Das Protokoll der gestrigen Sitzung wurde verteilt. Gibt es Einwände? Herr Präsident, ich wollte mich beschweren: Seit einiger Zeit erscheinen die Nachtsitzungen, vom Dienstagabend zum Beispiel, nicht mehr in den Presseberichten, und ich finde, man kann nicht einzelne Politikbereiche diskriminieren. Seien Sie so nett und überprüfen Sie, woran das liegt. Ich danke Ihnen, Herr Stockmann. Wir werden dies Ihrer Bitte entsprechend überprüfen lassen. Herr Präsident, mein Problem habe ich bereits in der vorigen Sitzungsperiode in Straßburg zur Sprache gebracht. Am 7. April habe ich nämlich eine schriftliche Anfrage an den Präsidenten dieses Parlaments, also an Sie, betreffend die Ausschreibung für Mobiliar in unseren Bars und Restaurants im Leopold-Gebäude eingebracht. Diese Anfrage stammt also vom 7. April. Das ist jetzt fast ein halbes Jahr her, und Herr Präsident, ich habe darauf noch immer keine Antwort erhalten. Die Frage ist also an Sie gerichtet. Ich frage mich, weshalb ich darauf keine Antwort erhalte. Auch in der vorigen Sitzungsperiode habe ich das Problem bereits angesprochen. Ich danke Ihnen, Frau Plooij-van Gorsel. Wir sind dabei, die Antwort vorzubereiten, von der ich hoffe, daß sie Ihnen umgehend zugeht. Ich werde mich auf jeden Fall persönlich beim Präsidium dafür einsetzen, daß Sie sie so schnell wie möglich erhalten. (Das Parlament genehmigt das Protokoll.) Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über die Empfehlung für die zweite Lesung (A4-0324/98) des Ausschusses für Forschung, technologische Entwicklung und Energie zu dem vom Rat angenommenen Gemeinsamen Standpunkt (C4-0419/98-97/0309 SYN) im Hinblick auf den Erlaß eines Beschlusses des Rates über Regeln für die Teilnahme von Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen sowie für die Verbreitung der Forschungsergebnisse zur Umsetzung des Fünften Rahmenprogramms (1998-2002) (Berichterstatter: Herr M. Campos). Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Bei dieser zweiten Lesung muß ich der Kommission und dem Rat für die Bemühungen bei der Billigung einer ganzen Reihe der seinerzeit von unserem Ausschuß für Forschung, technologische Entwicklung und Energie eingereichten Vorschläge danken. Ich möchte diesbezüglich darauf hinweisen, daß die beiden Aussprachen im Ausschuß durch Einstimmigkeit und Übereinstimmung dahingehend gekennzeichnet waren, mit noch größeren Anstrengungen die von der Kommission gemachten Vorschläge zu garantieren. Ich möchte kurz darlegen, welches die Hauptthemen sind, die nach Einschätzung unseres Ausschusses bei der zweiten Lesung beibehalten werden sollten, um von der Kommission und vom Rat in Erwägung gezogen zu werden. Eine erste Frage betrifft die Natur der Innovation, die die wissenschaftliche Forschung als solche besitzt. Unser Kollege van Velzen hat völlig zu Recht mit Nachdruck auf die Tatsache verwiesen, daß es bei einigen Innovationsprojekten völlig normal ist, daß das antragstellende Unternehmen noch nicht länger als ein Jahr tätig ist und die Situation vorliegt, daß seine einzelnen Komponenten die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit garantieren, die für einen Bewerber als Gruppe erforderlich ist. In die gleiche Richtung zielt eine andere unserer Empfehlungen, die sich auf den Zeitraum der Vorfinanzierung bezieht, dahingehend daß dieser bei hochinnovativen Technologieprojekten, aus denselben Gründen wie im vorangegangenen Punkt dargelegt, nicht länger als sechs Monate betragen darf. Und schließlich möchte ich angesichts der Bedeutung der wissenschaftlichen Innovation die letzte Erwägung zu dieser Frage erwähnen. Aus diesem Grunde haben wir eine Empfehlung aufgenommen, die besagt, daß auf einem sich rasch verändernden Markt die Möglichkeit bestehen muß, ein hochinnovatives Technologieprojekt zwischenzeitlich zu ändern. Wir denken, daß dies auf einigen Forschungsgebieten wichtig ist, um wettbewerbsfähig sein zu können. Zu einem anderen Gegenstand wird eine weiterer Vorschlag eingeführt, der den Anspruch der Europäischen Union auf das Eigentum an den Kenntnissen gewährleisten soll, die sich aus den durchgeführten Arbeiten ergeben, wenn ihr Beitrag höher als 50 % ist. Bei einem niedrigeren Beitrag sollte dies nicht der Fall sein. Wir wollen durch den Einsatz der elektronischen Kommunikation über die bereits vorhandenen Medien, vom Internet bis hin zu anderen, auch die bestmögliche, kontinuierliche, leistungsfähige und schnelle Verbreitung und Auswertung der Ergebnisse erreichen, und wir müssen auch die ständige Bitte erwähnen, daß alle Sprachen der Europäischen Union benutzt werden. Schließlich bleibt eine Grundfrage in dieser zweiten Lesung, die sich aus der wachsenden Sensibilität in unserer Gemeinschaft in bezug auf mögliche Betrugsdelikte ergibt. Ich glaube, daß diese Sensibilität in der Europäischen Union eine logische Erscheinung ist. Es ist wichtig, diese Empfehlungen einbringen zu können, die gewährleisten, daß es keinerlei Betrugsmöglichkeiten gibt. Wir haben dies in letzter Zeit bei einigen Beschlüssen dieser Versammlung zu sehr sensiblen Fragen, wie den humanitären Programmen, gesehen. Und bereits seit geraumer Zeit gehen bei unserem Ausschuß Klagen sowohl im Zusammenhang mit Universitätsbereichen als auch Unternehmen wegen möglicher Diskriminierungen und Mängel bei der Gleichheit der Bedingungen ein. Ich möchte mich darauf beziehen, daß bei der Anwendung des Fünften Rahmenprogramms Abänderungsanträge eingebracht werden können, damit mögliche Unregelmäßigkeiten untersucht und die dabei notwendigen und angemessenen Maßnahmen eingeleitet werden. Uns erstaunt die Antwort der Kommission zu dieser Empfehlung, daß es für solche Entscheidungen keinen rechtlichen Rahmen gebe. Unser positiver Standpunkt zu diesem Vorschlag gründet sich auf einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, in dem tatsächlich auf diese Möglichkeit hingewiesen wird. Und ich glaube, wenn es darum geht, den öffentlichen Haushalt zu sichern, wenn es darum geht, die Interessen der Union zu wahren, dann erlaubt dies die Verordnung 2988/95. Aus diesem Grunde haben wir diese Ablehnung nicht begriffen, zumal wir sehen, daß man sich diesen Fragen stärker widmen muß. Deshalb, Herr Präsident, schlagen wir alle diese Maßnahmen vor, in der Erwartung, daß sie von der Kommission und vom Rat akzeptiert werden und die Zustimmung dieser Versammlung finden. Herr Präsident, ich denke, daß der Berichterstatter die im Ausschuß für Forschung, technologische Entwicklung und Energie bestätigten Abänderungsanträge umfassend dargestellt hat und ich es mir deshalb ersparen kann, nochmals darauf einzugehen. Ich möchte allerdings unterstreichen, daß es vielleicht, da es sich um eine zweite Lesung handelt, zweckmäßig wäre, das Gedächtnis in bezug auf den Inhalt der Verbreitung der Ergebnisse aufzufrischen. Wir haben häufig darüber gesprochen, wie man die wissenschaftliche Forschung mit der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion verbinden kann. Dies ist ein grundlegender Weg, damit die Forschungsergebnisse nicht auf geschlossenen Märkten verbleiben, nicht genau auf diejenigen Bereiche reduziert bleiben, die die Forschungsarbeit leisten, sondern zunächst die gesamte Industrie und dann die Forschung im allgemeinen von dieser Verbreitung der Ergebnisse profitieren können. In der Forschung hat es häufig Doppelarbeit gegeben, und bei verschiedenen Forschungsprojekten wurde das Rad immer wieder neu erfunden. Ich denke, daß die Verbreitung der Ergebnisse der Schlüssel dafür ist, damit ein großer Teil der Forschungseinrichtungen und Unternehmen, nicht nur aus dem Bereich, in dem die Forschung durchgeführt worden ist, sondern in der gesamten europäischen Wirtschaft, Nutzen aus den von der Europäischen Union getätigten Investitionen ziehen können. Und angesichts des Fünften Rahmenprogramms muß ich sagen, daß gerade diejenigen Bereiche, die mit der Verbreitung der Ergebnisse zu tun haben, aus Sicht des Haushalts selten zugelassen und behandelt werden. Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kollegen! Zunächst möchte ich dem Berichterstatter meinen Dank für die äußerst konstruktive und angenehme Zusammenarbeit aussprechen. Wir befinden uns nunmehr in zweiter Lesung. Sieht man sich das Papier an, so handelt es sich eigentlich um die gleichen Änderungsanträge, die wir bereits in erster Lesung vorgelegt haben. Darüber ärgere ich mich ein wenig, drängt sich mir doch das Gefühl auf, die Unterredung zwischen dem Parlament und der Kommissarin war eine Unterredung zwischen, wie ich es nennen möchte, Taubstummen. Das Parlament hat nach meiner Überzeugung ausgezeichnete Änderungsanträge auf den Tisch gelegt. Letzten Endes hat die Kommissarin jedoch überhaupt nicht darauf gehört, ihr Schreiben lag schon bereit, als wir in Brüssel darüber sprachen, sie hat die Anträge einfach beiseite gelegt. Deshalb erhoffe ich mir, ehrlich gesagt, nun in zweiter Lesung etwas mehr Unterstützung von seiten des Kommissars. Ich möchte also Kommissar Papoutsis fragen, ob er vielleicht etwas anderes mitzuteilen hat als Frau Cresson in erster Lesung. Selbstverständlich geht es um die Artikel 4, 8, 10 und 12. Ich möchte eigentlich nur feststellen, daß die Forschungsverträge im Rahmen des Fünften Rahmenprogramms sowie die Verbreitung der Forschungsergebnisse mindestens ebensowichtig sind wie der eigentliche Inhalt des Fünften Rahmenprogramms. Wenn diese Verträge nicht Hand und Fuß haben, können wir noch soviel über Pfennige diskutieren, letztlich geht es doch darum. Wesentlich ist, daß man bei schnellen Innovationen, und die wollen wir sehr gern fördern, denn sie schaffen Arbeitsplätze, kein bürokratisches Verhalten an den Tag legen kann. Deshalb muß man bereits im Vorfeld dem Charakter schneller Innovationen Rechnung tragen. Das bedeutet auch Flexibilität in den Regelungen. In diese Richtung zielen mehrere unserer Änderungsanträge. Zweitens steht folgender Punkt an. Wir haben insbesondere anläßlich der von diesem Haus ausgehenden Untersuchung von ESPRIT und der Telecommunication and Application Programs konstatiert, daß bei der Bewertung noch einiges verbessert werden muß. Einer der Kernpunkte besteht darin, daß vertraglich nicht festgelegt ist, welche Output-Kriterien ein Projekt erfüllen muß. Werden diese Kriterien nicht im voraus aufgenommen, so fällt es später schwer festzustellen, welches Ergebnis ein solches Projekt erzielt hat. Darüber hinaus werden auch keine Anforderungen für die Verbreitung der Ergebnisse eines Projekts definiert. Hierbei muß auch die elektronische Kommunikation verstärkt genutzt werden. Ich denke, wenn wir einige dieser Vorschläge in die Verträge des Fünften Rahmenprogramms aufnehmen, wird das zu einer weitaus höheren Effektivität und Effizienz dieser Verträge führen. Hoffentlich werden diese Vorschläge deshalb wiederum von diesem Haus angenommen und vom Kommissar endlich übernommen. Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen, Herr Kommissar! Die Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei unterstützt die Initiative des Ausschusses für Forschung, technologische Entwicklung und Energie, alle vom Rat nicht übernommenen Änderungsanträge des Parlaments in zweiter Lesung erneut vorzulegen, denn die Änderungsanträge im Bericht von Herrn Marset Campos sind, wie auch der Bericht selbst, ausgezeichnet. Deshalb bedauere ich die arrogante Haltung von Frau Cresson in dieser Angelegenheit. Meine Fraktion möchte zwei Dinge hervorheben. Hauptsächlich Änderungsantrag 5, der vorsieht, daß in den Forschungsverträgen festzulegen ist, wie die Verbreitung und Nutzung der erzielten Forschungsergebnisse erfolgen soll. Daneben müssen in den Vertrag Output-Kriterien für das Projekt aufgenommen werden. Meine Fraktion unterstützt diesen Änderungsantrag uneingeschränkt. Demnächst werde ich in meinem Bericht über Innovationen in den KMU noch darauf sowie auch auf die von Herrn van Velzen soeben angesprochenen Punkte zurückkommen. Sehr geehrte Kollegen, die Forschung allein darf im Rahmenprogramm nie Selbstzweck sein. Forschung ohne Nutzung der Ergebnisse und damit ohne Follow-up in der Anwendung ist sinnlos. Mit den Bestimmungen von Änderungsantrag 5 läßt sich dieses Problem lösen. Forschung muß in Innovation münden, wohlgemerkt in Produktinnovation. Auf diese Weise erhöht die europäische Forschung nämlich die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie, und das schafft Arbeitsplätze. Mein zweiter Punkt, sehr geehrte Kollegen, betrifft eine angemessene Wirtschaftlichkeitsprüfung. Das heißt, es besteht die Notwendigkeit der Kontrolle und Betrugsbekämpfung bei den Forschungsprojekten. Das sind wir den europäischen Steuerzahlern schuldig. Dies gilt für die Verträge, aber gleichermaßen gilt es für die Kommission. Von Mal zu Mal erweist sich die Kommission bei Forschungsprojekten als Nichtzahler. Namentlich kleine Unternehmen leiden darunter. Meine Fraktion hofft deshalb, die im letzten Monat angenommene Richtlinie, bei der es um Zahlungsrückstände in der Union geht, möge auch die Kommission zur schnelleren Bezahlung veranlassen. Herr Präsident, zunächst möchte ich dem Berichterstatter Marset Campos und dem gesamten Ausschuß für den gelungenen Beschluß danken. Meiner Ansicht nach hat der Berichterstatter die richtige Entscheidung für die Abänderung der in der ersten Lesung abgegebenen Standpunkte getroffen. Die Standpunkte des Ausschusses waren von Anfang an wohlbegründet. Die dargelegten Ziele waren nicht aus der Luft gegriffen, sondern begründet, konkret und triftig. Ich bin sehr verwundert, daß der Rat sie nicht angenommen hat. Beispielsweise müssen die Vertragsverfahren für hochinnovative Projekte in der Tat flexibel sein, wie der Berichterstatter ausführte. Der Forschungsbereich unterliegt einer schnellen Veränderung. Auch die Nutzung der Forschungsergebnisse muß schnell erfolgen. Das setzt wiederum eine besondere Flexibilität in den Vertragsverfahren voraus. Auch der Punkt der Betrugsbekämpfung ist meiner Meinung nach sehr wichtig. Er sollte im Hinblick auf die Prävention Bestandteil aller Fördermittel sein, die von der EU vergeben werden, natürlich auch im Bereich der Forschung. Die Verhinderung von Betrug sollte einen allgemeinen Aspekt darstellen und in der gesamten Tätigkeit der EU einheitlich erfolgen, auf einem allgemeinen Niveau eindeutig und hinreichend streng geregelt sein. Wenn ich auch annehme, daß auf dem Gebiet der Forschung Betrug in wesentlich geringerem Maße zu verzeichnen ist als in anderen Bereichen, so ist doch auch hier Wachsamkeit geboten. Es geht schließlich um das Vertrauen der Bürger, ihr Vertrauen in die Arbeit der EU und die Verwendung der Gelder innerhalb der EU. Herr Präsident, in den Bereichen Forschung und technologische Entwicklung weist die Europäische Union nach wie vor sehr deutliche Mängel auf, nämlich: starke Zersplitterung der Forschungsanstrengungen, unzureichender Zusammenhang zwischen Grundlagenforschung und ihren Anwendungen, Schwierigkeiten bei der Koordinierung zwischen den einzelnen Beteiligten, unzureichende Regeln für die Verbreitung der Forschungsergebnisse sowie zu geringe Investitionstätigkeit. Daß unser Rückstand im gegenwärtigen Zeitalter der Globalisierung zumindest besorgniserregend ist, leuchtet absolut ein. Daher wird es als lebenswichtige Notwendigkeit erkannt, die Innovation zu fördern und die Umsetzung der einzelnen spezifischen Programme zu koordinieren, indem Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen stärker beteiligt und somit die Kohärenz und Kontinuität der Methoden und der Synergien zugunsten der Innovation gesichert werden. Es wird erkannt, daß mehr Transparenz erforderlich ist und daß klare Regeln wichtig sind; zur Förderung des wissenschaftlichen Fortschritts ist die Schaffung eines einfachen übergreifenden Rahmens notwendig, der angesichts der mit der Verwirklichung der spezifischen Programme verbundenen Verantwortung geeignete Maßnahmen umfassen muß, um die Innovation zu fördern und den Technologietransfer zu gewährleisten, der darüber hinaus die wirksame Koordinierung mit den in den spezifischen Programmen vorgesehenen Aktivitäten ergänzt und gewährleistet sowie die Teilnahme der kleinen und mittleren Unternehmen erleichtert. Ein fruchtbarer Erfahrungsaustausch, die Verbreitung der Forschungsergebnisse und der Technologietransfer müssen durch die Verbesserung der bestehenden Rechtsvorschriften, insbesondere durch die stärkere Nutzung der Verbindungs- und Innovationszentren und die Rationalisierung der Datenbanksysteme gesichert werden. Es geht darum, der Entwicklung des Humanpotentials auf der Ebene der Innovation größere Bedeutung beizumessen, indem Ausbildung, Mobilität und Austausch von Forschern und Wissenschaftlern, namentlich für die KMU, gefördert und die Kontakte zwischen Hochschulen, Forschungszentren und Unternehmen verstärkt werden. Abschließend möchte ich kurz meine Besorgnis über die Zukunft des Rahmenprogramms für den Bereich Forschung äußern, und zwar im Hinblick auf den sich abzeichnenden Rückschritt in der Finanzierung und die sich daraus ergebende Benachteiligung der Grundlagenforschung, wodurch insbesondere die Gefahr einer verstärkten Abwanderung der europäischen Wissenschaftler besteht, die unbedingt gebannt werden muß. Herr Präsident, zunächst einmal möchte ich mich bei dem Berichterstatter für die gute Zusammenarbeit und auch für den guten Zeitablauf bedanken, der es ermöglicht, daß dieser Bericht in die Beratungen des Fünften Rahmenprogramms speziell dort einfließen konnte, wo es um den Mittelstand geht. Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen sind sehr häufig höchst innovativ und schaffen die Arbeitsplätze, die wir brauchen, um den heutigen Schwierigkeiten in Europa zu begegnen. Weil sie nun höchst innovativ sind, gleichzeitig aber auch relativ klein, haben sie mehr Schwierigkeiten als große Unternehmen, Zugang zu den europäischen Programmen zu finden. Deswegen appelliere ich noch einmal an die Kommission, die Schritte, die sie schon eingeleitet hat, um den Zugang zu erleichtern, fortzuführen, nämlich Verwaltungsprozeduren zu vereinfachen, Zeitabläufe zu verkürzen und vor allem Begründungen zu schicken, wenn man abgesagt hat, was eine einfache Frage der Höflichkeit ist. Im übrigen, und ein Änderungsantrag weist darauf auch sehr gut hin, impliziert eine ernsthafte Vergabe der Steuergelder, daß es eine Kontrolle gibt, aber nicht, daß man von vornherein jeden Antragsteller wie einen potentiellen Verbrecher behandelt, was manchmal zur Zeit der Fall ist bzw. wie es manchmal den Eindruck erweckt. Als letztes plädiere ich dafür, wie auch im Rahmenprogramm, daß wir eine flexible Definition des Begriffes KMU einführen. Man muß sich natürlich auf Grenzwerte einigen, aber oberhalb und unterhalb dieser Grenzwerte gibt es ganz bestimmt Spielräume für Flexibilität, die man einfach anwenden kann, ohne groß und ewig darüber diskutieren zu müssen. Herr Präsident, der Prozeß der Bewerbungen für Forschungsprojekte ist kompliziert und mühselig. Er müßte vereinfacht und leichter gemacht werden, um auch für die kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit der Teilnahme zu verbessern. Ein neuer Berufsstand hat sich entwickelt, der ausschließlich damit beschäftigt ist, Anträge zu verfassen. Auch negative Bescheide und Begründungen für die Entscheidungen sind schriftlich mitzuteilen. Dabei kann man die Ausnutzung der Datentechnik bei Kontakten zwischen den Partnern der Projekte nicht genug hervorheben. Ich hoffe, daß der Rat diesen Antrag des Parlaments berücksichtigt; kann doch mit Hilfe der Datentechnik auch Bürokratie und Schwerfälligkeit der Verwaltung abgebaut werden. So kann der Forscher sich besser seiner Forschungsarbeit widmen. Für die Betrugsbekämpfung müssen klare Regeln geschaffen werden, um Mißstände schnell und effizient aufzudecken. Den Ermittlern solcher Probleme müssen alle nur denkbaren Möglichkeiten zum Handeln und zur Intervention zur Verfügung stehen, nicht wie aus unlängst an die Öffentlichkeit gedrungenen Informationen hervorging, daß die notwendigen Unterlagen nicht immer erhältlich waren. Es müßte also mehr Transparenz geben, allerdings nicht zu Lasten des Datenschutzes. Abschließend möchte ich dem Berichterstatter danken, da ich den Bericht für einen bedeutsamen Teil des fünften Rahmenprogramms halte, das wir hoffentlich innerhalb des beschlossenen Zeitplans auf den Weg bringen können. Herr Präsident, die Fragen der Teilnahme und Verbreitung bei der Durchführung der Gemeinschaftspolitik auf dem Gebiet von Wissenschaft und Forschung sind für Länder wie Portugal von zentraler Bedeutung. Ich hatte Gelegenheit, mich über den Bericht Marset Campos bei der ersten Lesung ausführlicher zu äußern. Diesmal werde ich mich auf einen einzigen Punkt beschränken: die KMU. Portugal hat im Rat, dies übrigens in Übereinstimmung mit der Parlamentsmehrheit, den Standpunkt vertreten, daß es wichtig ist, die Definition der KMU auf dem Niveau von 500 Beschäftigten beizubehalten. Nur so könnte man in den kleinen Ländern die Teilnahme der innovativsten und dynamischsten Unternehmen an den Forschungsprojekten garantieren. Der Rat vertrat eine andere Ansicht, und in seinem gemeinsamen Standpunkt vom Juni dieses Jahres hielt er sich an den Buchstaben der Definition der KMU aus der Empfehlung von 1996, das heißt an die Höchstgrenze von 250 Beschäftigten. Nachdem diese Schlacht verloren wurde, kommt es nun darauf an, den Krieg zu gewinnen. Und der Krieg wird um die KMU geführt. Das, nämlich die Vorrangstellung, die man den KMU bei der Durchführung des Rahmenprogramms und seiner Sonderprogramme geben muß, ist eine hochpolitische Frage. Vom Sieg in diesem Krieg hängen die Stärkung der europäischen Struktur im Wissenschaftsbereich, ihre Innovations- und Flexibilitätskapazität ab. Small bleibt in diesem Fall weiterhin beautiful . Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete, zunächst möchte ich dem Europäischen Parlament, besonders aber dem Berichterstatter, Herrn Marset Campos, für die Arbeit danken, die er bei der Prüfung des Gemeinsamen Standpunktes des Rates in zweiter Lesung geleistet hat. Dieser Gemeinsame Standpunkt spiegelt zum Teil die Position des Europäischen Parlaments wider, die im Verlauf der ersten Lesung zum Ausdruck kam und dazu beiträgt, daß die Regeln für die Teilnahme sowie für die Verbreitung deutlicher und verständlicher werden. So verfügen wir heute über einen Text, der sowohl die Erfahrungen aus den vorangegangenen Rahmenprogrammen als auch die Ziele des Fünften Rahmenprogramms berücksichtigt. Die Kommission hat Verständnis für die Befürchtungen des Europäischen Parlaments, die in den in zweiter Lesung vorgelegten Abänderungsanträgen deutlich werden. Aus den bereits bei der ersten Lesung genannten Gründen kann die Kommission diese jedoch nicht akzeptieren. Manche Abänderungsanträge führen in der Tendenz Regeln für die tagtägliche Verwaltung in einen Grundsatztext ein, der nur den Rahmen darstellen soll, innerhalb dessen sich die gesamte Forschungspolitik bewegt - ich beziehe mich hier auf die Abänderungsanträge 7 und 10 -, und einige, wie die Abänderungsanträge 1, 2 und 11, werden bereits von bestehenden Bestimmungen abgedeckt. Die Kommission ist weiterhin der Ansicht, daß in bezug auf andere Abänderungsanträge wie die Änderungen 3, 4, 5, 8 und 9 die Regeln für die Teilnahme sowie die Verbreitung nicht das geeignete gesetzliche Instrument darstellen, um diese Vorschläge anzunehmen. Was jedoch konkret die Betrugsbekämpfung betrifft, so beabsichtigt die Kommission, in nächster Zeit mit den Arbeiten zu beginnen, die letztendlich zum Erlaß einer sektoralen Regelung führen sollen, die sich ganz speziell mit der Forschung beschäftigt, und zwar in Übereinstimmung mit dem, was die Verordnung des Rates über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft vorsieht. Zusammenfassend ist die Kommission der Auffassung, daß die Kenntnisse, die bei Maßnahmen erworben werden, deren Kosten von der Gemeinschaft voll getragen werden, auch Eigentum der Gemeinschaft sein sollen, wie beispielsweise auch im Abänderungsantrag 6 ausgeführt wird. Die Regeln für die Teilnahme sowie die Verbreitung stellen angesichts der Umsetzung des kommenden Rahmenprogramms eine notwendige Phase dar. Die Kommission hat es sich gegenwärtig zum Ziel gesetzt, das Fünfte Rahmenprogramm zügig anlaufen zu lassen. Weiterhin strebt sie an, die Fortführung der Aktionen im Forschungsbereich in der Gemeinschaft sicherzustellen. Ich stimme Ihnen natürlich voll und ganz zu, daß der Zugang der kleinen und mittleren Unternehmen zu den Forschungs- und Technologieprogrammen erleichtert werden muß. Für diese Unternehmen jedoch bietet das Fünfte Rahmenprogramm eine klare Orientierung. Zur Definition der kleinen und mittleren Unternehmen gibt es in der Tat einen gemeinsamen Standpunkt des Rates. Die Europäische Kommission hat es jedoch übernommen, diese Frage weiter zu prüfen, um zu einer optimalen Lösung und einer optimalen Definition zu kommen, damit wir die bestmögliche Beteiligung der kleinen und mittleren Unternehmen an den Forschungs- und Technologieprogrammen gewährleisten können. Wir bauen auf Ihre Unterstützung, damit wir dieses Ziel verwirklichen und die Billigung des Rahmenprogramms insgesamt erreichen können, das über die erforderlichen Mittel verfügt, damit wir die Herausforderungen bewältigen können, denen es Rechnung tragen soll. Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und für die bisherige Zusammenarbeit, auch im Namen der Europäischen Kommission und ganz besonders im Namen meiner Kollegin Edith Cresson. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet um 12.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über folgende Berichte: A4-0340/98 von Herrn W.G. van Velzen im Namen des Ausschusses für Forschung, technologische Entwicklung und Energie über den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Festlegung eines Mehrjahres-Rahmenprogramms für Maßnahmen im Energiebereich (1998-2002) und damit verbundene Maßnahmen (KOM(97)0550 - C4-0070/98-97/0302(CNS)); -A4-0335/98 von Herrn W.G. van Velzen im Namen des Ausschusses für Forschung, technologische Entwicklung und Energie über den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Festlegung eines Mehrjahresprogramms für Studien, Analysen, Prognosen und damit verbundene Arbeiten im Energiebereich (1998-2002) (ETAP-Programm) (KOM(98)0423 - C40487/98-98/0233(CNS)); -A4-0323/98 von Herrn W.G. van Velzen im Namen des Ausschusses für Forschung, technologische Entwicklung und Energie über den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über ein Mehrjahresprogramm (1998-2002) für Maßnahmen im Kernenergiebereich auf dem Gebiet des sicheren Transports radioaktiven Materials sowie der Sicherheitsüberwachung und der industriellen Zusammenarbeit zur Förderung bestimmter Sicherheitsaspekte der kerntechnischen Anlagen in den derzeitigen Teilnehmerländern des TACIS-Programms (Programm SURE) (KOM(98)0423 - C4-0488/98-98/0234(CNS)); -A4-0339/98 von Herrn Adam im Namen des Ausschusses für Forschung, technologische Entwicklung und Energie über den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über ein Mehrjahresprogramm für technologische Maßnahmen zur Förderung der sauberen und effizienten Nutzung fester Brennstoffe (1998-2002) (KOM(97)0550 - C4-0074/98-97/0372(CNS)); -A4-0322/98 von Herrn Soulier im Namen des Ausschusses für Forschung, technologische Entwicklung und Energie über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über ein Mehrjahresprogramm zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit im Energiebereich (SYNERGY-Programm) (1998-2002) (KOM(97)0550 -C4-0073/98-97/0369(CNS)). Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kollegen! Zunächst möchte ich den Kommissar zu diesem Rahmenprogramm beglückwünschen. Diese außerordentlich wichtige Initiative wird es uns ermöglichen, alle Energieprogramme in einem Rahmen zu bündeln. Ferner müssen meiner Ansicht nach einerseits Überschneidungen vermieden werden und andererseits die Durchsichtigkeit, die Transparenz eines Rahmenprogramms im Energiebereich, allgemein gewährleiset sein. Bei kleineren Programmen in allen möglichen Teilbereichen fällt es natürlich sehr schwer zu überschauen, was in den einzelnen Programmen steht und worin der Unterschied beispielsweise zwischen SAVE, ALTENER und SYNERGY besteht. Mit dem Energie-Rahmenprogramm dürfte meines Erachtens ein großer Wunsch des Rates wie auch des Europäischen Parlaments in Erfüllung gegangen sein. Herr Präsident, ein Energie-Rahmenprogramm wird natürlich Auswirkungen haben. Das geht nicht so ohne weiteres. Primär bedarf die horizontale Koordinierung innerhalb der GD XVII einer Verbesserung, so daß der Zusammenhang zwischen den Programmen gewährleistet ist. Aber an zweiter Stelle - und das halten wir noch für weitaus wichtiger - muß es auch eine horizontale Koordinierung zwischen den Generaldirektionen geben. Ich möchte Ihnen an zwei Beispielen verdeutlichen, weshalb das von so großer Bedeutung ist. Herr Präsident, uns allen ist bekannt, daß nach Kyoto insbesondere Einsparungen im Energiebereich vorgenommen werden sollen. Die Energiepolitik spielt in diesem Punkt eine überaus wichtige Rolle. Es kann nicht sein, daß die Energiepolitik zu einem Teil der Umweltpolitik gemacht wird, denn dann würde man die beiden anderen Ziele der Energiepolitik, security of supply , die Energieversorgungssicherheit, sowie den Preiswettbewerb dem Umweltziel unterordnen. Selbstverständlich wollen wir das nicht. Aber natürlich leuchtet es ein, daß auf diesem Gebiet sehr viel geschehen muß. Deshalb sollten wir dafür sorgen, daß die Energiepolitik eine bedeutendere Rolle spielt und somit auch zum Erreichen der Kyoto-Ziele beitragen kann. Das zweite Beispiel bezieht sich natürlich auf die derzeitigen Vorgänge in Mittel- und Osteuropa. Die Erweiterung steht bevor. Es gibt keinen acquis communautaire , weder im Energie- noch im Nuklearbereich. Das heißt, der Energiebereich muß auch in diesem Punkt einen wesentlichen Beitrag leisten. Deshalb ist es wichtig, daß Kommissar Papoutsis gegenüber seinem Kollegen Hans van den Broek in der GD I A nun ein Mittel in der Hand hat, um auch die horizontale Koordinierung durchzusetzen. Ich finde das sehr begrüßenswert und hoffe, der Kommissar wird von dem neuen Instrumentarium nun auch Gebrauch machen. Zu meiner Zufriedenheit ist bereits von Konzertierung zwischen den Generaldirektionen unter Leitung von Generaldirektor Benavides die Rede. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg. Herr Präsident, die Rechtsgrundlagen für die beiden kleineren Programme, ETAP und SURE, mußten selbstverständlich auch geschaffen werden. In diesem Sinne ist natürlich ETAP von großer Bedeutung, da die von ihm gelieferten Daten für eine langfristige Energiepolitik erforderlich sind. In bezug auf das allgemeine Energie-Rahmenprogramm haben wir die Erwartungen ein wenig höher gesteckt und speziell mehr Aufmerksamkeit für einige Punkte gefordert. An erster Stelle mehr Aufmerksamkeit für die Kraft-Wärme-Kopplung. An zweiter Stelle für die Umsetzung der Erdgas- und Elektrizitäts-Richtlinie, das heißt, daß man die Hand am Puls dieser Sache hat. Änderungsantrag 9, Punkt 1 g ist sehr wichtig. Wir wollen hoffen, daß uns der Kommissar regelmäßig Bericht über die Umsetzung der Erdgas- und Elektrizitäts-Richtlinie erstattet, da wir dem besondere Bedeutung beimessen. Auch Absatz 4 von Änderungsantrag 9 ist bedeutsam, da damit die horizontale Koordinierung noch weiter verstärkt werden kann, und zwar nicht nur in Richtung der Europäischen Union, sondern auch anderer Institutionen, wie zum Beispiel der Europäischen Investitionsbank, die zahlreiche Projekte durchführen könnte. Und eine gewisse Form des Anstoßes aus der Europäischen Union ist in diesem Punkt von außerordentlichem Nutzen. Herr Präsident, die Kernenergie beschäftigt uns immer. Im SURE-Programm haben wir gemeinsam größtmögliche Anstrengungen unternommen, um für höchstmögliche Sicherheitsstandards zu sorgen. Ich hoffe jedoch, die gegenwärtig in Deutschland im Entstehen begriffene Koalition zwischen der SPD und den Grünen wird nicht zur Änderung des Standpunkts der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei zur Kernenergie führen. Meiner Meinung nach würden wir uns dann mit nationaler Koalitionspolitik beschäftigen, und dafür sollten wir das Europäische Parlament nicht einspannen. Herr Präsident, feste Brennstoffe, das Thema meines Berichts, sind nicht gerade die beliebteste Energiequelle. Und dennoch wurde in der Europäischen Union der Primärenergieverbrauch im vergangenen Jahr zu 15 % aus festen Brennstoffen abgedeckt, weltweit machen sie 25 % aller verwendeten Brennstoffe aus. Wir verbrauchen heute in der Welt insgesamt mehr feste Brennstoffe als 1990. Der globale Handel mit Kohle nimmt zu, und es steht außer Zweifel, daß Kohle und feste Brennstoffe weltweit noch lange Zeit eine Schlüsselrolle auf dem Energiesektor spielen werden. Das gilt insbesondere für China und Indien. Wenn man an die Erweiterung denkt, so sind sie in bezug auf Polen wichtig. Sie sind aber auch wichtig im Zusammenhang mit unseren Kooperationsabkommen mit anderen Ländern Osteuropas, insbesondere Rußland und der Ukraine. Die Schlüsselwörter in meinem Bericht lauten "effizient" und "sauber" ; effizient steht für die rationelle Verwendung fester Brennstoffe und sauber für die umweltfreundliche Verbrennung, bei der keine gesundheitsgefährdenden Emissionen entstehen. Dies sind die Zielsetzungen für feste Brennstoffe in der Zukunft. Es gibt bereits einige Technologien, andere werden noch entwickelt. Letzte Woche hatte ich die Gelegenheit und die Ehre mitzuerleben, wie Kommissar Papoutsis ein Dampfkraftwerksprojekt einweihte, bei dem in einer mit Brennstoffstaub arbeitenden Anlage unter Einsatz von ultra-superkritischem Dampf bei einer Temperatur von 700 -C ein Wirkungsgrad von 55 % erzielt wird. 40 Unternehmen aus der Europäischen Union sind an diesem phantasievollen Projekt beteiligt. Es sei an dieser Stelle daran erinnert, daß der Weltmarkt für Stromerzeugungstechnik 3 Mrd. ECU pro Jahr ausmacht; bis zum Jahr 2005 dürfte die Zahl auf 6 Mrd. ECU anwachsen. Hier bietet sich eine Chance für eine umfangreiche Beteiligung der europäischen Industrie, und zwar nicht nur zugunsten ihrer eigenen Umsatzzahlen, sondern auch zugunsten des umweltfreundlichen Einsatzes von Kohle in anderen Teilen der Welt. Das Programm, das ich dem Haus mit diesem Bericht vorstelle, wird den lang ersehnten Anreiz für die Weitergabe von Informationen über die vorhandenen Technologien schaffen und weitere Forschungs- und Demonstrationstätigkeiten fördern, wobei die europäischen Forschungs- und Entwicklungsprogramme und die verfügbaren finanziellen Mittel hierzu verwendet werden können. Bezogen auf die Finanzmittel der Gemeinschaft ist dies vielleicht ein bescheidenes Programm. Die Kosten sind marginal. Das Potential für die europäische Industrie und die Möglichkeiten zur Förderung einer sauberen Verbrennung von festen Brennstoffen sind enorm. Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich zum Konsultationsverfahren hinsichtlich eines Mehrjahresprogramms, genannt SYNERGY, äußern, das die internationale Zusammenarbeit im Energiebereich fördern soll. Wir verfolgen in diesem Zusammenhang drei wesentliche Ziele: Unterstützung der Drittländer bei der Ausarbeitung, Formulierung und Durchführung ihrer Energiepolitik, Förderung der industriellen Zusammenarbeit zwischen unserer Union und Drittländern im Energiebereich und Koordinierung der externen Maßnahmen der Europäischen Union im Energiebereich. Dieses Programm läuft bereits. Die Art und Weise, wie die Kommission diese Aufgabe bewältigt, ist übrigens durchaus bemerkenswert, Herr Kommissar. Beratung und Ausbildung im Energiebereich, Analyse der Prognosen, Dialog, Informationsaustausch, Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit, Mitarbeiterschulung, all dies wird derzeit durchgeführt. Klar ist allerdings, daß SYNERGY kein Programm ist, das sich beispielsweise mit dem Bau eines Kernkraftwerks befassen oder das die Umgestaltung eines ganzen Gassektors ermöglichen würde. Nein, dieses Programm ist ein kleines Programm: 36, 4 Millionen ECU für fünf Jahre, diese Zahl zeigt, daß SYNERGY eine sehr begrenzte Tragweite hätte, wenn es konkrete Realisierungen anstreben würde. Das Ziel besteht jedoch darin, an den allgemeinen Überlegungen und der vorausschauenden Analyse teilzunehmen und bestimmte Projekte einleiten zu können, bevor diese von den großen Programmen wie etwa PHARE, TACIS oder MEDA übernommen werden. Im übrigen haben wir den Wunsch zum Ausdruck gebracht, daß diese Komplementarität deutlicher herausgestellt werden sollte. Die Besonderheit dieses Programms, das uns sehr am Herzen liegt, besteht darin, daß es ein Forum des Austauschs darstellt, einen Sammelpunkt für Erfahrungen und Know-how, wobei all dies den Drittländern dabei helfen soll, ihre Produktion und ihren Energieverbrauch in den Griff zu bekommen. Ich möchte lediglich auf zwei oder drei Punkte näher eingehen. Heute wissen wir, daß der Energieverbrauch weltweit ständig zunimmt. Im Fernsehen habe ich gehört, was über das Ozonloch gesagt wird, das laut diesen Berichten immer größer wird. Die Besorgnisse im Energiebereich müssen uns in Fleisch und Blut übergehen oder müssen vielmehr in unserem Denken verankert werden. Diese Zunahme des Energieverbrauchs wird noch voranschreiten, in den OECD-Ländern zwar in gemäßigter Form, in Asien und Lateinamerika aber wesentlich ausgeprägter und im Mittelmeerraum in etwas abgeschwächtem Maße. Zweitens müssen wir uns unbedingt mit den anderen Ländern abstimmen, denn die Ressourcen sind nicht unerschöpflich, und die Europäer leben in einer Situation der energiepolitischen Abhängigkeit, wodurch ihre Sicherheit beeinflußt wird. Es ist völlig klar, daß es für den gesamten Planeten nur hilfreich sein kann und direkt unsere Sicherheit betrifft, wenn wir Südamerika oder Asien dabei unterstützen, rationellere und umweltfreundlichere Energiepolitiken auszuarbeiten. Eine letzte Anmerkung: SYNERGY ist kein völlig neues Programm. Seit 1995 haben wir uns bereits eine rechtliche Grundlage geschaffen, und die Mittel für dieses Programm zeigen eine Tendenz nach unten, obwohl SYNERGY, ich wiederhole es noch einmal, von wesentlicher Bedeutung für die internationale Zusammenarbeit, von wesentlicher Bedeutung für Gespräche mit anderen ist, und ich habe nicht gesagt, "für Gespräche mit Außenstehenden" . Aus eben diesem Grund habe ich in einem Änderungsantrag den Wunsch geäußert, daß man den Beitrag zugunsten von SYNERGY auf 18 % der Gesamtmittel des Energie-Rahmenprogramms festlegt; andernfalls könnten diese Mittel weiteren Kürzungen unterliegen. Abschließend möchte ich sagen, daß es sich bei diesem Programm eindeutig um ein kleines Programm handelt, aber es hat sich bewährt. Mit geringem Einsatz ist es ihm gelungen, interessante Dinge mit konkreter Tragweite umzusetzen. Im Vergleich zu den anderen großen Programmen SAVE und ALTENER, den beiden anderen Hauptbestandteilen des Energie-Rahmenprogramms, mag SYNERGY zweitrangig erscheinen, aber nur wenn man außer acht läßt, daß dieses Programm - und nur dieses Programm - für die außenpolitischen Aspekte der Energiepolitik zuständig ist. Somit wäre es unberechtigt und kurzsichtig, sich eines derartigen Instruments der internationalen Zusammenarbeit zu berauben. Herr Präsident, wenn wir über Energie sprechen, reden wir auch über Lebensweisen und Sicherheitspolitik. Der Energieverbrauch nimmt zu, wie hier bereits ausgeführt wurde, aber die nicht erneuerbaren Energieressourcen wachsen nicht nach. Das könnte ein Schock für die Lebensweise der Menschen in den Industrieländern werden. Auch in der EU ist eine zunehmende Importabhängigkeit zu beobachten. Energie wird in zunehmendem Maße aus Ländern außerhalb der Gemeinschaft eingeführt. Dies ist darin begründet, daß die traditionellen Energieträger billig sind. Fossile Brennstoffe sind billig. Ich würde sagen zu billig, weil das nicht dazu anspornt, die Grundlagen der Energieerzeugung zu verändern. Bis zum Jahr 2020 wird sich die Importabhängigkeit bei Erdöl auf neunzig Prozent erhöhen, bei Steinkohle auf achtzig Prozent und bei Erdgas auf siebzig Prozent. Da müssen wir uns fragen, haben wir diese Situation gewollt? Streben wir sie an? Wenn wir diese Importabhängigkeit nicht wollen, müssen wir schnellstens Maßnahmen zur Energieerzeugung innerhalb der Gemeinschaft ergreifen. Sind doch die Energie erzeugenden Regionen der Welt oft instabile Regionen. Das Erdöl kommt zumeist aus dem Nahen Osten und das Erdgas aus Rußland. Wenn wir selbst nichts tun, gibt es keine Alternativen zur Energieerzeugung dieser Regionen. Die Kommission hat ein Rahmenprogramm für mehrere Programme im Energiebereich vorgelegt. Es stellt eine gute gesetzliche Grundlage für die Verwendung der Gelder in der EU dar. Wir müssen aber doch davon ausgehen, daß die Gemeinschaft mehr Mittel für die genannten Teilprogramme einsetzen muß, denn wenn nichts getan wird, sind wir strategisch von der Energieerzeugung dieser instabilen Regionen abhängig. Uns sind darüber hinaus noch andere Grenzen für den Energieverbrauch gesetzt, die wir berücksichtigen müssen und zu denen sich die EU-Länder verpflichtet haben. Wir haben die Vereinbarung von Kyoto, durch die eine Klimaveränderung verhindert werden soll. Wenn wir nichts unternehmen, kann die EU die in der Vereinbarung von Kyoto gestellten Ziele nicht erfüllen. Die Mitgliedstaaten haben noch keine Schritte zur Eindämmung der Kohlendioxidemissionen eingeleitet. In dem Rahmenprogramm wird nicht ausreichend auf Energiesparmaßnahmen eingegangen. Zu wenig wird vor allem berücksichtigt, daß mit dem Aspekt des Energiesparens auf die Lebensweise der Menschen eingewirkt werden kann. In der Mitteilung der Kommission über die Auswirkungen von Kyoto auf den Verkehr wurde dieser Frage mehr Beachtung geschenkt. Dort werden auch hinsichtlich der Änderung der Lebensweisen radikale Forderungen gestellt, die auch in andere Energieprogramme der Gemeinschaft Eingang finden müßten. Darüber hinaus gibt es im Rahmenprogramm nicht genug Raum für die Steuerpolitik. Durch steuerpolitische Maßnahmen kann indirekt auf das Sparen Einfluß genommen werden. Das ist vielleicht die effizienteste Form des Sparens, da sich andere technologische Sparmaßnahmen auf den Markt auswirken, für den Verbraucher bleibt der Preis jedoch der entscheidende Faktor und den Preis kann man durch Sparen beeinflussen. Was die einzelnen Programme angeht, so ist das Carnot-Programm zur Förderung der Energieeffizienz recht bescheiden und beinhaltet vor allem einen Austausch von Informationen. Es wäre zu überlegen, ob es sich überhaupt lohnt, derartig kleine Programme mit so geringen Mitteln umzusetzen. Ich schlage vor, bereits über den Sinn eines Programms nachzudenken, wenn die Kommission das erste Mal ihren Bericht zur Einführung des Programms vorlegt. Was mögliche Alternativen betrifft, so sind diese im Rahmenprogramm dargestellt. Von größter Bedeutung ist dabei das Altener-Programm, das künftig erörtert werden soll. Ich persönlich halte es aber für sehr schwierig, einen Anteil der erneuerbaren Energien von zwölf Prozent an der Energieerzeugung zu erreichen, wenn nichts unternommen wird. Der Energieverbrauch steigt also, die Importabhängigkeit nimmt zu, die Ziele der Vereinbarung von Kyoto und das im Altener-Programm gestellte Ziel von zwölf Prozent erneuerbarer Energieträger können so nicht verwirklicht werden. Angesichts dessen hoffe ich, daß Herr Papoutsis zu einer anderen als der bei unserer Diskussion am Dienstag gepflegten Rhetorik übergehen möge. Dort hatte er Hoffnung und Glauben in diese Ziele signalisiert. Die Kommission sollte aber besser davon ausgehen, daß die Ziele nicht erreicht werden. Wir müssen Tatsachen akzeptieren, auch die, daß die Mitgliedstaaten sich diesen Zielen nicht wirklich verpflichtet fühlen. Herr Präsident, ich könnte mich jetzt fast nahtlos an das anschließen, was Herr Seppänen gesagt hat. Das hat mir gut gefallen, vor allem auch sein Hinweis auf die Gefahren durch die zunehmende Importabhängigkeit. Darauf hat übrigens auch die Kommission schon mehrfach hingewiesen. Ich sage in diesem Zusammenhang, wenn wir den Euro haben, und es käme zu einer sprunghaften Erhöhung der Energiepreise, dann wäre das nicht nur ein Risiko für die Energiepolitik, sondern auch für die Währungspolitik. Wir haben jetzt nicht die Zeit, darüber zu debattieren, aber ich glaube, das ist einsichtig. Ich möchte den Berichterstattern, den Herren Van Velzen, Adam und Soulier, sehr herzlich für diese drei Berichte danken. Sie sind gut gemacht. Ich möchte auch der Kommission ausdrücklich zur Vorlage dieses vernünftigen Mehrjahresprogrammes im Bereich der Energie gratulieren, das, wie schon gesagt wurde, mehr Transparenz schafft und verschiedene Programme zusammenfaßt. Ich bin auch sehr froh, daß die Frage der safeguards , also die Überwachung von Kernmaterial in der früheren Sowjetunion, jetzt ausdrückliche Erwähnung in einem Programm findet. Auch wenn es nicht viel Geld bewegt, so ist es doch ein Programm, das unsere Sicherheit spürbar erhöhen kann. Zu kritisieren ist - aber das ist nicht die Schuld der Kommission, sondern unserer Rechtsgrundlagen -, daß wir hier vor einem Wust von verschiedenen Rechtsartikeln stehen, die für einen normalen Beobachter eigentlich nicht mehr verständlich sind. Das eine Programm basiert auf Artikel 35, das andere auf Artikel 130 s, das dritte auf einem Artikel des Euratom-Vertrags. So ist es nun einmal. Ich wiederhole, das ist kein Vorwurf an die Kommission, sondern ein Vorwurf an die Europäische Union, die es bis heute nicht geschafft hat, die Energiefragen unter ein Kapitel zu bringen, so wie etwa die europäischen Netze, und dem Europäischen Parlament die volle Mitbestimmung einzuräumen. Sind wir doch ehrlich, wir sitzen hier und geben unsere Meinung ab. Wir werden konsultiert, aber niemand muß sich eigentlich mit dem auseinandersetzen, was wir hier sagen. Konsultation heißt, du kannst deine Meinung sagen, die dann in elf Sprachen übersetzt und anschließend in den Papierkorb geworfen wird. Ich weiß, daß die Kommission das, was wir sagen, sehr ernst nimmt, aber sie muß es nicht. Das ist unbefriedigend, und ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, es ist für uns ungeheuer wichtig, daß die Energiepolitik eine eigene Rechtsgrundlage erhält, die dem Parlament volle Mitbestimmung gibt. Zur Höhe des Programms ist schon gesagt worden, daß sie relativ gering ist. Ich habe das einmal überschlagen. Unterstellen wir einmal, daß in der Europäischen Union im Jahr etwa 150 Milliarden ECU für Energieinvestitionen ausgegeben werden. Wenn die von mir geschätzte Zahl stimmt, bedeutet dieses Programm 0, 03 % der gesamten Energieinvestitionen. Es ist nicht überflüssig, aber man muß sich darüber klar sein, was man damit bewegen kann. Ich möchte deswegen auch an dieser Stelle noch einmal anregen, daß wir uns nicht nur mit Finanzprogrammen beschäftigen, sondern auch mit dem financial engineering . Es fällt mir kein besseres Wort ein, man nennt es im Englischen so. Das ist eine Technik, bei der die Banken als Bündnispartner in der Energiepolitik gewonnen werden, um Projekte, die an der Grenze zur Wirtschaftlichkeit stehen, durch Banken vorfinanzieren zu lassen, während die besonders risikoreichen Elemente öffentlich abgedeckt werden. Ich fordere die Kommission und auch uns im Europäischen Parlament im Haushaltsausschuß auf, dem Thema vielleicht mehr Gewicht zu geben. Vielleicht können wir da Techniken entwickeln, die ja zum Teil schon vorhanden sind, um die Energieinvestitionen innerhalb der Europäischen Union zu fördern. Ich bedanke mich noch einmal bei der Kommission für die Zusammenfassung und möchte mich auch noch einmal bei den Berichterstattern bedanken, und ich hoffe, wir werden auch in Zukunft an diesen Themen weiterarbeiten. Herr Präsident, Herr Kommissar! Auch ich möchte den drei Berichterstattern für Ihre Arbeiten zu einem Programm danken, das zwar ökonomisch sehr bescheiden, aber von außerordentlicher Bedeutung ist. Aus den Gründen, die uns allen bekannt sind, ist die Energie nicht im Vertrag enthalten. Aber sie liegt in Ihren Händen, in Ihrer Generaldirektion XVII, Herr Kommissar, das wichtigste Thema der Wirtschaft. Ohne Energie gibt es keinerlei Lebensqualität, ohne Energie gibt es keine Produktion. Wenn wir die weltweiten Aktivitäten betrachten, steht das Erdöl tatsächlich an erster Stelle aller Geschäfte. Von den zehn größten Unternehmen der Welt sind mehr als die Hälfte im Energiesektor angesiedelt, und es war an der Zeit, daß die GD XVII einige Arbeiten in Angriff nimmt, die ein Anfang sind, ein Embryo, die aber sehr viel umfangreicher sein müssen. Ich möchte Ihnen sagen, Herr Kommissar, daß derjenige mehr schafft, der will, als derjenige, der kann, und Sie haben viele Aufgaben auszuführen. Alle Umweltprobleme sind in irgendeiner Form mit der Energie verknüpft, oder mindestens 80 % der großen Probleme. Und ich glaube, daß die GD XI mit einer zu kurzfristig orientierten Sichtweise arbeitet. Sie müssen die Lösungen studieren, und deshalb scheint mir das ETAP-Programm sehr wichtig zu sein. Wir haben Märkte liberalisiert - Elektroenergie und Gas -, aber Sie müssen untersuchen, in welche Richtung wir gehen. Es steht ein bißchen die Versorgungssicherheit auf dem Spiel, obwohl es jetzt Ressourcen gibt, und sogar sehr billige; es steht - wie gesagt wurde - die Energieeffizienz auf dem Spiel, denn die Energieintensität in Europa ist sehr hoch. Wir müssen in unserer Produktion weniger Energie einsetzen, und Sie haben die Verpflichtung, Arbeiten für die ganze Welt durchzuführen, und auch aus dieser Versammlung heraus, im Haushaltsausschuß, werden wir uns bemühen zu erreichen, daß Ihre Mittelausstattung erhöht wird. Ich möchte jetzt über die Kohle sprechen. Wir müssen die Kohle sehr stark berücksichtigen. Europa ist sehr arm an Ressourcen. Wenn wir Großbritannien beiseitelassen, ein bißchen Gas in Holland, und natürlich Norwegen, dann verfügen die übrigen Länder über sehr wenige Ressourcen. Die Abhängigkeit Spaniens vom Ausland beträgt 70 %, und das wenige, was wir haben - sei es gut oder schlecht -, müssen wir nutzen. Deshalb scheint mir das Programm CARNOT so wichtig zu sein. Mit der Erweiterung werden Länder hinzukommen, die viel Kohle verwenden. Widmen Sie der Kohle Aufmerksamkeit, Herr Kommissar. Mit der Nutzung der Kohle sind wir noch nicht am Ende; 50 % der Elektroenergie weltweit wird aus Kohle erzeugt; in den Vereinigten Staaten mehr als 50 %; China wird ein starkes Wachstum haben, auch Indien. Wir brauchen eine saubere Verbrennung, aber vor allem brauchen wir eine effektive Verbrennung. In der Tat müssen die Umweltthemen, die so eng mit der Energiewirtschaft verknüpft sind, offiziöse Erklärungen sein, und sie müssen mit der Technologie in Angriff genommen werden. Das Fünfte Rahmenprogramm - ich bin Berichterstatterin über das spezifische Programm ?Energie und Umwelt " -, aber auch die Energieprogramme und die Mittel, über die Sie künftig verfügen werden - da bin ich sicher -, werden dazu beitragen. Auf jeden Fall, Glückwunsch an die Berichterstatter und an die Kommission - an die GD XVII - zu ihrer Arbeit. Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr geehrte Kollegen! Zunächst möchte ich meine Freude über den Vorschlag von Kommissar Papoutsis zum Ausdruck bringen, alle Energieprogramme in einem Rahmenprogramm zusammenfassen zu wollen. Meine Fraktion hat wiederholt diese Notwendigkeit unterstrichen, und deshalb begrüßen wir die Initiative, wenngleich sie etwas spät kommt. Selbstverständlich möchte ich auch allen Berichterstattern von heute morgen zu ihren ausgezeichneten Berichten gratulieren. Sehr geehrte Kollegen, ein Rahmenprogramm für Energiemaßnahmen bietet den Vorteil, eine klare Strategie für Aktionen im Energiebereich entwickeln zu können. Damit lassen sich Überschneidungen zwischen den Programmen vermeiden. Auch die knappen Haushaltsmittel können besser eingesetzt werden. Meine Fraktion bedauert, daß der Rat systematisch unzureichende Mittel für Programme mit dem Ziel der Energieeffizienz und Förderung erneuerbarer Energien bewilligt. Das steht im Widerspruch zu den von der Union in Kyoto eingegangenen Verpflichtungen. Ohne zusätzliche Mittel für die Erforschung neuer Energietechnologien lassen sich die Kyoto-Ziele nicht erreichen. Übrigens werden die Programme SAVE und ALTENER in der Agenda 2000 als prioritär eingestuft. Was aber beabsichtigt die Kommission damit? Denn für diese Programme wurde der Haushalt vom Rat drastisch gekürzt. Was sind die Prioritäten? Hoffentlich bringt die bevorstehende Erweiterung der Union den Rat dann auch zur Besinnung, denn gerade bei Investitionen in mittel- und osteuropäischen Ländern bringen unsere Euros das Doppelte ein. Sehr geehrte Kollegen, die künftige Energiesituation in Europa und in der Welt wird vor allem von der Umweltproblematik geprägt sein. Die Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei plädiert deshalb schon seit Jahren für ein integriertes Energie- und Umweltkonzept. Ein Rahmenprogramm für die Energie- und Umweltpolitik unter dem gemeinsamen Nenner "dauerhafte und umweltfreundliche Entwicklung" muß nach Ansicht meiner Fraktion deshalb auch der nächste Schritt der Kommission sein. Herr Präsident, das hier vorliegende Energie-Rahmenprogramm zeigt wieder in eklatanter Weise auf, wie hinderlich es doch ist, daß wir kein eigenständiges Energiekapitel haben. Das hier vorliegende Energie-Rahmenprogramm ist in keiner Weise kohärent; es hat verschiedene Rechtsgrundlagen - Herr Linkohr ging schon darauf ein. Die Mittelausstattung ist lausig, sie ist lächerlich - darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. So können wir in keiner Weise unserer Aufgabe und Verpflichtung von Kyoto nachkommen, noch wird es den Anstoß für die nötigen Innovationen geben, noch werden wir damit von unserer Importabhängigkeit von Energie ein klein wenig wegkommen. Was noch erstaunlicher ist, ist der geradezu hilflose Versuch, durch das Programm SURE Atomenergie sozusagen ein wenig in den Bereich der normalen Energien zu rücken. Dabei geht es um EURATOM - dann haben wir schon gar nichts mehr zu sagen. Dann handelt es dabei nur um safeguard und Atomtransporte. Unbestritten, safeguard ist sehr wichtig, hat aber damit jetzt nichts zu tun. Was die Atomtransporte angeht, so vermisse ich in dem Kommissionsvorschlag erstens ein einheitliches Meldesystem und eine Meldepflicht. Das haben wir überhaupt nicht, wie gerade die Skandale im Frühjahr in meinem Land gezeigt haben, die immerhin dazu geführt haben, daß bislang alle Atomtransporte verboten sind. Dann müßte es doch eine einheitliche Auffassung darüber geben, welche Forderungen wir an Atomtransportbehälter stellen. So kann ja wohl nicht angehen, daß dafür nur Computersimulationen gelten, wie es jetzt neuerdings modern ist. Das ist übrigens in Amerika verboten. Da muß ich auch meinem Kollegen Herrn van Velzen mal sagen, der meinte, plötzlich seien wir für Tierversuche, das ist natürlich Unsinn! Aber es gibt einen Falltest, es gibt einen Feuertest usw. Zur Zeit werden in der EU absolut unterschiedliche Bahntransportbehälter verwendet, die zum großen Teil nicht mehr den Anforderungen gerecht werden und eben deswegen verboten sind. Bedeuten würde das doch, daß wir zum einen ein Energie-Rahmenprogramm hätten mit einer absoluten Aufstockung von finanziellen Mitteln, das wir mit einheitlichen Rechtsgrundlagen verbinden müßten, anstatt hilflos hin und her zu managen, und daß wir uns zum anderen natürlich mit dem Block Atomenergie befassen müssen. Hier müssen wir uns endlich darum kümmern, wie wir mit dem Abfall fertig werden, d.h. wir müßten eine Menge Geld ausgeben. Was machen wir mit dem vorhandenen Nuklearmüll? Der wird ja auch nur von einem Land ins nächste geschoben, und keiner weiß, wohin. Da gibt es die Idee der Transmutationstechniken oder die Idee des Verglasens. Hier müßten wir unsere Aufgaben, unsere Mittel investieren und können das nicht nur so ein bißchen im Rahmen des Transport- und Energiesektors behandeln. Das wären zukunftsweisende Aufgaben, und all dies vermisse ich in den hier vorliegenden Vorschlägen. Ich bedauere das sehr. Ich sehe zwar den guten Willen der Kommission, aber er bringt uns absolut noch nicht auf den richtigen Weg! Herr Präsident, um eine Energiepolitik schaffen oder den Grundstein dazu zu legen - da stimme ich Frau Bloch von Blottnitz völlig zu -, brauchen wir eine einheitliche Rechtsgrundlage und - wie ich vorschlagen würde - einen Kommissar, der sich mit ihr befaßt. Das wäre sehr sinnvoll. Man sagt uns, daß die Liberalisierung zu preiswerteren Brennstoffen führen würde. Ich bin skeptisch, ob dies in meinem Mitgliedsland unter der derzeitigen Regierung tatsächlich erreicht werden wird. Es gibt einfach zu viele verschiedene Kapitel, als daß das Ganze effizient sein könnte. Die Abhängigkeit von den Einfuhren ist enorm und wird bis zum Jahr 2020 weiter zunehmen. Ein Redner sprach insgesamt von einer Abhängigkeit im Energiesektor von 70 %: 90 % bei Erdöl, 80 % bei Kohle und 40 % bei Erdgas. Ein anderer Redner wies auf die Tatsache hin, daß wir bei unseren Einfuhren auf sehr instabile Länder angewiesen sind: dies muß uns Sorge bereiten. Bei den erneuerbaren Energiequellen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, aber es wird nur sehr wenig Geld zur Verfügung gestellt und nur sehr wenig unternommen. Im Vereinigten Königreich ist es der Kernkraftlobby gelungen, ein hervorragendes Programm für Wasserkraft zu stoppen. Das Amt für Wasserkraft, das "Hydro-Electricity-Board" , besaß sehr viel Land für weitere Programme, doch sie wurden gestoppt. Die Kernkraftlobby war zu stark. Dann gab es da ein wunderbares Programm von Professor Salter von der Universität Edinburgh. Er erfand das sogenannte "Salter´s Duck" , eine preiswerte Möglichkeit, Strom aus Wellenkraft zu erzeugen. Die Gegend, aus der ich stamme, wäre dafür hervorragend geeignet, ebenso wie für Windenergie, die nur sehr wenig entwickelt worden ist - in Sachen Förderung der Windenergie könnten wir uns wirklich eine Scheibe von Dänemark abschneiden. Das Projekt Salter´s Duck wurde von der Atomindustrie abgewürgt, die behauptete, es sei nicht effizient. Im vergangenen Jahr verbrachte das britische Aufsichtsamt für Kernkraft, das UK Nuclear Inspectorate, 136 Tage in Dounreay, in meinem Wahlkreis. Wenn Sie das mal nachrechnen, dann werden Sie feststellen, daß jeder Inspektor 5000 Pfund Sterling pro Tag bekam. Das Ergebnis waren 23 schwere Vorbehalte gegenüber Dounreay. Bitte schicken Sie also Ihren Abfall nicht nach Dounreay in der Annahme, daß er dort sicher entsorgt werden kann. Vor kurzem wurde dem Unterhaus im nachhinein mitgeteilt, Dounreay habe im Interesse der Sicherheit Europas Atomabfälle von Georgien entgegengenommen. Als das Material eintraf, stellte sich heraus, daß das Aufsichtsamt für Kernkraft, das sich 136 Tage lang über die Einleitungen ins Meer, die Einlagerung in einen Abfallschaft und in den Boden beschwert hatte, der Anlage die Wiederaufbereitungslizenz entzogen hatte. Der Ausschuß für Handel und Industrie des Unterhauses äußerte Kritik an dieser Praxis der Geheimhaltung. Um noch einmal auf Salter´s Duck zurückzukommen, so gestand der damalige Energieminister Tony Benn, er habe dem Unterhaus weisgemacht, daß Kernkraft sicher, billig und nichtmilitärischer Art sei. Nun hat sich herausgestellt, daß die Regierung im Juni dieses Jahres 73 kg an waffenfähigem Material zu militärischen Zwecken nach Aldermaston geliefert hat. Diese Geheimniskrämerei muß aufhören. Bitte lassen Sie es nicht zu, daß Ihre Länder Abfall nach Dounreay schicken. Wir dürfen ihn nicht wiederaufbereiten. Herr Präsident, die EU muß ihren energiepolitischen Kurs so schnell wie möglich radikal ändern und eine umweltgerechte Entwicklung anstreben, indem sie nachhaltige Energiequellen zum erklärten Hauptziel der Energiepolitik macht und dafür sorgt, daß die Energiepreise die tatsächlichen Umweltkosten deutlich wiedergeben. Ohne eine solche Zielsetzung fehlen dem Rahmenprogramm die notwendigen Visionen. Neben einem Nullbeitrag zu den CO2 -Emissionen tragen die nachhaltigen Energiequellen langfristig zur Sicherung der Versorgung bei und entschärfen den geopolitischen Aspekt. Die dänischen Erfahrungen sind eindeutig. Es wurden dadurch gute Ergebnisse erzielt, daß privaten Initiativen der Bürger stabile Wachstumsmöglichkeiten eingeräumt wurden, durch finanzielle Absicherung und ohne Einmischung durch den Staat. Richtlinien, zentrale Lenkung und Liberalisierung sind dagegen eine potentielle Bedrohung eines stabilen Wachstums beim Einsatz nachhaltiger Energien. Es gibt vielmehr einen Bedarf an breit gestreuten Maßnahmen. Die Energielösungen der Zukunft entstehen aus lokalen Initiativen, an denen sich interessierte Verbrauchergruppen und kleinere Institutionen und Unternehmen beteiligen, während die derzeitigen hohen Verwaltungsanforderungen und die bedeutende Selbstbeteiligung an den Energieprogrammen zu einer Konzentration bei den etablierten Institutionen und großen kapitalkräftigen Unternehmen geführt hat, die keine Zuschüsse brauchen. Ich würde ein Rahmenprogramm begrüßen, das nach diesen Richtlinien arbeitet, und deshalb empfehle ich nachdrücklich die grünen Änderungsanträge gegen die Atomenergie, insbesondere Änderungsantrag 17. Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, unser Kollege Alain Pompidou, Koordinator der UPE-Fraktion in den von uns diskutierten Bereichen, wird noch außerhalb dieses Hauses aufgehalten, und ich bitte Sie, dies zu entschuldigen. Ich habe die Aufgabe, den Standpunkt unserer Fraktion in dieser gemeinsamen Aussprache zu Energiefragen darzulegen. Einleitend möchte ich die drei Leitlinien hervorheben, denen das Rahmenprogramm im Energiebereich entspricht, das für einen Fünfjahreszeitraum 1998-2002 festgesetzt werden soll und das auch auf Transparenz, Kohärenz und Koordination der von der Europäischen Union durchgeführten Maßnahmen abzielt. Auf diese Weise trägt dieses Programm zur Versorgungssicherheit, zur Wettbewerbsfähigkeit und zum Umweltschutz bei. Das Rahmenprogramm beruht auf drei grundlegenden Zielvorgaben: Bereitstellung einer stabilen rechtlichen Grundlage für die von der Union durchgeführten Maßnahmen; Stärkung der Koordination aller Maßnahmen, die in die Zuständigkeit der Generaldirektion der Kommission für Energiefragen fallen; Schaffung eines neuen Koordinationsrahmens für die Aktivitäten im Energiebereich, für die andere Gemeinschaftspolitiken zuständig sind. Dies betrifft unter anderem die Strukturfonds, die außenwirtschaftlichen Hilfsprogramme oder die Forschungsprogramme. Unsere Fraktion wird die Vorschläge des Berichterstatters unterstützen, die in erster Linie darauf abzielen, eine strengere Überwachung der Umsetzung der Richtlinie von 1996 zur Elektrizität und der Richtlinie von 1998 zum Gas zu gewährleisten, um so den vollen Erfolg des Binnenmarkts für Energie zu garantieren, und zwar sowohl im Interesse der europäischen Unternehmen wie auch der Haushalte. Zweitens werden wir die Vorschläge unterstützen, die auf die Ausprägung der Rolle abzielen, die das Rahmenprogramm für Energie zugunsten des Erweiterungsprozesses spielen sollte. Drittens schließlich werden wir die Vorschläge unterstützen, die die Transparenz der Überwachung verbessern sollen, wobei wir gleichzeitig die Tatsache hervorheben, daß die Haushaltsmittel zugunsten des Rahmenprogramms für Energie es ermöglichen müßten, die Herausforderungen des kommenden Jahrzehnts zu bewältigen. Des weiteren hat unser Kollege van Velzen dazu beigetragen, das ETAP-Programm zu verbessern, und zwar mit Hilfe von Änderungsanträgen, die die vorausschauenden Analysen und die Marktbeobachtung in zwei Richtungen stärken sollen: die erste Richtung betrifft die schrittweise Liberalisierung des Marktes für Elektrizität und Gas; die zweite Richtung hat zum Ziel, eine größere Sicherheit innerhalb der Energieversorgung zu gewährleisten. Das SURE-Programm hingegen zielt darauf ab, den sicheren Transport radioaktiven Materials zu garantieren, insbesondere mit Blick auf die Erweiterung um die Länder, die bereits am TACIS-Programm teilnehmen. Es hat unsere Unterstützung. Was den Bericht von André Soulier anbelangt, so kommt ihm das große Verdienst zu, daß er für die Jahre 1998-2002 die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Energiepolitik gewährleistet, und zwar dank der Beibehaltung des SYNERGY-Programms, das wir vorbehaltlos unterstützen. Herr Präsident, in der Tat ist es eine gute Sache, wenn man im Kernenergiebereich wie auch in jedem anderen Bereich ein sehr hohes Sicherheitsniveau erreicht. Ich denke, die französische Kerntechnik, die einen hohen Grad an Verläßlichkeit aufweist, muß in diesem Zusammenhang als Maßstab dienen. Ich würde mir allerdings wünschen, daß man etwas grundsätzlicher über die Energiefrage nachdenkt. Ich gehöre zu den Leuten, die der Ansicht sind, daß die Kerntechnik, wie auch immer das erreichte Sicherheitsniveau aussehen mag, wirklich wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen schwebt. Es gibt mehrere Risikofaktoren. Manche sind Gegenstand häufig geführter Diskussionen, andere werden seltsamerweise mit Stillschweigen übergangen: zu nennen ist hier selbstverständlich der Risikofaktor Mensch, da ein falscher Handgriff eine Katastrophe vom Typ Tschernobyl auslösen könnte, oder das technologische Risiko aufgrund von Materialverschleiß. Wer sagt uns, daß unsere Nachfolger, die politisch Verantwortlichen in 20 oder 40 Jahren in weiser Voraussicht die Nukleareinrichtungen erneuern werden? Insbesondere im Falle einer schweren und chronischen Wirtschaftskrise. Der Risikofaktor Terrorismus, der durchaus vorhanden ist, und schließlich das Kriegsrisiko, von dem nie gesprochen wird. Welches werden denn, verehrte Kolleginnen und Kollegen, im Konfliktfall die ersten Ziele möglicher Raketenangriffe sein? Die Zentren für Energieproduktion natürlich, und somit die Kernkraftwerke. Alle Kernkraftwerke können also zerstört werden, wie verläßlich sie auch sein mögen. Im übrigen wird bereits seit langem anerkannt, daß es kein Nullrisiko gibt. Meines Erachtens ist die Schlußfolgerung offensichtlich: wir müssen, selbstverständlich schrittweise, aber auf jeden Fall aus der Kerntechnik aussteigen. Herr Präsident, herzlichen Glückwunsch an die Berichterstatter und an Kommissar Papoutsis, der hier nicht immer eine leichte Aufgabe zu bewerkstelligen hatte. Seine Aufgabe ist nie einfach, angesichts der Tatsache, daß von der Energiefrage mehrere Ausschüsse berührt werden. Es war sehr interessant, heute morgen so viel Konsens feststellen zu können. Ich fühle mich sehr europäisch, nachdem ich mehr oder weniger die gleiche Rede in 11 verschiedenen Sprachen gehört habe, auch wenn es bei der Schwerpunktsetzung und bei einigen Punkten, wie ganz deutlich bei der Kernenergie, Unterschiede gegeben hat. Wir begrüßen das Rahmenprogramm. Es bietet eine gewisse Rechtsgrundlage. In den letzten zwei Jahren, in denen ich mich mit dem Haushalt der Energieprogramme herumgeschlagen habe, ist mir diese Lücke bewußt geworden. Das Rahmenprogramm gibt uns diese Rechtsgrundlage für eine gewisse Zeit, obwohl ich ebenso wie Herr Linkohr Vorbehalte angesichts der fehlenden einheitlichen Rechtsgrundlage habe. Die finanzielle Ausstattung ist unzureichend. Ich bedauere außerdem wie die vorherigen Redner, daß die Mitgliedstaaten es nicht geschafft haben, sich bei den Diskussionen in Amsterdam auf die Aufnahme eines Energiekapitels in den Vertrag zu einigen. Es geht im Energiesektor um sehr viel mehr als nur um Umweltfragen. Herr Adam sprach klar und deutlich von den Exportmöglichkeiten bei der Kohletechnologie. Mir gefällt seine Formulierung "effizient" und "sauber" bzw. "lean" und "clean" im Englischen. Vielleicht läßt sich dies nicht so gut in andere Sprachen übertragen, aber im Englischen ist dies zumindest ein sehr wohlklingendes Wortpaar. Nicht alle Aspekte der Energie sind in diesem Rahmenprogramm abgedeckt. Was fehlt, sind einige Euratom-Aspekte sowie Forschung, Strukturfonds, MEDA und die umfassenderen Themen PHARE und TACIS. Entwicklungshilfe, Landwirtschaft, Verkehr und Steuern haben alle Auswirkungen auf die Energie. Wenn es zu einer Umstrukturierung der Ausschüsse im Parlament kommt, sollten wir nicht in die Falle tappen und meinen, daß ein Umweltausschuß sich mit allen Aspekten der Energie auseinandersetzen könnte. Wir brauchen im Falle einer wie auch immer gearteten Umstrukturierung, die an sich durchaus eine interessante Idee ist, recht umfangreiche Diskussionen zur Problematik der Energie. Ich hatte zu einem früheren Zeitpunkt bereits gesagt, daß der Euratom-Vertrag ein sehr wirksames Mittel zur Förderung der Kernenergie darstellte, über die die Meinungen auseinandergehen. Wir brauchen eine Regierungsvereinbarung, die uns etwas ähnliches im Bereich der erneuerbaren Energiequellen und der Energieeffizienz beschert. Ich habe meine Vorschläge vorgelegt. Vielleicht wäre "Charta" ein besserer Begriff als "Vertrag" und ließe sich auch leichter durchsetzen. Ich hoffe, der Kommissar wird hier etwas unternehmen. Wir werden ihm in Kürze ein Instrument in die Hand geben, das ihn zur Durchführung von Arbeiten auf dieser Grundlage anregen wird. Ich freue mich, daß nunmehr ein Teil der Euratom-Aufgaben in ein umfassendes Rahmenwerk für Energie aufgenommen wurde, so daß ein einziger Verwaltungsausschuß sich mit den Arbeiten im Rahmen von SURE befassen wird. Dies sollte fortgesetzt und gefördert werden. Es ist absurd, eine so grundlegende und komplizierte Angelegenheit wie die Energie in zwei getrennten Verträgen abzuhandeln. Herr Präsident, wir stehen vor anspruchsvollen Herausforderungen. Zur gleichen Zeit, wie wir die Osterweiterung der Gemeinschaft in Angriff nehmen, wächst unsere Importabhängigkeit in der Energieversorgung. Ziel muß es sein, daß die Energielieferungen gewährleistet sind. Für besonders wichtig halte ich auch die Entwicklung hoher Sicherheitsstandards für alle Kernkraftwerke und für den Transport von radioaktivem Material. Diese Forderungen sind auch in die Verhandlungen um die Mitgliedschaft einzubringen. Die im Grundlagenpapier über Energie festgeschriebenen Ziele für eine Zusammenarbeit zwischen den osteuropäischen Ländern und der Gemeinschaft im Bereich Sicherheit, Umwelt und Energie müssen umgesetzt werden. Eine bessere Ausnutzung der Wärme- und Energieproduktion ist eine effiziente Methode, den Zielen von Kyoto ein Stück näher zu kommen und die Umweltpolitik der EU positiv zu beeinflussen. Die Energienutzung in den Mitgliedstaaten wird kurz- und mittelfristig kostenwirksam gefördert. Die Nutzung der gemeinsamen Produktion ist eng an die nationalen Ziele der Mitgliedstaaten gebunden, ungeachtet dessen bedarf es aber auch in der EU eines Engagements für diese Frage. Die Gemeinschaft müßte bestrebt sein, die Produktion insgesamt zu fördern und den Markt über den wettbewerbsfähigsten Brennstoff entscheiden zu lassen. Wenn wir von der Zielstellung einer Verringerung des Treibhauseffekts ausgehen, dann kommen als Lösungen für die Basisenergien nur die Kernkraft und erneuerbare Energiequellen in Frage. Herr Präsident, meiner Ansicht nach müssen wir im Energiebereich zwei große gesellschaftliche Aufgaben lösen. Die erste besteht darin, langfristig nachhaltige, umweltfreundliche Energien zu fördern, vor allem aus dem Biobereich, z. B. Holzbrennstoff, Pellets, Briketts und Biogas, um nachhaltige Energiequellen zu erschließen. Zweitens müssen wir weg von Kernkraft, Öl und Kohle, die langfristig gesehen nicht nachhaltig sind. Es ist wichtig, daß all das in Gang kommt, damit wir als Mandatsträger den Ausstieg aus der Kernenergie und den Ersatz der fossilen Brennstoffe Öl und Kohle fördern, damit der Markt die notwendigen Anreize für den Einsatz erneuerbarer Energien bekommt. Wenn dies richtig und energisch getan wird, werden wir langfristig einen nachhaltigen Energiemarkt fördern können, auf dem umweltfreundliche Brennstoffe zum Nutzen der kommenden Generationen eingesetzt werden. Herr Präsident, wenn man den Rednern hier zuhört, dann hört man die Worte Umwelt, Langfristigkeit, sicheres und nachhaltiges Energiesystem und daß wir daran arbeiten müssen. Das muß ja bedeuten, daß die meisten hier und heute auch für die Änderungsanträge der Fraktion Die Grünen stimmen werden. Denn sie bemühen sich ausdrücklich um Dinge wie Umwelt, Nachhaltigkeit, Sicherheit und Weitsichtigkeit. In Schweden wird jetzt der Ausstieg aus der Kernenergie eingeleitet. Im Zusammenhang mit der Bildung einer neuen Regierung in Deutschland wird auch in Deutschland die Kernkraft ersetzt werden. Auch die EU muß sich dann der Realität anpassen und etwas Vertrauen in die Zukunft entwickeln. Die EU kann nicht auf ewig die Kernkraftindustrie an ihr Herz drücken, sie muß sich vielmehr neu orientieren und sich der Entwicklung und der Zukunft und den erneuerbaren Energien zuwenden. Dazu gehören aber weder Kernkraft noch Öl oder Kohle! Ich hoffe daher, daß die meisten von Ihnen Frau Bloch von Blottnitz unterstützen werden, die im Namen der Fraktion Die Grünen im Europäischen Parlament diese Änderungsanträge über den Ausstieg aus der Kernkraft vorgelegt hat. Herr Präsident, im Energiebereich ist alles in Bewegung. Die Liberalisierung der Erdgas- und Elektrizitätsmärkte ist weiter vorangeschritten. Künftig werden wir noch stärker von Energiequellen außerhalb der Union abhängig sein. Deshalb treten wir nachdrücklich für Energieeinsparung und die intensivere Förderung regenerativer Energiequellen ein. Wir müssen alles daransetzen, den relativen Anteil erneuerbarer Energien beträchtlich zu erhöhen. Um im Jahre 2020 einen Anteil von 12 oder gar 15 Prozent zu erreichen, sind flankierende Maßnahmen im Rahmen der Steuer- und Agrarpolitik erforderlich. Auch die Forschung in bezug auf die Verbesserung und Weiterentwicklung der Sonnenenergie muß gefördert werden. Koordinierung und Integration mittels eines Rahmenprogramms sind im Hinblick auf die Abstimmung der einzelnen Energieprogramme wünschenswert. Es ist eine gute Sache, wenn man mit dem vorgeschlagenen Rahmenprogramm den Entwicklungen, inklusive Analysen und Prognosen, weitestgehend aktiv folgt. Was die Aktivitäten im Kernenergiebereich anbelangt, so können wir nicht zurückhaltend genug sein. Solange gute Perspektiven für erneuerbare Energien bestehen, die auch noch sicherer sind und deren Abfälle weniger Probleme aufwerfen, genießen diese unsere Unterstützung. Wir teilen die Auffassung des Berichterstatters, auch die beitrittswilligen Länder in die Verbesserung der Kernsicherheit einzubeziehen. Herr Präsident, die Entscheidung über die zukünftige Energienutzung in Europa ist eine der entscheidendsten Fragen der Europäischen Union überhaupt. Ich habe das Gefühl, die Kommission hat die Bedeutung der Energiefrage noch nicht vollständig erkannt. Es sind zwar einige lobenswerte Ansätze zu erkennen wie z.B. die Ankündigung der Durchsetzung des Weißbuchs für erneuerbare Energieträger. Aber mit dem so gut wie ohne finanzielle Mittel dastehenden ALTENER-II-Programm kann die Energiewende nicht geschafft werden. Es gibt fünf Gründe für diese Energiewende. Die Umweltgründe sind klar. Es sind die Gründe der Arbeitsplatzbeschaffung, es sind die Gründe der Ressourcenschonung und es sind auch die Gründe des Exportmarktes, den wir nicht Japan und den Vereinigten Staaten überlassen dürfen. Der wichtigste Punkt ist: Es werden derzeit Kriege um Energieressourcen geführt, und mit der Verknappung dieser Energieressourcen werden diese Kriege noch zunehmen. Die Atomkraft ist mit Sicherheit nicht die Lösung. Gerade in den letzten Wochen haben wir von den Reaktorproblemen in Frankreich gehört, dem Atomstaat schlechthin, wo sogar die Versorgungssicherheit nicht gegeben war. Gestern ist aus Tschernobyl die Horrormeldung gekommen, daß ein größerer Gau als 1986 möglich ist. Die Änderungsanträge von Frau Bloch von Blottnitz sind daher eine entscheidende Korrektur dieses Programms. Herr Präsident, ich darf beginnen, indem ich den Berichterstattern für ihre Arbeit danke, und möchte mich auf zwei Punkte konzentrieren. Zum einen die Rechtsgrundlage. Wie von einigen meiner Vorredner schon erwähnt, ist es sehr gut, daß wir mit diesem Mehrjahresprogramm für Energie zumindest für einen Zeitraum von fünf Jahren eine Rechtsgrundlage geschaffen haben. Ich denke aber, daß das nur eine Krücke ist, die für einige Zeit hilft. Was wir wirklich brauchen, ist ein Energiekapitel im Vertrag, in dem alle Energien eingeschlossen sind, so daß es auch zu einer Chancengleichheit zwischen den Energien kommt und nicht so wie jetzt zu einer wesentlich stärkeren Förderung und Bevorzugung der Nuklearenergie gegenüber allen anderen Energien. Ich bin der Ansicht, daß wir mit einem solchen Energiekapitel auch das, was Herr van Velzen angesprochen hat, viel leichter lösen könnten, nämlich einen acquis communautaire in diesem Bereich zu schaffen mit einheitlichen Standards, Vorschriften, wie welche Kraftwerke - und ich rede nicht nur von Nuklearkraftwerken - zu gestalten sind, wie Sicherheitsmaßnahmen auszusehen haben. Wir könnten damit auch zu einer Verbesserung der Kostenklarheit im gemeinsamen Elektrizitätsmarkt beitragen. Ein Kraftwerk, das erneuerbare Energien in elektrischen Strom umwandelt, braucht bei einem Notfall die örtliche Feuerwehr. Ein Atomkraftwerk braucht eine Menge an Sicherheitsmaßnahmen, und es kann geschehen, daß ein ganzer Landstrich nicht mehr bewohnbar ist, wenn dort ein Unfall geschieht. Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Notwendigkeit einer nachhaltigen Energiepolitik für die Erreichung des Kyoto-Ziels. Wir können uns hier in diesem Bereich nicht mit Lippenbekenntnissen begnügen. Sonst werden wir das Kyoto-Ziel nicht erreichen, und wir werden noch eines versäumen, nämlich eine Ausrichtung unserer europäischen Wirtschaft auf ein modernes, von Umwelt, Klima und Ressourcenschonung geprägtes Bewußtsein. Wir haben hier, weil die Amerikaner viel zu kurzfristig denken und noch nicht erkannt haben, daß eine Umstellung der Wirtschaft auf Energiesparmaßnahmen, auf die Verwendung alternativer Energien sehr viel mehr bringt, als es im ersten Moment kostet, als Europäer die Chance, nicht nur voranzugehen, indem wir sagen, wir wollen die Umwelt schonen, sondern damit unsere eigene Industrie zur Innovation zu bringen. Bei Ressourcenknappheit war der Zwang zu Innovationen stets wesentlich größer, als wenn man aus dem Vollen schöpfen konnte und sich nicht darum kümmern mußte, wie Energie und andere Ressourcen verwendet werden. Lassen Sie mich mit einem Satz schließen, den ich hier in diesem Haus schon anläßlich der Verabschiedung von Auto-Oil gesagt habe. Moderne Industriepolitik ist Umweltpolitik, und wir müssen für eine bessere Entwicklung der Union die Energiepolitik in die Umweltpolitik einfließen lassen. Herr Präsident, die Integration der einzelnen Aktionen auf den Gebieten der Studien und Analysen der internationalen Zusammenarbeit, der erneuerbaren Energien, des energetischen Wirkungsgrades, der effizienten Nutzung fester Brennstoffe und der nuklearen Sicherheit in ein Rahmenprogramm entspricht eindeutig einer angemessenen Entwicklungsstrategie in diesem Sektor. Da die Berichte van Velzen, Soulier und Adam insgesamt die angeführten Programme erschöpfend und sehr gut behandeln, möchte ich lediglich sagen, ich hoffe, daß alle diese Programme nun in Kraft treten, einschließlich ALTENER und SAVE, die Bestandteil des ersten Rahmenprogramms für Energie sind, obwohl ich weiß, daß es jemanden im Rat gibt, der das nicht will. Diese Programme müssen, außer- oder innerhalb des Rahmenprogramms, auf jeden Fall mit einem erhöhten Haushalt weitergehen, denn in diesem Bereich ist eine Konvergenz bei weitem noch nicht erreicht, und die Kohäsion Europas muß außer auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet auch im Energiebereich hergestellt werden. Andererseits muß die Energiepolitik der Union so klar und kraftvoll sein, daß sie sich über die Nuklearlobbys hinwegsetzen kann. Abschließend möchte ich erklären, daß es meiner Ansicht nach durch die Aufnahme des Artikels 130 bezüglich der Umwelt in das Mitentscheidungsverfahren den Vorteil gibt, daß das Programm eine doppelte Rechtsgrundlage hat, die Artikel 235 und 130. Die Qualität des Rahmenprogramms kann mit der Betonung des Umweltaspekts und auch mit einer umfassenderen Beteiligung des Parlaments an den Entscheidungen nur gewinnen. Herr Präsident, Herr Kommissar! Ganz herzlichen Dank für den Versuch, verschiedene Energiebestandteile der europäischen Politik zusammenzufügen. Ich weiß, wie schwierig das ist, weil Energiepolitik in der Tat ein vermintes Gelände ist. Zu zwei Punkten möchte ich noch etwas sagen. Erstens, zum Umgang mit der Atomenergie: Die Mehrheit der Länder in der Europäischen Union verzichtet auf Atomenenergie, und einige Länder, die sie früher genutzt haben, sind jetzt dabei, den Ausstieg vorzubereiten. Auch ein großes Mitgliedsland wird das jetzt mit großen Schritten angehen. Da kann es doch nicht sein, daß im Rahmen eines Programms, in das alle einzahlen, mit dem Geld nur im Hinblick auf die Sicherheit von Atomenergie geforscht und gearbeitet wird. Ich denke, wir müssen das ergänzen, damit die Ausstiegsbemühungen der Länder, die die Atomenergie nicht mehr nutzen, entscheidend gefördert werden. Es kann nicht sein, daß alle nur die Atomenergie von einigen fördern, sondern hier müssen wir deutliche, ergänzende Akzente auch für den Ausstieg hineinbringen. Der zweite Gesichtspunkt: Das Budget ist nur ein Trostpflaster für die Energiepolitik in Europa. Damit kann man die Energiewende nicht durchsetzen. Wir brauchen ergänzend zu diesem Programm legislative Vorschläge; zum einen über die Besteuerung von Energie, zum anderen über die Förderung der regenerativen Energien durch eine europaweite Stromeinspeiserichtlinie. Deswegen, Herr Kommissar, möchte ich Sie noch einmal nachdrücklich darum bitten, daß Sie - auch angesichts der neuen Regierung in Deutschland - Ihre Kräfte darauf verwenden, daß der Vorschlag für eine Besteuerung der Energie in Europa wieder vorangebracht wird, so daß möglichst bald von Ihrem Haus ein Vorschlag für die europaweite Stromeinspeisung auf den Tisch kommt. Herr Präsident, da die Zeit so knapp ist, werde ich ausschließlich auf das Programm CARNOT Bezug nehmen. Herr Adam ist zwar nicht anwesend, doch ich möchte ihn beglückwünschen. Aber der Glückwunsch gilt in erster Linie der Europäischen Kommission, die dieses Mehrjahres-Rahmenprogramm für Maßnahmen im Energiebereich vorlegt, das sich um die Koordinierung und ein kohärentes Herangehen an die verschiedenen Sektoren bemüht. Was das Programm CARNOT betrifft, so glaube ich, daß ein Programm benötigt wurde, das den Export von Technologien zur sauberen Kohleverbrennung fördert, das die Verbreitung der Ergebnisse sowie die Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union und auf internationaler Ebene fördert, vor allem mit den übrigen europäischen Ländern, die einen hohen Kohleanteil haben und einen großen Teil ihres gesamten Energiesektors erneuern und an die Umweltschutzforderungen anpassen müssen, die wir alle erheben. Aber ich möchte die mir verbleibende Zeit nutzen, um eine allgemeine Überlegung zur Kohleforschung anzustellen, weil ich glaube, daß sie besorgniserregend ist. In diesem technologischen Bereich muß es wie in vielen anderen Bereichen der Industrie immer eine mittel- und eine langfristige Sicht geben; zur Zeit ist die Lage unsicher. Der Rat hat beschlossen, daß die verbleibenden Haushaltsmittel für Kohle und Stahl aus dem EGKS-Vertrag - denn darüber sprechen wir jetzt - von der Union übernommen und integriert werden sollen. Aber die von der Kommission selbst zur Kohleforschung angegebenen Daten beweisen, daß wir uns auf einem Nullpunkt befinden. Und nun diskutieren wir das Fünfte Rahmenprogramm. Die Kommission hat vorgeschlagen, diese Forschung erneut in das Programm aufzunehmen, das ein Zukunftsprogramm sein wird. Trotzdem sind außer Deutschland, Frau Estevan Bolea, außer Deutschland, alle anderen Länder, einschließlich Spanien, gegen die Aufnahme der Kohleforschung in das Fünfte Rahmenprogramm. Es wäre schade, Herr Kommissar, wenn dieser wissenschaftliche Besitzstand, gerade zu Themen der sauberen und effizienten Kohleverbrennung, verlorenginge - denn das europäische technologische Niveau - ich glaube, das ist wichtig - befindet sich auf der Höhe der Zeit und bei einigen Themen höher als das auf dem Weltmarkt. Natürlich kann ein Land auf eigene Rechnung weiterforschen, aber der Reichtum dieser ganzen Forschung bestand gerade in dieser bisherigen europäischen Zusammenarbeit, und mir und anderen würde es gefallen, wenn es so bliebe. Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie mich zunächst den drei Berichterstattern, Herrn van Velzen, Herrn Soulier und Herrn Adam, für ihre ausgezeichnete Arbeit danken. Der Vorschlag der Kommission für das Rahmenprogramm im Energiebereich ist von vitaler Bedeutung für die zukünftige Entwicklung der gemeinschaftlichen Energiepolitik. Mit dem Programm sollen drei strategische Ziele durchgesetzt werden. Erstens die Schaffung einer festen Rechtsgrundlage für einen Zeitraum von mehreren Jahren für die Aktionen im Energiesektor. Zweitens die Gestaltung eines konsistenten, integrierten und flexiblen Rahmens für alle Aktionen im Bereich der Energiepolitik. Und drittens die bessere Koordinierung der energiepolitischen Aktionen, die wir im Rahmen anderer Gemeinschaftspolitiken ergreifen. Bekanntlich stehen wir derzeit vor großen Herausforderungen auf dem Energiesektor. Oberste Priorität hat für uns auf jeden Fall die Versorgungssicherheit, weshalb wir die bessere Nutzung endogener Energieträger fördern und gleichzeitig die internationale Zusammenarbeit verbessern müssen. Im einzelnen sollte, wie auch Herr van Velzen betont hat, der Schwerpunkt dieser Zusammenarbeit angesichts des Erweiterungsprozesses unter anderem darauf gelegt werden, daß sich die Beitrittsländer an den gemeinschaftlichen Besitzstand im Energiebereich anpassen. Nötig sind weiterhin unverzügliche Maßnahmen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie. Die Errichtung eines effizienten Energiebinnenmarktes stellt zweifellos einen sehr wichtigen Beitrag in dieser Richtung dar. Große Bedeutung messen wir auch der Gewährleistung der Vereinbarkeit unserer Energiepolitik mit den Umweltzielen der Gemeinschaft bei. Deshalb bedarf es wirksamer Maßnahmen im Bereich der Energieerzeugung, aber auch des Energieverbrauchs. Um auf diese großen Herausforderungen im Energiebereich effizient reagieren zu können, muß sich die Energiepolitik der Gemeinschaft mehr auf konkrete Ziele konzentrieren, umfassender sein und unbedingt auch besser mit den anderen gemeinschaftlichen Politiken abgestimmt werden. Darüber hinaus muß die Energiepolitik der Union auch eine klare internationale Dimension erhalten, da der Energiesektor ein starkes Element der internationalen Zusammenarbeit darstellt, deren politische Bedeutung Herr Soulier in seinem hervorragenden Bericht, aber auch in seiner heutigen Rede im Plenum herausgestellt hat. Dies erfordert einerseits ein integriertes Herangehen, aber andererseits auch bessere Koordinierungs- und Kooperationsinstrumente zwischen den betroffenen Seiten. Und damit komme ich zum Hauptziel des energiepolitischen Rahmenprogramms, und das ist die Gewährleistung des Zusammenhalts, die Gewährleistung der Transparenz, aber auch der Effizienz der abgestimmten Aktionen im Rahmen der Energiepolitik. Ich freue mich besonders, daß das Europäische Parlament dieser Herangehensweise der Kommission zustimmt, und glaube - zumindest lassen dies die ersten Anzeichen erkennen -, daß auch der Rat diese Auffassung teilt. Zu der von mehreren Rednern - ich habe mir Herrn Linkohr, Frau McNally und Herrn van Velzen notiert - angesprochenen Frage der Finanzierung möchte ich sagen, daß unser Vorschlag von einem Finanzbogen begleitet wird, in dem festgelegt ist, daß für das Rahmenprogramm im Energiebereich ein Betrag von 213 000 000 ECU zur Verfügung gestellt werden soll. Gestatten Sie mir jedoch hinzuzufügen, daß ich persönlich diesen Betrag für zu niedrig halte. Wie Sie allerdings wissen, wird der Haushalt auf jährlicher Basis von der federführenden Haushaltsbehörde festgesetzt. Deshalb liegt es weitgehend an Ihnen, am Europäischen Parlament, sicherzustellen, daß ausreichende Mittel für die Finanzierung der betreffenden Aktionen zur Verfügung stehen. Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete, die Europäische Kommission stimmt mit vielen der von Ihnen eingereichten Änderungsanträge überein. Der Klarheit wegen werde ich auf jeden Bericht einzeln eingehen. Was zunächst den Bericht von Herrn van Velzen zur Entscheidung über die Festlegung des Rahmenprogramms betrifft, so tragen die meisten der vorgeschlagenen Änderungen dazu bei, daß der Vorschlag der Kommission deutlichere Konturen annimmt. In bezug auf die Erweiterung stimme ich Ihnen zunächst voll und ganz zu, daß der Energiesektor eine wichtige Rolle im Erweiterungsprozeß spielt. Deshalb akzeptiert die Kommission den Änderungsantrag 5. Was nun die Liberalisierung des Energiemarktes betrifft, so bin auch ich durchaus der Meinung, daß hier der Umsetzung der Richtlinien und der Überprüfung dieses Prozesses besondere Bedeutung beizumessen ist. Folglich kann ich die Änderungsanträge 1, 2 und 4 annehmen. Nicht zustimmen kann ich jedoch dem Vorschlag über die Einrichtung eines eigenen Programms im Hinblick auf die Überwachung des Binnenmarkts. Die Kommission hat bereits alle Aktivitäten eingeleitet, die im Rahmen eines solchen neuen Teilprogramms angeregt werden, da sie kraft des Vertrages, aber auch der Richtlinien zum Binnenmarkt dazu verpflichtet ist. Wir arbeiten bereits auf die Inbetriebnahme eines solchen Mechanismus hin. Außerdem stellt die Überwachung des Binnenmarkts einen Teil des Programms ETAP dar. Folglich kann ich Abschnitt (1)(g) des Änderungsantrags 9 nicht zustimmen. Ich möchte noch anmerken, daß Abschnitt (e) die Flexibilität des Programms CARNOT einschränkt und wir ihn deshalb nicht akzeptieren können. Davon abgesehen können wir aber den gesamten Rest des Änderungsantrags 9 annehmen. Die Änderungsanträge 3, 6 und 11, die auf eine bessere Koordinierung und Transparenz abzielen, können ebenfalls akzeptiert werden. Angesichts der verfügbaren Mittel sieht sich die Kommission jedoch nicht in der Lage, dem letzten Satz des Änderungsantrags 8 zuzustimmen, da dieser Änderungsantrag den künftigen Finanziellen Vorausschauen vorgreift. Die Kommission kann jedoch den ersten Teil des Änderungsantrags 8 sowie den Änderungsantrag 7 mit einer geringfügigen redaktionellen Änderung annehmen. Die Kommission kann außerdem den Änderungsantrag 14 nicht akzeptieren, denn dies würde Probleme mit der Ausgewogenheit des Vorschlags insgesamt mit sich bringen. Hinzufügen möchte ich, daß ich dem Geist der Änderungsanträge 12, 13, 15 und 16 nicht prinzipiell widersprechen will, jedoch der Meinung bin, daß diese Änderungsanträge bereits durch das Programm abgedeckt werden, weshalb wir die vorliegende Formulierung vorziehen. Außerdem können wir die Änderungsanträge 17, 19 und 21 nicht akzeptieren, da sie nicht mit den Auffassungen der Kommission zur Kernenergie konform gehen, wohingegen die Änderungsanträge 18, 20 und 22 nicht mit den Bestimmungen der Verträge im Hinblick auf die Institutionen im Einklang stehen. Auch den Änderungsantrag 23 können wir nicht annehmen, da er bereits vom ursprünglichen Vorschlag abgedeckt wird. Gestatten Sie mir jedoch an dieser Stelle eine Bemerkung zur Kernenergie. Solange es diese Form der Energie gibt, sind wir, ist die Europäische Union dazu verpflichtet, entsprechend dem Euratom-Vertrag für größtmögliche Sicherheit zu sorgen. Bekanntlich liegt es im Ermessen jedes Landes, ob es diese Form der Energie nutzen will oder nicht. Wie Ihnen bekannt ist, versuchen wir in der Europäischen Kommission auf jeden Fall, auch neue Energieträger zu fördern, um eine neue Energiebilanz für die Zukunft zu entwickeln. Ich komme nun zum Programm ETAP. Die Kommission sieht sich in der Lage, die meisten der eingereichten Änderungsanträge anzunehmen. Wir akzeptieren also die Änderungsanträge 1, 2, 3 und 5. Speziell der Änderungsantrag 2 ist prinzipiell angenommen, wir sollten aber meines Erachtens auch die Verbraucherverbände in den Katalog jener Organisationen aufnehmen, die am Programm teilnehmen können. Was nun den Änderungsantrag 4 betrifft, so ist das Ziel der Analyse im Hinblick auf die erneuerbaren Energieträger zwar äußerst wichtig, wird aber bereits von den speziellen Aktionen des Programms ALTENER abgedeckt. In diesem Bereich muß allerdings eine Koordinierung zwischen den Programmen ETAP und ALTENER erfolgen, und die Europäische Kommission verpflichtet sich natürlich, diesbezüglich für eine möglichst gute Koordinierung dieser beiden Programme zu sorgen. Drittens zum Programm SURE. Die Kommission akzeptiert die Änderungsanträge 1, 2, 3, 4, 5 und 7, da sie die Ziele des Programms deutlicher machen und die Notwendigkeit von mehr Transparenz unterstreichen. Was insbesondere den Änderungsantrag 3 zu den gemeinsamen Sicherheitsstandards betrifft - und damit will ich Frau Bloch von Blottnitz ganz praktisch antworten -, so sieht sich die Kommission in der Lage, den Inhalt dieses Änderungsantrags zu den gemeinsamen Sicherheitsstandards heute zu akzeptieren, obwohl dies natürlich vor allem in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt. Nach Ansicht der Kommission kann das Programm SURE die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf jeden Fall noch weiter beleben. Außerdem akzeptiert die Kommission mit einigen kleinen redaktionellen Änderungen den Änderungsantrag 6, in dem es um die Zusammenarbeit im Rahmen von industriellen Projekten mit den Ländern der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und Rußland geht, also den Ländern, die aus der Existenz und Umsetzung des Programms TACIS Nutzen ziehen können. Unserer Meinung nach sollte die Tatsache betont werden, daß diese Zusammenarbeit zur Umsetzung gleichwertiger und hoher Sicherheitsvorschriften führen muß. Die Änderungsanträge 8 und 11 kann die Kommission nicht akzeptieren, weil sie nicht mit ihrer Auffassung in bezug auf die Kernenergie übereinstimmen. Auch die Änderungsanträge 9 und 10 sowie die Schlußfolgerungen, zu denen sie in bezug auf den Transport radioaktiven Materials führen, können wir nicht annehmen. Den Änderungsantrag 12 können wir prinzipiell akzeptieren, meinen allerdings, daß er bereits durch den Änderungsantrag 7 abgedeckt ist. Was nun das Programm SYNERGY angeht, so können wir alle vom Ausschuß für Forschung, technologische Entwicklung und Energie eingereichten Änderungsanträge, mit Ausnahme von Nr. 1, akzeptieren. Die Kommission nimmt also die Änderungsanträge 2, 3 und 4 an. Änderung 1 können wir leider nicht aufnehmen, da durch sie unseres Erachtens nur die Flexibilität bei der Finanzierung eingeschränkt wird, die doch in Anbetracht des hohen Tempos, mit dem sich heutzutage die Entwicklungen weltweit vollziehen, notwendig ist. Um schließlich zum Programm CARNOT zu kommen, so freue ich mich, daß auch nach Meinung des Europäischen Parlaments ein Programm im Bereich des Einsatzes sauberer Kohletechnologien unbedingt nötig ist. Die Kommission kann die Änderungsanträge 1, 2 und 4 akzeptieren, nicht jedoch den Änderungsantrag 3 zur Laufzeit des Programms und zu den Haushaltsmitteln, denn dies hätte zur Folge, daß die Flexibilität bei der Umsetzung des Programms eingeschränkt würde, und außerdem halte ich es für außerordentlich wichtig, sicherzustellen, daß die Laufzeit für alle Programme des Rahmenprogramms ein und dieselbe ist. Davon abgesehen stimme ich jedoch mit Herrn Adam überein, daß wir die Verbreitung der Forschungsergebnisse in diesem Bereich gewährleisten müssen. Auch den Änderungsantrag 5 können wir nicht annehmen, und zwar aus formalen Gründen, da er die ehemaligen Republiken der Sowjetunion mit den Ländern Osteuropas, mit denen wir globale Kooperationsabkommen abgeschlossen haben, auf eine Stufe stellt. Die Zusammenarbeit mit den Ländern, die durch das TACIS-Programm im Bereich der festen Brennstoffe erfaßt sind, ist auf jeden Fall von Bedeutung. Dabei muß allerdings der offizielle Rahmen, der für die diesbezügliche Zusammenarbeit festgelegt wurde, eingehalten werden. Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie mich noch einmal den Berichterstattern, den Herren van Velzen, Soulier und Adam, für ihre hervorragenden Berichte danken. Wie Sie gehört haben, sieht sich die Kommission in der Lage, die meisten der eingereichten Änderungsanträge anzunehmen. Bevor ich jedoch zum Schluß komme, möchte ich, wenn Sie gestatten, Herr Präsident, Ihre Aufmerksamkeit auf die beiden anderen Programme des energiepolitischen Rahmenprogramms lenken, nämlich das Programm SAVE und das Programm ALTENER. Ich bin sicher, daß unsere Zusammenarbeit mit den Berichterstattern für diese beiden Programme, Frau Bloch von Blottnitz und Herrn Robles Piquer, genauso konstruktiv sein wird wie die Zusammenarbeit bei den heute zur Debatte stehenden Programmen. Dank der Bemühungen des Parlaments wird der Rat für Energie am 13. November unter gleichzeitiger Berücksichtigung der politischen Aspekte der Frage in der Lage sein, das energiepolitische Rahmenprogramm entscheidend voranzutreiben. Ich erwarte vom Rat eine endgültige Entscheidung bezüglich des Rahmenprogramms und der Programme ETAP, SURE, SYNERGY und CARNOT, wie ich auch dem kommenden Rat für Energie und der Bekräftigung des politischen Willens bezüglich der Unterstützung der Programme SAVE und ALTENER zuversichtlich entgegensehe. Herr Präsident, gestatten Sie mir bitte eine kurze Nachfrage. Ich empfinde den großen Widerspruch zwischen der Ankündigung, regenerative Energien vermehrt fördern zu wollen - und ich nehme Ihnen das auch voll ab -, und den jetzt vorliegenden äußerst lächerlichen Haushaltsansätzen - nach Ihrem Vorschlag sollen es 11 Millionen sein, nachdem im Haushaltsvorentwurf von 22 Millionen die Rede war - als äußerst schmerzhaft und bedauerlich, und wir hoffen, daß wir diesen Betrag etwas aufstocken können. Nun hört man ja als Begründung, mehr als 11 Millionen seien nicht administrierbar. Mir ist das völlig unerklärlich in Anbetracht des großen Nachholbedarfs gerade bei der Markteinführung im Bereich der Biomasse, der Photovoltaik und auch der großen Chancen in der Exportförderung gerade für kleine und mittlere Betriebe auf diesem Sektor. Können Sie dazu vielleicht noch einmal Stellung nehmen, denn ich halte dieses Argument nicht für stichhaltig! Herr Präsident, ich begrüße die Möglichkeit, auf die Frage des geschätzten Abgeordneten antworten zu dürfen. In der Tat bin auch ich der Meinung, daß wir mehr Impulse brauchen für den Einsatz erneuerbarer Energieträger und die Verbreitung neuer Technologien, die auf die Förderung dieses Bereichs abzielen können. Die Europäische Kommission beschränkt sich in ihrem Vorschlag für den Haushalt und den Finanzbogen auf den Betrag, der nach den heutigen Vorhersagen und Forderungen unserer Einschätzung nach in ausreichender und rationeller Weise genutzt werden kann. So kam es zu unserem Vorschlag, was aber nicht bedeuten soll, daß wir in Zukunft nur bei dieser Summe für die Finanzierung bleiben wollten. Eine Politik, die wir politisch unterstützen, braucht in den kommenden Jahren ganz offensichtlich noch mehr Finanzmittel. Wie Sie wissen, war die Haushaltsbehörde - das Parlament und der Rat - jedoch anderer Meinung, als sie das Programm in den Gesamtrahmen der Finanziellen Vorausschau eingliederte. Angesichts dessen liegt es also bei Ihnen, liegt es beim Europäischen Parlament und beim Rat, über die Höhe der Finanzierung und damit natürlich auch den Grad der politischen Priorität zu beschließen, die Sie der Frage der erneuerbaren Energieträger beimessen wollen. Vielen Dank, Herr Kommissar. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet um 12.00 Uhr statt. (Die Sitzung wird bis 12.00 Uhr unterbrochen.) Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir empfangen heute eine Delegation der Republik Moldau, die ich ganz herzlich begrüßen möchte. Ich weise darauf hin, daß diese Delegation angeführt wird von Herrn Valeriu Matei, dem Vizepräsidenten des moldauischen Parlaments, sowie von Herrn Nicolae Tabacaru, dem Außenminister dieses Landes. Wir lehnen die Idee eines Aktionsprogramms auf EU-Ebene betreffend durch Umweltverschmutzung bedingte Krankheiten grundsätzlich ab. Wir halten es für überflüssig und unangemessen, der Kommission in diesem Bereich Befugnisse zu geben. Es wäre weitaus besser, die Bemühungen unter der Regie der WHO in einer zwischenstaatlichen Zusammenarbeit zu koordinieren, da sich durch Umweltverschmutzung bedingte Krankheiten nicht auf das Territorium der EU beschränken. Wenn die Umstände eine besondere europäische Zusammenarbeit erforderlich machen, muß dies über die europäische Abteilung der Weltgesundheitsorganisation mit Sitz in Kopenhagen geschehen. Bei der zweiten Lesung des Berichts Cabrol haben wir jedoch nur die Möglichkeit, zu den einzelnen Änderungsanträgen Stellung zu nehmen. Wir entscheiden uns daher für eine pragmatische Vorgehensweise und stimmen für die Erhöhung der Haushaltsausgaben und die Änderungsanträge, in denen es um die zusätzlichen Bewertungsberichte der Kommission geht, während wir keine Aufforderungen zu weiteren Maßnahmen der Kommission unterstützen können. Seit vielen Monaten haben wir uns zu Vorschlägen im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit zu äußern. Ich möchte das wiederholen, was ich bereits über die Sachkenntnis von Herrn Cabrol in diesem Bereich gesagt habe. Ich möchte auch noch einmal bekräftigen, daß ich die klugen Vorschläge unseres Kollegen unterstütze. Ich habe bereits erläutert, warum ich in dieser Form abgestimmt habe und daß es wichtig ist, eine entschlossene Politik im Kampf gegen die durch Umweltverschmutzung bedingten Krankheiten zu führen und somit eine Politik zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung. Dieser Sommer war in zahlreichen Städten der Europäischen Union erneut geprägt von Höchstwerten im Bereich der Umweltverschmutzung. Diese Verschlimmerung der Situation scheint keine Zeichen einer Wende zum Besseren aufzuzeigen. Umso wichtiger ist es, sich nachdrücklich bewußt zu machen, daß die Wasserqualität durch vielerlei Faktoren gefährdet ist. Die Fälle von Verseuchung, die in den letzten Wochen in Frankreich aufgetreten sind, sind meines Erachtens keine französische Besonderheit und können nicht als rein französisches Problem angesehen werden, sondern müssen als europäisches, ja sogar internationales Problem betrachtet werden. Daher kann ich die Haltung des Rates hinsichtlich des verfügbaren Haushaltsrahmens nicht verstehen, und ich glaube nicht, daß es vernünftig ist, die Bestimmungen, die wir vor kurzem im Rahmen des Aktionsprogramms bezüglich der durch Umweltverschmutzung bedingten Krankheiten befürwortet haben, mit einem Federstrich wieder abzuschaffen. Solange eine globale Politik im Umweltbereich noch keine ersten Ergebnisse erbracht hat, ist Europa dazu verpflichtet, die Gefahren der Umweltverschmutzung und deren Folgen für die Gesundheit unter Kontrolle zu halten. Empfehlung für die zweite Lesung Viceconte (A4-336/98) Es ist wichtig, daß Patienten mit seltenen Krankheiten nicht vergessen werden, sondern daß ihnen geholfen wird. Dies muß prinzipiell auf einer zwischenstaatlichen Ebene unter der Regie der WHO geschehen. Patienten mit seltenen Krankheiten gibt es nicht nur in der EU, und außerdem möchten wir nicht, daß die Kommission auch noch Befugnisse in diesem Bereich erhält. Wir stimmen gegen Änderungsanträge, welche die Einrichtung einer gemeinsamen Datenbank, von Komitologie und Fortbildung befürworten. Wir stimmen aber für Änderungsanträge, die den Text verdeutlichen wollen. Trotz unserer prinzipiellen Einstellung entscheiden wir uns aber für eine pragmatische Haltung und stimmen für die Erhöhung der Haushaltsmittel. Ich nehme zur Kenntnis, daß die Kommission einen fünfjährigen Finanzierungsplan für seltene Krankheiten akzeptiert. Das Wesentliche bleibt allerdings noch zu tun, da es nun darum geht, diese politische Orientierung mit den entsprechenden Mitteln auszustatten. Andererseits kann man dem gemeinschaftlichen Vorgehen, das unser Kollege Guido Viceconte im Bereich der seltenen Krankheiten auf den Weg bringen möchte, nur zustimmen. Es ist ein Gebot des gesunden Menschenverstandes, was in diesem Fall keineswegs abwertend gemeint ist, und entspricht einer Logik, die sich aus der geringen Zahl von Personen ergibt, die von dieser Art von Krankheiten betroffen sind, von denen einige besonders schwerwiegend sind. Daher ist die Liste von Bestimmungen, die der Berichterstatter vorgeschlagen hat, meines Erachtens dazu geeignet, dem Forschungsbedarf in diesem besonderen Bereich gerecht zu werden, der häufig außerhalb der unmittelbaren Anliegen der nationalen Regierungen angesiedelt ist. Mit dieser Aussage möchte ich die Regierungen in keiner Weise beschuldigen, denn es muß festgestellt werden, daß die Summen, die zur Verbesserung der Kenntnisse der Fachleute aufgebracht werden müssen, Investitionen erfordern, die die Staaten nicht allein aus eigenen Mitteln aufbringen können. Europa muß somit intervenieren. Und schließlich bin ich der Ansicht, daß der Vorschlag, alle von diesen seltenen Krankheiten betroffenen Personen in dieses Programm einzubinden, in die richtige Richtung weist und es ermöglichen kann, diese Familien und freiwilligen Helfer zu unterstützen, die im Alltag häufig auf sich allein gestellt sind. Abschließend möchte ich die Hoffnung zum Ausdruck bringen, daß die Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu der äußerst notwendigen Sensibilisierung der Öffentlichkeit für dieses Problem beitragen möge. Die dänischen Sozialdemokraten haben heute für den oben erwähnten Bericht gestimmt. Wir betonen aber, daß die Frage der Komitologie noch nicht entschieden ist. Wir verweisen auf die Erklärung der Kommission zur Komitologie, in der gesagt wird, daß die Kommission dem gemeinschaftlichen Gesetzgeber vorschlagen wird, die Komitologievorschriften in allen bisherigen Rechtsakten abzuändern, so daß sie mit der neuen Komitologievereinbarung übereinstimmen. Ich möchte Herrn Viceconte zu seinem hervorragenden Bericht über die seltenen Krankheiten beglückwünschen, den ich voll und ganz unterstütze. Ich teile in allen Punkten seine Analyse hinsichtlich der Bedeutung dieses Themas und der Dringlichkeit der Schaffung eines echten Gemeinschaftsprogramms in diesem Bereich. Das Thema der seltenen Krankheiten, wie auch die Frage der Orphan-Präparate (die in Kürze im parlamentarischen Ausschuß behandelt wird und - wie ich hoffe - noch vor dem Ende der Legislaturperiode in der Vollversammlung) sind nämlich in der Tat Teil der öffentlichen Politik. Die Forschungen über diese Krankheiten und die erforderlichen Behandlungsmethoden stellen keine Gewinnquelle für die pharmazeutischen Labore dar. Aus diesem Grund bringen letztere nur sehr widerwillig Finanzmittel für die diesbezügliche Forschung auf. Allerdings sind diese sogenannten "seltenen" Krankheiten nur für diejenigen selten, die nicht davon betroffen sind. Und keine vorgebliche Seltenheit kann es rechtfertigen, daß man kranken Menschen auf diese Weise unter dem Vorwand der fehlenden Rentabilität keine Behandlung zukommen läßt. Die Kranken ihrerseits sind zu 100 % davon betroffen! Es geht hier also um die Verantwortung der öffentlichen Macht, die dazu aufgerufen ist, den pharmazeutischen Laboren eine Art von Zwang im Sinne einer "gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung" zugunsten der Gesundheit aufzuerlegen. Dieser Zwang, diese Verantwortung muß selbstverständlich von einer Unterstützung begleitet sein, die es ermöglicht, die Forschung in dieser Richtung voranzutreiben. In dieser Hinsicht ist es somit wesentlich, daß man über ein ausreichendes Budget verfügt. Dieses Programm muß also - wie auch das Programm über die Orphan-Präparate, das demnächst erörtert wird -, mit beträchtlichen Haushaltsmitteln ausgestattet werden, um - unter Vermeidung des üblichen Gießkannenprinzips - echte Initiativen in Gang zu bringen. Außerdem wird man künftig darüber nachdenken müssen, ob die Gemeinschaftsprogramme im Gesundheitsbereich auf eine direkte Unterstützung der Forschung und nicht nur auf schöne Maßnahmen zur Sensibilisierung ausgerichtet werden müssen. Und schließlich müssen wir die Frage der Komitologie angehen, um gegen die übliche Anwendung des Gießkannenprinzips bei Gemeinschaftsprogrammen anzukämpfen. Die Geheimnisse dieser okkulten Wissenschaft interessieren uns hier nicht. Von Bedeutung ist vielmehr, daß Verwaltungsmethoden verabschiedet werden, die es ermöglichen, die Projekte nach ihrer Qualität und nicht nach der Nationalität der Teilnehmer zu finanzieren. Eine parlamentarische Kontrolle und erhöhte Transparenz sind meines Erachtens somit dringend erforderlich. Empfehlung für die zweite Lesung Anastassopoulos (A4-0325/98) Meine Fraktion stimmt dem Bericht Anastassopoulos zu, weil dank der hartnäckigen, aber auch umsichtigen Verhandlungen des Herrn Berichterstatters ein Kompromiß gefunden worden ist, der verspricht, daß die Intentionen des Parlaments, die wegen ihrer Ablehnung durch Rat und Kommission im jetzigen Text der Richtlinie noch nicht Berücksichtigung gefunden haben, wenigstens in der Form durch die Kommission weiterverfolgt werden, daß sie durch Anregung von Forschungen untersuchen läßt, wie die vom Parlament angestrebte Regelung künftig verwirklicht werden könnte. Es handelt sich darum, den Schutz von Zugangskontrolldiensten im Bereich elektronischer Medien so auszudehnen, daß nicht nur ein angemessenes Entgelt gesichert, sondern auch der wirtschaftliche Wert derselben vor mißbräuchlichen technischen Eingriffen gesichert werden kann. Wir stimmen der Entscheidung des Berichterstatters zu, nach der Erklärung des zuständigen Kommissars, im Sinne der Schutzbestrebungen des Parlamentes tätig werden zu wollen, das Zustandekommen der Richtlinie nicht durch das Beharren auf den Änderungsanträgen des Parlamentes zu gefährden. Empfehlung für die zweite Lesung Gebhardt (A4-0319/98) In regelmäßigen Abständen betone ich hier die im Rahmen der europäischen Harmonisierung erzielten Fortschritte: gemeinsame Währung, Freizügigkeit, Vereinheitlichung der sozialen Sicherungssysteme, Kampf für eine öffentliche Gesundheit auf hohem Niveau. Dennoch gibt es einen Bereich, in dem wir momentan nicht allen unseren Bürgern gleiche Chancen garantieren können. Die Diplome, Zertifikate und sonstigen Befähigungsnachweise werden in unterschiedlicher Weise anerkannt, je nachdem, ob man seinen Beruf im Herkunftsland oder in einem anderen Land der Europäischen Union ausüben möchte. Seit Einführung der Richtlinie vom 8. Februar 1996 wurden beträchtliche Fortschritte erzielt, insbesondere im rechtlichen und im medizinischen Bereich. Das bestehende System muß aber noch durch unabdingbare Ergänzungen komplettiert werden, vor allem in den Bereichen, die mit den Industrieunternehmen verknüpft sind. Bisher wurde die Ausbildungsdauer immer als wichtiger eingestuft als die Gesamtheit der erworbenen Fähigkeiten. Somit ist es an der Zeit, diese mangelnde Chancengleichheit abzuschaffen, die jedes Jahr zahlreiche Jugendliche daran hindert, ihr freies Recht auf Mobilität auszuüben. Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und für die Schaffung von dauerhaften Arbeitsplätzen ist die ständige Sorge im Rahmen sämtlicher Entscheidungen, die das Europäische Parlament zusammen mit der Kommission treffen muß. In diesem wie auch in vielen anderen Bereichen kann eine Liberalisierung Antworten und Lösungen beisteuern. Eine größere Liberalisierung bei der Anerkennung von Diplomen, die bei weitem nicht zu minderwertigeren Dienstleistungen oder Produkten führt, kann es im Gegenteil ermöglichen, Kompetenzen, die derzeit allzu häufig in ihrem Herkunftsland brachliegen, besser auf die Gesamtheit der 15 Mitgliedstaaten zu verteilen. Verschließen wir den Jugendlichen, die den Sprung ins Ausland wagen möchten - vorausgesetzt natürlich, die im Heimatland erworbenen Ausbildungen werden ohne allzu viele verwaltungstechnische oder bürokratische Komplikationen anerkannt -, nicht die Tür zur Beschäftigung. Aus diesem Grund und mit dieser Perspektive stimme ich deshalb dem Bericht Gebhardt zu. Diese erneute Lesung des Berichts von Frau Gebhardt verschafft mir einige Befriedigung, da der Rat die Änderungsanträge unseres Parlaments angenommen hat - ein offensichtlicher Beweis für unsere Fähigkeit, manche Beschlüsse und Bestimmungen noch abzuwandeln. Nun müssen wir über die Umsetzung dieser Richtlinie auf nationaler Ebene wachen, denn in diesem wie auch in vielen anderen Bereichen ist es eine Sache, auf Gemeinschaftsebene Gesetze zu erlassen, und eine andere Sache, diesen ursprünglichen Willen in die Tat umzusetzen. Wie dem auch sei, die Anerkennung der Diplome ist ein Instrument, das ziemlich gut funktioniert, und dies ist erfreulich. Daher bin ich wie unsere Kollegin der Ansicht, daß man den Kandidaten zwischen der Eignungsprüfung und dem Anpassungskurs wählen lassen sollte. In diesem Bereich wurden zwar beachtliche Fortschritte erzielt, aber ich frage mich dennoch, wie die Bedingungen aussehen werden, unter denen die Personen, die im Besitz dieser äquivalenten Voraussetzungen sind, ihren Beruf ausüben können. Die Probleme der Besteuerung und der Niederlassungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat sind realer Natur und scheinen sich nicht zu verbessern, zumindest was einige Länder der Europäischen Union anbelangt. Ich unterstütze diesen Bericht, der die Anerkennung der hart erarbeiteten Diplome in der ganzen EU verbessern soll. In der Vergangenheit sahen sich zu viele Menschen, darunter auch Wähler aus meinem Wahlkreis, mit einer Diskriminierung aufgrund der Tatsache konfrontiert, daß sie ihre Diplome in einem anderen EU-Land erworben hatten als dem, in dem sie arbeiten wollten. Der Binnenmarkt, auf dessen Vollendung in allen Bereichen des Kapital-, Waren- und Dienstleistungsverkehrs wir immer noch warten, soll ja auch für Personen gelten, die in einem anderen als ihrem Herkunftsland eine Arbeit suchen. In der Praxis stellen wir dann fest, daß diesen Personen bürokratische Hürden in den Weg gestellt werden, die sie nehmen müssen. So müssen sie beispielsweise einen neuen Lehrgang in der von ihnen gewählten Gastland absolvieren, um Praxis in einem Beruf zu erwerben, für den sie bereits ausgebildet sind. Wenn die Verantwortlichen in der Europäischen Union glauben, wir könnten die Anerkennung von Standards für Waren im Handel zwischen der Europäischen Union und Drittländern aushandeln, dann dürfte es doch nicht zu viel verlangt sein von den Regierungen und der Kommission, sich auf eine gegenseitige Anerkennung der Diplome zwischen den eigenen EU-Ländern zu einigen. Zunächst möchte ich unsere Berichterstatterin beglückwünschen. Außerdem darf man sich über die Tatsache freuen, daß der Rat die von unserem Parlament in erster Lesung verabschiedeten Änderungsanträge fast vollständig in seinen Gemeinsamen Standpunkt aufgenommen hat. Lassen Sie uns festhalten, daß sich alle diese Änderungsanträge auf grundlegende Punkte beziehen, darunter insbesondere die Definition des "Betriebsleiters" und die Verpflichtung der Kommission, nach fünf Jahren einen Bericht über die Umsetzung der Richtlinie vorzulegen. Durch die Aufhebung der Liberalisierung- und Übergangsrichtlinien entspricht dieser Text dem Anliegen zur Vereinfachung und Klärung der Gemeinschaftsgesetze, die hinsichtlich der Ausübung dieser Berufe gelten. Auf diese Weise wird der Text, in Einklang mit dem Urteil von 1990 des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache Vlassopoulou, die Anerkennung der nicht durch das allgemeine Verfahren abgedeckten Diplome ermöglichen. Diese Zielvorgabe ist von wesentlicher Bedeutung, denn sie trägt in sehr konkreter Weise zur Umsetzung des Grundsatzes der Freizügigkeit von Personen auf dem Gemeinschaftsgebiet dar. Empfehlung für die zweite Lesung Marset Campos (A4-0324/98) Frau Präsidentin, ich möchte, daß meine Ablehnung des Abänderungsantrags 6 des Berichts von Herrn Marset Campos, den wir soeben angenommen haben und der die Teilnahme der kleinen und mittleren Unternehmen am Forschungsprogramm betrifft, im Protokoll vermerkt wird. Dies ist keine Detailfrage. Ich hatte keine Möglichkeit, früher zu sprechen, daher möchte ich es jetzt tun. Dieser Änderungsantrag zielt darauf ab, die Vorschriften zur Regelung der Offenlegung der teilweise von der Europäischen Union finanzierten Forschungsergebnisse zu ändern und das Forschungsprodukt leichter zum Gemeingut zu machen. Würde dies geschehen, so wären die kleinen und mittleren Unternehmen weniger und nicht stärker motiviert, sich am Forschungsrahmenprogramm zu beteiligen. Ein solider Schutz des geistigen Eigentums ist wichtig, damit die KMU, die für ihre "Produkt" -Entwicklung keinen weitgesteckten Rahmen haben, auch wirklich daran teilnehmen können. Ich freue mich, daß auch die Kommission ablehnend auf diesen Änderungsantrag 6 reagiert hat, den ich nicht für positiv halte. Es ist eigenartig, daß der Rat in der Frage der Transparenz bei der Betrugsbekämpfung keine Einigung mit dem Parlament erzielt hat. Wir brauchen eindeutige, transparente Regeln, um allen ein effizientes Arbeiten zu ermöglichen. Die Vorschläge des Parlaments sind von Rat und Kommission nicht ernstgenommen worden und das können wir nicht hinnehmen. Der Bericht unseres Kollegen Campos kommt zwei Forderungen unseres Parlaments nach, und aus diesem Grund teile ich die Ansicht des Berichterstatters. Abgesehen von der bloßen Verbreitung der Forschungsergebnisse müssen die Bemühungen selbstverständlich auf die Inhalte dieser Forschung ausgerichtet sein. Es ist beispielsweise bedauerlich, daß die Projekte, insbesondere die neuartigen Projekte, weit hinter den Herausforderungen zurückbleiben, die sich in den kommenden Jahre stellen werden. Ich muß noch einmal die Diskrepanz zwischen den Worten und den Taten anprangern. In einem so spezifischen und vom Zufall abhängigen Bereich muß man in der Lage sein, auf die Zukunft zu setzen. Sollte diese immerwährende Ängstlichkeit von seiten der Verwaltungen, aber auch der Investoren von Dauer sein, so kann Europa nicht darauf hoffen, eine bedeutende Rolle im Bereich der neuen Technologien zu spielen. Daher unterstütze ich den Wunsch des Berichterstatters, der es als absolut erforderlich ansieht, daß man im Kampf gegen den Betrug Transparenz an den Tag legt. Ohne polemisieren zu wollen, muß man sich doch einige Fragen stellen. Diese Anmerkung gilt übrigens nicht allein für den Forschungsbereich. Sie betrifft alle Interventionsprogramme der Europäischen Gemeinschaft. Unser Parlament hat sich mehrfach einstimmig für die Intensivierung des Kampfes gegen die verschiedenen Formen von Kriminalität ausgesprochen, insbesondere gegen die Finanzdelikte. Es wäre absurd, wenn sich dieses Bestreben, das von den einzelnen Instanzen verkündet wurde, nicht auch auf die Überwachung der Verwendung der Gemeinschaftsfonds, einschließlich der Mittel für die Forschung, erstrecken würde. Und schließlich teile ich die Ansicht von Pedro Marset Campos hinsichtlich der Einführung einfacherer Systeme zur effizienteren Stärkung und Koordinierung der an den Projekten beteiligten Teams. Die von uns beantragten Anpassungen sind nicht unvernünftig. Meines Erachtens entsprechen sie den Erwartungen der Mehrheit der Akteure, die von diesem Fünften Gemeinschaftsprogramm für Forschung und Entwicklung betroffen sind. Ich hoffe, der Rat und die Kommission werden diese Anmerkungen berücksichtigen, die auf eine Verbesserung des bestehenden Systems abzielen. Ich wiederhole heute den gleichen Standpunkt, den ich bereits früher in diesem Plenum zum Ausdruck gebracht habe: Ohne das Vertrauen des Verbrauchers in die Produkte und Dienstleistungen kann der Binnenmarkt nicht ordentlich funktionieren. So wurde dies auch nach dem BSE-Skandal auf der Ratstagung von Luxemburg in der Erklärung über die Sicherheit von Lebensmitteln anerkannt. Aber dieses harmonisierte Herangehen an den Schutz der Verbraucher, an ihr Recht auf Entschädigung und Gerechtigkeit, an die Errichtung wirksamer Verfahren der internationalen Kontrolle und Inspektion erfordert eine Erhöhung der Mittel im Haushalt der Gemeinschaft. Außerdem wird das baldige Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam und seines Artikels 153 dies erforderlich machen, da andernfalls sowohl die wissenschaftlichen Ausschüsse als auch die Validierungskontrollen nicht mehr mit der gebotenen Strenge funktionieren würden, was für den Verbraucher eine Tragödie wäre. Das Europa der Bürger ist in vielen Aspekten das Europa der Verbraucher, und deshalb unterstütze ich auch mit meiner Stimme die Ausarbeitung einer nachhaltigen Lebensmittelpolitik im Interesse der Verbraucher. Der Bericht über die Schaffung eines allgemeinen Rahmens für die Gemeinschaftsaktivitäten zugunsten der Verbraucher enthält eine Reihe von Initiativen, die dem Verbraucherschutz dienlich sein können. Ich stehe dem Inhalt des Berichts daher positiv gegenüber. Ich werde mich trotzdem der Stimme enthalten, da Schutz und Gesundheit der Verbraucher grundsätzlich eine nationale Angelegenheit sein müssen und kein Gebiet, auf dem die EU Vorschriften erlassen muß. In den Kommentaren zum Bericht wird betont, daß die Verbraucherorganisationen mehr Möglichkeiten brauchen, aktiv zur Gestaltung der Verbraucherpolitik beizutragen. Außerdem wird erklärt, daß der allgemeine Rahmen die erforderliche finanzielle Unterstützung zur Verfügung stellen muß, um hohe Qualität sowie effektive Kontroll- und Inspektionsmethoden zum Schutz der Verbraucher und ihrer Gesundheit sicherzustellen. Die Betonung der Rolle der Verbraucherorganisationen und des Verbraucherschutzes im allgemeinen halte ich für prinzipiell wichtig, und sie kann zur Förderung der Sicherheit unserer Lebensmittel und deren Qualität beitragen, aber das ändert nichts an meiner Auffassung, daß Verbraucherpolitik - wie Gesundheitspolitik, Sozialpolitik usw. ein rein