämlich keinen europäischen Bundeshaushalt, der bei lokalen oder globalen Krisen die Stöße auffangen könnte. Es gibt also kein Instrument zur Bekämpfung unregelmäßig auftretender Ungleichgewichte. Herr Metten kam daher auf den Gedanken, und das Parlament ist ihm hierin vorbehaltlos gefolgt, diese Lücke zu schließen. Nach seinem Vorschlag soll das augenblickliche System zur Stützung der Zahlungsbilanzen morgen abgelöst werden von einem umfassenderen System mit dem Namen "Mechanismus für Stabilisierung und Wachstum" , das einen künftigen Stabilitätspakt ergänzen könnte. Woher soll aber das Geld zur Finanzierung dieses neuen Systems kommen? Hier sehen wir nun dieses abartige Räderwerk an der Arbeit, das die Rechnung für die einheitliche Währung allmählich in die Höhe treibt. Wie wir es von Anfang an vorausgesagt hatten, wird man in einigen Jahren feststellen, daß die Nachteile der einheitlichen Währung ihre Vorteile bei weitem überwiegen und ihre Kosten die durch sie entstehenden Gewinne bei weitem übersteigen. Ich habe für den Bericht Metten gestimmt, da die Mitgliedstaaten, die zur Wirtschafts- und Währungsunion gehören, in Zukunft dann auf einen mittelfristigen Finanzmechanismus zurückgreifen können, wenn sie Schwierigkeiten mit ihrer Zahlungsbilanz bekommen. Dieser Mechanismus funktioniert mit Hilfe des Kapitalmarkts und von Darlehen, die vom Gemeinschaftshaushalt abgesichert werden und zu günstigen Zinssätzen vergeben werden. Die Konditionen für diese Darlehen sind außergewöhnlich gut, und der sie nutzende Mitgliedstaat wird gehalten sein, einen vom ECOFIN gebilligten Rückzahlungsplan vorzulegen und einzuhalten. Nun stellt sich die Frage, ob dieser Mechanismus bei Ländern abgeschafft werden soll, die zur dritten Phase der WWU übergegangen und deswegen schon dem Euro beigetreten sind, oder ob er für diese neu geschaffen werden soll - natürlich in anderer Form, aber im selben Geiste. Es gilt zu berücksichtigen, daß das Zahlungsbilanzkonzept für die Länder, die dem Euro beigetreten sind, neu strukturiert werden muß, zumal der Großteil der Handels- und Finanzoperationen dann in Euro abzuwickeln sein wird. In Portugal beispielsweise entfallen 80 % unserer Handelsbeziehungen auf Länder der Europäischen Union, und gegenüber jenen, die den Euro dann schon haben, können die jeweiligen Finanzströme nicht in verschiedenen Währungen gemessen werden. Dasselbe wird für den Fremdenverkehr und andere Wechselkursoperationen gelten. Darüber hinaus ist zu bedenken, was auch im Jahreswirtschaftsbericht der Kommission für 1997 steht, daß nämlich "der Öffnungsgrad der Gemeinschaft gegenüber der Weltwirtschaft relativ klein ist, und zwar in etwa genauso wie der der USA und Japans. Im Jahr 1995 betrug er für die Gemeinschaft rund 10 %, für die USA 12 % und für Japan 9 %. Das heißt, von der Globalisierung des Handels ist unmittelbar nur ein begrenzter Teil der Wirtschaft der Gemeinschaft betroffen." Abgesehen von der beschränkten globalen Dimension dieses Werts ist zu erwarten, daß Länder der Europäischen Union oder diese in ihrer Gesamtheit aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse Zahlungsbilanzprobleme bekommen, und zwar vor allem, weil im Gegensatz etwa zu den Vereinigten Staaten die Mobilität der Arbeitnehmer vor allem wegen der Sprachbarrieren begrenzt ist und in den Vereinigten Staaten die automatischen Stabilisatoren und das große Volumen des Bundeshaushalts als Puffer dienen. Daher hat das Europäische Parlament mit meiner Hilfe eine Entschließung angenommen, in der vorgeschlagen wird, daß die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung ausarbeitet und uns sowie dem Rat vorlegt, damit in der dritten Phase der WWU einem Mitgliedstaat mit Zahlungsbilanzproblemen geholfen werden kann, und daß der maximale Umfang nach einem bestimmten Prozentsatz des BIP der teilnehmenden Mitgliedstaaten bemessen werden soll. Aus unserer Sicht ist dieses Instrument unerläßlich, um mögliche Restriktionen zu verkraften, die der Stabilitätspakt vielleicht verursacht. Der Bericht von Herrn Metten greift ein wichtiges Problem richtig auf. Leider ist er zu zögerlich. Ohne ein wirksames System des Finanzausgleichs wird sich der Übergang zur 3. Phase der EWWU weder regional- noch sozialpolitisch verträglich gestalten lassen. Dies ist umso dringlicher, als die Forderungen aus dem Parlament absehbar unerfüllt bleiben werden, das EWS II so auszugestalten, daß die Anpassungslasten symmetrisch und solidarisch verteilt werden. Der Pakt für "Stabilität und Wachstum" muß nicht "unterstützt" , sondern völlig umgebaut werden: In einem Pakt für den gemeinsamen Übergang zu einem neuen, sozial und ökologisch nachhaltigen Entwicklungsmodell. Hier gibt der Bericht Metten keine energische Orientierung. Außerdem schweigt er sich - durchaus entsprechend seinem allzu bescheidenen Ansatz - über die Möglichkeiten der Finanzierung aus. Eine solche energische Orientierung sollte etwa 1 % des BIP der EU für einen solchen Ausgleichs- und Katastrophenversicherungsfonds bereitstellen. Dann wird er seine Funktion wenigstens ansatzweise erfüllen können. Dafür wären etwa neue Steuer- und Abgabenquellen der EU (Energiesteuer u.ä.) zu reservieren. (Die Sitzung wird um 13.15 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wiederaufgenommen.) Nach der Tagesordnung folgt die Erklärung des Rates und der Kommission zur Lage in Albanien. Frau Präsidentin, es ist mir ein großes Vergnügen, dem Wunsch des Europäischen Parlaments zu entsprechen, eine Erklärung zu Albanien abzugeben. Die Lage in Albanien ist weiterhin instabil. Die Regierung der nationalen Aussöhnung unter Ministerpräsident Fino betreibt eine vorsichtige Politik des Lavierens zwischen den Sozialisten einerseits und Präsident Berisha andererseits. Zwischen den wichtigsten politischen Gruppierungen bestehen nach wie vor große Gegensätze. Zwar hat die Regierung in einigen Städten die öffentliche Ordnung wiederhergestellt, doch finden weiterhin Räubereien und Plünderungen, organisierte Kriminalität sowie Schießereien statt. Daher bleibt die Lage nach wie vor unvorhersehbar. Zahlreiche Personen flüchten in Nachbarländer, vor allem nach Italien. Die Medien müssen unter schwierigen Umständen arbeiten, und ein endgültiges Datum für die bereits zu einem früheren Zeitpunkt vereinbarten Wahlen wurde noch nicht festgelegt. Vorläufig wird noch von dem Zeitraum Juni-Juli dieses Jahres ausgegangen. Auf Ersuchen des dänischen amtierenden Präsidenten der ESSE hat sich der ehemalige österreichische Kanzler Dr. Franz Vranitsky am 8. März dieses Jahres persönlich nach Tirana begeben. Der von der EU-Präsidentschaft u. a. bei den Gesprächen am 7. März dieses Jahres auf die albanischen Behörden ausgeübte Druck sowie die von Dr. Vranitsky und anderen Mitgliedern der Völkergemeinschaft unternommenen Anstrengungen haben dazu beigetragen, daß Präsident Berisha vorgezogene Wahlen angekündigt hat. Gleichzeitig wurde eine Regierung der nationalen Aussöhnung unter Leitung des aus dem Süden stammenden Ministerpräsidenten Fino eingesetzt. Es wurden auch Empfehlungen für eine Unterstützung der internationalen Gemeinschaft bei der Herstellung eines Dialogs zwischen Regierung und Opposition, dem Einsammeln von Waffen, der Vorbereitung von Neuwahlen, dem Thema einer neuen Verfassung sowie der Inangriffnahme makroökonomischer Probleme unterbreitet. Der Rat "Allgemeine Angelegenheiten" der Europäischen Union hat am 24. März dieses Jahres beschlossen, eine Mission nach Albanien zu senden, die die albanischen Behörden in humanitären, wirtschaftlichen und politischen Fragen sowie in Sicherheitsangelegenheiten beraten wird. Diese beratende Mission wird im Rahmen der ESSE tätig sein, die die Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft in Albanien koordinieren wird. Die verschiedenen internationalen Aktionen haben jeweils eine eigene Funktion zu erfüllen. Die Situation ist in etwa folgende: die gesamte Koordinierung wird in den Händen des persönlichen Vertreters des ESSEPräsidenten, Dr. Vranitsky, liegen. Er wird von einem noch zu benennenden örtlichen Vertreter, der von der Union vorgeschlagen wird, unterstützt werden. Dieser Vertreter wird sowohl der ESSE wie dem Rat der Europäischen Union Bericht erstatten. Die letztliche Verantwortung für die Koordinierung liegt jedoch bei der ESSE. Zur Vorbereitung der beratenden Mission der Europäischen Union war vom 26. März bis 2. April dieses Jahres eine Vorbereitungsmission in Albanien tätig. An dieser letzten Mission nahmen Vertreter der niederländischen Ratspräsidentschaft, der Kommission, der ESSE und des Europarates sowie des Vereinigten Königreichs, Italiens und Griechenlands teil. Die Aufgabe der Mission bestand darin, zu dem Mandat und zu der Zusammensetzung der endgültigen beratenden Mission Empfehlungen zu unterbreiten, und am 4. April dieses Jahres hat sie einen Bericht vorgelegt. Über die Ergebnisse der Mission werden in Kürze sowohl im Rahmen der Europäischen Union wie der ESSE in Wien Beratungen stattfinden. Obwohl auf verschiedenen Gebieten noch endgültige Beschlüsse gefaßt werden müssen, werden die Tätigkeiten der internationalen Gemeinschaft auf jeden Fall, wie es scheint, die folgenden drei Elemente umfassen: erstens, humanitäre Soforthilfe, bei der die Europäische Union eine führende Rolle spielen wird, sowie Verstärkung der Kapazitäten der albanischen Polizei, wobei die Europäische Union in Zusammenarbeit mit dem Europarat möglicherweise eine koordinierende Rolle übernehmen wird. Ferner wird es auf dem Gebiet der Strukturhilfe eine enge Zusammenarbeit mit dem IWF und der Weltbank geben. Das zweite Element betrifft den mehr politischen Teil, nämlich Wahlen, Menschenrechte und Demokratisierung. Auf diesem Gebiet wird die ESSE in enger Zusammenarbeit mit dem Europarat eine wichtige Rolle erfüllen. Drittens, eine multinational protection force , für die von verschiedenen Ländern Truppen bereitgestellt werden. Diese multinationale Streitmacht, zu der der UN-Sicherheitsrat inzwischen seine Zustimmung erteilt hat, steht unter der Leitung Italiens; sie wird die humanitäre Hilfe zu begleiten haben und sie wird ferner zur Sicherheit der internationalen Organisationen, die in Albanien tätig sind, beitragen. Zwischen dem force commander und dem Vertreter der ESSE in Tirana wird es eine enge Abstimmung geben. Über das Mandat und die Struktur der beratenden Mission werden in der Europäischen Union und der ESSE eingehende Beratungen geführt und eine endgültige Entscheidung getroffen werden. Ich möchte hier jedoch auf einige Aspekte einer spezifischen Hilfeleistung sowie auf die dafür möglichen Instrumente etwas näher eingehen. Es geht zunächst um die öffentliche Ordnung und die Polizei. Bei der vorbereitenden Mission wurde festgestellt, daß die albanischen Behörden materieller Unterstützung bedürfen und insbesondere längerfristig auch der Beratung und Ausbildung. Um vor allem in die Ausbildungs- und Beratungserfordernisse einen besseren Einblick zu gewinnen, ist es wünschenswert, daß in die beratende Mission ein Team von 20 Polizisten aufgenommen wird. Wie der Bericht der vorbereitenden Mission zeigt, wird, was die Evaluierung in polizeilicher Hinsicht betrifft, an eine Struktur aus Europäischer Union und Westeuropäischer Union in Zusammenarbeit mit dem Europarat gedacht. Das Polizeiteam wird neben der beratenden auch eine kontrollierende Tätigkeit in vier Polizeibezirken von Tirana erfüllen können, wobei das Sammeln von Informationen einen Teil der notwendigen Aufgaben bildet. Das Polizeiteam wird ferner spezifische Empfehlungen für eine mögliche kurz- und mittelfristige Unterstützung der albanischen Polizei unterbreiten müssen. Was sodann die Überwachung der Lage betrifft, so ist derzeit die ECMM (European Community Monitoring Commission) mit einer Gruppe von zehn Beobachtern in Albanien tätig. Nach Anpassung des bestehenden Memorandums zusammen mit den albanischen Behörden werden die Tätigkeiten der ECMM-Beobachter auf ganz Albanien ausgedehnt und die Stärke auf 24 Mann erhöht werden können. Durch eine solche Erweiterung des Einsatzes der ECMM wird es möglich sein, daß in jeder Region zwei bis drei Teams tätig sein werden, d. h. in der Umgebung von Tirana, im Norden um Shkoder und im Süden um Gijrokastra. Ein diesbezüglicher Vorschlag muß im Rat noch verabschiedet werden. Was die Vorbereitung der Wahlen sowie den Demokratisierungsprozeß anbelangt, wird sich die ESSE in enger Zusammenarbeit mit dem Europarat mit den Themen Demokratisierung, freie Medien und Menschenrechtslage befassen. Zweitens geht es um die Vorbereitung der Wahlen, um Gewährung technischer Hilfe bei der Ausarbeitung eines Wahlgesetzes, der Beobachtung dieser Wahlen sowie eventuell eine Überwachung der Einsammlung von Waffen. Das erscheint mir als eine wenig beneidenswerte Aufgabe. Was schließlich die humanitäre Hilfe betrifft, so besteht zwar noch keine allgemeine humanitäre Notsituation, doch kann eine solche Situation in wenigen Wochen entstehen. Aufgrund der Plünderung von Krankenhäusern sowie der strategischen Nahrungsmittelvorräte der öffentlichen Hand, der Schließung der Grenzen sowie der Unsicherheit im Innern des Landes sind die normale Zufuhr und Verteilung von Nahrungs- und Arzneimittel beeinträchtigt. Hierdurch kann insbesondere in sozialen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Waisenhäusern sowie Altersheimen eine Notsituation entstehen. Auch der Teil der Bevölkerung, der von Sozialunterstützung lebt, bildet eine verwundbare Gruppe. Es geht hier um ca. 150.000 Familien. Die Verteilung muß gezielt an genau vorgegebene Kategorien von Personen, bei denen ein entsprechender Bedarf besteht, erfolgen, insbesondere also die vorhin genannten Einrichtungen sowie die sozial Schwächeren. Längerfristig wurde von der vorbereitenden Mission wirtschaftliche und finanzielle Hilfe für Albanien empfohlen. Voraussetzung dafür sind jedoch ausreichende Sicherheit und stabile Verhältnisse. Beim PHARE-Programm scheint keine Umverteilung erforderlich zu sein. Zweifellos wird Kommissar Van den Broek hierzu nähere Auskünfte erteilen können. Über eine eventuelle Hilfe beim Wiederaufbau der Infrastruktur zu beraten, ist erst nach einer Bestandsaufnahme des Schadens sinnvoll. Angesichts der - und damit komme ich zum Schluß - komplexen Probleme in Albanien steht die Europäische Union vor einer großen Herausforderung; das möge klar sein. Ebenso klar ist, daß die Hilfeleistung nicht nur von der Europäischen Union abhängen darf. Vor diesem Hintergrund ist es von größter Wichtigkeit, daß die Union mit anderen Organisationen wie der ESSE und dem Europarat auf allen Ebenen zusammenarbeit und daß die unternommenen Anstrengungen effektiv koordiniert werden. Wesentlich ist hierbei, daß sich die verschiedenen Anstrengungen ergänzen. Nur durch eine so gestaltete Zusammenarbeit wird die Völkergemeinschaft einen optimalen Beitrag zur Lösung der Krise in Albanien leisten können. Frau Präsidentin, im Namen der Kommission möchte ich, wie der Ratspräsident, unterstreichen, daß auch unseres Erachtens in Albanien heute weniger eine humanitäre Notsituation besteht, sondern in erster Linie eine politische und soziale Krise, die unter Kontrolle gebracht werden muß. Wie bei der vor einem Monat geführten Aussprache möchte die Kommission alle Beteiligten dringend dazu auffordern, sich an den im März zwischen der Opposition und Präsident Berisha erzielten Kompromiß zu halten und es damit zu ermöglichen, daß die öffentliche Ordnung und die Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt werden und die Übergangsregierung in die Lage versetzt wird, die vorgesehenen und vereinbarten Wahlen so schnell und effektiv wie möglich vorzubereiten. Im Anschluß an das, was Herr Patijn dazu gesagt hat, möchte ich noch hinzufügen, daß ich zusammen mit der Kollegin Bonino, die für Fragen der humanitären Hilfe zuständig ist, die Situation natürlich sehr aufmerksam verfolge und daß die notwendigen Maßnahmen ergriffen wurden, um uns für den Eventualfall einer humanitären Notsituation vorzubereiten. Zu diesem Zweck wurde übrigens auch über das Internationale Rote Kreuz Hilfe in Höhe von zwei Mio ECU in Form von Nahrungs- und Arzneimitteln geleistet und Vorbereitungen dafür getroffen, in der Region bereits vorhandene Nahrungsmittelvorräte neuen Bestimmungen zuzuleiten. Es handelt sich dabei um Vorräte, die jetzt in der Region Kroatien lagern, hauptsächlich Mehl und Zucker. Die erste aus diesen Beständen erfolgende Verteilung soll mit der Ankunft der multinationalen Schutzmacht zusammenfallen. Soweit zur kurzfristig geleisteten Hilfe. Was die längerfristige Unterstützung betrifft, so wird daran gedacht, große Mengen Weizen und Mehl dort, wo ein Bedarf besteht, zur Verfügung zu stellen, ohne damit jedoch die noch bestehende lokale Produktion und den lokalen Verkauf zu destabilisieren. Diesem Punkt wird weiterhin Aufmerksamkeit geschenkt werden. Eine eventuelle Umverteilung der PHARE-Mittel kann beschlossen werden, sobald ein klares Bild über den Bedarf besteht. Einige Projekte wie die Sanierung von Gefängnissen müssen beschleunigt durchgeführt werden, und aufgrund des notwendigen Wiederaufbaus muß auch umfassende technische Hilfe geleistet werden. Eine diesbezügliche Beurteilung muß jedoch von Experten und Sachverständigen vorgenommen werden, die ihre Arbeit aufnehmen können, sobald die Sicherheitssituation dies - übrigens nicht nur in Tirana - zuläßt. Dies gilt natürlich auch für die Durchführung der Projekte. Gedacht wird ferner an makroökonomische Hilfe; dazu sind jedoch nicht nur Kontakte mit dem IWF und der Weltbank erforderlich, sondern von der Regierung in Tirana müssen in jedem Fall Zusagen hinsichtlich des Funktionierens der Zentralbank gemacht und Maßnahmen getroffen werden, wofür dann auch ein neuer Haushaltsplan aufgestellt werden muß. Die beratende Mission, die in Kürze abreisen wird, und über die der Ratspräsident bereits sprach, wird zweifellos auch zur Aufgabe haben, beim Wiederaufbau im makroökonomischen Bereich Hilfestellung zu leisten und Empfehlungen zu unterbreiten. Abschließend möchte ich bemerken, daß ich zusammen mit Frau Bonino die Gelegenheit hatte, kurz vor dieser Sitzung hier im Parlament mit Herrn Fatos Nano zu sprechen, der übrigens ebenfalls im Saale anwesend ist. Wir haben dankbar zur Kenntnis genommen, daß die Sozialistische Partei beschlossen hat, die neun Sitze im Parlament einzunehmen, die ihr bei den Wahlen im Mai letzten Jahres zufielen. Dies wird ohne Zweifel dazu beitragen, daß der formelle politische Dialog erweitert wird, denn es gilt natürlich weiterhin, daß es den Albanern nur dann gelingen wird, den Weg eines politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbaus einzuschlagen, wenn alle politischen Strömungen sowie der Präsident und die neue Regierung gemeinsame Anstrengungen unternehmen werden. Selbstverständlich wird die beratende Mission, von der der Ratsvorsitzende sprach, mit der vollen Unterstützung der Kommission rechnen können. Frau Präsidentin, die bloße Aufzählung der Ereignisse, wie sie der amtierende Ratpräsident vorgenommen hat, hört sich zwar interessant und gut an, ist aber enttäuschend. Es reicht eben nicht, Herr Minister, die Ereignisse lediglich noch einmal Revue passieren zu lassen. Genug der Worte! Wir brauchen Taten nicht nur von seiten der OSZE und des Europarats, auch die Europäische Union muß handeln. Das Volk eines europäischen Landes leidet. Und es leidet auf Grund der schlimmen Fehler eines Menschen, der auf tückische Weise, durch gewaltsame Wahlen und Wahlfälschung an die Macht gekommen ist. Es leidet auch, weil es die meisten von uns vorgezogen haben, nach den fürchterlichen Wahlen im vergangenen Mai untätig zu bleiben. Wir haben weder verlangt, daß die Wahlen für ungültig erklärt, noch daß sie wiederholt werden. Wir haben die Vorwürfe, und deren gab es nicht wenige, nicht ernst genommen, Herr Minister. Wir alle haben Albanien gemeinsam in seine derzeitige Krise gestürzt, manche mit ihrem Schweigen, andere mit ihrer aktiven Unterstützung für Herrn Berisha. Zu Recht sprach der Kommissar von einer politischen Krise. Heute jedoch ist ein guter Tag für das Europäische Parlament: die überwältigende Mehrheit der Mitglieder unseres Parlaments hat sich auf die Verabschiedung einer Entschließung geeinigt, die die Dinge wieder vom Kopf auf die Füße stellt. In der Tat hat die Anwesenheit der Führer der größten Parteien Albaniens, die die demokratischen Veränderungen unterstützen, in Straßburg, die Anwesenheit dieser Führer, die hier im Saal unsere Debatte verfolgen, uns geholfen, besser zu verstehen, was in diesem Lande vor sich geht. Fatos Nano, der Führer der Sozialistischen Partei, Neritan Tseka, der Vorsitzende der Demokratischen Allianz, der beobachtendes Mitglied der Europäischen Christdemokratischen Union ist, und Skender Kinoussi, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, sind dieser Tage mit allen Fraktionen zusammengetroffen. Erfreulicherweise ist die Bildung einer Regierung der nationalen Versöhnung offensichtlich der erste Schritt in einem Prozeß institutioneller Veränderungen. Für uns bietet sich also die Gelegenheit zu zeigen, daß auch wir etwas tun. Der Ministerrat hat es nicht geschafft, sich auf eine gemeinsame Aktion zur Lösung der Probleme in Albanien zu einigen. Das Europäische Parlament fordert nun den Rat auf, seine Position noch einmal zu prüfen. Glücklicherweise haben einige Mitgliedsländer - Griechenland, Italien, Frankreich, Spanien und Österreich - begriffen, daß etwas unternommen werden muß, und sind derzeit in Albanien präsent. Das albanische Volk braucht uns. Es braucht nicht nur Hilfe zum Überleben, sondern auch Hilfe für die nötigen Veränderungen: Es braucht eine unabhängige Justiz, freies Fernsehen und einen freien Rundfunk, freie Wahlen, die Teilnahme aller demokratischen Politiker an den Wahlen, die Kontrolle der Geheimdienste. Auf allen diesen Gebieten können wir helfen. Die Europäische Kommission, Herr Van den Broek und Frau Bonino, sind auf jeden Fall bereit, etwas zu tun. Der Rat ist daher verpflichtet, ihnen die Möglichkeit zum Handeln zu geben. Das Problem Albaniens ist ein europäisches Problem. Lassen Sie uns endlich etwas tun, helfen wir europäischen Mitbürgern! Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie ich bereits in der letzten Sitzungswoche hier ausführte, ist Albanien ein schreckliches Beispiel für das, was ein kommunistisches Regime den Menschen antut. Sie sind für lange Zeit unfähig, mit den neuen Freiheiten und den Verführungen durch kriminelle, auch kapitalistische Elemente umzugehen. Ich freue mich, daß der Rat heute eine Einlassung gegeben hat, die ich sehr unterstütze, in der davon die Rede ist, daß die ICMM zukünftig in diesem Lande eine wichtige Aufgabe übernehmen sollen. Denn nur mit finanzieller Hilfe werden wir es nicht schaffen, demokratische Strukturen zu schaffen oder zu festigen, sondern wir brauchen auch personelle Hilfe von europäischen Ländern in diesem Land. Meine Fraktion begrüßt die Bildung der Allparteienregierung. Wir unterstützen diese Regierung unter Präsident Berisha, wir begrüßen aber ebenfalls die Rückkehr der Sozialisten auf ihre Sitze im Parlament. Wir erwarten, daß alle albanischen Politiker ihre Verantwortung ernst nehmen und nicht abwarten, daß wir allein die Lösung von außen bringen. Das können wir nicht schaffen! Wir begrüßen die Entscheidung des Ministerrates, einigen Mitgliedstaaten eine gemeinsame, enge Kooperation zu erlauben, d.h. eine Entsendung von Soldaten zum Schutz der humanitären Hilfe und als Stabilitätsfaktor in der Region. Natürlich wäre eine wirklich gemeinsame Aktion noch wirkungsvoller gewesen, aber diese flexible Handhabung außenpolitischer Instrumentarien ist ein erfreulicher Fortschritt, wenn wir vergleichen, wie wir in den vergangenen Jahren in Bosnien und Ex-Jugoslawien gelähmt waren. Die Sozialisten in Albanien spielen leider noch immer eine zweifelhafte Rolle. Sie haben am 28. März offizielle Kontakte zu den selbsternannten Führern der Rebellen gesucht, anstatt die dort rechtmäßig gewählten Gemeinderäte und Bürgermeister auch ihrer eigenen Couleur zu unterstützen. Die Gespräche mit diesen Rebellen müssen sich auf die Frage der Abgabe der Waffen beschränken. Wenn wir als Abgeordnete im Europäischen Parlament nicht mehr bereit sind, die im September legal gewählten Kommunalpolitiker zu unterstützen, wie können wir dies dann von den Rebellen erwarten, zumal deren politische und berufliche Herkunft besonders zweifelhaft sind? Meine Fraktion ist für schnelle Wahlen, doch die Vorbedingung zu diesen Wahlen ist der Zugang aller zu den Massenmedien und die Abgabe der Waffen. Letzteres ist auch besonders wichtig, um den normalen Bürgern in Albanien, und das ist ja die große Mehrheit, die Angst gerade auch vor den bewaffneten Banden zu nehmen. Auch der Flüchtlingsstrom läßt sich nur aufhalten, wenn die Anarchie in Albanien sich wieder in Gesetzmäßigkeit und Ordnung wandelt, d.h. die öffentliche Ordnung wiederhergestellt wird. Was die in der gemeinsamen Entschließung geforderte Lastenteilung bei der Aufnahme der Flüchtlinge angeht, so bitte ich um Verständnis dafür, daß ich diese Forderung nur an jene gerichtet sehen möchte, die sich in den letzten Jahren hier sehr zurückgehalten haben. Die Entsendung des europäischen Truppenverbandes muß schnell erfolgen. Es geht aber nicht nur um den Schutz der humanitären Hilfe, sondern auch um das Überleben der Demokratie in Albanien schlechthin. Dabei zählt jeder Tag. Frau Präsidentin, ich teile nicht den sich aus den Worten des amtierenden Ratspräsidenten ergebenden Optimismus, was die Lage in Albanien betrifft, bei der es von Minute zu Minute Rückschritte gibt, vor allem weil das UNO-Mandat, das zusammen mit dem guten Willen einiger Länder die Entsendung einer multinationalen Schutzmacht nach Albanien ermöglicht, sehr prekär ist, da es nicht die Möglichkeit zum Wiedereinzug der Waffen und der Entwaffnung der Milizen bietet. Im übrigen handelt es sich um eine Situation, bei der der Rat erneut gezeigt hat, daß er Angst hat, daß das Vetorecht - im vorliegenden Fall wohl seitens des Vereinigten Königreichs - angewandt wird. Die Mechanismen zur Regelung der europäischen Außenpolitik sind unzulänglich, und für die militärische und humanitäre Mission, die in diesen Stunden aufbrechen wird, bestehen heute sehr große Gefahren, umso mehr, als sich nach dem aufsehenerregenden Unglück des albanischen Flüchtlingsschiffes in der Adria, bei dem es über 80 Tote gab, in Albanien sehr starke antieuropäische und antiitalienische Ressentiments verbreiten. Es wird bewaffnete Menschen geben, die auf Rache sinnen und sich provokatorisch verhalten und die bereit sein werden, auf jeden Beliebigen zu schießen. Zu all dem kommen die Erklärungen des Unterstaatssekretärs im Außenministerium der italienischen Regierung hinzu, der von den Vereinten Nationen beauftragt wurde, die Mission zu leiten und der behauptet, Berisha sollte nach Hause geschickt werden, was jedoch über das UNO-Mandat hinausgeht. Ich frage mich und ich frage Sie, ob es letztlich wirklich um die Idee der Wiederherstellung des Friedens und der Schaffung der Voraussetzungen für die Rückkehr der Demokratie geht oder nicht vielmehr darum, eine bestimmte politische Partei als Regierungspartei in Albanien einzusetzen. Frau Präsidentin, ich möchte zunächst dem Herrn Kommissar als auch Herrn Patijn für ihre Berichte danken und betonen, daß die Liberale Fraktion dieses Hauses selbstverständlich alle humanitären Hilfsaktionen, die angelaufen sind, unterstützen wird, auch den Einsatz einer militärischen Schutzeinheit, der leider wieder notwendig ist, um wenigstens die humanitäre Hilfe abzusichern. Aber wir sollten in dem Zusammenhang auch fragen, ob diese Fehlentwicklung, die dort stattfindet, nicht auch auf Einflüsse von außerhalb zurückzuführen ist. Es ist daran zu erinnern, daß im Verhältnis zur Bevölkerungszahl kein Land so viel Hilfe aus dem Bereich der Europäischen Union bekommen hat wie Albanien, und das auf Grundlage eines Vertrages, der eine demokratische Entwicklung vorausgesetzt hat; trotzdem hat sich dort in der Vergangenheit quasi eine Einparteienherrschaft entwickelt, hat es Exzesse der Geheimdienste gegeben usw. Ich frage mich, und ich frage Sie, Herr Kommissar, ob da nicht etwas falsch gelaufen ist, daß diese große Hilfe nicht wirksam wurde, vor allem aber, warum die demokratiepolitischen Grundlagen dieser Kooperation in Vergessenheit geraten konnten. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt, mit dem wir uns befassen sollten. Ein zweiter: Herr Patijn hat stark die Rolle der OSZE in den laufenden Aktionen erwähnt. Ich frage mich aber: Wo war die OSZE, als es darum ging, rechtzeitig auf diese Entwicklung hinzuweisen? Denn das ist ja die eigentliche, sehr wichtige Aufgabe der OSZE, daß sie ein politisches Frühwarnsystem ist für ausbrechende Krisen. Diese Aufgabe hat die OSZE nicht erfüllt, und deshalb sollten wir in unsere Überlegungen auch die Frage einbeziehen, wie man diese OSZE-Weiterentwicklung reformieren kann. Albanien ist ein neuerliches Beispiel dafür, wie unabdingbar eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union ist, und wir sollten daher alles tun, dieses als Instrument der Europäischen Union auch tatsächlich zu schaffen. Frau Präsidentin, Italien war in diesem Jahrhundert mehrfach Kolonial- und Besatzungsmacht Albaniens. In Albanien haben nach seinem Austritt aus der stalinistischen Diktatur der übliche Kapitalismus, die übliche italienische Mafia, die üblichen italienischen Politisierer in den letzten Jahren auf dem Rücken der armen Leute alle möglichen Geschäfte gemacht. Ohne Unterstützung einiger italienischer Banken wäre der Betrug der Pyramiden-Investmentfirmen nicht möglich gewesen. Die italienische Regierung war und ist weiterhin am zurückhaltendsten bei der Verurteilung der Unregelmäßigkeiten bei Wahlen, des autoritären Regimes von Präsident Berisha sowie seiner Komplizenschaft mit den Pyramiden-Investmentfirmen. Vor zwei Wochen sank ein mit Frauen und Kindern gefülltes albanisches Flüchtlingsschiff im Kanal von Otranto nach einer Kollision mit einem italienischen Militärschiff, das den Auftrag hatte, das albanische Schiff davon abzuhalten, die italienische Küste zu erreichen. Aus all diesen Gründen ist es nicht angebracht, Italien das Kommando einer humanitären Mission in Albanien zu übertragen. Daher handelt es sich in Wirklichkeit auch nicht um eine humanitäre Aktion, sondern um einen kolonialpolitischen Vorgang, bei dem das Ersuchen Albaniens um humanitäre Hilfe als Vorwand genutzt wird. Daher handelt es sich im Wesentlichen um eine Militäroperation, und daher gibt es keine Garantie, daß mit dieser Mission der Weg für freie Wahlen in Albanien und vor allem für neue Präsidentschaftswahlen geöffnet wird. Wir fordern, daß die Vereinten Nationen die volle Verantwortung für eine humanitäre Aktion in Albanien übernehmen anstatt Italien damit zu beauftragen, und daß die militärische Stütze dieser Mission vor allem nicht italienisch sein darf. Wir fordern schließlich, daß die Europäische Union ihre Verantwortung ernsthafter übernimmt; es ist nicht hinnehmbar, daß auch sie die Mission in Albanien Italien übertragen hat. Damit wird zum x-ten Mal der Aufbau einer Europäischen Union gezeigt, die für die Forderungen der in ihr oder an ihrem Rande lebenden Völker völlig unzugänglich bleibt. Frau Präsidentin, das Europäische Parlament hat sich in den letzten Monaten mehrfach mit dem Problem Albaniens befaßt und wiederholt über die Frage der Legitimität der letzten Wahlen diskutiert, aufgrund derer von sämtlichen Oppositionsparteien die Anerkennung des Wahlergebnisses abgelehnt wurde. In seiner Entschließung fordert das Europäische Parlament die in Albanien beteiligten Parteien zum Dialog auf, und es forderte eine Wiederholung der Wahlen. Diese Forderungen blieben jedoch leider ohne jegliche Folge, und weder der Rat noch die Kommission vermochten eine gemeinsame Politik gegenüber Albanien auf den Weg zu bringen. Angesichts der sich überstürzenden Ereignisse und der sich verschlimmernden Krise hatte Italien als einziges Land eine Aktion zugunsten des albanischen Volkes gefordert, wobei es für eine solche Forderung allerdings einen ganz bestimmten Grund besaß, nämlich der wachsende Strom albanischer Flüchtlinge, die auf seinem Hoheitsgebiet Zuflucht suchen. Dies ist zwar kein Grund, sich damit einverstanden zu erklären und es für richtig zu halten, daß eine Mission zur Absicherung der humanitären Hilfe für dieses Land von Italien geleitet wird. Wir müssen jedoch anerkennen, daß es im Falle Albaniens keine gemeinsame europäische Politik gab, und angesichts der bestehenden Situation muß ferner gesagt werden, daß die Lieferung humanitärer Hilfe heute notwendig ist und daß sie unter einem entsprechenden Begleitschutz gemäß dem in dem Beschluß des UNSicherheitsrates vom 28. März festgelegten Mandat erfolgen muß. Zwar ist nochmals zu bekräftigen, daß eine solche Mission nicht von Italien geleitet werden sollte, umso weniger als der Hergang der Schiffskollision, bei der ein albanisches Flüchtlingsschiff beteiligt war und über 80 Menschen ums Leben kamen, noch nicht geklärt ist, doch darf heute nicht gefordert werden, daß eine solche Mission, bei der es sich um eine humanitäre Aktion, durch die die Wiederherstellung eines bürgerlichen Lebens in Albanien gewährleistet werden soll, blockiert wird. Das Ziel einer solchen Mission darf nicht nur in dem Schutz und der Sicherung der humanitären Hilfslieferungen, sondern muß auch darin bestehen, daß durch einen Prozeß der Zusammenarbeit die lokalen Polizeikräfte wiederhergestellt werden, mit dem Ziel einer Beseitigung und Entwaffnung der kriminellen Banden; d. h. also, daß die Fähigkeit der internen autonomen Kräfte Albaniens, die Lösung ihrer Probleme selbst in die Hand zu nehmen, gefördert werden muß. Frau Präsidentin, wie Sie festgestellt haben werden, haben die beiden letzten Diskussionsbeiträge eine kleine Kostprobe italienischer Innenpolitik gegeben. Auch ich könnte sagen, daß ein Land, das in seinem Inneren Rechtsstaatlichkeit nicht durchzusetzen versteht, wohl kaum in der Lage ist, sich an die Spitze einer solchen multinationalen Schutztruppe zu stellen. Ich sage dies jedoch als Teil der Oppositonskräfte; es seitens maßgebender Vertreter der Mehrheit zu hören, die die Regierung, von der die Mission geleitet wird, stützt, ist hier in diesem europäischen Forum vielleicht etwas schwieriger zu verstehen. Ich möchte Kommissar Van den Broek danken, daß er heute bei der Behandlung von Themen, die direkt in seinen Zuständigkeitsbereich fallen, wieder auf der Bank der Kommission anwesend ist, und ich hoffe, daß er verstanden hat, was ich gestern sagen wollte, als ich mich auf den Verhaltenskodex betreffend die Anwesenheit der Kommissionsmitglieder bezog. Unsere Fraktion wird ohne Begeisterung für den vorliegenden Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments zu Albanien stimmen, und zwar deswegen ohne Begeisterung, weil, worauf bereits hingewiesen wurde, die dem gesamten Prozeß einer Rückentwicklung der Demokratie, wie wir ihn in Albanien erlebt haben - auch wenn es mir ein wenig übertrieben erscheint, zu sagen, die vier Jahre eines freien Marktes und einer freien Demokratie seien schlimmer gewesen als die fünfzig vorangegangenen Jahre - inhärenten Gefahren von der Europäischen Union überhaupt nicht erkannt und verhütet wurden, und weil sie sich zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik absolut außerstande gezeigt hat. Die niederländische Präsidentschaft, von der derzeit ein neuer Vertragsentwurf vorbereitet wird, sollte aus diesem Beispiel - wie ich hoffe - die Kraft beziehen, einen Entwurf vorzulegen, durch den ein solches Verhalten der Europäischen Union künftig vermieden wird, aufgrund dessen wie nur zur Entsendung von Beobachtern in der Lage sind, während wir für den restlichen Teil unsere Verantwortung auf Einrichtungen, die mit bestimmten Aufgaben überhaupt nicht betraut sind, oder auf Mitgliedstaaten abwälzen, die dann unter großen Schwierigkeiten die gesamte Verantwortung übernehmen müssen, ohne vielleicht die erforderliche Kraft dazu zu besitzen. Wir sind, was die Möglichkeit der Abhaltung von Wahlen im Juni betrifft, skeptisch und wir sind auch dagegen; wir sind vor allem der Meinung, daß der vorliegende Entschließungsantrag jenen Hinweis auf ein ständiges europäisches Zivil- und Militärkorps hätte enthalten können, wodurch der Europäischen Union eine wirkliche gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ermöglicht worden wäre. Frau Präsidentin, Herr Kommissar, in dem Augenblick, in dem sich dieses Parlament mit der Lage in Albanien befaßt, wird im italienischen Abgeordnetenhaus ein Dokument verabschiedet, bei dem es um ein technisches Abkommen geht, durch das die Regierung zur sofortigen Ausführung des von den Vereinten Nationen gefaßten Beschlusses für eine unter italienischer Führung stehende und unter Beteiligung einer multinationalen Truppe erfolgende Mission nach Albanien verpflichtet wird, bei der um den Schutz und die Absicherung der humanitären Hilfe geht. Es handelt sich um ein mühsam zustandegekommenes Dokument, das aufgrund des hohen Verantwortungsbewußtseins der linken Mitte in Italien gegenüber einer Mehrheit ermöglicht wurde, die heute in Italien nicht mehr besteht, und deren neokommunistischer Teil sich anschickt, sein ablehnendes Votum erneut zu bekräftigen. Es war eine für die Nation, aber auch für die Europäische Union sehr verantwortungsbewußte Entscheidung, die das Bündnis "Polo della Libertà" getroffen hatte, nachdem Italien erstmals mit der Leitung einer internationalen Mission beauftragt wurde. Während wir mit allem Nachdruck betonen möchten, daß es undenkbar und nicht hinnehmbar ist, daß zwei- bis dreitausend italienische Soldaten ihr Leben in Albanien aufs Spiel setzen, ohne den Rückhalt einer Nation, in der ein breiter Konsens besteht, und die sich dessen bewußt ist, welche Verpflichtung die getroffene Entscheidung bedeutet - und wir haben begrüßt, was in Übereinstimmung mit dieser These von dem Presseorgan des Heiligen Stuhls, dem Osservatore Romano, dazu veröffentlicht wurde -, müssen wir mit der gleichen Entschiedenheit nochmals auf die schwerwiegenden Versäumnisse und erheblichen Verzögerungen der Europäischen Union hinweisen. Durch die albanische Krise hat sich deutlich gezeigt, daß sich die Europäische Union endlich mit einer gemeinsamen Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik ausstatten muß. Auch für unsere Bürger, von denen in diesen Tagen im Hinblick auf die Erfüllung der wirtschaftlichen Parameter des Maastrichter Vertrags Opfer abverlangt und neue Abgaben gefordert werden, ist es nicht mehr zu verstehen und zu akzeptieren, daß diese Europäische Union nicht ein Mindestmaß an Zusammenhalt findet, um in ein in Auflösung befindliches europäisches Land rechtzeitig eine Schutztruppe für humanitäre Zwecke zu entsenden; die diplomatischen Vertretungen einiger Länder haben selbst in einer solchen schwierigen Situation vielmehr - wie man zu sagen pflegt - " dagegengesteuert" , sie haben bürokratische Hindernisse aufgestellt und Tagungen, die eigentlich sehr eilig hätten erfolgen müssen, zeitlich hinausgezögert. Es bleibt nur zu hoffen, daß im Rahmen der Regierungskonferenz endlich eine Lösung gefunden wird, damit in diesen Bereichen rasch und mit der Mehrheit der Stimmen der Mitgliedstaaten ein gemeinsamer Beschluß gefaßt werden kann. Wir stellen allerdings auch einige positive Aspekte fest. Trotz aller Verzögerungen und mehr oder weniger versteckter Hindernisse, die aufgestellt wurden, steht nun eine europäische Friedensmacht zum Aufbruch nach Albanien bereit. Erstmals handelt es sich um eine gänzlich europäische Friedensmacht, die ohne den entscheidenden Beitrag der Vereinigten Staaten von Amerika eingriffsbereit sein wird. Ein weiterer positiver Aspekt ist die Tatsache, daß die Aufgabe eines Koordinators der Mission von Italien übernommen wird und daß die übrigen an der Mission teilnehmenden europäischen Länder ihr Vertrauen in Italien bekundet haben; in diesem Zusammenhang möchte ich hervorheben, daß die in Österreich abgegebenen Erklärungen des Vorsitzenden der Liberalen Partei, Haider, der seine Regierung nicht wegen ihrer Beteiligung an der Mission kritisiert hatte, sondern deswegen, weil sie sich damit einverstanden erklärt hat, daß sie von einem italienischen Kontingent angeführt wird, völlig unqualifiziert sind. Sollte eine solche absurde rassistische Erklärung bestätigt werden, würde sie zu jener anderen Erklärung passen, die gestern von einem italienischen Unterstaatssekretär abgegeben wurde, und der die Dreistigkeit und Arroganz besaß, der humanitären Mission das politische Ziel zuzuschreiben, den Sturz des frei gewählten Präsidenten Berisha zu bewirken. Es handelt sich hier offenkundig um schizophrene und unverantwortliche Verhaltensweisen, und bei manch einem mag es dabei darum gehen, daß er sich nach dem barbarischen kommunistischen Regime eines Enver Hoxha zurücksehnt. Zu wünschen und zu hoffen ist, daß es der Europäischen Union und Italien tatsächlich möglich sein wird, in einer solch schwierigen Situation dazu beizutragen, daß in diesem heimgesuchten Land der Adler wieder eine durch Freiheit und Demokratie gekennzeichnete Situation geschaffen wird. Frau Präsidentin, ich möchte nicht meinen kleinen Beitrag dazu leisten, daß unsere heutige Aussprache zu einer zwischen Italienern geführten Diskussion wird: für die Festlegung der Politik unseres Landes wird das Abgeordnetenhaus sorgen, so wie gestern der Senat dafür gesorgt hat. Ich möchte die Anwesenheit des amtierenden Ratspräsidenten und des Kommissars nutzen, um darauf hinweisen, daß aus einigen schwierigen Etappen, die zu der jetzigen Krise geführt haben, eine Lehre gezogen werden muß. Wie Kommissar Van den Broek richtig sagte, handelt es sich im Augenblick nicht in erster Linie um eine Krise im Sinne einer humanitären Notsituation - zu der sie, wie der amtierende Ratspräsident sagte, werden kann, und zwar sogar innerhalb kurzer Zeit -, sondern vor allem um eine gesellschaftlich-politische Krise. Ich möchte noch hinzufügen, daß es sich auch um eine institutionelle Krise ersten Ranges handelt. Es stellt sich jedoch die Frage, wie es überhaupt zu einer solchen Situation kommen konnte. Auch wenn ich den amtierenden Ratspräsidenten und den Kommissar nicht bitten kann, laut und deutlich zu sagen, was sie über die Verantwortungen, die uns zu dieser Situation geführt haben, denken, so erlaube ich mir doch, darauf hinzuweisen, daß wir als Europäische Union, als Länder der Europäischen Union, eine gewisse Verantwortung trugen, als wir gleichsam mit geschlossenen Augen die Wahlmanipulationen, die begangen wurden, absegneten; wir taten so, als sei es besser, ein solches Wahlergebnis hinzunehmen, auch wenn wir wußten, daß einige Dinge nicht so liefen, wie es hätte sein sollen. Zweifellos kann der Entscheidung - bei der wir natürlich keine Interventionsmöglichkeit besaßen - von Präsident Berisha nicht zugestimmt wird, nämlich sich von einem sehr willfährigen Parlament wiederwählen zu lassen, womit wahrscheinlich Öl ins Feuer gegossen wurde. Ferner war es ein Irrtum, der offizielle Darlegung der Informationsorgane Glauben zu schenken, wonach der Süden Albaniens von bewaffneten Banden besetzt wurde. Es gibt zwar auch bewaffnete und kriminelle Banden, doch handelte es sich vor allem um einen heftigen Widerstand, der - in nicht zu befürwortenden Formen - gegen den Präsidenten gerade aufgrund der beiden Tatsachen geleistet wurde, nämlich der, sagen wir so, " Eigenwahl" sowie der Krise der Pyramiden-Anlagenfonds. Wenn nun die Wiederholung einiger kritischer Etappen auch für die Zukunft vermieden werden soll, gilt es, wichtige Entscheidungen zu treffen. Was die Interventionsmaßnahmen für eine Hilfeleistung betrifft - ich wende mich insbesondere an Kommissar Van den Broek -, so sollte für eine entsprechende Kontrolle der Straßen gesorgt werden, auf denen der Transport der Hilfslieferungen der Europäischen Union erfolgt. Daß dies bislang nicht ausreichend geschehen ist, steht außer Zweifel. Was, Herr Ratspräsident, die nächsten Termine, insbesondere die Wahlen anbelangt, so möchte ich Sie fragen, weshalb, auch wenn wir bisher nicht zu einer gemeinsamen Aktion als Europäische Union - was zweifellos besser gewesen wäre - in der Lage waren, dies nicht jetzt im Hinblick auf eine Unterstützung des Wahlprozesses erfolgen kann. Weshalb ist nicht - natürlich unter Anwesenheit der ESSE und anderer internationaler Organisationen - auch eine gemeinsame Aktion der Europäischen Union zur Unterstützung des Wahlprozesses möglich, der mit der Durchführung von Wahlen sowie einer Erneuerung der Verfassung seinen Abschluß finden sollte? Frau Präsidentin, meine Herren Kollegen, der Rat hat bis heute keine gemeinsame Aktion in Albanien beschlossen, wie es in Artikel 1 Absatz 3 des Vertrags vorgesehen ist, aber die Kommission hat den Rat auch nicht aufgefordert, eine gemeinsame Aktion zu starten, obwohl sie nach Artikel 1 Absatz 8.3 des Vertrags das Recht dazu hat. Was ist denn de facto