Das Protokoll der gestrigen Sitzung wurde verteilt. Gibt es Einwände? Herr Präsident, ich werde die Sache nicht aufgeben, denn mir geht es um das Protokoll, um die Verfassungswidrigkeit des Abstimmungszwangs, darum, daß es ungesetzlich ist, finanzielle Verpflichtungen aufzuerlegen, sowie schließlich um die verhängnisvollen steuerlichen Konsequenzen, die sich ergeben werden; Sie sind jedoch ein namhafter Jurist, und anstatt es nun hier zu sagen, werde ich Ihnen heute vormittag einen Brief schreiben und ihn auf Ihren Schreibtisch legen. Vielen Dank für Ihre Mitarbeit, Herr Janssen van Raay. (Das Parlament genehmigt das Protokoll.) Nach der Tagesordnung folgt die Erklärung des amtierenden Ratsvorsitzes zum Tätigkeitsprogramm der österreichischen Präsidentschaft. Ich darf für den Rat Herrn Schüssel das Wort erteilen und begrüße ihn besonders herzlich zu seiner Antrittsrede als Ratsvorsitzender. Ich darf sagen, daß wir alle der ersten österreichischen Präsidentschaft größtmöglichen Erfolg wünschen. Das Wort hat Herr Schüssel. Herr Präsident, Herr Kommissionspräsident, sehr geehrte Mitglieder des Europäischen Parlaments! Österreich übernimmt die Ratspräsidentschaft in einer für Europa spannenden, geradezu entscheidenden Zeit. Die Union ist dabei, zwei Vorhaben zu verwirklichen, die das Gesicht unseres Kontinents im 21. Jahrhundert entscheidend prägen werden. Durch die Einführung des Euro unternimmt Europa einen großen Schritt in Richtung wirtschaftlicher und politischer Einheit und wird gleichzeitig als größter integrierter Wirtschaftsraum der Welt zu einem der zentralen Akteure der Weltwirtschaft. Durch die Erweiterung der Union sollen gleichzeitig Stabilität und Wohlstand in ein größeres Europa exportiert werden. Ein kluger Kopf hat unlängst in einer großen europäischen Zeitung geschrieben: Die Vollendung der Währungsunion wird die Identität der Europäer stärken, und die Erweiterung wird ihre Grenzen testen. Schon die Gründer der Europäischen Gemeinschaft träumten von einem größeren Europa, das die tiefe Ost-West-Spaltung unseres Kontinents überwindet. Sie träumten von einem Europa, das auf der Grundlage gemeinsamer Werte Demokratie und Menschenrechte hochhält und Frieden und Freiheit auf Dauer sichert. Sie träumten von einem Europa, das ohne Wechselstuben und Grenzbalken auskommt und so dem Miteinander europäischer Bürger nicht mehr im Weg steht. Nun ist diese historische Chance gekommen, aus diesen Träumen von gestern die Wirklichkeit von morgen zu machen. Die Europäische Union ist ja nicht unerfolgreich in diesem Bemühen. Wenn wir uns nur kurz vergegenwärtigen, was seit der Gründung geschehen ist: Die Sechsergemeinschaft des Jahres 1958 hatte 160 Millionen Einwohner, heute sind es 370 Millionen, mit den Erweiterungskandidaten an die 500 Millionen Menschen. Die heutige EU weist ein Bruttoinlandsprodukt auf, das real fast sechsmal so groß ist wie jenes der Wirtschaftsgemeinschaft von 1958. Die Union von heute ist für ein Drittel des Welthandels verantwortlich. Sie ist aber zugleich auch der größte Geber weltweit: 60 % der Entwicklungszusammenarbeit, 80 % jener Hilfe, die in die Länder der ehemaligen Sowjetunion geht, kommen aus der Europäischen Union. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, daß die Chance gekommen ist, die Träume von gestern zu verwirklichen. Der Euro ist die europäische Antwort auf die Globalisierung. Wir können so dieser Herausforderung erfolgreich standhalten. Diese gemeinsame Währung wird das Funktionieren des Binnenmarkts verbessern, zur Absicherung der Arbeitsplätze beitragen, aber auch Anstöße für marktorientierte Strukturreformen geben, die zur Sicherung unserer eigenen Wettbewerbsfähigkeit dringend notwendig sind. Die Bedingungen für die Einführung des Euro sind heute besser, als die meisten von uns, selbst glühende Optimisten - und ich gehöre normalerweise zu ihnen - erwartet haben. Ihr Haus, das Parlament der Europäer, das Europäische Parlament hat durch die Teilnahme an der Bestellung des Direktoriums der Europäischen Zentralbank und durch die Abhaltung von allseits anerkannten Hearings eine wesentliche demokratische Kontrollfunktion wahrgenommen. In den nächsten Monaten unter österreichischem Vorsitz wird der Einstieg in die verstärkte wirtschaftspolitische Koordination gesucht und die endgültige Festlegung der Wechselkurse vorbereitet. Es gehört zweifellos zu den wichtigsten Anliegen der österreichischen Präsidentschaft, zu einem guten Start des Euro am 1. Januar 1999 beizutragen. Noch wichtiger scheint mir ein anderer Vergleich neben den wirtschaftlichen und monetären Erfolgsziffern. Seit dem Jahre 1945 hat es weltweit über 200 kriegerische Auseinandersetzungen gegeben, kleinere Konflikte gar nicht mitgerechnet. Es vergingen laut internationalen Statistiken insgesamt keine vier Wochen, in denen es nicht irgendwo auf der Welt einen größeren militärischen Konflikt gab, aber das Gebiet der heutigen Europäischen Union ist von solchen Waffengängen verschont geblieben. Ich darf hier Freiherr Friedrich von Gentz zitieren, den Sekretär von Fürst Metternich, der sozusagen der Schreiber, der notetaker des Wiener Kongresses war. Er hat gemeint, jedes politische System, das Europa die Hoffnung geben könnte, sich auch nur drei oder vier Kriege in einem Jahrhundert zu ersparen, wäre der höchsten Anerkennung wert. Meine Damen und Herren, wir haben dieses System! Wir haben ein solches System, wir haben ein solches Instrument. Es heißt Europäische Union! Wenn wir Frieden, Stabilität, wirtschaftliche Prosperität in Europa dauerhaft sichern wollen, dann gibt es nach meiner tiefen Überzeugung auf längere Sicht kein besseres Mittel als die Einbeziehung unserer Nachbarländer in die Europäische Union. Natürlich besteht wegen der großen Zahl der Kandidaten - noch nie hat man mit einem Kreis von elf Ländern gesprochen, verhandelt auf den verschiedensten Ebenen - und wegen des großen Unterschieds in der wirtschaftlichen Entwicklung die besondere Notwendigkeit für eine gründliche Vorbereitung. Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung vom letzten Dezember zu Recht anerkannt, daß die nächste Erweiterung eine vollkommen neue Etappe des europäischen Integrationsprozesses darstellt, die eine tiefgreifende Überprüfung aller institutionellen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Union und die Beitrittskandidaten erfordert. Österreich - Sie wissen es ohnedies - teilt fast die Hälfte seiner Grenzen mit vier Beitrittskandidaten. Ich danke dem Europäischen Parlament besonders für das Verständnis und die Sensibilität, die es damit bewiesen hat, daß es am 18. Juni in einer Entschließung zur Agenda 2000 dem Rechnung getragen, auf die besondere Betroffenheit von Regionen mit Außengrenzen zu Beitrittsländern hingewiesen und die Notwendigkeit einer Unterstützung besonders im Rahmen des Programms INTERREG angesprochen hat. Aber ich füge hinzu, gerade aufgrund unserer besonderen Lage - früher Randlage, heute Herzlage - sind wir wie kaum ein anderes Land am Erfolg dieser Erweiterung interessiert. Man muß ehrlich sein zu den Bürgern. Die Erweiterung kostet etwas. Aber diese Erweiterungskosten, niedergelegt in der Vorbeitrittsstrategie und in den Beitrittsgeldmitteln, die im Vorschlag der Kommission zu Recht und sehr richtig angesprochen wurden, sind wahrscheinlich die beste Investition in unsere eigene Zukunft. Um einen Vergleich zu bringen: Die Amerikaner haben uns ja auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg geholfen. Sie haben damals nicht ganz 2, 5 % unseres Bruttoinlandsprodukts durch vier Jahre hindurch nach Europa transferiert, in die Länder der ehemaligen Feinde. Das Interessante ist, daß wir heute nach dem Vorschlag der Kommission - das finde ich absolut in Ordnung, und ich hoffe, daß dieser Teil auch völlig unbestritten bleibt, bisher habe ich jedenfalls kein wirkliches Argument dagegen gehört, auch nicht bei meiner tour des capitales - für sieben Jahre etwa 2, 7 % des Bruttoinlandsprodukts dieser Länder zur Verfügung stellen würden. Das ist der doppelte Marshall-Plan, eine Investition in unsere eigene Zukunft und in die Zukunft der Kandidatenländer für das 21. Jahrhundert. Ich begrüße das, und die österreichische Präsidentschaft wird aufbauend auf diesen Vorschlägen versuchen, dies auch wirklich außer Streit zu stellen. Die Beschlüsse des Europäisches Rates von Luxemburg haben die Grundlagen für den Erweiterungsprozeß, einen inklusiven Prozeß mit elf Kandidaten, geschaffen. Der britische Vorsitz stand im Zeichen der feierlichen Eröffnung dieses Prozesses. Jetzt glauben wir Österreicher, daß wir die politische Dynamik aufrechterhalten müssen, und Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner und ich - das ist sozusagen unsere Innovation gewesen - haben im Rahmen unserer tour des capitales auch die Beitrittsländer mit einbezogen, alle elf, weil wir von Anfang an diesen Ländern das wichtige Signal senden und geben wollen, daß sie ab jetzt zur europäischen Familie dazugehören und daß wir sie gleichberechtigt und partnerschaftlich behandeln und informieren wollen. Sie werden ja von allen Beschlüssen, die wir zu treffen haben, ob es die Agenda ist oder die Institutionenreform, ob es die Frage der Erweiterungsstrategie ist oder ob es um andere wichtige außenpolitische Themen geht, berührt und betroffen. Während unserer Präsidentschaft wollen wir mit substantiellen Verhandlungen über einzelne Kapitel beginnen. Die Kommission ist mit dem acquis screening gut unterwegs, wir hoffen, daß bis Jahresende circa die Hälfte aller Kapitel durchgeprüft sein wird, so daß man wirklich im November auf einer Ministertagung mit den ersten substantiellen politischen Verhandlungsgesprächen beginnen kann. Ich sage hier ganz offen, daß dies sehr wichtig ist, weil es auch den Reformprozeß in den Kandidatenländern unterstützt. Geben wir uns keiner Illusion hin! Es gibt in allen Kandidatenländern - und wir waren gemeinsam dort - natürlich auch europaskeptische politische Parteien, Populisten, Kritiker, die diesen Erweiterungsprozeß nicht wollen. Es ist unsere Aufgabe, jenen zu helfen, jenen Kraft zu geben, die für eine sinnvolle Annäherung an die Europäische Union und für einen mutigen, manchmal auch schmerzhaften Beitrittsvorbereitungsprozeß eintreten. (Beifall) Die Erweiterung wird nicht nur unseren zukünftigen Partnern große Anstrengungen abverlangen, auch die Union selbst ist heute noch nicht fit für die Beitritte. Ich sage das hier ganz offen. Die unter dem Begriff "Agenda 2000" zusammengefaßten Reformen - Agrarreform, strukturpolitische Neuordnungen, die Finanzierungsströme der Union - haben natürlich einen ganz besonderen Stellenwert. Sie sind notwendig, so sehr auch an einzelnen Punkten von vielen Mitgliedsländern - natürlich zu Recht - Kritik geübt wird. Aber ich finde, daß die Vorschläge der Kommission jedenfalls eine gute Grundlage für die politischen Diskussionen, die in diesem Herbst beginnen werden, bilden können. Wir sind uns natürlich der Herausforderung der Vorschläge und des Zeitdrucks bewußt. In Cardiff wurde ja nichts anderes beschlossen, als daß wir die Diskussion um fast ein Dreivierteljahr vorverlegen wollen. Wenn wir tatsächlich bis März unter deutschem Vorsitz ein Paket fertig haben wollen - das ist auch wichtig, weil es ja möglichst noch vor der Wahl des Europäischen Parlaments besprochen und beschlossen werden soll -, dann setzt dies in Wahrheit unglaubliche Anstrengungen voraus, jetzt von der allgemeinen Rhetorik wegzukommen, vom Austausch von vorbereiteten Grundsatzreden wegzukommen, und sich kopfüber in die Knochenarbeit harter und schwieriger Verhandlungen zu stürzen. Ich weiß, daß das nicht einfach ist, denn letztlich ist ja dieses Programm 2000-2006 ein Programm, das nach unserer Währung 10 000 Milliarden Schilling umfaßt und eigentlich ein Programm für zwei volle parlamentarische Legislaturperioden ist. Wenn man daran denkt, wie schwierig es oft in den Nationalstaaten ist, für eine Periode ein Gesamtprogramm zu schnüren, dann weiß man, daß dies nicht einfach ist. Wir wissen jedoch, wenn wir den Zeitraum einhalten wollen, dann müssen wir bis zum Europäischen Rat in Wien wesentliche Fortschritte erzielen. Das Paket endgültig fertigzustellen und zu beschließen, bleibt dem deutschen Vorsitz vorbehalten. Aber wir haben am Montag im Rat für allgemeine Angelegenheiten einen sehr ehrgeizigen und sehr präzisen Zeitplan beschlossen. Dieser Rat ist ja verantwortlich für die horizontale Koordination und muß es auch sein, weil alle Fachministerräte natürlich ihre speziellen Interessen zu Recht in den Verhandlungsprozeß einbringen. Wir müssen uns in jeder Sitzung Zeit nehmen, wir müssen bereit sein, zu verhandeln. Ein Schwerpunkt der britischen Präsidentschaft war die Vorbereitung der Einbindung des Europäischen Parlaments in die legislative Beschlußfassung. Ich finde es sehr gut, daß sich das Europäische Parlament in den nächsten Monaten intensiv mit allen Aspekten der Agenda befassen wird, um zu einem zeitgerechten Abschluß beizutragen. Ich danke Ihnen für diese Bereitschaft, und ich betone, daß wir im Rat genau wissen müssen, daß es ohne die Unterstützung der Parlamentarier, der nationalen Parlamente, aber genauso auch der vom europäischen Volk direkt gewählten europäischen Parlamentarier nicht geht. Der Vertrag von Amsterdam, Hohes Haus, wird mit zum Ziel beitragen, Europa fit für die Zukunft zu machen. Bei allen bekannten Unzulänglichkeiten wird dieser neue rechtliche Rahmen der Union auch wirkliche Verbesserungen bringen. Manche bezeichnen das Parlament als einen Gewinner dieses Amsterdam-Vertrags. Es ist wahr, daß seine Rolle im Mitentscheidungsverfahren gestärkt wurde. Ich erinnere nur daran, daß Österreich im Laufe der Regierungskonferenz - und Präsident Hänsch, der ja damals immer dabeigewesen ist, nicht ausreichend, wie ich hier durchaus kritisch hinzufüge, weiß das - von Anfang an immer dafür gewesen ist, die Rolle des Europäischen Parlaments und auch die Einbeziehung der Vertreter des Europäischen Parlaments in die Verhandlungen möglichst optimal und weitgehend zu gestalten. Ich finde es schade, daß Amsterdam nicht auch die letzten Schritte zur institutionellen Abrundung gefunden hat. Wir haben jetzt in Cardiff beschlossen, sofort nach der Ratifizierung des Vertrags - ich hoffe, bald - mit den Gesprächen, mit den Verhandlungen über diese noch offenen institutionellen Punkte zu gehen. Dazu kommt, daß wir im GASP-Bereich - dazu komme ich später - wichtige Beschlüsse in Wien zu treffen haben. Dazu kommt, daß wir die Übernahme der SchengenVorschriften und des Schengen-Sekretariats in die Europäische Union vorbereiten müssen. Besondere Bedeutung kommt der Vorbereitung der Umsetzung der neuen Mitentscheidungsverfahren, der Neuregelung der Komitologie und einer fairen Beteiligung des Parlaments zu. Auch an einem gemeinsamen Wahlverfahren für das Europäische Parlament und an einem einheitlichen Statut für die Abgeordneten haben die Arbeiten hier im Haus bereits begonnen. Es freut mich, daß einige dieser Themen auf der Tagesordnung der ersten Plenarwoche während der österreichischen Präsidentschaft stehen. Selten in der Geschichte der europäischen Integration stand die Europäische Union vor so vielen Herausforderungen; für die meisten brauchen wir die Unterstützung der Bürger. Wir begrüßen daher die Initiative der Briten, eine neue tiefgehende Diskussion über die Zukunft der Union einzuleiten, und wir wollen diesen Dialog im zweiten Halbjahr aktiv fortsetzen. Effizienz der Union, der Institutionen, Bürgernähe, Subsidiarität, demokratische Legitimität sind allzu oft nur Lippenbekenntnisse und Versatzstücke von Sonntagsreden. (Beifall) Aber ich sage Ihnen ganz offen, mit halbem Herzen werde wir die Menschen für die europäische Sache nie begeistern können. Ich begrüße es daher, daß es unter österreichischem Vorsitz ein Sondertreffen der Regierungschefs zu diesem Thema geben kann. Es ist auch ein Thema, das wahrscheinlich nicht in einem Gespräch gelöst werden kann. Ich füge das gleich hinzu. Es wird ein Thema bleiben, und das finde ich auch gut. Jeder sollte bei sich selber beginnen. Ich habe vor, als Ratspräsident des Rats für allgemeine Angelegenheiten das Thema ernst zu nehmen und unsere Kollegen damit zu konfrontieren, wie wir selber zu mehr Effizienz und zu mehr europäischer Koordination beitragen können. Es muß jeder bei sich schauen, wie die Kommission, wie der Rat in all seinen Strukturen verbessert werden können. Haben wir mittlerweile nicht zu viele Räte? Wird die europäische Sache genügend europäisch koordiniert? Wie kann man den Europäischen Rat klarer und präziser zur Entscheidungsfindung einsetzen? Welche Rolle kann das Europäische Parlament in diesem so wichtigen interinstitutionellen Dialog spielen? Das Thema der Subsidiarität ist interessant - wir haben ja eigentlich ein ganz gutes Protokoll dazu im Vertrag von Amsterdam vorgesehen und vorbereitet -, denn es kann dazu führen, daß wir den Kopf und die Hände frei bekommen für die eigentlich europäische Arbeit. Es gibt viele Themen, die die Tagesordnung überfrachten und uns eigentlich hindern, genügend Zeit den wirklich großen Themen zu widmen. Aber ich sage ja auch offen dazu: Subsidiarität darf nicht dazu genutzt werden, daß man die eigentliche europäische Sache untergräbt, unterminiert. Die Institutionen dürfen nicht geschwächt werden. (Beifall) Ich finde auch, Subsidiarität und Solidarität dürfen nicht als Gegensätze aufgebaut werden, sondern sie müssen und sollen sich im Idealfall ergänzen. Beide sind Kernelemente der Bürgergesellschaft von morgen. Ohne Europa - ich persönlich bin tief davon überzeugt, und jeder, der mich kennt, weiß, daß ich das überall sage, ganz gleich, wo ich rede, nicht nur vor dem Europäischen Parlament, ich halte in der Tendenz immer meine Linie -, ohne Europa gibt es keine Antwort der Nationalstaaten mehr auf die globale Herausforderung. Ohne Europa können die großen Zukunftsfragen, die ja die Bürger wirklich interessieren - etwa der Umweltschutz, die Beschäftigungspolitik, die Achtung der Menschenrechte, die umfassende Sicherheit -, nicht gelöst werden. Da brauchen wir mehr Europa und nicht mehr Nationalstaat oder gar diese Ebene unterschreitende Subsidiaritätsfloskeln. (Beifall) Das beste Mittel, die europäischen Bürger für Europa zu begeistern, besteht darin, hinzuhören, was diesen Bürgern wichtig ist, und diese Prioritäten an die Spitze unserer Agenda zu setzen. Es ist ganz interessant, daß in allen europäischen Ländern diese Prioritäten ziemlich ähnlich sind, zuallererst die Arbeitsplätze, dann die Sorge um eine saubere Umwelt und ein sicheres Zuhause. Wobei dieser Sicherheitsbegriff - und das sage ich auch ganz offen - möglichst umfassend verstanden werden muß. Natürlich auch als Sicherheit vor der organisierten Kriminalität, auch als sicherer Schutz bis hin zu den militärischen Auswirkungen. Aber ich meine, Sicherheit muß auch in einem solidarischen sozialen Kontext bis hin zur nuklearen Sicherheit von unsicheren Kernkraftwerken verstanden werden. (Beifall) Bei einer Durchschnittsarbeitslosigkeit von noch immer über 10 % bleibt daher gerade für die österreichische Präsidentschaft die Schaffung von Beschäftigung die oberste Priorität in Europa. Sie ist unser Anliegen, sie war es während der Regierungskonferenz, und sie wird es auch in der konkreten Umsetzung sein. Bisher war das ja in vielen europäischen Reden auch Bestandteil der sogenannten Lyrik, wie ich das gerne nenne. Neu daran ist, daß wir jetzt mit Amsterdam auch Instrumente an der Hand haben. Wir haben jetzt zum erstenmal vorgelegte, präzise 15 nationale Beschäftigungsprogramme, die von der Kommission durchaus kritisch - und ich begrüße das - überprüft wurden, und wo man voneinander lernen kann und soll, z.B. was das eine Mitgliedsland besser als wir selber gemacht hat, was einer dem anderen voraus hat, auch an negativen Erfahrungen. Viele gute Ideen gelingen ja nicht so, wie man sie sich gerne vornimmt. Sir Karl Popper hat einmal als das Wesen der entwickelten Menschheit genannt: " Es ist unser Vorteil, daß wir unsere Ideen an unserer Statt sterben lassen können" . Es ist gut und wichtig, daß man vom Scheitern von Ideen genauso viel lernen und profitieren kann wie von erfolgreichen Beispielen. Das Neue ist also jetzt für die Leitlinien in Wien, die für die Beschäftigung beschlossen werden sollen, daß sie erstmals auf konkreten, verpflichtenden 15 nationalen Aktionsplänen basieren sollen. Zweitens, zum erstenmal gibt es auf dieser Grundlage Beschlüsse, die für die erfolgreiche Einführung der europäischen Währung gelten. Immerhin nehmen 11 Länder daran teil, weitere 3 könnten daran teilnehmen - weil sie die Kriterien erfüllen -, wenn sie den politischen Willen und die politischen Beschlüsse dazu umsetzen. Ich gehe noch weiter. Europa kann gerade für die Beschäftigung auch in ganz spezifischen Bereichen noch mehr tun: auf der Weltbühne, und - ganz wichtig - in Verhandlungen mit der Welthandelsorganisation, in der Frage Forschung und Entwicklung. Ich verhehle nicht meine persönliche Sympathie mit vielen Ideen - als Präsident darf ich das eigentlich nicht sagen - des Europäischen Parlaments, was das 5. Rahmenprogramm betrifft, denn das ist natürlich die Basis für die Beschäftigungsideen und -möglichkeiten von morgen. Die ganze Frage der transeuropäischen Netze, auch die Frage einer vernünftig eingesetzten Umwelttechnologie, Chancengleichheit von Frauen und Männern, verbesserte Bedingungen für Klein- und Mittelbetriebe, die Aus- und Weiterbildung der Arbeitnehmer, das sind Schwerpunkte unserer Bemühungen. Zur Umwelt: Der dauerhafte Schutz unserer Umwelt- und Lebensbedingungen ist den Bürgern überall gleich wichtig. Daher wollen wir ganz bewußt eine aktive Umweltpolitik machen, hohe Umweltstandards bei uns, aber vor allem auch eine Führungsrolle in den internationalen Verhandlungen über globale Umweltprobleme. Ich begrüße sehr das Weißbuch über die erneuerbaren Energien. Hochinteressant! Da stehen direkte und indirekte Beschäftigungschancen für etwa 800.000 Menschen drin, das Autoöl-Programm, die Reduktion des Benzin- und Dieselprogramms - hochinteressant. Die Frage, die natürlich bei der Erweiterung anzusprechen ist, ist die der nuklearen Sicherheitsstandards. Ganz wichtig! Denn wir Österreicher sind hier aufgrund unserer geographischen Lage natürlich besonders betroffen. Ich sage ja auch ganz offen, weil ich weiß, daß einige Mitglieder des Parlaments diesen Punkt auch gerne offiziell angesprochen hätten, daß wir das nicht als ein bilaterales Thema mißverstehen wollen. Das soll niemanden hindern, in die Europäische Union hineinzukommen. Wir wollen aber, daß neue sanierbare Kernkraftwerke den höchsten westlichen Standard haben und daß alte Kraftwerke, die man nicht mehr sanieren kann - Stichwort Bohunice, wenige Kilometer von Wien - so rasch wie nur irgendwie möglich stillgelegt werden, im Interesse der Bürger dort und im Interesse unserer eigenen Bürger. (Beifall) Wir haben heute die Veröffentlichung einer Studie über den Sicherheitsstandard von Mochovce vorliegen. Ich habe sie selber noch nicht, aber ich nehme mir vor, daß ich heute nachmittag oder morgen veranlassen werde, daß den Fraktionen dieses Hauses diese Sicherheitsstudie über Mochovce sofort zugestellt wird, weil sie wahrscheinlich auf großes Interesse im Europäischen Parlament stößt. Die Union muß die Bürger davon überzeugen, daß offene Grenzen nicht zu einem Verlust an Sicherheit führen dürfen. Daher wird die innere Sicherheit eine wirkliche Priorität unserer Präsidentschaft darstellen: die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, des Menschenschmuggels. Wir bereiten übrigens eine internationale Konvention zu Land, zur See, auf UNOEbene mit allen 15 Mitgliedstaaten vor. Beim Kampf gegen den Drogenhandel gilt es, die Handlungsfähigkeit der Union in diesem Bereich zu stärken. Ich weiß aufgrund unserer Kontakte und Besuche in Mittel- und Osteuropa, daß genau dieses Thema der inneren Sicherheit ein zentrales Thema auch der Beitrittskandidaten ist. Eine Bitte an die Kommission in diesem Zusammenhang: Die Außengrenzen dieser 11 Beitrittskandidaten machen insgesamt 6.600 km aus. Man muß sich das einmal vorstellen! Die Außengrenzen dieser 11 Kandidaten nicht zur Union, sondern mit den Nachbarländern, wo wir genau wissen, daß so manche Probleme bestehen. So wichtig es ist, daß wir diesen Ländern in den Bereichen Umwelt, transeuropäische Netze und Institutionenaufbau helfen, sollten wir doch auch überlegen - und das ist ein dringender Wunsch dieser Länder -, ob wir nicht mehr tun können, um ihnen bei der Grenzsicherung zu helfen, damit wir in diesem Bereich Sicherheit exportieren, um nicht irgendwann Instabilität importieren zu müssen. (Beifall) In diesem Bereich wird natürlich die Aufnahme der Tätigkeit von EUROPOL im zweiten Halbjahr 1998 einen ganz wichtigen Impuls geben. Wir regen auch eine faire Verteilung der Flüchtlingslasten an und die Ausarbeitung einer gemeinsamen Strategie der Union in der Migrationspolitik. Für mich ist ein Thema besonders wichtig, das will ich hier schon noch ansprechen, nämlich der Schutz der Kinder. Durch nichts zeigt sich der Wert einer Gesellschaft mehr als dadurch, wie sie dem schwächsten Teil ihrer Gesellschaft Schutz angedeihen läßt. Wir haben einige interessante Aktivitäten geplant. Wir wollen das Thema auf UNO-Ebene ansprechen. Im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation ist das Thema "Kinderarbeit" natürlich von größter Bedeutung ebenso wie die Weiterentwicklung der UN-Konvention über die Rechte der Kinder. Der sexuelle Mißbrauch von Kindern - ein besonders bitteres und schmerzliches Thema -, die greulichen Auswirkungen von Kinderpornographie im Internet müssen dringendst bekämpft werden. Die Opfer von Landminen sind zu 40 % Kinder, und ich meine, daß die Union in diesem Bereich viel tun kann. Der Aktionsplan, der von der Kommission vorgeschlagen und am 2. Juli vom EP beschlossen wurde, wurde von mir mit großer Freude verfolgt. Die Achtung und Durchsetzung der Menschenrechte wird gerade in dem Jahr, in dem wir den 50. Geburtstag der universellen Deklaration der Menschenrechte feiern, ein besonders wichtiges Thema sein. Wir wollen dies auch im Bereich einer eigenen Festveranstaltung entsprechend berücksichtigen. Ein Thema spreche ich an, das im Moment zu den heikelsten und dringendsten gehört, das ist die Finanzierung von NGO, die Deblockierung von Finanz- und Budgetlinien. Wir haben uns am Montag im Rat auf mein Drängen beim Mittagessen sehr damit beschäftigt. Es geht immerhin um 560 Mio. ECU oder Euro. Davon betreffen 200 Millionen den menschenrechtlichen Bereich und dies mit verheerenden Auswirkungen, wenn man nicht rasch handelt. (Zwischenruf von Herrn Samland: Sagen Sie das den Finanzministern!) Daher wollte ich gerade darauf hinweisen, daß wir im Rat beschlossen haben - danke auch für die Kommissionsvorschläge, die gestern verabschiedet wurden -, morgen im COREPER größten Druck dahingehend auszuüben, die Sache möglichst zu deblockieren. Am Freitag findet der Haushaltsrat statt. Wir haben jeden einzelnen Außenminister gebeten, in seinem Kabinett nochmals darauf zu drängen, daß in diesem Bereich eine positive Deblockierung möglich wird. Ich bitte auch, daß wir interinstitutionelle Probleme hier ein bißchen zurückschieben, vor allem für die Deblockierung der Haushaltsmittel für 1998, denn Hunderte NGO warten natürlich mit größter Sorge darauf, was hier geschieht. Ich weiß, daß die Sache im Europäischen Parlament sehr gut und positiv gesehen wird. Außenpolitik ist natürlich für jeden Ratsvorsitzenden eine sehr wichtige Herausforderung. Im Vergleich zu anderen Großstaaten kommt das Potential der Europäischen Union dem der Weltmacht Amerika sicherlich am nächsten. Die EU ist weit mehr als eine Regionalmacht. Sie ist die treibende Kraft in der Neuordnung des Kontinents in der postsowjetischen Zeit. Sie hat eine strategische Verantwortung für die eigenen 500 Millionen Mitglieder, für 250 Millionen im Mittelmeerraum und für die Viertelmilliarde Menschen, die auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion leben. Die Schwäche der Europäer, sagt Werner Weidenfeld, liegt bisher in der Lücke zwischen dem Potential und der politischen Infrastruktur, und in dieser Kombination von Potential und Schwäche erscheint Europa als eine Weltmacht im Wartestand. Das ist meines Erachtens ein sehr schöner und wichtiger Satz, und wir sollten uns durchaus planungsmäßig aufrüsten. Ich habe vor, in der österreichischen Präsidentschaft wichtige Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Planungszelle, die die Vorbereitung für die Außenpolitik macht, wirklich umgesetzt wird. In Wien soll der Generalsekretär beschlossen werden, der für die Außenpolitik Visibilität, Sichtbarkeit, verkörpert. Wir wollen die Vorbereitung des Amsterdamer Vertrags für die bessere Kontaktierung EU/Westeuropäische Union - es wird ja sogar die Möglichkeit einer späteren Verschmelzung angesprochen - weiter vorantreiben, und wir müssen auch intern einige Gedankenspiele entwickeln, wie wir vor allem die heiklen Nachbarschaftskonflikte entschärfen wollen. Denn schauen Sie sich die Themen der Konflikte an, Kosovo - wenn gewünscht, rede ich ja später dazu -, Bosnien, Transnistrien, überall haben Sie ähnliche Muster, nämlich ungelöste ethnische Konflikte, Minderheitskonflikte, die Frage, welchen Grad von Autonomie kann und will man gewähren, wie schaut es mit der Desintegrierung staatlicher Systeme aus. Hier muß die Union etwas vorlegen. Kosovo ist ein eigenes Thema, daher hier dazu nichts. Nahostfriedensprozeß: Wir sind sehr besorgt über den seit geraumer Zeit anhaltenden Stillstand im Friedensprozeß. Wir werden alle Initiativen zum Aufbau von Vertrauen und Zusammenarbeit unterstützen, und wir wollen auch die Sichtbarkeit der Union in diesem Bereich stärker betonen. Wir meinen, daß auch die wirtschaftliche und soziale Lage in den Palästinensergebieten größte Aufmerksamkeit und Sorge verlangt. Die Wiederaufnahme des syrischen und libanesischen Problems ist ein wichtiges Element. Zur Türkei: Die österreichische Präsidentschaft hat ein lebhaftes Interesse an der Stabilität und der proeuropäischen Ausrichtung der Türkei. Wir werden uns für eine Normalisierung und Weiterentwicklung der Beziehungen einsetzen, aber sie muß alle Bereiche umschließen, natürlich auch Menschenrechte, die Zypernfrage, die Ägäis. Die Umsetzung der europäischen Strategie für die Türkei, die von der Kommission ausgearbeitet wurde, ist uns wichtig. Was Zypern betrifft, wollen wir die Vereinten Nationen sehr darin unterstützen, die Wiederaufnahme des Friedensprozesses fortzusetzen, der der türkisch-zypriotischen Sprachengruppe auf jeden Fall offenstehen muß. Ihre Teilnahme muß weiter angestrebt werden, denn ich glaube, die gemeinsame Verhandlungsführung würde beiden Volksgruppen größte Dynamik für den Friedensprozeß bringen. Sechs Monate sind natürlich eine kurze Zeit, das weiß ich schon. Die Welt läßt sich so nicht verändern, nicht einmal Europa läßt sich nachhaltig bewegen. Daher wollen wir auch ganz bewußt die vorherige Präsidentschaft, mit der wir in sehr engem, auch persönlichem Kontakt gestanden haben, einbinden. Dank gilt hier der britischen Präsidentschaft, aber auch der kommenden deutschen Präsidentschaft, mit der wir ebenfalls eine intensive und harmonische Zusammenarbeit pflegen wollen, damit wir alle diese wichtigen Themen möglichst weit bringen. Wir haben hier manche Dinge zu vollenden, die die Briten begonnen haben. Die Deutschen werden von uns manches übernehmen und können es um so besser, je effizienter die Österreicher ihren Vorsitz geführt haben. Für uns ist diese Präsidentschaft natürlich etwas Besonderes, klar, weil sie eben die erste ist. Für viele von Ihnen aus anderen Gründungsländern ist das Routine. Mein Freund Jacques Poos sagt mir gelassen: Ich habe vier Präsidentschaften erlebt, und ich kann Dir gerne etwas raten. Für uns ist es natürlich die erste. Daher haben wir uns gut vorbereitet, und wir brauchen im Rat auch die Unterstützung der Partner. Wir brauchen und suchen die Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und mit der Europäischen Kommission. Wir haben keine historischen, spektakulären Events vor uns, das stört uns aber auch gar nicht. Manche haben ja den Wiener Kongreß immer wieder im Auge und im Mund, ich nicht, denn Sie kennen ja das Wort vom Wiener Kongreß 1815: Er hat nicht gearbeitet, sondern getanzt. Der Kongreß tanzt, aber er bringt nichts voran. Unser Ehrgeiz ist es, daß wir möglichst wenig feiern, aber um so mehr und um so härter arbeiten. Ein ganz großer Unterschied: Der Wiener Kongreß 1814/1815 war eigentlich die Prädominanz von fünf Großen, die in Wahrheit Europa aufgeteilt haben zu Lasten der Kleinen. Ganz anders ist es heute. Das neue europäische Konzept ist eben, daß fünfzehn gleichberechtigte Partner, von denen jeder gleich wichtig ist, auch wenn der eine größer, der andere kleiner ist, miteinander klarkommen sollen. Das ist unsere Aufgabe. Es liegt also eine Arbeitspräsidentschaft vor uns, und wir hoffen, daß Sie uns bei dieser Arbeit unterstützen. (Beifall) Vielen Dank, Herr Schüssel. Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissionspräsident! Herr Ratspräsident, ich möchte Ihnen zu dieser Erklärung, die Sie namens Österreichs abgegeben haben, herzlich gratulieren und Sie unterstützen. Wenn Sie meinen, daß Sie all das durchsetzen und einhalten können, was Sie uns hier versprochen haben, dann werden Sie sicherlich die Unterstützung auch meiner Fraktion haben. Ich möchte vielleicht fünf Punkte herausgreifen - es gibt natürlich noch viele andere Punkte, die andere Redner noch vorbringen werden -, bei denen meine Fraktion die österreichische Präsidentschaft besonders kritisch betrachten wird. Erstens, die Frage der Sicherheit. Sie haben völlig zu Recht gesagt, wir sind in einer ungemein schwierigen Situation. Wir bedürfen eines ausgebauten Sicherheitssystems in Europa, einer wirklich gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Ich hoffe, Sie können das, was Sie hier gesagt haben, wahrmachen, daß die längst überfälligen institutionellen Vorkehrungen - damit wir eine Vorausschau und eine effiziente Sicherheitspolitik machen können - in Wien beschlossen werden können. Über Kosovo werden wir noch reden können. Ich glaube aber, es muß klar sein, daß auch manches, was innerhalb Österreichs in den letzten Monaten - Sie wissen, worum es geht - diskutiert wurde, jetzt hintangestellt wird, denn jetzt muß die Botschaft der österreichischen Präsidentschaft lauten: Ja, wir müssen fortschreiten am Aufbau eines gemeinsamen europäischen Sicherheitssystems. Das, was Sie zum Mittelmeerraum gesagt haben, möchte ich voll unterstreichen, denn gerade Österreich hat als NichtKolonialmacht und aufgrund der freundlichen Beziehungen zu diesem Raum durchaus Möglichkeiten, einiges weiterzubringen. Zweitens, die Erweiterung, und dazu nur eine kurze Anmerkung: Auch hier gilt es, klar das zu unterstreichen, was Sie gesagt haben. Ein realistischer Weg ist einzuschlagen. Aber wir dürfen keine Unterbrechung im Erweiterungsprozeß dulden. Ich hoffe ebenfalls, daß Sie wahrmachen können, daß mit Verhandlungen mit unseren Nachbarländern begonnen wird. Es werden zugegebenermaßen die leichteren Kapitel sein, aber wir wollen einen Fortschritt erzielen bzw. ein Signal setzen, daß die Erweiterung zwar ein schwieriger Prozeß ist, aber ein Prozeß, der gerade auch im Interesse Österreichs und aller EUMitgliedsländer jetzt eingeleitet werden muß. Drittens, die Agenda 2000. Es ist schon richtig: Unter der österreichischen Präsidentschaft wird es hier nicht zu großen Entscheidungen kommen. Aber gerade die Österreicher haben ja zuletzt darauf hingewiesen, daß Entscheidungen gut vorbereitet werden müssen. Die österreichische Präsidentschaft wird daran gemessen werden, wie gut sie die Dinge vorbereitet. Wenn in diesem Parlament in den letzten Tagen einige Gerüchte herumschwirren, daß man das Ganze noch ein bißchen verschieben kann, dann liegt das natürlich an einer Reihe von Leuten, die, weil die Agenda 2000 so manche schmerzlichen Folgen haben wird, manches hinausschieben wollen, vielleicht sogar bis über den Wahltag hinaus. Dazu möchte ich ganz klar und deutlich auch namens meiner Fraktion sagen - ich nehme an, Klaus Hänsch wird dazu noch ausführlicher Stellung nehmen -, wir wollen rasche Entscheidungen haben! Es ist für unsere Bürger wichtig, daß rasche Entscheidungen getroffen werden. Es müssen gerade unter der österreichischen Präsidentschaft die wesentlichen Punkte so gut vorbereitet werden, daß möglichst rasch im nächsten Jahr auch die entsprechenden Entscheidungen getroffen werden können. Viertens, das Europa der Bürger. Was Sie, Herr Ratspräsident, zu diesem Thema gesagt haben, möchte ich ebenfalls klar unterstreichen. Es geht nicht darum, Europa zu schwächen. Ich weiß, auch einige Ihrer Kollegen sind durchaus daran interessiert, der Kommission - ich sag es langsam mal auf wienerisch - eins auszuwischen, weil sie manche Dinge stört! Aber der Binnenmarkt ist noch nicht vollendet. Da ist noch viel zu tun. Wir brauchen eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, und das kann nur eine europäische Außen- und Sicherheitspolitik sein! Absolut richtig ist natürlich auch, daß wir auch auf dem Gebiet der Beschäftigungs- und der Wirtschaftspolitik die notwendige Ergänzung brauchen. Ich bin völlig der Meinung, daß manches auch von diesem Haus hier delegiert werden kann, weil wir uns mit manchen Dingen vielleicht zu ausführlich beschäftigen. Ich bin auch völlig der Meinung, daß der Rat bis hin zu den Regierungschefs sich auch überlegen sollte - und es ist ja eigentlich auch ein quasi parlamentarisches Entscheidungsorgan -, ob nicht ein bißchen mehr Transparenz und Offenheit der Bürgerfreundlichkeit nutzen würde. Mein letzter Punkt ist die Beschäftigungsfrage, die natürlich für uns besonders wichtig ist angesichts der horrenden Zahl der Arbeitslosen. Das wird auch ein entscheidendes Kriterium sein, an dem wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die österreichische Präsidentschaft messen. Sind es nur Allgemeinplätze, sind es nur Wischiwaschi-Erklärungen, die am Ende des Jahres zur Beschäftigungslage kommen werden, oder sind es auch heikle Punkte? Auch wenn Sie dem einen oder anderen Land, vielleicht auch dem eigenen Land wehtun, wir müssen klare Aussagen treffen! Wir wollen die Beschäftigungspolitik vorantreiben. Es ist nicht nur ein Weg, aber der beschäftigungspolitische Weg muß jetzt wirklich beschritten werden. Vielleicht wäre es interessant, im Delors-Weißbuch nachzulesen, was dort schon vorgegeben wurde, was aber noch nicht entschieden worden ist. Herr Präsident, abschließend möchte ich noch einmal betonen: Wenn das, was der Herr Ratspräsident uns heute vorgestellt hat, nur zu 80 % durchgesetzt wird, Herr Ratspräsident, dann werden Sie die Gratulation meiner Fraktion sicherlich Ende dieses Jahres entgegennehmen können. Danke schön! Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, Herr Ratspräsident, wir begrüßen Ihre Ratspräsidentschaft. Die Aufzählung der Schwerpunkte einer neuen Ratspräsidentschaft stellen für einige eine Routineangelegenheit dar. Meist werden die Dossiers übernommen, die von den Vorgängern hinterlassen wurden oder die von einem Europäischen Rat zum andern schamhaft weitergeschoben werden. Ich muß sagen, daß das Echo, das der Gipfel von Cardiff in der Öffentlichkeit fand, wohl nur einem Tausendstel der Resonanz entsprach, welche die Fußballweltmeisterschaften hatten. Die Probleme, die Sie behandeln werden, sind von uns jedoch ernst zu nehmen, und wir sind der Überzeugung, daß es für Sie hier nicht um eine Frage der Kontinuität und der Monotonie geht, sondern daß es Ihr Bestreben sein wird, eine entscheidende Wende herbeizuführen. Sie haben hervorgehoben, daß unsere Mitbürger ein wachsendes Interesse an der Stabilität des Euro zeigen und daß ihr Vertrauen in diese Stabilität wächst. Dem stimmen wir zu, und wir sagen, daß dieses Vertrauen verstärkt werden muß, da zwischen Währungsunion, einem neuen Wirtschaftsaufschwung und der Schaffung neuer Arbeitsplätze ein klarer Zusammenhang besteht. Es gibt drei dringende Prioritäten, die auf Sie warten. Ihre erste Aufgabe wird darin bestehen, den Vertrag von Amsterdam in Kraft treten zu lassen. Wir erwarten - wie Sie gesagt haben - die Einrichtung der Planungs- und Strategieeinheit und daß Sie Mr. "GASP" benennen werden. Sie haben von der Gemeinsamen Agrarpolitik gesprochen, die Finanzierung für die Jahre 2000 bis 2006 bildete jedoch einen Stein des Anstoßes. Selbstverständlich wird es Ihnen nicht möglich sein, für ein Problem, das der Quadratur des Kreises gleichkommt, eine Zauberlösung zu finden. Einige Mitgliedstaaten möchten weniger ausgeben, andere möchten ihre Errungenschaften beibehalten, und alle sind sich darin einig, daß eine finanzielle Unterstützung der beitrittswilligen Länder erforderlich ist. Zur Lösung eines solchen delikaten Problems sowie zur Vermeidung der Gefahr, daß die Wahlkampagne durch nationalen Egoismus vergiftet wird, erwarten wir von Ihnen viel Phantasie und viel Diplomatie. In diesem Zusammenhang möchte ich drei Fragen stellen. Müssen wir die Arbeitshypothese der Kommission, nämlich die heutige Eigenmittel-Obergrenze bis zum Jahr 2000 unangetastet zu lassen, als ein Tabu betrachten? Entspricht denn eine solche Beschränkung der Mittel für die Europäische Union der Dynamik ihrer internen und externen Entwicklung? Ist eine Übertragung neuer Eigenmittel auf die Europäische Union möglich, ohne die gesamte Abgabenbelastung zu erhöhen? Jedenfalls hat der acquis communitaire bewiesen, daß durch gemeinschaftliches Handeln Ausgaben gesenkt und besser verwendet werden können. Ihre dritte dringende Aufgabe ist die Erweiterung. Sie haben mitgeteilt, daß Sie mit sechs Ländern Verhandlungen über die Kapitel führen möchten, bei denen bereits das Screening durchgeführt wurde. Für die Länder, die große Anstrengungen unternommen haben, um den acquis communitaire erreichen zu können, muß dies ein ermutigendes Signal darstellen. Es dürfen jedoch keine unklaren Situationen entstehen oder faule Kompromisse geschlossen werden, durch die die Zukunft belastet würde. Sowohl die Kommission als auch der Rat müssen sorgfältig darauf achten, daß die beitrittswilligen Länder nicht nur gute Absichten hegen, sondern daß sie auch in der Lage sind, den gesamten gemeinschaftlichen Besitzstand zu übernehmen. Herr Ratspräsident, auf Sie warten auch Aufgaben, die langfristige Auswirkungen haben und denen Sie während Ihrer Präsidentschaft - wovon wir in der PPE-Fraktion überzeugt sind - eine entscheidende Wende geben werden. Die erste Aufgabe ist auch für Ihr eigenes Land sehr wichtig, das geographisch im Herzen des Kontinents liegt, in dem ein reger Transitverkehr besteht und ein intensiver Austausch geführt wird und das schließlich für die nuklearen Risiken ein großes Bewußtsein entwickelt hat. Ich denke an die internationale sowie an die interne Sicherheit, an die Bekämpfung der Kriminalität, die Einwanderungspolitik, den bewußten dritten Pfeiler, für den unsere Mitbürger so sensibel sind. Freizügigkeit und innere Sicherheit sind nur zwei verschiedene Seiten derselben Medaille. Aufgrund eines bürokratischen Mißtrauens der einzelstaatlichen Regierungen sowie aufgrund dessen, daß jeder eifersüchtig über die staatliche Souveränität wacht, wurden auf diesem für die europäische Integration entscheidend wichtigen Gebiet unzureichende Fortschritte erzielt. Als Ratspräsident können Sie durch Ergreifen eigener Initiativen ein Impulsgeber sein, und Sie können Entscheidungen treffen lassen, durch die die Sicherheit unmittelbar verbessert sowie der Kampf gegen Kriminalität verstärkt werden können. Unter Ihrer Präsidentschaft werden wir den fünfzigsten Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte begehen. Wir sollten ein Signal aussenden, daß das Leben in einer friedlichen Gesellschaft, in der Personen und Waren geschützt und in der auch Kinder verteidigt werden, ein Grundrecht darstellt. Ihre zweite sich längerfristig auswirkende Aufgabe ist die Reform der Europäischen Union. Im Oktober steht ein informeller Gipfel auf der Tagesordnung, zu dem der Kommissionspräsident eingeladen wird, worüber wir erfreut sind. Wäre es nicht geboten und verantwortungsbewußt, daß auch der Präsident des Europäischen Parlaments eingeladen wird? Unsere Fraktion hat damit begonnen, ihre eigenen Überlegungen anzustellen, und sie wird ihre Vorschläge zum geeigneten Zeitpunkt vorlegen. Das Stadium des Stückwerks und halber Maßnahmen ist vorbei. Wenn wir keine klare Gesamtschau besitzen, wenn wir die großen institutionellen Gleichgewichte, die Ziele und die Rolle, die die Union mit 25 Mitgliedstaaten in der Welt zu spielen haben wird, nicht klar sehen, werden wir im Nebel, im Dunkeln weitertappen und Gefahr laufen, daß wir gegen eine Mauer stoßen. Keine einzige Gesellschaft kann sich ohne eine klare Vision positiv weiterentwickeln. Es bleibt uns nicht mehr sehr viel Zeit, um gemeinsam zu sagen, welches Europa wir wollen. Ihr Engagement und das Ihrer Regierung sowie die Ihnen gesetzten Ziele stärken uns in unserer Überzeugung, daß ein kleineres Land eine gute Ratspräsidentschaft sein kann. Davon sind wir tatsächlich überzeugt, und wir wünschen Ihnen viel Erfolg. Herr Präsident! Herr Ratspräsident, jede Ratspräsidentschaft steht natürlich vor der Schwierigkeit, vieles ankündigen zu sollen und zu können. Ich wünsche Ihnen, daß Sie von diesen Dingen, die Sie heute vorgetragen haben, möglichst viel durchsetzen können. Sie sind auf die Hilfe anderer angewiesen. In den meisten Fällen werden Sie die Unterstützung der Liberalen und Demokratischen Fraktion dieses Hauses bekommen. Zwei Punkte möchte ich besonders ansprechen. Erstens, die Erweiterung. Hier möchte ich speziell die Frage des Termins der Erweiterung zur Debatte stellen. Ich meine, es darf nur ein einziges Kriterium für die Erweiterung dieser Beitrittsländer geben: Sobald diese Länder ihre Reformen in Sachen Demokratie und Menschenrechte durchgeführt, sobald sie ihre Wirtschaft für den Binnenmarkt wettbewerbsfähig gemacht haben, haben sie Anspruch auf einen Beitritt: Sie haben nicht erst dann einen Anspruch darauf, wenn die westlichen Mitgliedstaaten, die einen großen Vorsprung haben, ihre Wirtschaft für fähig halten, sich dem Wettbewerb dieser durch viele Jahrzehnte der Planwirtschaft geschwächten Wirtschaftssysteme unserer östlichen Nachbarn zu stellen, wenn sie beschließen, sich diesem Wettbewerb aussetzen zu wollen. Das wäre eine wirkliche Schande für Europa! Ich erwarte, daß die österreichische Präsidentschaft ganz klar sagt, sobald die Voraussetzungen erfüllt sind, haben diese Länder Anspruch, und nicht erst, wenn es uns paßt! Zweitens: Zu kurz kommt in Ihrer heutigen Rede, aber auch in Ihrem schriftlichen Programm die Frage der Institutionenreform. Zwar findet sich der Hinweis auf diesen - wie ich meine - merkwürdigen Gipfel im Oktober, der vielleicht nicht sinnlos ist, wenn die Regierungschefs über die Subsidiarität und über Bürgernähe oder überhaupt ganz allgemein über die Zukunft Europas einen Meinungsaustausch führen, aber die Ankündigungen oder das auslösende Motiv lassen ja Übles erwarten. Die mächtigsten Regierungschefs der Europäischen Union haben wohl vor, die Kommission und insbesondere den Wettbewerbskommissar, der seine Aufgabe sehr ernst nimmt, in ihren Kompetenzen zu beschneiden. Das halte ich für eine katastrophale Entwicklung, wenn sie stattfindet! Kleine Länder haben nur die Rechtsstabilität, den Vertrag als Verbündeten. Die Kommission ist der Wächter über die Einhaltung der Verträge. Deshalb muß alles getan werden - und ich hoffe, daß Sie da auch Ihren heutigen Ausführungen gerecht werden, daß Sie sich da durchsetzen werden -, damit diese Beschneidung der Kommissionsbefugnisse in dieser zentralen Aufgabe nicht stattfindet! Ich glaube überhaupt, daß die Regierungskonferenz bzw. dieser Institutionengipfel im Oktober in Österreich nur einen Sinn haben kann, nämlich dort die Arbeit fortzusetzen, wo die Regierungschefs zuletzt versagt haben, nämlich bei der Institutionenreform im Zusammenhang mit dem Amsterdamer Vertrag. Hier ist insbesondere die Überwindung der Blockade weiterer Integrationsschritte durch die Überwindung des Einstimmigkeitsprinzips die wichtigste Aufgabe. In diesem Punkt können der Rat und die Europäische Union überhaupt nicht früh genug mit dem Nachdenken beginnen. Das sollten sie tun bei dem Sondergipfel im Oktober! Bürgernähe heißt mehr Demokratie in der Europäischen Union, mehr Parlament, mehr demokratische Strukturen. Dafür sollte sich die Institutionenreform einsetzen, und ich hoffe, daß Sie auch auf diesem Gebiet Verantwortung übernehmen. Ich hoffe und erwarte es, und ich bin auch davon überzeugt, daß Sie Ihren guten Willen und Ihre guten Absichten in dieser Frage einsetzen werden! (Beifall) Frau Präsidentin, unsere Fraktion wünscht der österreichischen Präsidentschaft in diesem Halbjahr viel Erfolg an der Spitze der Europäischen Union, doch wird der Erfolg von Ergebnissen in den zu Schwerpunkten erklärten Bereichen Beschäftigung, Erweiterung und Umwelt abhängen. In der Beschäftigungspolitik erwarten wir, daß auf dem Europäischen Rat in Wien im Dezember die Wirksamkeit der nationalen Pläne überprüft wird und diese Pläne koordiniert werden, damit die in Luxemburg geweckten Erwartungen auch erfüllt werden. Da Österreich das Land der Union mit der zweitniedrigsten Arbeitslosenrate ist, hoffen wir, daß es seine Erfahrungen einsetzen kann, um Ergebnisse zu erzielen, und dies vor allem bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und der Herstellung wirklicher Gleichberechtigung von Männern und Frauen beim Zugang zum Arbeitsmarkt. Im Hinblick auf die Erweiterung wird die Präsidentschaft rasch die Vereinbarkeit der Rechtsvorschriften der Kandidatenländer mit denen der Gemeinschaft zu untersuchen haben, um noch in diesem Halbjahr die Gespräche über eines der 26 zur Verhandlung anstehenden Kapitel beginnen zu können, und dies in dem Wissen, daß Übergangszeiten einzuräumen sind, damit es in so sensiblen Sektoren wie der Landwirtschaft oder bei der Freizügigkeit für Arbeitnehmer nicht zu Erschütterungen kommt. Positiv bewerten wir Österreichs Rolle als Brückenkopf zu Mittel- und Osteuropa, doch weisen wir auch auf die Bedeutung der Verhandlungen mit der legitimen Regierung Zyperns hin, an denen nach Möglichkeit auch eine Vertretung der türkischzypriotischen Gemeinschaft teilnehmen sollte, und zwar ohne Einmischung oder Erpressung durch die türkische Regierung. Vor einer Erweiterung ist unserer Auffassung nach jedoch unbedingt eine Reform der Institutionen erforderlich, die auf dem Europäischen Rat von Amsterdam so grandios scheiterte. Dafür sollten in den Gesprächen auf dem informellen Gipfel im Oktober, an denen auch der Präsident des Europäischen Parlaments teilnehmen sollte, entscheidende Fortschritte erzielt werden. Wir meinen, daß die Vorschläge für institutionelle Reformen den Bürgern vor der Wahl 1999 bekannt sein sollten, damit darüber diskutiert werden und diese Reform ihre Legitimation erhalten kann. Es wäre doch sinnlos, würden wir ständig von Öffentlichkeit und Bürgerbeteiligung reden und könnten wir dann, im entscheidenden Augenblick des Zusammengehens von Volksvertretern und Bürgern, der Öffentlichkeit nichts über die Vorschläge des Rates und der anderen europäischen Organe für die Reform der Institutionen sagen können. Auf der anderen Seite steht noch immer die heikle Frage auf der Tagesordnung, wie gleichzeitig die Erweiterung und eine Fortsetzung der internen Solidarität der Länder der Union zu finanzieren sind. Hier könnte man von der Solidarität zwischen dem Norden und dem Süden der Union sprechen. Um auch weiterhin wirtschaftliche und soziale Kohäsion anstreben zu können, reichen 1, 27 % des BIP als Eigenmittel-Obergrenze bei weitem nicht aus, und trotzdem steht der derzeitige Haushaltsplan der Gemeinschaft gerade im Zeichen dieser Begrenzung. Es müssen unbedingt 1, 3 % des BIP überschritten werden, und hierfür ist auch die Einrichtung einer fünften Ressource ins Auge zu fassen, die dem relativen Reichtum der Mitgliedstaaten Rechnung trägt. Den umweltpolitischen Ansatz des österreichischen Vorsitzes begrüßen wir, denn er setzt auf die Wahrung des gemeinschaftlichen Besitzstandes in den Erweiterungsverhandlungen, er trägt dem hochsensiblen Thema Kernkraftwerke Rechnung sowie der erforderlichen Einbeziehung der umweltpolitischen Dimension in alle anderen Politiken der Union. Es sollte dem österreichischen Vorsitz bewußt sein, daß man sich Sorgen darüber macht, daß die niedrigen UmweltschutzNiveaus der Beitrittskandidaten eventuell hingenommen werden könnten. Abschließend, Herr Präsident, hoffen wir, daß der österreichische Vorsitz die Union auch bei der Suche nach einer gerechten Lösung des Kosovo-Problems angemessen vertritt. Und daß er sich aktiv für die Abhaltung eines Referendums unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen über die Selbstbestimmung der Westsahara einsetzt, und dies nicht nur, weil es wichtig ist, daß die Bevölkerung der Westsahara ihre Meinung äußern kann, sondern auch, weil sie ein Garant für die Sicherheit Europas an der Südküste des Mittelmeers ist. Ich beglückwünsche den Vorsitz ganz besonders zu seinem sicherheitspolitischen Konzept, das nicht nur die Verteidigung, sondern auch die Umwelt und die soziale Kohäsion umfaßt. An diese Haltung glauben viele von uns, und daher unterstützen wir ihn freudig und wünschen ihm viel Erfolg. Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident, Kolleginnen und Kollegen! Außenminister Schüssel hat angerichtet. Was macht die österreichische Küche weltberühmt? Sie versteckt und verhüllt! Die Marille im Knödel, das Schnitzel in der Panier, das Faschierte im Paprika. Ich befürchte, Herr Schüssel hat uns heute nur die leichte Hülle serviert. Aber es kommt eben auf die Füllung an, von der Hülle wird Europa nicht satt! Unser Europa hat Hunger auf Demokratie. Mehr Europa durch weniger Demokratie, das ist ein Rezept, mit dem uns die Regierungsküchenchefs auf Schonkost setzen wollen. Aber nicht abspecken ist angesagt, sondern aufpäppeln, damit dieses Europa stark wird, kraftvoll, widerstandsfähig, mutig und gesund, und damit es wieder Freude am Leben hat. Der Hunger ist groß auf soziale Gerechtigkeit, auf Verteilungs- und Beteiligungsgerechtigkeit, auf Grund- und auf Menschenrechte, auf Chancengleichheit, auf den ökologischen Umbau, auf eine friedliche Politik. Also keine alten Konserven, frische Produkte sind angesagt! Herr Ratspräsident, lassen Sie sich doch nichts vorkochen! die Kohl-, Chirac- und Klima'sche Subsidiaritätssuppe macht nicht alle, sondern nur manche satt, und mir schlägt so ein Renationalisierungsschmarrn auf den Magen, genauso wie die paternalistische Bürgernähe. Wir wollen nicht nur den Schlagobers, wir wollen Bürgerrechte. Das ist der Kuchen, der uns schmeckt! Lassen Sie die Präsidentschaft zu einem kulinarischen Höhepunkt werden und bereiten Sie Demokratie zu, denn davon kann man gar nicht genug bekommen, und nur sie behebt die erheblichen Mangelerscheinungen. Der Strudel kommt bekanntlich aus der Türkei über Ungarn, Böhmen nach Österreich. Wer, wenn nicht Österreich, müßte schon aus alter Verbundenheit und Nähe ganz oben auf der Speisekarte die Erweiterung haben? Aber nicht als Sonderangebot, sondern als Spezialität des Hauses! Nur, Herr Schüssel, dann darf sie sich nicht ziehen wie ein Strudelteig, bis sie fertig ist. Gesamteuropa darf uns nicht Powidl sein, für alle, die das nicht verstehen, mir ist es jedenfalls nicht Blunzen! Nehmen Sie also die Erweiterung und damit auch die Freizügigkeit der Menschen als Hauptherausforderung auf Ihren Speiseplan. Hauptaufgaben wie das Vorantreiben einer echten Beschäftigungspolitik mit Initiativen zur Arbeitszeitverkürzung und -umverteilung, wie eine koordinierte Wirtschaftspolitik mit Initiativen zur Steuerharmonisierung, wie die Verwirklichung einer nachhaltigen Umweltpolitik mit Initiativen zur Umweltverträglichkeitsprüfung und zum Atomausstieg, wie eine Innenund Rechtspolitik, die auf Rechtssicherheit setzt statt auf den Ausbau obrigkeitsstaatlicher Strukturen im Rahmen von EUROPOL. Die Menschen in diesem Europa werden es Ihnen danken, weil sie endlich wieder wissen, warum sie dieses Europa überhaupt wollen sollen. Wenn Demokratie im Angebot ist, dann wächst der Appetit. Liebe geht bekanntlich durch den Magen, Herr Außenminister, aber nicht jedes Gericht hält, was es verspricht. Also bieten Sie uns Besseres an! Europa braucht heute mehr als Salzburger Nockerln, in denen bekanntlich nur heiße Luft drin ist, und die bei der Berührung zusammenfallen. Guten Appetit! Vielen Dank, Frau Roth, für Ihren appetitanregenden Beitrag. Frau Präsidentin, Herr amtierender Ratspräsident! Österreich führt erstmals den Vorsitz im Ministerrat der Union. Diese Präsidentschaft erregt großes Interesse und gibt Anlaß - dies nur nebenbei bemerkt - zu einer wirklich schönen Bildersprache. Was mich betrifft, so blicke ich diesem Vorsitz mit großer Zuversicht entgegen, da ich die Zusammenarbeit mit Österreich aus der Zeit meiner Tätigkeit als Generalsekretärin des Europarates in guter Erinnerung, ja in sehr guter Erinnerung habe. Die Vertrautheit mit Mittel- und Osteuropa, die Betonung der Ausgewogenheit zwischen Ost und West und die große Erfahrung der österreichischen Diplomatie sind Qualitäten, die eine hohe Erwartungshaltung begründen. Herr Ratspräsident, ich möchte auf einige Schwerpunkte Ihrer Ausführungen zurückkommen. Zunächst die Erweiterung der Union. Die Erweiterung genießt ohne Zweifel in den kommenden sechs Monaten allerhöchste Priorität. Gerade in dieser Hinsicht wird uns die geographische und historische Lage Österreichs wie auch seine politische Erfahrung die Überwindung zahlreicher Hindernisse erleichtern. Besser als jeder andere kennen Sie die entscheidende Bedeutung eines Beitritts Mitteleuropas zur Union. Und besser als jeder andere spüren Sie die Besorgnis angesichts dieser Erweiterung - einer Erweiterung, die in Ihrem Land durch einen extremen Zustrom von Arbeitskräften zu einer Verschlechterung der Beschäftigungslage führen oder die österreichische Landwirtschaft unter harten Wettbewerbsdruck setzen könnte, um andere Probleme gar nicht erst zu erwähnen. Aber Österreich besitzt auch gute Voraussetzungen dafür, zu einer Brücke zu werden, zu einer Verbindung zwischen Mitteleuropa und Ländern wie dem meinen, die nicht an die MOEL grenzen und diese Länder somit kaum kennen, ohne die jedoch die Erweiterung zum Scheitern verurteilt wäre. Die Erweiterung darf nicht auf ein Zwiegespräch zwischen Nachbarn reduziert werden, auch wenn Deutschland und Österreich kulturell wie wirtschaftlich diesbezüglich eine besondere Rolle einnehmen. Erst an zweiter Stelle steht die Erfordernis, daß Sie während Ihrer Präsidentschaft die Anstrengungen zur Verbesserung der Beschäftigungslage fortführen - für unsere Bürger ist dies jedoch das wichtigste Anliegen. Ich bitte Sie, Herr Präsident, handeln Sie! Könnte man sich doch nur für die Schaffung von Arbeitsplätzen so engagieren, wie man sich für den Euro engagiert hat! Ich weiß sehr wohl, daß die Unternehmen nicht zu Einstellungsmaßnahmen gezwungen werden können - die Union kann jedoch für ein günstiges Umfeld sorgen und die ihr zur Verfügung stehenden Mittel mobilisieren. Gewisse Fortschritte sind zu verzeichnen - aber es bleibt noch sehr, sehr viel zu tun. Da es aus Mangel an Zeit nicht möglich sein wird, während Ihrer Präsidentschaft andere Schwerpunkte zu entwickeln, wie beispielsweise die erforderliche Reform der Institutionen oder die Überarbeitung der Agenda 2000 - auch ich empfinde hinsichtlich der von der Kommission vorgeschlagenen Ausgabengrenze eine gewisse Unruhe - möchte ich abschließend Ihre Entscheidung hervorheben, in Wien den Feierlichkeiten zum fünfzigsten Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte besondere Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen. Diese Entscheidung ist zu begrüßen. Erinnere ich mich der Rolle Österreichs im Europarat, so erinnere ich mich des großen Engagements Ihres Landes für die Menschenrechte. Und von ganzem Herzen wünsche ich mir, daß sich dieses Engagement nun zugunsten der Europäischen Union fortsetzen möge. Einen letzten Punkt sehe ich als ein gutes Vorzeichen an: die Einladung an den Präsidenten der Türkischen Republik, Herrn Demirel. Ungeachtet der Schwierigkeiten in unseren Beziehungen zu diesem großen Land gibt es Gesten, die man machen können muß, um bedauerliche Taktlosigkeiten vergessen zu lassen. Ich zolle hier, wie schon zu Amtszeiten des Kanzlers Kreisky, mit Freuden der traditionellen Rolle Österreichs Anerkennung: die ausgestreckte Hand, die den einen wie den anderen gilt. Frau Präsidentin, im Namen der Fraktion der Unabhängigen für das Europa der Nationen möchte ich Österreich zur Übernahme der Präsidentschaft gratulieren. Ich hoffe, daß die Aussagen Österreichs und des Außenministers über das Subsidiaritätsprinzip mehr als nur schöne Worte sind. Fünf Jahre nach Einführung des Subsidiaritätsprinzips im Vertrag von Maastricht haben wir in Brüssel jetzt 50 % mehr Vorschriften, um die wir uns kümmern müssen. Die Union ist jetzt an einem Punkt angelangt, bei dem - wie Orwell einmal sagte - die Sprache den Gegensatz der Inhalte ausdrückt. Subsidiarität heißt jetzt, daß 20 Kommissare in Brüssel das alleinige Vorschlagsrecht haben, ob eine Entscheidung durch sie oder durch die Bürger und ihre gewählten Vertreter gefällt werden soll. Eine vorgeschlagene Rechtsgrundlage kann nur geändert werden, wenn sich alle 15 Länder einig sind. Ob sich wohl 15 Füchse darauf einigen können, ein Huhn unter Schutz zu stellen? Schon ein einziges Sonderinteresse in einem einzigen Land kann die Rückgabe von Macht an die Mitgliedsländer, an die nationalen und regionalen Parlamente und die Volksvertreter verhindern. Deshalb lautet meine traurige Prognose, daß es noch mehr Vorschriften geben wird, wenn Österreich die Führung an Deutschland abgibt, und wenn Deutschland sie dann wieder weitergibt; nachdem viel vom Subsidiaritätsprinzip die Rede gewesen ist, wird der Gesetzesberg die Höhe eines Alpengipfels erreicht haben. Man sagt etwas und tut das Gegenteil. Ein weiteres Beispiel ist die kürzliche Annahme des Vorschlags einer Satzung für die Mitglieder des Parlaments, nach der wir ein einheitliches höheres Einkommen bekommen. Der Vorschlag will uns zu Vertretern Brüssels in den Mitgliedsländern machen. Wir von der Fraktion der Unabhängigen für das Europa der Nationen meinen, daß es besser wäre, wenn wir Vertreter der Mitgliedsländer in der EU wären. Wo in unseren Mitgliedsländern gibt es Menschen, die sich dafür einsetzen, 1000 ECU für eine Reise zu zahlen, die 500 ECU kostet? Wo ist dafür demonstriert worden, daß wir mehr Einkommen bekommen sollen? Der jetzt vorliegende Satzungsentwurf entfremdet uns unseren Wählern und steht nicht in Übereinstimmung mit dem Subsidiaritätsprinzip. Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Ratspräsident, Sie haben gesagt, die Union selbst müsse noch erweiterungsfähig werden. Wir, das Europäische Parlament, werden alles dazu beitragen, damit die Agenda 2000 noch in dieser Wahlperiode beschlossen werden kann. Aber ich bitte dann den Rat, auch zu bedenken, daß Fristen zu beachten sind und daß das Parlament die Gelegenheit haben muß, am Ende der ganzen Prozedur auch noch sein Wort dazu zu sagen. Im Mai ist Schluß! Sie haben gesagt, die deutsche Ratspräsidentschaft würde dann im März den Beschluß vorlegen. Na gut! Das ist aber auch die letzte Gelegenheit, damit das Parlament bis zum Mai zu einer Entscheidung kommen kann. Darüber hinaus gibt es nichts mehr. Das heißt - das sage ich jetzt einmal als Deutscher -, überlassen Sie den Deutschen nicht zuviel! Zweite Bemerkung: Nun wurde Ihnen ja durch Kohl und Chirac ein Sondergipfel beschert. Es soll darüber geredet werden, daß die Union effizienter, handlungsfähiger, bürgernäher wird, daß die Kompetenzen besser abgegrenzt werden. Das liest sich ja nun wirklich wie eine Mängelliste Ihrer Arbeit in Amsterdam. Das hätten Sie alles schon in Amsterdam machen können! (Beifall) Das haben Sie nicht gemacht. Es ist ja gut, daß jetzt darüber geredet wird. Aber mir fällt dazu Schillers Wallenstein ein, " Die Piccolomini" , erster Akt, erste Szene: " Spät kommt ihr, doch ihr kommt!" Das ist ja immerhin etwas. Wenn es gelingen sollte, daß durch die Diskussion auf dem Sondergipfel wenigstens die Arbeit des Rates verbessert wird, dann wäre das ja schon ein hervorragendes Ergebnis des Gipfels! Drittens: Subsidiarität. Subsidiarität, und da unterstreiche ich das, was Sie gesagt haben, heißt, die europäische Sache ernst nehmen. Subsidiarität heißt nicht weniger Europa, sondern es heißt mehr Europa dort, wo Europa wirklich etwas leisten kann. Zwei Beispiele: Die Bürger erwarten, daß jetzt nach der Einführung des Euro Europa auch zu einer gemeinsamen Steuer-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik kommt. Eine Art Wirtschaftsregierung brauchen wir. Aber dagegen sperrt sich ja nicht nur Bonn, sondern auch andere. Es reicht nicht, und es ist falsch, immer nur die Ohnmacht Europas auf dem Balkan zu beklagen, und gleichzeitig Europa mehr Macht zu verweigern. Das gilt auch für die Außenminister. Ich wünsche mir jedenfalls, daß die Regierungen nicht immer nur darüber reden, vor allen Dingen auf dem Sondergipfel nicht nur darüber reden, was Europa nicht darf, sondern daß sie darüber reden, was Europa tun muß! Schließlich, Herr Ratspräsident: Es geht weniger darum, Europa gegen die Wiederkehr der Vergangenheit zu einigen, sondern es geht darum, den Bürgern und sich selber klar zu machen, daß wir Europa einigen müssen zur Selbstbehauptung Europas in der Welt der Zukunft! (Beifall) Frau Präsidentin, Herr Kommissionspräsident, Herr Ratspräsident! Die Erwartungen sind groß an jede neue Präsidentschaft, besonders wenn diese Funktion von einem jungen EU-Mitglied erstmals ausgeübt wird. Groß ist auch, wie Sie hier erfahren konnten, der Vertrauensvorschuß, der Österreich dabei gewährt wird. Da der Vorsitz jedes halbe Jahr wechselt, was von manchen zu Recht als immanente Führungsschwäche der EU gesehen wird, ist es angebracht, diese Erwartungen wieder etwas auf den Teppich zurückzubringen, weder zu übertreiben noch zu untertreiben. Der Handlungsrahmen ist vorgegeben. Beim Abschlußgipfel in Cardiff hat sich die Union selbst unter Terminzwang gesetzt. Bis März kommenden Jahres sollen - also noch rechtzeitig vor den Wahlen zum Europäischen Parlament - die Reformen der Struktur- und Agrarpolitik sowie die Grundlagen für den kommenden Finanzrahmen in ihren wesentlichen Elementen festgelegt werden. An der österreichischen Präsidentschaft wird es liegen, ein Gesamtpaket mit Optionen einer definitiven Lösung vorzulegen. Eine politische Mammutaufgabe, denn, und Sie haben davon eine Kostprobe hier im Parlament bekommen, die Interessengegensätze innerhalb der Europäischen Union sind unübersehbar. Sie müssen ausgeglichen werden zwischen Nettozahlern und Nettonehmern, zwischen denen, die befürchten, übervorteilt zu werden, und denen, die befürchten, zu kurz zu kommen. Fähigkeit zum Konsens ist daher das Gebot der Stunde sowie europäische Gesinnung, die der Solidarität in der Europäischen Union einen klaren Inhalt im Interesse eines fairen Lastenausgleichs vermitteln muß. Schon allein aus diesem Grund muß das Parlament in die Entscheidungsfindung über die Agenda 2000 - Herr Hänsch hat dies ja soeben gesagt - rechtzeitig eingebunden werden. Es freut mich, daß Sie an der Weiterentwicklung des interinstitutionellen Dialogs arbeiten wollen. Die Botschaft hör ich wohl, der Glaube fehlt mir persönlich nicht. Dieser Prozeß hat unter der britischen Präsidentschaft begonnen. Es gilt nun, unter der österreichischen Präsidentschaft diesen Prozeß zu konsolidieren. Zuviel steht nämlich auf dem Spiel, um das Parlament bei der Vorbereitung der Agenda 2000, die die Europäische Union letztlich auf die Jahrtausendwende und die Zeit danach vorbereiten soll, an den Rand zu drängen. In diesem Gremium sind die Bürger nämlich direkt vertreten. Hier kann die vielbeschworene Subsidiarität konkret umgesetzt werden, und die Bürger erwarten einen neuen Energieschub für Europa. Gerade Sie haben sich maßgeblich dafür eingesetzt, daß das Beschäftigungskapitel Eingang in den Vertrag von Amsterdam gefunden hat, die Sorge um den Arbeitsplatz Verpflichtung geworden ist. Die Energie der EU darf sich aber nicht mit der Einführung des Euro erschöpft haben. Die durch den Euro zu erwartende Ankurbelung der Wirtschaft muß sich in neuem Wachstum und daher neuen Arbeitsplätzen, vor allem für die Jugend, niederschlagen. Das allein ist aber zu wenig! Industrienahe Forschung muß gefördert werden. Setzen Sie sich als Ratspräsident für eine Maximalvariante des 5. Europäischen Forschungsrahmenprogramms ein. Hier darf nicht gespart werden, das hieße am falschen Platz sparen. Die Europäische Union, hier gebe ich Ihnen vollkommen recht, muß auf allen Ebenen gestärkt werden, denn nur so ist sie in der Lage, das Jahrhundertprojekt tatsächlich umzusetzen, die Erweiterung der Europäischen Union. Wenn wir uns umschauen, wenn wir die Krise im Kosovo sehen, die Spannungen auf Zypern, den Stillstand im Nahen Osten, dann können wir nur eine Schlußfolgerung daraus ziehen, nämlich wie wichtig es ist, Europa von der Mitte her zu stärken, und das heißt, von der Mitte her zu eilen, das heißt, den Erweiterungsprozeß zu dynamisieren. Sie haben diese Absicht bekundet. Meine Freunde und ich im Europäischen Parlament werden Sie dabei unterstützen. Auch dieses wird zur Glaubwürdigkeit der Europäischen Union beitragen, zu der Sie einen wesentlichen Beitrag zu leisten haben werden. Herr Präsident, ich begrüße die erste österreichische Präsidentschaft. Ich habe klar erkannt: Österreich möchte zwischen der britischen und der deutschen Präsidentschaft zu Diensten stehen. Das finde ich zwar sympathisch, doch möchte die österreichische Präsidentschaft 1998 nicht tanzen; aber vielleicht können wir dann Fußball spielen, denn in solchen unverdächtigen tiefmenschlichen Ausdrucksformen finden sich häufig Solidarität und Einheit. Förderung der Effizienz der Union, inhaltliche Konkretisierung der Subsidiarität: mit solchen Zielsetzungen kann ich mich zwar einverstanden erklären, doch vermisse ich dabei eine Reihe konkreter Maßnahmen, bei denen es um Effizienz geht. Es ist und bleibt doch eine Notwendigkeit, daß die institutionelle Reform vor der Erweiterung erfolgt, doch darüber habe ich noch wenig gehört. Der Ratspräsident hat sich ausführlich mit dem Thema Sicherheit befaßt sowie natürlich mit der Zunahme der Kriminalität, der durch die Arbeitslosigkeit Vorschub geleistet wird. Wäre es nicht richtig, daß die österreichische Ratspräsidentschaft, daß gerade Österreich der aus Osteuropa vorrückenden Mafia endlich Einhalt gebietet? Wie wir alle wissen, wurden vor einigen Wochen in Budapest die ersten Anschläge verübt. Ich möchte, daß von der österreichischen Präsidentschaft klare und konkrete Maßnahmen angekündigt werden. Werden Sie einen Mitgliedstaat, nämlich die Niederlande, nun endlich einmal dazu auffordern, die Kriminalität ernsthaft zu bekämpfen und den ehemaligen Diktator von Surinam, einen Drogendealer, nach dem international gefahndet wird, festzunehmen? Was die Stabilität betrifft - die Erweiterung spielt hierbei eine wichtige Rolle - so stellt sich die Frage, ob die österreichische Präsidentschaft ihren Blick auf die mittel- und osteuropäischen Länder richten oder ob sie auch die Mittelmeerpolitik unterstützen wird. Ich mache mir Sorgen: die Verhandlungen mit Ägypten werden bereits seit drei Jahren geführt. Für das Land, das sich als erstes mutig in den Nahost-Friedensprozeß gestürzt hat, besteht jetzt die Gefahr, daß es vor Ende dieser Legislaturperiode des Europäischen Parlaments nicht den MittelmeerAbkommen beitreten wird. Österreich, unternehme etwas in dieser Sache! Österreich, ich vermisse in Ihren Darlegungen die älteren Menschen. 120 Millionen europäische Bürger sind über 50 Jahre alt! Die Einführung des Euro darf nicht zu ihren Lasten gehen. Sie haben den wirtschaftlichen Erfolg Europas gefördert. Denken Sie doch an diese älteren Menschen! Ich begrüße es, daß Sie die Kinder schützen möchten, doch tun Sie dies auch im Falle der älteren Menschen. Abschließend, Herr Ratspräsident, möchte ich Sie im Zusammenhang mit dem 50. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ersuchen, eine Initiative zu ergreifen: 4.000 europäische Bürger sitzen außerhalb der Europäischen Union in Gefängnissen. Ihnen fehlt es an jeglicher Rechtshilfe und vielfach leider auch an diplomatischer Unterstützung. Ergreifen Sie die Initiative und leiten sie die Errichtung eines Fonds ein, durch den diesen Bürgern entsprechende Rechtshilfe geleistet wird, damit auch sie das Vertrauen in Europa zurückgewinnen. Frau Präsidentin, ich möchte anmerken, daß der Ratspräsident in seiner Rede Maßstab und Perspektive miteinander verbunden hat. Wir erwarten viel von der österreichischen Ratspräsidentschaft. Ich habe vermerkt, daß er die Frage der Annäherung der Türkei an Europa gemeinsam mit der Menschenrechts- und der Zypernfrage erwähnt hat. Vielleicht hat er die Kurdenfrage vergessen. Aber er hat die Bedeutung eines Vorankommens in der Zypernfrage erwähnt. Ich möchte dem Herrn Präsidenten ein Thema und eine Frage vorlegen. Wir geraten in eine große Krise im Hinblick auf die Türkei, Zypern usw. Die Türkei ficht das Recht Zyperns - eines unabhängigen Staates - auf seine eigene Verteidigung an. Es gibt schon offene Kriegsdrohungen und Androhungen militärischer Maßnahmen. Vor zwei Tagen hat sich Herr Kliridis, der Präsident der Republik Zypern, mit Präsident Jelzin getroffen und offen die Absicht bekundet, nicht weiter die Stationierung der S-300-Raketen zu betreiben, wenn seitens der Türkei Schritte zur Demilitarisierung unternommen werden und sofern es Fortschritte in der Lösung der Zypernfrage gibt. Was wird die österreichische Ratspräsidentschaft dazu beitragen und wie wird sie diese Initiative unterstützen? Dazu hätte ich gern die Antwort des Herrn Ratspräsidenten. Frau Präsidentin! Herr Ratspräsident, der Beginn jeder Ratspräsidentschaft ist die Zeit der großen Worte und der guten Wünsche, wie Sie gesehen haben. Am Ende steht dann nur das karge Wort: An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Das werden das Parlament und die europäische Öffentlichkeit im Dezember beurteilen. Ich bin überzeugt, daß das Parlament dann am Ende des Jahres auch die Zähne haben und in der Lage sein wird zu prüfen, ob hinter der leichten Hülle, die Sie uns heute serviert haben, eine Füllung oder nur heiße Luft steckt. Was wir heute schon sagen können, ja sagen müssen, ist das, was die Menschen in Europa erwarten: Arbeit, Demokratie und eine gerechte Verteilung des Wohlstandes. Das ist der Mangel, an dem die Menschen leiden. Das ist das, woran Sie in Ihrer Ratspräsidentschaft gemessen werden. Viele Menschen außerhalb der Tore Europa erwarten, in einen Raum von Frieden und Stabilität in dieser Union aufgenommen zu werden. Angesichts des heutigen Programms, das Sie, Herr Ratspräsident, vorgelegt haben, entsteht doch eine Reihe von Bedenken. Was man nicht sät, kann man nicht ernten! Die Aufgaben, die man nicht erkennt, kann man nicht lösen. Sie haben heute in Ihrem Programm zu den dringenden Fragen der Demokratiereform nicht Stellung genommen. Über ein Konzept zum Sondergipfel, auf den dieses Parlament doch einige Hoffnung setzt - er ist schließlich die Fortsetzung einer lange verschleppten Debatte -, darüber haben Sie kein Wort verloren. Der Kollege Hänsch hat es schon gesagt: Der Rat hat die Europäische Union durch sein Scheitern in Amsterdam in diese Lage gebracht. Sie haben es heute nicht verstanden, unsere Befürchtungen zu zerstreuen. Ich danke Ihnen für die kritischen und einschränkenden Worte zur Subsidiarität. Aber ich bedaure, daß Sie zur Notwendigkeit der Überwindung des Demokratiedefizits, das hauptsächlich im Rat liegt, nicht Stellung genommen haben. Sind Sie bereit, für die Öffentlichkeit der Gesetzgebung im Rat zu sorgen? Sind Sie bereit, den Bereich Justiz und innere Zusammenarbeit einer rechtsstaatlichen, das heißt gerichtlichen und parlamentarischen, Kontrolle zu unterwerfen? Sind Sie bereit, die vom Rat verschleppte Institutionenreform bei diesem Sondergipfel endlich anzugehen? Diese Fragen sind offen, ebenso die Fragen betreffend die Zukunft der Mitentscheidung des Parlaments, seiner Budgethoheit, eines gemeinsamen Wahlrechtes, eines Grundrechtskataloges usw. Es ist nicht die Zeit von Übergangspräsidentschaften, es ist die Zeit für Visionen! Es ist nicht wahr, daß die politische Dynamik in Europa nur aufrechtzuerhalten ist. Sie ist wiederzugewinnen. Eisbrecher-Präsidentschaft heißt Ihre Aufgabe! Im Sozialbereich: Ich habe kein Wort zur Steuerharmonisierung gehört, eine Ambition des eigenen Finanzministers. Kein Wort zur Arbeitszeitverkürzung! Kein Wort über eine gemeinsame Wirtschaftspolitik! Ich hoffe, daß das, was fehlt, noch ausgefüllt wird, um eine wirkliche Füllung zu ergeben. Bis heute ist der Verdacht auf heiße Luft leider sehr groß! Frau Präsidentin, Premierminister Blair gelangte am Ende der britischen Ratspräsidentschaft zu dem Schluß, daß seine Ratspräsidentschaft erfolgreich war, und zwar u.a. aufgrund der Verbesserung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich. Da wir jetzt am Anfang der österreichischen Präsidentschaft stehen, sollten wir klar zum Ausdruck bringen, was wir erwarten. Es ist jedenfalls nicht Sinn der Sache, daß die EU-Ratspräsidentschaft zum Aufbau besserer Beziehungen zwischen dem eigenen Land und anderen Mitgliedstaaten genutzt wird. Die österreichische Präsidentschaft hat bereits zu erkennen gegeben, daß sie im nächsten Halbjahr dem Thema Beschäftigung große Aufmerksamkeit schenken wird; damit wird ein klarer politischer Schwerpunkt gesetzt, auf den wir bei der Beurteilung der Präsidentschaft zurückkommen können. Allerdings ist zu hoffen, daß sich die Ratspräsidentschaft nicht allein hierauf konzentrieren wird. Auf dem nächsten Minigipfel in Wien wird es um institutionelle Reformen gehen. Den europäischen Bürgern ist, wie sich immer deutlicher zeigt, nicht bewußt, daß sie u. a. durch das Europäische Parlament vertreten werden. Daher stellt sich für die Ratspräsidentschaft auch die Notwendigkeit einiger Verbesserungen auf institutionellem Gebiet. Eine weitere wichtige Aufgabe, auf die sich Österreich konzentrieren muß, ist die geplante Osterweiterung der Union. Eine solche Erweiterung kann nicht mehr länger auf sich warten lassen, weshalb hier ein entschiedenes Handeln erforderlich ist. Des weiteren hat die Ratspräsidentschaft ihre umweltpolitischen Prioritäten bekanntgegeben. Daß die C02 -Politik hierbei erneut im Mittelpunkt steht, ist angesichts der nächsten Konferenz der Unterzeichnerstaaten in Buenos Aires nur logisch. Es wäre schön, wenn die Europäische Union auf dieser Konferenz mit einem guten Stück effektiver Politik aufwarten könnte. Ich denke dabei an die Politik zur Reduzierung der Verwendung von Dieselkraftstoff für Personen- und Lastkraftwagen. Abkommen mit der Wirtschaft, wie sie heute abgeschlossen werden, reichen nicht aus. Ich erwarte hiervon wenig, denn langfristig werden sich nur geringe Wirkungen ergeben. Erforderlich ist eine Reihe strikter Rechtsvorschriften für die Verwendung von Brennstoff bei den verschiedenen Autoklassen, das heißt wir benötigen einen Richtlinienvorschlag. Auf diesem Gebiet bestehen viele technische Möglichkeiten. Erst wenn diese genutzt werden, können wir in Buenos Aires tatsächlich den anderen die Schau stehlen. Österreich hat erstmals die Ratspräsidentschaft inne. Wir hoffen, daß dieses erste Mal erfolgreich sein wird, und wir wünschen Österreich dabei viel Glück. Frau Präsidentin, eine der wichtigsten Aufgaben der österreichischen Ratspräsidentschaft wird darin bestehen, die beschäftigungspolitischen Leitlinien festzulegen. Es ist deshalb Unsinn, wenn von einer Übergangspräsidentschaft gesprochen wird. Es handelt sich hier um eine sehr wichtige Aufgabe. Es besteht die weit verbreitete Ansicht, daß wir es bei den auf dem Luxemburger Beschäftigungsgipfel gefaßten Beschlüssen bewenden lassen und uns in den nächsten fünf Jahren damit befassen sollten. Das ist völliger Unsinn, denn einer der auf dem Gipfel erteilten Aufträge besteht darin, daß dafür Sorge getragen werden muß, daß die getroffenen Vereinbarungen in konkrete Leitlinien für die Mitgliedstaaten umgesetzt werden, und ich hoffe, daß die Präsidentschaft dies entschlossen tun und auch über die Frage nachdenken wird, ob es denn nicht notwendig und möglich ist, neue benchmarks vorzuschlagen. Meine Priorität wäre eine neue benchmark auf dem Gebiet der Investitionen der Mitgliedstaaten in die Bereiche allgemeine und berufliche Bildung, wo zwar viele schöne Worte gesagt, doch wenig finanzielle Verpflichtungen eingegangen werden. Ich begrüße es, daß das Thema der Koordinierung der Wirtschafts- und Währungspolitik von der Ratspräsidentschaft ernstgenommen wird. Ich bin auch äußerst zufrieden, daß eine sogenannte "Jumbo" -Tagung stattfinden soll, und ich hoffe, daß dies einen Ansatz dazu bilden wird, daß in der Zukunft beide Formen einer Beschäftigungspolitik besser koordiniert werden. Sodann möchte ich etwas zum Sozialdialog sagen. Im Vertrag von Amsterdam wird den Sozialpartnern eine sehr wichtige Rolle zuerkannt, und zwar auch auf dem Gebiet der Rechtsvorschriften. Sehr bedauerlich ist nur, daß vergessen wurde, auch dem Europäischen Parlament eine Rolle zuzuweisen. Ich fordere die Präsidentschaft auf, hierfür konkrete Vorschläge zu erarbeiten und - falls sie dazu nicht in der Lage ist - einfach die Vorschläge des Europäischen Parlaments zu übernehmen. Abschließend möchte ich etwas zu einem Thema sagen, zu dem Sie sich übrigens positiv geäußert haben, nämlich dem Fehlen von Rechtsgrundlagen. In diesem Parlament sprechen wir oft über die großen Projekte Europas. Das größte Projekt, mit dem wir derzeit befaßt sind, besteht meines Erachtens jedoch darin, die europäischen Projekte dem Bürger näherzubringen. Jeder, der sagt, wir seien dazu durchaus alleine in der Lage, weiß nicht, wovon er spricht. Wir müssen den NRO eine sehr wichtige Rolle zuerkennen, da sie praktisch das Bindeglied zwischen dem, was wir tun, und dem Vertrauen, das hierfür bei den Bürgern geweckt werden muß, darstellen können. Meines Erachtens ist es unbegreiflich und inakzeptabel, daß gerade die Projekte, bei denen dies erreicht und der Europäischen Union ein soziales Gesicht verliehen werden kann, beeinträchtigt werden. Ich habe die Vorschläge der Kommission in diesem Zusammenhang gesehen, und ich hoffe, daß die Kommission nicht eine Strategie des divide et impera betreiben wird, bei der ein Teil der Projekte freigegeben und ein Teil der Projekte blockiert wird. Ich spreche hier vor allem von den Projekten, die die soziale Ausgrenzung betreffen. Ich finde es wirklich absurd, daß man einerseits Projekte wie beispielsweise das Schengen-Sekretariat beginnen läßt, weil es im Vertrag bereits geregelt ist, und daß gleichzeitig Projekte zur Bekämpfung sozialer Ausgrenzung, zu denen der Vertrag ausdrückliche Zusagen enthält, auf Eis gelegt werden. Ich fordere die Kommission dringend auf, es der Präsidentschaft zu ermöglichen, in dieser Woche effektiv einen Beschluß zu fassen. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ratspräsident, Sie haben zu Recht zu Beginn Ihres Vortrages davon gesprochen, daß wir ein System der Kriegsverhinderung benötigen und daß die Erweiterung der Europäischen Union ein wichtiger Bestandteil davon ist, aber auch die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Gerade im Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik muß bei der Umsetzung des Vertrages von Amsterdam das Potential dieses Bereichs genutzt werden. Das muß gerade in Ihrer Ratspräsidentschaft bis zum Wiener Gipfel geschehen. Es muß festgestellt werden, ob die Möglichkeiten der neuen Troika, der Planungs- und Strategieeinheit, ob die Beschlußmöglichkeiten wirklich zu einem höheren europäischen Mehrwert führen oder ob es weiterhin beim klassischen intergouvernementalen Ansatz "Alte Politik in neuen Schläuchen" bleibt. Ich glaube, daß Ihnen da eine Schlüsselrolle zukommt. Ähnliches gilt auch bei der Eingliederung von Schengen. Wir werden als Parlament sehr genau darauf achten, ob nationale Bürokratien bei den Verhandlungen mehr Elemente von Schengen als notwendig in der dritten Säule belassen statt diese entsprechend den Möglichkeiten des Vertrages von Amsterdam in die erste Säule zu überführen. Hier kann es großen Krach geben, wenn ich über den gegenwärtigen Ablauf der Verhandlungen im COREPER und in anderen Gremien richtig informiert bin. Ich möchte Sie ausdrücklich an dieser Stelle schon darauf aufmerksam machen! Ein weiterer Punkt, den ich hier ansprechen möchte: Sie haben völlig recht, daß wir die für die Erweiterung notwendigen institutionellen Reformen noch nicht ausreichend auf den Weg gebracht haben und daß wir auf dem Sondergipfel und danach die notwendigen Bedingungen in dem Zusammenhang mit dem stellen müssen, was hier noch geregelt werden muß. Es ist wohl deutlich, daß das Europäische Parlament bei der Ratifizierung von Erweiterungsverträgen das letzte Wort zu sprechen hat. Ich bitte Sie, sich daran zu erinnern, daß bei der Vorbereitung der institutionellen Reformen, die für uns eine Bedingung für die Erweiterung ist, die Tagesordnung und der Ablauf der Tagesordnung so gestaltet werden, daß das Europäische Parlament auch mit den institutionellen Reformen zufrieden ist, damit die Erweiterung nicht in Gefahr gerät. Deswegen bietet sich hier meiner Meinung nach in einer sehr frühen Phase der notwendige Dialog mit dem Europäischen Parlament an. Das darf nicht nur in Form von Entschließungsanträgen erfolgen, die Ihnen das Europäische Parlament dankenswerterweise zuleiten darf, sondern das muß auch auf anderen Ebenen und konstruktiv geschehen. In gleicher Weise ist das Thema der Subsidiarität anzusprechen. Wenn Sie auf dem Sondergipfel das Thema der Subsidiarität behandeln, müssen Sie wissen, daß dieses sich an dem gegenwärtigen Vertragstext zu orientieren hat. Das bedeutet, daß einer der beiden Mitgesetzgeber, nämlich das Europäische Parlament, eine ähnliche Auffassung von Subsidiarität haben muß wie der Gipfel. Wenn der Gipfel eine andere Interpretation findet als das Europäische Parlament, können Sie den Gipfel lassen! Denn wir würden uns dann nicht daran orientieren, und bei den Möglichkeiten, die wir haben, würde es dann in der Politik so weitergehen wie bisher. Aus diesem Grunde ist es für die Vorbereitung des Gipfels auch wichtig, das Europäische Parlament entsprechend einzubeziehen. Wir müssen deutlich machen, daß wir neue Instrumente - vielleicht sind es auch alte Instrumente - wiederentdecken müssen. Zum Beispiel könnte man Richtlinien wieder als Rahmenrichtlinien verabschieden, um so zwar das gestalterisch Notwendige in Europa zu tun, dem nationalen Gesetzgeber aber viel Spielraum zu überlassen. Es geht allerdings nicht, daß der Rat uns mitteilt, was wir dürfen, aber ansonsten in die eigene Beschlußfassung alles hineinpackt, was er nur möchte, und dann versucht, uns zu bremsen! Dies muß auch in einer Zusammenarbeit zwischen Rat und Europäischem Parlament geschehen! Wir müssen weiter sehen, daß dieses nur funktionieren kann, wenn der Rat in geeigneter Weise auch eine eigene Reform vornimmt. Ich möchte als letztes sagen - Klaus Hänsch hat auch darauf hingewiesen -, die bisherige Methode des Rates für allgemeine Angelegenheiten als Gesetzgeber ist eine der größten Lachnummern innerhalb dieser Europäischen Union! Hier muß der Rat sich auch, genauso wie wir, neu organisieren, wenn er seine Rolle als Gesetzgeber wahrnimmt! Wenn diese klare Trennung zwischen Rat als Exekutive und dem Gesetzgeber nicht wahrgenommen wird und daher keine klare Orientierung da ist, können Sie mit Subsidiarität beschließen, was Sie wollen! Es wird nichts daraus! Das ist Ihre Schulaufgabe! (Beifall) Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident! Die Wirtschafts- und Währungsunion zu gestalten, ist die Aufgabe, die nicht erst ab dem 1. Januar vor uns liegt, sondern schon jetzt. Von daher wird also die Form der wirtschaftspolitischen Koordinierung das zentrale Thema auch der österreichischen Ratspräsidentschaft sein müssen, denn zum erstenmal werden in diese österreichische Ratspräsidentschaft mehrere Euro-11-Räte fallen. Wir als Europäisches Parlament, werden nicht genug unterstreichen können, wie wichtig es uns ist, daß auf der einen Seite der Abstimmungsprozeß zwischen den Ländern der Euro-Zone funktioniert, wie wichtig es uns aber auch ist, die Verbindung zum Ecofin zu halten. Von daher wird es uns ein besonderes Anliegen sein, daß die informellen Ecofin-Räte und auch die Euro-11-Räte von mehr Transparenz und Information nach außen getragen werden, als das in der Vergangenheit der Fall war. Denn es geht uns alle an, was hier in diesen wichtigen existentiellen Bereichen für Wirtschaft, Wachstum und Beschäftigung beschlossen wird. Während der österreichischen Ratspräsidentschaft wird auch zum erstenmal über die Stabilitätspläne debattiert werden, die von den Euro-11-Ländern vorgelegt werden müssen. Hierbei möchte ich daran erinnern, daß es das Europäische Parlament gewesen ist, das nachdrücklich die Investitionsentwicklung als Aufnahme in die Stabilitätspläne, sowohl im öffentlichen wie privaten Sektor, durchgesetzt hat. Ich möchte gerne von der österreichischen Präsidentschaft eine Zusage haben, daß nicht nur analysiert wird, sondern vor allen Dingen auch entwickelt wird. Denn woran es in der Europäischen Union mangelt, ist die Organisation von Wachstum im privaten und im öffentlichen Sektor. Wir können uns das nicht leisten, wenn wir die Massenarbeitslosigkeit tatsächlich bekämpfen wollen. Diese Schwäche kennzeichnet die Europäische Union in fataler Weise, und von daher sind die Stabilitätspläne sehr wichtig. Sie dürfen allerdings nicht rigide angefaßt werden und auch nicht unsere anderen politischen Bemühungen konterkarieren. Die Stabilitätspläne dürfen nicht dazu führen, daß die Konvergenzpläne der pre-Ins strenger gehandhabt werden, als dies der Vertrag von Maastricht vorgeschrieben hat, und wir dürfen hier nicht zu einer Spaltung kommen. Lassen Sie mich auch noch auf einen weiteren Punkt aufmerksam machen. Die österreichische Ratspräsidentschaft hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die letzte Stunde der österreichischen Ratspräsidentschaft der Abschied von den 14 Währungen und der Übergang zu der einheitlichen Währung für die 11 Länder der Euro-Zone ist. Dieser alte Kontinent hat es tatsächlich zustande gebracht, sich mit dem einheitlichen und neuen Geld eine Antwort auf die Herausforderung der Gegenwart zu geben. Lassen Sie uns auch in den Bereichen wirtschaftspolitische Koordinierung mit der österreichischen Präsidentschaft einen Anfang machen, zu Interinstitutionellen Vereinbarungen, zu den Verfahren der multilateralen Überwachung, zu dem Verfahren des übermäßigen Defizits und auch der wirtschaftspolitischen Grundzüge zu kommen. Wir brauchen Parlament, Rat und auch Kommission als Partner, und es wäre gut, wenn die österreichische Ratspräsidentschaft dieses Thema endlich im Interesse der Demokratisierung der Entscheidungsprozesse in der Europäischen Union aufgreifen würde. Österreich bleibt trotz der Erfahrung des Wiener Kongresses aufgefordert, das freudige Ereignis am 31. Dezember in der Silvesternacht festlich zu gestalten, damit aus dem Euro ein prächtiges Kind mit stolzen Eltern wird. Von daher meine ich, das Willkommen muß organisiert werden, damit alle in der Europäischen Union, vor allen Dingen auch die Bevölkerung, wissen, der Euro ist willkommen. Frau Präsidentin, zunächst einmal möchte ich dem amtierenden Ratsvorsitzenden zu seinem ehrgeizigen Programm gratulieren und der österreichischen Präsidentschaft viel Erfolg und gute Ergebnisse wünschen. Sie haben Recht, Herr Minister, wenn Sie sagen, daß weder diese noch irgendeine andere Präsidentschaft in sechs Monaten alle derzeitigen Probleme der Europäischen Union lösen kann. Mann kann sich aber von der österreichischen Präsidentschaft erhoffen, daß sie auf dem Wege der Konsensfindung, der Bündelung des Willens aller und - was am schwierigsten sein dürfte - der Vertretung der gemeinsamen Interessen wesentliche Fortschritte in allen den Bereichen erzielt, die die Kollegen, die vor mir das Wort ergriffen haben, bereits erwähnt haben. Dies wäre nämlich die Grundlage für eine Stärkung der Union und für die Reform ihrer Politiken, so daß die Erweiterung positive Auswirkungen hätte, sich die Lebensbedingungen unserer Bürger verbessern würden und ein nachhaltiges Wachstum mit neuen Arbeitsplätzen herbeigeführt werden könnte. Wie schon Herr Brok sagte, bedarf es hierzu einer Reform der Institutionen, und ich möchte in diesem Zusammenhang ein Thema herausgreifen, das mich ganz besonders interessiert, nämlich die Subsidiarität. Hier, Herr amtierender Ratspräsident, freue ich mich darüber, daß Sie sich zu diesem Grundsatz nicht so parteiisch, demagogisch und manipulierend geäußert haben, wie dies manche tun, weil sie die politische Union bremsen oder ihr zumindest einen anderen Kurs geben wollen. Das sind nämlich die gleichen Leute, die der Europäischen Kommission vorwerfen, ein Gremium vaterlandsloser Bürokraten zu sein, obwohl doch feststeht, daß ohne ihre entscheidenden Anregungen und ihren Willen dieses Vorhaben niemals den Entwicklungsstand hätte erreichen können, den es wohl ohne jeden Zweifel erreicht hat. Drei Fragen interessieren mich nun ganz besonders. Der amtierende Ratsvorsitzende sagte, ihm liege der Subsidiaritätsgrundsatz ganz besonders am Herzen. Ich wüßte nun gerne, wie die Haltung der österreichischen Präsidentschaft hierzu genau aussieht und wie sie zu den Finanzperspektiven und, ganz konkret, zu den jüngsten Diskussionen über die Eigenmittel der Gemeinschaft steht. Meine zweite Frage: Gedenkt der amtierende Ratsvorsitze die im Mai mit den Vereinigten Staaten erzielten Vereinbarungen über die Gesetze mit exterritorialer Wirkung in einigen Punkten weiterzuverfolgen? Drittens: Wie sieht und bewertet der amtierende Ratsvorsitze die Beziehungen zu den Ländern Lateinamerikas, und welche Haltung gedenkt er in Absprache mit der deutschen Präsidentschaft zum bevorstehenden Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und Lateinamerikas einzunehmen, und welche Rolle bei diesem Gipfel steht er dem Europäischen Parlament zu, denn bekanntlich nimmt das Europäische Parlament ja an den internen Gipfeln der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union teil. Ich komme gleich zum Schluß, Frau Präsidentin. Wie Sie gesagt haben, Herr Minister, ist die Zeit der Maßstab aller Dinge, und ich hoffe, daß wir in sechs Monaten bei unserer Bilanz der Ergebnisse der österreichischen Präsidentschaft feststellen können, daß diese Bilanz den hochgesteckten Erwartungen und Zielen des Programms gerecht wird, das Sie uns heute vormittag vorgestellt haben. Frau Präsidentin! Herr Ratspräsident, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört, und meine Kollegen Hänsch und Brok haben schon einiges zu dem gesagt, wie Sie Subsidiarität interpretieren. Ich muß gestehen, ich habe gelächelt, als Sie gesagt haben, der Sondergipfel der Regierungschefs solle auch dazu beitragen, die Bürger für Europa zu begeistern, und das könne man nicht mit halbem Herzen. Ich bin sehr gespannt, wie den Regierungschefs dies mit ganzem Herzen gelingen wird. Ich habe Ihrer sehr stark außenpolitisch orientierten Erklärung über die österreichische Ratspräsidentschaft zugehört und habe darauf gewartet, wann Sie zu einzelnen konkreten Punkte kommen. Sie haben einige wenige erwähnt. Sie haben immerhin auch die Umweltpolitik in drei Halbsätzen erwähnt. Dies habe ich wertgeschätzt. Ich möchte gerne von Ihnen wissen, wenn Sie der Überzeugung sind, daß diese Europäische Union effizienter und bürgernäher werden soll - worin wir uns alle einig sind -, welchen Anteil Sie als Ratspräsident dazu leisten wollen, denn eine der Voraussetzungen der österreichischen Ratspräsidentschaft ist Umweltpolitik, ist es immer gewesen in Österreich. Ich habe gelesen, daß es auch jetzt in diesem halben Jahr so sein soll. Wenn dies so ist, dann muß es Ihnen gelingen, nach dem Gipfel von Cardiff tatsächlich etwas konkreter zu werden. Das bedeutet, Umweltpolitik in andere Politikbereiche zu integrieren. Ich will Sie und uns hier nicht mit Grenzwerten langweilen. Ich will nicht mit Ihnen diskutieren, was bei den Autos oder bei der Luft sein soll. Aber ich möchte mit Ihnen darüber diskutieren, ob es Ihnen gelingen wird, Umweltpolitik in Wirtschaftspolitik zu integrieren als zwingenden Faktor wirtschaftspolitischer Gesetzgebung, hier und bei Ihnen in den nationalen Ländern. Wird es Ihnen gelingen, Umwelt und Transport, Verkehr zwingend miteinander zu verknüpfen? Wenn ich zwingend sage, dann meine ich zwingend, dann ist das keine Schönrednerei, die Sie zu Recht angeprangert haben. Wenn Ihnen dies nicht gelingt, werden wir nach wie vor unter Effizienzmängeln leiden. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, daß die Europäische Union effizient sein soll. Das schätze ich sehr. Wenn Sie es aber nicht schaffen, zum Beispiel zu kontrollieren, ob denn in den Mitgliedsländern, in den Ländern Ihrer Kollegen auch umgesetzt wird, was wir hier beschließen, wird überhaupt auf Effizienz kontrolliert, dann werden Sie nicht erfolgreich sein. Wenn die Europäische Union tatsächlich bürgernah sein soll und Umweltpolitik ein wichtiges Thema ist und wenn dies eine Priorität Ihrer Ratspräsidentschaft ist, und eine Ratspräsidentschaft nur dann erfolgreich ist, wenn sie ihre Prioritäten erfüllt, dann wird Ihre Ratspräsidentschaft nur erfolgreich sein, wenn Ihnen gelingen wird, worum ich Sie hier gebeten habe. Frau Präsidentin, ich beglückwünsche Herrn Schüssel, der turnusgemäß den Ratsvorsitz übernimmt, zu seiner wirklich politischen Rede. Politisch deshalb, weil sie meiner Meinung nach ganz konkrete Aspekte enthält, die auch umsetzbar sind und von einem hohen Verantwortungsbewußtsein zeugen. Auf diese Art und Weise können wir an Glaubwürdigkeit gewinnen und kann das Vertrauen der europäischen Bürger zurückgewonnen werden. Sie sagten, Herr Präsident, daß es der Ehrgeiz Ihrer Präsidentschaft sei, möglichst wenig zu feiern, aber um so mehr und um so härter zu arbeiten. Dabei muß es darum gehen, die begonnene Arbeit fortzusetzen, und nicht darum, neue Arbeitsfelder zu suchen. Es ist nämlich schon genug Arbeit vorhanden, stellt doch die Einführung des Euro einen ganz besonderen Wendepunkt dar. Jetzt geht es darum, wie Präsident Delors einmal sagte, den Mörtel anzurühren, und in diesem Sinne glaube ich, daß die österreichische Präsidentschaft eine erfolgreiche Präsidentschaft sein wird - so wie Sie es, Herr Präsident, versprochen haben - eine Präsidentschaft, die einen wertvollen Beitrag leisten und an die man sich erinnern wird. Ich danke Ihnen auch deshalb, Herr Präsident, da wir uns alle über die Bedeutung dieser besonderen politischen Phase im klaren sind sowie über die Schwierigkeiten, die uns erwarten: Vor uns liegen die Wahlen in Deutschland, und auch das Europäische Parlament nähert sich dem Ende dieser Legislaturperiode. Wir danken Ihnen, Herr Präsident, denn wir befürchteten, daß die österreichische Präsidentschaft der Versuchung erliegen könnte, ein Programm auszuarbeiten, dem man anmerke würde, daß es sich um ein Programm für das Ende einer Legislaturperiode handelt. Dem ist nicht so, und dazu möchten wir Sie beglückwünschen. Nachdem dies klargestellt ist, möchte ich auf einige konkrete Fragen eingehen, die von Ihnen angesprochen wurden. Ich beziehe mich insbesondere auf einen Punkt, nämlich die transeuropäischen Netze. Ich glaube, daß sich mein Land positiv an diese Präsidentschaft erinnern würde, wenn es in diesem Halbjahr gelänge, für die Frage des zweigleisigen Ausbaus der Eisenbahnverbindung am Brenner-Paß eine Lösung zu finden, da durch dieses Problem die gesamte Verbindung zwischen den Ländern Mitteleuropas und dem Mittelmeerraum blockiert wird. Darüber hinaus muß auch die Frage des Flughafens Malpensa 2000 geklärt werden, die auf die gesamte Wirtschaft des Mittelmeerraumes Auswirkung hat, weshalb es hier nicht nur um eine Frage von rein nationaler Bedeutung geht. Wie wir wissen, gibt es in Italien gewiß einige Probleme zu lösen, doch haben wir den Eindruck - und das sage ich vor allem dem Kommissionspräsidenten Santer -, daß die Haltung der Kommission auch durch den Druck einiger starker Interessen in Europa beeinflußt wird. Was Sie zum Thema Arbeitslosigkeit gesagt haben, verdient Beifall. Nach der Einführung des Euro geht es in diesem Bereich nun darum, den Worten Taten folgen zu lassen. Den Nationalstaaten muß ein Teil ihrer Zuständigkeiten entzogen werden, denn bei einigen Fragen, wie etwa beim Problem der Arbeitslosigkeit - und ich denke hier ganz besonders an die Arbeitslosigkeit im südlichen Teil verschiedener europäischer Länder - bedarf es eines starken Impulses auf Gemeinschaftsebene, damit hier eine Lösung gefunden werden kann. Zu guter Letzt, Herr Präsident, noch eine weitere Frage, die von Ihnen angesprochen wurde: Nach Ihren Worten ist die Europäische Union noch nicht so weit, um die Erweiterung vorbereiten zu können. Dann sorgen wir doch dafür, daß dies bald möglich sein wird! Wir können nicht neue Länder in ein Europa aufnehmen, das gelähmt und nicht in Lage ist, Entscheidungen zu fällen. Dies sind unsere Erwartungen an den Gipfel von Wien: Der Amsterdamer Vertrag muß noch einmal überarbeitet und angepaßt werden, und es müssen Reformen durchgeführt werden, bevor - ich wiederhole: bevor - der Prozeß der Erweiterung in die Wege geleitet wird. Dabei stellt sich allerdings die Frage, wie diese Reformen durchgeführt werden sollen und wer sich daran beteiligen wird. Da Ihr Land, Herr Präsident, ein kleines Land ist, kann es sich erlauben, den großen Ländern diese beiden Fragen zu stellen, die wir alle kennen, aber nicht zu stellen wagen. Herr amtierender Ratspräsident, ich danke Ihnen, daß Sie zu uns gekommen sind, und darf Ihnen sagen, daß ich als Generalberichterstatter für den Haushaltsplan 1999 voll auf ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit vertraue. Ich danke Ihnen auch dafür, daß Sie eines der Themen erwähnt haben, die ganz oben auf unserer Tagesordnung stehen, nämlich die Rechtsgrundlagen, also die Freigabe der uns vorliegenden Haushaltslinien. Ferner nehme ich zur Kenntnis, daß Sie es geschafft haben, die Außenminister zu überzeugen - vielleicht haben diese sich aber auch gegenseitig überzeugt. Ich muß Sie aber darauf hinweisen, Herr Präsident, daß am 17. Juli die Finanzminister überzeugt werden müssen, denn sie müssen das Hindernis aus dem Weg räumen, und am 17. Juli stehen wir uns gegenüber. Sie sollen auch wissen, daß das Europäische Parlament auf seine politischen Prioritäten nicht verzichten kann. Wir werden auch nicht hinnehmen, daß nur einige Haushaltlinien freigegeben werden, die dem Rat genehm sind; vielmehr müssen wir zu einer allgemeinen, umfassenden und verbindlichen Vereinbarung kommen, und vor allem werden wir es nicht akzeptieren, daß Flickschusterei betrieben wird, um nur den Zeitraum 1998/99 zu retten. Wir brauchen Zeichen in Richtung Agenda 2000, die auch dafür verbindlich sind. Auf der anderen Seite, Herr Ratspräsident, hätte ich und hätte dieses Parlament in diesem Jahr gerne ein Haushaltsverfahren mit nur einer Lesung gesehen. Eine einzige Lesung wäre das Ergebnis einer guten Zusammenarbeit gewesen und hätte bewirkt, daß dieses fatale Spiel des "Gebens und Nehmens" zwischen den beiden Lesungen im Rat und im Parlament der Geschichte angehört hätte. Wir hätten so einen Haushaltsplan mit echten politischen Schwerpunkten und nicht nur einen buchhalterisch befriedigenden Haushalt aufstellen können. Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Präsidentschaft, der wir als Parlament gerne unsere Mitarbeit anbieten. Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident! Danke für die Erwähnung einer Politik für Kinder, denn die Zukunft Europas sind unsere Kinder. Gesetzlicher Mutterschutz, zweijähriger Karenzurlaub, Familienbeihilfe, ein gesetzliches Verbot des Schlagens von Kindern - das wünsche ich mir für alle Kinder Europas. Kinder brauchen eine gesunde Umwelt. Ich bin davon überzeugt, daß die österreichische Präsidentschaft die Integration von Umweltzielen in alle Politikbereiche vorantreiben wird, auch im Tierschutzbereich. Ob Leonardo da Vinci oder Franz von Assisi, es waren immer die ganz Großen, die den Sprachlosen ihre Stimme geliehen haben. Die Europäische Union ist eine gigantische Wirtschaftsmacht, und wir sind stolz darauf. Gestern wehte der große Geist Europas durch dieses Land: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Wir sind stolz darauf. Die moralische Qualität einer Gesellschaft aber zeigt sich an ihrem Umgang mit den Schwächsten, den Alten, den Kranken, den Kindern. Hier zeigt sich die Seele Europas, geboren aus dem christlichen Verständnis von der Unvergleichlichkeit, der Unwiederholbarkeit jedes Menschen, und ich wünsche mir, daß die österreichische Präsidentschaft einen Hauch der Seele unseres großen Kontinents spürbar werden läßt. Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident, Kolleginnen und Kollegen! Das Thema, das ursprünglich für diese Ratspräsidentschaft nicht vorgesehen war, hat jetzt an Aktualität und Dynamik gewonnen, nämlich die institutionelle Weiterentwicklung. Sie ist positiv vorangebracht worden durch die zügigen Ratifizierungen des Amsterdamer Vertrags in einer Reihe von Parlamenten und das klare Zustimmungsvotum in der dänischen Bevölkerung. Sie ist aber negativ vorgeprägt durch den gemeinsamen Brief des französischen Staatspräsidenten Chirac und des deutschen Bundeskanzlers Kohl, die unter dem Begriff Subsidiarität massive Angriffe gegen einen angeblichen europäischen Zentralismus und eine angebliche Bürgerferne europäischer Institutionen gestartet haben. Der Hintergrund aus deutscher Sicht ist völlig klar. Das Nein der EU-Kommission zum Fernsehprojekt Bertelsmann/Kirch hat einen besonders engen Freund und politischen Förderer von Helmut Kohl getroffen. Es scheint eine List der Geschichte zu sein, daß gerade diese deutsche Bundesregierung sich in den 80er Jahren für ein europäisches Wettbewerbsrecht eingesetzt hat und in den 90er Jahren nicht mehr bereit ist, die EU-Entscheidungen zu akzeptieren. Mit diesem Affront geht es genau um das, was Kohl und Chirac angeblich nicht beabsichtigten, nämlich um den Versuch, Renationalisierung und Populismus voranzubringen. Jeder weiß, daß in bezug auf das Thema Subsidiarität alle notwendigen vertraglichen Regelungen geschaffen wurden und daß hier kein wesentlicher Handlungsbedarf besteht. Handlungsbedarf liegt allerdings dort vor, wo die Gemeinschaft institutionell unvollständig ist: Stimmengewichtung im Rat, Ausweitung der qualifizierten Mehrheit und Zusammensetzung der Kommission. All diese Punkte wurden bekanntlich auf der letzten Regierungskonferenz nicht gelöst. Allerdings gehörte Österreich schon damals zu den Ländern, die besonders eng und gut mit dem Europäischen Parlament zusammengearbeitet haben. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tradition der amtierenden Ratspräsidentschaft als eines föderalen Staates haben wir Vertrauen in das Engagement und die Kreativität Österreichs, gemeinsame europäische Lösungen voranzubringen. Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident, meine Damen und Herren! Die Frage Nr. 1 für den heutigen Herbst lautet: Wie schafft man Arbeitsplätze? Die Antwort ist denkbar einfach: Man muß nur Produkte herstellen und Dienstleistungen anbieten, die gekauft werden. Wie erreicht man das? Man muß investieren in Aus- und Weiterbildung, in lebensbegleitendes Lernen. Ich würde hier vorschlagen, das Programm LEONARDO - Frau Flemming hat es schon angesprochen - um mindestens 100 % aufzustocken. Wir haben dieses Programm derzeit mit 0, 1 % des europäischen Budgets ausgestattet. Wenn wir es auf 0, 2 % anheben, könnten wir einen wesentlichen Beitrag leisten, die Beschäftigung interessant zu gestalten und die jungen Menschen in die Beschäftigung zu integrieren. Was brauchen wir noch? Wir brauchen eine Steuerkoordinierung, wir brauchen eine Harmonisierung der Rechtsgrundlage bei den Steuern. Wir sollten nicht so sehr auf die Steuersätze schielen, denn hier brauchen wir einen Markt, nicht ein Kartell der Finanzminister, sondern einen preiswerten Service für den Bürger. Wir brauchen so wenig Steuern wie möglich, aber wir brauchen ordentliche Grundlagen, nicht 163 verschiedene Mehrwertsteuerbestimmungen, sondern eine Definition für Steuerbetrug und viele andere Fragen. Was brauchen wir noch? Einen sozialen Dialog! Das heißt, wir müssen miteinander reden. Wir haben zu viele Probleme, um sie nur in der Theorie diskutieren zu können, wir müssen uns mit den Praktikern an einen Tisch setzen. Frau Präsidentin, am 30. September dieses Jahres werden offiziell die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den AKP-Ländern aufgenommen, und zwar mit dem Ziel, ein Partnerschaftsabkommen auszuarbeiten, das auf das Vierte Lomé-Abkommen folgen soll. Bereits in den vergangenen Monaten konnte in den Gesprächen über das auszuhandelnde Abkommen im Rat bei einigen Ländern leider eine gewisse Zurückhaltung im Hinblick auf einige wesentliche Aspekt einer künftigen Kooperation festgestellt werden. Ich möchte betonen, daß es absolut notwendig ist, dem Abkommen einen stärkeren politischen Inhalt zu verleihen, und zwar sowohl was die Förderung der Demokratie, der Rechtstaatlichkeit und der Menschenrechte angeht als auch die Verhinderung von Konflikten. Dabei muß insbesondere versucht werden, eine gemeinsame Strategie zwischen der Europäischen Union und den AKP-Ländern zu entwickeln, die es ermöglicht, die Herausforderungen der Globalisierung wirksamer anzugehen. Neben dem Verhandlungsmandat, auf dessen Ausgestaltung man sich im vergangenen Monat geeinigt hat, wird es entscheidend sein, mit welchem Geist die Länder der Union, und vor allem die österreichische Präsidentschaft, in die Verhandlungen mit den AKP-Ländern gehen. Man muß sich darüber im klaren sein, daß das neue Abkommen eine äußerst wichtige Rolle im Hinblick darauf spielt, wie wir als Union auf der internationalen Bühne auftreten. Die österreichische Präsidentschaft muß sich auch - und hier handelt es sich um eine besonders dringende Aufgabe - darum bemühen, eine geeignete Rechtsgrundlage für all diejenigen Haushaltslinien zu finden, die für die internationale Kooperation von Bedeutung sind, denn diese könnten angesichts der neuen Rechtssituation, die sich in den letzten Wochen ergeben hat, blockiert werden. Insbesondere was die NRO und die Maßnahmen im Bereich Menschenrechte betrifft, muß so schnell wie nur irgend möglich eine angemessene rechtliche Regelung gefunden werden, da der Rat andernfalls die schwere Verantwortung dafür übernehmen muß, daß ein wichtiger Teil unserer Entwicklungshilfe nicht mehr geleistet werden kann. Schließlich müssen noch in anderen Bereichen Maßnahmen getroffen werden, bei denen es im Rat einen Stillstand gibt, angefangen bei der Regelung bezüglich derjenigen AKP-Länder, die zu den traditionellen Bananenproduzenten zählen. Hier bestehen wir darauf, daß der Rat die vom Parlament angenommenen Änderungsanträge übernimmt. Frau Präsidentin, zunächst möchte ich der österreichischen Präsidentschaft sehr viel Kraft während des jetzigen Zeitraums wünschen. Dieser Zeitraum ist zwar kurz, aber wichtig, und wie ich feststelle, wurde er mit Entschlossenheit und Ruhe begonnen. Das ist meistens die beste Garantie für einen guten Schlußakkord. Ich möchte noch zwei Punkte hervorheben: Der erste Punkt betrifft die institutionellen Reformen und Verbesserungen des Vertrags von Amsterdam, die die österreichische Präsidentschaft auf einem informellen Gipfel in die Wege leiten möchte. Als ehemalige Berichterstatterin kann ich nur betonen, daß die Demokratisierung der Europäischen Union noch nicht vollendet ist. Auch wenn wir die Gewinner des Vertrags von Amsterdam genannt werden, müssen immer noch die letzten Feinheiten und Einzelheiten festgelegt werden, und ich appelliere an Sie, diese Vervollständigung des demokratischen Gehalts der Europäischen Union tatsächlich zu vollenden. Mein zweiter Appell betrifft die Menschenrechte, zu denen auch unser Fraktionsvorsitzender etwas gesagt hat. In das jetzige Halbjahr fällt der 50. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Wir führen hier in diesem Parlament immer wieder Menschenrechtsdebatten, und es gibt eine Reihe von Fällen, die nicht zu einem guten Abschluß gebracht werden, beispielsweise die von der Kommission in Richtung Nigeria und Birma unternommenen Schritte. In beiden Ländern hat sich die Situation in den letzten zwei Monaten weiter verschärft. Wir hatten die britische Präsidentschaft aufgefordert, gemeinsam vorzugehen und strengere Maßnahmen zu ergreifen. Das ist nicht gelungen, und wir richten einen erneuten Appell an die österreichische Präsidentschaft, diese Herausforderung anzunehmen und dafür Sorge zu tragen, daß in beiden Ländern Recht und Demokratie wiederhergestellt werden, denn dies ist doch stets wesentlich wichtiger als wirtschaftliche Interessen, und zwar auch für die Europäische Union. Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident! Sie suchen Arbeit: Ich habe auch noch zwei Themen, die ich Ihnen gerne mitgeben möchte. Das eine ist das 5. Forschungsrahmenprogramm. Da geht es um die lächerliche Summe von 15 oder 16 Milliarden ECU. Wir müssen diese Arbeit möglichst schnell erledigen, sonst kann die Kommission im nächsten Jahr die Mittel nicht zur Verfügung stellen. Das heißt, wir müssen vor der Beschlußfassung über den Haushalt wissen, was uns zur Verfügung steht. Und das setzt uns und Sie - denn wir müssen das zusammen machen - unter Zeitdruck. Ich gehe davon aus, daß wir das Vermittlungsverfahren noch im September möglichst bald beginnen, um dann zu einem Ergebnis zu kommen. Das zweite, was ich Ihnen als Arbeit mitgeben möchte oder was Sie ohnehin auf Ihrer Tagesordnung haben - aber was es in sich hat -, ist der Klimagipfel in Buenos Aires, obwohl Buenos Aires weit weg liegt von Europa - aber es geht auch um uns. Wir haben uns in Kyoto bei dem letzten Klimagipfel sehr gut geschlagen. Die Europäer haben tatsächlich gezeigt, daß sie in dieser Frage an der Spitze der Entwicklung stehen. Das ist anerkannt worden und hat übrigens sehr stark dazu beigetragen, daß in Europa ein Gefühl des Zusammenhalts und des Aufbruchs entstanden ist. Diesen Texten, die damals unterschrieben wurden oder denen man zugestimmt hat, ist eigentlich wenig gefolgt. Als Physiker schaue ich mir nicht nur die Texte an, sondern messe auch oder lasse andere messen, und ich stelle fest, es wird heute mehr CO2 erzeugt als vor einem Jahr. Und es geht so weiter! Das heißt, wir brauchen eine Strategie - Buenos Aires ist ein Anlaß dafür -, und Sie haben die Präsidentschaft, um hier zu zeigen, daß wir nicht nur zu Worten fähig sind, sondern auch zu Taten. Viel Glück für Ihre Präsidentschaft, und ich hoffe, daß wir da zusammenarbeiten können. Frau Präsidentin, hohes Parlament! Es wurde eine Fülle von Fragen gestellt, und ich kann jetzt natürlich nicht im Detail auf jede einzelne eingehen. Ich entschuldige mich auch, daß ich aus Unerfahrenheit am Anfang die Zeit ein wenig überzogen habe, aber ich werde versuchen, das jetzt sehr präzise aufzuholen. Zunächst einmal einen herzlichen Dank für die wirklich freundlichen Worte für Österreich. Ich nehme das jetzt nicht persönlich, sondern wirklich für unser Land, die guten Wünsche, die Kraft, die Energie, die Sie uns gewünscht haben, weil das letztlich der gesamten Union zugute kommen soll. Ich brauche diese Unterstützung auch, weil der Ratsvorsitzende - das wissen Sie ja als langjährige Profis viel besser als einer, der es zum ersten Mal macht - ja nicht als Diktator die anderen zu etwas zwingen kann, sondern die sehr schwierige Aufgabe hat, möglichst zu vermitteln, zu kooperieren, oft sehr widerstrebende Einzelinteressen zusammenzufügen und zu bündeln. Da kann ich Ihre guten Wünsche wirklich brauchen. Ich nehme sie als das, als was sie offen gesagt wurden: Sie sind ein Vertrauensvorschuß für Österreich und für die handelnden Personen, für die Politiker, die Beamten, die Parlamentarier, die hier arbeiten werden. Sie haben einige wichtige Themen angesprochen. Zunächst einmal die Frage der Institutionen, auch die Frage dieses Sondertreffens - es ist ja kein Gipfel im klassischen Sinn. Darf ich offen sagen, die Institutionenreform wird - das wurde in Cardiff beschlossen - sofort nach der Ratifizierung des Vertrags von Amsterdam in Angriff genommen werden. Man wird vorher vielleicht darüber zu reden beginnen, aber formell kann erst nach der Ratifizierung von Amsterdam begonnen werden. Ferner glaube ich, daß die Institutionenfrage sich nicht auf die Stimmgewichtung reduzieren läßt, auf die Frage der Zusammensetzung der Kommission, wobei ich hier eine gewisse Flexibilität orte, heute mehr als noch in Amsterdam. Jene Länder, die etwa die Frage der Zusammensetzung der Kommission hervorgehoben haben, beginnen heute zu verstehen, wie wichtig es ist, daß in der Kommission jedes Mitgliedsland vertreten ist, weil das ja auch die Glaubwürdigkeit der Kommission stärkt, wenn dort alle vertreten sind, obwohl sie natürlich - das ist klar - keine nationalen Vertreter mehr sind. Umgekehrt beginnen auch kleinere und mittlere Länder zu begreifen, daß in der Frage der Stimmgewichtung mehr Flexibilität notwendig sein wird. Ich sehe darin auch kein Unglück, ich finde das gut. Ich glaube, daß mit einer größeren Zahl von Mehrheitsabstimmungen sowieso ein Ausweg in Richtung einer effizienteren Union zu finden ist. Nun zur Frage der Beschäftigung. Wir wollen gemeinsam beweisen, daß eine starke, glaubwürdige Währung, die ein Konkurrent zum Dollar wird, kein Gegensatz zu einer Beschäftigungsverantwortung ist, sondern im Gegenteil sogar ein Standortvorteil für Industrie, Kleingewerbe oder Dienstleistungsbetriebe in Europa sein kann. Das gilt es zu beweisen, und das ist auch möglich. Ich bin überzeugt - ohne jetzt große Worte zu verwenden, die mir nicht liegen -, am Ende dieses Jahres werden wir eine deutlich höhere Zahl - sie könnte vielleicht sogar über einer Million liegen - von Arbeitsplätzen haben als ein Jahr zuvor. Da hilft uns natürlich Wachstum, aber das hat ja auch damit etwas zu tun, daß wir unsere Wirtschaftspolitik besser als bisher abgestimmt haben, daß die Kohärenz und die Konvergenz bereits Früchte tragen. Zur Frage der Finanzen, der Solidarität: Gestatten Sie mir ein offenes Wort. Auch die Union der Zukunft wird auf Solidarität innerhalb der Union und auf Solidarität mit den Ärmsten - AKP-Staaten wurden erwähnt, Erweiterungskandidaten außerhalb der Union - nicht verzichten können. Das ist so wichtig, daß es eigentlich ein Grundprinzip ist, daß diese Solidarität - ganz gleichgültig, wie hart die Diskussion sein mag, gerettet werden muß. Darum darf überhaupt kein Zweifel bestehen. Wir sehen mit Interesse dem Bericht der Kommission entgegen, wie jetzt diese faire Verteilung der Lasten innerhalb der Union aussieht. Dann wird eine Diskussion innerhalb der Union und der Mitgliedsländer beginnen. Aber ich bin sicher - das sage ich ihnen auch offen -, daß diese schwierigen Verhandlungen am Ende lösbar sind wie alles lösbar ist, was letztlich zwischen Menschen steht, die eine gewisse Vernunftbegabung haben, auch wenn sie unterschiedliche Interessen verfolgen. Zur Frage der Erweiterung: Ich habe gesagt, wir wollen mit den Verhandlungen beginnen. Der Diskussionspunkt ist, warten wir, bis alle Kapitel von der Kommission durchgeprüft wurden, oder fangen wir parallel damit an, nachdem einzelne Kapitel fertiggeprüft wurden? Ich bevorzuge den zweiten Weg und brauche da auch wirklich Ihre Unterstützung, weil ich glaube, daß das Signal, jetzt ehrliche, offene Verhandlungen zu beginnen, ganz wichtig ist und den Reformprozeß in den Ländern unterstützt. Diese Länder werden große Opfer bringen müssen. Machen wir uns da überhaupt keine Illusionen. Jene Regierungen, jene Politiker, die für die Europäische Union und für die Integration eintreten, werden noch sehr hartes Klima, sehr harten Gegenwind zu spüren bekommen. Wir sollten - das ist auch Solidarität - ihnen dabei helfen und nicht aus formalen Gründen den Beginn der Verhandlungen künstlich um ein Jahr hinausschieben. Darum geht es. Das wollte ich hier ganz klar und offen auf den Punkt bringen. Zur Frage des Gipfels vielleicht noch ein Wort, weil er auch mit der Erweiterung zusammenhängt. Wir brauchen eine Strategie jenseits der Elf, mit denen wir schon eine Art Beitrittsphilosophie entwickelt haben. Was geschieht mit Ländern wie der Ukraine, mit Moldavien, mit dem Balkan? Das ist eine ganz wichtige Frage, die natürlich nicht so einfach mit der einen oder anderen Linie beantwortet werden kann. Eine solche strategische Diskussion war: Welches Netzwerk an europäischen Beziehungen bieten wir an, Europakonferenz, was immer? Das ist ein Thema, das meines Erachtens auch beim Sondergipfel, beim informellen Rat in Gymnich in Salzburg, aber vielleicht auch von den Regierungschefs besprochen werden kann. Lateinamerika wurde angesprochen. Wir haben unter österreichischem Vorsitz gestern den ersten gemeinsamen Rat mit Mexiko begonnen. Ich sage auch ganz offen, warum. Mexiko war das einzige Land, das vor sechzig Jahren dagegen protestiert hat, daß Hitler-Deutschland Österreich besetzt hat. Das war das einzige Land! Das hat sich sechzig Jahre lang in unserem kollektiven Gedächtnis festgeschrieben. Das war ganz ungewöhnlich, daß wir nicht einmal vierzehn Tage, nachdem dieses Interimsabkommen in Kraft getreten ist, diesen gemeinsamen Rat geschaffen haben. Wir wollen damit auch ein wenig Dankesschuld abstatten. Sie sehen, daß kleine Dinge oft so wichtig sein können, und die Verantwortung Europas und die Beziehungen mit Lateinamerika sind entscheidend. Wir wollen gemeinsam, natürlich mit den Deutschen, alles tun, damit dieser Gipfel nächstes Jahr in Rio de Janeiro funktionieren wird. Ein Wort zur Umwelt: Europa war federführend in der Erreichung der Kyoto-Vereinbarung. Die 8 % minus sind in Wahrheit ein Hammer. Wenn man das in ganz konkrete Maßnahmen übersetzt, dann werden einige schmerzhafte Entscheidungen zu treffen sein, zu denen die nationalen Regierungen dann auch stehen müssen. Daher müssen wir darauf drängen, daß diese Frage auch wirklich durch ganz konkrete Maßnahmen abgestützt wird. Lyrik ist hier nicht mehr gefragt. Der große Unterschied zu früheren nationalen Erklärungen war, daß dies eine international einklagbare Verpflichtung ist. Deswegen meine ich, daß die Gespräche, die wir jetzt mit der Kommission und dem Rat führen, letztlich eine neue Qualität haben. Ich finde es auch sehr positiv, daß von vielen Parlamentariern das Thema Umweltschutz angesprochen wurde. Ein klares Wort zu den Menschenrechten. Wir haben schon ein Troika-Treffen mit Algerien vorbereitet. Wir stehen jetzt im engsten Kontakt mit Nigeria, und hier möchte ich doch gewisse positive Elemente nicht verschweigen. Ich hoffe sehr, daß der neue Machthaber, General Abubakar, seine Erklärungen, die er jetzt gemacht hat, auch wirklich einhält. Sie können sicher sein, daß der österreichische Vorsitz diese Fragen, die auch heute unterstützt worden sind, deutlich einmahnen wird. Danke nochmals für das Vertrauen. Danke auch für manche durchaus skeptische Bemerkung. Zypern steht selbstverständlich auf der Prioritätenliste. Wir wollen genauso beginnen. Ich verkenne nicht, daß das Recht auf Selbstverteidigung besteht. In der Frage der Raketenstationierung hoffe ich doch, daß wir zu einer anderen Lösung kommen, die die Sicherheit Zyperns nicht gefährdet. Herr Klaus Hänsch hat Wallenstein zitiert. Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt. Das vollständige Zitat heißt: " Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt! Der lange Weg entschuldigt Euer Säumen." Wir sind lange unterwegs, und wir wollen ein gutes Ziel anstreben. Ich erkläre diese sehr interessante Aussprache jetzt für geschlossen. Nach der Tagesordnung folgt die Erklärung des amtierenden Ratspräsidenten zur Lage im Kosovo. Frau Präsidentin! Ich darf auch den Kommissar Hans van den Broek begrüßen, mit dem wir ja am Montag im Rat für Allgemeine Angelegenheit dieses Thema sehr intensiv besprochen haben. Zunächst die Faktenlage: Im Moment sind 80 000 bis 90 000 Menschen auf der Flucht, ein Großteil noch im Kosovo, aber aufgrund der zerstörten Dörfer in der Heimat anderswo untergekommen, davon etwa 15 000 bis 20 000 Menschen in Nordalbanien. Klaus Kinkel war persönlich dort. Es herrschen schreckliche Verhältnisse. Familien, die selber schon 10 bis 15 Mitglieder haben, haben noch einmal 10 bis 15 Flüchtlinge aufgenommen. In kleinen Räumen liegen dann 15 Menschen auf dem Fußboden, der de facto gestampfte Erde ist und nichts anderes. Dank der Hilfe der Kommission und der verschiedenen NRO gibt es jetzt wenigstens erste humanitäre Hilfe. Vielen Dank auch, daß die entsprechenden Programme freigegeben wurden. Ich glaube aber, daß auch einzelne Länder auf bilateraler Ebene mehr tun müssen. Ungefähr 10 000 Flüchtlinge gibt es derzeit in Mazedonien. Wir begrüßen ausdrücklich die Einbindung Rußlands. Das ist ein wichtiger Punkt. Das Treffen zwischen Milosevic und Jelzin in Moskau war zwar bei weitem nicht perfekt, das ist überhaupt keine Frage. Wichtige Elemente der Forderungen der internationalen Staatengemeinschaft wurden nicht erfüllt. Aber immerhin ist es damit gelungen, die Russen einzubinden und zu zwingen, sich auch mit diesem Thema anders als bisher zu beschäftigen. Ich war selber in Belgrad und habe mit Milosevič geredet. Ich war der erste und bisher wohl auch der einzige Außenminister, der direkt in Pristina war. Wir haben jetzt ein erstes Büro der Präsidentschaft in Pristina aufgemacht. Wir haben erreicht, daß jetzt internationale Beobachter in die Region kommen. Es sind zur Stunde 28 europäische Beobachter, die nicht als ECMN fungieren, sondern quasi als Diplomaten unserer Botschaften unterwegs sind, noch einmal so viele etwa sind von amerikanischer und russischer Seite entsandt. Ich habe am Wochenende den Generalsekretär des österreichischen Außenamtes als meinen persönlichen Vertreter nach Belgrad, Pristina und unten nach Malicevo geschickt, dort ist das Hauptquartier der UCK, um auch wirklich eine Sichtbarkeit der Union und der Präsidentschaft in dieser Zeit sicherzustellen. Ich sehe nicht ein, warum nur Holbrooke und Afanasiewsky dort sein sollen. Es müssen auch europäische Vertreter und Botschafter dort sichtbar werden. (Beifall) Wir haben einige wichtige Erkenntnisse gewonnen. Erstens: Die bestehenden Sanktionen haben zumindest eine Teilwirkung. Das Einfrieren von Privatisierungsvorhaben trocknet natürlich die Finanzquellen für Milosevič aus.Zweitens: Sie haben eine gewisse wirtschaftliche Fernwirkung. Man sollte sie aber nicht überbewerten. Vor allem beim Flugverbot, das jetzt beschlossen wurde, muß man bedenken, daß es aufgrund der diversen internationalen Kündigungsfristen mehrere Monate dauert, bis es überhaupt wirksam wird. Man darf also nicht allzuviel von Sanktionen erwarten. Was meiner Einschätzung nach noch hinzukommt, ist, daß sich die militärische Lage vollkommen verändert hat. Der Kosovo wird heute zu 30 % - das sagen die Russen, 40 % sagen andere Quellen, und ich glaube, die liegen näher an der Wahrheit - von der UCK militärisch kontrolliert. Ich sage, militärisch kann Milosevič diesen Konflikt nicht mehr wirklich gewinnen, es sei denn, mit einem unglaublichen militärischen Einsatz. Es ist sehr die Frage, ob aufgrund der Haltung der Führung der jugoslawischen Armee ein solcher Einsatz überhaupt in Frage käme, was ja an sich ein positives Signal ist, aber ausschließen kann man es natürlich nicht. Zweitens: Wir sehen eine gewisse Tendenz zu einer wachsenden Radikalisierung, auch - das sei hier kritisch angemerkt - auf der Seite der Kosovo-Albaner. Es ist so, daß jene Figur, auf die wir eigentlich, glaube ich, gemeinsam immer gesetzt haben, Ibrahim Rugova, täglich, stündlich schwächer wird. Ein Mann, der höchste Bewunderung verdient, weil er in sehr, sehr schwerer Zeit den Mut hatte, immer für die Gewaltfreiheit einzutreten. Als mein Generalsekretär in Malicevo war - ein Erlebnis übrigens der unheimlichen Dritten Dimension, fast wie seinerzeit mit Che Guevara - man nannte keinen Namen, es hieß lediglich, ich bin der Kommandant Nr. 7 und ähnliches - stellte er fest, das wirkliche Feinbild in Malicevo sind die Politiker in Pristina, vor allem Rugova. Das stimmt mich besorgt. Ich sage das hier sehr offen. Es muß unser Anliegen sein, daß wir die vernünftigen, moderaten Kräfte der kosovo-albanischen Führung stärken und nicht durch falsche Signale schwächen. Ich meine, daß wir auch Sorge für eine europäische Visibilität tragen müssen. Wir wollen uns besonders auf die Frage des enhanced status konzentrieren - so nennen wir das im komplizierten eurospeak immer. Kein Mensch weiß genau, was darunter zu verstehen ist. Die einen meinen, das ist im wesentlichen ein bißchen mehr als der Status quo, und die Kosovo-Albaner sagen, außer der Separation, sprich unabhängiger Staat, käme sowieso nichts in Frage. Wir müssen unbedingt darauf achten, daß die Ausarbeitung eines solchen Statuts, das natürlich die volle Autonomie beinhalten muß und nicht nur die Frage des Gebrauchs der Sprache, der Zulassung zu Universitäten oder von Krankenschwestern zum Spital, daß also diese Ausarbeitung ein ureuropäisches Thema ist, dem wir uns widmen wollen. Daneben müssen wir natürlich klar, wie bisher verlangen: Absoluter Stop der Gewalt! Sofortige Verhandlungen in Anwesenheit der Amerikaner, der Europäer, der Russen! Ich persönlich glaube, daß man ohne eine Beteiligung in der Region letztlich nicht auskommen wird. Wir arbeiten parallel im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an einer Art zweistufigen Resolution, die de facto die Handlungsfreiheit für weitere Aktionen uneingeschränkt sicherstellen soll. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob es gelingt, Milosevič dazu zu bringen, wirklich einzuschwenken und hier eine internationale Partizipation zu ermöglichen. Man könnte hier durchaus auch incentives anbieten, wie etwa die Wiedereinbindung in die OSZE. Wenn man eine Mission, eine echte Präsenz in der Region will, dann scheint mir das der einzige vernünftige Punkt, der einzig vernünftige Anreiz zu sein, wie man die Jugoslawen dazu bekommen kann. Ich sage auch offen dazu, man wird von den Albanern kaum erwarten können, daß sie sich mit irgendwelchen Autonomiezugeständnissen zufrieden geben, wenn nicht gleichzeitig innerhalb Jugoslawiens auf volle Demokratisierung und pluralistische Entwicklung gedrängt wird. Erst dann nämlich ist eine Autonomie, eine wirkliche Statusdiskussion, eine positive Verhandlungslösung meiner Einschätzung nach möglich. (Beifall) Es liegen sechs Entschließungsanträge im Anschluß an diese Debatte vor. Ich freue mich, die auf der Tribüne anwesende Delegation der Nationalversammlung der Demokratischen Volksrepublik Algerien unter Leitung von Herrn Abdelkader Hadjar, Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten dieser Versammlung, begrüßen zu dürfen. Ich führe weiter aus, daß Sie uns die Ehre Ihres Besuchs aus Anlaß der vierten interparlamentarischen Zusammenkunft mit der zuständigen Delegation des Europäischen Parlamentes erweisen. Ergänzend füge ich hinzu, daß die Beziehungen zwischen Algerien und der Europäischen Union in Kürze auf den Grundsätzen der euro-mediterranen Partnerschaft basieren werden. Unsere Kontakte auf parlamentarischer Ebene haben den gemeinsamen Wunsch zur Zusammenarbeit in zahlreichen wesentlichen Bereichen bewiesen. Ich wünsche der algerischen Delegation produktive Gespräche und einen angenehmen Aufenthalt in Straßburg. Frau Präsidentin! Ich bin besonders froh, daß die algerische Delegation heute hier ist, und ich hoffe ebenfalls wie Sie, Frau Präsidentin, daß es ein fruchtbares Treffen ist, daß wir Schritt für Schritt die Beziehungen zwischen Europa und Algerien verbessern und daß gerade auch die österreichische Präsidentschaft dazu wird beitragen können. Nun aber zum Kosovo. Herr Ratspräsident, Sie haben von der ungeheuren Schwächung von Rugova gesprochen. Wundern darf es uns nicht! Das ist jetzt nicht Ihre persönliche Schuld, aber Frau Pack und viele andere hier haben ja des öfteren - und der Kommissar, den ich hier besonders begrüßen möchte, weiß es - darüber gesprochen, daß die Europäische Union mehr tun muß, um die friedliebenden Kräfte zu unterstützen. Sie hat nichts bis sehr wenig getan, das muß man ganz ehrlich sagen. Es ist unsere Mitschuld, wenn die demokratischen und friedliebenden Kräfte geschwächt wurden. Das müssen wir ganz klar in voller Selbsterkenntnis sagen. Ich bin sehr froh, auch im Namen meiner Fraktion, daß wir endlich - dem Wunsch dieses Parlaments entsprechend - stärker als Europäer vertreten sind, und ich bin froh, daß das auch gerade unter der österreichischen Präsidentschaft geschieht. Zweitens: Politisches Ziel, denn da gibt es bereits unterschiedliche Meinungen in diesem Haus. Machen wir jedoch allen klar, was unser politisches Ziel ist, auch bei einem eventuellen Eingreifen. Denn das hat General Norman auch vor kurzem ganz deutlich gesagt. Er sei auch bereit, von seiten der NATO eventuell einzugreifen, er möchte nur das politische Ziel kennen. Das politische Ziel muß sein, die Autonomie des Kosovo in einem - und ich gebe Ihnen völlig recht - demokratischen Jugoslawien. Wenn wir uns aber ein anderes Ziel oder unterschiedliche Ziele setzen, die einen für Autonomie, die anderen für eine Selbständigkeit, dann wissen wir ja, daß wir bei der Selbständigkeit die nächsten Probleme haben. In Mazedonien, oder, wie das hier im offiziellen Sprachgebrauch heißt, in FYROM und auch in Albanien selbst. Auf dieses Spiel sollten wir uns nicht einlassen. Wir müssen parallel für die Autonomie und sicherlich auch für ein entsprechendes demokratisches System in Jugoslawien eintreten. Ich bin sehr froh über alle Bemühungen, die Vereinten Nationen, gerade durch die Gespräche mit Rußland, auf unsere Seite zu ziehen bzw. dahin zu bringen, einen entsprechenden Einsatz, falls er notwendig sein sollte - ich hoffe, er wird nie notwendig sein -, auch zu genehmigen. Ich sage aber auch ganz offen in meiner vollen Solidarität oder Identifikation mit den Zielen der Vereinten Nationen, daß die albanische Bevölkerung wissen muß: Ein Abschlachten, ein Entziehen der Lebensgrundlage dieses Volkes darf Europa nie und niemals dulden. Alle Bemühungen zu einer friedlichen Regelung, alle Bemühungen, die Vereinten Nationen zu einer Zustimmung zu bewegen, falls ein Einsatz notwendig ist, müssen unternommen werden. Aber es muß völlige Klarheit darüber herrschen, wir kämpfen nicht nur für die Autonomie des albanischen Volkes, wir kämpfen derzeit für das Überlebensrecht des albanischen Volkes. Was in Bosnien passiert ist, darf uns nicht mehr passieren, sonst verlieren wir völlig unsere Glaubwürdigkeit. Wenn wir für eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sind, dann müssen wir jetzt beweisen, daß wir fähig sind, sie auch letztendlich bis zur letzten Konsequenz durchzuziehen. Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident! Ich fand Ihre Rede hervorragend, Herr Schüssel, nur kommt sie halt viele, viele Jahre zu spät. Uns läuft die Zeit buchstäblich davon! Das ist, wie Herr Swoboda schon sagte, nicht Ihre Schuld, sondern das ist die gemeinsame Schuld aller westlichen Regierungen. Ich war seit 1989 fast jährlich im Kosovo. Ich weiß also wirklich, wovon ich rede. Ich war gerade vor zehn Tagen in Albanien, ich habe das Flüchtlingselend ebenfalls gesehen. Ich meine, wir haben einfach ins Kalkül zu ziehen, daß wir furchtbar spät dran sind. Was Sie alles zu Rugova gesagt hatten, stimmt. Rugova hat acht Jahre lang versucht, die Menschen zu gewaltfreiem Widerstand zu bewegen, und das haben die Skipetaren gemacht. Es ist unvorstellbar, daß sie dies gemacht haben! Aber inzwischen ist die Situation so, daß er nichts nachweisen kann. Er hat über acht Jahre die Leute zu gewaltfreiem Widerstand angehalten, und der Westen hat ihm nicht dafür gedankt! Jetzt haben wir die Situation, daß die westliche Außenpolitik, die ja immer nur von der Hand in den Mund und ad hoc reagiert und keine mittel- und langfristigen Ziele in dieser Region hatte, wie wir in Bosnien gesehen haben, nur dann reagiert, wenn das Fernsehen die Bevölkerung draußen darauf hinweist, daß da unten Blut fließt. Die politische Lösung des Kosovo kann schon lange nicht mehr die Autonomie sein, die 1989 von Milosevic zerschlagen wurde. Das muß jeder wissen! Ich war seit Jahren dafür, daß wir in einem demokratischen neuen jugoslawischen Verband drei Republiken haben könnten: Serbien, Montenegro und Kosovo. Aber fragen Sie mal nach: Auch diese Lösung scheint heute nicht mehr möglich, zumal auch Jugoslawien alles andere als demokratisch ist. Je länger das Morden und das Brandschatzen und die ethnische Vertreibung bei den Albanern weitergeht, desto stärker wird die Unterstützung der UCK, desto mehr nimmt die Unterstützung von Rugova ab. Nachgiebigkeit gegenüber Belgrad stärkt der UCK den Rücken und schwächt Rugova. Die Sanktionen sind - wie Sie selbst gesagt haben - fürchterlich zahnlos. Deswegen müssen wir uns stärker in die Pflicht nehmen und versuchen, dieses Problem zu lösen. Meine Auffassung ist, daß wir es nur in der Sprache tun können, die Milosevic versteht. Frau Präsidentin, die europäischen Liberalen stehen dem Verhalten des Ministerrates in einigen Punkten kritisch gegenüber, aber wir bedanken uns trotzdem für die schöne Rede von Herrn Schüssel. Zunächst sind wir der Meinung, daß der Ministerrat als wichtigster Vertreter der europäischen Demokratien schneller und entschiedener handeln sollte. Milosevic setzt seine Übergriffe fort, es wird gekämpft, Dörfer werden bombardiert, viele werden getötet, Menschen fliehen. Herr Schüssel, der Ministerrat muß mehr als bisher tun, um dem Elend Einhalt zu gebieten - mit Elend meine ich Herrn Milosevic. Er muß durch Drohungen und - wenn es sein muß - mit ernsten Repressalien gezwungen werden, seine Übergriffe zu beenden und seine Truppen aus dem Kosovo zurückzuziehen. Danach können echte Verhandlungen über die Zukunft des Kosovo eingeleitet werden. Oder sind Sie der Meinung, Herr Schüssel, daß man dem Unterdrückten Verhandlungen abverlangen kann, solange ihn der Unterdrücker noch im Würgegriff hat? Zweitens wäre es sehr wünschenswert, daß der Sicherheitsrat der UN militärische Maßnahmen der Demokratien zuläßt, wenn Milosevic auf keine andere Weise zur Vernunft gebracht werden kann. Der Ministerrat darf sich aber auch durch ein eventuelles Veto nicht die Hände binden lassen. Wir erwarten, daß die Europäische Union unter der Führung ihres Ministerrates Unterdrückung und Tyrannei in unserem Teil der Welt Einhalt gebietet. Drittens sind wir Liberalen der Meinung, daß der zukünftige Status des Kosovo durch Verhandlungen festgelegt werden soll, nicht vor Verhandlungen. Wir halten es beinahe für eine Unverschämtheit zu verlangen, daß der vom Volk gewählte Präsident Kosovos, Rugova, bereits vor Beginn der eigentlichen Verhandlungen seine Forderung nach Selbstbestimmung aufgeben soll. Diese Forderung war ja Rugovas Basis in all den Jahren, in denen er seine von Milosevic unterdrückten Landsleute geführt hat. Während all dieser Jahre hat er ihnen immer wieder gesagt, daß der Kampf nur mit friedlichen Mitteln geführt werden dürfe. Wurde er dabei von den Demokratien unterstützt? Nein, wir haben versagt! "Im Kosovo war ja alles ruhig" . In der europäischen Union soll es keine Rolle spielen, ob wir Schweden, Griechen, Österreicher oder Portugiesen sind, Protestanten, Katholiken, Muslime oder Juden. Die Union ist für uns als Individuen da. Ich hoffe inbrünstig, daß die, die im Kosovo jetzt gegen Unterdrückung und für Freiheit kämpfen, nicht beabsichtigen, Gruppen gegeneinander auszuspielen - Orthodoxe gegen Muslime, Serben gegen Albaner -, sondern daß es ihr Ziel ist, den Kosovo in einer europäischen Gemeinschaft zu verankern, die von Demokratie und Respekt für jeden einzelnen Menschen geprägt ist. Herr Ratspräsident, in Ihrer eben abgegebenen Erklärung sagten Sie, daß Sie mit dem Europäischen Parlament zusammenarbeiten möchten, und dafür möchten wir Ihnen danken. Wie Sie wissen, hat sich das Europäische Parlament zum Thema Kosovo wie zu keinem anderen Thema immer und immer wieder geäußert und vor einer Eskalation in der Provinz gewarnt, die dann ja auch, so wie wir es vorhergesagt haben, eingetreten ist. Dies alles hat den Rat und die Kommission völlig gleichgültig gelassen. Wir haben geahnt, daß sich der Diktator Milosevic früher oder später gegen die Albaner vor der eigenen Haustür wenden und dabei die gleichen Methoden anwenden würde, wie er dies bereits während des Kriegs und bei den ethnischen Säuberungen in Bosnien getan hat. Herr Präsident, meiner Ansicht nach ist das, was Sie zuletzt gesagt haben, der entscheidende Punkt: Solange keine Demokratie in Jugoslawien herrscht, wird es auch nicht möglich sein, das Kosovo-Problem zu lösen. Ich bin der Meinung, daß die Stimme Europas gegenüber dem Diktator Milosevic stark, laut und eindeutig sein sollte und daß wir ihm klar und deutlich sagen sollten, daß wir Maßnahmen ergreifen werden, wenn er seine Haltung nicht ändert. Wir sollten dies tun, bevor es zu spät ist. Frau Präsidentin, die sogenannte Befreiungsarmee des Kosovo erklärt, daß diejenigen, die Frieden auf dem Balkan wünschen, die Unabhängigkeit des Kosovo unterstützen müssen. Trotz all dem besteht die amerikanische Diplomatie, indem sie ihre Absichten gegenüber Jugoslawien verlautbart, darauf, die Befreiungsarmee in den Prozeß der Lösungsfindung einzubinden. Andererseits scheint auch der Rat zu beginnen, sich einer solchen Auffassung anzunähern, indem er dafürhält, daß jede Gruppe, die etwas zu sagen hat, daran teilnehmen soll. Ist der Rat nicht der Ansicht, daß der einseitige Druck auf Belgrad, ohne daß sich jemand die Taktik Milosevics zu eigen macht, im Grunde genommen die gemäßigten Kräfte der Albaner im Kosovo unterminiert und die unversöhnlichen Kräfte der Befreiungsarmee stärkt? Der Herr Ratspräsident hat uns gesagt, daß sie 40 % des Kosovo kontrollieren und daß ihr Standpunkt "Unabhängigkeit" lautet. Wie sollen sie so zu einer friedlichen Lösung im Rahmen einer Autonomie gelangen, die der Rat anstrebt? Meines Erachtens müssen wir irgendwann einmal unsere Schlüsse ziehen und unseren eigenen Verantwortlichkeiten hinsichtlich der Situation gerecht werden, die sich auf dem Balkan herausgebildet hat. Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, das Europäische Parlament hat schon so oft auf das Drama im Kosovo hingewiesen. Die Zahl der von uns angenommenen Entschließungen sind Legion. Rugova war viele Male in Straßburg. Wir haben an Demaçi den Sacharow-Preis verliehen, doch blieb der Rat während dieser ganzen Zeit blockiert, weil es nie eine einstimmige Außenpolitik gab, und zwar auch nicht gegenüber dem Kosovo. Dem Rat war während der ganzen Zeit bewußt, daß die von den Serben ausgeübte Gewalt automatisch zu noch mehr Gewalt führen würde. Aus diesem Grunde ist die Lage aussichtslos geworden, und es besteht die mögliche Gefahr eines massiven Blutvergießens. Daher ist es von grundlegender Wichtigkeit, daß die Ursache der Gewalt beseitigt wird, nämlich der serbische Staatsnationalismus, der serbische Staatsterror. Aus diesem Grund ist es erforderlich, daß das Völkerrecht im Kosovo maximal zur Anwendung gebracht wird, was meines Erachtens eine umfassende diplomatische Offensive beinhaltet, bei der der Kosovo als ebenbürtige Nation direkt einbezogen werden muß. Ich habe in die österreichische Präsidentschaft zwar großes Vertrauen, doch möchte ich den Rat darum ersuchen, vorzuschlagen, daß dem Kosovo ein wirklicher diplomatischer Status verliehen wird, wie es mein Land beispielsweise kürzlich im Falle Palästinas getan hat. Die Geschichte muß auch vorausschreiten können, anstatt stets ins Hintertreffen zu geraten. Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Als vor sieben Jahren, zum Zeitpunkt des historischen Befreiungsaufstandes Sloweniens und Kroatiens, Vertreter des kommunistischen Serbien unter Milosevic als Delegation in diesem Haus weilten, habe ich die folgenden drei Punkte angesprochen: Zunächst stellte ich fest, daß auch Serbien gut daran täte, sich vom Kommunismus zu befreien, anstatt an seiner Vorherrschaft über diese alten, historisch gewachsenen Nationen festzuhalten, die zwar zu Jugoslawien zusammengeschlossenen waren, dies jedoch mit dem verfassungsmäßig verbrieften Recht auf Abspaltung, wie es auch, so hoffe ich, bei den Ländern in der Europäischen Union der Fall ist. Zweitens hob ich hervor, daß Serbien, welches Gebiete der kroatischen Krajina mit der Begründung einforderte, diese Grenzgebiete seien vorwiegend von Serben bewohnt, eines Tages auf genau dieselbe Weise die Provinz Kosovo einfordern würde, die zwar die historische Wiege der serbischen Nation ist, aber zu 90 Prozent von albanischen Muslimen bewohnt wird. Die Zeit, in der die Serben im Kosovo die Mehrheit der Bevölkerung stellten, liegt sechzig Jahre zurück. Heute beträgt ihr Bevölkerungsanteil 10 Prozent. Für diesen Rückgang gibt es zwei Gründe: zum einen schwindende Geburtenzahlen und zum anderen die anhaltende Auswanderung von Albanern. Beides hat zu einer Stärkung der bereits vorhandenen muslimischen Minderheit geführt. Drittens wies ich darauf hin, daß die Serben besser damit gefahren wären, sich für eine Umkehrung des Auswanderungsstroms und für die erneute Bevölkerung ihres Landes einzusetzen, statt die katholische Bevölkerung Kroatiens soweit reduzieren zu wollen, daß ihr das vom Glockenturm der Kathedrale von Zagreb aus sichtbare Gebiet ausreichend Platz zum Leben böte, wie es ein serbischer Kriegskommandeurs zynisch ausdrückte. Vergessen wir auch nicht, daß zum damaligen Zeitpunkt das serbische bolschewistische Regime von Belgrad hier die Unterstützung von Jacques Delors fand. Letztlich ist es noch immer das Volk gewesen, das den Preis für die Gedankenlosigkeit seiner Führer und den Wahnsinn von Ideologien zahlt. Dennoch rechtfertigen diese Überlegungen heute in keiner Weise eine Einmischung der Polizisten der Neuen Weltordnung in die inneren Angelegenheiten Serbiens. Noch weniger rechtfertigen sie die Suche nach einem Vorwand für ein militärisches Eingreifen, das zu seiner Zerstückelung führen würde - mit allen nur erdenklichen Konsequenzen für die Balkanländer und für Griechenland, das zu Recht beunruhigt ist und sich der Jahrhunderte der entsetzlichen Herrschaft der Osmanen erinnert. Es gilt hier, die Grundsätze des internationalen Rechts zu bekräftigen. Da wäre zum einen die Unantastbarkeit der Grenzen zu nennen, die nur in Ausnahmefällen und in gegenseitigem Einvernehmen modifiziert werden dürfen. Zum anderen ist auf das Recht der Völker auf Selbstbestimmung zu verweisen, das seinen Ausdruck allerdings auf demokratische Art finden muß, das aber nicht auf den Repressalien terroristischer Organisationen beruhen darf, wie es im französischen Algerien der Fall war und heute im spanischen Baskenland der Fall ist. Drittens gilt das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates. Zum Abschluß noch einige Überlegungen. Wie können wir zulassen, daß die Palästinenser, die seit ewigen Zeiten in Palästina leben, weniger Rechte als die Albaner hätten, die erst seit kurzem im Kosovo sind? Wie können wir zulassen, daß im Falle Israels das Recht auf Heimat über alles gestellt wird - dasselbe Recht den Serben aber gleichzeitig verwehrt wird? Wie zulassen, daß den Verurteilungen Israels, das seine unnachgiebige Apartheitspolitik weiterhin verfolgt und seine Besiedlungsinteressen immer unnachgiebiger durchsetzt, nicht einmal Ansätze von Sanktionen folgen, während man sich gleichzeitig darauf vorbereitet, gegen Serbien vorzugehen? Müßten wir dann auch in Teilen Frankreichs, Belgiens oder Deutschlands die Ausrufung einer muslimischen Republik dulden, wenn dies unter dem Vorwand geschähe, dem Willen neuer Bevölkerungsgruppen zu entsprechen? Darauf antworten wir mit Nein, Nein, und nochmals Nein! Frau Präsidentin, ich möchte dem amtierenden Präsidenten für seine Stellungnahme danken. Dies ist bei weitem die positivste Stellungnahme zum Kosovo, die wir in den vergangenen Monaten gehört haben und ein eindeutiges Anzeichen dafür, daß die vielen Monate äußerst geduldiger diplomatischer Bemühungen die ersten Früchte tragen. Es ist von großer Bedeutung, daß wir dies geschafft haben und gleichzeitig den Zusammenhalt der Kontaktgruppe aufrechterhalten konnten. Ebenso ist von großer Bedeutung, daß die gesamte Kontaktgruppe, einschließlich Rußland, weiterhin mit von der Partie ist. Sollte ein Land aussteigen, werden wir jegliche Kontrolle über die Lage verlieren. Bei zwei Punkten der Stellungnahme des amtierenden Präsidenten kommen mir Bedenken. Erstens ist die Tatsache, daß Ibrahim Rugovas Position zunehmend schwächer wird, für uns alle Anlaß zur Besorgnis. Wir müssen uns erneut vor Augen führen - und ich bin froh, daß er amtierende Präsident dies deutlich gemacht hat -, daß es hier nicht um Unabhängigkeit, sondern um Autonomie geht, und zwar um weitreichende Autonomie. Ich kann nur noch einmal betonen, was ich bereits letzten Monat gesagt habe: Diejenigen, die unreflektiert von Unabhängigkeit sprechen, verschlimmern die Lage nur, anstatt sie zu verbessern. Wenn wir dies klarstellen, unterstützen wir Menschen wie Herrn Rugova. Zweitens finde ich es allerdings bedenklich, daß der amtierende Präsident im Rahmen der Konfliktlösung nicht angesprochen hat, daß wir den im Kosovo lebenden Serben ihre Rechte zusichern müssen. Wir müssen akzeptieren, daß der Kosovo sowohl aus historischer als auch aus traditioneller Sicht wichtig für die serbische Nation ist, und wir dürfen nicht einfach eine bestimmte Gruppierung durch eine andere ersetzen, unter der die Menschen weiterhin in Angst und Schrecken leben. Dies ist ein entscheidender Punkt. Dem serbischen Volk müssen wir klarmachen, daß wir die Sanktionen aufzuheben beabsichtigen, sobald eine Lösung für den Kosovo-Konflikt gefunden ist. Wir werden beim Wiederaufbau des ehemaligen Jugoslawiens helfend zur Seite stehen. Wir werden das serbische Volk nicht zum Sündenbock für die Taten seiner Führer machen. Wir müssen eine positive Haltung einnehmen, um die Lage zu entschärfen. Menschen permanent zu zermürben ist keine Lösung. Was Milosevic selbst betrifft, ist offensichtlich, daß er letztendlich nur die Sprache der Gewalt verstehen wird. Wenn wir auf unserem diplomatischen Kurs bleiben, müssen wir weiterhin auf der Hut sein, die erforderlichen militärischen Vorbereitungen durch die NATO treffen und den Weg für eine UN-Resolution zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für einen Militäreinsatz bereiten. Natürlich hoffen wir, daß es nicht soweit kommen wird, aber wir müssen zweigleisig fahren, d. h. uns mit allen Mitteln für eine friedliche diplomatische Lösung einsetzen, aber uns gleichzeitig die Option eines Militäreinsatzes offenhalten. Herr Ratspräsident! Vor allem möchte Ihnen sehr danken für die konkrete und klare Rede, die Sie gehalten haben, zu einem Thema, bei dem schon so viel an der Wirklichkeit vorbeigeredet wurde. Ich sehe darin auch ein Zeichen, daß es nicht umsonst ist, daß die österreichische Geschichte gerade auch im Kosovo eine ziemliche Rolle gespielt hat. Denn für die Albaner bedeutet Österreich sehr viel. Ich bitte Sie daher, nutzen Sie dieses Prestige Österreichs auch, um dorthin Frieden zu bringen, so wie Österreich seinerzeit Frieden brachte. Ich möchte aber auch sagen, daß es für uns wichtig ist, einmal eine viel klarere Politik zu verfolgen, und ich bin Ihnen dankbar, daß Sie diese eingeleitet haben. Das Allerwichtigste allerdings ist, daß wir klare Zeichen setzen müssen, daß wir Herrn Rugova unterstützen, denn das ist die politische Lösung, die wir suchen müssen. Ich bin daher sehr glücklich, daß meine Fraktion den Antrag gestellt hat, den nächsten Sacharow-Preis Herrn Rugova zu verleihen. Wir müssen alles tun, um die Position von Herrn Rugova zu stärken, die leider durch die Politik, auch der Europäischen Union, in den letzten Monaten und sogar Jahren verraten wurde. Man hat da nicht die friedliebenden Kräfte unterstützt. Daß wir dann Schwierigkeiten haben, ist verständlich. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei ihrer Aufgabe. Frau Präsidentin, meinem Eindruck nach, hat der Ratspräsident Schüssel gut und mit großer Würde die Haltung Europas gegenüber dem Kosovo-Problem dargestellt, auch wenn unsere Position im Grunde genommen sehr schwach ist. Natürlich gehe ich davon aus, daß alle oder doch die meisten politischen Kräfte in diesem Parlament die Maßnahmen des Rats unterstützen, die er angekündigt oder bereits ergriffen hat und die in die richtige Richtung gehen. Dennoch sollte gesagt werden - wie dies auch Frau Spaak in ihrem Beitrag getan hat, dem ich voll und ganz zustimmen kann -, daß die Zeit für eine friedliche Lösung ohne konkrete Ergebnisse abgelaufen ist und daß die Schwächung, die Sie, Herr Minister, bei den gemäßigten Kosovo-Albanern, also bei Rugova, festgestellt haben, ernste Folgen haben wird. Viele Kollegen hier haben gesagt, daß Europa und die internationale Gemeinschaft zwar für die Autonomie, aber nicht für die Unabhängigkeit des Kosovo eintreten können. In gewisser Weise bedeutet dies de facto aber, daß Milosevic davon ausgehen kann, daß seine Aktionen zur Zerschlagung des Kosovo auf Seiten der internationalen Gemeinschaft nur auf eine äußerst schwache Antwort stoßen werden. Es ist sehr schwierig, Herr Minister, unter diesen Voraussetzungen von Jugoslawien ein Einlenken zu fordern - soweit dies überhaupt noch möglich ist -, um verhindern zu können, daß die Lage im Kosovo explodiert. Wir hoffen deshalb, daß Sie recht behalten, doch haben wir die Sorge, daß die europäische Diplomatie wieder einmal ineffektiv bleibt und viel zu spät kommt. Frau Präsidentin, liebe Kollegen, die Bemühungen des Herrn Rugova um eine politische Lösung durch Dialog müssen unterstützt werden, und daher begrüße ich die Erklärung zur Unterstützung des Herrn Rugova seitens des Vorsitzenden der Demokratischen Partei Albaniens, Sali Berisha. Sie ist wichtig, diese Erklärung, die von der größten Oppositionspartei Albaniens stammt. Ich erinnere daran, daß die Erklärung von Cardiff die Autonomie des Kosovo unterstützt, aber die Unabhängigkeit der Provinz zurückweist, sie schafft denjenigen Serben und Montenegrinern, die gegen die Politik des Belgrader Regimes sind, Freiraum, um ihren Kampf für mehr Freiheit und Demokratie in Jugoslawien und für eine weitgefaßte Autonomie im Kosovo fortzusetzen. Und vor allem erinnere ich die Kollegen, die Falken, die in diesem Hause zu hören waren, an das Nein, das Nein der Europäischen Union, aber auch das des Parlaments gegenüber den separatistischen Bewegungen der Serben in Ostslawonien und in der Krajina. Kroatien und Bosnien-Herzegowina behalten ihre territoriale Integrität dank dieser konsequenten und besonnenen Politik der Union und des gesamten Westens. Schließlich ist es von größter Bedeutung, daß die Feindseligkeiten zur Ausübung von Druck auf die beiden Seiten der sich bekämpfenden Parteien eingestellt werden. Und nur als äußerstes Mittel, meine Herren Abgeordnete, dürfen militärische Mittel eingesetzt werden. Diese müssen dann eingesetzt werden, wenn es keine andere Lösung mehr gibt, ob sie nun im Namen der NATO oder Europas erfolgen, so daß dem fortdauernden Blutvergießen Einhalt geboten wird. Frau Präsidentin, der Ratspräsident hat sich heute morgen als ein echter Europäer erwiesen, von dem das Kosovo-Problem klar gesehen wird. Ich bin davon sehr beeindruckt, ebenso wie davon, daß er dieses Problem richtig analysiert hat. Wir haben in diesem Parlament schon oft darüber gesprochen, daß das Selbstbestimmungsrecht erst in einem demokratischen Rechtsstaat wirklich zur Geltung kommt. Sollte die Jugoslawische Föderation tatsächlich in einen demokratischen Rechtsstaat verwandelt werden können, dann ist natürlich eine Autonomie absolut hinnehmbar, allerdings auch nicht mehr. Wir können jedoch niemanden zwingen, in einer undemokratischen, gewalttätigen Diktatur zu leben. Das ist unmöglich! Die Frage ist also, wie die Serben so weit gebracht werden können, daß von ihnen nicht mehr Kriminelle in die höchsten Positionen gewählt werden. Erforderlich dazu ist eine klare Linie gegenüber Milosevic. Ich schließe mich all denjenigen an, die sagen, daß Milosevic nur eine harte Sprache versteht. Das haben wir auch in Bosnien festgestellt, als die Nato eine Woche lang auftreten mußte, um Milosevic und seinen Trabanten endlich Einhalt gebieten zu können. Erforderlich ist aber auch eine andere Politik in Richtung der Förderung der Demokratie und des Rechtsstaates innerhalb der Republik Serbien sowie innerhalb der gesamten Jugoslawischen Föderation. Ich richte an den Ratspräsidenten, aber auch an die Kommission - denn diese ist bei der Politik zur Förderung der Demokratisierung betroffen - die Frage, ob eine solche Politik auch wirklich vom Rat und von der Kommission durchgeführt werden kann, damit wir unsere Verantwortung tatsächlich so übernehmen können, wie es sich gehört. Vor Verantwortung zu flüchten, ist künftig nämlich nicht mehr möglich! Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen statt. Wie Sie feststellen konnten, werte Kolleginnen und Kollegen, hat die Aussprache zur österreichischen Präsidentschaft mehr Zeit in Anspruch genommen als geplant, wobei dies jedoch durchaus nicht zu bedauern ist. Ich glaube, ich spreche für uns alle, wenn ich der österreichischen Präsidentschaft vollen Erfolg und viel Glück bei ihrer Aufgabe wünsche. Herr Präsident, es geht lediglich um eine kleinere Änderung, aber es gibt ein Problem bei der englischen Übersetzung des Änderungsantrags 49 zur Ausdehnung des Schutzes der Minderheitenrechte auf solche Minderheiten, die in mehreren Staaten vertreten sind, z. B. das Volk der Samen in Lappland. In der englischen Fassung ist die Rede von Minderheiten, die "traditionally settled" , also "sich traditionell angesiedelt haben" . Ich wünsche mir an dieser Stelle die gleiche Formulierung wie in Änderungsantrag 46, nämlich "minorities traditionally resident" , also "traditionell ansässige Minderheiten" . Es geht hier nicht um Siedler, sondern um Menschen, die seit jeher in einem bestimmten Gebiet leben. Änderungsantrag 46 wurde ursprünglich in italienischer Sprache erstellt. Ich möchte lediglich sicherstellen, daß der Sprachgebrauch einheitlich ist. Die erforderlichen Berichtigungen werden vorgenommen, Herr Macartney. Zu Änderungsantrag 8 der V-Fraktion Herr Präsident! Bei der Abstimmung zu Artikel 2 haben Sie gesagt, daß der Änderungsantrag 8 der Fraktion der Grünen hinfällig sei. Meiner Meinung nach ist das nicht der Fall, weil die vorhergehenden Änderungen, die wir angenommen haben, sich darauf beziehen, territoriale Wahlkreise einzurichten. Der Änderungsantrag der Grünen geht aber dahin, etwas zu Artikel 2 hinzuzufügen, und zwar auf nationaler Ebene einen Ausgleich des Verhältniswahlrechtes zu erwirken, wenn es territoriale Kreise gibt. Das ist konstitutionell wichtig für kleinere Parteien in Europa. Deswegen bitte ich darum, über den Änderungsantrag 8 doch noch einmal abzustimmen. Frau Müller, genau aus diesem Grund haben wir Ihren Änderungsantrag für unvereinbar erachtet. Ich möchte jedoch den Berichterstatter zu Rate ziehen. Herr Präsident, ich teile Ihre Auffassung. Wir betrachten den Änderungsantrag folglich als unvereinbar. Vor der Endabstimmung Herr Präsident, ich möchte auf der Grundlage von Artikel 129 die Rücküberweisung dieses Berichtes an den Ausschuß beantragen. Der Bericht scheint mir in der Tat nicht umfassend zu sein. So wie die Dinge gegenwärtig liegen, trägt er offensichtlich der Gesetzgebungsbefugnis nicht ausreichend Rechnung, die der Vertrag dem Europäischen Parlament überträgt. Die Angelegenheit ist meines Erachtens außergewöhnlich genug, daß das Europäische Parlament von seinen Kompetenzen voll und ganz Gebrauch machen sollte. Der Bericht spricht von gemeinsamen Grundsätzen, von einer europäischen Wahl - von Vollständigkeit ist er jedoch weit entfernt. Mehrere Aspekte finden keine Erwähnung, insbesondere diejenigen, die der Ausschuß für Recht und Bürgerrechte in seiner Stellungnahme hervorhob. So ist es beispielsweise möglich, sich - je nach Mitgliedstaat - entweder mit 18 Jahren oder mit 25 Jahren zur Wahl zu stellen. Der Bericht ist durch Widersprüche geprägt. Die Wähler und ihre gewählten Vertreter sollen sich einander annähern, das ist das Prinzip der Bürgernähe. Aber außerdem ist eine transnationale europäische Liste vorgesehen. In diesem Zusammenhang wird auf Frankreich Bezug genommen, obwohl, wie Ihnen bekannt ist, Frankreich von seinem Vorhaben Abstand genommen hat - die Regierung hat ihren Antrag an die Nationalversammlung zurückgezogen. Ich bin nicht der Ansicht, daß es, nur wenige Tage nach diesem 12. Juli und nach den Feiern, die das ganze Land erfaßt haben, zum Vorteil der französischen Souveränität gereichen würde, wenn die einzige praktische Auswirkung des Berichtes darin bestünde, daß er in Widerspruch zum Willen der französischen Behörden steht. Aus diesem Grund beantrage ich die Rücküberweisung an den Ausschuß und schlage vor, über meinen Antrag namentlich abzustimmen. Frau Präsidentin, ich möchte die Gelegenheit nutzen, um meine Anerkennung und Bewunderung für die von dem Kollegen Anastassopoulos - der, wie Sie wissen, nicht meiner Fraktion angehört - geleistete Arbeit auszusprechen. Meiner Meinung handelt es sich hier um einen der wichtigsten, aber auch der schwierigsten Berichte, die unser Parlament während der jetzigen Tagung zu behandeln hat; einer der wichtigsten Berichte deswegen, weil damit ein Schritt in die Richtung der Durchführung des Vertrags von Rom aus dem Jahre 1957 vollzogen wird, in dem bereits vorgeschrieben wurde, daß ein einheitliches europäisches Wahlsystem eingerichtet werden soll. Vierzig Jahre später besteht ein solches System immer noch nicht. Der Bericht Anastassopoulos bringt uns allerdings diesem Ziel der Gründungsväter der Europäischen Union einen Schritt näher. Aufgrund der großen Unterschiede, die zwischen unseren Ländern bestehen, sowie aufgrund der Bedeutung, die wir alle nationalen Traditionen beimessen, handelt es sich aber auch um einen der schwierigsten Berichte, die wir zu besprechen haben. Dem Berichterstatter ist es meines Erachtens vorzüglich gelungen, einen realistischen Vorschlag zu unterbreiten, der gemäßigt ist und der den in unseren Ländern bestehenden Sensibilitäten Rechnung trägt. Bei der Abstimmung haben wir meines Erachtens gesehen, daß dieser Bericht eine breite Unterstützung findet, und daher möchte ich, daß wir nun zur Abstimmung kommen. (Das Parlament lehnt den Antrag auf Rücküberweisung an den Ausschuß ab.) (Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, ich werde mich sehr kurz fassen. Ich bin mit Herrn de Vries völlig einverstanden. Das Europäische Parlament hat eine wichtige Aufgabe erfüllt, die ihm durch den Vertrag von Rom übertragen wurde. Ohne die Kompetenz und die Verhandlungsbereitschaft von Herrn Anastassopoulos, aber auch sehr vieler anderer Kolleginnen und Kollegen, die zur Annahme des vorliegenden Berichts und der vorliegenden Entschließung einen Beitrag geleistet haben, wäre dies nicht möglich gewesen. Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß Herr Francesco Cossiga, der ehemalige Ministerpräsident und ehemalige Staatspräsident der Italienischen Republik, heute hier anwesend ist. Herr Cossiga hat als inoffizieller Besucher auf der offiziellen Tribüne Platz genommen, und ich freue mich, ihn begrüßen und willkommen heißen zu dürfen. Es ist vorgeschlagen worden, das in der Aufzählung unter Punkt 25 enthaltene Wort Energie durch Kohlendioxidemissionen zu ersetzen. Ich habe mit dem Antragsteller gesprochen, und wir haben uns darauf geeinigt, einen Zusatz zu formulieren, so daß der Text in der englischen Version folgenden Wortlaut hätte: energy, for example emission of carbon dioxide . Es geht nun die Frage an das Haus, ob es diesen mündlichen Änderungsantrag annimmt oder ob zwölf Kolleginnen bzw. Kollegen Einwände erheben. (Der Präsident stellt fest, daß keine Einwände gegen die mündliche Einbringung des Antrags vorliegen.) -Zu Absatz 27 . In dem Änderungsantrag geht es um eine Formulierung des Textes in Punkt 27, in dem von Steuer auf Kohlendioxidemissionen und Energie die Rede ist. Ich möchte diese Worte durch Kohlendioxidenergiesteuer ersetzen. Das hört sich in der englischen Fassung meiner Meinung nach natürlicher an, da es den Begriff carbon dioxide energy tax gibt. Der derzeitige Text tax on carbon dioxide emissions and energy würde dann also ersetzt werden. Herr Berichterstatter, ich vermute, Ihr Antrag betrifft zugleich den ursprünglichen Wortlaut und die beiden Änderungsanträge, die zur Abstimmung gestellt werden, Änderungsantrag 9 der PPE und Änderungsantrag 2 der Fraktion der Grünen. Gibt es Einwände gegen diese Änderung? Herr Präsident, ich habe keine Einwände, weil das der Text ist, der im Sprachgebrauch, auch der Kommission, üblich ist. Ich bitte nur ganz dringend, über den Änderungsantrag 9 auf jeden Fall abstimmen zu lassen, denn da kommt das Wort "aufkommensneutral" zum Vorschein. Wir wollen mit dem Änderungsantrag sehr deutlich machen, daß man mit Umweltabgaben, egal wo und wie, auf keinen Fall die Steuerquote erhöhen darf, sondern daß das Geld an die Bürger zurückgehen muß. Darüber müssen wir abstimmen! Seien Sie versichert, daß ich Ihren Änderungsantrag - wie übrigens auch den der Fraktion der Grünen - zur Abstimmung stellen werde, wobei der mündliche Änderungsantrag des Berichterstatters jedoch jedesmal für den Text gilt, da er genaugenommen nicht den Text des Änderungsantrages betrifft. (Das Parlament nimmt die Entschließungsantrag an.) Dänemark hat eine lange und gute Tradition, freiwilliger Arbeit in allen Altersgruppen, nicht nur bei jungen Menschen, obwohl das Aktivitätsniveau in diesem Teil der Bevölkerung wesentlich höher ist. Dänemark wird oft als "Land der Organisationen" bezeichnet, und im Durchschnitt ist jeder Däne Mitglied einer Organisation, sei es einer politische Partei, einer Jugendorganisation, einer Pfadfinderbewegung oder einer Wohngruppe. All diese Menschen setzen sich für bessere Bedingungen für die Mitglieder der betreffenden Organisationen und für andere ein, die mit ihrem Anliegen sympathisieren. Aber nur wenige wollen sich für die Entwicklung der europäischen Dimension einsetzen. Wir bezweifeln, daß es überhaupt eine "europäische Dimension" gibt. Wir sind gegen diese Form der EU-Propaganda bei jungen Menschen und der übrigen Bevölkerung. Ebenso wenig sind wir der Ansicht, daß ein gemeinsames Statut für junge Freiwillige erforderlich ist. Aufgrund dieser Überlegungen stimmen wir gegen den Bericht Fontaine über einen europäischen Freiwilligendienst für junge Menschen. Ich kann dem Bericht unserer Kollegin und ersten Vizepräsidentin, Frau Nicole Fontaine, nur zustimmen. Der Europäische Freiwilligendienst für junge Menschen geht auf eine Initiative der Europäischen Kommission und insbesondere auf die Initiative von Frau Edith Cresson zurück. Er wurde vom Europäischen Parlament mit großer Freude aus der Taufe gehoben. Seine Zielvorgaben stoßen auf einhellige Zustimmung: Stärkung der Solidarität durch Förderung des Freiwilligendienstes für Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren; -Förderung der Einbindung Jugendlicher in den Bau des europäischen Hauses durch Jugendaustausch; -Förderung des Unternehmungsgeistes und der Kreativität junger Menschen.In Anbetracht dessen bin ich es mir als Mitglied des Ausschusses für Kultur und Jugend schuldig, die bedauerliche Haltung der im Rat versammelten Minister hervorzuheben, die, wie schon so oft, in deutlichem Mißverhältnis zu ihren Verlautbarungen steht. Es genügt nämlich nicht, sich über die Grundsätze zu einigen. Man muß sich schon auch um die praktischen Mittel der Umsetzung bemühen. Nun ist aber diesbezüglich ganz klar, daß die für den Zeitraum 1998-1999 bewilligten 47, 5 Mio. ECU in keiner Weise unseren Zielen und noch weniger den Ambitionen der jungen Menschen gerecht werden, die mit Ungeduld auf den Moment warten, sich in das Abenteuer Solidarität stürzen zu können. Ich stimme folglich nur unter Hinweis auf diesen Vorbehalt für diesen Bericht. Während alle Welt darin übereinstimmt, daß Bildung und Ausbildung der Jugend in der heutigen Welt die Grundpfeiler für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaften darstellen, sehen wir uns hier mit einem gemeinsamen Entwurf konfrontiert, der im Zentrum dieser Diskussion steht und zugleich außerordentlich enttäuschend ist. Er ist enttäuschend, weil er das Ergebnis minimaler Zugeständnisse ist, die nur durch Kompromisse abgetrotzt werden konnten. Denn das mindeste, das sich dazu sagen läßt, ist, daß sich der Rat trotz der Bemühungen unseres Parlamentes im Laufe des Verfahrens nicht gerade kompromißbereit zeigte, am wenigsten, was den Haushaltsrahmen für das Programm anbelangt ... Was sind schon, werte Kolleginnen und Kollegen, diese armseligen 47, 5 Mio. ECU verglichen mit der enthusiastischen Hochherzigkeit Tausender europäischer Jugendlicher, die auf Austauschmaßnahmen dieser Art warten? Austauschmaßnahmen, von denen man ihnen unaufhörlich vorgebetet hat, sie stünden für bürgerliche Verantwortung, für Offenheit gegenüber gesellschaftlicher und kultureller Vielfalt und für gegenseitige Bereicherung? Von denen man sagte, sie seien das unerläßliche Rüstzeug einer umfassend verstandenen Selbstverwirklichung? Wie sollen wir Ihnen verständlich machen, daß Ihrem Wunsch, sich in transnationale, gemeinnützige Aktivitäten einzubringen, zahllose rechtliche und administrative Hindernisse entgegenstehen? Was sollen wir zum Stand der europäischen Integration sagen, wenn wir nicht einmal in der Lage sind, an der Schwelle zum 21. Jahrhundert diese Art von Initiativen auf kluge Art zu fördern? Wir wissen bereits, daß dieses Programm über außerordentliches Potential verfügt und zu einem überwältigenden Erfolg werden könnte. Dies war der Fall bei den Austauschprogrammen für Studierende. Die zahlreichen jungen Arbeitnehmer oder jungen Arbeitslosen, die nicht mehr in der Ausbildung stehen und an die sich der europäische Freiwilligendienst insbesondere richtet, wünschen und verdienen, daß ihren Mobilitäts- und Ausbildungsprojekten in ganz Europa dieselbe Unterstützung zuteil wird. Wir müssen diesen Text, auf den bereits ungeduldig gewartet wird, natürlich unterstützen, auch wenn er unzureichend ist, denn meiner Ansicht nach ist dieser unvollständige und unzureichende Text immer noch besser als nichts. Ich bleibe bei der Auffassung, die ich schon bei früheren Debatten im Parlament in dieser Sache vertreten habe. Mit diesem Bericht sollte ausdrücklich erreicht werden, den Finanzierungsrahmen für die Durchführung des Programms im Zeitraum 1998-1999 von den vom Rat vorgeschlagenen 35 Millionen ECU auf 80 Millionen ECU zu erhöhen. Nach Verhandlungen mit dem Rat hat dieser jetzt eine Erhöhung des Betrags auf 47, 5 Millionen ECU vorgeschlagen. Ich kann unmöglich für diesen Vorschlag stimmen, wenn ich gleichzeitig sehe, daß die Mitgliedstaaten Einsparungen durchführen, durch die es im öffentlichen Sektor dieser Länder zu Entlassungen kommt. Bericht Dybkjær (A4-0275/98) Die nachhaltige, umweltgerechte Entwicklung findet heute in unseren Ländern breite Unterstützung. Kaum jemand wagt, die These aufrechtzuerhalten, Wirtschaft und Umwelt seien unvereinbar. Allerdings müssen den allseits verkündeten guten Absichten auch konkrete Maßnahmen folgen. Die interinstitutionellen Verhandlungen zum 5. Aktionsprogramm im Bereich der Umweltpolitik sind in dieser Hinsicht beispielhaft. Gewiß kann man ihre Langwierigkeit in einem derart wichtigen Bereich bedauern. Tatsächlich kommt das im Februar 1996 in Angriff genommene Verfahren erst heute zu seinem Abschluß. Beinahe dreißig Monate waren somit erforderlich, um den neuen Bestimmungen des im November 1993 in Kraft getretenen Vertrags über die Europäische Union zu entsprechen - und dies, obwohl das 5. Aktionsprogramm die Überprüfung der im Rahmen dieses Programms eingeführten Strategie bis Ende 1995 vorsah. Angesichts dieser Tatsache kann sich das Europäische Parlament zu den Ergebnissen beglückwünschen, die dank der Umsetzung des nun in dieser Sache vorgesehenen Mitentscheidungsverfahrens erzielt werden konnten. Die Bereiche des Umweltschutzes wurden erweitert, und der Rat hat seine Zustimmung zur erforderlichen umfassenden Evaluierung des vorliegenden Programms signalisiert. Die Evaluierung wird von Vorschlägen zu den prioritären Zielvorgaben und den nach dem Jahr 2000 zu ergreifenden Maßnahmen flankiert sein. Daß der Rat bereits jetzt festgestellt hat, daß die einen oder anderen von diesen "noch ehrgeiziger" sein könnten, läßt seine Zustimmung um so positiver erscheinen. Ein weiterer Anlaß zur Zufriedenheit ist meiner Ansicht nach das vom Rat signalisierte Einverständnis für mögliche legislative Initiativen, kraft derer im Umweltbereich auf fiskalische Instrumente zurückgegriffen werden könnte, um die Beschäftigungslage, die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum zu verbessern. Diese Forderung wird bereits seit langem erhoben, und es gilt, sie so schnell wie möglich zu erfüllen. In Erwartung des von der Kommission angekündigten Weißbuchs unterstütze ich deshalb vorbehaltlos die Ergebnisse des Kompromisses in der uns vorgeschlagenen Form. Was das Vermittlungsergebnis zum Maßnahmenprogramm der EU für die Umwelt betrifft, so müssen wir leider feststellen, daß von den Forderungen und Maßnahmen der Umweltpartei und der gesamten Umweltbewegung nicht viele übriggeblieben sind. Sie sind aber notwendig, um das Ziel einer dauerhaften Entwicklung zu erreichen. Nicht einmal die Vorschläge aus der ersten Lesung im Europäischen Parlament sind in nennenswertem Umfang erhalten geblieben. Bei der zweiten Lesung im Europäischen Parlament wurden zehn wichtige Änderungsanträge mit absoluter Mehrheit angenommen. Es ging z. B. darum, daß die drei neuen Mitgliedstaaten der EU ihre höheren Umweltanforderungen nicht zu senken brauchen, daß die Kommission einen Aktionsplan für den Umgang mit radioaktivem Abfall aufstellen soll und daß die Kommission eine Richtlinie über Umweltverantwortung vorlegen soll. In dem Kompromißvorschlag, der jetzt angenommen werden soll, sind alle diese Vorschläge verschwunden. Der Inhalt des Kommissionsvorschlags gleicht dem Vorschlag sehr, den die Kommission von Anfang an im Umweltbereich vorlegen wollte. Alle Vorschläge, welche die Kommission (und den Rat) wirklich hätten veranlassen können, zu handeln und die Umweltprobleme wirklich ernst zu nehmen, sind aus dem Text verschwunden. Es ist den Mitgliedern des Europäischen Parlaments im Vermittlungsausschuß nicht gelungen, die Forderungen zu verteidigen, die von der Mehrheit des Europäischen Parlaments bei der zweiten Lesung angenommen wurden. Was die Übergangsvorschriften für Schweden, Finnland und Österreich angeht, so beinhaltet der Vorschlag keine Garantie für diese Länder, daß sie ein höheres Umweltschutzniveau beibehalten dürfen als die übrige EU. Die Harmonisierung der Umweltnormen trägt das Risiko einer Angleichung nach unten in sich. Dem sind im übrigen drei unserer Mitgliedstaaten knapp entgangen, nämlich Österreich, Schweden und Finnland, die, wie es aussieht, glücklicherweise in den Genuß eines Sonderstatus kamen. Schön für die drei, schade für die anderen! Warum sollten wir unsere Umweltschutznormen in Europa überhaupt verschärfen, wenn wir gleichzeitig keinerlei Absicht haben, gegenüber Drittländern Kritik zu üben? Die "Euroglobalisten" treffen hier auf ihre eigene Widersprüchlichkeit. Wie nämlich können die Mitgliedstaaten eine nachhaltige, umweltverträgliche Politik angesichts eines weltweiten Handels, der unter der Diktatur der Welthandelsorganisation steht, die wiederum den Staaten tendenziell ein Recht auf Information bei der Qualität von Importen abspricht? Setzt man sich wirklich eine ehrgeizige Politik in den Bereichen Umwelt und Gesundheit zum Ziel, müssen diese Überlegungen zu Ende geführt und die durch unsere Grenzen gegebenen Kontrollmöglichkeiten beibehalten werden. Wenn also nur Produkte, die Mensch und Natur achten, in den Binnenmarkt eingeführt werden dürfen, werden die Drittländer ohne Zweifel die Verschärfung ihrer Normen beschleunigen. Im gegenteiligen Falle, in dem das Gesetz des Dschungels den Sieg davonträgt, messe ich unseren Bemühungen um eine nachhaltige und umweltverträgliche Entwicklung leider wenig Wert bei. Nach der Ablehnung der Änderungsanträge der ersten und zweiten Lesung des Parlaments durch den Rat finde ich es positiv, daß der Vermittlungsausschuß durch eine effektive Arbeit relativ schnell einen Kompromißtext ausgearbeitet hat. Ich bin überzeugt, daß die vielen im Aktionsprogramm enthaltenen Initiativen notwendig sind, wenn wir unseren Nachkommen eine gute und saubere Umwelt hinterlassen wollen. Die Berichterstatterin hat zu Recht sehr viel Wert darauf gelegt, daß möglichst viele Aktionen des Programms für die Gemeinschaft bindend sind, anstatt sie als bevorzugte politische Bereiche zu betrachten. Umweltverbesserungen können meiner Meinung nach nur durch eindeutige und effektive Vorschriften erreicht werden. Bericht Cabrol (A4-0276/98) Wir können den Bericht von Herrn Cabrol über die Schaffung eines Netzes für die epidemiologische Überwachung und die Kontrolle übertragbarer Krankheiten in der Gemeinschaft nicht unterstützen. Wir halten es für überflüssig, ein permanentes Netz auf Gemeinschaftsebene einzurichten, das von der Kommission eingerichtet werden soll. Es wäre viel besser, eine solche Maßnahme über die WHO zu koordinieren, da die genannten Krankheiten nicht auf das Territorium der EU beschränkt sind. Wir können auch die umfassende Registrierung nicht befürworten, die im Beschluß des Parlaments und des Rates vorgesehen ist. Diese Überlegungen haben dazu geführt, daß wir gegen den Bericht stimmen. Um eine effektive Behandlung ansteckender Krankheiten in der Gemeinschaft gewährleisten zu können, ist eine Koordinierung über die Grenzen hinweg absolut erforderlich. Deshalb ist es auch wichtig, ein effektives und gut funktionierendes Netz zur epidemiologischen Überwachung und Kontrolle zu schaffen. Ein permanentes Netz zwischen Behörden und zentralen epidemiologischen Institutionen in den Gemeinschaften ist meiner Überzeugung nach das einzige Mittel, das langfristig sicherstellen kann, daß eine effektive ärztliche Behandlung ansteckender Krankheiten angeboten werden kann. Dann kann auch die bedauerliche Verbreitung multiresistenter krankheitserregender Mikroorganismen aufgehalten werden, die wir an bestimmten Orten der Gemeinschaft schon beobachten können. Ich freue mich sehr, daß der Vermittlungsausschuß zu einem vernünftigen Kompromiß in bezug auf das vorgeschlagene Netz gekommen ist. Ich wiederhole meine Meinung, die ich bei der zweiten Lesung dieses Berichts im Januar 1998 dargelegt habe. Es geschieht natürlich in guter Absicht, wenn man ein Zentrum zur Kontrolle ansteckender Krankheiten einrichten will. Ich habe aber starke Zweifel, daß es sinnvoll ist, ständig neue Institute auf "Gemeinschaftsebene" einzurichten. Schweden verfügt bereits über entwickelte Netzwerke für diesen Zweck, u. a. in Zusammenarbeit mit der WHO. Wenn in Europa ein Netzwerk eingerichtet werden soll, dann soll es eine gesamteuropäische Struktur haben. Diese ständig neuen EU-Institutionen brauchen Ressourcen, und diese Ressourcen müssen irgendwo herkommen. Eine positive Entscheidung einer EU-Institution verlangt vielleicht negative Entscheidungen auf nationaler und globaler Ebene, wenn man sich etwa an die negative Einstellung zu Steuern innerhalb der Union erinnert. Empfehlung Breyer (A4-0242/98) Die Fraktion der Unabhängigen für das Europa der Nationen unterstützt zugleich den Bericht und die Änderungsanträge des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz. Seit 1989 ist die Rahmenrichtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Zusatzstoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen, in Kraft. Der Vorschlag der Kommission, der heute zur Abstimmung steht, betrifft die Anpassung der europäischen Rechtsvorschriften an die neueste wissenschaftliche und technische Entwicklung. Im Vorschlag der Kommission wird die Verwendung von Nisin (ein Antibiotikum) bei der Herstellung pasteurisierter Eier insgesamt abgelehnt, für die Behandlung von Mascarpone jedoch zugelassen. Nun meinen wir, daß es wesentlich wichtiger ist, die Verwendung von Antibiotika in Lebensmitteln einzuschränken, als Antibiotika wegen der Gefahr der Bildung biologischer Resistenzen aus Viehfuttermitteln zu verbannen. Zutreffend ist, daß biologische Resistenzen in Abhängigkeit der Aufnahme aktiver Antibiotika entstehen, die für Nahrungsmittel vorgesehen sind. Das sind die Tatsachen. Unsere Fraktion kann, um das noch einmal hervorzuheben, die Position der Kommission nicht nachvollziehen und prangert die mangelnde Logik dieser Position an - die einzige Erklärung wäre, daß durch diese Position ein wie auch immer geartetes Interesse der Kommission seinen Ausdruck findet, die europäische Tierproduktionsbranche zu verunsichern. Wie dem auch sei - die europäische Gesetzgebung muß der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung regelmäßig angepaßt werden, und es ist zu wünschen, daß dies ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes der Verbraucher erfolgt. Der Sinn einer Änderung der Richtlinie 95/2/EG ist die Anpassung seiner Anlagen an die bedeutende technologische Entwicklung, die im Laufe von wenigen Jahren stattgefunden hat. Außerdem soll den Mitgliedstaaten, die nach der Annahme der Richtlinie der EU beigetreten sind, die weitere Verwendung ihrer traditionellen Zusatzstoffe ermöglicht werden. Es ist erfreulich, daß die Überwachung des Marktes für Zusatzstoffe durch die Kommission zu einem schnellen Entwurf geführt hat, so daß die Rechtsvorschriften der EU in diesem wichtigen Bereich immer auf dem neuesten Stand sind. Die dänische Regierung hat im Rat ihre Besorgnis darüber ausgedrückt, daß in der Richtlinie bestimmte Stoffe zugelassen werden. Ich hoffe allerdings, daß es möglich sein wird, zu einem Kompromiß zu kommen, der für sämtliche Mitgliedstaaten akzeptabel ist. Bericht Anastassopoulos (A4-0212/98) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, der Bericht Anastassopoulos gereicht in der am heutigen Vormittag beschlossenen Form nicht zur Ehre des Parlaments. Ich bleibe dabei, daß er sogar weit davon entfernt ist, der Verpflichtung zu entsprechen, die im Vertrag von Maastricht und schließlich im Vertrag von Amsterdam festgeschrieben ist. Einige Aspekte - und nicht einmal die unwesentlichsten - wurden nicht angenommen, ja, sie wurden in diesem Bericht nicht einmal erwähnt. Im übrigen wurden die Änderungsanträge, die wir eingebracht hatten - ich spreche von den Änderungsanträgen 35, 29 und 26 - abgewiesen, obwohl wir hervorhoben, daß die unberücksichtigt gebliebenen Aspekte der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten unterstehen. Das Parlament hat also eingeräumt, daß es hierüber hätte reden müssen. Es ist jedoch nicht darauf zurückgekommen. Das Parlament hat weder über die Voraussetzungen für die Stimmberechtigung, noch über die Kontrolle und Überprüfung der Wählerlisten gesprochen. Es hat weder über die Voraussetzungen für Wählbarkeit oder Nichtwählbarkeit, noch über Unvereinbarkeiten wie die in Artikel 8 genannten Unstimmigkeiten gesprochen. Es hat auch nicht über die Finanzierung des Wahlkampfes, die Vorbereitung, die Durchführung und die Kontrolle der Wahl oder über Wahlanfechtungen gesprochen. Schlimmer noch, der von uns angenommene Bericht steht im Widerspruch zu seinen eigenen Darlegungen. Dem Bericht zufolge sollen gewählte Vertreter und Wähler sich einander annähern - und gleichzeitig schlägt der Bericht die Einrichtung einer transnationalen europäischen Kandidatenliste vor. Er bezieht sich auf den Fall Frankreichs, obwohl Frankreich angesichts der starken Vorbehalte der Bevölkerung das Projekt der Dezentralisierung des Wahlverfahrens aufgab. Wie kann man, zu einer Zeit, in der die Wähler wünschen, daß Entscheidungen möglichst in ihrer Nähe gefällt werden, eine Liste verlangen, die, wird sie umgesetzt, zu einer Wahlenthaltung von 99 Prozent führen würde? Die Stunde gehört den Nationen, die Stunde gehört der Stimme des Volkes. Gerade erst kam bei einem Sportereignis der Stolz und die Freude der Völker Europas darüber zum Ausdruck, einer Nation anzugehören. Das hätten wir heute zum Ausdruck bringen sollen anstelle dieses Berichts, der nichts Halbes und nichts Ganzes ist! Herr Präsident, ein Problem bei dem Bericht und bei der Idee, ein Wahlsystem vom Europäischen Parlament, von Parlamentsabgeordneten und Parteien konzipieren zu lassen ist, daß hierbei die Interessen der Parteien selbst und nicht die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund stehen werden. Im Grunde werden sie sich für die Art von System entscheiden, mit dessen Hilfe sie bei den nächsten Wahlen mehr Stimmen gewinnen können. In dem Bericht wird auch die Tatsache ignoriert, daß es in bestimmten Mitgliedstaaten der Union sehr gerechte Wahlsysteme gibt. Irland beispielsweise hat eines der gerechtesten Wahlsysteme der gesamten Europäischen Gemeinschaft. Eine Harmonisierung der Wahlsysteme für die Europawahlen könnte sich nachteilig auf das sehr faire und gerechte irische System auswirken, und die meisten Abgeordneten dieses Parlaments sind sich dessen wahrscheinlich gar nicht bewußt. Darüber hinaus wird bei der Bereitstellung eines bestimmten Prozentsatzes an Sitzen für die Wahl des Europäischen Parlaments auf europaweiter Ebene von einer Art europaweiter politischen Identität ausgegangen, die es aber nicht gibt. Dies wäre für kleinere Staaten, kleinere Parteien und Randgebiete von Nachteil. Die Vorstellung, den Menschen in Europa eine solche politische Identität durch Einführung eines solchen Systems aufzuoktroyieren, ist lächerlich. Was Sie hier heute vorgeschlagen haben, ist den Menschen an der Basis, dem politischen System und der Demokratie abträglich. Wir müssen diese Idee wirklich noch einmal überdenken. Das Ganze ist ein großer Fehler. Auch wenn Sie uns vom Gegenteil zu überzeugen versuchen, ist dies nicht im Interesse der Menschen. Aus diesem Grund stimme ich gegen diesen Bericht: Es ist ein wirklich schlechte Idee. Herr Präsident, ich stimme Frau McKenna in allen Punkten zu, und ich brauche das eben Gesagte nicht noch einmal zu wiederholen. Statt dessen möchte ich auf die Frage eingehen, ob dieser Bericht wirklich Substanz hat. Tatsache ist, daß eine große Anzahl von Wählern in Anbetracht der ungültig gemachten Stimmzettel in jedem Staat, in dem es das Verhältniswahlrecht gibt, dieses System bei jeder Wahl ablehnt. Das einzige Land in der Europäischen Union mit einem geringeren Prozentsatz an ungültig gemachten Stimmzetteln ist das Vereinigte Königreich mit seinem bewährten Mehrheitswahlrecht. Soweit ich dies nach 14 Jahren im Parlament beurteilen kann, wird das Verhältniswahlrecht nur einem Element einzig und allein gerecht: den Parteien. Diesbezüglich stimme ich Frau McKenna zu, denn durch ein solches System wird allein das Vorrang haben, was für die politischen Führungen akzeptabel ist und nicht für die Wählerschaft. Deshalb bin ich dafür, daß die Wähler das letzte Wort bei der Entscheidung haben sollten, wen sie letztendlich in das Europäische Parlament entsenden, was in dieser Hinsicht auch für jedes andere Parlament gilt. Aus diesem Grund habe ich gegen diesen Bericht gestimmt. Herr Präsident, jeder Bericht steuert einen Gedanken, einen Hauptgedanken bei. Der Bericht de Gucht steuerte den Gedanken des Verhältniswahlsystems bei, und das Parlament sprach sich für die Verhältniswahl aus. Der Bericht Anastassopoulos steuert einen weiteren Gedanken bei, nämlich daß die großen Wahlbezirke in den großen Ländern mit den meisten Einwohnern in mehrere Wahlbezirke, die sogenannten territorialen Wahlkreise, unterteilt werden sollen. Nun stellt sich uns folgende Frage: Haben wir, indem wir das Wort "territorial" in Artikel 2 strichen, diese Aussage, die die Aussage des Berichterstatters war, geändert oder nicht? Ich möchte die Aufmerksamkeit des Hauses lediglich auf die Tatsache richten, daß wir den Kern des Vorschlags des Berichterstatters tatsächlich nicht verändert haben, und zwar aus dem einfachen Grund, daß die letzte Zeile von Artikel 2 Mitgliedstaaten mit nicht mehr als 20 Millionen Einwohnern von der Verpflichtung entbindet, Wahlkreise einzurichten. Glaubt man, damit würden diese Staaten vor der Verpflichtung bewahrt, einen nationalen Wahlkreis einzurichten? Weit gefehlt. Die Tatsache selbst, daß dieses Verbot für die kleinen Staaten besteht, bedeutet, daß es sich bei den in Artikel 2 Satz 1 bezeichneten Wahlkreisen um innerstaatliche Wahlkreise, eben um territoriale Wahlkreise handelt. Wir haben, werte Kollegen, hier das Wort gestrichen, nicht jedoch den Gedanken. Der Bericht Anastassopoulos steht in jedem Falle im Geiste einer Verpflichtung der großen Staaten, das Staatsgebiet in mehrere Wahlkreise zu unterteilen. Unserer Meinung nach sollten die Mitgliedstaaten selbst darüber entscheiden, welches Wahlsystem sie für die Wahl zum Europäischen Parlament haben wollen. Wir finden ein proportionelles Wahlsystem gerechter als ein Wahlsystem, das auf Einmannwahlkreisen beruht. Aber diese Debatte muß in den einzelnen Mitgliedstaaten geführt werden. Dasselbe gilt für die Möglichkeiten der Personenwahl. Wir distanzieren uns entschieden von der Idee, einige Mandate durch Wahl in einem Wahlkreis für die gesamte EU wählen zu lassen. Da es in Europa zur Zeit keine Mediendebatte in der gesamten EU gibt, da wir unterschiedliche Sprachen, Kulturen und politische Traditionen haben, verbietet sich ein EU-Wahlkreis von selbst, weil Europa nicht reif dafür ist. Wir möchten ernsthaft vor dem Versuch warnen, die Demokratie auf diese Weise zu zentralisieren. Es kann zu einer Herrschaft der Wenigen führen, wenn die Demokratie so zentralisiert und großformatig wird, daß die Bürger keinen Bezug zur Politik mehr empfinden. Ich habe das Hauptziel in diesem Bericht unterstützt und dafür gestimmt: die Festlegung gemeinsamer Grundsätze für die Wahlen zum Europäischen Parlament, die auf dem Grundsatz der Verhältniswahl beruhen, die der beste Garant für demokratische Verhältnisse ist. Verschiedene andere Aspekte haben meine Zustimmung gefunden, insbesondere die Unvereinbarkeit des Mandats des europäischen Parlamentsmitglieds mit dem nationalen Mandat sowie die Schaffung von innerstaatlichen Wahlkreisen ohne Beeinträchtigung der Verhältniswahl, als eine Methode zur Annäherung zwischen den gewählten Vertretern und der Wählerschaft. Ich habe gegen den Vorschlag für die Einrichtung eines europäischen Wahlkreises für länderübergreifende Listen gestimmt, da diese ungewöhnliche Idee, die in keiner Weise darauf ausgerichtet ist, die Abweichungen vom Verhältniswahlsystem zu korrigieren und die Vertretung von Minderheiten sicherzustellen, noch nicht einmal für die Gewährleistung einer länderübergreifenden Teilnahme an den europäischen Wahlen notwendig ist. Unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Vertrags von Maastricht über die Politik für die Unionsbürgerschaft habe ich aus folgenden Gründen gegen diesen Vorschlag gestimmt es verstößt gegen jegliche Grundsätze einer supranationalen Macht nach föderalem Muster, die auf einem nationalen Parlament mit einer zur jeweiligen Landesbevölkerung proportionalen Anzahl von Mitgliedern pro Staat beruht; -der wirklich entscheidenden Frage, wie sich der Rat weiterentwickeln soll, damit er die Rolle als "Hohe Kammer" wahrnehmen kann, in der die Staaten paritätisch vertreten sind, wird mit gutem Grund ausgewichen; -das Problem der nationalen Gewichtung auf der europäischen Liste wird aufgeworfen, aber nicht gelöst - ein politisches Problem, das in jeder Hinsicht dem Problem der Stimmengewichtung im Rat gleicht; -die Kluft zwischen den Wählern und den gewählten Vertretern wird größer statt kleiner; -und schließlich wäre es dadurch möglich, europäische Mandate von Parlamentsmitgliedern aufrechtzuerhalten, die sich immer mehr von ihrer Wählerschaft entfernen, und die vielleicht unter anderen Umständen niemals wiedergewählt worden wären.So lehne ich diesen Entwurf nicht aufgrund irgendwelcher opportunistischer Überlegungen ab, die zu einigen Kompromißlösungen im Bericht Anastassopoulos geführt haben, sondern weil es um die Frage pro-europäischer Grundsätze geht. Dieser Entwurf ist Ausdruck eines pro-europäischen Vorstoßes, der in der Öffentlichkeit, die bereits überaus beunruhigt darüber ist, wie sich einige Institutionen im "fernen" Brüssel absondern, nur Ablehnung hervorrufen kann. Zwar ist ein pro-europäischer Impuls unbedingt erforderlich, aber er sollte auf einem anderen Weg erreicht werden, auf genau dem Weg, der in diesem Bericht aus Bequemlichkeit und aus Angst vor einer politischen Auseinandersetzung für eine Demokratie in Europa vermieden wurde. Für mich führt dieser Weg über die Aufwertung der supranationalen Rolle der Kommission, die mit einer größeren politischen Verantwortung der Kommission gegenüber dem gewählten Parlament einhergeht. Er führt über die Auswahl von bedeutenden, pro-europäischen, politischen Persönlichkeiten als Kandidaten für das Europäische Parlament, die wirklich in ihre ursprünglichen politischen Systeme eingebunden und einflußreich sind. Er führt über die Benennung eines Präsidenten des Europäischen Parlaments, der über echte politische Autorität zum Wohle Europas verfügt. Und schließlich führt er über die Annahme des Delors-Vorschlags, demzufolge die europäischen politischen Parteien ihren Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten zur Wahl stellen, so daß er gegenüber den nationalen Regierungen über eine eigene demokratische Legitimation verfügt. Diese europafreundliche, politische Courage habe ich in diesem Entwurf nicht gefunden, lediglich die "politische Korrektheit" eines länderübergreifenden europäischen Wahlkreises. Das Europäische Parlament hat gerade den Bericht Anastassopoulos angenommen, der - obgleich in etwas unklarerer Form als das ursprüngliche Dokument - eine Verpflichtung zur Dezentralisierung der Europawahlen in sämtlichen Mitgliedstaaten mit mehr als 20 Millionen Einwohnern vorsieht. Meine Fraktion hat gegen diesen Entwurf gekämpft und wird ihn weiterhin bekämpfen. Dieser Entwurf steht erst am Anfang des gesetzgeberischen Hürdenlaufs, da nach Maßgabe des Artikels 138 des Vertrages erforderlich ist, daß der Rat Empfehlungen einstimmig annimmt (zugegebenermaßen unter dem Druck des Europäischen Parlaments) und diese anschließend von jedem Mitgliedstaat gemäß seinen verfassungsmäßigen Prinzipien gebilligt werden. Der Prozeß ist jedoch in Gang gebracht. Er scheint uns mit dem Prinzip der Subsidiarität unvereinbar, das jedem Mitgliedstaat die Festsetzung von Anzahl und Ausdehnung seiner Wahlbezirke überläßt. Für die großen Staaten ist dieser Prozeß ebenfalls sehr bedenklich, da sie recht schnell Gefahr laufen, sich in mehrere territoriale Bereiche unterteilt wiederzufinden, von denen jeder das Gewicht eines kleinen Staates besitzt. Manche behaupten, diese Entwicklung wäre zu vermeiden, wenn die jeweiligen innerstaatlichen Wahlkreise nicht mit den historischen regionalen Grenzen zusammenfallen. Diese Personen beruhigen jedoch lediglich auf trügerische Weise ihr schlechtes Gewissen. In Wirklichkeit nämlich wäre dies eine Maßnahme, die zu einer Schwächung der Nationalstaaten führen würde, und man darf gewiß sein, daß sich die Kommission hieran nach Kräften beteiligt. Ich finde den Hinweis sehr informativ, daß die Argumente für die Dezentralisierung des Wahlverfahrens in Frankreich in einem Bericht mit Datum vom Juni 1996 entwickelt wurden, bei dessen Ausarbeitung das Mouvement européen - France federführend war. Das Mouvement wird, wie jeder weiß oder wissen sollte, von der Kommission stark subventioniert und vertritt liebenswürdigerweise deren nicht direkt rühmlichen Konzepte. Diese Art indirekter Einflußnahme wird von der Kommission häufig über den Umweg zahlreicher anderer Mittelsorganisationen genutzt, die mitunter zu 100 Prozent finanziert werden und irgendwann genauer untersucht werden sollten, um die Ausbreitungsmaschinerie des EU-Föderalismus richtig zu verstehen. In diesem Zusammenhang ist noch bemerkenswerter, daß der Bericht des Mouvement européen von einem aus mehreren Parteien bestehenden Ausschuß verfaßt wurde, dessen Mitglieder - dies bekräftigt das Vorwort nicht ohne eine gewisse Großspurigkeit (Seite 11) - sämtlichen politischen Gruppierungen entstammten, die für die großen Strömungen der demokratischen Gesinnung des Landes repräsentativ sind. Die Vertreter der Fraktion der Unabhängigen für das Europa der Nationen waren jedoch beispielsweise nicht beteiligt. Zwischen diesen Mitgliedern und den Entscheidungsinstanzen des Mouvement européen besteht ein im Bericht als solcher bezeichneter "Initialvertrag" , der insbesondere präzisiert, daß das Hauptziel des neuen Wahlgesetzes darin liegen müsse, die Wähler den gewählten Vertretern näherzubringen (ein außerordentlicher Lapsus, nebenbei bemerkt), indem der Rahmen eines einzigen nationalen Wahlgebietes aufgebrochen wird (Seite 13). Angesichts dieses "Initialvertrages" ist man nicht weiter überrascht, festzustellen (Seite 16), daß die Mitglieder des Ausschusses die Empfehlung für die Reform des vorhandenen Wahlsystems sowie zu diesem Zweck die Beibehaltung der Verhältniswahl und die Aufteilung der Wählerschaft in mehrere territoriale Wahlkreise einstimmig annahmen. Wir wissen nicht, in welchem Umfang manche Mitglieder dieses Ausschusses getäuscht wurden. Sicher ist jedoch, daß die öffentliche Meinung durch die Subventionen der Kommission unablässig manipuliert wird. Wir ergreifen also erneut die Gelegenheit, noch einmal die vollständige und definitive Abschaffung dieser Subventionen zu fordern. Wir erinnern zudem daran, daß es das einfachste und sicherste Mittel für die Annäherung der gewählten Vertreter an die Wähler (und nicht umgekehrt) ist, den nationalen Parlamenten in den Entscheidungsabläufen wieder eine größere Rolle zukommen zu lassen und sie gewissermaßen zu aktiveren Akteuren auf der europäischen Bühne zu machen. Die Vertreter im Europäischen Parlament, die auch dann noch aus theoretischen und praktischen Gründen im Rahmen eines einzigen nationalen Wahlkreises gewählt werden müßten, würden sich einer besseren Kontrolle durch die Wähler ausgesetzt sehen, wenn die in den verschiedenen Papieren der unserer Fraktion dargelegten Entwürfe Anwendung fänden. Unter anderem sind die Europaabgeordneten auf nationaler Ebene, und nicht von Brüssel aus zu verwalten. Sie sind stärker in die vorbereitenden Überlegungen zu den nationalen Gesetzgebungen einzubinden. Den Bürgern dagegen ist zu ermöglichen, eine wirkliche Bilanz der Stellungnahmen ihrer Vertreter in Brüssel ziehen zu können. Hierzu könnten diese ihre verschiedenen Redebeiträge in einem Sonderteil des französischen Amtsblatts veröffentlichen. Ich unterstütze den Bericht unseres Kollegen Georgios Anastassopoulos. Im großen und ganzen gehen die uns unterbreiteten Vorschläge in die Richtung eines Europas der Bürger und einer Stärkung der europäischen Staatsbürgerschaft - eine Richtung, die ich unterstütze und für die ich meine ganze Energie einsetze. Zwei Bestimmungen entsprechen diesen unverzichtbaren Erfordernissen: die Schaffung territorialer Wahlkreise für Staaten mit über 20 Millionen Einwohnern und die Wahl von Europaabgeordneten auf europäischer Ebene. In zweierlei Hinsicht bedauere ich die Kleinmütigkeit mancher, rechts wie links. Zwar kann ich die Argumente, in denen der Verlust an Souveränität zum Vorwand für die Ablehnung einer solchen Entwicklung wird, verstehen, wenn ich ihnen auch nicht zustimmen kann. Ich kann allerdings nicht dulden, daß einige diese Entwicklung aus Gründen des politischen Kalküls verurteilen. Letztere sind häufig genau diejenigen, die den mangelnden repräsentativen Charakter und die Distanz unseres Parlaments zu unseren Mitbürgern bedauern. Ich würde mich ja darum bemühen, diese Haltung zu verstehen... doch dazu ist sie viel zu durchschaubar.. Dennoch ist es bedauerlich, bis zum Jahr 2009 darauf warten zu müssen, daß 10 Prozent von uns innerhalb einer einzigen Grenze gewählt werden können - derjenigen Grenze, die das Gebiet der Gesamtheit der Mitgliedstaaten umfaßt. 60 Abgeordnete, die von allen Europäern gewählt werden, wären ein kraftvolles Symbol für die Entwicklung des europäischen Hauses gewesen, hätte dieses Verfahren ab 2004 praktiziert werden können. Andererseits begrüße ich den Willen, die Unvereinbarkeit des Mandats eines Mitglieds des Europäischen Parlaments mit der Mitgliedschaft in einem nationalen Parlament zu bestimmen. Beide Mandate erfordern die Verfügbarkeit und den vollen Einsatz der Abgeordneten. Die Billigung einer Ämterhäufung dieser Art ließe unsere Funktion in den Augen der Bevölkerung de facto unglaubwürdig werden. Die Absage an die Ämterhäufung ist daher eine sinnvolle Maßnahme. Ein letztes Mal möchte ich Georgios Anastassopoulos beglückwünschen. Ich hoffe, daß seine Empfehlungen bei den Mitgliedern der nationalen Parlamente über jedwede politische Taktik hinaus Gehör finden werden. Ich hoffe es, kann mir aber dessen leider nicht sicher sein. In Artikel 7 seines "Entwurfs" hatte der Berichterstatter die gute Idee und den Mut, die Aufstellung transnationaler Listen für 10 Prozent der Gesamtzahl der Sitze des Europäischen Parlamentes einzuführen. Manche denken vielleicht, daß der Vorschlag transnationaler Listen neben den übrigen Vorschlägen dieses Textes - proportionale Listen, Mindestschwelle, Vorzugsstimmen, territoriale Wahlbezirke in Staaten mit mehr als 20 Millionen Einwohnern - zweitrangig ist. Ich bin anderer Ansicht. Es handelt sich hier um eine Initiative, die sich in die politische Entwicklung Europas einfügt und weniger stark die nationalen Interessen in den Mittelpunkt stellt. Die transnationalen Listen sind die logische Folge der Richtlinie, die die Stimmabgabe von im Ausland niedergelassenen Europäern bei Kommunalwahlen in ihrem Gastland ermöglicht. In beiden Fällen geht es um die Verwirklichung einer echten europäischen Staatsbürgerschaft. Und im übrigen hat der juristische Dienst des Europäischen Parlaments auf der Grundlage dieses den nationalstaatlichen Rahmen sprengenden Präzedenzfalls eine Stellungnahme zu diesem Entwurf abgegeben, aus der hervorgeht, daß der Entwurf nicht den Prinzipien des Vertrages widerspricht, da ja die Europawahlen ohnehin schon transnationale Elemente enthalten. Als Sozialist, der Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Europas (PSE) und gleichzeitig der parlamentarischen Fraktion der PSE ist, füge ich hinzu, das dies der Bildung wirklich europäischer Parteien, die sich von den traditionellen politischen Gruppierungen unterscheiden, einen äußerst konkreten Inhalt geben würde. Es wäre gut, den europäischen Wahlen etwas Dramatik zu verleihen, um sie von den nationalen Wahlen zu trennen und die Gefahr einer Verwechslung der beiden Ebenen auszuschließen.. Dank der transnationalen Listen könnten die in den Mitgliedstaaten lebenden Minderheiten mehr Geltung bekommen und sogar im Europäischen Parlament vertreten sein. Zu diesen Minderheiten zählen beispielsweise Sinti und Roma sowie Muslime. Damit sind die Grundlagen skizziert. Wie aber sieht es mit der konkreten Umsetzung aus? Soweit sind wir zwar noch nicht, für alle ist jedoch deutlich, daß zahlreiche Probleme praktischer Art anstehen. Hierzu zählen die Erstellung von Listen, eine insgesamt ausgewogene Verteilung der Sitze nach Ländern, Entscheidungen über die Aufnahme von Persönlichkeiten europäischen Formats auf einer transnationalen Liste anstelle einer nationalen Liste usw. Das ist das Problem eines Europas, das von Nationen und Föderationen gestaltet wird. Es ändert jedoch nichts daran, daß das Prinzip transnationaler Listen zur Entwicklung eines europäischen Bewußtseins beiträgt. Die Möglichkeit der Bürger, in regelmäßigen Abständen ihre Vertreter zu wählen, und zwar im Rahmen allgemeiner, freier, gleicher und geheimer Wahlen, ist sicher das kennzeichnende Merkmal einer wirklich demokratisch zu nennenden Institution. Dabei kann unter Beachtung dieses fundamentalen Charakteristikums die Art des Wahlverfahrens durchaus variieren. Es handelt sich dabei im Grunde genommen nur um verschiedene Ausgestaltungen ein und desselben Prinzips, um eine Anpassung an Zeit und Raum zu ermöglichen, wobei die demokratische Natur des Repräsentativsystems freilich nicht in Frage gestellt werden darf. Zum gegenwärtigen Stand der Entwicklung Europas scheint die oberste Priorität zu sein, daß alle Bürgerinnen und Bürger der Union sich im Europäischen Parlament umfassend und wirklich repräsentiert fühlen. Vor diesem Hintergrund ist die Harmonisierung der wesentlichen Elemente der nationalen Wahlverfahren (im Sinne einer allgemeinen Verwendung des Verhältniswahlsystems nach Wahlkreisen bei den Europawahlen) verbunden mit der Einführung einer Mindestschwelle für die Erlangung von Sitzen (mit dem Ziel, eine übermäßige Zersplitterung der politischen Gruppierungen zu vermeiden) als die beste Lösung anzusehen. Infolgedessen hat die britische Regierung ihrem Parlament einen Gesetzesentwurf zur Einführung eines regionalen Verhältniswahlsystems für die Europawahlen 1999 vorgelegt. Aus diesem Grund unterstütze ich den uns vorgelegten Entschließungsentwurf. Mir ist jedoch daran gelegen, hinzuzufügen, daß eine Harmonisierung der wesentlichen Elemente der Wahlverfahren bei Europawahlen nicht ausreichen kann, um den Mangel an Legitimität und Anerkennung auszugleichen, unter dem das Europaparlament leidet. Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß diese Situation andauern wird, bis das Parlament mit den Grundvollmachten ausgestattet ist, die jedem wirklichen Parlament zustehen. Zu diesen zählen unter anderem die letztinstanzliche Verabschiedung der Steuerpolitik und des Haushaltsplans sowie die Ein- und Absetzung einer Europäischen Regierung, die nur ihm gegenüber voll und ganz verantwortlich ist. Dieser Bericht enthält den unausgegorenen Vorschlag der sogenannten transnationalen Listen bei den Europawahlen, den ich so nicht annehmen kann. In Ermangelung jeglicher weiterer Präzisionen hierzu im Bericht ist es schwierig zu erkennen, was dies eigentlich genau heißt. Transnationale, d.h. europäische, Listen scheinen für den Berichterstatter zu heißen, daß 10 % der Euro-Abgeordneten nicht national, sondern europaweit gewählt werden. Nun steht dies im Widerspruch zu anderen im Bericht enthaltenen Vorschlägen. So wird z. B. durch die für große Länder vorgeschlagene Regionalisierung der Wahlkreise versucht, die Wähler näher an die Politik heranzuführen. Die transnationalen Listen werden dagegen aus ganz Europa einen einzigen riesigen Wahlkreis machen, was dann wiederum die Euro-Abgeordneten definitiv in höhere Sphären, weit von den Bürgern fort, entfernt. Aber vielleicht ist mit den transnationalen Listen gemeint, daß man in einzelnen Regionen, wie z.B. der Saar-Lor-Lux-Region, grenzübergreifende Listen für die Europawahlen aufstellen könnte: an sich wäre eine solche Idee für die Förderung des Europagedankens nicht abwegig. Sollte dies die Absicht des Berichts sein, müßte er es wenigstens andeuten. Es ist auch nicht klar, wie solche Listen zustandekämen, und besonders nicht, wie denn Länder wie Luxemburg mit sehr geringer Abgeordnetenzahl dabei bedient würden. Je mehr ich darüber nachdenke, erscheint mir diese transnationale Liste immer mehr als eine Art "Politik-Gadget" , die in direktem Gegensatz zu dem Ziel steht, das ich selbst in der europäischen Politik verfolge, nämlich Bürgernähe des EuroPolitikers, Beteiligung der Bürger an der politischen Diskussion in Europa, " Sichtbarkeit" der Europapolitik der Bürger. Die Ausarbeitung eines einheitliches Gesetzes über die Wahlen zum Europäischen Parlament ist einer der schwierigsten Bestandteile der europäischen Integration. Ein Beweis hierfür ist die Tatsache, daß dieser Auftrag bereits im Vertrag von Rom genannt wurde. Dessenungeachtet haben wir auch fast fünfzig Jahre später noch immer kein solches Gesetz verabschiedet. Zunächst stand als erstes die direkte Wahl zum Europäischen Parlament als solche zur Diskussion; dann machten sich die unterschiedlichen Traditionen in den Mitgliedstaaten bemerkbar und verhinderten eine Einigung. Daher begrüßen wir die Annahme des Berichts Anastassopoulos, dem ich aus eben diesem Grund zugestimmt habe. Mit diesem Bericht kann nämlich das Parlament einen Schritt vorwärts machen - der nicht so groß ist, wie wir es uns gewünscht hätten, aber doch politisch so bedeutend, daß er ohne Zweifel die Annäherung zwischen Wählern und Gewählten bewirken könnte, die für ein reibungsloses Funktionieren der Demokratie erforderlich ist . Auch kann durch diesen Schritt der Bürger direkter an dem ihn betreffenden Entscheidungsprozeß beteiligt werden, so daß er sich als wichtiger Teilnehmer an dem großen Abenteuer des Aufbaus eines Europa in Frieden und Wohlstand empfindet. Gerne erläutere ich, weshalb ich dem Bericht Anastassopoulos über den Entwurf eines auf gemeinsamen Grundsätzen beruhenden Wahlverfahrens für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments zugestimmt habe. Der Bericht und der darin enthaltene Vorschlag für einen Rechtsakt gemäß Artikel 138 Absatz 3 des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Artikel 190 Absatz 4 des konsolidierten Vertrags von Amsterdam) füllen eine Lücke in der Erfüllung des Vertrags von Rom, der ein einheitliches Wahlsystem für die Europäische Union, so wie sie sich heute darstellt, vorsieht. Im Hinblick auf die notwendige Vertiefung der Demokratie in der Union, die heute noch in einigen Bereichen an einem erheblichen Demokratiedefizit leidet, bedeutet der oben genannte Auftrag einen großen Fortschritt für die Vertretung der Bürger der Union im Europäischen Parlament, das immer wieder auf dieses Erfordernis hingewiesen hat. In diesem Zusammenhang sei an den hervorragenden Entwurf erinnert, der seinerzeit von meinem früheren liberalen Kollegen Karel De Gucht erarbeitet worden war. Leider konnten wegen fehlenden Willens und mangelnder Übereinstimmung zwischen den Regierungen der Mitgliedstaaten der Union die verschiedenen Vorschläge des Parlaments nicht in die Tat umgesetzt werden. Ich hoffe und wünsche mir daher, daß der nunmehr vorliegende Entwurf unseres Vizepräsidenten Georgios Anastassopoulos Wirklichkeit wird. Es ist nämlich ein guter Vorschlag, der die wesentlichen Grundlagen für ein einheitliches Wahlsystem enthält, das die Demokratie in der Union fordert. Es gefällt mir zum Beispiel sehr gut, daß in Staaten mit mehr als 20 Millionen Einwohnern territoriale Wahlkreise in Erwägung gezogen werden. Wahlkreise für Nationen ohne Staat und genau definierte Regionen in der Europäischen Union sind Elemente, die einen herausragenden Beitrag zur Konsolidierung der Wirklichkeit in der Union und zur Integration ihrer Völker leisten. Würden die Vertreter der Bürger im Europäischen Parlament unter Berücksichtigung dieser Identitäten gewählt, wäre dies ganz ohne Zweifel ein deutlich sichtbares Zeichen für größere Repräsentativität und bessere Beziehungen zwischen den Bürgern und ihren Vertretern im Parlament. Wieder einmal spielt das Europäische Parlament die Rolle eines Garanten für Demokratie und Fortschritt beim Aufbau eines geeinten Europa. Hoffen wir, daß sich die Regierungen der Mitgliedstaaten dieses Mal ihrer Pflichten bewußt sind und der Umsetzung des in dem Berichtsentwurf Anastassopoulos zum Ausdruck gebrachten Willens keine Hindernisse in den Weg legen. Vor dem Hintergrund der Entwicklung des institutionellen Rahmens, der insbesondere durch die Einführung der allgemeinen und direkten Wahl der Abgeordneten im Europaparlament und die Zuerkennung des Mitentscheidungsverfahrens durch den Vertrag von Maastricht und vor kurzem durch den Vertrag von Amsterdam gekennzeichnet ist, ist Herrn Georgios Anastassopoulos für seine Arbeit zu danken. Ich teile seinen legitimen Wunsch voll und ganz, die Abgeordneten des Europaparlaments an die Bürger im allgemeinen und ihre Wähler im besonderen anzunähern. Allerdings widerspreche ich dem von ihm empfohlenen Verfahren. Denn die Einzelwahl, bei der die Anzahl der Wahlbezirke der Zahl der zu wählenden Vertreter entspricht, ist das einzige Wahlverfahren, das diese Annäherung in der Praxis ermöglicht. Bei dem vor kurzem von der französischen Regierung unternommenen Versuch, das Wahlverfahren zu dezentralisieren, habe ich dieselbe Position vertreten wie heute. Die nationalen politischen Gruppierungen haben im übrigen in ihrer großen Mehrheit die Tatsache angeprangert, daß dieser Reformentwurf auf einem Verfahren beruhte, mit dem das anvisierte Ziel gar nicht erreicht werden kann. Dieser Mißerfolg der Regierung Jospin, die ihren Entwurf schließlich zurückzog, zeigt, daß eine Reform des Wahlsystems der Europawahlen notwendigerweise folgendes berücksichtigen muß: die tatsächlichen Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger sowie der gewählten Vertreter, die vorhandenen geographischen und administrativen Daten sowie die Entwicklung der Anzahl der Europaabgeordneten für jeden Mitgliedstaat im Anschluß an die Erweiterung. Wenn es wirklich von besonderer Wichtigkeit ist, ab heute Grundsätze vorzusehen, die allen Mitgliedstaaten gemein sind, dann dürfen entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip die Kompetenzbereiche der Mitgliedstaaten betreffend die Modalitäten der Aufstellung von Listen, der Gestaltung und Finanzierung des Wahlkampfes, der Ausarbeitung und Durchführung der Wahlen, ihres Inhalts und die Modalitäten der Festlegung einer Mindestschwelle für die Erlangung von Sitzen nicht eingeschränkt werden. Leider wurden nicht alle Änderungsanträge angenommen, die zur Anpassung des Textes in diesem Sinne beigetragen hätten, und aus diesem Grund, Herr Präsident, habe ich gegen den endgültigen Text gestimmt. Mit Bedauern muß ich gegen den Bericht des hochverehrten Vizepräsidenten Anastassopoulos stimmen, aber er wirft Fragen auf, die prinzipielle Elemente unserer Politik betreffen. Die Geschichte des Parlamentarismus zeigt uns schlüssig, daß noch nie eine extremistische Partei in einem Land legal zur Macht gelangte, in dem es Persönlichkeitswahlrecht gegeben hat. Eine Studie einer großen deutschen Universität hat bewiesen, daß Hitler niemals die Mehrheit erhalten hätte, wenn es in Deutschland nicht das System des proportionellen Listenwahlrechtes gegeben hätte. Machen wir uns keine Illusion. Die Demokratie ist heute gefährdet, man darf sich keine Fehler erlauben. Man muß ihr menschliches Gesicht geben, die Wähler müssen wissen, wem sie ihr Vertrauen schenken. Das System des proportionellen Listenwahlrechtes führt uns zu jener Partitokratie, in der die meisten Abgeordneten nicht mehr Volksvertreter sind, sondern Instrumente der Parteifunktionäre. Die wachsende Anzahl der Nichtwähler sollte uns eine ernstzunehmende Warnung sein. Wir brauchen Mandatare, die aus eigener Kraft das Vertrauen der Bevölkerung erhalten. Das System aber, das heute erweitert werden soll, macht nur zu leicht aus ihnen Angestellte der Parteistrukturen. Das aber führt zum Verfall und darauf zur direkten Gefährdung der Demokratie. Wer von uns Diktatur und Krieg erlebt hat, kann daher nur größte Bedenken gegenüber dem Weg haben, der durch ein falsches Wahlrecht eingeschlagen werden kann. Im Geiste der pluralistischen Demokratie und eines Europas aller Völker unterstütze ich Änderungsantrag (vorgelegt von Herrn Ebner der Südtiroler Volkspartei) und Änderungsantrag 49 (den ich selbst vorgelegt habe). In beiden Anträgen geht es um die kleineren Völker Europas. Die Südtiroler, die Valdostanser, Sardinier und Friauler in Italien und die Friesen in den Niederlanden beispielsweise fallen unter Änderungsantrag 46. Änderungsantrag 49 jedoch geht weiter, da dies auch für Angehörige anerkannter historischer Nationen, die in mehr als einem Staat leben, gelten soll. Insbesondere die Samen werden von diesem Vorschlag profitieren, die im nördlichen Teil zweier EUMitgliedstaaten (Schweden und Finnland) ansässig sind sowie in dem ehemaligen beitrittswilligen Staat Norwegen. Es spricht aus moralischer Sicht sehr viel dafür, den Samen einen Sitz in diesem Parlament zu Verfügung zu stellen. Bei dem gegenwärtigen System wird dies nicht passieren, aber ein Europäisches Parlament ohne eine Vertretung der Samen ist ein unvollständiges Parlament, und ich fordere meine Kolleginnen und Kollegen auf, diesen Mangel und andere in dem vorliegenden Bericht behandelte Mängel zu beheben. Heute (15.07.1998) wird das Europäische Parlament über den Bericht von Herrn Anastassopoulos über einen Entwurf für ein auf dem Verhältniswahlrecht basierendes Wahlverfahren für zukünftige Europawahlen abstimmen, das auf gemeinsamen Grundsätzen innerhalb der EU beruht. Bei allem Respekt für Herrn Anastassopoulos persönlich und seinen enormen Einsatz bei der Erstellung dieses Berichts werden die konservativen Abgeordneten des Europäischen Parlaments gegen seine Schlußfolgerungen stimmen. Zwei seiner Hauptschlußfolgerungen sind für uns inakzeptabel. Wir sprechen uns grundsätzlich gegen das Verhältniswahlrecht als obligatorisches Wahlsystem aus, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene. Wir können die Idee nicht gutheißen, daß manche Abgeordnete des Europäischen Parlaments im Rahmen eines einzigen europaweiten Wahlkreises gewählt werden sollen, was laut diesem Bericht ab 2009 der Fall sein soll. Unsere Erfahrungen in Großbritannien zeigen, daß Abgeordnete des Europäischen Parlaments in Einmannwahlkreisen den Bürgern näher sind als in Mehrmannwahlkreisen, wie auf dem europäischen Festland üblich, da sie den Belangen ihrer Wähler mehr Beachtung schenken als ihren Parteivorsitzenden. Große Wahlkreise und - schlimmer noch - ein einziger nationaler Wahlkreis sind der schlimmste Feind einer effektiven Volksvertretung. Wir begrüßen den jüngsten Vorschlag der gaullistischen RPR in Frankreich, nach britischem Vorbild den einen nationalen Wahlkreis in diesem Land durch 87 einzelne Wahlkreise zu ersetzen. Zwar mißfällt uns das Verhältniswahlrecht, aber dennoch ist es wichtig, daß Regierungen und Parlamente im Falle einer Anwendung des Verhältniswahlrechtes die offenste und wählerfreundlichste verfügbare Form wählen. Geschlossene Listen sind anti-demokratisch und der bürgernahen Kultur abträglich. Mein deutscher Kollege der PPE-Fraktion, Herr von Habsburg, hat diese zu Recht als Instrumente eines Parteienstaates verurteilt. Wir werden uns eher für offene als für geschlossene Listen als Standard bei zukünftigen Europawahlen stark machen. Wir begrüßen die persönliche Unterstützung von offenen Listen durch Herrn Anastassopoulos sehr. Im Rahmen unserer Kampagne veröffentlichen wir heute ein Dokument von Herrn Professor Vernon Bogdanor der Oxford University, einem der führenden britischen Verfassungs- und Wahlsystemexperten, in dem die These vertreten wird, daß offene Listen die Entscheidungsfreiheit der Wähler in Europa fördert. Heute beginnt auch in der britischen Labour-Partei die Abstimmung über die Kandidaten für die Europawahlen im Juni nächsten Jahres. In jedem bestehenden Wahlkreis können die Mitglieder der Labour-Partei sich an der Nominierung von zwei oder drei Kandidaten für einen zentralen Pool von über 200 Bewerbern beteiligen. Dann wird die Führungsspitze der LabourPartei über den Parteivorstand, das sogenannte National Executive Committee (NEC), die Reihenfolge der Kandidaten in den jeweiligen Regionen bestimmen. Parteimitglieder sind von maßgeblichen Entscheidungen über die Auswahl der einzelnen Kandidaten ausgeschlossen. Während die beiden anderen großen Parteien - die Konservativen und die Liberal-Demokraten - ihrer Wählerschaft freiwillig die völlige Kontrolle über die Reihenfolge der jeweiligen regionalen Listen überlassen, ist die Labour-Partei mit ihrem Hang zum Kontrollwahn entschlossen, Phantom-Kandidatenlisten des Blairschen Machtzentrums aufzuoktroyieren. Die Reaktion der Labour-Parteiführung hat unsere schlimmsten Befürchtungen dahingehend bestätigt, wie sehr das System von ParteiApparatschiks mißbraucht werden kann, wenn diese sich weigern, ihren Wählern die Kontrollbefugnisse zu übertragen und sie somit in das wahlpolitische Geschehen einzubeziehen. Dem Verfahren für die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments kommt grundlegende Bedeutung zu, und zwar in der Hauptsache in den Ländern mit dezentralem Regierungssystem wie zum Beispiel Spanien mit seinen 17 autonomen Gemeinschaften, deren Verwaltungen sich durch eine größere Bürgernähe auszeichnen. Ich bin daher der Auffassung, daß es für Europawahlen autonome Wahlkreise geben sollte, denn damit kommen sich der Europaabgeordnete und die von ihm vertretenen Bürger näher, und so wird eines unserer Ziele erreicht, daß nämlich das Europäische Parlament den Nöten und Sorgen aller europäischen Bürger aufgeschlossener gegenübersteht. Darüber hinaus würden solche Wahlkreise der Realität in vielen Mitgliedstaaten entsprechen, in denen - historisch bedingt - mehrere Nationalitäten leben, wie zum Beispiel in Spanien, wo ja nicht nur Katalanen und Basken zu erwähnen wären, sondern auch andere historisch gewachsene Nationalitäten wie die Comunidad Valenciana. Deshalb erscheint es angeraten, für die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments autonome Wahlkreise zuzulassen. In diesem Sinne unterstütze ich den Bericht Anastassopoulos. Ich habe gegen den Bericht gestimmt, da ich nicht damit einverstanden bin, daß ab 2009 zehn Prozent der Abgeordnetenplätze des Europäischen Parlaments mit Abgeordneten eines einheitlichen Wahlkreises aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union besetzt werden. Ein solches Verfahren übervorteilt unangebracht die großen Mitgliedstaaten auf Kosten der kleinen. Bei der Aufstellung der Kandidaten würde das eine Verstärkung des Populismus bedeuten und das Auftauchen mehr international bekannter Kandidaten, die nicht unbedingt Politiker sind. Das würde keinen Gewinn für die parlamentarische Arbeit bringen. Auch sollte die Frage der Aufteilung der Länder in einen oder mehrere Wahlkreise durch die Mitgliedstaaten selbst entschieden werden. Der Vizepräsident und Berichterstatter für diesen Bericht möge mir verzeihen, daß ich auf einen seiner berühmtem Landsleute, einen gewissen Platon, verweise, wenn ich sage, daß ich ein großer Freund von Anastassopoulos bin, noch mehr aber ein Freund der Wahrheit. Und die Wahrheit besteht meiner Meinung nach darin, daß jeder souveräne Staat frei darüber entscheiden kann, wie die Abgeordneten, die ihn im Europäischen Parlament vertreten, ausgewählt oder gewählt werden. Meiner Auffassung nach macht es keinen Sinn, wenn zehn Mitgliedstaaten mit einer Bevölkerungszahl von unter zehn Millionen fünf andere Mitgliedstaaten dazu zwingen, Wahlkreise zu schaffen, die in der Praxis mit Sicherheit dem Grundsatz zuwiderlaufen, daß alle Abgeordneten jeweils alle Wähler des Landes vertreten. Auf der anderen Seite könnte ein solches System unerwartete Nebenwirkungen zeigen, über die wir vielleicht noch nicht ausreichend nachgedacht haben. Ich darf ein Beispiel anführen: Nach der derzeitigen spanischen Sichtweise (das ganze Land ist ein einziger Wahlkreis) sind in dieser Legislaturperiode sechs spanische Bürger aus dem Baskenland Mitglied des Parlaments. Sollte nun das auf das Gebiet und die Bevölkerung des Baskenlandes zugeschnittenes System Anwendung finden, würde das Baskenland in ein künftiges, nach diesem System gewähltes Parlament nur zwei Abgeordnete entsenden. Dies widerspräche mit Sicherheit den Interessen des Baskenlandes und auch dem Wunsch, dieses Parlament einem Teil Spaniens näherzubringen, der die besondere Aufmerksamkeit dieses Hauses verdient und auch erhält, und zwar unter anderem dank der Arbeit seiner derzeitigen sechs Europa-Abgeordneten. Dessenungeachtet verdient jedoch der hervorragende Bericht unseres Kollegen Georgios Anastassopoulos unsere Bewunderung. Und deshalb habe ich auch für diesen Bericht gestimmt. Der Bericht Anastassopoulos ist ein perfektes Beispiel für die antinationalen Methoden und Ideologien, von der die derzeit föderalistische Mehrheit dieses Parlaments erfüllt ist. Der Bericht Anastassopoulos ist ein Initiativbericht, dessen rechtliche Grundlage in einem Vertrag liegt, der von den Mitgliedstaaten noch nicht ratifiziert wurde und somit nicht in Kraft ist. Aber das ist von geringer Bedeutung, denn