nationales Anliegen sein muß. Daß die Einführung des Binnenmarktes eine nationale Verbraucherpolitik weitgehend unmöglich gemacht hat, ist ein Argument dafür, daß den nationalen politischen Ebenen das Recht zugestanden werden muß, nationale Vorschriften anzuwenden und zu beschließen, die über die Vorschriften der EU in diesem Bereich hinausgehen - im Gegensatz zur derzeitigen und künftigen Situation, in der die EU Totalharmonisierungsvorschriften diktiert. In einer ganzen Reihe von Fällen hat sich ja gezeigt, daß die Rücksichtnahme auf die Funktion des Binnenmarktes Vorrang vor den Verbraucherinteressen hat. Die drei "Lebensmittelschminkrichtlinien" über u. a. Farb- und andere Zusatzstoffe zeigen in aller Deutlichkeit, daß EU-Standards im Verbraucherschutz oft bedeutend niedriger sind als in den nationalen Rechtsnormen. Dänemark mußte zum Beispiel wegen der Positivliste der EU die Grenzwerte für eine ganze Reihe von Zusatzstoffen in Lebensmitteln aufheben, trotz eines begründeten Verdachts, daß einige dieser Stoffe bei Kindern allergische Reaktionen auslösen können. Dieses Beispiel zeigt in aller Deutlichkeit, daß der Schutz der Verbraucher und der Verbrauchergesundheit ein nationales Vorrecht ist und keine Angelegenheit der EU. Die Verbraucherpolitik und Fragen der Produktsicherheit und der Gesundheit müssen auf allen Ebenen der gesellschaftlichen Arbeit mehr Gewicht bekommen, auch auf der europäischen Ebene. Die Vorschriften der EU zum Verbraucherschutz müssen Mindestvorschriften sein, d. h., die einzelnen Mitgliedsländer müssen das Recht haben, strengere Vorschriften zu erlassen. Bericht David Martin (A4-0290/98) Wir möchten dem Berichterstatter für eine gute Arbeit an einem wichtigen Bericht danken. Wir sind der Meinung, daß die schwierige Situation, die durch die starke Arbeitsbelastung des Gerichts erster Instanz entstanden ist, einer Lösung bedarf, damit das Gericht erster Instanz seine Verpflichtungen effektiv und glaubwürdig erfüllen kann. Der vorliegende Vorschlag, in bestimmten Fällen ein Verfahren durchzuführen, in dem das Gericht als Einzelrichter entscheidet, kann unter den gegebenen Bedingungen als akzeptabel bezeichnet werden. Verfahren mit Einzelrichtern dürfen jedoch nur in begrenztem Maße und unter sorgfältiger Kontrolle vorkommen, damit Rechtssicherheit und Legitimität der Verfahren gewährleistet sind. Die Einführung des Einzelrichters ist eine Maßnahme, die nur durch die besondere, beim Gericht erster Instanz gegebene Arbeitsbelastung gerechtfertigt ist. Das Verfahren mit einem Einzelrichter darf also in anderen Zusammenhängen nicht prinzipiell und generell angestrebt werden. Das Gericht erster Instanz hat mit einem enormen Arbeitsrückstand zu kämpfen, und es steht zu erwarten, daß die Arbeitsbelastung weiter zunehmen wird, wenn Einsprüche zu Entscheidungen über Gemeinschaftsmarken auf uns einstürmen werden. Die Situation ist eindeutig unhaltbar. Aber der Vorschlag, in einer begrenzten Anzahl von Fällen einen Einzelrichter entscheiden zu lassen, ist keine Lösung. Obwohl der Vorschlag für klar abgegrenzte Bereiche für das Verfahren des Einzelrichters eintritt, bleibt er doch vage und sein Anwendungsbereich unklar. Zudem kann der Anwendungsbereich des vorgeschlagenen Beschlusses ohne weitere Rücksprache mit dem Parlament oder dem Rat ausgeweitet werden. Der multinationale, auf der Gleichberechtigung der Richter beruhende Charakter des Gerichts muß beibehalten werden. Eine 10 %ige Steigerung der Effizienz wird die enormen Probleme, mit denen das Gericht und die gemeinschaftliche Rechtsprechung konfrontiert sind, nicht lösen. Es ist noch nicht einmal eine vorübergehende Lösung. Es wäre eindeutig verfrüht, dem Beschluß in der jetzigen Form zuzustimmen. Was wir brauchen, ist eine einschneidendere und sofortige Reform, einschließlich einer Anhebung der Zahl der Richter und der Einführung von spezialisierten Kammern. Ich habe deshalb gegen den Vorschlag gestimmt. Wir haben gegen den Bericht gestimmt, teils aus Gründen der Rechtssicherheit, teils wegen unserer prinzipiell antiföderalistischen Anschauung. Der Bericht Martin heißt den ursprünglich vom Gericht ausgearbeiteten Vorschlag des Rates gut, daß das Gericht in erster Instanz auch als Einzelrichter entscheiden kann. Es ist klar, daß das Risiko eines Irrtums und damit einer Rechtsverletzung zunimmt, wenn die Anzahl der Richter in Fällen für die erste Instanz auf einen reduziert wird. Das Gericht erster Instanz befaßt sich zur Zeit hauptsächlich mit Fragen des Wettbewerbs, landwirtschaftlichen Vorschriften, staatlichen Beihilfen, handelspolitischen Schutzvorschriften, Streitigkeiten im Zusammenhang mit Strukturfonds, Antidumpingvorschriften, immateriellem Recht und Streitigkeiten zwischen den Institutionen und ihren Angestellten. Die vorgeschlagene Abgrenzung der Verfahrensvorschriften in bezug auf die von Einzelrichtern zu entscheidenden Fälle sind unserer Ansicht nach nicht präzise genug, um die Rechtssicherheit garantieren zu können. Die Lösung ist allerdings weder die Anhebung der Anzahl der Richter noch die Senkung der Rechtssicherheit, sondern sie sollte darin bestehen, daß man weniger Entscheidungskompetenzen von den Mitgliedsländern auf das Gemeinschaftsrecht überträgt. Besonders die Mehrheit des Europäischen Parlaments sollte dies sorgfältig bedenken, die ja recht häufig überstaatliche Lösungen für fast alle Probleme vorschlägt. Der Ausweg kann aber auch darin bestehen, daß Entscheidungsrechte von der EU auf die nationalen Parlamente übertragen werden. Das würde die Arbeitsbelastung des Europäischen Gerichtshofs spürbar mindern. Ich begrüße den Vorschlag des Gerichtshofs, die Arbeitsweise des Gerichts erster Instanz zu verändern. Das Gericht erster Instanz ist einer großen Arbeitsbelastung ausgesetzt, was zur Folge hat, daß die Bearbeitungszeiten unangemessen lang sind. Konkrete Vorschläge, wie die Arbeit des Gerichts mit angemessenen Bearbeitungszeiten erledigt werden kann, halten wir für positiv. Die effektivere Erledigung der Arbeit darf aber nicht zu Mängeln in der Rechtssicherheit führen. Wenn das Gericht Fälle mit nur einem Richter entscheidet, darf es sich dabei nur um solche handeln, die aus juristischer Sicht völlig unstrittig sind. Ich kann nicht für diesen Bericht stimmen, da ich der Meinung bin, daß die Verringerung der Zahl der Richter beim Gericht erster Instanz eine wesentliche Gefährdung der Rechtssicherheit darstellt. Ich erkenne jedoch die gute Absicht dieses Berichts an, d. h., daß die vorgeschlagene Veränderung in vielen Fällen ein effektiveres Arbeiten ermöglicht. Bericht W.G. van Velzen (A4-0340/98) Wir haben gegen den Bericht van Velzen über ein Rahmenprogramm für Maßnahmen im Energiebereich gestimmt. Wir haben das getan, weil wir meinen, daß die Energiepolitik der Gemeinschaft radikal geändert werden muß. Es ist einleuchtend, daß man versuchen muß, möglichst schnell zu nachhaltigen Energieträgern zu wechseln, d. h., erneuerbare Energie und umweltgerechte Lösungen möglichst intensiv zu fördern. Wir halten es außerdem für einen Skandal, daß der Vorschlag nicht auch in Artikel 130 S des Vertrags geregelt ist. Wenn dieser politisch wichtige und empfindliche Bereich nicht so verankert werden kann, daß dort Umweltaspekte eingearbeitet werden, dann sollten überhaupt keine EU-Rechtsnormen auf diesem Gebiet erstellt werden. Wenn man Gesetze im Energiebereich beschließt, ohne daß Artikel 130 S zu den Rechtsgrundlagen gehört, dann sendet man unserer Ansicht nach falsche Signale in bezug auf die Prioritäten der Gemeinschaft. Mit dem Vorschlag wird beabsichtigt, die Energiepolitik der EU gleichartig und stromlinienförmig zu machen. Der Bericht des Ausschusses für Forschung, technologische Entwicklung und Energie verstärkt diese Absicht, was die Zentralisierung der Energiepolitik und die Befugnisse der EU in diesem Bereich angeht. Man muß gegen diese Einstellung ankämpfen. Das dänische Energieversorgungssystem ist einmalig, weil es vom Verbraucher gesteuert wird, und es könnte zerstört werden, wenn sich die Energieversorgung an das EU-Modell anpassen müßte, das von den Produzenten gelenkt wird. Wir haben deshalb die Änderungsanträge unterstützt, die von der Fraktion Die Grünen vorgelegt worden sind. Unsere Unterstützung bezieht sich auf die Abgaben im Umweltbereich, wobei allerdings vorausgesetzt wird, daß der Ertrag an die Mitgliedstaaten zurückfließt. Der Unterzeichnende entscheidet sich für die Ablehnung des Berichts van Velzen. Eine Hauptursache für diese Entscheidung ist, daß der Bericht van Velzen meiner Ansicht nach die Liberalisierungsrichtlinien für Elektrizität und Gas vorbehaltlos akzeptiert. Hier haben wir schon jetzt im Bereich Elektrizität die ersten negativen Konsequenzen der Elektrizitätsrichtlinie erlebt, nicht nur für die Umwelt, sondern auch für die Demokratie. Die Besitzer des schwedischen Atomkraftwerks Barsebäck verweisen auf die Elektrizitätsrichtlinie, weil sie versuchen wollen, das Gesetz des schwedischen Reichstags zur Abschaffung der Atomkraft zu umgehen. Die Möglichkeit für eine nationale Energiepolitik ist damit von der EU nachweislich abgeschafft worden, zum Vorteil der freien Marktkräfte in einem Bereich, der aus Umwelt- und Versorgungsgründen in hohem Maße einer demokratischen Kontrolle unterliegen muß. Diese demokratische Kontrolle kann meiner Ansicht nach nur von den nationalen Parlamenten und Behörden effektiv ausgeübt werden. Die einseitige Konzentration der Elektrizitäts- und Gasrichtlinie auf Energie als Ware, die frei gehandelt werden kann, macht es weitgehend unmöglich, eine nationale Energiepolitik beizubehalten und auszubauen, in der zum Beispiel die Abschaffung der Atom- und Kohlekraft und die Entwicklung erneuerbarer Energie eine Zielsetzung von hoher Priorität ist. Bericht W.G. van Velzen (A4-0335/98) Wir haben heute gegen den Bericht van Velzen gestimmt. Laut Begründung des Berichts ist es die übergeordnete Zielsetzung des ETAP-Programms, sicherzustellen, daß nationale Entscheidungen und Entscheidungen der Gemeinschaft in Energiefragen auf einer gemeinsamen analytischen Grundlage getroffen werden können, d. h. auf der Grundlage der gemeinsamen finanziellen Untersuchungen und Energieprognosen, sowie auf der Grundlage der Dynamik der Energiesysteme. Dies klingt sehr glaubwürdig. Aber ein großes gemeinsames System führt leicht in gedankliche Engpässe und zu analytischer Orthodoxie. Ein solches Analyseprogramm kann leicht für industriepolitische Interessen benutzt werden. Wir möchten gern darauf aufmerksam machen, daß die Analysen, welche auf die Notwendigkeit der Entwicklung erneuerbarer Energie hinweisen, nicht auf die Interessen der Industrie zurückzuführen sind, die Kernkraftwerke oder Kraftwerke auf Kohlen- und Ölbasis betreibt. Da aus den Begründungen der Änderungsanträge des Ausschusses für Forschung, technologische Entwicklung und Energie hervorgeht, daß sie dazu dienen, die zentralisierte Energiepolitik der EU noch weiter auszubauen, müssen sie abgelehnt werden. Wir meinen außerdem, daß es fraglich ist, ob es überhaupt zu den Aufgaben der EU gehört, ein Programm wie das ETAP-Programm durchzuführen. Die Energiepolitik muß so weit wie möglich dezentralisiert werden, und das ETAP-Programm macht nur Sinn, wenn die Energiepolitik auf EU-Ebene zentralisiert wird, was die derzeitigen Hauptakteure noch weiter stärkt. Wenn die EU Geld für Analysearbeit ausgeben will, muß die EU die Vielfalt fördern und unabhängige Analyseinstitutionen und die Basis unterstützen. Bericht W.G. van Velzen (A4-0323/98) Unsere heutige Ablehnung des Berichts van Velzen beruht darauf, daß das SURE-Programm der Entwicklung und nicht der Abschaffung der Kernkraftproduktion dient. Nach unserer Meinung muß die nukleare Energieproduktion eingestellt werden, und Programme, die dies nicht unterstützen, müssen zurückgewiesen werden. Im Hinblick auf den Transport von nuklearem Material leuchtet es ein, daß alle Transporte verantwortungsvoll durchgeführt werden müssen. Wir meinen aber, daß überhaupt keine Transporte von Nuklearmaterial aus Kernkraftwerken vorkommen dürfen. Wir sehen es weitaus lieber, daß Bearbeitung und ggf. Lagerung von atomarem Abfall dort geschieht, wo er entsteht. Nukleartransporte müssen vermieden werden. Bericht Adam (A4-0339/98) Das CARNOT-Programm soll die Nutzung fester Brennstoffe - insbesondere von Kohle - auf eine Weise fördern, daß möglichst geringe Emissionen von Kohlendioxid und anderen verschmutzenden Stoffen entstehen. Das Ziel ist die Förderung technologischer Vorhaben für die saubere und effektive Nutzung fester Brennstoffe. Dies ist ein ausgezeichnetes Ziel, aber ist es auch auf lange Sicht ausreichend? Wir möchten uns lieber langfristig von einer Energieversorgung lösen, die auf dem Verbrennen fossiler Brennstoffe beruht. Kurzfristig ist die Verbrennung von Kohle, Gas und Öl allerdings unvermeidlich, um etwas schlimmeres zu verhindern - nämlich eine Energieversorgung auf nuklearer Basis. Wir stimmen nicht für den Vorschlag, weil wir seine endgültigen Perspektiven und Ziele nicht kennen. Soll weiter hemmungslos Kohle verbrannt werden? Geht es um Umwelt- oder um Industriepolitik? Wir stellen fest, daß der Berichterstatter eine Anhebung der Haushaltsmittel für dieses energiepolitische Programm von 4, 1 auf 7, 4 Millionen ECU vorschlägt. Leider hat sich in diesem Parlament die schlechte Angewohnheit herausgebildet, daß jeder Berichterstatter für das Gebiet, das er/sie im aktuellen Bericht behandelt, eine Erhöhung beantragt. Und dies in einer Zeit, da öffentliche Behörden in ganz Europa ihre Tätigkeiten einschränken und Personal entlassen, weil ihre Haushaltsmittel immer knapper werden. Wir sind der Ansicht, daß das Verhalten des Parlaments in dieser Hinsicht überdacht werden sollte und daß der gängige Ruf nach Aufstockung der Mittel für diesen oder jenen Haushaltsposten aufhören muß. Bericht Soulier (A4-0322/98) Ziel des SYNERGY-Programms ist A) die Gestaltung, Erarbeitung und Durchführung einer Energiepolitik in Drittländern, B) die Förderung einer industriellen Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und Drittländern im Energiebereich und C) die Verbesserung der Koordination von Energiemaßnahmen der Gemeinschaft gegenüber Drittländern. Die Unterstützung von Drittländern beim Aufbau einer Energiepolitik scheint spontan sehr vernünftig zu sein. Weitaus weniger vernünftig scheint es zu sein, daß die EU Ressourcen in den anderen Bereichen einsetzt. Die Energieindustrie in der EU ist zur Zeit nicht auf öffentliche Hilfen angewiesen und braucht keine "Unterstützung der Koordination" , was immer damit gemeint sein mag. Außerdem gibt es einige Unklarheiten über die Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche im Verhältnis zu anderen EU-Programmen. Insgesamt scheint das Programm etwas überflüssig zu sein, die Mittel könnten wahrscheinlich sinnvoller für die Entwicklung erneuerbarer Energie und für Programme verwendet werden, die Energieeinsparungen anstreben. Wir stimmen daher gegen den Bericht. Im Zusammenhang mit den heute bewerteten Mehrjahresprogrammen im Energiebereich begrüßen wir den Geist dieser Programme und unterstützen jegliche Anstrengungen zur Forschungsentwicklung in diesem Sektor. Österreich hat sich so wie andere EU-Mitgliedstaaten auch auf der Basis des Acquis Communautaire gegen die Inbetriebnahme von Atomkraftwerken ausgesprochen. Auf europäischer Ebene müssen die zentralen EURATOM-Aufgaben zum Gesundheitsschutz und zur Überwachung der Sicherheit gewährleistet und ausgebaut werden. Aus diesem Grund räumen wir dem wissenschaftlichen Fortschritt zur Verbesserung der umfassenden Sicherheit der Kernenergie prioritären Rang ein. Dazu gehört auch die Erarbeitung gemeineuropäischer Sicherheitsstandards im Bereich der Nuklearenergie. Ebenso müssen innovative Formen der Energieerzeugung, erneuerbare Energien, wie etwa aus Sonnen-, Wind- und Wasserkraft bzw. Biomasse, als echte Alternativen zum Atomstrom stärker forciert werden. Gefährliche Atomkraftwerke sind unverzüglich abzuschalten. Unter diesen Prämissen ist folglich unser Stimmverhalten zu den entsprechenden parlamentarischen Berichten zu verstehen. Gemeinsame Entschließung zum Kosovo Frau Präsidentin, es hat heute eine sehr erfreuliche Abstimmung zum Kosovo gegeben, zu der ich, anders als bei der letzten Sitzung, die Fraktionen dieses Hauses beglückwünschen kann. Vor allem möchte ich mich bei den Grünen bedanken, denn sie haben einen Antrag eingebracht, den wir mit sehr großer Mehrheit ablehnen konnten. Sie haben einen Antrag eingebracht, in dem sie ein Votum des Weltsicherheitsrates zur Voraussetzung für eine überfällige humanitäre und militärische Intervention machen wollten. Dies wurde mit so großer Mehrheit abgelehnt, daß wir sagen können, dieses Haus hat nun wirklich ein eindeutiges Votum für eine militärische Intervention im Kosovo aufgrund der derzeitigen Rechtslage abgegeben. Ich möchte Ihnen sagen, daß es ohne diese militärische Intervention in der Tat in absehbarer Zeit zu einem Massensterben kommen wird. Deshalb hoffen wir, daß wir uns schon beim nächsten Plenum mit den Schritten nach einer erfolgreichen militärischen Intervention befassen können. Ich bin der Ansicht, daß diese Schritte dann darin bestehen müssen, die gesamte Exekutive und Judikative im Kosovo in die Hände der gewählten Vertreter der Bevölkerung zu legen. Ich erkläre meine Zustimmung zu der von den verschiedenen Fraktionen des Europäischen Parlaments eingereichten gemeinsamen Entschließung zur Lage im Kosovo; nach der unverantwortlichen Absage an den US-Sonderbeauftragten sollte sie meines Erachtens jedoch durch eine entschlossene, an die UNO und die NATO gerichtete Aufforderung zum Handeln in diesem Gebiet ergänzt werden. Ein weiteres Mal bestätigt sich, daß der serbische Staatschef nur die Logik der Gewalt versteht. Es muß sofort gehandelt werden, will man nicht morgen einen noch höheren Preis bezahlen. Wir werden die italienische Regierung auffordern, ihr Vorgehen eng mit den anderen europäischen Ländern und mit den Vereinigten Staaten von Amerika abzustimmen und dabei das Staatsgebiet für eventuelle unverzichtbare Militärinterventionen, welche die beteiligten Parteien zu Verhandlungen und somit zu vernünftigen Friedensvereinbarungen bewegen sollen, vollständig zur Verfügung zu stellen. Die Situation im Kosovo und die europäische Lähmung zeigen erneut, sofern dies noch erforderlich ist, die Dringlichkeit eines politischen Europa. Es ist eine bedeutende Sache, eine große Wirtschaftsmacht zu sein, dazu noch mit einer gemeinsamen Währung ausgestattet, aber dies ist keine Garantie für Frieden oder Sicherheit, und auch nicht für Demokratie. Ein politisches Europa erfordert nämlich eine gemeinsame europäische Diplomatie, eine gemeinsame Militärgewalt und somit eine europäische politische Autorität, die darüber entscheidet, was Europa möchte.Davon sind wir noch sehr weit entfernt! Jeder Staat versucht, seine eigene Rolle zu spielen, oder gar auf seine eigene Karte zu setzen, ohne daß man sich wirklich um den anderen kümmern würde - und der serbische Präsident lacht sich ins Fäustchen. Man hätte hoffen können, daß die traurige Bosnienangelegenheit ihre Früchte tragen würde. Davon ist jedoch nichts zu sehen! Dies ist dramatisch und lächerlich zugleich. Europa bedeckt sich mit Schande, indem es zuläßt, daß Massaker an der Zivilbevölkerung begangen werden, und indem es Tyrannen zu Diensten ist. Die dänischen Sozialdemokraten haben heute für die Entschließung zur Situation im Kosovo gestimmt. Es ist nicht die erste Entschließung, die das Europäische Parlament angenommen hat. Eine Menge Entschließungen demokratischer Versammlungen der UNO, NATO, WEU, OSZE und EU haben das serbische Verhalten in scharfen Worten verurteilt. Der Westen muß jetzt reagieren. Es wäre wünschenswert, wenn sich der UN-Sicherheitsrat auf seine Verantwortung besinnen und eine Entschließung annehmen würde, damit die wiederholten Drohungen auch durch Machtmittel unterstützt werden. Wenn dies durch eine falsch verstandene Loyalität zu Rußland unmöglich gemacht wird, müssen andere verantwortungsvolle Politiker - gerne aus Europa - einspringen. Es geht nicht nur um unsere Glaubwürdigkeit. Es geht auch um Menschenleben. Die FPÖ ist der Ansicht, daß die bestehenden UNO-Resolutionen für ein Eingreifen der NATO ausreichen. Wesentlich ist, eine rasche Lösung des Konflikts herbeizuführen, um weiteres Blutvergießen zu verhindern. Daher unterstützt die FPÖ den Entschließungsantrag insgesamt, weist aber darauf hin, daß sie sich mit Par. 8 nicht einverstanden erklärt, da vor allem den an den Krisenherd angrenzenden Staaten jene humanitäre Hilfe und finanzielle Unterstützung zukommen sollte, die sie für eine möglichst große Aufnahmekapazität von Flüchtlingen benötigen. Damit soll verhindert werden, daß Österreich den Großteil des Flüchtlingsstroms in die EU bewältigen muß. Gemeinsame Entschließung zur Immigration Frau Präsidentin, in meiner gestrigen Stellungnahme zur Frage der illegalen Einwanderer aus dem Süden habe ich unserer Versammlung dargelegt, weshalb - nach Ansicht der Fraktion Europa der Nationen - die vom Amsterdamer Vertrag vorgesehene Reform die Probleme verschlimmern könnte, anstatt zu ihrer Lösung beizutragen. Ich möchte nun darlegen, welchen Vorschlag wir gerne in der vom Europäischen Parlament verabschiedeten Entschließung berücksichtigt gesehen hätten, der aber leider nicht enthalten ist. Man muß sich klar vor Augen halten, daß das allgemeine Sicherheitsniveau in einem vereinten europäischen Raum ohne Personenkontrollen an den Binnengrenzen immer nur so hoch sein wird wie das Sicherheitsniveau des schwächsten Gliedes. Die Beibehaltung der nationalen Kontrollen ermöglicht hingegen eine Gefahrenbegrenzung, während gleichzeitig jeder Staat in die Verantwortung genommen wird, da alle wissen, daß wenn sie aus Gründen der Schwäche illegale Einwanderer einreisen lassen, sie diese später nicht in die Nachbarstaaten abschieben können. Aber dies ist nicht ausreichend. Zahlreiche illegale Einwanderer sind bereits in unsere Länder eingereist, wo sie schwerwiegende Probleme verursachen. Und wenn ihre Zahl weiter ansteigt, können sie unsere Gesellschaften destabilisieren. In dieser Hinsicht kann Europa hilfreich sein. Wir müssen weitreichende Programme zur Rückführung in die jeweiligen Länder vorbereiten, an denen die europäischen Staaten auf freiwilliger Basis teilnehmen können. Ich denke jedenfalls, daß die meisten einer Teilnahme zustimmen würden, da dies in ihrem eigenen Interesse liegen würde. Natürlich müssen auch die potentiellen Rückkehrer diesen Schritt freiwillig unternehmen. Und damit dies der Fall ist, müssen die Bedingungen für die Rückkehr und die Wiedereingliederung vor Ort attraktiv gestaltet sein, das heißt - leider -, daß sie kostspielig oder relativ kostspielig sein werden. Wir müssen uns aber an diese Vorstellung gewöhnen. Diese Lösung wird immer noch weniger kosten als die Duldung dieser nicht integrierten Personen innerhalb unserer Gesellschaften. Außerdem müßten sich meiner Meinung nach die Nachbarstaaten auf der Basis freiwilliger differenzierter Zusammenarbeit gegenseitig bei der Überwachung ihrer Grenzen unterstützen, wenn es um die gemeinsamen Interessen geht, und zwar ohne die Verantwortung jedes einzelnen für seine Binnen- und Außengrenzen in Frage zu stellen. Warum sollten Frankreich, Österreich, aber auch - warum nicht? - die Schweiz nicht ein gemeinsames Programm lancieren, mit dem Italien finanziell bei der Überwachung seiner Außengrenzen unterstützt wird? Eine derartige Initiative würde meines Erachtens von gesundem Menschenverstand zeugen. Frau Präsidentin, ich habe dem Text zugestimmt, aber ich bin der Meinung, daß wir noch wesentlich nachbessern müssen, vor allem in der Frage der Quoten, die wir in bezug auf die personelle Lastenteilung festsetzen müssen. Ich sehe das Problem, daß wir viel über diese Fragen sprechen, aber die eigentliche Kernfrage hierbei vernachlässigen. Deshalb begrüße ich das vielfach kritisierte österreichische Strategiepapier, weil es völlig neue Elemente in die Diskussion eingebracht hat, weil es ehrlich ist und weil es deutlich macht, daß wir uns sowohl mit der Vermeidung von Fluchtursachen beschäftigen müssen als auch mit einer Reduzierung der Lasten und mit einer gerechten Lastenteilung, denn wir leben heute in einem Europa, in dem auch Bayern und Österreich etwa an das Mittelmeer grenzen und Spanien an die Staaten des Ostens. Hier kann nur echte Solidarität helfen und nicht das Sankt-Florians-Prinzip, daß doch bitte der Blitz in das Haus des lieben Nachbarn einschlagen möge. Wir haben nicht für den gemeinsamen Entschließungsantrag gestimmt, da wir nicht der Meinung sind, daß in der EU eine gemeinsame Einwanderungs- und Asylpolitik auf der Grundlage des Abschnitts IV des Unionsvertrags ausgearbeitet werden sollte. Wir sind auch Gegner von Schengen und Europol, von denen in dem Antrag ebenfalls die Rede ist. Wir meinen natürlich, daß man Einwanderer gut behandeln muß und unterstützen eine humane nationale Flüchtlingspolitik. Die dänischen Sozialdemokraten haben heute für eine Entschließung zu Einwanderungsfragen gestimmt. Wir müssen nämlich bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung und der organisierten Kriminalität im Zusammenhang mit illegaler Einwanderung zusammenarbeiten. Außerdem müssen wir dafür sorgen, daß Einwanderer und Flüchtlinge, die sich in der Union aufhalten, den notwendigen Schutz bekommen. Das wird dadurch erreicht, daß wir in der Gemeinschaft einige Mindestrechte für Einwanderer und Flüchtlinge festlegen. Wir müssen allerdings darauf hinweisen, daß Dänemark einen Vorbehalt gegen länderübergreifende Zusammenarbeit in Einwanderungs- und Asylfragen geltend macht. Dieser Vorbehalt kann nur durch eine eventuelle Volksabstimmung in Dänemark beseitigt werden. Ich habe für den Entschließungsantrag gestimmt, weil er viele positive Vorschläge enthält zur Bekämpfung des Problems der illegalen Einwanderung sowohl durch die Verbesserung der Sicherheit an den Außengrenzen der Europäischen Union als auch durch die Eindämmung der Machenschaften krimineller Organisationen, die die illegale Einwanderung unterstützen und fördern. Ich begrüße auch die Vorschläge zur Verbesserung der humanitären Unterstützung für illegale Einwanderer, die oft genug die unglückseligen Opfer von Kriminellen sind, die ihre Notlage ausnutzen. Dennoch sind ich und einige andere britische Labour-Abgeordnete nicht in der Lage, Erwägungsgrund F zuzustimmen, in dem zu unrecht bedauert wird, daß innerhalb einer Frist von fünf Jahren eine völlige Integration der Asyl- und Einwanderungspolitik erreicht werden soll, obwohl die Regierungen aller Mitgliedstaaten dies doch im Vertrag von Amsterdam vereinbart haben. Wir können uns auch nicht mit Ziffer 2 einverstanden erklären, in der im gleichen Sinne die Schaffung einer gemeinsamen Einwanderungs- und Asylpolitik gefordert wird. Wie wir schon früher dargelegt haben, sind wir nicht der Meinung, daß die EU eine gemeinsame Flüchtlings- und Einwanderungspolitik entwickeln sollte. Wir haben die Erklärungen zur Abstimmung abgeschlossen. Die Sitzung wird unterbrochen und um 15.00 Uhr wiederaufgenommen. (Die Sitzung wird um 13.00 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wiederaufgenommen.) Nach der Tagesordnung folgt die Debatte über aktuelle, dringliche und wichtige Fragen. Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über folgende Entschließungsanträge: B4-0897/98 von Herrn Goerens im Namen der Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas zum tragischen Tod von Semira Adamu und zur Asylpolitik; -B4-0909/98 von Frau Van Lancker im Namen der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas zum Tod von Semira Adamu im Zusammenhang mit ihrer Abschiebung; -B4-0915/98 von Herrn Collins und anderen im Namen der Fraktion Union für Europa zum tragischen Tod von Semira Adamu; -B4-0921/98 von Herrn Pradier und Herrn Vandemeulebroucke im Namen der Fraktion der Radikalen Europäischen Allianz zur Ermordung von Semira Adamu und zur Verhärtung der Einwanderungs- und Asylpolitik in Europa; -B4-0927/98 von Herrn Chanterie und anderen im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei zu den Ausweisungsverfahren nach dem tragischen Tod von Semira Adamu; -B4-0935/98 von Frau Aelvoet und anderen im Namen der Fraktion Die Grünen im Europäischen Parlament zum Tod von Semira Adamu und der Notwendigkeit, die Flüchtlingspolitik menschlicher zu gestalten; -B4-0937/98 von Herrn Vinci und anderen im Namen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke zur Zwangsausweisung und zum Tod von Semira Adamu. Frau Präsidentin, wir möchten unsere Bestürzung über den tragischen Tod von Semira Adamu zum Ausdruck bringen. Ihr tragischer Tod ist auch, und sogar vor allem, der offensichtliche Beweis für eine tiefgreifende Malaise unserer Gesellschaften angesichts der unzähligen Neuankömmlinge aus Drittländern, die, wenn sie vor Elend, Verfolgung, Gewalt oder Vergewaltigung fliehen, häufig keine legalen Wege für diese Flucht finden. Die wenigen Maßnahmen, die bisher verabschiedet wurden, um eine akzeptable Lösung für die in der vorliegenden Entschließung beschriebene Problematik zu finden, und die Langsamkeit, durch die die Suche nach menschlichen Lösungen gekennzeichnet ist, sind lediglich der Ausdruck für das Unbehagen unserer Gesellschaften angesichts der Opfer der ungerechten Verteilung der Reichtümer und der Verweigerung von Rechten und Freiheiten. Die vorliegende Entschließung zielt weniger darauf ab, mit dem Finger auf den Mitgliedstaat zu zeigen, in dem sich das verhängnisvolle Drama für Semira Adamu ereignet hat, wobei dieser Mitgliedstaat selbstverständlich die unbedingt erforderliche gerichtliche Untersuchung einleiten und diese auch zu Ende führen muß. Die Entschließung zielt vielmehr darauf ab, die Notwendigkeit zu betonen, daß die zukünftigen Maßnahmen die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention in vollem Umfang wahren müssen. Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen! Vor zwei Wochen kam Semira Adamu, eine junge Nigerianerin, im Zusammenhang mit ihrer Zwangsausweisung aus Belgien gewaltsam zu Tode. Meiner Ansicht nach bekunden auch wir im Europäischen Parlament zu Recht unsere Erschütterung über dieses Drama und verurteilen zu Recht das Geschehene. Deshalb ist es von außerordentlicher Bedeutung, wie der Kollege Goerens sagte, daß die belgische Justiz vollständige Klarheit über die Begleitumstände und Zuständigkeiten bei Semiras Tod schafft. Ich halte es auch für wichtig, daß die belgische Regierung endlich die scharfen Kanten ihrer Asylpolitik abgeschliffen hat. Aber der Tod von Semira mahnt auch die Europäische Union zur Verantwortung. Semira ist ja nicht das erste Opfer einer restriktiven Flüchtlingspolitik der Mitgliedstaaten der Union und auch der Union selbst. Die Anwendung von Gewalt bei Ausweisungen hat bereits früher in anderen Ländern dazu geführt, daß Tote und Schwerverletzte zu beklagen waren. Übrigens schlägt das Europäische Parlament zusammen mit zahlreichen Menschenrechtsorganisationen nicht das erste Mal Alarm wegen der Tendenz zu einer sich immer weiter verschärfenden Asyl-und Flüchtlingspolitik auf europäischer Ebene. Ich denke, es macht wenig Sinn, in diesem Rahmen alle Standpunkte des Europäischen Parlaments zur Verteidigung einer menschlicheren Asyl- und Flüchtlingspolitik aufs neue zu erörtern. Der Tod von Semira sollte uns jedoch veranlassen, unverzüglich zwei außerordentlich wichtige Probleme auf die europäische Tagesordnung des Rates zu setzen. Erstens befand sich Semira auf der Flucht vor einer erzwungenen Heirat in Nigeria. Ich weiß, manche Menschen bezweifeln ihre Geschichte, aber darüber sollten wir nicht urteilen. Sehr wohl hingegen ist es unsere Aufgabe, zum wiederholten Mal darauf zu dringen, daß alle europäischen Mitgliedstaaten die Genfer Konvention großzügig anwenden und also auch Frauen, die Opfer von Zwangsheirat, Vergewaltigung oder sexueller Verstümmelung sind, Schutz gewähren. Europa braucht dazu nicht auf die weltweite Änderung der Genfer Konvention zu warten. Der Rat kann selbst die Initiative ergreifen. Zu meiner großen Freude hat uns Kommissarin Gradin diese Woche darin bestärkt. Zum zweiten können auch schwierige Entscheidungen über die Rückführung von Menschen auf humane Weise getroffen werden. Die Rückkehr von abgelehnten Flüchtlingen darf keine Zwangsdeportation sein, bei der Menschen gewaltsam des Landes verwiesen werden. Möglich ist eine humane Rückkehrpolitik mit intensiver Betreuung, bei der die Menschen die Zeit, die Mittel und die Unterstützung zur Vorbereitung auf die Rückkehr erhalten. Möglich sind auch die Aufnahme in ihren Herkunftsländern und die Übernahme von Garantien für ihre Sicherheit. Internationale Zusammenarbeit, sehr geehrte Kollegen, ist mehr als reine Standardrückübernahmeklauseln oder Durchführungsübereinkommen. Deshalb müssen alle Länder der Union ihre Ausweisungspolitik grundlegend korrigieren. Auch das muß eine dringliche Aufgabe des Rates sein. Die Mitgliedstaaten der Union und die Union selbst haben tatsächlich das Recht und die Pflicht, über das Aufenthaltsrecht von Flüchtlingen zu entscheiden. Unserer Ansicht nach muß das auf europäischer Ebene geschehen. Aber meiner Meinung nach gibt es ganz bestimmt eine weitaus menschlichere Alternative zum Fort Europa, das gegenwärtig auf dem Reißbrett Europas liegt. Frau Präsidentin, ich erbitte Ihr Wohlwollen für einen Verfahrensantrag. Der portugiesische - und somit europäische - Schriftsteller José Saramago wurde gerade mit dem Nobelpreis für Literatur geehrt. Da es sich um einen Bürger Europas handelt, möchte ich, daß die Versammlung die Präsidentschaft ersucht, ihm ein Glückwunschschreiben, verbunden mit einem Dank für sein Werk, zu übermitteln. Frau Präsidentin, sie war 20 Jahre alt. Sie hat ihre Ausweisung nicht akzeptiert. Polizisten haben sie in einem Flugzeug der Sabena getötet. So einfach ist das. Selbstverständlich gab es Proteste, Demonstrationen, einen Rücktritt, der diesem Minister übrigens hoch anzurechnen ist, und es gab Asylbewerber, die die sogenannten Ausreiseformalitäten mit ihrem Leben bezahlt haben. Es sind noch weitere solche Fälle aufgetreten, in Frankreich und anderswo; über einige hat man gesprochen, über andere ist niemals ein Wort gefallen. Ein Ausländer, der ausgewiesen werden soll, wird vorübergehend in Gewahrsam genommen. Ich fürchte, daß nur wenige unserer Kolleginnen und Kollegen so interessiert waren, sich einmal anzusehen, wie solche Räumlichkeiten aussehen. Es handelt es sich dabei nicht unbedingt um unzumutbare unterirdische Verliese mit Gefängnischarakter. Nein, nein! Hinter dem Flughafen Charles De Galle befindet sich eine solche Unterkunft mit akzeptablen Zimmern, einem Leseraum, einem Versammlungsraum, einem Fernseher. Allerdings werden Sie manu militari , flankiert von zwei Polizisten dorthin gebracht, und man unterstellt Sie einer Verwaltung; Sie sind ohne Kontaktmöglichkeiten, ohne Einspruchsrecht, ohne Anwalt, ohne die Möglichkeit, den Ablauf der Ereignisse zu beeinflussen und etwas anderes tun zu können, als auf die Ausweisung zu warten, die natürlich nicht auf sich warten läßt. Die Frist reicht von einigen Stunden bis zu einigen Tagen. Der Staat - als herrschende Macht - erläßt Bestimmungen, über die er niemandem Rechenschaft ablegt. Hier hat man nicht das Recht, sich auf irgend etwas zu berufen, nicht einmal auf die Menschenrechte. Kein Gericht, kein Urteil, keine Berufung, keine Verteidigung. Die Maschinerie dreht sich, die Dampfwalze setzt sich in Bewegung und zermalmt alles, was vor ihr ist. Sobald Sie den festgesetzten Beschluß auch nur ein bißchen anfechten möchten, legt man Ihnen Handschellen an, man legt Ihnen Fußfesseln an, und Sie werden - nicht gerade zimperlich - von Beamten abgeführt, die alle bei ihren Vorgesetzten sehr gut angeschrieben sind. Dann bringt man Sie im Gefangenentransportwagen zur Gangway des Flugzeugs. So läuft das in Europa ab. Ein Ausländer, der ausgewiesen werden soll, ist in erster Linie ein Problem der Sicherheit und öffentlichen Ordnung. Also, Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dies muß sich ändern. Die Innenminister der Staaten der Union müssen uns Rechenschaft ablegen, uns und all denjenigen, die uns hierher geschickt haben. Diese Auswüchse werden ja in unserem Namen praktiziert, diese Schandtaten in unserem Namen begangen. Unsere Aufforderung an den Rat, er möge in Kürze hierher kommen, um genau zu erklären, welche Politik verfolgt wird, welche Maßnahmen ergriffen werden und schließlich, mit welchen Strafen die Mörder von Semira Adamu zu rechnen haben, ist nicht nur eine einfache Bitte, es handelt sich um eine Forderung. Frau Präsidentin, im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei möchte auch ich unsere tiefe Bestürzung über den tragischen Tod von Semira Adamu bekunden. Wir vertrauen darauf, daß im Rahmen der gerichtlichen Untersuchung die Begleitumstände dieses Dramas aufgeklärt und die entsprechenden Zuständigkeiten festgestellt werden. Der tragische Tod von Semira Adamu beweist die Notwendigkeit einer fundierten Asylpolitik. Dabei ist einerseits dem politischen Asylrecht, wie in der Genfer Konvention aus dem Jahre 1948 vorgesehen, und andererseits den sich aus der Europäischen Union und dem Geist von Schengen ergebenden Verpflichtungen Rechnung zu tragen. Wir wollen hervorheben, daß die Politik effizient sein muß sowie die Menschenwürde und die Grundrechte eines jeden Menschen zu achten sind. Ich glaube, wir müssen zwei Elemente, zwei Schwerpunkte, in den Vordergrund stellen: die Asyl- und Einwanderungspolitik muß in einer bestmöglichen Organisation der legalen Einwanderung und dem Schutz derjenigen verwurzelt sein, die in Gefahr sind oder des Schutzes bedürfen. Andererseits muß die Asyl- und Einwanderungspolitik auch auf die Verhinderung und Bekämpfung illegaler Einwanderung ausgerichtet sein. Dabei sind insbesondere die Organisatoren von Menschenhandel und Menschenschmuggel und diejenigen, die die Situation dieser armen Einwanderer mißbrauchen, zu bekämpfen. Eine Person, die sich illegal in einem der Mitgliedstaaten aufhält, wird allerdings auch aus dem Land ausgewiesen werden müssen. Da kommen wir nicht umhin. Die Achtung der Menschenrechte ist jedoch bei der Gestaltung der Asyl- und Einwanderungspolitik mit all ihren Facetten von wesentlicher Bedeutung. Diese Achtung muß sowohl im Asylverfahren als auch bei der Ausweisung sich illegal in einem Land aufhaltender Personen ihren Niederschlag finden. Wichtig ist auch, daß Asylbewerber schnell Rechtssicherheit erlangen. Wir müssen jedoch zur Kenntnis nehmen, daß die belgische Regierung die Verantwortung für den Tod von Semira Adamu übernommen hat und wir der belgischen Regierung auch dazu gratulieren müssen, daß sie ihre Politik menschlicher gestalten und ändern wollte. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Manchmal hört man aus unseren Reihen die Forderung: "Europa muß eine Seele erhalten" . Europa hat eine Seele, und sie drückt sich aus in seinem universalen Denken. Seit jeher war die Voraussetzung dazu die Liebe zum Fremden, die Offenheit und die Achtung, ja die Neugierde nach dem Fremden. Im schrecklichen Tod von Frau Adamu können wir die Seele Europas sterben sehen. Die Xenophobie ist auf unserem Kontinent eine Seuche geworden. Fälle wie der Tod dieser Frau können sich täglich wiederholen. Das muß niemanden verwundern in einer Union, in der seit Jahren das Asylrecht systematisch ausgehöhlt wird. Es muß niemanden verwundern, wenn sogar Vorstöße gemacht werden können, die Genfer Konvention auszuhebeln, wenn es möglich ist, daß Abschiebepraktiken eingeführt werden, die eine Verhöhnung der Menschenrechte sind. Wenn wir das zulassen, dann werden wir nicht nur noch weitere Tote zu verantworten haben, sondern dann wird auch die Seele Europas sterben, nach der wir nicht suchen müssen! Frau Präsidentin, ein weiteres Mal müssen wir bei Zwangsabschiebungen von Einwanderern Gewaltanwendung durch die Sicherheitsorgane einiger Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft beklagen und verurteilen. Es ist auch nicht das erste Mal, daß wir die Verwendung eines Kissens zur Unterdrückung der Schreie der Abgeschobenen anzeigen. Sie alle werden sich erinnern, daß Amnesty International dies schon bei mehreren Gelegenheiten getan hat, diese Tatsache jedoch leider unbeachtet blieb. Diese Methode, die in Belgien gewohnheitsmäßig von den Polizeibehörden angewendet wird, um die Schreie der abgeschobenen Flüchtlinge zu ersticken, führte schließlich zum Tod von Samira Adamu. Es handelt sich um einen eindeutigen Anschlag auf die Menschenwürde und die Achtung der Menschenrechte, dies muß, fern aller üblichen Euphemismen, klar und deutlich gesagt werden. Wir bedauern und verurteilen auf das nachdrücklichste die Anwendung dieser Praktiken und fordern gleichzeitig harte Strafen für die Verantwortlichen. Wir stellen andererseits fest, daß dieses traurige Ereignis nur der sichtbare Ausdruck der repressiven Aspekte der Einwanderungs-und Asylpolitik in der Europäischen Union ist. Gleichzeitig möchte ich in diesem Zusammenhang die dringende Notwendigkeit betonen, die sexuelle Mißhandlung als Faktor für die Gewährung von politischem Asyl zu berücksichtigen. Dies ist bis heute nicht der Fall, nicht einmal bei der Abschiebung dieser jungen Frau, die gezwungen werden sollte, einen polygamen Mann von 65 Jahren zu heiraten. Aus allgemeinerer Sicht erscheint mir die Tatsache besorgniserregend, daß die Europäische Union eine Politik der massiven Einschränkung des Einwanderungsstroms verfolgt, die angesichts der angewandten Maßnahmen den Gedanken der Festung aufkommen läßt - wie wir gestern schon in einer ähnlichen Debatte zum Ausdruck brachten. Besondere Sorge erregt gleichzeitig das vor kurzem bekanntgegebene Dokument der österreichischen Präsidentschaft, in dem eine schwerwiegende Bedrohung des bereits eingeschränkten Asylrechts festzustellen ist. In diesem Sinne möchten wir unserer Überzeugung Ausdruck geben, daß die gesamte Einwanderungs- und Asylpolitik in der Europäischen Union unmißverständlich an die Genfer Konvention gebunden sein muß. Zum Abschluß möchte ich vor diesem Plenum erneut darauf hinweisen, daß die Einwanderungs- und Asylpolitik auf politischen Maßnahmen der Solidarität und nicht auf ökonomischen Maßnahmen beruhen muß. Der erste Schritt zur Lösung des Einwanderungsproblems besteht in der Festschreibung einer echten Politik der großzügigen und solidarischen Zusammenarbeit in der Europäischen Union, die hilft... (Die Präsidentin unterbricht den Redner.) Herr Kollege! Sie sind schon eine Minute über der Zeit. Es tut mir leid! Frau Präsidentin, am 22. September starb in Belgien eine junge Nigerianerin, erstickt durch Gleichgültigkeit, erstickt durch Gewalt, erstickt durch Egoismus. Sie war 20 Jahre alt und war aus Nigeria geflohen, weil man sie dort zur Heirat zwingen wollte. Sie hatte gehofft, in einem Land der Europäischen Union Zuflucht, Trost, Hoffnung zu finden. Sie hatte geglaubt, daß bei uns die universellen Werte Frieden, Freiheit und Gleichheit respektiert werden. Arme Semira! Sie wußte nicht, daß unsere Länder allzu häufig verschlossen sind gegenüber Leid und persönlichen oder kollektiven Tragödien. Alle haben die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ratifiziert, und alle haben die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet. Selbstverständlich haben alle ihre eigenen Gesetze zu Asyl, Ausweisungen und Einwanderung. Das belgische Gesetz, genannt Van-de-Lanotte-Gesetz, stand somit im Mittelpunkt der Kritik und des Aufbegehrens. Dieses Gesetz ermöglicht es, Männer, Frauen und Kinder, die nicht den von der Ausländerbehörde definierten Kriterien entsprechen, für häufig sehr lange Zeiträume in geschlossenen Aufnahmezentren festzuhalten. Der tragische Tod von Semira hat unsere Gesellschaft erschüttert, und Belgien hat, unter Beibehaltung der politischen Grundlinien des Gesetzes, einige Änderungen vorgenommen, damit dieses Gesetz mehr Achtung vor dem einzelnen Menschen gewährleistet und natürlich, um die Verwendung von Kissen zu verbieten. Nun ist es Aufgabe der Europäischen Union, schnellstmöglich alles daranzusetzen, daß eine wirkliche gemeinsame europäische Asyl- und Einwanderungspolitik festgelegt wird. Frau Präsidentin, über den wirklich sehr bedauerlichen Tod von Frau Adamu sind bereits so viele Lügen und so viele Unwahrheiten verbreitet worden, auch heute, daß ich zunächst doch an zwei Sachverhalte erinnern möchte. Sachverhalt eins: Frau Adamu war, bei allem Respekt, eine Asylbetrügerin, die sich sogar darüber lustig machte, daß man ihr in Belgien die Geschichte von der Zwangsheirat abnahm. Das geht auch aus dem erschütternden Zeugnis von Hochwürden Herman Boon, dem Pfarrer vom Flughafen Zaventem, hervor. Außerdem sei auch daran erinnert, daß sich Frau Adamu zunächst einige Zeit vollkommen ungestört bei einem Freund in Lagos aufhielt, sich danach ebenso ungehindert in die togolesische Hauptstadt Lomé begab, um dort, wiederum ohne jegliche Probleme, das Flugzeug nach Europa zu besteigen. Deshalb war sie ganz bestimmt kein Flüchtling bona fide, ganz im Gegenteil. Sachverhalt zwei: Wenn es Frau Adamu, aufgehetzt von einem extrem linken Kollektiv gegen Ausweisungen, nicht weniger als fünfmal hintereinander gelingen konnte, eine völlig gerechtfertigte Ausweisung durch Schreien, Schlagen und noch einiges mehr zu verhindern, kann das nur heißen, daß die Asylpolitik viel zu lax ist, und natürlich nicht das Gegenteil. Die Zahlen belegen das. In meinem Land werden die meisten der abgelehnten Asylbewerber, das sind die Asylbetrüger, entschuldigen Sie das Wort, nicht in die Heimat zurückgeführt, sondern sie tauchen unter. Von 1990 bis heute betrifft das etwa 100 000 Menschen. Das ist also kein kleines Problem. Schließlich möchte ich noch meine tiefe Bestürzung über die Verleumdungen zum Ausdruck bringen, die die mit der Betreuung der abgelehnten Asylbewerber beauftragten Angehörigen der Gendarmerie nun zum Opfer machen, da sie wie Mörder behandelt und als solche beschimpft werden, auch in diesem Hause. Diese Menschen müssen unter äußerst schwierigen Bedingungen ihre Arbeit verrichten und verdienen jegliche Unterstützung. Daß sie übrigens auch vom ehemaligen Innenminister, dem Sozialisten Tobback, verleumdet werden, halte ich schlichtweg für einen Skandal, denn es war nicht die Gendarmerie oder gar der Flämische Block, sondern eben dieser Sozialist Tobback, der große Boß der hier anwesenden Sozialisten, der die Flüchtlinge charakterisierte als, ich zitiere aus seinem Buch "Zwart op wit" (Schwarz auf weiß) "Möwen, die hier einfallen, weil das einfacher ist, als zu Hause Fische zu fangen oder das Land zu bestellen" . Ich würde nicht wagen, so etwas zu sagen. Das sind Tobbacks Worte. Ich möchte daran erinnern, daß in Belgien kein einziger Minister seinen Rücktritt erklärt hat, als im Sommer 1996 die vier Kinderleichen im Fall Dutroux gefunden worden sind, daß niemand seinen Rücktritt erklärt hat, als in Ruanda zehn Fallschirmjäger auf abscheuliche Weise abgeschlachtet worden sind, und es erklärt niemand seinen Rücktritt, wenn in meinem Land Einheimische regelmäßig Opfer von Vergewaltigung, Raub oder Mord werden, beispielsweise verübt von illegalen Einwanderern oder Asylbewerbern. Meine abschließende Frage lautet: Gibt es vielleicht Opfer erster Klasse und Opfer zweiter Klasse einer gescheiterten Politik? Frau Präsidentin, die Entschließung darf nicht unsere eigenen Versäumnisse auf dem Weg zu einer Harmonisierung der Asyl- und Einwanderungspolitiken vergessen lassen. Was haben wir seit Jahren gemacht? Erklärungen, aber fast nichts Konkretes. Mit dem Amsterdamer Vertrag hat man sich ein reines Gewissen verschafft, indem man beschlossen hat, daß in den fünf Jahren nach seiner Ratifizierung Mindestvorschriften in diesem Bereich verabschiedet werden müssen. Meine Frage lautet daher wie folgt: wird Europa fünf Jahre warten, bis es handelt? Ist es nicht jetzt an der Zeit, den 15 Mitgliedstaaten ein Maßnahmenpaket vorzulegen, das im gesamten europäischen Raum zu einer gemeinsamen Formulierung der Asylbedingungen wie auch des Flüchtlingsstatus führt? Auf diese Weise würde Europa beweisen, daß es nicht nur eine Wirtschaftsmaschinerie ist, sondern daß es aufgrund seiner Vereinigung auch dazu in der Lage ist, die schwierige Herausforderung anzunehmen, die sich aufgrund der Anziehungskraft ergibt, die unsere Gesellschaft auf diejenigen ausübt, die ein politisches Regime, die Armut oder die Verletzung der Grundrechte dazu veranlaßt, aus ihrem Heimatland zu fliehen. Wenn Europa seine Pflicht nicht erfüllt, wenn der Ministerrat in dieser Frage nicht vorankommt, dann wird es leider noch mehr solche Opfer wie Semira Adamu geben. Frau Präsidentin, entscheidend ist doch, daß eine junge Frau von zwanzig Jahren von staatlichen Organen auf schreckliche Weise ermordet wurde. Alles andere, was vor kurzem von einem noch jungen Kollegen gesagt wurde, ist nicht hinnehmbar, ist nicht ein Plädoyer für den Teufel, sondern ein Plädoyer für das Verbrechen und die Verbrecher. Und die Verbrecher, das ist nicht nur die Polizei, die lediglich ein ausführendes Organ ist, das ist die Regierung, das ist die belgische Gesetzgebung, das ist die Gesetzgebung generell in der ganzen Europäischen Union zu Fragen des Asyls, der Immigranten, der Ausländer, das ist der Rahmen, den der Rat der Europäischen Union absteckt und in dem sich diese Gesetzgebungen bewegen. Dem müssen wir Einhalt gebieten, und an dieser Frage muß unser Schmerz, muß unser Zorn wachsen, doch sollten wir besonnen bleiben und wachsam. Von heute an muß tagtäglich geprüft werden, was und wie verändert wird an dieser mörderischen Gesetzgebung, die in Kraft ist, und inwieweit sie noch mehr entmenschlicht wird. Frau Präsidentin, "der barbarische Osten und der zivilisierte Westen" , das sagte vor wenigen Tagen der neue griechische Erzbischof, und er ist anscheinend ein Prophet, denn nun hat sich gezeigt, wo die Barbarei herrscht. Nämlich im Herzen des zivilisierten Westens. Und dieses Herz müssen wir verändern, nicht indem wir es ausreißen, wir müssen es verändern, damit es wirklich zivilisiert wird und sich nicht nur dem Schein nach auf den Humanismus, die Menschenrechte und ähnliche Märchen beruft. Frau Präsidentin, ich möchte die Worte von Herrn Ephremidis, der sagt, in Belgien würden nur Morde an illegalen Einwanderern verübt und die Gesetzgebung in Belgien entspreche nicht der Menschenrechtskonvention oder der europäischen Gesetzgebung, nicht ungestraft im Raum stehen lassen. So etwas darf einfach nicht gesagt werden, auch nicht im Europäischen Parlament. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Mit Rücksicht darauf, daß meine Kollegin Anita Gradin am letzten Dienstag dem Parlament klar und ausführlich den Standpunkt der Kommission dargelegt hat, möchte ich mir erlauben, Frau Präsidentin, die Worte meiner Kollegin nicht noch einmal zu wiederholen, wobei ich es nicht versäumen möchte, auch persönlich meine Trauer über das Vorgefallene zu äußern. Vielen Dank, Herr Kommissar! Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet heute um 17.30 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über die folgenden Entschließungsanträge: B4-0898/98 von Herr Frischenschlager und Frau Thors im Namen der Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas zur politischen Lage in der Slowakei; -B4-0913/98 von Herrn Wiersma und Herrn Bösch im Namen der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas zur Lage in der Slowakei; -B4-0928/98 von Frau Stenzel und anderen im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei zu den Wahlen in der Slowakei; -B4-936/98 von Herrn Voggenhuber und Frau Stenzel im Namen der Fraktion der Grünen im Europäischen Parlament zur politischen Lage in der Slowakei; -B4-0938/98 von Herrn Carnero und anderen im Namen der Konföderalen Fraktion der Europäischen Unitaristischen Linken zur Lage in der Slowakei. Frau Präsidentin, es freut mich, daß wir jetzt einmal in sehr positivem Unterton über die Slowakei debattieren können. Ich hoffe, es ist die vorläufig letzte Dringlichkeitsdebatte über die Slowakei, und wir können ab jetzt ganz normal über dieses Land sprechen. Das ist tatsächlich die Folge der Wahlen vom 25. und 26. September, die gut verlaufen sind. Auch eine kleine Beobachterdelegation des Europäischen Parlaments weilte dort, und wir konnten uns selbst vom korrekten, gut organisierten und sogar fairen Ablauf der Wahlen überzeugen. Damit ist nun auch der Raum für eine Neubewertung der Slowakei und eine neue Diskussion über die Frage geschaffen, ob dieses Land in den ersten Kreis der Beitrittsländer aufgenommen werden soll. Wir gehen davon aus, daß in der jetzigen Situation die kommende Regierung und das neue Parlament ein Programm für politische Reformen ankündigen werden. Politische Reformen zur Festigung der demokratischen Strukturen des Landes, zum Schutz der Rechte der Minderheiten sowie zur Verbesserung der Gesetzgebung für die unabhängigen und freien Medien des Landes. Wenn ihnen das gelingt, sind eigentlich die wichtigsten Hindernisse auf dem Weg zu den Beitrittsverhandlungen betreffend die Slowakei beseitigt. Hoffentlich schreiben es sich die neue Regierung und auch die Parteien, die gegenwärtig darüber verhandeln, gut hinter die Ohren, daß dieses politische Reformprogramm auch für die Europäische Union von überaus großer Bedeutung ist, haben wir doch im letzten Jahr als Europäisches Parlament, als Kommission sowie als Rat auf eine Reihe dieser Reformen gedrungen. Wird dieser Reformprozeß vorangetrieben, so müssen auch wir mit den Zusagen, die wir der Slowakei offiziell und inoffiziell gegeben haben, seriös umgehen. Es besteht ein gewisses Zeitproblem, und darauf möchte ich die Aufmerksamkeit lenken. Auch in der vorliegenden Entschließung wird darauf hingewiesen. Offiziell werden die Screening -Berichte der Kommission am 6. November vorgelegt. Verständlicherweise wird es der Kommission in der noch verbleibenden Zeit nicht möglich sein, darin der neuen politischen Situation in der Slowakei Rechnung zu tragen. Es ist auch unwahrscheinlich, daß die neue Regierung mit einem konkreten politischen Reformprogramm dann bereits gebildet sein wird, und noch viel unwahrscheinlicher ist es, daß dann bereits etwas auf den Weg gebracht worden ist. Wahrscheinlich kommt der Wechsel in der Slowakei für den Wiener Gipfel zu früh. Sicherlich wird der Wiener Gipfel keinen Beschluß darüber fassen können, ob die Slowakei in den ersten Kreis der Beitrittsländer aufgenommen werden darf. Wir appellieren jedenfalls an uns selbst, vor allem jedoch an die Kommission und den Rat, die notwendige Flexibilität an den Tag zu legen und die Möglichkeit zu prüfen, sollte Wien nicht realisierbar sein, sollte in Wien noch keine angemessene Beurteilung dieser politischen Reformen möglich sein, eventuell im Frühjahr eine Art Zwischenbewertung der von uns für die Slowakei zur Voraussetzung gemachten Maßnahmen vorzunehmen, das heißt Minderheiten und stabile Demokratie. Danach könnte dann der Rat während der deutschen Präsidentschaft die Aufnahme der Slowakei in den ersten Kreis beschließen. Nach all unseren Forderungen an die Slowakei wäre es ein sehr schlechtes Signal dieses Parlaments, der Europäischen Union, das Land nun bis Dezember nächsten Jahres warten zu lassen. Frau Präsidentin, die Wahlen in der Slowkei vom 25. und 26 September haben eine Umkehrung der bisherigen Verhältnisse gebracht. Die slowakische Bevölkerung hat politische Reife bewiesen, indem sie Ministerpräsident Meciar abgewählt hat und der Demokratischen Koalition zur Mehrheit verholfen hat. Dies ist ein Abschied von postkommunistischem Despotismus und Willkür und ein besonderer Erfolg auch für unsere Schwesterpartei, die Christdemokraten, die die stärkste Kraft in der neuen Regierungsmehrheit bilden. Das Europäische Parlament beglückwünscht daher zu Recht die slowakische Bevölkerung zu diesem Wahlausgang. Es ist zu hoffen, daß nunmehr rasch eine tragfähige und stabile Regierung gebildet wird. Die siegreiche Opposition SDK hat sich im Willen, Meciar zu stürzen, gefunden. Sie vereint so unterschiedliche Kräfte wie Christdemokraten, Liberale, ehemals reformkommunistische Linke und die Partei der Ungarischen Koalition. Es ist eine heterogene Gruppe, die ihren Zusammenhalt bewahren muß. Es besteht aber eine große Chance, daß aus ihr eine Regierung hervorgeht, die die Kopenhagener Beitrittskriterien erfüllt, vor allem die Verwirklichung institutioneller Stabilität als Garantie für eine demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz der Minderheiten. Die Europäische Union ist nun aufgerufen, die Slowakei zu unterstützen, damit sie das politische Beitrittskriterium erfüllen kann. Der politische Wandel in diesem Land begünstigt die Integration der Slowakei in die Europäische Union und stellt ein willkommenes Element der Stabilität in Mitteleuropa dar. Frau Präsidentin, das Europäische Parlament hat mehrfach seine Unzufriedenheit mit der demokratischen Entwicklung in der Slowakei ausgedrückt, und dies war schließlich auch der Grund dafür, daß sie nicht in den ersten Kreis der Beitrittsländer aufgenommen wurde. Ich glaube jedoch, daß jede Unzufriedenheit und jede Kritik auch eine zweite Seite haben sollte, nämlich die Bereitschaft, die positiven Veränderungen und Fortschritte wahrzunehmen und fair zu bewerten. Die Wahlen in der Slowakei waren, wie ich selber beobachten konnte, fair und korrekt. Nun stellt sich für uns die Frage, ob die Union in der Lage ist, darauf schnell und energisch zu antworten und dies entsprechend zu bewerten. Ich glaube, daß die vorliegende Entschließung zu vage, zu abwartend, zu vorsichtig ist. Meine Fraktion glaubt an die Möglichkeit einer schnelleren Aufnahme der Slowakei in den ersten Kreis gerade in dieser Situation, in der die neuen demokratischen Kräfte alle Unterstützung auf ihrem Weg in die Demokratie, aber auch auf ihrem Weg nach Europa brauchen könnten. Frau Präsidentin, wie auch andere Kollegen in ihren Beiträgen zum Ausdruck brachten, bin ich ebenfalls glücklich darüber, daß die allgemeinen Wahlen in der Slowakei im vergangenen September unter akzeptablen Bedingungen stattgefunden haben und sicher ein großer Schritt sein können, um in dem Land ein demokratisches und rechtsstaatliches System zu errichten, das solche Bezeichnungen verdient. Wenn dem so ist, wer mag da zweifeln, daß die Slowakei in nächster Nähe zur ersten Gruppe steht, die bereits Verhandlungen über ihren Beitritt zur Europäischen Union führt. Wir sollten uns in diesem Parlament nicht nur zu dieser Tatsache beglückwünschen, sondern darüber nachdenken, daß die Standpunkte, die dieses Plenum - sowie die Europäische Kommission und natürlich der Rat - bei der Festlegung der Ländergruppen und der Verfahren für die Beitrittsverhandlungen abgegeben hat, möglicherweise ein Echo in der Gesellschaft und der öffentlichen Meinung der Slowakei hervorgerufen haben, die sich schließlich für diesen Weg der Demokratie und der Achtung des Rechtsstaates entschieden hat. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin ja eigentlich kein großer Freund von Auseinandersetzungen mit assoziierten Staaten an Donnerstagnachmittagen wie diesem, aber ich glaube, heute kann ich wirklich einmal von einer erfreulichen Ausnahme sprechen nach der großartigen Richtungsentscheidung, die die slowakischen Wählerinnen und Wähler getroffen haben. Ich glaube, es ist für Frau Stenzel eher sekundär, ob da jetzt eher christdemokratische oder andere Parteien einen größeren Wähleranteil bekommen haben. Meiner Ansicht nach ist es entscheidend, daß hier ein ganz klares Signal in Richtung mehr Europa gegeben wurde. In diesem Zusammenhang darf ich mich auch als Ko-Vorsitzender des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses recht herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen von der OSZE, vom Europarat und aus unserem Hause bedanken, die durch ihre Teilnahme als Beobachter der Wahlen wesentlich dazu beigetragen haben, daß diese Wahl im großen und ganzen tadellos über die Bühne gegangen ist. Ich glaube, es ist dies auch die Gelegenheit, einmal daran zu erinnern, daß unsere Entscheidung als Europäisches Parlament, die Tür für die Slowakei entgegen anderweitigen Empfehlungen der Kommission letztendlich doch noch offenzuhalten, richtig war und letztendlich von den slowakischen Wählerinnen und Wählern honoriert wurde. Wir werden aber auch die kommende Regierung und die kommenden Mehrheiten in der Slowakei daran zu messen haben, was in Zukunft geschehen wird. Wir erwarten uns eine ordentliche parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste. Wir wollen, wie vereinbart, ein Gesetz über die Minderheitensprachen, und ich glaube, es wird auch eine andere Form der politischen Kultur in der Slowakei nötig sein, als dies bisher der Fall war. Wir glauben, daß die bisherigen Zeichen in diese Richtung höchst ermutigend sind, und wir werden als Gemischter Parlamentarischer Ausschuß und als Europäisches Parlament unseren Beitrag dazu zu leisten haben, daß diese veränderten Verhältnisse auch entsprechend durch eine verstärkte Zusammenarbeit gewürdigt werden. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Wahlbeteiligung von 84 % spricht für sich. Ich war selbst für drei Tage als Wahlbeobachter in der Slowakei, und man konnte dort sogar die Begeisterung der Leute spüren, als sie zu den Wahlurnen gingen. Es war für mich auch sehr positiv zu bemerken, daß die politischen Vertreter in den Wahllokalen exzellent geschult waren. Die Schulungen haben oft bis zu fünf Stunden gedauert, und mit Hilfe von Videos wurde die Wahl optimal vorbereitet. Man hat gespürt, daß die Jugend gern zu dieser Wahl gegangen ist und daß letztlich auch die offiziellen Vertreter, die einander sehr skeptisch beobachtet haben, bis zum Ende wirklich kontrolliert haben. Deshalb glaube ich, daß diese Wahl für die Slowakei ein Riesensprung nach vorn war. Man kann aus der Sicht von heute mit ruhigem Gewissen bestätigen, daß die Wahlen korrekt und sachlich abgelaufen sind, daß neue Mehrheiten möglich geworden sind und daß die Slowakei eine wirkliche Chance hat, ihren Weg Richtung Europa konsequent fortzusetzen. Wir haben bemerkt, daß die Bevölkerung in der Slowakei sehr pro Europa eingestellt war. Wenn man dann bei den Wahlen gesehen hat, daß gleichzeitig eine andere Abstimmung stattgefunden hat, zu der nur sehr wenige Personen hingegangen sind, während zur Wahl der 17 Parteien, die insgesamt angetreten sind, 84 % hingegangen sind, dann weiß man, daß das Volk der Slowakei sachlich und emotional richtig entschieden hat. Ich fordere auch die Kommission auf, dafür zu sorgen, daß die Tatsache, daß die Slowakei eine Wahl auf demokratischer Grundlage geführt hat, zu dementsprechenden Konsequenzen führt. Frau Präsidentin, auch auf die Gefahr hin, daß ich mich wiederhole, möchte ich sagen, daß das slowakische Volk eingesehen hat, daß man in einer Demokratie die eigene Zukunft ändern kann. Das Volk in diesem Land hat seinen Willen demonstriert, daß es der Gemeinschaft der Völker Europas angehören will und hat verstanden, daß es einen Unterschied macht, wenn man in einer funktionierenden Demokratie lebt. Wir stellen dies mit Befriedigung fest. Ich stimme aber Herrn Bösch zu, daß es wichtig ist, auch in der Regierungsarbeit Ergebnisse zu erreichen in bezug auf eine funktionierende Verwaltung, eine stabile Demokratie und nicht zuletzt bei der Lösung der Minderheitenprobleme. In diesem Punkt bin ich etwas beunruhigt, nachdem ich erste Berichte aus der Slowakischen Republik gehört habe. Wir müssen die Ergebnisse in diesem Punkt abwarten, aber unser Signal und unsere heutige Debatte sind eine eindeutige Geste an das slowakische Volk. Vielen Dank für das Ergebnis, das Ihr erreicht habt. Schließlich möchte ich nur noch darauf hinweisen, daß wir ziemlich erstaunt darüber sind, daß Finnland nicht aufgefordert wurde, sich an der Wahlbeobachtergruppe zu beteiligen. Frau Präsidentin, im März diesen Jahres hat dieses Parlament seine Besorgnis über die politische Lage in der Slowakei zum Ausdruck gebracht. Der Rücktritt von Präsident Kovac, aber auch das Auftreten von Ministerpräsident Meciar führten zu einer immer besorgniserregenderen Situation. Das undemokratische Verhalten Meciars und seiner Partei gegenüber der Opposition und der ungarischen Minderheit rief im Ausland harsche Kritik hervor. Vor noch nicht allzulanger Zeit war die Slowakei Kandidat für den Beitritt zur NATO und zur Europäischen Union. Leider hat sich die Slowakei unter Meciar politisch, rechtlich und wirtschaftlich geradewegs von unseren europäischen Normen abgewendet. Deshalb wurde das Land aufgrund seiner politischen Lage aus dem ersten Kreis der potentiellen EU-Mitgliedstaaten gestrichen. Zum Glück scheinen andere Zeiten zu kommen. Bei den wichtigen Wahlen zum Nationalrat Ende September hat die Partei von Ministerpräsident Meciar eine empfindliche Niederlage erlitten. Damit hat die slowakische Opposition endlich die einmalige Chance, vieles von dem zurechtzurücken, was unter Meciar schiefgelaufen ist. Die hohe Wahlbeteiligung beweist, daß auch die Bevölkerung von der Notwendigkeit einer Veränderung überzeugt ist. Meciar hat zwar das Vertrauen seines Volkes verloren, aber seine Partei ist noch immer die stärkste. Mit diesem Sieg der Anti-Meciar-Parteien bei den Wahlen ist es aber noch nicht getan. Die Opposition steht vor einer schweren Aufgabe. Die Tür zur Europäischen Union steht der Slowakei noch immer offen, wenn dort ein demokratisches Regime an der Macht ist. Die Lage ist besorgniserregend, da die Opposition vor und während der Wahl vor allem ein Umstand einte, nämlich eine Anti-Meciar-Haltung. Übereinstimmung über ein politisches Programm fehlte. In der Slowakei ist die politische Macht eng mit der wirtschaftlichen verbunden. Obwohl die Opposition dank ihres Wahlsiegs über die politische Macht verfügt, liegt die wirtschaftliche Macht noch weitestgehend in den Händen des Meciar-Freundeskreises. Deshalb muß die Opposition zahlreiche politische Ernennungen zurücknehmen, die Rechtmäßigkeit der Privatisierungen überprüfen und versuchen, das Vertrauen im Ausland zurückzugewinnen. Sie wird zeigen müssen, daß sie für Stabilität sorgen kann. Für einen Wiederaufbau der Slowakei müssen diese politischen Oppositionsparteien ein politisches Programm vorlegen, in dem sie die aufgeführten Punkte konkret mit Inhalten füllen. Auf diese Weise schaffen sie eine wirkliche Koalition. Daneben müssen sie natürlich vier Jahre lang einer Meinung bleiben. Dazu benötigen sie dringend die politische, aber auch die finanzielle Hilfe und Unterstützung seitens des Europäischen Parlaments. Zusammen kann konstruktiv daran gearbeitet werden, daß die Slowakei beispielsweise wie ihr ehemaliger Partner, Tschechien, der Europäischen Union beitreten kann. Frau Präsidentin, wir haben in der letzten Zeit nicht so viele gute Nachrichten in Europa bekommen. Endlich ist da ein wirklicher Lichtblick aus der Slowakei gekommen, denn knapp vor der Wahl - ich war auch dort - haben die Menschen eigentlich nicht geglaubt, daß sie gewinnen können. Es ist doch unglaublich ermutigend für uns, daß die Menschen sich gegen eine solche brutale Macht durchsetzen konnten. Herr Meciar war tatsächlich ein brutaler potentieller Diktator. Ich habe mehrfach mit ihm gesprochen. Ich kann Ihnen nur sagen, ich habe ihn mit dem Eindruck verlassen, daß der Mann eher ein medizinisches als ein politisches Problem ist! Das allerdings ist gefährlich für alle. Wir sollten jetzt alles machen, um diesem Volk, das wirklich ein gutes Volk ist und das eine harte Geschichte hinter sich gebracht hat, möglichst schnell den Beitritt zur Europäischen Union zu ermöglichen. Wir müssen die Regierungen bitten, daß sie auf jeden Fall versuchen, bereits in Wien - das ist außerdem nur wenige Minuten von der Slowakei entfernt - den entsprechenden Beschluß zu fassen. Frau Präsidentin, die Menschen in der Slowakei haben durch ihre hohe Wahlbeteiligung und ihr staatsbürgerliches und friedfertiges Verhalten bei den jüngsten Parlamentswahlen unter Beweis gestellt, daß sie der Demokratie fest verpflichtet und bereit sind, diese demokratische Chance zu nutzen, um das politische Leben in der Slowakischen Republik zu verändern. Die Kommission ermutigt die Slowakei, die so entstandenen Möglichkeiten umfassend zu nutzen, um die Probleme, die in der Stellungnahme der Kommission vom Juli 1997 angesprochen wurden und den Betrittsprozeß behindert haben, in Angriff zu nehmen. Wir hoffen, daß die bisherige Regierung die Bildung einer neuen Regierung nicht behindern und der Übergang im Interesse der Slowakei rasch und ohne unnötige Verzögerungen abgewickelt wird. Die Hoffnungen richten sich auf eine rasche Verbesserung des politischen Klimas, das die Slowakei in Sachen Demokratie näher an die Europäische Union heranbringen wird. Die Europäische Kommission ist fest entschlossen, den Prozeß der Eingliederung der Slowakei in die Union voranzubringen. Sie ermutigt die zukünftige Regierung, die Vorbereitungen für den Beitritt zu beschleunigen, indem sie entschlossen die Beseitigung der in der Stellungnahme genannten Hindernisse angeht und die Prioritäten der Beitrittspartnerschaft aufgreift. Die neue Regierung ist aufgerufen, diesem Momentum der politischen Reform, einschließlich der Reform im Bereich der Minderheitenrechte, eine feste Grundlage und mehr Gewicht zu verleihen und das Vertrauen in die staatlichen Schlüsselinstitutionen, darunter auch in das Amt des Präsidenten, sowie deren Stabilität zu fördern. Das makroökonomische Gleichgewicht muß unverzüglich wiederhergestellt und gesichert werden; wirtschaftliche Reformen vor allem im Finanzsektor, Transparenz bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen und bessere Unternehmensführung sind Bereiche, die dringend in Angriff genommen werden müssen. Die Kommission bereitet derzeit, wie Sie wissen, den ersten Fortschrittsbericht vor, dem in regelmäßigen Abständen weitere folgen werden. Wir werden die Veränderungen in der Slowakei so lang wie möglich abwarten, um sie mitberücksichtigen zu können. Aber die neue Regierung ist noch nicht gebildet worden, so daß es im Moment für ein endgültiges Urteil noch zu früh ist. Vielen Dank, Herr Kommissar Pinheiro. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet um 17.30 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über die folgenden Entschließungsanträge: Taslima Nasreen -B4-0906/98 von Herrn Collins und Frau Van Bladel im Namen der Fraktion Union für Europa zu Taslima Nasreen; -B4-0920/98 von Herrn Telkämper und anderen im Namen der Fraktion Die Grünen im Europäischen Parlament zu Taslima Nasreen; -B4-0934/98 von Frau Lenz und anderen im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei zu Taslima Nasreen; -B4-0939/98 von Herrn González Álvarez und anderen im Namen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke zu den Todesdrohungen gegen Taslima Nasreen; Malaysia -B4-0899/98 von Herrn Bertens im Namen der Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas zur Menschenrechtslage in Malaysia; -B4-0908/98 von Herrn Collins und Frau van Bladel im Namen der Fraktion Union für Europa zu Anwar Ibrahim; -B4-0914/98 von Herrn Titley im Namen der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas zur Menschenrechtssituation in Malaysia; -B4-0933/98 von Herrn Habsburg-Lothringen und Frau Oomen-Ruijten im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei zu den Menschenrechten in Malaysia; -B4-0944/98 von Herrn Telkämper und Frau McKenna im Namen der Fraktion Die Grünen im Europäischen Parlament zu den jüngsten politischen Verhaftungen im Rahmen des Internal Security Act (Internes Sicherheitsgesetz) in Malaysia; Todesstrafe im Iran -B4-0900/98 von Herrn Bertens im Namen der Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas zur Menschenrechtslage in Iran; -B4-0919/98 von Frau Roth und Frau Aglietta im Namen der Fraktion Die Grünen im Europäischen Parlament zur Todesstrafe in Iran; -B4-0926/98 von Frau Sandbæk im Namen der Fraktion der Unabhängigen für das Europa der Nationen zur Lage der Menschenrechte in Iran - September 1998; -B4-0930/98 von Frau Maij-Weggen und anderen im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei zur Todesstrafe in Iran; -B4-0941/98 von Herrn Manisco und anderen im Namen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke zu den Menschenrechten in Iran; Todesstrafe in den Vereinigten Staaten -B4-0911/98 von Herrn Barzanti und Herrn Bontempi im Namen der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas zum Todesurteil gegen einen Mann italienischer Herkunft; -B4-0917/98 von Frau Aglietta im Namen der Fraktion Die Grünen im Europäischen Parlament zu dem in den Vereinigten Staaten verhängten Todesurteil gegen Rocco Derek Barnabei; -B4-0925/98 von Herrn Dupuis und anderen im Namen der Fraktion der Radikalen Europäischen Allianz zur Todesstrafe in den USA; -B4-0940/98 von Herrn Manisco und anderen im Namen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke zur Todesstrafe in den Vereinigten Staaten; Leyla Zana -B4-0945/98 von Herrn Wurtz und anderen im Namen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke zur Freilassung von Leyla Zana; Georgien -B4-0931/98 von Herrn von Habsburg im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei zu den Menschenrechten in Georgien. Taslima Nasreen Frau Präsidentin, wir sind besorgt um eine der großen Frauen dieses Hauses. Taslima Nasreen ist hier mit dem Sacharow-Preis geehrt worden für ihre Arbeiten, für ihr politisches und menschenrechtliches Engagement, möchte ich sagen. Sie hat den Sacharow-Preis bekommen, vier Jahre im Exil gelebt, ist jetzt nach Bangladesch zurückgekehrt und wird dort verfolgt. Wir sind bestürzt darüber, daß fundamentalistische Parteien wie die Jamal-e-Islami in Bangladesch seit dem 14. September täglich Demonstrationen gegen Frau Nasreen veranstalten und ihre Hinrichtung fordern. Wir sind beunruhigt darüber, daß die Polizei in Bangladesch eine Jagd auf sie veranstaltet, nachdem ein Gericht in Dhaka einen neuen Haftbefehl gegen sie ausgestellt hat, der auch die Einziehung ihres Vermögens beinhaltet, womit die Anklage wegen Gotteslästerung aus dem Jahre 1994 erneuert wird, und bestürzt über die erneute Aussetzung eines Kopfgeldes von 33.000 FF. Warum wird sie verfolgt? Sie hat sich den Zorn der Fundamentalisten in Bangladesch hauptsächlich deswegen zugezogen, weil sie die Rechte der Frauen im Hinblick auf bestimmte Traditionen des Islam verteidigt hat. Wir hören zunehmend Meldungen aus Bangladesch über brutales und willkürliches Vorgehen der Polizei und über die Unfähigkeit der Staatsorgane, den Opfern der Gewalt zu ihrem Recht zu verhelfen. Dies alles bestürzt uns und macht uns eben besorgt, daß Frau Nasreen untertauchen muß, daß sie verfolgt wird und daß sie vielleicht vom Tode bedroht ist. Deshalb bitte ich die Kommission und den Rat, sich für die große Frau dieses Hauses, wie ich sagte, für die Sacharow-Preisträgerin, einzusetzen, insbesondere aber auch, Frau Präsidentin, dieses Parlament. In zwei Wochen wird eine Parlamentsdelegation wegen der verheerenden Flutkatastrophen nach Bangladesch fahren. Das ist ein anderes Problem, aber bei den Gesprächen mit der Regierung, denke ich, ist es Pflicht dieser Delegation, die Menschenrechtssituation anzusprechen und sich dafür einzusetzen, daß Frau Nasreen sich frei bewegen kann. Frau Präsidentin, 1994 verlieh das Europäische Parlament den Sacharow-Preis an Frau Taslima Nasreen. Sie beschrieb in ihrem Buch Lajja, was soviel heißt wie Schamgefühl, das Leben einer Hindufamilie und skizzierte den moslemischen Extremismus, die Intoleranz gegenüber der hinduistischen Minderheit und die alltägliche Diskriminierung gegenüber Frauen in einer von Männern dominierten Welt. In ihrem Heimatland wurde das Buch verboten. Wegen angeblicher Verletzung religiöser Gefühle müssen Beklagte mit einer Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren rechnen. Nach vier Jahren hat sich Frau Nasreen aus dem Exil gemeldet und ist zurück in Bangladesch. War es Leichtsinn, der sie zu diesem Schritt getrieben hat? Auf ihren Internetseiten begründet sie, warum sie wieder zu Hause ist. Das eine ist ihr Heimweh und die Verbundenheit mit einem Land, das viel zu wichtig ist, um in die Hände von Extremisten zu fallen. Das andere ist ihre Mutter, die von einer schweren Krebskrankheit gezeichnet ist. Ihr möchte sie beistehen in ihren vermutlich letzten Wochen ihres Lebens. Kaum ist Frau Nasreen unter falschem Namen wieder in Bangladesch eingereist und untergetaucht, schon meldet sich die Straße mit Aufmärschen. Es gibt gesicherte Informationen über erhebliche Ausschreitungen. Kopfgeld wurde ausgesetzt - Kollege Telkämper hat darauf hingewiesen -, und Kopf-ab-Parolen machen wieder die Runde, initiiert von fanatischen moslemischen Geistlichen. Das Leben von Taslima Nasreen ist also erneut in Gefahr. Noch ist unklar, wie lange die als liberal geltende Regierung sich gegen die Fundamentalisten behaupten kann. Wir fordern die Premierministerin, Frau Hasina, auf, die in der Verfassung festgeschriebenen Menschenrechte umzusetzen und das Leben von Frau Nasreen schützen zu lassen. Die Forderung, sich freiwillig den Gerichten zu stellen, ist zweischneidig angesichts einer möglichen Gefängnisstrafe mit unkontrollierbaren Pressionen und zu befürchtenden Fehlhandlungen durch kaum zu bändigende Extremisten. Ich hoffe im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei, daß der Sacharow-Preis den nötigen internationalen Stellenwert hat und dieser mutigen Kämpferin helfen wird, endlich frei zu sein von der Gefahr für Leib und Leben. Frau Präsidentin, andere Kollegen haben schon darüber gesprochen: Nach vier Jahren im Ausland ist Taslima Nasrin aus persönlichen Gründen in ihre Heimat zurückgekehrt, vielleicht wegen der Verschlechterung des Gesundheitszustands ihrer Mutter oder aus Sehnsucht nach ihrem Vaterland. Sie ist zurückgekehrt und wird erneut mit dem Tode bedroht. Man müßte sich fragen: Was hat es ihr und der anderen Kollegin, Leyla Zana, über die später gesprochen werden wird und die weiter in türkischen Gefängnissen sitzt und weitere zwei Jahre Haft wegen des Schreibens eines Artikels erhalten hat, was hat es ihnen genützt, den Sacharow-Preis erhalten zu haben? Daher wäre es meiner Ansicht nach sehr wichtig, daß die europäischen Institutionen nachhaltigen Druck ausüben, in diesem Fall auf die Regierung von Bangladesch, damit verhindert wird, daß die Fanatiker eine Frau umbringen, die die Menschenrechte im allgemeinen und die Rechte der Frauen im besonderen verteidigt hat. Für dieses Parlament ist die Verteidigung der Menschenrechte im allgemeinen und der Rechte der Frauen im besonderen, vor allem in diesen Ländern, von großer Bedeutung. Die Kommission bzw. der Rat sollten auf dieses Land energischen Druck ausüben, um zu verhindern, daß etwas geschieht. Malaysia Frau Präsidentin, die jüngsten Ereignisse in Malaysia und speziell das traurige Schicksal des ehemaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten Anwar Ibrahim sind ein weiterer Beweis für die Aussage, daß autoritäre und undemokratische Regimes letzten Endes immer ihre eigenen Kinder verschlingen. Das hat nichts mit vermeintlichen Unterschieden in der Kultur oder im Volkscharakter zu tun. Das hat vielmehr zu tun mit der Akzeptanz von Willkür als Herrschaftsprinzip. Der Ministerpräsident von Malaysia und seine Regierung können nicht darauf hoffen, ihr Staat werde als vollwertiger politischer Partner anerkannt, wenn sie die grundlegenden Menschenrechte verletzen. Der Internal Security Act , der lange Inhaftierung ohne jegliches Gerichtsverfahren ermöglicht, steht im Widerspruch zu den elementarsten Grundlagen der Menschenrechte. Gleiches gilt für die strafrechtliche Diskriminierung von Homosexuellen, die Bedrohung, Verfolgung, Verhaftung von Kritikern, die Mißhandlung von Gefangenen, die Verweigerung eines Rechtsbeistands usw. Meine Fraktion schließt sich dem Appell an die malaysische Regierung an, diese Praktiken zu beenden, und fordert den Rat und die Kommission auf, die Menschenrechte zum Prüfstein für ihre Beziehungen zu Malaysia zu machen. Frau Präsidentin, Herr Kommissar! In der letzten Zeit mußten wir aus den Medien immer wieder von den fürchterlichen und schlimmen Mißhandlungen des Vizepremiers Anwar Ibrahim erfahren und von völlig grotesken Anzeigen gegen ihn hören. Ein Vertreter der Adenauer-Stiftung hatte die Möglichkeit, ihn vor einigen Tagen zu besuchen, und hat die schlimmsten Befürchtungen effektiv bestätigen können. Ich glaube, daß man hier doch einen kurzen Blick zurück in die Geschichte Malaysias werfen sollte und darauf hinweisen muß, was vor fast 15 Jahren der Begründer der Unabhängigkeit Malaysias und eine der großen Persönlichkeiten des gesamten asiatischen Raums, Tunku Abdul Rahman, über Mahathir Mohamad gesagt hat: Er hat sehr vor ihm gewarnt, er hat darauf hingewiesen, daß es sich bei ihm um einen großen Demagogen handelt, der großes Unheil über Malaysia bringen könnte. Ich glaube, bei Mahathir Mohamad haben sich die schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet. Er ist einer der ganz großen Demagogen und vielleicht einer der ganz großen Meister, wenn es darum geht, lästige Nebenbuhler oder andere Personen, die an die Macht kommen könnten, beiseite zu schieben. Das letzte Hindernis zu seiner vollkommenen Machtübernahme in Malaysia war zweifellos Vizepremier Anwar, einer der größten Wirtschaftssachverständigen des ganzen Raums. Auch wurde er von mehreren Zeitungen als einer der echten Hoffnungsträger für die Zukunft Malaysias gehandelt und er ist unter Umständen auch jemand, der gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt der großen wirtschaftlichen Krise dort einiges hätte bewirken können. Natürlich weist uns der Fall Anwar auch darauf hin, daß in der Rechtsgrundlage Malaysias einiges im argen liegt. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß der Internal Security Act es zuläßt, eine Person ohne Haftbefehl für den Ermittlungszeitraum von etwa 60 Tagen zu inhaftieren, wenn sie im Verdacht steht - und das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen -, die nationale Sicherheit oder aber die Wirtschaft Malaysias zu bedrohen. Ferner kann der Innenminister ohne nennenswerten Grund eine zweijährige Haftstrafe verhängen. Dagegen müssen wir protestieren und für diesen Mann eintreten! Herr Präsident, Malaysia stand in den letzten Jahren im Glanz des Booms der Wirtschaft, und die Verletzungen der Menschenrechte wurden nicht thematisiert, genauso wenig wie der Internal Security Act , ein Gesetz aus der Kolonialzeit, das wir, solange ich in diesem Parlament bin, immer wieder kritisiert haben und das dokumentiert, daß Malaysia kein demokratischer Rechtsstaat ist. Wir sind jetzt bestürzt über die Verhaftung von Herrn Anwar Ibrahim, dem ehemaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten, und weiterer elf Personen, die mitinhaftiert wurden aufgrund dieses Internal Security Act , sowie von Herrn Nallakarupan, einem Geschäftsmann. Wir haben die Befürchtung, daß sie in ihrer Untersuchungshaft Mißhandlungen ausgesetzt sind. Warum? Dieser Internal Security Act ist ein willkürliches Gesetz. Auf einen simplen Verdacht hin können Menschen verhaftet werden. Sie können in Untersuchungshaft gehalten und dann für zwei Jahre inhaftiert werden. Diese Haft kann unbeschränkt verlängert werden. Zur Zeit scheinen 200 Personen inhaftiert zu sein, und wir fordern, daß diese Menschen unversehens freigelassen werden. Ebenso verurteilen wir das malaysische Strafgesetzbuch, das für homosexuelle Handlungen zwischen einwilligenden Erwachsenden bis zu 20 Jahre Gefängnis und die Prügelstrafe vorsieht. Es sind einige Leute aufgrund dieser Gesetzeslage inhaftiert, und wir fordern den Staat auf, doch hier rechtsstaatlich vorzugehen und diese Menschen unversehens freizulassen! Herr Präsident, die meisten Menschen glauben, die Situation im Iran habe sich in der letzten Zeit leicht verändert, aber vieles ist noch beim alten geblieben. Ich möchte darauf hinweisen, daß es im ersten Jahr der neuen Regierung 260mal öffentliche Hängungen und Hunderte von heimlich hingerichteten politischen Gefangenen gegeben hat; sieben Menschen sind öffentlich zu Tode gesteinigt worden, ganz zu schweigen von denen, die dieses Schicksal heimlich erleiden mußten. Vor kurzem haben die Behörden ein neues Gesetz über getrenntgeschlechtige Krankenhäuser erlassen. Eines für Frauen und ein anderes für Männer. Frauen sollen nur von weiblichen Ärzten und Männer nur von männlichen Ärzten behandelt werden. Wie wir alle wissen, sind weitaus die meisten Patienten in den Krankenhäusern Frauen. Dies ist auf eine Reihe von Gründen und nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß die Frauen die Kinder gebären. Die Zahl der Patienten wird die Zahl der Ärzte, die zumeist Männer sind, erheblich übersteigen. Diese Situation muß in Angriff genommen werden. Es darf keine getrenntgeschlechtigen Krankenhäuser geben. Tatsache ist, daß der Iran sich in der letzten Zeit kaum verändert hat. Das einzige, was sich geändert hat, ist der Public-Relations-Ansatz. Die Todesstrafe gegen Salman Rushdie ist nicht wirklich aufgehoben worden. Wir müssen wachsam bleiben. Herr Präsident, Anlaß für diese Entschließung zum Iran ist wieder einmal die Verhängung der Todesstrafe gegen zwei Bahais. Sind wir uns doch über folgendes im klaren: Seit 1979, also seit dem Beginn der islamitischen Herrschaft im Iran, wurden 200 Menschen aus diesem Kreis hingerichtet. Aufgrund internationaler Proteste kam es seit 1992 bis zu diesem Jahr, als im Juli erneut einer dieser Menschen hingerichtet wurde, zu keinen weiteren Exekutionen. Deshalb werden Sie unsere großen Befürchtungen verstehen, daß nun auch diese beiden Menschen umgebracht werden. Ein allererster Appell in dieser Entschließung richtet sich an die Adresse des Iran, diesen Weg nicht aufs neue zu beschreiten, Glaubensfreiheit zuzulassen und Menschen ganz gewiß nicht aus religiösen Gründen umzubringen. Es verstößt gegen alle internationalen Konventionen der westlichen Welt und, wie ich denke, vieler anderer Länder. Auch in Asien findet man dafür wirklich kein Verständnis. Das ist also das erste und wichtigste Ziel dieser Entschließung. Aber ich möchte diese Gelegenheit doch nutzen, um meine große Besorgnis über das Geschehen im Iran zum Ausdruck zu bringen. Denn der Iran zeigt im Augenblick zwei Gesichter. Ein Gesicht deutet auf ein bißchen mehr Toleranz, eine geringfügige Verbesserung der Situation, die bekannte Show des Herrn Cook und des iranischen Ministers für auswärtige Angelegenheiten in New York. Auf der anderen Seite, dann aber doch mehr hinter verschlossenen Türen, ist diese unverminderte Repression. Dafür gibt es zahlreiche Signale und Zeichen, allerdings jetzt mehr im verborgenen. Beispielsweise findet die Vollstreckung von Todesurteilen, die im allgemeinen noch immer gefällt werden, früher jedoch an öffentlichen Plätzen vor laufenden Kameras vollstreckt wurden, jetzt in den Innenhöfen statt. Jemand sagte mir sogar, man verwende dazu nun kleine Steine, nicht mehr große. Nun weiß ich, ehrlich gesagt, nicht, was schlimmer ist. Ob nun jemand in einem Innenhof mit kleinen Steinen oder auf einem öffentlichen Platz mit großen Steinen umgebracht wird. Daneben die Repression gegen Frauen, auf die soeben hingewiesen wurde. Seit kurzem gibt es eine neue, sehr ernste Form der Repression, da Frauen nicht mehr von Ärzten behandelt werden dürfen. Frauen in Regionen, in denen es einfach keine Ärztinnen gibt, sterben deshalb. Im Kern ist es mehr Schein als Sein. Wir dürfen uns nicht hinters Licht führen lassen, wir müssen die Wahrheit über den Iran wissen und deshalb solange protestieren, bis die Ordnung nicht nur vor den Türen, sondern auch hinter den Türen hergestellt ist. Im Iran ist die Menschenrechtslage noch immer nicht in Ordnung. Herr Präsident, angesichts der Worte anderer Kollegen bin ich besorgt über die Situation im Iran, da wir ausreichende Informationen besitzen, um uns ein Bild darüber machen zu können, was auf politischem Gebiet geschehen kann. Wir wissen, daß ein gewalttätiges Staatsregime Gewalt und Widerstand hervorruft. Unsere Aufmerksamkeit mag sich darauf beschränken, was mit den Frauen, den Gewerkschaftern, anderen religiösen Gruppen geschieht, aber in Wirklichkeit müssen wir uns darauf konzentrieren, was mit dem Grundrecht auf Vereinigung und politische Meinungsäußerung geschieht. Was können wir hier von der Europäischen Union aus tun? Ich glaube, dieser kritische Dialog ist gescheitert, und wir müssen daran zweifeln, daß sich tatsächlich Veränderungen dahingehend vollzogen haben, daß die Menschen politische Standpunkte vertreten können, ohne Repressalien ausgesetzt zu sein. So appelliere ich hier daran, daß wir unsere Aufmerksamkeit auf die notwendige politische Entwicklung konzentrieren. Herr Präsident, es handelt sich hier auch um eine ähnliche Frage, wie sie schon vorher gestellt wurde, nämlich die ewige Verfolgung der Bahai. Es wird uns da immer wieder von den Iranern gesagt, das seien Gegner des Landes, weil sich das Zentrum der Bahai-Religion tatsächlich in Israel befindet. Das ist ja immer der Vorwand, der benutzt wird. Wir sollten jedoch alles tun, um für die Bahais endlich wieder jene religiöse Freiheit wiederzuerlangen, die sie seinerzeit vor der Machtergreifung durch Khomeini hatten und die ihnen auch wieder zustehen sollte. Es gab ja gute Anzeichen, aber leider ist der Augenblick schnell wieder vorbeigegangen. Ich möchte sehr bitten, daß wir hier wieder beginnen, denn damals haben unsere Proteste geholfen. Ich glaube, wir sollten weiter protestieren, dann wird unser Protest auch diesmal helfen. Herr Präsident, einer der Gründe, warum ich stolz auf die Europäische Union und darauf bin, Europäer zu sein, ist die eindeutige Ablehnung der Todesstrafe, die wir aus diesem Teil der Welt ständig vorbringen werden. Was im Iran geschieht, ist schrecklich. Das bezieht sich natürlich nicht nur auf die gefährdete Gruppe im Umfeld von Bahai, sondern auch auf viele andere, die von den iranischen Behörden getötet werden. Wir müssen dies in seinem ganzen Ausmaß anprangern. Unter anderem hat das die Konsequenz, daß die Religion in Mißkredit gerät, für deren wichtigste Verkünder sich die Machthaber im Iran halten. Ich will nicht glauben, daß sich Muslime so verhalten oder so verhalten sollen, wie es die Herren im Iran tun. Ich finde, wir sollten ihre Maßnahmen in aller Deutlichkeit verurteilen und betonen, daß sie nicht nur gegen den Humanismus verstoßen, sondern auch gegen sämtliche rechtschaffene religiöse Prinzipien. Todesstrafe in den Vereinigten Staaten Herr Präsident, wir fordern, daß das Todesurteil gegen Rocco Derek Barnabei, dessen Hinrichtung im amerikanischen Bundesstaat Virginia auf den 28. Oktober dieses Jahres angesetzt ist, aufgehoben oder inzwischen zumindest ausgesetzt wird. Rocco, ein 31jähriger junger Mann und Enkel eines italienischen Emigranten, wird beschuldigt, 1993 eine Frau, seine Verlobte, ermordet zu haben. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation war es ihm nicht möglich, sich angemessen verteidigen zu lassen. Es haben sich neue Beweismittel ergeben, die, wie man mir sagte, geeignet sein könnten, das Schuldurteil abzuändern. Dem Verurteilten sei also das Recht gewährt, seine mögliche Unschuld nachzuweisen! Die Todesstrafe ist auf jeden Fall unzulässig. In der Entschließung der 54. Sitzung der UNO-Menschenrechtskommission vom 3. April 1998 wird im übrigen gefordert, ein Moratorium für Hinrichtungen im Hinblick auf die vollständige Abschaffung der Todesstrafe zu verkünden. Es darf nicht geschehen, daß diese Entschließung ein weiteres Mal unbeachtet bleibt, wie auch der Beschluß des Rates "Allgemeine Angelegenheiten" vom 29. Juni 1998, in dem die Notwendigkit einer ständigen, wirksamen internationalen Aktion der Europäischen Union gegen die Todesstrafe erklärt wird, nicht als leere Grundsatzerklärung betrachtet werden darf. Möge also das Leben von Rocco Derek Barnabei gerettet werden! Kein Gericht, kein Richter, keine Macht darf über das Leben eines Menschen verfügen. Man kann nicht behaupten, die Grundrechte seien vollständig verwirklicht, solange diese entsetzliche Grausamkeit nicht ausgerottet wurde, sondern fortbesteht. Herr Präsident, die UN-Menschenrechstkommission hat in diesem, wie im vorangegangenen Jahr eine Resolution verabschiedet, in der die Staaten, in denen es die Todesstrafe immer noch gibt, aufgefordert werden, ein Moratorium für Hinrichtungen als Vorstufe zu einer vollständigen Abschaffung der Todesstrafe zu beschließen. Die Vereinigten Staaten gehören natürlich zu den Ländern mit den größten Schulden bei den Vereinten Nationen. Als sogenanntes zivilisiertes Land ignorieren sie bei diesem Thema die Meinung der internationalen Öffentlichkeit voll und ganz. Es ist völlig unannehmbar, daß dieses Land die gleichen barbarischen Handlungen wie Länder wie der Iran begeht - es gehört im Grunde genommen in die gleiche Kategorie wie der Iran. Obwohl es sich für die Sittenpolizei der Welt hält, tötet es jedes Jahr Menschen - und hält dies auch noch für richtig. Wir müssen eine unmißverständliche Botschaft aussenden und die USA zwingen, sich in diesem Bereich endlich der öffentlichen Meinung zu beugen. Im vorliegenden Fall ist vor allem die Tatsache verurteilenswert, daß neue Beweismittel aufgetaucht sind und die Wiederaufnahme des Verfahrens verweigert wurde. Es geht um einen Menschen, dessen Leben beendet werden soll, und man verweigert ihm das Recht auf Vorlage neuer Beweismittel und ein faires Gerichtsverfahren. Es ist unerläßlich, daß die Vereinigten Staaten die Menschenrechtsgrundsätze einhalten. Ich möchte Mary Robinson, die UN-Menschenrechtskommissarin, bitten, Druck auf die USA auszuüben, damit sie die Todesstrafe abschaffen. Es ist höchste Zeit, daß ein sogenanntes zivilisiertes Land einen solch barbarischen Akt abschafft. Herr Präsident, in ähnlichen Situationen beginnen in unseren Ländern vielfach - wenngleich nicht unbedingt siegreiche - Kampagnen, und jede dieser Kampagnen löst auch ein gewisses Unbehagen aus. Da ist zum einen die Gewißheit, eine gerechte Tat zu vollbringen, denn jede Kampagne gegen die Todesstrafe stärkt die Menschenwürde; zum anderen aber verspürt man auch heimliche Gewissensbisse wegen all jener, die, ebenfalls zum Tode verurteilt, nicht ein so aufgeschlossenes Auditorium wie unser Plenum finden. Heute haben wir es mit einem speziellen, unmittelbaren Fall zu tun: wir beziehen uns auf mögliche neue Beweise und auf eine Verteidigung, die unangemessen war, die aber jetzt gewissenhafter sein kann. Dennoch bin ich der Auffassung, daß wir vom Beschluß des Rates "Allgemeine Angelegenheiten" zur Stärkung der internationalen Aktion der Europäischen Union gegen die Todesstrafe ausgehen müssen, damit solche Einzelfälle immer mehr den Gegenstand einer entschlossenen Politik gegenüber den Vereinigten Staaten und den Vereinten Nationen bilden, um auf ein Moratorium für Hinrichtungen zu drängen, das am Ende selbstverständlich zur Abschaffung der Todesstrafe führen muß. Herr Präsident, durch die Verleihung des Sacharow-Preises an Leyla Zana hat unser Parlament klar Stellung bezogen gegen die Verletzung der Menschenrechte in der Türkei und für eine politische Verhandlungslösung in der Kurdenfrage. Wir tun dies im Namen der universellen Werte, aber auch weil wir die Lehren aus den in Europa herrschenden Konfliktsituationen - wie in Nordirland und anderswo - und deren Auflösung ziehen. Die Führer in Ankara weigern sich offensichtlich, diese Botschaft der demokratischen und fortschrittlichen Kräfte der Union zu akzeptieren. Schlimmer noch, die neuen Verurteilungen, die die Türkei kürzlich gegen Leyla Zana ausgesprochen hat und die zahlreiche Verantwortliche der HADEP bedrohen, zeigen, daß sich diese Führer auf eine repressive und militärische Strategie versteifen, die zu keinem Ziel führt. In dieser Situation muß unser Parlament nicht nur seine menschliche, brüderliche Solidarität mit unserer Kollegin Leyla Zana und mit all denen, die Opfer von Repressalien sind, bezeugen, sondern es muß auch erneut seine entschiedene Unterstützung für alle Kräfte zum Ausdruck bringen, die in der Türkei für die Demokratisierung ihres Landes kämpfen. Dies ist der Zweck der von uns eingebrachten Entschließung, in der insbesondere die sofortige Freilassung von Leyla Zana und allen politischen Gefangenen gefordert wird, sowie die politische und friedliche Lösung der Kurdenfrage mit Hilfe von direkten Verhandlungen mit den Vertretern dieses Volkes. Herr Präsident, der Fall Leyla Zana ist leider symptomatisch für die gesamte Kurdenproblematik in der Türkei. Wann immer man hinfährt, hört man von Seiten der PKK, daß es das letzte Gefecht sei. Die türkische Seite wird mit demselben Argument antworten, daß es der letzte Vorstoß gegen die PKK sei. Warum es bisher nicht zu einer Lösung gekommen ist, hat mehrere Gründe. Auf der einen Seite sind die Kurdenkräfte zersplittert, auf der anderen Seite gibt es Rückzugsgebiete und Unterstützung von außen. Ich unterstütze daher die Forderung der Entschließung, daß man eine politische Lösung für das Kurdenproblem finden muß, denn eine militärische Lösung ist ja bis jetzt nicht gelungen. Wie gefährlich es ist, eine politische Lösung hinauszuzögern, zeigt die jetzige Situation, in der es zu großen Spannungen zwischen der Türkei und Syrien kommt. Frau Leyla Zana habe ich selbst einmal im Gefängnis aufgesucht. Sie wurde vorgeführt als Paradehäftling. Ich halte es für unzumutbar, daß ein Land, das noch dazu einen Beitritt zur EU anstrebt, Menschen wegen ihrer politischen Gesinnung einsperrt. Herr Präsident, erfreulicherweise ist das Parlament so einmütig, wenn von Leyla Zana die Rede ist. Aber wenn ich in dieser Redezeit von einer Minute nur konstatieren kann, daß dieses Thema in den letzten zwei Jahren mindestens fünfmal auf der Tagesordnung dieses Parlaments stand, dann ist es doch bedauerlich, daß sich ihre Situation keineswegs verbessert hat. Immerhin ist sie Trägerin des von uns verliehenen Sacharow-Preises. Sie wurde zu einer neuen zweijährigen Haftstrafe verurteilt. Aber natürlich geht es nicht nur um sie, um Leyla Zana, sondern auch um die anderen Kurden und die Mitglieder der sogenannten verbotenen politischen Parteien, die festgenommen und für lange Zeit ins Gefängnis geworfen werden. Das stellt eine Verletzung der Menschenrechte in der Türkei dar, auf die wir immer wieder nachdrücklich hinweisen müssen. Es bleibt uns nur, die türkische Regierung ständig mit unseren Ansichten über die Verletzung der Menschenrechte zu bombardieren. Wenn ich in der kommenden Woche als Mitglied einer Umweltgruppe Herrn Demirel in Ankara besuche, werde ich ihm ganz bestimmt auch diese Entschließung vorlegen und von ihm eine persönliche Stellungnahme zu dieser Entscheidung unseres Parlaments einfordern. Herr Präsident, zunächst möchte ich im Namen der Fraktion Die Grünen unsere Unterstützung für den vorliegenden von den Kollegen der GUE/NGL-Fraktion eingereichten Entschließungsantrag zum Ausdruck bringen, mit der wir auch an die Verpflichtung erinnern wollen, die wir als Grüne übernommen haben, nämlich daß durch den Fall Leyla Zana dem kurdischen Volk ein konkretes Zeichen der Unterstützung durch das Europäische Parlament übermittelt werden soll. Es ist heute wirklich unfaßbar, daß Leyla Zana, nachdem das Europäische Parlament durch ihre Person auf die Nichteinhaltung der Menschenrechte in der Türkei aufmerksam machen wollte, nun wegen eines von ihr verfaßten Artikels zu zwei weiteren Jahren Haft verurteilt wurde, daß andere kurdische Abgeordnete ebenso behandelt und weitere Personen nur, weil sie ihre Ansichten geäußert haben, inhaftiert werden. Es wäre offensichtlich ein äußerst schwaches Signal seitens des Europäischen Parlaments, würde es nicht auch mit seinem heutigen Votum dem Sacharowpreis, mit dem es Leyla Zana ausgezeichnet hat, einen höheren Stellenwert verleihen. Ich wünsche mir also, daß die Bedeutung des von den Kollegen der GUE/NGL-Fraktion eingereichten Entschließungsantrags von unserem Parlament erfaßt werden möge und daß auf dieser Grundlage die Voraussetzungen geschaffen werden können, um die türkische Regierung bei den Themen, um die es hier geht, entsprechend in die Pflicht zu nehmen. Wir können nicht zulassen, daß, während sich diese Vorfälle ereignen, Dialogversuche unternommen werden, bei denen nicht geklärt wird, welche Bedeutung die Menschenrechte innerhalb der Türkei haben. Angesichts einer Verschlechterung und nicht etwa Verbesserung der Menschenrechtslage dürfen wir uns als Europäische Union und als Europäisches Parlament nicht den Verpflichtungen entziehen, die wir in anderen Entschließungen und mit der Verleihung des Sacharowpreises an Leyla Zana übernommen haben; wir müssen entschieden bekräftigen, daß es in der Europäischen Union und in den verschiedenen Teilen der Welt keine Länder geben darf, die die Menschenwürde und die Gesinnung anderer nicht achten und die Inhaftierung als Mittel des politischen Kampfes einsetzen. Georgien Herr Präsident, man hat jetzt schon sehr viel von verschiedenen Menschenrechtsfragen gesprochen. Der Fall Georgiens ist aber aus einem Grund ein ganz besonderer Fall. Im April dieses Jahres hat die Menschenrechtsabteilung der UNO ganz klar den Fall von einigen Gefangenen studiert, offensichtlich in der Absicht, ein Beispiel für andere zu setzen. Denn es ist die allgemeine Behandlung der Menschen in den Gefängnissen von Georgien, die einfach skandalös ist. Ich habe die Ehre, seit langer Zeit in die Helsinki-Gruppe von Georgien kooptiert worden zu sein, und bekomme daher sämtliche direkten Informationen. Es ist erschreckend, was man da erfährt. Daher war es gut, daß die UNO sich damit befaßt hat. Sie hat einen Bericht geschrieben, der von der UNO mit der klaren Forderung an die georgische Regierung angenommen wurde, diesen skandalösen Fall, insbesondere bei den drei Personen, die ich in der Entschließung genannt habe, endlich zu bereinigen. Seither ist nichts erfolgt. Die UNO hat mehrfach nachgefragt, aber aus Georgien kommt einfach keine Antwort. Die Regierung schweigt. Ich glaube, es ist langsam an der Zeit, daß wir als Europäer auch ein Wort dazu sagen. Denn wir dürfen nicht vergessen, daß unser Wort in Georgien ernstlich gehört wird. Es wäre daher sehr gut, geradezu ein Dienst an Georgien, wenn wir diese Frage aufnehmen und die georgische Regierung jetzt auffordern, wie es in der Entschließung steht, endlich auch das zu machen, was die UNO nach langen, ernstlichen Studien aufgrund einer breiten Dokumentation vorgeschlagen hat. Ich hoffe nur, daß das in dieser Form angenommen wird, denn das kann tatsächlich etwas bewirken. Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr von Habsburg hat bereits gesagt, daß es hier um ein grundsätzliches Problem geht. Es hat sich nämlich gezeigt, daß die Unterzeichnung von Partnerschafts-, Kooperations- und Interimsabkommen nicht automatisch in den Partnerstaaten die Lage der Menschenrechte so verbessert, wie es die Europäische Menschenrechtskommission vorsieht. Obwohl von der Kommission immer behauptet wird, diese Abkommen seien notwendig, um einen Beitrag zur Verbesserung der Menschenrechtslage zu leisten, ist dies nicht der Fall. Es wird nichts getan. Das Interimsabkommen mit Georgien ist schon sehr lange unterzeichnet, und es ist nichts geschehen. Ich denke, daß gerade beim Aufbau der demokratischen Gesellschaft die demokratische Gerichtsbarkeit und menschenwürdige Bedingungen in den Gefängnissen ein besonders sensibler Bereich sind. Die Ukraine und Rußland haben in diesem Bereich einen Aktionsplan über TACIS. Georgien nicht. Deshalb ist es wichtig, daß auch Georgien in Zusammenarbeit mit dem Europarat über das TACIS-Programm ein Demokratie-Aktionsprogramm bekommt. Ich bin froh, daß Herr von Habsburg unsere Änderungsanträge insofern unterstützt, als der erste Änderungsantrag als Ergänzung erfolgt. Beim zweiten Änderungsantrag würden wir dann eine mündliche Änderung einbringen. Herr Präsident, der Kommissar ist nicht auf die hier von drei Kollegen angesprochene Verschlechterung der Lage der Frauen im Iran eingegangen, insbesondere nicht darauf, daß Frauen nicht mehr von Ärzten behandelt werden dürfen, während es im Iran eigentlich überhaupt nicht so viele Ärztinnen gibt. Unterdessen kommt es aber auch zu Apartheid in Bussen u. dgl. Dürfen wir die Aufmerksamkeit des Kommissars darauf lenken. Der Kommissar möge bitte damit vorsichtig sein, den Eindruck zu erwecken, die Situation verbessere sich, wenn sich gerade jetzt die Lage der Frauen verschlechtert. Das sollte unbedingt in die Beurteilung einfließen. Frau Abgeordnete, ich bin auf das Thema der Entschließung und nicht auf die Ausführungen im Parlament eingegangen. Aber wenn sie die Position der Kommission wissen möchten, dann kann ich Ihnen, ohne mit meinen Kollegen Rücksprache nehmen zu müssen, versichern, daß das völlig unannehmbar ist. Wie Sie wissen, und dies betrifft auch andere Debatten heute im Parlament, lehnt der Vertrag von Amsterdam, wie jeder andere zukünftige Vertrag, jegliche Form der Diskriminierung ab. Somit ist es selbstverständlich, daß wir uns unter allen Umständen dafür einsetzen, insbesondere dann, wenn wir es mit eindeutigen Fällen zu tun haben. Es gibt hier keinen Zweifel an der Haltung der Kommission. Danke, Herr Kommissar. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet um 17.30 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über folgende Entschließungsanträge: B4-0902/98 von Herrn Collins im Namen der Fraktion Union für Europa über die Schließung der Levi-Strauss-Werke in Belgien und Frankreich; -B4-0903/98 von Herrn Vandemeulebroucke im Namen der Fraktion der Radikalen Europäischen Allianz über die Umstrukturierungspläne von Levi-Strauss Europe; -B4-0910/98 von Herrn De Coene, Herrn Caudron und Frau Van Lancker im Namen der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas über die Ankündigung der Schließung der Levi-Strauss-Werke in Gits, Wervik, Deurne (Belgien) und La Bassée (Frankreich); -B4-0916/98 von Frau Aelvoet, Herrn Lannoye und Herrn Wolf im Namen der Fraktion Die Grünen im Europäischen Parlament über den Produktionsstopp bei Levi-Strauss in Gits, Wervik, Deurne und La Bassée; -B4-0929/98 von Herrn Chanterie im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei über den Umstrukturierungsplan von Levi-Strauss; -B4-0942/98 von Frau Elmalan und anderen im Namen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke über die Umstrukturierung des Textilkonzerns Levi-Strauss. Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Angelegenheit Levi-Strauss zeigt uns einmal mehr, wie verheerend - menschlich, sozial und wirtschaftlich betrachtet - die Auswirkungen einer unzureichend kontrollierten Globalisierung sein können. Abgesehen von den offiziell von Levi's vorgebrachten Gründen stehen wir hier nämlich erneut vor dem unumgänglichen Problem der Betriebsverlagerungen und vor dem Problem des Sozialdumping. Der von Levi-Strauss angekündigte Umstrukturierungsplan sieht die Schließung von vier der zwölf Werke vor, die in Europa zu diesem Unternehmen gehören. Drei davon befinden sich in Belgien und eines in Frankreich, in La Bassée, einer Gemeinde in der Region Nord-Pas-de-Calais, die bereits stark unter Arbeitslosigkeit leidet. Diese Schließungen werden fast 1.500 Kündigungen zur Folge haben, 530 davon in Frankreich. Angesichts dieser Ankündigungen kann man nicht gleichgültig und passiv bleiben. Außerdem darf man mit Recht die Begründung für diese Schließungen in Frage stellen, wenn man erfährt, daß einige der fraglichen Werke gewinnbringend arbeiten, davon abgesehen, daß sie vielleicht sogar von der Europäischen Union oder den Staaten unterstützt wurden. Vergessen wir nicht, daß abgesehen von sehr schmerzhaften menschlichen Dramen, die diese Standortschließungen auslösen werden, die gesamte örtliche Industrie aus den Fugen gerät. Immerhin ist Levi's bereits seit 30 Jahren in La Bassée präsent. Man kündigt uns zwar ein Anhörungsverfahren mit den betreffenden Betriebsräten an, doch diese Anhörung ist aufgrund einer Richtlinie vorgeschrieben, die die multinationalen Unternehmen verpflichtet, die Gewerkschaftsvertreter vorab, das heißt vor jeglicher Umstrukturierung, anzuhören. Aus diesem Grund müssen wir diese Angelegenheit bei gleichzeitiger Wahrung der Freiheit der Unternehmensführung sehr aufmerksam beobachten. Es muß alles getan werden, damit Alternativen zu den Kündigungsverfahren gefunden werden. Es sei mir allerdings in diesem Zusammenhang gestattet, die Effizienz der Pseudo-Lösung der 35-Stunden-Woche anzuzweifeln, so wie sie in Frankreich vorgeschlagen wurde. Ich würde eher Überlegungen über eine Senkung der Sozialabgaben vorziehen, die von den notwendigen Schutzmechanismen zur Vermeidung von Mitnahmeeffekten begleitet sein müßten. Zur Rechtfertigung seines Beschlusses führt Levi-Strauss die Überproduktion an. Aber gleichzeitig wird bekannt, daß dieses Unternehmen einen Vertrag mit einem türkischen Subunternehmer geschlossen hat, dessen Produktionskosten wesentlicher niedriger sein sollen. Wir haben es also de facto mit einer Verlagerung zu tun. Da wir aber alle Eventualitäten berücksichtigen müssen, sofern unglücklicherweise die Schließung der Standorte bestätigt werden sollte, fordern wir mit Nachdruck, daß in der Folge entschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Ich erinnere insbesondere daran, daß das Gebiet um La Bassée, und allgemeiner betrachtet die ganze Region Nord-Pas-de-Calais, bereits mit schwerwiegenden wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Diese Region erwartet somit völlig zu Recht, daß die Umwandlung des Standortes von unterstützenden Maßnahmen begleitet wird, die dieser Bezeichnung auch würdig sind. Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen! Multinationale Unternehmen wie Levi-Strauss leben eigentlich schon seit geraumer Zeit nicht mehr in unserer Gesellschaft, sondern ganz einfach außerhalb von ihr. Sie haben einen isolierten Kodex, eine eigene Spitzentechnologie und sogar eine eigene Demokratie, nämlich die sogenannte Demokratie ihrer Aktionäre, nicht mehr und nicht weniger. Humane oder soziale Erwägungen passen nicht in dieses Konzept, denn es gibt nur ein Ideal, nämlich das des Gewinns. Natürlich wird hier auf die sehr hohen Lohnkosten hingewiesen. Das stimmt zwar, ist aber völlig unzureichend. Stellen wir doch einmal einen Vergleich an: im Vereinigten Königreich betragen die Lohnkosten 11 Dollar pro Stunde, in Ungarn 3 Dollar pro Stunde, in China 0, 56 Dollar pro Stunde. Deshalb muß weit mehr geschehen, als nur auf diese hohen Lohnkosten zu verweisen. Bereits am 14. Juli stellte das Europäische Parlament fest, daß der Plan der Kommission für diesen Sektor unzureichend sei, praktischer und insbesondere konkreter sein müsse. Ich möchte auf die Kompromißentschließung hinweisen, speziell auf Punkt 7. Dort fordern wir eine vollständige Aufstellung der Levi Strauss eventuell gewährten europäischen Beihilfen. Kamen denn Beihilfen im Rahmen von Retex, der Initiative zugunsten der vom Textil- und Bekleidungssektor stark abhängigen Regionen, Beihilfen im Rahmen der Programme TACIS, PHARE, ESPRIT, Beihilfen im Rahmen von Strukturfonds? Der Kommission ist diese Frage bereits seit geraumer Zeit bekannt, und ich wünsche nun eine klare Antwort. Ich weise unsere Kolleginnen und Kollegen darauf hin, daß Herr Vandemeulebroucke, der das Parlament nach 18jähriger Zugehörigkeit verlassen wird, soeben seine letzte Stellungnahme abgegeben hat. Ich hatte das Vergnügen, vor einigen Jahren mit ihm als Fraktionsvorsitzenden zusammenzuarbeiten, und wir wünschen ihm alles Gute. Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr geehrte Kollegen! Levi-Strauss, der Jeanshersteller, will noch vor Jahresende seine Produktionsstätten schließen, drei in Belgien und eine im Norden Frankreichs. Dadurch werden 1461 Menschen am Ende dieses Jahres auch ihren Job verlieren. Diese Maßnahme von Levis kann man nur als pervers bezeichnen, denn zunächst sorgte Levis außerhalb der Europäischen Union für Überproduktion, um anschließend genau diese Überproduktion als wichtigsten Grund für die Schließung geltend zu machen. Levis ist ehrlich genug zuzugeben, daß das Unternehmen Probleme mit dem Marketing hat, und offensichtlich, zumindest den Berichten des Betriebsrats zufolge, wurde an diesen Marketingproblemen in den letzten zehn Jahren nichts, aber auch gar nichts getan. Nun müssen die Menschen in der unteren Ebene, die normalen Arbeitnehmer, eigentlich den Preis dafür bezahlen, daß die erforderlichen Schritte nicht unternommen worden sind. Dürfen wir auch darauf verweisen, daß Levis 1997 allein in den belgischen Produktionsstätten einen Nettogewinn von mehr als 430 Mio. erzielt hat. Daß dasselbe Unternehmen Levis in den belgischen Produktionsstätten 380 Mio. Rücklagen für die Umstrukturierung bilden, daß dasselbe Unternehmen Levis in Belgien eine noch größere Summe zur Seite legen konnte, um den Arbeitnehmern angeblich im Jahre 2002 einen doppelten Lohn zu zahlen. Das sind also keine Habenichtse, das sind keine armen Schlucker. Das Unternehmen ist durchaus in der Lage, seine Produktionsstätten in Nordfrankreich und Belgien offenzuhalten. Außerdem haben die Arbeitnehmer in Belgien und in Nordfrankreich selbst die erforderlichen Anstrengungen zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze unternommen. Sie haben der Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausfall zugestimmt. Sie haben zusätzlicher Flexibilität zugestimmt, aber es dürfte nichts genutzt haben. Deshalb fordern wir als Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Levis auf, die morgen von den Gewerkschaften vorzulegenden Alternativen auch wirklich zu erörtern, wirklich in Betracht zu ziehen, so daß noch eine Chance für die Zukunft des Unternehmens besteht, auch in unserem Landstrich. Ich habe zusammen mit den Kollegen Gérard Caudron und Anne Van Lancker einen Entschließungsantrag eingereicht, da es in Europa viel zu tun gibt. Wir können also wirklich etwas tun, und dann sagen die liberalen Kollegen, es sei kein Ereignis. Nicht doch, wir müssen die Richtlinie über Massenentlassungen verschärfen. Wir müssen die Richtlinie über die europäischen Betriebsräte verschärfen. Auf unserer politischen Agenda steht noch ein weiterer Punkt. Die Europäische Union kann den Mitgliedstaaten dabei behilflich sein, die Sozialkosten der Arbeit zu senken. Zu diesem Zweck müssen wir unsere Steuerpolitik in Sachen Gesellschaften und Kapitalerträge koordinieren. Nur so können wir der mörderischen Konkurrenz auf fiskalischer Ebene Einhalt gebieten. Deshalb fordern wir, daß den Anstrengungen der Europäischen Kommission und insbesondere von Kommissar Monti von den Mitgliedstaaten Folge geleistet wird und eine Vereinbarung zustande kommt. Herr Präsident, die Firma Levi-Strauss beabsichtigt, verschiedenen Betriebe in Belgien und Frankreich zu schließen und insgesamt 1.461 Beschäftigte zu entlassen. Das Unternehmen hat hier keineswegs Verluste eingefahren, im Gegenteil. Im vergangenen Jahr wurden mehrere hundert Millionen belgische Francs Gewinn gemacht. Es ist eine Firmenpolitik der Verlagerung. Eine neue Produktionsstätte wurde in der Türkei eröffnet, die Produktionsstätte in Ungarn hat sogar die Produktion verdoppelt. Wir mißbilligen die Strategie der Unternehmensleitung, die eine Umstrukturierung unter dem Vorwand der Überproduktion ankündigt, während sie die Produktion in Billiglohnländern gesteigert hat. Sie spricht auch von einer Anhörung der Arbeitnehmer. Diese Anhörung oder dieses Versprechen ist ein Hohn, denn wenn die Umstrukturierung praktisch vorbereitet ist und dann eine Anhörung angekündigt wird, ist es nur noch eine Scheinanhörung. Die Arbeitnehmer haben unsere Solidarität, und wir fordern deshalb erstens, das Projekt zu stoppen. Zweitens fordern wir die Kommission auf, von Betrieben, die aus dem Haushalt der Europäischen Union oder aus dem Haushalt der Mitgliedstaaten Subventionen erhalten haben, die Subventionen der vergangenen fünf Jahre zurückzufordern, falls diese Betriebe trotz Gewinnen Massenentlassungen vornehmen. Wir fordern drittens die belgische Regierung auf, endlich die Durchführungsbestimmungen hinsichtlich der Massenentlassungen auf den Weg zu bringen, um bei nicht korrekt abgewickelten Betriebsstillegungen und Entlassungen finanzielle Sanktionen verhängen zu können. Ich denke, diese Maßnahmen sind notwendig im Interesse der Arbeitnehmer und um die Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union zu beheben. Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen! Dienstag, der 29. September 1998 wird von den Arbeitnehmern bei Levi-Strauss als schwarzer Dienstag gebrandmarkt werden, denn an einem einzigen Morgen wurden 1500 Menschen entlassen, obwohl von der Direktion mehrmals in diesem Jahr bestätigt wurde, es gebe keine Entlassungen. Bei Schließungen und Entlassungen sind gesetzliche Vorschriften, die in Belgien und in der Europäischen Union gelten, einzuhalten. Diese Vorschriften dürfen jedoch nicht als reine Formsache aufgefaßt werden. Es ist eine falsche Geste gegenüber den Arbeitnehmern einen Vorschlag zur Stillegung zu unterbreiten, wenn dieser faktisch schon ein Unternehmensbeschluß ist und nur noch umgesetzt zu werden braucht. Im Namen der Europäischen Volkspartei sage ich, wenn von Unterrichtung die Rede ist, müssen den Arbeitnehmern vollständige und richtige Informationen vorgelegt werden. Im Falle von Levi Strauss bestehen da Zweifel. Wenn von Konsultation oder Anhörung die Rede ist, müssen die Arbeitnehmer ihre Vorschläge und Alternativen auf den Tisch legen können, die dann ernsthaft zu erörtern sind. Es ist also zweifelhaft, ob die Direktion von Levi-Strauss bereit ist, das eine oder andere noch in Betracht zu ziehen. Das Ziel des gesamten Dialogs und der Verhandlungsrunde muß der Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze sein. Zweitens müssen wir uns über die Situation der betroffenen Betriebe sowie über die Entwicklung des gesamten Konzerns Gedanken machen. Man kann dafür kein Verständnis aufbringen, wenn ein profitables Unternehmen geschlossen wird, Unternehmen, die zu den produktivsten im ganzen Konzern zählen. Es kann wirklich nicht angehen, an einer Stelle alte Produktionsstätten zu schließen, angeblich wegen Überproduktion, während gleichzeitig an anderer Stelle neue Betriebe errichtet werden. Drittens müssen in der Tat strengere europäische Regelungen für Betriebsschließungen und Massenentlassungen kommen. Lassen Sie mich zum Schluß noch folgendes sagen: man baut kein soziales Paradies auf einem wirtschaftlichen Friedhof, aber man baut auch kein wirtschaftliches Paradies auf einem sozialen Friedhof. Unternehmen tragen auch gegenüber der Gesellschaft Verantwortung, und das hat man bei Levi-Strauss vollkommen außer acht gelassen. Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, einige Wochen vor der Ankündigung der Schließung von vier der zwölf Werke in Europa, davon drei in Belgien und eines in Frankreich, hatte die Geschäftsleitung von Levi-Strauss stolz verkündet, daß sich der Unternehmensgewinn in den letzten vier Jahren vervierfacht hat und 1996 bei mehr als 5 Milliarden Francs lag. Was interessiert es also dieses Unternehmen, welche Folgen mehr als 1.500 Kündigungen für die betroffenen Arbeitnehmer und deren Familien haben, aber auch für die Wirtschaft einer Region, in der die Arbeitslosenrate bereits sehr hoch ist! Hinzu kommt noch, daß Levi-Strauss auch in anderen Werken Kündigungen plant, während das Unternehmen gleichzeitig seine Produktionskapazitäten in Billiglohnländern erhöht. Nach Renault in Vilvoorde schlägt nun auch Levi-Strauss den Weg der Betriebsstillegung ein, eine Entscheidung, die um so inakzeptabler ist, als die Arbeitnehmer große Anstrengungen zur Verbesserung der Produktivität unternommen haben. Nach Vilvoorde führt uns die Haltung von Levi-Strauss einmal mehr die Ergebnisse einer europäischen Politik vor Augen, die im Rahmen des Vertrags von Maastricht den Wettbewerb und die Liberalisierung des Kapitals privilegiert, was Umstrukturierungen und Verlagerungen zur Folge hat. Hier kämpft das Gewinnstreben gegen die Beschäftigung und den sozialen Fortschritt, und die Finanzkrise erschüttert sämtliche Volkswirtschaften. Wie sollte man sich unter diesen Umständen nicht freuen über den Gegenangriff der Arbeitnehmer aus allen europäischen Werken des Konzerns und über deren Demonstration am 5. Oktober, die es ermöglicht hat, die von der Geschäftsleitung unternommenen Spaltungsversuche zunichte zu machen und zu ersten Ergebnissen zu kommen. Unsere Fraktion, die die Entscheidung von Levi-Strauss verurteilt, begrüßt die Entschlossenheit der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaftsorganisationen. Wir fordern die Geschäftsleitung dazu auf, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken und mit den Gewerkschaften zu verhandeln, um eine Alternativlösung für die Schließungen zu finden, insbesondere mit Hilfe einer Arbeitszeitverkürzung, durch die man Arbeitsplätze erhalten könnte. Gleichzeitig schlagen wir vor, daß den Arbeitnehmern neue Rechte eingeräumt und die europäischen Betriebsräte gestärkt werden, damit sie gegen Betriebsverlagerungen ankämpfen können, die die Völker zu Konkurrenten machen, indem die sozialen und tariflichen Diskrepanzen ausgenutzt werden. Vor allem aber zeigen die Entscheidung der Führungsspitze von Levi-Strauss und die Reaktion der Arbeitnehmer erneut, daß es notwendig und möglich ist, den Aufbau Europas auf progressive Weise neu zu orientieren, indem man ihn von der Herrschaft der Finanzmärkte befreit, indem man ihn demokratischer macht und indem man als sein wichtigstes Ziel definiert, daß er die Bedürfnisse und Erwartungen der Bürger erfüllen muß. Herr Präsident, ich möchte zunächst einmal das Bedauern der Kommission angesichts der Schließung von vier Betrieben der Firma Levi-Strauss in Belgien und Frankreich und des Verlusts von mehr als 1 400 Arbeitsplätzen zum Ausdruck bringen. Darf ich Ihnen einige zusätzliche Informationen zu einigen Aspekten betreffend die Ankündigung der Firma Levi-Strauss und insbesondere den Verlauf der Dinge geben? Die Unternehmensleitung von Levi-Strauss hat in der letzten Woche mit Arbeitnehmervertretern sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene Gespräche aufgenommen, und die Arbeitnehmervertreter arbeiten derzeit anscheinend an Vorschlägen auf der Suche nach Alternativlösungen für die Schließung und die Entlassung der voraussichtlich betroffenen Arbeitnehmer. Wir sollten folglich begrüßen, daß die betroffenen Parteien sich endlich an einen Tisch gesetzt haben, um die gegenwärtige Lage zu erörtern. Es bleibt zu hoffen, daß die Gespräche produktiv sind und zumindest zu einer Abfederung der sozialen Auswirkungen der Entlassungen beitragen. Die einschlägigen Rechtsvorschriften der Europäischen Union scheinen eingehalten worden zu sein. Wieder einmal haben sich sowohl die Richtlinie über Massenentlassungen als auch die Richtlinie über die Europäischen Betriebsräte als hilfreiche Instrumente erwiesen, die dafür sorgen, daß Entscheidungen, die die Interessen der Arbeitnehmer nachhaltig berühren, unter Berücksichtigung eines angemessenen sozialen Rahmens getroffen und durchgeführt werden. Der Kommission sind natürlich kritische Stimmen bekannt, denen zufolge beispielsweise die Regeln für die Mitgliedschaft in den Europäischen Betriebsräten zu einer unausgewogenen zahlenmäßigen Vertretung der Arbeitnehmer führen. Die Kommission wird im nächsten Jahr prüfen, wie die Richtlinie über die Europäischen Betriebsräte in der Praxis funktioniert, und das Vorgehen bei derartigen Fragen wird natürlich Gegenstand dieser Überprüfung sein. Aber selbst wenn die beiden Richtlinien in diesem Fall anscheinend korrekt eingehalten worden sind, stellt sich dennoch die allgemeine Frage, wie man am besten mit großen Krisen innerhalb von Unternehmen umgeht und wie Schließungen am ehesten vermieden werden können. Entscheidend ist eine vorausschauende Planung, um den Veränderungen auf dem Markt und ihren Auswirkungen auf die Unternehmen vorgreifen zu können. Dies setzt sehr viel dauerhaftere beschäftigungsorientierte und zukunftsgerichtete Informations- und Konsultationsverfahren voraus als in einem Großteil der derzeit geltenden formalen Vorschriften in diesem Bereich vorgesehen sind. Genau dieser Gedanke liegt der Initiative der Kommission zum Thema "Unterrichtung und Konsultation der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft" zugrunde. Wir warten noch ab, ob sich die UNICE in der nächsten Woche endgültig dafür entscheiden wird, mit dem EGB darüber Verhandlungen zu beginnen. Die Kommission hielte es für das beste, wenn die Sozialpartner auf europäischer Ebene diese Aufgabe, die in erster Linie sie selbst betrifft, übernehmen würden. Sollte es jedoch zu keiner Einigung zwischen ihnen kommen, wird die Kommission einen Vorschlag für eine angemessene rechtliche Regelung in diesem Bereich unterbreiten. Die vorausschauende Planung ist auch das Kernstück der Europäischen Beschäftigungsinitiative. Am 14. Oktober wird die Kommission Vorschläge zu den Beschäftigungsleitlinien für 1999, einschließlich einer Bewertung der Umsetzung der vereinbarten Beschäftigungsstrategie durch die Mitgliedstaaten, sowie einen Bericht über die Bereiche verabschieden, in denen die europäischen Beschäftigungsmaßnahmen in Zukunft tatsächlich noch verbessert werden können. Eine Ankündigung wie die von der Firma Levi-Strauss in der vergangenen Woche ist immer bedauerlich. Hoffen wir, daß die laufenden Gespräche zu einer annehmbaren Lösung für die Betroffenen führen. Schließungen wie diese unterstreichen die Notwendigkeit, sich für eine vollständige Umsetzung der Europäischen Beschäftigungsinitiative einzusetzen, um so Langzeitarbeitslosigkeit zu verhindern und die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu fördern. Zum Schluß muß ich Herrn Vandemeulebroucke, der um Angaben über eine etwaige Unterstützung für Levi-Strauss gebeten hat, sagen, daß ich das leider nicht beantworten kann. Wir werden jedoch versuchen, die in der Entschließung genannte Frist von einem Monat einzuhalten, obwohl sie sehr kurz ist. Wir werden unser möglichstes tun, weil es politisch gesehen für das Parlament und für uns alle wichtig ist zu wissen, ob Levi-Strauss europäische Gelder bekommen hat. Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über folgende sieben Entschließungsanträge: B4-0901/98 von Herrn Bertens im Namen der Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas über die Beitragszahlungen an die Organisation der Vereinten Nationen; -B4-0907/98 der Abgeordneten Collins und Van Bladel im Namen der Fraktion Union für Europa über die Finanzkrise der Vereinten Nationen; -B4-0912/98 der Abgeordneten Ford und Oddy im Namen der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas über die Beitragszahlungen an die Vereinten Nationen; -B4-0918/98 der Abgeordneten Aelvoet und anderen im Namen der Fraktion Die Grünen im Europäischen Parlament über Beitragszahlungen an die Vereinten Nationen; -B4-0922/98 von Herrn Castagnède im Namen der Fraktion der Radikalen Europäischen Allianz über die Beitragszahlungen an die Vereinten Nationen; -B4-0932/98 der Abgeordneten Provan und Oomen-Ruijten im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei über die Beitragszahlungen an die Organisation der Vereinten Nationen; -B4-0943/98 der Abgeordneten González Álvarez und Ojala im Namen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke über die Beitragszahlungen an die Vereinten Nationen. Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, offenbar schulden die Vereinigten Staaten von Amerika den Vereinten Nationen etwa 1, 6 Milliarden US-Dollar, die dem regulären Haushalt und den friedenserhaltenden Aktionen nicht zugeführt wurden. Welches Urteil soll man dazu abgeben? Ein Urteil, das ich mir erlauben würde, als geopolitisch zu bezeichnen. Nach dem Sturz des Sowjetimperiums erfordern die Aufgaben einer internationalen Polizei viel mehr Behutsamkeit. Um zu verhindern, daß sie alleine durch die Vereinigten Staaten wahrgenommen werden, gibt es nur eine Lösung, nämlich daß eine solche Tätigkeit unter der Ägide der Vereinten Nationen erfolgt . Das Versäumnis der Vereinigten Staaten bei der Entrichtung der den Vereinten Nationen geschuldeten Beträge ist also ziemlich beunruhigend, weil es auf eine bewußte Abwertung der Funktion dieses hochwichtigen internationalen Gremiums hinzudeuten scheint, vielleicht mit dem Ziel, es explizit durch die Vereinigten Staaten selbst zu ersetzen, um die gesamte internationale Politik auf die speziellen Interessen dieses Landes auszurichten. Herr Präsident, am 27. Juni dieses Jahres nahmen Herr Glyn Ford und ich an einer Protestwache vor der amerikanischen Botschaft in London teil, um gegen die Zahlungsrückstände der USA bei den Vereinten Nationen zu demonstrieren. Die Schulden belaufen sich auf 1, 55 Mrd. $, was etwa zwei Drittel des UN-Haushalts ausmacht. Im Vereinigten Königreich gibt es eine Massenkampagne. 110 Abgeordnete des Unterhauses sowie 58 Abgeordnete des Oberhauses und 27 Abgeordnete des Europäischen Parlaments haben den Aufruf zu dieser Protestaktion unterzeichnet. Inzwischen haben sich auch die Regierungen Frankreichs und der Republik Irland der Kampagne angeschlossen. Die Tatsache, daß diese Entschließung von allen Fraktionen unterstützt wird, macht deutlich, wie sehr dieses Haus den Zahlungsrückstand der USA für ungerecht hält. Die Vereinten Nationen sind eine äußerst wichtige weltweite Organisation. Mit den friedenserhaltenden Maßnahmen hat ihre Verantwortung noch zugenommen, und ich weiß aus eigener Erfahrung in Sri Lanka, von wo ich Tausende von Dokumenten über verschwundene Personen mitgebracht habe, daß die UNO Geld benötigt. Als Alex Smith und ich diese Dokumente über die verschwundenen Menschen in Sri Lanka vorlegten, gab es in den Vereinten Nationen nur vier Mitarbeiter, die für die Verschwundenen in der ganzen Welt zuständig waren. Der Haushalt der UNO sollte erhöht und nicht auf diese äußerst unfaire Art und Weise durch die USA gesenkt werden. Sie sollten ein gutes Beispiel geben. Herr Präsident, ich werde bei diesem Thema nicht nur meine üblichen Zweifel vorbringen. Ich gestehe zwar zu, daß das Verhalten des amerikanischen Kongresses tadelnswert ist, bin aber mehr an den Einzelproblemen der Reform der UNO und an dem gesamten Prozeß der Ausübung ihrer Aufgaben auf internationaler Ebene interessiert. Wir im Parlament sollten uns der Frage widmen, wie wir neue Ressourcen zur Finanzierung einer UNO auftun können, die nicht vom Problem des amerikanischen Vetos oder von der Zahlungsunwilligkeit nationaler Regierungen abhängig sind. Ich würde es begrüßen, wenn die Abgeordneten bei der Bereitstellung dieser Ressourcen ein Wörtchen mitzureden hätten, damit wir als Parlamentarier das Gefühl bekommen, an den Vereinten Nationen mitbeteiligt zu sein. Ich habe zwar durchaus Sympathie für das, was wir hier zu erreichen versuchen, aber ich bezweifle, daß eine 11minütige Debatte im Rahmen des Dringlichkeitsverfahrens der richtige Weg für das Parlament ist, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Uns liegt ein Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Sicherheit und Verteidigungspolitik vor, der sich mit der gesamten Frage der Reform der UNO und der Organisation ihrer Arbeiten befaßt. Außerdem bezweifle ich, daß die Entschließung auch nur eine einzige Stimme im amerikanischen Kongreß zum Umschwenken bewegen wird, auch wenn eine so ausgezeichnete Abgeordnete wie Christine Oddy ihm ihre Kritik über den Atlantik hinweg entgegenschleudert. Ich bin dem, was das Parlament hier zu erreichen versucht, durchaus wohlgesonnen, doch die von uns gewählten Mechanismen gefährden unsere Glaubwürdigkeit in dieser Frage und beschränken unsere Möglichkeiten, hier wirklich etwas zu bewegen. Ich empfehle dem Haus diese Entschließung, hoffe aber, daß sich das Haus zu einem späteren Zeitpunkt im Verlauf dieser Legislaturperiode mit dieser Frage auf klügere und überlegtere Art und Weise und dann vielleicht auch mit neuen Ideen befassen wird. Herr Präsident, ich stimme voll und ganz mit Herrn Spencer darin überein, daß wir vielleicht klüger vorgehen sollten. Eine Resolution könnte zu wenig für ein derartiges Problem sein. Wir haben seinerzeit ebenfalls die derzeitige Struktur der Vereinten Nationen kritisiert. Wir meinen, sie muß unabhängiger und transparenter sein, und man muß sich für die Aufhebung des Vetorechts einsetzen. Das heißt, unserer Meinung nach muß es in den Vereinten Nationen mehr Demokratie geben. Aber es kommt uns nicht in den Sinn, die Länder der Europäischen Union - die Nettozahler sind - aufzufordern, ihre finanziellen Mittel zurückzuhalten, denn wir wissen, daß die Arbeit der UNO für den Frieden und ihre humanitäre Tätigkeit sehr wichtig sind. Deshalb teile ich den Standpunkt von Herrn Spencer, daß bessere Lösungen gesucht werden müssen. Auf jeden Fall - und gestatten Sie mir einen Scherz zum Abschluß, auch wenn der Herr Kommissar nicht anwesend ist - würden einige von uns den Vereinigten Staaten gern sagen dürfen: Seht, der Artikel 19 der Charta der Vereinten Nationen besagt, daß derjenige, der nicht zahlt, sein Stimmrecht verliert, und einmal könnten wir es machen, wie sie es gewöhnlich tun. Wir könnten ihnen sagen, daß sie ihre Stimme verlieren. Aber keine Bange, in diesem Parlament sind wir sehr bedächtig, wir sind überzeugte Demokraten und werden den Vereinigten Staaten nicht das Stimmrecht versagen. Wir werden den Kongreß der Vereinigten Staaten ersuchen, zumindest dem Antrag von Herrn Clinton zu entsprechen und einen Teil der den Vereinten Nationen geschuldeten Mittel freizugeben, während wir weiter an einer einfallsreicheren Lösung arbeiten, wie Herr Spencer vorgeschlagen hat. Herr Präsident, die Politik der USA in diesem Bereich ist gefährlich. Es ist ja Politik, da die USA durch Nichtzahlung ihrer Schulden in Höhe von 1, 6 Milliarden Dollar versuchen, mittels Erpressung die Politik der UN zu lenken und die Reformen zu verhindern, welche die UN brauchen, worüber wir uns hier im Plenum wohl alle einig sind. Die UN sind wichtig und müssen sich weiterentwickeln. Entwicklung braucht Reformen, aber solange die USA nicht zahlen, ist es sehr schwer, größere Veränderungen durchzusetzen. Andere Länder haben ja an die UN gezahlt. Obwohl es vielen von ihnen wirtschaftlich sehr schlecht geht, haben sie gezahlt, was die USA natürlich auch tun sollten. In einer "grünen" Weltordnung haben die UN nämlich eine Schlüsselposition inne. Es darf nicht so sein, daß ein Land die Tagesordnung vorgibt und die Politik auf Weltebene bestimmt, sondern das muß über die UN geschehen, so daß nicht einzelne Staaten die Zielstellung ruinieren und in eine bestimmte Richtung lenken können. Herr Präsident, Bill Clinton kann durchaus Japan, dem amerikanischen Kongreß oder der Krise des internationalen Finanzsystems alle Schuld der Welt geben. Aber der Betrag von 1, 5 Milliarden Dollar oder mehr, den die Vereinigten Staaten der Organisation der Vereinten Nationen schulden, hat andere, politisch motivierte Gründe, und vor allem, wie es auch schon in diesem Plenum gesagt wurde, hat er mit der Abwertung der UNO selbst zu tun, um die Rolle der Vereinigten Staaten als Weltpolizist überzubewerten. Es verhält sich so, daß Japan trotz seiner inneren Schwierigkeiten und der Auswirkungen einer großen Rezession ein Land ist, das seine internationalen Verpflichtungen erfüllt und der UNO nichts schuldet; es verhält sich so, daß der polit-pornographische Roman, der sich zwischen Präsident Clinton und dem Kongreß abspielt, erst in letzter Zeit an Schärfe gewonnen hat; und es verhält sich so, daß sich noch vor vier Monaten die Hochstimmung an den Börsen und die Wachstumserwartungen der Weltwirtschaft weiter auf hohem Niveau hielten, was für die Gesundheit der amerikanischen Wirtschaft von größtem Wert war. Nun sind die unbezahlten Schulden der Vereinigten Staaten bei der UNO nicht erst von heute. Es sind im Laufe der Jahre bewußt angehäufte Schulden. Die Amerikaner hatten nicht bezahlt, weil sie nicht wollten, wie sie auch nicht zur Kapitalerhöhung des IWF mit den 18 Milliarden Dollar beitragen, die ihrem Anteil entsprechen. Das ist ein sehr ernster Präzedenzfall, es ist das sehr schlechte Beispiel eines Staates, der beansprucht, die Welt zu führen, und es stellt alle humanitären Hilfsaktionen und Friedenssicherungsmaßnahmen in Frage, es gefährdet die Zukunft der UNO selbst. Der gegenwärtige politische Schwächezustand der amerikanischen Präsidentschaft, der die Glaubwürdigkeit dieses Landes im Konzert der Nationen beeinträchtigt, bietet keine Gewähr für eine positive und schnelle Überwindung dieser Situation. Doch der Druck, den die internationale Gemeinschaft mit der Europäischen Union an der Spitze auf die Vereinigten Staaten ausübt, dieser Druck darf nicht nachlassen. Herr Präsident, daß einige Länder, allen voran die Vereinigten Staaten, die ihnen obliegenden Beiträge zum Haushalt der UNO nicht vollständig entrichten, muß als Zeichen für die mißliche Lage, in der sich dieses internationale Forum befindet, betrachtet werden. Diese Schuldnerländer müssen zweifellos kritisiert werden, weil ihre Versäumnisse die verfügbaren Finanzmittel der UNO insgesamt und somit ihre Möglichkeit des Einschreitens in Krisensituationen beschneiden, wodurch auch die Möglichkeit der Friedenserhaltung eingeschränkt wird; sie müssen um so mehr kritisiert werden, weil ihr Beispiel - und was für ein Beispiel, handelt es sich doch um die wichtigste Weltmacht! - reihenweise Schule machen und zu einer unvorstellbaren, traumatischen Pattsituation für alle Aktivitäten der UNO selbst führen und überdies jene Länder, die hingegen die Richtlinien der UNO-Resolutionen vollständig anerkannt und, wie z.B. Italien, an Friedensmissionen teilgenommen haben, zu mehr Vorsicht oder gar Zurückhaltung bewegen könnte. Die Delegation der Alleanza Nazionale fordert jedoch unser Parlament auf, sich nicht nur zu den säumigen Ländern zu äußern, sondern auch nach den tatsächlichen Ursachen der Krisensituation zu forschen, in der sich die UNO heute befindet. Diese Ursachen sind unserer Auffassung nach moralischer, struktureller und politischer Art: moralisch, weil die zahlreichen Fälle von Vergeudung und bisweilen Korruption, Vettern- und Klientelenwirtschaft in einem Palast, der in dieser Hinsicht immer weniger "gläsern" ist, offenkundig sind; strukturell, weil die Organisations- und Personalmaschinerie aufgebläht und bürokratisiert ist und somit rasche und wirksame Entscheidungen verhindert; und schließlich politisch, weil die Mehrzahl der UNO-Resolutionen nur auf dem Papier steht und weiterhin unbeachtet bleiben wird, solange keine eindeutige Vollstreckungsmacht oder alternative exemplarische Sanktionen bestimmt werden, mit deren Hilfe die Einhaltung dieser Resolutionen durchgesetzt werden kann. Herr Präsident, wie Ihnen bekannt ist, ist die Gemeinschaft ein wichtiges Finanzorgan für Projekte, die mit Unterstützung der Fonds, der Programme und der Hilfswerke der Vereinten Nationen durchgeführt werden. Allerdings trägt sie als Beobachterin nicht zum Gesamthaushalt der Vereinten Nationen bei. Doch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union tragen insgesamt mit annähernd 36 % zum Funktionshaushalt der Vereinten Nationen und mit annähernd 39 % zum Haushalt dieser Organisation für Friedenssicherungseinsätze bei, und diese Prozentsätze liegen beträchtlich höher als der Anteil der Europäischen Union am Weltbruttosozialprodukt, der lediglich 30, 8 % beträgt. Außerdem bezahlen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die von ihnen geschuldeten Beträge vollständig, termingerecht und bedingungslos, und die Europäische Union legt nachdrücklich Wert darauf, daß die übrigen Mitglieder der Vereinten Nationen ihre internationalen Verpflichtungen ebenso erfüllen. Die gegenwärtige Zahlungskrise beeinträchtigt die Effizienz der Vereinten Nationen, sie gefährdet die derzeitigen Reformbemühungen der UNO und ist für die anderen Geldgeber zutiefst ungerecht. Seit dem 31. August 1998 schulden die Vereinigten Staaten den Vereinten Nationen 1, 613 Milliarden Dollar, das entspricht 60 % der Zahlungsrückstände bei den Vereinten Nationen. Der amerikanische Kongreß hat ein Gesetz angenommen, das die Zahlung von 926 Millionen Dollar bewilligt. Der Präsident soll jedoch Einspruch gegen dieses Gesetz erheben, weil es ebenfalls eine Bestimmung enthält, die die Unterstützung von Schwangerschaftsunterbrechungen rechtfertigenden Organisationen verbietet. Außerdem, selbst wenn diese Maßnahmen ausgeführt würden, könnten sie nur 57 % der Beträge decken, mit denen die Vereinigten Staaten bei den Vereinten Nationen im Rückstand sind. Die Europäische Union hat ihre Beunruhigung über dieses amerikanische Gesetz wiederholt geäußert, das nicht ausreichende und unter unannehmbaren Bedingungen erfolgende Zahlungen vorsieht. Die Europäische Union hat dieses Problem betreffende Maßnahmen ergriffen, und die Präsidentschaft der Union, die Mitgliedstaaten und die Kommission werden diese Angelegenheit der amerikanischen Administration und den Kongreßmitgliedern gegenüber stets weiter ansprechen, wenn sich ihnen hierfür eine Gelegenheit bietet. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, somit haben wir die Aussprache über die Beitragszahlungen an die UNO abgeschlossen. Die Abstimmung findet um 17.30 Uhr statt. Wir werden die Sitzung für eine knappe Viertelstunde unterbrechen, damit unsere Kolleginnen und Kollegen ihre Plätze wieder einnehmen können, damit die Abstimmung stattfinden kann. (Die Sitzung wird um 17.15 Uhr unterbrochen und um 17.30 Uhr wiederaufgenommen.) Wir kommen nun zur Abstimmung. Nach der Abstimmung über die Slowakei: Herr Präsident, in meiner Eile, an der Abstimmung teilzunehmen, habe ich den Knopf von Frau Reding statt meinem eigenen gedrückt. Bitte lassen Sie im Protokoll vermerken, daß ich nur einmal, allerdings am falschen Platz, abgestimmt habe. Herr Präsident, ich kann nur vermuten, daß Herr Cassidy in seiner Eile, sich den Sozialisten anzuschließen, vergessen hat, uns dies mitzuteilen. Nun, es scheint Konservative zu geben, die sich allen möglichen Fraktionen in diesem Parlament anschließen, warum nicht auch den Sozialisten. Herr Cassidy, möchten Sie der Labour-Partei beitreten? Ich komme in den Plenarsaal und da sitzt er! Ich bin nicht sicher, ob die Labour-Partei so weit nach links schwenken kann. Herr Präsident, es freut mich sehr, daß so viele meiner Kollegen darauf achten, wo im Plenarsaal ich sitze. Leider hat die PSE noch nicht das Glück, mich zu den ihren zählen zu können. Herr Präsident, man könnte sich hier folgende Frage stellen: Gibt es einen Unterschied zwischen der alten und der neuen Labour-Partei bzw. der neuen Labour-Partei und den Christdemokraten? Herr Präsident, ich wollte nur zu Protokoll geben, daß der Europaabgeordnete Herr James Moorhouse zu den Liberaldemokraten übergewechselt ist. Ich freue mich darauf, ihn in der nächsten Woche als Mitglied in unserer Fraktionssitzung begrüßen zu können. Herr Präsident! Auf der Tribüne befindet sich eine Delegation, und zwar der Europafachausschuß des oberösterreichischen Landtags, den ich sehr herzlich begrüßen möchte. (Die Sitzung wird um 17.45 Uhr unterbrochen und um 18.00 Uhr wiederaufgenommen.) Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A4-0311/98) von Frau Ahern im Namen des Ausschusses für Forschung, technologische Entwicklung und Energie über den Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Änderung der Satzung des Gemeinsamen Unternehmens Joint European Torus (JET) (KOM(98)0013 - C4-0137/98-98/0063(CNS)). Herr Präsident, im Rahmen des Fusionsprojekts der EU wurde gerade eine sechsjährige technische Entwurfsmaßnahme in Höhe von knapp 1 Mrd. ECU abgeschlossen. In der Zwischenzeit wird damit gerechnet, daß der amerikanische Kongreß in Kürze der Beteiligung der Vereinigten Staaten am internationalen thermonuklearen Versuchsreaktor, einem 6-Milliarden-Projekt für Kernfusion, ein Ende bereiten wird. Im Juli dieses Jahres waren die USA nicht in der Lage, die vorgeschlagene Verlängerung der ITER-EDA zu unterzeichnen, weil im Grunde genommen der amerikanische Kongreß derzeit nicht bereit ist, Gelder für eine weitere Beteiligung der USA locker zu machen. Teams von Fusionsentwurfsspezialisten der EU sind in San Diego, Naka (Japan) und Garching (Deutschland) im Einsatz. Aber welche Rechtsgrundlage gibt es jetzt noch für ihre Beibehaltung, Weiterbeschäftigung oder sogar für die Auszahlung seiner Gehälter? Diese Frage drängt sich um so mehr auf, als der Europäische Gerichtshof im Dezember 1996 ein Urteil gefällt hat, das besagt, daß die ungleiche Behandlung der Mitarbeiter am Gemeinsamen Europäischen Fusionsprojekt, JET, nicht rechtens ist. Der Vorschlag der Kommission soll dem Gerichtsurteil dadurch Rechnung tragen, daß die JET-Satzung geändert wird und die diskriminierenden Elemente gestrichen werden. Gemäß dem Beschluß des Rates von 1978 über die Errichtung des Gemeinsamen Unternehmens JET sollte das Projekt bis 1990 abgeschlossen sein. Seither wurden eine Reihe von Verlängerungen des Projekts beschlossen, zuletzt bis zum Dezember 1999. Die JET-Satzung sieht vor, daß das von der Gastorganisation, der Atomenergiebehörde des Vereinigten Königreichs (UKAEA), zur Verfügung gestellte Personal bei dieser Organisation beschäftigt bleibt. Das von den anderen Mitgliedern von JET gestellte Personal wurde vorübergehend von deren einzelstaatlichen Laboratorien abgestellt und erhielt ausnahmslos befristete Euratom-Arbeitsverträge. Da die Beschäftigten die Ungleichbehandlung als eine ungerechtfertigte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit betrachteten, machten sie eine Reihe von Rechtssachen beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängig. 1987 urteilte der Gerichtshof, daß in der Tat von einer Diskriminierung gesprochen werden kann, daß die Diskriminierung jedoch in der Befristung des Gemeinsamen Unternehmens begründet sei. Die Änderungen an den Bestimmungen betreffend die Mitarbeiter sind durchaus von Bedeutung, auch wenn sie nur für Neuanstellungen bis 1999 gelten werden, die nicht zu erwarten sind. Sie werden als Muster für eine mögliche JET-Mitarbeiterregelung nach 1999 in einer neuen rechtlichen Struktur dienen. Um die gegenwärtige unrechtmäßige Regelung abzuschaffen, wird ein neues einheitliches System der Abordnung von Personal seitens der Mitglieder des Gemeinsamen Unternehmens vorgeschlagen. Künftig werden alle Mitarbeiter, die nach der Änderung der Satzung eingestellt werden, bei den Mitgliederorganisationen beschäftigt bleiben. Die neue Formulierung legt fest, daß es nur eine Kategorie neuer Mitarbeiter geben wird, und zwar von ihren einzelstaatlichen Laboratorien abgestellte Mitarbeiter. Wie diese Änderungen aber genau umzusetzen sind und - was noch wichtiger ist - wie die neuen für die neuen JET-Mitarbeiter geltenden dienstlichen Bestimmungen aussehen sollen, das ist im Kommissionsvorschlag überhaupt nicht enthalten. Dies bleibt vielmehr dem JET-Rat überlassen, vermutlich in der Annahme, daß es sich dabei mehr um Durchführungsbestimmungen handelt. Dies kann nicht angehen. Mangelnde Transparenz und mangelnde demokratische Rechenschaftspflicht haben offenkundig katastrophale Folgen gezeitigt und faktisch dem Projekt selbst geschadet. Daß Bezahlung und Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter an einem weitgehend aus dem Euratom-Haushalt finanzierten Vorhaben von einem Organ beschlossen werden, daß einem Zweig der Haushaltsbehörde, nämlich dem Europäischen Parlament, überhaupt nicht rechenschaftspflichtig ist, kann einfach nicht hingenommen werden. Es gibt noch ein weiteres Problem. Der erste Teil der neuen Nummer 8.4 lautet wie folgt: "Das von der Heimatorganisation zur Verfügung gestellte Personal wird an das Gemeinsame Unternehmen abgeordnet und ... bleibt während der Abordnung bei der Heimatorganisation gemäß den Beschäftigungsbedingungen der Heimatorganisation beschäftigt." In der Nummer 8.7 heißt es: "Alle Personalkosten, einschließlich der Kosten für abgeordnetes Personal, die den Heimatorganisationen entstehen..., werden vom Gemeinsamen Unternehmen getragen." Weshalb wird diese eigenartige Regelung vorgeschlagen? Aus dem einfachen Grund, daß die Mitgliedstaaten, sofern die Heimatorganisationen den einzelstaatlichen Gehaltsanteil zahlen müßten (wie dies bei den Lehrern der europäischen Schulen und allen sonstigen abgeordneten einzelstaatlichen Experten, die in gemeinschaftlichen Institutionen arbeiten, der Fall ist), faktisch um eine Nettoanhebung des bereits beschlossenen Fusions-Haushalt ersucht würden, was ihnen wohl nicht zusagen würde. Zwar besteht Einigkeit darin, die JET-Satzung mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Einklang zu bringen, doch muß das Parlament zu jedem auf dem Euratom-Vertrag gründenden Vorschlag zur Verlängerung der Laufzeit von JET über 1999 hinaus konsultiert werden. Es wäre völlig unannehmbar, eine solche Verlängerung, die erhebliche Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt hätte, auf der Grundlage vertraulicher Vertragsvereinbarungen mit den nationalen Organisationen zum Gegenstand einer Durchführungsmaßnahme im Rahmen des spezifischen Programms zu machen. Was die Erstattung der nationalen Gehälter der abgestellten nationalen Experten aus dem Euratom-Gemeinschaftshaushalt angeht, so ist ein solches Vorgehen innerhalb der Kommission normalerweise illegal, würde also der Haushaltsordnung widersprechen, weil damit die Teile A und B des Haushalts miteinander vermischt würden. Beim JET-Vorhaben kann dies möglicherweise vermieden werden, indem eine Reihe von Dienstleistungsverträgen mit nationalen Organisationen abgeschlossen werden. Damit wird jedoch ein Präzedenzfall für die Renationalisierung des europäischen öffentlichen Dienstes geschaffen. Der Haushaltsausschuß hat seine Stellungnahme zu diesem Bericht abgegeben, die jedoch nicht so überzeugend ausgefallen ist, wie wir dies normalerweise vom Haushaltsausschuß erwartet würden. Ich frage mich, ob da nicht ein gewisses politisches Kalkül seitens einiger Mitglieder des Haushaltsausschusses dahintersteckt. Ich beziehe mich insbesondere auf Herrn James Elles, in dessen Wahlkreis das JET-Unternehmen angesiedelt ist. Ich würde es begrüßen, wenn er bei JET in seinem Wahlkreis genauso konsequent wäre wie er es normalerweise bei den Haushaltsüberlegungen der Europäischen Union ist. Herr Präsident, ich muß gestehen, daß ich mich bei weiten Teilen der Ausführungen von Frau Ahern fragte, ob sie sich wohl auf den Bericht beziehen, der ihren Namen trägt. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit gern auf Ziffer 1 des Entwurfs einer legislativen Entschließung lenken, denn dort heißt es: "Das Europäische Parlament billigt den Vorschlag der Kommission" . Das ist der Antrag, der in dem Bericht enthalten ist. Die Sozialdemokratische Fraktion begrüßt den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Satzung des JET. Doch lassen Sie uns die Dinge realistischer betrachten. Die Personalsituation reicht schon ein paar Jahre zurück. Vielleicht sollten wir uns vor Augen halten, daß unterschiedliche Beschäftigungsbedingungen seinerzeit vernünftig schienen und in jedem Fall von allen dort Beschäftigten akzeptiert worden waren. Aber das liegt 20 Jahre, vielleicht sogar noch länger zurück. Die Umstände verändern sich. Deshalb ist es auch durchaus verständlich, daß im Laufe der Zeit Situationen entstanden, in denen die britischen Beschäftigten unzufrieden waren und vor Gericht zogen. Die Lösung dieses Problems hat zweifelsohne sehr lange auf sich warten lassen, und die Tatsache, daß dies so lang gedauert hat, wirft sicher kein gutes Licht auf die Kommission, den JET-Rat oder irgend jemanden sonst. Wir haben bereits in der letzten und nicht erst in dieser Legislaturperiode mit der Diskussion über dieses Thema begonnen. Wir haben zwar aus dem einfachen Grund, daß noch einige Gerichtsverfahren anhängig sind, keine vollständige Regelung für alle Beschäftigten erreichen können, doch immerhin sind wir ein Stück vorangekommen. Deshalb gilt die Regelung nur für neue Mitarbeiter. Die Bestimmungen, die - voraussichtlich - nach dem Dezember 1999 gelten werden, sind meiner Meinung nach recht vernünftig. Ich hoffe, daß sie auch von den Beschäftigten akzeptiert werden können. Mit Sicherheit. Wenn nicht, dann gibt es Verfahren, die eine erneute Änderung ermöglichen. Ich hoffe, daß das dann nicht so lange dauern wird. In dem Bericht wird eine ganze Reihe von Bemerkungen zum Fusionsprogramm gemacht, die jedoch für diese spezielle Diskussion nicht relevant sind. Da sie jedoch nun einmal gemacht worden sind, sollte ich vielleicht darauf hinweisen, daß einige von uns in diesem Haus der Ansicht sind, daß das Fusionsprogramm fortgesetzt werden sollte. Wir sind nicht sicher, wie es ausgehen wird, genauso wenig, wie wir das bei Forschungsprogrammen wissen können. Aber es sind beachtliche Fortschritte erzielt worden. Wenn die Abgeordneten weitere Informationen wünschen, so kann ich ihnen versichern, daß sie nur zum Telefon zu greifen und die Beschäftigten von JET und den Direktor um Auskunft zu bitten brauchen. Ich hatte nie Schwierigkeiten, zu irgendeinem Zeitpunkt Informationen über das Projekt zu bekommen. Genau das müssen die Abgeordneten tun, wenn sie Informationen haben wollen. Das läßt sich ganz einfach bewerkstelligen. Ich muß gestehen, daß der jüngste Bericht des Wissenschaftlichen Rats von JET etwas schwer zu verstehen ist. Ich werde das dadurch lösen, daß ich den Direktor anrufen und ihn bitten werde, dies für die Abgeordneten des Europäischen Parlaments in eine etwas verständlichere Sprache zu fassen. So muß man hier verfahren und nicht große Reden schwingen über unklare Punkte, was niemandem in der Debatte weiterhilft. Das ist der Ansatz der Sozialdemokratischen Fraktion. Wir begrüßen den Vorschlag der Kommission. Wir hoffen, daß die Meinungsverschiedenheiten unter den Mitarbeitern sehr bald völlig beseitigt werden können. Unserer Überzeugung nach haben sie eine schwierige und sehr erfolgreiche Arbeit geleistet. Wir von der Sozialdemokratischen Fraktion wünschen ihnen alles Gute. Herr Präsident, ich möchte Frau Ahern zu der Kürze ihres Berichts gratulieren. Ihre unangebrachten Vorwürfe gegenüber meinem Kollegen Herrn Elles kann ich jedoch nicht gutheißen, zumal er nicht anwesend ist, um darauf reagieren zu können. Ich hoffe, Frau Ahern wird das, was sie gesagt hat, noch einmal überdenken. Zu dem Zeitpunkt, als JET ins Leben gerufen wurde, war die ursprüngliche Vereinbarung ein pragmatischer Versuch in dem Bemühen, sowohl die britischen Kollegen im Vergleich zu ihren Kollegen in der UKAEA als auch das Personal aus den übrigen Mitgliedstaaten fair zu behandeln und das Weiterbestehen von Rechten aus den Arbeitsverhältnisses für alle zu wahren. Es dauerte jedoch nicht lange, bis die Unterschiede bei den Gehältern und bei den Arbeitsbedingungen zwischen den Beschäftigten bei JET und denen bei der AEA deutlich zu Tage traten und die AEA-Mitarbeiter eine bessere Behandlung verlangten. Ich teile die Ansicht von Herrn Adam, daß es bedauerlich ist, daß eine Lösung so lange auf sich hat warten lassen. Ich habe jedoch den Eindruck, daß der vorliegende Vorschlag der Kommission im Grunde genommen die Dinge in Ordnung bringen soll, indem er das Statut ändert und die Situation für neue Mitarbeiter regelt. Dies scheint eine typisch europäische Lösung zu sein, eine ziemlich elegante sogar, die nur für die Zukunft gilt und somit im Moment keine Auswirkungen auf den Haushalt hat. Sie ist besonders deshalb clever, weil die Zukunft der Fusionsforschung, wenn die jetzige Phase von JET im nächsten Jahr ausläuft, mit Unsicherheit behaftet ist. Der einzige sichere Aspekt scheint zu sein, daß die Fusion in 50 Jahren eine wichtige erneuerbare Energiequelle darstellen wird. Vor 20 Jahren sprach man ebenfalls davon, daß dies in 50 Jahren der Fall sein werde. Der EuGH hatte Recht mit der Feststellung, daß dies kein kurzfristiges Projekt ist, obwohl das letzte Wort über die Bedeutung des Begriffs "vorläufig" noch nicht gesprochen ist. Diese Situation verdeutlicht die Gefahren, wenn irgendeine Arbeit auf europäischer Ebene anders bezahlt wird als auf nationaler Ebene. So würden beispielsweise Vorschläge in diesem Haus für ein einheitliches Abgeordnetenstatut dazu führen, daß die Abgeordneten des Europäischen Parlaments der Kritik seitens ihrer Kollegen aus den nationalen Parlamenten ihres eigenen Landes ausgesetzt wären, wenn die Europaabgeordneten sehr viel besser bezahlt werden würden. Ich stimme also in anderen Worten dem Grundsatz zu, daß im Falle einer Abstellung - und wir sprechen hier ja nur von einem Zeitraum von fünf Jahren - sich das Gehalt nach den nationalen Sätzen richten sollte, während die Aufwandsentschädigung für alle gleich sein sollte. Das scheint mir ein fairer und gerechter Ansatz zu sein. Die zweite sehr wichtige Bemerkung zu diesem Vorschlagspaket der Kommission ist in der Begründung des Berichts und in der Stellungnahme des Haushaltsausschusses bereits enthalten. Es geht darum, daß der Gemeinschaftshaushalt für die meisten Kosten aufkommt, die Haushaltsbehörde jedoch nicht viel zu sagen hat. Ich bitte darum, daß dies geprüft wird, wenn das Projekt in seine nächste Phase übergeht. Herr Präsident, diese Satzungsänderungen sind notwendig, gut und erwünscht, sowohl die vom Rechnungshof empfohlenen als auch die Änderungen in der Folge des Urteils in erster Instanz, die bewirken, daß die unrechtmäßigen Diskriminierungsklauseln entfallen. Betrachtet man die neuen Formulierungen, so schreiben diese vor, daß es in bezug auf neu zu rekrutierendes Personal nur eine Kategorie geben darf, nämlich Personal, das von seinen nationalen Laboratorien abgestellt wird. Es fehlt also noch immer etwas, nämlich die Anwendung der Vorschriften auf das neue Personal. Die neuen Dienstvorschriften sind im Vorschlag der Kommission nämlich nicht enthalten, was einige vermissen könnten. Sie werden jetzt dem Gutdünken des JET-Rates überlassen, wahrscheinlich in der Annahme, daß es sich nur um Durchführungsmaßnahmen handelt. Das stimmt nicht ganz. Die mangelnde Offenheit und demokratische Verantwortung des Fusionsprogramms ist angeschlagen und muß verbessert werden. Ich finde nicht, daß man sich damit begnügen muß, daß wir Parlamentarier bei JET anrufen und Informationen bekommen können, sondern das muß meiner Meinung nach etwas besser geregelt werden. Es geht ja um die parlamentarische Überprüfung und Kontrolle von JET, die derzeit sehr unbefriedigend abläuft. Wir brauchen für das Fusionsprogramm der EU eine bessere Überwachung, da es sehr kompliziert ist, wie Herr Adam ganz richtig gesagt hat. Es ist technisch sehr kompliziert. Die Mitglieder des Parlaments haben sicher vieles im Zuge der Ausarbeitung der Berichte gelernt - u. a. durch den Bericht Plooij-van Gorsel - und haben ihre Kenntnisse verbessert, aber wie steht es z. B. um das Wissen im Ministerrat, wo die Beschlüsse gefaßt werden? Das ist schwer zu sagen. Die Fraktion Die Grünen im Europäischen Parlament haben im Ausschuß einige Änderungsvorschläge vorgelegt, weil dafür gesorgt werden sollte, daß das Europäische Parlament besser einbezogen und informiert wird. Ich finde es schade, daß diese Änderungsvorschläge im Ausschuß abgelehnt wurden, da ich glaube, daß sie sehr gut und notwendig waren. Wir können auf dieses Problem aber vielleicht zurückkommen. Herr Präsident, ich möchte zunächst dem Parlament und der Berichterstatterin Frau Ahern für die Arbeit zum Kommissionsvorschlag danken. Wie Sie wissen, schlagen wir die Verabschiedung einer Reihe von Änderungen vor, die der JET-Rat an der Satzung des Gemeinsamen Unternehmens vornehmen möchte. Einige dieser Änderungen sind technische Anpassungen. Eine wesentliche Änderung ist die Einführung eines neuen Systems für die Bereitstellung von Personal für das Projekt als Reaktion auf das Urteil des Gerichts erster Instanz, demzufolge bestimmte Aspekte des bestehenden Systems nicht rechtens sind. Ihnen ist auch bekannt, daß das Gemeinsame Unternehmen Ende 1999 ausläuft, so daß diese vorgeschlagenen Änderungen im Grunde genommen nur für eine begrenzte Zeit gelten. Ihr Ausschuß für Forschung, technologische Entwicklung und Energie sowie der Haushaltsausschuß haben dem Vorschlag ohne Änderungsanträge zugestimmt, und ich bin zuversichtlich, daß Sie sich ihrer Empfehlung anschließen und unseren Vorschlag zur Änderung der Satzung des Gemeinsamen Unternehmens JET unterstützen werden. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 9.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über die Empfehlung (A4-0238/98) des Ausschusses für Außenwirtschaftsbeziehungen zu dem Protokoll zum Abkommen über die Zusammenarbeit und eine Zollunion zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik San Marino infolge des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zur Europäischen Union (6788/97 - C4-0262/98-97/0022 (AVC)) (Berichterstatter: Karl Habsburg-Lothringen). Herr Präsident, Herr Kommissar! Die vorliegende Empfehlung handelt von der Zollunion und von der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und San Marino. Man muß vielleicht einen kurzen historischen Abriß darüber geben, wie dieses Abkommen zustandegekommen ist. Es wurde am 16. Dezember 1991 unterzeichnet, und es zielte darauf ab, die bereits engen Beziehungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik San Marino zu festigen und auszubauen. Es errichtet eine Zollunion zwischen den Vertragsparteien und soll eine möglichst breite Zusammenarbeit in den unterschiedlichsten Bereichen - Industrie, Dienstleistung, Umweltschutz, Fremdenverkehr, Kommunikation, Information und Kultur sowie Sozialpolitik - begründen. Es wird von einem Kooperationsausschuß verwaltet, der seine Tätigkeit nach dem Muster zahlreicher analoger Abkommen, die von der Europäischen Gemeinschaft geschlossen wurden, ausübt und grundsätzlich keine besonderen Probleme bereiten dürfte. Das war 1991. Am 27. November 1992 wurde in Brüssel dann ein Interimsabkommen über den Handel und eine Zollunion unterzeichnet, das am 1. Dezember 1992 in Kraft trat. Das Ratifizierungsverfahren durch die 12 Mitgliedstaaten hat dann allerdings über fünf Jahre gedauert. Es handelte sich um ein Abkommen, bei dem die Mitgliedstaaten eigentlich keine großen nationalen Interessen zu verteidigen hatten, vielleicht mit der Ausnahme Italiens. Es gab also keine großen nennenswerten Einsprüche dagegen, aber obwohl es keine Probleme gegeben hat, wurde ein sozusagen "kleiner Vertrag" über einen sehr langen Zeitraum einfach liegen gelassen und vernachlässigt, und das ist eigentlich kein schöner Zustand. Vielleicht interessiert es irgendeinen Bürger in der Europäischen Union, der nicht in der unmittelbaren Umgebung von San Marino lebt, nicht sehr, was dort vor sich geht. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß die Bürger von San Marino extrem daran interessiert sind, was hier vor sich geht, wie die Entwicklung innerhalb der Europäischen Union vorangeht. Daß sie über fünf Jahre lang warten mußten, bis dieses Abkommen in den verschiedenen Ländern tatsächlich ratifiziert wurde, ist eigentlich eine Schande! Dies hat also lange gedauert, und in der Zwischenzeit waren weitere Mitgliedstaaten der Europäischen Union beigetreten bzw. hatten ihre Beitrittsanträge abgegeben, also Österreich, Finnland und Schweden. Dies hat wiederum eine neue Situation geschaffen, weil ein Zusatz zu diesem Protokoll vorgesehen werden mußte. Man darf dann eins nicht vergessen: Dies hat dann auch wieder relativ lange gedauert. Ich selber wurde im Februar 1997 als Berichterstatter benannt. Der Bericht war im Juni 1997 fertig, hat dann aber wieder einmal noch bis zum 3. Juni 1998 - also ein Jahr lang - herumgelegen, ohne daß sich irgendjemand wirklich darum gekümmert hätte, außer hier im Parlament, das muß ich betonen. Nun kommt dieses Thema heute Gott sei Dank hier ins Plenum und wird bei der Abstimmung morgen früh hoffentlich angenommen. Man muß vielleicht zu San Marino noch einiges sagen: Es ist ein wunderschönes, zwar sehr kleines, aber sehr interessantes Land, das sich über die Jahrhunderte hinweg seine Eigenständigkeit erhalten hat wie kaum ein anderer Kleinstaat in Europa. Vielleicht darf ich noch ein, zwei historische Fakten hinzufügen: Als Napoleon San Marino angeboten hat, daß es sich auf Kosten seiner Nachbarn vergrößern darf, hat San Marino dies im Rahmen einer Volksabstimmung abgelehnt und beschlossen, bei seiner Größe zu bleiben. Darum hatte es die Möglichkeit, im Anschluß daran beim Wiener Kongreß als Vertragspartei dabei zu sein und wirklich mitzuwirken, aktiv beizutragen, und schon damals hat es seine besondere Selbständigkeit, seine besondere Position betont. Man darf auch nicht vergessen, daß zu einem späteren Zeitpunkt - während des zweiten Weltkrieges nämlich, als San Marino, das ja mitten in Italien liegt, von einem faschistischen Regime umgeben war, weder Kosten noch Mühen gescheut hat, um möglichst vielen Flüchtlingen und Menschen in Not Unterschlupf zu bieten und sie entsprechend zu schützen. Das heißt, die Bewohner von San Marino haben immer eine ganz, ganz große Eigenständigkeit bewiesen, sie haben immer einen besonderen Charakter bewiesen, den sie sich bis heute bewahrt haben. Ein weiterer Aspekt, den man heute erwähnen und auch gutheißen muß, ist die Tatsache, daß San Marino es als einer der wenigen Kleinstaaten innerhalb Europas immer abgelehnt hat, eine Steueroase zu sein, und sich deswegen auch mit seinem größeren Nachbarn Italien immer sehr gut verstanden und sehr gut auseinandergesetzt hat. Wichtig erscheint mir in dem Zusammenhang der Hinweis, daß wir nicht vergessen dürfen, wie nahe uns San Marino tatsächlich ist. Wir haben vor wenigen Monaten die Entscheidung darüber gefällt, welche Länder beim Euro mitmachen, welche Länder die Währung aufnehmen. Wir sprechen immer von 11 Ländern, in Wirklichkeit sind es mindestens eins oder zwei mehr. Schließlich benutzt San Marino als Währung die Lira. Dort wird auch italienisch gesprochen. Im Grunde genommen ist es das Land Nr. 12, das zum größeren Eurobereich dazugehört. Das sollten wir bedenken und dementsprechend unser Interesse auf San Marino ausrichten. Zusammengefaßt ist es eigentlich bedauerlich, daß die Mitgliedstaaten der Zwölfergemeinschaft so lange gebraucht haben, um einen Vertrag zu ratifizieren, gegen den es von vornherein keine besondere Kritik oder Einwände gegeben hat. Das Europäische Parlament gab bereits am 9. Juni 1992 eine befürwortende Stellungnahme zu dem Abkommen über eine Zollunion und die Zusammenarbeit ab. Da das Zusatzprotokoll nur formale Aspekte betrifft, bin ich absolut der Ansicht und hoffe sehr, daß das Europäische Parlament morgen für dieses Land ein positives Votum abgibt, damit dieser langen und nicht sehr schönen Geschichte ein Ende bereitet wird, damit das Verhältnis zu San Marino verbessert wird. Es ist einiges zu tun! Erlauben Sie mir noch - und ich freue mich sehr darüber -, Ihnen mitzuteilen, daß die Vertreterin von San Marino, Frau Laura Bologna, auch heute bei uns im Parlament war, um sich genau über die Abläufe hier zu diesem Bericht zu informieren. Lassen Sie mich zunächst dem Berichterstatter für seinen Bericht und für seine Ausführungen danken. Eine positive Stellungnahme des Europäischen Parlaments stellt einen wichtigen Schritt in Richtung des Abschlusses eines langen Ratifizierungsprozesses dar und bringt uns der tatsächlichen Umsetzung des Abkommens näher. Dieses Abkommen, das im Dezember 1991 unterzeichnet wurde, soll das Kernstück im Prozeß der Vertiefung und der Erweiterung unserer Beziehungen zu San Marino sein. Neben den Zoll- und Handelsbestimmungen ermöglicht das Abkommen eine Ausdehnung der Zusammenarbeit auf verschiedene Bereiche, einschließlich der Sozialpolitik. Die Kommission bedauert, daß das Abkommen noch nicht in Kraft getreten ist. Ich hoffe, daß der oft komplizierte Ratifizierungsprozeß in den nationalen Parlamenten bald abgeschlossen sein wird, um in absehbarer Zukunft eine effiziente Umsetzung des Abkommens mit diesem wunderschönen Land zu ermöglichen. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 9.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A4-0321/98) von Frau Lulling im Namen des Ausschusses für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik über den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über das Statistische Programm der Gemeinschaft (KOM(97)0735 - C4-0197/98-98/0012 (CNS)). Herr Präsident, ich gehöre zu den Mitgliedern des Ausschusses für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik, die keine sogenannten großen Berichte an Land ziehen können, nach dem Motto: Die kleinen Berichte für die kleinen Länder. Für wie bedeutungslos auch unser Präsidium diesen Bericht über das Statistische Fünfjahresprogramm hält, geht daraus hervor, daß wir ihn heute in einer Abendsitzung diskutieren und morgen, Freitag, darüber abstimmen, wenn nicht einmal mehr die Hälfte der Mitglieder dieses Hauses anwesend sein wird. Ich weiß natürlich, daß man mit Statistiken und Berichten darüber die öffentliche Meinung nicht begeistern kann, sozusagen - wie die Deutschen sagen -keinen Hund hinter den warmen Ofen hervorlocken kann. Es ist ja vielmehr so, daß diejenigen, die die Angaben für die Statistiken liefern müssen, über die Arbeit, die man ihnen mit den vielen Fragebögen zumutet, nicht besonders begeistert sind. Das ist besonders bei Klein- und Mittelbetrieben der Fall, welche die Statistikfragen als lästige Pflicht empfinden. Ich weiß davon als Berichterstatterin über das SLIM-Programm, das die Statistiken für grenzüberschreitenden Handel im Binnenmarkt einfacher machen wollte. Es ist aber nicht so, daß die Wirtschaft insgesamt gegen die Statistiken kämpft, denn sie braucht gute Statistiken, zum Beispiel über innergemeinschaftliche Warenströme für ihre Handelspolitik. Ich habe als Berichterstatterin erlebt, daß mich europäische Organisationen wie COOP oder auch Comité Vins bekniet haben, doch dahingehend zu wirken, daß wir zum Beispiel noch statistisch erfassen, wieviel Weiß- oder Rotwein aus Rioja nach Bayern exportiert wird. Allerdings muß ich darauf hinweisen, daß natürlich, wenn der Vertrag von Amsterdam in Kraft wäre, hier das Mitentscheidungsverfahren zur Anwendung käme, was natürlich die Aufmerksamkeit der Kollegen gehörig stärken und die Beachtung für unsere Ansichten seitens der Kommission und des Rates erhöhen würde. Aber wie dem auch sei: Wir sollten nicht vergessen, daß während der Laufzeit dieses Programms von 1998 bis 2002 wichtigste politische Entscheidungen anstehen, und zwar: die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, die Erweiterung der EU, das Funktionieren der einheitlichen Währung, was beste harmonisierte Statistiken betreffend die Konvergenzkriterien für die Euro-Zone und die Einhaltung des Stabilitätspakts voraussetzt. Die Entwicklung und Überwachung des Arbeitsmarktes nach dem Beschäftigungsgipfel in Luxemburg sowie die Vorbereitungen auf ein endgültiges Mehrwertsteuersystem sind weitere Herausforderungen, für die alle Entscheidungsträger bestmöglich informiert sein müssen. Ich werde ja nicht müde, hier zu wiederholen, daß ein schlecht informierter Bürger und besonders ein schlecht informierter Politiker schlecht urteilt und schlecht entscheidet. Weil dem so ist, brauchen wir bestmögliche vergleichbare, unabhängige Daten für alle vorerwähnten Entscheidungen, und wir brauchen sie rechtzeitig. Dies wird nur möglich sein, wenn wir EUROSTAT die erforderlichen Mittel geben. Man kann ja nicht einerseits immer wieder besonders hier bessere und schnell verfügbare Informationen, Studien verlangen und andererseits EUROSTAT die Mittel kürzen wollen. Solche Kürzungen kosten nämlich im Endeffekt die Gemeinschaft, die Mitgliedstaaten, unsere Bürger viel mehr Geld als rechtzeitige, zuverlässige Statistiken. Es wäre ja auch ein Unding, wenn wir zum Beispiel die Inflation mit unzureichend harmonisierten Verbraucherindizes messen würden, wenn wir die Haushaltsdefizite, die langfristigen Schulden in Prozenten von Inlandsprodukten feststellen würden, die so verschieden berechnet werden, daß die einen ihre Schattenwirtschaft einschließlich Prostitution und andere die unbezahlte Arbeit von Hausfrauen als Wertschöpfung mitrechnen. Das mag sympathisch sein. Aber wenn diese Berechnungsgrundlagen nicht harmonisiert sind, erfüllen natürlich diejenigen, die ihr Bruttoinlandsprodukt derart aufbauschen, die Maastricht-Kriterien eher als Mitgliedstaaten, die das nicht tun. Wer in seiner Arbeitslosenstatistik nur die entschädigungsberechtigten Arbeitslosen und nicht auch die Arbeitsuchenden berücksichtigt, kommt dann halt auf eine niedrigere Arbeitslosenquote als der Mitgliedstaat, der das nicht tut. Das sind nur einige Beispiele für die Bedeutung dieses Fünfjahresprogramms. Ich muß die Kommission zu dessen übersichtlicher Präsentation beglückwünschen, weshalb wir auch den Antrag des Haushaltsausschusses, aus dem Anhang die klaren Ziele herauszustreichen, ablehnen mußten. Das käme nämlich einer regelrechten Kastration des klaren, übersichtlichen Textes gleich. Die vernünftigen Anträge aller anderen Ausschüsse - ein rundes Dutzend Ausschüsse waren mitberatend - haben wir in den Bericht eingebaut. Der Herr Kommissar wird uns jetzt todsicher sagen, daß sie alle Gnade vor seinen Augen finden werden. Ich möchte mich bei den mitberatenden Ausschüssen für ihre guten Anregungen bedanken. Wir haben außer den im Ausschuß einstimmig angenommenen Änderungsanträgen nur einen zusätzlichen Änderungsantrag von Herrn Blokland. Mir gefällt er nicht. Denn Herr Blokland will in dem Text, der besagt, daß das statistische Programm den wichtigsten, aus der Gemeinschaftspolitik resultierenden Prioritäten Rechnung tragen muß, worunter Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung fallen, das Wort "Wachstum" ersetzen durch "dauerhafte und umweltfreundliche Entwicklung" . Das ist eine Terminologie, die man nirgends im Vertrag und auch nicht in den Schlußfolgerungen des Gipfels von Amsterdam anstelle von Wachstum findet. Deshalb, glaube ich, sollten wir das ablehnen. Nach meiner Berechnung haben Sie ihre Redezeit um 20 % überschritten, da Sie aber immer so unterhaltsam sind, macht es uns nichts aus. Herr Präsident, Statistik kann ja ziemlich langweilig sein, aber sie ist auch sehr wichtig. Wir fällen oft Entscheidungen auf der Grundlage statistischer Daten, die von Eurostat zusammengestellt worden sind. Wir Politiker setzen Statistiken oft in unterschiedlichen Zusammenhängen ein. Deshalb ist es sehr wichtig, daß statistische Daten korrekt erhoben werden, daß sie vergleichbar sind usw. Es fällt Eurostat immer schwerer, diese statistischen Daten bereitzustellen, die gebraucht werden, um den ständig steigenden politischen Anforderungen der EU gerecht werden zu können. Durch den Vertrag von Amsterdam bekommt die EU noch mehr Macht, was bedeutet, daß wir noch mehr politische Entscheidungen treffen werden, was auch heißt, daß wir bessere Entscheidungsgrundlagen benötigen, die von Eurostat zur Verfügung gestellt werden müssen. Das gilt für alte wie für neue Bereiche. Man muß sich auch daran erinnern, daß die Verbindung zwischen Eurostat und den nationalen Behörden auf dem Subsidiaritätsprinzip beruht. Im Dokument der Kommission steht folgendes: "Das derzeitige Niveau der Ressourcen kann nicht sämtliche Bedürfnisse abdecken" . Es ist etwas unbefriedigend, wenn man in bezug auf die politischen Beschlüsse, für welche die EU verantwortlich ist, Prioritäten setzen muß. Im Ausschuß für Forschung, technologische Entwicklung und Energie haben wir uns teils auf Forschung und technologische Entwicklung und teils auf das Energieproblem konzentriert. Einer der von uns betonten wichtigen Punkte ist, daß Eurostat zur Verfügung stehen muß, um Informationen innerhalb der Forschung darüber zu verbreiten, was erreicht worden ist und wie das Erreichte in verschiedenen Zusammenhängen als Indikator für Innovationen eingesetzt werden kann. Dasselbe gilt für den Energiebereich: Um eine vernünftige Energie- und Umweltpolitik betreiben zu können, ist es notwendig, denselben statistischen Hintergrund zu haben und Vergleiche anstellen zu können, um korrekte Beschlüsse fassen zu können. Wir brauchen solche Beschlüsse, um eine nachhaltigen Entwicklung erreichen zu können, u. a. im Hinblick auf die Strategie, die bei der Konferenz in Kyoto über Klimaveränderungen festgelegt wurde. In diesem Zusammenhang ist die Statistik äußerst nützlich, anwendbar und notwendig. Eurostat braucht also Ressourcen, um dies leisten zu können. Das ist wichtig, wenn man bedenkt, daß viele Entscheidungen von den Mitgliedstaaten auf die EU-Ebene verlagert werden. Herr Präsident, ich möchte zunächst der Berichterstatterin, Frau Lulling, dafür danken, daß sie u. a. in hohem Maße das berücksichtigt hat, was wir vom Ausschuß für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten eingebracht haben. Es gibt einen Bedarf an besseren statistischen Daten in diesem Bereich, nicht zuletzt nach dem Gipfeltreffen von Luxemburg. Wir müssen jetzt die Richtlinien überwachen, die dort beschlossen worden sind und die jetzt in nationale Aktionspläne umgesetzt werden. Es gibt immer noch Mängel, vor allem was die Vergleichbarkeit angeht. Es gibt allerdings auch noch andere Mängel: z. B. dauert es viel zu lange. Die Zeitintervalle für die Vergleiche müßten kürzer sein. Wir haben für die Bereiche, für die wir verantwortlich sind, d. h. den Beschäftigungsbereich, den sozialen Bereich und den Ausbildungsbereich, eine Reihe von Prioritäten gesetzt, . Das betrifft natürlich die vier Grundpfeiler von Luxemburg, statistische Daten über aktive und passive Maßnahmen in der Arbeitsmarktpolitik und die Arbeitsstunden pro Jahr und Woche. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, geschlechterspezifische Angaben zu bekommen, um zum Beispiel sehen zu können, wieviel unbezahlte Arbeit ausgeführt wurde und wer diese ausgeführt hat. Das waren einige unserer Prioritäten. Was den sozialen Bereich betrifft, so sollten die Haushaltsmitteluntersuchungen öfter verglichen werden. Wir brauchen auch statistische Daten über Angebot und Nachfrage in bezug auf Plätze in der Kinderbetreuung und über den Erziehungsurlaub. Für den Ausbildungsbereich ist es wichtig, den Übergang von der Berufsausbildung zum Arbeitsmarkt zu erforschen, die Anzahl der sogenannten dropouts - der Schulabgänger ohne Abschluß - in den Mitgliedsländern zu vergleichen und den Übergang von Behinderten von geschützter Beschäftigung zu Beschäftigung auf dem freien Arbeitsmarkt zu untersuchen. Das sind ein paar Beispiele für Prioritäten, die der Ausschuß für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten gesetzt hat. Wir erhoffen uns in diesem Bereich bessere statistische Daten vom Amt für Statistik, insbesondere deshalb, weil wir nach dem Treffen von Luxemburg neue Aufgaben bekommen haben. Herr Präsident, im Namen des Ausschusses für Umweltfragen möchte ich Frau Lulling zu ihrem Bericht gratulieren. In einigen wichtigen Punkten hat sie zum Programm der Europäischen Kommission Stellung genommen und Änderungsanträge vorgeschlagen. Ich stimme ihr zu, daß das Europäische Parlament für die Unabhängigkeit von EUROSTAT sorgen muß. In einer Demokratie müssen Statistiken objektiv und verläßlich sein. Dazu müssen ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Ich empfehle dem Kommissar, EUROSTAT von der Europäischen Kommission unabhängig zu machen, denn nur so ist EUROSTAT frei von jeglicher politischer Beeinflussung. Ich bin auf seine Reaktion gespannt. Ein zweiter Punkt, auf den der Umweltausschuß eingeht, betrifft die fehlende Festlegung von Prioritäten pro Politikbereich. Die Mittel sind nun einmal begrenzt. Weshalb setzt die Kommission dann keine Prioritäten? Und wie gedenkt die Kommission eine sinnvolle Bewertung vornehmen zu können, ohne im voraus die Hauptpunkte der Politik in den kommenden vier Jahren herauszustellen? Im Namen des Umweltausschusses dringe ich darauf, im Bereich der Umweltpolitik die Umweltbelastung in den Wirtschaftssektoren mit den größten Umweltproblemen prioritär zu behandeln. Ich hoffe, der Kommissar ist damit einverstanden und gibt heute abend eine konkrete Zusage. An dritter Stelle verweise ich auf Änderungsantrag 15, der sich auf Artikel 2 des Vorschlags für eine Entscheidung des Rates bezieht. Das Ziel "Wachstum" , wie im Vorschlag der Kommission formuliert, steht entgegen den Ausführungen von Frau Lulling im Widerspruch zum Vertrag von Maastricht, und zwar zu Artikel 130, Absatz 2. Es entspricht ebenfalls nicht dem Fünften Umweltaktionsprogramm, wie von diesem Parlament und dem Rat festgelegt. Warum denn immer wieder dieses undifferenzierte Streben nach wirtschaftlichem Wachstum? Damit ist der Gesellschaft nicht gedient. Zum wiederholten Male habe ich betont, daß im Interesse der Bürger und der Unternehmen wirtschaftliches Wachstum umweltgerecht sein muß. Hoffentlich geben Parlament, Kommission und Rat diesem Vorhaben nun einmal ernsthaft Hand und Fuß und behandeln den Vertrag an dieser Stelle nicht länger wie einen Papiertiger. Sprechen wir also fortan immer von dauerhafter und umweltfreundlicher Entwicklung, wenn es uns nicht nur um ein wachsendes oder sinkendes Bruttosozialprodukt geht. Mit der Sammlung statistischer Daten sollen zuverlässige Informationen für die Beschlußfassung im weitesten Sinne des Wortes beschafft werden. Ich plädiere deshalb dafür, daß EUROSTAT den Zusammenhang zwischen den Entwicklungen in den Bereichen Wirtschaft, Umwelt und Beschäftigung aufzeigt. Es macht keinen Sinn, dafür gesonderte Statistiken zu erstellen. Ihre Anbindung an die verschiedenen Wirtschaftssektoren in den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ist notwendig. Wie will man denn politische Korrekturen vornehmen, wenn man nicht weiß, welche Entwicklungen ablaufen und welche Zusammenhänge bestehen? Ich bin mir sicher, daß EUROSTAT diese Auffassung teilt. Im November 1995 hat das Parlament darüber bereits klar entschieden (Bericht des Kollegen Díez de Rivera Icaza). Wichtig ist, daß die von wirtschaftlichen Aktivitäten ausgehende Umweltbelastung pro Bereich aufgezeigt werden kann. Dazu dient Änderungsantrag 13. Der Beitritt der Länder Mittel- und Osteuropas stellt eine große Herausforderung dar. Eine solide Umweltpolitik ist ein wesentlicher Punkt bei der Anpassung an den Acquis Communautaire . EUROSTAT muß für die Sammlung kompletter Daten aus diesem Politikbereich und aus anderen Hauptbereichen sorgen. Im vorliegenden Programm ist dieser Punkt allerdings nicht enthalten. Welche Erklärung hat der Kommissar dafür? Schließlich das endgültige Mehrwertsteuersystem. Ich spreche jetzt nur für mich. Ich frage mich, ob das Ursprungssystem wirklich so reibungslos funktioniert. Für die Verrechnung der Mehrwertsteuer auf innergemeinschaftliche Lieferungen wird ein neues statistisches System benötigt. In Kanada hat man dafür 90 Mio. Kanadische Dollar ausgeworfen. Die Union erwartet eine ähnliche Anstrengung. Außerdem werden Unternehmen, die inzwischen mit dem Übergangssystem vertraut sind, wieder zusätzliche Verwaltungskosten aufgebürdet. Es scheint mir fürs erste angebracht zu sein, dem Standpunkt des Rates zuzustimmen, der das Übergangssystem vorläufig beibehalten will. Herr Präsident, Herr Kommissar! Die im Gemeinschaftsprogramm für 1998-2002 vorgesehenen Ziele einer Verbesserung und Erweiterung der Statistiken verdienen volle Unterstützung, wenn man, wie es von Kollegin Astrid Lulling hervorgehoben wird, auf äußerst bedeutsame Herausforderungen reagieren muß: die Erweiterung, das Funktionieren der einheitlichen Währung zusammen mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt, der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik, der Vorbereitung auf ein endgültiges Mehrwertsteuersystem oder zum Beispiel auch der Entwicklung und Überwachung des Arbeitsmarktes. Da ich Verfasser der Stellungnahme des Rex-Ausschusses gewesen bin, wird man verstehen, daß ich insbesondere die Notwendigkeit hervorhebe, daß man die gleiche Qualität der Erfassung statistischer Daten in anderen Ländern haben muß, angefangen mit einigen Ländern, die uns am nächsten sind. Da die EFTA-Länder bereits durch das System abgedeckt sind, besteht die größte Dringlichkeit zweifellos, wie dies richtig dargestellt worden ist, in jenen Ländern Mittel- und Osteuropas, die Beitrittskandidaten sind, weil es nur so möglich ist, den Beitritt angemessen vorzubereiten. Es ist völlig gerechtfertigt, daß ihnen die notwendige Unterstützung gewährt wird. Aber in einer Weltwirtschaft, in der die multinationalen Unternehmen wachsende Bedeutung gewinnen, können wir nicht auf den europäischen Raum eingegrenzt bleiben. Außerdem können wir uns nicht auf die Warenbewegungen in einer Welt beschränken, in der andere Wirtschaftsentwicklungen zunehmende Bedeutung erhalten, wie etwa Dienstleistungen und Kapitalströme zusammen mit ausländischen Investitionen. Finden muß man jedenfalls ein richtiges Gleichgewicht zwischen der Notwendigkeit, einerseits größtmögliche Informationen zu erhalten und andererseits die Unternehmen nicht übermäßig zu belasten, insbesondere nicht die kleinen und mittleren Unternehmen und die Bürger im allgemeinen. Auch deshalb, weil man, wie die Erfahrung zeigt, wenn man zuviel verlangt, weniger oder eine schlechte Qualität erhält. Schließlich ist es niemals überflüssig hervorzuheben, daß die Statistiken, die ein öffentliches Gut sind, allen Personen zugänglich sein müssen, auch einfachen Unternehmern oder Studenten, und daß die um sich greifende Praxis unannehmbar ist, deren Kauf zu verlangen, womit man sie ausgewählten Schichten mit der größten Kaufkraft vorbehält. Außer allgemeinen wirtschaftlichen Interessen stehen auch Werte einer demokratischen Gesellschaft auf dem Spiel, in der die bewußte Beteiligung von gutinformierten Bürgern erforderlich ist. Ich glaube, daß dies ein Punkt ist, auf den man ebenfalls aufmerksam machen mußte. Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Vorschlag für das statistische Fünfjahresprogramm enthält eine Reihe interessanter Projekte. Ihre Umsetzung könnte wirklich sehr wertvolle Einsichten liefern. Während der Laufzeit des vorhergehenden Programms ist ja auch die Nachfrage nach harmonisierten Statistiken stark angestiegen, insbesondere im Zusammenhang mit den Konvergenzkriterien. Ich glaube, daß das für uns eine ganz wichtige Entscheidungsgrundlage ist. Daher sind die Forderungen der Kommission nach qualitativ hochwertigen und gut vergleichbaren Statistiken berechtigt, verständlich und vom Parlament zu unterstützen. Das bringt aber, und das haben jetzt schon mehrere Redner gesagt, auch eine enorme bürokratische Belastung für viele kleine und mittlere Unternehmen. Die Erkenntnisse daraus liegen auf der Hand. Was dringend erforderlich scheint, ist eine Konsolidierungsphase, eine Atempause. Darauf sollte ein Akzent im neuen Fünfjahresprogramm gesetzt werden. Genauso sinnvoll wäre die Einrichtung eines eigenen Ombudsmanns für Fragen der Belastungen durch Statistiken. Gerade vor zwei Tagen haben wir im Europäischen Parlament beschlossen, daß die Belastungen für die Unternehmen bei Meldepflichten an die Europäische Zentralbank so gering wie möglich zu halten sind. Ein Ombudsmann als Kontrollinstanz mit entsprechenden Befugnissen könnte über die Einhaltung solcher Grundsätze wachen. Er wäre eine Anlaufstelle für Betroffene, sei es bei unverhältnismäßiger Detailtiefe oder bei Qualitätsnormen. Verstellen wir nicht den Blick auf das mit statistischen Mitteln überhaupt Machbare und auf die damit verbundenen Belastungen. Wir benötigen für die Zukunft und für das vorliegende Fünfjahresprogramm dringender denn je solche Regulative. Die Gefährdung des gesamten statistischen Systems durch unnötige Belastungen muß abgewendet werden, denn ohne kooperative Mitarbeit der Betroffenen und damit auch der Betriebe kann keine qualitativ hochwertige Statistik erstellt werden. Daher sollte es unser aller Ziel sein, die Betriebe zu überzeugen. Sie müssen das Vertrauen gewinnen, daß von ihnen nur das wirklich unumgänglich Notwendige angefordert wird. Dies sollte, und das wäre eine Überlegung, freiwillig sein und eventuell auch mit einem Anreizsystem versehen sein, anstatt mit Strafen und mit Drohungen zu arbeiten. Ferner ist zu überlegen, wie wir die Automatisierung vorantreiben und auch Doppelerhebungen verhindern können. Stichproben, Markt- und Meinungsforschung - ich glaube, es zahlt sich aus, darüber nachzudenken, wie wir die Statistiken schneller und effizienter erhalten. Herr Präsident, es ist sehr wichtig, daß Eurostat dazu aufgefordert wird, geschlechterspezifische Daten zu erheben, vielleicht ist es der wichtigste Punkt des Berichts überhaupt. Ich möchte meiner verehrten "Namna" dazu gratulieren. Das Wort "Namna" gibt es in meiner Sprache nicht, ich habe es für diesen Zweck eigens erfunden, da wir denselben Vornamen haben. Ich gratuliere zur geschlechterspezifischen Statistik. Andererseits vermisse ich einen Hinweis darauf, daß statistische Daten in Zukunft so erstellt werden sollen, daß sie an geographische Informationen angepaßt werden können, so daß Eurostat in die gesamteuropäische Zusammenarbeit in diesem Bereich integriert werden kann. Wir könnten aber die Angaben über die Statistik in unseren Ländern popularisieren. Sie könnten dann leichter verglichen werden. Ich hoffe, daß wir bald eine entsprechende Mitteilung erhalten, so daß wir über gemeinsame Standards verfügen und sie besser popularisieren können. Herr Kommissar Bangemann hat eine solche Mitteilung angekündigt, und im Mitteilungsentwurf wird Eurostat ausdrücklich als Partner der Zusammenarbeit erwähnt. Der Ausschuß für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten hätte gern bessere statistische Daten über die Arbeitslosigkeit und den Arbeitsmarkt. Das ist ein Dauerproblem, aber ich glaube, daß es bereits gelöst worden ist. Nach meinen Unterlagen werden jetzt nämlich häufiger Daten erhoben - Daten sind monatlich an Eurostat zu liefern -, und die Statistik wird einheitlicher, da wir die ILO-Konvention anwenden. Ich frage mich, was verbessert werden muß. Vielleicht muß die Erhebung von statistischen Daten auf regionaler Ebene verbessert werden, andererseits kann man hier ja die geographischen Informationen zu Hilfe nehmen. Außerdem haben wir während dieser Sitzungsperiode in anderen Zusammenhängen bessere Informationen des europäischen Netzwerks über den Drogenmißbrauch verlangt. Ich hoffe, daß Eurostat und dieses Netzwerk in Zukunft zusammenarbeiten werden, damit wir gemeinsame Definitionen bekommen und um die Behörden zu veranlassen, die wirklich interessanten Daten zu liefern. Abschließend möchte ich sagen, daß nichts so verlogen ist wie eine schlechte Statistik. In unserem Land haben wir die Folgen kennengelernt, als wir Eurostat Daten über Gewaltverbrechen gemeldet haben, die Totschlag und versuchten Totschlag umfaßten. Danach konnte man in der britischen Presse lesen, daß Helsinki die gewalttätigste Stadt sei. In Wirklichkeit hatten andere nur solche Totschlagsfälle gemeldet, die tatsächlich zum Tod geführt hatten. Bei uns gibt es die alte Weisheit: "Lügen, verdammte Lügen und Statistik" . Das muß in Zukunft anders werden! Die Argumente, die die Berichterstatterin Frau Lulling zugunsten einer ausreichenden Mittelbereitstellung zur Unterstützung des statistischen Gemeinschaftsprogramms 1998-2002 vorgebracht hat, sind völlig überzeugend. Eurostat muß in der Lage sein, die fehlende Effizienz der nationalen Statistikämter auszugleichen. Letztere stehen, abgesehen davon, daß sie selbst nicht über die Mittel verfügen, um ihre Aufgabe wirksam zu erfüllen, allzu häufig unter dem Einfluß der Regierung, die es vorzieht, die Zahlen zu ignorieren oder - schlimmer noch - sie zu manipulieren, um den Bürgern besser einreden zu können, daß doch im großen und ganzen alles in bester Ordnung sei. Ist Ihnen beispielsweise bekannt, daß in Belgien, um hier nur mein Land anzuführen, der Minister für Beschäftigung und Arbeit für das ganze Land die Zahl von etwa 500 000 Arbeitslosen angibt, was eine grobe Desinformation darstellt, denn der Minister zählt nur die gemeldeten Arbeitslosen, die eine Unterstützung beziehen und Arbeit suchen sind. Die Ehrlichkeit würde es gebieten, daß man zu dieser Zahl die Arbeitslosen hinzuzählt, die eine Unterstützung beziehen, aber nicht arbeitssuchend sind, die nicht meldepflichtigen Arbeitslosen, die vertraglich abgesicherten Frührentner, die Sozialhilfeempfänger, die Obdachlosen sowie die Erwerbsunfähigen, die Erwerbsunfähigkeitsrente bzw. auf Grund eines Arbeitsunfalls Leistungen von einer Versicherungsgesellschaft beziehen. Damit käme man dann auf 1 Million Arbeitslose statt der verkündeten 500 000. Ist Ihnen bekannt, daß es in Belgien unmöglich ist, die Zahl der illegalen Einwanderer zu erfahren oder herauszubekommen, wieviel die Einwanderungspolitik den Steuerzahler kostet. Ist Ihnen bekannt, daß in Belgien zwar das Außenhandelsvolumen bekannt ist, daß man aber nichts darüber weiß, was die Wallonen von den Flamen kaufen, und daß jegliche Zählung der Mitglieder der einzelnen Sprachgruppen in Brüssel und im Umkreis der Hauptstadt abgelehnt wird. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mit Blick auf eine bessere Transparenz und eine echte Demokratie wäre es meines Erachtens wünschenswert, daß Eurostat die Mittel erhält, die es für die Beantwortung unserer berechtigten Fragen benötigt. Herr Präsident, zunächst möchte ich der Berichterstatterin, der Frau Abgeordneten Lulling, für die Qualität ihres Berichts danken. Außer dem Ausschuß für Wirtschaft nahmen zwölf Ausschüsse an der Ausarbeitung Ihrer Stellungnahme zum Entwurf des von der Kommission vorgelegten Statistischen Programms der Gemeinschaft teil. Diese Tatsache beweist ganz eindeutig das Interesse, das Ihr Organ der Einführung eines kohärenten, transparenten und zuverlässigen statistischen Systems der Gemeinschaft entgegenbringt. Die Kommission freut sich über dieses Interesse. Wie man dies bei den anderen Organen der Europäischen Union feststellt, ist es Ihre Überzeugung, daß ein gutes demokratisches Funktionieren unserer Organe ohne gute Statistiken der Gemeinschaft nicht möglich ist. Gestatten Sie mir, bevor ich Ihnen die Stellungnahme der Kommission zum Bericht von Frau Abgeordneter Lulling vorlege, einige Bemerkungen über die Statistiken der Gemeinschaft. Während des letzten Jahrzehnts hat man eine beträchtliche Verstärkung ihrer Rolle erlebt. Zahlreiche und bedeutende politische Entscheidungen machen ein weitaus genaueres Vergleichbarkeitsniveau und demzufolge einen hohen Harmonisierungsgrad der Statistiken der Gemeinschaft erforderlich: ganz selbstverständlich die Institution der Wirtschafts- und Währungsunion, doch zum Beispiel auch die Gemeinsame Agrarpolitik, die wirtschaftliche und soziale Kohäsion und die Haushaltspolitik. Wenn nicht mehr notwendig wäre, würde es genügen, den Bericht zu untersuchen, der auf der letzten Kommissionssitzung über die eventuelle Änderung des Eigenmittelsystems angenommen wurde, damit wir alle verstehen könnten, wie wichtig es ist, zuverlässige und vergleichbare Statistiken zu haben. Während der Laufzeit des letzten Statistischen Fünfjahresprogramms wurde selbstverständlich jenen Statistiken höchste Priorität eingeräumt, die im Zusammenhang mit den Konvergenzkriterien standen, und diese wurden rechtzeitig und in der erforderlichen Qualität fertiggestellt, um als Grundlage für die Entscheidung vom 2. und 3. Mai dieses Jahres zu dienen. Eine weitere wichtige Priorität für EUROSTAT bestand in der Vorbereitung von statistischen Daten für den Beschäftigungsgipfel, der im November 1997 stattfand, und in der Ausarbeitung der Indikatoren, die eine Überwachung der dort angenommenenen Leitlinien für die Beschäftigung ermöglichen sollten. Die Kommission beschloß, dem Subsidiaritätsprinzip gemäß den Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Gesamtaufgabe der Erhebung von statistischen Daten zu übertragen. So wurde mit den statistischen Systemen der Mitgliedstaaten eine der Netzwerkstruktur entsprechende Organisation geschaffen. Dieses Netzwerk definiert nach dem Kollegialprinzip die zu befolgenden Harmonisierungsmethoden, und ihre Anwendung nutzt vollständig die Erfahrung von annähernd 70 000 Statistikern, die in ihm arbeiten. Im Rahmen seines Bemühens um einen effizienten Einsatz seiner verfügbaren Mittel hat EUROSTAT zusammen mit seinen nationalen Partnern eine Reihe von Maßnahmen eingeführt, die das Ziel haben, die Leistungsfähigkeit zu verbessern, die von den Unternehmen - und insbesondere von den kleinen und mittleren Unternehmen - vorgelegte Datenmenge einzuschränken, jene Methoden zu übernehmen, die das beste Kosten/Nutzen-Verhältnis bieten, die Gesamtqualität seiner Produkte zu verbessern und schließlich deren Ergebnisse zu bewerten. In bezug auf den Bericht von Frau Abgeordneter Lulling kann die Kommission bereitwillig den vorgeschlagenen Verbesserungen zustimmen, insbesondere im Bereich Beschäftigung, Umwelt, Chancengleichheit von Männern und Frauen und auch im Bereich der Statistiken im Zusammenhang mit dem zukünftigen Mehrwertsteuersystem. Jedoch kann die Kommission nicht den Änderungsanträgen 5, 7 und 8 sowie teilweise 9 zustimmen, und das aus den folgenden Gründen: Änderungsantrag 5 überschneidet sich mit Änderungsantrag 4. In dieser Hinsicht ist hervorzuheben, daß die wissenschaftliche Unabhängigkeit der Statistiker eines der in der Verordnung Nr. 322/97 des Rates über die Statistiken der Gemeinschaft festgelegten Grundprinzipien ist. Dieses Prinzip ist ebenfalls im neuen Artikel 285 des Amsterdamer Vertrags verankert. Die Kommission kann dem Änderungsantrag Nr. 7 nicht zustimmen, da sie ja die Verantwortung für die Bewertung dieses Programms behalten will. Diese Tatsache schließt selbstverständlich nicht die Möglichkeit aus, sich an einen oder mehrere unabhängige Sachverständige zu wenden, die sie bei dieser Aufgabe unterstützen, wie es in der Mitteilung der Kommission SEM 2000 vorgesehen ist. Die Kommission beabsichtigt ebenfalls, sich an den Europäischen Beratenden Ausschuß für statistische Informationen im Wirtschafts- und Sozialbereich (CEIES) zu wenden, in dem die Benutzervertreter zusammengeschlossen sind. Änderungsantrag 8 ist offenbar zulässig, da die sogenannten "sonstigen Bereiche" in dem betreffenden Programm enthalten sind. Schließlich stimmt die Kommission nicht dem ersten Teil des Änderungsantrags 9 zu, weil EUROSTAT nicht für die Ausarbeitung von Prognosen zuständig ist. Erlauben Sie mir, am Ende daran zu erinnern, wie bedeutsam dieses neue statistische Gemeinschaftsprogramm 1998-2002 ist. Die Kommission freut sich über die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Organen, was hervorragende Aussichten für die bald erfolgende Anwendung des Artikels 285 des Amsterdamer Vertrags bietet, der die Einführung des Mitentscheidungsverfahrens im statistischen Bereich vorsieht. Ich möchte noch in bezug auf die zur Unabhängigkeit von EUROSTAT aufgeworfene Frage hinzufügen, daß es Ehrensache für die Kommission ist, EUROSTAT in keiner Hinsicht politisch zu beeinflussen. Das zeigte sich übrigens deutlich, als EUROSTAT seine Statistiken für die Wirtschafts- und Währungsunion veröffentlichen mußte und dabei von einer ausdrücklichen Entscheidung der Kommission ausging, die nicht nur diese Angelegenheit betraf, sondern Ehrensache in ihrer alltäglichen Praxis ist. Herr Präsident, ich glaube, in meiner Eigenschaft als Berichterstatterin muß ich auf die Ausführungen reagieren, die der Herr Kommissar soeben hinsichtlich einiger Änderungsanträge vorgetragen hat. Auch ich bin der Ansicht, daß sich die Änderungsanträge 4 und 5 überschneiden. Wenn Sie nicht möchten, daß man sagt, daß die Arbeit von politischen Zwängen unabhängig bleiben muß, kann ich eventuell den Änderungsantrag 5 zurückziehen, da er in gewisser Weise den vorhergehenden Antrag wiederholt. Dies würde allerdings nicht ausschließen, auch über den Änderungsantrag 5 abzustimmen und dem Rat die Möglichkeit einzuräumen, sich für einen der beiden Anträge zu entscheiden. Was den Änderungsantrag 7 anbelangt, so bin ich etwas erstaunt darüber, daß Sie Ihre Tätigkeit selbst bewerten möchten. Es handelt sich nämlich um eine Tätigkeit, die eine unabhängige Bewertung erfordert, und Sie schlagen den Wirtschafts- und Sozialausschuß dafür vor. Ich kenne den Wirtschafts- und Sozialausschuß aus persönlicher Erfahrung sehr gut, da ich in ihm eine Zeit lang sozusagen die Rolle einer intellektuellen "Prostituierten" der Gewerkschafter gespielt habe, und ich muß Ihnen sagen, ich kann mir nicht vorstellen, daß dieser Ausschuß eine Bewertung Ihrer Statistiken durchführt. Er kann höchstens, wenn Sie einen Bericht schreiben, eine Bewertung dazu vornehmen, aber er kann keinen Schätzungsbericht abfassen. Was den Haushalt betrifft, so weiß ich, daß zusätzliche Mittel erforderlich werden könnten. Falls sie nicht erforderlich werden, um so besser, aber für den Fall, daß sie notwendig werden, sollten wir lieber sagen, daß wir möchten, daß die dann erforderlichen Mittel vorhanden sind. Was schließlich den Änderungsantrag 9 anbelangt, so glaube ich, Herr Präsident, daß hier ein Mißverständnis besteht. Wir fordern nämlich nicht von Eurostat, daß es Prognosen bezüglich der Entwicklung der Agrarausgaben machen soll. Wir fordern Statistiken, die es den politischen Entscheidungsträgern ermöglichen, diesbezügliche Prognosen aufzustellen. Es geht nicht darum, daß Eurostat diese Prognosen aufstellen soll, sondern wir benötigen diese Statistiken, damit die Ausarbeitung von Prognosen hinsichtlich der Entwicklung der Agrarausgaben in den verschiedenen Bereichen möglich wird. Ich glaube somit, daß hier ein Mißverständnis vorliegt. Ich hoffe jedenfalls, daß mir das Parlament morgen bei der Verabschiedung dieser Änderungsanträge, die wir für notwendig und wichtig erachten, folgen wird. Herr Präsident, wir werden versuchen, uns etwas klarer auszudrücken. Zum Änderungsantrag 7 möchte ich sagen, daß die Vorlage eines Schätzungsberichts in die alleinige Zuständigkeit der Kommission fällt. Selbstverständlich kann man während der Ausarbeitung dieser Berichte in großem Umfang unabhängige Experten befragen, deren eventuelle Stellungnahmen in die Berichte aufgenommen werden. Außerdem werden sie vor ihrer Vorlage nicht dem Wirtschafts- und Sozialausschuß, sondern selbstverständlich dem Europäischen Beratenden Ausschuß für statistische Informationen im Wirtschafts- und Sozialbereich unterbreitet. Dies ist ein großer Unterschied. Das letzere Gremium setzt sich nämlich zur Hälfte aus Vertretern von Statistiknutzern außerhalb der europäischen Institutionen zusammen. Abschließend werden diese Stellungnahmen zusammen mit dem Bericht dem Parlament übermittelt. Dies wollte ich Ihnen mitteilen, Frau Lulling, um die Gründe zu verdeutlichen, aufgrund derer die Kommission diesen Änderungsantrag nicht akzeptiert. Herr Präsident, zur Geschäftsordnung. Ich habe schon einmal darum gebeten, daß die Ergebnisse nach den Abstimmungen etwas länger angezeigt werden, damit man mitschreiben kann. Vielleicht wäre es möglich, daß die Abstimmungen, die per Computer erfaßt werden, auch nachher irgendwo schriftlich zugänglich sind, so daß man die Ergebnisse sicher nachvollziehen kann. Mir wurde gesagt, daß die Dienste Ihnen jeder Zeit nach Beendigung der Abstimmung einen Ausdruck der Abstimmungsergebnisse zur Verfügung stellen können. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 9.00 Uhr statt. (Die Sitzung wird um 19.05 Uhr geschlossen.)