passiert? Die Europäische Union hat durch ihren Ministerrat lediglich ihre Zustimmung zur Resolution des Sicherheitsrats erklärt und unterstützt derzeit zugegebenermaßen die Initiativen der Europäischen Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Griechenland und die Griechen, die doch genug eigene Probleme haben, leisteten und leisten dem leidgeprüften albanischen Volk humanitäre und sonstige Hilfe, wie es auch bestimmte andere Länder tun. Die Europäische Union jedoch, die den gemeinsamen Willen der Völker und Regierungen der fünfzehn Mitgliedstaaten zum Ausdruck bringt, ist in Albanien nicht präsent. Meine Herren im Rat und in der Kommission, das Parlament wirkt nicht, weshalb Sie eine gemeinsame Aktion ablehnen. Gerüchte und Spekulationen genügen da nicht. Ist es pure Gleichgültigkeit, oder gibt es Differenzen zwischen Ihnen? Oder ist den Interessen der Europäischen Union Ihrer Meinung nach durch eine Politik der Nichteinmischung besser gedient? Welche Gründe es auch immer sein mögen, sie können die offizielle Abwesenheit der Europäischen Union von den Vorgängen in Albanien nicht rechtfertigen. Die gegenwärtigen Bedingungen und die Sicherung der Perspektiven einer Demokratisierung und wirtschaftlichen Sanierung des Landes gebieten die offizielle Präsenz und das Engagement der Europäischen Union. Abschließend möchte ich den italienischen Kollegen aller Fraktionen hier im Saal sagen, daß Griechenland die Führung Italiens bei den Kräften, die nach Albanien entsandt werden, akzeptiert und in diese Führung Vertrauen hat. Und ich möchte unterstreichen, daß diese Position sowohl von unserer Regierung wie auch von der Opposition im griechischen Parlament getragen wird. In diesem Fall vertreten wir, abgesehen von einem kleinen politischen Bündnis in Griechenland, die gleiche Politik, und ich möchte auch die italienische Seite aufrufen, diese Initiative zu unterstützen. Jetzt können wir nicht mehr zurück, keiner von uns, denn unser aller Verpflichtungen gegenüber Albanien und dem albanischen Volk wiegen da zu schwer. Frau Präsidentin, als die geschätzten Vertreter des Rates und der Kommission ihre Positionen dargelegten, kam ich wirklich ins Grübeln, welchen Rat und welche Kommission sie eigentlich repräsentieren. Ich hatte den Eindruck, sie sprechen von einem anderen Kontinent, nicht aber über Europa und auf keinen Fall über die Europäische Union. Sie haben es nicht einmal für nötig befunden, sich zu entschuldigen oder ihrem Bedauern Ausdruck darüber zu verleihen, daß sie, obwohl sie die Ereignisse in Albanien haben kommen sehen, die Augen davor verschlossen, um nicht das Mißfallen ihres Auserwählten, Herrn Berishas, zu erregen. Auch nach der jüngsten Wahlfarce in Albanien haben Europaabgeordnete aus allen Fraktionen in ihren Anfragen oftmals die Alarmglocke geschlagen, aber wir haben immer dieselbe Antwort bekommen: " Wir möchten dem geschätzten Abgeordneten mitteilen, daß wir die Vorwürfe prüfen und Sie dann informieren werden." Aber Sie haben uns nie informiert, meine Herren, niemals. Wie Sie uns auf unsere Anfragen überhaupt niemals informieren und so das Europäische Parlament düpieren. Die tragischen Ereignisse in Albanien sind Ihnen zuvorgekommen. Und selbst heute noch befinden Sie sich in dem Stadium, daß Sie die Lage beobachten, wie Sie sagten. Die Zwistigkeiten unter Ihnen und die Interessenlagen hindern Sie daran, eine gemeinsame Aktion zu starten und als Europäische Union eine einheitliche Politik in Albanien zu machen. Haben Sie wirklich erst jetzt begriffen, Herr Minister, Herr Ratspräsident, daß die Polizei von Herrn Berisha eine Ausbildung braucht? Ist Ihnen erst jetzt klargeworden, daß es eine albanische Mafia gibt und die Gefahr besteht, daß die humanitäre Hilfe nicht dem albanischen Volk zugute kommt? Hier bietet sich Ihnen eine letzte Chance, der politischen Linie der Entschließung des Europäischen Parlaments zu folgen. Sie sind moralisch verantwortlich für die Ereignisse in Albanien, wie Sie auch verantwortlich dafür sind, was im ehemaligen Jugoslawien geschehen ist. Dies ist das letzte Mal, daß Ihnen die Völker Europas noch einmal verzeihen. Frau Präsidentin, im Unterschied zu meiner Fraktion habe ich den Kompromißentschließungsantrag zu Albanien unterzeichnet und werde in meinem eigenen Namen dafür stimmen, weil ich inhaltlich und vor allem damit einverstanden bin, daß dringend eine internationale humanitäre Mission entsandt werden muß. Die Europäische Union und vor allem Italien haben meines Erachtens die politische und moralische Verpflichtung, der Regierung der nationalen Aussöhnung bei der Wiederherstellung eines Klimas des friedlichen Zusammenlebens und der demokratischen Normalität in Albanien behilflich zu sein, und von sämtlichen albanischen Kräften - der Mehrheit wie der Opposition - einschließlich der Komitees im Süden wird gefordert, daß sich die Vereinten Nationen der internationalen Mission, die von meinem Land koordiniert wird, anschließen mögen. Heute in Albanien nichts zu unternehmen, wäre ein Vergehen unterlassener Hilfe, während es für die Europäische Union eine Verpflichtung ist, sich um das demokratische Schicksal eines Landes zu kümmern, das Bestandteil der europäischen Geographie und Politik bildet. Die Stimmen, die sich auch von hier und auch von meiner Fraktion gegen die Mission erhoben haben, haben keine gültige und unmittelbare Alternative zu bieten außer vagen politischen Plänen, die für die Krise, in der sich jenes Land heute befindet, keine kurzfristige Lösung darstellen. Meines Erachtens muß die Koalitionsregierung von Ministerpräsident Fino in allen ihren politischen Forderungen unterstützt werden, da diese Regierung heute den einzigen Gesprächspartner darstellt, der in der Lage ist, Albanien zu regieren, und diesbezüglich würde Präsident Berisha gut daran tun, seine Verantwortung auf sich zu nehmen und zur politischen Lösung der Krise in Albanien einen wirksamen Beitrag zu leisten, und zwar vor allem dadurch, daß er sein Mandat in den Dienst der nationalen Aussöhnung stellt, um Neuwahlen zu fördern. Ich möchte jetzt an dem Rat und an der Kommission Kritik üben, die bei dieser Krise durch Abwesenheit geglänzt, die die Regelung der Angelegenheit Italien alleine überlassen und die sich angesichts des Ausbruchs einer Krise sowie des Flüchtlingsstroms auf eine passive Zuschauerrolle beschränkt haben. Auch die Kommissarin, Frau Bonino, hat sich gerade in dem in ihre Zuständigkeit fallenden Bereich, nämlich der Flüchtlingshilfe, völlig bedeckt gehalten. Ich werfe den Europäischen Institutionen also vor, inaktiv geblieben zu sein und nicht ihre Aufgabe erfüllt zu haben, die italienische Regierung bei der schwierigen Krise, von der sie betroffen ist, zu unterstützen. Ich hoffe, daß es eine Außen- und Sicherheitspolitik ermöglichen wird, und zwar auch durch Abstimmungen mit einfacher Mehrheit, neue Krisen zu vermeiden. Im Falle Albaniens liegt die Lösung darin, daß umgehend jene multinationale Schutztruppe entsandt wird, die ich unterstütze und weshalb ich auch entgegen der Stellungnahme meiner Fraktion für den Entschließungsantrag stimmen werde. - Frau Präsidentin, zunächst möchte ich jenen tapferen Männern und Frauen in Albanien meine Anerkennung aussprechen, die ihr Leben und ihren Lebensunterhalt riskiert haben, um in diesem Land den Frieden, die Ordnung und die Würde zu schützen. Ihr Mut verdient unsere Bewunderung und auch unsere Unterstützung. Wir alle wissen, daß wir insgeheim befürchten, daß Albanien ein weiteres Bosnien wird und wenn das geschieht, dann wird der gesamte Balkan explodieren. In diesem Zusammenhang haben wir unsere heutige Aussprache gestellt. Einerseits möchte ich also die bisherigen Anstrengungen des Rates und der Kommission würdigen, andererseits jedoch darauf hinweisen, daß entschieden mehr getan werden muß. Wie auch einige andere Abgeordnete heute bin ich darüber besorgt, daß die multinationalen Schutzkräfte nicht ausreichend repräsentiert sind. So wird, ganz offen gesagt, eine zu große Betonung auf Italien gelegt, obwohl wir aus historischen Gründen die Italiener nicht zu sehr exponieren sollten. Es besteht ständig das Risiko, daß die Sicherheitskräfte das Problem verschärfen, anstatt zur Lösung beizutragen. Und wir tragen zur Verschärfung dieses Problems bei, wenn wir nicht dafür Sorge tragen, daß mehr Sicherheitskräfte mit größerer Unterstützung stationiert werden. Wenn jemals die Zeit für eine europäische Solidarität reif war, dann ist dies sicherlich jetzt der Fall. Ich schließe mich jenen an, die gemeinsame Aktionen in Albanien forderten, denn die Geschichte hat uns sicherlich gelehrt, daß es zu unser aller Nachteil ist, wenn wir vor den Ereignissen auf dem Balkan die Augen verschließen. Wir haben zu lange vor den Ereignissen in Albanien die Augen verschlossen, und nun müssen wir mit den Folgen leben. Wir müssen die humanitäre Hilfe und den Frieden wiederherstellen, wir müssen sicherstellen, daß freie und gerechte Wahlen auf eine freie Presse und die Achtung der Rechtsordnung gestützt sind. Das wird nicht einfach sein, und es wird viel größere Anstrengungen erfordern, als wir bisher dafür unternehmen wollten. Frau Präsidentin, in zwei Minuten lassen sich nur zwei Dinge sagen: erstens ist, was die Rolle der Union bei der derzeitigen Krise in Albanien betrifft, trotz der Unterstützung der UNO nicht vorgesehen, daß die Union eine volle und unmittelbare Verantwortung auf der Grundlage des geltenden Vertrages übernimmt. Es handelt sich nämlich um eine bloße Mitbeteiligung, auch wenn bei der Mission in Albanien einige Mitgliedstaaten, angefangen bei Italien, an vorderster Front stehen. Es besteht der Eindruck, daß die Union erneut eine historische Gelegenheit verpaßt hat, eine "Primogenitur" auszuüben, die an Ort und Stelle erworben werden muß, und die infolge politischer und kultureller sowie geographischer Gründe niemand in der Welt in Frage zu stellen wagte. Es besteht die Gefahr, daß im Herzen des alten Europa jene Situation weiterbestehen wird, die Luigi Sturzo mit folgenden Worten beschrieben hatte: " In jedem Staat sind alle Bürger unbewehrt und nur die Regierung ist bewaffnet" . Auf unserem Kontinent sind sämtliche Staaten bewaffnet und nur die internationale Obrigkeit besitzt keine Waffen. Und da es keinen Frieden ohne Recht gibt und kein Recht ohne Strafmaßnahmen, wird es der Europäischen Union entweder gelingen, sich so rasch wie möglich eine einheitliche Struktur der Sicherheit und Krisenvorbeugung zu geben, oder unser Kontinent ist dazu bestimmt, dem Naturzustand verhaftet zu bleiben, bei dem jedes Volk geneigt ist, zur Selbstjustiz zu greifen und in die Barbarei zurückzufallen, wie es in Bosnien der Fall war und wie es in Albanien der Fall zu sein droht. Zweitens betrifft das eigentliche Problem in Albanien heute, wie bereits gesagt wurde, weniger die humanitären Aspekte, weniger Lebens- und Arzneimittel, als vielmehr die dringende Notwendigkeit, die staatliche Autorität und die Souveränität des Gesetzes auf demokratischen Grundlagen wiederherzustellen, jene Autorität und Souveränität, deren Legitimation in Albanien durch Parlamentswahlen und vor allem durch Wahlen auf Verwaltungsebene begründet wurde. Daraus ergibt sich, daß es in Albanien außer dem Staats- und dem Regierungschef keine legitimierte Autorität geben kann. Für die Mission besteht nur dann die Möglichkeit einer gewissen Erfolgschance, wenn diese elementaren Regeln beachtet werden. Sie wird hingegen dazu bestimmt sein, kläglich zu scheitern, wenn nicht der in der Sozialistischen Partei noch bestehenden leninistischen Tendenz ein Riegel vorgeschoben wird, nämlich auf der einen Seite die Regierung Fino zu unterstützen und auf der anderen Seite mit den aufständischen Komitees und den bewaffneten Banden politische Abkommen zu schließen. Frau Präsidentin, es ist seltsam, muß aber einmal gesagt werden: Der Rat und die Kommission haben mit ihren Erklärungen versucht, uns, dem Europäischen Parlament, und von dieser Stelle aus über die Massenmedien auch der europäischen Öffentlichkeit "politischen Kamillentee" zu verabreichen. Begreifen Sie doch endlich, daß Sie das nicht länger verbergen können! Wir haben es hier mit einer brutalen und offensichtlichen Militärintervention in einem unabhängigen europäischen Land zu tun. Es ist eine Intervention, die das korrupte und räuberische Mafiaregime Berisha stützen soll, das Sie gepäppelt, das Sie versorgt haben, und das wollen Sie wieder einmal vertuschen. Und weder Sie noch die UNO und ihr Generalsekretär Annan noch andere internationale Organisationen haben das Recht, dem aufständischen albanischen Volk das unveräußerliche Recht zu bestreiten, selbst über sein Schicksal zu entscheiden, statt dies irgend jemand anderem zu überlassen. Auch haben Sie und alle, die diese Entschließung unterschreiben und Herrn Berisha mit keinem Wort erwähnen, die vorbehaltlos die Militärintervention unterstützen, nicht das Recht, hier vom bequemen Sessel aus Beschlüsse zu fassen und unsere Kinder, die Kinder des europäischen Volkes, in ein mögliches Massaker zu schicken, zuzulassen, daß sie andere Menschen töten oder sogar selbst getötet werden. Und warum? Nur, um unlautere Interessen und Einflußsphären in Albanien durchzusetzen. Begreifen Sie das doch endlich! Diese Sache läßt sich nicht vertuschen, früher oder später wird es wieder zu einem Ausbruch kommen, und dann können Sie von den multinationalen Kasernen aus keine Demokratie herstellen. Sie wollen eine Fast-food-Demokratie schaffen, lediglich eine Abart der Berisha-Demokratie! Frau Präsidentin! Wer die Debatte heute verfolgt hat, hat festgestellt, daß sie nicht nur mit kühlem Verstand geführt wird, sondern daß sie teilweise nicht frei von Emotionen ist. Es nützt überhaupt nichts, bei der heutigen Situation in Albanien auf den Kommunismus zu schimpfen, auf die Nachfolger dort zu schimpfen, die auch keine glänzende Rolle gespielt haben. Und wer heute noch von der zweifelhaften Rolle der Sozialisten in Albanien redet, der muß sich fragen lassen, ob das nicht der falsche Tonfall ist. Es kommt nämlich jetzt meiner Ansicht nach darauf an, daß alle, die guten Willens sind, alle verfügbaren Kräfte bündeln, um in Albanien die Verhältnisse zu verbessern, um zusammenzuarbeiten, und auch Berisha muß sich konstruktiv an diesen Prozeß des Wiederaufbaus beteiligen und muß daran mitarbeiten. Ich möchte unterstreichen, wie seriös unser Parlament in der Vergangenheit und auch heute wieder die Debatte zur Lage in Albanien geführt hat. Ich glaube, daß die Debatte und auch die gemeinsame Entschließung, die alle wichtigen Elemente anspricht, zeigen, daß wir bereit sind, das Nötige zu tun, um in Albanien den Aufbau neuer Strukturen im Bereich der Politik und der Wirtschaft mitzuunterstützen; das haben alle Redner in der Debatte ja auch zum Ausdruck gebracht. Die Betonung liegt auf gemeinsam, denn ohne Gemeinsamkeit wird die Aufgabe nicht gelingen. Insofern hoffe ich, daß die Ankündigungen des Rates und auch der Kommission keine leeren Versprechungen gewesen sind. Anfangs war in der Debatte die Rede von den ungefähr 500 Millionen ECU, die über das PHARE-Programm nach Albanien geflossen sind. Die Kommission wird sich - nicht heute, aber irgendwann - fragen lassen müssen, wo dieses Geld geblieben ist. Als ich in Albanien war, habe ich jedenfalls keines der Projekte, die damit angeblich gefördert worden sind, gesehen. Ich glaube, man muß abschließend sagen, daß die internationale Gemeinschaft, insbesondere die Europäische Union, die OSZE sowie der Internationale Währungsfonds jetzt die Aufgabe haben, die makroökonomische Entwicklung in Albanien zu unterstützen, damit die Menschen dort wieder eine Zukunft haben. Sonst, glaube ich, wird es auf lange Sicht schlechte Verhältnisse in diesem Land geben. Wir sind jedenfalls bereit, unseren Teil dazu beizutragen. Ich werde für die gemeinsame Entschließung stimmen, wenngleich sie unvollkommen ist und die Herangehensweise an das Problem, mit dem wir es zu tun haben, nicht befriedigen kann. Das Problem ist ein Vertrauensproblem. Für uns hier ist es wohl unmöglich nachzuvollziehen, wie tief der Mangel an Vertrauen der Albaner erstens gegenüber Berisha und seinem Regime und zweitens gegenüber uns, der restlichen Europäischen Union, ist. Und das ist nur allzu verständlich. Viele hier stützen Herrn Berisha noch immer, den Hauptverantwortlichen für die Wahlfälschung und die politische Krise, den Hauptschuldigen für die räuberische Praxis der Pyramiden und den Hauptverdächtigen für jeglichen Versuch einer unrechtmäßigen Lösung in Albanien. Er ist durch und durch unglaubwürdig. Wenn wir das Vertrauen wiederherstellen wollen, müssen wir auf jeden Fall die Regierung der nationalen Versöhnung unterstützen, lange vor den Wahlen und auch während der Wahlen in allen Fragen der politischen Wiederherstellung der Demokratie als Europäische Union präsent sein und dürfen solange nicht das geringste Anzeichen einer Unterstützung für Herrn Berisha zeigen, bis dieser keinen Einfluß mehr auf die Ereignisse hat. Und schließlich, Herr Kommissar, müssen wir unbedingt die Verluste ersetzen, die die von den Pyramiden ausgeraubten Menschen erlitten haben. Beim letzten Mal hatten Sie das erwähnt, aber in Ihren heutigen Äußerungen und in denen des Rates sowie leider auch in der Entschließung des Parlaments habe ich diesen Punkt vermißt. Ohne die Wiedergutmachung der Verluste wird jede politische Lösung instabil sein. In Belgrad hat sich die Europäische Union auf die Seite derer gestellt, die friedlich gegen den von Milosevi eingesetzten Bürgermeister demonstriert haben. Und dieser Bürgermeister ist gestürzt worden. In Bulgarien hat sie ebenfalls diejenigen unterstützt, die friedlich gegen die Regierung Widenow protestierten. Und die Regierung Widenow ist gestürzt worden. Das gleiche geschieht derzeit in Weißrußland mit Lukaschenko. Da stellt sich doch die Frage, warum eine Kraft, die die demokratische Entwicklung Albaniens unterwandert, also Berisha und seine Clique, sogar heute noch gestützt und toleriert wird, zu einem Zeitpunkt, da sich die Vereinigten Staaten, denen wir doch sonst alles nachmachen, bereits von Berisha distanziert haben. Die Linke hat an dieser Stelle bereits die Alarmglocke geschlagen, als die Europäische Union die Wahlen deckte, als sogar die sozialistischen Regierungen in der Zeit vor den Wahlen ihren Staatspräsidenten nach Albanien schickten oder Berisha einen Orden verliehen, sie hat gemahnt und tut dies auch heute, in einer politischen Krise, wie Herr Van den Broek sagte, vor der Entsendung einer Friedenstruppe doch erst die politischen Probleme anzugehen und die Kräfte, die den demokratischen Prozeß in Albanien unterwandern, zu neutralisieren, und zwar nicht aus Rache, sondern um des Überlebens des Landes willen. Wir bedauern, daß das Europäische Parlament, anstatt dem Rat einen Anstoß zu geben, mit dieser gemeinsamen Entschließung, diesem Kompromiß, im wesentlichen die Positionen des Rates festschreibt und ein enormes Laisser-faire gegenüber Berisha erkennen läßt. Wir fordern die Annahme der Änderungsanträge unserer Fraktion, die unter anderem den Rücktritt von Präsident Berisha fordern, was meiner Meinung nach zu einer Normalisierung der Lage in Albanien beitragen würde. Frau Präsidentin, Sie werden verstehen, daß es nicht leicht ist, zu den Ausführungen von zwanzig verschiedenen Rednern Stellung zu nehmen, von denen sich viele - meines Erachtens zu recht - angesichts der Entwicklungen in Albanien besonders betroffen und erregt gezeigt haben. Ich muß sagen, daß ich Verständnis für solche Erregungen habe, denn wenn ich sehe, wie ein europäisches Nachbarvolk in einen solchen Zustand der Anarchie und der Selbstdegradierung gelangen kann, so wird mir bisweilen angst und bange. Wir sind alle in höchstem Maße dadurch betroffen, und diese Situation wird von uns auch sehr bedauert. Um zu den Ausführungen der einzelnen Abgeordneten in großen Zügen Stellung zu nehmen, möchte ich drei Fragen unterscheiden, die hier ständig aufgeworfen wurden, nämlich erstens: haben wir diese Entwicklung vorausgesehen und entsprechend reagiert? Zweitens: hat die Europäische Union, als im Februar/März der totale Zusammenbruch begann, seinerzeit entsprechend reagiert? Drittens: muß nicht mit wesentlich stärkeren militärischen Mitteln eingegriffen werden als sie jetzt vorbereitet werden? Das ist in etwa die Art der Fragen, die ich unterscheide. Was die erste Frage anbelangt, so möchte ich Sie bitten, daß wir uns nicht hinterher für klüger erklären sollten, als wir seinerzeit waren. Es ist natürlich leicht, zurückzublicken und zu sagen: wir haben diesen Fehler gemacht und wir hätten die Entwicklung voraussehen müssen. Wir haben sie jedoch nicht vorausgesehen. Allerdings wurde letztes Jahr sehr systematisch vorgegangen. Erstens wurden die Wahlen vom Mai 1996 von einer ESSE-Mission aufmerksam überwacht. Es wurde ein Bericht erstellt, in dem an den Wahlen heftige Kritik geübt und empfohlen wurde, in einigen Bezirken Neuwahlen abzuhalten. Der EU-Rat hat dazu eine klare politische Stellungnahme bezogen, in dem Sinne, daß bei Nichtausführung des ESSE-Berichts der Rat sowohl vertragsmäßig, als auch was die wirtschaftliche Zusammenarbeit betrifft, nicht bereit sein wird, bei der Entwicklung der Beziehungen zu der Regierung Albaniens weitere Schritte zu unternehmen. Damals war das diplomatische Instrument das einzige Mittel, über das die Europäische Union verfügte. Ich möchte Sie daran erinnern, daß im Herbst lokale Wahlen stattfanden, die vom Europarat überwacht wurden und nach dessen Urteil durchaus korrekt verlaufen sind. Die politische Einschätzung damals war, daß sich in Albanien wieder eine bestimmte Wende ich Richtung normaler demokratischer Verhältnisse vollzogen hatte. Zu Beginn des Winters wurde klar, daß sich wesentlich mehr vollzieht, und im Februar/März begann dann die eigentliche Auflösung, die zwar durch das bekannte Problem der Pyramidenspiele in Gang gesetzt wurde, der jedoch natürlich ein wesentlich umfassenderes Problem zugrunde liegt. Bei der Krise in Albanien handelt es sich nicht um einen Bürgerkrieg. Bei der Krise in Albanien steht nicht die eine Volksgruppe der anderen gegenüber und geht es nicht um eine traditionell verwurzelte politische Gruppierung, die der anderen ihren Platz unter der Sonne nicht gönnt, sondern in Wirklichkeit handelt es sich um den völligen Zusammenbruch eines sozioökonomischen Systems, um einen völligen Autoritätsverlust der amtierender Regierung, sowohl auf nationaler wie auf regionaler Ebene. Als der Rat mit dieser Situation konfrontiert wurde, lautete die erste Frage, die wir uns damals stellten: es muß zwar etwas getan werden, doch wo liegt für uns der Angriffspunkt? Der erste Angriffspunkt liegt darin, daß eine gewisse Form der öffentlichen Ordnung und der Autorität wiederhergestellt wird, denn andernfalls ist das Chaos komplett. Das heißt also, daß zunächst mit den vorhandenen Gesprächspartnern - Präsident Berisha, den politischen Parteien, den sonstigen vorhandenen Machthabern - Kontakt aufgenommen werden muß. Daher hat die ESSE den Sonderbeauftragten, Dr. Vranitzky, und der Rat seinen Vorsitzenden, Minister Van Mierlo, sehr rasch nach Albanien geschickt. Diese hatten versucht, zwischen allen beteiligten politischen Gruppierungen ein Übereinkommen zu erzielen, bei dem zwei Elemente im Vordergrund standen, nämlich erstens Sofortmaßnahmen zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und eines Mindestmaßes an Rechtsstaatlichkeit sowie zweitens Ingangsetzung eines gemeinsamen politischen Prozesses, der zur Wiederherstellung normaler politischer und demokratischer Verhältnisse führen sollte. Eine solche Vereinbarung wurde getroffen, anschließend wurde die Regierung Fino gebildet, von der jetzt versucht wird, in Aktion zu treten. Diejenigen, die erklären, wir hätten Partei ergreifen und dem amtierenden Präsidenten sagen müssen, daß er abtreten sollte, von denen wird die oberste Priorität verkannt, nämlich Wiederherstellung eines Mindestmaßes an öffentlicher Ordnung, denn unter den damaligen Umständen konnte überhaupt kein Anfang gemacht werden. Für einen solchen Weg hatten wir uns also nicht entschieden. Wenn wir in diesem Hause sagen hören, wir hätten dies nicht tun dürfen, dann wird meines Erachtens von diesem Parlament oder zumindest von Mitgliedern Ihres Parlaments, nicht erkannt, worin das oberste Ziel besteht, nämlich Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung. Die dritte Frage lautet - und ich beziehe mich hier auch auf einige der vorgebrachten Bemerkungen -, ob nicht ein energischeres Auftreten der Europäischen Union erforderlich gewesen wäre. Es hätte rasch und mit militärischer Macht reagiert werden müssen, usw. Dazu möchte ich folgendes sagen: Die Europäische Union ist keine Militärorganisation. Die Europäische Union besitzt keine Befugnis für militärische Angelegenheiten und für Verteidigungspolitik. Im Rahmen der interinstitutionellen Beziehungen sprechen wir also über etwas, das außerhalb unserer Befugnisse liegt. Wie ich ferner bereits gesagt habe, liegen die Probleme in Albanien nicht in zwei rivalisierenden Parteien, die einander nach dem Leben trachten, und zwischen denen eine Schieds- und Ordnungsmacht auftreten muß. Das Problem besteht darin, daß das sozioökonomische System und die nationale Obrigkeit völlig zusammengebrochen sind. Angesichts der bestehenden Sicherheitssituation - und Sie alle konnten zur Kenntnis nehmen, wie hoch bewaffnet der Durchschnittsbürger in Albanien ist - wäre es völlig unverantwortlich gewesen, eine umfassende europäische Polizei- oder Militärmacht ohne große Überlegungen einzuschalten, um die Ordnung wiederherzustellen. Diejenigen, die sich - implizit oder explizit - dafür aussprechen, halten meines Erachtens ein unverantwortliches Plädoyer. Ich bin sehr dankbar, daß von einigen Ländern - nicht im Rahmen der Europäischen Union, denn diese ist dazu nicht befugt, der Rat besitzt keine Befugnisse auf militärischem Gebiet - eine coalition of the willing gebildet wurde, die sich auf eine Zuständigkeitserklärung im Rahmen einer Resolution des UN-Sicherheitsrates stützt, wonach eine multinationale Schutztruppe zur Verfügung gestellt werden soll. Diese wird jetzt sorgfältig vorbereitet, und diese Vorbereitung betrifft die Aufgabenstellung, deployment , Aufbau und Zusammenarbeit auf der einen Seite und den gesamten komplizierten Fragenkomplex bezüglich der Kommandostrukturen und der rules of engagement auf der anderen Seite. Alle diese Punkte bedürfen sehr sorgfältiger Überlegungen, denn, wie von mehreren Abgeordneten gesagt wurde, ist die Situation noch immer ungewiß. Die Sicherheitslage ist prekär, und wenn nicht äußerst behutsam vorgegangen und sehr sorgfältig geplant und so weit wie möglich von einer Zusammenarbeit mit albanischen Behörden ausgegangen wird, die bereit sind, zusammenzuarbeiten und sich auch dafür einzusetzen, daß eine solche Polizei- und Militärmacht ihre Rolle erfüllen kann, werden wir meines Erachtens große Enttäuschung zu erwarten haben, was den Einsatz militärischer Mittel betrifft. Zusammenfassend möchte ich sagen, daß ich zwar volles Verständnis habe, wenn Mitglieder Ihres Parlaments ihre Enttäuschung und Betroffenheit darüber zum Ausdruck bringen möchten, daß ein europäisches Brudervolk in eine solche schreckliche Situation geraten kann, doch darf man dabei nicht die Erregung durchklingen lassen, die wir auch im Rat empfinden, sondern es muß cool judgement gezeigt werden, um in den verschiedenen Phasen der sich entwickelnden Krise tun zu können, was zu einem bestimmten Augenblick getan werden muß und was - wie ich nochmals wiederholen möchte - auch realisierbar ist. Sowohl in Albanien wie bei der politischen Beschlußfassung geht es um Dinge, die notwendig sind, aber auch um die Frage, was realisierbar ist. Frau Präsidentin, da ich während der ganzen Aussprache nicht anwesend war, möchte ich darauf hinweisen, daß mein Kollege, Hans van den Broek, überaus bedauert, daß er das Haus vorzeitig verlassen mußte, um noch einen Flug zu erreichen. Unter anderen Umständen wäre es nicht dazu gekommen. Er bat mich auch, Ihnen mitzuteilen, daß er spezifische Fragen zu Einzelheiten oder zu Informationen im Laufe der Aussprache, mit denen er sich eingehend befassen wird, gerne schriftlich beantworten wird. Frau Präsidentin, meiner Auffassung nach sind wir den europäischen Wählern gegenüber verpflichtet, keinen falschen Eindruck aufkommen zu lassen. Und es ist äußerst wichtig, hier zu betonen, daß es einfach nicht wahr ist, daß wir nichts von den Wahlfälschungen wußten. Erstens: wir wußten von den Wahlfälschungen, und wir haben nichts getan. Zweitens: es ist nicht wahr, daß die öffentliche Ordnung für uns Priorität hatte, denn wenn das der Fall gewesen wäre, hätten wir die Geheimdienste entwaffnet und aufgelöst. Die Menschen in Albanien haben zu den Waffen gegriffen, weil wir nichts getan und sie damit enttäuscht haben. Ich habe sieben Entschließungsanträge gemäß Artikel 37 Absatz 2 der Geschäftsordnung erhalten. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen, Donnerstag, um 12.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Lage in Hongkong. Herr Präsident, die Kommission begrüßt diese Gelegenheit, die Situation Hongkongs zu erörtern, und ich danke dem Parlament, daß es durch Vorlage dieser Entschließungsanträge heute dazu die Möglichkeit gegeben hat. Ich werde mich bei dieser Gelegenheit nur auf Hongkong beziehen, das Haus kann jedoch versichert sein, daß der politische Ansatz, den ich hier erläutere, auch im Hinblick auf Macao verfolgt werden wird, mit dem wir uns natürlich im Laufe der Zeit in diesem Haus und auch andernorts eingehend befassen werden. Herr Patijn sprach soeben davon, daß der Souveränitätsübergang Hongkongs bereits in zwölf Wochen stattfindet. Diese Aussprache findet deshalb rechtzeitig statt, sie ist auch eine gute Gelegenheit, um sich mit der Situation nach der Übergabe Hongkongs am 1. Juli zu befassen und zu überlegen, wie unsere Beziehungen mit Hongkong als Sonderverwaltungsgebiet von China sich künftig entwickeln könnten. Wir glauben, daß in den nächsten Jahrzehnten Hongkong eine wichtige und positive Rolle in unseren Beziehungen zu China spielen wird. Wie Ihnen bekannt sein wird, hat die EU in den letzten Jahre jede Gelegenheit wahrgenommen, um die Bedeutung zu betonen, die sie der Zukunft Hongkongs beimißt. Der Europäische Rat hat wiederholt das starke Interesse der Union an der Aufrechterhaltung des Friedens und der Prosperität Hongkongs betont. Die EUWirtschaftsinteressen in Hongkong sind weit verzweigt und tief verwurzelt. Hongkong ist unser zehntgrößter Handelspartner mit über 100 EU-Finanzdienstleistungsunternehmen und ca. 250 regionalen Niederlassungen von EU-Unternehmen. Unsere Interessen sind jedoch nicht nur wirtschaftlicher und handelspolitischer Natur. In Hongkong leben mehr Europäer als in jeder anderen Stadt in Asien. Und der Geist der Offenheit in Hongkong bedeutet natürlich, daß wir viele gemeinsame Interessen haben. Hongkong ist und sollte auch weiterhin einer unserer größten asiatischen Partner bleiben. In den kommenden Wochen wird die Kommission deshalb eine Mitteilung veröffentlichen und an das Parlament weiterleiten, die sich umfassend mit den künftigen Beziehungen zu Hongkong befaßt. Die Kommission vertritt die Auffassung, daß eine wirksame Durchführung der Chinesisch-britischen Gemeinsamen Erklärung und die uneingeschränkte Einhaltung des Grundgesetzes der beste Weg ist, um die tatsächlichen Interessen der EU in Hongkong zu vertreten, und dazu dienen, den Wohlstand der Einwohner von Hongkong zu schützen. Diese deutliche Botschaft vermitteln wir der Regierung der Volksrepublik China bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Die wirksame Anwendung der Gemeinsamen Erklärung und des Grundgesetzes wird bedeuten, daß Hongkong als Sonderverwaltungsgebiet von China ein hohes Maß an Autonomie erhält, und zwar nicht nur in wirtschaftlichen Angelegenheiten, sondern auch in der Verwaltung und im Finanz- und Rechtssystem. Die Gemeinsame Erklärung und das Grundgesetz unterstreichen auch die wesentlichen Grundfreiheiten in Hongkong, einschließlich der Rede-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit. Das internationale Übereinkommen über Bürger- und politische Rechte sowie das Übereinkommen über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte werden weiterhin für Hongkong gelten. Aus verständlichen Gründen gab es natürlich Spekulationen über das künftige Fortbestehen dieser Vereinbarung. In der Gemeinsamen Erklärung und dem Grundgesetz sind diese Vereinbarungen jedoch ausdrücklich festgeschrieben, und das muß als grundsätzliche Garantie für das Volk von Hongkong betrachtet werden. Wir werden das natürlich in den kommenden Jahren aufmerksam überwachen, und die Kommission geht davon aus, daß die bestehenden Mechanismen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik Hongkong regelmäßig berücksichtigen, da die GASP-Instrumente natürlich dazu da sind, um benutzt zu werden. Das große Interesse Europas, der Vereinigten Staaten, Japans und anderer an Hongkong ist nicht der einzige Grund, darauf zu vertrauen, daß Hongkong weiterhin ein wichtiger Partner der Staatengemeinschaft sein wird. Die Gemeinsame Erklärung ist ein internationales Übereinkommen, daß bei den Vereinten Nationen hinterlegt ist, darüber hinaus ist jedoch die internationale Dimension für die Gemeinsame Erklärung und das Grundgesetz von zentraler Bedeutung. Hongkong wird weiterhin eine entscheidende Stimme als eigenständiges Mitglied zahlreicher internationaler Organisationen haben und internationale Übereinkommen in Bereichen unterzeichnen können, die in die Autonomie Hongkongs als Sonderverwaltungsgebiet fallen. Auch in den kommenden Jahren werden wir davon ausgehen, daß Hongkong seinen Status als aktiver und autonomer Partner in Wirtschaftsangelegenheiten und in anderen politischen, dem Sonderverwaltungsgebiet vorbehaltenen Bereichen beibehalten wird. Ich möchte betonen, daß es im Interesse eines jeden innerhalb und außerhalb Chinas liegt, das internationale Vertrauen in Hongkong aufrechtzuerhalten. Unsicherheiten über die Rechtsverfahren und das Rechtssystem in Hongkong können diesem Vertrauen nur schaden. Deshalb sind wir über einige Entwicklungen in den letzten Monaten im Hinblick auf den Legislativrat und die Rechtsordnung zu den Grundfreiheiten besorgt. Wir befinden uns in einer schwierigen Zeit, und es ist sehr wichtig, daß den Menschen in Hongkong und der Staatengemeinschaft Zusicherungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der Demokratie, der Grundfreiheiten und der öffentlichen Ordnung gegeben werden. Sicherlich wird bald nach der Übergabe Hongkongs eine eindeutige Erklärung abgegeben werden, daß die Wahlen für einen neuen Legislativrat auf einer freien und gerechten Grundlage stattfinden werden, was eine klare und wichtige Zusicherung im Hinblick au die künftige Stabilität Hongkongs sein würde. Das Sonderverwaltungsgebiet Hongkong, wie es in der Gemeinsamen Erklärung und im Grundgesetz festgeschrieben ist, wird natürlich einzigartig sein. Durch diese Einzigartigkeit ist es jedoch um so wichtiger, daß die Menschen in Hongkong, im übrigen China und in der Staatengemeinschaft dem Sonderverwaltungsgebiet Hongkong die Chance geben, so zu funktionieren, wie es beabsichtigt ist. Ich kann dem Haus versichern, daß die Kommission Hongkong nicht vergessen wird. Im Gegenteil, so wie es in der bevorstehenden Mitteilung vorgeschlagen wird, können wir dazu beitragen, die Tradition Hongkongs der Offenheit und des Internationalismus aufrechtzuerhalten, indem wir zunächst die Lage dort sehr aufmerksam verfolgen und ferner weitere Kontakte entwickeln. Wir wollen deshalb alle Aspekte des Lebens in Hongkong beobachten und regelmäßig darüber berichten. Ich kann bestätigen, daß dazu auch ein formeller Jahresbericht des Rates an das Parlament zu allen Fragen im Rahmen der Beziehungen EU/Hongkong gehört, und zwar nicht nur politischer und wirtschaftlicher Hinsicht, , sondern auch in Angelegenheiten der Menschenrechte und der Zusammenarbeit. Zudem beabsichtigt die Kommission, sich auf die in den letzten Jahren erzielten Fortschritte bei der Intensivierung der Verbindungen mit Hongkong zu stützen, so wie das zahlreiche einzelne europäische Bürger, wie zum Beispiel Studenten, Besucher oder Geschäftsleute und viele andere und auch dieses Parlament getan haben. Seit 1993 hat unser Büro in Hongkong eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung unserer Beziehungen mit diesem Raum gespielt, und wir messen seiner Rolle als unabhängiges Büro, das in direkter Verbindung mit Brüssel steht, eine große Bedeutung bei. Dieses Büro wird weiterhin diese Funktion ausüben. Wir wollen sicherstellen, daß die Intensivierung der Beziehungen fortgesetzt wird, und wir sehen einer aktiven Anwendung der Gemeinsamen Erklärung und des Grundgesetzes sowie einer weiteren Entwicklung unserer Beziehungen mit Hongkong in den kommenden Jahren mit großem Interesse entgegen. Herr Präsident, ich möchte der Kommission und dem Rat für ihre deutlichen Erklärungen danken und darauf hinweisen, um was es in dieser Aussprache nicht geht. Es geht nicht um China. Nach dem 1. Juli wird Hongkong nach der Formel "ein Land, zwei Systeme" regiert werden. Deshalb muß Hongkong an sich diskutiert werden und darf nicht als eine Art trojanisches Pferd benutzt werden, um über China zu diskutieren und es zu kritisieren. Wir haben diese Aussprachen aus zwei Gründen beantragt, die ich näher erläutern möchte. Zunächst wird Hongkong nach dem 1. Juli nicht mehr eine allein britische Angelegenheit sein, sondern es wird zur Angelegenheit der gesamten Europäischen Union. Und zudem, wie insbesondere Herr Kommissar Kinnock erwähnte, ist die friedliche Übergabe Hongkongs im Interesse aller betroffenen Parteien. Hongkong ist die achtgrößte Handelseinheit in der Welt. Es ist der regionale Hafen für Südostasien und das Tor für den Handel mit China, und als solches ist es der größte Motor für Wirtschaftswachstum in der Welt. Wir alle werden von einem erfolgreichen Übergang profitieren. Sollte dieser Übergang nicht erfolgreich verlaufen, dann werden wir alle Nachteile dadurch haben. Ein mißlungener Übergang wird insbesondere die wichtigen politischen Entwicklungen in der Region beeinträchtigen, und dazu gehört meines Erachtens auch Chinas mögliche Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation, von der wir alle hoffen, daß sie eher früher als später zustandekommt. Der Rat und die Kommission betonten bereits, daß es keine Gründe dafür gibt, warum der Übergang nicht gelingen sollte. Die chinesische Regierung hat eindeutig zugesagt, das Grundgesetz und die Gemeinsame Erklärung einzuhalten, und ich möchte die Aufrichtigkeit dieser Zusagen keinesfalls in Zweifel ziehen. Zudem ist die Entscheidung, die Chinesen, die vorher im öffentlichen Dienst in Hongkong arbeiteten, weiter zu beschäftigen, ein wichtiger Beweis für das gerechtfertigte Vertrauen in dieses Gebiet, insbesondere angesichts der hohen Qualifikationen der betroffenen Einzelpersonen. Natürlich gibt es auch einige Bereiche, um die wir uns Sorgen machen. Die Einrichtung eines vorläufigen Legislativrats war schlimmstenfalls illegal, wie der Gouverneur behauptet, oder bestenfalls unklug, ungerechtfertigt und unnötig, wie die Amerikaner anführten. Die Absicht, die "Bill of Rights" , die Vorschriften der internationalen Vereinbarung über Bürger- und politische Rechte enthält, das Gesellschaftsgesetz - in dem es in erster Linie um die Triaden geht - und das Gesetz für öffentliche Ordnung, das sich mit der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit befaßt, zu revidieren, verursacht bei uns einige Besorgnis über die Zukunft der Menschenrechtssituation in Hongkong. Zudem ist die Art und Weise, wie diese Maßnahmen durch das Vorbereitungskomitee, das hinter verschlossenen Türen tagte, angekündigt wurden, für die Zukunft nicht vertrauenerweckend. Nach Auffassung des Vorsitzenden der Rechtsanwaltskammer in Hongkong erfordert es die Rechtsordnung, daß das Verfahren zur Verabschiedung und Revision von Gesetzen offen, vernünftig und in Übereinstimmung mit dem Gesetz sei. Ich glaube nicht, daß die Ankündigungen diese Anforderungen erfüllen, und es ist deshalb wichtig - wie Herr Kinnock sagte -, daß die Wahlen für einen neuen Legislativrat so bald wie möglich stattfinden. Nach Artikel 70 des Grundgesetzes sollten diese Wahlen innerhalb von drei Monaten nach der Auflösung des bestehenden Legislativrates stattfinden. Wenn dieser am 1. Juli um Mitternacht aufgelöst wird - oder eine Minute nach Mitternacht am 1. Juli -, dann sollten diese Wahlen noch in diesem und nicht im nächsten Jahr stattfinden, wie in Hongkong teilweise behauptet wurde. Die Rechtsordnung ist natürlich für die Zukunft von lebenswichtiger Bedeutung, und dennoch sagte ein chinesischer Beamter im Hinblick auf den provisorischen Legislativrat, daß dieser unter einem Rechtssystem funktionieren werde, das sich von jenem unterscheide, das bisher der britische Hongkong-Legislativrat in Anwendung brachte. Die fortgesetzte Anwendung des Hongkonger Rechtssystems wurde in jeder Einzelheit zugesagt, und deshalb müssen wir fordern, daß diese Rechtsordnung weiterhin in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz Anwendung findet. Als ich in Hongkong war, wurde mir vereinzelt berichtet, daß Personen, die sich in einer gerichtlichen Auseinandersetzung befanden, einen Aufschub beantragt hatten, damit ihre Fälle erst nach dem 1. Juli verhandelt würden, wobei sie davon ausgingen, daß sie nach diesem Zeitpunkt in den Genuß besonderer Vergünstigungen kommen würden. Das darf nicht geschehen. Die Rechtsordnung muß respektiert werden. Ebenso erklärte mir Herr Tung, daß er keine Einmischung von außen in die politischen Aktivitäten Hongkongs wolle. Ich kann dem nur zustimmen. Schließlich habe ich gesagt, daß die Millionäre in Hongkong nicht die britische Konservative Partei subventionieren sollten, wie sie es bisher getan haben! Die Frage ist jedoch, wie weit dieses Gesetz reicht. Umfaßt es alle politischen Aktivitäten, wobei es den Gewerkschaften dann nicht erlaubt sein wird, an den internationalen Foren oder den Menschenrechtsgruppen teilzunehmen? Die Menschenrechte können am ehesten geachtet werden, wenn die Menschen die Gelegenheit haben, auf internationaler Ebene zusammenzuarbeiten. Es ist deshalb entscheidend, daß wir heute deutlich darauf hinweisen, daß die Menschenrechte nicht irgendein Zusatz, sondern die Grundvoraussetzung für eine moderne Wirtschaft sind. Es gibt keine wirtschaftliche Freiheit ohne politische Freiheit. Deshalb ist es wichtig, daß der Ministerrat sich bei diesem Thema einig ist - anders als dies kürzlich bei einigen anderen Gelegenheiten der Fall war - und deutlich macht, daß wir uns verpflichtet haben, den Prosperität Hongkongs aufrechtzuerhalten. Deshalb begrüße ich die Erklärung von Herrn Kommissar Kinnock, daß die Kommission den Übergang in all seinen Formen beobachten wird. Auf diese Art können wir sicherstellen, daß wir alle von der Aufrechterhaltung der Prosperität in Hongkong profitieren werden. Ich danke Ihnen, Herr Präsident. Ich möchte diese Stimmung der Einigkeit in dieser Aussprache nicht stören, denn ich weiß, daß die meisten von uns mit dem vorliegenden Entschließungsantrag einverstanden sind. Ich möchte jedoch betonen, daß das Thema China für einige Mitglieder der PSE-Fraktion problematisch ist, denn meines Wissens ist die chinesische Kommunistische Partei eine Schwesterorganisation der Sozialdemokratischen Partei Europas. Ich würde tatsächlich gerne fragen, warum die Millionäre in Hongkong die New Labour -Partei nicht finanziell unterstützt haben, aber ich glaube, daß die Antwort für sich selbst spricht. Ich möchte dem Rat und der Kommission für ihre Erklärungen danken. Der Rat könnte seine Erklärung in Paris haben schreiben lassen, denn der optimistische Ton in Bezug auf die Absichten Chinas scheint französischen Ursprungs zu sein. Die Franzosen bemühen sich derzeit in Beijing, das EU-Waffenembargo aufzuheben, und ich möchte der Präsidentschaft für ihre Anstrengungen danken, um in Genf eine Resolution zu den Menschenrechten zu verabschieden. Auf diese Weise bleibt die Europäische Union ihren Grundsätzen treu und verkauft sie nicht an Beijing. Ich danke der Kommission auch für eine sehr umfassende Erklärung, in der uns nachdrücklich versichert wird, daß zumindest die Kommission die Situation in Hongkong nach der Übergabe weiterhin beobachten wird. Es trifft natürlich zu, daß Hongkong von großer wirtschaftlicher Bedeutung für die EU ist. Die Kommission hat bereits einige Aspekte in diesem Zusammenhang erläutert, ich möchte jedoch darauf hinweisen, daß 45.000 europäische Bürger in Hongkong leben; die EU nach China und den USA Hongkongs drittgrößter Handelspartner ist; Hongkong der zwölftgrößte Handelspartner der EU in der Welt ist und daß unsere Ausfuhren nach Hongkong sich auf ca. 2.000 ECU pro Kopf in Hongkong belaufen, während es für Australien lediglich 400 ECU und Japan 200 ECU sind. Seit Generationen war Hongkong natürlich der Freihafen für Ausfuhren