die Taktik ist immer dieselbe: Es geht darum, ungeachtet des Rechts vollendete Tatsachen zu schaffen und anschließend die Vorschläge des Europäischen Parlaments zu nutzen, um Druck auf den Rat ausüben und diesen in die Defensive zu drängen. Grundsätzlich wird das Ziel verfolgt, die nationalen Wahlkreise zu verändern. Um dieses Ziel zu erreichen, nutzt die föderalistische Ideologie ihre beiden liebsten Kanäle gleichzeitig, nämlich die innerstaatliche und die überstaatliche Ebene. Unter dem Vorwand, die Mitglieder des Europäischen Parlaments an ihre Wählerschaft annähern zu wollen, wird in dem Bericht Anastassopoulos ein Höchstmaß an Zerstückelung der Wählerschaft vorgeschlagen, was dem Konzept eines einzigen nationalen Wahlkreises zuwiderläuft und das Charakterisitikum der Europa-Abgeordneten untergräbt, nämlich nationale Vertreter zu sein, die in den verschiedenen Mitgliedstaaten gewählt werden. Gleichzeitig empfiehlt der Bericht die Einrichtung supranationaler Listen, obwohl dies dem vorgenannten Ziel genau entgegenläuft. Daß diese Vorschläge absolut widersprüchlich sind, ist jedoch nebensächlich. Was letztendlich zählt, ist, daß das Ziel negativ ist - denn es geht darum, den nationalen Rahmen niederzureißen -, und nicht positiv, da die Annäherung der gewählten Vertreter an die Wählerschaft in diesem Zusammenhang nur als Vorwand dient. Nach der heutigen Abstimmung ist es klar, daß ein proportionelles Wahlsystem in Zukunft in der gesamten Union gelten soll. Gleichzeitig wird in dem Vorschlag das Subsidiaritätsprinzip respektiert, und es wird vermieden, die Wahlverfahren bis ins kleinste Detail vorzuschreiben (z. B. im Hinblick auf die Wahlkampfkosten, das Wahlalter usw.). Es war auch wichtig und entspricht dem Subsidiaritätsprinzip, wenn betont wird, daß die Festlegung von Schwellenwerten freiwillig ist. Um einheitlichere Bedingungen für die Mitglieder zu schaffen, mußte festgelegt werden, daß man nicht gleichzeitig Mitglied des Europäischen Parlaments sein und ein weiteres Parlamentsmandat haben kann. In bezug auf drei Punkte bedauere ich aber die Beschlüsse der Mehrheit der Mitglieder. Erstens war es unglücklich, daß die Mehrheit des Plenums der Meinung war, daß es in Mitgliedsländern mit über 20 Millionen Einwohnern Wahlkreise geben muß. Hat ein Land weniger Einwohner, braucht es nicht in Wahlkreise unterteilt zu werden, was auch für Finnland gilt. Zweitens war es auch unglücklich, daß die Mehrheit des Parlaments (349 gegen 173) dafür gestimmt hat, daß man darüber diskutieren sollte, ob ein bestimmter Prozentsatz der Gesamtmandate über einen Wahlkreis verteilt werden kann, der allen Mitgliedsländern gemeinsam zugeteilt ist. Ein solches System würde die Wahlprozedur nur noch verwirrender machen. Drittens war es unglücklich, daß sich keine Mehrheit fand, um eindeutig festzulegen, daß Schutzmechanismen für Minderheiten festgelegt werden können (190 Stimmen dafür und 287 dagegen). Trotz dieser genannten Mängel hielt ich es für wichtig, daß die Ausarbeitung gemeinsamer Vorschriften durch den Ministerrat jetzt fortgeführt werden kann, weshalb ich in der Schlußabstimmung für den Bericht gestimmt habe. Ich möchte unserem Kollegen, Georgios Anastassopoulos, für seine Arbeit danken. Obwohl ich seinen völlig legitimen Wunsch, die Europaabgeordneten den Bürgerinnen und Bürgern anzunähern, voll und ganz teile, kann ich doch der vorgeschlagenen Methode nicht zustimmen. Der Rückgriff auf das regionale Verhältniswahlsystems ist nicht die beste Lösung. Tatsächlich stellt nur die Einzelwahl mit einer Anzahl von Wahlkreisen, die der Zahl der zu wählenden Abgeordneten entspricht, den Weg zur Verwirklichung dieses Ziels dar. In Frankreich stand der Mißerfolg der Regierung Jospin bei ihrem kürzlich vorgelegten Reformentwurf, der auf eine Dezentralisierung des Wahlsystems bei den Europawahlen abzielte, weitgehend mit der mangelnden Angemessenheit der vorgeschlagenen Mittel in Zusammenhang. Es wäre zu wünschen gewesen, wenn unser Parlament aus dieser nationalen Erfahrung entsprechende Schlußfolgerungen gezogen hätte. Herr Präsident, ich habe für zahlreiche Änderungsanträge gestimmt, die den Entwurf unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips deutlich verbessert hätten. Diese Änderungsanträge konnten nicht sämtlich angenommen werden, und aus diesem Grund habe ich gegen diesen Text gestimmt. Bericht Olsson (A4-0200/98) Herr Präsident, um eine nachhaltige und umweltverträgliche Entwicklung zu verwirklichen, muß unsere Gesellschaft eine zweifache Herausforderung erfolgreich in Angriff nehmen. Zum einen muß für Privatpersonen wie Unternehmen der Anreiz geschaffen werden, ihren Anteil an der Umweltverschmutzung zu reduzieren. Und zum anderen sind Wettbewerbsverzerrungen zu korrigieren, die diejenigen Unternehmen strafen, die in den Umweltschutz investiert haben. Hierbei ist gleichzeitig dem Verursacherprinzip allgemein Geltung zu verschaffen. Gewiß ist es unerläßlich, die umweltpolitische Dimension - wie im übrigen auch die soziale Dimension - in die fiskalischen Instrumente zu integrieren. Der Bericht Olsson stützt sich jedoch auf das Konzept der Umweltsteuer, d. h. auf eine zusätzliche Steuer, die einer bereits überhöhten Steuerlast hinzugefügt wird. Dieses Vorgehen kann sich nur schädlich auf die Wirtschaft niederschlagen. Nichtsdestoweniger ist tatsächlich ein Steuersystem erforderlich, das den Anforderungen einer nachhaltigen, umweltverträglichen Entwicklung entspricht. Hierbei geht es um eine regelrechte Steuerrevolution - nicht um zusätzliche Steuern, sondern um andere Steuern. Steuern, die weniger hoch und besser kalkuliert sind, Steuern, die die Beschäftigung und nicht die Arbeitslosigkeit fördern. Steuern, die die Umwelt und nicht die Umweltsünder schützen. Steuern schließlich, die der Gesundheit und nicht dem Lebensverdruß Vorschub leisten. Der Bericht Olsson ermöglicht die Verwirklichung dieser Zielsetzungen nicht. Herr Präsident, das 20. Jahrhundert begann mit roten Steuern - Einkommensteuern, Erbschaftssteuern, Kapitalsteuern - und zwar sowohl in Europa als auch im Westen. Das 20. Jahrhundert soll nun mit grünen Steuern ausklingen. Uns wird ein neuer Aufguß des fiskalischen Interventionismus vorgesetzt: die CO2 -Steuer zum Schutze der Umwelt. Das ist vom Prinzip her ineffizient und in der Anwendung gefährlich. Was das Prinzip anbelangt, so haben wir an die vierzig französische, europäische und westliche Steuerdoktrinen. Ein funktionierender Steuerinterventionismus muß aber erst noch erfunden werden. Afrika hat diesen Versuch im Wirtschaftsbereich unternommen und dabei eine ganze Reihe von Theorien durchexerziert. Es hat nicht funktioniert! Gerechtigkeit sollte hergestellt werden. Doch es hat nicht funktioniert! Ein demographischer Wiederaufschwung sollte in die Wege geleitet werden. Es hat nicht funktioniert! Und es wird auch im Umweltschutz nicht funktionieren, und zwar wegen des Systems, weil zuvor Tarife festzusetzen und unterschiedliche Hypothesen zu berücksichtigen sind, weil unterschiedliche Arten der Umweltverschmutzung und unterschiedliche Verschmutzungsursachen in Betracht gezogen werden müssen. All dies würde zu einer neuen legislativen Komplexität und zu einer Verschmutzung durch zu viele Rechtsnormen führen. Das Prinzip ist in wirtschaftlicher Hinsicht gefährlich, weil es Wettbewerbsverzerrungen zwischen solchen Ländern verursacht, die das System anwenden, und jenen, die es nicht anwenden. Das ist wie bei der Geschichte mit den Treibnetzen. Tunesien und Japan verwenden sie nicht im Mittelmeer. Das ist in moralischer Hinsicht zu verurteilen, denn hier wird nicht nach dem Verursacherprinzip, sondern nach dem Prinzip des zahlenden Kunden vorgegangen, dem Prinzip des nichtsahnenden Kunden, wie bei den Zuschlägen für Fleisch, mit denen die Verseuchung, der Rinderwahnsinn, eingedämmt werden soll. Und wenn das Ziel wirklich die Beschäftigungsförderung wäre, dann sollten wir eine große Steuerreform vornehmen, mit einer europäischen Höchstgrenze für Zwangsabgaben. Und wir sollten endlich über die Unvernunft der Beibehaltung der Besteuerung der Vermögensbildung, d. h. eine Ertragsteuer, nachdenken. Wir sind der Meinung, daß Umweltabgaben und Umweltsteuern gut sind und dazu beitragen, daß die Umwelt weniger verschmutzt wird und daß Naturressourcen in geringerem Maße falsch genutzt werden. Damit müssen sich allerdings die Mitgliedstaaten befassen, nicht die EU. Ich begrüße die Initiative der Europäischen Kommission, die erstmals die Verwendung von Umweltabgaben durch die Mitgliedstaaten prüft und eine Bestandsaufnahme der hiermit verbundenen Möglichkeiten und Verpflichtungen vornimmt. Enttäuschend ist jedoch, daß die Kommission in dieser Bestandsaufnahme nicht wesentlich weiter gegangen ist. In der Tat wäre eine kritische und vergleichende Studie der Effizienz und Rentabilität dieser Steuern in umweltspezifischer wie wirtschaftlicher Hinsicht besonders aufschlußreich und nützlich gewesen. In zahlreichen Punkten stimme ich mit der Stellungnahme des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz nicht überein, der sich für Umweltabgaben ausspricht, ohne zuvor die Forderung nach einer Kosten-Nutzen-Analyse gestellt zu haben. Ich für meinen Teil befürworte die Einführung neuer Steuern nicht. Im Gegenteil - ich empfehle statt dessen, einerseits Steueranreize einzuführen, deren Wirkung immer wesentlich positiver ist, und andererseits die Akteure zur Verantwortung zu ziehen, die umweltschädigende Aktivitäten durchführen. Steuern sind nie eine ideale Lösung, ganz im Gegenteil! Das Verursacherprinzip ist eine gute Sache, wenn es nicht im Endeffekt systematisch darauf hinausläuft, daß das Recht auf Schadstoffemission erkauft werden kann. Aus diesem elementaren Grund habe ich gegen den Entschließungsantrag gestimmt. Der Bericht von Herrn Karl Erik Olsson weist auf viele wesentliche Umweltprobleme hin, die teilweise durch den Binnenmarkt der EU und die übrige wirtschaftliche Globalisierung entstanden sind. Gleichzeitig verweist der Bericht Olsson auch auf eine Reihe von Umweltverpflichtungen, die von den betreffenden Teilnehmerländern auf den Konferenzen in Rio und Kyoto übernommen wurden. Wir können uns der Auffassung vollständig anschließen, daß Umweltabgaben unterschiedlicher Art zu den vielen wirkungsvollen Mitteln gehören, mit denen Verschmutzungen reduziert werden können. Was den Bericht Olsson aber unserer Meinung nach inakzeptabel macht, sind z. B. seine Empfehlungen in bezug auf EU-Umweltabgaben und die Harmonisierung der nationalen Finanzpolitiken auf EU-Ebene. Es entspricht nicht den Zusagen, die wir unseren Wählern gegeben haben, wenn wir die Kompetenzen im Steuer- und Abgabenbereich der EU überlassen. Wir haben versprochen, jeden Versuch zu bekämpfen, der EU mehr Macht auf Kosten der nationalen Demokratien zu geben. Gleichzeitig unterstützen wir vorbehaltlos alle guten lokalen, nationalen, regionalen und internationalen Maßnahmen, die dazu beitragen können, Verschmutzungen jeder Art zu reduzieren. Wir sind aber gegen die weitgehenden Vorschläge im Bericht Olsson, die auf eine tiefgreifende EU-Harmonisierung der vitalen Teile der Finanzpolitik hinauslaufen. Aus diesen Gründen stimmen wir gegen den Bericht Olsson. Die dänischen Sozialdemokraten unterstützen Initiativen über Umweltabgaben auf EU-Ebene. Der Ertrag soll aber den einzelnen Ländern selbst zugute kommen, und die Abgaben dürfen nicht in andere Bereiche übertragen werden. Wir unterstützen die in dem Bericht enthaltene Aufforderung an die Kommission, gemeinsame Vorschläge vorzulegen, in denen der Einsatz von Umweltabgaben wenigstens gefördert wird. Umweltabgaben in den einzelnen Mitgliedsländern können Probleme für die Vorschriften des Binnenmarkts mit sich bringen, und deshalb müssen Umweltabgaben natürlich durch die Notwendigkeit begründet werden, Umweltprobleme zu lösen. Wir freuen uns darüber, daß das Thema im Herbst auf der Tagesordnung der Präsidentschaft steht und hoffen, daß diese Diskussion bald konkrete Ergebnisse bringt. Ich werde für den Bericht von Herrn Olsson stimmen, da eine Steuer, die den Umweltschutz fördert und auf dem Verursacherprinzip gründet, in der Industrie wie bei den Verbrauchern zu Verfahren führt, die stärker auf eine nachhaltige und umweltverträgliche Entwicklung ausgerichtet sind. Indirekte Verbrauchsteuern haben jedoch den enormen Nachteil, daß die individuellen Einkommen unberücksichtigt bleiben und daß sie nicht auf dem - wohl gerechtesten - Grundsatz der Steuerprogressivität zu beruhen. Somit führt die Heraufsetzung dieser Steuern - wie es im übrigen auch bei der Mehrwertsteuer der Fall ist - durch die stärkere Benachteiligung der Vermögenden zu größerer sozialer Ungleichheit. Sie können folglich nur angewendet werden, wenn wir uns sicher sind, daß die geschaffene Steuer das Verhalten tatsächlich beeinflußt und die Umweltverschmutzung auch wirklich verringert. In diesem Zusammenhang kann beispielsweise erwähnt werden, daß trotz der hohen und steigenden Steuern, mit denen in Frankreich der Kraftstoff belegt ist, kein wesentlicher Rückgang des Kraftstoffverbrauchs zu verzeichnen ist. Kurz gesagt will dieser Beitrag das Europäische Parlament und die Kommission auf die sozialen Konsequenzen von Umweltabgaben oder -steuern aufmerksam machen. Der uneingeschränkte bzw. fast uneingeschränkte Enthusiasmus, mit dem die Aussprache über die Umweltsteuern, insbesondere die Energiesteuer geführt wurde, kann uns eigentlich nur beunruhigen. Obwohl ich die Vorteile anerkenne, muß noch bewiesen werden, daß sie wirklich den gewünschten Effekt haben und ein Ersatz für die Besteuerung der Arbeit sein können (auch wenn sie in umweltspezifischer Hinsicht wirksam sind, wird der erzielte Ertrag niedrig sein ...) oder ob sie nicht investitionsfeindlich sind, insbesondere in einer Welt des Wettbewerbs mit offenen Grenzen. Außerdem schockiert uns, daß überhaupt nicht auf die schädlichen Auswirkungen eingegangen wird, nämlich daß dadurch die Ärmeren stärker als die Reichen bestraft werden; weiterhin wird mit keiner Silbe der Umstand erwähnt, daß die großen Umweltverschmutzer in der EU die reichsten Länder sind (allein Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich sind für 71, 5 % des CO2 -Ausstoßes verantwortlich - Portugal für 1, 4 %...), wodurch gestaffelte Forderungen und Zeitpläne gerechtfertigt sind. Nicht angesprochen wird ferner der Umstand, daß die Energiesteuer besonders die Transporte, und infolge dessen die ärmsten Länder in der Randlage weitaus mehr belasten würde. Darüber hinaus ist es bedenklich, daß niemals ausgesprochen wird, daß die einzige und eindeutig allerbeste Politik, ohne regressive Auswirkungen und ohne wirtschaftliche Verzerrungen, eine Politik wäre, die die Umstrukturierung der Anlagen direkt unterstützt. Sollte dies so sein, weil es sich um eine Politik handelt, die die reichsten Länder in höherem Maße belasten würde, die durch ihr Beharren auf Umweltsteuern ihr Gewissen beruhigen und sich ihrer Verantwortung entziehen möchten? Bei dem Bericht unseres Kollegen Olsson sind zwei Ebenen sorgfältig zu unterscheiden: die Ebene der Harmonisierung der Umweltsteuern und die Ebene eines möglichen europäischen Steuersystems. Für die Fraktion der Unabhängigen für das Europa der Nationen ist der Umweltschutz zweifellos ein Schwerpunktbereich von gemeinsamem Interesse, in dem ein hoher Harmonisierungsstand in möglichst vielen Mitgliedstaaten der Union angestrebt werden kann und muß. Unannehmbar ist dagegen, daß Fragen des Umweltschutzes als Vorwand für die Absicht der Gemeinschaft herhalten müssen, sich eigene Ressourcen zu erschließen, die jeglicher Kontrolle der Mitgliedstaaten entzogen sind, denn genau dieses Ziel trachtet die Kommission ohne Rast und Ruhe zu erreichen. Der Rinderwahn und die Treibnetze haben uns vor Augen geführt, mit welcher Expertise die Kommission Fragen des Gesundheits- und Umweltschutzes manipuliert, für die wir besonderes empfänglich sind. Wir akzeptieren infolgedessen nicht, daß unter dem Deckmantel der Ökosteuer tatsächlich eine europäische Steuer eingeführt werden soll. Wir müssen zugleich den Schutz der Umwelt sowie die Beibehaltung des Binnenmarkts und der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten anstreben. Im Hinblick auf die Mehrwertsteuer und die Verbrauchssteuer beispielsweise wurden administrative Verfahren eingeführt, die der fiskalischen Unabhängigkeit der Mitgliedstaaten Rechnung tragen und gleichzeitig auf den Grundsatz des Binnenmarktes Rücksicht nehmen. Einige Mitgliedstaaten haben Umweltsteuern für Verpackungen eingeführt. In Deutschland beispielsweise ermöglicht das Duale System allen Unternehmen, sich an der Ökosteuer zu beteiligen, und zwar ungeachtet des Herkunftslandes (Drittland oder anderer Mitgliedstaat). Auch das in Frankreich eingerichtete System des Grünen Punktes (point-vert) vereinfacht zusammen mit der Einführung von Öko-Verpackung und Adelphe den innergemeinschaftlichen Handel. Das belgische Umweltsteuersystem, das die Unternehmen eines anderen Mitgliedstaates verpflichtet, die Zulassungsnummer jedes einzelnen Lieferanten anzugeben, ist schwerfällig und führt zu einem gewissen Protektionismus. Die von unserer Fraktion eingebrachten Änderungsanträge haben zum Ziel, die Kommission mit der Harmonisierung der administrativen Verfahren für diese Umweltabgaben zu beauftragen. Im Gegensatz zu den in Belgien getroffenen Maßnahmen hat das administrative System der Steuererhebung einfach, gerecht und effizient zu sein und darf den innergemeinschaftlichen Handel nicht behindern. Beharrt die Kommission auf ihrem derzeitigen Standpunkt, werden die Hindernisse bei manchen den Wunsch nach einer europäischen Steuer hervorrufen. Dies ist absolut unannehmbar. Der Haushalt der Europäischen Union ist auch weiterhin ausschließlich durch die Mitgliedstaaten und die Zollabgaben für Produkte aus Drittländern zu finanzieren. Die Einführung einer europäischen Steuer käme einem weiteren Schritt in Richtung eines europäischen Super-Staates gleich, den unsere Völker nicht wünschen. Die Frage der Einführung der sogenannten Umweltsteuern oder -abgaben, auch Ökosteuern genannt, ist nicht neu und seit Jahren in den Gemeinschaftsorganen anhängig. Nun allerdings wird sie mit größerem Nachdruck vorgetragen, mit einer Reihe von Vorschlägen wie, unter anderem, dem Vorschlag zur Einführung einer Richtlinie über die Einführung einer Kohlendioxidemissions- und Energiesteuer, dem Vorschlag über die Besteuerung von Energieprodukten, dem Grünbuch über Preise im Verkehr sowie auch im Rahmen der allgemeinen Bemühung um eine Verbreiterung der Steuerbefugnisse der Europäischen Union. Wir sind der Auffassung, daß der Faktor Umwelt einen grundlegenden Parameter aller Politiken und Maßnahmen bilden muß, daß eine nachhaltige und langfristige Entwicklung nur Hand in Hand mit dem Umweltschutz erfolgen kann, daß die Umweltpolitik sich auf Verhütung stützen muß, darauf, daß jenen die Verantwortung zur Last gelegt wird, die an der Zerstörung der Umwelt schuld sind, sowie auf die Ergreifung von Maßnahmen zur Wiedergutmachung der Schäden. Eine herausragende Rolle spielt unter anderem die Ergänzung und die Anwendung des - auf nationaler und internationaler Ebene - bestehenden rechtlichen Rahmens, die Durchführung einer konzertierten Aktion für die Umsetzung der von Zeit zu Zeit abgegebenen Deklarationen, wie die in Rio und Kyoto verkündeten Maßnahmen, die in skandalöser Weise im Namen der Erhöhung der Superprofite des Großkapitals ignoriert werden. Der Vorschlag für Umweltsteuern garantiert nicht einmal, daß die Einnahmen auch zur Finanzierung von Aktivitäten für den Umweltschutz verwendet werden sollen, für die Förderung nachhaltiger Produktionsmodelle sowie auch für den verstärkten Einsatz und die Produktion umweltfreundlicher Technologien. Der Umweltsektor könnte zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen und damit zur Erhöhung der Beschäftigung beitragen. Es muß jedoch sichergestellt werden, daß die zu seinem Schutz ergriffenen Maßnahmen nicht zu einer neuen indirekten Bezuschussung der Arbeitgeberseite führen, da die ernste Gefahr des Mißbrauchs und der Hinterziehung von Mitteln sowie ihrer Nichteinzahlung besteht (wie die entsprechenden Probleme bei der Rückerstattung der Mehrwertsteuer oder wie in Griechenland und in anderen Ländern die nicht eingezahlten Beiträge für die Sozialversicherung beweisen). Unter anderem können die genannten Finanzierungsmittel für Umweltschutzmaßnahmen zu generösen Bezuschussungen des Großkapitals führen, ohne daß freilich irgendeine Garantie für deren Auswirkungen auf die Schaffung stabiler Arbeitsplätze mit dem Ziel der Vollbeschäftigung existiert, wie auch durch die bis heute bestehende Unglaubwürdigkeit der Umweltverträglichkeitsstudien bewiesen wird, die obligatorisch in Begleitung von Großprojekten erstellt werden. Wir sind gegen jeden Versuch, die Umweltsteuern mit der Logik des Weißbuchs über die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit mittels einer Verringerung der Arbeitskosten und in der Folge jener der Arbeitgeberbeiträge für die Sozialversicherung in Verbindung zu bringen. So etwas würde zu einem weiteren Schrumpfen des öffentlichen Sozialversicherungssystems und zur Stärkung der Privatversicherung führen, und zwar weil ihr Erlaß, wenn er mit der Verringerung der Arbeitgeberbeiträge gekoppelt ist, zu einer Verringerung der Einnahmen der Sozialversicherungsanstalten führen würde. Darüber hinaus beweist ja die bis heute vorherrschende Realität, daß eine Verringerung der Arbeitgeberbeiträge nicht zu einer wesentlichen Erhöhung der Beschäftigung führt, sondern nur zur Erhöhung der Profite. Besondere Besorgnis bereitet uns die Tatsache, daß das Spektrum der einer Besteuerung unterliegenden Produkte sich gefährlich verbreitert und somit eine Reihe von Gütern des Grundbedarfs und des breiten Verbrauchs abdeckt, wie Wasser, Verkehr, Bauprojekte, chemische Pflanzenschutz- und Düngemittel. Wir befürchten, daß das Fernziel in einer zusätzlichen generalisierten Steuerbelastung zum Zwecke einer Erhöhung der Steuereinnahmen besteht. Aus diesen Gründen können wir nicht für den Bericht stimmen. Damit sind die Erklärungen zur Abstimmung und die Tagesordnung für diesen Vormittag beendet. (Die Sitzung wird um 13.20 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wiederaufgenommen.) Herr Präsident, es ist mir eine große Freude, dem Europäischen Parlament den Jahresbericht des Europäischen Währungsinstituts für das Jahr 1997 vorzulegen. Es liegt schon eine gewisse Ironie darin, daß ich bei meinem letzten Besuch in diesem Parlament den Jahresbericht einer Institution vorgestellt habe, die sich in Auflösung befand, nämlich den des Ausschusses der Präsidenten der Europäischen Zentralbanken, und ich heute erneut vor das Parlament trete, um den Jahresbericht einer Institution vorzulegen, die jetzt aufgelöst werden soll - das Europäische Währungsinstitut. Die Vorbereitungen für Stufe 3 verliefen so, wie es 1997 geplant worden war. Seit Errichtung des EWI im Jahre 1994 hat diese Institution in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Zentralbanken der Europäischen Union die erforderlichen technischen Vorbereitungen für die Einrichtung des europäischen Zentralbankensystems, die Schaffung einer einheitlichen Geldpolitik und einer einheitlichen Währung getroffen. Diese Aufgaben werden nun von der Nachfolge-Institution des EWI, der Europäischen Zentralbank, zu Ende geführt. Das EWI hat im Februar 1997 einen Bericht zur geldpolitische Strategie veröffentlicht und zwei mögliche Strategien für Stufe 3 dargelegt: mittelfristiges Geldmengenziel und unmittelbares Inflationsziel. In dem Bericht wird jedoch auch betont, daß die Zielsetzung der Preisstabilität - unabhängig von der letztendlichen Entscheidung - klar definiert werden müsse und spezifische Ziele zur Bewertung der Leistung des ESZB festgelegt werden müßten. In dem Bericht wird auch eine Beurteilung der Risikofaktoren für die Preisstabilität anhand einer Vielzahl von veränderlichen Indikatoren gefordert, insbesondere unter Bezugnahme monetärer Zuwächse. Die theoretischen Vorbereitungen bezüglich der Instrumente und Verfahren der Geldpolitik wurden Ende 1996 abgeschlossen. Im sogenannten "Rahmenbericht" , veröffentlicht im Januar 1997, wurde der Handlungsrahmen für die einheitliche Geldpolitik in Stufe 3 festgelegt. Auf dem Gebiet der Devisenpolitik hat der Europäische Rat bei der Tagung in Amsterdam im Juni letzten Jahres einen Beschluß über den neuen Wechselkursmechanismus EWS II gefaßt, der in Stufe 3 eingeführt werden soll. Das EWI hat einen Vertragsentwurf fertiggestellt, in dem das Verhältnis zwischen der EZB und den nationalen Zentralbanken der zukünftigen Nicht-Euro-Währungszone geregelt wird und der noch von der EZB gebilligt werden muß. Das EWI bereitete die technische Infrastruktur weiter vor, so daß die EZB ab 01.01.1999 ihre Arbeit wird aufnehmen können. Alle erforderlichen Arbeiten sind ausgeführt worden, um es der EZB zu ermöglichen, Devisenmarktinterventionen durchzuführen, wobei der Schwerpunkt auf den Durchführungsbestimmungen und der Unterstützung durch das Informationssystem liegt. Darüber hinaus sind die Arbeiten im Hinblick auf den Transfer der ersten Devisenreserven an die EZB zu Beginn der Stufe 3 abgeschlossen. Im Hinblick auf die statistischen Vorbereitungen lag der Schwerpunkt auf der Durchführung und Klarstellung der weitreichenden statistischen Anforderungen für Stufe 3. Im Jahre 1997 beispielsweise veröffentlichte das EWI eine provisorische - später überarbeitete - Liste der einzelnen Organe der Währungs- und Finanzinstitutionen. Das EWI veröffentlichte ebenso Unterlagen über das Geld- und Bankwesen sowie Zahlungsbilanzstatistiken. Des weiteren wurde mit Eurostat die vierteljährliche Erstellung von Finanzberichten begonnen. Im Bereich der Zahlungsverkehrssysteme hat das EWI im September 1997 einen zweiten Zwischenbericht über das TARGETSystem herausgegeben, das gegenwärtig getestet und eingeführt wird, damit es bis Ende Dezember voll einsatzfähig ist. Sowohl statistische als auch dynamische und multilaterale Tests sind durchgeführt worden. Zur Zeit werden Simulationstests unter Bedingungen durchgeführt, die dem künftigen Umfeld soweit wie möglich entsprechen. Die Vorbereitungen für die Euro-Banknoten wurden fortgesetzt. Das Aussehen der Banknoten wurde 1997 auf Grundlage der vom EWI-Rat im Dezember 1996 ausgewählten Entwürfe endgültig festgelegt. Beispiele der überarbeiteten Entwürfe wurden im Juli 1997 veröffentlicht, und im ersten Halbjahr 1998 wurde die Druckplatten erstellt. Um einen reibungslosen Ablauf der Produktion von Euro-Banknoten zu gewährleisten, wurden 1997 Prototypen von acht verschiedenen Papierfabriken und zehn verschiedenen Druckereien hergestellt. Bei diesem Projekt zeigte sich, daß alle beteiligten Druckereien in der Lage sein sollten, sämtliche Nennbeträge der Euro-Banknoten zu drucken, damit ein einheitlicher Qualitätsstandard und ein einheitliches Äußeres sichergestellt werden können. Die Massenproduktion der Euro-Banknoten wird Anfang 1999 beginnen. Schließlich war das EWI 1997 maßgeblich an anderen Aspekten bei der Umstellung auf den Euro beteiligt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Das EWI hat mit Vertretern von Geschäftsbanken und Finanzinstituten in der gesamten Europäischen Union über Themen wie die Abschaffung von Vertragspreisen diskutiert, die mit Beginn von Stufe 3 und bei der Einführung von Interbankraten ihre Bedeutung verlieren könnten. Nachdem das EWI Geschäftsbanken und Geld- und Devisenmärkte aufgefordert hatte, sich auf eine einheitliche Definition von Indikatoren für den Euro-Währungsraum zu einigen, haben die Vereinigung der Banken in der Europäischen Union und der Verband der Finanzmärkte, d. h. die professionelle Vereinigung der Devisenmarkthändler, ihre Absicht bekanntgegeben, einen für die gesamte Euro-Währungszone geltenden Indikator für zwischenbankliche Sätze namens EURIBOR zu berechnen und zu veröffentlichen. Die anfängliche Zusammensetzung der Euro-Währungszone ab 1. Januar 1998 wurde, wie Sie alle wissen, Anfang Mai beschlossen. Im Jahresbericht werden die Hauptmerkmale der Euro-Währungszone auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen kurz beschrieben. Zu Beginn meiner heutigen Ausführungen erinnerte ich daran, daß die Einrichtung der EZB und des Europäischen Zentralbankensystems am 1. Juni 1998 knappe sechs Wochen zurückliegt. Seitdem haben wir uns intensiv mit den Vorbereitungen für Stufe 3 beschäftigt. Sowohl der Erweiterte Rat der EZB als auch der EZB-Rat haben die ersten Sitzungen abgehalten, der EZB-Rat ist bereits zwei Mal zusammengekommen. Bei ihren bisherigen Sitzungen hat sich die Europäische Zentralbank hauptsächlich mit einer Vielzahl organisatorischer Fragen auseinandergesetzt, wie z. B. der Verteilung der Kompetenzen unter den Direktoriumsmitgliedern und der Einführung einer neuen, den Aufgaben der EZB angemessenen Struktur. Die EZB hat sich bereits auf eine Geschäftsordnung verständigt, die in Kürze im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften erscheinen wird, und hat die Einrichtung von 11 ESZB-Ausschüssen zur Unterstützung der Arbeit der EZB gebilligt. Was die vorbereitenden Arbeiten betrifft, hat sich der EZB-Rat bei seiner ersten Sitzung auf die Methode zur Bestimmung der prozentualen Anteile der nationalen Zentralbanken im Verteilungsschlüssels für das Kapital der EZB geeinigt. Ebenso wurden die für die Einzahlung des EZB-Kapitals erforderlichen Maßnahmen festgelegt. Als Ergebnis ist die Ausstattung der EZB mit einem Anfangskapital von etwas weniger als 4 Milliarden Euro Anfang Juli zu verzeichnen. Der EZB-Rat verständigte sich ebenfalls auf den organisatorischen Rahmen für die allgemeine Überprüfung der ESZB-weiten Systeme und Vorgehensweisen, die in den bis zum 1. Januar verbleibenden sechs Monaten durchgeführt werden. Des weiteren behandelte der Rat zwei spezifische Themen im Hinblick auf Stufe 3: TARGET und Euro-Banknoten. In Zusammenhang mit dem TARGET-System wurde eine Preispolitik festgelegt. Der Hauptbestandteil dieser Preispolitik ist die Anwendung eines degressiven Tarifs auf den Zahlungsverkehr innerhalb dieses Systems. In bezug auf Banknoten wurde beschlossen, daß die anfängliche Menge an Euro-Banknoten für die Euro-Währungszone in Anlehnung an einen dezentralisierten Ansatz bereitgestellt werden soll, d. h. alle 11 nationalen Zentralbanken können die Produktion der EuroBanknoten selbst organisieren, welche die nationalen Banknoten ersetzt werden, und zwar entweder durch Eigenproduktion der betreffenden Banknoten in dem jeweiligen Land oder durch den Abschluß von bilateralen Pool-Vereinbarungen. Die zweite Sitzung des EZB-Rates fand letzte Woche Dienstag statt. In diesem Rahmen wurde die Einführung eines Mindestreservesystems beschlossen. Neben anderen nützlichen Funktionen, die ein solches System erfüllt, wurde der stabilisierende Einfluß auf die Geldmarktzinsen und die Erhöhung der Nachfrage nach Zentralbankgeld durch die Schaffung bzw. Verstärkung einer strukturellen Liquiditätsknappheit auf dem Markt vom Rat als besonders wichtig eingeschätzt. Der Rat setzte sich jedoch auch sehr gründlich mit den Auswirkungen eines solchen Systems auf das Bankwesen auseinander. Vor diesem Hintergrund entschied der Rat, daß die Mindestreserveeinlagen auf einem dem Satz der hauptsächlichen Refinanzierungsgeschäfte entsprechenden Niveau vergütet werden sollen. Die genaue Festschreibung des Mindestreservesystems, einschließlich des Mindestreservesatzes, für den gegenwärtig ein Prozentsatz zwischen 1, 5 und 2, 5 % vorgesehen ist, wird spätestens im November 1998 beschlossen. Ebenso wurde über die Höhe und Form des Transfers der ersten Devisenreserven von den beteiligten nationalen Zentralbanken an die EZB entschieden. Ohne auf Detailfragen einzugehen, läßt sich sagen, daß der Transfer sich auf ca. 39, 5 Milliarden Euro beläuft. Ebenso wurden die Kriterien der Teilnahme von Zentralbanken und Geschäftsbanken der Nicht-Euro-Währungszone am TARGET-Systems festgelegt, und zwar unter Berücksichtigung des Risikos, das für die Geldpolitik durch uneingeschränkten Zugang zu innerhalb eines Tages gewährten Krediten bei Kreditinstituten außerhalb der Euro-Währungszone entstehen könnte. Aus diesem Grund werden Zentralbanken der Nicht-Euro-Währungszone in der Europäischen Union in der Lage sein, ihren Kreditinstituten zusätzliche Tageskredite in Euro zu gewähren, für die allerdings eine Obergrenze auf Ebene der EUZentralbanken und Kreditinstitute aus der Nicht-Euro-Währungszone besteht. Schließlich hat der EZB-Rat eine Reihe von Empfehlungen für die Verordnungen des Europäischen Rates über die Sammlung statistischer Daten durch die EZB, die Einführung von Mindestreserven und die Befugnis der EZB zur Verhängung von Sanktionen ausgesprochen. Ich möchte Sie, Herr Präsident, gern auf die Empfehlungen hinsichtlich der statistischen Daten aufmerksam machen. Dieser Aspekt ist für die EZB von besonderer Bedeutung, da sie ihre Entscheidungen auf Statistiken aus der gesamten EuroWährungszone gründen muß, in diesem Zusammenhang insbesondere auf Währungs- und Zahlungsbilanzstatistiken, die nach dieser Rahmengesetzgebung bereitgestellt werden. Die EZB-Bestimmung, in der genau festgelegt wird, welche Institutionen statistische Daten bereitzustellen haben und welche Daten genau bereitgestellt werden sollen, kann nicht vor Inkrafttreten der Ratsverordnung verabschiedet werden. Diese Erfordernisse werden bereits seit geraumer Zeit diskutiert, aber durch ein Rechtsinstrument wird die notwendige Sicherheit für diejenigen geschaffen, die ihnen entsprechen müssen. Der Ecofin-Rat wird bei seiner Sitzung im Oktober die Gelegenheit haben, den entsprechenden Text zu verabschieden. Deshalb wären wir dem Europäischen Parlament für eine Stellungnahme diesbezüglich im September sehr verbunden. Abschließend möchte ich meiner Meinung Ausdruck verleihen, daß wir aufgrund der gründlichen technischen Vorbereitung des EWI im Jahre 1997 und in früheren Jahren der Einführung der einheitlichen Währung Anfang nächsten Jahres mit Freude und Zuversicht entgegensehen können. Diese Vorbereitungen werden nun von der EZB und der ESZB vollendet. Dank der vom EWI geschaffenen soliden Grundlage können sich die EZB und das europäische Zentralbankensystem zu glaubwürdigen und mächtigen Institutionen entwickeln, die ihr Hauptziel, die Sicherung der Preisstabilität im Euro-Währungsraum, entschlossen verfolgen werden. Somit werden wiederum die für dauerhaftes Wirtschaftswachstum erforderlichen Voraussetzungen geschaffen. Die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in der Europäischen Union, die sich im vergangenen Jahr abzeichnete und auch für 1998 erwartet wird, ist als äußerst zufriedenstellender Ausgangspunkt für die Währungsunion anzusehen. Die Finanzpolitiken der EU-Mitgliedstaaten müssen jedoch so angenähert werden, daß sie den im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehenen mittelfristigen Anforderungen für Europa so schnell wie möglich genügen. Der Maßstab für die Finanzpolitiken ist zweifelsohne, daß die Haushalte ausgeglichen sein oder einen Überschuß aufweisen müssen, und ein Überschuß ist insbesondere für die Länder mit einem weiterhin ungünstigen Verhältnis von Bruttoinlandprodukt zur Verschuldung unabdingbar. Herr Präsident, Herr Präsident der Europäischen Zentralbank! Dieses Europäische Parlament hat vor dem Beginn der zweiten Stufe bereits seine Verantwortung übernommen, einen monetären Dialog mit dem Europäischen Währungsinstitut zu organisieren, und auch gleichzeitig betont, daß dieses in der dritten Stufe der Währungsunion mit dem Beginn des Eurozeitalters noch weiterentwickelt werden muß. Wir hier im Europäischen Parlament haben das Engagement dieser europäischen Institution, des Europäischen Währungsinstituts, sehen können in einer Zeit, in der es große Zweifel gab, ob die Währungsunion tatsächlich pünktlich beginnen könnte, und von daher muß man dem Europäischen Währungsinstitut, seinem Präsidenten, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Arbeit danken, die geleistet wurde und die immer vom Prinzip Hoffnung und auch von europäischem Gemeinschaftsgeist geprägt war, weil wir alle wissen, daß, wenn eine Sache nicht gemeinsam angegangen wird, sie auch nicht vollendet werden kann. Insofern, Herr Präsident, Ihnen auch alle guten Wünsche für die Arbeit in der Europäischen Zentralbank, die so wichtig für unseren Alltag, für unser Leben sein wird! Insofern möchte ich auch dem Berichterstatter, dessen Position die PSE-Fraktion unterstützt, für seine Bemerkungen zum Bericht des Europäischen Währungsinstituts danken. Auch wenn dieses nicht mehr lebt, sind doch viele Empfehlungen dieses Instituts für die Europäische Zentralbank von besonderer Bedeutung. Lassen Sie mich aber eines unterstreichen, gerade zu Beginn dieser Debatte. Wenn am 1. Januar 1999 die einheitliche Geldpolitik beginnt, müssen nicht nur die Märkte, sondern auch die Bevölkerung überzeugt sein vom Wert der Arbeit dieser Institution, von der Glaubwürdigkeit ihrer Entscheidungen im Interesse von Preisstabilität und im Interesse auch der Unabhängigkeit dieser europäischen monetären Autorität. Gleichzeitig aber muß es möglich sein, eine Informations- und Kommunikationsstrategie zu entwickeln, die den Bedürfnissen der Menschen begegnet, die dieses Eurozeitalter mit Unsicherheit, Ängsten und Skepsis betreten. Von daher lautet die Frage dieses Europäischen Parlaments, was über den monetären Dialog mit diesem Europäischen Parlament aufgrund der Vierteljahresberichte, aufgrund des Jahresberichts hinaus von seiten der Europäischen Zentralbank getan wird oder getan werden soll, um die demokratische Rechenschaftspflicht und die Herstellung europäischer Öffentlichkeit für ihre Entscheidungen konkret zu gestalten. Hier stellt sich auch die ganz konkrete Frage: Was bedeutet eigentlich eine Ablehnung der Veröffentlichung von Protokollen? Ist es wirklich der Europäischen Zentralbank nicht möglich, wie dieses Europäische Parlament es immer wieder gefordert hat, die monetären Entscheidungen zu veröffentlichen und gleichzeitig auch die Argumente und die Begründung für eine monetäre Entscheidung am Tag der Entscheidung zu veröffentlichen? Es geht uns als Europäischem Parlament überhaupt nicht darum, daß wir wissen, wer wie argumentiert hat oder wer wie abgestimmt hat im Europäischen Zentralbankrat. Es geht uns einfach darum, daß die Öffentlichkeit, daß wir alle begreifen, welches die Hintergründe dieser geldpolitischen Entscheidungen sind, die ja nicht nur Auswirkungen auf die Preisstabilität haben, sondern eben in der Tat auch Investitionen, Wachstum und Beschäftigung mitbestimmen. Hinzu kommt, daß dieser monetäre Dialog nicht nur im Interesse des demokratischen Systems ist, sondern gleichzeitig auch im Interesse der Europäischen Zentralbank, die nur an Glaubwürdigkeit gewinnen kann. Von daher meine ich auch, daß es sehr wichtig ist, über die geldpolitischen Strategien zu diskutieren. Geldmengen und Inflationsziele konkurrieren, der Berichterstatter hat darauf hingewiesen. Wir als Europäisches Parlament haben sehr frühzeitig über eine Doppel- und Mischstrategie nachgedacht und sind der Meinung, daß Geldmengen und Inflationsziel verknüpft werden müssen, weil wir jegliches Risiko vermeiden wollen, gerade im Zeitalter des elektronischen Geldes. Hier muß auch noch einmal gesagt werden, daß, je mehr Indikatoren von der Europäischen Zentralbank beurteilt werden müssen, desto einfacher wird es sein, die Geldmengenentwicklung und damit auch die Inflation zu kontrollieren, eine der wichtigen Aufgaben der Europäischen Zentralbank. Herr Präsident, ich hoffe, Ihr nächstes Erscheinen vor diesem Parlament wird nicht, wie in den beiden vorangegangenen Fällen, mit der Berichterstattung über die Auflösung einer Einrichtung in Zusammenhang stehen. Ich möchte Sie auf drei Anliegen hinweisen und Ihnen zwei Fragen stellen. Mein erstes Anliegen betrifft die Vertretung der Währungsunion nach außen. Angesichts der engen Verbindung der Finanzmärkte ist die Zusammenarbeit der wichtigsten Währungsbehörden - und zu diesen gehören Sie - heute wichtiger denn je. Dies bewies erst vor kurzem die Asienkrise - Sie traten hier nicht in Erscheinung, in jedem Fall standen Sie nicht in vorderster Linie, als es darum ging, diese Probleme zu erörtern. Ich würde mir wünschen zu erfahren, wo Ihr Problem in Sachen Außenvertretung liegt. Meine zweite Sorge betrifft die Koordinierung der Wirtschaftspolitiken, die über das im Vertrag vorgesehene Verfahren keine sonderlich spektakulären Ergebnisse zu zeitigen scheint. Sie betrifft vor allem das weiterhin erforderliche Engagement für die Konsolidierung der Haushalte. Genau wie die Kommission hegen wir in dieser Hinsicht einige Befürchtungen. Der Anschein ist entstanden, daß einige Länder nach der Erfüllung der Konvergenzkriterien die Zügel nun ein wenig schießen lassen und dem natürlichen Impuls nachgeben, die Anstrengungen zu lockern. Diese sind jedoch fortzusetzen. Die dritte Sorge berührt die Auswirkungen der Asienkrise in Verbindung mit der russischen Krise. Sie betrifft nicht so sehr die wirtschaftliche Ebene - in dieser Hinsicht haben wir recht beruhigende Statistiken erhalten -, sondern das direkte Engagement des europäischen und internationalen Bankensystems in den betreffenden Ländern. Die Rückzahlungsmöglichkeiten Rußlands vor allem scheinen begrenzt. Es ist bekannt, daß Rußland in diesem Jahr über dreißig Milliarden Dollar zurückzahlen müßte, obwohl das Land nicht einen roten Heller besitzt. Ich habe meine Redezeit erschöpft. Dennoch möchte ich zum Thema der Einrichtung der Zentralbank noch eine Frage zur Handlungsautonomie stellen, die Ihnen durch den Rat der Notenbankpräsidenten gewährt wird, denn dies ist ein wichtiger Aspekt. Sie haben ein gutes Team - es hält bekanntermaßen wie Pech und Schwefel zusammen. Den Beweis dafür haben wir im Rahmen der Anhörungen erhalten. Welche Fortschritte werden bei der Einrichtung der Bank erzielt, und inwieweit ist den Gerüchten um die angeblichen Schwierigkeiten beim Druck der Euro-Banknoten Glauben zu schenken? Herr Präsident, wir befinden uns in einer Phase des Übergangs. Offiziell befassen wir uns mit dem Bericht des Europäischen Währungsinstituts über das vergangene Jahr; der Präsident dieser Einrichtung ist ja nun erster Präsident der Europäischen Zentralbank geworden. Wie schon meine Vorredner gesagt haben und auch der Berichterstatter selbst, Herr Fourçans, dessen Bericht wir unterstützen, ist dieser Bericht Anlaß für einen ersten Meinungsaustausch über die ersten Schritte der Europäischen Zentralbank, die am 1. Juni dieses Jahres ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Ich möchte nun auf einige bereits angesprochene Punkte eingehen, die nach meiner Meinung noch etwas näher beleuchtet werden müssen. Gestern haben wir in diesem Saal den Bericht von Frau Berès über die Zusammensetzung des Wirtschaftsund Finanzausschusses angenommen, und wir hatten unsere Unzufriedenheit ob der Tatsache geäußert, daß dieser Ausschuß von Vertretern der Zentralbanken der Mitgliedstaaten und von hohen Beamten der Wirtschafts- und Finanzministerien der Mitgliedstaaten praktisch beschlagnahmt worden ist. Außen vorgeblieben sind viele Experten in Steuer- und Haushaltsfragen sowie Kenner der internationalen Situation, womit de facto eine wirkliche Gemeinschaftsdimension verhindert wird. Diese Gemeinschaftsdimension vermissen wir übrigens auch in der Präsenz der Europäischen Zentralbank, in der Vertretung der Währungsunion in internationalen Konferenzen und internationalen Organisationen, die sich mit Währungsfragen befassen, und zwar vom Internationalen Währungsfonds bis zu den Gruppierungen, in denen die wichtigsten Industrieländer zusammengeschlossen sind. Und ich darf, wie es auch Herr Herman gesagt hat, auf die Beziehungen zwischen Ecofin, EURO 11 und der Rolle dieser Institutionen in ihren Beziehungen zur Europäischen Zentralbank verweisen. Diese Fragen beunruhigen uns zutiefst, und wir meinen, daß bis Anfang 1999 die bestmögliche Antwort auf diese Fragen gefunden werden muß. Herr Präsident, Herr Kommissar und Herr Präsident der Europäischen Zentralbank, zunächst möchte ich diese Gelegenheit ergreifen, um dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank zu seiner Ernennung zu gratulieren und ihm alles Gute für seine Amtszeit zu wünschen. Der vorliegende Jahresbericht enthält keine angemessenen Hinweise oder Erläuterungen hinsichtlich der Art der Politik, die verfolgt werden soll. In Zukunft muß sich die Europäische Zentralbank um wichtige Dinge kümmern, z. B. um eine ausführlichere Analyse der Entwicklungen auf den Weltfinanzmärkten und um andere Bereiche, bei den eine Koordinierung der Steuerpolitiken in Frage kommt. Die Zusammenfassung über die mittel- und osteuropäischen Länder ist im Hinblick auf die zukünftige Erweiterung bei weitem zu knapp formuliert. Wenn wir uns die Lage in Europa insgesamt vergegenwärtigen, muß der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit weiterhin absolute Priorität haben, und natürlich sind vermehrte Investitionen eine Möglichkeit, dieses Problem anzugehen. Wir sollten uns auch darüber klar werden, daß die Geldpolitik der Euro-Währungszone untrennbar mit der Einführung einer Wirtschaftspolitik der Union verbunden ist, die auf der Koordinierung der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten basiert. Die Europäische Zentralbank wird bei der Schaffung eines investitionsfreundlichen wirtschaftlichen Klimas eine Schlüsselrolle spielen und wird deshalb auch bei der Schaffung von Arbeitsplätzen eine entscheidende Rolle spielen. Obwohl das Augenmerk seit 1994 auf den organisatorischen Handlungsrahmen für die Europäische Zentralbank gerichtet war, stehen noch einige Entscheidungen aus. Die wichtigste Entscheidung betrifft die Instrumente der Geldpolitik. Vor allem müssen die mittelfristigen Ziele der Geldpolitik festgelegt werden. Folglich muß die Zentralbank unter Vorgabe eines genauen Ziels eine ganze Reihe von Kriterien prüfen, um diese Entscheidung treffen zu können. Der Europäische Zentralbankrat muß seine diesbezügliche Strategie im September bekanntgeben. Ich möchte den Herrn Präsidenten der Europäischen Zentralbank gern fragen, welche Schritte eingeleitet worden sind, um eine Benachteiligung von Menschen mit Sehschwächen zu vermeiden, wenn die neuen Banknoten in Umlauf kommen. Abschließend möchte ich dem Herrn Präsidenten der Europäischen Zentralbank sagen, daß wir sein Angebot sehr zu schätzen wissen, regelmäßig im Unterausschuß des Parlaments zu erscheinen. Ich versichere ihm, daß wir auf den Euro aufpassen werden. Wir zählen darauf, daß Sie die Interessen der kleineren Staaten vertreten werden. Herr Präsident, die Berichte des Europäischen Währungsinstituts und des Kollegen Fourçans gehen in dieselbe Richtung: Sie schließen sich denjenigen an, die besessen den Grundsatz der Preisstabilität verkündigen, die auf eine Vereinheitlichung der Steuer- und Haushaltspolitik hinweisen und die Zentralisierung der Wirtschaftspolitik anstreben. Es sind wieder Berichte, die die technischen Schwierigkeiten verkennen, die fehlende politisch-demokratische Kontrolle mißachten, den Nominalwert bevorzugen und überzeugen bzw. überzeugen möchten, daß in der realen Wirtschaft alles gutgehen wird. Es ist der letzte Bericht von Herrn Duisenberg, bevor er vom Europäischen Währungsinstitut zur Europäischen Zentralbank wechselte. Schon da hatte er Bedenken, die er in seiner neuen Funktion wieder aufgriff und betonte. Er verfolgt genau dieselbe Strategie, die in immer schnellerem Tempo von der Preisstabilität zur Deflation führt, von der Verringerung der Haushaltsdefizite zum Haushaltsüberschuß. Mit seinen Ratschlägen und Ankündigungen bedroht er die Mitgliedstaaten fast und nimmt ihnen die Zufriedenheit, zu den 11 zu gehören. Wenn Herr Duisenberg besorgt ist, und mit ihm dieses Parlament, und man an das hektische Kaninchen aus "Alice im Euro-Wunderland" erinnert wird, dann sind wir auch beunruhigt - über seine Sorgen. Und das wollen wir äußern. Herr Präsident! Herr Präsident der Europäischen Zentralbank! Der Untergang des Alten, des EWI, ist der Beginn des Neuen, der Europäischen Zentralbank. Deswegen diskutieren wir alle hier die Politik der Europäischen Zentralbank. Ich gehe davon aus, daß Herr Duisenberg Pressemeldungen dementieren wird, sein Gehalt werde als Staatsgeheimnis behandelt. Ich gehe weiter davon aus, daß wir noch viele Diskussionen haben werden, welche Geldpolitik wirklich geeignet ist, die notwendigen Zukunftsinvestitionen in Europa und die Beschäftigungsentwicklung, die wir dringend brauchen, zu gewährleisten. Diskutiert werden müssen auch die akzeptablen Inflationsmargen, das Problem der Deflation, des Investitionsmangels und auch das Problem des asynchronen Konjunkturverlaufs, das ja nicht nur regional, sondern inzwischen auch sozial besteht. Müssen wir in ein paar Jahren A Tale of Two Cities neu auflegen, in dem sich die Dritte Welt überall in Europa ausbreitet? Da muß auch die Geldpolitik ihren Beitrag leisten. Zweitens: Der große Komplex, den wir diskutieren werden, ist die Frage der demokratischen Einbettung der Europäischen Zentralbank und des Europäischen Systems der Zentralbanken. Da will ich nur der EZB etwas mit auf den Weg geben: Das institutionelle Nirwana ist kein sicherer Ort. Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, wir müssen anerkennen, daß der letzte Jahresbericht des Europäischen Währungsinstituts eine effiziente und konsequente Arbeit ist. Wie die anderen Redner kommen auch wir jedoch nicht umhin zu betonen, daß der Bericht sich in einigen, unserer Meinung nach fundamentalen Punkten auf Allgemeinheiten beschränkt. Warum diese Bedenken anmelden? Weil das Institut, dessen Aufgabe die Planung der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion war, zugleich Überlegungen über die Einführung der künftigen gemeinsamen Währungspolitik anstellen und auf drei grundlegende Fragen zur ordnungsgemäßen Durchführung der Währungspolitik aufmerksam machen müßte. Erstens: Welches sind die Voraussetzungen für eine gute Koordinierung der einzelstaatlichen Wirtschaftspolitiken und der Währungspolitik, deren Leitung künftig der Europäischen Zentralbank unter der Aufsicht dieses Parlaments obliegt? Zweitens: Welches sind die Voraussetzungen für die bestmögliche Koordinierung in Haushalts- und Steuerfragen? Inwieweit hat das Institut die Zusammenhänge der Finanzkrisen analysiert, von denen Asien und Rußland heimgesucht werden? Inwiefern wurde eine Analyse zum erforderlichen oder wünschenswerten Tempo der Globalisierung durchgeführt? Drittens: Inwieweit haben die Grundsätze des nachhaltigen Wachstums, des Wohlstandes und der Beschäftigung die monetäre Planung beeinflußt? In diesen drei Punkten bleibt der Bericht des Instituts bei weitem zu allgemein und ungenau. Die Fraktion der Radikalen Europäischen Allianz schließt sich folglich der kritischen Stellungnahme von Herrn Fourçans an und unterstützt seinen Bericht. Ich hoffe, daß die Europäische Zentralbank in den nächsten Wochen hinter Ihnen steht, Herr Präsident Duisenberg, und aus den Schwächen lernt, die wir heute aufgezeigt haben. Herr Präsident, am 30. Juni dieses Jahres haben wir in Frankfurt in einer feierlichen Zeremonie die Europäische Zentralbank, das gemeinsame Haus der einheitlichen Währung, offiziell aus der Taufe gehoben. Die EZB geht aus dem Europäischen Währungsinstitut hervor, dessen Jahresbericht wir heute untersuchen und das mit der beschlossenen Einführung des Euro aufhört zu existieren. In dem Jahresbericht wird der Stand der Vorbereitungen der verschiedenen europäischen Währungsinstitutionen kurz vor dem Start des Euro dargestellt. Somit gibt er auch Aufschluß über die Geldpolitik der neuen Europäischen Zentralbank. In der Tat wird die neue Bank zunächst einmal nur dann erfolgreich sein, wenn sie neben den neuen Funktionen, für die sie eingerichtet wurde, auch die Aufgaben, die dem EWI übertragen worden waren, korrekt erfüllt. Deshalb begrüßen wir mit großer Sympathie die Wahl Herrn Duisenbergs, der in einer doppelten Funktion sowohl Präsident der neuen Zentralbank als auch Liquidator des EWI sein wird. Der Ausschuß für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik hat bereits seine Zufriedenheit über den großen Informationsgehalt des Dokuments geäußert. Wir danken deshalb dem Berichterstatter, der noch einmal nachdrücklich an die Rechte und Pflichten der neuen Währungsinstitution erinnern wollte, deren Geburt wir ja schon gefeiert haben. Zu diesem Zweck hat er untersucht und beurteilt, wie die alte Währungsinstitution, für die keine Begräbnisfeier erforderlich ist, ihre Aufgaben erfüllt hat. Auch für die nationalen Zentralbanken wird keine Begräbnisfeier erforderlich sein, da diese beim Aufbau der gemeinsamen Währung noch eine viel zu wichtige Rolle spielen. Man denken nur an die Zahl der bei den Zentralbanken in den einzelnen Mitgliedstaaten beschäftigten Personen, die sich derzeit auf 60 000 beläuft, während das EWI insgesamt nur 281 Personen beschäftigt. Gleichwohl wird die EZB mittel- und langfristig ihre Funktionen, die ihr durch die Verträge übertragen wurden, voll und ganz wahrnehmen müssen. Die in Zahlen ausgedrückten Endziele, etwa im Hinblick auf die Inflationsrate oder die Geldmenge, werden zu Stabilität und Wachstum beitragen. Somit können wir allen europäischen Bürgern auch zeigen, daß wir heute so intensiv an der Währung arbeiten, um auf diese Weise auch die anderen Ziele der Gemeinschaft, allen voran den Abbau der Arbeitslosigkeit, schneller und besser erreichen können. Abschließend möchten wir, nur damit dies ganz klar ist, noch einmal darauf hinweisen, daß das Europäische Parlament die einzige Gemeinschaftsinstitution ist, der das EWI zur Rechenschaft verpflichtet war. Dies wird auch für die EZB gelten. Wie dies schon beim EWI der Fall war, so wird das Europäische Parlament auch mit der neuen Europäischen Zentralbank intensiv zusammenarbeiten, aber gleichzeitig die Arbeit der EZB sorgfältig prüfen und darauf achten, wie sie ihre Aufgaben erfüllt. Herr Präsident, der sehr gute Bericht unseres Kollegen André Fourçans ermöglicht es uns, uns noch einmal zum Europäischen Währungsinstitut zu äußern und die hervorragende Arbeit zu würdigen, die dieses Institut und seine beiden aufeinanderfolgenden Präsidenten, Herr Alexandre Lamfalussy und Herr Wim Duisenberg, geleistet haben. Er ermöglicht zudem, um mit den Worten des Berichterstatters zu sprechen, einige Grundsätze in Erinnerung zu rufen, die bei der Inangriffnahme der gemeinsamen Währung maßgeblich waren und für das Vorgehen der Europäer in den kommenden Jahren richtungsweisend sein müssen. Dem ersten Grundsatz zufolge hat das europäische Zentralbanksystem eine Steuerung der gemeinsamen Währung zu ermöglichen, die die Komplementarität zwischen der einheitlichen Währungspolitik und den zwar koordinierten, jedoch auf nationaler Ebene gelenkten Wirtschaftspolitiken erzielt. Lauten die Kernbegriffe Preisstabilität und Inflationskontrolle und sind die Ziele nachhaltiges Wachstum und Wohlstand, ist natürlich zu bedauern, wie es unser Berichterstatter denn auch tut, daß der Bericht des EWI die allgemeine Problematik der Koordinierung der Haushalts- und Steuerpolitiken in der Union nicht angeschnitten hat. Mit der Schaffung des Euro und der Europäischen Zentralbank sind auch die Mittel für eine strenge Überwachung dieser Politiken bereitzustellen - sie sind für die erforderliche Sanierung der öffentlichen Finanzen unabdingbar. Man kann nun wirklich nicht das gigantische Umverteilungsinstrument reformieren wollen, das die gemeinsame Agrarpolitik darstellt, sich ehrgeizige Ziele bei der Erweiterung setzen und sich über die Agenda 2000 für zwei Mandate einsetzen - es jedoch gleichzeitig versäumen, sich auf den Einsatz technischer Instrumente einzustellen, die nicht nur vor sogenannten asymmetrischen Schocks, sondern auch vor einer sich allmählich ausbreitenden Laxheit schützen, der die Früchte des wiedergefundenen Wachstums zum Opfer fallen würden, und zwar zum Vorteil vereinzelter und egoistischer Interessen und unter Mißachtung des allgemeinen Interesses. Die wenige Wochen zurückliegende Kapitulation der französischen Regierung vor dem Streik der Piloten der Air France ist ein perfektes Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Die 200 Mio. ECU, die die Fluggesellschaft durch den Konflikt verlor, entsprechen dem Betrag, mit dem die Geldbörsen der französischen Steuerzahler belastet werden und der folglich nicht vom nationalen Haushaltsdefizit abgeht. Die nationalen Entscheidungsträger müssen allmählich erkennen, daß die Stunde der aufsässigen Kinder, denen man alles bewilligt, vorbei ist und daß eine ernsthafte Reform auf dem Arbeitsmarkt erforderlich ist, wie es der Berichterstatter darlegt, damit ein deutlicher Rückgang der Arbeitslosigkeit erzielt werden kann. Unsere Fraktion unterstützt natürlich den Bericht von Herrn Fourçans. Herr Präsident, jedes Mal, wenn wir im Europäischen Parlament die Wirtschaftspolitik und die Wirtschaftslage der Union erörtern, wimmelt es nur so von Reden der Selbstgenügsamkeit der für die Gestaltung der Wirtschaftspolitik zuständigen Vertreter über die Errungenschaften dieser Politik, die die Europäische Union verfolgt. Ungefähr dasselbe findet auch jetzt wieder statt. Wie kann sich jedoch jemand befriedigt fühlen angesichts der Höhe der Arbeitslosigkeit, die in der Union vorherrscht, und angesichts des Investitionsniveaus, das höchst unzureichend ist, um auch nur ansatzweise der Arbeitslosigkeit zu begegnen. Ich möchte den Präsidenten der Europäischen Zentralbank fragen: Erstens, glaubt er, daß es durch die unerbittliche Anwendung des Stabilitätspakts, wie er sie in seinem Beitrag gefordert hat, möglich ist, die Arbeitslosigkeit angesichts der dadurch auferlegten enormen finanziellen Beschränkungen zu bekämpfen? Zweitens, ist es möglich, im Rahmen einer Steuerpolitik wie der heute angewandten mit einer Politik der Stützung der gemeinsamen Währung fortzufahren? Darauf hätte ich gern Antworten von Herrn Duisenberg, damit wir sehen, ob die Völker Europas mit dieser Situation zufrieden sein können. Herr Präsident, ich heiße Herrn Duisenberg heute willkommen und möchte auch Herrn Fourçans zu seinem Kommentar zum historischen Abschlußbericht des EWI gratulieren. Seine Argumentation, daß sich der Dialog mit der EZB nicht auf Fragen der Geldpolitik beschränken darf, ist absolut überzeugend. Ich zitiere Herrn Fourçans: " Der Erfolg des Euro darf sich nicht auf die Geldpolitik beschränken; er muß auch im wirtschaftlichen Bereich spürbar werden. Denn daran werden die europäischen Bürger/innen ihre neue Währung messen." Weniger überzeugend sind die Bemerkungen des Berichterstatters über die Notwendigkeit maßvoller Lohnforderungen und der Einschränkung öffentlicher Ausgaben, um die im Stabilitätspakt festgelegten Ziele erreichen zu können. Ich dachte, wir wären uns darüber einig, daß Lohnerhöhungen aufgrund von Produktivitätssteigerungen als normal und akzeptabel anzusehen sind. Herr Präsident, ich möchte mich nun direkt an Herrn Duisenberg wenden und ihn bitten, klarzustellen, welche geldpolitische Strategie und welche Instrumente zum Erhalt der Preisstabilität er einzusetzen gedenkt. Der interessante und aufschlußreiche Austausch zwischen dem Parlament und den anderen EZB-Kandidaten am 7. und 8. Mai über unmittelbare Inflationsziele und über die Frage, ob Inflationsmargen oder Geldmengenziele - oder einer Kombination aus beidem - das vorrangige Instrument zur Erzielung von Preisstabilität sein sollten, findet sich im Jahresbericht des EWI für 1997 nicht wieder. Die in diesem Zusammenhang vom Präsidenten erwähnte Marge von 0 % bis 2 % als angemessenes Inflationsziel scheint dem Wunsch nach Geldmengenzielen Platz gemacht zu haben, wenn man den jüngsten Berichten und Erklärungen von Herrn Duisenberg Glauben schenken darf. Würde er bitte seine Präferenzen auf diesem Gebiet darlegen, insbesondere da sich nach dem gestrigen Bericht in der Financial Times über die Unzuverlässigkeit der Statistiken über die Geldmengen die Frage stellt, ob wir über deren steilen Anstieg beunruhigt sein müssen. Schließlich würde ich gern wissen, ob Herr Duisenberg es für eine kluge Entscheidung hält, die Euro-Banknoten von den elf einzelnen Mitgliedstaaten drucken zu lassen. Ist dies nicht eine zu kostspielige Methode, die auch Sicherheitsrisiken birgt? Herr Präsident, die Idee, nach der sich die Europäische Zentralbank ausrichtet, ist die neoliberalistische Ideologie. Unter Berufung auf diese sind in Europa gleichzeitig sowohl Deflation als auch Inflation, eine Deflation der Arbeitsmärkte und eine Inflation der Kapitalmärkte, erreicht worden. Die Arbeitsmärkte sind auf eine über zehn prozentige durchschnittliche Massenarbeitslosigkeit deflationiert, während wiederum die Kapitalmärkte eine Inflation in Form eines 40-50 prozentigen Anstiegs der Börsenkurse erlebt haben. Die Börsenkurse sind am stärksten in Italien, Frankreich und Finnland gestiegen. In diesen Ländern gibt es sowohl die schlimmste Arbeitslosigkeit Europas als auch linksgeführte Regierungen an der Macht. Das ist ein beeindruckender Beleg für den Mangel an politischen Alternativen und dafür, daß es stets nur darum geht, die vielen Bedürfnisse der Spekulanten zu befriedigen. Herr Duisenberg, sie erzeugen zur gleichen Zeit Deflation, also Massenarbeitslosigkeit, und Inflation, also einen Wachstumsschub für die Kapitalmärkte. Der Preis der Arbeit und des Kapitals unterscheiden sich so voneinander, daß auch in Europa die Voraussetzungen für eine Krise in der Art der asiatischen Wirtschaftskrise geschaffen werden. Dann wird die Europäische Zentralbank keine Gelder mehr haben, mit denen die Spekulanten gerettet werden können. Herr Duisberg, ich habe während meiner Tätigkeit im Verwaltungsrat der Zentralbank meines eigenen Landes diese Fragen noch viel tiefgehender der Direktorin Frau Sirkka Hämäläinen erläutert, und ich bitte Sie, von ihr weiter zu erfragen, was ich meine. Herr Präsident, auch ich möchte Herrn Duisenberg für die gute Qualität seiner Arbeit an der Spitze des Europäischen Währungsinstituts danken. Seine bisherigen ausgezeichneten Leistungen lassen uns voller Erwartungen auf die Arbeit blicken, die er an der Spitze der EZB leisten wird, und wir wünschen ihm für diese Aufgabe viel Erfolg. Seine bisherige Arbeit ist zudem ohne Zweifel eine gute Gewähr für seine Auffassung von demokratischer Verantwortung. Herr Duisenberg kann in jedem Falle damit rechnen, daß dieses Parlament diesbezüglich sehr hohe Ansprüche an ihn stellen wird. Auch Herrn Fourçans möchte ich für seine ausgezeichnete Arbeit danken. Nun würde ich gerne meinerseits eine Anfrage an Sie richten, Herr Duisenberg, die Ihre Vorstellung zur Rolle steigender öffentlicher und privater Investitionen für das Wachstum betrifft. Die Erfahrung mehrerer Mitgliedstaaten der Union hat gezeigt, daß steigende öffentliche und private Ausgaben heute eher zum Wachstum beitragen - durch das allein Arbeitsplätze geschaffen werden können - als eine Strategie der strikten Reform des Arbeitsmarktes, von der noch niemand weiß, wie sie zum Erfolg führen kann. In dieser Hinsicht habe ich, Herr Präsident, noch einige Fragen, die in dieselbe Richtung wie die Fragen einiger Kollegen zielen. Welchen währungspolitischen Kurs wird die Zentralbank einschlagen? Sie erinnern sich sicherlich an die Fragen, die wir Ihnen anläßlich Ihrer Anhörung vor diesem Parlament stellten. Da diese Fragen, wie ich glaube, noch unbeantwortet sind, ist es angebracht, einen Dialog in Gang zu bringen, beispielsweise über die Festlegung eines Inflationsziels. Was betrachten Sie als Stabilitätsrate? Zwischen 0 und 2 Prozent liegt eine nicht genau definierte Marge, eine interpretationsfähige Marge, über die wir Aufklärung erwarten. Außerdem sind wir der Ansicht, wie unser Berichterstatter, daß die Währungspolitik, um den Zielen des Vertrages und insbesondere seinem Artikel 2 zu entsprechen, nicht im Dienste eines einzelnen Mitgliedstaates der Union stehen kann, sondern der Gesamtheit der Ziele der Wirtschaftspolitik der Union Rechnung tragen und für die gesamte Euro-Währungszone definiert werden muß. Herr Präsident, ich kann nicht umhin, Ihnen eine Frage zu einem in etwa ähnlich gelagerten Thema zu stellen. Was halten Sie von der Anwesenheit von elf Angehörigen der nationalen Zentralbanken der Euro-Währungszone im Ausschuß für Wirtschaft und Finanzen? Halten Sie dies nicht für überflüssig angesichts der zwei Mitglieder, die die europäische Zentralbank in diesem Ausschuß benennt? Herr Präsident, ich habe drei Fragen an Herrn Duisenberg, wovon eine sich an die vorhergehende Frage von Frau Berès anschließt. Erstens, wenn wir die Haushaltszahlen der verschiedenen Mitgliedstaaten betrachten, stellen wir fest, daß trotz einer günstigen Konjunkturentwicklung die vor dem Zyklus angepaßten Defizite nicht mehr zurückgehen, sondern in einigen Mitgliedstaaten mit sehr hohem Wirtschaftswachstum sogar leicht steigen. Ich möchte, daß der Präsident der Europäischen Zentralbank dazu Stellung nimmt. Wenn die Mitgliedstaaten nicht in der Lage sind, unter günstigen wirtschaftlichen Bedingungen Defizite abzubauen, erscheint mir dies als eine Gefährdung künftiger Entwicklungen. Meine zweite Frage betrifft die Vertretung der Europäischen Union nach außen hin. Informelle Beratungen, wie die Finanzberatungen im Rahmen der G7, sind von wesentlicher Bedeutung. Bislang sitzen dort die Vertreter von drei Mitgliedstaaten der Euro-11, die politischen Vertreter, Vertreter ihrer Banken, aber kein Vertreter der Kommission, kein Vertreter des Europäischen Rates und auch kein Vertreter der Europäischen Zentralbank. Wie können wirtschaftliche und währungspolitische Konsultationen auf internationaler Ebene tatsächlich stattfinden, ohne daß die wirklichen Vertreter der Euro-11 dabei einbezogen sind? Bei meinem letzten Punkt, der sich an das anschließt, was Frau Berès sagte, möchte ich darauf hinweisen, daß der Außenminister meines eigenen Landes, der jetzt abtritt, vor einem Europa warnte, das durch die Finanzminister dominiert wird. Sie und ich wissen, daß sich diese Finanzminister bei ihrem Vorgehen auf den Währungsausschuß stützen. Dieser Währungsausschuß untersteht der Kontrolle des Wirtschafts- und Finanzausschusses, und in diesem Wirtschafts- und Finanzausschuß sitzen fünfzehn einzelstaatliche Bankiers sowie ferner zwei Vertreter der Europäischen Zentralbank. Das heißt also eigentlich siebzehn Vertreter des Europäischen Zentralbanksystems. Ist das nicht etwas overdone . Ist das nicht auch für die Konkurrenz der Politik gefährlich? Herr Präsident, zunächst einmal möchte ich sagen, daß ich dem Bericht von Herrn Fourçans zustimmen kann; gleichzeitig begrüße ich Herrn Duisenberg im Europäischen Parlament. Wir begrüßen den Beitrag des Europäischen Währungsinstituts zur Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion. Die Wirtschafts- und Währungsunion läßt sich, wie wir meinen, gut an. Im Europa der 11 festigt sich das Wachstum bei praktisch absoluter Preisstabilität. Natürlich finden sich in dieser Landschaft einige dunkle Punkte, die Anlaß zu Ungewißheit bieten. Wir meinen hier die Asienkrise und hier vor allem die Deflationskrise in Japan sowie die Gefahr, daß Rußland Bankrott anmeldet. Abgesehen von diesen Anlässen zum Zweifel leidet aber auch die europäische Wirtschaft nach einer Korrektur ihrer makroökonomischen Ungleichgewichte weiterhin unter einem ganz grundlegenden Ungleichgewicht, nämlich dem Ungleichgewicht zwischen denjenigen, die Arbeit haben, und denjenigen, die Arbeit suchen, also unter der Arbeitslosigkeit. Vor diesem Hintergrund bietet die Währungsunion Möglichkeiten zur Konsolidierung des Wachstums, zur Steigerung der Investitionstätigkeit und zum weiteren Abbau der Arbeitslosigkeit, allerdings unter der Voraussetzung, daß die Union sich nicht auf Währungsfragen beschränkt, sondern auch eine europäische Steuerpolitik betreibt, mit der alle diese Probleme angegangen werden können. Herr Duisenberg, ich darf Ihnen daher sagen, daß mich die Tatsache aufmerksam gemacht hat, daß Sie in der vergangenen Woche Ihre erste Botschaft nach außen, an die Gesellschaft gerichtet haben, eine Botschaft, die Sie hier und heute wiederholt haben, nach der Sie wegen der geringen Geschwindigkeit der Verringerung des Defizits alarmiert sind und einigen Ländern die gelbe Karte zeigen müssen. Aus unserer Sicht ist es mit Sicherheit wichtig, daß das derzeitige Wachstum zur Verringerung der Haushaltsdefizite genutzt wird - anders als in der letzten Wachstumsphase in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre. Es lassen sich zwar keine genauen Parallelen zu dieser Zeit ziehen, doch haben wir heute eine wesentlich größere und homogenere Preisstabilität als damals, als die durchschnittliche Preissteigerungsrate doppelt so hoch war wie heute und von Land zu Land stark unterschiedlich ausfiel. Noch dringlicher erscheint uns allerdings die Tatsache, daß die Botschaft eigentlich anders lautet: Wir brauchen eine wirtschaftspolitische Dimension der Union, wir brauchen Fortschritte auf diesem Weg, damit wir zu dem Ziel gelangen, das in dem Bericht von Herrn Fourçans genannt wird, den ich abschließend zitieren darf: "Die Geldpolitik des EuroWährungsraums ist untrennbar mit einer Wirtschaftspolitik der Union verbunden, die auf der Koordinierung der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten basiert" . Herr Präsident, ich möchte den werten Kolleginnen und Kollegen für die Aufmerksamkeit danken, die sie dem Jahresbericht und vielen anderen Themen geschenkt haben, die mit dem Sprößling Europäische Zentralbank in Zusammenhang stehen. Manche Fragen wurden mehrfach gestellt oder haben sich überschnitten, und ich werde versuchen, in meinem Beitrag möglichst alle Punkte abzudecken. Erstens brauchen wir, wie Herr Fourçans und andere angedeutet haben, weiterhin eine strenge Haushaltspolitik in der EU. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Auf die Fragen von Herrn Metten und schließlich von Herrn Pérez Royo hin möchte ich betonen, daß der gegenwärtige wirtschaftliche Aufschwung eine hervorragende Gelegenheit bietet, um den Konvergenzprozeß voranzutreiben und insbesondere, die Haushaltsdefizite in Richtung der im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgeschriebenen Ziele zu lenken. Die derzeitigen Anzeichen sprechen dafür, daß - zumindest in manchen Ländern - der Prozeß tendenziell eher stagniert, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Aus diesem Grund habe ich, wie Herr Pérez Royo schon sagte, letzte Woche die gelbe Karte gezeigt und manche Regierungen ermahnt, die Ziele des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu beherzigen. Diesbezüglich möchte ich Herrn Herman versichern, daß wir der öffentlichen Stellungnahme der Kommission zu dieser Frage vollkommen zustimmen. Zahlreiche Abgeordnete haben mich gedrängt, die geldpolitische Strategie, die einzusetzenden Instrumente, die Frage der Preisstabilität, die Preispolitik und die Geldmengenziele näher zu erläutern. Die meisten, wenn nicht sogar alle Entscheidungen des Europäischen Währungsinstituts in den vergangenen drei Jahren konnten angesichts der Umstände lediglich Empfehlungen an die Europäische Zentralbank sein. Letztendlich muß die EZB die Entscheidungen treffen, und genau in diesem Prozeß befinden wir uns zur Zeit. Es ist uns bewußt, daß Entscheidungen von der Öffentlichkeit, dem Parlament, den Marktteilnehmern und den nicht an der Euro-Währungszone beteiligten Zentralbanken eindringlich gefordert werden. Genau aus diesem Grund haben wir bereits in den ersten Wochen des Bestehens der EZB bestimmte Entscheidungen gefällt. Ich beziehe mich hier auf das TARGET-System und den Zugang von Zentralbanken des Nicht-Euro-Währungsraums zu TARGET. Ich beziehe mich auf die Entscheidungen über die Mindestreserveeinlagen, die vergangene Woche veröffentlicht wurden, und ich möchte betonen, daß es sich dabei um die endgültige Festlegung der einzusetzenden geldpolitischen Instrumente handelte. Die Wahl der geldpolitischen Instrumente ist somit getroffen. Neben den Mindestreserven wird es zwei feste Einrichtungen geben, die als Hauptinstrumente der Geldpolitik fungieren werden. Dies ist endgültig geklärt. Eine Analyse der geldpolitischen Strategie liegt vor. Laut dieser Analyse müssen wir uns bei der zu verfolgenden geldpolitischen Strategie im Grunde zwischen unmittelbaren Inflationszielen und mittelfristigen Geldmengenzielen entscheiden. Auf eine andere diesbezügliche Frage möchte ich gern antworten, daß die relevanten Entscheidungen vielleicht im September, auf jeden Fall aber im Oktober getroffen werden. Die endgültigen Beschlüsse zu diesen Strategien werden spätestens im Oktober veröffentlicht. Es ist gut möglich, daß die Entscheidungen bereits im September getroffen werden können. Es wurde die Frage gestellt, wie sich die Strategien der Europäischen Zentralbank mit denen der Zentralbanken aus dem Nicht-Euro-Währungsraum in Einklang bringen lassen. Es steht außer Zweifel, daß die Geldpolitik den gesamten EuroWährungsraum umfassen muß. Die Verbindung zwischen der EZB und den nationalen Zentralbanken stellt überhaupt kein Problem dar. Über die Geldpolitik wird vom EZB-Rat des Europäischen Systems der Zentralbanken entschieden. Somit wird die Umsetzung der auf zentraler Ebene getroffenen Entscheidungen - nicht völlig, aber zum größten Teil - den nationalen Zentralbanken überlassen, allerdings wird die EZB ein wachsames Auge darauf werfen. Die Koordinierung der Aktivitäten bereitet mir überhaupt kein Kopfzerbrechen. Natürlich muß die Geldpolitik die gesamte Euro-Währungszone abdecken. Meiner Meinung nach gibt es keine regionale Geldpolitik, und bei regional unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungen sind die Folgen für andere politische Instrumente wie beispielsweise die Finanzpolitik, die Lohnpolitik und die finanzwirtschaftliche Politik sehr viel schwerwiegender als für die Währungspolitik. Es wurde eine Reihe von Fragen zur demokratischen Verantwortlichkeit und Glaubwürdigkeit gestellt. Meine Antwortet lautet "Ja" : Wir brauchen Glaubwürdigkeit, und wir brauchen Vertrauen. Und ich möchte Herrn Donnelly und Frau Randzio-Plath gern sagen, daß wir hierfür hart arbeiten werden müssen. Wir müssen uns dieses Vertrauen verdienen, und das wird eine Weile dauern. Hierfür ist allerdings ein System der Europäischen Zentralbanken erforderlich, das so transparent und so offen ist, wie dies verantwortbar und möglich ist. In bezug auf die Europäische Zentralbank bedeutet dies einen intensiven und offenen Dialog mit dem Europäischen Parlament. Die Öffentlichkeit wird ausführlich über einzelne Maßnahmen und die ihnen zugrundeliegenden Strategien und Entscheidungen informiert werden. Auf Herrn Donnellys Frage möchte ich antworten, daß er sicherlich verstehen wird, daß wir aus den genannten Gründen keine genauen Abstimmungsergebnisse aus dem EZB-Rat preisgeben können. Andererseits werden sämtliche Entscheidungen - ob strategischer oder speziell geldpolitischer Natur - veröffentlicht und müssen so schnell wie möglich, nachdem die Entscheidungen getroffen wurden, veröffentlicht werden, und sie werden so ausführlich wie möglich erläutert werden. Die diesen Entscheidungen zugrundeliegende Überlegungen werden der Öffentlichkeit mitgeteilt. Wir könnten eigentlich sogar Einblicke in das Pro und Kontra der verschiedenen Überlegungen geben und die Gründe für die endgültigen Entscheidungen anführen. Auf jeden Fall werden die Informationen so detailliert wie möglich sein. Kurzum, wir sind alle bereit, sowohl offen zu sein als auch unsere Entscheidungen öffentlich bekanntzugeben. Herr Metten, Herr Herman und andere haben mich nach der Präsentation der Währungsunion nach außen gefragt. Diese Angelegenheit wird gegenwärtig noch erwogen und verhandelt. Es ist ein schwieriges Unterfangen. Wir alle wissen, daß die EZB im IWF und in der OECD vertreten sein sollte. In bezug auf das Verhältnis zur Europäischen Kommission, den G10 und G7 werden alle notwendigen Vorbereitungen getroffen - so weit, so gut. In der Tat bin ich bereits zu den monatlichen Treffen der G10-Zentralbankräte eingeladen worden, habe diese Einladung zum ersten Mal angenommen und werde diesen Treffen zukünftig jeden Monat beiwohnen. Ich habe es so verstanden, daß meine Anwesenheit auch von den G-7 gewünscht ist. Mit dem IWF finden zur Zeit Gespräche statt, um eine adäquate Form der Repräsentation für das Europäische System der Zentralbanken im IWF zu finden. Dies wird durch die Tatsache erschwert, daß die Mitgliedschaft im IWF auf Länder, d. h. auf souveräne Regierungen beschränkt ist. Keine Zentralbank ist Mitglied im IWF so daß wir einen neuen Weg finden müssen - und wir werden einen Weg finden -, um sicherzustellen, daß diese wichtige Währungsinstitution nichtsdestotrotz im IWF gehört wird. Es sind diesbezüglich bereits Fortschritte erzielt worden. Zur Repräsentation im Wirtschafts- und Finanzausschuß ist folgendes zu sagen: Der Wirtschafts- und Finanzausschuß ist der Nachfolger des sogenannten Währungsausschusses und besteht aus hochrangigen Vertretern der 15 Finanzministerien und Vertretern der 15 Zentralbanken. In Zukunft werden dem Wirtschafts- und Finanzausschuß neben diesen Vertretern auch zwei Vertreter der EZB angehören, d. h. wir werden durch unsere dortige Anwesenheit besser dastehen als jetzt. Zur Zeit haben wir im Währungsausschuß nur Beobachterstatus. Zukünftig werden wir Vollmitglied im Wirtschafts- und Finanzausschuß sein, und es ist inoffiziell bereits beschlossen worden, daß die Vertreter der nationalen Zentralbanken bei der Diskussion von Währungsfragen im Wirtschafts- und Finanzausschuß, unverblümt gesagt, den Mund halten müssen, während die Vertreter der EZB die Sprecher der zukünftigen gemeinsamen Währungspolitik sein werden. Im Hinblick auf die Analyse der Auswirkungen der Finanzkrisen in Asien und Rußland auf die Währungsunion bitte ich um Ihr Verständnis dafür, daß wir als Europäische Zentralbank noch nicht voll funktionstüchtig sind und trotz genauer Beobachtung und Überwachung der dortigen Entwicklungen und deren Folgen für wirtschaftliche Entwicklungen in Europa noch keine Handlungskompetenz haben. Ergänzend kann ich sagen, daß diese Krisen sich, zumindest meiner Ansicht nach, von allen vorherigen Liquiditätskrisen unterscheiden. Ich denke hier an die erste Schuldenkrise in Mexiko, die zweite Schuldenkrise in Lateinamerika und andere Liquiditätskrisen in den vergangenen Jahrzehnten. Diese Krisen führten in allen Fällen zu Spannungen und richteten verheerendem Schaden beim europäischen Wechselkursmechanismus an. Dieses Mal hingegen hatte die Krise überhaupt keine Auswirkungen: Es kam nicht zu Spannungen, und es mußte innerhalb von Europa nicht interveniert werden, was meiner Meinung nach von eminenter Bedeutung ist. Ich stelle mit Zufriedenheit fest, daß die Vorankündigung der bilateralen Wechselkurse für die Umstellung am Ende des Jahres, wie beabsichtigt, wirklich glaubhaft war. Die neuen Kurse wurden von den Märkten akzeptiert, was daran erkennbar ist, daß die Liquiditätskrisen außerhalb von Europa überhaupt keine Auswirkung auf die internen Wechselkurse in Europa gehabt haben. Bis heute hatten die Finanzkrisen in Rußland und Asien gewisse Folgen, aber ich würde sagen, minimale Folgen für die wirtschaftlichen Entwicklungen in Europa. Es wurden einige Fragen zu den Euro-Banknoten gestellt, z. B. wurde oft gefragt, was getan würde, um den Bedürfnissen von Menschen mit Sehschwächen gerecht zu werden. Nach ausführlichen Beratungen mit dem Europäischen Verband der Organisationen für Blinde und Menschen mit Sehschwächen stehen nun eine Reihe von spezifischen Entscheidungen zu ihren Gunsten an. Erstens werden die sieben Banknoten unterschiedlich groß sein. So können Blinde erkennen, welchen Schein sie in der Hand halten. Zweitens sind die Zahlen auf den Banknoten "fühlbar" , da sie geprägt werden. Blinde Menschen können so "erfühlen" , was sie in der Hand halten. Um denjenigen zu helfen, die nicht ganz blind sind, aber deren Sehkraft eingeschränkt ist, wurde entschieden, daß die Farben der sieben Banknoten in der Tat sehr unterschiedlich sein sollen, damit sie auch für Menschen mit extremer Sehschwäche erkennbar sind. Ist mein Gehalt ein Staatsgeheimnis? Es wurden einige Fragen hierzu gestellt. Nein, es ist kein Staatsgeheimnis. Ich muß gestehen, daß ich nicht einmal genau weiß, wie hoch mein Gehalt ist. Generell ist die Regel, daß das Gehalt eines Direktoriumsmitglieds der EZB ungefähr 10 % über dem des obersten Generaldirektors bei der Europäischen Kommission liegt, obwohl diese Zahlen keine Richtwerte sind. Das Gehalt des Vizepräsidenten ist 20 % höher. Mein Gehalt als Präsident liegt 40 % über dem eines Direktoriumsmitglieds. So ungefähr sieht die Gehaltsstruktur aus. Außerdem zahlen wir entgegen der Meinung so mancher Menschen in Europa europäische Einkommensteuern, und meine oberste Besteuerungsgrenze beträgt 45 %, wenn Sie das interessiert. Mein durchschnittlicher Steuersatz liegt bei ca. 33 %. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich werde genauso wie alle anderen europäischen Beamten besteuert. Soweit ich es beurteilen kann, bin ich auf alle Fragen ausführlich eingegangen. War es eine kluge Entscheidung, die Banknoten von zehn verschiedenen Druckereien drucken zu lassen? Ich denke, daß es eine kluge Entscheidung war. So werden Faktoren wie Beschäftigung in den verschiedenen Ländern mit all ihren vorhandenen Druckereibetrieben berücksichtigt. Wenn Sie mich fragen würden, ob dies die effizienteste Entscheidung war, die getroffen werden konnte, so würde ich dies verneinen. Eine Zentralisierung des Druckens der Banknoten wäre effizienter gewesen, aber es wäre eben keine so kluge Entscheidung gewesen. So wurde letztendlich beschlossen, die Banknoten gemäß dem Subsidiaritätsprinzip drucken zu lassen. Jede nationale Zentralbank kann selbst entscheiden, wann, wo und wieviel produziert werden soll. Wie ich in meinem einführenden Beitrag angemerkt habe, werden manche Zentralbanken wahrscheinlich aus freien Stücken Pool-Vereinbarungen treffen, wodurch jede Bank einen Teil der Arbeit übernehmen würde. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. Es folgt der Bericht (A4-0254/98) von Frau Hautala im Namen des Ausschusses für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/116/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Hinblick auf das Inverkehrbringen cadmiumhaltiger Düngemittel in Österreich, Finnland und Schweden (KOM(98)0044 - C4-0109/98-98/0026(COD)) Herr Präsident, jetzt ist es Zeit, sich daran zu erinnern, welche Versprechen die Europäische Union den neueren Mitgliedstaaten Österreich, Finnland und Schweden zu der Zeit gegeben hat, als diese vor fast vier Jahren Mitglieder der Union wurden. Diesen Ländern wurde versprochen, daß sie während einer Übergangszeit, die vier Jahre dauern würde, an ihren eigenen strengeren Umweltnormen festhalten könnten. Diese Phase läuft Ende dieses Jahres aus. In dieser Zeit hatte die Europäische Union vor, alles zu tun, was ihr möglich ist, um ihre eigenen Normen auf dasselbe Niveau anzuheben, auf dem sich die Umweltnormen der neueren Mitgliedstaaten befanden. Das Endergebnis sollte sein, daß sich in der gesamten Europäischen Union ein hohes Schutzniveau durchsetzen würde. Dieser Kadmiumbericht kann sich vielleicht etwas zu allgemein gehalten anhören, aber er hat eine sehr langfristige politische Bedeutung. Ich bin nämlich davon überzeugt, daß die Bürger Österreichs, Finnlands und Schwedens sehr genau verfolgen, ob die Europäische Union tatsächlich in der Lage ist, an ihrem Versprechen festzuhalten, das ja darin bestand, daß der Schutz der Umwelt und der Gesundheit auf ein hohes Niveau gebracht wird. Übrigens wurde zuletzt heute im Plenum eine Position bestätigt, wonach das Recht Finnlands, Schwedens und Österreichs unterstützt wurde, an ihren strengeren Normen festzuhalten. Wie ist also die Situation heute, wo nur noch einige Monate bis zum Ende dieser Übergangszeit verbleiben? Eine der wichtigsten Abweichungen war tatsächlich der Grenzwert für den Kadmiumgehalt in Düngemitteln. Kadmium ist bekannterweise ein giftiges Schwermetall, das das mikrobiologische Leben der Erde stört, da es das Wachstum der Pflanzen erschwert. Es sammelt sich in Tieren, aber es kumuliert auch in den Organen der Menschen. Die Rohstoffe für Phosphordüngemittel enthalten oft viel Kadmium, besonders wenn dieser Rohstoff aus bestimmten afrikanischen Ländern kommt. Die Europäische Kommissin hat ökonomisch unterstützt, daß die afrikanischen Herstellerländer eine Technologie entwickeln, mit der in der Industrie Kadmium aus den Rohstoffen für Phosphordüngemittel entfernt werden können. Jetzt ist es wichtig, daß diese Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf beiden Seiten beschleunigt wird. Andererseits ist in den Rohstoffen für Phosphordüngemittel einiger Regionen nicht so viel Kadmium enthalten. Solche Regionen sind beispielsweise Finnland und die Kola-Halbinsel in Rußland. Meine Schlußfolgerung lautet, daß die Kommission und die Mitgliedstaaten diese vier Jahre der Übergangsphase verschwendet haben, daß sie die Risikoanalyse verzögert haben, die notwendig ist, um Schlußfolgerungen daraus ziehen zu können, ob auf Ebene der Union tatsächlich Regelungen zum Kadmiumgehalt von Düngemitteln geschaffen werden sollen. Eigentlich gibt es aus diesen neueren Mitgliedstaaten vertrauenswürdige Informationen dazu, daß eine solche Kadmiumbegrenzung sehr stark gesundheitlich und umweltbezogen begründet ist, andererseits sind aber aus den alten Mitgliedsländern nicht ausreichend Informationen eingegangen. Als Berichterstatterin zum Vorschlag der Kommission bin ich der Meinung, daß die Kommission schon in die richtige Richtung gegangen ist. Sie schlägt nämlich vor, daß Finnland, Schweden und Österreich eine neue dreijährige Übergangszeit zugestanden wird, in der diese Risikobewertung auf Ebene der Europäischen Union fortgesetzt wird. Ich bin jedoch trotzdem der Meinung, und der Ausschuß für Wirtschaft hat diese Ansicht unterstützt, daß die Kommission und die Mitgliedstaaten etwas zielgerichteter sein sollten. Eine solche Ausnahme ohne Fristen kann nicht in Frage kommen, denn sowohl Umweltund Gesundheitsfaktoren als auch die ungehinderte Funktion des Binnenmarkts andererseits erfordern, daß jetzt vereinbart wird, mögliche und notwendige Änderungen der Rechtsetzung im Verlaufe dieser neuen dreijährigen Frist anzunehmen. Herr Präsident, liebe Kollegen, es ist wirklich so, wie es die Berichterstatterin dargelegt hat, daß in Finnland, Schweden und Österreich das in Phosphordüngemitteln enthaltene die Mikroorganismen zerstörende Gift, Kadmium, als gefährlich für Menschen und Umwelt erkannt worden ist. Die Düngemittelrichtlinie der EU gibt trotzdem keine Grenzwerte für den Kadmiumgehalt vor, und dies ist natürlich ein Problem. Wir wissen alle, daß der Kadmiumgehalt in Posphordünger schädlich ist. Kadmium muß auch in Zukunft als gefährlicher Stoff eingestuft werden, und dessen Grenzwerte müssen in der neuen Richtlinie vorgegeben werden. Die Herstellerländer, besonders Marokko, müssen entgegen ihrer Gleichgültigkeit verpflichtet werden, Verfahren zu entwickeln, mit denen Kadmium aus Phosphordüngemitteln entfernt werden können. Das liegt im Interesse der Herstellerländer. Die finanzielle Unterstützung durch die Gemeinschaft muß besonders in den Herstellerländern des afrikanischen Kontinents fortgesetzt werden, die lebenswichtige Erzeuger von Rohstoffen für den EU-Binnenmarkt sind und für die die EU ein großer Markt ist. Hier in der EU muß die Risikobewertung des Kadmiums in Düngemitteln beschleunigt werden. Unser Ziel in der Union, in der so viele Menschen von Allergien geplagt werden, sind möglichst reine Lebensmittel, und unser Prinzip sollte natürlich sein, daß das Gift sowohl aus dem Boden als auch aus dem Holz und damit letztendlich aus dem Menschen verbannt wird. Herr Präsident, werte Kollegen! Mit dem Beitritt Österreichs, Schwedens und Finnlands hat sich die Europäische Union 1995 verpflichtet, stärker als bisher ökologische Aspekte zu berücksichtigen. Das ist für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen enorm wichtig, weil nur ein gleicher Rahmen auch gleiche Wettbewerbsfähigkeit ermöglicht. So haben wir damals allgemein vereinbart, daß die höheren österreichischen Umweltstandards allgemein für vorerst vier Jahre weiter gelten werden. Gleichzeitig hat auf Unionsebene ein Überprüfungsprozeß eingesetzt. Das Ziel lautete: Anpassung der Umweltnormen, wenn es notwendig ist, an die höheren nationalen Standards. Diese Vereinbarungen galten und gelten nach wie vor als großer umweltpolitischer Erfolg sowohl für die neu beigetretenen Mitgliedstaaten als auch für die Umweltsituation in der Europäischen Union. Mittlerweile ist beim Benzolgehalt im Benzin ein erster Erfolg gelungen. Der Grenzwert wurde drastisch reduziert. Beim Schwefelgehalt im Heizöl werden die österreichischen Grenzwerte jedenfalls beibehalten, und auch die Entwicklung bei den Cadmiumgrenzwerten in Düngemitteln ist durchaus positiv, denn sowohl die Grenzwerte Österreichs als auch die Schwedens und Finnlands werden bis ins Jahr 2002 verlängert und das auf der Grundlage, daß eine objektive Studie feststellen soll, ob es tatsächlich einen Übergang von Cadmium aus dem Boden in den menschlichen Kreislauf gibt. Sollte dies bewiesen werden, ist die Grenzwertsituation in der Europäischen Union eindeutig. Derzeit haben wir noch keine ausreichenden Informationen über die durch Cadmium verursachten Risiken. Wir wollen aber eine objektive Bewertung der Auswirkungen in diesem Bereich. Herr Präsident, ich beglückwünsche Kollegin Hautala zu dem guten Bericht. Der Vorschlag der Kommission verlängert das Recht Finnlands, Schwedens und Österreichs, von den das Kadmium betreffenden Forderungen der Richtlinie abzuweichen. Die Kommission hat versprochen, eine Risikobewertung des Kadmiums für den gesamten EURaum zum Beschluß zu bringen. Außerdem muß die Kommission die Entwicklung solcher Verfahren prüfen, mit denen Kadmium aus den in die EU eingeführten Rohstoffen für Düngemittel entfernt werden. Nach meinen Kenntnissen ist es labortechnisch schon möglich, Kadmium aus Rohstoffen für Phosphordüngemittel zu lösen. Der Prozeß ist gefunden worden. Jetzt brauchen wir dessen Umsetzung. Kadmium sammelt sich im Boden an und das ist für Menschen gefährlich. Laut durchgeführten Untersuchungen ist der Kadmiumgehalt in einigen EU-Mitgliedstaaten schon jetzt recht hoch. Deshalb ist die Beseitigung des Kadmiums aus den Düngemitteln äußerst wichtig. In Finnland durften die Düngemittel seit 1984 mit Selen angereichert werden. Bisher sechs Gramm pro Kilo Düngemittel und seit April zehn Gramm pro Kilo Düngemittel. Bei uns ist die Verwendung von Selen seit Jahren beobachtet worden. Laut diesen Beobachtungen ist die Selenaufnahme durch Haustiere und Bevölkerung gesunken. Deshalb werden den Selendüngemitteln statt sechs Gramm jetzt zehn Gramm Selen beigegeben. Die Beimengung von Selen hat laut Untersuchungen eine ausgezeichnete Auswirkung auf die gesundheitliche Situation von Haustieren und Bevölkerung. Dieses Modell könnte beispielsweise für die gesamte EU gelten. Ich fordere auch die Kommission auf, in ihre Untersuchung auch die Bewertung der Auswirkung von Selenanreicherungen in Mischdüngemitteln einzubeziehen, damit wir die Gesundheit der Bevölkerung und Haustiere im gesamten Gebiet der EU verbessern können. Abschließend stelle ich fest, daß die für die Förderung der Gesundheit der Menschen und Tiere vorgesehenen strengeren Normen kein Handelshindernis sein dürfen, sondern die EU sie zulassen muß. Herr Präsident, bei ihren Beitrittsverhandlungen erhielten Österreich, Finnland und Schweden die Zusage, ihre höheren Umweltstandards vorläufig beibehalten zu können, wobei sich dies insbesondere auf den CadmiumGehalt in Phosphatdüngemitteln bezog. Wir haben uns letzten Endes über die Kommission zu einer Harmonisierung der Normen durch Anpassung an die höheren Standards verpflichtet. Nun sind bis zum heutigen Tag keine Taten gefolgt, obwohl die schädliche Wirkung der betreffenden Substanzen wissenschaftlich erwiesen scheint. Die Kommission gibt sich mit einer Sonderregelung für die Staaten mit höheren Standards zufrieden. Die Gesundheit der Öffentlichkeit und der Schutz der Umwelt sind jedoch keine nebensächlichen Fragen, und ich denke, das Tagesgeschehen bringt uns dies täglich in Erinnerung. Diesmal müssen sich die gemeinschaftlichen Vorschriften an die höchsten Normen anpassen, um nicht ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Dieses Papier, das anscheinend im wesentlichen technisch ist, weist eine größere politische Dimension auf, insbesondere vor dem Hintergrund des Beitritts der MOEL. Es geht nicht darum, irreführende politische Signale an die Beitrittsländer zu senden. Wenn die Ausnahmenregelungen nun den strengsten Politiken angeglichen werden müssen, dürfen sie doch die Fortschritte der ambitioniertesten Politiken nicht behindern. Die Ausnahmeregelung, das Prinzip der Ausnahmeregelung, darf sich nicht in Ewigkeit fortsetzen. Wir müssen unsere Versprechen halten. In diesem Sinne unterstützen wir den Bericht und den Ergänzungsantrag von Frau Hautala, die wir zu ihrer außerordentlich klaren Arbeit beglückwünschen. Herr Präsident! Die Teilnehmer an der Diskussion haben die Ausgangslage schon hinreichend beschrieben. Wir haben insofern eine besondere Situation vor uns, als die drei Beitrittsländer besondere Normen hatten, die wir weiter aufrechterhalten haben mit der Verpflichtung zu prüfen, ob es eine gemeinschaftliche Regelung geben kann, die entweder diese Normen oder auch andere Normen übernimmt. Es war von Anfang an klar, daß die gemeinschaftliche Regelung auf wissenschaftlich begründete Daten zurückgehen sollte. Es stimmt nicht, daß die Kommission, wie die letzte Rednerin gerade gesagt hat, nichts gemacht hätte. Wir haben eine Studie zu diesem Problem durchgeführt, und diese Studie hat keine ausreichenden Daten für eine europaweite Verschärfung von Normen geliefert. Das heißt, wir sind im Moment in der Situation, daß die Besorgnisse, die wir mit dem Parlament teilen - da hat Herr Rübig völlig recht - nicht zu einem gesetzgeberischen Schritt führen können, weil wir die hinreichenden wissenschaftlichen Daten nicht haben. Das ist das ganze Problem, was die Aktivität der Kommission angeht. Die Kommission zu tadeln, das mag in vielen anderen Fällen völlig richtig sein, aber in diesem Fall ist es leider völlig falsch. Was kann man machen? Wir haben in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsländern eine neue Studie in Auftrag gegeben, um zu besseren Daten zu kommen, die uns dann entsprechende gesetzgeberische Schritte erlauben. Diese Daten können jedoch, wenn sie vernünftig und verläßlich sein sollen, nicht vor dem Jahr 2000 vorliegen, weil manche der möglichen Folgen eben eine gewisse Zeit der Beobachtung notwendig machen. Weil das so ist, müssen wir bis zum Jahr 2000 warten, und das zwingt uns nun, eine Verlängerung der Ausnahmeregeln vorzuschlagen, weil sonst, wenn das nicht geschähe, die drei neuen Mitgliedsländer in einem rechtsfreien Raum leben würden, was auch nicht Sinn des ganzen Vorgehens sein könnte. Gleichzeitig können wir aber nicht das übernehmen, was Frau Hautala vorschlägt, denn wenn wir jetzt - sozusagen vor dem wissenschaftlichen Gutachten - gemeinsame Normen einführen wollten, dann würden wir dieses wissenschaftliche Verfahren vollkommen lächerlich machen. Es hat gar keinen Sinn, eine wissenschaftliche Studie in Auftrag zu geben, um Anhaltspunkte für Normen zu bekommen, aber gleichzeitig schon zu sagen, wir nehmen auf alle Fälle diese Norm. Das ist nun wirklich, Frau Hautala, keine Gesetzgebung, die ich vertreten kann, und deswegen bitte ich das Parlament, unseren Vorschlag zu akzeptieren, den ja auch die Berichterstatterin nicht ablehnt. Wenn Sie keine Verlängerung der Ausnahmeregelung wollen, wenn wir das jetzt nicht beschließen können, dann werden wir, was die drei Beitrittsländer anbelangt, in einem sehr unsicheren Rechtszustand leben, und das kann nicht im Sinne der Beteiligten sein. Nur diesen Teil meine ich. Den anderen Teil - das habe ich ja schon gesagt - können wir nicht annehmen, denn wir können keine wissenschaftlichen Studien in Auftrag geben, aber vorher schon sagen, daß wir, egal was dabei herauskommt, doch das machen, was wir jetzt für richtig halten. Das ist unsere Situation, und deswegen bitte ich darum, daß das Parlament dazu beiträgt, daß wir diese Ausnahmeregeln verlängern können, damit wir wenigstens den Rechtszustand von heute haben. Herr Präsident, ich möchte nur klarstellen, daß im Bericht die neue zusätzliche Übergangszeit von drei Jahren voll unterstützt wird. Ich würde mir wünschen, daß das Mitglied der Kommisssion, Herr Bangemann, das hört, sie haben bestimmt einen Kopfhörer. Also dieser Grundlinie wird zugestimmt, aber es wird die Meinung vertreten, daß die Ausnahme nicht "open end" ist, und daß sie nicht irgendwann einmal enden würde. Wie Sie selbst sagen, können sie diese Risikobewertung bis 2000 abschließen, was ganz richtig ist. Es besteht Grund zu präzisieren, daß die Kommission ihr Teil getan, aber alte Mitgliedstaaten verzögert haben, und somit ist dieser Vorschlag des Parlaments für alle Beteiligten sehr realistisch und möglich. Vielen Dank, Frau Hautala. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A4-0253/98) von Frau Hautala im Namen des Ausschusses für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlament und des Rates über Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger zur Beförderung bestimmter Tierarten und zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG in bezug auf die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern (KOM(97)0336 - C40339/97-97/0190(COD) Herr Präsident, der Vorschlag zu einer Richtlinie, den wir jetzt behandeln, betrifft das System der Typenzulassung für Fahrzeuge, die zum Transport bestimmter Tiere verwendet werden. Diese Normen gelten für Tiertransporte, die kürzer sind als acht Stunden. Durch diese Richtlinie wird es den Herstellern ermöglicht, im Binnenmarkt ein für die gesamte Union geltendes Typengenehmigungssystem zu wählen, das bestimmte technische Forderungen erfüllt. Es handelt sich um ein Verfahren der Mitentscheidung, da hier auf einen besseren Binnenmarkt für diese Fahrzeuge hingearbeitet wird. Die meisten das Wohlergehen der Tiere betreffenden Beschlüsse, die in diesem Parlament gefaßt werden, liegen außerhalb der eigentlichen Beschlußmacht des Parlaments, da es oft um die Harmonisierung der gemeinsamen Agrarpolitik geht. In diesen Fällen gibt das Parlament eine Stellungnahme ab, und dann tut der Rat was er tun möchte und macht oft noch einen Kuhhandel, da Einstimmigkeit erforderlich ist. Aber in diesem Fall, meiner Meinung nach sogar zum ersten Mal, hat das Parlament die Möglichkeit, auf die Sachlage Einfluß zu nehmen, die das Wohlergehen der Tiere betrifft, weil das Parlament am Gesetzgebungsprozeß beteiligt ist. Deshalb ist es für das Parlament sehr wichtig, diese Möglichkeit zu nutzen. Sehr viele Mitglieder des Parlaments werden dauernd von Bürgern angesprochen, die entsetzt sind und wütend darüber, wie Tiere auf Transporten behandelt werden. Jetzt haben wir die Gelegenheit, die Situation zu verbessern. Es geht natürlich nicht darum, mit Hilfe der Technologie die Probleme des Wohlergehens der Tiere zu lösen, aber sie kann von sehr großer Bedeutung sein. Weshalb sollten wir deshalb nicht die moderne Technik und ihre Möglichkeiten für uns nutzbar machen, wenn wir neue Fahrzeuge bauen? Dann verursachen sie möglichst wenig Leiden für die zu transportierenden Tiere. Es ist nämlich offensichtlich, daß mit dem Wohlergehen der Tiere verbundene Forderungen strenger und auf keinen Fall lockerer werden. Gerade deshalb ist es sehr wichtig, daß die bei der Herstellung künftiger Fahrzeuge den Tierschutz fördernden technischen Faktoren voll Berücksichtigung finden. Außerdem ist das auch wirtschaftlich das Klügste. Alle Vorschläge, die im Bericht enthalten sind, können voll mit den derzeitigen Materialien und Techniken umgesetzt werden, auch der Vorschlag der flacheren Rampe. Dazu gab es ja einige Diskussionen im Parlament. Die Hersteller haben festgestellt, daß es Möglichkeiten gibt und die ökonomischen Belastungen sind tragbar. Ich möchte außerdem feststellen, daß auch das Wohlergehen der Tiere eine wirtschaftliche Frage ist, denn, wenn es den Tieren während des Transports schlecht geht, dann ist auch das Fleisch von schlechter Qualität, das heißt mit den technischen Eigenschaften der Fahrzeuge ist es auch möglich, die Qualität des Fleisches zu verbessern und daraus wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Die Frage dieser Rampen ist sehr wesentlich. Die Kommission schlägt vor, daß der Neigungswinkel 25 Grad betragen solle, aber Untersuchungen zum Wohlergehen der Tiere haben gezeigt, daß er nicht über 20 Grad betragen dürfte. Es geht natürlich um die Be- und Entladung zu Beginn und am Ende des Transports. Es sollte noch extra erwähnt werden, daß Schweine, die in mancherlei Hinsicht uns Menschen ähnlich und sehr empfindliche sowie schlaue Tiere sind, besonders sensibel bei der Beund Entladung reagieren. Deshalb enthält der Bericht auch einen Vorschlag der Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für Landwirtschaft, Frau Anttila, daß Fahrzeuge für den Transport von Schweinen über eine Hebebühne verfügen sollten. Es ist wirklich wichtig, daß das Parlament jetzt diese Möglichkeit, das Wohlergehen der Tiere zu berücksichtigen, nicht verspielt, die mit einer solchen Verbesserung der zukünftigen Fahrzeuge für den Tiertransport geboten wird. Eine bessere Planung und auch eine Kontrolle der Transporte ist sehr wichtig, und deshalb wird auch vorgeschlagen, daß diese Fahrzeuge im Abstand von drei Jahren überprüft werden sollten. Es ist klar, daß auch das Verhalten des Fahrers auf das Wohlergehen der Tiere Einfluß hat, aber diese technischen Seiten dürfen auf keinen Fall unterschätzt werden. Herr Präsident, ich gratuliere der Kollegin Hautala für den sehr sachkundigen Bericht. Ich bin mit den Änderungsanträgen des Berichts sehr zufrieden, bei deren Verwirklichung der Streß für die Tiere während des Beladens und des Transports verringert werden kann. Der Streß während des Transports wirkt sich, ganz wie Kollegin Hautala festgestellt hat, direkt auf die Qualität des Fleisches aus. Die Transportbedingungen in der EU sind unter anderem aufgrund der bestehenden Klimabedingungen sehr unterschiedlich. Im Norden herrscht Frost, und im Süden ist es viel zu heiß. Beide Bedingungen müssen bei der Ausstattung der Fahrzeuge berücksichtigt werden. Ich bin sehr froh darüber, daß im Bericht eine obligatorische Hebebühne für Schafe und Schweine gefordert wird, die ich schon dem Ausschuß für Landwirtschaft vorgeschlagen habe. Wenn wir Richtlinien für die Zeit nach dem Jahr 2000 erarbeiten, müssen unsere Ziele ehrgeizig sein. Zwischen den technischen und materiellen Anforderungen an die Tiertransportgerätschaften und den Forderungen für die eigentliche Verwendung sowie den mit der Verwendung verbundenen Anforderungen klafft in der Richtlinie eindeutig eine Lücke. Die an die Geräte gestellten Forderungen und die Nutzung der Geräte hängen voneinander ab. Eine einfache Forderung nach der richtigen Verwendung garantiert nicht das Wohlergehen der Tiere. Auch ein schönes Gerät mit seiner schönen Ausstattung allein kann das Wohlergehen der Tiere auf dem Transport nicht garantieren, wenn die Nutzung des Fahrzeugs und die Tätigkeit des Fahrers fehlerhaft ist. Deshalb erachte ich es als sehr wichtig, daß den Behörden der Mitgliedstaaten ausreichende Kompetenzen zur Kontrolle der Transporte eingeräumt werden. Das nächste Ziel ist es, mit einer gewissen Übergangszeit, die Ausdehnung der jetzt in der Behandlung befindlichen Forderungen auch auf das schon im Gebrauch befindliche Inventar auszudehnen. Nach Ablauf der Übergangszeit sollte das Inventar die Forderungen der Richtlinie zumindest in den wesentlichen, für das Wohlergehen der Tiere wichtigsten Teilen, erfüllen. In dem Vorschlag der Kommission wird erwähnt, daß auf dem Fahrzeugschild der Termin der nächsten Durchsicht anzugeben ist. Die Zeit zwischen den Durchsichten wird überhaupt nicht erwähnt. Dieser Mangel muß behoben werden, und die Durchsichten sollten möglichst in einem Abstand von drei Jahren vorgenommen werden. Die Tiertransporte in der EU haben einen negativen Ruf in der Öffentlichkeit, was keinem dient. Wenn jetzt die Transportregelungen überarbeitet worden sind und das Ausstattungsniveau der Fahrzeuge in Ordnung gebracht wird, sind Voraussetzungen für bessere Tiertransporte gegeben. Herr Präsident, die Beförderung von Tieren im Straßengüterverkehr ist vielen schon lange ein Dorn im Auge, und der Hauptgrund dafür liegt in dem Ärgernis über die uns inzwischen allen bekannten Bilder von Tieren, die über sehr lange Strecken transportiert werden. Bei unserer heutigen Aussprache geht es um die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen, die für eine solche Beförderung von Tieren bestimmt sind, und dabei denken wir an diese Bilder. Daher ist es naheliegend, daß vom Europäischen Parlament hohe Anforderungen an die Typgenehmigung gestellt werden, denn wir möchten jene Mißstände abschaffen, bei denen Tiere während des Transports nicht nur unter zu hohen Temperaturen zu leiden haben, sondern auch darunter, daß sie nicht genügend zu trinken und nicht genügend Futter haben. Unserer Überzeugung nach wird nämlich einer zivilisierten Gesellschaft Abbruch getan, wenn es keinen zivilisierten Umgang mit Tieren gibt, und zwar auch mit Tieren, bei denen es sich um Schlachtvieh handelt. Der Ausschuß für Verkehr und Fremdenverkehr ist mit der Kommission darin einig, daß für die verschiedenen Tierarten die Fahrzeuge mit verschiedenen Ausrüstungen ausgestattet sein müssen, was in dem vorliegenden Vorschlag jedoch nicht genügend herausgearbeitet wurde. Aus diesem Grunde hat mein Ausschuß detaillierte Vorschläge unterbreitet, durch die dafür gesorgt werden soll, daß Tiere beispielsweise nicht aus Fahrzeugen oder von denLaderampen fallen und daß sie sich nicht verletzen können, wenn sie die Etage wechseln müssen. Das größte Problem liegt jedoch darin, daß die Kommission einige Dinge ausläßt, da sie ihrer Ansicht nach in eine Richtlinie aufgenommen werden sollten, in der es um die Nutzung von Fahrzeugen geht und nicht um Typgenehmigung. Ich kann Ihnen jedoch sagen, daß es für Tiere unerheblich ist, in welcher Richtlinie die Bestimmungen stehen. Daß zwischen Ausrüstung und Gebrauch unterschieden wird, ist seltsam, denn durch die Ausstattung wird ja in hohem Maße bestimmt, wie von einem Fahrzeug Gebrauch gemacht wird. Der Ausschuß für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik hat die Vorschläge des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr zu einem großen Teil übernommen, und ich möchte daher Frau Hautala für ihre Bemühungen danken. Ich hoffe also, daß diese Vorschläge nicht nur in der ersten, sondern auch in der zweiten Lesung bestehen bleiben werden und daß wir die Kommission und den Rat damit überzeugen können, zur Not erst in der allerletzten Runde. Herr Präsident, ich danke der Berichterstatterin für den guten Bericht. Europa ist in den vergangenen Jahren erschüttert gewesen von dieser rohen Behandlung der Schlachttiere. Die Transporte verlaufen in der heutigen Zeit in den Mitgliedstaaten der Union und besonders außerhalb der Mitgliedstaaten unter solchen Bedingungen, die zeitweilig als schrecklich und ganz und gar unmenschlich bezeichnet werden können. Diese Situation setzt sich in vielen Teilen weiterhin fort. Ich habe selbst Tiere geschlachtet und habe auch bei Tiertransporten mitgearbeitet und weiß einiges über diese Frage. Der Transport von für die Schlachtung vorgesehenen Tieren über längere Strecken in Länder außerhalb der Union - auch wenn ihnen diese Frage lächerlich vorkommt, könnten Sie trotzdem genauer hinhören - ist menschlich und wirtschaftlich gesehen völlig unhaltbar. Wir sollten die unmenschlichen Bedingungen der Schlachttiere berücksichtigen, da diese Transporte ja mit Fördermittel der Union durchgeführt werden. So ist eine ständige Genehmigung entstanden, Tiere zu quälen. Diese in Vorbereitung befindliche Richtlinie für Transportfahrzeuge ist ein Zwischenabschluß aber in die richtige Richtung. Der Be- und Entladung muß, wie festgestellt worden ist, Beachtung geschenkt werden. Die Verladung ist der Verursacher des größten Streß, weshalb es kein Wunder ist, daß viele Tiere dabei verenden. Der Verladungsstreß kann, wie festgestellt wurde, mit einfachen Hebebühnen beseitigt werden. Bei den Qualitätsforderungen der Richtlinie müssen auch die Unterschiede innerhalb der Union, wie die Unterschiede zwischen dem Norden und dem Süden, berücksichtigt werden. In meinem Land ist vieles dafür getan worden, aber auf dem Gebiet der Union muß die Kontrolle funktionsfähig gemacht werden. Meine Damen und Herren dort in den ersten Reihen, am wichtigsten wäre es, den Transport von lebenden Schlachttieren über den ganzen Kontinent einzustellen. Fleisch wird von einem solchen Transport nicht beeinträchtigt. Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Fraktion begrüßt nachdrücklich die Zielsetzungen und die Bestimmungen dieses Vorschlags für eine Richtlinie, der beträchtliche Verbesserungen der vorhandenen Bestimmungen enthält. Wer Verbesserungen sagt, redet auch von steigenden Kosten. Nichts ist umsonst. Aus diesem Grund können wir zwar die Verschärfung einiger Verpflichtungen akzeptieren, wie es die Berichterstatterin vorschlägt, wir sind jedoch weit davon entfernt, ihren Vorschlägen in jeder Hinsicht zu folgen, insbesondere nicht, was das in legislativer Hinsicht wichtige Prinzip der Verhältnismäßigkeit anbelangt. Die Bilder, die das Mitgefühl und die Wut oder die Empörung vieler unserer Mitbürger hervorgerufen haben, sind Bilder einer Sachlage, die beseitigt werden muß. Sie haben jedoch mit manchen der vorgeschlagenen Bestimmungen nichts zu tun. Sie stehen vor allem in keinem Zusammenhang mit dem Problem der Rampen. Wenn Herr Ilaskivi in diesem Bereich ein Experte ist, so kann ich selbst von mir auch sagen, daß ich ein Experte bin, was das Verladen und Entladen von Tieren anbelangt. Während meiner Jugend habe ich Hunderte und Aberhunderte Schweine und Stück Vieh verladen und entladen. Ich weiß also, was eine Rampe ist. Die bisher verwendeten Rampen hatten einen Winkel zwischen 30 und 40 Grad. Ich wünschte, ich könnte Ihnen etwas vorführen, um den Unterschied zwischen einer Rampe von 25 Grad und einer Rampe von 20 Grad zu verdeutlichen. Sie wären sehr erstaunt und sollten die Geschicklichkeit der Tiere bei der Überwindung eines solchen Hindernisses nicht unterschätzen. Ich habe in diesem Bereich einige Erfahrung gesammelt, und ich kann Ihnen sagen, daß die Kosten im vorliegenden Fall überzogen sind. Frau Hautala beteuert, daß es technisch machbar ist. Gewiß, man könnte alle Tiere in Omnibussen mit Klimaanlage und Schlafplatz transportieren - es wäre technisch machbar. Die Frage ist, ob das Wohlbefinden der Tiere und die Kosten im richtigen Verhältnis zueinander stehen. Und in dieser Hinsicht geht die Berichterstatterin zu weit. Eine Rampe von 20 Grad verursacht beträchtliche Probleme und müßte vor allem faltbar sein, damit sie umgeklappt werden kann. Wir sprechen hier von hohen Kosten. Aus diesem Grund folgt unsere Fraktion der Berichterstatterin nicht in ihren übertriebenen Vorschlägen, wir sind aber die ersten, die diejenigen Vorschläge unterstützen, die vernünftig sind, und dies mit großer Begeisterung. Herr Präsident, als erstes drängt sich mir nach Anhörung des Berichts von Frau Hautala die Frage auf, warum der Ausschuß für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik mit diesem Thema betraut wurde, das meiner Meinung nach eher in den Zuständigkeitsbereich des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr fällt. Es ist mir ein Rätsel, warum das Wohlergehen von Tieren beim Transport von mehr Relevanz für die Wirtschafts- und Währungspolitik als für die Agrarpolitik oder Verkehrspolitik sein soll. Wahrscheinlich ist die Tatsache, daß diese Ausschüsse zumindest Stellung nehmen, als eine Art Trost zu verstehen, aber insgesamt betrachtet erfordert diese Entscheidung eine Erklärung. In diesem Haus scheint es ohnehin mehr und mehr "unerklärliche Vorgänge" zu geben. Was das Thema des Berichts angeht - der sichere und humane Transport von Tieren - sind wir uns alle einig, daß dies eine grundsätzliche Notwendigkeit ist. Dennoch schießen wir bei diesem Thema wieder einmal über das Ziel hinaus, das bereits angemessen im Vorschlag der Kommission selbst behandelt wurde. In den Mitgliedstaaten bestehen bereits strengste Kontrollsysteme beim Tiertransport, insbesondere bei langen Strecken, und dies ist ganz richtig so. Die Transportmittel sind meiner Ansicht nach ebenso von bester Qualität und höchstem Standard. Das müssen sie auch sein, damit die Tiere in gutem Zustand am Ziel ihrer Reise ankommen - in einem für den Endempfänger akzeptablen Zustand. Wie in allen Industriezweigen haben die Landwirte und Viehzüchter in der Agrarindustrie auch ein starkes Interesse daran, ihre Waren in erstklassigem Zustand zu präsentieren, um den höchstmöglichen Preis dafür zu erzielen. Wenn wir darauf bestehen, die jetzigen Verfahren zu erweitern, wenn wir darauf bestehen, eine ganze Reihe von Änderungen beim Tiertransport durchzusetzen, so wird das ganze System aufgrund der höheren Kosten und geringeren Effizienz übermäßig belastet und schließlich zusammenbrechen. Die Kosten für solch strengere Verfahren müssen nämlich von zwei Gruppen allein getragen werden: von den Landwirten und den Verbrauchern. Herr Präsident, dies ist wieder einmal typisch für die Fraktion der Grünen, es ist das alte Lied: Egal wieviel man ihnen zugesteht, sie wollen immer mehr. Die Grünen in ihren Stadtwohnungen wissen jedoch unsäglich wenig über die Wirklichkeit der heutigen Landwirtschaft und haben sehr wenig dazugelernt. Herr Präsident, die jüngsten Fälle von Tierquälerei während des Transports zur Schlachtung, insbesondere in den östlichen Ländern, haben in der Öffentlichkeit Empörung ausgelöst. Es ist deshalb auch die gesamte Öffentlichkeit - und nicht etwa nur die Fraktion der Grünen -, die uns dazu drängt, mit dem heute zur Aussprache stehenden Vorschlag eine Antwort auf diese Quälereien zu geben. Im Grunde genommen hat das Europäische Parlament bereits am 2. Oktober 1997 einen Bericht angenommen, in dem die Bedingungen festgelegt wurden, unter denen lebende Tiere zu befördern sind. Darin wurde insbesondere gefordert, daß der Transport von Schlachtvieh im Straßenverkehr auf höchstens 8 Stunden beschränkt werden muß und daß für den Verzehr bestimmte Tiere grundsätzlich in möglichst großer Nähe zum Herkunftsort geschlachtet werden müssen. Es steht wohl außer Zweifel, daß sich auch die allgemeine Diskussion über die Tiertransporte an ähnlichen Kriterien orientieren muß. In diesem Richtlinienvorschlag geht es zwar lediglich um die Merkmale der Fahrzeuge, die für den Tiertransport eingesetzt werden, doch auch unter diesem Gesichtspunkt muß gesagt werden, daß der vorliegende Richtlinienentwurf nicht weit genug geht, insbesondere da er auf einer fakultativen Harmonisierung basiert und in ihm nur von neuen Fahrzeugen die Rede ist, also solchen, die dem Vorschlag der Kommission gemäß nach dem 1. Mai 1999 angemeldet werden. Darüber hinaus gibt es noch weitere Aspekte, bei denen - wie dies bereits meine Vorredner herausgestellt haben - noch Verbesserungen durchgeführt werden müssen: die Steigung der Laderrampen, die Notwendigkeit von hydraulischen Hebebühnen für den Schweinetransport, die Temperatur in den Transportmitteln sowie eine stärkere Berücksichtigung der Reaktion der Tiere. Wir fordern deshalb ganz klar dazu auf, dem Bericht zu diesem Vorschlag sowie allen Änderungsanträgen zuzustimmen. Dabei sollte deutlich herausgestellt werden, daß in dem Kommissionvorschlag, so wie er uns hier vorliegt, überhaupt nicht auf den Transport von Geflügel, insbesondere von Hühnern, eingegangen wird. Herr Präsident, im Gegensatz zu Herrn Herman bin ich keine Expertin im Verladen von Tieren auf Fahrzeuge und Anhänger, aber ich bin Expertin bei der Beobachtung des Verladevorgangs, weil ich in einer Gegend wohne, in der Millionen von Tieren ständig über sehr lange Strecken transportiert werden müssen. In meiner Heimat gibt es 90 Inseln, und Sie können sich vorstellen, mit welchem Streß es verbunden ist, die Tiere von den Inseln auf das Festland zu bringen und dann über lange Strecken weiterzubefördern. Sowohl das Parlament als auch die Kommission haben ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht. In diesem Zusammenhang gibt es die Achtstundenvorschrift und die vom vorangegangenen Redner erwähnte Empfehlung, die Tiere möglichst in der Nähe des Herkunftsortes zu schlachten. Ich möchte gern die Gelegenheit ergreifen und den Kommissar fragen, ob die Kontrollen seiner Meinung nach zu locker sind. Ein Großteil der öffentlichen Kritik bezieht sich auf Vieh, das von Ländern außerhalb der Europäischen Union in die Europäische Union gebracht wird. Ich würde wirklich gern wissen, was in aller Welt wir den kritischen Stimmen aus der Öffentlichkeit sagen können, denn leider geht es wohl in den meisten Briefen, die ein Abgeordneter von Bürgern aus seinem Wahlkreis erhält, um das Wohl der Tiere. Ich unterstütze sämtliche Änderungsanträge zu Laderampen beim Verladen von Schweinen, weil ich das Verladen von Schweinen auf Lastwagen voller Entsetzen mit angesehen habe. Der Lastwagenfahrer weiß genau, daß er nur acht Stunden für den Transport hat und eine geschlagene Stunde mit dem Verladen der Schweine vergeht. Deshalb sollten wir uns eingehend mit dem Thema der Hebebühnen beschäftigen. Herr Präsident, Engagement für das Wohlbefinden lebender Tiere während ihres Transports ist ein löbliches Ziel. Es ist jedoch selbst nichts Verdienstvolles, da es im Grunde ja im eigenen Interesse geschieht. Die gesamte Branche der Tierproduktion hat nämlich jedes Interesse daran, die Tiere während ihres Transportes angemessen zu behandeln. Jeder weiß, daß der Marktwert eines Tieres stark abnimmt, wenn die Transportbedingungen schlecht sind. Wir unterstützen daher in dieser Hinsicht bessere Transportbedingungen, vorausgesetzt jedoch, sie gelten überall - einschließlich für den Handel mit Drittländern, sowohl beim Import ab Verladepunkt als auch beim Export - und sind durchführbar und sinnvoll. Was nützen beispielsweise strenge Normen bei der Herstellung neuer Kraftfahrzeuge, wenn bei ihrer Verwendung der Grundsatz nicht respektiert wird, das Wohlbefinden der Tiere zu gewährleisten? Wir wissen auch, daß große klimatische Unterschiede zwischen der Mittelmeerregion und den nordischen Ländern bestehen. Warum also sollten wir dieselben Produktionsnormen haben? Schließlich nutzen auch die Landwirte spezielle Kraftfahrzeuge, um ihre Tiere zu transportieren, sei es zum Verkauf in der näheren Umgebung oder einfach zwecks Wechsel der Weide. Auch hier ist darauf zu achten, daß den Landwirten keine überflüssigen Mehrkosten entstehen. Infolgedessen lehnen wir sämtliche Änderungsanträge ab, die die Landwirte und die Unternehmen der Branche zusätzlich belasten. Dagegen fordern wir, daß in den Vereinbarungen der Welthandelsorganisation die Normen für den Tiertransport auf den gesamten internationalen Handel ausgeweitet werden. Der Bericht von Frau Heidi Hautala ist sehr technisch, aber wie bei allen Genehmigungen muß man den Zweck berücksichtigen, in diesem Fall den Transport von Tieren. Dem wird dieser Bericht meiner Ansicht nach gerecht. Seit 1994 hat der Präsident des Parlaments Anträge mit Millionen von Unterschriften das Wohl der Tiere und insbesondere den Transport betreffend entgegengenommen. Verordnungen und Richtlinien haben nicht wesentlich zur Verbesserung der Situation für die Tiere während der Transporte beigetragen. Die Richtlinie von 1995 und die Verordnung von 1998 deuten darauf hin, daß es notwendig ist, Anforderungen an Transportmittel zu stellen, die für Tiere benutzt werden. Das tun wir auch heute. Der gemeinsame Beschluß ist deshalb die wichtigste technische Maßnahme, um sicherzustellen, daß wirklich Fortschritte gemacht werden. Das ist schwierig. Zwischen den Mitgliedsländern bestehen große Unterschiede. Aber es wird wahrscheinlich gelingen. Es sind viele Beschlüsse und Stellungnahmen verabschiedet worden, aber es geschieht jetzt auch etwas Konkretes. Durch diese Richtlinie schaffen wir die Basis zur Verbesserung des Wohles der Tiere beim Transport, aber die Landwirtschaft und die Schlachtereien in den Mitgliedsländern sind verpflichtet zu kontrollieren, daß Transporte in Zukunft kontrolliert werden - dazu gehören auch die Transportmittel. Damit müssen sich auch andere Ausschüsse beschäftigen, andere Kommissare und natürlich auch der Rat. Was nutzt es uns, wenn wir in den Schlachthöfen optimale Bedingungen schaffen, wenn die Tiere während des Transports unter Streß leiden. Der Transport lebender Tiere, ob zum Schlachten oder zur Zucht, ist nicht wünschenswert, aber er ist eine Tatsache. Aber selbst wenn wir dafür sorgen, daß es den Tieren besser geht, wird die Verbreitung von Krankheitserregern weiter zunehmen. Das hat nichts mit dem Thema des heutigen Abends zu tun, sondern damit, wie die Fahrzeuge gereinigt werden. Wir haben Anlaß zu überlegen, was wir in Zukunft tun müssen. Es ist berechtigt, den transeuropäischen Tiertransport zu bremsen, aber ansonsten unterstütze ich den Bericht Hautala und hoffe, daß sich Kommission und Rat auf etwas Vernünftiges einigen können. Herr Präsident, lieber Herr Kommissar! Es geht in dem Bericht Hautala um die technische Ausstattung von Tiertransport-Fahrzeugen. Wir haben jetzt mehrfach gehört, daß der Transport von Schlachttieren - Pferde, Schweine, Rinder und Schafe - ein sehr sensibles Thema ist, weil natürlich die Filme, die gedreht wurden, auch nur Dinge gezeigt haben, die nicht in Ordnung sind. Aber Dinge, die in Ordnung sind, wurden eben nicht gezeigt. Wir dürfen nicht alle über einen Kamm scheren. Es gibt auch anständige Transporteure. Diese Vorgänge dürfen sich nicht wiederholen. Das steht außer Frage. Wir haben erst vor kurzem den Bericht van Dijk verabschiedet, und wir wundern uns zugleich, daß der Tierschutz jedes Mal in einem anderen Ausschuß auftaucht. Das ist nicht sehr gut. Wir sollten den Tierschutz dort lassen, wo man auch mit ihm zu tun hat, nämlich im Agrar- und Verkehrsbereich. Bei der Mühe, die wir uns geben, müssen wir dann auch wissen, wo es nachher langgeht. Die Berichterstatterin hat sich große Mühe gegeben, auch die mitberatenden Ausschüsse haben gute Arbeit geleistet. Ich möchte aber klarstellen - und ich verstehe etwas davon, weil ich Landwirt bin -, daß der Einsatz von Hebebühnen zum Schweinetransport nicht der Weisheit letzter Schluß ist. Frau van Dijk hat kürzlich in ihrem Bericht verlangt, daß Ferkel bis 30 kg mit der Hebebühne verladen werden. Das ist in Ordnung. Frau Hautala sagt jetzt: Alle Schweine müssen mit der Hebebühne verladen werden. Ich sage Ihnen folgendes: Auf meinem Hof ist eine Verladerampe, die ist so hoch wie der Lastwagen. Das ist entscheidend, denn dann gehen die Tiere ebenerdig in den Lastwagen. Wenn wir Tiere kaufen, gehen sie auch ebenerdig aus dem Lastwagen heraus. Da können Sie Ihre Hebebühnen alle vergessen! Das ist der beste Weg, weil das die Tiere gewohnt sind. Es kommt auf den Menschen an, nicht auf das Fahrzeug. Der Mensch muß mit dem Tier so umgehen, daß es eine anständige Behandlung erfährt. Wir müssen bei größeren Tierbeständen diese Verladerampe verlangen, die genau der Höhe der Lastwagen entspricht. Die sind ja genormt, und das funktioniert. Von kleineren Bauern können wir das nicht verlangen, denn wenn die kleineren Bauern bei ihren Fahrzeugen eine Hebebühne einbauen müssen, wenn sie ihre Tiere selbst zum Markt fahren, dann geben die vorher auf, bevor sie eine solche Anschaffung tätigen. Insofern hat das keinen Sinn. Ich will einfach noch einmal folgendes betonen: Wir müssen die Umsetzung und die Kontrolle der Tierschutzbestimmungen in den Mitgliedstaaten verstärken. Ich mache der Kommission keinen Vorwurf, denn das kann sie gar nicht. Dafür hat sie gar kein Personal. Wir haben mehrfach schon im Haushalt Gelder eingesetzt, die nie zur Auszahlung gekommen sind, weil der Rat verweigert hat, daß Personal eingestellt wurde, um diese Überwachungen durchzuführen. Das ist entscheidend! Die Menschen, die mit den Tieren umgehen, sind beim Tierschutz entscheidend, und wenn die anständig mit ihnen umgehen, dann wird es auch klappen. Herr Präsident, der Schutz von Tieren ist mir ein wichtiges Anliegen. Das Bewußtsein um die Bedeutung der Behandlung von Tieren, seien es nun Nutz-, Zucht- oder Schlachttiere, ist gerade in Österreich sehr groß. Die österreichische Präsidentschaft wird sich dieses Themas verstärkt annehmen, damit es auch europaweit zu einer Verbesserung der Transportbedingungen von Tieren kommt. Was den Tiertransport betrifft, möchte ich unterstreichen, daß Regelungen europaweit notwendig sind. Das Europäische Parlament sollte dazu den politischen Weg vorzeigen und Rahmenbedingungen schaffen. Das Europäische Parlament sollte jedoch keine zu detaillierten technischen Vorschriften verabschieden. Wir sind als Politiker gewählt, um Politik zu machen, und nicht, um Experten anderer Fachgebiete, wie zum Beispiel Tierärzte, Techniker usw., zu ersetzen. Der tiergerechte Transport von Zucht- und Nutztieren ist für das Wohlbefinden der Tiere sehr wichtig. Aber auch der Transport von Lebendschlachtvieh muß unter guten Bedingungen durchgeführt werden, da die Qualität des Fleisches davon abhängt. Wir als Produzenten wollen eine gute Behandlung. Nur, nach dem Verkauf gehört das Tier nicht mehr dem Bauern, sondern der Käufer ist verantwortlich. Moderne Technologie nutzen, ist sicher gut und positiv, aber ich bitte auch zu berücksichtigen, daß die Nutztierarten verschiedene Verhaltensweisen haben. Schweine zum Beispiel mit Hebebühnen zu verladen, ist meiner Meinung nach unmöglich, da sie nie ruhig bleiben. Wenn immer von der Neigung der Laderampen gesprochen wird, so darf ich sagen, daß es bei uns in Österreich fixe Rampen gibt, die die entsprechende Ausrichtung haben. Wesentlich ist für mich auch, daß die Fahrer und das Verladepersonal ruhig mit den Tieren umgehen. Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin nun auch schon fast zehn Jahre hier und überlege mir immer, was wir denn in Sachen Tierschutz alles schon diskutiert haben, was wir denn alles schon an Papieren auf den Weg gebracht haben, und manchmal habe ich wirklich den Eindruck, daß hier sehr viel Theorie dabei ist, aber wirklich wenig Praxis. Ich sage Ja zum Tierschutz, ich sage aber Nein zu diesem Vorschlag von Frau Hautala, was die Hebebühne angeht. Wir erwecken den Eindruck, als gäbe es nur eine Massenproduktion. Es wurden schon viele praktische Fragen gestellt. Was passiert denn mit dem kleinen Landwirt, der sein Tier nur von X nach Y fahren will? Was passiert denn mit dem dörflichen Metzger, wo wir immer wieder sagen: Ja, die regionale Produktion - das möchte ich mal an die Adresse der Grünen richten -, das sollen doch Tiere sein, die aus Einfamilienhäusern kommen, die in Stroh gebettet sind, die dann bitteschön auf dem Silbertablett durch die Gegend getragen werden. Das paßt doch nicht zusammen mit dem, was Frau Hautala hier vorgeschlagen hat. Ich habe auch Schwierigkeiten damit, Herr Kommissar Bangemann, wie die Kontrolle insgesamt abläuft. Was haben wir alles schon beschlossen! Achtstundentransport, Be- und Entladen, Tränken, manches ist wirklich etwas praxisfremd, und deswegen würde ich hier vorschlagen, daß wir uns auf praktikable Lösungen einigen, und Sie sollten auch wirklich die praktischen Erfahrungen der Kollegen Landwirte berücksichtigen. Herr Präsident! Um auf Ihre Bemerkungen, Frau Keppelhoff-Wiechert, gleich einzugehen: Die ganze oder - sagen wir mal - zwei Drittel der Diskussion betrifft überhaupt nicht den Bericht und auch nicht das Problem. Es geht hier nämlich nicht um die Kontrolle von Tiertransporten oder darüber, wie Tiertransporte durchgeführt werden, sondern es geht ganz schlicht und ergreifend um die Typgenehmigung von Fahrzeugen, die anschließend für Tiertransporte verwendet werden. Das ist etwas ganz anderes als das, was viele hier gesagt haben. Wenn Frau Ewing oder andere diese grausamen Bilder gesehen haben und sagen, das muß man abstellen, dann ist das gar nicht Gegenstand dieses Berichts. Bei diesem Bericht geht es darum, daß wir Fahrzeuge genehmigen wollen, die in bestimmter Weise für bestimmte Tiertransporte geeignet sind. Das ist alles! Die ganzen Bemerkungen zur Kontrolle können sie alle wieder mit nach Hause nehmen, denn die Fahrzeuge werden natürlich daraufhin kontrolliert, ob sie dem Typ entsprechen, sonst werden sie gar nicht genehmigt. Dazu brauchen wir auch keine neuen Beamten, denn da haben wir die technischen Überwachungsvereine usw. Also, nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber wir wären jetzt schon seit einer halben Stunde fertig, wenn man das diskutieren würde, was wir hier vorgelegt haben, und nicht ein völlig anderes Problem, nämlich wie man Tiertransporte kontrolliert und durchführt. Das steht hier nicht zur Debatte. Gestatten Sie mir auch eine andere Bemerkung. Ich finde es immer ein bißchen komisch, daß Menschen, die sich so für Tiere interessieren, ihr Interesse auf den Transport konzentrieren, aber in dem Moment, wenn ein Tier geschlachtet wird, erlahmt ihr Interesse. Ich finde das ein bißchen seltsam: Ein Tier muß wunderschön behandelt werden, aber dann wird es geschlachtet. Ich könnte mir vorstellen, daß ein gestreßtes Schwein den Streß viel besser ertragen könnte, wenn es überhaupt nicht geschlachtet würde. Jetzt komme ich zu dem Bericht! Die Berichterstatterin hat 24 Änderungsanträge vorgelegt. Davon können wir neun akzeptieren, nämlich die Nummern 3, 4, 6, 14, 17, 18, 19, 20 und 21. Alle diese Änderungsanträge betreffen Verbesserungen redaktioneller Art, das ist sehr erwünscht. Zum Teil räumen sie auch den Herstellern mehr Flexibilität ein, und deswegen können wir diese Änderungsanträge akzeptieren. Wir können die anderen nicht akzeptieren. Ich kann jetzt nicht im einzelnen begründen, warum nicht, aber ich will einige herausgreifen. Zunächst einmal die Typgenehmigung. Ich will nochmal sagen, die Typgenehmigung betrifft nicht die Nutzung von Fahrzeugen oder den Tierschutz als solchen. Deswegen sind alle Änderungsanträge, die darauf abzielen, die Nutzung oder den Tierschutz als solchen zu verbessern, in diesem Zusammenhang fehl am Platz. Selbstverständlich könnte man - und das wäre dann eine solche Änderung - bei einem Typ die Höhe der Laderäume anders regeln, als wir das hier vorschlagen. Wir haben uns aber an die Entscheidungen gehalten, die vom Rat der Landwirtschaftsminister schon getroffen wurden, und in den Richtlinien 91/628 und 95/29 und in einer Verordnung sind Höhen festgelegt worden, die wir übernommen haben. Denn es macht natürlich überhaupt keinen Sinn, wenn wir in den Richtlinien, die wir schon haben, andere Höhen haben als in der Richtlinie über die Typgenehmigung. Dann würde uns jeder ja für nicht ganz richtig im Kopf ansehen, wenn wir zwei verschiedene Höhen festlegen. Deshalb müssen wir uns schon an das halten, was bisher beschlossen wurde. Dann gibt es den Neigungswinkel. Ich bin kein Experte wie Fernand Herman und bin immer voller Bewunderung, was er schon alles in seinem Leben gemacht hat. Bei jedem Bericht erzählt er aus seinem Leben und von seinen Erfahrungen. Er muß also unglaublich viele Erfahrungen gemacht haben. Wir haben mal gerechnet: Wenn man den Neigungswinkel auf 20º absenkt, dann bedeutet das, daß die Verladerampe so groß wird, daß die Gesamthöhe von 4 Metern nicht mehr eingehalten werden kann. Na gut, also, Frau Hautala, man kann sich über vieles auseinandersetzen, aber über Mathematik ist das sehr schwer, weil man da nämlich einfach rechnen muß. Da gibt es keine unterschiedlichen Meinungen. Deswegen können wir, wenn wir die vorgeschriebene Grenze von 4 m nicht überschreiten wollen, diesen Änderungsantrag nicht annehmen. Wie gesagt, ich kann jetzt nicht alle diese Änderungsanträge der Reihe nach durchgehen. Ich hoffe - ich bin etwas zuversichtlich nach den Beiträgen von Mitgliedern der Christdemokratischen Fraktion -, daß es gelingt, doch noch eine gemeinsame Position zu erreichen, bei der jetzt eine der letzten Vorschriften über Typgenehmigungen verabschiedet werden kann. Das ist nicht die letzte, aber eine der letzten, so daß wir das ganze Paket dann endlich einmal in trockenen Tüchern haben. Herr Präsident, ich möchte dem Mitglied der Kommission, Herrn Bangemann nur sagen, daß ich etwas Geometrie beherrsche und außerdem an der Hochschule Landwirtschaft studiert habe, aber haben Sie jemals etwas von einem Scharnier gehört? Das Scharnier ist nämlich eine recht interessante, aber letztendlich sehr einfache Erfindung, mit der das Längenproblem dieser Rampe gelöst werden kann. Das ist eigentlich eine sehr einfache Technik. Wir sprechen doch, so wie es Frau Anttila gesagt hat, von neuen zukünftigen Fahrzeugen des 3. Jahrtausends. Wenn wir jetzt zu wenig ehrgeizig sind, dann werden uns die Tierschutzvereine in zwei Jahren mitteilen, daß diese Fahrzeuge keinem Recht sind. Glauben Sie, daß das den Herstellern dieser Fahrzeuge dient? Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. (Die Sitzung wird für fünf Minuten unterbrochen, um den Beginn der Fragestunde abzuwarten.) Nach der Tagesordnung folgt die Fragestunde (B4-0481/98). Wir behandeln zuerst die Anfragen an den Rat. Zunächst aber möchte ich Frau Ferrero-Waldner begrüßen, die amtierende Ratspräsidentin, die uns im kommenden Halbjahr begleiten wird. Wir können ihr voraussagen, daß in diesem Haus wie immer ein Klima des Verständnisses herrschen wird; wir sind zuversichtlich, daß unsere Anfragen genau und mit der bekannten Sachkenntnis von Frau Ferrero-Waldner beantwortet werden, und daß wir daher mit der in diesem Hause üblichen Ruhe und Sorgfalt diese Fragestunde nunmehr beginnen können. Anfrage Nr. 1 von Herrn Blak (H-0607/98): Betrifft: Personalstatut und Diskriminierung von Homosexuellen In der derzeitigen Fassung des Personalstatuts der Beamten und Bediensteten der Gemeinschaften werden Homosexuelle und ihre offiziellen Partner diskriminiert. Obwohl die homosexuellen Beamten und Bediensteten genau die gleichen Aufgabe erfüllen und genau die gleichen Pflichten haben wie ihre heterosexuellen Kollegen, genießen sie nicht die gleichen Rechte. Der Ministerrat hätte die Möglichkeit, dieser offensichtlichen Diskriminierung mit einer Änderung des Statuts ein Ende zu bereiten. Der Ministerrat bräuchte nur auf das Europäische Parlament zu hören, das mit großer Mehrheit bereits eine Änderung des Statuts gefordert hat, nach der Homosexuellen und ihre Partner in den Genuß der gleichen Recht kämen wie ihre Kollegen. Deshalb habe ich mit großer Enttäuschung vernommen, daß der Vorsitz den Rat um eine Änderung des Statuts gebeten hat, ohne dabei dem Wunsch des Europäischen Parlaments Rechnung zu tragen, die diskriminierende Behandlung homosexueller Beamter und Bediensteter und ihrer Partner zu beseitigen. Sind Sie sicher, daß der Vorsitz bei dieser Diskriminierung bleiben möchte? Ich darf Frau Ferrero-Waldner bitten, auf diese Anfrage von Herrn Blak zu antworten. Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Ich nehme Stellung zu Ihrer Frage zum Personalstatut und zur Diskriminierung von Homosexuellen. Die Gleichbehandlung Homosexueller in bezug auf das Statut für europäische Beamte wurde vor kurzem in den zuständigen Gremien des Rates erörtert. Bei der Prüfung des von der Kommission übermittelten Vorschlags zur Änderung des Beamtenstatuts hinsichtlich der Gleichbehandlung hat sich der Rat zu folgenden beiden Aspekten geäußert: Zum einen hat der Rat bei der Annahme der Verordnung 781/98 vom 7. April 1998 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften hinsichtlich der Gleichbehandlung den Grundsatz der Nichtdiskriminierung hinsichtlich der sexuellen Orientierung bestätigt. Artikel 1 a des Statuts verfügt von nun an, daß - ich zitiere - " unbeschadet der einschlägigen Statutbestimmungen, die einen bestimmten Personalstand voraussetzen, die Beamten in den Fällen, in denen das Statut Anwendung findet, Recht auf Gleichbehandlung ohne unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund der Rasse, der politischen, philosophischen und religiösen Überzeugung, ihres Geschlechts und ihrer sexuellen Orientierung haben" . Zum anderen hat der Rat insbesondere angesichts der Entwicklungen in der Gesetzgebung einiger Mitgliedstaaten die Kommission bei der Annahme dieser Verordnung ersucht, die erforderlichen Untersuchungen in bezug auf die Anerkennung registrierter nichtehelicher Lebensgemeinschaften durchzuführen und ihm auf der Grundlage der vorgenannten Untersuchungen entsprechende Vorschläge auf diesem Gebiet zu unterbreiten. Der Vorsitz wird dafür Sorge tragen, daß dieser neue Vorschlag geprüft wird, sobald er dem Rat von der Kommission vorgelegt wird. Ich möchte zunächst die Vertreterin des Rates herzlich willkommen heißen. Ich muß sagen, daß wir selten eine so charmante Vertreterin zu Besuch haben. Aber mit der Anwort war ich nicht zufrieden. Die Vorschriften werden ja gerade geändert, aber es ist noch immer nicht berücksichtigt worden, daß es Personen gleichen Geschlechts gibt, die zusammen leben möchten, und das muß respektiert werden. Das hat man nicht getan. Ich möchte Ihnen gerne folgende Frage stellen: Die schwedische Regierung unterstützt offiziell einen schwedischen Angestellten im Rat, der eine Sache vor Gericht in bezug auf sich selbst und seinen registrierten Partner vor Gericht vertritt. Wie steht die Präsidentschaft zu den Argumenten dieses schwedischen Angestellten? Herr Präsident, verehrter Herr Abgeordneter! Vielen Dank für Ihre Begrüßung! Ich möchte gerne noch einmal zu Ihrer Zusatzfrage sagen, daß wir in bezug auf die schwedischen Vorschläge und die schwedischen Anregungen natürlich auf das warten, was uns die Kommission an Vorschlägen unterbreiten wird, denn ansonsten kann der Rat in dieser Frage nicht tätig werden. Ich möchte vielleicht noch einmal kurz folgendes ausführen: Im März 1993 hatte die Kommission dem Rat bereits einen Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften hinsichtlich der Gleichbehandlung von Männern und Frauen übermittelt. Ziel dieser Änderung war es, zum einen den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in den betreffenden Texten festzuschreiben, zum anderen Bestimmungen einzufügen, durch die die Organe in die Lage versetzt werden sollten, die faktischen Ungleichheiten, die die Chancen der Frauen in den durch das Statut abgedeckten Bereichen beeinträchtigen, zu beseitigen. Von den Änderungen, die das Europäische Parlament im November 1993 vorgeschlagen hatte, hat die Kommission die erste Änderung, der zufolge der Grundsatz der Nichtdiskriminierung auf die sexuelle Orientierung auszudehnen ist, teilweise übernommen. Nach einer Reihe von Konsultationen hat die Kommission am 3. März 1996 einen geänderten Vorschlag vorgelegt, zu dem das Parlament erneut gehört wurde. Die neue Stellungnahme des Parlaments geht von dem Gedanken aus, daß die Europäische Gemeinschaft der Tatsache Rechnung tragen sollte, daß - wie Sie gesagt haben - eine steigende Zahl vorrangig junger Menschen zusammenlebt, ohne eine Ehe einzugehen, und daß daher bezüglich des Dienstrechts des öffentlichen Dienstes der Gemeinschaft dem Vorbild des Europäischen Währungsinstitutes folgend eine entsprechende Änderung vorgenommen werden sollte. Bei der Prüfung des Kommissionsvorschlags in den zuständigen Ratsgremien hat die Kommission darauf hingewiesen, daß sie keinen neuen geänderten Vorschlag vorlegen würde, der den Änderungen des Parlaments Rechnung trägt. Für die Änderung des Kommissionsvorschlags war in diesem Fall die Einstimmigkeit des Rates erforderlich, d.h., der Rat wartet darauf, daß die Kommission neue Vorschläge unterbreitet, die er dann behandeln wird. Ich danke dem Rat für die Antwort, aber ich bin nicht zufrieden damit. Wenn ich die Antwort richtig verstanden habe, ist jetzt eine Ausnahme gemacht und gesagt worden, daß man später einen neuen Vorschlag in bezug auf die neuen Formen des Zusammenlebens oder die registrierten Partnerschaften vorlegen wird, die es in bestimmten Mitgliedsländern gibt. Ich frage deshalb, wann dieser neue Vorschlag zu erwarten ist und wie man diese Frage später behandeln wird. Dienstvorschriften werden ja nicht oft abgeändert, sondern im Gegenteil eher selten. Auch wenn man in Wirklichkeit weiß, daß es in mehreren Mitgliedsländern der EU registrierte Partnerschaften gibt, heißt das, daß der Rat auch weiterhin Angestellte aus diesen Ländern diskriminieren wird. Es gibt also auch weiterhin eine Diskriminierung von Homosexuellen, obwohl diese Art des Zusammenlebens in den Ländern zugelassen ist, aus denen sie ursprünglich kommen. Darauf hätte ich gerne eine Antwort. Herr Präsident, ich darf noch einmal darauf hinweisen - vielleicht ist das schlecht herausgekommen, deshalb betone ich das noch einmal -, daß der Rat die Kommission gebeten hat, eine Studie zu diesem Thema zu erstellen, und sobald die Kommission diesbezügliche Vorschläge vortragen wird, kann der Rat neuerlich tätig werden. Herr Präsident, werte Vertreterin des Rates, zuerst möchte ich Ihnen als Vertreterin Österreichs gratulieren, daß Österreich der erste der neuen Mitgliedstaaten ist, der den Vorsitz übernimmt. Ich wünsche der österreichischen Präsidentschaft viel Erfolg. Was jetzt die Ausgrenzung von Schwulen und Lesben betrifft, so verbietet der Artikel 13 des Vertrages von Amsterdam eine Ausgrenzung aufgrund der sexuellen Orientierung, und in dieser Hinsicht ist auch die Überarbeitung des Artikels im Statut der Beamten auf der Grundlage Artikel 13 wichtig. Natürlich wäre es sehr wichtig, daß es auch in den Mitgliedstaaten keine Ausgrenzung gäbe, und unter diesem Gesichtspunkt betrachten wir besonders die Gesetzgebung Österreichs, jetzt wo sie den Vorsitz innehaben. Auch in ihrer eigenen Gesetzgebung sind klare Mängel enthalten, die Homosexuelle betreffen. Ich möchte jetzt direkt fragen, wie beabsichtigen Sie ausgehend von Artikel 13 konkret die Überarbeitung des Beamtenstatuts voranzubringen? Frau Ojala, ich darf noch einmal das betonen, was ich bereits bei der ersten Anfragebeantwortung klar zum Ausdruck gebracht habe, nämlich daß der Rat bereits bei der Annahme der Verordnung 781/98 vom 7. April 1998 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften hinsichtlich der Gleichbehandlung den Grundsatz der Nichtdiskriminierung hinsichtlich der sexuellen Orientierung bestätigt hat. Ich zitiere noch einmal, denn es ist genau das, was hier in Frage steht. Artikel 1 a des Statuts verfügt, daß "unbeschadet der einschlägigen Statutsbestimmungen, die einen bestimmten Personenstand voraussetzen, die Beamten in den Fällen, in denen das Statut Anwendung findet, Recht auf Gleichbehandlung ohne unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung haben" . Das entspricht genau der Formulierung des Vertrags von Amsterdam, und daraufhin wurde, wie ich bereits sagte, die Kommission gebeten, Untersuchungen in bezug auf die Anerkennung registrierter nichtehelicher Lebensgemeinschaften anzustellen und dann dem Rat Vorschläge zu unterbreiten. Anfrage Nr. 2 von Herrn Camisón Asensio (H-0608/98): Betrifft: Überbuchung bei der Beförderung von Fluggästen Gedenkt der Rat irgendeine neue Initiative zur Lösung des für immer mehr Fluggäste auftretenden Problems der Überbuchung an den Flughäfen der Europäischen Union einzuleiten? Frau Ferrero-Waldner, ich darf Sie bitten, die Anfrage von Herrn Camisón zu beantworten. Herr Präsident, Herr Camisón Asensio! Die Kommission hat dem Rat am 30. Januar 1998 einen Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) 295/91 über eine gemeinsame Regelung für ein System von Ausgleichsleistungen bei Nichtbeförderung im Linienflugverkehr vorgelegt. Diese Verordnung ist im April 1991 in Kraft getreten, und die Kommission hat seitdem Informationen über ihre Anwendung gesammelt. Unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklungen im Luftverkehrssektor zielen die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen insbesondere im Wege der Ausweitung der Situationen, in denen der Fluggast ein Anrecht auf eine Ausgleichsleistung hat, und der Anpassung der Mindesthöhe der Ausgleichsleistung darauf ab, die Praxis der Überbuchung auf ein vernünftigeres Maß zu begrenzen. Die vorgeschlagenen Änderungen werden derzeit in den Ratsgremien geprüft. Unterdessen ist der Rat am 18. Juni dieses Jahres zu Schlußfolgerungen gelangt, in denen er die Notwendigkeit einer Überarbeitung der gegenwärtigen Verordnung mit dem Ziel einer Anhebung der Mindestbeiträge anerkennt und die Kommission ersucht zu überprüfen, wie die Fluggäste besser über ihre Rechte aufgeklärt werden könnten. Die Ratsgremien werden die Prüfung des Kommissionsvorschlags im Hinblick auf eine baldige Einigung fortsetzen. Auch ich möchte eingangs als Parlamentarier mit der gebotenen Höflichkeit der amtierenden Ratsvorsitzenden gratulieren. Es war für mich die Feststellung beileibe keine Überraschung, daß das Problem der Überbuchung vielen europäischen Institutionen Sorgen bereitet, weshalb ja auch, wie die Frau amtierende Ratsvorsitzende gesagt hat, die einschlägige Verordnung kürzlich vom Rat geändert worden ist. Paradox bleibt in diesem Zusammenhang jedoch, daß die meisten Fluggäste, die nicht an Bord ihres Flugzeugs gehen können, ihre Rechte in diesem Bereich gar nicht kennen. Angesichts dieser Situation haben wir noch zwei Zusatzfragen: Wann werden Fluggesellschaften endlich verpflichtet sein, ein Kartell in aller Öffentlichkeit offenzulegen, und zwar mit allen Schadenersatzmöglichkeiten im Falle der Überbuchung? Ist in den geplanten Rechtstexten eine angemessene Entschädigung für Schaden durch verpaßte Anschlüsse vorgesehen? Diese Frage ist heute von besonderer Aktualität und muß in einer solchen Aussprache über den Luftverkehr unbedingt angesprochen werden. Herr Präsident, Herr Camisón Asensio! Darf ich folgendes vielleicht noch einmal ausführen und dann noch genau auf diese Fragestellung eingehen. Die vorgeschlagenen Änderungen der Verordnung 295/91 umfassen erstens eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auf alle Flüge; dann zweitens die Buchung auf den Flugscheinen, " Beförderungsdokument" genannt, von den Luftfahrtunternehmen durch den Vermerk ok; drittens die Höhe der Ausgleichsleistungen und viertens Ausgleichsleistungen in allen Fällen der Flugüberbuchung. Was die Frage der Information der Fluggäste ganz genau betrifft, darf ich sagen, daß ich selbst gestern im Bordmagazin zufällig eine hervorragende Information gelesen habe, die den Fluggästen diese Frage schon nahebringt, aber generell können wir natürlich noch keinen Zeitpunkt nennen, denn erst muß die Kommission aufgefordert werden, die Möglichkeiten zu prüfen, und dies wird wahrscheinlich doch noch einige Zeit dauern. Der Rat ist ja am 18. Juni 1998 anhand des Vorschlags, den ich kurz vorher skizziert habe, zu Schlußfolgerungen gekommen, in denen er insbesondere anerkennt, daß erstens die Erfahrungen mit der Anwendung eine Überprüfung der Verordnung notwendig machen. Zweitens begrüßt er den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Verordnung und ersucht den Ausschuß der Ständigen Vertreter, die Erörterung der Kommissionsvorschläge fortzusetzen, was auf eine relativ baldige Erledigung hindeutet, und er fordert die Kommission auf, genau dieser Frage der Information nachzugehen. Also, es wird sicher nicht allzu lange dauern, und auch der Wettbewerb wird ja für einen besseren Service sorgen und mehr Passagiere regulieren, denn diese Frage wird immer mehr zu einer wichtigen Frage für alle Fluggäste. Die Methode der Flugüberbuchungen wird offen zugegeben. Passagieren wie mir wird gesagt, daß alle Luftfahrtunternehmen so vorgehen und, wie bereits gesagt wurde, die Betroffenen ihre Rechte nicht kennen. Ich wüßte gern von der amtierenden Ratspräsidentin, die ich herzlich willkommen heiße und die dem recht düsteren Parlament einen farbenfrohen Anstrich gegeben hat, ob sie das Inkrafttreten dieser Vorschläge während der österreichischen Präsidentschaft für wahrscheinlich hält. Anfrage Nr. 3 von Herrn Alavanos (H-0609/98): Betrifft: Strikte Einhaltung des Vertrags von Amsterdam Bei seinem Besuch in Ankara hat der amtierende Ratspräsident, der britische Außenminister Robin Cook, den Vertrag von Amsterdam mehrfach verletzt, denn er versuchte, einen gemeinsamen Standpunkt der 14 - also ohne Griechenland - zu den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei zu erzielen und wollte dabei die Entscheidungen des Europäischen Rates von Luxemburg zum Thema Türkei umgehen, obwohl eine solche Entscheidung eigentlich nur von einem Gipfel der Staats- und Regierungschefs getroffen werden kann. Da damit Artikel J.3 Absatz 3, Artikel J.8 Absatz 2 sowie Artikel J.13 Absatz 1 und 2 des Vertrags von Amsterdam verletzt werden, möchte ich wissen, welche Maßnahmen der Rat zu ergreifen gedenkt, damit der amtierende Ratsvorsitz der Europäischen Union den Vertrag über die Europäische Union strikt anwendet? Frau amtierende Ratsvorsitzende, Sie haben das Wort für die Beantwortung der Anfrage von Herrn Alavanos, der hinter Ihnen sitzt. Herr Präsident, ich möchte der Frau Ratspräsidentin danken. Die Anfrage richtete sich ja an Herrn Cook - und sollte diesen auch erreichen. Sie hat ihn deshalb nicht mehr erreicht, weil die Ratspräsidentschaft inzwischen gewechselt hat. Ich erwarte von der Frau Ratspräsidentin nicht, daß sie ihren Kollegen kritisiert; das wäre dann doch sehr heikel. Ich möchte der Frau Ratspräsidentin einfach eine ergänzende Frage stellen. Wird sich die österreichische Ratspräsidentschaft in den Fragen der Außenpolitik um den Konsens der 15 bemühen, und zwar nicht nur auf der Grundlage des Vertrags von Amsterdam, der bald in Kraft tritt, sondern auch auf der Grundlage der Artikel des vorangehenden Vertrags, und nicht bloß um eine Zustimmung von 13 oder 14 Staaten? Wird Österreich als ein demokratisches und sensibles Land den Konsens der 15 zu Fragen der Außenpolitik und insbesondere in der sensiblen Frage der Türkei anstreben? Herr Präsident, sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich darf Ihnen sagen, daß Österreich und die österreichische Präsidentschaft tatsächlich sehr bemüht sein werden, einen Konsens der 15 zustande zu bringen. Ich darf Ihnen auch sagen, daß wir in den schwierigen Fragen bezüglich Griechenland/Türkei, aber auch in den Fragen Zypern/Griechenland/Türkei erste Sondierungen sowohl mit Griechenland als auch mit der Türkei unternommen haben, die in diese Richtung gehen sollen. Wir wissen natürlich, daß diese Fragen sehr schwierige politische Fragen sind und daß wir wahrscheinlich nur kleine Schritte machen können. Aber es ist uns ein echtes Anliegen. Vielleicht kann gerade eine kleinere Präsidentschaft, ein kleinerer Staat - weil wirklich alle Interessen darauf gerichtet sind, für die Europäische Union zu arbeiten - etwas mehr bewirken. Wir hoffen jedenfalls, mit Griechenland, mit der Türkei und mit Zypern zu kleinen Fortschritten in diesen sehr schwierigen politischen Fragen zu kommen. Anfrage Nr. 4 von Herrn Marset Campos (H-0610/98): Betrifft: Menschenrechte in Äquatorialguinea Seit 30 Jahren leidet das Volk in Guinea unter diktatorischen Regimen, die für Menschenrechte nur vollkommene Verachtung übrig haben und fortgesetzt für ein Klima von Gewalt und Repression sorgen. Gedenkt der Rat, entschieden, überzeugend und energisch die Verletzung der Menschenrechte zu verurteilen und von der Regierung Äquatorialguineas die Umwandlung der Todesurteile gegen 15 Bürger zu verlangen, die in einem Prozeß ohne Garantien verhängt wurden, und gedenkt er auch, gegen die Behinderung der Medien beispielsweise in Form der Ausweisung der spanischen Journalisten vorzugehen? Meint der Rat nicht auch, daß zwecks Durchführung gerechter und objektiver Prozesse wirklicher politischer Druck auf die guineanischen Behörden in Form einer Unterbrechung irgendeines nicht rein humanitären Entwicklungsprojekts angebracht wäre? Frau amtierende Ratspräsidentin, gestatten Sie mir, ein wenig indiskret zu sein, doch erlaube ich mir in dieser freundschaftlichen Atmosphäre die Bemerkung, daß der Name Campos Ihnen nicht unbekannt ist. Herr Marset Campos sitzt hinter Ihnen; er wird Ihnen zuhören und ich bitte Sie nun, auf seine Frage zu antworten. Herr Präsident, verehrter Herr Abgeordneter Marset Campos! Ich möchte zu Ihrer Frage folgendes ausführen. Ich möchte Sie auf die Antworten auf die Anfragen Nr. H-0135/98 und E-1115 betreffend die Lage auf der Insel Bioko hinweisen. Der Rat hat das Gerichtsverfahren gegen einige Angehörige der auf der Insel Bioko beheimateten Volksgruppe der Bubi, die beschuldigt wurden, der Unabhängigkeitsbewegung, nämlich Movimiento de Autodeterminación de la Isla de Bioko (MAIB) anzugehören oder diese zu unterstützen, mit großer Besorgnis verfolgt. Die Europäische Kommission hat am 24. Februar 1998 gegenüber dem Botschafter von Äquatorialguinea ihre große Besorgnis über die Menschenrechtsverletzungen zum Ausdruck gebracht, die nach dem am 21. Januar angeblich von der MAIB in der Stadt Luba verübtem Anschlag begangen wurden. Mehrere Hunderte von Menschen sollen festgenommen und mindestens drei Personen nach dem Verhör in Haft gestorben sein. Die Kommission hat gefordert, daß die Behörden, die für derartige Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen ermitteln und bestrafen. Der Botschafter hat erklärt, daß im Innenministerium eine Sonderkommission eingesetzt worden sei, die Klagen über Menschenrechtsverletzungen entgegennehmen und untersuchen solle. Der Präsident habe sogar persönlich eingegriffen, damit Gewalttätigkeiten dieser Art nicht weiter unbestraft blieben. Der Botschafter hat ferner versichert, daß die für den Anschlag vom 21. Januar Verantwortlichen identifiziert worden seien und vor Gericht gestellt würden. Alle anderen Inhaftierten seien freigelassen worden. Bei einem Treffen der in Äquatorialguinea akkreditierten EU-Missionsleiter mit Präsident Obiang im Mai 1998 in Kamerun haben die Missionsleiter die Besorgnis der Europäischen Union angesichts der Lage der Menschenrechte in Äquatorialguinea gegenüber dem Präsidenten zur Sprache gebracht. Am 1. Juni hat ein Militärgericht dennoch 15 der etwa 100 Angeklagten zum Tode verurteilt. Der Vorsitz hat kürzlich im Namen der Union an den Präsidenten von Äquatorialguinea appelliert, die Todesurteile nicht zu bestätigen. Soweit uns bekannt ist, wurden die Todesurteile noch nicht vollstreckt. Der Rat wird die Entwicklungen in Äquatorialguinea weiterhin genau verfolgen und jede Gelegenheit nutzen, um darauf hinzuweisen, welche Bedeutung er der Wahrung der Menschenrechte und der demokratischen Grundsätze in diesem Lande beimißt. Was die Entwicklungshilfe der EU anbelangt, so hat Präsident Obiang im August 1996 um Konsultationen mit der Kommission gemäß Artikel 366 a des Vierten Lomé-Abkommens mit dem Ziel ersucht, eine Einigung über die Wiederaufnahme der Entwicklungszusammenarbeit zu erreichen. Anläßlich eines Besuchs bei der Kommission am 31. Oktober 1997 wurde er von Kommissionspräsident Santer empfangen, dem gegenüber er sein Demokratisierungsprogramm erläuterte und verteidigte. Die Kommission ließ wissen, daß eine allmähliche Wiederaufnahme der Hilfe von Fortschritten bei den Menschenrechten, den demokratischen Grundsätzen und der Rechtsstaatlichkeit abhinge. Ich möchte zunächst einmal dem amtierenden Ratsvorsitz dafür danken, daß er freundlicherweise dieses Thema aufgegriffen hat, doch haben wir zu unserem Bedauern, wie es auch heute von der Presse vermeldet wird, vom Tod im Krankenhaus eines der Verurteilten, die eben nicht zum Tode verurteilt waren, hören müssen. Dies beleuchtet noch einmal die unmenschlichen Bedingungen, unter denen die Verurteilten leben müssen, sowie die systematische Verletzung der Menschenrechte, unter denen Obiang ein ganzes Land leiden läßt. Ich meine, daß dies in unmittelbarer Zukunft noch dramatischere Folgen befürchten läßt und dazu führt, daß die demokratische Opposition in Äquatorialguinea den Übergang zur Demokratie nur schwer bewerkstelligen kann. Die Europäische Union muß alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, damit die Menschenrechte auch in diesem Teil der Welt wieder Geltung bekommen und ein Eingreifen externer Kräfte hier in Afrika unmöglich wird. Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Tatsächlich habe auch ich neueste Nachrichten erhalten, daß der Führer des Movimiento de Autodeterminación de la Isla de Bioko im Gefängnis gestorben ist, und zwar wahrscheinlich nach Torturen, die er mitgemacht hat. Ich darf noch einmal sagen, umso mehr wird der Rat die Entwicklung in Äquatorialguinea weiterhin ganz genau verfolgen und jede Gelegenheit nutzen, darauf hinzuweisen, welche Bedeutung gerade die Menschenrechte und die demokratischen Grundsätze in diesem Lande haben müssen. Er wird alles daransetzen, daß so etwas in Zukunft vermieden werden kann. Frau amtierende Ratspräsidentin, auch ich danke Ihnen für Ihre freundlichen Worte, doch muß ich sagen, daß Sie leider bei weitem nicht den Erwartungen gerecht geworden sind, die dieses Parlament oder die demokratische Opposition in Äquatorialguinea angesichts der Probleme gehegt haben. Ich verstehe, daß Ihr Land, also Österreich, die schwerwiegende Menschenrechtssituation in Äquatorialguinea aus der Ferne betrachtet; ich darf jedoch anregen, daß Sie vielleicht zum Beispiel die spanische Regierung um Informationen bitten, denn diese drängte Präsident Santer im letzten Herbst, den Diktator Teodoro Obiang zu empfangen, der daraufhin den Kriegszustand ausrief, auf den Todesurteile und der - mit Sicherheit auf Folter zurückzuführende - Tod des äquatorial-guineanischen Führers Martín Puye folgten. Es wäre mir daher lieber, wenn Sie die Lage nicht aus der Nähe verfolgten, sondern mir klar sagen würden, ob Sie es nicht für notwendig erachten, daß der Rat eine gemeinsame Stellungnahme verabschiedet und auf Äquatorialguinea Artikel 5 des Abkommens von Lomé anwendet und die Teilnahme an diesem Abkommen logischerweise solange ausgesetzt wird, bis die einfachsten demokratischen Grundsätze und die Menschenrechte wieder respektiert werden. Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Ich darf Ihnen noch einmal versichern, daß wir diese sehr schwierige Entwicklung natürlich mit größter Aufmerksamkeit verfolgen. Bisher lagen uns diese Informationen eben noch nicht im Detail vor. Ich nehme doch an, daß sich der Rat mit diesen Entwicklungen in nächster Zeit beschäftigen wird, aber wir brauchen dazu noch genauere Informationen, und ich kann Ihnen versichern, daß es für uns selbstverständlich eine der Sorgen ist, die auch wir sehr genau verfolgen und wo wir selbstverständlich alles in unserer Macht Stehende tun werden. Mehr kann ich Ihnen zum heutigen Zeitpunkt dazu noch nicht sagen, weil ich natürlich nicht dem Rat und seinen Entscheidungen vorgreifen kann. Anfrage Nr. 5 von Herrn Macartney (H-0616/98): Betrifft: Dokument der Kommission über die ausgleichenden Maßnahmen zur Abschaffung der Zollfreiheit Die Kommission hat ein Dokument erstellt, in dem die Möglichkeiten für ausgleichende Maßnahmen für die von der Abschaffung des zoll- und steuerfreien Verkaufs innerhalb der EU am stärksten betroffenen Regionen skizziert werden, wie sie vom ECOFIN-Rat im Mai mit Wirkung ab 1999 beschlossen worden ist. Kann der Rat zusagen, daß dieses Dokument dem nächsten ECOFIN-Rat im Herbst vorgelegt und dort diskutiert werden wird? Frau Ferrero-Waldner, ich darf Sie bitten, die Anfrage von Herrn Macartney zu beantworten. Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Als Ergebnis der Beratungen auf der Tagung des Rates Wirtschaft und Finanzen am 19. Mai 1998 wurde deutlich, daß kein Konsens darüber besteht, eine gemeinschaftsweite Studie über die Auswirkungen der Abschaffung des innergemeinschaftlichen zollfreien Verkaufs am 30. Juni 1999 anzufordern. Im Lichte der verschiedenen einzelstaatlichen Studien und der während dieser Tagung vorgebrachten Bemerkungen wird die Kommission jedoch - und darauf möchte ich besonders hinweisen - in einem Arbeitsdokument klarstellen, welche Instrumente den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, um diese Maßnahme abzufedern. Auch ich heiße die amtierende österreichische Ratspräsidentin willkommen. Der Beginn der österreichischen Präsidentschaft steht unter einem sehr guten Stern. Wir wissen Ihre direkte Art im Umgang mit unseren Fragen zu schätzen. Es ist mit schleierhaft, daß Herr Kommissar Monti bei der Ratstagung im Mai zusagte, daß Maßnahmen zur Abfederung der negativen Auswirkungen der Abschaffung des innergemeinschaftlichen zollfreien und steuerfreien Verkaufs ergriffen würden, seitdem jedoch eine Art Nachhutgefecht von bestimmten Kommissaren stattzufinden scheint, die mit seinem Handeln wohl nicht einverstanden sind. Ich hatte eine Zusicherung von Seiten des Rates erwartet, daß er sein Bestes tun würde, um diese Maßnahmen in die Wege zu leiten. Aus dem Beitrag der amtierenden Ratspräsidentin schließe ich nun, daß der Rat bereits ein Dokument in Händen hat und gewissermaßen die Verantwortung übernommen hat, was mich sehr freuen würde. Wir müssen uns die Folgen für die betroffenen Gebiete, einschließlich meines eigenen, bewußt machen. Herr Präsident, sehr geehrter Herr Abgeordneter Macartney! Ich habe nicht gesagt - vielleicht habe ich mich schlecht ausgedrückt -, daß der Rat bereits ein Dokument in Händen hat. Wir erwarten ein entsprechendes Dokument der Kommmission, aber wir haben die Kommission gebeten klarzustellen, welche Instrumente den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, um diese Maßnahme abzufedern. Dieses Dokument ist noch nicht vorhanden. In diesem Dokument wird dann ebenfalls die Frage nach dem Inhalt der Maßnahmen angesprochen werden, die ich aber im gegenwärtigen Stadium noch nicht beantworten kann. Frau Ferrero-Waldner, diese Anfrage zu den Ausgleichsmaßnahmen für die Abschaffung des zollfreien Verkaufs ist für dieses Parlament von großem Interesse, weshalb ich noch vier Zusatzfragen erhalten habe. Nach der Geschäftsordnung sind allerdings nur zwei zulässig. Ich werde daher zuerst Herrn Morris und dann Herrn Lindqvist das Wort erteilen, die als erste ums Wort gebeten hatten. Zu meinem großen Bedauern kann ich danach weder Frau McIntosh noch Herrn Cushnahan das Wort erteilen, weil sie erst danach darum gebeten hatten. Das Wort hat Herr Morris für eine Zusatzfrage. Ich begrüße die in Aussicht gestellten Ausgleichszahlungen im Rahmen der verfügbaren Mittel. Dennoch würde ich mir in einer Gemeinschaft mit ungefähr 20 Millionen Arbeitslosen - und da wir durch den Wegfall von Arbeitsplätzen im zollfreien Verkauf mit weiteren 42.000 Arbeitslosen rechnen müssen - wünschen, daß die Kommission über den Rat ernsthafte Untersuchungen anstellt und uns über den gegenwärtigen Stand der Dinge informiert. Mir liegt sehr viel daran, daß uns diese Informationen vorliegen, bevor die Kommission und der Rat Maßnahmen zur Abschaffung des zollfreien Verkaufs ergreifen. Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Vielleicht darf ich noch einmal ausholen und sagen: Es ist dem Herrn Abgeordneten sicher bekannt, daß die Abschaffung des zollfreien Verkaufs in den Häfen und Flughäfen sowie auf den Schiffen und in den Flugzeugen im innergemeinschaftlichen Verkehr eine der Folgen der Verwirklichung des Binnenmarktes ist. In diesem Zusammenhang muß betont werden, daß die Abschaffung des zollfreien Verkaufs keine völlig neue Maßnahme darstellt. Den Marktteilnehmern des betroffenen Sektors ist auch eine mehr als fünfjährige Übergangszeit, die 1999 abläuft, gewährt worden, und zwar gerade, um ihnen die Anpassungen zu ermöglichen, die zum Ausgleich der sozialen Folgen der Abschaffung des zollfreien Verkaufs nötig sind. Andererseits ist der Rat sich natürlich der Tatsache bewußt, daß durch die Abschaffung des zollfreien Verkaufs im innergemeinschaftlichen See- und Luftverkehr ein Arbeitsplatzproblem entsteht. Er sieht daher mit Interesse den Ergebnissen eben dieser Studie entgegen, die die Kommission - wie ich vorhin sagte - in einem Arbeitsdokument über das Instrumentarium, das den Mitgliedstaaten zur Verfügung steht, um dieser Situation zu begegnen, vorlegen will. Ich kann nur noch einmal betonen: Die Kommission ist befaßt, und sie wird uns dieses Dokument vorlegen, das dann selbstverständlich auch gewisse Daten und Zahlen enthalten wird. Ich möchte Österreich zur Übernahme der Ratspräsidentschaft gratulieren. Ich hoffe, daß das Problem der zollfreien Waren positiv gelöst werden wird. Ich komme aus Schweden, wo wir uns sehr darum bemühen, daß mehr getan wird als das, was bisher von der Kommission und wohl auch vom Rat unternommen wurde. Im Zusammenhang mit dem Beschluß über den zollfreien Verkauf wurde eine gründliche Untersuchung der Folgen zugesagt, die auf Länder zukommen, in denen es zollfreien Verkauf gibt und in denen Verschlechterungen zu erwarten sind, u. a. was die Beschäftigung angeht. Das ist nicht eingehalten worden. Ich erfahre jetzt, daß ein solches Arbeitsdokument kommen soll, und das ist ja erfreulich. Es wäre allerdings noch besser, wenn der Rat eine Zusage geben könnte, daß die betroffenen Länder einen Ausgleich erhalten. Wir können auf die Untersuchung verzichten, wenn wir diesbezüglich eine Zusage bekommen. Dann wäre ich zufrieden. Deshalb stelle ich die Frage noch einmal, um meinen Repräsentanten in Schweden eine Antwort auf ihre Fragen geben zu können. Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Danke auch für Ihre freundlichen Worte. In der Sache darf ich noch einmal sagen: Was Ausgleichsmaßnahmen anbetrifft, Herr Abgeordneter, wissen Sie, daß der Rat damals einstimmig - wie ich bereits ausführte - diese Entschließung angenommen hat und damit in dieser Sache nicht neuerlich tätig werden kann. Aber ich habe auch darauf hingewiesen, daß die Kommmission nunmehr vom Rat befaßt wurde, eine entsprechende Studie, ein Arbeitsdokument auszuarbeiten, und ich kann nur darauf hinweisen, daß dies dann die Möglichkeit schaffen wird, den Mitgliedstaaten selber Instrumente an die Hand zu geben oder ihnen Instrumente anzuraten, die zur Verfügung stehen, um diese Maßnahme abzufedern und auszugleichen. Frau McIntosh, Zusatzfragen können zu dem Zeitpunkt gestellt werden, da die Hauptfrage angekündigt wird. Man kann sich zu Wort melden, indem man die Hand hebt oder auf den Knopf drückt. Der Sitzungspräsident erteilt das Wort in chronologischer Reihenfolge, also so, wie es beantragt worden ist, per Handheben oder per Knopfdruck. Das macht keinen Unterschied. Es stimmt, daß es ein wenig im Ermessen des Sitzungspräsidenten liegt, wem er bei vielen Meldungen von verschiedenen Seiten des Hauses das Wort erteilt. Bisher habe ich allerdings diesen Ermessensspielraum nicht nutzen müssen, und sollte dieser Fall jemals eintreten, können Sie sicher sein, daß ich dann mit äußerster, ja schon fast krankhafter institutioneller Neutralität vorgehen werde. Sie wissen, daß Sie ums Wort bitten können; als Sitzungspräsident habe ich Helfer, das heißt, daß hier nicht nur zwei, sondern sechs Augen sehen, und ich halte mich strikt an die zeitliche Reihenfolge. Natürlich kann mir irgendwann einmal ein Fehler unterlaufen, doch geschieht dies, das können Sie mir glauben, nicht absichtlich. Herr Watts, Sie melden sich zur Geschäftsordnung? Ich habe gerade versucht, Blickkontakt mit Ihnen wegen der nächsten Frage herzustellen. Meine Damen und Herren, wir wollen hier doch keinen Wettlauf beginnen. Ich weiß, daß die letzte Möglichkeit gekommen ist, wenn die nächste Frage angekündigt wird, und ich begreife auch eine gewisse Nervosität, aber bitte, überbieten Sie sich nicht! Ich werde jetzt die nächste Frage ankündigen. Sie werden mir wohl zugestehen, meine Damen und Herren, daß ich die mir nach der Geschäftsordnung zustehenden Befugnisse nutze und in diesem Fall, da diese Frage mit der vorhergehenden eng zusammenhängt, der Auffassung bin, daß Herr Cushnahan und Frau McIntosh Priorität haben. Ich schöpfe also die mir nach der Geschäftsordnung zustehenden Befugnisse aus und hoffe auf Ihr Verständnis. Ohne weitere Diskussion kommen wir damit zur Anfrage Nr. 6 von Herrn Crowley (H-0714/98): Betrifft: Beratungen des Rates über das Duty-free-System Kann uns der österreichische Vorsitz sagen, ob er die Absicht hat, eine Aussprache im Ministerrat über die Abschaffung des zollfreien Verkaufs ab 1999 und ihre Auswirkungen auf die Beschäftigung zu führen? Frau Ferrero-Waldner, wir haben es mit dem gleichen Thema zu tun. Ich verstehe nicht recht, weshalb diese beiden Anfragen nicht zusammengefaßt worden sind. Ich war selber darüber erstaunt und habe die entsprechenden Dienststellen des Parlaments gefragt, weshalb sie diese beiden Anfragen nicht zusammengefaßt haben. Ich habe allerdings keine Antwort erhalten, und wenn Sie, Frau Ferrero-Waldner, diese Frage schon für beantwortet halten, würde ich gerne Herrn Crowley für eine Zusatzfrage zu der eben bereits diskutierten Frage und dann Herrn Cushnahan und Frau McIntosh das Wort erteilen. Sind Sie damit einverstanden, oder wünschen Sie zuerst das Wort? Herr Crowley, Sie haben das Wort. Ich hätte gerne eine Antwort von der amtierenden Ratspräsidentin, bevor ich meine Zusatzfrage stelle. Ich beziehe mich insbesondere auf den Beschäftigungsaspekt der Frage und nicht auf die Ausgleichsleistungen. Frau Ferrero-Waldner, Sie haben nun das Wort. Wir werden diesen feinen Unterschied berücksichtigen, der wahrscheinlich der Grund dafür ist, daß diese beiden Anfragen nicht zusammengefaßt worden sind, und ich bitte Sie nun, Herrn Crowley zu antworten. Herr Präsident! Ich darf für den Herrn Abgeordneten noch einmal wiederholen, was ich vorhin schon gesagt habe. Ich bin davon ausgegangen, daß die Fragen zusammengefaßt würden und ich sozusagen auf beide Fragen antworte. Ich darf noch einmal sagen, daß wir versuchen werden, den Mitgliedstaaten Instrumente an die Hand zu geben, um die Maßnahmen abzufedern, die wegen des Wegfalls bestimmter Arbeitsplätze auf uns zukommen. Aber ich habe bereits vorhin gesagt, und das wissen auch Sie, Herr Abgeordneter, daß eine fünfjährige Übergangszeit vorgesehen war, die 1999 abläuft und die vorgesehen war, um bestimmte Anpassungen zu ermöglichen, die eben zum Ausgleich sozialer Folgen der Abschaffung des zollfreien Verkaufs nötig sind. Dem kann ich eigentlich nichts hinzufügen. Ich möchte der amtierenden Ratspräsidentin zu ihrer ersten Sitzung hier im Parlament gratulieren und mich für ihre Ehrlichkeit bedanken. Vor ihr hat kein amtierender Ratspräsident zugegeben, daß diese Entscheidung den Verlust von Arbeitsplätzen zur Folge haben wird. Ich möchte sie auf den Beitrag des österreichischen Außenministers im Verlauf der heutigen Parlamentssitzung aufmerksam machen, in dem er sagte, daß die Beschäftigung im Rahmen der österreichischen Präsidentschaft absolute Priorität habe und der EU dank des Vertrags von Amsterdam nun mittels der nationalen Beschäftigungspläne über spezifische und verbindliche Regionen die notwendigen Instrumente zur Verfügung stünden. Zweifellos ist es jetzt, im Rahmen dieser Präsidentschaft, an der Zeit, die Entscheidung rückgängig zu machen. Die amtierende Ratspräsidentin hat eingeräumt, daß Arbeitsplätze verlorengehen werden und darüber hinaus, daß diese Entscheidung aufgeschoben werden kann, bis die Steuerharmonisierung, insbesondere bei den Verbrauchssteuern, Realität geworden ist. Ich hätte gern eine Antwort zu diesem Punkt. Herr Präsident, Herr Abgeordneter Crowley! Danke auch Ihnen für Ihre Begrüßung hier. Ich darf Ihnen sagen, ja. Unser Außenminister hat heute hier über das Beschäftigungsprogramm gesprochen, das für die österreichische Präsidentschaft zweifellos zu den ersten Prioritäten gehört. Ich halte es für enorm wichtig, daß wir in den Prozeß der Revision im Rahmen des Europäischen Rates von Wien eintreten und dort voneinander lernen. Sie wissen, daß die best practices etwas sehr, sehr Wichtiges sind. So wie Österreich zum Beispiel von der Mobilität, der Flexibilität und vielen anderen spezifischen Programmen anderer Mitgliedstaaten wird lernen können, so werden sicher auch andere Mitgliedstaaten von uns lernen können, und zwar, wenn ich daran denke, daß wir ein ausgezeichnetes System der Lehrlingsausbildung haben, ein System, das es ermöglicht, daß junge Leute mit 14, 15 Jahren eine Lehre beginnen bei einem Unternehmer oder bei einem Handwerker und gleichzeitig dazu eine Schulbildung erhalten. Das sind zum Beispiel Maßnahmen. Ich werde mich natürlich jetzt nicht nur über dieses Thema auslassen, aber ich möchte Ihnen sagen, daß das natürlich Maßnahmen sind, die notwendig sind. Auch Umschulungen im Rahmen des Bildungsbereichs sind natürlich auch ganz wesentliche Maßnahmen. Um noch einmal auf die ursprüngliche Frage einzugehen: Hier hat eben ein Zeitraum von fünf Jahren grundsätzlich die Möglichkeit gegeben, all das mit den Personen zu machen, die derzeit im duty free -Bereich tätig sind. Was allgemein die Frage der Steuerharmonisierung betrifft, die, wenn ich das richtig verstanden habe, ebenfalls von Ihnen angesprochen wurde, darf ich sagen, daß unser Finanzminister sehr bemüht ist, soweit Vorschläge der Kommission vorliegen, diese Initiativen voranzutreiben. Ich sage aber auch dazu, daß es im Rat vorläufig nicht sehr einfach sein wird, aber es ist zumindest das österreichische Bestreben. Umsetzung des Binnenmarktes heißt natürlich, eine verstärkte Ausrichtung auf Beschäftigung, eine verstärkte Ausrichtung auf Wettbewerb, und das bringt durch verstärkte Möglichkeiten eben auch eine Ausweitung des Handels, was wir nötig haben, um der Globalisierung ins Auge zu schauen. Verehrte Frau amtierende Ratspräsidentin, ich möchte mich meinen Kollegen anschließen und Ihnen und Ihren Kollegen eine sehr erfolgreiche Präsidentschaft wünschen. Wir sollten nicht vergessen, daß dies ein historischer Augenblick ist, nämlich die erste Präsidentschaft Ihres Landes seit Österreichs Beitritt zur Europäischen Union. Ich beabsichtige, weiterhin für die Beibehaltung des zollfreien Verkaufs zu kämpfen, obwohl mich Einzelheiten Ihrer Antwort auf die Fragen meiner Kollegen neugierig gemacht haben, und diese möchte ich gern geklärt wissen. Erstens sprechen Sie von einem Arbeitsdokument. Wird dieses Arbeitsdokument dem Europäischen Parlament vor dem 1. Juli 1999 zur Verfügung stehen? Zweitens, kann mir die österreichische Präsidentschaft in Zusammenhang mit den angesprochenen Instrumenten und Ausgleichsmaßnahmen versichern, daß diese Ausgleichsleistungen auch in die Realität umgesetzt werden, sie zusätzlich zu den bereits bestehenden oder zukünftigen gemeinschaftlichen Rahmenprogrammen erbracht werden - wenn diese Entscheidung bedauerlicherweise durchgesetzt wird - und daß einzelne Länder nicht gezwungen sein werden, Gelder aus anderen Bereichen ihrer Unterstützung im Rahmen der Gemeinschaft abzuziehen? Ferrero-Waldner. Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Auch Ihnen vielen Dank für die Worte der Ermutigung und der Begrüßung. In dem Zusammenhang kann ich Ihnen nur noch einmal wiederholen: Die Kommission ist beauftragt, das Arbeitsdokument vorzulegen, aber ich kann heute nicht sagen, wann es da sein wird. Ich glaube, das wäre eine Frage, die direkt an die Kommission zu stellen wäre. Auch kann ich nicht über den Inhalt eine Antwort geben, ob es zusätzliche Mittel sein werden oder nicht. Ich glaube, Sie sollten dazu die Kommission befragen. Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Auch Ihnen vielen Dank für die Worte der Ermutigung und der Begrüßung. In dem Zusammenhang kann ich Ihnen nur noch einmal wiederholen: Die Kommission ist beauftragt, das Arbeitsdokument vorzulegen, aber ich kann heute nicht sagen, wann es da sein wird. Ich glaube, das wäre eine Frage, die direkt an die Kommission zu stellen wäre. Auch kann ich nicht über den Inhalt eine Antwort geben, ob es zusätzliche Mittel sein werden oder nicht. Ich glaube, Sie sollten dazu die Kommission befragen. Herr Präsident, ich bin Ihnen heute abend ganz besonders dankbar für die Umsicht, mit der Sie Ihr Amt ausüben. Ich möchte die österreichische amtierende Ratspräsidentin heute abend herzlich bei uns willkommen heißen. Ich würde gern Klarheit über zwei Aspekte haben. Es waren sich alle einig, daß jede Fähre auf ihren Fahrten in internationalen Gewässern außerhalb der 12-Meilengrenze und jedes Flugzeug bei seinen Reisen im internationalen Luftraum auch nach dem 1. Juli 1999 den zollfreien Verkauf weiterhin durchführen und davon profitieren würde. Soweit ich weiß, wurde dieser Vorschlag bei einem Treffen nationaler Zollbeamter während der britischen Präsidentschaft abgelehnt, wodurch eine veränderte Route für die Fähren aus meinem Wahlkreis völlig nutzlos wird. Dies wird ernsthafte Konsequenzen für den Handel und die Beschäftigung haben. Dies ist eines meiner Anliegen. Mein anderes Anliegen ist, daß die amtierende Ratspräsidentin in ihren Antworten auf zahlreiche Fragen heute abend Ausgleichsmaßnahmen angesprochen hat. Hierzu habe ich eine ganz spezielle Frage: Aus welchem Bereich des EU-Haushalts werden diese Mittel stammen? Herr Präsident, Frau Abgeordnete! Ich möchte Ihnen danken für die Begrüßung und zweitens sagen, daß das eine sehr technische Frage ist, die Sie gestellt haben. Ich würde darum bitten, Ihnen die Antwort schriftlich zuleiten zu dürfen, und hinsichtlich der Budgetmittel kann ich ebenfalls noch keine Angaben machen, wie ich bereits in der Vorfrage ausgeführt habe. Herr Präsident, eine kurze Bemerkung zur Geschäftsordnung: Wenn die Präsidentschaft es aus verständlichen Gründen vorzieht, die Frage des verehrten Kollegen schriftlich zu beantworten, wäre es dann möglich, daß andere interessierte Parlamentsabgeordnete Einsicht in diese Antwort hätten? Natürlich hätten wir alle eine mündliche Antwort gehört, und ist es dann nicht nur recht und billig, daß die schriftliche Antwort auch für das ganze Haus zugänglich ist? Herr Watts, das war nicht zur Geschäftsordnung, sondern eher schon eine Zusatzfrage. Ich bin aber sicher, daß Frau McIntosh, sobald sie ihre Antwort erhalten hat, so freundlich sein wird und sie Ihnen sofort übermitteln wird. Frau McIntosh ist für ihr transparentes Vorgehen und ihre Freundlichkeit bekannt, und daher können Sie sicher sein, daß sie Ihnen unverzüglich antworten wird. Aber das ist keine Frage zur Geschäftsordnung. Wenn Sie gestatten, meine Damen und Herren, werden jetzt die beiden Anfragen Nr. 7 und Nr. 8 gemeinsam beantwortet, da sie ein ähnliches Thema betreffen. Anfrage Nr. 7 von Herrn Theonas (H-0618/98): Betrifft: Rückgabe der Marmorskulpturen des Parthenon Die Entdeckung, daß die Marmorskulturen des Parthenon in den Jahren 1939/40 im Britischen Museum, in dem sie illegalerweise aufbewahrt werden, zahlreiche irreparable Schäden erlitten haben, hat Empörung hervorgerufen. So wurde vor allem durch den Einsatz scharfer Werkzeuge und starker Chemikalien den Skulpturen die Schutzpatina genommen, so daß sie den Umwelteinflüssen ungeschützt ausgesetzt sind. Diese Tatsache wurde darüber hinaus von den englischen Behörden noch verschleiert, die damit gegen alle Normen wissenschaftlicher Redlichkeit und Ethik verstoßen haben. Welche Maßnahmen gedenkt der Rat zu ergreifen, damit die Marmorskulpturen des Parthenon an ihr Ursprungsland zurückgegeben werden und somit eines der schöpferischen Höhepunkte der Weltkultur gerettet und die historische Legitimität gewahrt wird? Ist er nicht der Auffassung, daß die Weigerung, die Skulpturen zurückzugeben, die Plünderung von Kulturschätzen legitimiert und damit jeglicher Vorstellung von aufrichtiger Zusammenarbeit zwischen Ländern und dem Grundsatz der Achtung vor dem kulturellen Erbe der Mitgliedstaaten widerspricht? Anfrage Nr. 8 von Frau Kokkola (H-0651/98): Betrifft: Rückgabe der Parthenon-Friese Neueste wissenschaftliche Veröffentlichungen besagen, daß das Britische Museum nicht zu reparierende Schäden an den Friesen des Parthenon hervorgerufen hat, als es Reinigungsversuche mit Stoffen und Werkzeugen unternahm, die die äußerste Schicht zerstören und den historischen und künstlerischen Charakter verändern; ferner ist das AkropolisMuseum fertiggestellt, das mit modernsten Mitteln und in Übereinstimmung mit internationalen Anforderungen erbaut worden ist. Könnte der Rat angesichts dieser Tatsachen Hinweise auf ein Vorstelligwerden bei der britischen Regierung geben, um diese zur Einhaltung ihres Versprechens der Rückgabe der Parthenon-Friese an ihr Ursprungsland zu drängen, wobei die besonderen Umstände dieses Falls zu berücksichtigen sind, denn die Friese sind untrennbarer Bestandteil des Tempels und keine eigenständigen Kunstwerke. Und auf welche Weise gedenkt sich der Rat an der Gründung einer mit international anerkannten Experten besetzten Kommission zu beteiligen, die die Schäden beurteilt, die den Friesen bei ihrer Reinigung zugefügt wurden?Frau Ferrero-Waldner, Sie haben das Wort zum Thema Marmorskulpturen und Friese. Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Der Herr Abgeordnete ist sicherlich darüber unterrichtet, daß in der UNESCO-Empfehlung von 1982 zunächst gesagt wird, daß die Skulpturen Griechenland zurückgegeben werden sollten, im weiteren jedoch präzisiert wird, daß sie Griechenland zurückgegeben werden sollten, damit sie wieder am Parthenontempel angebracht werden können. Die Parthenonskulpturen sind keine Angelegenheit, die der Rat zu behandeln hätte, da die Europäische Gemeinschaft hierfür keine Zuständigkeit besitzt. Diese Frage ist ausschließlich zwischen dem Vereinigten Königreich und Griechenland zu regeln. Herr Präsident, auch ich möchte natürlich die Frau Ratspräsidentin herzlich zu ihrem ersten Auftritt vor dem Europäischen Parlament willkommen heißen. Gleichzeitig möchte ich allerdings auch meine Enttäuschung über die Antwort des Rates zum Ausdruck bringen. Die Parthenonskulpturen stellen ein Kulturgut von unschätzbarem Wert dar, das nicht nur Griechenland und Großbritannien etwas angeht, sondern die gesamte Menschheit. Meines Erachtens sollte sich auch der Rat genauso für deren Schicksal interessieren, wie alle anderen Interessierten, die besorgt sind angesichts der wissenschaftlich abgesicherten Daten, denen zufolge die Skulpturen durch die Art und Weise, in der sie vom Britischen Museum behandelt wurden, irreparable Schäden erlitten haben. Ich denke, aus eben diesem Grund sollte der Rat die Sensibilität aufbringen, die NichtRegierungsorganisationen und Massenbewegungen dem Schicksal der Parthenonskulpturen entgegenbringen, und eine substantiellere Antwort auf diese Frage geben. Herr Präsident, Herr Abgeordneter, ich kann leider nur das wiederholen, was ich schon gesagt habe. Der Rat hat in dieser Frage keine Kompetenz. Die Frage ist eine rein bilaterale. Daher sollte sie zwischen dem Vereinigten Königreich und Griechenland bilateral geregelt werden. Herr Präsident, ich danke der Ratspräsidentin, daß sie heute hier ist, um uns zu antworten. Meine Anfrage ist nicht ergänzender Natur. Es ist eine ganz andere Frage, denn nach den letzten Befunden und den Verlautbarungen des großen Wissenschaftlers Saint Claire über die Zerstörungen, die es an den Parthenonskulpturen gegeben hat, frage ich, ob nicht eine Gutachterkommission gebildet werden könnte, die sich allgemein an der wissenschaftlichen Untersuchung der Frage und der Bekanntgabe der Befunde beteiligen soll. Die Ratspräsidentin hat hier also die Gelegenheit, ihre Sensibilität als Frau zu zeigen. Sie kommt ja auch aus einem kleinen Land, demokratisch und sehr sensibel, und es ist ja bekannt, daß kleine Länder zu vielen Fragen einen großen Beitrag leisten können. Ganz konkret, Frau Ratspräsidentin, werden Sie diese Sensibilität unter Beweis stellen, werden Sie diese Kommission gründen? Herr Präsident, Frau Abgeordnete, ich danke auch Ihnen zunächst für Ihre freundlichen Worte. Dann möchte ich noch einmal auf folgendes hinweisen - ich habe das am Anfang meiner ersten Fragebeantwortung erwähnt, aber vielleicht ist es nicht klar herausgekommen -: Es ist nicht so sehr der Rat der Europäischen Union, sondern es ist vielmehr die UNESCO, die hier das richtige Gremium ist, dafür zu sorgen, daß solche Fragen angesprochen werden. Ich würde daher anregen, daß diese von Ihnen gerade vorgeschlagene Sachverständigenkommission vielleicht im Rahmen der UNESCO zusammentreten kann und diese Frage aufgreift. Aber der Rat - das muß ich noch einmal betonen - ist hier nicht das richtige - weil nicht zuständige - Gremium. Anfrage Nr. 9 von Herrn McCartin (H-0619/98): Betrifft: Krise im Sudan Hat der Rat auf der Tagung der Entwicklungsminister auch den Krieg und den Hunger im Sudan behandelt, und können die Minister eine Erklärung zur derzeitigen Lage in diese Land abgeben? Frau Ferrero-Waldner, bitte beantworten Sie die Anfrage von Herrn McCartin. Herr Präsident! Zur Frage der Krise im Sudan darf ich folgendes ausführen. Der Rat verfolgt die Entwicklung im Sudan mit großer Sorge. Im Anschluß an die Diskussion auf der Tagung des Rates Entwicklung am 18. Mai, auf die der Herr Abgeordnete Bezug nimmt, haben die Außenminister der Europäischen Union am 25. Mai und am 29. Juni die Lage im Sudan erörtert. Der Rat verweist auf die Erklärung des Vorsitzes vom 1. Mai und bekräftigt, daß nur eine dauerhafte politische Regelung den Sudanesen die Rückkehr zu normalen Lebensbedingungen ermöglichen wird. Der Rat bekräftigt ferner, daß er die Bemühungen der zwischenstaatlichen Entwicklungsbehörde IGA zur Förderung eines auf dem Verhandlungswege zu erreichenden anhaltenden Friedens unterstützt. In diesem Zusammenhang begrüßt der Rat den Vorschlag, wonach das IGA-Partnerforum (IPF) eine Mission auf Ministerebene nach Khartum und Nairobi entsendet, um die Möglichkeit zu sondieren, in den am meisten von Hungersnot betroffenen Gebieten eine Waffenruhe herbeizuführen, damit humanitäre Hilfe geleistet werden kann. Die Europäische Union wird weiterhin alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um die Parteien zu weiteren Verhandlungen und zur Achtung der Menschenrechte im Sudan zu drängen. Ich danke der amtierenden Präsidentin für ihre Antwort. Ich habe den Zeitungsberichten entnommen, daß der irische Minister diese ministerielle Mission gefordert hat und bin froh, daß sie nun organisiert wird. Die Frustration grenzt - meiner Ansicht nach nicht nur in Irland selbst, sondern in der gesamten Europäischen Union - an Verzweiflung. Ich denke, daß es den politischen Willen innerhalb der Europäischen Union gibt, die erforderlichen Mittel bereitzustellen, um den gegenwärtigen Hunger und das Leid zu mildern. Ist die amtierende Präsidentin der Meinung, daß die Europäische Union die humanitären Hilfsleistungen besser dirigieren kann, als dies jetzt der Fall ist? Kann die Lage verbessert werden, was dringend erforderlich ist? Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Ich darf Ihnen zumindest eine sehr neue Mitteilung machen, die ich soeben erst erhalten habe und die Sie sicherlich freuen wird. Der Vizeaußenminister Großbritanniens, Derek Thatchet, war in Nairobi und hat sich mit Vertretern der SPLA am Dienstag getroffen, um genau über die Frage der Sicherheitskorridore für Hilfsorganisationen zu sprechen. Thatchet flog dann nach Khartum, um dort auch mit Vertretern der sudanesischen Regierung zu verhandeln. Die südsudanesische Rebellenbewegung SPLA hat einen einseitigen Waffenstillstand in bestimmten Gebieten des Landes ausgerufen, damit mehr als eine Million Hungernde versorgt werden können. Der Waffenstillstand im Bundesstaat Baralgasal und Teilen des Oberen Nil sei am späten Dienstagabend in Kraft getreten, sagte der SPLA-Sprecher am Mittwoch in Nairobi. Nun hat er hinzugefügt, man erwarte, daß auch die Regierung in Khartum nachzieht. Nach Angaben des UNO-Welternährungsprogrammes WFP sind im Süden des afrikanischen Landes tatsächlich 1, 2 Millionen Sudanesen vom Hungertod bedroht. Die Menschen leiden hier vor allem unter der Dürre und natürlich unter den Folgen des seit 15 Jahren tobenden Bürgerkriegs. Ich darf auch noch hinzufügen, daß ich selber, da ich auch für Entwicklungszusammenarbeit zuständig bin, mit der irischen Staatssekretärin für Entwicklungszusammenarbeit über dieses Thema gesprochen habe, die - wie ich weiß - sich ja sehr bemüht, im Sudan Lösungen anzubieten, die in ihrem Land zum Abschluß des Friedensvertrags geführt haben. Herr Präsident, Frau Ratspräsidentin! Ich möchte nur fragen, ob sich der Rat über die Frage des Südsudan und über die humanitären Fragen hinaus auch mit der Religionsfreiheit im Sudan beschäftigt. Sie wissen, daß z.B. auf den Bischof von Khartum Druck ausgeübt wurde und ihm für den Fall, daß er sich diesem Druck verweigert, angedroht wurde, kirchliche Entwicklungshilfeprojekte zu blockieren. Ich habe diese Information vom bischöflichen Hilfswerk Missio in München, und ich möchte Sie fragen, ob der Rat auch von diesen Dingen Kenntnis hat und ob er mit der Religionsfreiheit im Gesamt-Sudan und mit Versuchen, die Entwicklungshilfe als Geisel zu nehmen, zu tun hat. Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Ich kann Ihnen generell sagen, daß alle Aspekte der Frage der Krisensituation im Sudan immer wieder von uns sehr genau studiert werden. Vor allem in dem Ministerrat Entwicklungszusammenarbeit und in den verschiedenen Arbeitsgremien sind wir sehr bemüht, natürlich auch die Fragen der Religionsfreiheit bzw. die Frage des Fundamentalismus anzusprechen. Wir werden also damit auch die von Ihnen gestellte Frage weiterhin erörtern, und Sie können sicher sein, daß uns das ein Anliegen sein wird. Da der Fragesteller nicht anwesend ist, ist die Anfrage Nr. 13 hinfällig. Da sie ähnliche Themen betreffen, werden die folgenden Anfragen gemeinsam behandelt. Anfrage Nr. 10 von Herrn Ebner (H-0630/98): Betrifft: Minderheitenschutz In seiner Entschließung vom 8. April 1997 über die Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union (1995) bedauert das Europäische Parlament, daß "Rat, Regierungskonferenz und Mitgliedstaaten dem Anliegen einer Charta der ethnischen Gruppen und der Minderheitensprachen in der Europäischen Union nicht stattgegeben hat" . Es wird ferner darauf hingewiesen, "daß ethnische Gruppen und Minderheitensprachen in vielen Mitgliedstaaten keinerlei rechtlichen Schutz genießen oder ein solcher allenfalls auf regionaler oder nationaler Ebene besteht" . Könnte sich der österreichische Vorsitz einem Projekt für eine Charta der Minderheitensprachen in der Europäischen Union anschließen, wie sie in der Entschließung des Europäischen Parlaments über die Menschenrechte gefordert wird? Anfrage Nr. 11 von Herrn Vallvé (H-0631/98): Betrifft: Aktionsprogramm für Minderheitensprachen Bisher hat die Kommission lediglich Anfang 1994 eine Mitteilung mit dem Titel "Die Minderheitensprachen in der Europäischen Union. Tätigkeitsbericht 1989-1993" vorgelegt. Es handelt sich hierbei um die erste offizielle Mitteilung über den Erhalt und die Pflege von Minderheitensprachen. Gedenkt der Rat die Kommission erneut aufzufordern, ein ähnliches Aktionsprogramm für die Minderheitensprachen aufzulegen? Welche Entscheidungen stehen für die Zukunft über unsere Minderheiten, Sprachen und Kulturen an?Anfrage Nr. 12 von Herrn Posselt (H-0612/98): Betrifft: Schutz nationaler Minderheiten Bisher hat die Europäische Union bedauerlicherweise keinerlei Rechtstext über den Schutz ethnischer Minderheiten erlassen. Auf der anderen Seite verlangt sie jedoch derartige Bestimmungen von den künftigen Mitgliedsländern aus Mittel- und Osteuropa. Kann der Rat schon sagen, welche Maßnahmen bezüglich des Schutzes nationaler Minderheiten in der Union im Hinblick auf die Osterweiterung der Vorsitz zu ergreifen gedenkt bzw. welche Initiativen er von der Kommission erwartet?Anfrage Nr. 14 von Herrn Habsburg-Lothringen (H-0634/98): Betrifft: Kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Europäischen Union In der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Mai 1995 über das Funktionieren des Vertrags über die Europäische Union im Hinblick auf die Regierungskonferenz von 1996 wird eindeutig die Notwendigkeit unterstrichen, "die Bedeutung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt in den Ländern und Regionen innerhalb der Europäischen Union...anzuerkennen" . Kann der Rat schon sagen, wann er das Thema des Schutzes der sprachlichen Vielfalt behandeln wird und welche Entscheidungen bezüglich der Zukunft unserer Minderheitenkulturen und -sprachen zu erwarten sind?Frau Ferrero-Waldner, bitte gehen Sie nun auf die Anfragen 10, 11, 12 und 14 gemeinsam ein. Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren Abgeordnete! Gestatten Sie mir, daß ich auf diese Fragen über die Förderung von Minderheitensprachen, den Minderheitenschutz und die Kulturen von Minderheiten eine gemeinsame Antwort gebe. Im Zusammenhang mit diesen Anfragen ist vor allem hervorzuheben, daß der Schutz der persönlichen Grundfreiheiten und die Bekräftigung der demokratischen Grundsätze zwei Säulen darstellen, auf denen jedwedes Handeln der Europäischen Gemeinschaft beruht. Ich darf den Herren Abgeordneten versichern, daß sich der Rat durchaus der Bedeutung bewußt ist, die der Wahrung der ethnischen, regionalen und lokalen Besonderheiten zukommt, aufgrund derer sich unsere Gemeinschaft als eine kaleidoskopisch geprägte Einheit mit einer Vielfalt von Facetten darbietet, deren Vielfältigkeit ihren ganzen Reichtum ausmacht. Ferner versteht sich von selbst, daß alle Bürger der Europäischen Union dieselben Rechte und Freiheiten genießen müssen. Mit anderen Worten: Es darf gegenüber Unionsbürgern keinerlei Diskriminierung geben, und zwar insbesondere nicht aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit. Nach Ansicht des Rates haben die Regierungen der einzelnen Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, daß es aufgrund fremdenfeindlicher Strömungen nicht zu Diskriminierungen innerhalb der nationalen Gemeinschaften kommt, die mit den Grundlagen der Union, nämlich mit Freiheit und Demokratie, nicht zu vereinbaren sind. Die Herren Abgeordneten werden sicherlich wissen, daß der Rat mit einem einschlägigen Vorschlag, insbesondere betreffend den Schutz der Minderheiten, Minderheitensprachen oder ähnlichen Maßnahmen, nicht befaßt wurde. Er kann den Herren Abgeordneten jedoch versichern, daß er den Vorschlägen, die ihm für diesen Bereich gegebenenfalls unterbreitet werden und auf Gemeinschaftsebene mehr Nutzen bringen könnten als entsprechende Maßnahmen auf nationaler Ebene, seine volle Aufmerksamkeit widmen wird. Herr Präsident, sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Lassen Sie mich, bevor ich in das Meritum eingehe, meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, als Vertreter einer österreichischen Minderheit hier auftreten zu dürfen. Nach 80 Jahren ist es, glaube ich, das erste Mal, daß ein gewählter Vertreter eines Teils des ehemaligen Kronlandes, der gefürsteten Grafschaft Tirol, heute einem Regierungsvertreter der Republik Österreich gegenübersteht und im parlamentarischen Austausch Fragen stellen und eben Parlamentarismus betreiben kann. Ich glaube, das ist der große Schritt, den Europa uns auch in praktischer Form aufzeigt. Zum Thema selber. Ich glaube, keine Diskriminierung ist zu wenig. Wir brauchen eine positive Diskriminierung der Minderheiten, also einen aktiven Schutz, und ich hoffe, daß der Rat sich nicht nur ausführlich damit befassen wird, sondern daß er auch bei der Kommission die entsprechenden Vorschläge anregen wird. Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Auch ich freue mich, daß ein Vertreter einer Minderheit Österreichs mir als Vertreterin der Präsidentschaft hier gegenübersteht. Ich darf noch einmal sagen, daß der Rat nur auf Initiative der Kommission tätig werden kann. Hier ist es Artikel 128, den ich zitieren muß. Ich darf darauf verweisen, daß Artikel 128 des Vertrages auch folgendes vorsieht: Die Gemeinschaft leistet einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes. Die Gemeinschaft fördert durch ihre Tätigkeit die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und unterstützt und ergänzt erforderlichenfalls deren Tätigkeit in folgenden Bereichen: Verbesserung der Kenntnis und Verbreitung der Kultur und Geschichte der europäischen Völker, Erhaltung und Schutz des kulturellen Erbes von europäischer Bedeutung, nichtkommerzieller Kulturaustausch und künstlerisches und literarisches Schaffen, einschließlich im audiovisuellen Bereich. Falls Sie, Herr Abgeordneter, jedoch der Auffassung sein sollten, daß die Kommission einen Vorschlag über ein Aktionsprogramm zur Förderung von Minderheitensprachen an den Rat richten sollte, so möchte ich Sie darauf hinweisen, daß Sie, sofern die Voraussetzung erfüllt ist, daß Ihr Entwurf eine Mehrheit unter Ihren Kollegen findet, gegenüber der Kommission über weitaus überzeugendere Argumente verfügen, als sie der Rat geltend machen könnte. Ich darf vielleicht noch auf Sonderprogramme hinweisen, die es vor allem im Sprachbereich gibt. Ich denke zum Beispiel an das Programm LINGUA, das es in der Europäischen Union gibt. Herr Präsident! Ich bin ein Katalane, aber Sie wissen schon, daß ich hier meine Zusatzfrage nicht auf Katalanisch stellen kann. Ich werde in diesem Fall meine Zusatzfrage auf Deutsch stellen. Sie wissen schon, Frau Präsidentin, wie wichtig es ist, daß die EU bürgernah bleibt. In diesem Fall möchte ich die Frage stellen, ob der Rat in den kommenden Monaten, während der österreichischen Präsidentschaft, die Kommission bitten wird, neue Programme für Minderheiten und auch für nichtoffizielle Sprachen im Rahmen der EU zu schaffen. Sie haben über das Programm LINGUA gesprochen. Sie wissen schon, daß wir einige Vorteile im Rahmen der Programme SOKRATES erzielt haben. Wir müssen jedoch in der Zukunft noch mehr Vorteile für diese offiziellen Sprachen erzielen, die im Rahmen der Europäischen Union nichtoffizielle Sprachen sind. Ich spreche meine besten Glückwünsche für die österreichische Präsidentschaft aus! Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Zuerst herzlichen Dank dafür, daß Sie Deutsch als meine Muttersprache verwendet haben. Ich schätze das sehr. Ich selber verstehe valencianisches Katalanisch, nicht alles, aber einiges, allerdings spreche ich es schlecht. Auf die Frage, die Sie angesprochen hatten, möchte ich noch einmal sagen: Es ist die Kommission, die die Initiative zu ergreifen hat. Der Rat kann der Kommission nicht gut den Auftrag erteilen, eine Initiative zu ergreifen. Im vergangenen Jahrzehnt sind jedenfalls - und das möchte ich doch hier ausführen - in einer Reihe von Bereichen, die die Minderheitssprachengemeinschaften in der Europäischen Union betreffen, doch beträchtliche Veränderungen eingetreten. Auf nationaler Ebene führten Dezentralisierungsmaßnahmen insbesondere in den Bereichen Unterricht und Kultur auch zur Zunahme von Aktivitäten zugunsten einer Reihe von Minderheitsgemeinschaften. Auf jeden Fall besteht natürlich auf europäischer Ebene erneut der Wille, die Vorteile des Binnenmarktes mit den weniger wohlhabenden Regionen der Union zu teilen. Das geschieht in Form regionaler Hilfen wie der Unterstützung für Infrastrukturvorhaben aus Finanzmitteln der Strukturfonds, und diese Hilfen kommen insbesondere auch wieder gewissen Randgebieten und damit auch den Gemeinschaften in prioritären Regionen zugute, und das sind oft auch Minderheitenregionen. Frau Ratspräsidentin! Ich danke Ihnen für Ihren Hinweis an die Kommission. Ich darf Ihnen doch ganz offen sagen: Wir wurden von der Kommission zu Ihnen geschickt. Das ist ein Grund für diese Fragen. Wir haben mit Herrn Santer gesprochen, wir werden aber gerne unsererseits wieder das Gespräch mit der Kommission suchen. Ich möchte nur konkret sagen, daß wir im Vorfeld der Osterweiterung an die Kandidatenländer Minderheitenkriterien ansetzen, denen wir selbst oftmals nicht entsprechen würden. Deshalb sind wir der Ansicht, daß auch in der EU selbst etwas geschehen muß, und ich bedaure ein wenig, daß es hier sogar zu einem Rückschlag gekommen ist, weil die Haushaltszeile zur Förderung der Minderheitensprachen ja unter das berühmte Gerichtsurteil gefallen ist. Wir haben jetzt eine Liste jener Maßnahmen, wo neue Rechtsgrundlagen geschaffen werden. Die Haushaltszeile über Minderheitensprachen ist leider noch nicht darunter. Ich möchte Sie herzlich bitten, sich als Ratspräsidentschaft auch dieses Themas anzunehmen, denn seit 1982 haben wir hier etwas Vorbildliches, und es wäre schade, wenn es jetzt zugrunde ginge. Herr Präsident, Herr Abgeordneter Posselt! Ich darf noch einmal wiederholen: Ich glaube, es ist ganz klar, daß hier die Kommission zuerst Vorschläge ausarbeiten muß, das sind die Regeln der Europäischen Union. Hier können wir im Rat nur tätig werden aufgrund der Vorschläge der Kommission. Ich darf aber allgemein sagen, was die Minderheitenrechte vor allem in den mittel- und osteuropäischen Ländern betrifft, sind es natürlich vor allem auch Konventionen des Europarates, die hier eine große Rolle spielen, und ich glaube, es ist auch wichtig zu sagen, daß man die Arbeit des Europarates nicht duplizieren sollte. Ich, die ich auch eine Vertreterin im Europarat bin, halte es persönlich für sehr wichtig, den Europarat seine Tätigkeit durchführen zu lassen und hier im Rat das zu machen, was uns die Kommission initiativ vorschlägt. Da ist enorm viel geschehen, und wir freuen uns, daß ja gerade in vielen mittelund osteuropäischen Ländern, wo es größte Minderheitenprobleme gab, Probleme angesprochen und zum Teil erledigt wurden. Vielen Dank, Frau amtierende Ratspräsidentin. Wie ich Ihnen bereits gesagt hatte, ist der Kollege Imaz San Miguel heute leider nicht da, sonst hätten wir auch noch die Meinung eines Vertreters einer Nationalität mit so ausgeprägter und komplizierter Identität wie Euskadi, des Baskenlandes, vernehmen können. Herr Habsburg-Lothringen ist allerdings anwesend, und wenn er es wünscht, kann er gerne eine Zusatzfrage von höchstens einer Minute stellen. Herr Präsident, sehr geehrte Frau amtierende Ratspräsidentin! Zunächst möchte ich sagen, was für eine unglaubliche Genugtuung es für mich bedeutet, daß ich Sie endlich mit diesem Titel ansprechen darf und wie sehr es mich freut. Frau Ratspräsidentin, eine Frage, die mich in dem Zusammenhang natürlich sehr interessieren würde, ist die Frage, wie Sie die Situation eines europäischen Volksgruppenrechts sehen. Es ist im Europäischen Parlament immer wieder einmal zur Sprache gekommen, hat aber natürlich das Plenum nie erreicht, sondern ist immer im Bereich des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte mehr oder minder steckengeblieben. Glauben Sie nicht, daß es an der Zeit wäre, zu einem Zeitpunkt, wo wir über eine Erweiterung der Europäischen Union sprechen und wo jeder der Beitrittsbewerberstaaten auch Probleme mit Volksgruppen, mit Minderheiten mit einbringt, hier auch einmal von seiten der Europäischen Union aus an die Öffentlichkeit zu treten und zu versuchen, ein europäisches Volksgruppenrecht und einen aktiven Minderheitenschutz zu definieren? Herr Präsident, verehrter Kollege Habsburg-Lothringen! Ich freue mich auch ganz besonders, heute an dieser Stelle zu sein und auf Ihre Frage kurz zu antworten. Sie wissen selbst, auch hier wäre wieder entsprechend den Regeln der Union eine Initiative der Kommission notwendig. Ich möchte aber noch einmal darauf hinweisen, was ich gerade vorhin sagte. Ich glaube, es ist hier mehr der Europarat aufgerufen, in die Richtung eines europäischen Volksgruppenrechts zu denken, denn er hat schon so viel in dieser Richtung gemacht. Warum sollen wir immer - das ist auch meine persönliche Überzeugung - dasselbe in der Europäischen Union tun, was wir bereits im Europarat vorweggenommen oder angedacht haben? Also ich persönlich würde glauben, daß wir abgesehen von einer Initiative der Kommission - wenn die käme, das wäre natürlich sehr schön - das europäische Volksgruppenrecht vor allem im Europarat verfolgen sollten. Frau amtierende Ratspräsidentin, zu dieser Frage liegen mir noch drei weitere Zusatzfragen vor, mit denen wir dann die Fragestunde abschließen werden. Wie Sie aber feststellen können, Frau amtierende Ratspräsidentin, erteilen wir in diesem Parlament den Habsburgern das Wort immer in chronologischer Reihenfolge, zuerst dem älteren, dann dem jüngeren. Damit hat nunmehr Herr Habsburg das Wort für eine Zusatzfrage. Frau Präsidentin! Ich möchte Ihnen zuerst herzlich sagen, was es für eine Freude ist, Sie hier an dieser Stelle zu sehen. Meine Frage ist eigentlich folgende: Ist es nicht auch Ihre Ansicht, daß es an sich richtiger wäre, wenn wir auch auf dem Gebiet der Nationalitätenfragen und der Sprachenfragen die politische Vertretung ins Auge fassen würden, denn ohne die politische Vertretung wird eine Regelung niemals ganz wirkungsvoll sein, und daß man sich gerade auch bei diesem Volksgruppenrecht mit der politischen Vertretung dieser Gruppen befassen sollte, denn - wenn ich es beobachte - ist die Frage in Belgien nach meinem Dafürhalten am besten gelöst worden. Wenn wir die deutschen Kantone unseres Kollegen Grosch sehen, der mit 16.000 Stimmen gewählt wird, und ich - wie mir gesagt wurde - 980.000 Stimmen brauche, um gewählt zu werden, halte ich es für durchaus gerecht und gut, wenn man endlich anerkennt, daß man nicht nur Nasen zählen sollte... Ich bin gleich fertig. Nur noch ein paar Worte, Herr Präsident. Es stimmt nämlich, daß bezüglich der Rechte der Gemeinschaft Gruppen genauso wichtig sind wie der Einzelne. Vielen Dank, Herr Präsident. (Heiterkeit) Herr Präsident, Herr Abgeordneter! Ich freue mich auch ganz besonders, Ihnen in dieser neuen Funktion gegenüberzustehen. Vielleicht darf ich hier ausnahmsweise persönlich antworten. Persönlich finde ich, daß Sie sicher recht haben. Natürlich wäre das ein Anliegen, das gerade wir weiterverfolgen sollten, und es gibt grundsätzlich einen Ansatz, das wäre eben der Artikel 128, den ich vorhin schon zitiert habe, der erste Absatz, wo es heißt, daß die Gemeinschaft einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung der nationalen und regionalen Vielfalt sowie der Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes leistet. Wie vorhin schon angedeutet, ist es hier aber zuerst an der Kommission, einen Vorschlag zu unterbreiten. Dann kann der Rat auch tätig werden. Die amtierende Präsidentin hat die Fragen sehr ausführlich und verständnisvoll beantwortet. Ich stamme aus einem Teil der Gemeinschaft mit einer sehr alten und sehr reichen, lebendigen Sprache, die allerdings in Gefahr ist. Wir schätzen die Bemühungen der Europäischen Union, diese Minderheitensprache zu fördern, ungemein. In der Vergangenheit wurde an der Europäischen Union kritisiert, daß sie zu einem großen Schmelztiegel würde, in dem kleine Gemeinschaften und Minderheiten untergehen würden. Ich möchte darauf hinweisen, daß die einzelnen Staaten und Königreiche, aus denen sich die Europäische Union heute zusammensetzt, diese Minderheiten in der Vergangenheit verfolgt und auszurotten versucht haben, aber die Europäische Union heute diese Minderheiten unterstützt und ihnen praktische Hilfe in Form eines Budgets zukommen läßt und im Falle Irlands ein Büro für Minderheitensprachen in Dublin unterstützt. Stimmt mir die amtierende Präsidentin zu, daß es sehr angemessen wäre, wenn sich die Europäische Union bei dieser politischen Aktivität engagieren würde, um klarzustellen, daß wir die Kulturen und Sprachen von Minderheiten nicht zerstören, sondern schützen wollen? Herr Präsident, Herr Abgeordneter McCartin, ich möchte noch einmal dazu sagen, daß die Europäische Union selbstverständlich alle Partikular- und Minoritäteninteressen durchaus schützt und sich für all die verschiedenen Sprachen interessiert. Es ist nicht richtig, daß hier sogar Gruppen unterstützt werden, die Negatives bewirken wollen. Der Ansatz ist der, den ich vorhin auch schon erwähnt habe, nämlich besagter Artikel 128 des Vertrages, in dem es ganz klar heißt, daß die Gemeinschaft einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung der nationalen und regionalen Vielfalt und der Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes leistet. Ich glaube, das ist der richtige Sinn, und so werden wir auch in Zukunft vorgehen. Herr Präsident, ich rekapituliere einmal die Argumentation der Frau Ratspräsidentin. Damit der Rat vorankommen kann, fordert er die Initiative der Kommission. Worum geht es denn eigentlich? Um den Schutz der Minderheitenrechte plus das Recht auf die Erhaltung des sprachlichen Erbes usw. Das steht doch in den Verträgen. Die Kommission ist ja die Hüterin der Verträge. Folglich ist es ihre erste Pflicht, die Verträge zu achten. Warum spielt man uns dieses Spielchen vor? Um von Pontius zu Pilatus geschickt zu werden? Durch so ein Spiel ist Christus gekreuzigt worden. Wenn Sie uns sagen, es sei Sache der Kommission, und die Kommission sagt, es sei Sache des Rates, dann opfern Sie die Rechte der Minderheiten. Warum? Weil doch die Kommission die Pflicht hat, die Verträge zu achten, dann soll doch der Rat ihr nicht befehlen, sondern dann soll er sie eben bitten, einen Vorschlag auf der Grundlage des Artikels sowieso der Verträge zu machen, damit wir mit dem Schutz dieser Rechte weiterkommen. Warum weichen Sie aus? Was verbirgt sich dahinter? Herr Präsident, Herr Abgeordneter Ephremidis, Sie kennen die Verträge sicher so gut wie ich. Ich spreche hier, wie Sie wissen, den Artikel 128 Absatz 5 an, in dem eben ganz klar das Initiativrecht der Kommission verankert ist. Ich glaube, alles andere ist informell. Selbstverständlich kann man informell an die Kommission herantreten, aber das echte formelle Initiativrecht liegt eben bei der Kommission. Das kann ich nicht ändern! Herr Präsident, Frau Ratspräsidentin! Als Vizepräsident der Delegation für die parlamentarischen Beziehungen zur Slowakei führe ich immer wieder sehr intensive Diskussionen darüber, wie eigentlich die Minderheitenrechte innerhalb der Europäischen Union der 15 gehandhabt werden und wie sie in den beitrittswilligen Staaten gehandhabt werden. Die Frage ist immer wieder, gibt es eine Evaluierung? Wie sieht es aus mit der Entwicklung der Minderheitenrechte in den verschiedenen Staaten? Wie schaut es aus mit dem Modell der best practice ? Sind wir in der Lage, auch vorbildliche Projekte vorzuzeigen, von denen man sagen kann, hier funktioniert es, so sollte es sein, und können diese Modelle miteinander verglichen werden? Herr Präsident, Herr Abgeordneter Rübig, ich möchte folgendes dazu sagen: Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind natürlich Staaten, die auf demokratischer Basis funktionieren, die die Menschenrechte voll einhalten und die all die Kriterien voll erfüllen, die wir zum Teil von den Kandidatenländern erst fordern müssen. Sie wissen, daß es die Kopenhagener Kriterien gibt. Da gehört eben die volle Verwirklichung der Demokratisierung, der Demokratie, dazu. Das gehört natürlich auch zu einem verwirklichten Schutz der Minderheitenrechte. Das ist der Grund. Hier haben wir auch den Ansatzpunkt, um zum Beispiel mit der Slowakei immer wieder in den politischen Dialog einzutreten, den ich zum Teil auch sehr persönlich mit diesem Land führe. Meine Damen und Herren, nach diesen Worten der Frau amtierenden Ratsvorsitzenden schließe ich die Fragestunde und darf Ihnen mitteilen, daß die Anfragen 15 bis 43 schriftlich beantwortet werden. Zu Beginn der Fragestunde haben wir Frau Ferrero-Waldner herzlich bei uns begrüßt, und im Verlauf dieses Nachmittags hat sie immer wieder höfliche und freundliche Willkommensworte vernommen. Zum Abschluß der Fragestunde wiederhole ich meinen Gruß, möchte jedoch auch meinen Dank aussprechen, denn, meine Damen und Herren, ob Sie nun mit den Antworten zufrieden waren oder nicht - wir müssen auf jeden Fall zugeben, daß sie unserem Parlament stets nach Kräften, mit großer Bereitschaft und mit Verantwortungsgefühl geantwortet hat. Herzlichen Dank, Frau Ferrero-Waldner, und ich denke, daß wir sechs Monate intensiver, aber lohnender und ergiebiger Arbeit vor uns haben. (Die Sitzung wird um 19.10 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wiederaufgenommen.) Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A4-0271/98) von Herrn Manzella im Namen des Institutionellen Ausschusses über das neue gemeinsame Verfahren der Mitentscheidung nach Amsterdam. Herr Präsident, viele vertreten die Ansicht, daß der Vertrag von Amsterdam zwar in mancherlei Hinsicht enttäuschend ist, daß aber das neue Mitentscheidungsverfahren eine entscheidende institutionelle Verbesserung darstellt, da die Stellung des Parlaments gegenüber dem Rat dadurch wesentlich ausgeglichener wird. Insbesondere kann das Parlament, das als erste gesetzgeberische Instanz zum Kommissionsvorschlag Stellung bezieht, dem Rat einen legislativen Text vorlegen, der umgehend angenommen werden kann. Das parlamentarische Verfahren kann somit bereits nach der sogenannten ersten Lesung abgeschlossen werden, wodurch der Aufwand des Legislativverfahrens der Union stark reduziert wird. Außerdem könnte das Parlament dadurch stärker als bisher eine entscheidende Rolle bei der Gesetzgebung der Gemeinschaft spielen. Der Bericht, der dem Haus zur Abstimmung vorliegt, verfolgt eine bestimmte Linie und bewegt sich dabei in zwei verschiedene Richtungen. Da sind zum einen unsere internen Verfahren, welche an die neue politische Dimension angepaßt werden müssen, die das parlamentarische Verfahren erhält, nachdem der Vorschlag der Kommission vorliegt. Dies wird auch Aufgabe des Geschäftsordnungsausschusses sein. Da es nun möglich ist, daß das Legislativverfahren bereits nach der ersten Phase im Parlament zu einem Abschluß kommt, muß diese Phase durch eine Reihe von Maßnahmen strukturiert werden, die gewährleisten, daß der Verfahrensaufwand so gering wie möglich ist, daß ein wirklich effektiver Dialog nicht nur mit der Kommission, sondern auch mit dem Rat geführt wird, daß die Vorschläge und Beschlüsse von Verantwortungsbewußtsein zeugen und daß das Verfahren insgesamt transparent ist. Dabei muß, wie dies zurecht auch von einigen legislativen Ausschüssen hervorgehoben wurde, darauf geachtet werden, daß das Parlamentsverfahren und der Dialog mit den anderen Institutionen ein ausreichendes Maß an Flexibilität beibehalten. Die Veränderungen rechtlicher Art in der ersten Gesetzgebungsphase haben natürlich auch Auswirkungen auf die zweite Phase, die zurecht Vermittlung genannt wird. Diese Phase wird durch den ausgereiften interinstitutionellen Dialog der ersten Lesung bereichert werden. Aus diesem Grund geht es in dem Bericht denn auch um eine Revision der Interinstitutionellen Vereinbarung. In der Phase der Aushandlung der neuen Interinstitutionellen Vereinbarungen müssen in jedem Fall die Stellungnahmen der legislativen Ausschüsse berücksichtigt werden, die in diesem Bereich die meiste Erfahrung haben. Herr Präsident, Herr Kommissar, wie festzustellen ist, ist der ausschlaggebende Punkt für die Ausarbeitung dieses Berichts die radikale Veränderung, die der Vertrag von Amsterdam für die rechtliche Natur der ersten parlamentarischen Gesetzgebungsphase bedeutet. All unsere Bemühungen müssen sich deshalb auf die Ausgestaltung dieser ersten Phase konzentrieren, auch wenn wir hierbei die größtmögliche Flexibilität walten lassen müssen. Ich hielte es aber, offen gestanden, für absurd - auch wenn ich natürlich die Kollegen respektiere, die zwei Änderungsanträge in diese Richtung eingereicht haben -, wenn das Parlament das im Vertrag umschriebene Verfahren ablehnen und sich damit weiterhin auf eine zweite Lesung festlegen würde. Denn dann würde diese Entschließung auf eine inakzeptable Gegen-Reform hinauslaufen, und zwar nicht nur politisch gesehen, sondern vor allem auch im Hinblick auf die verfassungsmäßige Legitimation dieses Parlaments. Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen, im Namen des von Ihnen genannten Ausschusses möchte ich Herrn Manzella Dank und Anerkennung für seine konstruktive und ausgewogene Behandlung dieses für das Parlament so wichtigen Themas, nämlich ein neues Mitentscheidungsverfahren im Vertrag von Amsterdam, aussprechen. Zur ersten Lesung der Mitentscheidung nach dem neuen Verfahren möchte ich einige Anmerkungen machen. Wie der Berichterstatter ebenfalls gesagt hat, müssen wir uns dessen bewußt sein, daß die durch den Vertrag von Amsterdam möglich gewordene Beendigung des Mitentscheidungsverfahrens nach der ersten Lesung nur dann praktisch durchgeführt werden kann, wenn der Informationsaustausch und die informellen Kontakte zwischen Rat und Parlament während der ersten Lesung bereits verstärkt werden. Danach müssen der Berichterstatter und der Vorsitzende des federführenden Ausschusses des Europäischen Parlaments - im Prinzip nach einem ersten Gedankenaustausch in der Kommission - informelle Beratungen mit dem Rat oder zumindest mit dem Vorsitzenden der betreffenden Arbeitsgruppe des Rates aufnehmen können. Gleichzeitig ist es wichtig, daß der Vertreter des Rates an der Sitzung des Ausschusses tatsächlich teilnimmt und auch bei der Abstimmung anwesend ist und daß er die Möglichkeit erhält, seinen Standpunkt vor der Abstimmung bekanntzugeben. Was die zweite Lesung und das Vermittlungsverfahren anbelangt, so habe ich dazu ebenfalls zwei Bemerkungen. Wichtig ist, daß der Vertreter der zuständigen Arbeitsgruppe des Rates den Gemeinsamen Standpunkt, den der Rat in erster Behandlung angenommen hat, in dem betreffenden Parlamentsausschuß in seinem wesentlichen Inhalt erläutern kann. Der Ausschuß für Forschung, technologische Entwicklung und Energie würde es begrüßen, wenn die Rolle der Berichterstatter beim Vermittlungsverfahren verstärkt würde. Der Rat sollte den Berichterstattern des Parlaments die Gelegenheit geben, auch ihren Standpunkt vor dem Rat darzulegen. Auf diese Weise erfolgt meines Erachtens ein gegenseitiger Informationsaustausch, und es findet eine gegenseitige Beeinflussung statt, so daß ich hoffe, daß diese Empfehlungen übernommen werden. Herr Präsident, die meisten in den mit diesem Bericht befaßten Ausschüssen tätigen Kollegen, der Berichterstatter und auch die Verfasser der Stellungnahmen, haben im Laufe der vergangenen Woche festgestellt, daß die Veränderungen, die der Vertrag von Amsterdam für die Abläufe in diesem Haus bedeutet, weit mehr Konsequenzen nach sich ziehen, als auf den ersten oder zweiten Blick zu vermuten ist. Diese Konsequenzen sind sicher positiver, teils aber auch problematischer, in jedem Fall aber komplexer Natur. Dem Berichterstatter danke ich sehr für seine diffizile Arbeit in dem fein gesponnenen Geflecht von Wechselwirkungen, von Wirkung und Gegenwirkung im Netz der Beziehungen zwischen den Organen der Europäischen Union. Ich will mich in der Stellungnahme für den Ausschuß für Recht und Bürgerrechte nicht allen Facetten der schriftlichen Stellungnahme, die der Ausschuß einstimmig angenommen hat, zuwenden. Ich will mich auf die Ziffer 3 der vorliegenden Entschließung beschränken, auf die Frage, in welcher Form, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt Kontakte zum Rat stattfinden und mit welcher rechtlichen Qualität. Diese Frage ist nach unserer Auffassung vom Berichterstatter in heikler Weise beantwortet worden. Der Ausschuß für Recht und Bürgerrechte hat solche Kontakte bejaht, allerdings nur Kontakte informeller Art. Soweit der Bericht den Berichterstatter mit Vollmacht für Verhandlungen in der ersten Lesung ausstatten will, ist dies bedenklich. Eine Vollmacht bedeutet, daß das Parlament nach außen gebunden wird und daß nach außen ein Vertrauenstatbestand gegenüber anderen geschaffen wird, ohne daß eine entsprechende Abstimmung stattfindet. Wir halten dies für zu weitgehend, zumal nun Änderungsanträge vorliegen, die zum einen dem Schattenberichterstatter ein solches Recht nicht mehr zubilligen und im übrigen vorsehen, daß die Berichtspflichten gegenüber dem Ausschuß gestrichen werden sollen. Der Ausschuß für Recht und Bürgerrechte hält informelle Kontakte für notwendig. Diese müssen integriert werden, aber weitergehende Verhandlungskompetenzen müssen im Geschäft und im Gegengeschäft durchgeführt werden. Wenn der Berichterstatter solche Rechte haben soll, muß auch der Rat verpflichtet sein, nach außen hin unabhängig und ohne sein Organ frühzeitig binden zu können, tätig zu werden. Herr Präsident, zunächst beglückwünsche ich den Kollegen Wieland zu seiner ersten Rede im Europäischen Parlament und dann den Kollegen Manzella zu seinem Bericht und betone für den Ausschuß für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten, daß das Schwergewicht der veränderten Verfahrensregelungen auf der Vorbereitung der ersten Lesung liegen muß. Insoweit teile ich die Meinung des Kollegen Manzella. Die Möglichkeiten, die der Amsterdamer Vertrag dem Parlament bietet, müssen voll genutzt werden. Es muß möglich sein, ein Gesetzgebungsverfahren in erster Lesung abzuschließen, ohne daß der Rat einen Gemeinsamen Standpunkt ausarbeitet, was bekanntlich unendlich viel Zeit erfordert. Die Gesetzgebungsverfahren des Parlaments können nachdrücklich gestrafft werden, wenn die Möglichkeiten des Amsterdamer Vertrages genutzt werden. Der Ausschuß für Grundfreiheiten fordert dies ganz ausdrücklich. Ich lenke Ihr Augenmerk weiter auf den Umstand, daß im Bereich unserer Zuständigkeiten für die ersten fünf Jahre nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages viele Materien der nationalen Gesetzgebungszuständigkeit entzogen werden, vergemeinschaftet werden und der einstimmigen Entscheidung des Rates und nur der Anhörung des Parlaments unterliegen. Es handelt sich hier um Materien, die klassische Parlamentsmaterien sind. Es ist schwer erträglich, daß das Europäische Parlament insoweit nur angehört wird. Deswegen geht unsere Forderung dahin, daß wir vom Rat so behandelt werden, als hätten wir ein Mitentscheidungsrecht. Der dritte Punkt: Auch das Mitentscheidungsverfahren, das Konsultationsverfahren hat neues Gewicht. Wir regen an, daß es einen ständigen Vermittlungsausschuß gibt im Europäischen Parlament, der überwiegend von ständigen Mitgliedern besetzt ist, die sich ständig mit der Materie der Vermittlung befassen und damit auch dem Rat in dieser Funktion gegenüberstehen. Es geht nicht an, daß wir unser Gewicht gegenüber dem Rat dadurch mindern, daß wir diesen Ausschuß nur von Fall zu Fall besetzen. Dann sind wir dem Rat gegenüber im Nachteil. Wir sollten also, jedenfalls aus der Sicht des Ausschusses für Grundfreiheiten, erwägen, einen ständigen Ausschuß für Vermittlungsfragen einzusetzen, um deutlich zu machen, daß auch in der Vermittlung neues Gewicht des Parlaments zum Ausdruck kommt und wir die Rolle des Parlaments gegenüber dem Rat mit Nachdruck zu spielen bereit sind. Insgesamt kommt auf das Parlament eine neue Forderung zu. Wir müssen mehr Qualität in gesetzgeberische Arbeit legen. Das muß in der Organisation des Verfahrens Ausdruck finden. Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht meines Freundes Andrea Manzella zur Umsetzung des Amsterdamer Vertrages befaßt sich mit der wichtigsten Aufgabe, die das Europäische Parlament neben der Haushaltskompetenz und der Investitur der Kommission zu leisten hat, nämlich der gemeinsamen Gesetzgebung auf europäischer Ebene. Wir müssen uns der Dimension dessen bewußt sein, was wir jetzt an Mitentscheidung erreicht haben: Vor Maastricht gab es nichts, nach Amsterdam werden 75 % aller Rechtsakte von Rat und Parlament gleichberechtigt entschieden. Dieser große Erfolg darf uns aber nicht den Blick auf das verstellen, was an Themenbereichen noch offensteht: Landwirtschaft, Wettbewerb, Steuern, Wirtschafts- und Währungsunion, Außenhandel und sozialer Dialog. Ohne die Einbeziehung dieser sechs Felder ist das europäische Demokratiedefizit noch immer nicht behoben. Wenn wir uns jetzt in einer neuen Situation befinden, dann muß sich zuerst einmal der Rat daran gewöhnen, daß er nicht mehr das letzte Wort hat. Aber auch das Europäische Parlament muß seine Arbeit grundlegend ändern und sich eindeutig auf die Gesetzgebung konzentrieren. Dazu ist auch ein Maß an Selbstkritik notwendig. Wir dürfen und können uns nicht mehr zu allen Themen durch Entschließungen und Dringlichkeiten zu Wort melden. Weniger flammende Appelle als vielmehr die konkrete Gestaltung des Integrationswerkes werden jetzt die Alltagsarbeit des Europäischen Parlaments bestimmen und, ich denke auch, neu beflügeln. Die Vorschläge von Herrn Manzella weisen dazu in die richtige Richtung. Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen, die Erweiterung und Vereinfachung der Mitentscheidung stellt in der Tat die wichtigste institutionelle Änderung im Vertrag von Amsterdam dar. Damit wird unserem Parlament die Möglichkeit geboten, ein vollwertigerer Mitgesetzgeber zu werden. In seinem ausgezeichneten Bericht schlägt der Kollege Manzella vor, von den neuen Bestimmungen größtmöglichen Gebrauch zu machen. Meine Fraktion ist mit ihm darin einig, daß eine neue Interinstitutionelle Vereinbarung getroffen werden muß, und sie fordert den Rat und die Kommission auf, sich so schnell wie möglich mit diesem Thema zu befassen. Wir teilen auch sein dreifaches Bestreben, nämlich erstens eine bessere Information zwischen den Organen sowie eine bessere Planung der Tätigkeiten; zweitens eine Verbesserung der sprachlichen und juristischen Qualität der Texte; und drittens Transparenz des Verfahrens in sämtlichen Phasen. Angesichts der neuen Möglichkeit, das gesamte Verfahren nach der ersten Lesung abzuschließen, hat der Berichterstatter geprüft, wie Parlament, Rat und Kommission hier zusammenarbeiten können. Die in unserem Ausschuß geführten Beratungen haben zu einem Gleichgewicht zwischen der Sorge um Effizienz einerseits und der Sorge um Transparenz und einer Beschlußfassung auf breiter Basis andererseits geführt. Ich bin sehr zufrieden, daß die von mir eingereichten Änderungsanträge akzeptiert wurden, in denen vorgesehen ist, daß der Ausschußvorsitzende und der Berichterstatter auch über ihre informellen Kontakte Bericht erstatten müssen. Es wäre nämlich höchst bedenklich, wenn durch die vereinfachte Mitbestimmung die Gesetzgebungsarbeit einem auserlesenen kleinen Zirkel von nur wenigen Mitgliedern des Europäischen Parlaments vorbehalten würde. Daher sind wir nicht mit dem Vorschlag des Kollegen Nassauer einverstanden. Hierdurch würde auch innerhalb dieses Parlaments Georges Orwell Recht bekommen; vor allem jedoch würde sich die Union hierdurch noch mehr von der öffentlichen Meinung und den Parlamenten in den einzelnen Mitgliedstaaten isolieren. In dem vorliegenden Entschließungsantrag ist dies nicht der Fall, sondern darin wird die richtige Richtung eingeschlagen. Meine Fraktion wird ihn daher unterstützen. Herr Präsident, ich glaube, unser Berichterstatter hat recht: Amsterdam bedeutet für die Mitentscheidung einen großen Fortschritt, da die Rolle des Europäischen Parlaments dadurch eine noch größere Legitimation erhält und insbesondere den Bürgern neue Instrumente an die Hand gegeben werden. Dieser Aspekt der repräsentativen Demokratie wurde schon oft hervorgehoben: Je mehr man die Mitentscheidung ausweitet, desto größer wird auch das staatsbürgerliche Bewußtsein der Menschen. Zwischen beiden Dingen, die von allergrößter Bedeutung sind, besteht also ein enger Zusammenhang. Ich glaube, daß dieser Aspekt im Bericht von Herrn Manzella in ausreichendem Maße zum Tragen kommt, und ich möchte nicht nur aus reiner Freundschaft sagen, daß wir das große Glück hatten, einen Kollegen mit der Ausarbeitung dieses Berichts betrauen zu können, der nicht nur Jurist ist, sondern auch über eine große politische Sensibilität verfügt. Das Parlament zeigt, daß es etwas sehr Wesentliches verstanden hat, nämlich, daß es zu einer substantiell ebenbürtigen Institution innerhalb des Gesetzgebungsverfahrens, zu einem vollberechtigten Ko-Gesetzgeber geworden ist. Dies hat Auswirkungen auf den Legislativprozeß und die Kontrollmechanismen, es führt zu einer starken Vereinfachung der Verfahren, die einfacher und damit effektiver werden. Lassen Sie mich in aller Kürze sagen, daß ich Andrea Manzella voll und ganz zustimme, wenn er sich nachdrücklich gegen einen Änderungsantrag wendet, der den Sinn dieses Berichts auf den Kopf stellen würde. Es ist mir in der Tat nicht einleuchtend, weshalb sich das Europäische Parlament gegen die Möglichkeit stellen sollte, ein Legislativverfahren bereits in der ersten Lesung abzuschließen. Noch eine letzte Anmerkung, Herr Präsident: Die Mitentscheidung steht auch in einem engen Zusammenhang mit der Diskussion über die Subsidiarität, die, wie wir alle wissen, noch im vollen Gange ist. Dies zeigt sich etwa am Chirac-Brief beim Gipfel in Cardiff und wird auch beim künftigen informellen Gipfel in Innsbruck wieder deutlich werden. Dieser Aspekt ist sehr wichtig, denn es muß darauf geachtet werden, daß beim Ausbau der gesetzgeberischen Befugnisse des Europäischen Parlaments die legislative Autonomie der Mitgliedstaaten gewahrt bleibt. Insbesondere aber muß die Gesetzgebung des Parlament ihren allgemeinen Charakter beibehalten, d. h. das Parlament sollte nur für solche Gesetze zuständig sein, durch die eine allgemeine Richtung vorgegeben wird. Durch eine Überlastung der europäischen Gesetzgebung wird man nicht viel erreichen können. Sehr viel kann aber durch eine Ausweitung der europäischen Gesetzgebung erreicht werden, wenn man sich dabei auf Rechtsakte allgemeiner Art beschränkt. Ich weiß sehr wohl, daß es in dieser Aussprache nicht um die Hierarchie der Gesetzgebung geht, dennoch sollte dieser Aspekt, auf den wir schon in mehreren Texten zum Thema Mitentscheidung hingewiesen haben, auch hier sicherlich angesprochen werden. Dies ist der Demokratie dienlich und trägt zu einem richtigen Verständnis des Subsidiaritätsprinzips bei. Denn die Subsidiarität darf nicht als Alibi für eine Renationalisierung der Politik mißbraucht werden, vielmehr muß mit ihrer Hilfe auf demokratische Art und Weise eine Verbindung zwischen den verschiedenen Ebenen hergestellt werden, die am Aufbau Europas beteiligt sind. Herr Präsident, Herr Kommissar, gleich eingangs möchte ich sagen, daß es mir eine große Ehre ist und ich es für einen Glücksfall erachte, daß ich hier im Namen der PPE-Fraktion sprechen und Professor Manzella zu seinem Bericht gratulieren darf. Ich tue dies mit großer Bewunderung, die ich für ihn hege, seitdem ich aus seinem Buch etwas über die Grundlagen des parlamentarischen Rechts lernte. Ich meine, daß Kollege De Giovanni die beiden wesentlichen Merkmale dieses Berichts bereits genannt hat. Er vereint in sich die Qualitäten eines geschickten Politikers und eines großen Rechtsexperten. Der Politiker hat sich aufgeschlossen gezeigt für eine echte Annäherung zwischen Europa und seinen Bürgern. Wir müssen erkennen, daß wir mit solchen Verfahrensfragen beginnen müssen. Nichts entfremdet die Bürger von Europa mehr als eine Aussprache über eine Richtlinie, von der dann jahrelang, manchmal 10 Jahre oder mehr, nicht mehr die Rede ist, und die dann plötzlich wieder auftaucht, ohne daß ein Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen zu erkennen wäre. Dieses politische Ziel müssen wir, so glaube ich, alle unterstützen. Bei dem großen Juristen sticht als erstes ganz ohne Zweifel die Sorgfalt hervor sowie die Tatsache, daß er bestimmten Aspekten große Bedeutung beimißt, die für andere in diesem Parlament nur Neben- oder Hilfsfunktion haben, wie die Qualität von Rechtstexten, ihre Formulierung und die Übersetzungen. Was Herr Manzella hierzu zu sagen hat, hat stets Hand und Fuß. Doch auch praktische Aspekte zählen, wie zum Beispiel sinnvolle Zeiteinteilung, Einhaltung von Fristen und dieAushandlung interinstitutioneller Vereinbarungen zu diesen Fragen. Ich möchte abschließend noch einige Aspekte herausgreifen, die ich zwar unterstütze und als Mittel betrachte, um das Parlament zu etwas mehr Eigendisziplin zu bringen, die jedoch vielleicht ein wenig zu weit gehen. Dies ist auch die Erklärung für die beiden Änderungsanträge, die nicht mißverstanden werden sollten. Herr Manzella schlägt beispielsweise die Institutionalisierung halboffizieller Gespräche vor, und er weiß besser als jeder andere, daß gerade halboffizielle Angelegenheiten sich einer Institutionalisierung entziehen, nicht einem Kodex unterliegen wollen. Das wäre nur ein Beispiel. Ein weiteres Beispiel sind die schriftlichen Begründungen. Ich teile zwar das Ziel, auch wenn es der Wirklichkeit vielleicht nicht immer gerecht wird. Warum? Nun, wir wissen doch alle, daß das, was in einer Verordnung steht, gegen das Europäische Parlament als Institution, nicht aber gegen Dritte verwendet werden kann. Wir müssen also vorsichtig sein und dürfen in eine Verordnung keine Verpflichtungen Dritter aufnehmen, die letztendlich fromme Wünsche sind; wir dürfen in eine Verordnung aber auch nichts aufnehmen, das uns einseitig binden und sich für uns vor dem Gerichtshof zudem als problematisch erweisen könnte. Herr Präsident, abschließend möchte ich noch einmal unterstreichen, daß meiner Meinung nach bezüglich dieser beiden Änderungsanträge ein Mißverständnis vorliegt, und daß wir uns auf jeden Fall alle der Bedeutung dieses Berichts und der Tatsache bewußt sind, daß dieses Parlament, das im übrigen volljährig ist, das bereits über Mitentscheidungsbefugnisse in einigen Bereichen verfügt und gleichberechtigter Mitgesetzgeber neben dem Rat ist, all dieses in interne Normen und in interinstitutionellen Vereinbarungen zusammenfassen muß. Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! 70 % der Bereiche, die in der Europäischen Union zu regeln sind, werden nach der Ratifizierung des Amsterdamer Vertrags, die voraussichtlich Ende 1998 abgeschlossen sein wird, der Mitentscheidung des Europäischen Parlaments unterliegen. Bis jetzt waren es nur ca. 35 %. Wir werden also in wenigen Monaten in weiteren Bereichen der europäischen Integration zum wirklichen Mitgesetzgeber. Uns sind nicht nur größere Befugnisse zugewachsen, auf uns lastet auch eine größere Verantwortung für eine bürgernahe, verständliche und von jedem einzelnen nachzuvollziehende europäische Gesetzgebung. Die Änderung des Artikel 189 b, jetzt Artikel 253 des EG-Vertrags, eröffnet für das Europäische Parlament neue Möglichkeiten der Mitwirkung in einem tiefgreifend veränderten legislativen Verfahren, dessen Kernpunkte sich wie folgt darstellen lassen: Erstens, das Gesetzgebungsverfahren wird weniger Zeit in Anspruch nehmen. Die dritte Lesung fällt z.B. weg, andere Vereinfachungen sind möglich. Zweitens: Die verfahrensmäßig Beteiligten, die Kommission, das Parlament und der Rat, müssen sorgfältiger als bisher die Texte auch formal ausarbeiten, da schon die erste Lesung das Verfahren beenden kann und dann schon die Verordnung in Kraft gesetzt werden kann. Drittens: Die Möglichkeiten der Einflußnahme des Europäischen Parlaments setzen schon in einem frühen Stadium des Verfahrens ein. Deshalb brauchen wir bereits in der ersten Lesung einen strukturierten Dialog zwischen den beteiligten Institutionen, nicht aber einen runden Tisch von möglicherweise interessierten, aber nicht wirklich kompetenten Personen. Viertens: Das Parlament muß die Möglichkeiten seiner parlamentarischen und politischen Außenwirkung, d.h. seines Einflusses auch auf die Öffentlichkeit, sorgfältig wahren und bedenken. Das sollte zu einer Abwägung des Parlaments darüber führen, in welcher Lesung, in der ersten oder in der zweiten, es den Schwerpunkt seiner Einflußnahme sieht. Wir müssen unsere Geschäftsordnung deshalb tiefgreifend anpassen, und wie bisher müssen wir auch an den Rand unserer im Vertrag eingeräumten Befugnisse gehen und unsere Verantwortlichkeiten voll ausschöpfen. Wir müssen mit Rat und Kommission einen interinstitutionellen übersichtlichen Rahmen finden, der das neue Gleichgewicht der Kräfte im interinstitutionellen Gefüge der Europäischen Union widerspiegelt und praktikabel macht. Wir müssen schließlich unseren Wählern ein Markenzeichen einer bürgernahen Gesetzgebung geben, das ihnen zeigt, daß in Europa nicht alles kompliziert ist. Für die EVP-Fraktion möchte ich dem Berichterstatter, dem Kollegen Manzella, ausdrücklich Dank und Anerkennung für die Sorgfalt, die Kompetenz und seine politische Weitsicht ausdrücken, mit der er für fast alle Fragen in seinem ausgezeichneten Bericht Lösungen gefunden hat. Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich glaube, daß eines der positiven Ergebnisse des Vertrags von Amsterdam die Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments als Mitgesetzgeber und als Gegengewicht zum anderen Zweig der Legislative, nämlich dem Rat, ist. Bekanntlich hat die Kommission diese Stärkung während der gesamten Regierungskonferenz unterstützt. Die zunehmende Zahl der Gesetzesvorhaben, die der Mitentscheidung unterliegen, stellt jedoch für alle Institutionen eine Herausforderung dar und erfordert von uns allen eine effektivere Arbeitsweise und eine bessere Koordinierung unseres Vorgehens, damit die neuen Verfahren auch wirklich zu guten Ergebnissen führen. In diesem Sinne kommt der heute zur Aussprache anstehende hervorragende Bericht von Herrn Manzella höchst gelegen, und nach meiner Auffassung enthält er zahlreiche, gelungen dargestellte Anregungen, die uns bei der Bewältigung eben dieses erweiterten Mitentscheidungsverfahrens äußerst nützlich sein werden. Daher kann ich dem Berichterstatter zu seiner Arbeit nur herzlich gratulieren. Die guten Ergebnisse, die das Mitentscheidungsverfahren bisher gezeitigt hat, sind in hohem Maße auf die in sich schlüssige Arbeit des Parlaments zurückzuführen, und zwar von der ersten Lesung bis zum Schluß. Darüber hinaus wird der Erfolg von einigen Umständen besonders begünstigt, so von der Tatsache, daß für jedes Thema stets ein Berichterstatter zuständig ist und der entsprechende Parlamentsausschuß immer den gleichen Vorsitzenden hat. Darin besteht natürlich ein deutlicher Unterschied zum Rat, in dem der Vorsitz alle sechs Monate wechselt. Aber auch in den Schlichtungsverfahren bietet das Parlament Kontinuität (einschließlich der drei Vizepräsidenten, die der Parlamentsdelegation angehören), was sich ohne Zweifel vorteilhaft auswirkt. Ich denke, daß dieses neue Mitentscheidungsverfahren erfolgreich sein wird, wenn wir zusammenarbeiten und die gemeinsamen Erfahrungen für die vor uns liegenden gewaltigen Arbeiten pragmatisch und flexibel nutzen. Als Folge der gewachsenen Kompetenzen des Parlaments wird die Arbeitsbelastung natürlich zunehmen. In diesem Zusammenhang unterstütze ich durchaus die in dem Bericht aufgeführten Maßnahmen, die auf mehr Transparenz, Demokratie und rechtliche Qualität der Änderungsanträge des Parlaments abzielen. Nach meiner Auffassung betont Herr Manzella zu Recht in seinem Bericht die Bedeutung der ersten Lesung. Der Vertrag bietet die Möglichkeit, das Gesetzgebungsverfahren mit der ersten Lesung abzuschließen, was ein bedeutender Fortschritt ist, bedenkt man vor allem die steigende Zahl der Themen, die nun im Mitentscheidungsverfahren beschlossen werden müssen. Ich möchte aber auch noch andere Gründe erwähnen. Derzeit spielt die erste Lesung im Verfahren eine wesentliche Rolle, weil in ihrem Rahmen in den einzelnen Institutionen die Vorschläge der Kommission in allen Einzelheiten geprüft werden und dabei alle zum Ausdruck bringen können, welche Punkte ihnen Sorgen bereiten, weil alle auf ihre speziellen Interessen - als Minderheit, Sektor oder Mehrheit - hinweisen können und weil alle sich zu diesem Zeitpunkt äußern können. Deshalb ist diese Phase sowohl für das Parlament, aber auch für den Rat von so großer Bedeutung. Außerdem kann eine gründliche politische Diskussion während der ersten Lesung zwar nicht den Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens herbeiführen, aber doch einen Abschluß im Rahmen der zweiten Lesung erleichtern, bei der dann strengere Anforderungen an die Mehrheit gestellt werden; damit kann das Vermittlungsverfahren vermieden werden, das so weit wie möglich vermieden werden sollte, denn wir wissen alle, wie langwierig und kompliziert es üblicherweise ist. Auf der anderen Seite kann das Parlament mit sorgfältigeren Änderungsanträgen in dieser Phase die Diskussion nur positiv beeinflussen. Es hat sich bisher gezeigt, daß die Änderungsanträge des Parlaments in zweiter Lesung häufig aus Zeitmangel nur ein Neuaufguß der Änderungsanträge waren, die in erster Lesung nicht gebilligt worden waren. Und mitunter ist auch keine sorgfältige Analyse des gemeinsamen Standpunktes des Rates vorgenommen worden. Allerdings müßte sich auch der Rat flexibler bei der Suche nach gemeinsamen Lösungen unter Berücksichtigung der Änderungsanträge des Parlaments zeigen. Gelegentlich stelle ich eine Art Erstarrung fest, das heißt, es gibt eine zweite Lesung im Parlament, bei der die Änderungsanträge der ersten Lesung einfach wiederholt werden, und der Rat will von seiner ursprünglichen Haltung nicht abrücken und berücksichtigt daher die Änderungsanträge des Parlaments praktisch nicht. Die Ausdehnung der Mitentscheidung erfordert meiner Meinung nach mehr Geschmeidigkeit, mehr Flexibilität; wenn das Parlament Änderungsanträge eingereicht hat, muß der Rat sie berücksichtigen, sie prüfen, sehen, inwieweit man zu konsensfähigen Lösungen gelangen und damit das Vermittlungsverfahren vermeiden kann, das eigentlich eher selten angewandt wird. Sollte in der zweiten Lesung keine Einigung erzielt werden, bleibt natürlich immer noch das Vermittlungsverfahren, doch sollten etwaige Probleme besser im Vorfeld gelöst werden. Schließlich möchte ich dem Parlament noch die Bereitschaft der Kommission verkünden, in allen Phasen des Gesetzgebungsprozesses eine aktive Rolle zu übernehmen, und dies vor allem in der ersten Lesung, wie es auch im Bericht von Herrn Manzella angeregt wird. Ich denke, daß wir gut zusammenarbeiten und uns gegenseitig anregen können. Dies gilt einerseits für die Arbeitsgruppe des Rates und andererseits für den zuständigen Parlamentsausschuß, denn nur so können wir den Prozeß vorantreiben und die Ausarbeitung eines geänderten Vorschlags erreichen, der so weit wie möglich die Positionen beider Seiten berücksichtigt. Ich weiß, daß das Parlament uns viele Male aufgefordert hat, endlich unserer Rolle als Kommission gerecht zu werden und uns ins Gesicht gesagt hat, daß wir das bisher nicht getan haben. Wir werden unser Möglichstes tun, um diesen Wünschen des Parlaments nachzukommen. Ich bin ferner überzeugt, daß bei positiven Ergebnissen der Diskussion über eine auf dem jüngst vorgestellten Kommissionsvorschlag beruhenden neue Komitologie-Entscheidung ein rascher Abschluß diverser, der Mitentscheidung unterliegender Verfahren möglich sein wird. Nach unseren Berechnungen gab es bei mindestens 70 % der in die Vermittlung gehenden Verfahren ein Komitologie-Problem, und es würde allen Beteiligten das Leben sehr erleichtern, würde diese Frage ein für allemal gelöst; dabei sollte den Rechten des Parlaments gebührend Rechnung getragen werden, ohne daß die Effizienz des Systems bei der Ausführung der anhängigen Maßahmen leidet. Schließlich möchte ich noch sagen, daß ich den Vorschlag zur Revision der derzeit geltenden Interinstitutionellen Vereinbarung über das Mitentscheidungsverfahren unterstütze. Im Hinblick auf den neuen Vertrag und auf die bestehende Praxis sollte es allerdings revidiert werden. Ich zweifle nicht daran, daß es sich hierbei um eine relativ einfache Aufgabe handelt, die auch unsere Mitarbeiter, die bisher einen so guten Beitrag zum interinstitutionellen Dialog geleistet haben, erfüllen können. In der Stellungnahme werden einige formelle interinstitutionelle Verfahren genannt, die das Verfahren unter Umständen etwas komplizieren könnten. Ich würde dem Parlament daher empfehlen, so flexibel und so pragmatisch wie möglich vorzugehen. Der Bericht von Herrn Manzella ist der geeignete Rahmen hierfür, und die Kommission ist bereit, aktiv und konstruktiv im Geiste der Zusammenarbeit an den Verhandlungen mitzuwirken und somit dem Parlament eine bedeutendere Rolle im Gesetzgebungsverfahren zuzusprechen. Ich brauche meinen alten Freund Oreja, der alles besser weiß als ich, eigentlich nicht zu belehren, doch ist es für die neuen Mitglieder im Parlament wichtig, zu wissen, daß wir nur aus weiser Selbstbeschränkung in der zweiten Lesung Änderungsanträge übernehmen, die in erster Lesung nicht angenommen wurden; nach den Verträgen haben wir nämlich formell das Recht, in zweiter Lesung Änderungsanträge einzureichen, die allesamt neu sind. Wir haben seinerzeit jedoch beschlossen, von diesem Recht nicht Gebrauch zu machen, um eine exzessive Neudiskussion zu vermeiden. Die Tatsache also, daß wir an Änderungsanträgen festhalten, die in erster Lesung nicht angenommen wurden, zeugt von der Selbstbeherrschung, die - mein lieber Freund Oreja - einem reibungslosen Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens dient. Vielen Dank, Herr Janssen. Sie brauchen nicht zu antworten, Herr Kommissar. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A4-0257/98) von Herrn Frischenschlager im Namen des Institutionellen Ausschusses über die Umsetzung des Vertrags von Amsterdam: Bedeutung der verstärkten Zusammenarbeit. Herr Präsident! Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Bericht des Institutionellen Ausschusses gehört auch zu den Nachfolgearbeiten zum Beschluß über den Amsterdamer Vertrag. In diesem Fall wollen wir über die Einschätzbarkeit und Anwendbarkeit der verstärkten Zusammenarbeit Entscheidungen herbeiführen, und das nicht zuletzt deshalb, weil ja das Europäische Parlament von der Kommission in absehbarer Zeit weitere Vorschläge in Richtung Reform der Institutionen haben möchte, und dazu dienen diese Berichte. Wie wichtig der Druck in Richtung institutioneller Reform in Fortsetzung von Amsterdam notwendig ist, das läßt sich auch an diesem Beispiel der Arbeit des Institutionellen Ausschusses an der verstärkten Zusammenarbeit ablesen. Was wollte der Amsterdamer Vertrag? Er wollte offensichtlich eine verstärkte Zusammenarbeit zulassen, und die Überlegung war dabei, daß man zur Kenntnis nimmt: Es gibt politische Heterogenität, es gibt unterschiedliche politische Entwicklungsstände in einzelnen Ländern und offensichtlich unterschiedliche Integrationswünsche, und deshalb sollte es differenzierte Integration innerhalb - und das ist das wesentlich Neue am Amsterdamer Vertrag - des institutionellen Rahmens der Europäischen Union geben. Das zweite Ziel war, daß bei weitergehenden Integrationsschritten und Absichten einer großen Mehrheit von Mitgliedsländern das praktische Veto von einer Minderheit von Staaten oder womöglich nur eines einzigen Staates diese zusätzlichen Integrationsschritte nicht verhindern soll - ausgenommen die konstitutionellen Bereiche, wie Vertragsänderung zum Zwecke der Erweiterung etc. Das war die Absicht der Regierungskonferenz, und die Haltung des Europäischen Parlaments dazu war immer eine sehr zurückhaltende, weil man immer Angst hatte, daß es zu einem Europa à la carte kommt, und das ist ja auch ein sehr berechtigter Vorwurf. Deshalb hat das Europäische Parlament anhand des Berichts Tsatsos/Méndez de Vigo ja ganz klare und sehr, sehr einschränkende Bedingungen für die Ermöglichung der verstärkten Zusammenarbeit eingebaut und hat sich damit auch durchgesetzt. Das Ergebnis von Amsterdam war dann in diesem Bereich, daß zwar eine verstärkte Zusammenarbeit im Prinzip ermöglicht wurde, aber die Auflagen, die Bedingungen, so restriktiv gezogen wurden, daß letztlich nur ein sehr kleiner Anwendungsspielraum dafür in Zukunft möglich ist - im ersten Pfeiler so gut wie gar nicht, sondern eher im dritten gibt es für legislative Maßnahmen einen sehr geringen Spielraum für den Durchführungsbereich bei den Aktionsprogrammen. Aber selbst dieser sehr bescheidene Spielraum wurde durch den Amsterdamer Vertrag noch durch die Bestimmung eingeengt, daß aus wichtigen Gründen nationaler Politik jedes Mitgliedsland der EU den weitergehenden Integrationswunsch anderer oder der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten durch das Erfordernis der Einstimmigkeit verhindern kann. Man hat also wieder ein nationales Veto aus nationalen Interessen eingebaut mit der Folge, daß man damit einen der wesentlichen Zwecke dieser Vertragsbestimmung eigentlich wieder zunichte gemacht hat, indem man eine vertiefte, eine weitergehende Integration über einen Mehrheitsbeschluß de facto wieder unmöglich gemacht hat. Es war ja an sich auch immer die Linie des Europäischen Parlaments, daß man bei aller Zurückhaltung gegenüber der verstärkten Zusammenarbeit als letztes Mittel doch dazu übergehen können soll, eine derartige differenzierte Integration auch über ein Veto hinweg tatsächlich durchführen zu können. Nun komme ich zu den Schlußfolgerungen, die im wesentlichen wie folgt lauten: Der Anwendungsbereich dieser verstärkten Zusammenarbeit ist denkbar gering; der Wiedereinbau dieses nationalen Vetos ist in keiner Weise gerechtfertigt, und deshalb die Aufforderung an die Kommission, bei ihren Vorschlägen in Richtung Vertragsänderung dieses Veto, diese Blockadesituation wieder aus dem Vertrag zu entfernen. Generell sind wir zum Ergebnis gekommen, daß diese verstärkte Zusammenarbeit in keiner Weise den politischen Anforderungen der Europäischen Union in der Zukunft gerecht wird. Deshalb wird am alten Wunsch des Europäischen Parlaments festgehalten, daß es für die Zukunft der Europäischen Union ganz wesentlich ist, daß das Einstimmigkeitsprinzip unter bestimmten Bedingungen durch ein generelles Mehrheitsentscheidungsverfahren abgelöst wird. Das ist der wesentliche politische Inhalt meines Berichts, und ich hoffe, daß die Mehrheit dieses Hauses sich dieser Meinung anschließt. Herr Präsident, die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten ist ein Mittel der europäischen Integration, das zur Überwindung der Blockaden beitragen soll, die einerseits auf die mitunter unterschiedlichen Erwartungen der Mitgliedstaaten und andererseits auf das im Vertrag von Amsterdam bestimmte Erfordernis der Einstimmigkeit zurückgehen. Gewiß sieht der Vertrag vor, daß die verstärkte Zusammenarbeit nur als letztes Mittel eingesetzt wird, mit strengen Bedingungen versehen ist und die Mehrzahl der Mitgliedstaaten betreffen muß. Dennoch zöge ein jeder vor, die Mechanismen dieser verstärkten Zusammenarbeit nicht anwenden zu müssen, auch wenn sehr einschränkende Bedingungen für die verstärkte Zusammenarbeit eingebaut sind. Die Bürgerinnen und Bürger werden sie als nichts anderes als einen einzigen Mißerfolg betrachten, und dies zu recht, wenn man sich erinnert, daß die politische Entwicklung in Europa immer als wichtigstes Ziel die Umsetzung gemeinsamer Projekte verfolgte, die sich in eine einheitliche Struktur einfügen. Im übrigen wird man feststellen, daß eine Art Konkurrenzverhältnis zwischen den institutionellen Reformen, die die Erweiterung und Vertiefung Europas gewährleisten sollen, und der verstärkten Zusammenarbeit besteht, die ein Druckmittel ist, das die Entwicklung Europas vorantreiben und damit den Stillstand in dem Falle vermeiden soll, daß zwischenstaatliche Verfahren scheitern. Dieses Verfahren wird jedoch den Hauptanforderungen der künftigen Entwicklung Europas nicht gerecht, da das Verfahren in sich den Keim der Gefahr der Aufspaltung trägt. Ich erinnere an dieser Stelle an die Worte des Vertrags von Rom, der das europäische Vorhaben als eine immer engere Union der Völker Europas skizzierte. Deshalb sollte die verstärkte Zusammenarbeit auch nicht in die entgegengesetzte Richtung gehen, in diejenige Richtung, die auch als das Europa à la carte oder das Europa der zwei Geschwindigkeiten bezeichnet wird. Die institutionellen Reformen müssen folglich so oft wie möglich den Sieg über die verstärkte Zusammenarbeit davontragen. Die verstärkte Zusammenarbeit wird nie einen angemessenen Rahmen und auch nie die ideale Lösung für die Bewältigung der bedeutendsten Aufgaben der Europäischen Union darstellen. Sie ist eine Ausweichmöglichkeit und muß das auch bleiben, auch wenn das Parlament sie als unvermeidlich erachtet, um in bestimmten Bereichen Fortschritte zu erzielen. Der Berichterstatter fordert zu recht, daß an erster Stelle die Suche nach politisch konstruktiven Lösungen stehen muß. Auch kann man bedauern, daß der Vertrag von Amsterdam lediglich fordert, daß der Rat und die Kommission das Europäische Parlament regelmäßig über die Entwicklung der verstärkten Zusammenarbeit informieren. Um das institutionelle Gleichgewicht zu wahren, sollte die Einbeziehung des Parlaments die Regel sein. Diesen Wunsch hat im übrigen auch der Ausschuß für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten geäußert. Und gemäß der Forderung des Berichterstatters muß die Nutzung jeglicher verstärkten Zusammenarbeit der demokratischen Kontrolle des Europäischen Parlaments unterstellt werden. Die verstärkte Zusammenarbeit wurde in Amsterdam beschlossen, um zwei Klippen zu umschiffen: den Stillstand und die Aufspaltung. In Anbetracht der heutigen Lage kommt man leider nicht ohne sie aus. Ihre Anwendung muß jedoch begrenzt, gemäßigt und demokratisch kontrolliert sein. Ich beglückwünsche den Berichterstatter dazu, diese Aufgabe trotz der großen Schwierigkeiten, die mit der Ausarbeitung dieses heiklen Berichts verbunden sind, in Angriff genommen zu haben. Herr Präsident, vor einiger Zeit, vor der Regierungskonferenz, stand die verstärkte Zusammenarbeit hoch in Kurs. Mit der verstärkten Zusammenarbeit ließen sich anscheinend alle wichtigen Probleme lösen, die für die europäische Einigung von Bedeutung waren. Seit dem Vertrag von Amsterdam muß man nun zugeben, und das tut auch Herr Frischenschlager in seinem hervorragenden Bericht, daß die verstärkte Zusammenarbeit weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Warum? Wie kam es dazu? Nun, mit Sicherheit, weil die Probleme, die ein wenig heuchlerisch durch verstärkte Zusammenarbeit gelöst werden sollten, auf anderem Wege gelöst wurden. Und die Regierung, die früher einen Teil der Entscheidungen im Rat blockierte, wurde durch eine andere Regierung abgelöst, die wohl eine andere Haltung einnimmt. Und auch Sicherheits- und Verteidigungsfragen, die für einige Mitgliedstaaten problematisch waren, haben mit den sogenannten Petersberg-Missionen eine Antwort gefunden. Schließlich noch die Erweiterung, für die als Termin gelegentlich das Jahr 2000 genannt wurde; doch wissen wir seit der Agenda 2000, daß sie erst danach stattfinden wird, und die durch die Erweiterung entstehenden Probleme dürften mit Sicherheit wie schon bei den Beitritten der anderen Länder mit Hilfe von Übergangsfristen gelöst werden. Letzten Endes hat die verstärkte Zusammenarbeit also bei der Lösung von Problemen geholfen, die politisch heikel waren. Darüber freue ich mich, Herr Präsident, denn die verstärkte Zusammenarbeit hatte etwas Scheinheiliges. Das eigentliche Problem der Europäischen Union liegt nämlich darin, daß es immer noch bestimmte Bereiche gibt, in denen Einstimmigkeit erforderlich ist. So sieht die Wirklichkeit aus, und nicht anders, und Herr Frischenschlager sagt dies in seinem Bericht auch ganz deutlich. Wie wir alle wissen, ist Einstimmigkeit schon mit 15 nur schwer zu erzielen, und wie mag das dann erst mit 25 sein! Außerordentlich schwierig! Die verstärkte Zusammenarbeit, die in den Fragen des ersten Pfeilers so außerordentlich stützend war, bringt hier gar nichts. Nur mit Mühe habe ich ein paar Themen entdeckt, in denen die verstärkte Zusammenarbeit des ersten Pfeilers greifen könnte. Man könnte sie zum Beispiel auf den dritten Pfeiler anwenden, auf Entwicklungsfragen und nach fünfjähriger Übergangsfrist, und in Form der konstruktiven Stimmenthaltung könnte man sie auch auf den zweiten Pfeiler anwenden. Ich darf aber auf die Hauptfrage zurückkommen, auf die Frage, die uns in diesem Parlament am meisten beschäftigen sollte: Das Wesentliche, das wirklich Wesentliche ist - und so sagt es auch Herr Frischenschlager unter Ziffer 16 seines Berichts -, daß wir bei künftigen Revisionen der Verträge die Einstimmigkeit durch die qualifizierte Mehrheit ersetzen müssen. Nur so können wir unsere Funktion erfüllen, nur so wird Europa nicht nur demokratisch, sondern vor allem auch effizient sein. Herr Präsident, ich möchte unseren Kollegen, Herrn Frischenschlager, zu seinem ausgezeichneten Bericht beglückwünschen. Die Tatsache, daß nur drei Änderungsanträge dazu eingebracht worden sind - zwei davon von der liberalen Fraktion - weist auf die Qualität dieses Berichts hin. Die verstärkte Zusammenarbeit ist eine der wichtigsten Innovationen des Vertrags von Amsterdam. Zumindest war dies die ursprüngliche Absicht. Diesmal wurde im Vertrag nicht das Recht festgeschrieben, sich gegen etwas zu entscheiden. Statt dessen wurde das Recht der Mitgliedstaaten untermauert, die Integration innerhalb eines einheitlichen institutionellen Rahmens voranzutreiben, ohne durch ein Vetorecht blockiert zu werden. Die durch das Vetorecht entstandene Möglichkeit der Blockade mußte um so dringlicher aus dem Weg geräumt werden, da wir nun vor der Erweiterung der EU stehen. Die ursprüngliche Idee basierte daher auf einem positiven, konstruktiven Ansatz hinsichtlich der Entwicklung der europäischen Integration, und hierin liegt die Verbesserung. Natürlich mußten auch Garantien verankert werden. Eine engere Zusammenarbeit darf weder die bisherigen Errungenschaften gefährden - den sogenannten gemeinschaftlichen Besitzstand - noch zu dauerhaften Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten führen. Der Vertrag sieht ausdrücklich eine Reihe von Sicherheiten für solche und andere Situationen vor. Während der Verhandlungen wurde leider eine wichtige Änderung vorgenommen, um den Wünschen Großbritanniens nach einem Fortbestehen des Vetorechts entgegenzukommen. Aufgrund der Bestimmungen des Vertrags kann nun jeder Mitgliedstaat die zur Weiterführung der verstärkten Zusammenarbeit notwendige Mehrheit aus "wichtigen Gründen der nationalen Politik" blockieren. Der berühmte Luxemburger Kompromiß von 1966 wurde erstmals in den Vertrag aufgenommen. Der Berichterstatter nimmt darauf bezug, indem er diesen besonderen Aspekt ablehnt. Durch die Integration des Vetorechts in das Verfahren gehen viele potentielle Möglichkeiten der verstärkten Zusammenarbeit verloren, die dadurch weitgehend in eine theoretische Übung verwandelt wird. Darum geht es im wesentlichen im Änderungsantrag der Liberalen Fraktion. Wenn Frau Spaak heute hier gewesen wäre, so hätte sie diesen Änderungsantrag sicherlich verteidigt. Der Pluspunkt der verstärkten Zusammenarbeit lag darin, daß sie genügend Zeit zur Verfügung stellte, um die anderen Mitgliedstaaten von den Vorteilen der Zusammenarbeit in einem bestimmten Bereich zu überzeugen. Jetzt sieht der Vertrag noch nicht einmal mehr diese zeitweilige Auflösung der Blockierung vor. Dies bedeutet, daß wir weiterhin mit dem beunruhigenden Grundproblem eines fehlenden Konsens hinsichtlich der Richtung konfrontiert sind, welche die Europäische Integration einschlagen soll. Dies ist das Problem, das bei den endgültigen Vereinbarungen über die verstärkte Zusammenarbeit entstand. Ich hoffe, daß der Herr Kommissar zu diesem Aspekt Stellung nehmen wird. Herr Präsident, die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Staaten und im übrigen auch zwischen den gesellschaftlichen Akteuren hat ihre Berechtigung, wenn sie die gemeinsamen Werte der Gemeinschaft zum Ausdruck bringt, den sozialen Fortschritt und die Weiterentwicklung zum Ziel hat und den erforderlichen Zusammenhalt der Europäer berücksichtigt. Ich füge hinzu, daß sie außerdem zur Zeit ein Erfordernis ist, damit in einer ganzen Reihe von Fragen Fortschritte erzielt werden können, so beispielsweise in der Frage der gemeinschaftlichen Wirtschaftspolitiken. Die französische Regierung ist auf ihre Weise bestrebt, Möglichkeiten der verstärkten Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe der elf Länder der Euro-Währungszone zu unterstützen. Auch einige soziale Fragen sind in diesem Zusammenhang anzuführen, wie die Strukturierung europäischer Netze für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse. Ebenso wichtig ist, über Möglichkeiten zum Experimentieren oder zur Zusammenarbeit zu verfügen, die beispielsweise interregionaler Art sein können. Bleibt noch zu sagen, daß die verstärkte Zusammenarbeit sich in einen rechtlichen Rahmen fügen muß, der all dies unmißverständlich zum Ausdruck bringt. Eine Minderheit von Kolleginnen und Kollegen ist der Auffassung, daß Maßnahmen der verstärkten Zusammenarbeit keinen rechtlichen Rahmen erfordern. Das ist natürlich ganz unmöglich, da sie Grundrechte betreffen können. Was das Anliegen der Einheit der Gemeinschaft betrifft, bleibt der Vertrag von Amsterdam manchmal aus gutem Grund zurückhaltend. Manchmal bleibt er dies aber auch aus den falschen Gründen. Hier kommt meines Erachtens zum Ausdruck, daß viele von uns leider durch die Idee vorbelastet sind, Europa sei vor allem ein Wettbewerbsraum. Unser Berichterstatter hat sehr deutlich aufgezeigt, daß vor der verstärkten Zusammenarbeit ein bedeutendes Hindernis steht - das Vetorecht der Einzelstaaten. Ich unterstütze seinen Bericht und insbesondere die Klausel, die die Abschaffung dieses Vetos fordert. Andere Einschränkungen sind vorhanden, wie beispielsweise das Erfordernis, keine Wettbewerbsverzerrungen zu verursachen, oder die obligatorische Initiative der Kommission im ersten Pfeiler, über die wir später noch sprechen können. Dem Berichterstatter gegenüber habe ich nur einen grundlegenden Vorbehalt anzumelden, der uns aber nicht daran hindert, bei den Ergebnissen einig zu sein. Er betrifft die Vorstellung, daß die qualifizierte Mehrheit ausreichend sei, eine Haltung, die hier im übrigen auch schon andere zum Ausdruck brachten. Der Bedeutung der qualifizierten Mehrheit stimme ich voll und ganz zu. Ich beharre jedoch auf der Tatsache, daß neben der Gesetzgebung, neben den Koordinierungsmaßnahmen und neben den Gemeinschaftsprogrammen die Bereitstellung von Instrumenten für eine differenzierte Zusammenarbeit erforderlich ist, damit diese positiv und konstruktiv sein kann. Ich denke daher, daß diese Angelegenheit noch lange nicht abgeschlossen ist. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Unterschied zum Berichterstatter sehe ich sehr wohl eine deutliche Veränderung der Haltung des Europäischen Parlaments in dieser Frage. Im übrigen hat sich diese Haltungsänderung zum Teil sogar bei der Entstehung des Berichts abgespielt. Ich bin sehr glücklich darüber, begrüße das und beglückwünsche auch den Berichterstatter zu seinem Bericht. Beim Auftauchen dieser Idee verband sich im Europäischen Parlament nämlich noch sehr deutlich die Hoffnung, damit ein Instrument gefunden zu haben, die Blockade des Integrationsprozesses auflösen zu können. Ich glaube, daß dieser Optimismus inzwischen der Einsicht gewichen ist, daß man damit das eigentliche Problem mehr vertuscht als löst, nämlich die Frage der Zweidrittelmehrheit, die Frage einer Mehrheitsentscheidung über die künftige Integration. Ich glaube, daß aber darüber hinaus auch ein Grundirrtum vorlag, nämlich die Ansicht, es handele sich nur um die Entscheidung über eine höhere Geschwindigkeit der Integration. In Wahrheit geht es natürlich um die Richtung, um politische Richtungsentscheidungen. Was würde eher als das erste "wilde" Experiment der Zusammenarbeit, nämlich der Vertrag von Schengen, beweisen, daß es durchaus nicht in der Intention des Gemeinschaftsrechts lag, diesen Schengen-Vertrag so zu gestalten, wie er schließlich von wenigen bestimmt wurde. Ich bin also froh, daß wir den Ausnahmecharakter und strenge Rahmenbedingungen der institutionellen Einheit betonen und daß wir uns konzentrieren ... (Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.) Es gibt nicht sehr viel zu sagen, weil dieser Bericht eine Realitätsauffassung ausweist, die nichts mit dem zu tun hat, was in den Bevölkerungen der europäischen Länder vor sich geht. Man sollte die Bevölkerungen dieser Länder befragen, aber das tut man ja nicht. Denn wenn sie mit dem Projekt konfrontiert werden würden, das jetzt auf dem Tisch liegt, dann würden sie entweder laut lachen oder weinend weglaufen. Es handelt sich um ein in jeder Hinsicht unrealistisches Projekt, das schon fast einer Farce gleicht, was die dänische Bevölkerung betrifft. Dieses Projekt wird mit Hilfe eines Mantra durchgeführt, das "die immer stärkere Union" heißt, und mit Hilfe der schönen Erkenntnis, daß Währungsunion und Wirtschaftspolitik die Bevölkerungen natürlich in die politische Union treiben. Danach wird festgelegt, daß nur ein Gemeinschaftssystem die notwendigen Garantien in bezug auf demokratische Kontrolle, Kontrolle der Gerichte und Solidarität leisten kann. Damit hat man die gesamte Basis der nationalen Demokratien abgeschafft, und in Punkt 10 wird der Höhepunkt erreicht, indem dargelegt wird, daß qualifizierte Mehrheit statt Einstimmigkeit jetzt die Regel ist. Ich möchte sagen, daß die europäischen Bevölkerungen diesen Bericht mit einem Hohngelächter und mit dem Daumen nach unten quittieren werden, falls er ihnen vorgelegt werden sollte. Herr Präsident, ich möchte den Berichterstatter zu seinem Bericht beglückwünschen, der einen höchst schwierigen Bereich behandelt. Als Symbol für diese Schwierigkeit kann vielleicht die Vielzahl von Euphemismen dienen, die zur Beschreibung der verstärkten Zusammenarbeit geschaffen wurden, zum Beispiel weitergehende Zusammenarbeit oder sogar die berühmt berüchtigte Flexibilität. Das Ziel der verstärkten Zusammenarbeit besteht darin, einigen Staaten zu ermöglichen, schneller oder umfassender vorzugehen, allerdings unter der Voraussetzung, daß dies nicht zur Bildung eines europäischen "harten Kerns" führt oder den nationalen Interessen anderer Mitgliedstaaten zuwiderläuft. Die von vielen Abgeordneten dieses Hauses vertretene Ansicht, daß die Entwicklung der EU nur in eine Richtung gehen könne und die stärkere Integration ein Selbstzweck sei, ist gefährlich und bei den meisten Bürgern nicht sehr beliebt. Diese Gefahr wird durch die Wirtschafts- und Währungsunion noch verstärkt. Ich hoffe, daß die in Erwägung F angesprochene echte gemeinsame Wirtschaftspolitik auch die Länder berücksichtigt, die nicht an der Wirtschafts- und Währungsunion teilnehmen wollen oder können. Ich begrüße auch die in Ziffer 5 gemachte Aussage, daß die Anwendung der Bestimmungen über die verstärkte Zusammenarbeit ein letzter Ausweg sein sollte. Die Ziffern 10 bis 12 sind jedoch problematisch. Die in Amsterdam getroffene Vereinbarung, daß die verstärkte Zusammenarbeit von jedem Mitgliedstaat aus wichtigen Gründen der nationalen Politik gestoppt werden kann, stellt meiner Ansicht nach eine notwendige Anerkenntnis der Bedenken dar, welche die Mitgliedstaaten hinsichtlich dieser Möglichkeit haben. Merkwürdig scheint mir, daß im Bericht von Herrn Frischenschlager eine Reform dieses Vertrags gefordert wird, obwohl dieser noch gar nicht getestet worden ist. Ich bin sicher, daß dieses "Quasi-Vetorecht" , wie es genannt wurde, nur in Ausnahmefällen als letzter Ausweg benutzt werden wird. Daher halte ich die verstärkte Zusammenarbeit nicht nur für eine rein theoretische Übung, wie Herr Brinkhorst sagte. Das Vereinigte Königreich hat beispielsweise bereits unter Beweis gestellt, daß es zu einer verstärkten Zusammenarbeit im dritten Pfeiler bereit ist. Ich sehe keinen Grund zur Annahme, daß das Vereinigte Königreich oder eine andere Regierung auf die leichtfertige Art und Weise von diesem Quasi-Vetorecht Gebrauch machen werden, die der Berichterstatter und andere Redner vorausgesehen haben. Wir müssen jedoch abwarten, was die Zukunft bringt. Abgesehen von dieser wichtigen Einschränkung unterstützen meine nationale Delegation und ich diesen Bericht. Herr Präsident! Wunderwaffen haben noch nie das gehalten, was sie versprochen haben. Das war schon in der Antike so, aber auch in der deutschen Mythologie. Ein, zwei Beispiele von vielen zeigen das sehr deutlich. Die Achillesferse hat sich in einem echten Belastungstest nicht wirklich als standhaft erwiesen, und auch Wunderwaffen in unserem Jahrhundert haben sich als Schimäre erwiesen, zum Glück für Europa und für die Demokratie in der Europäischen Union. So gesehen ist es gut, daß die vermeintliche Wunderwaffe verstärkte Zusammenarbeit, von der sich manche vor Beginn der letzten Regierungskonferenz von Turin soviel versprochen haben, in Amsterdam nicht wirklich gezündet wurde. So gesehen ist es gut, daß der sehr nüchterne und gerade deshalb so gute Bericht Frischenschlager den begrenzten Anwendungsbereich und die begrenzte Effizienz und Wünschbarkeit dieser neuen Form variabler Geometrie in aller Deutlichkeit zeigt. Verstärkte Zusammenarbeit in europäischer Form mit einem unverzichtbaren Aufgabenbereich auch für die Kommission, mit demokratischer Beteiligung des Europäischen Parlaments, mit rechtsstaatlicher Kontrolle durch den Gerichtshof ist unverzichtbar. Alles andere wäre letztlich schädlich gewesen. Daher ist mit dem Bericht Frischenschlager festzuhalten: Der mühselige Prozeß europäischer Entscheidungsfindung in der oder zumindest nach dem Modell der ersten Säule ist durch nichts zu ersetzen. Abkürzungen dieses mühseligen Dialogs, kurze, einfache Wege zu großen neuen europäischen Lösungen gibt es nicht und wird es nicht geben. Daher halten wir noch einmal fest: Nur bei den Galliern, bei Asterix und Obelix, funktioniert der Zaubertrank. Die Europäer hingegen sind aufgerufen, sich jeden Tag aufs Neue unser gemeinsames Europa mühselig zu erarbeiten. Nicht stehenbleiben ist dabei das alleinige zielführende Rezept, und wir haben heute morgen in der Debatte über die österreichische Präsidentschaft gehört, wie dieses Rezept immer wieder angesprochen wurde. Wir müssen unser gemeinsames Europa gemeinsam erarbeiten. Herr Präsident, ich möchte zunächst sagen, daß Herr Frischenschlager einen sehr interessanten und guten Bericht geschrieben hat. Im Begründungsteil gibt es eine umfangreiche Beispielsammlung dafür, wie schwierig sich die Auslegung des Amsterdamer Vertrages gestaltet, was flexible Integration und engere Zusammenarbeit angeht. Zum Beispiel läßt sich ein Vorschlag für eine engere Zusammenarbeit mit dem etwas undeutlichen Artikel 235 begründen. Es werden auch Beispiele für die Gefahren angeführt, die mit dem eigentlichen Ziel der Vertragsbestimmungen in bezug auf Flexibilität oder engere Zusammenarbeit verbunden sind. Gemäß Analyse besteht das Ziel darin, den politischen Willen durch ein juristisches Instrument zu ersetzen, um gemeinsam mehr Integration zu erreichen. Wir müssen dann allerdings fragen: Glaubt wirklich jemand an eine europäische Zusammenarbeit, an eine Entwicklung der EU, ohne politischen Willen und vor allem ohne den Willen des Volkes ? Welche Zukunft sehen wir dann? Leider kein demokratisches Europa und kein Europa der Bürger! Obwohl dieser Bericht gut verfaßt und die Analyse gut ist, so enthält er trotzdem viele Widersprüche. Daraus kann man schließen, daß eine engere Zusammenarbeit vermieden werden muß, damit man keine EU mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten schafft. Gleichzeitig kann allerdings der Bericht selbst dazu beitragen, daß eine solche Entwicklung erleichtert wird, indem vorgeschlagen wird, das Prinzip der Einstimmigkeit und das Veto der Mitgliedsländer abzuschaffen. Gerade sie sind ja eine Garantie dafür, daß sich die EU nicht schneller entwickelt als der politische Wille und der Wille des Volkes. Ich kann daher weder für diesen Bericht noch für einen der Änderungsanträge stimmen. Herr Präsident, eine engere Zusammenarbeit ist in meinen Augen und in den Augen der meisten anderen eine Notlösung, ein letzter Ausweg. Es ist aber eine Notlösung, die Möglichkeiten eröffnen kann. Richtig eingesetzt, kann eine engere Zusammenarbeit die Integration in der Union stärken. Falsch angewandt, wird sie zu einer entzweienden Kraft. Durch flexible Integration lassen sich kurzfristige Blockaden überwinden. In der Geschichte der EU gibt es dafür mehrere Beispiele, u. a. das Verhältnis Großbritanniens zur Sozialcharta und der Schengener Vertrag. Eine in der Praxis zeitlich begrenzte Flexibilität oder verstärkte Integration kann in bestimmten Situationen die Union stärken, indem die Forderung nach Einstimmigkeit untergraben wird. Die Möglichkeit der Flexibilität führt dazu, daß die Diskussion nicht immer mit Rücksicht auf eine kleine Minderheit von Integrationsgegnern geführt werden muß. Die EU-Integration kann sich nicht immer an das schwächste Glied der Kette anpassen. Auch wenn die engere Zusammenarbeit den zweiten Pfeiler nicht abdeckt, ist es ein interessanter Gedanke, daß man so die Zielsetzung des Maastrichter Vertrages erreichen könnte. Darin ist u. a. die WEU enthalten, die gemäß Vertrag ein integrierter Teil der Union ist und die Aufgabe hat, Beschlüsse der Union in bezug auf die Verteidigung auszuarbeiten. Die Existenz neutraler Länder erschwert die Integration innerhalb des zweiten Pfeilers. Hier könnte man eine Diskussion eröffnen, die vielleicht die derzeitige Lösung im Amsterdamer Vertrag übertreffen könnte. Natürlich besteht das Ziel darin, die Mitgliedsländer, die aus unterschiedlichen Gründen außerhalb stehen, einzubeziehen. Der Weg zu mehr Integration ist aber nicht immer schnurgerade und wird es auch in Zukunft nicht immer sein. Die Geschichte zeigt, daß es leichter ist, sich einer bereits existierenden Zusammenarbeit anzuschließen. Richtig eingesetzt und in sehr speziellen Fällen, oft in Fragen der Sicherheit, kann eine verstärkte Zusammenarbeit im Interesse der europäischen Integration liegen. Nur in diesem Fall muß eine qualifizierte Mehrheit in Erwägung gezogen werden, selbstverständlich im Rahmen des üblichen Entscheidungsverfahrens. Herr Präsident, ich kann sagen, daß ich Herrn Méndez de Vigo in der Auffassung zustimme, daß es im Hinblick auf die verstärkte Zusammenarbeit viele Illusionengegeben hat. Die verstärkte Zusammenarbeit war denn auch eines der großen Themen der Regierungskonferenz; viel Zeit wurde auf dieses Thema verwendet, und es gab zahlreiche Kommentare und Reden dazu. Es gab sogar eine Sitzung, auf der stundenlang ausschließlich darüber diskutiert wurde, welche Reichweite eine verstärkte Zusammenarbeit haben könnte. Man wollte ihr sogar einen anderen Namen geben und von "variabler Geometrie' oder "differenzierter Geschwindigkeit bei der Integration' sprechen. Schließlich blieb es aber doch bei der "verstärkten Zusammenarbeit'. Es war auf der einen Seite natürlich notwendig, irgend etwas zur verstärkten Zusammenarbeit zu sagen, obwohl auf der anderen Seite, wie es einige Redner hier auch gesagt haben, nur schwer zu erkennen ist, wie sie sich in die verschiedenen Pfeiler einfügt. Auf den zweiten Pfeiler kann die verstärkte Zusammenarbeit nicht angewandt werden, weil es hier andere Instrumente gibt. Es ist aber auch nicht leicht abzugrenzen, wo die verstärkte Zusammenarbeit beim ersten Pfeiler eingesetzt werden kann, und vielleicht sind die Möglichkeiten beim dritten Pfeiler größer. Eines möchte ich an dieser Stelle jedoch betonen: Mir gefällt der Bericht von Herrn Frischenschlager sehr gut. Er hat sich in strukturierter und systematischer Form mit dem Thema befaßt und die jeweils geltenden Bestimmungen gut zusammengefaßt, er gibt einige Denkanstöße, die besonders hervorzuheben sind, und er hat etwas gemacht, das für uns als Mitglieder der Kommission sehr interessant ist: Er hat uns nämlich eine Reihe von Fragen gestellt, auf die wir nun antworten müssen. Da die Aussprache schon recht fortgeschritten ist, möchte ich lediglich versuchen, Antworten auf einige der Fragen zu geben, die Herr Frischenschlager an uns als Kommissionsmitglieder gerichtet hat. Zur Frage des materiellen Anwendungsbereichs der verstärkten Zusammenarbeit nehme ich seine Bitte an uns zur Kenntnis, eine Studie über die möglichen Anwendungsbereiche der verstärkten Zusammenarbeit anzufertigen. Dieser Bitte werden wir nachkommen. Hier im Plenum verspreche ich Ihnen, diese Studie anfertigen zu lassen, denn ich halte diese Bitte für sehr richtig, und daher werden wir ihr nachkommen. Was nun Ihre Bemerkungen zur Durchführung einer Aktion im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit angeht, kann ich nur sagen, daß der politische Dialog mit einem Staat, der sich weigert, eine solche Aktion zuzulassen, natürlich zu den Pflichten der Kommission gehört. Die Kommission muß das Gespräch mit diesem Staat suchen und muß ihn fragen, warum er sich verweigert, sie muß ihre Gründe in den Fällen darlegen, in denen sie der Auffassung ist, daß diese Zusammenarbeit stattfinden sollte, und deshalb halte ich auch Ihre Bemerkung für sehr zutreffend, daß eine der Aufgaben der Kommision darin besteht, diesen Staat von ihren Gründen zu überzeugen. Was nun die Notbremse angeht, die in den neuen Artikeln 40 des Vertrags über die Europäische Union bzw. 11 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorgesehen ist, sei daran erinnert, daß sie Bestandteil eines zum Abschluß der Regierungskonferenz mühsam erzielten Gleichgewichts ist. Ich nehme jedoch die Bemerkungen von Herrn Frischenschlager zur Kenntnis und denke, wir sollten einmal prüfen, wie man in der Praxis dieses Instrument, das fast einem Veto entspricht, beseitigen kann. Das Problem stellt sich aber im Vertrag nicht nur hier. Denken Sie bitte daran, daß dieses Quasi-Veto auch an anderer Stelle vorgesehen ist, so zum Beispiel in allen Fragen, die den zweiten Pfeiler berühren. Wir können zum Beispiel nicht von außenpolitischen Strategien sprechen, wenn wir gleichzeitig wissen, daß eine solche Strategie nur bei Einstimmigkeit angewendet werden kann. Auch können wir nicht damit zufrieden sein, daß der Rat Entscheidungen mit Mehrheit treffen kann, wenn wir gleichzeitig wissen, daß ein Staat nationales Interesse geltend machen kann und damit der Mehrheitsgrundsatz in sich zusammenfällt, über den wir so erleichtert waren. Hier entsteht nun eine ähnliche Situation. Das gehört gewissermaßen in die Trickkiste des Vertrags. Hoffen wir also, daß irgendwann einmal bei irgendeiner Reform des Vertrags - vorausgesetzt, es wird weitere Reformen des Vertrags geben - wir uns dieser Hypotheken entledigen können, die wir heute noch mit uns herumschleppen. Zum Thema demokratische Kontrolle fordert der Bericht die Kommission zu der Zusage auf, einen Vorschlag über verstärkte Zusammenarbeit zurückzuziehen, wenn das Parlament eine negative Stellungnahme abgegeben hat. Ich kann natürlich, und Herr Frischenschlager wird das sicherlich verstehen, hierzu im Namen der Kommission keine Zusagen machen, insbesondere weil sich unser Initiativrecht auf den ersten Pfeiler beschränkt. Abgesehen davon ist es politisch gesehen selbstverständlich, daß die Kommission bei einem so sensiblen Thema natürlich immer der Haltung der an einer Aktion der verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Akteure und hier insbesondere des Europäischen Parlaments Rechnung tragen wird. Das versteht sich wohl von selbst. Ich kann Ihnen also eine Antwort zu den rechtlichen Aspekten geben, aber auch eine politische Antwort dahingehend, daß die Überlegungen des Parlaments zu gegebener Zeit in jedem Fall mitberücksichtigt werden. Abschließend darf ich noch einmal dem Berichterstatter zu dieser Initiative gratulieren, die zusammen mit den anderen in dieser Woche vorgelegten Berichten des Institutionellen Ausschusses ein Beweis dafür ist, daß sich der interinstitutionelle Dialog gut anläßt. Es werden weitere Berichte des Institutionellen Ausschusses folgen, die derzeit erarbeitet und im Oktober im Plenum vorliegen werden. Wir sollten alles daran setzen, auf diesem Weg weiter zu gehen. Hoffen wir auf ein baldiges Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam, und machen wir uns nach der Annahme des Vertrags an die erforderlichen institutionellen Veränderungen. Vielen Dank, Herr Kommissar. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A4-0269/98) von Frau Weiler im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über die Mitteilung der Kommission: " Aktionsplan zur Förderung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer" (KOM(97)0586 - C4-0650/97). Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist eine der wesentlichen Grundlagen der Europäischen Union. Das in Artikel 48 verankerte Recht auf Freizügigkeit schließt die Möglichkeit ein, für jeden europäischen Bürger in das Hoheitsgebiet eines beliebigen Mitgliedstaates einzureisen, um dort zu arbeiten oder Arbeit zu suchen. Dennoch nutzen nur ca. 0, 2 % diese Möglichkeit. Zweifellos sind kulturelle und insbesondere Sprachbarrieren wichtige Gründe für diese Zurückhaltung. Aber es gibt auch viele andere Hemmnisse, die im politischen Bereich liegen, zum Beispiel, daß überfällige Verordnungsreformen im Rat blockiert werden, erhebliche Informationsdefizite auf allen Ebenen, die zögerliche Umsetzung in den Mitgliedstaaten, die bürokratischen Verwaltungspraktiken, wie zum Beispiel eine Vielzahl von Petitionen, die uns vorliegen, und auch Urteile des Europäischen Gerichtshofes zeigen. Der Aktionsplan der Kommission enthält eine sinnvolle Strategie zur Überwindung dieser Probleme. In diese Weiterentwicklung der Freizügigkeit sollen dabei alle Beteiligten eingebunden werden. Die Bürger, nationale, regionale und lokale Behörden, die Sozialpartner, aber natürlich auch die europäischen Institutionen. Ich begrüße daher den Aktionsplan der Kommission und vor allem auch die angekündigten Legislativvorschläge. Ich danke darüber hinaus auch der Expertengruppe Veil für die umfangreichen Vorschläge, die zum Teil ja in die Vorschläge der Kommission, aber auch in meinen Bericht, eingeflossen sind. Ich halte sie einerseits für mutig, aber auch für pragmatisch. Außerdem möchte ich den mitberatenden Ausschüssen danken, die meinen Bericht um wichtige Punkte ergänzt haben. In meinem Bericht gehe ich in 31 Forderungen an die Kommission und an den Rat insbesondere auf sechs Aspekte ein. Erstens: Die Koordinierung im Bereich soziale Sicherheit. Es darf natürlich nicht dazu kommen, daß erworbene Ansprüche im Herkunftsland verfallen, wenn man in ein anderes Mitgliedsland geht. Unter anderem habe ich gefordert, daß die Kommission notwendige Konsequenzen auch aus den jüngsten EuGh-Urteilen - Kohll und Decker zum Beispiel - trifft und dem Parlament vorlegt. Zweitens: Die steuerliche Behandlung. Selbstverständlich dürfen mobile Bürgerinnen und Bürger nicht durch diskriminierende Doppelbesteuerung bestraft werden. Drittens: Der Zugang zur Beschäftigung. Ich würde zwar die Mobilität für die Arbeitsmarktsituation nicht überbewerten, aber dennoch finde ich es richtig, daß dieser Aspekt auch auf dem Luxemburger Beschäftigungsgipfel eine Rolle gespielt hat. Er ist für die Zukunft sicherlich noch wichtiger als zur Zeit. Viertens: Die Information und Zusammenarbeit. Darunter stelle ich mir vor allem vor, daß die Arbeitsämter in Zukunft besser ausgestattet werden zwecks besserer Transparenz auch für die Arbeitssuchenden. Fünftens: Einreise- und Aufenthaltsfreiheit, auch für Angehörige von Drittstaaten. Sechstens: Die Anerkennung von Bildungsabschlüssen, die weit stärker forciert werden muß als bisher. Zum Schluß möchte ich zu einem unerfreulichen Punkt kommen. Ich habe gehört, daß die EVP dem Bericht wegen der politischen Forderungen für Bürger aus Drittstaaten nicht zustimmen will. Ich bedauere das natürlich. Ich halte es auch für ein seltsames Verhalten, einmal weil wir hier im Europäischen Parlament in der Regel konstruktiv zusammenarbeiten, besonders im Ausschuß für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und ich mich auch bemüht habe, die 40 Änderungsanträge zum größten Teil zu integrieren und zu übernehmen, zum anderen allerdings auch, weil ich die jetzt vorliegenden Änderungsanträge vom Kollegen Pirker wirklich für ausgesprochen destruktiv und populistisch halte. Ich denke, auch wir, die Linken in diesem Hause, gehen mit den Sorgen und Nöten unserer Bürger sorgsam um. Auch wir wollen bestimmte Voraussetzungen und Einschränkungen für die Freizügigkeit der Bürger aus den Drittstaaten langsam, schrittweise verbessern. Allerdings kann ich die Anträge von Herrn Pirker nicht unterstützen. Wir können bei dem Abbau von Diskriminierungen für Angehörige von Drittstaaten nicht warten, bis wir eine gemeinschaftliche Migrationspolitik haben. Sie plädieren in Ihren Anträgen leider für eine Abschottungs- und Ausgrenzungspolitik. Jede Behinderung der freien Arbeitswahl, auch wegen der Staatsangehörigkeit, muß unterbleiben! Aus diesem Grunde verlangen wir eine sinnvolle Politik für eine notwendige Integration, die Europa voranbringen wird. Der Widerspruch zwischen Rechtsanspruch und Rechtswirklichkeit, der seit 40 Jahren leider existiert, muß endlich aufgelöst werden! Herr Präsident, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gehört zu den vier Freiheiten, die im Vertrag von Rom festgeschrieben wurden. Meiner Ansicht nach ist sie diejenige Freiheit, die bislang am wenigsten entwickelt worden ist. Es gibt zweifellos Hindernisse für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, und daher beglückwünsche ich die Kommission zur Erstellung eines Aktionsplans, mit dem dieses Problem angegangen werden soll. Die Kommission sollte jedoch auch die indirekten Hemmnisse für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer untersuchen (Übertragbarkeit der Pensionsansprüche, Unterbringungskosten und Gesundheitversorgungs- und Bildungssysteme u. ä.), damit auch die mit diesen Aspekten in Zusammenhang stehenden Probleme gelöst werden können. Ich danke meinen Kollegen vom Ausschuß für Recht und Bürgerrechte für ihre Unterstützung und ihre hilfreichen Vorschläge, möchte aber die Kommission dringend dazu auffordern, dieses Thema ernst zu nehmen. Es kann für die Wirtschaft der Europäischen Union nur von Vorteil sein, wenn Menschen eher dazu bereit sind, für einen Arbeitsplatz den Wohnort zu wechseln. Herr Präsident, im Namen meiner Fraktion möchte ich Barbara Weiler sehr herzlich zu der gründlichen Arbeit beglückwünschen, die sie im Zusammenhang mit einem Thema geleistet hat, das uns allen natürlich sehr am Herzen liegt. Das Europäische Parlament hat sich stets zur Verteidigung dieser vier Grundfreiheiten eingesetzt, die für die Unionsbürgerschaft und für unsere europäische Integration symbolisch sind. Wir hoffen, daß das Europäische Parlament und die Kommission, Herr Kommissar, weiterhin der Tendenz entgegentreten werden, wie sie in einigen Mitgliedstaaten besteht, nämlich der Tendenz, sich ausschließlich auf sich selbst zu konzentrieren, der Tendenz, gegen die Freizügigkeit institutionelle und faktische Schranken zu errichten. Im Gegensatz zu der in einigen Mitgliedstaaten vertretenen Ansicht wird die Freizügigkeit nicht etwa einen Aderlaß für Haushalte oder für Systeme der sozialen Sicherheit bedeuten, und es wird höchste Zeit, daß wir einsehen, daß wir in der Europäischen Union Mobilität benötigen, daß diese Mobilität der Gesellschaft etwas bringt und daß sie ihr nichts kosten wird. Wir, die PSE-Fraktion, sind der Kommission also dankbar für den vorliegenden Aktionsplan und wir hoffen, daß von der Kommission jetzt rasch konkrete Legislativvorschläge unterbreitet werden, denn es gibt noch viel zu tun. Zu nennen ist hier beispielsweise das Aufenthaltsrecht, das zum Glück nicht mehr nur für diejenigen gilt, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, sondern auch für Rentner, Studenten, Arbeitsuchende, unselbständige Familienmitglieder, die versorgt werden müssen, solange man natürlich beweisen kann, daß über ein ausreichendes Einkommen verfügt wird und eine Krankenversicherung besteht. Sowohl im Gemeinschafts- wie im einzelstaatlichen Recht bestehen jedoch noch besonders zahlreiche Hemmnisse, enorme administrative Hindernisse, durch die vor allem Rentner, Arbeitnehmer mit Zeitverträgen, entsandte Arbeitnehmer, in sehr schwierige Situationen gebracht werden. In dem Bericht wird zu Recht gefordert, daß diese Probleme in Angriff genommen werden müssen. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, weshalb die PPE-Fraktion einige dieser sehr legitimen Forderungen, die übrigens von der Kommission unterstützt werden, nicht auch unterstützen möchte. Meine Fraktion hält ferner sehr stark am Recht auf Familienleben fest, das ein grundlegendes Menschenrecht tangiert, ungeachtet der Nationalität der Familienangehörigen. Schließlich ist meine Fraktion auch dafür, daß sämtliche Formen einer ungleichen Behandlung schrittweise abgeschafft werden, und zwar natürlich einer ungleichen Behandlung zwischen Bürgern der Mitgliedstaaten und Bürgern der Europäischen Union, aber nach und nach auch zwischen Unionsbürgern und Bürgern von Drittländern, die einen permanenten Wohnsitz bei uns haben. Ich weiß, daß letzteres bei der im Parlament geführten Diskussion ein sehr schwieriger Punkt ist, und ich stelle übrigens fest, daß sich auch die Kommission allmählich damit befassen möchte. Ferner habe ich festgestellt, daß die PPE-Fraktion diesen Standpunkt zwar im Prinzip unterstützt, das Recht auf Freizügigkeit für Staatsbürger aus Drittländern jedoch an eine gemeinsame europäische Einwanderungspolitik knüpft. Mit einem solch strikten Junktim kann sich meine Fraktion nicht einverstanden erklären. Es erscheint uns nicht richtig, daß Einwanderer, die schon seit Jahren in der Europäischen Union wohnen, solange warten müssen, bis der Rat den dritten Pfeiler gänzlich abgeschlossen hat, und daß Personen erst dann das Recht gegeben wird, zu reisen, grenzüberschreitend Arbeit zu suchen oder ihre Ansprüche im Rahmen der sozialen Sicherheit transnational zu übertragen. Eine europäische Integrationspolitik muß sich nämlich auf die Verantwortungen und Pflichten von Bürgern aus Drittländern stützen, doch sollten wir bitte auch nicht vergessen, daß es noch eine Reihe von Rechten gibt, die sie nicht haben, die wir als Europäer jedoch besitzen. Wir unterstützen den vorliegenden Aktionsplan der Kommission uneingeschränkt, Herr Kommissar, und wir wünschen Ihnen bei der Durchführung dieses Plans vollen Erfolg. Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Freizügigkeit - und hier sind wir einer Meinung - ist Kernpunkt des Vertrages über die Europäische Union. Wir haben hier viele rechtliche Voraussetzungen geschaffen, damit sie auch stattfinden kann. Wir haben aber nach wie vor mit der Realisierung der Freizügigkeit nicht nur von Arbeitnehmern rundherum viele Probleme. Jetzt begrüße ich den Aktionsplan, den die Kommission vorgelegt hat, um zumindest die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu verbessern. Ich begrüße ihn, weil die Kommission hier ganz konkrete Vorschläge hat. Ich begrüße auch in dem Zusammenhang ergänzende Vorschläge von Frau Weiler, weil sie etwa positiv meint, daß der Abbau von Bürokratie notwendig sei, soziale Rechte nicht verlorengehen dürfen, die Bürger informiert werden sollten, die gegenseitige Anerkennung von Ausbildung notwendig sei, eine Sozialversicherungskarte eingeführt werden sollte, auch gegen den Mißbrauch einer Entsenderichtlinie etwa. Eine Fülle von positiven Punkten, in denen wir durchaus einer Meinung sind. Aber, Frau Weiler, jetzt werden Sie etwas zu ehrgeizig. Sie haben nämlich im Zusammenhang mit dem Zuzug, mit der Niederlassung von Angehörigen von Drittstaaten gleiche Rechte für Angehörige von Drittstaaten wie für Unionsbürger gefordert. Hier können wir aus der Logik der Systematik heraus nur dann zustimmen, wenn vorher unionsweit eine Regelung für den Zuzug, die Aufnahme von Arbeitskräften, die Niederlassung von Arbeitskräften in der Europäischen Union getroffen wurde, die für alle Staaten Gültigkeit hat. Sie wollen hier den zweiten Schritt vor den ersten setzen. Das zweite, was Sie fordern, ist die sofortige Abschaffung der Visumspflicht. Jetzt teilt die Kommission schon mit, daß es ein sehr ehrgeiziges Ziel ist, daran zu denken. Sie wollen das gleich erledigen, ohne daß jedwede Voraussetzung da ist. Das wird von anderen durchaus realistisch gesehen, die meinen, man sollte hier eine Übergangsfrist einführen, fünf Jahre abwarten, und dann sollte der Ratsbeschluß verabschiedet werden. Wir dürfen ja nicht vergessen, daß auch die Drittstaaten ihre Grenzsicherung so weit in Ordnung bringen müssen, daß es hier nicht zu Problemen kommt bei der Überschreitung der Grenze in Richtung Union und in der Folge innerhalb der Union. Der dritte Punkt: Sie fordern die Ausweitung des Aufenthaltsrechts auf alle Familienangehörigen, unabhängig von der Nationalität, beziehen auch alle Partner ein. Sie gehen damit haarscharf den gleichen Weg wie Herr Lehne. Sie öffnen damit dem Mißbrauch Tür und Tor. Sie haben sich, glaube ich, zuviel vorgenommen. Sie haben das Gefühl für das Machbare verloren. Ich bin für den Bericht in gewissen Passagen und würde ihn unterstützen, wenn Frau Weiler das unterstützt, was wir fordern, daß wir nämlich zuerst im Zuzug, im Bereich der Niederlassung und im Asyl zu gemeinschaftlichen Regelungen kommen, um dann zur Gänze das Prinzip der Freizügigkeit auch für Angehörige von Drittstaaten realisieren zu können. Mit Ihren Vorschlägen bin ich zum Teil einverstanden, in wesentlichen Punkten aber nicht. Ich danke Ihnen. Herr Präsident, meines Erachtens liegen seitens der Kommission vernünftige Vorschläge vor, ebenso wie ein hervorragender Bericht von Frau Weiler. Gestern war Herr Bangemann bei uns in der ELDR-Fraktion und wies uns darauf hin, daß die Nationalstaaten an Bedeutung verlieren und der Globalisierungsprozeß immer weiter voranschreitet. Betrachtet man den Bericht Weiler in diesem Rahmen, so ist meines Erachtens festzustellen, daß Arbeitnehmer aus anderen Ländern, die hier eine Arbeitserlaubnis besitzen, nicht diskriminiert werden dürfen, denn hierum geht es faktisch. Ich muß sagen, daß ich eben fast die Ohren vom Kopf gefallen wären, als ich den Beitrag von Herrn Pirker hörte. Dabei kann es sich eindeutig nur um ein statement handeln, das im Zusammenhang mit den Wahlen in Deutschland steht. Nun war ich allerdings stets der Ansicht, das Europäische Parlament sei dazu da, über der Parteipolitik zu stehen und sich darüber zu erheben. Ich bedaure sehr, daß sich die Christdemokraten diesmal dazu nicht in der Lage fühlten. Ich möchte aber die PPE-Fraktion auffordern, den vorliegenden Bericht zu unterstützen. Es ist doch wohl kaum möglich, daß dem Bericht von Frau Weiler wegen solch geringfügiger Unterschiede die Unterstützung durch die Christdemokraten entzogen sein sollte. Wären nicht bereits meine Ohren vom Kopf gefallen, würden, wenn das morgen tatsächlich der Fall ist, mir die Augen aus dem Kopf fallen. Nach diesen Bemerkungen möchte ich lediglich noch sagen, daß ich über die Antwort der Kommission auf schriftliche Anfragen, die ich im Rahmen der Angelegenheit Kohl und Decker gestellt hatte, praktisch enttäuscht war. Auch hier läßt man große Umsicht walten, und meines Erachtens geht es hier ebenfalls um eine Angelegenheit der deutschen Wahlen, und damit muß es nun endlich einmal ein Ende haben. Wir müssen in der Lage sein, uns als Europa über solche nationalen und staatlichen Interessen zu stellen. Ich fordere die Kommission auf, dies ebenfalls zu tun. Frau Präsidentin, ich möchte Frau Weiler zu ihrem ausgezeichneten Bericht gratulieren. Frau Weiler verteidigt in ihrem Bericht konsequent das Prinzip, daß die Freizügigkeit in der Europäischen Union für alle sich im Gebiet der Union aufhaltende Personen gelten muß, nicht nur die Arbeitnehmer und ihre Familienmitglieder. Die Freizügigkeit auf dem Gebiet der Union muß auch für Studenten und Rentner sowie für hier lebende Bürger aus Drittländern gelten. Die vier Grundrechte der EU haben bis jetzt nur die Freizügigkeit der Arbeitskraft umfaßt. Über die Menschen ist nichts gesagt worden. Die Arbeitskraft ist als eine Ware betrachtet worden, die zusammen mit den anderen Waren innerhalb des Binnenmarktes frei beweglich sein muß. Es geht aber immer um Menschen, die menschliche Bedürfnisse und Gefühle haben. Auf ihre Beweglichkeit wirken auch viele andere Faktoren als nur die wechselnde Nachfrage nach Arbeitskräften. Ich bin sehr erschüttert und enttäuscht von den Änderungsanträgen der PPE, mit denen versucht wird, dieses Prinzip für die sich rechtmäßig auf dem Gebiet der Gemeinschaft aufhaltenden Bürger aus Drittländern zu schwächen. Ich unterstütze voll den Vorschlag von Frau Weiler, daß die Visumspflicht für die sich hier schon befindenden Familienmitglieder von Gastarbeitern abgeschafft wird. Wenn wir von Familienmitgliedern sprechen, egal ob es um Bürger der Union oder aus Drittländern handelt, sollten auch die Veränderungen Berücksichtigung finden, die im Familienbegriff vor sich gegangen sind. Eine Familie kann heute auch eine ohne Eheschließung zusammenlebende Gemeinschaft gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts sein. Sie müssen hinsichtlich der Rechte sich in der gleichen Position befinden wie die in traditionellen Familien lebenden Personen. Ich hoffe wirklich, Frau Präsidentin, daß die PPE diesen wichtigen Bericht nicht zu Fall bringt. Meiner Meinung nach ist das ein so wichtiger Bericht, daß er unbedingt vom Parlament angenommen werden müßte. Es wäre sehr blamabel, wenn wir dazu keine Einigung kommen würden. Frau Präsidentin! Erlauben Sie mir bitte, etwas auszuholen und auch etwas grundsätzlicher zu werden. Meine These: Als okzidentaler Christ, als Aufklärer, als Europäer kann niemand dafür sein, die Menschen in erste und zweite Klassen einzuteilen und hinter Staatsgrenzen einzusperren. Ich berufe mich auf den Bischof von Hippo im heutigen Tunesien, der geistige Vater der lateinischen Kirche, der in seiner Gnadenlehre von der radikalen Gleichheit aller Menschen ausging, auch wenn man Luthers Zuspitzung "Ohn' all Verdienst und Schuldigkeit" nicht mitmachen muß. Ich berufe mich auf die europäische Aufklärung, die seit Antiphon und Hippias von Elis unter dem Leitgedanken der gleichen Freiheit argumentiert. Ich berufe mich auf die Europabewegung der Nachkriegszeit mit ihren Demonstrationen gegen Grenzpfähle. Herr Pirker und Herr Pronk, jetzt gehen Sie hin im Jahre des Herrn 1998 und fordern gegenläufig zum Gemeinschaftsrecht eine Art von "Solange-Nicht-Postulat" , an das die Freizügigkeit gebunden wird, weil Sie wissen, daß die Voraussetzung sobald nicht eintreten wird. Sie fordern die Streichung von allen Bezugnahmen auf heute besonders diskriminierte Personengruppen: Angehörige von Drittstaaten, Familienangehörige unabhängig von ihrer Nationalität, nicht verheiratete Partner, Arbeit suchende Arbeitnehmer mit prekären Verträgen, Wanderarbeitnehmer, Studenten, Rentner, Nichterwerbstätige. Das, lieber Herr Kollege Pirker, gibt keine sogenannte Logik der Systematik her, wobei das sowieso nur ein anderes Wort dafür ist, was man gerne will. Wenn wir hier große Worte gebrauchen wollten, so müßten wir wohl sagen, daß diese Änderungsanträge als unchristlich, antiaufklärerisch und ganz und gar uneuropäisch zurückgewiesen werden müssen! Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich gratuliere zuerst einmal der Berichterstatterin zu ihrem ausgezeichneten und offenen Bericht in dieser Frage. Erlauben Sie mir vorerst eine Anmerkung: Heute vormittag, als der österreichische Vizekanzler das Präsidentschaftsprogramm Österreichs der Europäischen Union präsentiert hat, war ich stolz, Österreicher zu sein. Jetzt bin ich leicht irritiert! Im Gegensatz zu den Ausführungen meines Kollegen Pirker - der heute eine Festung Österreich, eine Festung Europa gebaut hat - haben wir heute vormittag über die Erweiterung der Europäischen Union geredet, mit dem ganzen Esprit, der dazugehört, und mit der ganzen politischen Perspektive, die dahinter steckt. Natürlich mit gewissen Maßgaben, mit Übergangsregelungen. In der Vorphase aber erlassen wir rein diskriminierende Maßnahmen und sind nicht einmal in der Lage, Arbeitnehmer und deren Familien aus Drittstaaten jetzt zu integrieren. Wir schaffen zweierlei Maß, und abgesehen davon geht es in der Vorlage um eine schrittweise Umsetzung dieser Maßnahmen. Das hielt ich nur für sinnvoll! Auf der einen Seite reden wir in der Europäischen Union über die Freiheit des Warenverkehrs, wollen sie vertiefen und umsetzen. Wenn es um die Freizügigkeit für Personen geht, um die Sozialregeln und um die Maßnahmen, die dahinter stehen, blockieren wir uns. Wenn es überhaupt um diskriminierende Regeln geht, beschämen wir uns. Das kann es doch nicht sein! Ich gehe davon aus, daß morgen die Vernunft siegen wird und daß wir schon jetzt erste Schritte in die Richtung machen können, ansonsten gelingt uns in vielen Fällen der Vertiefungsprozeß in nur mangelhafter Art und Weise, und das soll und darf wirklich nicht sein. Entschuldigen Sie meinen etwas emotionalen Ausbruch, aber ich fühle mich heute so. Frau Präsidentin, es ist klar, daß die Freizügigkeit der Arbeitskraft eines der Grundrechte der Bürger der Europäischen Union ist. Dieses Recht ist eines der vier Grundrechte, die die Ecksteine der Europäischen Integration bilden. Diese Freiheiten betreffen und sollen auch erstrangig die Unionsbürger betreffen. Die die Freizügigkeit beeinträchtigenden Hindernisse, wie die Aufenthaltsgenehmigungsbürokratie, die Probleme der Gleichwertigkeit von Prüfungen und Fragen, die mit der Sozialversicherung verbunden sind, würden nur noch schlimmer werden, wenn versucht wird, den Status der Bürger aus Drittländern zu verändern, bevor die Rechtsgrundlagen für den Arbeitsmarkt der Gemeinschaft aktualisiert worden sind. Derzeit bietet die Rechtsetzung der Gemeinschaft keine Möglichkeit der Gleichstellung der Arbeitskraft aus Drittländern mit den Bürgern der Union. Eine vollständige Gleichstellung ist auch als politisches Ziel nicht realistisch. Da die von Frau Weiler geforderten radikalen Maßnahmen zur Veränderung der Position der Arbeitskraft aus Drittländern ohne Rechtsgrundlage ist, ist zwangsweise der wesentliche Inhalt sehr unklar geblieben. Das von Frau Weiler betonte Ausbildungspaß-System zur Verbesserung der Gleichwertigkeit der Prüfungen ist als solches zu unterstützen, aber dessen Verwirklichung muß eng auf der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden im Geiste des Subsidiaritätsprinzips beruhen. Herr Präsident, es gab heute abend doch einige Bemerkungen zu der Haltung unserer Fraktion. Das ist natürlich in einer Aussprache stets amüsant. Ich muß sagen, daß das, was soeben bereits gesagt wurde, völlig unrichtig ist. Mir - und ich denke auch unserer Fraktion - steht ein Europa vor Augen, in dem jeder frei reisen und sich frei niederlassen kann. Wir haben jedoch noch keine gemeinsame Visapolitik. In den Vereinigten Staaten gibt es eine gemeinsame Visapolitik, und dort besteht daher eine solche Möglichkeit, und zwar nicht nur für die Bürger der Vereinigten Staaten, sondern auch für die Bürger aus Drittländern. Leider haben wir bei uns hier in Europa nicht die gleiche Situation. Es gibt zahlreiche sozialistische Regierungen, die verhindern, zu einer solchen Situation zu gelangen; ich nenne beispielsweise die britische Regierung, die sich weigert, sich an einer gemeinsamen Visapolitik zu beteiligen. Es ist natürlich recht eigenartig, wenn dann von dieser Seite des Hauses zu hören ist, daß wir diejenigen sind, die die Angelegenheit aufhalten. Nein, Herr Präsident, wir möchten das tun, was innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens möglich ist, doch können wir nicht darüber hinausgehen, denn das Bessere ist der Feind des Guten. Das müssen wir im Auge behalten, und das gilt auch für die Kommission. Ich wende mich an die Kommission, um zu sagen, daß im Augenblick eine Menge los ist. Es gibt eine Vielzahl von Klagen, vor allem von Unionsbürgern, die sich auf die eine oder andere Art in schwierigen Situationen befinden. Hier kann eine Menge getan werden; hier kann in der Tat etwas geschehen, doch ist es ein leichter Weg, dann zu sagen: dann muß aber jeder kommen: eine einzige umfassende Großfamilie. Ich finde es stets sehr auffällig, daß nur in diesem Zusammenhang von der anderen Seite des Hauses über Familienpolitik gesprochen wird. Da muß dann alles plötzlich auf einmal geschehen. Die Ohren fallen vom Kopf und was weiß ich noch alles. Es ist zwar sehr schön, zu sagen, daß unsere Ansichten auf Dauer zu Verbesserungen führen. Was von Frau Weiler vorgeschlagen wurde, das führt - bei allen guten Absichten und bei allem Respekt für das, was sie gesagt hat - nicht dazu; solche Vorschläge bedeuten nur, daß wir bei der heutigen Situation stehen bleiben werden, während wir doch eigentlich voranschreiten möchten. Frau Präsidentin, ich möchte die Gelegenheit nutzen, um alle jenen zu danken, die einen Beitrag zu dieser wichtigen Aussprache geleistet haben. Mein besonderer Dank gebührt Frau Weiler. Gerade in letzter Zeit habe ich festgestellt, daß dieses Thema besonders heikel ist, unabhängig davon, in welchem Jahr und zu welcher Jahreszeit es diskutiert wird. Ich stimme Frau Oddy zu, daß wir dieses Thema ernstnehmen müssen, und ich bin nicht glücklich darüber, daß diese Freiheit nicht so schnell entwickelt worden ist wie einige der anderen Freiheiten, die wir garantiert haben, sei dies die Freiheit des Warenverkehrs, der Dienstleistungen oder des Kapitals. Wir müssen uns nun mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer beschäftigen, und ich stimme Frau Weiler zu, daß die Frage der Mobilität insgesamt von grundlegender Bedeutung ist. Wir können nur dann von einer europäischen Beschäftigungsstrategie und von Anpassungsfähigkeit reden, wenn wir alles Notwendige tun, um eine größere Mobilität auf dem europäischen Arbeitsmarkt zu schaffen. Diese existiert im Moment noch nicht. Der Aktionsplan zur Förderung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer wurde im November letzten Jahres von der Kommission angenommen. Im wesentlichen zielt er darauf ab, das Recht der Arbeitnehmer auf Freizügigkeit in den allgemeinen Kontext der Politik und Maßnahmen der Europäischen Union einzubetten, wobei der Aktionsplan insgesamt von zwei Schlüsselthemen bestimmt wird. Das erste Schlüsselthema ist die Unionsbürgerschaft. Wenn die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit verbessert wird, so ist dies für die Bürger der EU von Nutzen, da dieses Recht untrennbar mit der Unionsbürgerschaft verknüpft ist. Das zweite Schlüsselthema betrifft die Frage der Beschäftigungspolitik. Die Verbesserung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer trägt dazu bei, die Funktionsweise des europäischen Arbeitsmarktes zu unterstützen. Seit November 1997 arbeitet die Kommission aktiv an der Umsetzung des Aktionsplans, um die dort festgelegten Verpflichtungen zu erfüllen. Die Kommission überprüft Legislativvorschläge zur Änderung und Aktualisierung des zentralen Gesetzestextes über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Es geht hierbei um die Verordnung 1616/68 über das Recht auf Freizügigkeit und um die Richtlinie 360/68 über das Aufenthaltsrecht von Arbeitnehmern und ihren Familien. Diese beiden grundlegenden Gesetzestexte sind seit 30 Jahren nicht mehr wesentlich geändert worden. In Anbetracht des Binnenmarktes, der gemeinsamen Währung, der Erweiterung der EU und der Notwendigkeit, unsere Beschäftigungsstrategie zu stärken, ist nun der richtige Zeitpunkt gekommen. Die neuen Legislativvorschläge werden Schlüsselthemen abdecken, wie zum Beispiel die Verbesserung des Aufenhaltsrechts für Arbeitssuchende und Auszubildende und den Abbau von bürokratischen Hemmnissen für alle Arbeitnehmer. Ich stimme Frau Van Lancker in dieser Hinsicht zu. Die Bedingungen für die Familienzusammenführung bei Arbeitnehmern der Europäischen Union müssen verbessert werden, und die berufliche Mobilität muß auf der Grundlage der Anerkennung vergleichbarer beruflicher Qualifikationen gefördert werden, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat der betreffende Arbeitnehmer diese Qualifikation erworben hat. Dazu gehören auch Bereiche wie die Berufserfahrung, Ausbildungs- und Befähigungsnachweise und sonstige Qualifikationen. Die Vorschläge beruhen auf den im Jahr 1989 vorgelegten Vorschlägen, auf dem Aktionsplan selbst und auf den Empfehlungen der hochrangigen Sachverständigengruppe über den freien Personenverkehr unter dem Vorsitz von Frau Simone Veil. Letzte Woche nahm die Kommission eine Mitteilung an den Rat und an das Parlament an, bei der es um die auf den Bericht der Veil-Gruppe folgenden Maßnahmen ging. In der Mitteilung wird die Wichtigkeit konkreter Vorschläge zur Förderung der Freizügigkeit betont. Ich freue mich, daß dem Rat einige wichtige Legislativvorschläge hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer vorgelegt wurden. Kürzlich hat der Rat zwei Vorschläge der Kommission bezüglich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer angenommen, namentlich die Richtlinie über Zusatzrenten und die Verordnung über die Ausweitung der Verordnung 1408/71 über die Koordinierung der sozialen Schutzsysteme. Der Rat beschäftigt sich ebenfalls mit dem Vorschlag der Kommission zur Ausweitung der Verordnung 1408/71 auf Angehörige von Drittstaaten, die sich legal in einem Mitgliedstaat niedergelassen haben. Diese drei Vorschläge sind in den Aktionsplan eingeflossen. Darüber hinaus arbeitet die Kommission aktiv daran, die Verordnung 1408/71 zu vereinfachen, die einer der wichtigsten Gesetzestexte zur wirksamen Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit ist. Abgesehen von den legislativen Entwicklungen wurden mit dem Aktionsplan auch Maßnahmen angekündigt, die auf eine größere Transparenz auf dem Arbeitsmarkt und auf die verbesserte Information über Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt abzielen. Auch das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung derartige Maßnahmen gefordert. In diesem Sinne wurden vor kurzem einige wichtige Maßnahmen ergriffen. Im Rahmen der Informationsinitiative "Vorrang für den Bürger" wurde vor nur einem Monat in Cardiff eine neue Maßnahme eingeführt, der sogenannte Dialog mit dem Bürger. Es wurde eine neue Orientierungshilfe für Arbeitssuchende vorgelegt, um mit Hilfe eines praktischen und benutzerfreundlichen Leitfadens die Informationen für Bürger zu verbessern, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben möchten. Darüber hinaus wurde auf dem Cardiff-Gipfel die EURES-Datenbank im Internet vorgestellt, die nun für alle Bürger frei zugänglich ist, damit sie die in den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Stellenangebote einsehen können. Es wurden mehrere Maßnahmen zur Verbesserung der Informationen für Studenten, Fachleute, Richter und Bürger über das Recht auf Freizügigkeit ergriffen. In allen Mitgliedstaaten und den Ländern des EWR wurde eine Reihe von Konferenzen und Seminaren abgehalten. Diese Maßnahmen werden weiterverfolgt. Im Oktober findet in Brüssel eine wichtige Konferenz statt, um den 30. Jahrestag des Inkrafttretens der Verordnung 1612/68 zu feiern und um eine Perspektive für die Zukunft zu schaffen. Daher bin ich recht froh darüber, daß die Arbeiten der Kommission zur Erfüllung der Verpflichtungen, die im Aktionsplan festgelegt wurden, recht zügig vorangehen. In diesem Zusammenhang ist die Entschließung des Parlaments äußerst wichtig. Ich muß sagen, daß ich über die Übereinstimmung der Ansichten beider Instiutionen in diesem Punkt sehr froh bin. Ich möchte betonen, daß das Europäische Parlament die Notwendigkeit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in seiner Entschließung auf die gleiche Weise hervorhebt wie die Kommission: auf der Grundlage von Unionsbürgerschaft und Beschäftigung. Es muß auch betont werden, daß beide Bereiche heutzutage in Europa eng miteinander verknüpft sind und auch für die Bürger eine der Hauptsorgen darstellen. Wir wissen, daß die Bürger Europas über die Beschäftigungssituation in Europa besorgt sind und daß sie gerne mehr über Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Mitgliedstaaten wissen möchten. Darüber hinaus werden sich die europäischen Bürger immer mehr der Möglichkeit einer europaweiten beruflichen Mobilität bewußt. Sie möchten wissen, wie sie diese Möglichkeit voll und ganz nutzen können. Mit dem Aktionsplan - und der Entschließung des Europäischen Parlaments - wird nach besten Kräften versucht, diesen Bedenken gerecht zu werden. Also liegt der Schwerpunkt des Aktionsplans auf der Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Wir haben jedoch die Tatsache nicht übersehen, daß die Freizügigkeit als solche auch eine Reihe von anderen problematischen Aspekten umfaßt, die über die Situation der Arbeitnehmer hinausgehen. Diese weitergehenden Probleme kommen in der Entschließung des Parlaments zur Sprache und lauten wie folgt: die Beseitigung der Grenzkontrollen, darunter die Einfügung des SchengenBesitzstands in den Vertrag; in Übereinstimmung mit dem Konzept der Unionsbürgerschaft das Aufenthaltsrecht für Studenten, Rentner und nichterwerbstätige Personen; die Verbesserung der Mobilität von Studenten und die Lösung des Problems der in den verschiedenen Mitgliedstaaten erworbenen akademischen Qualifikationen und schließlich die Probleme, die sich aus den unterschiedlichen Steuergesetzen der Mitgliedstaaten und aus der Wechselwirkung zwischen den Steuer- und Sozialversicherungssystemen ergeben. All diese Bedenken werden von der Kommission berücksichtigt und sind Gegenstand von Initiativen im Rahmen des Aktionsplans. Trotz seines relativ beschränkten Umfangs in einem so breitgefächerten Kontext zielt der Aktionsplan zur Förderung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer darauf ab, einen politischen Impuls im Bereich der Freizügigkeit zu setzen. Im Aktionsplan wird die enge Verbindung zwischen all diesen verschiedenen Bereichen betont. Obwohl sicherlich noch daran gearbeitet werden muß, bildet der Plan doch den Ausgangspunkt für die Umsetzung eines geschlossenen Ansatzes, der darauf abzielt, auf der Grundlage eines Europas ohne Grenzen einen weiträumigen Mobilitätsbereich zum Nutzen der Bürger zu schaffen. Ich bin fest davon überzeugt, daß das Europäische Parlament und die Kommission das gleiche Ziel verfolgen. Ich begrüße den wichtigen Beitrag des Europäischen Parlaments. Ich verspreche Ihnen, daß ich die Agenda vorantreiben werde, die im verbesserten Europa der Zukunft zu einer größeren Freizügigkeit und zur Förderung der Freiheiten führen wird. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht nur um zwei ganz kurze Klarstellungen und die Beantwortung einer Frage, die sicher zur Versachlichung der Debatte beitragen. Ich möchte den Punkt 7 meiner Forderungen nochmal zitieren, Herr Pirker, wo es um die Visapflicht geht, denn Sie haben das hier leider falsch formuliert. Ich fordere die Kommission auf, ungeachtet der Bestimmungen des Vertrages von Amsterdam bereits jetzt Vorschläge zur Abschaffung der Visumspflicht im Binnenverkehr für Staatsangehörige dritter Länder vorzulegen, soweit sie Familienangehörige von Wanderarbeiternehmern oder entsendete Arbeitnehmer sind. Es handelt sich also um einen modifizierten Arbeitsauftrag. Das zweite betrifft eine Frage der, wie ich glaube, finnischen Kollegin. Ich habe den sehr klangvollen Namen leider nicht mehr im Kopf. Ich vermute, sie ist Finnin. Sie haben angemerkt, daß der europäische Erziehungsausweis eine unklare Sache ist. Ich vermute, Sie meinen den Punkt 23 in meinem Bericht, wo ich die Kommission auffordere, ihre Arbeiten zur Einführung eines europäischen Ausbildungspasses weiterzuführen. Dieser europäische Ausbildungspaß wurde von Frau Kommissarin Cresson vorgelegt. Wir haben im Ausschuß für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten diesen europäischen Ausbildungspaß ausführlich und detailliert diskutiert, und ich glaube, alle Fraktionen, auch die EVP, haben diesen Gedanken gut gefunden. Frau Präsidentin, ich möchte dem Herrn Kommissar eine Frage stellen. Seine Antwort war zufriedenstellend, aber mir ist noch nicht ganz klar, welche Ansicht er hinsichtlich der unterschiedlichen Meinungen der beiden Seiten des Parlaments vertritt. Wir möchten wissen, inwieweit die Kommission die Wünsche von Frau Weiler in bezug auf Angehörige von Drittstaaten berücksichtigen wird - Wünsche, die meiner Ansicht nach nicht vom gesamten Parlament geteilt werden, aber wohl doch von einer Mehrheit. Angehörige von Drittstaaten werden in unserem Aktionsplan nur dann berücksichtigt, wenn es sich um Familienangehörige handelt. Sie müssen bedenken, daß es hier um eine Regelung der Familienzusammenführung geht. Dies betrifft Familienangehörige, ganz gleich welcher Nationalität. Schon seit 30 Jahren gelten diese Regeln. Eines der schwerwiegenden Probleme, das in letzter Zeit deutlich zu Tage getreten ist, liegt darin, daß eine ganze Menge erfahrene Politiker nicht verstanden haben, daß die Familienzusammenführung bereits seit 30 Jahren in gesetzlicher Form existiert. Heute abend habe ich keine Zeit, mich ausführlich damit zu befassen, aber es ist sehr interessant, sich einmal anzusehen, wie diese Angelegenheit in bezug auf Verwandte der aufsteigenden und absteigenden Linie und andere Familienangehörige geregelt ist - manche Bestimmungen sind gesetzlicher Natur, und einige schreiben vor, daß die Familienzusammenführung vereinfacht werden sollte. Ich versuche im Moment, dieses Problem mit Hilfe eines Vorschlags, welcher der Kommission vorgelegt wurde, zu lösen. Dies sollten Sie in diesem Zusammenhang berücksichtigen. Vielen Dank, Herr Kommissar Flynn! Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A4-0267/98) von Herrn Rothley im Namen des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates (KOM(97)0510 - C4-0528/97-97/0264(COD)) zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 92/49/EWG. Frau Präsidentin! Dieser Titel hört sich sehr technisch an, es geht aber um ein relativ praktisches Problem. Es geht darum, den Unfallopferschutz bei Verkehrsunfällen in einem anderen Land zu verbessern. Der Richtlinienvorschlag, den wir beraten, beruht auf der ersten parlamentarischen Initiative des Parlaments nach dem Vertrag von Maastricht. Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen ermuntern, doch von dieser Möglichkeit künftig häufiger Gebrauch zu machen. Wir reden doch immer über das Initiativrecht des Parlaments. Ihr habt doch die Möglichkeit! Es geht um die Verbesserung des Unfallopferschutzes bei Unfällen, die man in einem anderen Land erleidet. Es geht dabei um schätzungsweise 500 000 Unfälle pro Jahr, jedenfalls innerhalb der Europäischen Union. Warum in einem anderen Land? Wenn sich im eigenen Land ein Unfall ereignet mit einem Fahrzeug, das in einem anderen Land zugelassen ist, dann gibt es kein Problem. Das regeln die Grüne-Karte-Büros. Der Franzose, der in Frankreich einen Unfall mit einem Dänen hat, hat kein Problem. Wenn er aber diesen Unfall in Dänemark erleidet, dann entstehen Probleme, weil die Versicherer sich nicht haben einigen können, daß auch diese Fälle über die Grüne-Karte-Büros reguliert werden. Deswegen brauchen wir diese Richtlinie. Die Lösung, die wir vorschlagen, beruht nicht auf einer Harmonisierung des Haftungsrechts, wie das gelegentlich vorgeschlagen wurde. Nein, wir erleichtern nur die Regulierung. Wir ändern nicht das materielle Recht. Wir ändern nicht die Zuständigkeit der Gerichte. Wir planieren nicht das Recht, sondern wir überwinden die Grenzen. Ich würde der Kommission vorschlagen, das zu einer Maxime ihrer Rechtspolitik zu machen: Keine Planierung des Rechts, sondern die Überwindung der Grenzen. Was schlagen wir vor? Erstens: Der Geschädigte muß sich nicht mehr an den Versicherer im anderen Land wenden, sondern er kann sich an einen Repräsentanten dieses Versicherers im eigenen Land wenden, das heißt, jeder Versicherer in der Europäischen Union ist verpflichtet, in jedem anderen Land der Europäischen Union einen Repräsentanten zu haben, der den Schaden reguliert. Das zweite ist ein wesentliches Moment. Wir setzen eine Frist. Das gilt sowohl für den Repräsentanten des Versicherers im eigenen Land des Geschädigten als auch für den Versicherer selbst. Im Normalfall muß der Schaden innerhalb von sechs Monaten reguliert sein. Wenn das nicht der Fall ist, dann werden Verzugszinsen fällig, und zwar in einer Höhe, die wahrscheinlich die Regulierungspraxis beschleunigen wird. Das werden, wenn die Kommission und der Rat den Vorschlag annehmen, Verzugszinsen zwischen 11 % und 12 % sein. Die Kommission hat diesem Mechanismus einen Gedanken hinzugefügt, für den ich dankbar bin, nämlich den Gedanken einer Entschädigungsstelle. Diese Entschädigungsstelle, die auch im eigenen Land des Geschädigten tätig sein wird, sollte allerdings auf wenige Fälle begrenzt bleiben: Der Versicherer im anderen Land hat den Schadensregulierungsbeauftragten oder den Repräsentanten nicht benannt, oder der Repräsentant oder der Versicherer äußert sich innerhalb dieser Frist von sechs Monaten überhaupt nicht, oder er äußert sich unsubstantiiert. Dann soll der Geschädigte diese Entschädigungsstelle im eigenen Land in Anspruch nehmen können. Dieser Gedanke der Kommission ist hervorragend, wir sollten ihn aber auf diese Fälle beschränken. Ich möchte den Versicherungsunternehmen ganz herzlich danken. Sie haben an dieser Richtlinie tatkräftig mitgewirkt, ebenso die Verbände der Unfallopfer. Ich kann heute feststellen, daß dieser Vorschlag, so wie er auf dem Tisch ist, abgesehen vielleicht von einigen redaktionellen Änderungen, von allen europäischen Versicherern, von allen europäischen Unfallopferverbänden unterstützt wird. Ich nehme an, die Kommission wird in großen Zügen die Vorschläge des Parlaments ebenfalls übernehmen. Ich freue mich, daß es möglich war, schon auf der Arbeitsebene unter der britischen Präsidentschaft einen ersten Meinungsaustausch zu führen. Das ist vielleicht ein Modell für die künftige Zusammenarbeit zwischen Parlament und Rat schon in der ersten Lesung. Ich bin zuversichtlich, daß die österreichische Präsidentschaft den Gemeinsamen Standpunkt annehmen wird. Es gibt einen Änderungsantrag des Kollegen Wijsenbeek. Im übrigen wurde alles einstimmig im Ausschuß für Recht und Bürgerrechte angenommen. Der Kollege Wijsenbeek weiß, daß ich im Grunde für seinen Änderungsantrag bin. Ich glaube nur, daß er nicht in den Kontext dieses Textes paßt. Ich möchte die Kommission eigentlich zum Schluß ermuntern, weiterhin auf diesem Weg Rechtspolitik zu betreiben, damit sich die Menschen der Europäischen Union nicht nur in ihrer Region, in ihrem Land heimisch fühlen, sondern in ganz Europa. Frau Präsidentin, zuerst möchte ich dem Berichterstatter für seinen Vorschlag danken und ihm auch dazu gratulieren. Der Ausschuß für Verkehr und Fremdenverkehr hat für die Form der Stellungnahme mit Schlußfolgerung ohne Änderungsanträge optiert, um auch die Kohärenz des gesamten Vorschlages hier zu gewährleisten. Mit dieser Richtlinie wird in der Tat der Schutz von Unfallgeschädigten außerhalb ihres Wohnlandes wesentlich verbessert. Nicht nur der jetzige Zeitpunkt der Ferienreisen, sondern auch die knapp eine Million Grenzgänger unterstreichen die Tatsache, daß von diesem Vorschlag sehr viele Bürger betroffen sind. Schätzungen sprechen, wie der Berichterstatter eben sagte, von 500 000 Unfällen jährlich außerhalb des Wohnlandes der Geschädigten. Es handelt sich um Unfälle, bei denen dann die Formalitäten schwierig werden können, bei denen die Ansprechpartner manchmal schwer ausfindig zu machen sind und - was noch schlimmer ist - der Schadenersatz in gewissen Fällen sehr lange auf sich warten läßt. Man spricht da von Fristen bis zu acht Jahren. Mit der vorliegenden Richtlinie wird zugunsten der Opfer ein Direktanspruch eingeführt, der nicht nur dem Verursacher gilt, sondern auch seinem Versicherungsunternehmer. Die Auskunftsstelle wird dem Geschädigten alle erforderlichen Informationen geben müssen und der Schadenregulierungsbeauftragte oder gegebenenfalls die Entschädigungsstelle, wie sie auch vorgesehen ist, werden auf jeden Fall die Prozeduren beschleunigen. Darüber hinaus betrifft die Richtlinie auch Unfälle zwischen EU-Bürgern - das wurde Gott sei Dank hinzugefügt - in Drittländern, was den Ausschuß für Verkehr und Fremdenverkehr dann auch veranlaßte, die Empfehlung auszusprechen, daß diese Richtlinie bei Verhandlungen zwischen der EU und Drittländern vielleicht stärker berücksichtigt werden sollte. Diese Richtlinie wird jedoch erst vollständig die berechtigten Ansprüche der Opfer berücksichtigen, wenn die in der zweiten Kraftfahrzeughaftpflichtrichtlinie vorgeschlagenen Mindestdeckungssummen unseres Erachtens auch angepaßt werden. Die angesprochene Richtlinie Nr. 84/5 ist circa 15 Jahre alt. Dementsprechend decken die Mindestsätze in gewissen Fällen überhaupt nicht mehr die möglichen Kosten, besonders bei Schwerverletzten. Zudem liegen diese Mindestsätze von einem Land zum anderen bis zu 90 % auseinander. Hier bleiben leider Gottes Zusatzversicherungen die einzigen Garantien für eine angemessene Entschädigung. Deshalb bleibt auch der Vorschlag des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr. Es ist eine sehr gute Sache, die Fristen zu verkürzen und auch die Information korrekt zu gestalten, wenn aber die Mindestsätze nicht mehr ausreichen, hilft das dem Opfer doch leider nicht genügend. Dem Berichterstatter sei nochmals für seine Arbeit und Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit gedankt! Frau Präsidentin, ich möchte den Berichterstatter zu diesem wichtigen Bericht beglückwünschen. Auch für das Parlament ist dies ein wichtiger erster Schritt. Zum ersten Mal wurde eine Entschließung des Parlaments als Hintergrund für einen Legislativvorschlag der Kommission genutzt. Zum ersten Mal machte das Parlament auf der Grundlage von Artikel 138b des EG-Vertrags von seinem Recht Gebrauch, die Kommission aufzufordern, einen geeigneten Vorschlag zu unterbreiten. Es geht hier um eine sehr wichtige Richtlinie. Der Vorschlag ist verbraucherfreundlich und gleichzeitig von großem Nutzen für den Binnenmarkt. Er wird denjenigen helfen, die außerhalb ihres Wohnlandes in einem anderen Mitgliedstaat Opfer eines Autounfalls werden. Jede Versicherungsgesellschaft muß in jedem Mitgliedstaat einen Repräsentanten oder Schadensregulierungsbeauftragten ernennen, und das Unfallopfer wird den Schaden direkt mit Hilfe dieses Repräsentanten regulieren. Der Vorteil dieser Regelung besteht darin, daß die Schadensregulierung sehr viel schneller erfolgen kann und daß Sprachprobleme gemildert werden. Zur Zeit kann eine durchschnittliche Schadensregulierung im Ausland bis zu acht Jahre dauern und kostet mindestens 15 % mehr als eine Schadensregulierung im eigenen Mitgliedstaat. Wie der Berichterstatter bereits erwähnt hat, wird die vorgeschlagene Richtlinie auch die Situation bezüglich der Fristen verbessern. Auch sollen Verzugszinsen gezahlt werden, wenn der Schaden nicht fristgemäß reguliert wird. Im Namen der sozialdemokratischen Fraktion möchte ich der Kommission und dem Parlament diesen Bericht empfehlen, denn er stellt eine wichtige neue Maßnahme für den Verbraucherschutz dar. Ein Verkehrsunfall ist schon lästig genug, ohne daß man die nervenaufreibende Mühe auf sich nehmen muß, jahrelang auf die Schadensregulierung durch Versicherungsgesellschaften in unterschiedlichen Ländern warten zu müssen. Dieser Vorschlag ist wirklich innovativ, und ich möchte dem Berichterstatter dafür danken, daß er die ursprüngliche Entschließung und den Bericht erstellt und uns nun über den Vorschlag der Kommission Bericht erstattet hat. Frau Präsidentin, verehrte Kollegen, nach den Beiträgen meiner Vorredner ist es nicht leicht, der Debatte noch einen neuen Aspekt hinzuzufügen. Dies liegt auch daran, daß der Ausschuß für Recht und Bürgerrechte, in dem ich Mitglied bin, den Bericht von Herrn Rothley einstimmig angenommen hat. Da wir also im Grunde alle derselben Meinung sind, möchte ich lediglich einige wenige Elemente hervorheben. Erstens möchte ich betonen, daß das bisherige Legislativverfahren einen Gewinn für die Transparenz darstellt. Es sei nämlich noch einmal darauf hingewiesen, daß die Kommission mit diesem Richtlinienvorschlag zum ersten Mal auf eine Initiative des Parlaments im Sinne von Artikel 138 B reagiert hat. Dies bedeutet in der Tat einen Gewinn für die Transparenz, denn in anderen Fällen reagiert das Parlament, das für sich selbst kaum Möglichkeiten sieht, die Initiative zu ergreifen, auf Vorschläge von der Kommission mit einer ganzen Reihe von Änderungsanträgen, die zu dem ursprünglichen Text der Kommission gelegentlich in keinem Verhältnis mehr stehen. Dies ist eine Vorgehensweise, die eigentlich nicht ganz korrekt ist. Wie wir in diesem Fall deutlich gezeigt haben, verfügen wir doch über ein Instrument, mit dem wir auf korrektere und rationalere Art und Weise Maßnahmen durchsetzen können, die dem Willen des Parlaments entsprechen. Zweitens möchte auch ich betonen, daß die einstimmige Haltung, wie sie die Juristen im Rechtsausschuß eingenommen haben, von allen europäischen Versicherungsunternehmen und von den Verbraucherverbänden geteilt wird. Auch dies ist eine nicht unbedeutende Tatsache, die herausgestellt werden sollte. Ich möchte mich hier nicht länger mit dem Inhalt des Richtlinienvorschlags aufhalten, da meine Kollegen sich ja schon in ausreichendem Maße hierzu geäußert haben. Ich glaube wirklich, daß der Bericht von Herrn Rothley in toto angenommen werden sollte, da er einen Kompromiß auf hohem Niveau darstellt. Es handelt sich um einen Kompromiß im positiven Sinne des Wortes, da er eine Synthese aus einer Reihe von Anregungen und innovativer Ideen darstellt, die zunächst von der Kommission und dann von den Parlamentariern, insbesondere den Mitgliedern des Rechtsausschusses, ausgegangen sind. Dies geschah in Zusammenarbeit mit den Versicherungen und Verbrauchervertretungen, die ich vorhin bereits erwähnte. Ich glaube, daß es unter diesem Gesichtspunkt sinnvoll ist, diesen Aspekt ganz klar herauszustellen. Meiner Meinung nach müssen die vom Rechtsausschuß eingereichten Änderungsanträge in toto angenommen werden. Der einzige Änderungsantrag, der nicht die volle Zustimmung des Rechtsausschusses finden konnte, ist der Änderungsantrag von Herrn Wijsenbeek, mit dem auch ich nicht einverstanden bin, und zwar nicht weil ich ihm nicht grundsätzlich zustimmen könnte, sondern weil die Formulare zur Feststellung des Unfallhergangs und zur Vorbereitung der Anzeige bereits in alle Sprachen übersetzt worden sind. Dies konnte ich vor ungefähr zehn Jahren selbst feststellen, als ich in Frankreich in einen Unfall verwickelt war. Die Formulare sind in verschiedenen Sprachen abgefaßt, während Farbe und Aufbau der Formulare identisch sind. Ich halte den Änderungsantrag deshalb für überflüssig und bin der Meinung, daß er zurückgewiesen werden sollte. Auch möchte ich betonen, daß im Hinblick auf die Einrichtung der neuen Entschädigungsstelle das Subsidiaritätsprinzip Anwendung finden sollte, d. h. die Staaten sollten frei entscheiden können, welche Art von Entschädigungsstelle sie im Rahmen öffentlicher-rechtlicher oder privatwirtschaftlicher Strukturen bevorzugen. Zu diesen Anmerkungen möchte ich schließlich noch meinen Dank an Herrn Rothley hinzufügen. Frau Präsidentin, zunächst möchte ich den Berichterstatter beglückwünschen. Ich bringe auch meine Wertschätzung für die Kompromisse zum Ausdruck, die er im Ausschuß für Recht und Bürgerrechte ermöglicht hat, und schließlich und endlich ist er der Impulsgeber für die vorliegenden legislativen Initiativen. Für die Unionsbürger wurde also wirklich ein erfreuliches Stück Mehrwert geschaffen. Der Bürger wird immer mobiler, was bedeutet, daß er die Grenzen sehr viel häufiger überschreitet und - da die Verkehrssituation in den einzelnen Ländern leider noch immer sehr unterschiedlich ist - doch schon mal ein Unfall passiert. Nun kann die Situation noch komplizierter sein, als sie im Bericht von Herrn Rothley als Durchschnittsfall angegeben wird: Angenommen - ich nehme einen willkürlichen Fall - ein Spanier und ein Grieche hätten einen Unfall in Italien. In einem solchen Fall stellt sich noch immer das Problem, wo sie prozessieren sollen, für den Fall, daß es zu einem Prozeß kommen wird. Damit stellt sich in vollem Umfang das Problem der Rechtsgleichheit in der Union, die noch immer nicht soweit verwirklicht wurde, daß jeder Bürger überall in der Europäischen Union gleichberechtigt und mit einem gleichen Status prozessieren kann. Ausländer befinden sich häufig noch in einer benachteiligten Position. Abschließend möchte ich noch etwas zu dem von mir eingereichten Änderungsantrag sagen. Dieser Änderungsantrag wird von dem Berichterstatter mit der Begründung, es sei dazu ein anderer Rahmen erforderlich, und von Herrn Casini mit der Argumentation, eine solche Regelung bestehe bereits, abgelehnt. Das ist zwar richtig, Herr Casini. Aber ich bin für Integration. Denn wenn Bürger miteinander in Konflikt geraten, besteht eine Art grundsätzliches Mißtrauen und die Ansicht, sie würden durch jemanden hintergangen. Wenn es dann ein Dokument gibt, das nicht nur in ihrer eigenen, sondern auch in einer Reihe anderer Sprachen vorliegt, so daß sie feststellen können, daß es sich tatsächlich um das gleiche Formular mit der gleichen Formulierung handelt, arbeiten wir damit an der Integration des Bürgers. Was ist denn schöner, und was tun wir hier eigentlich anders, als eine solche Integration zu fördern? Aus diesem Grunde habe ich auf Veranlassung der Versicherer den Änderungsantrag doch noch eingereicht und ich fordere Sie auf, diesen Antrag noch anzunehmen. Frau Präsidentin, in der Rechtssache Denis Matthews gegen das Vereinigte Königreich, die von unserer Nachbarin, der Europäischen Kommission für Menschenrechte behandelt wurde, wurde zum ersten Mal durch eine richterliche Instanz außerhalb des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg entschieden, daß das Europäische Parlament volle Gesetzgebungsbefugnis besitzt. Weshalb? Eines der stärksten Argument für die Menschenrechtskommission war das Initiativrecht gemäß Artikel 138b. Nach Ansicht der Menschenrechtskommission liegt u.a. hierin begründet, daß das Europäische Parlament vollständige Gesetzgebungsbefugnis besitzt. Wir erleben hier einen historischen Augenblick, Frau Präsidentin und Herr Kommissar. Wir haben erstmals von dem Initiativrecht Gebrauch gemacht, und ich unterstütze voll und ganz die von Herrn Rothley sowohl an Sie persönlich, Frau Präsidentin, als auch an Kommissar Monti gerichtete Aufforderung, nämlich den hier eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Im Interesse der Bürger müssen wir von einem solchen Initiativrecht in zunehmendem Maße Gebrauch machen. Ich gehe nicht auf den Inhalt ein, ich unterstütze in Klammern den Änderungsantrag von Herrn Wijsenbeek, denn er hat recht, daß es sich hier um eine andere Sache handelt. Der wichtigste Punkt, den ich hervorheben möchte, ist jedoch, daß wir Herrn Rothley sehr dankbar für die Initiative sind, mit der er die legislative Rolle des Europäischen Parlaments unterstützt hat, und er verdient unsere Dankbarkeit und unsere Unterstützung. Frau Präsidentin, die zunehmenden Probleme bei der Regelung von Schadensfällen zum Nachteil von Personen, die im Ausland einen Verkehrsunfall erleiden, erfordern schon seit langem eine Lösung. Auf der einen Seite sind immer mehr Bürger betroffen, und auf der anderen Seite reichen die heutigen Verfahren nicht aus, um in allen Fällen eine gerechte Lösung zu finden. Am dringlichsten bedürfen einer Lösung die Frage des unmittelbaren Anspruchs des Opfers sowie die Sicherstellung der Entschädigungszahlungen. Meiner Auffassung nach haben die Änderungsanträge in hohem Maße zu einer Lösung dieser Fragen beigetragen. Ich muß Herrn Rothley Anerkennung für seine Arbeit aussprechen. Grundsätzlich können wir diese Änderungsanträge mittragen, doch haben wir gewisse Vorbehalte bezüglich Änderungsantrag 33 zu Artikel 5, dessen Formulierung sich unserer Meinung nach für die Versicherungsgesellschaften als vorteilhafter erweisen könnte als für die Opfer. Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates, den wir heute abend prüfen, wurde sowohl von den Autofahrern als auch von den Versicherern und den internationalen Verbänden des Automobil-Tourismus lebhaft gewünscht. Dieser Text ist der Initiative des Parlaments zu danken, das ist zu betonen. Er wird einer unbestreitbaren Erwartung gerecht, und das Parlament hat bewiesen, daß es seine gesetzgeberischen Pflichten ernst zu nehmen und in eine hochkarätige Leistung zu verwandeln weiß. Hierzu dürfen wir uns beglückwünschen. Das anvisierte Ziel ist eine Vereinfachung des Schadensregulierungsverfahrens für geschädigte Personen, indem der Zugang zu dem Versicherungsunternehmen erleichtert wird, das für den Schadensfall zuständig ist. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht der Richtlinienvorschlag vier Maßnahmen vor: die Einführung eines Direktanspruchs, die Bestellung eines für die Schadensregulierung zuständigen Repräsentanten durch jedes Versicherungsunternehmen in jedem Mitgliedstaat, die Schaffung von Auskunftsstellen und die Einrichtung von Entschädigungsstellen. Diese rechtliche Konstruktion wirkt sicherlich ein wenig schwerfällig, ein wenig kompliziert und hat Züge der, wie der Volksmund sagt, " Umstandskrämerei" . Die Änderungsvorschläge des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte zielen auf die Vervollständigung dieses Textes und sogar auf eine größere Kohärenz und Straffung ab. Wir unterstützen sie daher. Abschließend möchte ich die beachtliche Leistung des Berichterstatters, Herr Rothley, hervorheben, der es verstand, einen komplizierten Text klar und deutlich zu präsentieren, und sich als äußerst talentierter Jurist erwies. Ich möchte auch meinen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuß für Recht und Bürgerrechte gratulieren, insbesondere zwei Kolleginnen, die Charme und Kompetenz vereinen, Frau Palacio und Frau Mosiek-Urbahn. Frau Präsidentin, vielleicht ist es die Stunde, die fast zur Vertraulichkeit, zum Gespräch zwischen Freunden ermuntert. Auch ich meine, daß meine Vorredner eigentlich schon alles zu den technischen Aspekten gesagt haben, so daß ich nun etwas zur Entstehungsgeschichte dieser Richtlinie sagen möchte, dazu, daß die Europäische Union noch immer ein Grenzland ist, in dem ein Mensch, ein Abgeordneter, mit einer guten Idee, den Vertrag hinter sich und mit viel Entschlossenheit und Verhandlungsgeschick ausgestattet, etwas auf die Beine stellen kann, das für uns alle von Bedeutung ist, denn wir alle sind, nein, nicht Verbraucher, sondern Bürger zu Fuß. Frau Präsidentin, das war keine einfache Richtlinie. Es gab 36 Änderungsanträge von Herrn Rothley und weitere 36 Änderungsanträge von den Abgeordneten im Rechtsausschuß, von denen wiederum 20 von mir stammten. Und dann hat Herr Rothley, wie gesagt mit großer Entschiedenheit, aber auch mit viel Verhandlungsgeschick und viel Verständnis für die Anliegen bezüglich der Subsidiarität 10 Kompromißänderungsanträge akzeptiert. Dadurch wurde es möglich, daß der Ausschuß diese 36 Änderungsanträge einstimmig annahm, und ich hoffe, daß wir morgen den Bericht wenn vielleicht auch nicht einstimmig, so doch mit überwältigender Mehrheit annehmen werden. Herr Rothley, ich habe diese Geschichte, diese kleine Geschichte von der allerersten Entschließung des Parlaments, bei der Artikel 138 B zum Tragen kam, zusammengefaßt, und wenn mir irgend jemand sagen sollte, daß wir in den europäischen Institutionen nur Abstraktes tun, dann werde ich diese Geschichte vorlegen. Ich bedaure nur, daß darin nicht deutlich werden wird, wie erfreulich und angenehm für uns alle die Zusammenarbeit mit Ihnen war. Frau Präsidentin! Meine Vorredner sind ja bereits ausführlich auf Inhalt und Vorzüge dieses Berichts eingegangen. Ich möchte daher nur zwei Punkte ansprechen, die mir besonders bemerkenswert erscheinen. Bemerkenswert deshalb, weil sie uns einem Europa der Bürger ein beträchtliches Stück näherbringen. Der erste Punkt betrifft den bürgerfreundlichen Inhalt der geplanten Richtlinie. Es wird ja wirklich höchste Zeit, daß eine Regelung für diesen wichtigen Bereich gefunden wird. Infolge des Massentourismus, des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs sowie des Personenverkehrs ist der grenzüberschreitende Kraftverkehr heute so umfangreich wie nie zuvor. Entsprechend groß ist die Gefahr für die Bürger, Opfer eines Unfalls zu werden, der sich außerhalb des Heimatlandes ereignet und aus dem sich Ansprüche gegen andere EU-Bürger bzw. deren Versicherungen ergeben. Umso mehr ist es zu begrüßen, daß die Richtlinie den Verkehrsteilnehmern in der Union einen so umfangreichen, schnellen und effektiven Schutz gewährleisten wird, und zwar über den bloßen Direktanspruch gegenüber dem Versicherer hinaus, durch einen Ansprechpartner des jeweiligen Versicherers im Land des Opfers, durch die Mechanismen, um diesen, falls nötig, ausfindig zu machen, und durch eine Stelle in jedem Mitgliedstaat, die im Falle von Schwierigkeiten auch selbst für Entschädigung sorgen kann. Zu dieser gleich mehrfachen Absicherung für den Bürger wäre es aber zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht gekommen, wenn das Europäische Parlament nicht selbst die Initiative ergriffen hätte. Damit komme ich zum zweiten Punkt, den ich ansprechen möchte. Dieses Verfahren ist das erste angewandte Verfahren des mittelbaren Initiativrechts, das dem Europäischen Parlament durch den Vertrag von Maastricht übertragen wurde. Die Gesetzesinitiative steht dem Parlament als dem gewählten Vertreter der Bürger Europas zu. Wenn das Europäische Parlament von seiner neuen Initiative auch regen Gebrauch macht, dann muß das langfristig zu einer Stärkung seines Einflusses im Rechtssetzungssystem der Europäischen Union führen. Gleichzeitig wächst dadurch der mittelbare Einfluß des Wählers auf die Politik in Europa. Die Folge kann nur eine Zunahme des Ansehens des Europäischen Parlaments in der Bevölkerung und damit eine weitere Stärkung seiner politischen Autorität sein. Dem Berichterstatter, der diese Initiative des Parlaments hier erst angestoßen hat, ist deshalb ganz ausdrücklich zu danken. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte das Europäische Parlament und den Berichterstatter, Herrn Rothley, in dreierlei Hinsicht beglückwünschen: erstens zum Inhalt dieser Richtlinie, zweitens in institutioneller Hinsicht und drittens im Hinblick auf die Art und Weise, wie dieser Legislativtext ausgearbeitet wurde. Ich möchte Ihnen zum Inhalt gratulieren, denn diese Richtlinie wendet sich, wie Herr Rothley sagte, an die Bürger, damit sich diese nicht nur ihrem Heimatland, sondern in ganz Europa zu Hause fühlen können. Dieser Richtlinienvorschlag betrifft in der Tat eine große Anzahl von Bürgern, die eine unangenehme Erfahrung machen müssen, nämlich wenn sie in einem Mitgliedstaat, der nicht ihr Wohnsitzland ist, in einen Unfall verwickelt werden, der durch ein Fahrzeug verursacht wird, das in einem anderen Mitgliedstaat angemeldet und versichert ist. Der zweite Grund, weshalb ich Sie beglückwünschen möchte, hat mit einer institutionellen Frage zu tun. Es wurde zwar schon angesprochen, doch möchte ich im Namen der Kommission noch einmal mit besonderem Nachdruck hervorheben, daß in diesem Verfahren zum ersten Mal Artikel 138 B Anwendung gefunden hat. Als Mitglied der Kommission freue ich mich darüber, daß diese "Premiere" institutioneller Art auf einem Gebiet stattgefunden hat, das für die Bürger von so großer Bedeutung ist. Der dritte Grund, der mich zufrieden stimmt und mich dazu veranlaßt, Ihnen zu gratulieren, ist die Art und Weise, wie dieser Legislativtext ausgearbeitet wurde, denn das Zustandekommen dieses Richtlinienvorschlags wurde durch die positive Unterstützung der Verbraucherverbände einerseits und des Versicherungsgewerbes andererseits erleichtert. In keiner der bereits bestehenden "Kraftfahrzeugversicherungs-Richtlinien" wird der spezifischen Frage, um die es hier geht, also der Entschädigung der Unfallopfer, besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Rein juristisch sind Unfallopfer durch das Grüne-Karte-System abgesichert, doch in der Praxis stoßen sie oft auf Schwierigkeiten, eine Entschädigung durch die Versicherung des Haftenden zu erhalten. Dieser Richtlinienvorschlag zielt darauf ab, den Geschädigten ein weiteres rechtliches Instrument an die Hand zu geben, das ihnen dabei helfen soll, die praktischen Schwierigkeiten, auf die sie stoßen, zu überwinden. Lassen Sie mich hervorheben, daß der Vorschlag nicht mit übermäßig hohen Kosten für das Versicherungsgewerbe und die nationalen Behörden verbunden ist. Ein weiterer positiver Aspekt ist in der Tat der Pragmatismus, der diesen Text kennzeichnet - der Berichterstatter möge mir diese Anmerkung gestatten, aber ich glaube, daß Herr Rothley ohnehin viel Wert auf pragmatische Legislativvorschläge legt. Die neue Struktur wird keine Kostenerhöhung mit sich bringen, da die Mitgliedstaaten und die Versicherungsunternehmen weitgehend auf bereits existierende Strukturen zurückgreifen können, die zu verschiedenen Zwecken gleichzeitig genutzt werden können. Und auch wenn die Maßnahme, über die wir hier sprechen, für die Versicherungsunternehmen einige Kosten mit sich bringt, so ist sie doch für die Gesellschaft insgesamt von großem Nutzen, da durch die neuen Mechanismen die Kosten reduziert werden könnten, die gewöhnlich von den Geschädigten in dem Land zu tragen sind, in dem sich der Unfall ereignet hat. Kosten entstehen den Geschädigten zum Beispiel durch die Übersetzung der Polizeiprotokolle und wenn ein Anwalt eingeschaltet werden muß, weil die Geschädigten nicht mit den Verfahren des Mitgliedstaates vertraut sind, in dem sich der Unfall ereignet hat, oder auch weil sie sich ohne Rechtsbeistand nicht an das Versicherungsunternehmen wenden können. Ich komme nun zu den einzelnen Änderungsanträgen. Die Kommission ist sehr froh darüber, die Änderungsanträge 1, 2, 3, 6, 7, 9, 12, 16, 18, 20, 21, 25 und 31 annehmen zu können. Durch diese Änderungsanträge wird die Formulierung des Textes verbessert, und Unklarheiten werden aus dem Weg geräumt. Teilweise kann die Kommission auch die Änderungsanträge 15, 17, 19, 28, 29, 30 und 33 annehmen. In Änderungsantrag 15 kann Punkt a) nicht akzeptiert werden, durch den die Regelung auch auf Unfälle, die sich in einem Drittstaat ereignet haben, ausgeweitet werden soll. Dieser Punkt sollte im Lichte anderer internationaler Übereinkommen noch einmal sorgfältig überprüft werden. Durch Änderungsantrag 17 wird der ursprüngliche Vorschlag der Kommission zu stark vereinfacht. Zu Änderungsantrag 19 muß gesagt werden, daß Anmerkungen zur Auswahl des Schadenregulierungsbeauftragten nicht in eine Richtlinie gehören. Änderungsantrag 28 kann nicht angenommen werden, da auf eine Beschreibung der Aufgaben, die von der Auskunftstelle zu erfüllen sind, nicht verzichtet werden kann. Im Änderungsantrag 29 ist nicht akzeptabel, daß sich Versicherungsunternehmen an die Auskunftstelle desjenigen Mitgliedstaates wenden sollen, in dem sie zugelassen sind. Durch die in Änderungsantrag 30 genannten Fristen könnte die Entschädigung der Opfer verzögert werden; außerdem wird dort fälschlicherweise auf die Richtlinie 84/5/EWG verwiesen, die gar keine Regelung bezüglich der Entschädigungsstelle enthält. Was Änderungsantrag 33 betrifft, so sieht die Kommission erstens keine Veranlassung darin, Angaben darüber zu machen, welche Einrichtungen als Entschädigungsstelle fungieren könnten. Zweitens könnte die Kommission in Fällen, in denen der Versicherer nicht ermittelt werden kann, ein Tätigwerden der Entschädigungsstelle nur dann akzeptieren, wenn die letzte Haftung beim Garantiefonds im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 der Richtlinie 84/5 liegt. Eine andere Gruppe von Änderungsanträgen kann dem Geist nach und mit einigen Anpassungen akzeptiert werden. Ich beziehe mich auf die Änderungsanträge 5, 10, 13, 26 und 27. Lassen Sie mich in aller Kürze etwas zu den Änderungsanträgen 26 und 27 sagen. Wir werden diejenigen Elemente nicht übernehmen, die zu einer übermäßigen und ineffektiven Angleichung sowie zu einem Entschädigungsverfahren mit zu vielen Fristen und zu vielen verfahrenstechnischen Details führen würden. Ich komme schließlich zu verschiedenen Änderungsanträgen, die von der Kommission nicht angenommen werden können, da sie den Text des Vorschlags nicht verbessern und eher Verwirrung im Hinblick auf den Sinn einiger Regelungen stiften würden. Ich beziehe mich hierbei auf die Änderungsanträge 4, 8, 11, 22, 24, 35, 36 und 37. Die Kommission kann darüber hinaus weder den Änderungsantrag 14 noch den Änderungsantrag 34 akzeptieren, da andernfalls die Gesamtkohärenz zu den drei bereits bestehenden Richtlinien über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung nicht mehr gewährleistet werden könnte Auch der Änderungsantrag 23 kann von der Kommission nicht angenommen werden. Zwar könnte sie einem Ausbau des Artikels 3 Absatz 6 zustimmen, doch nicht der im Änderungsantrag 26 vorgeschlagenen Formulierung. Die beste Lösung wäre vielleicht ein Kompromiß zwischen dem Text der Kommission und den im Änderungsantrag 26 enthaltenen Vorschlägen. Die Kommission weist schließlich auch Änderungsantrag 32 zurück, da in einigen Mitgliedstaaten Auskünfte kostenlos von der öffentlichen Verwaltung erteilt werden. Es besteht kein Anlaß, neue Gebühren einzuführen. Was den Änderungsantrag 37 betrifft, Herr Wijsenbeek, so könnte die Verwendung mehrsprachiger Unfall-Formular unserer Meinung nach eher durch eine freiwillige Übereinkunft unter den Versicherern als durch eine Richtlinie erreicht werden. Es tut mir leid, wenn sich diese Aufzählung von Änderungsanträgen vielleicht etwas hingezogen hat, doch sollte, wie ich dies bereits anfangs getan habe, noch einmal betont werden, daß dieses Legislativverfahren von großer Bedeutung ist, da es eine institutionelle Neuheit darstellt, da es bürgernah ist und gezeigt hat, daß der Binnenmarkt nicht nur auf Initiative des Kommission, sondern auch auf Initiative des Parlaments verwirklicht werden kann und daß die Interessen der Verbraucher und der Wirtschaft miteinander in Einklang gebracht werden können. Vielen Dank, Herr Kommissar Monti! Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A4-0233/98) von Frau Hulthén im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz über die Mitteilung der Kommission zum Thema Umwelt und Beschäftigung (Die Schaffung nachhaltiger Wirtschaftsstrukturen in Europa) (KOM(97)0592-C4-0655/97). Frau Präsidentin, in der Mitteilung der Kommission geht es um Beschäftigung und Umwelt, und das sind zwei Bereiche, zwischen denen es lange Zeit immer wieder Konflikte gab. Aber seit es Fortschritte gibt, nicht zuletzt im Umweltbereich, hat sich gezeigt, wie falsch und überholt diese Konflikte eigentlich sind. Der Umweltaspekt und das Umweltbewußtsein sind zu einem integrierten Teil der Gesellschaft geworden. Trotz dieser Entwicklung ist aber noch viel zu tun. In dem Bericht, den ich auch mit Hilfe guter Beiträge von anderen - nicht zuletzt mit Hilfe des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und des Ausschusses für Regionalpolitik - verfaßt habe, habe ich versucht, Vorschläge zu machen, wie wir ein dauerhaftes Europa aufbauen können. Ich möchte auch sagen, daß ich während der Zeit, in der am Bericht gearbeitet wurde, entdeckt habe, daß es überall in der Union lokal und regional einen enormen Erfindungsreichtum gibt. Um in einem Sektor wie den "grünen Arbeitsplätzen" überhaupt eine Entwicklung sehen zu können, brauchen wir eine angemessene Definition, was ein "grüner Arbeitsplatz" eigentlich ist. Die Definition der Kommission ist schön, beinahe philosophisch, aber vielleicht nicht sehr nützlich, wenn man vernünftig messen will, worum es eigentlich geht. Das sollte vielleicht das erste sein, was getan werden muß, bevor man mit dieser Arbeit fortfährt. Um vergleichbare Statistiken erstellen und gründliche Maßnahmen durchführen zu können, ist nämlich eine klare und eindeutige Definition des Themas erforderlich. Ich bin der Meinung, daß es in Zukunft in vier Hauptbereichen Beschäftigungsmöglichkeiten geben wird, in denen unbedingt eine Veränderung der gegenwärtigen Situation stattfinden muß, eben wegen dieser Dauerhaftigkeit. Das sind die Sektoren Energie, Bau, Abfall und nicht zuletzt die Landwirtschaft. Sie ist vielleicht eines der wichtigsten Gebiete, in denen die Union Veränderungen bewirken kann, und es ist wichtig, daß etwas geschieht, um die derzeitige Entwicklung zu verändern. Wir wissen, daß in den letzten fünfzehn Jahren in Europa immer mehr ökologische Landwirtschaft entstanden ist. Die Forderungen der Verbraucher nach umweltgerechten Lebensmitteln nehmen ständig zu. Andererseits war die Union bisher diesem Trend der Verbraucher gegenüber recht gleichgültig. Wenn sich etwas verändern soll und wenn es diesen Anreiz für "grüne Arbeitsplätze" geben soll, dann müssen wir auch im Landwirtschaftssektor ansetzen, in dem die Union Möglichkeiten und Ressourcen hat, etwas zu tun. Das heißt, sie muß in den sauren Apfel beißen. Um diese Entwicklung anzuregen und einen Zusammenhang zwischen Umwelt und Beschäftigung herzustellen, gibt es verschiedene Methoden. Der wichtigste Teil sind vielleicht die Verbraucher, bei ihnen muß ein Bewußtsein geweckt werden. Von ihnen gehen ja die Forderungen aus. Bewußtsein ist aber leider nicht genetisch bedingt, sondern es entwickelt sich aus Erfahrung. Deshalb müssen die Verbraucher Wahlmöglichkeiten haben, Informationen erhalten, Kenntnisse über vorhandene Produkte und angemessene Forderungen vermittelt bekommen. Es ist auch wichtig, daß Unternehmen ein Bewußtsein über ihre Verantwortung als Produzenten haben. Auch dieses Bewußtsein entsteht nicht automatisch, sondern die Politik muß Zuckerbrot und Peitsche einsetzen, um die Entwicklung voranzutreiben. Es geht auch um ein Bewußtsein der Behörden, die Verantwortung übernehmen und ihre Möglichkeiten erkennen müssen, z. B. in bezug auf das öffentliche Beschaffungswesen. Auch muß die Entwicklung umweltfreundlicher Unternehmen gefördert werden, eine Entwicklung, die in die richtige Richtung geht. Außerdem geht es um Ausbildungsangebote, um die Förderung technischer Entwicklungen, um die Zusammenarbeit zwischen Forschern der NRO, den Gewerkschaftsbewegungen und, nicht zuletzt, den Behörden. In diesem Bereich gibt es also noch sehr viel zu tun. Um diese dauerhafte Entwicklung leisten zu können, müssen wir Sektor für Sektor vorgehen, und vielleicht müssen wir manchmal auch eine heilige Kuh schlachten, die übriggeblieben ist. Wir tragen eine eindeutige Verantwortung und haben einen klaren Auftrag, nicht zuletzt von seiten der Bürger Europas. Wir brauchen eine bessere Umwelt, aber es gibt auch 20 Millionen Arbeitslose, die Beschäftigung brauchen. Hier liegt die Herausforderung. Zu diesem Bericht gibt es zwölf Änderungsanträge. Zwei davon kann ich unterstützen, und zwar Änderungsantrag 3 und Änderungsantrag 11 von Herrn Virgin. Gegen die übrigen habe ich keine grundsätzlichen Einwände, aber ich finde nicht, daß der Bericht oder der Entwurf der Kommission dadurch klarer werden, eher im Gegenteil. Frau Präsidentin, Frau Hulthén, Ihr Bericht ist hochinteressant, und ich danke Ihnen dafür, daß Sie die Schlußfolgerungen der Stellungnahme des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten akzeptiert haben. Mein Glückwunsch zu Ihrer Leistung. Wir sind uns wohl alle darin einig, daß die zunehmende Belastung der Umwelt aufgrund der Art der Entwicklung der Industriegesellschaft zu einem der Hauptprobleme unserer Zeit geworden ist. Schmutzige und stinkende Flüsse, rund um uns Müll und Abfälle, beißender Dunst über unseren Städten - das sind vielleicht die sichtbarsten Anzeichen dafür, daß ein Planet, unsere Erde, immer schmutziger wird, aber daneben gibt es noch eine weniger sichtbare, aber uns viel nähere Verschmutzung, nämlich die Erkrankungen, die durch chemische und physikalische Schadstoffe begünstigt werden. Die Mitteilung der Kommission zum Thema Umwelt und Beschäftigung zielt auf die großen Grundsätze einer Strategie ab, mit der Synergieeffekte zwischen Umwelt- und Beschäftigungspolitik erzielt werden sollen. Es geht darum, Arbeitsplätze zu schaffen, bei denen es darum geht, die die von uns verschmutzte Luft und das von uns verschmutzte Wasser wieder sauber zu bekommen, die die von uns produzierten Abfälle wiederzuverwerten, die die von uns gerodeten Wälder wiederaufzuforsten; ferner sollen gleichzeitig Forschung und Technologie die Umweltbelastung verringern und damit natürlich auch unsere Gesellschaft verbessern. Da wir, wie ich glaube, über Umwelt und Beschäftigungprobleme mehr sprechen, als daß wir wirkliche, quantifizierbare Mittel gegen diese beiden Übel ergreifen, bitte ich die Kommission in aller Bescheidenheit lediglich darum, bei der Ausarbeitung dieser europäischen Strategie unsere Wegwerfgesellschaft zu kritisieren. Denn nur damit können wir etwas erreichen. Frau Präsidentin, Umwelt schafft Arbeitsplätze! Dieser Slogan hat hier schon einen sehr langen Bart. Es war bereits 1993, als auf Anregung von Kommissionspräsident Jacques Delors in der Europäischen Union der Beschluß zu einem neuen Entwicklungsmodell gefaßt wurde. Die Ineffizienz des übermäßigen Verbrauchs natürlicher Ressourcen und der zu geringe von Arbeitskräften sollte durch eine nachhaltige Entwicklung ersetzt werden. Neben dem Umsteuern forderte Delors, daß das Feld Umweltschutz direkt als neues Beschäftigungsfeld erschlossen werden sollte. Die Verbesserung des Lebensumfelds und der Lebensqualität sollte - bisher noch unerschlossen - für neue Arbeitskräfte genutzt werden und so einen Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit leisten können. Aus völlig unerfindlichen Gründen hat die Kommission diesen bedeutenden Ansatz für eine Wirtschaftspolitik, die die Felder Umwelt und Beschäftigung so zusammenführt, daß sie einander verstärken, vernachlässigt. Diese Mitteilung der Kommission war längst überfällig. Jetzt erwarten wir natürlich, daß dieses Papier nicht wieder liegenbleibt, sondern von den Vertretern der Kommission in den Begleitausschüssen aktiv vertreten wird und der Einsatz von Strukturmitteln für Beschäftigungsprogramme im Umweltbereich angeregt wird, gerade dort, wo Mittel jetzt noch nicht abgerufen werden, und daß solche Änderungen dann in der Kommission ganz zügig genehmigt werden, damit das, was hier so schön auf dem Papier steht und was wirklich ein guter Ansatz ist, auch umgesetzt wird. Konsequent ist es dann natürlich, daß die Kommission sich für die neue Strukturfondsverordnung einsetzt, daß der Einsatz von Fördermitteln gerade in diesem innovativen Bereich auch entsprechend hoch angesetzt wird und die Umweltbehörden und Umweltschutzverbände auch bei der Planung, Evaluierung und bei der Umsetzung beteiligt werden. Frau Präsidentin, wertes Mitglied der Kommission, ich habe um das Wort gebeten, um meine Unterstützung für den Gesamtkontext des Berichts unserer Kollegin Hulthén zu äußern, der mir doch richtig zu sein scheint, vor allen Dingen wenn in der Europäischen Union im Bereich der Umwelt derzeit mehr als 3, 5 Millionen Menschen angestellt sind und die jährlichen Wachstumsaussichten auf 5, 5 % beziffert werden. Das wird von allen Seiten, und besonders in den Studien der OECD, anerkannt. So sind in einem Europa, das durch das Beschäftigungsproblem, aber auch durch die fortschreitende und unerläßliche Einbindung des Umweltaspektes in die politischen Maßnahmen der Europäischen Union geprägt ist, Beschäftigung und Umwelt heute zwei Seiten ein- und derselben Medaille, sie bilden ein Gegengewicht zu einem heute veralteten Entwicklungsmodell, das auf dem Verhältnis zwischen Preisen und Investitionen beruht und durch das die natürlichen Ressourcen übermäßig ausgebeutet werden. Ich möchte außerdem die Gelegenheit ergreifen, um hervorzuheben, daß im Grunde genommen bei der nächsten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik eine angemessene Berücksichtigung umweltspezifischer Fragen verstärkt notwendig ist, deutlich gesagt, eine Stärkung der Strategie für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung, für die wir uns ausgesprochen haben. Und ich möchte ebenfalls die Rolle der Struktur- und Kohäsionsfonds bei der Entwicklung der Umweltpolitik, insbesondere bei der Verknüpfung von Umwelt und Beschäftigung, betonen. Es ist unbestritten, daß die vorgeschriebene Verwendung von 50 % des Kohäsionsfonds für die Umwelt einen äußerst positiven Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität in den aus dem Kohäsionsfonds unterstützten Staaten geleistet hat. Sie hat allerdings auch die Bedeutung von Investitionen im Umweltbereich in diesen Staaten verstärkt und die Verknüpfung der Rolle der Umwelt mit der Schaffung von Arbeitsplätzen noch deutlicher gemacht. Außerdem ist heute allgemein bekannt, daß die Sektoren und Unternehmen, die in umweltgerechte Verfahren, Produktionssysteme und Produkte investieren, sich innerhalb der Europäischen Union und im Außenhandel der Union immer schlechteren Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt sehen. Deswegen erklären wir unsere Unterstützung für den Bericht der Kollegin Hulthén und die Aufforderung an die Kommission, uns nach dieser Mitteilung konkrete Vorschläge im Sinne des Berichts des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments vorzulegen. Frau Präsidentin, wir behandeln jetzt einen guten Bericht, der viele gute Ideen enthält, mit denen die Kommission weiter arbeiten kann. Ich möchte Frau Hulthén dazu gratulieren. In diesem Bericht geht es um wichtige Fragen, wie die Umweltpolitik zur Schaffung sinnvoller Arbeitsplätze innerhalb der EU beitragen kann. Wie aus den Daten der Kommissionsmitteilung ersichtlich ist, ist der Umweltsektor in Wirklichkeit sehr expansiv, man rechnet in den nächsten Jahren mit einem Zuwachs von 5, 5 Prozent. Das ist sehr erfreulich. Die Erklärung liegt teilweise im zunehmenden Engagement der Menschen für Umweltfragen. Dadurch verlagern sie ihre Nachfrage auf umweltfreundliche Waren und unterstützen auf diese Weise die Beschäftigung im Umweltbereich. Auch politische Entscheidungen über Emissionsgrenzen und ähnliches haben sich auf Investitionen und damit auf die Beschäftigung ausgewirkt. Wir hatten gestern eine Diskussion über wirtschaftliche Steuerungsinstrumente. Wenn sie richtig eingesetzt werden, können sie zweifellos zu einer besseren Umwelt und mehr Beschäftigung beitragen. Ein übertriebener Einsatz oder falsche Umweltangaben können allerdings einen entgegengesetzten Effekt haben. Ich glaube auch, daß es wichtig ist zu betonen, daß Wachstum in diesem Zusammenhang eine wichtige Funktion erfüllt. Durch mehr Wachstum nehmen unsere Möglichkeiten zu, etwas für eine bessere Umwelt zu tun. Das ist auch der Fall: Das Wachstum entsteht in unseren modernen Gesellschaften über neue Sektoren. Die Umwelt steht zweifellos im Mittelpunkt des Interesses. Die Empfehlungen des europäischen Rates zur Anhebung der Beschäftigung in Europa haben natürlich viel mit dem Thema zu tun, über das wir heute abend diskutieren. Ein Teil dieser Gedanken findet sich in den Änderungsanträgen der Fraktion der Europäischen Volkspartei. Ich hoffe, daß die Berichterstatterin alle diese Vorschläge unterstützen kann, wenn sie sich näher damit befaßt. Frau Präsidentin, wir können dem Bericht von Frau Hulthén sowie den Stellungnahmen des Ausschusses für Regionalpolitik und des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zustimmen. Gerade in der Stellungnahme des Ausschusses für Regionalpolitik steht etwas sehr Zutreffendes: "Die derzeitigen Produktions- und Konsummodelle sind bei weitem nicht nachhaltig" , wie es auch das Fünfte Umwelt-Aktionsprogramm sagt. Und natürlich tragen heutzutage die Industrieländer die Hauptverantwortung für die Umweltsituation auf der Welt. Im Vertrag von Amsterdam wird eine Verknüpfung zwischen Beschäftigung und Umwelt sowie zwischen diesen beiden Bereichen und den übrigen Politiken hergestellt, doch wissen wir alle, daß in der Wirtschafts- und Agrarpolitik Entscheidungen getroffen werden, die mit dem Umweltschutz nichts im Sinn haben. Wir sind daher völlig mit einer Mitwirkung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an Projekten aus den Strukturfonds und im Umweltbereich einverstanden. Ebenfalls einverstanden sind wir damit, daß Menschen, die in einigen Regionen der Europäischen Union von der Industrie freigesetzt werden, eine Ausbildung erhalten, mit der sie im Gewässerschutz, bei der Abfallverwertung, der Behandlung verseuchter Böden und der Pflege von Naturschutzgebieten tätig werden können. Wie es die OECD richtig sagt, kann der Umweltbereich in den kommenden Jahren ein Beschäftigungswachstum von 5, 5 % erreichen. Wir können keineswegs behaupten, daß derartige Wachstumsraten auch in anderen Sektoren üblich sind; vielmehr ist dort ein Rückgang zu beobachten. Daher müssen Beschäftigung und Umwelt unbedingt miteinander verknüpft werden. Frau Präsidentin, ich möchte zunächst Frau Hulthén zu einem ausgezeichneten Bericht über zwei sehr wichtige Themen gratulieren: Umwelt und Beschäftigung. Angaben von Eurostat zeigen, daß es in der EU heute etwa 3, 5 Millionen Arbeitsplätze im Umweltbereich gibt. Laut OECD ergibt sich bei vorsichtiger Schätzung ein jährlicher Zuwachs an umweltbezogenen Arbeiten von 5, 5 Prozent. Das zeigt ja in aller Deutlichkeit, daß die Kombination notwendiger Umweltinvestitionen und "grüner Arbeitsplätze" nicht nur wirtschaftlich sinnvoll ist, sondern daß dadurch auch die zu geringe Nutzung menschlicher Ressourcen und die übermäßige Ausbeutung von Naturressourcen korrigiert werden kann. Da die Kommissarin zu dieser späten Stunde noch anwesend ist, was ich wirklich zu schätzen weiß, möchte ich die Kommission auffordern, schnellstens den schwedischen Aktionsplan für Beschäftigung und "grüne Arbeitsplätze" zu genehmigen, welcher der Kommission seit November vorliegt. Ansonsten werden die Signale der Kommission als sehr widersprüchlich aufgefaßt. Natürlich wird meine Fraktion diesen Bericht unterstützen, aber wir würden es begrüßen, wenn auch unser Änderungsantrag unterstützt werden würde, den ich für eine wichtige Ergänzung zu Punkt 45 halte: daß nämlich die Länder, die eine Steuer auf Energie und Kohlendioxid einführen wollen, den anderen Ländern vor Augen führen können, wie man es schafft, die in Kyoto eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten. Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, die Europäische Union wird sich also nach all den Jahren, in denen sie predigte und sehr viel Energie darauf verwendete, die Entwicklungsländer zu überzeugen, von einem ähnlich verschwenderischen Wachstum wie in den nördlichen Ländern Abstand zu nehmen und sich dem asketischen Weg einer nachhaltigen Entwicklung zu verschreiben, allmählich bewußt, daß sie ebensogut vor ihrer eigenen Tür kehren und zugeben könnte, daß eine angespannte Arbeitsmarktlage und der massive Ausschluß vom Erwerbsleben langfristig keine akzeptablen Lebensbedingungen bieten. Bedeutet dies nun, daß wir unserer kritiklosen Begeisterung für die Produktionstechnologien mit ihrem Heißhunger nach natürlichen Ressourcen und ihrer Menschenfeindlichkeit den Rücken kehren? Geben wir zu, daß der Zweck von Entwicklung die Verbesserung der Lebensbedingungen, der Abbau der Ungleichheiten und die umfassende Verbreitung von Wissen ist? Werden wir die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt der Dynamik dieser Entwicklung stellen? Umweltpolitik ist transversal. Zum einen hängt sie ab von der Wachstumspolitik, der Bildungs- und Ausbildungspolitik, der Beschäftigungspolitik, der Gesundheitspolitik, der Steuer- und Beihilfenpolitik sowie von der Klassifikation bestimmter öffentlicher Dienste nach Umweltkriterien. Zum anderen müssen Umweltfragen dauerhaft in die Bereiche Energie, Transport, Landwirtschaft, Industrie und Tourismus miteinbezogen werden. Die Politik der Zusammenarbeit sollte zu einer Politik der Zusammenarbeit in Entwicklungsfragen führen. Wir dürfen uns jedoch nicht der Träumerei hingeben. Wir wissen, daß in unmittelbarer Zukunft eine Neuschaffung von Arbeitsplätzen in großem Umfang nicht zu erwarten ist. Die Integration der Umweltpolitik in die Wirtschaftspolitiken läuft häufig auf die Integration neuer Kosten hinaus. Eine Besteuerung der Umweltverschmutzung würde jedoch zu Wettbewerbsgefällen und somit zur Zerstörung von Arbeitsplätzen führen. Weitere Fortschritte sind allerdings erforderlich. Wir brauchen eine umfassende öffentliche Umwelt- und Beschäftigungspolitik, die diese Risiken vermindert und die negativen Auswirkungen begrenzt. Nur so kann ein Angleichungsniveau erzielt werden, das alle Anstrengungen zugunsten von Umwelt und Beschäftigung lohnenswert und effizient werden läßt. Dies setzt klare Zielsetzungen und ohne Zweifel konsequentere Mittel voraus, als den Hinweis auf Strukturfonds. Frau Präsidentin! Gerne hätte ich gesagt: Es war einmal, als die Menschen glaubten, Umweltschutz zerstöre Arbeitsplätze. Es ist noch nicht so lange her, daß diese Meinung vorgeherrscht hat. Heute haben alle Menschen erkannt, daß nur dann, wenn Betriebe auf die natürlichen Ressourcen achten und mit Rohstoffen, mit Energie sparsam und sorgsam umgehen, Arbeitsplätze auf Dauer gesichert werden können und damit eine nachhaltige Entwicklung eingeleitet wird. Ich denke, es ist sehr wichtig, daß die Kommission nach einer sorgfältigen Vorbereitung durch eine Anhörung ihre Mitteilung zum Thema Umwelt und Beschäftigung gerade in diesem Jahr dem Parlament übermittelt hat und daß wir das jetzt zu Beginn der österreichischen Präsidentschaft, wo es darum gehen wird, wie die nationalen Beschäftigungspläne umgesetzt werden können, diskutieren. Ich darf Frau Hulthén, der Berichterstatterin, danken, daß sie dieses Thema so kompetent aufgegriffen und aufbereitet hat. Wir haben sicherlich noch sehr viel zu tun, um konkret umzusetzen, welche Arbeitsplätze können wo entstehen, nicht zu viele Arbeitsplätze entstehen zu lassen durch Umweltreparatur, wo noch einiges notwendig sein kann, sondern vor allem Arbeitsplätze dort entstehen zu lassen, wo neue Industrien daran arbeiten, diese umweltverträglicheren Arbeitsabläufe vorzubereiten und die notwendige Infrastruktur zu schaffen. Auch im Kyoto-Prozeß, wenn es darum geht, Emissionen zu senken, wird es genau in diesem Bereich um Arbeitsplätze gehen, weil alleine mit Wärmedämmung in bereits bestehenden Gebäuden sehr viele Staaten die Hälfte des notwendigen Emissionsreduktionsziels erreichen können. Ich hoffe, Frau Kommissarin, daß bei der Debatte, die noch in diesem Halbjahr folgen wird, über die Frage, wie denn die Beschäftigungspläne umgesetzt werden, der Bereich Umwelt und Beschäftigung eine ganz besonders große Rolle spielt. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich teile die Auffassung der Berichterstatterin und der Teilnehmer, die sie in der heutigen Debatte vorgetragen haben, daß wir nämlich über ein sehr wichtiges Thema reden. Deshalb können wir uns natürlich etwas darüber ärgern, daß es so spät geworden ist. Aber das soll uns nicht daran hindern, die Wichtigkeit des Zusammenhangs zwischen Umweltschutz und Beschäftigung zu betonen. Ich möchte zunächst etwas über die Beschäftigung sagen, da sie ja jetzt ein selbstverständlicher Punkt auf der Tagesordnung der Europäischen Union ist. Wir wissen, daß die Beschäftigung in den Vertrag von Amsterdam als ein Unionsziel aufgenommen worden ist. Wir hatten letztes Jahr in Luxemburg ein besonderes Gipfeltreffen über Beschäftigung, und in diesem Jahr haben alle 15 Mitgliedstaaten der Kommission zum ersten Mal ihre Aktionspläne für die Beschäftigung vorgelegt. Die Kommission hat eine erste Bewertung dieser Pläne auf der Gipfelkonferenz in Cardiff vorgelegt, und das gab uns die Möglichkeit, diese Politiken aus einem Umweltaspekt näher zu betrachten und mit unseren Kollegen darüber zu beraten, wie die existierenden Synergien zwischen den beiden Politiken gefördert werden können. Man kann dies erreichen, indem man die Zielsetzung Umweltschutz und dauerhafte Entwicklung in die neuen Beschäftigungsrichtlinien für 1999 integriert. Was den Umweltschutz angeht, so reicht die europäische Verpflichtung weiter zurück. Mehrere sind darauf eingegangen, aber auf dem Gipfeltreffen in Cardiff gab es ja einen neuen Impuls, und man akzeptierte eine verbesserte Strategie zur Integration der Umwelt in alle anderen EU-Politiken. Heute werden nicht nur Wirtschaft und Umwelt miteinander verknüpft. Wir ergänzen die dauerhafte Entwicklung auch um eine soziale Dimension. Ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum, Umweltschutz und die Schaffung von Arbeitsplätzen sind nicht nur kombinierbar, sie sind auch wesentliche Elemente einer langfristigen Entwicklungsstrategie. Um diese neue Entwicklung durchzuführen, müssen - wie in der Mitteilung beschrieben - bestimmte Prinzipien beachtet werden, und ich werde einige davon kurz erwähnen. Wir brauchen umweltbezogene Investitionen. Wir brauchen höhere Beschäftigungsraten, und damit meine ich, daß es eine Änderung der Steuergesetzgebung geben muß, indem wir die Besteuerung der Arbeitskraft reduzieren. Darüber haben wir schon gestern abend diskutiert, wie Herr Virgin sagte, und es war fast genauso spät. Alle betroffenen Parteien müssen sich beteiligen. Im Anschluß an die Klimaprobleme sehe ich insbesondere Möglichkeiten zur Schaffung von Arbeitsplätzen für neue Industrien und Dienstleistungen. Dabei kann es sich um die vermehrte Anwendung erneuerbarer Energiequellen handeln, um die Verbesserung der Energieeffektivität im Zusammenhang mit Prozessen, Produkten und Gebäuden oder um mehr Export in Märkte außerhalb der Union. All diese Aktivitäten werden Geld einsparen. Sie werden die Umwelt verbessern, und sie werden Arbeitsplätze schaffen. Ich bin mit Frau Graenitz einer Meinung, daß es erfreulich ist, daß die österreichische Präsidentschaft die Mitteilung über Umwelt und Beschäftigung auf der Sitzung des Umweltrates im Oktober behandeln wird. Ich hoffe, daß der Rat bei dieser Gelegenheit eine Entschließung annehmen wird, durch welche die Verpflichtung der Kommission und der Mitgliedsländer zur Durchführung weiterer Maßnahmen in den Bereichen Umwelt und Beschäftigung verstärkt wird. Frau Präsidentin, damit möchte ich schließen, aber zuvor möchte ich den drei Ausschüssen des Europäischen Parlaments noch meine Anerkennung für ihren ausgezeichneten Bericht und ihre Stellungnahmen zu der Mitteilung der Kommission über Umwelt und Beschäftigung aussprechen. Insbesondere möchte ich Frau Hulthén für ihren großen Einsatz als Berichterstatterin danken, aber auch dem Vorsitzenden des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz, Herrn Ken Collins, für seine aktive Mitarbeit bei der Konferenz über Umwelt und Beschäftigung, die vom Europäischen Parlament und von der Kommission im letzten Jahre gemeinsam vorbereitet wurde. Und schließlich möchte ich mich noch für die effektive Zusammenarbeit mit meinem Kollegen Padraig Flynn bedanken. Vielen Dank, Frau Kommissarin Bjerregaard! Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. (Die Sitzung wird um 00.05 Uhr geschlossen.)