Das Protokoll der gestrigen Sitzung wurde verteilt. Gibt es Einwände? Frau Präsidentin, es gibt ein sprachliches Problem hinsichtlich des Protokolls der gestrigen Sitzung. In der französischen Fassung des Protokolls der gestrigen Sitzung wird im Zusammenhang mit den transatlantischen Beziehungen und dem Stufensystem im Absatz e) in englischer Version von STOA studies gesprochen, und dieser Begriff wurde mit "STOA-Bericht" übersetzt. STOA erarbeitet aber keine Berichte - diese sind den parlamentarischen Ausschüssen vorbehalten -, sondern Studien. Ich wünsche mir somit, daß der Übersetzungsdienst im Französischen in Zukunft immer von Studien der STOA spricht und nicht von Berichten, so daß die Unabhängigkeit und der Zuständigkeitsbereich der parlamentarischen Ausschüsse dieses Parlaments voll und ganz gewahrt bleiben. Herr Pompidou, das war kein Antrag zum Verfahren, sondern in Wirklichkeit eine Bemerkung zu dem soeben genehmigten Protokoll. Ihre Bemerkung bezog sich auf eine sprachliche Korrektur, und es ist völlig klar, daß alles, wodurch eine Verbesserung und Berichtigung des Textes ermöglicht wird, nur festgehalten werden kann. Dies wird somit geschehen. (Das Parlament genehmigt das Protokoll.) Frau Präsidentin! Gestern wurde mir berichtet, daß wieder eine Assistentin der Abgeordneten Schierhuber in Brüssel überfallen und beraubt wurde. Die Wohnung des Abgeordneten Schiedermeier wurde aufgebrochen. Wann werden die Wünsche von über 150 Abgeordneten nach verstärkten Sicherheitsmaßnahmen in Brüssel erfüllt? Herr Rübig, dies war eigentlich keine Bemerkung zum Protokoll. Davon abgesehen ist Ihr Hinweis vollkommen berechtigt, und wie Sie wissen, setzen wir uns dafür ein, daß all dies ein Ende hat, was jedoch nicht von heute auf morgen erreicht werden kann. Ich kann Ihnen allerdings sagen, daß zahlreiche Maßnahmen ergriffen wurden, die in die Richtung gehen, die von Ihnen, wie auch von vielen anderen Kolleginnen und Kollegen - übrigens bereits mehrfach - gewünscht wurde. Gibt es weitere Einwände zum Protokoll? Das ist nicht der Fall. (Das Parlament genehmigt das Protokoll.) Frau Präsidentin, ich möchte nur eine kurze Erklärung abgeben, um das Parlament und meine Kollegen darüber zu informieren, daß in Portugal - auch wenn die Regierung eine barmherzige Regierung mit christlichen Prinzipien ist - die Demonstrationen von Landwirten, die besorgt über ihre Zukunft sind, weil es über einige Jahre hinweg äußerst schlechte Ernten gab und sie am Rande des Bankrotts stehen, gegenwärtig von gepanzerten Fahrzeugen, Hubschraubern, Stoßtrupps und Hunden empfangen werden. Wenn dies wirklich der Humanismus ist, der die Regierung meines Landes kennzeichnet, dann protestiere ich. Ich hatte von jeher Verbindungen zur Landwirtschaft und ich habe innerhalb des rechtlichen Rahmens, im Rahmen dessen, was legal ist, demonstriert. Ich möchte auf die Tatsache hinweisen, daß es sogar in einer Demokratie schwer ist, gewisse Gewohnheiten aus einer Diktatur abzulegen. Herr Rosado Fernandes, ich habe Ihnen zugehört, obwohl es sich hierbei nicht um einen Verfahrensantrag handelt, und Sie sind sich dessen sehr wohl bewußt. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bitte melden Sie sich nur zu Wort, wenn es sich um einen Verfahrensantrag handelt. - Frau Präsidentin, dies ist vielleicht kein Antrag zum Verfahren gemäß der Geschäftsordnung, betrifft aber doch die Weltordnung. Wenn Sie mir eine Minute gestatten. Heute morgen ist bekannt geworden, daß das Land Burkina Faso den Vertrag von Ottawa gegen Landminen ratifiziert hat, womit die Zahl der Länder, die den Vertrag ratifiziert haben, auf 40 gestiegen ist. Damit tritt der Vertrag am 1. März 1998 in Kraft, und wir werden am 1. März 1999 damit beginnen können, die Welt von Landminen zu befreien. Da auch dieses Parlament viel getan hat, den Vertrag von Ottawa zustande zu bringen, müssen wir nicht nur die Regierung Kanadas und die Regierung Burkina Fasos als vierzigstes Land beglückwünschen, sondern vielleicht auch uns selbst ganz leise gratulieren. Danke, Herr Bertens. Dies war natürlich kein Verfahrensantrag, aber jeder war sich wohl der Wichtigkeit und der Bedeutung der Informationen bewußt, die Sie uns damit geliefert haben. Frau Präsidentin, es handelt sich wohl nicht um einen Antrag zum Verfahren, sondern um eine Frage, die ich an Sie richten möchte. Am 7. April, also vor 5 Monaten, habe ich nämlich eine schriftliche Anfrage beim Präsidenten des Parlaments über die Ausschreibung und Lieferung von Mobiliar für die Bar und Restaurants des Europäischen Parlaments eingereicht. Ich habe darauf immer noch keine Antwort erhalten, trotz diverser Telefongespräche mit den Diensten des Parlamentspräsidenten. Jetzt ist meine Frage an Sie: Wie kann ich eine Antwort auf diese Anfrage erhalten? Frau Plooij-Van Gorsel, natürlich kann ich Ihnen nicht sofort antworten, da ich bisher nichts von diesem Brief wußte. Ich werde jedoch den Präsidenten darum bitten, die Anfrage zu beantworten, die Sie an ihn im April gerichtet haben, sofern er dies - wie Sie uns gerade gesagt haben - noch nicht getan hat. Nach der Tagesordnung folgt die Empfehlung für die zweite Lesung (A4-0291/98) im Namen des Ausschusses für Entwicklung und Zusammenarbeit über die Verordnung des Rates über die Berücksichtigung geschlechterspezifischer Fragen in der Entwicklungszusammenarbeit. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Stärkung der Stellung der Frau ist ein wichtiges Ziel an sich. Mit der Erlangung des gleichen Status, der gleichen Chancen und der gleichen sozialen, wirtschaftlichen und gesetzlichen Rechte wie Männer, mit der Erlangung des Rechts auf reproduktive Gesundheit und des Rechts auf Schutz gegen geschlechtsbedingte Gewalt wird das Wohlergehen der Menschen insgesamt steigen. Dieses Credo entstammt nicht etwa einem feministischen Manifest, sondern einer Publikation der Vereinten Nationen, die anläßlich der vierten Weltfrauenkonferenz in Peking den faktenreichen Band "Die Frauen der Welt 1995" herausgegeben haben. Die Lehren, die daraus zu ziehen sind, decken sich im Ansatz mit dem Mainstreaming-Konzept der Europäischen Kommission für die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte in allen Politikbereichen, eben auch in der Entwicklungszusammenarbeit. Die Europäische Union hat seinerzeit in Peking - ich wiederhole das gern und kann es aus eigener Anschauung sagen - eine gute und konstruktive Rolle gespielt. Alle Beteiligten haben sich mit der in Peking verabschiedeten Aktionsplattform und Schlußerklärung dazu verpflichtet, mit gezielten Maßnahmen in ihrem jeweiligen Kompetenzrahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen und zu tatsächlicher Gleichstellung von Frauen in allen Lebensbereichen beizutragen: bei der Erziehung, Bildung und Ausbildung, in Beruf und Familie, im Sozialwesen, in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, Justiz, Kultur, Medien usw. Der vorliegende Verordnungsvorschlag ist ein begrüßenswerter Ansatz, das Bewußtsein dafür zu schärfen, daß die Stärkung der Rechte der Frau der Schlüssel für die vielbeschworene nachhaltige Entwicklung schlechthin ist. Die Intention, die vorgesehenen Finanzmittel - deren Umfang leider höchst bescheiden ausfällt - nicht für operationelle Projekte, sondern für Sensibilisierungsmaßnahmen vorzusehen, verdient ausdrücklich Unterstützung. Die bisher nur höchst mangelhafte inhaltliche und personelle Integration von Frauenbelangen in die für Entwicklungszusammenarbeit so wichtigen Bereiche wie Landwirtschaft und Viehzucht, Fischerei, Waldbau, Trinkwasserversorgung, Not- und Katastrophenhilfe, aber auch Handel, Lebensmittelverarbeitung oder Leichtindustrie hat nicht zuletzt ihre Ursache in hartnäckigen Vorurteilen und kulturellen wie religiösen Barrieren, die mit Unkenntnis einhergehen. Die ganze Palette der Benachteiligung von Frauen in allen Kulturkreisen soll hier nicht noch einmal aufgezählt werden. Die Probleme sind ja bekannt. Wir können sagen, daß der Vorschlag zur Verordnung hier ein Schritt in die richtige Richtung ist. Allerdings ist es nur ein kleines Schrittchen, dem weitere folgen müssen. Ich kann ausdrücklich anerkennen, daß zahlreiche Änderungsanträge aus der ersten Lesung positiv aufgegriffen wurden, aber es gibt einen entscheidenden Mangel beim Gemeinsamen Standpunkt des Rates. Er hat nämlich die Geltungsdauer begrenzt. Ich denke, es ist richtig, nach fünf Jahren zu überprüfen, wie das Programm gegriffen hat. Aber das Problem ist nach fünf Jahren keineswegs erledigt, wir werden unsere Bemühungen fortsetzen müssen. Insofern schlage ich vor, daß die zeitliche Begrenzung herausgenommen wird. Ich rechne mit einer breiten Zustimmung dieses Hauses. Es wird damit der Anspruch gestärkt, die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Fragen der Entwicklungszusammenarbeit als Querschnittsaufgabe zu begreifen, die in der gesamten Entwicklungszusammenarbeit praktiziert werden muß. Es kommt, wie es das Programm auch vorsieht, darauf an, einen hohen Multiplikatoreneffekt zu bewirken. Das erfordert ein koordiniertes Vorgehen mit den Mitgliedsländern. Sensibilisierung ist nämlich nicht nur in den Entwicklungsländern vonnöten, sondern auch im eigenen Haus. Das heißt, daß alle Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger auf Gemeinschaftsebene entsprechend fortgebildet werden müssen. Dabei darf es nicht nur um die sogenannten harten Faktoren gehen, sondern es muß auch um die neuen Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit gehen, die zunehmend an Bedeutung gewinnen: Menschenrechte, Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit, Beteiligung der Zivilgesellschaft, good governance , Handel, makroökonomische Analysen, Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse und Armutsbekämpfung, reproduktive Gesundheit. Dabei sind die in den Entwicklungsländern vorhandenen Strukturen und die örtlichen Kapazitäten vorrangig zu nutzen. Allerdings, auch die beste Absicht und die schönste Verordnung sind null und nichtig, wenn es für die Umsetzung am notwendigen Personal fehlt. Das trifft in diesem Zusammenhang in besonders eklatanter Weise zu. Das Europäische Parlament und seine Ausschüsse beklagen seit langem die personell unzureichende Besetzung des Arbeitsbereiches Frauen und Entwicklung in der Kommission. Jetzt ist der Tiefpunkt erreicht! Die A-Beamtin, die in der Generaldirektion für GenderFragen zuständig war, hat diesen Platz verlassen. Eine Nachfolgerin ist nicht in Sicht. Ich höre, daß die ursprünglich vorgesehene Ausschreibung gestoppt worden sein soll. Nun hält nur noch eine nationale Expertin aus Schweden die Stellung. Dazu hätte ich gerne eine Stellungnahme der Kommission, denn es stellt sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit. Hier hat die Kommission gegenüber dem Parlament, aber erst recht gegenüber den Frauen in den Entwicklungsländern eine Bringschuld! Frau Präsidentin, wir haben uns im Ausschuß für die Rechte der Frau auch mit dem Thema "Entwicklungszusammenarbeit und geschlechtsspezifische Aspekte der Entwicklungszusammenarbeit" intensiv befaßt. Ich war als Berichterstatterin in Peking und kann nur sagen, es war richtig, was dort beschlossen wurde. Die Aktionsplattform gibt uns einen Handlungsrahmen. Wenn wir nicht umsetzen, was dort in Angriff genommen wurde, hilft die beste Beteuerung der Nachhaltigkeit nichts. Wenn wir schon erkannt haben, daß Frauen der Schlüssel für Entwicklung sind, dann muß schnellstens die Verordnung in Kraft treten. Wir haben von Frau Junker gehört, daß es hier bei der Umsetzung durch die Kommission große Schwierigkeiten gibt. Wir haben hier auch zwei Haushaltslinien, die derzeit blockiert werden. Mit der Verordnung werden wir die so dringend notwendige Rechtsgrundlage bekommen, um geschlechtsspezifische Angelegenheiten umzusetzen. Nun wurde auch angesprochen, daß die Stellen bei der Generaldirektion Ib und VIII in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet haben. Es wurden also nicht nur Pilotprojekte zum Mainstreaming überwacht, sondern auch Verfahren entwickelt, die eine Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen bei Einzelprojekten ermöglichten. Einzelne Projekte in den Ländern, mit denen wir zusammenarbeiten, wurden genau auf ihre Auswirkungen auf Mädchen und Frauen untersucht. In zweiter Linie wurden Maßnahmen ergriffen, um das Personal bei der Kommission und bei anderen Dienststellen für die Fragen der geschlechtsspezifischen Zusammenarbeit zu sensibilisieren. Man darf jetzt nicht stehenbleiben, wir müssen weitergehen. Wenn nun die wenigen Stellen bei der Kommission unbesetzt bleiben, dann werden unsere ganzen Anstrengungen ad absurdum geführt. Deshalb denke ich, müssen wir die Ansätze weiterführen und die Mittel