zum chinesischen Festland, seit den jüngsten Reformen im Festland China im Jahre 1978 sind diese jedoch um 500 % gestiegen. Der Herr Kommissar erwähnte bereits, daß zahlreiche europäische Unternehmen ihren Firmensitz in Hongkong haben, und es gibt 44 Banken mit Sitz in Hongkong, die Niederlassungen in der EU haben. Dadurch kann man sich eine gewisse Vorstellung von der Bedeutung dieses Territoriums für uns in Europa, und nicht nur für die Briten, sondern für Europa insgesamt machen. Ich möchte noch hinzufügen, daß Hongkong mit einer Bevölkerung von 6 Mio. Menschen ca. 23 % des Vermögens Chinas produziert und derzeit eine hunderprozentige Demokratie genießt. Mir wurde versichert, daß die Kommission insbesondere die politischen und sozialen Entwicklungen in Hongkong nach der Wahl weiter beobachten wird. Wie Herr Titley fordere auch ich, daß freie und gerechte Wahlen auf der Grundlage durch ein allgemeines Wahlrecht innerhalb von drei Monaten nach der Übergabe am 1. Juli durchgeführt werden sollten. Das ist die wichtigste der berechtigten Forderungen, die die Staatengemeinschaft an China nach der Übergabe Hongkongs richten muß. Ich selbst teile nicht den ungebremsten Optimismus des Rates oder einiger anderer Redner. Wir müssen sehr wachsam sein, und ich hoffe, daß dieses Parlament es sein wird. Herr Präsident, die vagen Zusagen Chinas werden meines Erachtens immer weniger erfüllt; was immer Herr Titley dazu sagen mag, das Problem Hongkongs ist eben China; das kann von uns nicht außer Betracht gelassen werden. Auch die von diesem wichtigen Handelspartner zahlreicher Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterzeichneten Abkommen werden nicht eingehalten, da - den neuen chinesischen Machthabern in Hongkong zufolge - der im September 1995 demokratisch gewählte Gesetzgebende Rat aufgelöst wird, da die Gesetze, die den Schutz der Pressefreiheit und der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit schützen, abgeschafft werden, da die Vereinigungen nicht mehr das Recht haben werden, mit ausländischen Organisationen Verbindungen aufrechtzuerhalten und da das Recht auf Versammlungsfreiheit sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt werden. Wenn wir uns nicht mit China befassen dürfen, Herr Titley, so weiß ich wirklich nicht, womit wir uns sonst befassen sollten. Ich wende mich natürlich auch an den Rat, der angesichts der heutigen Situation meines Erachtens einen ungerechtfertigten Optimismus gezeigt hat. Die hier vor uns von Kommissar Kinnock eingegangene Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, daß von der Kommission eine ständige Überwachung der Lage in Hongkong ermöglicht wird, ist meines Erachtens zwar wichtig, aber nicht ausreichend. Wir fordern, daß bis Ende Mai dem Parlament über die Lage der bürgerlichen Menschenrechte berichtet wird; wir fordern, daß die Kommission ihre diplomatische Vertretung in Hongkong verstärkt und daß die Lage in Hongkong strikt überwacht wird. Herr Präsident, vor 13 Jahren wurde die Chinesisch-britische Gemeinsame Erklärung unterzeichnet. Seit 13 Jahren sagt Großbritannien seinen europäischen Partnern, daß sie sich keine Sorgen machen müßten, da Hongkong sicher in unseren Händen sei. In weniger als 13 Wochen wird Hongkong nun zur Sonderverwaltungsgebiet der Volksrepublik China, und es bleiben Europa weniger als 13 Wochen, um sich darüber einig zu werden, wie ein kohärenter Gemeinsamer Standpunkt zu Hongkong gefunden und wie mit den unerledigten schlechten Praktiken umgegangen werden soll. Der amtierende Ratspräsident sprach von der Bedeutung, die Hongkong für die Geschäftswelt hat. Ich möchte ihn daran erinnern, daß schlechte Praktiken ein schlechtes Geschäft für die Demokratie und auch ein schlechtes Geschäft für die Geschäftswelt sind. Seine Erklärung schien mir nicht so sehr in Paris als in den geheiligten Hallen des britischen Außenministeriums geschrieben worden zu sein. Mein Interesse gilt nicht nur den Geschäften, sondern den Menschen. Der Kollege des Ratspräsidenten, Herr Van Mierlo, mußte vor zehn Tagen an seine Kollegen ein Schreiben über das Scheitern Europas richten, sich auf der Sitzung der UN-Menschenrechtskommission in Genf auf einen gemeinsamen Antrag in Bezug auf China zu einigen. Wenn wir mit den Menschenrechten für 1, 5 Mrd. Menschen Probleme haben, welche Hoffnung gibt es dann noch für die Menschenrechte für 6 Millionen Menschen in Hongkong? Wenn es einen Bereich gibt, in dem die EU-Mitgliedstaaten von der Union profitieren können, dann sind es die Beziehungen zu China. China hat seine Absicht verkündet, Teile des Grundgesetzes und 25 anderer Gesetze zu revidieren und den direkt gewählten Legislativrat abzusetzen. Im letzten Monat besuchte ich mit einer Gruppe anderer Mitglieder dieses Hauses Hongkong, und ich kann dem amtierenden Ratspräsidenten versichern, daß die größte Angst nicht außerhalb Hongkongs, sondern in Hongkong selbst besteht. Ich hoffe, daß der Rat sich Großbritannien anschließen wird, um die Frage der Auflösung des Legislativrats vor den Internationalen Gerichtshof zu bringen. Bei unserem Besuch trafen wir den designierten Verwaltungschef, Herrn Tung. Er scheint ein guter Mann zu sein und bemüht sich, aus dieser schwierigen Aufgabe das beste nach seinen Kräften zu machen. Wenn er jedoch von den traditionellen chinesischen Wertvorstellungen spricht und diese den asiatischen Wertvorstellungen, die überall in Asien verbreitet sind, oder schlimmer noch, den Vorstellungen von Familie, Vaterland und Arbeit entsprechen, für die man früher in Europa eintrat, dann werden die liberalen und demokratischen Kräfte, mit denen wir in Hongkong auch zusammentrafen, vor einer schier unlösbaren Aufgabe stehen und unsere fortgesetzte Unterstützung benötigen. Die ELDR-Fraktion fordert Europa auf, sich für Hongkong neue Reizwörter zu wählen: Wachsamkeit, aktive Unterstützung und Null-Toleranz. China ist der größte totalitäre Staat in der Welt. Wir sollten China mit Nachdruck in die Demokratie und in die Freiheit drängen. Herr Präsident, die friedliche Lösung des Problems Hongkong ist ein gutes Beispiel für die Lösung eines schwerwiegenden Problems auf dem Verhandlungswege. Da überall auf der Welt einschließlich Europas so viele Konfliktherde bestehen, ist die Tatsache, daß sich der Rückzug hier unproblematisch vollzieht- in einem flexiblen Übergang, wie der Herr Präsident sagte -, nur zu begrüßen. Das bedeutet natürlich nicht, daß alle Probleme vom Tisch sind. Aber wie dem auch sei - wenn wir als Europäisches Parlament einen Beitrag zu guten Lösungen und zum Aufbau allseits vorteilhafter Zusammenarbeit mit China leisten wollen, dann dürfen wir nicht so verfahren, wie es im gemeinsamen Entschließungsantrag steht, dem sich meine Fraktion übrigens nicht angeschlossen hat. Zwei Bemerkungen zu diesem Thema. Natürlich ist es legitim, auf die traditionelle Haltung des Europäischen Parlaments zum Thema Menschenrechte hinzuweisen, dem kann ich mich nur anschließen; doch ist es keine gute Methode, über das soziale und politische Leben der Chinesen mit Forderungen mitbestimmen zu wollen, die man anderen Regierungen gegenüber nicht äußert: Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Ansonsten muß ich sagen, daß ich mit der Unterstützung für das amerikanische Hongkong-Gesetz nicht einverstanden bin. Mit welchem Recht erläßt der amerikanische Kongreß Gesetze für Hongkong? Uns ist dieses Gesetz völlig unbekannt, doch sollen wir uns dazu äußern. Das dürfte in dieser Frage wohl kaum eine vernünftige Position sein. Die Erklärung des Rates klingt übrigens völlig anders. In der letzten Nummer von Hong Kong Human Rights' Monitor News Letter steht folgendes zu lesen: " History will judge Britain poorly for holding the Hong Kong people back from political life" . Ich glaube, man kann das Problem Hongkong zusammenfassen, indem man sagt, daß es von Großbritannien geschaffen, aber von China genutzt wurde. Die Demokratisierung begann ja leider erst nach dem chinesischbritischen Abkommen von 1984. Deshalb behauptet China ja auch, daß die demokratischen Reformen von Gouverneur Patten gegen das Abkommen verstoßen. Gleichzeitig ist offensichtlich, daß Demokratie und Menschenrechte einen moralischen und politischen Wert an sich haben, der schwerwiegender sein muß als internationale Verträge, die über die Köpfe des betroffenen Volkes hinweg eingegangen worden sind. Es gibt sicher gewisse positive Züge in der chinesischen Haltung. Es gibt jedoch viel mehr, weswegen man beunruhigt sein kann. Ich stimme deshalb den Rednern zu, die sich darüber aufregen, daß der Vertreter des Rates so wenig über das beunruhigt ist, was sich bei der Übergabe von Hongkong an China abzeichnet. Wir haben allen Grund, wirklich das Bedürfnis hervorzuheben, die Vorgänge in Hongkong ständig zu überwachen und Maßnahmen der Union bereit zu haben. Herr Präsident, auch ich teile den Optimismus des Rates nicht. Ich denke, es ist ausreichend von den Dingen gesprochen worden, die nicht laufen, vor allem von der Auflösung des Gesetzgebenden Rates oder, aus der jüngsten Vergangenheit, dem Kaltstellen von sieben der acht Rektoren der Universitäten Hongkongs, was für die Zukunft einer eventuellen Zusammenarbeit mit diesen Hochschulen nichts Gutes ahnen läßt. Ich gehöre nicht zu den Verfechtern der Auffassung, daß in einem Land zwei Systeme möglich sind. Ich meine, wir sollten uns für ein System in einem Land einsetzen. Man muß den Verantwortlichen in der Volksrepublik China nur klar machen, daß das in Hongkong geltende System auf ganz China ausgedehnt werden muß. Man kann sich nun, wie Herr Gahrton es eben getan hat, über die Versäumnisse der britischen Regierung bei der Einführung der Demokratie in Hongkong auslassen, doch wird dabei häufig vergessen, daß Demokratie nicht nur aus Wahlen besteht. Demokratie, das ist auch ein funktionierendes Rechts- und Gerichtssystem. Das sind alles Dinge, deren Bedeutung die chinesischen Behörden gerade erst zu erfassen beginnen. So gab es beispielsweise die Erklärungen von Herrn Chao Cheu, dem Präsidenten der Volksversammlung. Meiner Meinung nach sollte man immer wieder bei den chinesischen Behörden vorstellig werden und ihnen sagen, daß Hongkong das Modell werden muß, daß das in Hongkong bestehende System nach ganz China als einziges System exportiert werden muß. Natürlich wären noch ein paar Verbesserungen vorzunehmen, bei allem, was Wahlen und Bürgerrechte angeht, aber ich halte Hongkong wirklich für den Ausgangspunkt der Einführung der Demokratie in China. Wir begrüßen die Erklärungen der Kommission, in denen sie fortlaufende Berichterstattung über die Entwicklung der Lage zusagt. Wir hoffen, daß der Rat seine Politik ändern wird. Hier ist übrigens nicht der niederländische Vorsitz angesprochen, denn er hat Bemerkenswertes bei der UN-Menschenrechtskommission geleistet, was sich nicht von allen Mitgliedstaaten sagen läßt. Insbesondere vier Mitgliedstaaten haben geradezu verheerend gewirkt; ich glaube, daß sich daran etwas ändern muß. Das kann jedoch nur mit einer gemeinsamen Außenpolitik geändert werden. Ich denke, daß auch hier bis zum Rat in Amsterdam noch viel zu tun bleibt. Herr Präsident, mein Kollege Titley hat vollkommen recht, wenn er davor warnt, Hongkong und die Menschenrechtssituation in Hongkong als Knüppel zu benutzen, um China zu prügeln. Wer das tut, der hilft Hongkong keinesfalls. Er hat jedoch unrecht, wenn er behauptet, daß diese Aussprache sich nicht mit China befaßt. Die gesamte Natur dieses Problems und alle Schwierigkeiten mit Hongkong haben ihren Ursprung in den Schwierigkeiten, die Großbritannien damit hat, seine letzten Überrest des Empires zu übergeben sowie in dem starken Gefühl des verletzten Stolzes und sogar der Demütigung auf seiten Chinas, weil es in der Vergangenheit Teile seines Hoheitsgebiets an Großbritanniens abgetreten hat. In den letzten 13 Jahren habe ich immer wieder Gespräche mit chinesischen Politikern geführt, und dieser Unterton eines tiefen Grolls ist mehr oder weniger deutlich zu spüren. Daneben ist es interessant festzustellen, daß das in bezug auf Portugal und Macao nicht der Fall ist. Dennoch ist dieser Groll vorhanden. Es gibt nun einige Probleme, damit fertigzuwerden, darin haben die Angriffe auf die Reformen von Gouverneur Patton ihren Ursprung. Meines Erachtens trifft das Argument nicht zu, daß sie zu spät kommen. Sobald einmal die Demokratie eingeführt ist, dann ist sie eingeführt. Es mag zwar ein gutes Argument sein zu behaupten, daß sie zu spät eingeführt wurden, aber eigentlich entbehrt es einer gewissen Grundlage. Wir müssen erkennen, daß die von Gouverneur Patton durchgeführten Reformen nun eine breite Unterstützung finden. Das ist der Schlüssel. Die Chinesen können offensichtlich nicht den wesentlichen Punkt erfassen, auf den Herr Watts und andere hingewiesen haben, daß es sich nämlich nicht nur um eine Stadt handelt, in der Geld gemacht wird. Der wirtschaftliche Wohlstand hängt von dem Wohlergehen seiner Bürger ab, und dieser Punkt muß erst noch verstanden werden. Die Herrschaft Großbritanniens wird enden. Etwas, das sich Europa nennt kann - in Hongkongs Sprachgebrauch - den "durchgehenden Zug" für ein fortbestehendes Interesse bereitstellen. Europa bietet uns einen passenden Rahmen, damit wir den Dialog mit der chinesischen Regierung fortsetzen können, ohne daß uns eine koloniale Vergangenheit und ein kolonialer Groll dabei im Wege stehen. Ich möchte noch zwei Dinge anmerken. Der Rat sollte umgehend dafür sorgen, daß die Paßinhaber des Sonderverwaltungsgebiets ohne die Erteilung eines Visums in die 15 Mitgliedstaaten einreisen dürfen. Der Kommission möchte ich sagen, daß ich die Erklärung von Herrn Kinnock begrüße. Können wir jedoch die Kommission dazu drängen, so bald wie möglich ein Handels- und Kooperationsabkommen mit dem Sonderverwaltungsgebiet Hongkong einzurichten? Herr Präsident, in der VR China findet weiterhin der systematische Mißbrauch und die Mißachtung der Menschenrechte statt, und dennoch hüllt sich die westliche Welt in peinliches Schweigen. Der Grund dafür ist leider nur allzu offensichtlich, denn sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in einer Reihe europäischer Mitgliedstaaten diktieren Handelsinteressen die Politik gegenüber China. Sie scheinen offenbar die Ereignisse des Tienanmen-Platzes vergessen zu wollen, und dennoch protestieren sie lange und anhaltend über die Verweigerung der demokratischen und Menschenrechte in anderen Teilen der Welt, mit denen sie keine bedeutenden Handelsbeziehungen unterhalten. Dieser Heuchelei muß ein Ende gesetzt werden, und zwar jetzt. Die Ereignisse in Hongkong nach der Übergabe im Juli werden Pilotcharakter haben und zeigen, welche Rolle die VR China in dieser Region übernehmen will. China hat in der Chinesisch-britischen Erklärung die Zusage gegeben, daß das Sonderverwaltungsgebiet China Hongkong weiterhin einen hohen Grad an Autonomie, außer in auswärtigen und Verteidigungsangelegenheiten, genießen wird. Die EU muß sicherstellen, daß diese internationalen Verpflichtungen erfüllt werden. In diesem Sinne begrüße ich die Erklärung der Kommission, obwohl ich über die Mitteilungen des Rates besorgt bin. Die Auflösung des Legislativrates in Hongkong ist ein sehr beunruhigendes Zeichen, ebenso wie die Ankündigung, die Versammlungs- und die Meinungsfreiheit einzuschränken und die Zusammensetzung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Insel zu verändern. Das Europäische Parlament sollte eng mit dem amerikanischen Kongreß zusammenarbeiten, um die Haltung der Regierungen der Mitgliedstaaten und der US-Regierung zu stärken. Wir sollten auch den Weg für die unmittelbare Verhängung von Handels- und anderen Wirtschaftssanktionen ebnen, sollte China seine Zusagen nicht einhalten. Meine Kollegen fordern meines Erachtens zu Unrecht, daß diese Aussprache sich nicht mit der Rolle Chinas befassen sollte. Das Europäische Parlament sollte diese Aussprache nutzen, um eine Erklärung abzugeben und der VR China eine Botschaft darüber zu senden, wo die Europäische Union steht. Wenn die EU in internationalen Angelegenheiten eine Hauptrolle spielen soll, dann muß ihr auch Respekt entgegengebracht werden. Das kann sie nur tun, wenn sie die Grundsätze über die Zweckdienlichkeit stellt und die Menschenrechte über handelspolitischen Interessen. Am 1. Juli 1997 wird ein einmaliges Experiment in Gang gesetzt. Da dies natürlich das Ende des kolonialen Zeitalters darstellt, muß man die Genugtuung Chinas in bezug auf sein langfristiges Ziel der Wiedervereinigung Hongkongs mit dem Festland verstehen. Dieses einzigartige Experiment kann jedoch nur erfolgreich verlaufen, wenn man versteht, daß Hongkong 150 Jahre lang neben den traditionellen chinesischen Wertvorstellungen von harter Arbeit und Durchhaltevermögen stark von westlichen Kulturen beeinflußt wurde. Zahlreiche Kollegen haben betont, daß die Grundwerte und -freiheiten, die demokratische Rechtsordnung und demokratische Wahlen in Hongkong einen ebenso großen Stellenwert wie in Westeuropa oder in den Vereinigten Staaten oder anderen demokratischen Ländern haben. Das ist die einzige Grundlage, auf der sich ein wirtschaftlicher Fortschritt entwickeln kann. Dadurch wird Vertrauen geschaffen werden und zwar nicht nur auf internationaler, sondern auch auf lokaler Ebene, Herr Präsident. Auch ich war vor kurzem in China, und man sollte die Angst nicht unterschätzen, die in Hongkong herrscht. Die Europäer sollten jedoch in die Zukunft blicken. Wenn auch verspätet, so erkennt Großbritannien jedoch an, daß es sich um ein europäisches Problem handelt. Ohne daß ich mich mit Herrn Hindley abgesprochen habe, möchte ich noch etwas zu den zwei spezifischen Bemerkungen sagen, die er an Herrn Kinnock als Mitglied der Kommission und an den Ratspräsidenten richtete. Wenn wir diese Situation weiterhin nicht nur mit großer Sorgfalt beobachten wollen, was natürlich ganz wesentlich ist, dann müssen wir mit Hongkong auch getrennte positive Abkommen schließen. Wie Herr Hindley vertrete auch ich die Auffassung, daß die Mitteilung der Kommission einen Punkt besonders eingehend prüfen sollte. Gibt es Raum für ein Sonderabkommen mit Hongkong, um den Investitionshandel und andere Aspekte zu erleichtern, die insbesondere Hongkong und weniger die VR China als Ganzes betreffen. Und dann geht es natürlich auch um den Bereich von Mensch zu Mensch. Das wird großes Vertrauen in Hongkong schaffen. Es ist sehr seltsam, daß wir noch nicht über eine gemeinsame Visapolitik verfügen, obwohl ich hoffe, daß die Regierungskonferenz zumindest zu diesem letzten Punkt Fortschritte erzielen wird. Vier oder fünf Mitgliedstaaten verlangen keine Visa, andere einschließlich Großbritannien, so glaube ich zumindest, verlangen sie. Es wäre ein sehr sinnvolles Zeichen für die Europäisierung dieses Verfahrens, wenn wir feststellten, daß eine visumsfreie Einreise, wie Herr Hindley sie vorschlug, ein Teil des Programms ist und dies in die Mitteilung der Kommission aufgenommen wird. Herr Präsident, ich möchte der Kommission und dem Rat für ihre Erklärungen danken. Am 1. Juli wird nach 150 Jahren die britische Verwaltung Hongkongs an die Volksrepublik China übergeben werden. Hongkong und seinen Bewohnern ist es gelungen, dieses Gebiet in eine pulsierende Wirtschaft mit Weltklassestandards zu verwandeln. Wie bereits erwähnt, ist es die achtgrößte Handelsnation in der Welt, und es verfügt über den größten Containerhafen in der Welt. Das Wirtschaftswachstum beläuft sich auf über 5 %, während die Arbeitslosigkeit ca. 2 % beträgt. Neben dem wirtschaftlichen Erfolg Hongkongs ist dieses Gebiet auch bekannt für eine gerechtes Rechtsordnung und für die Achtung der Menschenrechte. Es gibt jedoch besorgniserregende Anzeichen dafür, daß der wirtschaftliche Erfolg Hongkongs und auch seine politischen und bürgerlichen Freiheiten nach der Übergabe am 1. Juli bedroht sein könnten. Der vorläufige Legislativrat, der von Beijing eingesetzt wurde, sollte keine ständige Marionettenverwaltung werden. Wenn der derzeitige Legislativrat abgeschafft ist, müssen innerhalb von wenigen Monaten neue Wahlen stattfinden, wie Herr Titley und Kommissar Kinnock dies erwähnten. Auch sollte der Verwaltungschef C.H. Tung keine Revision der "Bill of Rights" , der Gesellschaftsgesetze und der Gesetze zur öffentlichen Ordnung zulassen. Die Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit müssen aufrecht erhalten werden. Das wurde in der Gemeinsamen Erklärung und im Grundgesetz festgeschrieben, wonach die bestehende Lebensweise Hongkongs zumindest 50 Jahre lang unverändert bleibt. China muß die Zusage Deng Xiao Pings einhalten, wonach es ein Land und zwei Systeme geben wird. Es wurde bereits erwähnt, daß die politischen und bürgerlichen Freiheiten nicht vom wirtschaftlichen Erfolg getrennt werden können. Ich begrüße die jüngste Erklärung Chinas, daß es das internationale Übereinkommen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der UN unterzeichnen wolle, es sollte jedoch auch gedrängt werden, das UNÜbereinkommen über politische und Bürgerrechte zu unterzeichnen. Die EU sollte jedoch auch weiterhin Menschenrechtsverletzungen in China kritisieren und die Entwicklungen in Hongkong in den nächsten Monaten und Jahren aufmerksam verfolgen. Zudem sollte auch die hoffnungslose Lage der Flüchtlinge in Hongkong berücksichtigt werden, und ich hoffe, daß diese Frage problemlos geregelt wird. Abschließend sollte China darauf hingewiesen werden, daß die EU die Situation beobachtet und trotz eines kürzlichen Schwankens bei den Menschenrechten wirksame Maßnahmen ergreifen wird, wenn die Menschenrechte und internationalen Übereinkommen in Hongkong verletzt werden. Herr Präsident, ich beglückwünsche die Mitglieder dieses Hauses zu der Effizienz und zu ihrem Verständnis, die sie im Laufe dieser Aussprache gezeigt haben. Ich hoffe auch, daß sie in der bisherigen Zusammenarbeit mit der Kommission erkannt haben, daß zahlreiche ihrer Besorgnisse im Hinblick auf die aktuellen und künftigen Bedingungen von der Kommission geteilt werden und daß wir in genau dem konstruktiven Geist, den die Abgeordneten vorschlugen, unsere künftigen Beziehungen mit Hongkong und somit auch die Beziehungen mit der Volksrepublik China sicherlich auf der Grundlage der Zusammenarbeit, aber auch mit vermehrter Wachsamkeit fortsetzen wollen. Ich möchte kurz auf die spezifischen Punkte eingehen, die die Abgeordneten erwähnten. Herr Caccavale forderte die Kommission auf, einen Bericht über die bürgerlichen und Menschenrechte vor Ende Mai zu veröffentlichen. In diesem Zeitraum werden wir unsere umfassende Mitteilung über den Ansatz in bezug auf Hongkong veröffentlichen. Ich hoffe, daß ihm dadurch Gelegenheit gegeben wird, sich mit der Politik eingehender zu befassen und die Antworten zu finden, nachdem er im Zusammenhang mit dieser Mitteilung sucht. Herr Hindley machte einige zutreffende Bemerkungen zum Handels- und Kooperationsabkommen mit Hongkong. In der erwähnten Mitteilung werden die verschiedenen Optionen für die Errichtung von Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Sonderverwaltungsgebiet erörtert. Ich hoffe somit, daß diese Mitteilung konkrete und praktische Antworten auf einige der Punkte enthält, an denen der Abgeordnete ein besonderes Interesse hat. Ich möchte erwähnen, daß die Herren Titley, Truscott und Brinkhorst sowie andere zu Recht darauf hinwiesen, daß die Freiheit und die Entwicklung eines modernen Industriestaates sich gegenseitig bedingen. Auch Herr Watson wies mit Nachdruck darauf hin. Es hat zu viele Beispiele dafür gegeben, daß sich Gesellschaften von der Planwirtschaft und einem autoritären Staat wegentwickelten und die Verbindung zwischen den wirtschaftlichen und den politischen Freiheiten nicht erkannten und anschließend unter der Last ihrer eigenen Widersprüche zusammenbrachen. Ich hoffe, daß die Volksrepublik China erkennen wird, daß dies ein nahezu unausweichliches Schicksal ist, es sei denn, die Entwicklung nimmt an beiden Fronten angemessene Formen an, und zwar in kultureller und politischer sowie in wirtschaftlicher und handelspolitischer Hinsicht. Die Folgen dieser Erkenntnis werden nicht nur positive Auswirkungen auf dieses Land und Hongkong, sondern auch auf die übrige Welt und die Europäische Union im besonderen haben. Herr Brinkhorst erwähnte die Visa-Bestimmungen. Abschließend möchte ich dazu sagen, daß die Entscheidung, ob ein visumsfreie Einreise gewährt wird, ausschließlich in der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegt, und dem Herrn Abgeordneten wird das sicherlich bekannt sein. Die Kommission vertritt jedoch die Ansicht, daß es für alle Mitgliedstaaten gute Gründe gibt, eine visumsfreie Einreise wohlwollend und ernsthaft zu erwägen. Die Vorteile, die der Entwicklung von wirtschaftlichen und anderen Kontakten durch Reiseerleichterungen entstehen, und die Bedeutung eines demonstrativen Vertrauens in Hongkongs Zukunft lassen darauf schließen, daß ein freierer Zugang zur Europäischen Union im Interesse der EU und Hongkongs wäre. Im Hinblick auf die Zwecke eines gemeinsamen Visaverzeichnisses scheint es angemessen, Hongkong so wie bisher getrennt zu betrachten. Ich sehe der weiteren Aussprache mit Interesse entgegen, die sich nach der Veröffentlichung der Mitteilung der Kommission ergeben wird, und bin sicher, daß zu diesem Zeitpunkt und für die nächsten Jahre die Abgeordneten wie die Kommission ein direktes und reges Interesse für Hongkong aufrechterhalten werden. Ich teile Ihnen mit, daß ich sieben Entschließungsanträge gemäß Artikel 37.2 GO erhalten habe. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über die folgenden Berichte im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz: Bericht (A4-0096/97) von Herrn Mamère über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates (KOM(96)0248 - C4-0462/96-96/0163(COD)) über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen und zur Änderung der Richtlinie 93/12/EWG des Rates; -Bericht (A4-0116/97) von Herrn Lange über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates (KOM(96)0248 - C4-0463/96-96/0164(COD)) über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen und zur Änderung der Richtlinien 70/156/EWG und 70/220/EWG des Rates; -Bericht (A4-0099/97) von Herrn Eisma über die Mitteilung der Kommission (KOM(96)0248 - C4-0492/96) an den Rat und das Europäische Parlament betreffend die künftige Strategie zur Bekämpfung der Luftverunreinigung durch den Straßenverkehr unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Auto-Öl-Programms; -Bericht (A4-0117/97) von Frau Gonzalez-Alvarez über die Mitteilung der Kommission (KOM(95)0689 - C40015/96) an den Rat und das Europäische Parlament "Eine Strategie der Gemeinschaft zur Minderung der CO2 Emissionen von Personenkraftwagen und zur Senkung des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs" . Herr Präsident, verehrte Kollegen, ich darf Ihnen heute einen Bericht vorstellen, den ich im Zuge des Mitentscheidungsverfahrens im Auftrag des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz zum Thema Kraftstoffqualität angefertigt habe. Zu Ihrer Einführung in diesen Bericht möchte ich zunächst einmal etwas zu etwaiger Kritik an den Untersuchungen vortragen, die die Kommission zum Thema Auto-Öl-Richtlinie vorgelegt hat. Als erstes kann man wohl sagen, daß es sich bei dieser Auto-Öl-Studie um eine eher politische und weniger um eine technische Untersuchung handelt. Oder lassen Sie es uns so formulieren: Die Politik ist mit Technik überschminkt worden. Diese Studie ist ganz eindeutig unter dem Einfluß von Industriekonzernen, Automobilherstellern und Ölgesellschaften erarbeitet worden, und deshalb kann man den Messungen und Vorschlägen im Rahmen dieser "Auto-Öl" -Studie auch kein großes technisches Vertrauen schenken. Die pressure groups waren also sehr aktiv, und es mangelt erheblich an Transparenz, denn wenn die Ergebnisse wirklich so eindeutig gewesen wären, wie man uns weißmachen will, dann wären Automobilkonzerne, Automobilhersteller und Ölgesellschaften sich über die Ergebnisse der Untersuchung nicht so uneinig; so ist beispielsweise die Luftqualität auf 4 km2 gemessen worden, was ganz eindeutig der Richtlinie von 1985 widerspricht, nach der diese Messungen an den exponiertesten Stellen auszuführen sind. In "Auto-Öl" wird ein Ziel für die Luftqualität für das Jahr 2010 festgelegt. Wir halten das für zu spät, und wir meinen, daß diese Untersuchung und dieses Ziel eine der beiden großen Industrien bevorteilen. Sie sind vorteilhafter für die Automobilindustrie, denn wir wissen, daß es rund fünfzehn Jahre dauert, bis sich der Fahrzeugbestand erneuert. Von 1997 bis 2010 sind es nun aber dreizehn Jahre. Wir meinen, daß das Gleichgewicht wiederhergestellt werden muß, und daß sich Luftverschmutzung nur bekämpfen und damit die Gesundheit verbessern lassen, wenn sowohl bei Erdöl als auch bei Benzin und Diesel und bei den Fahrzeugen sehr viel strengere und bindendere Vorgaben und Werte zugrundegelegt werden. Und genau darin liegt der Sinn der Ihnen heute vorgelegten Berichte. Die wirtschaftliche Ausrichtung dieser "Auto-Öl" -Studie liegt also auf der Hand, wie schon gesagt, und dient vorwiegend den Interessen der Industrie. Wie den Interessen der Verbraucher gedient werden könnte, ist praktisch nicht zu erkennen, denn die Verbraucher sind niemals angehört worden, sind aber doch von der Qualität des Stoffes stark betroffen, der ihnen tagtäglich überall in Europa an den Zapfsäulen serviert wird. Die Verbesserungen, die ich Ihnen heute vorlege, betreffen im wesentlichen die Tatsache, daß nicht Ziele, sondern Normen festzulegen sind, und daß diese Normen schon für das Jahr 2000 oder 2005 festzulegen sind. Das bedeutet nun keinesfalls, daß wir gegen das Programm "Auto-Öl II" sind; wie meinen lediglich, daß es andere Sektoren untersuchen sollte, die ich Ihnen im folgenden kurz aufzählen darf. In Anbetracht der Tatsache, daß die "Auto-Öl" -Richtlinie die Aufgabe des verbleiten Benzins bis zum Jahr 2000 vorgibt, haben wir daher vorgeschlagen, zweierlei Dieselkraftstoffe unterschiedlicher Qualität anzubieten, und zwar einen Dieselkraftstoff mit 50 oder 30 ppm Schwefel, der von den Regierungen steuerlich gefördert werden könnte, was durchaus denkbar ist, und einen sogenannten "schmutzigen" Dieselkraftstoff mit 100 ppm, der über das heute bereits bekannte Netz vertrieben würde, wobei aber eine bindende Norm für 30 ppm im Jahr 2005 festgeschrieben werden sollte. Jetzt höre ich schon das Wehklagen der Ölgesellschaften, von denen ich weiß, daß sie schon jetzt bei allen meinen Kollegen anklopfen, das alles sei unmöglich zu erreichen. Diese Behauptung ist einfach falsch. Wir wissen, daß die Ölgesellschaften schon über Raffinerien für die Herstellung sauberen Dieselkraftstoffes verfügen, allerdings nicht für Europa, sondern für die Vereinigten Staaten und Japan. Warum soll Europa aber nicht auch in den Genuß dieser Dieselqualität kommen? Und meinen Vorschlag für zweierlei Dieselkraftstoffe habe ich gerade gemacht, um den Ölgesellschaften die Zeit - fünf Jahre - für die erforderlichen Investitionen zu geben, mit denen sie ihre Raffinerien modernisieren und uns einen sauberen und gesundheitsfreundlichen Dieselkraftstoff anbieten zu können. Was uns Umweltschützern im vorliegenden Richtlinienentwurf ganz besonders fehlt, ist die Internalisierung der Kosten. Die ganze Argumentation dreht sich um das Begriffspaar Kosten/Effizienz. Es wäre aber auch vom Begriffspaar Kosten/Nutzen zu sprechen. Denn man kann sehr wohl Geld in eine Investition stecken, doch ist dabei auch zu berechnen, daß dabei Einsparungen im Gesundheitsbereich herauskommen, weil weniger Menschen krank werden, weniger Menschen an Lungenkrebs erkranken, also weniger Menschen Sozialleistungen und Leistungen im Gesundheitsbereich brauchen. Ich danke allen Kollegen, die den von mir Ihnen vorgelegten Text durch eine Reihe von Änderungsanträgen verbessert haben. Da ich meine Redezeit bereits überschritten habe, Herr Präsident, werde ich nun nicht mehr im einzelnen auf die verschiedenen Änderungsanträge eingehen, von denen einige wohl angenommen, andere hingegen abgelehnt werden dürften. Dies wird aber in der Aussprache gesagt werden, und auf jeden Fall wird es ja einen ausführlichen Sitzungsbericht in dieser Versammlung geben, so daß dann deutlich wird, was ich akzeptieren kann und was ich ablehne. " Unsere neuen Motoren sind mit kleinen Modifikationen leicht auf Euro III zu bringen, mit weiteren Änderungen auf die Stufe Euro IV für das Jahr 2005" - so der Motorenentwickler von Alfa Romeo. "50 kg Gewichtseinsparung und Abgasgrenzwerte, die um 50 % unter den jetzt gültigen EU-Grenzwerten liegen und damit EURO IV für 2005 in greifbare Nähe rücken lassen" - so der Entwickler der neuen MercedesMotoren. Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Kommissar, ich denke, diese beiden Aussagen zeigen sehr deutlich, was in der europäischen Automobilindustrie zur Zeit technologisch möglich ist. Und ich halte es nicht für richtig, nur das Bestehende festzuschreiben, weil wir da nämlich den Wettbewerbsvorteil, den High-Tech und Abgasgrenzwerte für die Automobilindustrie bringen, aufs Spiel setzen. Es ist völlig klar: Wenn wir uns von der Gesetzgebung der USA abkoppeln, verlieren wir und machen das Spiel für Konkurrenten außerhalb Europas leichter. Insofern brauchen wir ehrgeizige und für ganz Europa verbindliche Ziele, im Interesse der Automobilindustrie und im Interesse der Verbraucher. Aber wir brauchen sie natürlich vor allem im Interesse unserer Umwelt. Selbst die Studien des Auto-Öl-Programms haben ergeben, daß die Ozonproblematik mit dem vorgeschlagenen Maßnahmenpaket nicht hinreichend bekämpft werden kann. Nein, wir müssen mehr tun, und wir können auch mehr tun. Der Kollege Mamère hat schon auf einige Schwächen des Programms hingewiesen. Ich will das jetzt nicht im einzelnen wiederholen. Ich denke, daß der Umweltausschuß in der Tat recht daran getan hat, wesentliche Verbesserungen des Kommissionsvorschlages vorzuschlagen, ohne jedoch den ursprünglichen Ansatz zu verlassen. Wir wollen in der Tat kosteneffektiv an die Sache herangehen und nicht Luftschlösser bauen. Zehn wesentliche Verbesserungen sind im Antrag des Umweltausschusses genannt, zuerst - Herr Kollege Mamère - die Verbesserung der Kraftstoffe, weil wir wissen, daß beste Kraftstoffe für die Autotechnik, aber auch für alle Beteiligten, unmittelbare Konsequenzen haben. Ein Beispiel: Ein Diesel-Pkw mit dem von der Kommission vorgeschlagenen Diesel-Treibstoff emittiert, verglichen mit dem in Schweden bereits heute auf dem Markt befindlichen Dieseltreibstoff mit wesentlich geringerem Schwefelgehalt, 25 % mehr Schadstoffpartikel. Und angesichts dieser Situation brauchen wir gerade mit Blick auf die Luftqualität in Städten wie Athen und Madrid für alle Fahrzeuge, für die neuen wie für die alten, eine bessere Kraftstoffqualität. Und wir brauchen sie auch, um eine anspruchsvolle Motorentechnik zu entwickeln, gerade was die Reduktion von Stickoxiden anbelangt. Das ist nicht mit Schwefel zu bewerkstelligen, wie es im Kommissionsvorschlag steht. Wir brauchen auch verbindliche Grenzwerte für 2000 und 2005, weil wir einen Binnenmarkt haben. Wir wollen Sicherheit für die Investitionen, für die Umwelt und für den Verbraucher, und deswegen helfen indikative Werte überhaupt nicht weiter. Außerdem wissen wir auch, daß durch steuerliche Anreize letztendlich Tatsachen geschaffen werden und daß die Hersteller auf Euro IV hinarbeiten. In Deutschland kann man es deutlich sehen, dort gibt es erste Bestrebungen, Euro III-Fahrzeuge schon jetzt zuzulassen. Wichtig ist auch, daß die Dauerhaltbarkeit gesichert wird. Deswegen brauchen wir ein On-Board-DiagnoseSystem, das dem Fahrer bzw. der Fahrerin anzeigt, wenn ein Fehler im Abgassystem vorhanden ist. Und das brauchen wir sowohl für Benzinmotoren als auch für Dieselmotoren. Gerade wenn man sagt, die sind umweltfreundlich, weil sie weniger verbrauchen, können wir hier keine Ausnahme machen. Aber dieses On-BoardSystem muß auch gewartet werden können, nicht nur von der Fachwerkstatt, sondern auch von freien Werkstätten, Automobilclubs und von technischen Überwachungseinrichtungen. Insofern brauchen wir hier einen offenen Zugang zu Reparaturinformationen. Und wir brauchen einen Test, der der Wirklichkeit entspricht. Was bringt es, wenn ein Auto bei 20 Grad im Testzyklus hervorragende Werte bringt? Morgens, wenn wir losfahren - das wissen wir alle, auch Sie, Frau Kommissarin, Herr Kommissar, und auch die Leute in Griechenland - ist der Motor vielleicht nur 4 Grad warm. Und was ist dann mit der Abgasentwicklung? Untersuchungen haben gezeigt, daß Automobile, die sehr strenge Werte bei 20 Grad einhalten, diese bei 8 Grad nicht einhalten und dann 20 mal soviele Schadstoffe emittieren. Deswegen brauchen wir eine Kaltstartprüfung in diesem package . Und wir brauchen eine Feldüberwachung, eine sehr kosteneffektive Maßnahme, weil die Hersteller natürlich daran interessiert sind, nicht in Rückrufaktionen verwickelt zu werden. Nicht alle sind von diesen Vorschlägen begeistert, das gebe ich zu. Ich habe gehört, daß einige Automobilhersteller und auch die Ölindustrie nicht begeistert davon sind. Die haben mir auch Briefe geschrieben, die ans Herz gehen. Wenn ich dagegen lese, " BP - Ergebnis zweistellig verbessert letztes Jahr" , " AGIP - Mineralölgesellschaft erwirtschaftet Rekordergebnis" , " ELF - Ergebnis um 10 Milliarden Franc verbessert" , dann kann ich diese Investitionsschwierigkeiten der Ölindustrie nicht nachvollziehen. Außerdem stehen die fünf wichtigen Umweltorganisationen in Europa und 40 Millionen Autofahrer, die in den Verbänden wie ADAC, RAC usw. organisiert sind, auf unserer Seite. Um auch über unabhängige Ergebnisse zu verfügen, haben wir bei STOA eine Studie in Auftrag gegeben, bei der die Situation in der am meisten verschmutzten Stadt, in Athen untersucht wurde und die die Forderungen des Parlaments bestätigt hat. Ich glaube, insgesamt ist dies kein unmoralisches Angebot, das ich der Kommission und dem Rat mache. Ich möchte Sie einladen, stellen wir gemeinsam die Ampel auf Grün für umweltgerechte Autos! Denn wenn unsere Mobilität durch Autos auf absehbare Zeit gesichert werden soll, dann müssen diese Autos so umweltgerecht sein, wie es irgendwie geht! Herr Präsident, wir haben hier in dieser Woche in Straßburg ein herrliches Wetter. Sonne, kaum Wind und sogar angemessene Temperaturen. Dies sollte man genießen können, und wenn man den gegenüberliegenden Park betritt, scheint es auch tatsächlich der Fall zu sein, daß Menschen das schöne Wetter genießen. Blickt man jedoch von unseren hochgelegenen Büros über die Stadt Straßburg, so scheint diese herrliche Stadt unter einer Dunstglocke zu liegen. Messungen der Luftqualität in der Stadt würden ergeben, daß an Tagen wie heute die Luft schwer verschmutzt ist. Dabei spreche ich nur von Straßburg, nicht von Mailand, von Amsterdam, von Den Haag oder Paris, wo die Situation noch viel, viel schlimmer ist. Darin liegt der Grund für unsere heute geführte Aussprache, nämlich dafür zu sorgen, daß im Richtjahr 2010 diese Dunstglocke über den Städten in der Europäischen Union verschwindet und beispielsweise das Straßburger Münster sich wieder vor einem wirklich blauen Himmel abhebt. Ein solches Ziel wird natürlich nicht ohne Mühe zu erreichen sein. Die Kommission hat dazu zwar einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung getan, wie ich zugeben muß, doch ist sie dabei nicht weit genug gegangen. Ein wichtiger Grund hierfür ist die Tatsache, daß die Kommission zu Unrecht vom Prinzip der Kosteneffizienz ausging, anstatt sich auf eine echte Kosten-Nutzen-Analyse zu stützen. Da die Eckdaten zu einem großen Teil von der Industrie selbst stammen, für die hohe Vorausschätzungen von Vorteil sind, blieben eventuell weitergehende Maßnahmen von vorneherein ausgeschlossen. Ferner hat die Kommission bei den Kostenberechnungen die externen Kosten des Kraftfahrzeugverkehrs nicht mitberücksichtigt. Noch 1991 berechnete die Kommission die Kosten des Kraftfahrzeugverkehrs für die Gesellschaft auf 200 Mrd ECU pro Jahr. Diese 200 Mrd ECU wurden durch Schädigung der Landwirtschaft, der Wasserqualität und der Volksgesundheit infolge des Autoverkehrs verursacht, und plötzlich scheint die Kommission in dem vorliegenden Programm die eigenen Berechnungen und eigenen Zielsetzungen vergessen zu haben. Die Kommission hat sich zum Teil auf die Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation gestützt. Eigenartigerweise hat sie jedoch zur Messung der Luftqualität ein Verfahren angewandt, das gegen die eigenen EG-Richtlinien verstößt, denn wenn der Durchschnittswert auf ein Gebiet von 4 km2 bezogen wird - und einer meiner Kollegen kam ebenfalls darauf zu sprechen -, so bleiben gerade die wichtigen Spitzenwerte an überlasteten Verkehrsknotenpunkten unberücksichtigt. Beispielsweise entspricht die Stadt, aus der ich komme, Den Haag, aufgrund der von der Kommission jetzt angestellten Berechnungen zwar sämtlichen Vorschriften, doch kann ich Sie in Teile dieser Stadt führen, in denen nach den Kriterien der WHO das Wohnen aufgrund der Luftverschmutzung ungesund ist. Daher fordere ich die Kommission auf, künftig eine bessere Meßmethode in Übereinstimmung mit der eigenen Richtlinie anzuwenden. Hierzu bitte ich die Kommissarin um eine Stellungnahme. Was die Zerstörung der Ozonschicht anbelangt, so hat die Kommission sehr seltsame Kapriolen geschlagen. Die von der Kommission vorgeschlagene Verringerung ozonverursachender Stoffe hat zur Folge, daß nur 37 % des EU-Hoheitsgebiets dem Richtwert der WHO entsprechen werden. Es dürfte klar sein, daß dichte besiedelte Gebiete, wie zum Beispiel die Po-Ebene, das Ruhrgebiet und die Benelux-Staaten nicht zu diesen 37 % gehören werden. Das von der Kommission gesetzte Ziel ist also so niedrig angesetzt, daß der größte Teil der europäischen Bevölkerung weiterhin zu hohen Ozon-Konzentrationen ausgesetzt sein wird. Ich weise insbesondere Frau Bjerregaard auf ihre Verantwortung auf diesem Gebiet hin. Was die zu befolgende Strategie anbelangt, so bin ich sehr dafür, daß für das Jahr 2000 und das Jahr 2005 verbindliche Normen festgelegt werden. Bis zur Verabschiedung der vorliegenden Richtlinie werden wir uns bereits im Jahr 1998 befinden. Das bedeutet, daß das Jahr 2005 nicht mehr so weit entfernt liegen wird. Daher kann sich die Industrie besser auf eine solche künftige Politik einstellen. Daß die Kommission glaubte, nur für die Autoindustrie Normen für das Jahr 2000 festlegen zu müssen, ist seltsam. Zwischen Fahrzeug und vorrätigem Kraftstoff besteht nämlich ein sehr prekäres Zusammenhang. Es ist wenig sinnvoll, wenn die Technologie für das Auto zwar auf dem Markt ist, dieses jedoch nicht funktionieren kann, weil es an Kraftstoff ausreichend hoher Qualität fehlt. Ich bin mir der im Rat bei diesem Thema bestehenden Schwierigkeiten bewußt. Der Zweck besteht nicht darin, daß von einigen Mitgliedstaaten Normen auferlegt werden, denen andere Länder kaum entsprechen können. Sowohl der Rat wie das Europäische Parlament müssen so vernünftig sein, zu einem Kompromiß zu gelangen, der für die gesamte Union brauchbar ist. Ich weise jedoch auch die Industrie auf ihre Verantwortung hin. Wenn von ihr jetzt ein sauberer umweltfreundlicher Kraftstoff entwickelt werden kann, wird sich ihre Exportposition bei Kraftstoffen dadurch nur verbessern. Ich fordere meine Kolleginnen und Kollegen dazu auf, die jetzt vorliegenden Vorschläge zu unterstützen. Die Gesundheit der Menschen, die wir hier vertreten, ist zu wichtig. Wir können es uns nicht leisten, uns unserer Verantwortung zu entziehen. Die Aussprache wird unterbrochen und um 21.00 Uhr wiederaufgenommen. Nach der Tagesordnung folgt die Fragestunde (B4-0164/97). Wir behandeln die Anfragen an den Rat. Anfrage Nr. 1 von Herrn Jan Andersson (H-0195/97) Betrifft: Aufwertung der Beschäftigungspolitik Die Arbeitslosigkeit ist gegenwärtig in Europa das größte Problem. Viele Menschen sind der Auffassung, daß die Zusammenarbeit in der Währungspolitik daher durch eine ebenso ehrgeizige Zusammenarbeit im Bereich der Beschäftigung ergänzt werden müsse. Die Mehrjahresprogramme, die die Regierungen im Bereich der Beschäftigung vorlegen werden, sollten, wie es bei der Währungszusammenarbeit der Fall ist, anhand gemeinsamer Indikatoren überprüft werden. Wie gedenkt die niederländische Präsidentschaft der Beschäftigungspolitik die gleiche Bedeutung wie der Währungszusammenarbeit in der EU zu sichern? Ich möchte als erstes mitteilen, daß der Rat der von Herrn Andersson vertretenen Ansicht zustimmt, nämlich daß die Arbeitslosigkeit eines der größten Probleme in der Europäischen Union darstellt. Der Bekämpfung dieser Arbeitslosigkeit muß daher absolute Priorität eingeräumt werden. Hier stellt sich übrigens in erster Linie eine Aufgabe für die Mitgliedstaaten, die ja die Hauptverantwortung für die Beschäftigungspolitik tragen. Daneben besitzen auch die auf EU-Ebene unternommenen Anstrengungen einen klaren Mehrwert. Aus diesem Grund steht die Schaffung von Arbeitsplätzen auch unter niederländischer Präsidentschaft an hoher Stelle auf der Tagesordnung, womit