der beiden betroffenen Haushaltslinien, der Linie B7611 und B7-631 schnellstens freigeben. Die Mittelausnutzung dort lag bei 93 %, also eine sehr hohe Verwendungsrate. Hier müssen also die Maßnahmen für die Bereiche Krisenvermeidung, Menschenrechte, Demokratisierung und Grundbildung in unseren Kooperationsländern schnellstens umgesetzt werden. Ich möchte noch einmal betonen, wie es Frau Junker schon getan hat, daß mit einer zeitlichen Befristung die Wirkungen der Verordnung natürlich sehr eingeschränkt werden. Wenn wir uns darauf verständigen - ich gehe davon aus, daß wir hier im Haus eine Mehrheit finden -, daß die zeitliche Befristung aufgehoben wird, dann ist das eine sehr wichtige Entscheidung. Eine ständige Evaluierung der Auswirkungen dieser Politik bliebe deswegen trotzdem weiter notwendig. Die Aufhebung der zeitlichen Befristung ist jedoch ein zentrales Anliegen. Frau Präsidentin! Bei Themen wie diesem ist man es ja gewohnt, daß die Damen des Hauses unter sich sind. Um so mehr möchte ich es begrüßen, daß gerade auf unserer Seite des Hauses doch einige Herren vertreten sind, und zwar mehr als auf der Seite, die allgemein so sensibel für diese Fragen zu sein scheint. Daß Lord Plumb natürlich jetzt im falschen Moment geht, das steht auf einem anderen Blatt! Meine Damen und Herren! Es wird immer wieder beklagt, daß in der Entwicklungszusammenarbeit nicht genügend auf die kulturellen Gegebenheiten in den jeweiligen Ländern eingegangen und Rücksicht darauf genommen wird. Auch bei der geschlechtsspezifischen Ausrichtung der Entwicklungspolitik haben wir es mit der Tatsache zu tun, daß in den Gesellschaften anderer Länder eine traditionelle Aufgabenteilung herrscht, und wir wissen alle, daß es zu nichts führt, die Verhältnisse auf den Kopf stellen zu wollen. Es muß also zunächst darum gehen, die Bereiche zu identifizieren und dann auch verstärkt zu fördern, die vor allen Dingen die Frauen betreffen. So haben beispielsweise Projekte, die gerade im Bereich der Nahrungsvorsorge oder der Gesundheit angeboten werden, einen besonderen Erfolg. Aus diesem Grunde funktionieren auch in einer ganzen Reihe von Ländern gerade die Projekte betreffend Kleinkredite, die an Frauen vergeben werden, deren hohe Rückzahlungsmoral eigentlich in allen Berichten dokumentiert wird. Nach wie vor muß aber meiner Meinung nach der Bildungsbereich absoluten Vorrang haben, nicht nur weil der Anteil der Frauen unter den Analphabeten besonders hoch ist, sondern auch, weil mit einem höheren Bildungs- und Ausbildungsstand eine größere Sensibilisierung für die Fragen der Bevölkerungsentwicklung einhergeht, denn solche Frauen sind auch für die Geburtenregelung aufgeschlossener. Wir müssen allerdings eines bedenken: Immer dann, wenn wir den Aktionsradius der Frauen erweitern und er den der Männer tangiert, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder kommt es zum Konflikt oder zum Konsens, und für die Familien dürfte letzteres sicher von Vorteil sein. Wir dürfen auch nicht zulassen - gerade im Bereich der Familienplanung -, daß den Frauen die ganze Verantwortung für die Bevölkerungsentwicklung aufgebürdet wird. Das ist ein besonderer Ansatz, bei dem dieser geschlechtsspezifische Aspekt bedeutet, beide Seiten - Männer und Frauen - in die Verantwortung zu nehmen. Auch in diesem Bericht wird - wie bei anderen Themen - die Kooperation unter den Mitgliedstaaten gefordert. Das ist ein Thema, das bei allen möglichen Anlässen gerade im Entwicklungsbereich immer wieder auf der Tagesordnung steht. Ich wäre der Kommission sehr dankbar für Rückmeldungen über geglückte Kooperation, so daß wir mal ein Gebiet abhaken und sagen können: Hier funktioniert es! Danke an die Berichterstatterin! Frau Präsidentin, Frau Günther wird erfreut sein zu erfahren, daß die Grünen so fortschrittlich sind, daß sie einen männlichen Redner zu diesem Thema vorzuweisen haben. Ich habe den Bericht von Nel van Dijk im Ausschuß für die Rechte der Frau vorgestellt, da Frau van Dijk verhindert war, und kenne mich somit bestens in dieser Angelegenheit aus. Meiner Meinung nach ist dies ein Bereich von großer Wichtigkeit. Ich bin erst kürzlich von einem Besuch beim Dalai Lama in Dharamsala in Indien zurückgekehrt. Wenn wir uns das dörfliche Leben in Indien sowie die zentrale Rolle der Frau in der Gemeinschaft vor Augen führen und uns vergegenwärtigen, daß wir auf die Frau als treibende Kraft für die Entwicklung im Dorf abzielen müssen, so dürfte uns allen klar sein, daß die EU diesem Bereich stärker als bisher Rechnung tragen muß. Ich halte den Bericht von Frau Junker für ausgezeichnet, weil der springende Punkt herausgestellt wird, nämlich die Tatsache, daß wir unsere Mittel für die Ausbildung, Entwicklung und Förderung von Frauen in den Entwicklungsländern verwenden sollten und nicht ausschließlich für die Ausbildung von Frauen in der Kommission in Brüssel. Sicherlich sind Sensibilisierungs- und Feminisierungsmaßnahmen im Rahmen der Politik in der Kommission und in der gesamten Union von Bedeutung, aber der Fokus sollte auf der Verwendung von Finanzmitteln aus diesen Haushaltslinien für Frauenförderungsprojekte in den Entwicklungsländern selbst liegen. Diese Schlußfolgerung ist bedeutender Bestandteil des Berichts von Frau Junker und ich hoffe, daß die Reaktion der Kommission positiv ausfallen wird. Wir haben uns im Ausschuß für die Rechte der Frau auch mit der Frage beschäftigt, wie sich die Politik stärker feminisieren läßt: Wir müssen effektive ständige Ausschüsse mit höherem Frauenanteil einrichten, für eine bessere Vertretung von Frauen aus den Entwicklungsländern bei AKP-Delegationen sorgen, die Auswirkungen aller Entwicklungshilfeprojekte der EU für Frauen in den Entwicklungsländern genau beobachten und bewerten und sicherstellen, daß die Berichte nicht nur an die Kommission, sondern auch an das Parlament zurückgeleitet werden, um eine wirkliche Feminisierung der EUEntwicklungshilfe zu erreichen. Dies wäre ein großer Schritt vorwärts. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nicht das Wort ergreifen, ohne zuvor der Berichterstatterin und dem gesamten Ausschuß für Entwicklung und Zusammenarbeit für die Arbeit zu danken, die sie zur Frage der Berücksichtigung der Gleichstellung von Frauen und Männern im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen Union vorgelegt haben. Wie Jean Ferrat einst gesungen hat, ist die Frau die Zukunft des Mannes. Dies gilt insbesondere im Entwicklungsbereich. Wer beispielsweise schon einmal in Afrika war, hat erlebt, welch beherrschenden Part die Frauen im Entwicklungsprozeß einnehmen. Ihr Beitrag ist wesentlich, sowohl im wirtschaftlichen Bereich, und hier insbesondere im Sektor der informellen oder volksnahen Wirtschaft, als auch im Agrarbereich. Ebenso wird man ihren Beitrag zum Prozeß der Gesundung und des Wiederaufbaus nie in ausreichendem Maße loben können. Muß ferner auf die Rolle hingewiesen werden, die sie bei der Konfliktverhütung und der Herstellung des Friedens spielen? Dennoch sind die Frauen, die den Motor für die Entwicklung darstellen, in den Entwicklungsländern Opfer schwerwiegender Ungleichbehandlung, Opfer von sozialer, familiärer, wirtschaftlicher und politischer Diskriminierung und ihren Beitrag zur Entwicklung leisten sie trotz beträchtlicher Hemmnisse auf dem Weg zur Gleichbehandlung. Jenseits aller Absichtserklärungen geht es für die Europäische Union heute darum, die positiven Entschließungen, die sie mit der Unterzeichnung der Aktionsplattform und der Erklärung der Konferenz von Peking 1995 verabschiedet hat, mit Leben zu erfüllen und sie in die Tat umzusetzen, insbesondere bei ihrer Entwicklungshilfepolitik. Daher kann der Vorschlag für eine Verordnung des Rates nur begrüßt werden, der darauf abzielt, den Frauen die Rolle zuzubilligen, die ihnen als wesentlichen Akteuren der Entwicklung zukommt, indem dafür Sorge getragen wird, daß alle Interventionen und Strategien im Entwicklungsbereich systematisch auch eine Analyse der geschlechterspezifischen Fragen miteinschließen. Es ist nämlich von wesentlicher Bedeutung, daß die Aktivitäten der Europäischen Union im Entwicklungsbereich den Bedürfnissen und Prioritäten der Frauen vor Ort entsprechen. Es ist von wesentlicher Bedeutung, daß sie in vollem Umfang an der Konzeption und Umsetzung von Entwicklungsprojekten teilnehmen können. Ich möchte Ihnen heute also sagen, daß ich im Namen meiner Fraktion, der Radikalen Europäischen Allianz, voll und ganz der Empfehlung des Ausschusses für Entwicklung und Zusammenarbeit zustimme, insbesondere weil wir der Ansicht sind, daß die Berücksichtigung der geschlechterspezifischen Fragen bei den Gemeinschaftsaktionen zugunsten der Entwicklung auch ein Unterpfand für deren Erfolg darstellt. Außerdem möchte ich Ihnen sagen, daß es meines Erachtens nicht sinnvoll ist, diese Verordnung, die ein solch ehrgeiziges Programm beinhaltet, zeitlich zu begrenzen. Aus diesem Grund habe ich mich wie alle meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuß gegen die zeitliche Begrenzung dieser Verordnung, wie sie der Rat befürwortet hat, ausgesprochen, und ich hoffe, daß das Parlament in dieser Frage erhört wird. Der Begriff der Chancengleichheit von Frauen und Männern muß endgültig in unserem Denken verankert werden. Er muß ebenso nachhaltig die Aktionen der Europäischen Union im Bereich der Entwicklungshilfe prägen. Frau Präsidentin, ich als ein Mann und Mitglied des Parlaments muß gestehen, daß wir in einer Gesellschaft leben, sei es nun im Norden oder Süden, in der die Frauen große Schwierigkeiten haben, in Führungspositionen im sozialen, politischen oder wirtschaftlichen Bereich zu gelangen. Diese Chancenungleichheit zwischen Männern und Frauen stellt eine ungeheure Verschwendung von Potentialen und Fähigkeiten dar, die in weniger entwickelten Ländern noch offenkundiger ist. Ich bin gegen ein System, das dies auf der Grundlage von Quoten oder Beschlüssen regelt. Ich vertraue auf die starke Sensibilisierung für dieses Problem, wobei das Europäische Parlament eine Vorreiterrolle gespielt hat. In meinem Land gibt es ein altes Sprichwort, das folgendermaßen lautet: "Das weiche Wasser bricht den Stein" . Ich befürworte die erneute Vorlage der Änderungsanträge und jetzt Vorschläge zu der besagten Verordnung, denn die kleineren operationellen Projekte dürfen nicht vergessen werden; es muß bekräftigt werden, daß es nur eine Politik der Zusammenarbeit in der Europäischen Union gibt, und die vorrangigen Bereiche für eine stärkere Beteiligung der Frauen bei Dringlichkeitsvorhaben und Krisenprävention, Menschenrechten und Demokratisierung, bei der Wirtschaftsanalyse, im Handel sowie bei Fragen der Sexualität und Gesundheit müssen genauer festgelegt werden. Es ist wichtig, die Ausnahmesituation zu beenden und bei der Vergabe von Verträgen auf Vorschlag der begünstigten Ländern und den nächstgelegenen Entwicklungsländern wieder zur Normalität zurückzukehren. Die Europäische Union kann nicht mit der einen Hand wegnehmen wollen, was sie mit der anderen gegeben hat. Und schließlich die Frage, warum das Ende eines Programms, das auf die stärkere Vertretung der Frauen in den Organen und in der Politik zur Entwicklung der Europäischen Union abzielt, vorher festgelegt und ihm damit fünf Jahre im voraus der Totenschein ausgestellt werden soll. Wir brauchen nur an die langsamen Fortschritte bei den großen sozialen Umwälzungen in den letzten 15 Jahren in den Entwicklungsländern denken, an die leicht positive Entwicklung bei der Lebenserwartung, der Kindersterblichkeit, der Alphabetisierungs- und Geburtszahlen bis zum Pro-Kopf-BSP, um keine Wunder in diesem Bereich zu erwarten. Bedauerlicherweise, Frau Junker, werden wir - und der vorliegende Gemeinsame Standpunkt des Rates bestätigt das - noch viele, viele Jahre lang nach mehr women power in den Dienststellen und Delegationen der Kommission rufen hören. Frau Präsidentin, zunächst möchte ich die Verordnung des Parlaments begrüßen und mich im Namen der Kommission bedanken für die Unterstützung des Parlaments sowohl bei der Einrichtung dieser Haushaltslinie im Jahre 1990 als auch bei der Gemeinschaftspolitik des Mainstreaming und der Einbeziehung geschlechterspezifischer Fragen in der Entwicklungszusammenarbeit seit der Weltfrauenkonferenz in Peking 1995. Ich möchte dem Parlament an dieser Stelle für seine hervorragende Arbeit und die erbrachte Leistung meinen Dank aussprechen, insbesondere der Berichterstatterin Frau Junker im Namen des Ausschusses für Entwicklung und Zusammenarbeit und Frau Gröner im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau. Wir alle wissen, daß langjährige Erfahrungen und ausgeprägtes Engagement die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Europäischem Parlament und der Kommission in diesem Bereich bilden. Das Ziel des vorliegenden Verordnungsvorschlags ist die Schaffung einer kohärenten und soliden Rechtsgrundlage für Maßnahmen, die von ausschlaggebender Wichtigkeit sowohl für die Qualität und Effektivität unserer Entwicklungszusammenarbeit als auch für soziale Gerechtigkeit und Gleichheit sind. Es ist zwingend notwendig, daß diese Verordnung schnellstens in Kraft tritt, damit wir die Gelder für die vorgesehenen Zwecke verwenden können. Bisher wurden in der Entwicklungshilfe zwei wichtige Aspekte häufig vernachlässigt. Erstens wurde die vielschichtige wirtschaftliche und soziale Rolle der Frau in den Projektgebieten oft unterschätzt. Folglich sind Projekte auf einer unvollständigen Grundlage und ohne Beteiligung der am meisten Betroffenen konzipiert worden. Genau dieser Schwachpunkt wurde von Herrn Kerr hervorgehoben. Natürlich sind die Erfolgschancen solcher Ansätze gering. Zweitens wurde im Bereich der Planung die nachhaltige und starke Diskrepanz zwischen Männern und Frauen in den Entwicklungsländern vernachlässigt. Frau Günther hat sehr eindringlich auf diese Tatsache hingewiesen. Aufgrund dieser Diskrepanz sind die Möglichkeiten der wirtschaftlichen und sozialen Integration von Frauen eingeschränkt, und die Entwicklung der Gesellschaft insgesamt wird behindert. Diese Diskrepanz hat auch zur Folge, daß Frauen weiterhin eine untergeordnete Rolle spielen. Deshalb werden wir nun genau das umsetzen, was Frau Gröner fordert, und zwar die in Peking vereinbarte Einrichtung einer weltweiten Aktionsplattform. Aus diesen Gründen ist ein strategischer und katalytischer Ansatz von so großer Bedeutung. Lediglich weitere Projekte zugunsten von Frauen zu finanzieren, würde der Bedeutung dieses Aspekts nicht gerecht werden. Der Nutzen wäre gering, und sowohl die Qualität als auch die Effektivität des Mainstreaming-Konzepts in der Entwicklungshilfe wären auf lange Sicht unzureichend. Der Verordnungsvorschlag hingegen umfaßt Förderungsmaßnahmen zur angemessenen Berücksichtigung von geschlechterspezifischen Belangen in allen Politikbereichen und Programmen der Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen des Mainstreaming-Konzepts der Gemeinschaft. Was die Plattform anbelangt, so stand genau dies in Peking im Vordergrund. Gleichzeitig sieht die Verordnung die Förderung spezieller Maßnahmen zur Verringerung der Diskrepanz zwischen Männern und Frauen vor, die aus bestehenden Mitteln und in angemessen großem Umfang finanziert werden sollen. Unserer Meinung nach ist dies die richtige Methode. Sie deckt sich im Ansatz mit dem Mainstreaming-Konzept, das in den jüngsten Schlußfolgerungen des Rates befürwortet wird, sowie mit der früheren Entschließung und insbesondere mit der Konferenz von Peking. Wir werden uns bemühen, den breitgefächerten Mainstreaming-Ansatz nach Kräften zu unterstützen. Diese Aufgabe erfordert ein gründliches, flexibles und ständiges Überdenken traditioneller Ansätze und Vorgehensweisen. Nach internationalen Erfahrungen ist dies eine schwierige Aufgabe, die sich nicht auf die Schnelle bewerkstelligen läßt. Dennoch zeigt der erste Fortschrittsbericht über die Einbeziehung von geschlechterspezifischen Aspekten in die Entwicklungshilfe, daß wir bereits ein ordentliches Stück Weg zurückgelegt haben und die Arbeit unter einem guten Stern steht. Frau Junker hat sehr eindringliche Bemerkungen zur Personalfrage gemacht, und wir sind uns der Wichtigkeit ihrer Beobachtung bewußt. Wir werden uns darum bemühen, die gegenwärtige personelle Besetzung aufrechtzuerhalten, obwohl dies nicht einfach sein wird. Die gegenwärtig problematische personelle Besetzungssituation läßt uns in dieser Hinsicht sehr wenig Spielraum. Fachleute sind nicht immer verfügbar und können innerhalb der Generaldirektion nicht einfach so versetzt werden. Wir haben die Argumente von Frau Junker und Herrn Kerr zur Kenntnis genommen und stimmen ihnen dahingehend zu, daß sowohl die interne Ausbildung als auch die Ausbildung in den Entwicklungsländern selbst wichtig sind. Von den 20 zur Abstimmung eingereichten Änderungsanträgen nimmt die Kommission die folgenden an: Wir akzeptieren die sechs Änderungsanträge Nr. 1, 7, 9, 10, 14 und 20 vollständig und die Nr. 11, 17 und 18 teilweise. Die Änderungsanträge Nr. 2 und 4 können wir ebenfalls teilweise akzeptieren, sie müßten allerdings umformuliert werden, damit das MainstreamingKonzept im Rahmen der Haushaltslinie weiterhin im Mittelpunkt steht. Es geht hier um eine Haushaltslinie, die zwei vorhergehende Haushaltslinien umfaßt. Die folgenden Änderungsanträge können wir nicht akzeptieren: Änderungsanträge Nr. 3, 5, 6, 8, 12, 13, 15, 16 und 19 sowie Teile von Nr. 11, 17 und 18. Lassen Sie mich kurz die Hauptgründe für die Entscheidung der Kommission darlegen. Einige Änderungsanträge, z. B. Nr. 12 und 13 sowie Teile von Nr. 18 würden neue Verfahrensbeschränkungen bedeuten, die teilweise in Zusammenhang mit interinstitutionellen Anforderungen stehen. Angesichts der begrenzten verfügbaren Kapazitäten in der Kommission würde dadurch die sachgemäße Verwaltung des Haushalts gefährdet. Für die in Änderungsantrag Nr. 8 vorgeschlagenen Maßnahmen, deren Zielsetzung wir voll und ganz unterstützen, mangelt es für die Umsetzung am notwendigen Personal. Schließlich würden einige Änderunganträge - Nr. 16, 19 und Teile von Nr. 11 - den bestehenden interinstitutionellen Vereinbarungen zuwiderlaufen oder eine Abänderung bestehender Ausschußverfahren erfordern. Andere Änderungsanträge, d. h. Nr. 15 und Teile von Nr. 18, würden die bestehenden Befugnisse der Kommission beschneiden. Wie wir alle wissen, ist die Durchsetzung der Verordnung recht dringlich. Die Haushaltslinie für die Berücksichtigung der Geschlechterperspektive bei der Entwicklungszusammenarbeit ist gegenwärtig bis zur Schaffung der Rechtsgrundlage blockiert. Deshalb sind wir dem Parlament für die Unterstützung unserer Bemühungen dankbar, diese Angelegenheit so schnell wie möglich abzuwickeln. Drei Jahre nach der Weltfrauenkonferenz in Peking ist bereits viel erreicht worden. Das steht außer Frage. Ein beträchtlicher und immer größerer Teil der gemeinschaftlichen Entwicklungshilfe wird im Hinblick auf die in Peking beschlossenen vorrangigen Bereiche verwendet. Wichtige Schritte zur geschlechterspezifischen Sensibilisierung der gemeinschaftlichen Hilfsprogramme werden unternommen, und die Verabschiedung dieser Verordnung über die Einbeziehung der Geschlechterperspektive bei der Entwicklungszusammenarbeit wird eine solide Grundlage für diese Arbeit schaffen und es uns ermöglichen, unsere Bemühungen weiterhin zu verstärken. Ich danke Herrn Kommissar Flynn. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A4-0272/98) von Frau Marinucci im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau über die besonderen Auswirkungen der Arbeitslosigkeit auf die Lage der Frauen. Frau Präsidentin, die Arbeitslosigkeit ist in der Europäischen Union das Problem Nummer 1. Zwar tritt dieses Problem in den verschiedenen EU-Regionen in mehr oder weniger gravierender Form auf, doch stellt es überall eine ernste Gefährdung des Friedens in den Familien und der Stabilität der Institutionen dar. Im Laufe der Jahre gab es Studien, Untersuchungen, Maßnahmen auf einzelstaatlicher und gemeinschaftlicher Ebene, das Delors-Weißbuch, Ministerratstagungen und Gipfeltreffen, durch die mehr oder weniger praktikable - mehr oder weniger in der Praxis angewandte - Rezepte vorgeschlagen wurden, doch bleibt das Problem bestehen mit der Gefahr einer weiteren Verschlimmerung. Bei so viel Trostlosigkeit gibt es allerdings einen positiven Aspekt, nämlich die Tatsache, daß erstmals in der Geschichte niemand auf die Idee kam, als übliches Mittel zur Verringerung der Arbeitslosigkeit der Männer vorzuschlagen, daß die Frauen wieder nach Hause geschickt werden sollen. Zweifellos ist dies ein Zeichen für den Sieg der neuen Frauenbewegung, der auch zu einer völlig neuen Strategie bei der Behandlung von Beschäftigungsthemen geführt hat. Es ist ein Zeichen für den Sieg der zahlreichen Frauen, die in allen Teilen der Europäischen Union in wachsender Zahl in das Erwerbsleben eintreten und damit zeigen, daß sie den unumstößlichen Willen besitzen, an sämtlichen Tätigkeiten außer Haus voll beteiligt zu sein. Darüber hinaus jedoch hat es sich nicht nur keiner erlaubt, das - seit den Anfängen der Industrierevolution - in der Zeit nach den beiden Weltkriegen und in Krisenzeiten mannigfach in der Theorie oder Praxis versuchte alte Rezept wieder aus der Mottenkiste hervorzuholen, sondern die Europäische Union hat zudem seit dem Essener Gipfel die Frauenfrage in die Diskussionen und Vorschläge zum Thema Beschäftigung in Europa voll integriert, was in sämtlichen Mitgliedstaaten wichtige Folgen hatte. Es könnte also die Frage gestellt werden, weshalb die vorliegende Entschließung von uns gewollt wurde. Wir haben sie deswegen gewollt, weil hinter dem äußeren Anschein noch Unklarheiten bestehen und somit durch die Hintertür wieder Eingang finden könnte, was durch die Vordertür verschwunden ist, weil ferner zahlreiche Maßnahmen weiterhin nicht zur Anwendung gelangen, weil in vielen Fällen keine Maßnahmen ergriffen werden, weil die Maßnahmen häufig unzulänglich sind und weil die zahlreichen Widersprüche aufgezeigt werden müssen, wie sie bei dem gesamten Thema Beschäftigung und Arbeitslosigkeit der Frauen bestehen. Der erste Widerspruch besteht darin, daß noch nie so viele Frauen außer Haus tätig waren und es gleichzeitig noch nie so viele arbeitslose Frauen gegeben hat. Der Grund liegt darin, daß während immer mehr Frauen ins Erwerbsleben eintreten möchten, die Nachfrage privater Unternehmen und öffentlicher Einrichtungen nach weiblichen wie männlichen Arbeitskräften ständig weiter zurückgeht. Der zweite Widerspruch betrifft die Tatsache, daß die Beschäftigung von Frauen zwar zunimmt, daß diese Zunahme jedoch vor allem auf Teilzeitarbeit beruht, die unsicher und zeitlich befristet ist. Zunehmende Teilzeitarbeit bedeutet jedoch nicht immer, daß mehr Möglichkeiten bestehen, häusliche Tätigkeiten mit solchen außer Haus in Einklang zu bringen, weil es sich dabei um Arbeit an Wochenenden, an Feiertagen sowie zu abendlichen und nächtlichen Stunden handeln kann. Wenn nur wenige Stunden und wenige Tage im Jahr gearbeitet wird, bedeutet dies einerseits mehr Beschäftigung für Frauen, andererseits jedoch weniger Sozialschutz. Es kommt überdies vor, daß Frauen durch Sozialleistungen auf nicht individueller Basis gezwungen sind, auf eine Erwerbsarbeit zu verzichten, und daß beim Übergang von passiven zu sogenannten aktiven Beschäftigungsmaßnahmen in einigen Ländern Frauen - selbst wenn es sich um alleinerziehende Mütter handelt - damit eine Unterstützung verlieren, an deren Stelle nicht rechtzeitig wieder ein Arbeitseinkommen tritt. Der dritte Widerspruch liegt darin, daß es trotz einer immer höheren Schulbildung der Frauen keine entsprechende Zunahme der Frauenbeschäftigung gibt. Ein Grund hierfür liegt zweifellos in der Segregation von Frauen bei der Schulbildung, die wiederum zu ihrer Segregation auf dem Arbeitsmarkt und zu einer Beschäftigung in herkömmlich weiblichen Sektoren führt; dies ist jedoch nicht der einzige Grund, denn in herkömmlich männlichen Sektoren gibt es arbeitslose Akademikerinnen, die häufig sogar einen höheren Grad besitzen als die bereits beschäftigten Altersgenossen. Dasselbe gilt für die Berufsausbildung, die, wenn sie auf herkömmlich weibliche Tätigkeiten ausgerichtet ist, keine großen Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen eröffnet, bisweilen aber auch dann nicht, wenn sie herkömmlich männliche Tätigkeiten betrifft, bei denen bereits eine Sättigung besteht. Alle diese Widersprüche zu einer Zeit, da Frauen auch als Mütter und Ehefrauen aufgrund der großen Schwierigkeiten Leidtragende sind, auf die Jugendliche beim Eintritt in die Arbeitswelt stoßen, sowie aufgrund der Tragödie, die ein Arbeitsplatzverlust ihrer Ehemänner bedeutet, haben uns davon überzeugt, daß auf dieses Thema nachdrücklich aufmerksam gemacht werden muß. In der teilweisen Enttäuschung sowohl über die beschäftigungspolitischen Leitlinien, die auf dem Beschäftigungsgipfel von Luxemburg verabschiedet wurden - auf dem das Thema Frauenbeschäftigung nicht mit in die ersten drei Pfeiler, sondern getrennt nur im vierten Pfeiler aufgenommen wurde -, als auch über die nationalen Aktionspläne, von denen einige völlig unzulänglich sind und keine quantifizierten Referenzziele enthalten, in der teilweisen Enttäuschung über die Ergebnisse der EU-Ministertagung (Frauen)in Belfast, die ohne konkrete Entscheidungen zu Ende ging, fordern wir mit dem vorliegenden Entschließungsantrag - der