gleichzeitig der Dubliner Erklärung des Europäischen Rates zur Beschäftigung entsprochen werden soll, und was bisher zu einer Reihe konkreter Maßnahmen geführt hat, von denen ich nachstehend einige nennen werde. Erstens war, wie bekannt, die tatsächliche Einrichtung des Beschäftigungs- und Arbeitsmarktausschusses, die vom Rat im Dezember 1996 in die Wege geleitet wurde, eine der ersten Maßnahmen, die die Präsidentschaft ergriffen hatte. Dieser Ausschuß ist jetzt voll funktionsfähig und hat inzwischen drei Tagungen abgehalten. Er hat seinen Sitzungskalender für 1997 festgelegt, und einen wichtigen Platz nehmen darin die auf dem Gebiet der Beschäftigungsindikatoren und des Leistungsvergleichs, des sogenannten bench-marking , durchzuführenden Analysen ein. Der Aussschuß tritt im Prinzip jeden Monat zu einer Tagung zusammen. Ferner ist dem Herrn Abgeordneten sicherlich bekannt, daß am 14. und 15. März dieses Jahres in Rotterdam ein informelles Treffen der Arbeits- und Sozialminister stattgefunden hat, das ganz im Zeichen der Beschäftigung stand. Zwei bei diesen Treffen auf der Tagesordnung stehende Themen waren die gemeinsamen Beschäftigungsindikatoren, die ich bereits nannte, sowie die Senkung der Lohnnebenkosten. Hierüber wird von den Ministern sowie im Beschäftigungs- und Arbeitsmarktausschuß weiter beraten werden. Ferner wird die niederländische Präsidentschaft dem Europäischen Rat in Amsterdam einen Zwischenbericht über die Beschäftigung vorlegen, der voraussichtlich vor allem die soeben genannten Themen betreffen wird, d. h. Beschäftigungsindikatoren und Senkung der direkten Arbeitskosten. Bei den Beratungen zum Thema Beschäftigung werden selbstverständlich auch die Sozialpartner beteiligt sein. So wird unter niederländischer Präsidentschaft am 29. Mai dieses Jahres eine Tagung des Ständigen Ausschusses für Beschäftigungsfragen stattfinden, in dem die Sozialpartner zusammengeschlossen sind. Ich möchte dem Rat für die Antwort danken. Eigentlich sollte diese Frage bereits in der letzten Sitzungsperiode beantwortet werden. Ich bin mir bewußt, daß es seitdem ein informelles Treffen der Minister für Arbeit in Rotterdam gegeben hat. Ich möchte sagen, daß der dort diskutierte Vorschlag, unter anderem über Indikatoren, wohltuend ist. Es ist zwar so, daß in Dublin ein Vorschlag für ein neues Beschäftigungskapitel vorgelegt wurde, aber ich glaube, daß der in Dublin vorgelegte Vorschlag noch etwas gehaltvoller werden muß. Er muß konkreter werden, wenn es darum geht, was auf Gemeinschaftsebene in bezug auf die Beschäftigungspolitik getan werden muß. Es ist völlig richtig, wenn gesagt wird, daß Beschäftigungspolitik auf europäischem Niveau nicht die einzige ist. Sie neutralisiert nicht das, was auf örtlicher, regionaler und nationaler Ebene getan werden muß, sondern ist ein Mehrwert, z. B. in der Form koordinierter makroökonomischer Politik. Wie beurteilt die Präsidentschaft die Möglichkeiten, den in Dublin vorgelegten Vorschlag zu unterstützen? Wird er inhaltsreicher, wenn man Indikatoren auch für den Vorschlag verlangt, der bei der Regierungskonferenz vorgelegt werden wird? Wenn ich die Zusatzfragen von Herrn Andersson richtig verstehe, frägt er, wie wir die Chance einschätzen, daß im Rahmen der Regierungskonferenz die Vorschläge der irischen Präsidentschaft angepaßt werden. Sie meinten doch die Regierungskonferenz? Hier stellt sich allerdings ein institutionelles Problem, da die Regierungskonferenz nicht den Rat, sondern die einzelnen Mitgliedstaaten betrifft. Im Namen des Rates kann ich hierzu nichts mitteilen. Die geführten Verhandlungen befinden sich jetzt in einer Endphase. Ich kann Ihnen sagen, daß die Verhandlungen über den Vorschlag der irischen Präsidentschaft in vollem Gange sind, und es erscheint mir recht sinnlos, zu einer Situation, die sich zudem von Woche zu Woche ändern kann, ständig externe Stellungnahmen abzugeben. Gleichwohl können auch ohne Vertragsänderung - ich möchte die Bedeutung von Vertragsänderungen gewiß nicht unter-, aber auch nicht überschätzen - der Rat, die Kommission und das Europäische Parlament eine Menge tun, was die, sagen wir, koordinierende und stimulierende Rolle betrifft, die von den Organen der Europäischen Union gespielt werden kann. In diesem Rahmen war auch die Präsidentschaft aktiv. Der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktausschuß, dessen Einsetzung in Dublin beschlossen wurde, ist inzwischen eingerichtet und hat einen relativ guten Anlauf genommen. Ich sage nochmals, daß den Beratungen dieses Ausschusses sowie überhaupt der Behandlung der Frage, was auf europäischer Ebene durch eine enge Koordinierung und Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten beispielsweise hinsichtlich der Senkung indirekter Arbeitskosten getan werden kann, durch das informelle Treffen der Sozialminister eine Reihe sehr wichtiger Impulse verliehen wurde. Anfrage Nr. 2 von Herrn Jörn Svensson (H-0198/97) Betrifft: Kosten der Erweiterung Kann der Rat angeben, wie hoch die Gesamtkosten der geplanten Erweiterung der Union sein werden und in welchem Umfang die Mittel für Agrarbeihilfen und Beihilfen aus den Strukturfonds für die derzeitigen Mitgliedstaaten zurückgehen werden? Bei der Anfrage von Herrn Svensson an den Rat geht es um die Kosten der Erweiterung. Die Anfrage des Herrn Abgeordneten ist ohne Zweifel sehr wichtig: die Kosten der Erweiterung werden zu gegebener Zeit sehr sorgfältig untersucht werden müssen. Es sei daran erinnert, daß seit dem Europäischen Rat von Madrid vom Dezember 1995 den Staats- und Regierungschefs Berichte über alternative Strategien in der Landwirtschaft und die Entwicklung der Strategie zur Heranführung der assoziierten Staaten Mittel- und Osteuropas vorgelegt wurden. Diese Berichte bilden seither ein wichtiges Element bei den vorbereitenden Beratungen zu diesen Themen. In diesem Zusammenhang möchte ich ferner daran erinnern, daß der Europäische Rat in Madrid die Kommission aufgefordert hatte, möglichst bald eine eingehende Analyse des Finanzierungssystems der Europäischen Union durchzuführen, damit sie unmittelbar nach Abschluß der Regierungskonferenz - d. h. also, wie ich hoffe, im Juni in Amsterdam dieses Jahres - eine Mitteilung über den künftigen Finanzrahmen für die Union nach dem 31. Dezember 1991 vorlegen kann, in dem die Erweiterungsperspektive berücksichtigt wird. Ich schlage also vor, daß wir eine Aussprache hierüber nicht jetzt führen, sondern auf der Grundlage der Mitteilung, die die Kommission so rasch wie möglich nach Abschluß der Regierungskonferenz vorlegen wird. Ich möchte jedoch nochmals, wie in der Anfrage von Herrn Svensson implizit zum Ausdruck gebracht wurde, bekräftigen, daß es sich hier um eines der wichtigsten Themen handelt, die bei der politischen Beschlußfassung über die Erweiterung zur Diskussion stehen müssen. Ich danke dem Rat für die Antwort. Leider hat man wohl den Eindruck, daß die Europäische Union gerne sehr große und weitläufige Pläne formuliert, ohne sich eigentlich über die Kosten im klaren zu sein. Die Ziffern, d. h. Annäherungswerte, die ich bisher bekommen habe, haben zwischen 15 Milliarden ECU und 64 Milliarden ECU geschwankt. Was wahrscheinlich ist, kann offenbar keiner sagen. Ich möchte trotzdem eine Zusatzfrage stellen. Alle wissen ja, daß es politisch zwecklos ist, den Mitgliedstaaten die Erhöhung ihrer Mitgliedsbeiträge abzuverlangen. Das heißt also, daß man die Frage stellen muß: Um wie viel werden dann, in etwa, die Landwirtschafts- und Regionalbeihilfen in den jetzigen Mitgliedsländern gesenkt werden, um die kommende Erweiterung finanzieren zu können? Das ist in diesen Mitgliedsländern eine sehr interessante Frage. In den letzten Jahren habe ich von verschiedenen maßgebenden und weniger maßgebenden Quellen ebenfalls solche Riesenbeträge gehört. Ich habe zahlreiche Berichte hierüber gelesen, doch sollten wir uns meines Erachtens darüber im Klaren sein, daß es sich bei solchen Prognosen bzw. Projektionen eigentlich stets darum handelte, daß bestehende Politiken extrapoliert wurden, wie beispielsweise: was kostet es, wenn das heutige System der Gemeinsamen Agrarpolitik auf die vier Visegrad-Staaten angewandt wird? Damit wird eine solche Vorgehensweise zugleich sinnlos, denn wie wir alle wissen, ändert sich unter dem Einfluß interner Reformbeschlüsse sowie unter dem Einfluß externer Verpflichtungen im Rahmen der WTO die Agrarpolitik ständig und fallen auch die Kosten der Agrarpolitik viel niedriger aus, als sie beispielsweise seinerzeit in Edinburgh bei der Festlegung der sogenannten Agrarleitlinie veranschlagt wurden. Gleichzeitig wird von verschiedenen Schätzungen ausgegangen wie beispielsweise, daß die Agrar- und Strukturfondspolitik zusammen 80 % des Gemeinschaftshaushalts ausmachen; diese Strukturpolitik wird dann ebenfalls extrapoliert. Dabei wird jedoch von einer solch statischen Situation ausgegangen, daß mir dies als irrealistische Basis für die Entwicklung einer Politik erscheint, die für das erste Jahrzehnt des nächsten Jahrhunderts gelten muß. Ich möchte Sie dazu auffordern, sich vor allem nicht an derartigen Spekulationen zu beteiligen. Wir sollten uns gemeinsam auf eine nüchterne Analyse stützen, an der meines Wissens von der Kommission derzeit intensiv gearbeitet wird. Herr Ratspräsident! Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen oder dem Rat die ausgezeichnete Studie des Präsidenten des Europäischen Rechnungshofes, Herrn Friedmann, bekannt ist, wonach die Osterweiterung ohne erhebliche Mehrkosten möglich ist? Zum zweiten möchte ich Sie in bezug auf die Visegrad-Staaten fragen, ob Sie eigentlich schon von einer bestimmten Zahl von Staaten oder nur von den Visegrad-Staaten ausgehen, oder ob Sie z.B. auch Slowenien und die baltischen Staaten als mögliche Beitrittskandidaten betrachten? Persönlich ist mir die von dem Herrn Abgeordneten genannte Studie nicht bekannt. Ich weiß, daß es zwar Stellungnahmen und Studien gibt, wonach die Osterweiterung innerhalb vernünftiger finanzieller Grenzen durchführbar ist, doch wird in diesen Fällen von bestimmten Voraussetzungen und bestimmten Erwartungshaltungen ausgegangen, zu denen sich im Augenblick nichts Konkretes sagen läßt. Es handelt sich dabei ausschließlich um Hypothesen und Spekulationen, und ich schlage vor, daß wir die Beratungen über dieses Thema erst dann beginnen, wenn wir seitens der Kommission über eine vollständige Analyse sämtlicher relevanter Faktoren verfügen, d. h., der Entwicklungen, die in der Agrarpolitik, bei den Strukturfonds, bei den übrigen Ausgabenkategorien der Europäischen Union sowie hinsichtlich der finanziellen Vorausschau erwartet werden, sowie ferner des Verlaufs der Ausgaben während der zurückliegenden Jahre. Wenn ich die Visegrad-Staaten als Beispiel genannt habe, so nur deswegen, weil einer der spektakulärsten Berichte, in denen solche Milliardenbeträge genannt wurden, die Visegrad-Staaten betraf; Sie müssen von mir jedoch akzeptieren, daß damit keinerlei Urteil des Rates über die Frage impliziert wird, " wie" und mit "welchen" Ländern der künftige Erweiterungsprozeß erfolgen soll. Anfrage Nr. 3 von Herrn Yiannis Roubatis (H-0200/97) Betrifft: Die Beteiligung der türkisch-zyprischen Seite an den Beitrittsverhandlungen Zyperns Auf der letzten Ratstagung der Außenminister in Brüssel forderten die Außenminister Großbritanniens, Deutschlands und Frankreichs die Einbeziehung eines Vorschlags über die Beteiligung der türkisch-zyprischen Seite an Beitrittsverhandlungen für Zypern in den Text des Gemeinsamen Standpunktes. Bekanntlich erkennt die Europäische Union ausschließlich der legalen Regierung Zyperns ein Recht auf Verhandlungen über den Beitritt Zyperns zu. Kann der Rat mitteilen, ob sie die widerrechtliche und von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannte Regierung, die sich selbst als "türkisch-zyprische Regierung" bezeichnet, legalisieren wird und damit das ausschließliche Recht der Regierung der Republik Zypern zur Führung von Verhandlungen über den Beitritt Zyperns in Zweifel zieht? Ist er nicht der Ansicht, daß die Beteiligung der türkischen Zyprer an den Beitrittsverhandlungen gerade in einer Zeit, in der sowohl die Verhältnisse auf Zypern als auch die griechisch-türkischen Beziehungen in einer Krise stecken, das Beitrittsverfahren von der Gnade der Türkei abhängig macht? Ist er nicht der Ansicht, daß die Abweichungen von bereits gegebenen Zusagen für den Weg Zyperns bis zum Beitritt auch das Verfahren der Erweiterung auf die Länder Mittel- und Osteuropas gefährden? Während der Fragestunde im März hat der Rat in Beantwortung von zwei mündlichen Anfragen (H-0150/97 und H-0173/97) jeweils von Herrn Papayannakis und Frau Daskalaki bereits seinen Standpunkt zu Zypern und der türkisch-zyprischen Gemeinschaft dargelegt. Gemäß den Schlußfolgerungen des Europäischen Rates in Cannes vom Juni 1995 werden die Verhandlungen über den Beitritt von Zypern zur Union auf der Grundlage von Kommissionsvorschlägen sechs Monate nach Abschluß der Regierungskonferenz unter Berücksichtigung von deren Ergebnissen beginnen. Die Union hält weiterhin an dem Standpunkt fest, wie er bei der Tagung des Assoziationsrates am 25. Februar 1997 Zypern gegenüber nochmals bekräftigt wurde. Gleichzeitig wird durch die Perspektive einer EU-Mitgliedschaft Zyperns damit eine Chance geboten, in diesem Jahr zu einer allgemeinen Lösung des Zypernproblems gemäß den Resolutionen des UNSicherheitsrates beizutragen, nämlich der Schaffung einer bizonalen zyprischen Föderation der beiden Bevölkerungsgruppen. Eine solche Chance muß maximal genutzt werden. Gemäß den Schlußfolgerungen des Rates vom 6. März 1995 sollte der Beitritt Zyperns zur Europäischen Union zu mehr Sicherheit und größerem Wohlstand für jede der beiden Gemeinschaften der Insel führen. Dem nördlichen Teil der Insel sollte es dadurch ermöglicht werden, seinen wirtschaftlichen Rückstand leichter aufzuholen, und die Wachstums- und Beschäftigungsperspektiven sollten dadurch verbessert werden, und zwar auch für die türkisch-zyprische Gemeinschaft. Der Rat vertrat daher die Ansicht, daß die Vorteile eines EU-Beitritts Zyperns von der türkisch-zyprischen Gemeinschaft besser erkannt werden müssen und daß ihre diesbezüglichen Bedenken ausgeräumt werden sollten. Der Rat forderte die Kommission auf, dazu die erforderlichen Kontakte mit der türkisch-zyprischen Gemeinschaft aufzunehmen, und zwar in Absprache mit der Regierung Zyperns. Der Rat betont, daß er zwar keine Übereinstimmung erzielt hat, was den Standpunkt der Union bei dem im Rahmen des sogenannten "strukturierten Dialogs" ebenfalls für den 25. Februar vorgesehenen Treffen mit Zypern betrifft. Der Rat hält jedoch weiterhin unvermindert an seinem im März 1995 festgelegten Standpunkt fest, nämlich daß die nordzypriotischen Behörden nicht anerkannt werden. Zu den Forderungen der einzelnen Mitgliedstaaten, auf die Herr Abgeordnete verweist, kann der Rat keine Stellungnahme abgeben. Abschließend sei bemerkt, daß es in dem im Juni 1995 unterzeichneten Finanzprotokoll darum geht, die Bemühungen um eine Förderung einer allgemeinen Regelung des Zypernproblems zu unterstützen. Für eventuelle mit Zypern vereinbarte Initiativen für Projekte zur Förderung vertrauensbildender Maßnahmen wurde ein Betrag in Höhe von 12 Mio ECU bereitgestellt. Es wurde in Aussicht gestellt, daß für die Finanzierung von Programmen und Projekten zur Förderung der Entwicklung auf der gesamten Insel zusätzliche Mittel bereitgestellt werden können. Herr Präsident, ich halte es für ein positives Zeichen, daß der amtierende Ratspräsident die Versicherung der Union unterstrichen hat, sechs Monate nach dem Ende der Regierungskonferenz Verhandlungen mit der Zyprischen Republik aufzunehmen. Und es ist selbstverständlich, daß in der Delegation der legitimen und international anerkannten Regierung der Zyprischen Republik auch türkische Zyprioten mitarbeiten können. Im übrigen gibt es auch eine entsprechende Einladung des Präsidenten der Zyprischen Republik an die türkischen Zyprioten. Ich möchte Sie fragen, was Sie unternommen haben oder unternehmen werden, um Herrn Denktasch zu überzeugen, es den türkischen Zyprioten zu gestatten, in den zu bildenden Ausschüssen mitzuarbeiten, damit diese mit den notwendigen Vorarbeiten beginnen und später die Verhandlungen mit der Europäischen Union führen können. Von Herrn Roubatis wird eine Frage gestellt, auf die ich eigentlich keine präzise Antwort geben kann. Er frägt nämlich, wie der Rat Herrn Denktasch dazu zu überreden gedenkt, mit der griechisch-zyprischen Regierung eine Absprache zu treffen. Eine solche Frage ist meines Erachtens sehr spekulativ. Im Hinblick auf einen guten Start und einen guten Verlauf der Beitrittsverhandlungen mit Zypern ist es meines Erachtens generell äußerst wichtig, daß zwischen den beiden zyprischen Gemeinschaften ein klares politisches understanding über die gemeinsamen Ziele einer künftigen EU-Mitgliedschaft besteht. Dem Verlauf der Verhandlungen dürfte dies sehr förderlich sein. Wie Herr Roubatis freue ich mich über die feste Zusage, daß die Verhandlungen sechs Monate nach der Regierungskonferenz beginnen würden. Dem Rat wird jedoch bekannt sein, daß die Türkei sich sehr sträubt, die Angelegenheit vor die NATO gebracht hat und droht, dort bestimmte Verfahren zu blockieren, wenn diese Verhandlungen fortgesetzt werden, ohne den Norden zu beteiligen. Kann der Rat positiv und endgültig bestätigen, daß er es nicht zulassen wird, daß die Türkei die EU auf diese Weise erpreßt? Wenn die Republik Zypern den Norden in gewisser Weise zufriedenstellen und in seine Verhandlungen einbeziehen kann, dann ist das in Ordnung - das ist eine Angelegenheit Zyperns -, kann der Rat jedoch bestätigen, daß er von den bereits gegebenen Zusagen nicht abweichen wird? Nach Ansicht des Rates besitzt die Regierung in Ankara ein Vetorecht gegenüber der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen. Dabei möchte ich es bewenden lassen. Ich hatte Gelegenheit, mich letzte Woche in Zypern aufzuhalten. Ich diskutierte dort, als einer von mehreren Mitgliedern der liberalen Gruppe, mit Vertretern der griechisch-zypriotischen und der türkisch-zypriotischen Seite. Ich finde, es wäre eine absolute, totale Preisgabe aller demokratischen Forderungen der EU, wenn wir zulassen würden, daß ein Land wie die Türkei sagen dürfte, unter welchen Bedingungen wir neue Mitglieder in der Union akzeptieren - ich denke dabei an Zypern. Die Türkei hat den nördlichen Teil von Zypern 1974 okkupiert und okkupiert den nördlichen Teil von Zypern noch immer. Ich werde nicht akzeptieren, daß Zypern Mitglied der EU wird, solange die Türkei den nördlichen Teil okkupiert. Ich hoffe, daß auch der Rat dies nicht tun wird. Die Türkei muß dem Rückzug ihrer Truppen beginnen, damit Verhandlungen eingeleitet werden können. Ich möchte gerne die Meinung des Rates hierzu hören. Ich möchte nicht einem Beschluß vorgreifen, der vom Rat und insbesondere vom Europäischen Rat zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Jahr oder im Laufe des nächsten Jahres gefaßt werden muß, nämlich darüber, in welcher Weise die Beitrittsverhandlungen mit Zypern aufgenommen werden sollen. Ich muß Ihnen allerdings sagen, daß im Rat - ich treffe damit keine Aussage im Namen des Rates - ernste Zweifel bestehen, ob Zypern Mitglied der Europäischen Union werden kann, wenn die politischen Probleme auf Zypern in der jetzigen Form fortbestehen. Auch dem Rat ist also sehr daran gelegen, sowohl die zyprische Regierung und die türkischzyprischen Behörden als auch Ankara und Athen dazu zu überreden, alles zu unternehmen, um ein Klima zu schaffen, bei dem die beteiligten Parteien selbst zu Verhandlungen gelangen. Das gilt in erster Linie natürlich für die beiden Gemeinschaften auf Zypern und an zweiter Stelle für die Türkei und Griechenland selbst. Sie müssen alles daran setzen, um zu verhindern, daß aufgrund eines ungelösten Problems, das uns schon 25 Jahre lang beschäftigt, irgendwann in der Zukunft innerhalb der Europäischen Union Uneinigkeit über den effektiven Beitritt Zyperns entsteht. Herr Präsident, gemäß unserer Geschäftsordnung ist der Herr Minister hier in seiner Eigenschaft als amtierender Ratspräsident. Da er nach eigener Aussage hier aber nicht als amtierender Ratspräsident gesprochen hat, bitte ich darum, daß seine Ausführungen aus dem Protokoll gestrichen werden. Herr Roubatis, der amtierende Präsident kann sich in diesem Haus ausdrücken, wie es ihm beliebt, und dies muß ins Protokoll aufgenommen werden. Wie Sie das beurteilen, liegt ganz bei Ihnen, aber auf keinen Fall dürfen die Beiträge des amtierenden Ratspräsidenten verkürzt wiedergegeben werden, und auch andere Äußerungen dazu dürfen nicht ignoriert werden. Folglich wird auch die Empfehlung im Protokoll vermerkt, die Sie gerade geäußert haben. Anfrage Nr. 4 von Herrn Arthur Newens (H-0210/97) Betrifft: Zusammenarbeit zwischen internationalen Polizeikräften Kann der Rat eine Erklärung abgeben zu den gleichzeitigen polizeilichen Razzien in den Büros von MED TV, dem privat finanzierten Satellitenfernsehsender, dessen Ziel die Förderung der kurdischen Kultur ist, in London und Brüssel am 18. September 1996 sowie zu der Aufrechterhaltung der geltenden Bestimmungen über die bürgerlichen Freiheiten und die Menschenrechte innerhalb der EU und insbesondere zu der vorgeblichen Vereinbarung zwischen dem Leiter der belgischen Polizei, Herrn De Ridder, und dem türkischen Verantwortlichen für innere Sicherheit, Herrn Alaadin Yuksel, vom Juli 1996? In Beantwortung der Anfrage von Herrn Newens möchte ich zunächst bemerken, daß die genannten Polizeiaktionen in den Verantwortungsbereich der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten fallen und nicht - wie ich ausdrücklich wiederhole - in die Zuständigkeit der Europäischen Union. Daher ist es nicht Aufgabe des Rates, zu diesem spezifischen Fall Stellung zu nehmen. Ganz allgemein weist der Rat darauf hin, daß, was die Wahrung der öffentlichen Freiheiten und die Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union betrifft, sämtliche Mitgliedstaaten vertragschließende Partei der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sind, die am 4. November 1950 in Rom unterzeichnet wurde. Gemäß Artikel K2 des Vertrags über die Europäische Union werden die in Artikel K1 genannten Angelegenheiten, zu denen die justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen gehört, unter Beachtung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten behandelt. Ich danke dem amtierenden Ratspräsidenten für diese Antwort. Es erscheint mir jedoch ein erstaunlicher Zufall zu sein, daß die polizeilichen Razzien in den Büros von MED-TV am 18. September gleichzeitig und London, Brüssel, Schweden und Moskau stattfanden, obwohl es keinen gemeinsamen Ursprung für ihre Aktionen und von seiten der türkischen Behörden keine Vereinbarung in diesem Zusammenhang geben soll. Vertritt der amtierende Ratspräsident nicht die Ansicht, daß alle unsere Anstrengungen, hohe Standards der bürgerlichen Freiheit und der Meinungsfreiheit in der Union zu erreichen, untergraben werden, wenn europäische Polizeikräfte Maßnahmen auf der Grundlage von Gesetzen und Praktiken durchführen, die in der Türkei oder auch in anderen Staaten gültig sind, die niedrigere Standards haben, und daß in der Union Anstrengungen unternommen werden sollten, damit solche Dinge nicht mehr geschehen? Andernfalls werden unsere Bemühungen zur Achtung der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit ernsthaft in Frage gestellt. Ich kann nur nochmals wiederholen, daß Aktionen von Justiz- und Polizeibehörden innerhalb der nationalen Grenzen in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Daß die Mitgliedstaaten in einigen Fällen eine internationale Koordinierung vornehmen, erscheint mir völlig logisch und ist auch die übliche Praxis. Der Standpunkt, hier würden Vorschriften des nationalen und internationalen Rechts verletzt, muß an erster Stelle anhand des in den betreffenden Ländern geltenden Rechts geprüft werden, und Einzelpersonen steht es auf jeden Fall frei, das Verhalten einzelstaatlicher Behörden durch die Kommission und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte prüfen zu lassen. Anfrage Nr. 5 von Herrn Felipe Camisón Asensio (H-0213/97) Betrifft: Wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt und Arbeitslosigkeit Kann der Rat in bezug auf den mit Hilfe der Strukturfonds angestrebten wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt bestätigen, daß unter der niederländischen Präsidentschaft die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vorrangiges Ziel bei der Anwendung der Fonds bleibt? Bei der Verabschiedung der Strukturfondsverordnung bestand eines der vorrangigen Ziele des Rates darin, daß mit Hilfe dieser Fonds die Arbeitslosigkeit bekämpft werden muß. Dieser Ausgangspunkt ist und bleibt gewahrt. So wurde beispielsweise durch den Sozialfonds während der Programmperiode 1994 bis 1999 im Rahmen der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit insbesondere ein Beitrag zur Erleichterung des Zugangs zum Arbeitsmarkt, zur Förderung der Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt, zur Entwicklung der allgemeinen und beruflichen Ausbildung, von Fertigkeiten und beruflichen Qualifikationen sowie zur Förderung der Schaffung neuer Arbeitsplätze geleistet. Die in diesem Rahmen gewährten Beihilfen erstrecken sich über die verschiedenen strukturpolitischen Ziele der Europäischen Gemeinschaft und werden auch unter der niederländischen Präsidentschaft unvermindert fortgesetzt. Die sich daraus ergebenden Aufgaben werden von der Kommission wahrgenommen, die mit der Durchführung der Verordnung und der Verwaltung der Strukturfonds in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten beauftragt ist. In diesem Zusammenhang möchte ich noch darauf hinweisen, daß die Kommission in ihrer Mitteilung vom 24. März 1996 über Strukturmaßnahmen und Beschäftigung ihre Absicht bekanntgab, die Strukturmaßnahmen noch mehr auf die Schaffung von Arbeitsplätzen auszurichten, indem das jetzige Programm unter Berücksichtigung der Verordnung in einigen Punkten angepaßt werden soll, damit dem Aspekt der Schaffung von Arbeitsplätzen besser Geltung verschafft werden kann. Kurzum die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist und bleibt ein strukturpolitisches Hauptziel der Europäischen Union. Das Problem der Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union muß nämlich unbedingt sehr energisch angegangen werden. Wir stellen mit Zufriedenheit fest, daß der Rat unter der holländischen Präsidentschaft das Problem der Arbeitslosigkeit mit der gleichen Sorge verfolgt wie zuvor die irische Präsidentschaft. Es ist bekannt, daß die Arbeitslosigkeit eine der Hauptsorgen der europäischen Bürger darstellt, ganz besonders in einigen Ländern, wie z.B. Spanien. Deshalb müssen wir uns dafür einsetzen, daß so schnell wie möglich eine Vielzahl von territorialen Beschäftigungspakten geschlossen wird, die in die Programme der Strukturfonds eingebunden sind, wobei auch eine mögliche Beteiligung der Europäischen Investitionsbank ins Auge gefaßt werden muß. Dies alles wird dazu führen, daß ein größerer Zusammenhalt -ein unverzichtbares Ziel- erreicht wird, um die Ungleichheiten, die trotz der unleugbaren Fortschritte in der sozioökonomischen Entwicklung der Regionen immer noch bestehen, abzubauen. Es soll auch darauf hingewiesen werden, daß es zweckmäßig wäre, das Verfahren durch eine Konzentration der Mittel in den am stärksten bedürftigen Regionen, durch eine Vereinfachung der Verfahren und durch die Einhaltung des Grundsatzes der Komplementarität zu verbessern. Herr Camisón bringt die lokalen Beschäftigungsinitiativen zur Sprache. Es handelt sich hier um eine insbesondere in der Mitteilung des Präsidenten der Europäischen Kommission, Herrn Santer, unterbreitete Idee, die als sogenannter Vertrauenspakt für die Beschäftigung bekannt geworden ist. Ich weiß zwar, daß solche lokalen Beschäftigungsinitiativen heute in der Praxis durchgeführt werden, doch liegt die Verantwortung dafür bei der Kommission. Für Einzelheiten hierzu muß ich Sie also an die Kommission verweisen. Anfrage Nr. 6 von Herrn Hubert Pirker (H-0218/97) Betrifft: Europol Europol sollte als effektives Instrument im Kampf gegen das organisierte Verbrechen äußerst rasch realisiert werden. Voraussetzung dafür ist aber insbesondere die Ratifizierung durch die nationalen Parlamente. Welche Maßnahmen gedenkt der Rat zu treffen, damit diese Ratifizierungen umgehend erfolgen? Gibt es Minister, die Bedenken gegen die Realisierung von Europol angemeldet haben? Wenn ja, welche? Was sind deren Gegenargumente? Auf die Anfrage von Herrn Pirker möchte ich antworten, daß sich die Mitgliedstaaten mehrfach, insbesondere während der Tagung des Europäischen Rates in Dublin im Dezember 1996, dazu verpflichtet haben, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit das Europol-Übereinkommen und das dazugehörige Protokoll über dessen Auslegung durch den Gerichtshof vor Ende 1997 ratifiziert werden. Bislang hat das Vereinigte Königreich als einziger Mitgliedstaat diese beiden Texte im Dezember 1996 ratifiziert. In allen übrigen Mitgliedstaaten wurde intern mit den administrativen und parlamentarischen Verfahren begonnen. Natürlich hat jedes Parlament seine eigenen Verfahren und Vorgehensweisen, so daß unterschiedliche Zeiträume möglich sind. Nichtsdestotrotz wurde von sämtlichen beteiligten Mitgliedstaaten bekräftigt, daß das Zieldatum realisierbar ist. Für die Ratifizierung wurden keine wesentlichen Hindernisse gemeldet. Dies wird die niederländische Präsidentschaft und vor allem die nachfolgende luxemburgische Präsidentschaft nicht davon abhalten, jede Gelegenheit zu nutzen, um die Mitgliedstaaten, die die Konvention noch nicht ratifiziert haben, an die in Dublin eingegangenen Verpflichtungen zu erinnern, nämlich daß diese Konvention vor Ende 1997 in Kraft treten kann. Danke, Herr Präsident, für die Antwort! Für mich stellt sich aber eine weitere Frage in diesem Zusammenhang: Wir alle wissen, daß die Bürger der Union ein Recht auf Sicherheit haben, d.h. sie erwarten von der Union, daß EUROPOL endlich voll in Kraft tritt. Wenn Sie sagen, die Mitgliedstaaten wollen nach 1997 ratifiziert haben, wie lange dauert es dann ihrer Ansicht nach, bis EUROPOL - Vorarbeiten werden geleistet - voll funktionstüchtig ist? Zum zweiten wissen wir, daß die Situation in den Ursprungsländern eine dramatische ist. Deshalb muß EUROPOL ein großes Interesse daran haben, mit den Ursprungsländern des organisierten Verbrechens, insbesondere im Osten, zu kooperieren. Gibt es Überlegungen von seiten des Rates, Maßnahmen im Zusammenhang mit EUROPOL vorzusehen, damit eine Kooperation zwischen EUROPOL und den Staaten des Ostens in die Wege geleitet wird? Ich bin relativ optimistisch, daß Europol kurz nach Inkrafttreten der Konvention funktionsfähig sein wird, da ein Vorläufer von Europol, nämlich die EDU, die European Drugsunit , bereits tätig ist. Ich möchte den Herrn Abgeordneten und Sie allgemein dazu einladen, uns in Den Haag einen Besuch abzustatten, wo der Vorläufer von Europol organisatorisch, institutionell sowie zur Erprobung von Kooperationspraktiken faktisch zwar bereits arbeitet, jedoch auf der Grundlage eines vorläufigen Mandats, das noch bekräftigt werden muß. Der wirkliche Ausbau von Europol wird erst nach Ratifizierung und Inkrafttreten der Konvention möglich sein. Was sodann Ihre Frage betrifft, ob Europol sehr rasch auch mit Drittländern wird zusammenarbeiten können, oder ob eine solche Möglichkeit überhaupt besteht, so muß ich kurz die bestehende Rechtslage darlegen. Die Befugnisse der Europäischen Union und der Institutionen der Europäischen Union zur Zusammenarbeit mit Drittländern im Rahmen des dritten Pfeilers sind meines Erachtens derzeit begrenzt, da dies stets im Rahmen eines internationalen Abkommens, im Rahmen der zwischenstaatlichen Struktur des dritten Pfeilers erfolgen muß, und solche Abkommen müssen wiederum ratifiziert werden. Das ist ein komplizierter Weg. Ich möchte kurz etwas zur Regierungskonferenz mitteilen. Das Thema, um das es hier geht, steht bei der Regierungskonferenz auf der Tagesordnung. Beraten wird darüber, inwieweit die Rechtsgrundlage für die Aufnahme von Kooperationsbeziehungen zu Drittländern verstärkt werden kann. Zum Fortgang der geführten Beratungen werde ich mit Ihrem Verlaub nichts mitteilen. Ansonsten besteht eine sehr praktische Möglichkeit, jetzt schon ausgehend von der vorläufigen Einheit in Den Haag Beziehungen einer praktischen Zusammenarbeit mit Ländern aufzunehmen, natürlich unter Aufsicht des Rates der Justizminister sowie später, wenn die Konvention in Kraft tritt, im Rahmen der in der Europol-Konvention festgelegten Grenzen. Herr Präsident, wenn die Zusammenarbeit mit Drittländern erwogen wird, dann sollten wir es zur Voraussetzung für EUROPOL - natürlich einem sehr wichtigen Instrument für die Bekämpfung der Kriminalität - machen, daß keine Maßnahmen gegen Einzelpersonen aufgrund des Verdachts begangener Straftaten ergriffen werden, wobei diese Straftaten zwar nicht in der EU, jedoch in Drittländern, die die bürgerlichen Freiheiten und die Meinungsfreiheit nicht in derselben Weise anerkennen, wie dies in der Union der Fall ist, als solche angesehen werden. Ich hoffe zum Beispiel, daß von EUROPOL nicht erwartet wird, an Razzien wie in den Büros von MED-TV teilzunehmen, die vorhin erwähnt wurden. In der Europol-Konvention ist nicht vorgesehen, Beamten oder Organen von Europol operative Befugnisse zuzuerkennen. Wenn in einem bestimmten Mitgliedstaat eine bestimmte Strafverfolgung eingeleitet wird, erfolgt dies stets unter der politischen Verantwortung der Regierung dieses Landes sowie durch Ermittlungsbeamte des betreffenden Landes. Europol-Beamte werden bei strafbaren Handlungen weder die politische Verantwortung noch die Verantwortung der Ermittlung übernehmen können. Anfrage Nr. 7 von Frau Ursula Stenzel (H-0219/97) Betrifft: Polen Nach dem Beitritt Polens wird es in einigen Bereichen, wie z.B. dem freien Personenverkehr, Übergangsfristen geben müssen. Wie lange wird die Übergangsfrist beim freien Personenverkehr nach dem Beitritt Polens sein? Herr Patijn, ich danke Ihnen für diese Antwort, die im wesentlichen den Fahrplan wiedergegeben hat, den wir alle kennen für die Beitrittsverhandlungen und den gleichberechtigten Start dieser Beitrittsverhandlungen. Trotzdem die grundsätzliche Frage: Wird im Rat überlegt, wie man verhindern kann, daß es durch das Inkraftsetzen der Binnenmarktregeln bei den Erweiterungskandidaten zu einer Abwanderung von Billiglohnarbeitskräften in Hochlohnländer kommt? Gibt es prinzipielle Überlegungen darüber, wie das verhindert werden kann, damit die Arbeitskräfte in den Ländern bleiben und dort Arbeitsplatzchancen erhalten? Frau Stenzel drängt weiterhin darauf, Spekulationen über das Verhandlungsmandat der Kommission bei den Beitrittsverhandlungen anzustellen. Ich kann ihre Frage jedoch erneut damit beantworten, daß wir hier nicht vorgreifen sollten. Der Prozeß muß auch unter zeitlichen Aspekten betrachtet werden. Meiner Ansicht nach werden die Verhandlungen, wenn sie aufgenommen sind, einige Jahre dauern. Ich erinnere daran, daß die Verhandlungen mit Spanien und Portugal sieben Jahre gedauert haben. Bei den osteuropäischen Ländern wird es vielleicht weniger lang dauern, doch wird damit ein Zeitplan angegeben, und anschließend folgt noch der Ratifizierungsprozeß; bis die neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union tatsächlich beigetreten sind, werden wir uns also bereits im nächsten Jahrhundert befinden. Jetzt, 1997 und ohne Berücksichtigung des formalen Arguments, daß über alle diese Beitrittsmandate noch beraten werden muß, darüber zu diskutieren, welche Regelungen im Jahr 2002, 2003 oder 2004 wohl erforderlich sein werden, ist meines Erachtens inhaltlich schwierig. Unterdessen befindet sich die Rechtsentwicklung in Europa in bezug auf das Funktionieren des Binnenmarktes und das Funktionieren des Arbeitsmarktes in ständiger Bewegung. Auf der anderen Seite treffen die Beitrittskandidaten unverminderte Vorbereitungen für einen Beitritt zum Binnenmarkt einschließlich der Aspekte, die mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu tun haben. Hier vollzieht sich also auf beiden Seiten ein dynamischer Prozeß. Daher halte ich Ihre Anfrage für vollkommen verfrüht. Ich möchte ferner davon abraten, Spekulationen darüber anzustellen, wie im Jahr 2002, 2003 oder 2004 die Arbeitsmarktlage in Ost- und Westeuropa aussehen wird, welche spezifischen Regelungen dafür erforderlich sein werden, ob bei einer neuen Mitgliedschaft Übergangsmaßnahmen oder Ausnahmeregelungen notwendig sind. Meines Erachtens ist keinem Interesse gedient, auch keinem politischen Interesse, wenn der Behandlung dieser Themen vorgegriffen wird. Das wollte ich dazu sagen. Anfrage Nr. 8 von Herrn Hugh McMahon (H-0220/97) Betrifft: Technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände Wird die niederländische Präsidentschaft dem Parlament Einzelheiten über den Kompromißtext über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände übermitteln, den sie während der April-Tagung des Rates Fischerei vorlegen wird? In Beantwortung der Anfrage von Herrn McMahon betreffend technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände möchte ich betonen, daß die niederländische Präsidentschaft diesem Thema besondere Bedeutung beimißt. Von der irischen Präsidentschaft wurde während der Ratstagung vom Dezember letzten Jahres hierzu ein Kompromißtext vorgelegt. Der Rat erklärte zwar, daß er den Vorschlag als einen bedeutenden Fortschritt betrachte, doch war er gleichwohl der Ansicht, daß es noch eine Reihe von Problemen gibt, die gelöst werden müssen. Daran wird u. a. von der Präsidentschaft derzeit hart gearbeitet; aufgrund der sehr technischen Aspekte dieser Materie ist es nicht die Absicht der niederländischen Präsidentschaft, diesen Punkt auf die Tagesordnung des Rates Fischerei am 14. und 15. dieses Jahres zu setzen. Gleichwohl wird die Präsidentschaft keine Mühen unterlassen, um bei den Beratungen über diesen Vorschlag so rasch wie möglich Fortschritte zu erzielen, damit er vor Ende Juni dieses Jahres angenommen werden kann. Ich hoffe also, daß dies noch unter der niederländischen Präsidentschaft der Fall sein wird. Ich danke der niederländischen Präsidentschaft. Zum erstenmal wurde offiziell bestätigt, daß es keine Diskussionen und keine Vereinbarung über die Frage der technischen Maßnahmen geben wird. Es war ziemlich unangebracht, daß das Parlament den Bericht Adam so schnell durchgezogen hat und noch am Montag dieser Woche Dringlichkeitssitzungen abhielt, weil ihm mitgeteilt wurde, daß es die vom Rat gesetzten Fristen einzuhalten hatte. Wieder einmal haben die Präsidentschaften und insbesondere die niederländische das Parlament überaus ritterlich behandelt. Wenn die ganze Zeit bereits die Absicht bestand - die vielleicht mit den Wahlen in Großbritannien zusammenhängt - diesen Bericht nicht auf die Tagesordnung zu setzen, dann bin ich sehr enttäuscht. Kann die niederländische Präsidentschaft bestätigen, daß die Ereignisse in bezug auf die britischen Wahlen nicht Anlaß war, diesen Gegenstand von der Tagesordnung der Sitzung in der nächsten Woche zu streichen? Das kann ich nicht bestätigen. Ich weiß nur, daß unmöglich ist, dieses Thema während der AprilTagung des Rates Fischerei zu einem Abschluß zu bringen. Anfrage Nr. 9 von Herrn Richard Howitt (H-0223/97) Betrifft: Nichtdiskriminierungsklausel zugunsten behinderter Menschen im Vertrag der Europäischen Union Bestätigt der juristische Dienst des Rates, daß der von der irischen Präsidentschaft in Dublin vorgelegte neue Artikel 6a des Vertrags über die Europäische Union - im Falle seiner Billigung in Amsterdam - garantieren würde, daß alle Generaldirektionen der Kommission künftig bei der Ausarbeitung von Entwürfen für EU-Rechtsvorschriften oder -Programme den Aspekt der Gleichbehandlung von behinderten Personen berücksichtigen bzw. diesbezügliche Gutachten einholen müssen? Oder würde es der Rat eher befürworten, daß eine solche Klausel lediglich die Grundlage bietet für auf der Ebene der Mitgliedstaaten geplante separate Aktionen, die eine solche Diskriminierung auf europäischer Ebene ebenfalls verbieten würden? Ist der Rat ferner der Auffassung, daß der neue Artikel 6a - in der vorgeschlagenen Fassung - als Rechtsgrundlage für ein künftiges EU-Programm zugunsten von Behinderten, d.h. ein Nachfolgeprogramm des Helios-Programms, dienen sollte oder könnte? In Beantwortung der Anfrage möchte ich nochmals darauf hinweisen, daß es nicht Sache des Rates ist, zu den Tätigkeiten und zum Verlauf der Tätigkeiten der Regierungskonferenz Stellung zu nehmen. Das ist Sache der Mitgliedstaaten, und dazu kann der Rat als solcher nicht angesprochen werden. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß gemäß den Bestimmungen von Artikel N des Vertrags die Vertreter der Mitgliedstaaten die an den Verträgen vorzunehmenden Änderungen vereinbaren. Der Herr Abgeordnete wird daher verstehen, daß es mir als Ratsvorsitzenden nicht möglich ist, mich, in welchem Sinne auch immer, zu den Vorschlägen zu äußern, die er in seiner Anfrage unterbreitet. Gleichwohl ist der Rat davon überzeugt, daß alles unternommen werden muß, um behinderten Menschen zu helfen und sie in die Lage zu versetzen, sich voll in die Gesellschaft zu integrieren und aktiv am wirtschaftlichen und sozialen Leben teilzunehmen. Allerdings muß dabei das Subsidiaritätsprinzip gewahrt werden. Auf dieser Grundlage ist zu beurteilen, was auf nationaler Ebene unternommen werden muß und wie hoch der entsprechende Mehrwert eines Vorgehens auf EU-Ebene sein wird. Ich danke Herrn Patijn für seine Antwort, wundere mich jedoch über seine Zusicherung, die Regierungskonferenz dahingehend zu unterstützen, daß sie ein offenes und transparentes Verfahren wird. Wie können die zahlreichen Menschen und Organisationen, die ein Interesse am Ergebnis der Regierungskonferenz haben, sich mit den Themenbereichen in Bezug auf den Vertragsentwurf auseinandersetzen und dem Parlament und den einzelstaatlichen Regierungen ihre Ansichten übermitteln, wenn der Rat sich in Schweigen hüllt? Ob sich dieses Parlament nun mit der Bus-Richtlinie, der Fahrschul-Richtlinie oder mit Themen im Hinblick auf die Informationsgesellschaft befaßt, immer wieder müssen wir kämpfen, damit die Kommission die Interessen der behinderten Menschen berücksichtigt und sie zu Beginn des Rechtsetzungsverfahrens konsultiert. Wenn die Regierungen einen Vertragsentwurf vorlegen - so lobenswert er auch sein mag und auch wenn das Parlament ihn bezüglich der Aktionen zur Nichtdiskriminierung behinderter Menschen unterstützt - der nicht alle Bereiche der europäischen Rechtsvorschriften abdeckt, dann wäre die Forderung von 37 Mio. behinderten europäischen Bürgern nicht erfüllt. Wird Herr Patijn auf seinem Treffen in der nächsten Woche mit den Vertretern des Europäischen Behindertenforums eine offenere Antwort geben und eine offenere Diskussion zulassen, als dies heute abend im Parlament möglich war? Ich kann bekräftigen, daß ich mit den Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Organisationen, die an den Entwicklungen der Verhandlungen auf der Regierungskonferenz interessiert sind, regelmäßigen Kontakt unterhalte. Ich bestätige, daß ich mit den Vertretern von Behindertenorganisationen tatsächlich ein Treffen hatte. Bei solchen Gesprächen, die informeller Art sind, verschaffe ich mir regelmäßig Informationen über den Stand der Verhandlungen und die Möglichkeiten, solche Verhandlungen zu einem guten Abschluß zu bringen. Die Verantwortung dafür wird aber ganz von den an der Regierungskonferenz beteiligten niederländischen Delegation übernommen. Ich kann dies als Ratsvorsitzende nicht tun. Ich kann natürlich, was Hintergrundinformationen anbelangt, von einer priviligierten Position Gebrauch machen, doch wenn ich solche Treffen habe, veranstalte ich sie im Prinzip als Delegierter des Königreichs der Niederlande. Anfrage Nr. 10 von Herrn Alfred Lomas (H-0226/97) Betrifft: Einmischung eines Kommissionsmitgliedes in die britischen Wahlen Die britische Presse berichtet, EG-Kommissionsmitglied Leon Brittan habe in der Endrunde des britischen Wahlkampfes die Labour Party wegen der Abwürgung der Europa-Debatte kritisiert. Er mißbilligte generell die von den Politikern an der EG geübte Kritik und bezeichnete diese als schädlich für Großbritannien. Hält es der Rat für richtig, daß sich EG-Beamte in dieser Weise in die Wahlen eines Mitgliedstaats einmischen? In Beantwortung dieser mündlichen Anfrage von Herrn Lomas muß ich, wie es meine Vorgänger und ich selbst bei derartigen Fällen mehrfach taten, nachdrücklich darauf hinweisen, daß der Rat keinen Standpunkt festlegen oder ein Urteil zu Erklärungen abgeben kann, die außerhalb des formellen Rahmens seiner Sitzungen erfolgt sind, jedenfalls wenn solche Erklärungen durch Personen außerhalb des Rates abgegeben werden. Das scheint mir bei den von Herrn Lomas in seiner Anfrage zur Sprache gebrachten Tatbeständen der Fall zu sein. Diese Erklärungen waren in der Presse ausführlich nachzulesen. Auch britischen Beamten, die in Regierungs- und Kommunalbehörden beschäftigt sind, ist es nicht gestattet, sich in Wahlen einzumischen, wie der Herr Kommissar es getan hat. Sind nicht auch Sie der Auffassung, daß einige von Ihnen, nicht alle - ein wenig anmaßend werden? Jacques Santer rügte kürzlich die Regierungen von Mitgliedstaaten, die Probleme mit dem Zeitplan für die einheitliche Währung hatten. Diese Beamten sollten sich um ihre eigene Arbeit kümmern und die politischen Erklärungen dem gewählten Ministerrat überlassen. Vertritt der Rat auch diese Auffassung? In den von Herrn Lomas gestellten Fragen spüre ich eine gewisse latente Verärgerung, die ich jedoch vielleicht zu einem wesentlichen Teil beheben kann, wenn ich darauf hinweise, daß Mitglieder der Kommission unter keinen Umständen als Beamte in Frage kommen können. Ich weise den Herrn Abgeordneten auf einen Artikel des EWG-Vertrags hin, den er zweifellos bereits kennt, nämlich Artikel 157, in dem folgendes steht: " Die Mitglieder der Kommission üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Gemeinschaften aus. Sie dürfen bei der Erfüllung ihrer Pflichten Anweisungen von einer Regierung oder einer anderen Stelle weder anfordern noch entgegennehmen" . Sie sprechen also von politischen Aussagen von Personen, die völlig unabhängig sind. Vielleicht beruhigt Sie das. Anfrage Nr. 11 von Herrn David Morris (H-0229/97) Betrifft: Clenbuterol Ist der Rat angesichts der illegalen Verwendung von Clenbuterol, einer synthetischen steroidartigen Verbindung zur Tiermast, die große Gefahren bei der Handhabung in sich birgt und hochgiftig für die Menschen ist, der Auffassung, daß diese gestoppt werden muß und daß die illegalen Lieferanten der Droge festgenommen und vor Gericht gestellt werden müssen? Warum hat die niederländische Regierung dem Antrag des amerikanischen Anwalts Schneider auf Auslieferung von Gerard Hoogendik nicht stattgegeben, der sich für neun Vergehen gegen die amerikanischen Bundesgesetze wegen des Schmuggels und Vertriebs von verfälschten Drogen für die Tiermast verantworten sollte? Zu der Anfrage von Herrn Morris betreffend die Gefahren der Verwendung von Clenbuterol bei der Tiermast von für den menschlichen Verbrauch bestimmten Tieren kann ich antworten, daß sich der Rat in hohem Maße dessen bewußt ist, daß die illegale Verwendung von Stoffen mit anabolischer Wirkung bei der Viehzucht energisch bekämpft werden muß, insbesondere im Hinblick auf den Schutz des Verbrauchers. Zu einem solchen Zweck hat der Rat am 29. April 1996 die Richtlinie 96/22/EWG angenommen, um die 1981 und 1988 getroffenen Maßnahmen zu verschärfen und für ihre bessere Anwendung Sorge zu tragen. Auch eine Richtlinie 96/23 betreffend Kontrollmaßnahmen zur Verwirklichung der festgelegten Politik wurde angenommen. Die Verwendung von Clenbuterol ist damit in der Gemeinschaft gesetzlich verboten, mit Ausnahme zur therapeutischen Behandlung weiblicher Rindertiere während des Kalbens sowie von Rindern, die für andere Zwecke als für die Fleichproduktion gezüchtet werden. Es wird also eine gewisse Verwendung erlaubt, jedoch nie zur Verwendung bei Tieren, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind. Was die zweite Anfrage betrifft, so ist für den von dem Herrn Abgeordneten angesprochenen Fall nicht der Rat zuständig, sondern die betreffenden nationalen Gerichtsinstanzen. Daher ist es nicht Sache des Rates, dazu Stellung zu nehmen. Der amtierende Ratspräsident wies uns darauf hin, daß diese Angelegenheit nicht in seinen Zuständigkeitsbereich falle, ob Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, daß Personen gerichtlich verfolgt werden, die im Verdacht stehen, mit illegalen Wachstumsförderern zu handeln. Deshalb habe ich diese Frage gestellt! Die Frage sollte doch lauten, was hat der Rat - der niederländischer Rat - getan, um die niederländische Regierung davon zu überzeugen, daß Gerard Hoogendik an die USA aufgrund von Vergehen ausgeliefert werden sollte, die ihm zur Last gelegt werden, und zwar weil er verfälschte Drogen in die USA geschmuggelt und dort vertrieben hat? Besteht nicht auch der Verdacht, daß er das gleiche auch in der EU getan hat? Wenn wir den Vertrieb illegaler Drogen und die sich daraus ergebende Gefährdung unserer Lebensmittel erfolgreich in den Griff bekommen wollen, dann muß eine Anklage erfolgen und in diesem Fall sollte dem Antrag auf Auslieferung stattgegeben werden, damit die amerikanische Regierung diesen Mann vor Gericht stellen kann. Wenn ein niederländischer Staatsbürger in einem anderen Mitgliedstaat strafbarer Tatbestände verdächtigt wird, die eine Auslieferung rechtfertigen, wird die niederländische Regierung, eventuell auf Antrag eines niederländischen Richters, darauf reagieren, wenn ein offizieller Auslieferungsantrag gestellt wird. Das ist jedoch keine Angelegenheit der Institutionen der Europäischen Union, und ich kann als Ratsvorsitzender hierauf nicht antworten. Dabei möchte ich es bewenden lassen. Anfrage Nr. 12 von Herrn Roberto Speciale (H-0231/97) Betrifft: Lage der Kinder in Rumänien Wie auch die internationale Presse immer wieder berichtet, befinden sich die Kinder in Rumänien in einer sehr ernsten Notlage, Viele Kinder leben unterhalb der Armutsgrenze und immer mehr Minderjährige fristen ihr Dasein auf der Straße. Unter Bezugnahme auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12.12.1996 wird der Rat gebeten, zu folgenden Fragen Auskunft zu geben: Welche Maßnahmen hat er ergriffen, um sicherzustellen, daß die Regierung Rumäniens der eingegangenen Verpflichtung nachkommt, die Lage der Kinder zu verbessern? Hat der Rat die notwendigen Schritte unternommen, um in Zusammenarbeit mit der Kommission, den Mitgliedstaaten und der rumänischen Regierung ein Programm zum Schutz der Kinder dieses Landes und ein spezifisches Programm für die Straßenkinder in den größeren rumänischen Städten durchführen zu können? Von Herrn Speciale wird ein wichtiges Thema zur Diskussion gestellt. Der Rat teilt die Sorgen des Herrn Abgeordneten über die mögliche Lage der Kinder in Rumänien. Allgemein möchte ich darauf hinweisen, daß in Rumänien mit der Durchführung eines umfassenden Reformprogramms zur Verbesserung der Wirtschaftslage begonnen wurde. Der Rat unterstützt dieses Programm, doch hat er den rumänischen Behörden gleichzeitig klargemacht, daß zum Schutz der schwächsten Sektoren und Gruppen in der Gesellschaft flankierende Sozialmaßnahmen getroffen werden müssen. In diesem Zusammenhang unterstützt die Kommission in Zusammenarbeit mit der rumänischen Regierung und den Nichtregierungsorganisationen ein umfassendes Programm zur Verbesserung der Lage der Kinder in Rumänien. Es handelt sich hier um eine Vielzahl von Projekten, die übrigens insbesondere auf Waisenkinder ausgerichtet sind. Solche Hilfe wird von der Gemeinschaft übrigens seit geraumer Zeit geleistet, d. h. seit Beginn der 90er Jahre. Insgesamt ging es dabei um mehrere Dutzend Millionen ECU. Ziel der jüngsten Bemühungen der Gemeinschaft ist es, in guter Zusammenarbeit mit der rumänischen Regierung die Politik zum Schutz der Kinder zu verbessern. Hierfür sind im Haushaltsplan 12 Mio ECU aufgenommen. Ein Teil davon stammt aus dem PHARE-Mehrjahres-Richtprogramm 1996 bis 1999 für Rumänien. Ferner hat die Kommission mit der rumänischen Regierung Einvernehmen darüber erzielt, daß ein Betrag von ca. 3, 5 Mrd Lei, was 1 Mio ECU entspricht, aus Gegenwertfonds verwendet wird, die im Rahmen des wirtschaftlichen Reformprogramms zugunsten des Schutzes der rumänischen Jugend bereitgestellt werden können. Herr Präsident, ich danke Ihnen für Ihre Antwort sowie für die vom Rat gezeigte Aufgeschlosssenheit. Wie Sie wissen, handelt es sich hier um eine sehr sensible Frage. Es gab Berichte von Fernsehjournalisten, die eindeutig belegt haben, daß die Situation äußerst ernst ist; in einigen Mitgliedstaaten werden derzeit u. a. gerichtliche Untersuchungen durchgeführt, bei denen es um abscheuliche Vergehen geht, die gerade in Rumänien ihre Endstation zu haben schienen. Daher ist meines Erachtens ein dringendes Eingreifen erforderlich, und der Rat und die Kommission müssen zusammen mit der rumänischen Regierung alles in ihrer Macht Stehende tun, damit umgehend konkrete Lösungen gefunden werden. Ich frage mich auch, wie es möglich war, daß im Herzen Europas eine solche Situation eintritt, und ich weiß nicht, ob der Rat diese Frage beantwortet hat. Ich frage Sie jetzt, Herr Ratspräsident: ist dieses Programm zum Schutz der Kinder bereits angelaufen? Gibt es eine konkrete Organisation des Programms? Wurden bereits Verbesserungen erzielt? Das sind im Wesentlichen die Fragen, die ich Ihnen stelle. Ich verweise auf den ersten Teil meiner Antwort. Dieses Programm besteht bereits seit geraumer Zeit. Seit 1990, so habe ich geantwortet, werden von der Europäischen Gemeinschaft insbesondere unter der Verantwortung der Kommission Maßnahmen zur Verbesserung des Loses der Kinder in Rumänien durchgeführt und solche Maßnahmen wurden vor kurzem noch verstärkt. Für Einzelheiten zu diesem Programm möchte ich Herrn Speciale bitten, sich an die Kommission zu wenden. Generell möchte ich übrigens seine große Besorgnisse, die er mit der vorliegenden Anfrage zum Ausdruck bringt, teilen. Wie wir alle wissen, befinden sich einige osteuropäische Länder aufgrund des Übergangs von einer diktatorisch gelenkten zu einer demokratischen, marktorientierten Wirtschaft in einer tiefen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Krise. Das hat erhebliche soziale Nebenwirkungen, wodurch es insbesondere sozial schwache Gruppen bisweilen sehr schwierig haben, und meines Erachtens muß uns alles daran gelegen sein, daß nicht nur die Institutionen der Europäischen Gemeinschaft, sondern auch die Mitgliedstaaten - und ich möchte auch ausdrücklich die Initiative von Nichtregierungsorganisationen nennen, die zumindest in meinem Land in diesem Punkt äußerst aktiv sind - eine wichtige Rolle zu erfüllen haben, um in den krassesten Fällen soweit wie möglich Hilfe zu leisten. Da der Fragesteller nicht anwesend ist, ist die Anfrage Nr. 13 hinfällig. Anfrage Nr. 14 von Herrn Jonas Sjöstedt (H-0235/97) Betrifft: Die EU als Verband freier und selbständiger Staaten Die Vertreter der schwedischen Regierung halten an der Auffassung fest, daß die EU eine Organisation freier und unabhängiger Staaten ist. Diese Auffassung wird unterstützt durch das Urteil des deutschen Verfassungsgericht vom 12. Oktober 1993, in dem darauf hingewiesen wird, daß die Mitgliedstaaten die "Herren des Vertrags" sind. Diesem Urteil stehen einige Urteile des EU-Gerichtshofs entgegen, wonach EU-Recht Vorrang vor nationalem Recht - einschließlich der Verfassungen - hat. Solche widersprüchlichen Signale haben Anlaß gegeben zu unterschiedlichen Interpretationen des grundlegenden Charakters der Union. Die Regierungskonferenz bietet nun die Möglichkeit, diese Frage zu klären, indem eindeutig festgestellt wird, daß die Europäische Union eine Vereinigung freier und unabhängiger Staaten ist, deren Verfassungen über dem EU-Recht stehen. Dieser Aspekt ist besonders angesichts der bevorstehenden Erweiterung der EU von besonderer Bedeutung. Ist der Rat bereit, die Regierungskonferenz dazu zu nutzen, Vorschläge zu unterbreiten, die die EU als Zusammenschluß freier und unabhängiger Staaten definiert? In Beantwortung der Anfrage von Herrn Sjöstedt möchte ich ganz allgemein betonen, daß ich mit ihm völlig darin einig bin, daß die Europäische Union ein solidarischer Verband freier und selbständiger Staaten ist. Es handelt sich in der Tat um freie und unabhängige Staaten, die aus eigenem, freien Willen die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften geschlossen haben. Aus dem gleichen freien Willen heraus haben sie sich dazu verpflichtet, die Bestimmungen dieser Verträge zu respektieren und daran mitzuwirken, daß sie ausgeführt werden. Als amtierender Ratspräsident möchte ich einmal mehr betonen, daß der Rat und seine Mitglieder diesem gemeinsamen Fundament sowie auch den Rechtsvorschriften, die aufgrund des Vertrages verabschiedet wurden und die gewöhnlich mit dem acquis communautaire bezeichnet werden, zutiefst verpflichtet sind. Was das spezifischere Ersuchen des Herrn Abgeordneten betrifft, nämlich die ihm so sehr am Herzen liegenden Bestimmungen in den neuen Vertrag aufzunehmen, so kann ich als Ratsvorsitzender aus bekannten Gründen hierauf nicht eingehen. Der Rat ist nämlich nicht als solcher an der Regierungskonferenz beteiligt, und es ist Aufgabe der Regierungen und auch der Kommission, Vorschläge zu unterbreiten, die bei der Regierungskonferenz behandelt werden können. Ich danke der niederländischen Präsidentschaft für die Antwort. Ich finde, Sie sind ein wenig zurückhaltend. Es ist sicher so, daß Sie Einblick in und auch etwas Einfluß auf die Arbeit der derzeitigen Regierungskonferenz haben. Ich finde, daß es wichtig ist, die rechtliche Hierarchie zwischen nationaler Verfassung und EG-Recht zu klären. In der Realität gibt es ja eine Praxis, die sich über viele Jahre im Europäischen Gerichtshof herausgebildet hat, während einige Mitgliedsländer ihre Grundgesetze nicht gemäß dieser Praxis geändert haben. Es sind auch aktuelle juristische Verfahren anhängig, z. B. in Dänemark, über eben dieses Verhältnis der Konstitution zum EGRecht. Ich meine, daß es aus Gründen der Demokratie sehr angemessen ist, daß die rechtliche Hierarchie zwischen nationaler Verfassung und EG-Recht deutlich dargelegt wird. Meine persönliche Meinung hierzu ist, daß das nationale Grundgesetz dem EG-Recht übergeordnet ist. Wenn die Übersetzung richtig wiedergegeben wurde, so habe ich den Eindruck, daß Herr Sjöstedt persönlich glaubt, nationale Verfassungen seien wichtiger als das Gemeinschaftsrecht. Ich bin persönlich nicht dieser Ansicht. Im niederländischen Verfassungssystem gilt nun einmal, daß das nach den Verfahren des Römischen Vertrages zustandegekommene Gemeinschaftsrecht über dem nationalen Recht und selbst über den nationalen Verfassungen steht, und es ist Sache der Richter, zu bestimmen, welches Rechtssystem im Konfliktfall Vorrang hat. Zum Glück - zumindest kann ich dies nicht so schnell aus dem Gedächtnis wiedergeben - ist es noch nie vorgekommen, daß ein oberster Richter in einem Mitgliedstaat der Regierung oder den Bürgern dieses Mitgliedstaates verboten hat, nach den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zu leben. Damit ergäbe sich ein echter Konflikt. Meine persönliche Überzeugung - und ich kann mich dabei wohl weitgehend auf die Rechtsprechung stützen, wobei ich dann allerdings nicht mehr als Ratsvorsitzender spreche - ist also, daß, wenn der Europäische Gerichtshof in Luxemburg bei einem Konflikt von Rechtssystemen die klare Entscheidung trifft, daß das Gemeinschaftsrecht Vorrang vor den nationalen Rechtssystemen hat, damit das letzte Wort gesprochen ist. Wäre dies nicht der Fall, befänden wir uns auf einem sehr gefährlichen Weg zu einer rechtlichen Desintegration der Europäischen Gemeinschaft, und ich möchte den Herrn Abgeordneten bitten, seinen persönlichen Standpunkt nochmals zu überdenken. Anfrage Nr. 15 von Herrn Manuel Medina Ortega (H-0237/97) Betrifft: Gemeinsame Marktorganisation für Bananen Welche Maßnahmen beabsichtigt der Rat im Hinblick auf die Schlußfolgerungen der Gruppe der Welthandelsorganisation zur Gemeinsamen Marktorganisation für Bananen zu ergreifen, um die gemeinschaftlichen Produkte zu schützen? Herr Präsident, in Beantwortung der von Herrn Medina gestellten Fragen kann ich sagen, daß der Rat genauso wie Sie - hauptsächlich jedoch über die Medien - von dem Zwischenbericht des Bananen-Panel zu der von der Europäischen Union für Bananenimporte angewandten Regelung Kenntnis genommen hat. Welchen Status dieser Bericht besitzt, kann vom Rat im Augenblick nicht mitgeteilt werden. In jedem Fall deutet die Bezeichnung "Zwischenbericht" , die diesem Dokument von den Verfassern selbst gegeben wurde, darauf hin, daß es sich um eine vorläufige Fassung handelt, die noch geändert werden kann, bevor der endgültige Bericht erstellt wird. Daher muß festgestellt werden, daß die Welthandelsorganisation (WTO) bisher noch keine formelle Schlußfolgerung gezogen hat, zu der die jetzigen Gemeinschaftsregelungen für Bananen im Widerspruch stehen könnten; das Verfahren ist nämlich noch nicht abgeschlossen. Sobald die Schlußfolgerungen des WTO-Panels bekannt sind, wird der Rat sie selbstverständlich prüfen, um zu sehen, ob sich daraus für die Gemeinschaft eventuell Folgen ergeben. Der Rat erinnert ferner daran, daß die Kommission bereits 1995 einen Vorschlag zur Anpassung der Gemeinsamen Marktorganisation vorgelegt hat und daß er hierzu noch keinen Beschluß fassen konnte, solange die Ergebnisse des WTO-Verfahrens noch nicht vorliegen. Herr Ratspräsident, ich danke Ihnen für Ihre Antwort, aber ich muß Ihnen sagen, daß nach unserer Erfahrung immer, wenn ein bestimmtes Thema angesprochen wird, das nicht zu gegebener Zeit angesprochen wurde, vom Rat oder von der Kommission zu hören ist, daß es eben nicht zu gegebener Zeit angesprochen wurde. Im Augenblick ist es ein ziemlich offenes Geheimnis, daß es ein Dokument der Expertengruppe der Welthandelsorganisation zur GMO für Bananen gibt, das diese Organisation praktisch in den Grundfesten erschüttert. Und am gravierendsten ist dabei, daß sich diese Expertengruppe bei ihrem Vorgehen auf den Antrag einer Regierung stützt, deren Land überhaupt keine Bananen produziert, nämlich die der Vereinigten Staaten. Diese Regierung hat jedoch im Zusammenhang mit dem Helms-Burton-Gesetz die Zuständigkeit irgendwelcher Expertengruppen der Welthandelsorganisation nicht akzeptiert. Wer sich mit dem Recht befaßt hat, weiß, daß das Recht in den Nebenaspekten des Verfahrens liegt. In der Praxis ist bei handelspolitischen Verhandlungen Vergeltung ein übliches Mittel. Könnte daher der Rat mögliche Vergeltungsmaßnahmen gegen die Regierung der Vereinigten Staaten in dem Sinne in Erwägung ziehen, daß die Gemeinschaft die Zuständigkeit der Welthandelsorganisation im Bereich der GMO für Bananen nicht akzeptiert, wenn die Vereinigten Staaten sie im Bereich des Helms-Burton-Gesetzes nicht akzeptieren? Ich werde nicht auf die letzte Empfehlung von Herrn Medina eingehen, denn wenn bei der internationalen Streitschlichtung alles miteinander verknüpft wird, werden wir zu keinem Ergebnis mehr gelangen. Das ist das einzige, was ich sicher weiß. In diesem Punkt möchte ich mich doch dafür aussprechen, daß das für WTO-Panels geltende Verfahren von uns sorgfältig befolgt wird, da von uns möglicherweise zu früh Probleme geschaffen werden. Es handelt sich um einen Zwischenbericht, der im Prinzip vertraulich war, der den betreffenden Parteien vorgelegt wurde und der in die Öffentlichkeit geraten ist. Die beteiligten Parteien haben jedoch noch die Möglichkeit, zu diesem Bericht Stellung zu nehmen, wonach das Panel eventuell auf der Grundlage dieser Stellungnahmen den Bericht ändert, und das WTO-Streitschlichtungsverfahren bietet anschließend noch die Möglichkeit, nach einer solchen Entscheidung des Panel Berufung einzulegen. Daher ist es meines Erachtens verfrüht, jetzt schon an die Einleitung - sei es durch die Kommission oder den Rat - eines direkten Gerichtsverfahrens gegen die Entscheidung oder gar an Vergeltungsmaßnahmen bzw. an die Eröffnung eines Handelskrieges zu denken. Anfrage Nr. 16 von Frau María Izquierdo Rojo (H-0239/97) Betrifft: Teilnahme Libyens an der Zweiten Konferenz Europa-Mittelmeerraum in Malta Erhält Libyen in Anbetracht der Tatsache, daß das Europäische Parlament in verschiedenen Entschließungen immer wieder seinen Wunsch bekräftigt hat, die Möglichkeit, an der Zweiten Konferenz Europa-Mittelmeerraum teilzunehmen, die am 15. und 16. April in Malta stattfinden wird? Die Europäische Union bleibt bei ihrem Standpunkt, daß Lybien nicht erwarten kann, mit anderen Staaten normale Beziehungen zu unterhalten und in internationalen Gremien, einschließlich des Barcelona-Prozesses, eine vollwertige Rolle zu spielen, solange es nicht sämtlichen Verpflichtungen aufgrund der einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates nachgekommen ist. Da Lybien diese Verpflichtungen bislang nicht erfüllt hat, kann es unmöglich an der Zweiten Ministerkonferenz EuropaMittelmeerraum teilnehmen. Ich bedauere, daß der Rat der Bitte, die das Europäische Parlament in diesem Zusammenhang wiederholt vorgebracht hat, nicht entsprochen hat. Die Antwort des Rates ist enttäuschend, und wieder einmal muß ich meinem Bedauern darüber Ausdruck verleihen, daß es den Entscheidungen des Ministerrats an Autonomie und Kühnheit mangelt. Das Parlament fordert nämlich, daß einem Land, das auch ein Mittelmeerland ist, Perspektiven im Hinblick auf eine Beteiligung an der europäischen Mittelmeerpolitik eröffnet werden. Dieses Land, Libyen, gehört als Mitgliedstaat des großen arabischen Maghreb zur Maghreb-Delegation des Europäischen Parlaments und arbeitet hier in diesem Gebäude in Straßburg, wo bereits mehr als eine Tagung stattgefunden hat, indirekt an der europäischen Mittelmeerpolitik mit. Ich halte diese Antwort wirklich für enttäuschend, und ich bitte den Ministerrat darum, bis zur zweiten EuropaMittelmeer-Konferenz am 15./16. April in Valletta diese Perspektiven zu eröffnen. Die Europäische Union ist manchmal sehr einfallsreich und gibt höchst zweideutige Antworten, um diesem Land, das in Zukunft bei der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Mittelmeerländern eine wichtige Rolle spielen kann, eine gute Zusammenarbeit in Aussicht zu stellen. Ich muß Frau Izquierdo Rojo doch an die Resolutionen 731, 748 und 883 des UN-Sicherheitsrates erinnern, die sie zweifellos unter ihrem Kopfkissen liegen haben muß, wenn sie so großes Mitleid mit Lybien hat. In diesen Resolutionen des Sicherheitsrates geht es darum, daß darin der Verdacht des staatlich geförderten Terrorismus geäußert wird und daß das oberste Organ der Völkergemeinschaft darin erklärt, daß die lybischen Behörden alles unternehmen müssen, um einen solchen Verdacht auszuräumen. Solange dieser Verdacht nicht ausgeräumt ist, besteht meiner Meinung nach aller Grund, daß der Rat so handelt, wie er es jetzt tut. Wenn ich von Enttäuschungen sprechen soll, so bringe ich meine Enttäuschung über die lybische Regierung zum Ausdruck, die nicht dazu beigetragen hat, daß ein solch schwerwiegender Verdacht ausgeräumt wird. Anfrage Nr. 17 von Herrn Gerard Collins (H-0245/97) Betrifft: Europäische Strukturfonds nach 1999 Wurde im Ministerrat das Funktionieren der Europäischen Strukturfonds nach 1999 erörtert, und wird der Rat der Kommission Leitlinien für die politischen Prioritäten übermitteln, insbesondere die Arbeitslosenquote, welche die Kommission bei der Ausarbeitung von Vorschlägen für die Festlegung der Förderkriterien des Ziel-1-Status nach 1999 berücksichtigen sollte? Die Strukturpolitik der Europäischen Union nach 1999 steht derzeit nicht auf der Tagesordnung. Daher bin ich nicht in der Lage, die von dem Herrn Abgeordneten gefragten Auskünfte zu erteilen. Ich erinnere daran, daß der Europäische Rat von Madrid - und wir sprachen bereits darüber - die Kommission aufgefordert hat, möglichst bald eine eingehende Analyse des Finanzierungssystems der Europäischen Union durchzuführen, damit sie unmittelbar nach Abschluß der Regierungskonferenz eine Mitteilung über den künftigen Finanzrahmen für die Union nach dem 31. Dezember 1999 vorlegen kann, in dem die Erweiterungsperspektive berücksichtigt wird. Ich schlage also vor, daß wir den Dingen nicht vorgreifen und uns erst auf den Abschluß der Regierungskonferenz konzentrieren. Danach wird der Rat dann von der soeben genannten Mitteilung der Kommission Kenntnis nehmen, die anschließend die Grundlage für weitere Beratungen u. a. über die Zukunft der EU-Strukturpolitik nach 1999 bilden wird. Ich danke Herrn Partijn für seine Antwort. Ich kann alles akzeptieren, was er gesagt hat, und verstehe auch die Gründe, warum er es so gesagt hat. Ich möchte Herrn Partijn jedoch darauf hinweisen, daß der Rat der Kommission strenge Leitlinien für die politischen Prioritäten übermitteln sollte, denn derzeit gibt es 20 Mio. Arbeitslose in der EU, und das sollte für die Union die vorrangige politische Priorität bei der Ausarbeitung der Vorschläge für den Zeitraum nach 1999 sein. Dieser Gegenstand sollte mit besonderer Dringlichkeit behandelt werden, wenn - wie wir alle es wünschen - die EU sich mit diesen Problemen befassen soll, daß alle Bürger der Union betrifft, und wenn die erforderliche Glaubwürdigkeit der Union auf seiten der Bürger und der Mitgliedstaaten wiederhergestellt werden soll. Ich danke Herrn Collins für sein Verständnis dafür, daß der Rat über die Strukturpolitik nach 1999 nicht viel sagen kann. Der Rat teilt seine Ansicht, wonach die Gesamtthematik der Förderung der Beschäftigung in der Europäischen Union auch auf Unionsebene sorgfältiger Aufmerksamkeit bedarf. Eine solche Aufmerksamkeit besteht, und ich möchte damit nicht auf die Situation nach 1999 warten. Auf der Grundlage der seit dem Europäischen Rat in Essen entwickelten Politik haben wir die Möglichkeit, der heutigen Strukturpolitik, in deren Rahmen in den kommenden Jahren zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit noch Dutzende von Milliarden ECU auszugeben sein werden, größtmögliche Bedeutung zu verleihen. Die Fragen der Gebietspakte wurde angeschnitten. Mit solchen Themen können wir uns MEINES Erachtens heute schon befassen. Der sehr wichtigen Diskussion darüber, wie im nächsten Jahrhundert die gegenseitigen finanziellen Beziehungen angesichts der Erweiterung zu regeln sein werden, dürfen wir nicht allzuweit vorausgreifen. Ich habe eine ganz spezielle und konkrete Frage an den Rat. Was die Finanzierung der Strukturfonds betrifft, oder überhaupt die Beiträge an die Union, kritisiere ich seit langem die Tatsache, daß man den BNI-Betrag nur aufgrund von BNI berechnet und die Kaufkraft der Gesellschaft dabei außer acht läßt. Die von mir in dieser Hinsicht durchgeführten Berechnungen zeigen, daß sich erhebliche Veränderungen ergeben würden, wenn man die naheliegende Anpassung vornimmt und die Kaufkraft in den Ländern berücksichtigt. Ich verstehe das Problem, Mitteilungen an die Kommission weiterzuleiten, aber ich möchte den Rat folgendes fragen: Sieht der Rat keine Möglichkeit, den Gedanken zu verfolgen, daß auch auf der Ausgabenseite der Strukturfonds die Kaufkraft berücksichtigt wird, so daß man sozusagen das Bruttonationalprodukt diesbezüglich anpaßt? Ich hege Zweifel, ob ich die Frage des Herrn Abgeordneten richtig verstanden habe. Ich verstehe, daß er dafür plädiert, als Ausgangspunkt für den Beitrag bzw. die Abgaben an die Europäische Union anstelle des Bruttoinlandsprodukts die tatsächlichen Kaufkraftparitäten zu nehmen. Ich möchte Ihnen mitteilen, daß die Finanzierung der Ausgaben der Europäischen Gemeinschaft im Vertrag festlegt ist, nämlich erstens durch Zölle, zweitens durch Agrarabschöpfungen und drittens durch den Mehrwertsteuer-Schlüssel. Für den restlichen Teil gilt nur das Bruttoinlandsprodukt. So ist es im Vertrag festgelegt. Mir ist als niederländischer Delegierter bei der Regierungskonferenz kein einziger Vorschlag für eine diesbezügliche Änderung bekannt, auch nicht seitens der schwedischen Regierung. Ich kann Ihnen bestätigen, daß die Entwicklung einer Politik, wie von Ihnen angedeutet, derzeit nicht erwogen wird. Meine Damen und Herren, ich danke dem Ratspräsidenten für seine Anwesenheit und seine wertvollen Antworten und weise Sie darauf hin, daß die vorgesehene Zeit für die Anfragen an den Rat abgelaufen ist und die Anfragen 18 bis 29 daher schriftlich beantwortet werden. Die Fragestunde ist geschlossen. (Die Sitzung wird um 19.10 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wiederaufgenommen.) Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über folgende Berichte: (A4-0096/97) von Herrn Mamère im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen und zur Änderung der Richtlinie 93/12/EWG (KOM(96)0248 - C40462/96); -(A4-0116/97) von Herrn Lange im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen gegen Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen und zur Änderung der Richtlinien 70/156/EWG und 70/220/EWG des Rates; -(A4-0099/97) von Herrn Eisma im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz über die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament betreffend die künftige Strategie zur Bekämpfung der Luftverunreinigung durch den Straßenverkehr unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Auto-Öl-Programms (KOM(96)0248 - C4-0492/96); -(A4-0117/97) von Frau Gonzalez Alvarez im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz über die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament "Eine Strategie der Gemeinschaft zur Minderung der CO2 -Emissionen von Personenkraftwagen und zur Senkung des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs" (KOM(95)0689 - C4-0015/96). Frau Präsidentin, obwohl der Bericht, den ich hier verteidigen werde, unabhängig von den Berichten der Abgeordneten Lange, Mamère und Eisma ist, stellt er doch zusammen mit ihnen ein politisches und ökologisches Paket dar, das besondere Beachtung verdient. Der erste Vorschlag, den wir im Umweltausschuß vorlegten, war schwächer als die nun vorliegende Version. Wir haben also die Änderungen angenommen, die von Kollegen der Sozialdemokratischen Fraktion, der Fraktion der Grünen und sogar der Europäischen Volkspartei gemacht wurden, und ich glaube, daß dies den Vorschlag bereichert hat. Es gibt ein paar Formulierungen, die ich nicht ganz billige, aber da der Bericht im Ausschuß für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz einstimmig angenommen wurde, möchte ich mich nicht weiter dazu äußern -zum Beispiel gibt es Formulierungen wie "Ablehnung" freiwilliger Vereinbarungen, die ich nicht gewählt hätte-. Da der Bericht jedoch einstimmig angenommen wurde, muß ich ihn so verteidigen, wie er im Umweltausschuß bei der letzten Sitzung angenommen wurde. Es gibt ein paar Punkte, in denen sich alle Berichterstatter einig sind: das sind diejenigen, die die Luftqualität, die CO² -Emissionen und die Qualität der Kraftstoffe betreffen. Außerdem kritisieren wir alle übereinstimmend, daß die Gespräche mit der Industrie mehr Gewicht hatten als die mit den Experten oder den Nichtregierungsorganisationen. Einige Punkte müssen besonders hervorgehoben werden. So ist z.B. auch die Europäische Kommission der Ansicht, daß die auf der Konferenz von Rio -deren Ergebnisse im kommenden Juni in New York einer Revision unterzogen werden- eingegangene Verpflichtung, die CO² -Emissionen bis zum Jahr 2000 auf dem Stand von 1990 zu stabilisieren, nicht eingehalten werden kann, wenn keine energischen Maßnahmen getroffen werden. Dies ist anscheinend ein schwer erreichbares Ziel, und in Anbetracht dessen halten wir den Vorschlag der Kommission für zu schwach, da keine konkreten legislativen Maßnahmen genannt werden, die uns diesem Ziel näherbringen könnten. Die erste Kritik gilt den freiwilligen Vereinbarungen. In diesem Parlament debattieren wir häufig über die immer wieder vorkommende Nichteinhaltung des Gemeinschaftsrechts. Wenn schon das Gemeinschaftsrecht nicht eingehalten wird, ist fraglich, ob man sich an freiwillige Vereinbarungen hält. Deshalb schlagen wir im Bericht des Umweltausschusses vor, daß die Kommission gemäß ihrem Legislativprogramm für 1994 eine Richtlinie über die Verringerung der CO² -Emissionen ausarbeitet, weil die Bestimmungen dadurch einen verbindlicheren Charakter bekämen. Diese Richtlinie sollte bis 1998 vorgelegt werden. Des weiteren schlagen wir eine legislative Maßnahme vor, die einen vernünftigen Ansatz für die Steuerfrage enthält. Und wenn wir "vernünftig" sagen, meinen wir damit, daß wir höhere steuerliche Belastungen der weniger Vermögenden vermeiden wollen. Der Vorschlag, den Fahrzeugbestand rasch zu erneuern, oder der Vorschlag, die Kraftstoffsteuern unterschiedslos zu erhöhen -der in einer der Änderungen enthalten war, die im Umweltausschuß diskutiert wurden-, machen keinen Unterschied zwischen den wirtschaftlich Schwächeren und Stärkeren in Europa. Wir schlagen eine legislative Maßnahme vor, die diejenigen steuerliche Vorteile verschafft, die die Umwelt weniger belasten -also diejenigen, die in Zukunft, wenn es Autos gibt, die nur drei Liter auf hundert Kilometer verbrauchen, verbrauchsgünstigere, leichtere und umweltfreundlichere Autos fahren-. Entsprechend sollen diejenigen, die leistungsstärkere Autos fahren und dadurch die Umwelt mehr belasten, höhere Steuern zahlen. Das ist unserer Ansicht nach der richtige Ansatz für einen legislativen Vorschlag, über den wir hier im Parlament diskutieren könnten. Die Kommission sollte das Ziel, den Kraftstoffverbrauch auf fünf Liter zu reduzieren, nicht als zu anspruchsvoll betrachten, denn es gibt ja schon Belege dafür, daß dies möglich ist -z.B. das von Greenpeace vorgeschlagene Auto " Twingo Smile" -. Die Maßnahmen Im Hinblick auf eine deutliche Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs sollten außerdem durch andere Maßnahmen ergänzt werden, die in einigen Fällen die Mitgliedstaaten und das Subsidiaritätsprinzip betreffen, aber außerordentlich wichtig sind: z.B. die Geschwindigkeitsbegrenzung, die verstärkte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel -die zu diesem Zweck verbessert werden müßten-, die Einbeziehung der Raumordnung... Es gibt also eine Reihe von ergänzenden Maßnahmen zur CO² -Reduktion, die die Kommission zwar nicht selbst ergreifen kann, zu denen sie aber die Mitgliedstaaten animieren könnte. Ich glaube, Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, daß wir, wenn die Änderungen der vier Berichte allgemein angenommen werden, mit diesem Maßnahmenpaket das Ziel, die CO² -Emissionen zu verringern, die ungesunde Luft in Europa reiner und die Kraftstoffe weniger umweltbelastend zu machen, schrittweise erreichen können. Frau Präsidentin, ich möchte Ihnen die Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik zur Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen erläutern. Ich möchte zunächst betonen, daß der Ausschuß im Hinblick auf den Vorschlag der Kommission ein hohes Maß an Übereinstimmung erzielt hat und das Auto-Öl-Programm als Schritt in die richtige Richtung begrüßt wurde, auch wenn einige Mitglieder Zweifel daran hatten. Angesichts der geplanten Spezifikationen für Otto- und Dieselkraftstoff ab dem Jahr 2000 schlägt der Wirtschaftsausschuß vor, den Schwefelgehalt nicht soweit zu senken, wie dies im Auto-Öl-Programm vorgeschlagen wird. Wir sind in diesem Zusammenhang vielleicht - wenn man das so sagen darf - " weniger ehrgeizig" als der Ausschuß für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz. Andere Beispiele zeigen jedoch, daß der Ausschuß im Hinblick auf diese Grenzwerte durchaus Sorgfalt walten ließ. Im Hinblick auf das Jahr 2005 und ein Auto-Öl-Programm II schlug der Ausschluß den Anhang III und IV und die darin enthaltenen Zielwerte für das Auto-Öl-Programm II vor. Der Umweltausschuß hält es hingegen für erforderlich, angesichts der langen Laufzeit bereits heute verbindliche Spezifikationen festzulegen. Nach Auffassung des Wirtschaftsausschusses sollten steuerliche Anreize insbesondere im Bereich der Auto- und Dieselkraftstoffe durch eine Differenzierung der Verbrauchssteuern erfolgen. Dadurch könnte in den Mitgliedstaaten, die den Zusammenhalt des Binnenmarktes sicherstellen müssen, die Einführung weiter fortgeschrittener Kraftstoffe, die nicht nur die Mindestanforderung erfüllen, erleichtert werden. In diesem Zusammenhang begrüße ich die Unterstützung des Umweltausschusses. Der Wirtschaftsausschuß hat beträchtliche Zeit damit verbracht, die für die einzelnen Mitgliedstaaten entstehenden Kosten zu analysieren, und kam zu dem Schluß, daß die größten Raffinierungskosten besonders in den südlichen Mitgliedstaaten entstehen. Der Ausschuß empfahl deshalb einen begrenzten Übergangszeitraum für die südlichen Mitgliedstaaten, denn wir müssen bei den Zielsetzungen nicht nur ehrgeizig, sondern auch realistisch sein. Bei unserem Ansatz haben wir insgesamt eher die sogenannte "politische" Chemie als die Kraftstoffchemie berücksichtigt. Aus der Mitteilung der Kommission geht deutlich hervor, daß der Rat hier geteilter Auffassung ist. Das Parlament sollte angesichts möglicher Lösungen das Beste nicht zum Feind des Guten machen. Die Vorschläge des Wirtschaftsausschusses sind realistisch, und in zweiter Lesung werden sie für die Verhandlungen des Parlaments mit dem Rat noch größeres Gewicht haben. Frau Präsidentin, zunächst einmal vielen Dank für die gute Zusammenarbeit an alle meine Kollegen. Wir haben die Berichte und Stellungnahmen in gutem Einvernehmen unter den verschiedenen Ausschüssen erstellt. Im Namen des Wirtschaftsausschusses danke ich besonders Herrn Lange, der für den Bericht des Parlaments über die Emissionen von Kraftfahrzeugen verantwortlich zeichnet. Er hat nämlich im Umweltausschuß den Vorschlag des Wirtschaftsausschusses hierzu engagiert vertreten. Nun geht es darum, bereits heute einen bindenden Beschluß über die Emissionsnormen für das Jahr 2005 zu fassen und nicht nur Leitlinien zu verabschieden, wie die Kommission vorschlägt. Einige haben diese Zielsetzungen als zu streng kritisiert, aber sie sind erreichbar, wenn man die richtigen Mittel einsetzt. Hier befürwortet das Parlament in all seinen Berichten und Stellungnahmen entschieden das Instrument der Steueranreize. Der Wirtschaftsausschuß diskutierte die Angelegenheit auch unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und erklärte: Wenn die europäische Automobilindustrie nicht rasch neue Techniken entwickelt, dann werden die Japaner das tun. Es ist sehr wichtig, auch die Frage der Kraftstoffqualität anzusprechen, denn dadurch läßt sich rasch Einfluß auf die Luftqualität nehmen. Die Regierungen von Finnland und Schweden haben eine Untersuchung durchgeführt, die zeigt, daß in der Ölindustrie ziemlich übertriebene Vorstellungen darüber herrschen, wieviel die Herstellung von saubereren Kraftstoffen kosten würde. Diese Studie wurde auch im Parlament vorgestellt. Die Kommission hätte jedenfalls allen Grund, ihre Herangehensweise zu überprüfen und die beste verfügbare Technik zum Ausgangspunkt ihrer Vorschläge zu nehmen. Was das Parlament jetzt in dieser ersten Lesung erreicht hat, schafft eine äußerst solide Grundlage für die weiteren Verhandlungsstadien. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausschuß für Forschung, technologische Entwicklung und Energie hat sich ebenfalls sehr intensiv mit dem Auto-Öl-Programm beschäftigt. Es ist schon sehr viel gesagt worden, und es wird noch viel mehr gesagt werden. Darum möchte ich mich nur auf fünf Punkte beschränken: Erstens, wir brauchen unbedingt eine Verknüpfung zwischen Kfz-Emissionen und Kraftstoffqualitäten. Wir können nicht das eine tun und das andere lassen, dafür wirbt der Forschungsausschuß. Zweitens, wir können heute wesentlich mehr, als wir selber bereit sind zuzugeben. Das hat das Hearing gezeigt, das haben die Diskussionen mit den Verbänden und mit der Industrie gezeigt. Deswegen sollten wir hier ambitionierter herangehen. Drittens, im Bereich der Forschungspolitik wurden wichtige Punkte nicht berücksichtigt, insbesondere die Task force "Auto der Zukunft" , die ja genau in dem Bereich Forschungsergebnisse zur Verfügung stellen soll. Diese Ergebnisse oder diese Task force fanden keine Erwähnung. Viertens haben die Gesundheitsstudien, die von der Kommission in Auftrag gegeben wurden, keinen Eingang in die Gesetzgebung gefunden. Auch dies wird vom Forschungsausschuß mehr als bedauert, weil sich dadurch klarer abgezeichnet hätte, was wir zu tun haben. Und fünftens, wir brauchen kein zweites Auto-Öl-Programm. Wir wissen, was wir heute tun können, und wir können das klar für das Jahr 2000 und auch für das Jahr 2005 vorgeben. Der Forschungsausschuß hat eine Art Revisionsklausel vorgeschlagen; sie wurde leider nicht übernommen. Aber das wäre die Möglichkeit gewesen, hier für die Zukunft eine mögliche Revision, die jetzt nicht als zwingend notwendig gilt, vorzusehen. Der Forschungsausschuß hat sich deshalb für eine klare, eine transparente und eine ambitionierte Gesetzgebung ausgesprochen, und ich hoffe, daß wir morgen bei der Abstimmung ein entsprechendes Signal geben werden. (Beifall ) Frau Präsidentin, ich bin zwar nur der Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr über die Maßnahme, deren Berichterstatter Herr Lange ist; ich möchte jedoch mit großer Genugtuung meine Anerkennung für alle vorgelegten Berichte aussprechen, angefangen beim Bericht von Herrn Mamère bis zu denjenigen von Herrn Eisma und Frau González Álvarez und natürlich auch für den Bericht von Herrn Lange. Ich stimme sämtlichen vorausgegangenen Reden zu. Ich möchte lediglich einige Punkte präzisieren und gegenüber dem Europäischen Parlament erneut betonen, daß es wichtig ist, sich nicht nur auf eine Kosten/Wirksamkeits-Analyse zu beschränken, sondern die Notwendigkeit einer in Beziehung zur Internalisierung der externen Kosten gesetzten Kosten/Nutzen-Analyse zu bekräftigen - ein Thema, das wir im übrigen schon behandelt haben. Wir müssen darüber hinaus neben den Umweltbedeutung die soziale Bedeutung der Energieeinsparung und der Senkung des Emissionsniveaus eher hervorheben als die von Fahrzeugen, zu deren Merkmalen hohe Geschwindigkeitsleistungen oder eine starke Beschleunigungskapazität zählen. Aus diesem Grunde möchte ich einige in meiner Stellungnahme enthaltene Elemente erläutern. Erstens ist es absolut unzureichend, an nach den Kriterien des Auto-Öl-Systems funktionierende Fahrzeuge lediglich bis 80.000 Kilometer zu denken; wir schlagen mindestens 160.000 Kilometer vor. Zweitens sind wir der Meinung, daß nicht nur die Motoren die Senkung des Verbrauchs ermöglichen und die Leistungen in Form einer geringeren Verunreinigung verbessern sollen, sondern daß auch neue Motoren in Betracht gezogen werden müssen, die in der Lage sind, dank neuer Energiequellen wie der Solarenergie oder dem Wasserstoff, welche keine Verunreinigung verursachen, zu funktionieren. Schließlich ist es wichtig, daß die Bordcomputer auf europaweit standardisierten Mindestkriterien gründen, daß sie sowohl bei Diesel- als auch bei Benzinmotoren funktionieren und daß sie aufgrund ihrer Konzeption in der Lage sind, eine Bildschirmanzeige und eine tatsächliche Kontrolle zu gewährleisten. Frau Präsidentin, ich möchte etwas zu der künftigen Strategie zur Kontrolle der Luftverschmutzung sagen. Das Auto-Öl-Programm wurde zu Recht als bahnbrechend für die Zusammenarbeit der Automobil- und Ölindustrie bezeichnet. In ähnlicher Weise haben die Verfasser der Stellungnahmen für den Wirtschaftsausschuß zusammengearbeitet und einen gemeinsamen Standpunkt gefunden, den die Kollegen in unserem Ausschuß unterstützen konnten. Das war für den Wirtschaftsausschuß nicht einfach, denn an der Industriepolitik ist ihm sehr viel gelegen. Wir haben uns deshalb um ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen den für die Industrie und für die Gesundheit entstehenden Kosten bemüht. Dies führte meines Erachtens zu einer Verbesserung des Vorschlags der Kommission, so daß ein realistisches Niveau mit einem vernünftigen Kompromiß zwischen der Kosteneffizienz und der besten verfügbaren Technologie erzielt wurde. Kaltstartverfahren, On-Board-Überwachungssysteme, Steueranreize für Fahrzeugverschrottungsprogramme und eine allgemeine Verbesserung der Kraftstoffqualität wurden in meiner Stellungnahme berücksichtigt und vom Wirtschaftsausschuß unterstützt. Durch diese hohen Anforderungen haben wir zwei Vorteile, eine bessere Luft in Europa und eine Vorreiterrolle bei der Umwelttechnologie. Mit solchen Standards werden wir unsere Fahrzeuge auf allen Weltmärkten verkaufen können und neue Standards für alle unsere internationalen Konkurrenten setzen. Auch ich habe einen - wenn auch kleinen - Beitrag zu diesen Berichten geleistet. In dieser Woche habe verschiedene Kommunalverwaltungen in meinem Wahlkreis ein hervorragendes Flugblatt herausgegeben, das dem Bericht des Parlaments entspricht und Vorschläge für eine bessere Luftqualität in Northhamptonshire enthält. Dies ist wieder einmal ein gutes Beispiel dafür, daß die europäischen Rechtsvorschriften mit den Besorgnissen auf lokaler Ebene übereinstimmen. Wenn das Parlament und die Kommission, so wie ich hoffe, diese Berichte unterstützen, dann werden 360 Mio. Bürger in den Genuß einer saubereren und gesünderen Luft kommen, und viele Leben können dadurch gerettet werden. Es handelt sich um ein erstrebenswertes Ziel, eine Errungenschaft von Dauer und um Rechtsvorschriften, auf die wir alle stolz sein können. ich danke Ihnen, Frau Präsidentin. Ich möchte zu Beginn darauf hinweisen, daß ich hier meinen Kollegen Giles Chichester vertrete, der der Berichterstatter des Ausschusses für Forschung, technologische Entwicklung und Energie ist. Er hat mir hier einige Worte vorbereitet. Sie sind brillant, umsichtig und überaus technisch, aber sie sind nicht mein Verdienst. Herr Chichester mußte nach London reisen, da dort - wie die Mitglieder der Kommission wissen werden - die Vorbereitungen für den 1. Mai stattfinden, und Herr Chichester ist dabei unentbehrlich. Ich möchte nun die Worte von Herrn Chichester verlesen: Es ist wichtig zu erkennen, daß durch eine Senkung der Kraftfahrzeugemissionen Fortschritte in Richtung auf eine bessere Luftqualität erzielt wurden. Die Auto-Öl-2Zielsetzungen für niedrigere Emission sind ein weiterer wichtiger Schritt weg von den stinkenden siebziger Jahren. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß diese Maßnahmen darauf abzielen, die Luftqualität in städtischen Gebieten zu verbessern, wo die Konzentration der Fahrzeuge am höchsten ist. Die Frage lautet nun, ob die Kommission die richtigen Grenzwerte für die Senkung der Emissionen festgelegt hat oder ob sie gegenüber der Automobil- und Ölindustrie zu nachgiebig gewesen ist. Sind insbesondere die Grenzwerte von 200 und 350 ppm für Schwefelgehalt bei Fahrzeugen mit Otto- und Dieselmotoren noch zu hoch? Im Hinblick auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis, die Vernunft und die technische Durchführbarkeit muß die Antwort für das Jahr 2000 vielleicht positiv lauten, wir sollten jedoch erst den Bericht von 1998 abwarten, bevor wir über weitere Senkungen für das Jahr 2005 entscheiden. Wer ungeachtet der Kosten und der technischen Durchführbarkeit 50 ppm fordert, muß berücksichtigen, daß der Verbraucher für all diese Maßnahmen zahlen wird und wir unsere Arbeit auf der Grundlagen von eingehend geprüften und ausgewogenen Vorschlägen fortsetzen sollten. Frau Präsidentin, ich werde mich in meinem Beitrag zu dem Vorschlag der Kommission über die Bekämpfung der Luftverunreinigung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Auto-Öl-Programms äußern, und ich möchte in diesem Zusammenhang Herrn Eisma zu seinem Bericht beglückwünschen. Die Kommission betont in ihrem Dokument vor allem die Notwendigkeit einer zweckmäßigen Instandhaltung der Fahrzeuge, die als wesentlicher Faktor für die Eindämmung von Schadstoffemissionen angesehen wird. Sie schlägt zwei Gruppen von Emissionsgrenzwerten vor: die erste Gruppe soll ab 2000 gelten, und die zweite -die etwas komplexer und anspruchsvoller ist- ab 2005 anwendbar werden. Ferner wird die Durchführung von Studien über Begleitmaßnahmen vorgeschlagen, die z.B. alternative Treibstoffe, Antriebssysteme und Energiequellen betreffen. Ich möchte nun auf einige Änderungsvorschläge eingehen, die der Ausschuß für Verkehr und Fremdenverkehr zu diesem Bericht gemacht hat. Als erstes halten wir es für notwendig, mehr soziale Kräfte einzubeziehen. Die Auffassungen von im Bereich des Umweltschutzes tätigen NRO müssen stärker berücksichtigt werden. Es ist nicht angebracht, sich nur auf die Angaben der Hersteller zu stützen, wie hier bereits gesagt worden ist. Zweitens fordern wir, daß alternative Lösungen im Hinblick auf die Verbesserung der Luftqualität vorgeschlagen werden, in deren Rahmen die Erforschung alternativer Kraftfahrzeugmotoren und andere verkehrsbezogene Maßnahmen unterstützt werden. Wir sind der Ansicht, daß, wenn es um Umweltschutz und um die Gesundheit der Allgemeinheit geht, nicht das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Vordergrund stehen darf, zumal der größte Teil dieser Kosten direkt vom Verbraucher getragen wird. Viertens plädieren wir dafür, daß ein besserer, umweltverträglicherer Kraftstoff entwickelt wird: es geht darum, daß sich die Hersteller von Fahrzeugen und von Kraftstoffen in gleichem Maße darum bemühen. Fünftens schlagen wir vor, daß sowohl für bessere, schadstoffärmere Kraftstoffe als auch für bessere, effizientere Motoren Steuervorteile gewährt werden. Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen, daß die Länder Südeuropas größere Anstrengungen unternehmen müssen, um den Schwefelgehalt in ihren Brennstoffen zu reduzieren, denn es ist ja bekannt, daß die südlichen Länder ihre Kraftstoffe aus den arabischen Staaten beziehen, während die nördlichen Länder die ihren aus der Nordsee bekommen. Frau Präsidentin, ich möchte die Vorschläge unterstützen, die die Berichterstatter zum Auto-Öl-Programm und Frau González Alvarez in ihrem Bericht zu der Minderung der CO2 -Emission von Personenkraftwagen vorgelegt haben. Die Vorschläge mögen im Vergleich zum Vorschlag der Kommission radikal erscheinen, sie sind jedoch nur der Ausgangspunkt für künftige Verhandlungen mit dem Rat. Wenn Sie sich einmal die Vorschläge betrachten, die zur Zeit in anderen Teilen der Welt und insbesondere Japan und den USA vorgelegt werden, so sind sie vernünftig und vergleichbar mit jenen, die hier vorgelegt wurden. Alle Teile dieses Paketes, über das wir heute sprechen, sind erforderlich, wenn wir tatsächlichen Fortschritt in allen Bereichen erzielen wollen. Nicht nur der Schutz der Umwelt und der Gesundheit der europäischen Bürger, sondern auch die künftige wirtschaftliche Entwicklung Europas und der Fortschritt in Europa müssen gewährleistet sein. Das vorgeschlagene Maßnahmenpaket wird uns zu saubereren Kraftstoffen verhelfen. Dadurch können sauberere und vielleicht auch kleinere und kraftstoffsparendere Kraftfahrzeuge entwickelt werden. Das wird nicht nur für Europa interessant sein, sondern mit diesen Kraftfahrzeugen können wir auch andere Teile der Welt überzeugen, und sie dann dorthin verkaufen und ausführen. Dadurch wird auch die Zukunft für zwei wichtige Industrien gesichert, die wir nicht außer acht lassen dürfen, und wir können damit den künftigen Wohlstand Europas sichern. Wir dürfen nicht vergessen, daß dieses Maßnahmenpaket unseren Bürgern zu einer besseren Luftqualität verhelfen und hoffentlich auch zu einer gänzlichen Reduzierung der CO2 -Emissionen führen wird. Wir können auch erwarten, daß sich für zwei wichtige Industrie daraus zwei weitere Dinge ergeben. Sie werden in eine Richtung gedrängt werden, die ihre für Investitionen zuständigen Manager nicht einschlagen wollen. Es geht um die Investitionen in neue Technologien und neue Anlagen, so daß sie vor anderen Teilen der Welt an der Spitze der Entwicklung stehen und sicherstellen können, daß die Produkte geliefert werden, die der Weltmarkt verlangt. Dabei sind beträchtliche Investitionen erforderlich, aber das ist einfach notwendig. Wenn wir nun die Kosten betrachten, dann werden Sie von den Millionen von Fahrern wieder hereingebracht, die diese Fahrzeuge fahren werden, die mit diesen Fahrzeugen tanken werden, die sie kaufen werden, und zwar nicht nur in Europa, sondern auch in anderen Teilen der Welt, wobei die Kosten sich auf 10 ECU pro Kraftfahrzeughalter und Jahr belaufen werden. Das kann nun kein schlechtes Geschäft sein. Das sind geringe Kosten für den Schutz unserer Umwelt, der Gesundheit unserer Bürger und den künftigen Wohlstand Europas. Ich fordere die Kommission dringend auf, diese Vorschläge zu unterstützen. Herr Präsident! Ich war also Verfasser für den Forschungsausschuß in bezug auf die Verringerung von Kohlendioxidemissionen. Es ist wichtig zu unterstreichen, daß eine Verringerung der Emissionen von Kohlendioxid durch Personenkraftwagen nicht durch eine einzige Maßnahme in einem bestimmten Bereich erreicht werden kann. Man braucht statt dessen eine Gesamtsicht, worauf der Forschungsausschuß hinweisen möchte. Es sind eine Menge Maßnahmen erforderlich, um eine akzeptable Lösung für die Umwelt zu finden. Wir brauchen also Steuern, legislative Maßnahmen, weniger Autos, neuen Brennstoff usw. Der Forschungsausschuß betont, daß der entscheidende Punkt der Maßnahmen die Förderung von Forschung und technischer Entwicklung ist. Diese Fragen werden in der Mitteilung der Kommission nicht besonders eingehend behandelt. Es ist ja so, daß die technische Entwicklung in diesem Bereich bei weitem nicht stillsteht - was bestimmte, nicht genannte Unternehmen und Personen versuchen geltend zu machen. Es gibt ja bereits heute Beispiele für Autos, welche die vom Europäischen Parlament früher aufgestellten Forderungen spielend erfüllen können, und woran wir die Kommission jetzt erinnern möchten. Die gemeinschaftliche Strategie der Kommission ist ein willkommener erster Schritt, aber langfristig bei weitem nicht ausreichend. Es ist wichtig hervorzuheben, daß die Verringerung der Kohlendioxidemissionen nach dem Jahr 2005 weitergehen muß, mit neuen Zielsetzungen für das Jahr 2010, das Jahr 2015 usw. Das ist wichtig für die europäische Autoindustrie, die langfristige Planung, und auch dafür, daß die EU die gestellten, notwendigen Umweltforderungen erfüllen kann. Wir möchten deshalb die Kommission daran erinnern, daß sie vor dem fünften Rahmenprogramm für Forschung einen strategischen Vorschlag für Forschungen über verminderten Brennstoffverbrauch von Fahrzeugen vorlegen soll. Er soll nicht nur kurzfristige Lösungen enthalten, sondern grundlegende, langfristige Strategien zur Veränderung von Technik, Funktion, Material und Produktion. Viele Vorschläge, die der Forschungsausschuß vorgelegt hat, sind in der einen oder anderen Form in dem Bericht enthalten, der uns heute von González Álvarez vorgelegt worden ist. Frau Präsidentin, ich habe im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr die Stellungnahme zu dem Bericht von Frau Álvarez verfaßt. In diesem wirren Durcheinander ist es vielleicht nützlich, dies kurz zu erwähnen. Daß bei der Bekämpfung der CO2-Emissionen der Blick auf den Verkehrssektor gerichtet wird, ist naheliegend, denn dieser Bereich ist zu fast einem Viertel für den CO2-Ausstoß verantwortlich, und der größte Teil davon wird durch Personenkraftwagen verursacht. Wenn also endlich eine dauerhafte Gesellschaft angestrebt wird, muß die Benutzung von Pkw drastisch verringert werden, und gleichzeitig sind weitaus sparsamere Fahrzeuge erforderlich. Es ist jedoch eine Illusion zu glauben, daß wir durch die "end-of-the-pipe" -Technologie von CO2-Emissionen befreit werden und daß damit also auch eine Lösung für Klimaveränderungen geboten werden könnte, die die Folge dieser Emissionen sind. Solange fossile Brennstoffe verwendet werden, wird dies CO2-Emissionen zur Folge haben, und daher sind Flächennutzungspläne und Städteplanungsmaßnahmen zur Verringerung der Entfernungen sowie dazu erforderlich, neben dem Fahrrrad den öffentlichen und kollektiven Verkehr attraktiv zu gestalten, denn damit lassen sich leicht 50 % der Zahl der Autofahrten vermeiden, da diese auf Strecken erfolgen, die kürzer als 5 Kilometer sind. Ferner sind endlich strenge Zielvorgaben für die Autoindustrie erforderlich. Obwohl die Technologie zur Herstellung sehr sparsamer Fahrzeuge, die mit 3 Liter Benzin 100 Kilometer fahren können, vorhanden ist, werden die Fahrzeuge mit immer größeren Motoren ausgestattet, so daß der CO2-Ausstoß nur zunimmt. Es geht also um Maßnahmen, durch die wesentliche Fortschritte erzielt werden. Aber auch die Einführung eines Tempolimits von 100 km/h - Sie werden vielleicht überrascht sein, doch wurde dies vom Ausschuß für Verkehr und Fremdenverkehr befürwortet - sowie Kampagnen für ein entsprechendes Fahr- und Mobilitätsverhalten können einen wichtigen Beitrag leisten. Wir sollten, was die Verringerung des CO2-Ausstoßes im Verkehrssektor betrifft, es nicht bei schönen Worten bewenden, lassen, sondern eine Politik auf europäischer Ebene entwickeln. Die politischen Instrumente dazu haben wir nämlich; was also noch erforderlich ist, ist der politische Wille, sowohl bei der Kommission wie beim Rat. Frau Präsidentin, ich habe ursprünglich die Stellungnahme für den Ausschuß für Forschung, technologische Entwicklung und Energie entworfen, melde mich jedoch jetzt im Namen der PSEFraktion zu Wort. Die Strategie des Auto-Öl-Programms war tatsächlich innovativ, es ergaben sich jedoch zwei Probleme. Zunächst ist es sehr langfristig anlegt, so daß die aktuellen Besorgnisse über zum Beispiel Feststoffteilchen nicht berücksichtigt wurden, zudem wurde das Europäische Parlament erst in einer sehr späten Phase beteiligt. Das Europäische Parlament arbeitet jedoch nicht auf Zuruf. Wir haben beträchtliche Untersuchungen angestellt, bevor wir uns auf die heute vorliegenden Schlußfolgerungen einigen konnten. Wir haben unsere eigene Forschungseinrichtung STOA eingeschaltet, die zu dem Ergebnis kam, daß Kraftstoffe mit einem niedrigen Schwefelgehalt unverzichtbar sind. Es gab eine Anhörung, und andere namhafte Untersuchungen kamen zu demselben Schluß. Ich möchte hier nur einen Punkt erwähnen, und zwar die Notwendigkeit eines niedrigen Schwefelgehalts insbesondere im Dieselkraftstoff, denn dadurch würden Zehntausende von Leben gerettet und viele Menschen nicht mehr unter Atemwegserkrankungen leiden. Feststoffteilchen, die zu Beginn des Auto-Öl-Programms nicht berücksichtigt wurden, tragen wesentlich zu diesem Problem bei. Die Ölindustrie schließt sich den Schlußfolgerungen des Parlaments aus Kostengründen nicht an. Ich möchte lediglich darauf hinweisen, daß erstens Kraftstoffe mit einem niedrigen Schwefelgehalt weitaus wettbewerbsfähiger wären. Zweitens muß die Ölindustrie ohnehin ständig ihre Raffinerien modernisieren und in sie investieren. Drittens sind die Kosten nicht unerträglich hoch, da sie an die Verbraucher weitergegeben werden. Viertens ist eine neue Kraftfahrzeugtechnologie nur mit Kraftstoffen mit einem niedrigen Schwefelgehalt möglich. Fünftens könnte für jene Mitgliedstaaten, die besonders hart betroffen sind, eine Ausnahmeregelung gelten. Sechstens, und das ist am wichtigsten, hätte der Einsatz anderer Kraftstoffe unmittelbare Auswirkungen. Deshalb unterstützt die PSEFraktion entschieden die Vorschläge von Herrn Mamère. Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Bei den vorliegenden Entwürfen für die Maßnahmen zur weiteren Reduktion von Kfz-Emissionen ist ein neuer Ansatz gewählt worden. Zum ersten Mal werden neben der Festlegung von Kfz-Emissionsgrenzwerten Spezifikationen für die Qualität von Kraftstoffen vorgeschlagen. Ich meine, es ist richtig so, denn saubere Kraftstoffe ermöglichen den Einsatz zukunftsweisender Motortechnologien, und beide zusammen verbessern die Luftqualität unmittelbar und wesentlich. Dieser Gedanke sollte uns morgen bei der Abstimmung leiten. Das muß aber konkret heißen Spezifikationen, so wie sie im Ausschuß für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz beschlossen wurden. Das gilt insbesondere für Schwefel, Benzol und Aromaten, damit sich der Einbau des vorhandenen technischen Fortschrittes in die Kraftfahrzeuge lohnt. Das setzt aber voraus, daß Planungssicherheit für die Mineralwirtschaft und Automobilindustrie geschaffen wird. Deswegen streben wir bereits jetzt verbindliche Werte für das Jahr 2005 an. Der Vorschlag der Kommission ist hiervon allerdings weit entfernt. Er schreibt lediglich das vor, was eigentlich jetzt schon besteht. Das allein ist meines Erachtens Grund genug, den Kommissionsvorschlag äußerst kritisch zu sehen. Auch muß wohl gesagt werden, daß das Auto-Programm und das Öl-Programm in einem Band zusammengefaßt wurden, aber ich kann den Zusammenhang bei dem Vorschlag nicht erkennen; insgesamt wurde die Chance also nicht genutzt, die eine Kombination von strengen Kfz-Emissionsgrenzwerten und Kraftstoffspezifikationen für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen bietet. Vor allem aber wurden dadurch die Wettbewerbschancen weder gefördert noch verbessert, und die europäische Industrie hat hier einen Rückschritt eingeleitet. Gegen weitere Maßnahmen wird immer wieder vorgebracht - und das wurde heute schon mehrmals gesagt -, daß sich die Kosten erhöhen. Wir haben es schon öfter gehört: Wenn die Mineralölindustrie investiert, um diese Spezifikationen zu erreichen, die wir vorschlagen, sind das 0, 01 ECU pro Liter. Wo findet denn da eine Schädigung statt? Das muß ja im wesentlichen doch der Steuerzahler bezahlen. Zur Wettbewerbssituation der betroffenen Industriebranchen, die wir bei unserer Entscheidung immer im Auge behalten müssen: Hier ist für die Mineralölindustrie zunächst festzustellen, daß sich der Wettbewerb bei den Unternehmen im wesentlichen doch auf regionaler Ebene abspielt, und nicht zwischen den einzelnen Mineralölwirtschaften. Ich würde sogar bei der Mineralölwirtschaft das Wort "Wettbewerb" durch das Wort "Absprache" ersetzen, denn Preisabsprachen finden in den Direktorien statt. Das ist kein Wettbewerb mehr. Bei der Automobilindustrie liegen internationale Wettbewerbschancen in der Entwicklung von Zukunftstechnologie. Dieses Konzept hat aber zum Beispiel nur bei der Einführung des Entstickungskatalysators und sauberer Kraftstoffe Marktchancen. Eine Umweltpolitik, die Wettbewerbschancen schafft beziehungsweise verbessert - und das liegt hier vor -, ist eine gute Politik. Die Unterschiede innerhalb der Europäischen Union bei der Technologie der Raffinerien und der Technologie oder des Alters der Fahrzeugflotten sind sehr groß. Man neigt dann natürlich dazu zu sagen, wir brauchen Ausnahmeregelungen, um diesen Unterschied allmählich auszugleichen. Wenn wir diesen Weg gehen, dann opfern wir einen Teil der Kraftstoffindustrie, der Raffinerieindustrie der Überkapazität von 30 % innerhalb der Europäischen Union, und dann haben wir die Folgen zu tragen, nämlich den Ruf nach Fördermitteln, um dieses Manko zu beheben. Also: Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie und der Kraftstoffindustrie. Daran sollten wir denken, und das geht nur mit dem Programm, das das Parlament vorgelegt hat. Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche heute abend an der Stelle und in Vertretung meines Kollegen Gérard d'Aboville, der in letzter Minute seinen Terminplan ändern mußte und mich bat, für ihn einzuspringen. Die Schadstoffemissionen von Kraftfahrzeugen und die Bemühungen um eine Verbesserung der Luftqualität sind ein großes Problem, das langfristige Visionen erfordert, wie sie auch im Auto-Öl-Programm zum Ausdruck kommen. Dabei handelt es sich um einen sachlichen, auf logischen und wissenschaftlichen Argumenten begründeten Ansatz, der ein besseres Verständnis und eine bessere Verteidigung der Positionen der Europäischen Kommission ermöglicht. Doch zunächst zu dem Bericht von Herrn Mamère. Die Kommission schlägt vor, den Schwefel-Gehalt in Kraftstoffen von derzeit 400 ppm auf 200 ppm zu senken. Dies ist schon eine enorme Leistung, denn es bedeutet immerhin eine Reduzierung des aktuellen Grenzwertes um 50 %. Eine noch stärkere Reduzierung des Grenzwertes von 400 auf 50 ppm, wie es der Berichterstatter fordert, berücksichtigt jedoch nicht das KostenNutzen-Verhältnis bei den Bemühungen um eine Verbesserung der Luftqualität, denn ein Grenzwert von unter 200 ppm würde beträchtliche Investitionen bei einer nur minimalen Reduzierung der Schadstoffemissionen erfordern. Außerdem sind noch weitere Faktoren zu berücksichtigen, wie beispielsweise die Überwachung, Instandhaltung oder Eliminierung alter Fahrzeuge, die Verbesserung der Verkehrsbedingungen, die Verwendung von Flüssiggas oder Erdgas für den Betrieb von öffentlichen Verkehrsmitteln, und, nicht zu vergessen, natürlich auch der Einsatz umweltfreundlicher und leiser Elektrofahrzeuge. Beim Dieselkraftstoff liegt die Hauptschwierigkeit in seinem hohen Schwefelgehalt. Die Kommission hat einen Grenzwert von 350 ppm anstelle des aktuellen Wertes von 500 ppm festgelegt, was eine beachtliche Leistung und einen deutlichen Fortschritt bedeutet. Der Berichterstatter dagegen fordert einen Grenzwert von 50 bis 30 ppm, der auch in diesem Fall zu hohen Kosten ohne nennenswerten Nutzen führen würde. Unsere Fraktion fordert daher die Ablehnung der Änderungsanträge 42 bis 49 (mit Ausnahme von Änderungsantrag 46) und die Annahme der Änderungsanträge 51, 52 und 59. Was nun die im Bericht von Herrn Lange vorgebrachten Punkte betrifft, so scheint es unvernünftig, ja kontraproduktiv zu sein, die Automobilindustrie zur Einhaltung wesentlich strengerer Normen für ein nur geringfügig verbessertes Ergebnis zu zwingen. Die Vorschläge der Kommission zu den Normen für das Jahr 2000, die auf einer Analyse des Kosten-Nutzen-Verhältnisses beruhen, stellen unserer Meinung nach einen guten Kompromiß zwischen den Erfordernissen der Wirtschaftlichkeit und den unbedingt notwendigen Zielvereinbarungen zur Verbesserung der Luftqualität dar. Frau Präsidentin, die Kommission hat sich bei der Vorbereitung der neuen Emissionswerte mit der Auto- und Ölindustrie zusammengesetzt, so daß ein fruchtbarer Dialog geführt werden konnte. Durch diese neue Vorgehensweise wurde mehr Zeit in Anspruch genommen, als erwartet, wodurch die Kommission offensichtlich nicht in der Lage war, die in der Richtlinie 94/12/EWG vorgeschriebene Frist einzuhalten. Wenn schon die Kommission die Fristen nicht einhält, was müssen wir dann von den Mitgliedstaaten erwarten? Die neuen Vorschriften müssen meines Erachtens rasch festgelegt werden. Die Steuervorteile für saubere Fahrzeuge könnten dann noch zwei Jahre angewandt werden, bevor die neuen Normen in Kraft treten. Es gibt nämlich bereits Autotypen, die wesentlich strengeren Werten entsprechen, als sie in den bestehenden Rechtsvorschriften festgelegt sind. Was die Werte selbst betrifft, so bedeutet das Auto-Öl-Programm sowohl für Autos wie für Kraftstoffe eine Fehlkalkulation. Erstens ist der für zulässige Luftverschmutzung zugrundelegelegte Wert viel zu niedrig. Ein auf ein Gebiet von 4 km2 bezogener Durchschnittswert wird der Volksgesundheit nicht gerecht. Was hat es für einen Sinn, ein Netzwerk von Meßstationen mit Durchschnittswerten auszuwählen, während in Wirklichkeit sehr hohe Konzentrationen an Benzol, Stickstoffoxyden und Schwefeloxyden an Stellen gemessen werden, an denen sich viele Menschen bewegen, wie beispielsweise in engen Geschäftsstraßen? Allein aus diesem Grund ist eine Verschärfung der Emissionswerte erforderlich. Es gibt jedoch auch technische Gründe. Die Autoindustrie verfügt schon seit Jahren über das nötige Wissen für eine drastische Senkung der Emissionen. Was fehlte, waren die gesetzlichen Auflagen. Wenn für etwas eine Notwendigkeit besteht, ist sehr viel mehr möglich. Bei den Raffinerien besteht im Prinzip die gleiche Situation. Hier haben wir es mit einer hohen Überkapazität der alten Raffinerien zu tun. Es ist zwar hart, doch stellen die neuen Anforderungen an Kraftstoffe gleichzeitig einen guten Grund dar, die Produktion von Motorkraftstoff in solchen alten Anlagen einzustellen. Das Hearing hat ergeben, daß insbesondere der Schwefelgehalt sowohl bei Benzin- wie bei Dieselkraftstoff wesentlich verringert werden kann. Solange wir weiterhin zunehmend mobiler werden, sind wir gezwungen, Schadstoffemissionen - und nicht zu vergessen CO2-Emissionen - zu reduzieren. Daher werden die Berichte über das Auto-Öl-Programm von mir uneingeschränkt unterstützt. Frau Präsidentin, in einer Zeit, in der die europäische Automobilindustrie von noch nie dagewesenen sozioökonomischen Erschütterungen heimgesucht wird, steht es außer Frage, daß wir mitschuldig an ihrem Untergang und damit an einer sozialen Katastrophe werden, ganz besonders in unserem Land, wo 10 % der Beschäftigten in der Automobilindustrie tätig sind. Wir haben schon immer das derzeitige System des Freihandels kritisiert, und es wurde uns schon immer dieses Wirtschaftssystem in Branchen aufgezwungen, in denen der Wettbewerb zu unserem Nachteil verzerrt ist. Die Automobilindustrie ist dafür ein ausgezeichnetes Beispiel. Durch eine Politik des billigen Geldes gewähren die amerikanische, japanische, koreanische Regierung ihren Automobilherstellern beachtliche Subventionen. Die amerikanische Regierung geht sogar noch weiter, indem sie ganz massiv die Forschung unterstützt. Wenn wir gewisse unvernünftige Normen dieses Berichts akzeptieren, nehmen wir damit den Untergang der französischen und europäischen Automobilindustrie in Kauf. Einige dieser Bestimmungen sind auch technisch nicht machbar. Darüber hat man uns ja informiert. Ich möchte dieses Plenum auch daran erinnern, daß die Abgasnormen für neue Kraftfahrzeuge seit 1970 Gegenstand von insgesamt sieben Maßnahmepaketen, glaube ich, waren und damit die Emissionen von bestimmten Fahrzeugen um 90 % gesenkt wurden. Und außerdem, Frau Präsidentin, haben wir hier nicht unbedingt einen Bericht über die Tatsache, daß die Verschmutzung unserer Städte auf den Autoverkehr als einzige Ursache zurückzuführen ist, sondern daß es sehr wohl noch andere Ursachen der Verschmutzung gibt. Es gibt auch andere Lösungen, wie Herr Pompidou dies zuvor ausführte. Ich für meinen Teil habe nicht die Zeit, sie nochmals zu erläutern: Altfahrzeuge, zusätzliche Forschungsarbeit bei der Kraftstoffentwicklung, öffentliche Verkehrsmittel. Ich meine deshalb, wir sollten heute vernünftiger sein und Rücksicht auf die Umwelt nehmen, jedoch gewisse unangemessene Bestimmungen dieses Berichts ablehnen. Frau Präsidentin! Wir unterstützen die Haltung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments aus vier wesentlichen Gründen: aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit, aus Gründen der Volksgesundheit, aus Gründen der Verbesserung der Umweltqualität und wegen der Aufwertung der Rolle des Europäischen Parlaments. Die Gründe der Wettbewerbsfähigkeit spielen eine Rolle, weil eine raschere Entwicklung sauberer Technologien eine unabdingbare Voraussetzung für die Fähigkeit der europäischen Industrie ist, dem Wettbewerb auf Weltebene standzuhalten. Während die Kommission und ein Teil der Ölindustrie sich schon hocherfreut zeigen, daß der Schwefelgehalt auf 200 ppm im Otto- und auf 350 ppm im Dieselkraftstoff festgelegt worden ist, kündigt Japan bereits für die nahe Zukunft eine Reduzierung um 50 ppm an und forciert eine neue Generation von Katalysatoren mit positiven Auswirkungen auf die Emission von Abgasen in die Atmosphäre. Die Gründe der Volksgesundheit führen wir an, weil wir es für erforderlich halten, Grenzfristen für die allgemeine Verbreitung von bleifreiem Benzin festzusetzen, da Blei die allgemein anerkannten nachteiligen Auswirkungen auf die Volksgesundheit hat. Im Hinblick auf den ursprünglichen Vorschlag der Kommission meinen wir, es müßte möglich sein, sowohl in der Frage des Schwefels als auch in der Frage des bleifreien Benzins einen Ausgleich zu finden, der eine akzeptable Ausnahmeregelung für die Mitgliedstaaten beinhaltet, denen es an Zeit und Geld bzw. noch mehr Zeit und auch Investitionen mangelt, um ihre Raffinerien umzurüsten. Einen dritten Punkt möchte ich noch betonen: Insgesamt gesehen ist dies eine Initiative, mit der die Umweltqualität verbessert werden soll. Dieses Hohe Haus kann zwei Wege beschreiten: Es hätte entweder eine zaghaftere Position von der Art des ursprünglichen Kommissionsvorschlags verabschieden können, mit der es sich jeglicher Möglichkeit begeben hätte, Druck auszuüben, zu verhandeln und seine Rolle auszubauen, oder es hatte die Möglichkeit, wie es die Berichterstatter insbesondere der Berichte Mamère, Lang und Eisma sowie der Ausschuß für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz ganz richtig getan haben, sich für eine anpruchsvollere Haltung zu entscheiden und dabei aber auch die Verhandlungen in dem Prozeß voranzutreiben, der nun weitergeht. Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt ein Weihnachtslied, das mit den Worten anfängt "Alle Jahre wieder" . Genauso könnten wir diese Debatte umschreiben, alle Jahre wieder. Das kommt natürlich daher, daß wir nie den Mut haben, einmal Zahlen anzugeben, die auch für die Zukunft gelten, sondern daß wir immer an ganz kleinen Prozentsätzen rumdrehen: selbstredend stellt sich dann die Frage nach der Kosten/Nutzen-Relation und der technischen Machbarkeit. Ich meine, wir sollten jetzt wirklich mal das Ende der Fahnenstange erreichen! Aus diesem Grunde stimmen wir dem Bericht Lange voll zu, der verbindliche Werte für das Jahr 2005 vorschlägt und nicht nur Richtwerte. Wir halten es nicht für sinnvoll, daß man ein Jahr nach Inkrafttreten dieser Richtlinie dann mit einem Auto-Öl-IIProgramm beginnt. Auch die Industrie muß endlich einmal wissen, wo es lang geht und die entsprechenden Daten kennen, dann ist sie auch vielleicht eher bereit, sich entsprechend anzustrengen. Ende der Fahnenstange, das ist, wie gesagt, auch wichtig für die Industrie. Was nun die Abgaswerte angeht - es sind 14 Positionen, oder wenn ich die Summenwerte nehme, 18 -, so schlagen wir im Bericht Lange die weitere Reduzierung von sechs Positionen vor. Dies ist technisch heute schon machbar und nicht unbedingt abhängig von der Senkung des Schwefelgehaltes des Benzins. Auch das Hearing hat ja ergeben, daß diese Werte heute technisch machbar sind. Natürlich ist es nicht unbedingt leicht. Aber wir müssen ja auch eines bedenken: Wir haben schon viele Erfolge, teilweise sogar Reduzierungen um 90 %. Aber wenn auf der ganzen Welt heute so viele Autos gefahren würden wie in Europa, dann würde sich der Bestand verfünffachen. Und selbst wenn wir die Werte wesentlich senken würden, käme es insgesamt zu einer Erhöhung der Emissionen, und das können wir natürlich keinesfalls zulassen. Ich glaube, daß die Industrie das leicht schaffen könnte, denn wir erhalten ja die entsprechenden Hinweise der Ingenieure. Und deshalb sage ich, wir brauchen nicht nur saubere Motoren, wir brauchen auch saubere Direktoren, denn die vernebeln weit mehr und verrußen weit mehr, und mancher Kohlenwasserstoff ist ein Verkohlungswasserstoff von seiten dieser Leute! Ich habe mehr Vertrauen in die Ingenieure als in die Direktoren. Lassen Sie mich noch ein Wort sagen zum sogenannten on-board diagnosis -System. Wir stimmen dem voll zu, das ist eine gute Sache für die Umwelt. Aber natürlich darf das nicht geheim vonstatten gehen, so daß nur die eigenen Vertragswerkstätten Zugang zu den Daten haben. Meines Erachtens ist das eine Ausnutzung einer Monopolstellung, die wir als Verbraucher natürlich keinesfalls akzeptieren können. Wahrscheinlich sind die Leute fehlgeleitet worden durch den Begriff "On Board-Diagnose" und haben gemeint, aus dem Wort Diagnose leite sich auch gleich das Arztgeheimnis ab. Aber die Regeln der ärztlichen Schweigepflicht resultieren denn doch aus anderen Bestimmungen als aus diesem Begriff. Wir können, wenn wir diese Werte senken, den Patienten Umwelt retten, ohne das Kosten/Nutzen-Prinzip zu sehr zu strapazieren. Und ich sage nochmals, daß ich weit mehr Vertrauen in Techniker und in Forscher als in Betriebswirte habe. Frau Präsidentin, wir begrüßen mit Wohlwollen die heute im Parlament zur Diskussion stehenden Berichte zur Zukunft des Autos, die Teil der Zukunft der Wirtschaft, der Technologie und des Arbeitsmarktes ist. Einem Autokonstrukteur verlangen wir heute jedoch weitergehende Verpflichtungen ab, wir verlangen, daß er auch soziale Verantwortung übernimmt. Die Umwelt ist vielleicht die erste dieser Verpflichtungen; sie wird glücklicherweise immer mehr zur Grundkomponente bei der Tätigkeit der Automobilindustrie. Das Auto-Öl-Paket, über das wir heute diskutieren, betrifft im wesentlichen drei Aspekte: Die Reduzierung der Abgase von Motorfahrzeugen im Kampf gegen die Verunreinigung, die Verbesserung der Kraftstoffqualität und die Kontrolle der vom Straßenverkehr ausgehenden Emissionen. Alle Berichte nehmen sich insgesamt die Suche nach umweltverträglicheren Lösungen für Autos und Kraftstoffe vor. Wir stimmen diesen Zielen eindeutig zu, aber wir können nicht umhin zu betonen, daß die Forschung nach verschärften Verbesserungen bisweilen zu kontraproduktiven Ergebnissen führen kann. Die Exekutivkommission hat gute Papiere und vernünftige Vorschläge erarbeitet. Die Berichterstatter haben teilweise die Vorschläge der Exekutive bekräftigt und für das Auto eine Zukunft ersonnen, die gestern beginnt. Es gibt technische Momente, deren fehlende Berücksichtigung zu einem Kostenanstieg und damit zu einem doppelt negativen Ergebnis führt. Der Anstieg der Fahrzeugkosten verlangsamt den Verkauf und die Erneuerung des Fahrzeugparks und bringt die geplanten Investitionen sowie die damit verbundene Beschäftigung in Gefahr, ohne zu neuen Einstellungen zu führen. In den letzten zwanzig Jahren hat die Verunreinigung durch Fahrzeuge um neunzig Prozent abgenommen. Von den verbleibenden können neun Prozent in den nächsten acht Jahren zu vernünftigen Kosten beseitigt werden. Hinsichtlich des letzten Prozents dürfen wir weder allzu knappen Fristen fordern noch Kosten, die letztendlich auf die Schultern des Verbrauchers fallen. Daher unsere Kritik an einem Teil der Vorschläge der Herren Mamère und Lange, wohingegen wir der Exekutivkommission gegenüber unsere Bereitschaft in Bezug auf den größten Teil ihres Programms bekräftigen. Wir sind kritisch, weil einige Vorschläge bei genauester Untersuchung weder wirtschaftlich noch umweltfreundlich sind und andere fundamentale Probleme vernachlässigen. Es ist nicht die Rede von Elektroautos oder von Methanautos mit dem kombinierten bi-fuel- System Methan/Benzin. Es ist nicht die Rede von Steuererleichterungen beim Kauf eines neuen Autos, wohl wissend, daß der europäische Fahrzeugpark immer noch veraltet ist. In Italien beträgt das Durchschnittsalter eines Fahrzeugs vierzehn Jahre; darüber hinaus können Unternehmen beim Kauf eines Autos nicht die Mehrwertsteuer in Höhe von neunzehn Prozent abwälzen. Gleichzeitig wird jedoch gefordert, unmögliche Zeiten einzuhalten, Tests bei - 7_ durchzuführen, wo doch zwei Drittel Europas zwölf Monate im Jahr nicht unter Null kommen, oder auch das OBD-System in Dieselfahrzeuge einzubauen, was die Veränderung sämtlicher Systeme der industriellen Produktion erforderlich machen würde. Wir wollen keine strengeren Normen als die von der Exekutive geforderten. Die Umwelt verbessert sich ohne Zwänge und ohne Kosten, die vom Kraftfahrzeug- und Kraftstoffverbraucher zu tragen sind. Kurz und gut: Wir verfolgen das Prinzip der verträglichen Entwicklung. Frau Präsidentin, für die Verbesserung der Luftqualität gibt es nur zwei Lösungen: entweder man ändert die technischen Standards der Fahrzeuge oder man verwendet umweltfreundlichere Kraftstoffe. Beides sind immer noch intelligentere Lösungen als ein Fahrverbot für Automobile an jedem zweiten Tag. Die erste Lösung bedeutet extrem hohe Kosten, allein wenn man nur die Erneuerung des Automobilbestands berücksichtigt. Die zweite Lösung erscheint mir plausibler und hätte eine sofortige Wirkung. Aber zwei Gruppen streiten sich darüber. Die europäischen Automobilhersteller und die Befürworter von Bio-Kraftstoffen kämpfen für eine Festlegung strenger Normen. Die Erdölindustrie lehnt eine Verschärfung dieser Normen strikt ab. Wir müssen daher bei den Bio-Kraftstoffen weiterarbeiten, die wie andere sauerstoffhaltige Komponenten dazu beitragen können, erstens die Verbrennungsbedingungen durch den Gehalt an Sauerstoff zu verbessern, zweitens den Treibhauseffekt im Zusammenhang mit dem CO2 -Gehalt in der Atmosphäre zu verringern, drittens den Schwefelgehalt im Dieselkraftstoff und die Emission von Rußpartikeln zu reduzieren, viertens die Oktanzahl des Kraftstoffes zu erhöhen und fünftens den Anteil an Aromaten, also hochgradig krebserregenden Substanzen, zu verringern. Die Weiterentwicklung von Bio-Kraftstoffen kann nur dann erfolgen, wenn die Steuergesetzgebung im Bereich der Verbrauchssteuern entsprechend angepaßt wird. Entgegen jeder umweltpolitischen Logik muß Frankreich erleben, wie die geplante Erhebung einer ermäßigten Verbrauchssteuer von der Europäischen Kommission abgelehnt wird. Gerade heute morgen, glaube ich, wollten die Kommissare die Ausdehnung des ermäßigten Satzes auf BioKraftstoffe nicht akzeptieren. Die Änderungsanträge des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz weisen daher in die richtige Richtung zur Verbesserung der Luftqualität, denn sie fördern aus diesem Grund die Verwendung von Bio-Kraftstoffen. Dies ist auch eine wesentlich effizientere Lösung für landwirtschaftliche Probleme als stillgelegte Ackerflächen, sogenanntes Brachland, das unserem Wunsch nach einer harmonischen Landschaftsplanung kaum entspricht. Frau Präsidentin, der Bericht von Herrn Lange im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz, zu dem weitere Berichterstatter ihre Stellungnahme abgegeben haben, ist von außerordentlicher Bedeutung, wie die große Zahl der mitberatenden Ausschüsse zeigt, darunter nicht zuletzt der Ausschuß für Verkehr, dem ich ebenso wie Herr Tamino angehöre. Auch Herr Tamino ist Verfasser einer Stellungnahme; ihm gilt zusammen mit den übrigen mein Beifall für eine hervorragende Arbeit über eine komplexe und aktuelle Problematik, nämlich der weniger verunreinigender Kraftfahrzeuge. Die Berichterstatter beklagen übereinstimmend, daß die Exekutive nicht die Techniker und Experten der verschiedenen Mitgliedstaaten in die Forschung einbezogen haben; dessen ungeachtet nehmen sie die Vorschläge der Exekutive im großen und ganzen wohlwollend auf. Ich möchte hier die übrigen Berichtestatter zitieren; es möge jedoch genügen, festzustellen, daß ich nach Prüfung ihrer Berichte und der geäußerten Vorschläge und Meinungen, mit iihnen darin übereinstimme, daß die von der Kommission veranschlagten Kosten der Maßnahmen zur Reduzierung der Verunreinigung durch Kraftfahrzeuge zu hoch erscheinen. Das ist im übrigen logisch, wenn man bedenkt, daß die Daten aus der Industrie stammen, die - Cicero pro domo sua - eine derartige Überbewertung fördert. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, mittels steuerlicher und wirtschaftlicher Entlastungen gegenüber der Industrie die Verwendung ökologischer Motoren und Kraftstoffe zu fördern. Lassen Sie uns zur Hauptsache kommen: Es reicht, die Berichterstatter zu zitieren, wenn sie gegenüber der Exekutive kritisieren, daß deren Vorschläge kein Prüfverfahren bei Kaltstart und niedrigen Temperaturen umfassen. Weiter wird gefordert, den Schwefelanteil des Kraftstoffs beträchtlich zu senken, um den Ausstoß Schwebeteilchen bei Dieselmotoren zu begrenzen und die optimale Funktion von Katalysatoren bei Benzin- und Dieselmotoren zu ermöglichen. Wichtig scheint mir das Konzept, nach dem Eile geboten ist, um den Kraftstoffverbrauch der Fahrzeuge im breiten Sinne drastisch zu senken, und zwar bis zum Jahre 2005 nach dem Auto-Öl-Programm bei einem Maximalverbrauch von fünf Litern pro hundert Kilometer. Dies um den CO2 -Ausstoß zu begrenzen, eine der Hauptursachen für die Luftverunreinigung und den Treibhauseffekt. Ich möchte die Stellungnahme von Herrn Tamino erwähnen und feststellen, daß ich ihm zustimme, wenn er zur Billigung der Änderungen auffordert, die darauf abzielen, die Kosten/Nutzen-Analyse, Energieeinsparungen und die Emissionssenkung eher weiterhin zu fördern als Leistungen im Zusammenhang mit der Geschwindigkeit und der Beschleunigung der Kraftahrzeuge, sowie die Nutzung regenerierbarer Energiequellen für diese voranzutreiben. Mein Bericht über die Überprüfung von Kraftfahrzeugen mit Anhängern, zur Zeit in der Mitentscheidungsphase, ging ebenfalls in diese Richtung. Wir von der Alleanza Nazionale werden für die Änderungen, die auf das genannte Ziel ausgerichtet sind, stimmen. Frau Präsidentin, das Auto-Öl-Programm ist eine ausgezeichnete Initiative im Rahmen einer Strategie, die auf die Reduzierung der Luftverunreinigung gerichtet ist und gegründet auf einen geänderten Verkehrsbetrieb, auf technische Verbesserungen und Maßnahmen im Bereich der Instandhaltung der Fahrzeuge und auf Spezifikationen hinsichtlich der Qualität der Brennstoffe. In der Tat verursacht die Luftverunreinigung schwere Krankheiten und somit hohe soziale Kosten, und sie neigt trotz der in den letzten Jahren bereits zweckmäßigerweise ergriffenen Initiativen leider dazu zuzunehmen, insbesondere infolge der Verkehrszunahme in den Stadtgebieten. Gewiß bringen die mit den vorliegenden neuen Richtlinien eingeführten Maßnahmen Kosten für die produzierenden Unternehmen mit sich, die in einem vereinten Europa, welches auf einem Fundament der Solidarität und Gleichheit ruht, nicht für einige Länder mehr und für andere weniger belastend sein dürfen, wenn man zum Beispiel die Ölversorgungsquellen berücksichtigt. Doch der Polarstern muß der Schutz der Umwelt und der Gesundheit der Bürger sein, welche sich nur über ihre Vertreter in der einzigen demokratisch gewählten Gemeinschaftsinstitution Gehör verschaffen können. Im Gesetzgebungsverfahren wird es nunmehr darum gehen, die geeignetsten Lösungen sowie die angemessenen und notwendigen Fristen zu finden, ohne die Schwierigkeiten zu übersehen, und ohne die Furcht, auf solche zu stoßen. Frau Präsidentin, meine Fraktion hat mich gebeten, insbesondere zu dem Bericht Eisma Stellung zu nehmen. Ich möchte lediglich darauf hinweisen, daß ich diesen Bericht begrüße, der eine Situation beschreibt, vor der die Berichte Lange und Mamère betrachtet werden müssen. Der Bericht Eisma macht deutlich, daß das Europäische Parlament nicht bereit ist, eine von der Kommission und den betroffenen Industrien ausgearbeitete Strategie vorbehaltlos zu akzeptieren. Wir befinden uns eher in der etwas eigenartigen Situation, daß zahlreiche der Personen, die sich an uns gewandt haben, zu glauben scheinen, daß überhaupt keine Notwendigkeit besteht, das Auto-Öl-Programm in irgendeiner Form zu ändern. Das ist eine sehr unrealistische Ansicht, die dem Parlament da unterbreitet wurde. Die MdEPs werden prüfen wollen, inwieweit die im Auto-Öl-Programm enthaltenen Vorschläge der Priorität gerecht werden, die wir alle der Gesundheit dieser und künftiger Generationen beimessen wollen. Gemeinsam mit den Berichten Lange und Mamère stellen somit die Berichte des Parlaments eine Form von gewerkschaftlicher Maximalforderung dar - obwohl ich kein Gewerkschaftler bin -, und es ist nun an der Kommission sowie der Automobil- und der Ölindustrie, den MdEPs zu zeigen - falls es ihnen gelingen sollte -, wo die Änderungsanträge des Parlaments über das gesetzte Ziel hinausgehen. Die Kollegen sollten bedenken, daß sehr hohe Standards wahrscheinlich in einigen Ländern lang andauernde Ausnahmeregelungen bewirken werden. Es ist zu unserem Nachteil, daß wir auch nicht auf die Anmerkungen von Herrn Pompidou, Herrn Garosci und einigen Mitgliedern der Rechten eingehen. Diese Punkte müssen berücksichtigt werden. Ich möchte noch zwei persönliche Anmerkungen machen. Durch meine Kontakte zum Unternehmen Peugeot in Großbritannien kann ich Informationen aus der Automobilindustrie zu dieser Aussprache beisteuern und möchte betonen, daß es natürlich im Interesse Europas ist, über eine moderne Automobilindustrie zu Verfügung, die Arbeitsplätze schafft, die gleichzeitig aber auch die immer strengeren Emissionsgrenzwerte erfüllt. Insbesondere einige Änderungsanträge im Bericht Lange fordern von der Automobilindustrie die Einhaltung sehr strenger Normen, ohne diese jedoch durch eine Verbesserung der Luftqualität zu rechtfertigen. Herr Pompidou hat auf diesen wichtigen Punkt hingewiesen, und wir sollten ihn auch berücksichtigen. Ein weniger wichtiger Punkt, der jedoch in Großbritannien und sicherlich auch in anderen Mitgliedstaaten für großes Interesse gesorgt hat, ist der Vorschlag der Kommission, ab dem Jahr 2000 den Verkauf von verbleiten Ottokraftstoffen zu verbieten. Es haben sich zahlreiche Besitzer von Oldtimer-Fahrzeugen, die nur mit verbleitem Ottokraftstoff fahren können, mit mir in Verbindung gesetzt. Die Dienste der Kommission haben mir heute ein sehr nützliches Dokument übermittelt, worin diese Maßnahme gerechtfertigt, der Hintergrund erläutert und die Besitzer von Oldtimer-Fahrzeugen beruhigt werden. Ich bedauere lediglich, daß diese Informationen nicht früher verfügbar waren. Wir sehen den Erklärungen der Kommission mit großem Interesse entgegen, ich möchte jedoch hier eine Warnung aussprechen. Für mich ist ganz deutlich, daß das Parlament keinesfalls über die erforderlichen Mittel verfügt, wenn es darum geht, die erforderlichen Untersuchungen durchzuführen, um die Berichte Lange und Mamère unterstützen zu können. Der Bericht der STOA ist meines Erachtens vollkommen unverständlich und somit für die Mitglieder des Parlaments im Grunde genommen wertlos. Sie können sich bei der Verteilstelle eine Kopie davon abholen. Wir sehen der Erklärung der Kommission also mit Interesse entgegen, und wenn die Argumente von Herrn Alber, Herrn Lange und anderen zutreffen, dann wird Frau Bjerregaard die vom Parlament eingebrachten Änderungsanträge annehmen, denn dann gibt es keine Alternative. Wir sehen somit den Erklärungen von Frau Bjerregaard mit Interesse entgegen. Frau Präsidentin, bei jedem Unterfangen zur Verringerung der Umweltbelastungen, die sich das Auto-Öl-Programm zum Ziel gesetzt hat, müssen mindestens fünf Faktoren berücksichtigt werden: Erstens, die sozialen und menschlichen Kosten der gegenwärtigen Umweltverschmutzung; zweitens, die festzusetzenden Ziele; drittens, die dafür anzuwendenden Methoden; viertens, die dafür zu veranschlagende Zeit; und fünftens, die wirtschaftlichen Kosten für den Verbraucher und für die Industrie, also, alles in allem, für die Gesellschaft. In der Zeitfrage stimmen wir nicht mit dem Bericht Mamère überein. Den anderen Punkten können wir zustimmen, aber mit den im Bericht festgelegten Fristen sind wir nicht einverstanden. Ich möchte daher