das Resultat unserer Zusammenarbeit und der von Kolleginnen und Kollegen sämtlicher Fraktionen eingereichten Änderungsanträge ist, die eine wichtige Bereicherung meines ursprünglichen Berichtes bedeuteten - die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, in die nächsten Beschäftigungsleitlinien sowie in die Leitlinien der Strukturfonds, Herr Kommissar Flynn, ehrgeizige Referenzziele mit Quantifizierungen, eindeutigen Zeitplänen und Haushaltsmitteln für deren Durchführung aufzunehmen, und wir fordern, daß bei den quantifizierten Referenzzielen die mittleren Werte der drei Mitgliedstaaten mit den besten Ergebnissen zugrunde gelegt werden. Wir fordern, daß Arbeitslosigkeit klarer definiert und daß Teilzeitbeschäftigung genau bestimmt wird. Wir fordern die Sozialpartner zum Abschluß eines Rahmenabkommens über alle Formen atypischer Beschäftigungsverhältnisse auf. Wir fordern die Kommission auf, eine Rahmenrichtlinie über Kinderbetreuungseinrichtungen in den Mitgliedstaaten vorzulegen - ich wäre sehr erfreut, wenn dies heute von Kommissar Flynn angekündigt würde -, und wir hoffen, daß wir für unsere Vorschläge die Unterstützung des Parlaments finden werden. Frau Präsidentin, wir als Europäisches Parlament haben uns heute mit dieser breit angelegten Debatte über die Frauenrechte wieder einmal als echte Lobby für die Frauenrechte dargestellt. Ich denke, gleiche Rechte und Chancen für Männer und Frauen in Bildung und Ausbildung und im Arbeitsmarkt sind einer der Grundpfeiler im Haus Europa. Die Erwerbsarbeit - das wissen wir alle - ist mehr als der reine Broterwerb. Die Begabungen, Qualifikationen und die Kreativität des weiblichen Geschlechts in der Europäischen Union und darüber hinaus sind ein Reichtum, auf den wir aufbauen müssen. Trotzdem - der Bericht Marinucci zeigt es ja sehr deutlich - sind Frauen bis heute eklatant benachteiligt. Der Spiegel Arbeitsmarkt zeigt, daß Frauen im Durchschnitt um 30 % stärker von Arbeitslosigkeit betroffen sind, ganz zu schweigen von einigen Regionen in der Union, in denen die Frauenarbeitslosigkeit doppelt so hoch ist wie die allgemeine Quote, daß Frauen stärker aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden, daß Frauen auf unsichere, ungeschützte Arbeitsplätze - also die sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnisse - abgeschoben und trotz ihrer Qualifikationen beim Aufstieg benachteiligt werden. Für Frauen sehen wir von der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas die fatale Gefahr wachsen, daß langfristig große Nachteile zuungunsten der Frauen zementiert werden: also Zementierung der Einkommensunterschiede - Frauen verdienen ein Drittel weniger -, eklatante Benachteiligung beim Aufstieg und die Gefahr wachsender Arbeitslosigkeit. Der Bericht Marinucci enthält eine ganze Reihe von sehr konkreten Verbesserungsvorschlägen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aber grundsätzlich ist ein Umdenken dringend notwendig, ebenso eine koordinierte Aktion zwischen Mitgliedsländern und Institutionen der EU. Der Beschäftigungsgipfel hat einen ersten Anstoß gegeben, die Vorschläge zur Beseitigung der Ungleichbehandlung von Männern und Frauen in den nationalen Beschäftigungsplänen sind völlig unzureichend. Hier müssen wir mit Nachdruck darauf hinweisen, daß beschäftigungswirksame Maßnahmen sehr viel stärker die Frauen einbeziehen müssen. Ich bin sehr dafür, daß wir das benchmarking aufgreifen, daß wir zeitlich befristete Vorgaben machen, wie man diese Benachteiligungen beseitigt. Der Bericht macht in der Entschließung, vor allen Dingen in Ziffer 23 konkrete Vorschläge, wie die Benachteiligung und die Unterschiede zwischen Männern und Frauen verringert werden könnten und wie wir uns an den drei vorbildlich agierenden Mitgliedsländern der Union orientieren sollten. Der Bericht Marinucci enthält viele sehr gute Anregungen. Ich bedanke mich bei meiner Fraktionskollegin sehr für ihre Arbeit, und ich denke, daß die Mitgliedsländer stärker für dieses Problem sensibilisiert werden müssen. Beim letzten informellen Ministerrat in Österreich waren drei Mitgliedsländer überhaupt nicht vertreten: Deutschland, Großbritannien und Frankreich hatten nicht einmal Minister zu dem informellen Treffen entsandt. Hier muß das Problembewußtsein der Mitgliedsländer geschärft werden. Wir erwarten vom Sozialministerrat im Oktober die Umsetzung der Berichte, die heute verabschiedet werden. Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sind wir weitere Schritte vorangekommen. 1994 wurden unter deutscher Ratspräsidentschaft in Essen die Grundlagen für eine umfassende Strategie zur Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten gelegt. Zu den fünf definierten Bereichen gehören Aktionen zugunsten der von der Arbeitslosigkeit besonders betroffenen Gruppen. Das sind überproportional die Frauen. Auf dem Beschäftigungsgipfel in Luxemburg wurden 1997 Aktionspläne beschlossen, um Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen und von passiven Maßnahmen zu aktiven Maßnahmen überzugehen. Sie betreffen die Frauen in besonderer Weise. Die sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnisse sind längst typisch geworden. Freizeitarbeit, befristete Arbeit und die Arbeit von mithelfenden Familienmitgliedern. Teilzeitarbeit ist sinnvoll, wenn sich die Anforderungen von Beruf und Familie besser aufeinander abstimmen lassen, auch durch Heim- und Telearbeit. Teilzeitarbeit ist nicht sinnvoll, wenn stundenweises Arbeiten so ausgedehnt wird, daß es fast zu einer Vollbeschäftigung kommt, allerdings zu einer unterbezahlten. Wo soziale Absicherungen, Fortbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten fehlen, ist Teilzeit nur noch ein Reserveposten für günstigere Auftragslagen der Unternehmen. Hier wächst - darauf hat die EVP in den Anträgen hingewiesen - die Entlassungsgefahr ständig. Die Teilzeitrichtlinie von 1997 muß um den Bereich "Soziale Sicherheit" ergänzt werden. Um Frauen den Berufswunsch zu erleichtern, ist auch eine qualifizierte Kinderbetreuung nötig. Sie sollte bezahlbar sein, leistungsgerecht, mit flexiblen und längeren Öffnungszeiten. Das Kindergartengesetz in Deutschland mit dem Recht auf einen Kindergartenplatz ist ein guter Anfang und nachahmenswert. Wir von der Fraktion der Europäischen Volkspartei unterstützen Frau Marinucci, wenn sie in ihrem engagierten Bericht fordert, die Rückkehr der Frauen in das Berufsleben zu erleichtern. Wer seinen Berufsweg unterbricht, um Kinder aufzuziehen, ältere und abhängige Familienmitglieder zu betreuen, also Dienst am Nächsten leistet, darf nicht behindert werden. Er muß gefördert werden, auch durch Anrechnung auf Pensionsansprüche. Eine Bewertung der Berichterstatterin allerdings kann ich nicht teilen, nämlich den Stellenwert von Bildung und Ausbildung. Natürlich ist es nicht hinzunehmen, daß Frauen, die mittlerweile erfreulicherweise die Mehrheit an den Hochschulen bilden, als Akademikerinnen von der Arbeitslosigkeit stärker betroffen sind als die männlichen Kollegen und daß sie für viele Berufe überqualifiziert sind. Dennoch ist jede Höherqualifizierung zu jeder Zeit anzustreben, selbst wenn das keine Garantie auf einen Arbeitsplatz ist. Sie steigert die Vermittlungschancen und macht darüber hinaus selbstbewußter. Noch gibt es beim Hinaufklettern auf der Karriereleiter erhebliche Defizite. Unternehmen, die von Frauen geleitet oder gegründet werden, sind noch in überdeutlicher Minderzahl. Deshalb sind die Förderung der Unternehmenskultur oder der erleichterte Zugang zu Finanzmitteln und Krediten für Frauen vorrangige Forderungen der EVP. Setzen wir uns auf Anregung unseres Ausschusses für die Rechte der Frau dafür ein, daß diese Ideen in Wirtschaft und Gesellschaft mehrheitsfähig werden! Herr Präsident, die Berichterstatterin Marinucci legt klar dar, daß und weshalb Frauen auf dem Arbeitsmarkt noch immer besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muß. Dennoch habe ich mich im Ausschuß für die Rechte der Frau der Stimme enthalten. Warum? Wir Liberalen finden den allgemeinen Ansatz in dem Bericht hinsichtlich der nötigen Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt zu defensiv und zu ängstlich und hier und da unrealistisch. Man schaue sich bloß die flexiblen Arbeitsverhältnisse an, die laut der Berichterstatterin viel Sorgen bereiten. Vor allem junge Männer und Frauen begreifen immer mehr, daß gerade mangelnde Flexibilität der Feind ihrer Arbeit ist. Sie suchen keine Arbeitsstelle fürs Leben, sie sind breit orientiert, arbeiten über Zeitarbeitsvermittlungen und mit flexiblen Arbeitszeiten. Natürlich, Frau Marinucci, sollten die Sozialpartner vorzugsweise auf europäischer Ebene einschlägige Bestimmungen festlegen. Starre Rechtsvorschriften sind jedoch keine Lösung. Dasselbe gilt für die Kinderbetreuung: Keine europäischen Rechtsvorschriften, sondern Durchführung der EU-Empfehlung, die alle Mitgliedstaaten unterschrieben haben und die von ihnen umgesetzt werden muß, und wir müssen sie dazu drängen. Wie kann Kinderbetreuung jedoch kostenlos sein? Wer wird das bezahlen? Ich habe noch einige gute Vorschläge. Meinen Sie - ich hoffe nicht -, daß mit europäischem Geld Altenheime errichtet werden sollen? So verstehe ich Ziffer 19. Ich denke, daß das eine nationale Aufgabe ist. Dann zum Mainstreaming. Frau Marinucci hat völlig recht. Da gibt es noch viel zu tun. Wir haben noch einen langen Weg vor uns, und das Parlament muß großen Nachdruck darauf legen; erforderlich sind also quantifizierte Referenzziele mit Zeitplänen, Gesichtspunkte der Chancengleichheit, Bewertung der nationalen Aktionspläne und Rechenschaft über die Verwendung der Strukturfondsmittel. Nach Ansicht meiner Fraktion ist es jedoch heute zu früh, dieses Mainstreaming zu durchbrechen und jetzt schon wieder eine Quote für Frauen in den Strukturfonds zu fordern. Darum wollen wir, daß eine Reihe von Ziffern aus dem Text herausgenommen und eine Reihe von Änderungsanträgen angenommen wird. Dann werden wir sehr gerne für die Entschließung stimmen, denn wir finden, daß der Bericht auch einige sehr gute Vorschläge enthält. Sonst müssen wir uns der Stimme enthalten. Frauen brauchen, das ist die Realität, noch einen kleinen Schubser. Vor allem müssen Frauen aktiv dazu ermutigt werden, sich als Unternehmerin selbständig zu machen. Wir müssen Chancen geben, Chancen zu ergreifen, und ich hoffe, daß sich die aktuelle Entwicklung der Frauen, die immer besser ausgebildet sind - oft noch besser als Männer - fortsetzen wird und daß wir dann im Jahr 2005 einen Ausschuß für die Rechte des Mannes einrichten müssen. Frau Präsidentin, zunächst einmal möchte ich Frau Marinucci zu diesem Bericht gratulieren. Wie der Bericht unterstreicht, wird das Problem der Frauenarbeitslosigkeit im Vergleich zu der der Männer in den offiziellen Statistiken unterschätzt, da diese nicht die Vielfalt der Formen wirtschaftlicher Tätigkeit von Frauen widerspiegeln, während bei der Definition des Begriffes der Arbeitslosigkeit die verschiedenen Kategorien unberücksichtigt bleiben, in denen die Präsenz der Frauen besonders gewichtig ist. Der Bericht betont weiterhin den Gegensatz zwischen dem Bildungsniveau der Frauen, das im allgemeinen höher liegt als das der Männer, und dem Anteil an Teilzeitarbeit bzw. geringqualifizierter Beschäftigung, da die Mehrzahl der in atypischen Arbeitsverhältnissen Beschäftigten Frauen sind, wie schon von allen Seiten gesagt wurde. Lassen Sie mich Ihnen die letzten Zahlen von Eurostat ins Gedächtnis rufen: Die Arbeitslosigkeit betrifft in höherem Maße Frauen, wobei die Quote in der Europäischen Union bei Frauen durchschnittlich 12, 3 % und bei Männern 8, 9 % beträgt. In manchen Ländern ist dieser Unterschied noch größer, in Spanien betragen die Werte beispielsweise entsprechend 27, 8 % und 15 %, und die Arbeitskräfteerhebung von 1996 zeigt, daß die offiziell nichterwerbstätige Bevölkerung zu 63, 5 % aus Frauen besteht. Die Berichterstatterin unterbreitet eine Reihe sehr wichtiger Vorschläge, die darauf abzielen, eine genauere Bewertung der wirtschaftlichen Aktivitäten von Frauen zu ermöglichen, sowie Maßnahmen, die von der Kommission und den Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen, um den Zugang von Frauen zum Arbeitsleben zu erleichtern und die Qualität der Arbeitsplätze zu verbessern. Denn Teilzeitbeschäftigung oder atypische Arbeitsverhältnisse mögen es zwar den Frauen gestatten, sich um ihre Kinder zu kümmern, man muß jedoch zugeben, daß sich die Frauen zu diesen Beschäftigungsformen sehr oft nur unter einem drückenden Zwang entschließen und das eigentlich gar nicht wollen. Die Vorschläge von Frau Marinucci geben eine Antwort auf diese hochkomplexen Fragen, da es offensichtlich ist, daß neue Initiativen ergriffen werden müssen, um die Unterschiede und Ungleichheiten zu verringern, die es auch auf diesem Gebiet noch zwischen Frauen und Männern gibt. Frau Präsidentin! Wir stimmen dem Bericht von Frau Marinucci zu und auch den Besorgnissen, die darin zum Ausdruck kommen. In der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung steht, möchte ich auf drei oder vier grundlegende Fragen dieses Berichts eingehen. An erster Stelle die Frauenarbeitslosigkeit. Herr Mann sagte gerade, daß Bildung notwendig ist und daß Bildung weiterhin vorangetrieben werden muß. Es handelt sich jedoch nicht nur um ein Problem der Bildung, denn in den südlichen Ländern - Griechenland, Spanien und Italien - haben im Vergleich mit den Männern nur halb so viele Frauen mit Universitätsabschluß einen Arbeitsplatz. Außerdem muß man die ungleiche Entlohnung hervorheben. Trotz der Verabschiedung einer Richtlinie über die gleiche Entlohnung von Männern und Frauen im Jahr 1975 - Herr Flynn weiß das nur zu gut - bestehen heute immer noch Unterschiede von 25 bis 30 % bei der Entlohnung gleichwertiger Tätigkeiten. Hinzu kommt die Beschäftigung von Frauen in Teilzeitarbeitsplätzen. Es gibt tatsächlich Menschen, die die Teilzeitarbeit der Frau befürworten, denn so verbindet man Haushaltspflichten und Arbeitsverpflichtungen außerhalb des Hauses. Jedoch sind damit geringere Sozialleistungen bei Verlust des Arbeitsplatzes oder im Rentenalter verbunden, und natürlich wäre es wesentlich akzeptabler, nicht nur die Arbeit außer Haus, sondern auch die Hausarbeit mit den Männern zu teilen. Dies wäre wirklich gut für Frauen und für Männer und für Familien im allgemeinen. Es gibt keine Statistiken darüber, wie früher die Strukturfonds genutzt wurden, um die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, diesen so oft gebrauchten Begriff des Mainstreaming, zu erreichen; ich ziehe es jedoch vor, von der Nutzung aller uns im Rahmen der europäischen Politiken zur Verfügung stehenden Mechanismen zur Vermeidung der Ungleichheit zu sprechen. Ich denke, daß die Vorschläge von Frau Marinucci im dem Sinne sehr zweckmäßig sind, daß man versuchen muß, das Fortbestehen der Ungleichheit bei der Entlohnung, bei der Beschäftigung und im Leben allgemein zu verhindern. Frau Präsidentin, es ist sehr erfreulich, daß auch die Europäische Kommission versteht, daß Frauen auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden. Schon die Bevölkerungsentwicklung erfordert das, und natürlich haben auch die Frauen wie auch die Männer das Recht, auf dem Arbeitsmarkt präsent zu sein haben. In den einleitenden Beiträgen wurden die Hindernisse für eine Beteiligung von Frauen am Arbeitsleben außer Haus gut dargestellt. Wir warten ungeduldig auf die Lösung der Probleme hinsichtlich der sozialen Sicherheit in atypischen Arbeitsverhältnissen und wir warten ebenfalls ungeduldig darauf, daß das Thema der Tagespflege in den Mitgliedstaaten vorankommen wird. Es scheint so, als ob hier, nachdem der Rat vor einigen Jahren eine Empfehlung angenommen hat, wonach qualitativ hochwertige Tagespflegedienste garantiert werden sollten, nicht viel geschehen ist. Ich bin interessiert zu erfahren, ob das Kommissionsmitglied gute Nachrichten zu diesem Thema hat. Im Bericht von Frau Marinucci wird der Begriff Pflegejahre verwendet, den ich sehr unterstütze. Er bedeutet, daß wenn man seine Arbeitsleistung auf die Erziehung der Kinder oder auf die Pflege der Eltern konzentriert, eine solche Karriereunterbrechung aufgrund familiärer Verpflichtungen so berücksichtigt werden sollte, daß im Arbeitsleben oder im Bereich der sozialen Sicherheit dadurch keine Benachteiligung entsteht. Herr Flynn, Sie haben vor einigen Tagen an der Konferenz über die Strukturfonds in Porto, Portugal, teilgenommen. Laut Zeitungsberichten haben Sie das Parlament dafür kritisiert, daß es bei Stellungnahmen zu Strukturfonds unzureichend die Frage der gleichen Möglichkeiten der Einflußnahme berücksichtigt hätte. Ich gehe davon aus, daß Sie eventuell falsch zitiert worden sind. Vielleicht könnten Sie uns berichten, wann wir gegen Ihre Vorschläge gewesen sind, die gleiche Möglichkeiten in den Strukturfonds betroffen haben. Wir werden bestimmt besonders interessiert zuhören. Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir, Frau Marinucci zu ihrer Arbeit zu beglückwünschen und ihr dafür zu danken. Ihr Bericht und die Berichte, die heute erörtert werden, geben uns erneut die Möglichkeit, uns eingehend mit der Situation der Frauen zu befassen. Sie regen mich aber auch zu einigen Fragestellungen an. Wird der Kampf für die Gleichstellung von Frauen und Männern eines Tages obsolet sein, und dies insbesondere im Bereich der Beschäftigung? Es ist bekannt, daß die Arbeitslosenrate bei den Frauen seit den 80er Jahren immer auf einem hohen Wert geblieben ist und noch weiter steigt. Die Frauenarbeitslosigkeit ist in den 15 Mitgliedstaaten der Union, mit Ausnahme von Großbritannien und Schweden, um einiges höher als die der Männer. Die Diskriminierung ist auf dem Arbeitsmarkt weiterhin sehr deutlich spürbar, und bei der Ungleichbehandlung im Lohnsektor wurden kaum Fortschritte erzielt. In einem Land wie Spanien, in dem die Arbeitslosenrate sehr hoch ist, haben Frauen sehr große Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Arbeitsplatz. Auch in Frankreich und Finnland verzeichnet man eine Rekordarbeitslosigkeit bei den Frauen. Die Dinge müssen klar beim Namen genannt werden: die Kluft zwischen Männern und Frauen wurde bei weitem noch nicht überbrückt. Der Kampf für die Gleichstellung ist allerdings bereits in die Jahre gekommen, ganz zu schweigen von allem Vorangegangenen, von den Aktionen von seiten der gesamten internationalen Gemeinschaft. Es muß daran erinnert werden, daß die erste Konferenz vor 20 Jahren stattgefunden hat. Mehr als 20 Jahre, um eine echte und positive Veränderung in weltweite Frauenstatuten herbeizuführen. Die Bemühungen sind lobenswert, die Ergebnisse ermutigend, obwohl sie unzureichend und trostlos sind. Die Frauen sind nicht nur am stärksten von der Arbeitslosigkeit betroffen, sondern es kommt noch hinzu, daß die familiären Zwänge, denen sie unterliegen, negative Auswirkungen auf die Höhe der Arbeitslosenunterstützung haben, auf die sie gegebenenfalls Anspruch haben. Sie arbeiten häufig als Teilzeitkräfte oder in Heimarbeit, unterbrechen ihre berufliche Laufbahn und strömen dann in den Bereich der schlecht bezahlten oder nur gelegentlich anfallenden Dienstleistungen. Wie unsere Berichterstatterin anmerkt, wird die Arbeitslosenunterstützung in den meisten Mitgliedstaaten in Abhängigkeit von den zuletzt erzielten Einkünften errechnet, und daher ist es klar, daß die Frauen in diesem Fall in stärkerem Maße unter der Arbeitslosigkeit leiden. Es ist auch klar, daß die verschiedenen Formen der Ungleichbehandlung von Frauen und Männern eher weniger stark zu Tage treten, wenn gesetzliche Schutzmechanismen bestehen, wie etwa der Mindestlohn. Warum sollte man also diese Vorschrift nicht in allen 15 Mitgliedstaaten einführen? Unsere Berichterstatterin schlägt ein ganzes Spektrum von Maßnahmen vor, die den Frauen die Möglichkeit geben könnten, in stärkerem Maße von Schutzmechanismen gegen die Arbeitslosigkeit zu profitieren. Meine Fraktion unterstützt diesen Bericht voll und ganz, und insbesondere die Ziffer 20 der Entschließung. Dieses Erfordernis ist der konkrete Ausdruck für den Willen, den Frauen einen Platz auf dem Arbeitsmarkt zu garantieren. Es gibt viele Strategien, Empfehlungen und Studien der Kommission, die einen Beitrag zur Realisierung dieses Ziels darstellen sollen. Nun ist es die Aufgabe der Mitgliedstaaten, all dies in die Praxis umzusetzen. Viele Staaten bemühen sich darum, aber andere befinden sich noch im Stadium der frommen Wünsche, trotz einiger Anstrengungen in bestimmten Bereichen. Die Realisierung der Gleichstellung von Frauen und Männern und die Gewährleistung einer neuen Partnerschaft zwischen Frauen und Männern, die auf Gleichstellung und Aufteilung der Verantwortung gegründet ist, dies sind die Themen, die auch weiterhin die Politik der Europäischen Union untermauern werden. Dies sind die Punkte, die unsere Berichterstatterin hervorgehoben hat; der Rest ist Aufgabe der Staaten. Herr Präsident, der Bericht unserer Kollegin ist sorgfältig ausgearbeitet. Er berücksichtigt unsere Diskussionen im Ausschuß, und ich möchte der Berichterstatterin insbesondere für die Absätze 2, 3 und 4 der Begründung danken. Sie werden allerdings nicht erstaunt darüber sein, daß meine Änderungsanträge über die Orientierungen hinausgehen, die in den genannten Absätzen enthalten sind. So angebracht das Thema der Gleichstellung auch ist, so ermöglicht es doch nicht die Erfüllung des Wunsches der Frauen hinsichtlich der Berücksichtigung der Besonderheit, die die Mutterschaft, die Zeit der Mutterschaft - nicht nur die Schwangerschaft, sondern auch die Zeit der Kindererziehung - im Vergleich zur beruflichen Laufbahn darstellt. Hier besteht ein Unterschied zu den Männern. Aus diesem Grund kann man nicht von Gleichstellung sprechen, wenn man diese Besonderheit nicht berücksichtigt; ich denke, man muß viel weiter gehen. Sie sagen, wir brauchen äußerst gut ausgebaute Betreuungseinrichtungen, die man sich leisten kann und die empfehlenswert sind. Bewegen Sie sich unter diesen Bedingungen nicht nur in Richtung einer sozialistischen Option - die in Ihrem Sinne sein kann, aber nicht von vornherein die kollektive Betreuung der Kinder vorsieht. Gewährleistet eine Mutter, die während einer Zeitspanne, die sie selbst festlegt, über einen Geldbetrag für die Betreuung ihrer Kinder verfügt, nicht einen hochwertigen Betreuungsdienst, der nicht besonders kostspielig ist und dem Wohl der Kinder, der Frauen und der gesamten Gesellschaft zugute kommt? Ich danke Herrn Flynn für das Kolloquium von Rom, das sich mit ... (Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.) Frau Präsidentin, zunächst möchte ich Frau Marinucci beglückwünschen. In ihrem Bericht werden nämlich sämtliche Aspekte der Frauenarbeitslosigkeit klar und einfach zusammengefaßt, und es wird darauf hingewiesen, daß aufgrund einer Reihe kultureller Vorurteile dieses Problem gegenüber der Arbeitslosigkeit der Männer sehr häufig unterschätzt wird. Den - unter anderem durch aktuelle Studien und statistische Zahlen belegten - Bewertungen hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen kann weitgehend zugestimmt werden, nämlich: Überwindung der Hindernisse, die der Arbeit entgegenstehen, Förderung der Beteiligung von Frauen an der beruflichen Ausbildung, verbesserter Zugang zum Arbeitslosenschutz sowie ferner eingehenderer Rechtsvorschriften für alle Formen atypischer Beschäftigungsverhältnisse, in denen Frauen sehr zahlreich vertreten sind. Ich möchte den Nachdruck jedoch insbesondere auf folgenden Punkt legen: Frauen müssen das Recht und die Möglichkeit besitzen, sich die Zeit für die Teilzeitbeschäftigung auszusuchen, um Berufstätigkeit sowie häusliche und familiäre Verpflichtungen miteinander in Einklang bringen zu können. Ich bin allerdings mit sämtlichen Bedenken, die die Berichterstatterin zur Teilzeitarbeit geäußert hat, einverstanden und füge noch hinzu, daß Frauen in gleicher Weise das Recht besitzen müssen, sich aus Karriere- oder aus wirtschaftlichen Gründen für die Vollzeitbeschäftigung zu entscheiden: Wir denken beispielsweise an alleinstehende Frauen mit unterhaltsberechtigten Kindern. Für berufstätige Frauen müssen daher echte Sozialdienste, qualifizierte Kinderbetreuungseinrichtungen, aber auch Einrichtungen zur Betreuung älterer Menschen und Behinderter geschaffen werden. Wie wir wissen, sind es häufig leider nur Frauen, die neben der Kinderbetreuung auch ältere Menschen und Behinderte zu versorgen und zu betreuen haben. Alle diese Einrichtungen bedeuten für die Mitgliedstaaten zwar Kosten, vor allem in Zeiten wirtschaftlicher Rezession, doch muß das Recht der Frauen auf einen Arbeitsplatz geschützt werden, ohne daß dadurch ihr Recht, Kinder zu haben, behindert wird, denn in einer Gesellschaft mit rückläufiger demographischer Entwicklung stellen Kinder ein Gemeingut dar. Abschließend möchte ich hervorheben, daß es eine wirkliche Schande bedeutet, daß trotz nationaler Regelungen und Rechtsvorschriften und trotz klarer im Vertrag enthaltener Bestimmungen an der Schwelle zum 20. Jahrhundert noch immer ein unglaubliches Gefälle zwischen den Löhnen von Männern und Frauen besteht. Zur Beseitigung einer solch unzulässigen Ungleichbehandlung sind besondere Anstrengungen erforderlich, um die Situation zu überwachen: eine der Voraussetzungen für eine echte europäische Demokratie ist auch die Beseitigung solcher Diskriminierungen. Herr Präsident, der Bericht von Frau Marinucci stellt eine hervorragende Synthese der Forderungen unseres Parlaments dar. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf einen Punkt lenken, nämlich auf die Teilzeitarbeit. Diese Arbeitsform hat sich in den 90er Jahren in der Entwicklung der Erwerbstätigkeit von Frauen als wesentlicher Faktor herausgestellt. Die überwiegende Mehrzahl der Teilzeitarbeitsplätze ist heute von Frauen besetzt: 83 %. Dies ist eine außerordentlich hohe Zahl. Die Teilzeitbeschäftigung wird häufig, zumindest in herkömmlicher Sicht, als ein positives Element dargestellt, das es den Frauen ermöglicht, Berufsleben und Familie miteinander in Einklang zu bringen. Die Eurostat-Statistiken belegen allerdings, daß dem nicht so ist und daß viele Frauen eine Vollzeitstelle bevorzugen würden, wenn ihnen die Möglichkeit dazu geboten würde. Diese Haltung ist insbesondere die Folge aus ganz alltäglichen Dingen, wie Arbeitszeiten, Wochenendarbeit, fehlende Aussichten auf Beförderung und Fortbildung, was zusammen betrachtet dem idyllischen Bild widerspricht, das man sich von der Teilzeitarbeit ausgemalt hat. Im Gegensatz zum bestehenden Klischee sind es nicht die Frauen, die sich für Teilzeitarbeit entscheiden, sondern eher - in den meisten Fällen - die Arbeitgeber; jedenfalls stellt sie einen echten Zwang dar, der unserer Lebensweise anhaftet. In der Industrie und in verantwortungsvollen Positionen gibt es nur wenige Teilzeitstellen; sie beschränken sich häufig auf Tätigkeiten mit geringer Qualifikation oder auf besondere Sektoren. Unsere Berichterstatterin vertritt die Ansicht, daß man die Teilzeitarbeit auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt fördern muß, was bedeutet, daß sie auch auf qualifizierte Arbeitsplätze ausgedehnt werden muß, daß Männer dafür gewonnen werden müssen und allen Teilzeitarbeitnehmern garantiert werden muß, daß sie Aktivitäten zur Fortbildung und mit Blick auf den sozialen Aufstieg nutzen können. Diese Wünsche könnten leere Worte bleiben, denn ich erkenne nirgends den Ausdruck eines politischen Willens zur Realisierung dieser Wünsche. Der radikalste Vorschlag ist meines Erachtens die Förderung der Beschäftigung von Frauen mittels des drastischen Abbaus der Teilzeitstellen und der totalen Umgestaltung der Arbeitszeit für alle, Frauen und Männer. Da man dies niemals ohne Kampf und ohne die Durchführung zeitlich gestreckter Reformen erreichen wird, muß die Europäische Union damit beginnen, systematisch die diskriminierenden Auswirkungen zu hinterfragen, die jegliche Beschäftigungspolitik nach sich ziehen könnte. Herr Präsident, während der Wirtschaftskrise der 30er Jahre haben einige Länder, darunter auch mein Herkunftsland, Gesetze oder Verordnungen verkündet, die beispielsweise den Zugang von Frauen zum öffentlichen Dienst untersagten. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als ich zu arbeiten begonnen habe - für eine Arbeitergewerkschaft, wohlgemerkt -, hat man mich gewarnt, daß man mich entlassen würde, wenn ich heiraten sollte. In den 50er Jahren war es in meinem Heimatland noch gängige Praxis, daß man Frauen zum Zeitpunkt ihrer Heirat gekündigt hat. Auch heutzutage noch gibt es Männer und Frauen, die der Ansicht sind - und dies zuweilen sehr deutlich sagen -, daß die Frauen angesichts der aktuellen Arbeitslosigkeit zu Hause bleiben, sich um die Familie kümmern und den Männern keine Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt machen sollten. Es ist völlig klar, daß unsere Gesetze, und insbesondere die europäischen Richtlinien zur Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Frauen und Männern, diese soeben von mir geschilderten direkten Diskriminierungen verbieten. Aber auch wenn die Texte abgeändert wurden, so bleiben doch leider die Mentalitäten dieselben, die dazu neigen, den Frauen, die von ihrem Recht auf Arbeit Gebrauch machen wollen, die Schuld zuzuschieben; diese Mentalitäten haben weiterhin Einfluß auf bestimmte politische Entscheidungsträger. Der Ausschuß für die Rechte der Frau hat somit gut daran getan, einen Initiativbericht über die besonderen Auswirkungen der Arbeitslosigkeit auf Frauen auszuarbeiten. Ich möchte hier jedoch daran erinnern, daß Talleyrand gesagt hat, daß alles, was übertrieben ist, bedeutungslos ist. In einigen Passagen dieses Berichts hat man übertrieben, allzusehr verallgemeinert, unrealistische Forderungen formuliert. Dies könnte nicht bedeutungslos sein, sondern im Gegenteil den Frauen schaden, die man entweder allzusehr schützen oder allzusehr aus der Masse herausheben möchte, so daß man sie zu Arbeitskräften macht, die zu kostspielig oder zu schwer zu führen sind, deren Integration in einen gut funktionierenden Unternehmensablauf zu schwierig ist. Wir haben einige Änderungsanträge eingebracht, um diese Übertreibungen, die Frau Larive übrigens auch schon angesprochen hat, abzumildern. Vergessen wir nicht, daß wir den Frauen, jungen und weniger jungen, die Arbeit suchen oder wieder ins Wirtschaftsleben zurückkehren möchten, den größten Dienst erweisen, indem wir sie mit einer Diversifikation, die ihrer Berufswahl entspricht, und mit einer soliden Ausbildung ausstatten; wir rüsten sie selbstverständlich auch für den Konkurrenzkampf auf dem Arbeitsmarkt, indem wir alle direkten und indirekten Diskriminierungen ausschalten und die positiven Aktionen umsetzen, die unbedingt erforderlich sind, um ihnen gleiche Chancen zu garantieren. Ich hoffe, daß wir spätestens im November in diesem Hause über meinen diesbezüglichen Bericht diskutieren können. Wir helfen den Frauen auch und vor allem, indem wir ihnen und ihren Partnern gewährleisten, daß sie sich frei zwischen Karriere und Familie entscheiden können. Da heute Herr Flynn hier anwesend ist, möchte ich doch daran erinnern, daß er diese unsichtbaren Arbeiterinnen nicht vergessen darf, die die helfenden Partnerinnen der Selbständigen sind und denen es nicht an einem Arbeitsplatz, sondern an einem Status mangelt. Ich möchte Herrn Flynn fragen, wie es mit seinem Änderungsvorschlag zur "entkoffeinierten" Richtlinie von 1986 aussieht, zu dem dieses Parlament einstimmig einen Bericht verabschiedet hat, der das Thema für Runde Tische darstellte und immer noch keine konkreten Ergebnisse gebracht hat. Ich möchte die Gelegenheit ergreifen, um Sie, Herr Flynn, um eine Erklärung zu diesem Thema zu bitten. Herr Präsident, Herr Kommissar, im Bericht von Frau Marinucci wird ganz zu Recht betont, daß die größere Arbeitslosigkeit unter Frauen besondere Maßnahmen erfordert. Aus meiner Sicht ist sowohl für die Frauen als auch für die Männer das große Problem der Zukunft, wie wir bereit sind, die Arbeit zwischen den Menschen und den technischen Systemen zu verteilen. Stimmen wir einem Globalisierungmodell zu, in dem ausschließlich 20 Prozent der Menschen tatsächlich gebraucht werden und die restlichen 80 Prozent, von denen der größte Teil Frauen sind, eine Art Überschußbevölkerung bilden? Ich bin davon überzeugt, daß wie die europäische Zukunft ausgeglichener sehen wollen. Besonders die Verbesserung der Beschäftigung der Frauen setzt eine Veränderung der Haltung in einer flexibleren Richtung voraus. Bei der Entwicklung des Arbeitslebens ist ein umfassenderes Lebenswegdenken erforderlich. Die verschiedenen Phasen des Lebens der Frau setzen verschiedene Lösungen für die Vereinbarung von Arbeit und Familie voraus. Es müßte, wenn man es wünscht, möglich sein, flexibel aus der Teilzeitarbeit in die Vollzeitarbeit zurückzukehren. Die familienpolitische Freistellung und Teilzeitarbeit muß auch für die Männer möglich und gleichwertig mit der Wahl einer Tätigkeit in Bereichen sein, die eine Ausbildung erfordern und angesehen sind. Pflegejahre müssen berücksichtigt werden. Ansonsten wird aus diesen Freistellungen leicht eine die Frauen im Arbeitsleben benachteiligende Falle. Das Unternehmertum von Frauen ist ein noch viel zu gering genutztes Arbeitskräftepotential. Deshalb werden Sondermaßnahmen zur Ermutigung und Schulung von Frauen notwendig, um ihre vielen Fähigkeiten und Kenntnisse als Unternehmerin nutzen zu können. Ausbildung, Kapitalzugang und Vernetzung stehen an der Spitze dieser Fördermaßnahmen. Auch bei der regionalen Entwicklung standen die Frauen bisher trotz aller gestellten Ziele zur Chancengleichheit im Abseits, obwohl wir sie auch in den Strukturfondsreformen hervorheben. Ich hoffe, daß künftig mehr Mittel für Programme zur Förderung der Chancengleichheit verwandt werden können. Herr Präsident, wenn es Themen gibt, bei denen der Zeitmangel beängstigend ist, dann gehört dieses dazu. Frauen und Beschäftigung werfen eine Vielzahl an theoretischen und praktischen Fragen auf. Ich wähle zwei davon aus. Die erste Frage ist die des neuen Profils der Arbeit. Ohne die Vorstellungen und Konzepte der Gesellschaftsordnung in Frage zu stellen - was aber überhaupt nicht bedeutet, daß diese unveränderlich bleiben -, ist eine Tendenz zum "dritten Sektor" zu beobachten, die u. a. aus historischen Gründen zu einer stärkeren Beteiligung der Frauen bei der Arbeit beiträgt und den Zugang der Frauen in die sogenannte Welt der Arbeit objektiv fördert und beschleunigt. Das kann bedauerlicherweise von der konjunkturellen Lage durchkreuzt werden, und es hat sich gezeigt, daß das Zeitproblem sowie die Organisation des Einsatzes der Arbeitskräfte, ich würde sagen, der "Organisation der Lebenszeit" , das entscheidende Problem ist. Die zweite Frage betrifft die Bildung. Die Qualität der Arbeitskraft wird immer entscheidender und stellt eine Humanisierung und Sozialisierung der Aufgaben dar. Die Frauen sind als die soziale Gruppe, die immer noch das Opfer einer - in sexistischer und diskriminierender Weise - sozialen Trennung bei der Arbeit ist, noch stärker von den unerläßlichen Bemühungen um Bildung und Qualifizierung der Arbeitskraft abhängig. Vor kurzem hatte ich in einem Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit der Textilindustrie die Gelegenheit, dieses Konzept, das dann auch gebilligt wurde, vorzuschlagen. Ich greife es nur als ein Hinweis auf, um die Überlegungen zu unterstützen, die die Kollegin Marinucci in ihrem Bericht, zu dem ich ihr gratulieren möchte, anführt und der allein deswegen äußerst nützlich wäre. Herr Präsident, der Bericht von Frau Marinucci ist ein guter Bericht, denn er kommt zu einer äußerst vielsagenden Feststellung: die Arbeitslosenrate ist bei den Frauen viel höher als bei den Männern. Selbstverständlich bin ich wie Frau Marinucci für die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz, für den gleichen Lohn für gleiche Arbeit, für die Chancengleichheit von Frauen und Männern bei der Suche nach einem Arbeitsplatz und für die Verringerung der Kluft zwischen Frauen und Männern bei den Arbeitslosenzahlen. Alle diese Ungleichheiten sind ohne Frage eine Schande, denn unsere Gesetze in diesem Bereich sind in jedem unserer Länder sehr klar formuliert. Ich bin wie Sie, Frau Marinucci, der Ansicht, daß die Arbeitszeit für Frauen flexibler geregelt werden muß und daß es für Mütter geeignete Betreuungseinrichtungen und Kinderkrippen geben muß. Ja, ich teile Ihre Meinung in zahlreichen Punkten. Allerdings ist es so, Frau Marinucci, daß Ihr Bericht zwar gute Absichten in Hülle und Fülle enthält, viele dieser Vorhaben aber utopisch und nicht realisierbar sind. Vorhin hat eine meiner Kolleginnen unter anderem von den Krippen gesprochen, und es stimmt, daß es in einer Phase der Rezession schwierig sein wird, Krippenplätze kostenlos zur Verfügung zu stellen. Andererseits stimmen wir zwar dem Grundsatz der Integration von Frauen in die Arbeitswelt zu, aber hinsichtlich einiger Möglichkeiten zur Erreichung dieses Ziels sind wir nicht Ihrer Meinung. Wir sind nämlich entschieden gegen das Quotensystem, das Sie beispielsweise unter Punkt 17 Ihrer Entschließung vorschlagen, denn eine Frau zu sein, darf nicht als Benachteiligung betrachtet werden. Diese Politik wird nicht zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beitragen, sondern sie wird im Gegenteil die Stellung der Frau ein Stück zurückwerfen und die Frauen letztlich auf die Rolle von Sozialhilfeempfängerinnen verweisen, indem sie ihnen einen Status der Unterlegenheit zuweist. Wir sind auch gegen die Einstellung, daß ein Staat bestraft werden muß, der die Chancengleichheit von Frauen und Männern, so wie Sie sie verstehen, nicht respektiert. Möchte man den Frauen Möglichkeiten schaffen, damit sie im Arbeitsleben Erfolg haben und gleichzeitig - dies betrifft einen Teil von ihnen - ihr Familienleben und ihre Mutterrolle wahrnehmen können, so bedeutet dies nicht, daß man ihnen diese Möglichkeiten mit Gewalt und um jeden Preis aufzwingen muß. Und schließlich ist es bedauerlich, daß kein Elterneinkommen vorgeschlagen wird, damit jeder eine freie