ankündigen, daß die spanischen Sozialisten für den Bericht Lange, aber gegen den Bericht Mamère stimmen werden, weil dieser für das Jahr 2000 eine Verschärfung der Maßnahmen und bereits für 2005 eine zweite Stufe von Maßnahmen vorsieht, ein Ziel, das für einige Länder -unter anderem für meines- nicht nur äußerst kostspielig, sondern auch praktisch unerreichbar ist, es sei denn, es käme bei der Versorgung zu tiefgreifenden Veränderungen oder zu einem geopolitischen Umschwung bezüglich des Kaufs von Rohöl. Abschließend möchte ich noch zwei Dinge anmerken. Erstens, daß dieses negative Votum über den Bericht Mamère bedeutet, daß wir mit den Fristen übereinstimmen, die die Kommission in ihrem Richtlinienvorschlag festlegt. Wir sind der Ansicht, daß die Kommission eine vernünftige Arbeit geleistet hat, nicht nur in technischer, sondern auch in politischer Hinsicht, und daß sie einen schwierigen Konsens erreicht hat. Und zweitens, daß die Kommission auf dem richtigen Weg ist, und wir schlagen ihr in diesem Zusammenhang vor, daß ein Jahr nach Inkrafttreten dieser Richtlinie automatisch die Ergebnisse ausgewertet werden und daß davon ausgehend die zweite Stufe von Maßnahmen festgelegt wird. Frau Präsidentin! Ich möchte zuerst etwas zu der Frage von CO2 sagen. Ich bin sehr erstaunt, daß die Kommission uns eine Mitteilung über die Frage der CO2 -Problematik bei der Automobiltechnik vorgelegt hat. Ich war eigentlich der Auffassung, daß es ein klassischer Bestandteil des Auto-Öl-Programms ist. Wenn man dann ihr Programm durchliest, dann weiß man auch, warum das nicht Bestandteil des Auto-Öl-Programms ist, weil sie nämlich nichts vorschlägt, bis auf die Tatsache, daß sie glaubt, die freiwillige Vereinbarung sei gerade in diesem Bereich, ausgehend von Europa, der Königsweg. Das kann er ganz sicherlich nicht sein, denn zu freiwilligen Vereinbarungen gehören ordnungsrechtliche Rahmendaten, und die schlagen sie nicht vor. Ich kann nur davor warnen, daß freiwillige Vereinbarungen ohne diese Rahmendaten in Europa etabliert werden. Das genau wird zu den großen Wettbewerbsverzerrungen führen, die wir fürchten, und mit Recht. Deswegen gehören freiwillige Vereinbarungen im höchsten Falle an das Ende der Skala. Da könnte ich mir das sehr gut vorstellen. Wir brauchen einen Stufenplan für Grenzwerte, was CO2 anbelangt, über das Jahr 2005 bis zum Jahre 2010. Ich könnte mir vorstellen, daß steuerliche Anreize hier ein Weg sind. Das Automobilkonzept hat gut angefangen. Wir haben die Kontrahenten an einen Tisch gebracht. Wir haben die Automobilindustrie in den letzten Jahren hart an die Kandare genommen, und ich bin der Meinung, sie hat viel getan. Zu einem Tango gehören aber nun einmal zwei; dazu gehörte die Ölindustrie, und die hat diesen Tango nur eine Zeit lang mitgemacht, Herr Kommissar. Dann ist diese Partnerschaft zerbrochen, und das Ergebnis dieser zerbrochenen Partnerschaft liegt vor Ihnen: Ein langweiliges Auto-Öl-Konzept, das nicht in die Zukunft führt. Wir sind wie ein Tiger gestartet, und die Kommission ist mit einem wirklich kläglichen Papier wie ein Bettvorleger gelandet. Das darf nicht Ziel dieses Parlaments sein. Wir werden dieses Auto-Öl-Programm in den von vielen Kollegen korrigierten Punkten so hinstellen, daß wir glauben, daß es Perspektiven für die Zukunft darstellt. Ich bin sehr wohl bereit, über Übergangszeiten mit mir reden zu lassen. Die Parameter für die Abgaswerte, auch für die Kraftstoffwerte, müssen hergestellt werden. Ich bin aber sehr wohl bereit, denjenigen Ländern, die heute und morgen diese Parameter so schnell nicht einstellen können, Übergangsfristen zuzugestehen. Was war eigentlich die Triebfeder dieses Programmes? Ich kann nur erkennen, daß shareholder value die Triebfeder dieses Programmes war. Wir werden dafür sorgen, daß Zukunft und Innovation die Triebfeder für dieses Programm werden. Frau Präsidentin! Europa hat derzeit mit großen Problemen zu kämpfen: Arbeitslosigkeit, Umweltverschmutzung und vieles mehr. Die Lösung dieser Probleme liegt sicher darin, daß die industrielle Produktion umweltverträglich gestaltet wird und daß Produkte hergestellt werden, die auf dem Weltmarkt abzusetzen sind, indem man sich auf die Fähigkeiten der europäischen Arbeitnehmer, innovativ zu denken und technisch gute Lösungen zu finden, stützt. Das Auto-Öl-Programm ist ein Projekt in diese Richtung, und ich glaube, dieses Ziel kann erreicht werden, wenn die Änderungen, die das Parlament in den Berichten Lange, Mamère und Eisma vorgeschlagen hatte, so akzeptiert werden. Ich darf allen drei Berichterstattern für ihre Arbeit danken und möchte gerne noch darauf hinweisen, daß Dinge wie das 3-Liter-Auto noch vor wenigen Jahren belächelt wurden: Damals meinte man, es wäre nie möglich, zu derartigen Reduktionen und Innovationen zu kommen. Der Bericht Mamère beschäftigt sich mit Treibstoffen, und ich glaube, daß hier ganz wichtige Weichen gestellt werden können, denn ein besserer Treibstoff bringt bei einem nicht so guten Motor sofort eine Verbesserung der Luftqualität. Allerdings können wir das 3-Liter-Auto, Kraftfahrzeuge, die besser mit weniger Treibstoff fahren, nur dann verwirklichen, wenn wir die Treibstoffe auch verbessern können. Diese Verbesserung der Treibstoffqualitäten ist im übrigen einer der Punkte, in denen die besseren Umweltstandards der drei neuen Mitgliedsländer erreicht werden könnten. Damit würde zumindest einmal ein Schritt der Anpassung in die andere Richtung gemacht. In bezug auf die Strategien, die Herr Eisma vorschlägt, wird es notwendig sein, daß diese Strategien nicht nur beschrieben werden und daß die Industrie einen festen Rahmen bekommt, sondern daß auch die Überprüfung und Implementierung genauso funktioniert. Wir haben nichts von guter Gesetzgebung, wenn wir sie nicht überprüfen, und wir werden nur dann die verbindlichen Werte, die das Parlament für 2005 vorgeschlagen hat, tatsächlich erreichen können, wenn wir laufend sehen, wie alles umgesetzt wird. Frau Präsidentin, der Kraftstoff-Richtlinienentwurf ist grundsätzlich zu begrüßen, weil er auf eine bessere Luftqualität und auf den Schutz der Bürger vor Luftschadstoffen abzielt. In Finnland hat man viel für die Verwendung bleifreien Benzins getan und gute Ergebnisse erzielt, und ich kann sagen, daß die finnischen Kraftstoffe bereits heute die vorgeschlagenen Qualitätsanforderungen besser als verlangt erfüllen. Der Richtlinienentwurf berücksichtigt jedoch in keiner Weise die Klimabedingungen. Auf die Sonderstellung Finnlands als nördlichster, kältester und klimatisch unausgewogenster Staat wird darin keine Rücksicht genommen. Im Richtlinienentwurf fängt der Sommer am 1. April an und ist am 30. September zu Ende. Ich stelle mit Befriedigung fest, daß die Änderungsanträge zu zeitlichen Spielräumen für die Winter- und Sommerzeit, die ich im Forschungsausschuß eingereicht habe, in Form von Änderungsanträgen von der Fraktion der Grünen aufgenommen worden sind. In Straßburg ist im April Sommer. In Südfinnland kann es schon relativ sommerlich sein, aber in Nordfinnland, also über 1000 Kilometer weiter nördlich, mit Sicherheit nicht. Deshalb müßte man für den Übergang zur Sommer- und zur Winterzeit einen ausreichend langen zeitlichen Spielraum haben, der national zu definieren wäre. Dieses Jahr ist ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit dieses Spielraums, denn gestern waren es in Helsinki, in Südfinnland, minus 12o . Ohne diese Spielräume würde die Richtlinie möglicherweise das Autofahren und das Ausführen vieler Arbeiten in Finnland verhindern. Das ist ja sicher nicht der Sinn der Richtlinie. Ich möchte den Parlamentarier sehen, der meint, jetzt in Finnland schon mit der Sommerqualität fahren zu können. In Finnland braucht man die Winterqualität mit der Cetanzahl 46 statt, wie im ursprünglichen Vorschlag, 56. Würde man eine arktische Kraftstoffqualität in die Richtlinie aufnehmen, wäre auch dieses Problem beseitigt. Wir befassen uns heute mit einem sehr wichtigen Thema, und es handelt sich um die erste Lesung, was wir nicht vergessen sollten. Daher ist jetzt für uns der Zeitpunkt, uns auf eine Position festzulegen und, wie vielleicht sogar gesagt werden muß, Stellung zu beziehen. Daß dieses Parlament sich jetzt auf eine Position festlegen muß, um in zweiter Lesung einen klaren Standpunkt zu besitzen, dürfte wohl außer Zweifel stehen. Für die niederländische Präsidentschaft geht es hier um die oberste umwelt- und klimapolitische Priorität. Das Auto-Öl-Programm ist eine klare Konsequenz dieser Priorität, und die niederländische Präsidentschaft erwartet, wie ich Ihnen, Herr Präsident, sagen kann, eine mutige Entscheidung dieses Parlaments. Was den Vorschlag der Kommission betrifft, so können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, daß - was an sich positiv ist - die Industrie bei den geführten Beratungen eindeutig mit am Tisch gesessen hat. Wo waren jedoch die Verbraucherorganisationen, die Umweltfachleute und die Gesundheitsspezialisten? Zum Glück gibt es noch eine funktionierende Demokratie und ein Europäisches Parlament. Wie wir auch hier feststellen können, besteht das Dorf Europa, denn der Franzose Mamère, der Deutsche Lange, der Niederländer Eisma sowie Frau Laura González setzten sich zusammen und gelangten zu einer klaren Übereinstimmung. Das Dorf Europa - glauben Sie daran? - besteht: es wurde zusammengearbeitet, und es wurden klare Entscheidungen getroffen, die jetzt zur Abstimmung vorliegen. Gestatten Sie mir noch eine persönliche Bemerkung. Ich frage mich, wer von Ihnen schon einmal mit der Luftverschmutzung und ihren Folgen für die Gesundheit zu tun hatte. Ich sehr wohl. Ich habe mit einem anderthalbjährigen Kind, das Asthma hatte und beinahe erstickte, nachts in einem Krankenhaus mit Wartezimmern voller Kinder gesessen, in dem mir von den Ärzten erklärt wurde, daß die Zahl von Asthmapatienten in Amsterdam im letzten Jahrzehnt um das Vierzehnfache gestiegen ist; dies alles habe, so wurde gesagt, mit der Luftverschmutzung zu tun, die eindeutig durch das Auto mitverursacht wird. Zu einem solchen Thema muß von diesem Parlament eine klare Position bezogen werden. Es ist nämlich - das kann ich Ihnen versichern - kein Vergnügen, so etwas mitzumachen. Auch wenn wir außenpolitisch nicht in der Lage sind, eine starke Position zu vertreten, darf auf dem Binnenmarkt, der bereits vollendet ist, ein solches Versäumnis nicht wiederholt werden. Daher fordere ich die übrigen Fraktionen auf, bei der ersten Lesung Stellung zu beziehen. Frau Präsidentin! Das Parlament hat bereits früher sein starkes Engagement für die Umwelt im Bezug auf den Autoverkehr zu erkennen geben. 1989 wurden die Abgasvorschriften im Verhältnis zum Vorschlag der damaligen Kommission verschärft. Wenn wir zurückblicken, haben wir Veranlassung, dafür dankbar zu sein. Ebenso bin ich davon überzeugt, daß die Vorschläge des Parlaments zu Verschärfungen im Hinblick auf die jetzt behandelten Auto/Oil -Vorschläge gut begründet sind und zur Verbesserung der Umwelt beitragen werden. Ich respektiere die Einstellung der Kommission, daß man die Kosten für verschiedene Maßnahmen sorgfältig analysieren und mit den Einnahmen in der Form einer besseren Umwelt und geretteter Menschenleben vergleichen soll. Aus der Befragung des Umweltausschusses ging jedoch deutlich hervor, daß neue Daten noch weitreichendere Umweltmaßnahmen erlauben. Das trifft auf die Qualität des Brennstoffs zu, wo ein geringerer Schwefelgehalt zu niedrigeren Kosten erreicht werden kann, wodurch gleichzeitig ein starker Umwelteffekt erreicht wird. Es ist auch wichtig, daß die Entwicklung zu niedrigerem Schwefelgehalt durch finanzielle Steuerungsinstrumente nicht verhindert wird. Das ist normalerweise überhaupt kein Angriff auf den freien Markt. Die Vorschläge, die das Parlament über den Brennstoffverbrauch von Personenkraftwagen vorgelegt hat, sind meiner Ansicht nach unrealistisch hart. Ich glaube eher an eine Entwicklung in Richtung niedrigeren Brennstoffverbrauch durch finanzielle Steuerungsinstrumente. Sie können auch eine neue Technik fördern, z. B. Elektroautos und Hybridautos, wodurch radikale Reduzierungen erreicht werden können. Die Motivation für die Forderungen des Parlaments sind die Emissionen von Kohlendioxid. Ich halte es für angemessen, solche Maßnahmen mit anderen zu vergleichen, die den selben Effekt erzeugen. Die Senkung des Brennstoffverbrauchs aller Personenwagen in der EU um einen Zehntel Liter pro 10 km ergibt zweifellos eine geringere Emission von Kohlendioxid. Den selben Effekt kann man allerdings dadurch erreichen, wenn vier größere Kohlenkraftwerke durch ein Kernkraftwerk ersetzt werden. Die Emissionen von Kohlendioxid aus sämtlichen Personenwagen der EU könnten auf diese Weise theoretisch durch ca. dreißig Atomkraftwerke ausgeglichen werden, die Kohlekraftwerke ersetzen. Meiner Meinung nach ist es wichtig, daß man die Umweltprobleme in einer Gesamtperspektive betrachtet. Frau Präsidentin, die Emissionen von Kraftfahrzeugen sind heute die größte einzelne Luftschadstoffquelle. Deshalb muß gerade bei dieser Schadstoffquelle angesetzt werden, um das Problem vieler Europäer, d.h. die verschmutzte und ungesunde Stadtluft, wirksam anzupacken. Die europäischen Verbraucher wissen genau, welche technischen Möglichkeiten zur Verbesserung der Luftqualität heute bestehen. Deshalb wird erheblicher Druck auf die Automobilindustrie und die Ölraffinerien ausgeübt. Umweltfreundlichere Autos und sauberere Kraftstoffe werden gefordert. Wie in dieser Diskussion ganz deutlich geworden ist, werden beide Lösungswege gebraucht, und das wird auch dadurch angestrebt, daß im Auto-ÖlProgramm die technische Verbesserung der Kraftfahrzeuge und die Verbesserung der Kraftstoffe zusammen behandelt werden. Man kann die Luftqualität in den Städten jedoch schneller verbessern, wenn man bei der Kraftstoffqualität ansetzt, als wenn man wartet, bis neue, noch bessere Autos auf den Markt kommen. Das von der Kommission vorgeschlagene Auto-Öl-Programm ist während seiner Behandlung im Umweltausschuß wesentlich besser geworden, wofür der größte Dank natürlich den Berichterstattern im Umweltausschuß zukommt. Das Parlament schlägt unter anderem vor, man sollte sich in der Gemeinschaft eine neuartige Denkweise aneignen, nach der dann auch das Steuerinstrument benutzt werden könnte, um bessere Qualität zu mäßigem Preis zu erreichen. Der Umweltausschuß nahm auch die obligatorischen Mindestanforderungen und die Zielsetzungen zur Verringerung der Emissionen für die Jahre 2000 bis 2005 an. Mit diesem System hat man unter anderem in Finnland die Kraftstoffqualität deutlich verbessern können. Zur Ermutigung für alle anderen kann ich sagen, daß dies in kurzer Zeit und zu wirklich vernünftigen Kosten ablief. Es liegt natürlich auf der Hand, daß in manchen Ländern vielleicht Übergangszeiten nötig sind. Aber auch die sind eher zu akzeptieren als ein Abweichen von den für 2000-2005 gesetzten Zielen. Wir müssen der übrigen Welt die Richtung weisen, so daß wir künftig im Wettbewerb nicht das Nachsehen haben. Frau Präsidentin, wir haben eine sehr umfassende, aber auch sehr gute und nützliche Debatte über vier große Vorschläge geführt. Drei von ihnen betreffen unmittelbar das Auto-ÖlProgramm und einer ist eine Ergänzung. Typisch für die drei Vorschläge ist auch, daß sie von drei zusammenarbeitenden Kommissaren ausgearbeitet wurden, also werde ich mich mit den Berichten von Herrn Eisma, Herrn Lange und Frau Gonzalez Alvarez befassen, und Herr Papoutsis wird auf den Bericht von Herrn Mamère eingehen. Die Kommission hat Herrn Eismas Bericht mit Freude gelesen, und wir möchten ihm für seine ausgezeichnete Arbeit danken. Kraftfahrzeugemissionen sind eindeutig die Hauptursache vieler der Schadstoffe, die unsere Umwelt und die Gesundheit der Bürger belasten. Am stärksten trifft es oftmals die anfälligsten Mitglieder unserer Gesellschaft, nämlich Kinder, alte Leute und Kranke, was uns Frau Van Putten gerade ins Gedächtnis gerufen hat. Die Kommission will diese Probleme der Luftverunreinigung lösen und auf diesem Wege die Lebensqualität - besonders im städtischen Raum - verbessern. Wir haben mit der Mitteilung über eine zukünftige Strategie der Bekämpfung von Kraftfahrzeug-Emissionen sowie Vorschlägen für Rechtsvorschriften zu ihrer Durchführung einen großen Fortschritt erzielt. Deshalb bin ich auch so froh, daß das Parlament seinen Berichtsentwurf damit einleitet, Genugtuung über die Mitteilung der Kommission und die damit verbundenen Vorschläge für Rechtsvorschriften zum Ausdruck zu bringen. Ich bedanke mich auch für die vielen liebenswürdigen und positiven Bemerkungen während der Debatte. In dem Bericht bemängelt das Parlament die Vorbereitung der technischen Grundlage für den Kommissionsvorschlag, das Kooperationsprogramm mit den Mineralöl- und den Automobilherstellern, das wir als Auto-Öl-Programm bezeichnen. Die Kommission und die beiden Wirtschaftssektoren geben zu, daß sich dieses Programm durch eine breitere Beteiligung hätte verbessern lassen, und die Kommission wird in dem nächsten Auto-Öl-Programm II auch dafür sorgen. Dennoch bin ich der Ansicht, daß sich das Parlament ein bißchen zu sehr mit den äußerlichen Verbesserungen, die möglich wären, befaßt hat, und ein bißchen zuwenig mit den positiven Elementen. Viele der Punkte in Herrn Eismas Bericht kommen auch in den Berichten von Herrn Mamère und Herrn Lange vor. Ich werde gleich noch darauf zurückkommen. Es gibt jedoch ein paar Punkte in Herrn Eismas Bericht, auf die ich näher eingehen werde. Zunächst widmet die Kommission den Problemen der Lärmbelästigung und der CO2 -Emissionen durch den Straßenverkehr große Aufmerksamkeit. Wir erörtern auch die Mitteilung der Kommission über die CO2 -Emissionen von Kraftfahrzeugen heute in diesem Haus, und das Parlament ist zudem mit einer Behandlung des Grünbuchs der Kommission über Lärmbelastung im Gange. Einen Aspekt von Herrn Eismas Bericht finde ich bedauerlich, und zwar die Erklärung darüber, daß die Kommission ihre Strategie auf eine Kosten/Nutzen-Analyse hätte gründen sollen, anstatt auf die Kosten/Effizienz-Relation. Das Auto-Öl-Programm stützt sich auf die Richtlinie 94/12/EWG, eine der ersten Richtlinien, die nach dem Verfahren gemeinsamer Beschlußfassung von Parlament und Rat verabschiedet wurde. Darin steht ausdrücklich, daß die Kommission ihre Vorschläge auf Kostenwirksamkeit gründen soll, was wir auch getan haben. Daher ist es natürlich für uns etwas problematisch, wenn das Parlament jetzt sagt, die Grundlage hätte eine andere sein sollen. Die Kommission vertritt die Ansicht, daß sie mit ihrer Strategie zur Bekämpfung von Kraftfahrzeugemissionen und den damit verbundenen Vorschlägen ihren in Richtlinie 94/12/EWG enthaltenen Auftrag erfüllt hat, und wie gesagt ist diese Richtlinie vom Parlament und vom Rat verabschiedet worden. Jetzt werde ich zu einigen Bemerkungen über Herrn Langes Bericht kommen. In dem Vorschlag, den die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat unterbreitet hat, geht es um eine Senkung der Grenzwerte für Schadstoffemissionen um 40 % bei der Zulassung neuer Kraftfahrzeuge im Jahre 2000. Dazu kommt, daß die Einführung neuer Überwachungsverfahren für Gebrauchtwagen, der obligatorische Einbau von On-Board-Diagnosesystemen und ein neues Testverfahren zur Begrenzung der Verdunstungsverluste eine weitere Verringerung der Tagesausstoßwerte bei Gebrauchtwagen bedeutet. Erlauben Sie mir jetzt, die Stellungnahme der Kommission zum Lange-Bericht zu erläutern. Selbstverständlich möchte ich aber zuallererst Herrn Lange sehr für die enorme Arbeit danken, die er in so kurzer Zeit geleistet hat, und die sehr wertvoll und technisch gut fundiert ist. Viele der technischen und politischen Gedankengänge im Lange-Bericht sind interessant, und es ist sehr wahrscheinlich und auch denkbar, daß sie in den endgültigen Beschluß des Europäischen Parlaments und des Rates aufgenommen werden. Aber wir müssen zugeben, daß wir hier am Anfang eines schwierigen Verhandlungsverlaufs stehen, der den Rat miteinbezieht. Deshalb möchte die Kommission an diesem Punkt der Erörterungen Vorbehalte gegenüber den heikelsten Änderungsanträgen des Berichts anmelden. Ich will Ihnen gerne sagen, welchen Änderungsanträgen die Kommission zustimmen kann. Der Bericht enthält eine Reihe Änderungsanträge über Steuererleichterungen, die auch viele während der Debatte heute abend zur Sprache gebracht haben. Die Rahmen für Steuererleichterungen in der Emissionsrichtlinie sind ein Kompromiß, der zwei der Zielsetzungen der Europäischen Union berücksichtigen soll, einerseits einen gut funktionierenden Binnenmarkt und andererseits den Umweltschutz. Die Kommission hat vorgeschlagen, die geltenden Vorschriften über Steuern durch eine weitere Erleichterungsphase zu verbessern. Aufgrund von Änderungsantrag Nr. 34 des Berichts sollen die Steuererleichterungen, die ein Mitgliedstaat zu gewähren bereit ist, für beide Phasen gelten, nicht nur die eine oder die andere. Deshalb kann ich den Änderungsantrag annehmen, vorausgesetzt daß die Erleichterungen nur für Fahrzeuge gelten, die die EU-Vorschriften für 2000 und 2005 erfüllen. Deshalb können die Änderungsanträge Nr. 91, 92 und 94, die nicht mit Änderungsantrag Nr. 34 zu vereinbaren sind, auch nicht akzeptiert werden. Die Änderungsanträge Nr. 19, 24 und zum Teil 35 des Lange-Berichts können mit kleinen Änderungen der Formulierung übernommen werden. In dem Bericht ist der Vorschlag enthalten, die Forderung für On-Board-Diagnosesysteme, die wir auf OBD abkürzen, im Hinblick auf den Zugang zu den von diesen Systemen gesammelten Informationen für unabhängige Reparaturwerkstätten und Hersteller von Ersatzteilen zu ändern. Die Absicht des Kommissionsvorschlages war klar, nämlich alle zu befähigen, Fehler im Emissionssystem rasch festzustellen und zu reparieren, damit die Emissionen des Fahrzeugs möglichst niedrig gehalten werden. Einige der Änderungsanträge in dem Bericht können den Vorschlag der Kommission allerdings verbessern, deshalb kann ich den folgenden Anträgen vollkommen zustimmen: Nr. 67, 68 und 85 und zum Teil 14, 78 und 81. Ich kann auch allen Änderungsanträgen zustimmen, die sich auf die Prüfverfahren für Verdunstungsverluste beziehen, also den Nummern 53, 54, 55 und teilweise 56, 57 und 58. Anderen geringfügigeren Änderungen oder Formulierungsänderungen kann ich zustimmen, und das betrifft die Änderungsanträge 5, 6, 7 und zum Teil 30, 52, 64, 86 und 89. Ich möchte noch ein paar Bemerkungen zu den Änderungsanträgen machen, die die Kommission jetzt nicht akzeptieren kann. Der Bericht schlägt eine Verschärfung der Grenzwerte vor, die ab dem Jahr 2000 gelten sollen und auch eine Änderung des Bezugskraftstoffs für die Prüfverfahren. Die Grenzwerte sind ein heikles Thema, und sie werden bis zum Schluß umstritten sein, da sich die Technik die ganze Zeit weiterentwickelt, wodurch immer größere Vorteile für die Umwelt zu niedrigeren Kosten möglich werden. Und zwischen den Emissionsgrenzwerten, den Eigenschaften des Kraftstoffs für die Prüfverfahren und der Qualität kommerzieller Kraftstoffe besteht eine so enge Verbindung, daß sie gemeinsam behandelt werden müssen. Gegenwärtig kann ich die Änderungsanträge des Berichts nicht akzeptieren. In dem Bericht sind die sogenannten Richtwerte für 2005 in obligatorische Grenzwerte geändert worden, und die Werte selbst sind verschärft worden. Obligatorische Grenzwerte haben den Vorteil, daß sie der Automobilindustrie und den Teileherstellern rechtzeitig deutliche Signale geben, damit sie ihre Forschung und Entwicklungsarbeit erfolgreich planen können; das haben auch mehrere der Redner heute abend hervorgehoben. Es setzt jedoch voraus, daß es auf allen Märkten besseren Treibstoff gibt. Außerdem verlangt es zusätzliche Untersuchungen. Ich kann den Ergebnissen dieser Untersuchungen nicht vorgreifen, also kann ich auch die Änderungsanträge nicht übernehmen. Die Kommission hat auf jeden Fall die Durchführung des Auto-Öl-Programms II beschlossen. Eines der Ziele besteht darin, die Grenzwerte für 2005 so bald wie möglich zu bekräftigen oder zu revidieren. Der Bericht enthält auch den Vorschlag für ein neues Prüfverfahren, das die Emissionen bei kaltem Wetter reduzieren soll. Die Kommission hat bereits ihr Interesse an einem solchen Test zum Ausdruck gebracht und wird ihn im Laufe des Verhandlungsvorgangs prüfen; er soll auch in das zweite Auto-Öl-Programm aufgenommen werden. Deshalb kann ich gegenwärtig den Vorschlag des Berichts nicht akzeptieren. In dem Bericht wird eine weitere Vorgehensweise für die Kontrolle von Gebrauchtwagen vorgeschlagen. Diese ist unvereinbar mit den Grundsätzen des EU-Systems für die Typengenehmigung, und wir können ihm deshalb nicht zustimmen. Der Vorschlag der Kommission für die Kontrolle von Gebrauchtwagen ist ein bedeutsamer auf dem Wege zu besseren Emissionskontrollen mit Hilfe von Prüfverfahren, die auf EU-Ebene harmonisiert werden, und die Kontrollen werden den geltenden Typengenehmigungsvorschriften und Übereinstimmungsbescheinigungen für die Erzeugnisse im Hinblick auf zugelassene Wagentypen genau angepaßt. In dem Bericht wird vorgeschlagen, daß On-Board-Diagnosesysteme, die sogenannten OBD, ab dem Jahr 2000 in Dieselmotoren eingebaut werden müssen. Vorläufig haben die Automobilindustrie und die Betriebe, die sie mit Teilen beliefern, noch weniger Erfahrung und Kenntnis, was OBD-Systeme für Dieselmotoren betrifft als im Fall von Benzinmotoren. Vom heutigen Wissensstand ausgehend gibt es keine Anzeichen dafür, daß bis zum Jahr 2000 OBD-Systeme für alle Dieselmotoren verfügbar sein werden. Da jedoch OBD-Systeme für Kraftfahrzeuge mit Benzinmotor beantragt worden sind, ist mir ehrlich gesagt schleierhaft, weshalb sie nicht auch für Automobile mit Dieselmotor eingeführt werden könnten, wenngleich auf etwas längere Sicht. Daher kann ich die Änderungsanträge über OBD-Systeme für Dieselmotoren momentan nicht übernehmen. Die Kommission kann sich nicht mit einer Anhebung der Dauerhaltbarkeitsforderung von 80 000 auf 160 000 Kilometer abfinden. Man kann mit der jetzt zur Verfügung stehenden Technologie die Emissionen nicht begrenzen, weder bei neuen Wagen, noch nach einer so langen Gebrauchszeit. Außerdem hat die Kommission andere Maßnahmen getroffen, die eine erhebliche Verunreinigungsbegrenzung bedeuten werden, nämlich, wie wir soeben sagten, durch die Einführung von OBD-Systemen und die Kontrollen von Gebrauchtwagen. Es ist noch zu früh, um den Auftrag für das Auto-Öl-II-Programm zu ändern, für das die Kommission selbstverständlich die volle Verantwortung trägt. Deshalb kann ich die Änderungen, um die es hier geht, nicht übernehmen, ehe wir am Ende des Weges angelangt sind. Ich bin mir bewußt, daß das Parlament eventuell enttäuscht ist, daß wir jetzt nicht alle gestellten Änderungsanträge übernehmen können, möchte dazu jedoch bemerken, daß wir einen Prozeß, der noch mehr Erörterungen und Zusammenarbeit vorsieht, gerade erst eingeleitet haben. Ich werde meinen Beitrag mit dem letzten Vorschlag beenden, das heißt dem Thema der CO2 -Emissionen von Kraftfahrzeugen. Dazu möchte ich als erstes meiner Freude Ausdruck geben, daß das Parlament die Bedenken der Kommission im Hinblick auf CO2 -Emissionen von Automobilen teilt, und auch darüber, daß das Parlament unsere Initiative, dies wichtige Problem in Angriff zu nehmen, unterstützt. Ich danke der Berichterstatterin, Frau Gonzalez Alvarez, auch für die Arbeit, die sie mit der Erstellung ihres Berichts geleistet hat. Aber, obwohl wir dieselben Bedenken im Hinblick auf das Problem haben, sind wir offenbar nicht genau derselben Ansicht über das, was technisch machbar ist. Frau Präsidentin, wir alle wissen, daß es möglich ist, ein Automobil herzustellen, das drei Liter je hundert Kilometer verbraucht. Das Problem ist, daß dies Ziel, das wir uns gesetzt haben, sich auf das durchschnittliche neue Auto bezieht, das auf dem Markt verkauft wird, nicht auf jedes einzelne Auto für sich. Deshalb halten wir das Ziel von fünf Litern je hundert Kilometer für zu ehrgeizig innerhalb des Zeitrahmens von 2005 bis 2010, und wir wollen erst neue Ziele in Erwägung ziehen, wenn wir uns über die zukünftigen Möglichkeiten völlig im klaren sind. Der zweite Punkt, in dem wir nicht einer Meinung sind, betrifft die Mittel, die dazu verwendet werden sollen. Die Kommission ist nicht der Ansicht, daß bindende Normen der richtige Weg sind, wie jetzt vom Umweltausschuß vorgeschlagen wird. Es ist rein technisch sehr schwierig, Normen festzusetzen, und könnte darüber hinaus Auswirkungen haben, die unserer Absicht einer Reduzierung des CO2 -Ausstosses zuwiderlaufen. Wenn wir zum Beispiel Normen festlegen, die sich dem Gewicht des Fahrzeugs nach unterscheiden, können die Automobilhersteller diese Norm erfüllen, indem sie ihre Fahrzeuge einfach schwerer machen. Wir halten eine Vereinbarung mit den Automobilherstellern für die richtige Vorgehensweise. Im Entschließungsentwurf des Parlaments werden zusätzliche Maßnahmen zur Verringerung der CO2 -Emissionen im Straßenverkehr gefordert, und dem können wir uns anschließen. Es bedeutet natürlich, daß wir die Art und Weise, wie Autos benutzt werden, ändern und ein umweltfreundlicheres Verkehrssystem aufbauen. Die Kommission will den Vorschlag des Parlaments, der in diese Richtung geht, sehr gern prüfen. Ich bin mir bewußt, Frau Präsidentin, daß es etwas lange gedauert hat, aber es waren ja große und wichtige Vorschläge, und ich hoffe, daß ich die meisten der Fragen, die in der Debatte aufgeworfen wurden, behandelt habe. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie mich zunächst dem Berichterstatter Mamère für seinen Bericht danken. Ziel dieses Vorschlags der Kommission ist die Harmonisierung und Verbesserung der Vorschriften für Kraftstoffe im Rahmen der Konzeption des Auto-Öl-Programms. In diesem Programm haben wir die Kosten der verschiedenen Maßnahmen, die zur notwendigen Verringerung der Emissionen führen könnten, bekanntlich gegeneinander abgewogen. Wir haben die wirtschaftlich effizientesten Maßnahmen ausgewählt und entsprechende Vorschriften für sauberere Kraftstoffe erarbeitet, die im Jahr 2000 in Kraft treten. Wie Sie wissen, ist weiterhin vorgesehen, daß die Kommission bis Ende 1998 eine Reihe noch strengerer Vorschriften für Kraftstoffe vorlegt, die ab 2005 verbindlich sein sollen. Was die Wechselwirkung zwischen der Kraftstoffqualität und der Effizienz der neuen Technologien im Automobilsektor, ich denke da beispielsweise an die NOx -Abscheider, betrifft, so herrscht gegenwärtig noch große Unsicherheit über das wirtschaftlich effizienteste Verhältnis zwischen der jeweiligen Schwefelkonzentration im Kraftstoff und der Entwicklung von Autos mit neuer Technologie. Daher ist die Kommission der Ansicht, daß die Festlegung von Werten für die Kraftstoffqualität im Jahr 2005 jetzt noch verfrüht ist. Bis Ende 1998 werden wir, ausgehend von den Erfahrungen mit der zweiten Phase des Auto-Öl-Programms, die bekanntlich bereits begonnen hat, voraussichtlich über die zusätzlichen Informationen verfügen, die notwendig sind, um vernünftige Entscheidungen über die Kraftstoffnormen für das Jahr 2005 zu treffen. Unser heutiger Vorschlag bietet den Mitgliedstaaten jedoch gleichzeitig die Möglichkeit, im Bedarfsfall spezielle Kraftstoffe einzusetzen, um besonders hohen Anforderungen an die Luftqualität beispielsweise in Großstädten zu entsprechen. Die Merkmale dieser speziellen Kraftstoffe werden weitestgehend von der Art der besonderen Probleme hinsichtlich der Luftqualität in den einzelnen Gebieten abhängen. Daher hält die Europäische Kommission die Formulierung harmonisierter Normen für spezielle Kraftstoffe auf Gemeinschaftsebene in dieser Phase nicht für zweckmäßig. Außerdem ist die Kommission davon überzeugt, daß es sich hierbei um relativ geringe Mengen dieser speziellen Kraftstoffe handeln wird und folglich nicht davon auszugehen ist, daß die Existenz spezieller, nur lokal eingesetzter Kraftstoffe Turbulenzen auf dem Markt verursachen wird. Die Kommission erkennt weiterhin an, daß steuerliche Anreize ein äußerst wirksames Mittel zur Förderung des Handels mit saubereren Kraftstoffen und ihrer Verwendung sind. Die Gemeinschaft verfügt bereits über einen Rahmen, innerhalb dessen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, unterschiedlich hohe Verbrauchsteuern auf diverse Kraftstoffe zu erheben, sofern dies dem Umweltschutz zugute kommt. Dieser Rahmen ist in der Richtlinie 92/81/EWG über die Höhe besonderer Verbrauchsteuern auf Erdölerzeugnisse festgelegt. Viele Mitgliedstaaten, unter ihnen Schweden, Finnland und Dänemark, setzen entsprechend dieser Richtlinie bereits fiskalische Instrumente ein, um die Verwendung saubererer Kraftstoffe zu fördern. Wie Ihnen ebenfalls bekannt ist, hat die Europäische Kommission vor wenigen Wochen einen Vorschlag über die Harmonisierung der Besteuerung von Energieprodukten gebilligt, der sich auf die Philosophie dieser älteren Richtlinie gründet. Da also bereits Gemeinschaftsbestimmungen über fiskalische Instrumente existieren, hält es die Kommission nicht für zweckmäßig, diese nochmals in den vorliegenden Vorschlag aufzunehmen. Der Vorschlag der Kommission enthält außerdem eine Bestimmung über das Verbot des Inverkehrbringens von verbleitem Benzin, da dieses gegenwärtig die größte Quelle für Umweltverschmutzung durch Blei darstellt. Bereits seit Mitte der 80er Jahre sind die Mitgliedstaaten durch die Richtlinie 85/210/EWG aufgefordert, den Verbrauch bleifreien Benzins zu fördern. Die Kommission hält ein Verbot des Verkaufs von verbleitem Benzin nach dem Jahr 2000 in der Gemeinschaft folglich für angezeigt. Sie erkennt allerdings an, daß ein solches Verbot kurzfristig wahrscheinlich erhebliche Probleme für bestimmte Mitgliedstaaten verursachen würde. Daher haben wir die Möglichkeit einer zeitlich begrenzten Abweichung von der Regelung eingeräumt, um so bestimmten Staaten einen etwas größeren Spielraum für die notwendigen Anpassungen zu geben. Die Kommission stimmt weiterhin der Ansicht zu, daß bei der Festlegung von Werten für die Luftqualität, auf denen die wirtschaftlich effizienten Vorschläge zur Kraftstoffqualität basieren, sowohl der Schutz der Gesundheit als auch der Schutz der Umwelt berücksichtigt werden müssen. Ich möchte Ihnen daher versichern, daß wir dieses Prinzip bei unseren künftigen Vorschlägen konsequent in Betracht ziehen werden. Die Europäische Kommission steht außerdem dem Vorschlag von Frau Matikainen-Kallström aufgeschlossen gegenüber, auch die klimatischen Bedingungen in arktischen Regionen bei den Vorschriften für Kraftstoffe zu berücksichtigen. Nach sorgfältiger Prüfung könnte diese Anregung in den speziellen Text aufgenommen werden. Frau Präsidentin, die Europäische Kommission kann einige Änderungsanträge akzeptieren, die den ursprünglichen Vorschlag verbessern, die grundlegende Herangehensweise jedoch nicht verändern. Akzeptieren können wir die Änderungsanträge 2, 3 und 6, den letzten Teil des Änderungsantrags 1, den zweiten Teil des Änderungsantrags 8, den ersten Teil des Änderungsantrags 10 und den ersten Teil des Änderungsantrags 31. Die Europäische Kommission akzeptiert auch die Änderungsanträge über zusätzliche Punkte, die in die zweite Phase des Auto-ÖlProgramms aufgenommen werden sollen, also Nr. 22, 23, 37 und 38. Die übrigen Änderungsanträge können von der Kommission aus den folgenden Gründen leider nicht akzeptiert werden: Erstens verstoßen die Änderungsanträge 7, 9, 35, 36, 60 und der zweite Teil des Änderungsantrags 8 gegen das Kosten-Effizienz-Kriterium als Grundlage der Vorschläge, ein Kriterium, das bereits in der Richtlinie 94/12/EWG festgelegt worden ist. Zweitens: Die Änderungsanträge 11, 42, 43, 45, 46, 47, 50, 51, 52, 59 und 62 betreffen Maßnahmen, die sich bereits im Rahmen der ersten Phase des Auto-Öl-Programms als wirtschaftlich ineffizient erwiesen haben. Drittens: Die Änderungsanträge 44 und 48 enthalten Maßnahmen, die entweder noch nicht ausreichend untersucht worden sind oder für die noch keine wissenschaftlichen Daten vorliegen, die aber dennoch von der zweiten Phase des Auto-Öl-Programms mit abgedeckt werden. Die Änderungsanträge 4, 18, 20, 21 und 34 gehen unserer Meinung nach nicht mit der vorgeschlagenen Vorgehensweise der zweiten Phase des Auto-Öl-Programms konform, die es uns erleichtert, zu einem wirtschaftlich effizienten Maßnahmenbündel zu kommen, das im Jahr 2005 in Kraft tritt. Die Änderungsanträge 12, 13 und 19 wiederum entsprechen nicht den Bestimmungen der Richtlinie 92/81/EWG über den Einsatz steuerlicher Anreize bei Kraftstoffen. Der Änderungsantrag 25 räumt keinen angemessenen Zeitraum für zugestandene Abweichungen im Hinblick auf das Verbot des Handels mit verbleitem Benzin ein. Die Änderungsanträge 28, 29, 32, 39 und der zweite Teil des Änderungsantrags 31 führen zusätzliche, unserer Meinung nach aber nicht notwendige Verfahren ein. Weiterhin beziehen sich die Änderungsanträge 5, 16, 26, 27, 30, 33, 40, 41, 49, 53, 58 und 61 nach Meinung der Europäischen Kommission nicht auf grundsätzliche Probleme. Der erste und zweite Teil des Änderungsantrags 1, der erste Teil des Änderungsantrags 8, der zweite Teil des Änderungsantrags 10 und die Änderungsanträge 14, 15, 17, 24, 54, 56, 57, 63 und 64 betreffen Details, die entweder unnötig sind oder einer weiteren technischen Untersuchung bedürfen. Obgleich bestimmte Änderungsanträge heute nicht akzeptiert werden können, so möchte ich doch betonen, daß die Kommission anerkennt, daß das Europäische Parlament interessante Ideen anregt, die im vor uns liegenden Prozeß der Entscheidungsfindung weiterhin zu prüfen sind. Der Vorschlag der Kommission bezieht sich auf Vorschriften für Kraftstoffe für das Jahr 2000. Das Parlament wiederum hat die Notwendigkeit unterstrichen, sauberere Technologien durch die Einführung verbesserter Kraftstoffe zu fördern, und deshalb einen Grenzwert für den Schwefelgehalt in Kraftstoffen von 50 ppm vorgeschlagen. Meines Erachtens lohnt es sich, im Rahmen des gesamten Maßnahmenbündels, das letztlich vom Rat und vom Parlament zu verabschieden ist, weiter zu prüfen, wie man eine möglichst frühe Markteinführung solch sauberer Kraftstoffe in ausreichender Menge fördern kann. Danke auch Ihnen, Herr Papoutsis, für Ihre Ausführungen. Das Wort hat Herr Lange. Frau Präsidentin! Gestatten Sie mir eine Verständnisfrage an den Herrn Kommissar: In meiner Übersetzung hieß es, das Auto-Öl-II-Programm sei angelaufen. Das kann meiner Ansicht nach nicht sein, weil das Mandat dafür ja erst durch die Gesetzgebung von Parlament und Rat erteilt wird. Insofern kann es ja noch nicht angelaufen sein. Frau Präsidentin, es handelt sich hier wohl um ein Mißverständnis. Beim Auto-Öl-Programm sind wir ganz offensichtlich noch im Stadium der Diskussion, und natürlich ist erst das Mandat des Rates nötig, wie der geschätzte Herr Abgeordnete eben bemerkte. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A4-0115/97) von Frau Ghilardotti im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau über den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates (KOM(96)0340 - C40539/96) zur Beweislast bei geschlechtsbedingter Diskriminierung. Frau Präsidentin, obwohl Artikel 119 des Vertrags und sechs seit 1975 angenommene Richtlinien eine solide Rechtsgrundlage für den Bereich des gleichen Entgelts und der Gleichbehandlung für Frauen und Männer bilden und darüber hinaus in diesen zwanzig Jahren äußerst zahlreiche Urteile seitens des Gerichtshofs ergangen sind, werden Frauen weiterhin diskriminiert, und eines ihrer Hauptprobleme ist gerade der Nachweis, daß sie nach wie vor aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden. Aus diesem Grunde hat die Kommission bereits 1988 den ersten Vorschlag für eine Richtlinie über die Beweislast unterbreitet. Dieser wurde vom Europäischen Parlament mit einigen Änderungen auf der Grundlage eines Berichts von Frau Larive gebilligt. Der Rat hat diesen Vorschlag bei zahlreichen Gelegenheiten diskutiert, und im Jahre 1993 wurde Übereinstimmung zwischen elf Mitgliedstaaten erzielt. Da jedoch die Artikel 100 und 235 des Vertrages, welche Einstimmigkeit verlangen, die Rechtsgrundlage bilden, konnte der Vorschlag seinen Weg nicht fortsetzen. Wie ich bereits erwähnte, hat sich inzwischen der Gerichtshof in zahlreichen Urteilen einschlägig geäußert, und mithin ist es von Bedeutung, daß wir heute diesen neuen Vorschlag einer Richtlinie vorliegen haben, der sich genau auf die Urteile des Gerichtshofs gründet und in den Bereich des Sozialprotokolls vorrückt, weswegen eine Einigung über den endgültigen Text nunmehr leichter sein sollte. Dies unterstreicht erneut die Notwendigkeit, das Sozialprotokoll in den Vertrag einzubeziehen, weil wir es andernfalls mit der zweiten Richtlinie über die Gleichbehandlung zu tun hätten, die nicht vom Vereinigten Königreich übernommen wird. Diese Richtlinie ist wichtig - und das Parlament beweist dies mit seinem Bericht -, weil die bestehende Rechtsprechung in den Mitgliedstaaten nicht einheitlich angewendet wird und viele Frauen Probleme auch infolge offensichtlicher Fälle von Diskriminierung hatten und haben. Was den Inhalt des Richtlinienvorschlags betrifft, glaube ich, daß er sich auf drei eng miteinander verbundene Aspekte gründet; und der Vorschlag wäre wirkungslos, wenn die Richtlinie nicht alle drei einbeziehen würde. Welches sind diese drei grundlegenden Aspekte? Zunächst die Definition der mittelbaren Diskriminierung (Artikel 2): Dieses Konzept wird zum ersten Mal im gemeinschaftlichen Recht definiert. Zweitens das Ausmaß der Verschiebung der Beweislast in Artikel 4: Wir haben es nicht zu tun mit einer und sprechen nicht über eine Umkehr der Beweislast, sondern deren Aufteilung zwischen Arbeitnehmerin und Arbeitgeber. Drittens die in Artikel 5 festgelegten Verfahren, die wir für grundlegend halten, weil ihnen angesichts der Probleme mit der Nichtdurchführung der geltenden Vorschriften in verschiedenen Mitgliedstaaten entscheidende Bedeutung zukommt. Wie bereits die Kommission hat auch der Ausschuß für die Rechte der Frau in seinem Vorschlag und bei der Vorbereitung des vorliegenden Berichts die Rechtsprechung des Gerichtshofs sehr gründlich geprüft. Die von uns vorgeschlagenen Änderungen haben zum Ziel, die juristischen Elemente des Problems durchsichtiger und expliziter zu machen, denn es handelt sich um eine technische Richtlinie, welche unter juristischen Gesichtspunkten äußerst genau und klar sein muß. Insbesondere führt die Änderung von Artikel 2 zur Klärung des Konzepts der mittelbaren Diskriminierung, welches von einigen nationalen Gerichten noch nicht voll und ganz anerkannt wird. Ich erinnere daran, daß lediglich in drei Mitgliedstaaten - in Italien, dem Vereinigten Königreich und in Irland - eine Definition der indirekten Diskriminierung in der nationalen Gesetzgebung existiert. Die von uns vorgelegten Änderungsvorschläge beziehen s Frau Präsidentin, mit diesem spezifischen Vorschlag haben verschiedene Mitglieder des Parlaments zahlreiche Stunden verbracht. Ich habe mich ursprünglich im Namen des Ausschusses für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik damit befaßt, anschließend als Mitglied des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte, und dann habe ich noch an einer eher symbolischen Abstimmung im Ausschuß für die Rechte der Frau teilgenommen. Ich muß jetzt also genau darauf achten, daß ich hier als Berichterstatter des Wirtschaftsausschusses spreche. Ich werde deshalb nicht wie sonst üblich in diesem Thema schwelgen, sondern Ihnen lediglich die Ansichten des Wirtschaftsausschusses mitteilen. Tatsache ist, daß der Ausschuß für die Rechte der Frau die Änderungsanträge des Wirtschaftsausschusses weitgehend ignoriert hat. Ich kann nicht behaupten, daß mir das sehr zu schaffen macht, das könnte jedoch bei anderen Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses durchaus der Fall sein. Insbesondere betrifft dies einen Änderungsantrag, den meine Kollegen im Wirtschaftsausschuß angenommen haben. Es geht um den Änderungsantrag zu Artikel 6, der lautet: " Auf der Ebene der Europäischen Union wird ein Fonds eingerichtet, der es natürlichen Personen ermöglicht, Musterfälle vor ihre innerstaatlichen Gerichte zu bringen, um die Durchsetzung und Umsetzung dieser Richtlinie klären zu lassen." Und es geht in diesem Änderungsantrag weiter: " Dieser Fonds wird finanziert aus Mitteln des vierten mittelfristigen Aktionsprogramms der Gemeinschaft für die Chancengleichheit von Frauen und Männern (1996 bis 2000)." Der Ausschuß für die Rechte der Frau lehnte diesen Änderungsantrag ab. Ich haben den Ausschuß dazu beglückwünscht, denn wäre dieser Änderungsantrag angenommen worden, dann hätte er in der Kommission und mehr noch in den Mitgliedstaaten zu großer Besorgnis geführt. Wir haben natürlich noch nicht endgültig beschlossen, wie wir auf diesen spezifischen Vorschlag reagieren werden, es würde mich jedoch sehr interessieren - wenn ich kurz meine Rolle als Berichterstatter des Wirtschaftsausschusses ablegen darf -, ob der Herr Kommissar Gelegenheit hatte, die Stellungnahme des Juristischen Dienstes des Parlaments vom 19. März 1997 zu lesen, wonach u.a. darauf hingewiesen wird, daß bei Annahme dieses Vorschlags das in Großbritannien das geltende Recht für Frauen viel vorteilhafter ist, als es dann jene Rechtsvorschriften wären, die fortan in den 14 Mitgliedstaaten gültig wären. Ich bitte den Herrn Kommissar um eine Erklärung zur Stellungnahme des Juristischen Dienstes des Parlaments. Frau Präsidentin, gestatten Sie mir zu Beginn eine Überlegung allgemeiner Art: bei der Ausarbeitung von gemeinschaftlichen Rechtsakten haben sowohl die Initiative der Kommission als auch die Handlungen dieses Parlaments letztendlich einen politischen Charakter. Da wir aber die gesetzgeberische Funktion ausüben, die uns von den Verträgen übertragen wurde, müssen wir auch die uns darin gesetzten Grenzen sowie die Grundsätze respektieren, die die Technik eines guten Gesetzgebers auszeichnen. Auf diese Art und Weise werden wir legitime, klare und wirksame gemeinschaftliche Normen aufstellen. Im Rahmen dieser Überlegung halte ich die Initiative der Kommission für grundsätzlich gelungen und mit den Verträgen gut vereinbar, und ich bin der Meinung, daß in dieser ersten Lesung das politische Ziel über den Fragen technisch-juristischer Art stehen sollte. Aus technisch-juristischer Sicht gibt der vorliegende Richtlinienvorschlag allerdings Anlaß zu einigen Bedenken und auch -sagen wir es ohne Umschweife- Kritik, vor allem bezüglich der Konstruktion der Beweislast, den undurchsichtigen Entscheidungen des Artikels 4 sowie den Verfahrensgrundsätzen des Artikels 5. Die Beweislast der Klägerin wird in einer Art und Weise festgelegt, die nicht nur juristisch absolut ungewöhnlich, sondern auch -und das ist das Schlimmste- in höchstem Maße unpräzise ist. So sollen Tatsachen nicht vor Gericht bewiesen, sondern vorgebracht werden. Das ist wahrscheinlich ein Übersetzungsfehler im Spanischen, denn entscheidend ist im Bereich des Verfahrens nicht, daß sie vorgebracht, sondern daß sie bewiesen werden. Und nach dem Text der Kommission wären die zu beweisenden Tatsachen solche, die -ich zitiere- "auf den Anschein einer geschlechtsbedingten Diskriminierung schließen lassen" . Es müssen also eine oder mehrere solcher Tatsachen nachgewiesen werden, auf die sich eine Diskriminierungsvermutung stützen könnte. Dieses Verfahren wirft technische und praktische Probleme auf: technisch ist es problematisch, weil die Anwendung irgendeiner Regelung zur Beweislast, die ja gerade das Ziel hat, Unklarheiten zu beseitigen, eigentlich nicht mehr notwendig wäre, wenn sich der Vorwurf der Diskriminierung auf eine Vermutung stützen kann. Die praktischen Probleme ergeben sich aus dem Mangel an Klarheit bei den betreffenden Entscheidungen, dessen Beweis ausreicht, um den Verdacht einer Diskriminierung zu begründen. Auch bezüglich der Beweislast seitens des Beklagten ist der vorliegende Ansatz unpräzise. Und genau die soeben angeführten Argumente legen nahe, daß die spezielle Regelung im Falle der undurchsichtigen Systeme oder Entscheidungen nicht für die Beweislast des Beklagten, sondern für diejenige der Klägerin gelten sollte, um die Beweiserhebung zu erleichtern, und genau um dieses Problem geht es. Zur Lösung dieser Probleme wurden die Änderungen 21 und 22 vorgelegt. Was Artikel 5 angeht, so teile ich zwar den politischen Ansatz, halte ihn aber in technisch-juristischer Sicht für bedenklich. Es erscheint mir nämlich mehr als fraglich, ob die hier gewählte rechtliche Grundlage wirklich solide genug ist für die vorgesehenen Maßnahmen, zumal sie ebenso voluntaristisch wie unkonkret ist. Frau Präsidentin, Herr Kommissar, ich möchte mit der gleichen Bemerkung schließen, mit der ich begonnen habe: ich bin für ein positives Votum über diesen Bericht in seiner Gesamtheit -einschließlich des von mir kritisierten Artikels 5-, weil, wie ich zu Beginn gesagt habe, bei dieser ersten Lesung die politische Positionierung des Parlaments wichtiger ist als die von mir dargelegten technisch-juristischen Erwägungen, die wir jedoch nicht unberücksichtigt lassen sollten. Frau Präsidentin! Ich möchte zunächst der Berichterstatterin, die ja auch Mitglied des Ausschusses für soziale Angelegenheiten und Beschäftigung ist, für einen ausgezeichneten Bericht danken, und dafür, daß sie sehr viele - wenn auch nicht alle - der Vorschläge berücksichtigt hat, die von diesem Ausschuß gekommen sind. Ich möchte zunächst sagen, daß es eine wichtige Richtlinie ist. Wichtig zum einen, wenn man bedenkt, daß es zwar eine gute Rechtsprechung gibt, daß man sich aber nicht in allen Mitgliedsländern an diese Rechtsprechung hält. Zum zweiten ist es wichtig, damit wir endlich eine Definition für indirekte Diskriminierung bekommen. Nachdem ich jetzt die positiven Seiten betont habe - denn der Ausschuß ist sehr positiv -, möchte ich trotzdem noch zwei Dinge erwähnen, gegen die ich Vorbehalte habe. Die eine Sache ist Änderungsvorschlag Nr. 18 Absatz zwei, wo gesagt wird, daß man bestimmte Arten der Berufstätigkeit ausschließen will. Das halte ich nicht für gut. Das läßt Raum für Interpretationen, die sehr gefährlich sind. Es kann auf beide Geschlechter zutreffen, daß man z. B. sagt, daß Frauen nicht Polizistinnen sein können und Männer nicht Kinderpfleger. Ich kann mir denken, daß bestimmte Mitgliedsländern eine solche Passage auf diese Weise auslegen werden. Der zweite Teil, den ich aufgreifen möchte, ist Artikel 4.1 c, über den wir im Sozialausschuß nicht diskutiert haben, sondern den wir als selbstverständlich angesehen haben. Ich weiß, daß es im Rat eine Debatte gab, und daß eine Mehrheit der Länder diesen Punkt streichen wollte, während andere ihn bestehen lassen wollten. Wenn man 4.1 c entfernt, beschneidet man die Möglichkeiten des Diskriminierten, d. h. man verschlechtert die Möglichkeiten des Klägers, da in diesem Punkt ja steht, daß der Kläger nicht beweisen muß, daß der Beklagte einen Fehler begangen hat. Wenn Punkt 4.1 c gestrichen wird, muß der Kläger folglich beweisen, daß ein Fehler vorliegt, was es für die diskriminierte Partei schwieriger macht. Ich halte das für unglücklich. Das Parlament ist normalerweise progressiv und schließt sich den progressiven Ländern an. In diesem Fall jedoch war die Kommission progressiver als das Parlament. Ich finde also, daß genau dies unglücklich ist. Ansonsten finde ich, daß es ein ausgezeichneter Vorschlag ist. Frau Präsidentin! Der Fortschritt ist mal wieder eine Schnecke, und wir können bei diesem vorliegenden Richtlinienentwurf hoffentlich damit rechnen, daß die Schnecke doch vorankommt. Artikel 119 schreibt ja schon seit vielen Jahren die Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen vor: Trotzdem bleibt ein Geschlecht permanent diskriminiert. Es sind, wie der Zufall es so will, die Frauen. Sie verdienen immer noch durchschnittlich 30 % weniger, und wie wir beim letzten Gerichtsverfahren des EuGH mit dem Fall Kalanke sehen konnten, gibt es bei Fragen der positiven Diskriminierung große Unterschiede. Die Beweislast ist ein entscheidender Punkt, daß Frauen im beruflichen Leben besser vertreten werden. Wir Sozialdemokratinnen und auch die sozialdemokratischen Männer streiten deswegen schon seit langer Zeit für eine Richtlinie zur Umkehr der Beweislast bei geschlechtsbedingter Diskriminierung. Immerhin hat die Kommission mit dem jetzt vorliegenden Entwurf ein wichtiges Etappenziel vorgegeben. Für uns Sozialdemokraten ist diese Richtlinie ein weiterer Schritt zum sozialen Europa. Jetzt muß sich der Rat bewegen und darf nicht weiterhin diese zögerliche Haltung einnehmen. Wir wollen, daß der Bericht von Frau Ghilardotti, der ich auch im Namen meiner Fraktion sehr herzlich gratulieren darf, dazu führt, daß die Arbeitnehmerinnen ihre Rechte besser durchsetzen können, daß sie bei der Einstellung, Beförderung und Entlohnung einen besseren Rechtsstatus bekommen. Ich bitte einige Christdemokraten, und vor allen Dingen auch die Arbeitgeberverbände, die hier noch versuchen, Abstriche zu machen, ihre Haltung nochmals zu überdenken. Die Aspekte, die Frau Ghilardotti vorgestellt hat, also strengstmögliche Definition von mittelbarer und unmittelbarer Diskriminierung, die Verschiebung der Beweislast hin zu dem Arbeitgeber oder eine Aufteilung zwischen Klägerin und Arbeitgeber, die ja eine Kernaussage von Artikel 4 der Richtlinie sind, und auch die Verfahren in Artikel 5, sollten wir morgen mit möglichst großer Mehrheit bestätigen. Ich denke, wir können damit das Vertrauen, das die Wählerinnen in uns, in das Europäische Parlament, setzen, großenteils zurückgewinnen. Und ich hoffe, daß es eine große Zustimmung zu diesem Bericht gibt. (Beifall ) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, zu der Frage, ob eine Umkehr oder Änderung der Beweislast zu einer korrekteren Anwendung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft im Bereich der Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Mann und Frau beitragen kann, ist in dieser Gemeinschaft in den vergangenen zehn Jahren schon sehr viel geschrieben worden. Die einen verlangen lautstark die Umkehr der Beweislast, die anderen meinen, dies sei kein Rezept für ein Ende der direkten und indirekten Diskriminierung, der vor allem Arbeiterinnen weiterhin ausgeliefert sind, und dies trotz der Förderung der Chancengleichheit für Frauen und Männer, die seit zwanzig Jahren ein wichtiger Bestandteil der Politik der europäischen Gemeinschaft ist. Wieder andere warnen gar vor der Annahme einer Richtlinie der Gemeinschaft, die die Arbeitgeber davon abhalten könnte, aktiv Maßnahmen zur Beschäftigung von Frauen, insbesondere in der Politik, zu ergreifen, und die eine immense Zunahme an Gerichtsprozessen bedeuten könnte, ohne daß diese unbedingt begründet wären und wo man jeweils handeln müßte, ohne zu unterscheiden zwischen Fällen, in denen Personen wirklich Opfer einer Diskriminierung werden, die wir alle verurteilen, und Fällen, in denen Personen einfach nur mit einer sie betreffenden Entscheidung unzufrieden sind und die angeblich gegen sie gerichtete Diskriminierung nur benutzen, um ihren Willen durchzusetzen. Letztere befürchten auch, daß allzu strenge Regeln, wie die Umkehr der Beweislast etwa, die Arbeitgeber zwingen, Akten zu ihrer eigenen Verteidigung anzulegen, in denen der kleinste Fehler einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters aus dem geringfügigsten Anlaß verzeichnet wird, um im Fall einer angeblichen Diskriminierung beweisen zu können, daß sie nicht gegen das Prinzip der Gleichbehandlung verstoßen haben. Die Annahme des Berichts im Ausschuß für die Rechte der Frau erfolgte unter normalerweise unannehmbaren Bedingungen, ohne die überstürzt angenommenen Texte der Stellungnahmen und sogar ohne die Übersetzung in die offiziellen Sprachen. Zudem wissen wir, daß der Rat den Text des Vorschlags der Kommission bereits zerstückelt hat, indem er zum Beispiel schlicht und einfach Artikel 5 über die nationalen Rechtsverfahren gestrichen hat, der, nach meiner bescheidenen Meinung, auch tatsächlich nichts in einer Richtlinie der Gemeinschaft zu suchen hatte. Auch in der Frage des Geltungsbereichs hat der Rat bereits den Verweis auf die Richtlinie über die Gleichbehandlung innerhalb der Systeme sozialer Sicherheit abgelehnt. Angesichts all dessen möchte ich den zuständigen Kommissar bitten, uns seinen Standpunkt zu den verschiedenen Änderungsanträgen, die in dem Bericht des Ausschusses für die Rechte der Frau vorgeschlagen werden, mitzuteilen. Beim Änderungsantrag 8 zu Artikel 2 beispielsweise würde mich interessieren, Herr Kommissar, wer festlegen wollte, daß keine Diskriminierung vorliegt, wenn es sich um ein wesentliches Ziel der Sozialpolitik eines Mitgliedstaates handelt, da doch die wesentlichen Ziele der einzelnen Mitgliedstaaten stark voneinander abweichen, und ob Sie der Meinung sind, daß dies durchaus geschehen kann oder ob wir nur der Ehre halber für einen solchen Text gekämpft haben? Teilen Sie uns bitte auch mit, ob Sie davon überzeugt sind, daß Ihr Artikel 5 zu den nationalen Rechtsverfahren über eine juristische Grundlage im Vertrag verfügt, während bedeutende Juristen dieses Parlaments und außerhalb - wozu ich selbst nicht zähle - der Ansicht sind, daß die interne Rechtsordnung der Mitgliedstaaten zur dritten Säule gehöre. Herr Kommissar, sagen Sie uns bitte klar und deutlich Ihre Meinung über die verschiedenen Änderungsanträge, damit wir in voller Kenntnis der Sachlage darüber abstimmen können. Wie Frau Ghilardotti in ihrem vorzüglichen Bericht bereits sagte, gibt es zwar eine umfangreiche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie sechs Gleichbehandlungsrichtlinien. Die Praxis zeigt jedoch, wie schwierig - und oft sogar unmöglich - der Nachweis einer gesetzeswidrigen Diskriminierung ist. Der Arbeitgeber als Beklagter verfügt über die entsprechenden Informationen und Beweismittel, die er jedoch häufig nicht preiszugeben braucht, und der nationale Richter tut sich vielfach schwer, den Begriff der mittelbaren Diskriminierung zu verstehen und anzuwenden. Daher unterstützt die Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas die Richtlinie, durch die die Beweislast auf beide Parteien verteilt und der Begriff "unmittelbare Diskriminierung" klar definiert wird. Auf dem Papier stehende Rechte werden zu konkreten Rechten. Wie die Berichterstatterin sagte, war ich bereits 1988 Ihre Berichterstatterin zu dem ersten Richtlinienvorschlag, der durch das Vereinigte Königreich systematisch blockiert wurde, wie es auch jetzt noch der Fall ist. Für mich ist dies unverständlich, denn kein einziger korrekter Unternehmer braucht diese Rechtsvorschrift zu fürchten. Jeder, der ein gutes Gewissen besitzt, kann damit bestens zurechtkommen. Durch diese Rechtsvorschrift - und das sage ich auch gegenüber Frau Lulling - werden keine neuen Verpflichtungen für Unternehmen geschaffen, es ergeben sich für sie daraus keine direkten Folgen, und keine Frau, Frau Lulling, wird, wenn ihr Unrecht angetan wird, nur zum Spaß vor Gericht gehen. Durch die Richtlinie wird die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs konsolidiert und sichergestellt, daß diese Rechtsprechung konsequent angewandt wird. Wer kann nun dagegen etwas einzuwenden haben, außer Herr Bryan Cassidy? Die Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas hofft sehnlichst, daß sich nach den Wahlen im Vereinigten Königreich am 1. Mai die neue britische Regierung der Richtlinie nachträglich anschließen wird. Auch die Frauen im Vereinigten Königreich haben Anspruch darauf, gleichbehandelt zu werden wie alle übrigen europäischen Bürger. Abschließend nochmals ein Lob für Frau Ghilardotti, aber auch für die niederländische Präsidentschaft, die sehr darum bemüht ist, daß die Richtlinie am 17. Juni verabschiedet wird, damit sie zum 1. Januar 2000 in Kraft treten kann und für die Frauen in der Europäischen Union somit eine bessere Chance besteht, daß die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zu Gleichbehandlung korrekt angewandt und eingehalten werden. Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, ich beglückwünsche Frau Ghilardotti zu ihrem Bericht, den unsere Fraktion ebenso wie die Änderungen des Ausschusses für die Recht der Frau befürworten wird. Wir halten diese Richtlinie für notwendig, um dem Gleichheitsprinzip Geltung zu verschaffen, das in diesem ausgehenden Jahrhundert so schwer durchzusetzen ist. So wird es auch nicht hinreichend durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs gewährleistet, wie auch die Vertreter der Gewerkschaften wiederholt geäußert haben. Der vorliegende Richtlinienvorschlag enthält sehr positive Elemente: die Notwendigkeit einer Definition von mittelbarer Diskriminierung, die Vereinbarkeit der Anwendung der Richtlinie mit der Durchführung positiver Aktionen oder Maßnahmen zum Schutz der Frau, ihre Durchführung bis zum Jahr 2000 sowie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Kommission im Abstand von drei Jahren über die Durchführung der Richtlinie zu informieren. Aus den genannten Gründen hoffe ich wirklich, daß das Parlament diese Richtlinie verabschiedet und daß wir nicht weitere acht Jahre auf den nächsten Vorschlag warten müssen. Ich hoffe auch, daß diese Themen in Zukunft, nach der Revision des Vertrags, endlich mehrheitlich und nicht einstimmig verabschiedet werden können. Frau Präsidentin, auch ich begrüße den Vorschlag der Kommission für eine Verlagerung der Beweislast, die bei Fällen der Diskriminierung in vierzehn Mitgliedstaaten gilt. Der Europäische Gerichtshof hat in den letzten Jahren bei seinen Urteilen einen klaren und eindeutigen Standpunkt vertreten, und der vorliegende Vorschlag ist eigentlich nur eine logische Konsequenz dieser Urteile des Europäischen Gerichtshofs. Der Ausschuß für die Rechte der Frau hat diesen Vorschlag mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs, die übrigens auch für das Vereinigte Königreich gilt - und ich bin erfreut, daß Herr Cassidy dies nach all den Bemühungen während der zahlreichen Ausschußsitzungen ebenfalls begriffen hat - noch besser in Einklang gebracht. Frau Ghilardotti hat in der Tat eine vorzügliche Arbeit geleistet. Das Problem liegt daher auf der Seite des Rates, denn zwar hat die niederländische Präsidentschaft ihr Bestes getan, um diese Richtlinie rasch durch den Rat zu bringen, was jedoch noch nicht gelungen ist. Ich würde es daher begrüßen, wenn Kommissar Flynn uns über den genauen Stand der Beratungen im Rat informieren würde. Wie es aussieht, möchte der Rat diesen Vorschlag seiner Substanz völlig berauben und er möchte weder die Richtlinie über die soziale Sicherheit noch über Formen einer mittelbaren Diskriminierung in den Rahmen der vorliegenden Richtlinie einbeziehen. Das ist nicht nur für die Politik der Gleichbehandlung schlecht, sondern auch dem Image der Europäischen Union abträglich, und ferner steht dies im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs; ich hoffe daher, daß die Kommission und das Parlament heute und morgen eine solche Absicht durch gemeinsames Vorgehen verhüten werden. Frau Präsidentin! Lassen Sie mich zunächst der Kommission dazu gratulieren, daß sie diesen Richtlinienvorschlag ausgearbeitet hat. Dieser war wirklich dringend erforderlich, damit vielfach praktizierte Ungerechtigkeiten aus der Welt geschafft werden können, die sich konkret nicht nachweisen ließen, obwohl alle davon wußten. Ich möchte außerdem unsere Kollegin Fiorella Ghilardotti zu der hervorragenden Arbeit beglückwünschen, die sie zu einem juristisch so schwierigen Thema geleistet hat. Sie dürfte für all jene, die ungerecht behandelt werden, ohne dagegen angehen zu können - und dies sind vor allem Frauen - von besonderem Nutzen sein. Dieser Richtlinienvorschlag ist von großer Bedeutung für ein Land wie meines, wo seit langem für entsprechende Rechtsvorschriften gekämpft wird, ohne daß diese sich bislang hätten erreichen lassen. Daß das Europäische Parlament diesen Bericht verabschiedet hat, kann für die künftige Entwicklung dieser Situation entscheidend sein - erstens, weil das portugiesische Parlament daraufhin bereits die Verabschiedung ähnlicher Rechtsvorschriften beschlossen hat, und zweitens, weil der Rat für soziale Angelegenheiten die neuen Vorschläge akzeptieren wird und diese somit in die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften aufgenommen werden müssen. Die Verteilung der Beweislast ist ein Grundsatz elementarer Gerechtigkeit, weil sie der normalerweise schwächeren, von ungerechten und ungerechtfertigten Entscheidungen stärker betroffenen Seite die Möglichkeit einräumt, sehr viel weiter gehende Beweismittel zu nutzen. Vor dem Hintergrund des hier zur Diskussion stehenden Richtlinienvorschlages und der Änderungsanträge dazu wird auch der Arbeitgeberseite die Verpflichtung erwachsen, zu beweisen, daß sie keine geschlechtsbedingte Diskriminierung betreibt. Situationen, in denen Frauen in Unternehmen für jeden erkennbar deutlich unterrepräsentiert sind - wie etwa in Portugal bei der Banco Comercial Portugues, deren Verwaltung behauptet, sie suche sich ihre Angestellten nicht nach dem Geschlecht aus, wo aber der Frauenanteil achtmal geringer ist als im Durchschnitt aller portugiesischen Banken -, werden nun nicht mehr eintreten können, weil fortan auch die Arbeitgeberseite in die Pflicht genommen wird, ihr Handeln zu rechtfertigen. Die Einbeziehung der indirekten Diskriminierung und ihre eindeutige Definition sowie die Möglichkeit, den Diskriminierten die erforderlichen Informationen zugänglich zu machen, damit diese sich verteidigen und ihre Rechte und die Kontrolle geltend machen können, die die Kommission und das Europäische Parlament in entsprechenden Situationen ausüben werden, werden diese Richtlinie zu einem der großen Instrumente machen, mit denen die Gleichstellung in die Tat umgesetzt werden soll. Deswegen werde ich sehr gerne für diesen Bericht stimmen. Frau Präsidentin, schon seit zwanzig Jahren wird von dem Europa der Gemeinschaft der Kampf für die Frauen geführt, d. h. also, daß jeder, in welchem Mitgliedstaat er auch immer wohnt, weiß, daß Europa Vorkämpferin der Gleichberechtigung und der Chancengleichheit für Männer und Frauen ist. Viele Frauen waren Nutznießerin dieses Kampfes. Zu recht, Frau Präsidentin! Auf dem Arbeitsmarkt besteht für Frauen heute noch eine Reihe von Benachteiligungen. Gegen solche Benachteiligungen muß häufig sehr mühsam gekämpft werden, sei es gegenüber den Arbeitnehmern, sei es sogar gegenüber der eigenen Regierung. Ich muß Ihnen sagen, daß ich seinerzeit in der Zweiten Kammer als Mitglied einer Regierungspartei sämtlichen Frauen dieser Regierungspartei, der Oppositionsparteien sowie den Frauen in der Gewerkschaftsbewegung behilflich war, eine Reihe von Prozessen, die auch hier genannt wurden, beim Europäischen Gerichtshof zu einem guten Abschluß zu bringen. Das bedeutet, daß es für die EVP-Fraktion - wir haben eingehend darüber beraten - völlig außer Diskussion steht, daß die Richtlinie von 1979 von dem Anwendungsbereich der vorliegenden Richtlinie ausgenommen wird. Damit würde sie nämlich ihrer Substanz beraubt. Sie können sich - und ich sage das auch gegenüber den Kolleginnen und Kollegen - dessen sicher sein, daß der jetzt vorliegende Vorschlag auf jeden Fall bei der Endabstimmung auch von der EVP-Fraktion unterstützt wird, und zwar nicht nur von mir, sondern auch von anderen Kolleginnen und Kollegen, wie Frau Palacio, die den Vorschlag unter juristischen Gesichtspunkten untersucht und auch einige Fragen dazu formuliert hat. Sie hat auch bereits darüber gesprochen, und es werden noch weitere Kolleginnen und Kollegen folgen. Wir haben Fragen zur Artikel 4, aber auch zu Artikel 5 - nicht Artikel 5a, sondern 5b. Was von kleinen Arbeitgebern hier gefordert wird, ist sehr schwierig. Als Europaabgeordnete sind wir auch alle kleine Arbeitgeber. Solche Nachweise, wie sie in diesem Artikel beschrieben sind, tatsächlich zu erbringen, ist keine einfache Sache. Daher möchte ich von der Kommission über den Stand der Beratungen im Rat informiert werden. Bin ich richtig informiert, daß unter Leitung der niederländischen Präsidentschaft kein einziger Mitgliedstaat Artikel 5 in diesem Punkt akzeptieren möchte? Was würde geschehen, wenn für Artikel 5b eine Alternative formuliert wird? Ich stelle eine solche Frage in aller Öffentlichkeit. Obwohl es möglich ist, daß wir - auch aufgrund der heute geführten Aussprache - bei der morgigen Endabstimmung eventuell anders stimmen werden, was Artikel 5b betrifft, so kann die vorliegende Richtlinie, durch die die Lage von Männern und Frauen in der Europäischen Gesellschaft verbessert wird, auch mit der Unterstützung der EVP-Fraktion rechnen. Frau Präsidentin, liebe Kollegen, der Bericht der Kollegin Ghilardotti enthält in der Tat eine umfassende und gründliche Darstellung des Problems, und man wird schwerlich noch etwas Wesentliches hinzufügen können, vor allem nach den wichtigen Gedanken, die hier auch von den Kollegen anderer Fraktionen geäußert worden sind. Ich möchte jedoch noch einmal zwei Punkte hervorheben, die für mich außerhalb jeder Diskussion stehen. Das ist erstens die Transparenz und zweitens der Zugang zu Informationsmöglichkeiten. Daß es in allen Ländern der Europäischen Union mittelbare Formen der Diskriminierung gibt, ist eine banale Feststellung. Es ist jedoch schwierig, diese mittelbare Diskriminierung, die sich gewöhnlich gegen Frauen richtet, zu beweisen. Unser Ziel ist die Beseitigung jeder Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, vor allem im beruflichen und im Versicherungsbereich. Ich begrüße voll und ganz den Vorschlag der Berichterstatterin, daß die Mitgliedstaaten bis zum 1. Januar 2000 der vorliegenden Richtlinie nachkommen müssen. Um spürbare Ergebnisse zu erzielen, ist außerdem eine ständige Kontrolle der Anwendung der betreffenden Richtlinie notwendig. Wir brauchen Transparenz im Hinblick auf alle Bürger, besonders aber die Frauen, und alle gesellschaftlichen Gruppen bei den Entscheidungen und Maßnahmen, die diese direkt und konkret betreffen, also bezüglich der Einstellungsmodalitäten, der Entlassungsgründe, der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zur Mutterschaft usw. Besonders akut sind nämlich die Probleme auf Grund fehlender Transparenz. Davon ausgehend ergeben sich noch andere Probleme, wie beispielsweise das Fehlen von Zeugen oder die fehlende Bereitschaft, als Zeuge aufzutreten, das Fehlen der notwendigen Beweismittel wie vom Arbeitgeber zurückgehaltene Schriftstücke, so daß es oft sogar dazu kommt, daß Anwälte die Situation ausnutzen, weil die Klägerin nicht ausreichend über ihre Rechte informiert ist und letztlich einem Kompromiß nur zustimmt, um ihre Arbeit nicht zu verlieren, was ein weiterer offensichtlicher Verstoß gegen die Persönlichkeits- und Menschenrechte ist. Abschließend möchte ich betonen, daß die bereits existierenden positiven Aktionen unbedingt beibehalten werden müssen. Ich danke Ihnen und erwarte die Antwort des Kommissars. Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Eine Richtlinie zur Beweislast bei geschlechtsbedingter Diskriminierung ist von vielen Frauenverbänden und Einzelpersonen sehr begrüßt und schon lange erwartet worden. Bisher mußte der Europäische Gerichtshof in Einzelfallentscheidungen durch das juristische Mittel der Rechtsprechung eine Lücke schließen, die nun durch eine Richtlinie ganz klar eine Verbesserung der Beweislast bei geschlechtsbedingter Diskriminierung bringen kann. Klare Rechtsgrundlagen, die verbindlich in allen Mitgliedsländern gleichermaßen gelten, gerade auf dem Gebiet der Benachteiligung bestimmter Personen, begrüße ich außerordentlich. Bisher haben wir überall sehr unterschiedliche einzelstaatliche Regelungen. Wir haben es hier also nicht mit einer politischen Resolution zu tun, sondern greifen tief in die Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedsländer ein. Möglicherweise kann Frauen der Weg zum Gericht in Fällen von Diskriminierung und Chancenlosigkeit erleichtert werden. Ich hoffe, wir können mit dieser Richtlinie den Frauen wirklich helfen und verstärken nicht noch die Bedenken und Zweifel, Frauen einzustellen oder zu befördern. Außerdem hat der Bericht einige Punkte, die meine Zweifel an der Umsetzbarkeit stärken. Ich beziehe mich hier insbesondere auf den Artikel 5 sowie die Änderungsanträge 15 und 16. Und nun eine Bemerkung zum Verfahren. Wir haben an dem Vorschlag der Kommission gearbeitet, wie es vorgeschrieben ist. Der Rat hat nach unseren Informationen die Textgrundlage längst verändert, so daß wir möglicherweise etwas fordern, was gar nicht mehr Gegenstand der Diskussion ist. Leider ist es nicht gelungen, die Arbeit im Ausschuß zu stoppen und die Neuvorlage der aktuellen Fassung zu verlangen. Ich hoffe, Frau Präsidentin, daß in Zukunft die Arbeit von Rat, Kommission und Europäischem Parlament besser und effektiver koordiniert werden kann. (Beifall ) Frau Präsidentin! Der Richtlinienvorschlag zur Umkehr der Beweislast bei geschlechtsbedingter Diskriminierung ist schon seit zehn Jahren in der Diskussion. Ich hoffe, daß wir jetzt zum guten Ende kommen und diese Richtlinie verabschiedet wird. Gerade aus der Praxis als Personalrätin, die sehr oft mit diesen Problemen konfrontiert wurde, ob es nun um Einstellungen, Beförderungen oder Entlohnungen ging, weiß ich, wie schwierig es für die Betroffenen ist, dies zu beweisen, weiß ich, daß sie Forderungen deshalb nicht durchsetzen konnten, weil sie Frauen waren. Die Frauen, die vor Gericht gegangen sind, brauchten sehr viel Kraft und Zeit, um die einschlägigen Beweise vorlegen zu können, und waren meistens in diesen Prozessen unterlegen. Denn die Arbeitgeber, auch die sogenannten "kleinen" Arbeitgeber, haben nun einmal eine bessere Ausgangsposition. Sie brauchten bis jetzt nicht groß Buch darüber zu führen, daß sie diskriminiert haben. Deshalb hoffe ich auch, daß die Verschiebung der Beweislast weg von der Klägerin hin zu dem Beklagten hier im Parlament mit großer Mehrheit angenommen wird. Dies wäre ein großer Schritt in Richtung Gleichbehandlung von Frauen und Männern innerhalb der Europäischen Union. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kommissar! Die Gleichheit zwischen Mann und Frau steht oft nur auf dem Papier und findet in der Realität viel zu wenig statt. Gleicher Zugang zu Beschäftigung, Bildung und Aufstieg, gleichwertiges Entgelt und gleichartige betriebliche Systeme sozialer Sicherheit wurden bereits in europäischen Richtlinien festgelegt. Der Nachweis einer geschlechtsbedingten Diskriminierung jedoch ist unzureichend geregelt. Der Fortschritt wird nur dann mehr sein als eine Schnecke - ich greife hier das Beispiel der Kollegin Gröner gern auf -, wenn die Betroffenen eine Diskriminierung nicht mehr nachweisen müssen. Vielmehr haben die Beklagten den Nachweis zu erbringen, daß sie den Gleichheitsgrundsatz befolgt haben. Die Sicherung der Beweislast ist in den Mitgliedstaaten nach wie vor uneinheitlich. Gemeinsame Regelungen sind dahingehend zu vereinbaren, daß sowohl die mittelbare als auch die unmittelbare Diskriminierung einbezogen werden. Die Beratungen des Berichts Ghilardotti waren im Ausschuß für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und im Ausschuß für die Rechte der Frau - beiden gehöre ich an - alles andere als einfach. Unklar war und ist der Sachstand, daß der Rat offenbar längst völlig neue Vorschläge diskutiert. Ich möchte die Kollegin Glase dabei absolut unterstützen und die Frage an den Kommissar stellen, was denn nun unsere Grundlage dazu ist. Es gibt nach wie vor Probleme. Der Artikel 5 - und ich beziehe mich besonders auf Artikel 5 b - greift weit in nationale Rechtssysteme ein. So notwendig es ist, daß durch Verfahren Sachverhalte transparent werden, so unzulässig ist es, wenn ein Auskunftsanspruch zu einer Ausforschung wird. Die Europäische Volkspartei kann einigen Änderungsanträgen nicht zustimmen. Um einen herauszugreifen: den Antrag Nr. 8; er geht in seiner Definition der mittelbaren Diskriminierung weit über die Rechtsprechung des EuGH hinaus. Im übrigen darf die mittelbare Diskriminierung nicht durch einen angeblichen Bedarf eines Unternehmens gerechtfertigt werden. Mit der Zielsetzung des Berichtes von Fiorella Ghilardotti allerdings sind wir einverstanden. Er soll ein Signal sein für den weiteren Abbau von Diskriminierungen und für mehr Chancengleichheit, speziell im Arbeitsleben. Frau Präsidentin! Im Europa der Frauen ist es noch weit bis zur Gleichstellung. Eine positive Sonderbehandlung von Frauen hat der Europäische Gerichtshof ja verboten. Frauen in Europa werden am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft insgesamt diskriminiert. Frauen haben niedrigere Löhne als Männer, haben es schwerer, Führungspositionen zu erreichen und werden nicht so leicht befördert. Außerdem fällt es uns schwer, und darauf haben viele heute abend hingewiesen, dies zu beweisen, daß wir also tatsächlich geschlechtlicher Diskriminierung im Alltag und in der Politik ausgesetzt sind. Besonders schwer fällt es uns jedoch, dies für den Arbeitsplatz nachzuweisen. Deshalb möchte ich Ghilardotti danken und ihr auch zu dem Bericht gratulieren, da dieser Bericht es uns erlaubt, bessere Maßnahmen zu ergreifen. Es war fast immer Sache des Diskriminierten, eine falsche Behandlung nachzuweisen, aber es wäre natürlich gut gewesen, wenn wir etwas weitergehen und, wie wir vorhin gehört haben, den Artikel 4.1 c hätten einbeziehen können. Trotzdem finde ich, daß dieser Bericht sehr gut ist, und ich unterstütze ihn vorbehaltlos. Die Gleichstellung ist natürlich nicht nur eine Frage für uns Frauen und unsere Rechte, sondern ein Problem, das die gesamte Gesellschaft angeht. Geteilte Verantwortung, im Berufsleben wie in der Familie, bedeutet mehr Lebensqualität für Frauen und für Männer. Frau Ahlqvist, ich glaube, Sie waren die einzige, die sich an ihre Redezeit gehalten hat! Alle anderen haben überzogen. Das Wort hat jetzt Kommissar Flynn. , Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin, ich möchte eingangs allen danken, die sich an der Aussprache beteiligt haben. Wie bereits erwähnt hat der Vorschlag, über den Sie abstimmen, eine lange Geschichte hinter sich, obwohl er dem Rat erst im Juni 1996 formell vorgelegt worden ist. Der erste Vorschlag der Kommission zu diesem Thema datiert von 1988 und stützte sich damals auf die Artikel 100 und 235. Seither konnte keine Einigung über diesen Vorschlag erzielt werden, so daß die Kommission ihn zurückzog. Der gegenwärtige Vorschlag beruht daher nun auf der Übereinkunft zur Sozialpolitik, die Anhang des Protokolls Nr. 14 über die Sozialpolitik ist, welches seinerseits Anhang des Vertrages ist, insbesondere von Artikel 22. Das Hauptziel des Vorschlags liegt in der Schaffung einer Richtlinie mit durchgreifenden Bestimmungen für Rechtsprechung des Gerichtshofs und in der Verteilung der Beweislast in Fällen von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Es soll damit eine klarere Rechtsgrundlage für Frauen geschaffen werden, die erlittene Diskriminierungen anfechten möchten. Bevor ich die Intentionen der Kommission hinsichtlich der vorgeschlagenen Änderungen erläutere, möchte ich zwei einleitende Bemerkungen machen. Erstens danke ich Frau Ghilardotti und dem gesamten Ausschuß für die Rechte der Frau sowie all den weiteren beteiligten Ausschüssen für die enorme Arbeit, die in sehr kurzer Zeit geleistet wurde, und für Ihre Unterstützung des Kommissionsvorschlags. Mit großer Freude höre ich, daß davon gesprochen wird, das Sozialprotokoll in den Vertrag einzubeziehen. Sie haben dabei meine volle Unterstützung. Zweitens möchte ich Ihnen heute bestätigen, daß es sich bei dem Vorschlag, der Ihnen zur Prüfung vorlag, um genau den gleichen Vorschlag handelt, der von den Mitgliedstaaten innerhalb des Rates geprüft wurde. Dieser Vorschlag ist nicht überholt, dem Rat liegt kein anderer Text vor. Die Verhandlungen im Rat haben dazu geführt, daß Änderungen einiger Bestimmungen im Kommissionstext erwogen werden. Aber das ist das übliche Verfahren, und wir beabsichtigen, darauf zu drängen, daß verschiedene Ihrer Änderungsvorschläge geprüft werden, bevor es zu einem Gemeinsamen Standpunkt kommt. Dabei möchte ich auch betonen, daß der Gemeinsame Standpunkt nicht beim Rat für soziale Angelegenheiten am 17. April, sondern beim Ratstreffen im Juni beschlossen werden soll. Damit steht also genügend Zeit für die Prüfung Ihrer Änderungsvorschläge zur Verfügung. Lassen Sie mich zu den Änderungsvorschlägen kommen. Ich freue mich sehr, Ihnen mitteilen zu können, daß die Kommission die meisten Änderungsvorschläge zu akzeptieren bereit ist. Diejenigen Änderungen, die von der Kommission nicht akzeptiert werden können, sind zudem von minderer Bedeutung. Frau Lulling hat mich gebeten, die Änderungsanträge durchzugehen, und das tue ich gerne. Änderungsantrag Nr. 1 Er kann nicht akzeptiert werden, weil in der englischen Fassung das Wort "sex" und nicht "gender" in allen anderen Richtlinien und den Urteilen des Gerichtshofes verwendet wird. Die Änderungsanträge 2 und 3 sind nicht akzeptabel, weil die beiden Hinweise, die damit als Erwägungen eingefügt werden sollen, zu weit außerhalb der prozeduralen Zielsetzung liegen, die mit der Richtlinie verfolgt wird, und es keine entsprechende Bestimmung im Wortlaut der Artikel gäbe. Die im Änderungsantrag Nr. 10 vorgeschlagene Streichung ist nicht akzeptabel, obwohl ihre Annahme sehr verlockend gewesen wäre, weil es den Gesetzgeber in der Zukunft automatisch binden würde. Das wäre aber weder rechtlich noch politisch zu akzeptieren. Die Ergänzungen, die Sie in Änderungsantrag Nr. 11 bezüglich Artikel 3 Absatz 1 vorschlagen, können nicht angenommen werden, weil sie offensichtlich Verwirrung in den jetzt klaren Hinweis auf die von der Richtlinie betroffenen Verfahren bringen würden. Änderungsantrag Nr. 13 zu Artikel 4 Absatz 1 kann nicht angenommen werden, weil der Wortlaut im Kommissionstext direkt vom Fallrecht abgeleitet ist, in dem es in dieser Hinsicht nie eine Unterscheidung zwischen mittelbarer und unmittelbarer Diskriminierung gegeben hat. Änderungsantrag Nr. 16 zu Artikel 6 ist nicht akzeptabel, weil damit der Eindruck vermittelt würde, die Liste in diesem Artikel wäre erschöpfend, was nicht der Fall ist. Schließlich kann Änderungsantrag Nr. 18 nicht angenommen werden, weil wir Änderungsantrag Nr. 17 im Grundsatz akzeptieren, dessen Inhalt weitgehend ähnlich ist. Ich würde mir eine Überprüfung der Aussage über positive Maßnahmen in Änderungsantrag Nr. 17 wünschen, aber ich habe keine Probleme damit, den folgenden Grundsatz zu akzeptieren: nämlich daß eine Durchführung der Richtlinie keine Rechtfertigung dafür bedeutet, positive Maßnahmen zu unterlassen. Der revidierte Vorschlag der Kommission wird genau dies wiedergeben. Wie ich bereits erwähnte, ist die Kommission bereit, die meisten der vorgeschlagenen Änderungen zu akzeptieren, insbesondere jene, die auf eine Verstärkung der zentralen Bestimmungen des Vorschlags abzielen. Änderungsantrag Nr. 4 zu Erwägung 10 und Änderungsantrag Nr. 9 zu Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a sind natürlich akzeptabel, da sie den Kommissionstext aktualisieren. Die Richtlinie 96/34 über den Elternurlaub war noch nicht angenommen, als der Vorschlag dem Rat vorgelegt wurde, doch sollte sie nun in die Zielsetzung aufgenommen werden. Ich möchte insbesondere meine Anerkennung für die Änderungsanträge Nr. 5, 6, 7 und 8 zum Ausdruck bringen, deren Ziel darin liegt, die Definition der mittelbaren Diskriminierung zu stärken, was ein Hauptziel unseres Vorschlages ist. Sie stellen nützliche ergänzende Hinweise zu dem Wortlaut dar, der im Fallrecht verwendet wird. Änderungsantrag Nr. 12 betrifft eine weitere zentrale Bestimmung - Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a - und kann zum Teil akzeptiert werden. Der erste Teil ist akzeptabel, insbesondere die Einfügung der Worte "fact oder facts" in der englischen Fassung könnten sich in der Praxis als sehr hilfreich erweisen. Im Gegensatz dazu könnte der letzte Teil des Änderungsantrages Unklarheit in die Bestimmung bringen, weil er die unmittelbaren und bereits bestehenden Diskriminierung zu rechtfertigen scheint. Dieser Teil des Änderungsantrages würde im Vergleich zur gegenwärtigen Rechtsprechung einen Schritt zurück bedeuten. Änderungsantrag Nr. 14 bezieht sich auf Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c und ist im Einklang mit dem Fallrecht, weil er den Hinweis auf die Diskriminierungsabsicht wegläßt. Änderungsantrag Nr. 15 ist sprachlicher Art. Ich habe bereits gesagt, daß ich Änderungsantrag Nr. 17, der einen weniger umfangreichen Hinweis auf positive Maßnahmen als Änderungsantrag Nr. 18 enthält, im Grundsatz akzeptiere, und er kann aus den bereits genannten Gründen angenommen werden. Schließlich können wir die Änderungsanträge Nr. 19 und 20 akzeptieren, die Artikel 8 und das Inkrafttreten der Richtlinie betreffen. Das Datum dafür ist der 1.1.2000 und nicht der 1.1.2001. Weiter wird eine neue Bestimmung eingefügt, mit der ein Bericht über die Anwendung der Richtlinie verlangt wird. Den Wortlaut des letzten Änderungsantrages würde ich gerne leicht verändern; aus praktischen Gründen wäre es hilfreich, die Worte "zwei Jahre" nach Inkrafttreten durch die Angabe "1.1.2002" zu ersetzen. Die zwei spät eingegangenen Änderungsanträge Nr. 21 und 22 zur Formulierung des Wortlauts der Beweislastverteilung bringen keine wirklichen Verbesserungen des Vorschlags mit sich. Sie würden Verwirrung stiften, Richtern in den Mitgliedstaaten würde die Rechtsklage damit unklar erscheinen. Eine große Anzahl von Punkten wurde angesprochen. Ich werde sie kurz durchgehen, denn sie sind recht wichtig. Ich möchte allen für ihre Anmerkungen danken. Sie waren alle wichtig, aber einige verdienen in besonderem Maße eine Antwort. Herr Cassidy sprach Juristischen Dienst des Europäischen Parlaments an. Ich habe das zur Kenntnis genommen. Aber ich möchte Herrn Cassidy sagen, daß darüber aufgrund der Annahme gesprochen wurde, der Vorschlag würde abgeschwächt werden. Es läge nicht in unserer Absicht, den Vorschlag abzuschwächen. Diese besondere Richtlinie wird im Vereinigten Königreich nicht angewandt werden. Es ist für uns alle ein gewisser Trost, daß die innerstaatlichen Verfahren in den Bereichen in Großbritannien, die mit diesem Vorschlag abgedeckt sind, bereits vernünftig und positiv verlaufen. Ich möchte jetzt auf Frau Palacio Vallelersundi eingehen. Wir sind zufrieden, daß unsere Formulierung der Beweislastverteilung klar und korrekt ist. Sie gibt in der Tat das Fallrecht des Gerichtshofs wider. Unser Juristischer Dienst ist durchaus zufrieden angesichts dieses rechtlich orthodoxen Charakters. Frau Lulling sprach insbesondere Änderungsantrag Nr. 8 an. Ich muß ihr sagen, daß es in Ordnung ist, von einem Mitgliedstaat den Nachweis darüber zu verlangen, daß eine Bestimmung im Einklang mit notwendigen Vorgaben seiner Sozialpolitik ist. Ansonsten gäbe es keinen Kontrolle bei Gesetzesrevisionen, auch wenn sie möglicherweise diskriminierend sind. Weiter haben Sie die Frage nach dem Multiplikatoreffekt bei möglichen Streitfällen gestellt. Ich glaube nicht, daß das der Fall ist. Worüber wir hier sprechen, sind fairere Bestimmungen, wenn Fälle vor Gericht kommen. Das Fallrecht besteht ja bereits. Dieser Vorschlag für eine besondere Richtlinie behandelt reine Verfahrensfragen. Frau Van Dijk fragte nach dem Sachstand im Rat. Das war auch von Frau Oomen-Ruijten und Frau Glase erwähnt worden. Wie ich bereits sagte, handelt es sich bei dem einzigen Vorschlag, der dem Rat formell vorliegt, um unseren Vorschlag. Die Angelegenheit kann nicht weitergeführt werden, solange nicht die Stellungnahme des Parlaments in dieser Sache vorliegt. Von Bedeutung ist, daß die Hauptelemente des Kommissionsvorschlags noch in dem Text enthalten sind, der diskutiert wird, und zwar die Verteilung der Beweislast und die Definition mittelbarer Diskriminierung. Frau Oomen-Ruijten und Herrn Thomas möchte ich sagen, daß an Artikel 5 Absatz b nichts falsch ist. Er besagt im Grunde nur, daß die Parteien in einem Rechtsstreit Zugang zu den Informationen haben sollen, die sie benötigen, um ihren Fall zu vertreten. Das ist sicherlich fair. Zur Frage, was innerhalb des Rates vor sich geht: Die Beratungen werden fortgesetzt. Richtig ist - ich sage das zu Frau Van Dijk und ebenso zu Frau Lulling -, daß eine ganze Reihe von Mitgliedstaaten Zweifel hinsichtlich der Aufnahme von Artikel 5 haben. Dennoch sollte meines Erachtens diese Vorschrift in dem revidierten Vorschlag beibehalten werden. Ich wiederhole meinen Dank für all die Arbeit, die geleistet wurde. Sie hat sich als sehr nützlich und fruchtbar erwiesen. Das zeigt sich in der Tatsache, daß die Kommission fast alle Ihrer vorgeschlagenen Änderungsanträge zu Artikel 2 Absatz 2, Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a, welche die drei zentralen Vorschriften der vorgeschlagenen Richtlinie sind, akzeptiert. Wir machen sehr beträchtliche Fortschritte bei diesem Vorschlag. Frau Gröner hat das sehr gut in einem Satz zusammengefaßt. Dafür möchte ich ihr danken. Ich möchte ganz besonders auch Ihnen, Frau Ghilardotti, für die Bemühungen danken, die Sie in dieser Frage unternommen haben. Frau Gröner sagte - und so denke auch ich darüber -, daß Frauen ihre Rechte auf bessere Weise verteidigen können, wenn wir diese Rechtsvorschrift verabschieden. Frau Präsidentin, mir erscheinen die Antworten des Kommissars zufriedenstellend. Dem, was der Kommissar heute abend gesagt hat, nach zu urteilen, hat die Kommission das grundlegende Ziel unserer Arbeit erfaßt: die Stärkung und Klärung der fundamentalen Elemente des vorliegenden Richtlinienvorschlags unter juristischen Gesichtspunkten, das heißt die Definition der Diskriminierung, die Beweislast und die Beibehaltung des Artikels 5, der sich auf die Verfahren bezieht, - die drei Elemente mithin, die den wesentlichen Teil des Vorschlags ausmachen. Ich danke auch allen, die sich an der Debatte beteiligt haben, den Vertretern von Rat und Kommission und allen Kolleginnen und Kollegen, die bis zum Schluß geblieben sind. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. (Die Sitzung wird um 00.01 Uhr geschlossen.)