Entscheidung treffen kann. Aus diesen Gründen, Frau Marinucci, werden wir - auch in Abhängigkeit von der Verabschiedung der Änderungsanträge - zu gegebenem Zeitpunkt unseren Beschluß festsetzen. Herr Präsident, ich gratuliere Frau Elena Marinucci zu ihrem ausgezeichneten Bericht, den sie uns vorgestellt hat. Dieser Bericht, der auf eine Initiative des Ausschusses für die Rechte der Frau zurückgeht, wird dem Interesse gerecht, das diese Themen von unserer Seite verdienen und die, wie wir hoffen, in Kürze von der Kommission ausgearbeitet werden und in die nationalen Beschäftigungspläne einfließen. Übrigens zeigte sich das Kommissionsmitglied Flynn in seiner eindrucksvollen Rede auf einem am vergangenen Dienstag in Portugal von der Kommission veranstalteten Seminar über "Die Integration der Gleichheit zwischen Frauen und Männern in den Strukturfonds" , bei dem ich auch anwesend war und wo er nicht nur keine Kritik am Parlament übte, sondern es sogar lobte, vollkommen offen und bereit, auf diesem Wege, über den wir heute sprechen, voranzuschreiten. Ich möchte vier Aspekte hervorheben, die meiner Meinung nach von größter Bedeutung sind: Erstens ist die Beschäftigung der Frauen sowohl für das Wirtschaftswachstum als auch für die Aufrechterhaltung des europäischen Sozialmodells, das wir bewahren möchten, von grundlegender Bedeutung. Tatsächlich würde es ohne die Arbeit der Frauen und ohne deren Beitrag zur Sozialversicherung weder die Vermögenswerte noch eine Finanzierung geben, mit der bei der zu erwartenden demographischen Entwicklung ein angemessenes Leben für die Rentner gesichert werden kann. Die Männer entdecken jetzt gerade, daß es ohne die Arbeit der Frauen nicht genügend Einnahmen gibt, um die Leistungen der Sozialversicherung zu bezahlen. Ich hoffe, daß sie daraus für die Bildungspolitik, die Berufsausbildung, die Regelung der atypischen Beschäftigungsverhältnisse, die Unterstützung von neuen Arbeitszeiten sowie neuen Formen der Arbeit, insbesondere der Sozialwirtschaft, die erforderlichen Schlüsse ziehen. Glauben Sie jedoch nicht, meine Herren, daß wir bereit sind, noch einmal eine Art Arbeitsreserve zu sein, die auf das Abstellgleis gestellt werden kann, wenn es sich herauskristallisieren sollte, daß sie nicht mehr gebraucht werden. Dieses Mal sind die Frauen auf dem Arbeitsmarkt, um auch dort zu bleiben. Zweitens ist eine tiefgreifende Änderung des Familienlebens notwendig, die es sowohl den Frauen als auch den Männer ermöglicht, das Privatleben mit dem Arbeitsleben zu vereinbaren. Es scheint mir zur Lösung dieser Probleme maßgeblich zu sein, die Unternehmen, die Einrichtungen anbieten, in denen Kinder oder Familienmitglieder und ältere Menschen betreut werden, sowie von Frauen gegründete Firmen durch die Strukturfonds zu unterstützen. Wie wichtig ist es doch, daß die beispielhaften Praktiken, die in der Europäischen Union in diesem Bereich zu verzeichnen sind, allgemeine Anwendung finden und möglichst viele Informationen darüber verbreitet werden. Wie beispielsweise die Wahrnehmung der elterlichen Pflichten durch den Ministerpräsidenten von Finnland, der eine Woche lang sein Amt niederlegte, um ausschließlich Vater zu sein. Dieses Beispiel verdient es viel mehr, insbesondere im Internet, bekannt gemacht zu werden, als andere unpassende Berichte, auf die sich die Medien weltweit stürzen. Drittens die Individualisierung der Frauen und Männer als Personen mit eigenen Rechten innerhalb der Familie. In vielen Ländern entmutigen die im Bereich der Steuern oder Unterstützung für Ehepaare verfolgten Politiken arbeitswillige Frauen und schaffen zusätzliche Probleme. Abschließend schlage ich vor, die Definition von "Arbeitslosigkeit" zu verbessern und in den Statistiken endgültig die Klassifizierung "Unbeschäftigte" zu streichen, die für Frauen gilt, die die anstrengende Arbeit im Haus, in der Familie oder auf dem Land leisten und keinerlei Vergütung dafür erhalten. Es ist eine Schande, diese Personen als "unbeschäftigt" einzustufen. Und Herr Flynn, der uns mehr und bessere, nach dem Geschlecht erstellte Statistiken versprochen hat, kann sich gerne dafür einsetzen, daß dieser unwürdigen Situation ein Ende bereitet wird. Herr Präsident, zunächst möchte ich Frau Marinucci zu der ausgezeichneten Arbeit, die sie geleistet, sowie zu der besonderen Aufmerksamkeit, mit der sie den von den Fraktionen eingereichten Änderungsanträgen Rechnung getragen hat, beglückwünschen. Es sei Ihnen, Frau Marinucci, auch für Ihren Einsatz und für die hervorragende Arbeit gedankt. Unterschiede in der Behandlung zwischen Mann und Frau hat es zwar seit jeher gegeben, wenngleich sich einige Gesellschaften dabei zivilisierter gezeigt haben. Die letzten offiziellen Zahlen von Eurostat, die auf der IAO-Definition der Arbeitslosigkeit beruhen, spiegeln nicht, wie es sein sollte, die gegenwärtige soziale Situation wider und enthalten dazu keine Bewertung. Die Analyse zeigt zwar, daß die Arbeitslosigkeit der Frauen höher ist als die der Männer, doch wird der eigentliche Grund dafür nicht richtig berücksichtigt und die wirkliche Bedeutung der Teilzeitarbeit darin nicht geklärt. Die Teilzeitarbeit, wenn sie gesetzlich geregelt ist und auch für qualifizierte Berufe gilt, könnte bei einer Anwendung auf freiwilliger Basis zur Lösung des Problems beitragen. Im Lichte der heutigen Arbeitsmarktlage sowie der zwischen Männern und Frauen bestehenden Einkommensunterschiede erhalten letztere im Durchschnitt weniger Arbeitslosenunterstützung, und dies trotz der Politik der Chancengleichheit, die die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen vorsieht, der in Artikel 119 des Maastrichter Vertrags verankert ist, einem uns wohlbekannten Artikel, über den wir in diesem Hause schon mehrfach diskutiert haben. Auch Kommissar Flynn ist diese Realität wohlbekannt. Darüber hinaus sind die wenigen auf dem Arbeitsmarkt gebotenen Möglichkeiten Frauen fast nie bekannt; diese sind fast immer spät informiert und erst, nachdem bereits eine erste Auswahl getroffen wurde. Im Hinblick auf eine gleiche Beteiligung von Männern und Frauen an der Teilzeitarbeit sind ein qualifiziertes Angebot sowie eine rechtzeitige und konkrete Information daher unabdingbar, ebenso wie die Beseitigung ungleicher Behandlungen zwischen den beiden Geschlechtern bei der Entlohnung. In diesem Hause haben wir zweifellos mehrfach über die Gleichberechtigung von Mann und Frau gesprochen. Es sind konkrete Aktionen erforderlich, und solange es nicht von der Ausbildung an tatsächlich eine Kultur der Gleichberechtigung geben wird, wird es sehr schwierig sein, unsere hier gefaßten Beschlüsse anwenden und unsere Worte in die Tat umsetzen zu können. An allererster Stelle muß also von klein an begonnen werden, darauf hinzuarbeiten, daß eine solche Kultur der Gleichberechtigung wirklich bekannt ist und sodann sorgfältig festgelegt wird. Herr Präsident! Ich möchte zunächst eine grundsätzliche Bemerkung machen, da in dieser Debatte das Wort Frauenlobby bzw. Lobby für Frauenpolitik gefallen ist. Das erweckt den Eindruck, als ob es ein gesellschaftliches Teilinteresse sei, das hier zur Debatte steht, und das bezweifle ich. Wir werden immense Probleme in unserer Gesellschaft bekommen, wenn wir das Problem der Ungleichbehandlung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt nicht lösen. Das wird umso größer werden, je dringender die Probleme der Arbeitswelt insgesamt werden. Es handelt sich also um ein gesamtgesellschaftliches Problem. Mich hat ein Punkt in dem Bericht besonders interessiert, ja sogar alarmiert: Obwohl die Frauen bei der Bildung massiv aufgeholt und die Männer teilweise überholt haben, bleiben ihre Probleme in der Arbeitswelt erhalten. Davon sind gerade die höherqualifizierten Frauen betroffen. Das Kernproblem der Frauen besteht darin, berufstätig zu sein und Kinder zu haben. Das ist der zentrale Punkt, an dem wir in Zukunft ansetzen müssen: Wir müssen eine qualifizierte, im Prinzip ganztägige Kinderbetreuung einrichten in unseren Ländern. Das Problem haben aber nicht nur Frauen, auch alleinerziehende Männer haben dasselbe Problem, nämlich die Unvereinbarkeit von Berufsleben und Kindererziehung. Diese kann nur durch qualifizierte Einrichtungen für die Kinderbetreuung und Erziehung beseitigt werden. Daran sollten unsere Gesellschaft und die Öffentliche Hand, aber auch Privatinitiativen ansetzen. Das ist der zentrale Punkt. Herr Präsident, es ist eigentlich schade, daß in dem guten Bericht unserer Kollegin Marinucci, in dem sehr viele befolgenswerte Dinge stehen, meinem Vermuten nach aus rein ideologischen Gründen nicht die Tatsache berücksichtigt wird, daß in sehr vielen Familien einer der beiden Partner - das wird meistens die Frau sein - völlig freiwillig gerne den normalen Arbeitskreislauf verläßt, um zu Hause für die Familie und an erster Stelle für die Erziehung der Kinder zu arbeiten. Ich bin persönlich davon überzeugt, daß diese Entscheidung nicht nur eine legitime Entscheidung ist, sondern daß diese häusliche Arbeit sowohl finanziell als auch moralisch ganz neu bewertet wird, nach Jahrzehnten der sogenannten feministischen Indoktrinierung. Verstehen Sie mich daher richtig, ich habe überhaupt nichts gegen den vorliegenden Bericht, der überwiegend ein guter Bericht ist, und ich habe überhaupt nichts gegen die meisten Empfehlungen dieses Berichts, soweit dabei letztlich bessere Chancengleichheit für Männer und Frauen gewünscht wird. Aber es ist für mich völlig unbegreiflich, daß hier in diesem Bericht über Arbeitslosigkeit nicht zuerst und vor allen anderen Erwägungen für einen vollwertigen Elternschaftslohn für den zu Hause arbeitenden Elternteil plädiert wird. Das wäre eine Alternative, die in Europa zweifellos Hunderttausende von Menschen sehr gerne in Anspruch nehmen würden, und das würde darüber hinaus zum ersten Mal vielleicht eine wirkliche Entscheidungsfreiheit zwischen Arbeit zu Hause oder außer Haus beinhalten. Ich habe daher den Eindruck, daß diese Entscheidungsfreiheit aus rein ideologischen, sogenannten feministischen Gründen, aber nicht im Interesse der Frau, boykottiert wird. Man könnte darüber hinaus in diesem Bericht, in dem doch über viele Themen gesprochen wird, ruhig einen Absatz der steuerlichen Diskriminierung von verheirateten Paaren widmen. Verheiratete Paare zahlen jedenfalls in meinem Land viel mehr Steuern als unverheiratet zusammenlebende Paare, mit allen sich daraus ergebenden Folgen. Abschließend muß ich die Berichterstatterin, Frau Marinucci, darauf hinweisen, daß Erwägungen, die dafür plädieren, ich zitiere: "in allen Schulen Räume vorzusehen, in denen junge Leute über Chancengleichheit diskutieren können" , doch eher in eine Witzerubrik gehören als in einen parlamentarischen Bericht, und daß man sogar in diesem Europäischen Parlament ein Minimum an Ernsthaftigkeit respektieren sollte. Herr Präsident, wie kann die EU dazu beitragen, daß mehr Frauen Arbeit bekommen, und was kann die EU tun, um Frauen zu helfen, die unverbindliche und unsichere Arbeitsplätze haben, die sie jederzeit verlieren können. Durch den Vertrag von Amsterdam wurde - dank eines dänischen sozialdemokratischen Vorstoßes - die Beschäftigungssituation auf die Tagesordnung gesetzt. Und auf dem Sondergipfel zur Beschäftigung in Luxemburg haben sich die Staats- und Regierungschefs dazu verpflichtet, gemeinsam etwas gegen die Arbeitslosigkeit zu tun. Eines der Ziele war die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt. In den neuen Zielsetzungen muß daher die Forderung enthalten sein, ehrgeizigere Ziele für die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt zu verfolgen. Wir brauchen eindeutige Ziele und eindeutige Zeitpläne, und es müssen wirtschaftliche Möglichkeiten für ihre Durchführung geschaffen werden. Die neuen Zielsetzungen müssen folgendes beinhalten: Eine drastische Verringerung der Unterschiede zwischen den Arbeitslosenquoten von Männern und Frauen. Der Arbeitsmarkt muß in geringerem Maße an den Geschlechtern orientiert sein, es müssen Möglichkeiten der Kinderbetreuung geschaffen werden, die auch bezahlbar sind. Die Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen müssen verbessert werden. Es müssen Urlaubsregelungen geschaffen werden, die auch für Männer attraktiv sind. Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen sind abzuschaffen. Die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt in den Mitgliedstaaten ist nicht alleine Aufgabe der EU. Die meiste Arbeit entfällt auf die Mitgliedstaaten; gemeinsamen Zielsetzungen sollen jedoch dafür sorgen, daß die Mitgliedsländer für ihre schönen Versprechungen zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn die Mitgliedsländer sich gegenseitig und den Bürgern ihre Aktionspläne präsentieren, werden diejenigen Länder an den Pranger gestellt werden können, welche die gemeinsamen Ziele nicht erfüllt haben - eine Art Wettbewerb um die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt. Wir müssen uns mit anderen Worten um Gleichstellung in bezug auf alle politischen Initiativen auf nationaler und europäischer Ebene bemühen. Ich bin deshalb ganz zufrieden, daß wir in Dänemark eine obligatorische Bewertung aller Konsequenzen von Gesetzesvorlagen in bezug auf ihre Auswirkungen auf die Geschlechter eingeführt haben und daß es uns gelungen ist, durch den Amsterdamer Vertrag das Prinzip durchzusetzen, daß Gleichstellung nicht als isolierte Politik betrachtet werden darf, sondern in alle Initiativen der EU integriert werden muß. Herr Präsident! Dieser Bericht Marinucci legt den Finger in die Wunden, die die Frauen immer noch haben. Erstens: Sie haben immer noch nicht gleiches Entgelt für gleiche Arbeit. Zweitens: Es sind immer noch mehr Frauen von Arbeitslosigkeit betroffen als Männer. Dies hat nicht nur etwas mit Bildung zu tun, sondern vor allem damit, daß Frauen, die Kinder haben, auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sind. Das ist schlecht für die Frauen, und das ist schlecht für die Kinder, die sehr oft zu Opfern auch einer falsch verstandenen Chancengleichheit der Frauen werden. Was muß also geschehen? Es müssen so schnell wie möglich Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine Vereinbarkeit von Arbeitswelt und Familie erleichtern. Das bedeutet größere Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung, das bedeutet natürlich bessere Betreuungseinrichtungen für Kinder. Aber sie sollen nicht zu Kinderaufbewahrungsanstalten werden, die nur einseitig dazu veranlassen, Kinder abzuschieben. Wir brauchen beides: Sowohl Kinderbetreuungsanstalten als auch die Förderung der Wahlmöglichkeit. Hier gibt es zum Beispiel einen Weg, der von unserem Familienministerium eingeschlagen wird. Der Vorschlag lautet, Karenzgeld für alle Mütter und Väter einzuführen, unabhängig davon, ob sie berufstätig waren oder noch sind oder nicht, um hier die Wahlmöglichkeit zu erleichtern, und zwar nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. Ich glaube, dieses Konzept sollte auch auf europäischer Ebene überdacht werden. Die Wahlmöglichkeit muß bestehen, es darf nicht nur die Alternative geben, hier Beruf - da Kind! Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man drei Minuten hat, um die Welt zu ändern, ist das eine recht hoffnungslose Aufgabe. Darum kann ich zu dem guten und interessanten Bericht meiner Kollegin Marinucci eigentlich nur drei Bemerkungen machen. Erstens hat, wenn man die letzten vierzig Jahre betrachtet, die Europäische Union, die europäische Einigung, unbestreitbar eine sehr wichtige Rolle für die Frauen gespielt. Ich brauche nur daran zu denken, daß die Verwirklichung der Union eigentlich mit der Proklamierung des Gleichheitsprinzips einherging. Dieser Grundsatz wurde in einer Reihe von Richtlinien ausgearbeitet. Es wurden Aktionsprogramme festgelegt, und wir haben schließlich im Vertrag von Amsterdam auch die Möglichkeiten erhalten, Diskriminierung zu bekämpfen und, wenn möglich, positive Aktionen zu nutzen. Die Frauen - das ist interessant - haben verstanden, daß die Union etwas für sie bedeutet, denn wenn man sich die Zahlen von Untersuchungen anschaut, zeigt sich, daß Frauen im allgemeinen der Union positiver gegenüber stehen als Männer, daß Frauen mehr mit ihr sympathisieren, eigentlich noch mehr, wenn sie mehr von der Union zu erwarten haben. Die Sympathie der italienischen Frauen, ich sage das natürlich in Richtung unserer Berichterstatterin, ist außerordentlich groß. 43 % der italienischen Frauen erwarten etwas von der Union. In Schweden sind das nur 11 %. Und das ist auch logisch, denn die schwedischen Frauen stehen besser da. Das bedeutet also, daß wir diese pragmatische und logische Einstellung der Frauen eigentlich nutzen müssen. Ich denke, daß wir dafür drei Dinge tun müssen. Als erstes, und das wurde heute bereits gesagt und steht auch in dem Bericht, müssen wir unsere Worte in Taten umsetzen. In keinem Land der Union erhalten Frauen gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. Auch in meinem Land, den Niederlanden, beträgt der Unterschied ca. 30 %. Das muß aufhören. Wir können nicht 40 Jahre lang Gleichheit predigen und nicht danach handeln. Zweitens, Mainstreaming ist ein Schlagwort, das erhärtet werden muß. Wir müssen in all diesen Beschäftigungsprogrammen fordern, daß - nicht in einem gesonderten Abschnitt, sondern als normaler Bestandteil - darin ganz klar steht, was das für Frauen bedeutet. Drittens und letztens, und das ist eine Frage an den Kommissar: Sollten wir nicht genau wie 1980 eine umfassende Untersuchung über den state of the union , über die Lage der Situation der Frauen durchführen, um die Aufmerksamkeit erneut auf ein Problem zu lenken, bei dem wir, auch meiner Meinung nach, zwar viele Fortschritte gemacht haben, das aber leider noch weit von der idealen Lösung entfernt ist? Herr Präsident, ein großer Teil der Langzeitarbeitslosen und der Teilzeit-Beschäftigten in fast allen EU-Ländern sind Frauen. Die Zunahme der befristeten Arbeitsverhältnisse hat Unsicherheit im Leben der Frauen geschaffen. Die unterschiedliche Entlohnung von Frauen und Männern verursacht als Folgeerscheinung für Frauen gegenüber Männern geringere Arbeitslosenentschädigungen und schlechtere Rentenansprüche. Es scheint unvorstellbar zu sein, daß wir noch Ende der 90er Jahre über Lösungen für solche Probleme nachdenken müssen. Es müßte doch ganz klar sein, daß beispielsweise für die gleiche Arbeit der gleiche Lohn gezahlt wird, unabhängig vom Geschlecht. Das sollte übrigens auch hier für die Bezahlung der Mitglieder des Europäischen Parlaments gelten. Für die Umschulung und besonders für die berufliche Bildung von Arbeitslosen müßte mehr getan werden. In Finnland sind Kampagnen zur Verstärkung des Interesses der Frauen an naturwissenschaftlichen und technischen Themen eingeleitet worden. Es ist jedoch nicht gelungen, so viele Frauen in die herkömmlichen Bereiche der Männer zu locken, wie gehofft. Woran liegt das? Sind die alten zu Hause erlernten Haltungen noch immer so fest in uns verankert? Wir müssen an unseren eigenen Haltungen noch einiges ändern. Wir sind schnell schüchtern. Wir trauen uns nicht, anspruchsvolle Aufgaben zu übernehmen oder Neues zu erproben. Ich verstehe nicht, daß mit Hilfe von verschiedenen Quoten versucht wird, dieses Problem zu lösen. Wir brauchen andersartige Maßnahmen. Meiner Meinung nach könnte die Kommission diese Gründe und Haltungen auch umfassender in der EU untersuchen. Die Automatisierung hat viele solche sogenannten Männerbereiche so entwickelt, daß bei der Erledigung der Arbeitsaufgaben keine physische Kraft mehr notwendig ist. Es geht trotzdem nicht darum, daß Frauen schlechter geschult wären als Männer. Im Gegenteil. Die Mädchen sind in der Schule erfolgreicher als die Jungen. An Hochschulen und Universitäten studieren mehr Frauen als Männer. Das führt wieder zu andersartigen Problemen. Die Frauen sind jedoch in den Ländern, in denen es eine Reservisten- oder Unteroffiziersausbildung gibt, in der Führungsqualitäten geschult werden, in gewisser Weise benachteiligt. Für Frauen gibt es nichts Entsprechendes. Wie ich festgestellt habe, gibt es in der eigenen Haltung der Frauen noch einiges zu verbessern. Wir müssen an unsere eigenen Fähigkeiten glauben und uns selbst vertrauen. Ich begrüße den Bericht Marinucci ganz besonders. In diesem Bericht stehen die spezifischen Besonderheiten der Arbeitslosigkeit von Frauen in der Europäischen Union im Blickpunkt. Ich möchte mich bei all jenen bedanken, die zu der konstruktiven Debatte heute vormittag beigetragen haben. Im ersten Teil des Berichts wird der geschlechterspezifische Unterschied bei den Arbeitslosenquoten hervorgehoben, denn in fast allen Mitgliedstaaten ist die Frauenarbeitslosigkeit höher als die der Männer. In dem Bericht werden auch die Hindernisse aufgezeigt, mit denen arbeitswillige Frauen konfrontiert werden. Aus dem Bericht wird ersichtlich, daß es in allen Mitgliedstaaten an Kinderbetreuungseinrichtungen fehlt. Dem pflichte ich bei, und ich bin ziemlich erstaunt über die Vielzahl der Kommentare zu diesem Punkt. In dem Bericht wird ebenfalls erläutert, daß Erziehungsurlaub und längere Unterbrechungen der Berufstätigkeit paradoxerweise ein Hemmnis im gesamten Arbeitsleben von Frauen in bezug auf Aufstiegschancen, soziale Absicherung und den Zugang zum Arbeitsmarkt sein können, wenn diese Arbeitsunterbrechungen quasi allein von Frauen in Anspruch genommen werden. Interessant an dem Bericht ist insbesondere, daß er weit über die Frauenarbeitslosigkeit als solche hinausgeht. Auch die Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt im allgemeinen wird beschrieben sowie die Effizienz von Ausbildung und Fortbildung, und die europäischen beschäftigungswirksamen Maßnahmen, die auf den Gipfeln in Essen, Luxemburg und Cardiff beschlossen wurden, werden dargestellt. In dem Bericht wird betont, daß Maßnahmen zur Herstellung von Chancengleichheit neben aktiven Frauenförderungsprojekten in die Beschäftigungsleitlinien aufgenommen werden müssen. Dies spiegelt den zweigleisigen Ansatz wider, dessen Stellenwert auf der gemeinsam von Parlament und Kommission organisierten Konferenz zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien im Januar dieses Jahres unterstrichen wurde. Die Ereignisse dort finden meine volle Zustimmung. Kann das Mainstreaming-Konzept ohne nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Statistiken in die Tat umgesetzt werden? Die Kommission wird sich in Zusammenarbeit mit Eurostat weiterhin bemühen, verstärkt Statistiken zur Arbeitsmarktlage von Frauen zu erarbeiten. Im Jahresbericht über die Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Europäischen Union sind etliche nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Statistiken zu diversen Themen der Gleichberechtigung zu finden. Wir beabsichtigen, diese Veröffentlichung mit sehr vielen statistischen Daten weiterzuführen. Man kann ohne die für Vergleichszwecke notwendigen Grunddaten keine Bewertungen durchführen. Das ist mir vollkommen klar. Im Hinblick auf den Mainstreaming-Ansatz sind unter dem britischen Ratsvorsitz Fortschritte erzielt worden. In den Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Cardiff im Juni 1998 werden alle Mitgliedstaaten aufgefordert, der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in allen Bereichen ihrer Beschäftigungspolitik einen höheren Stellenwert einzuräumen. Dies ist ein wichtiger Schritt, und dieser Aspekt wird in den Leitlinien für 1999 Priorität haben, die wir hier in Kürze diskutieren werden. Das Thema Betreuung, das während des britischen Ratsvorsitzes weit oben auf der politischen Agenda stand, wird in dem vorliegenden Bericht ebenfalls erörtert und spielt auch in den Beschäftigungsleitlinien von 1998 eine große Rolle. Es freut mich, daß so viele Bemerkungen zu Betreuungseinrichtungen gemacht und der große Bedarf hierfür und die Wichtigkeit eines hohen qualitativen Standards, der Bedarf für Betreuungsmöglichkeiten für alle Betroffenen und insbesondere der Bedarf für Ausbildungsmöglichkeiten angesprochen wurden. All dies wird im Mittelpunkt stehen. Bisher lassen die Verhältnisse in allen Mitgliedstaaten zu wünschen übrig. Ich werde hierauf in Zusammenhang mit den Leitlinien für 1999 noch näher eingehen. Die vierte Säule der Beschäftigungsleitlinien zur Förderung von Maßnahmen zur Herstellung der Chancengleichheit besagt, daß die Mitgliedstaaten überall dort mehr Betreuungsmöglichkeiten schaffen sollten, wo Bedarf besteht. Unser Betreuungskonzept wurde erweitert und zielt jetzt nicht mehr nur auf Kinderbetreuung, sondern auch auf die Betreuung von pflegebedürftigen Menschen einschließlich Behinderter und Senioren ab. In diesem wichtigen Punkt sind Fortschritte zu verzeichnen. Frau Seillier hat darauf hingewiesen. Bestätigt hat sich dies bei der Ministertagung zu Frauenfragen und Gleichberechtigung in Belfast im Mai. Dort war man sich einig, daß eine bezahlbare, zugängliche und qualifizierte Kinderbetreuung, Erziehungsurlaub und weitere Aktionsprogramme im Rahmen einer familienfreundlichen Beschäftigungspolitik unabdingbar sind, damit Frauen und Männer ihren beruflichen und familiären Pflichten nachkommen können. Meiner Ansicht nach läßt sich die Integration von Frauen auf dem Arbeitsmarkt nur dann effektiv steigern, wenn wir die Betreuungsfrage in den Griff bekommen. Es gibt noch ungemein viel zu tun, um das Ziel einer ausreichenden Bereitstellung von Betreuungsmöglichkeiten zu erreichen. Wir werden genau beobachten, wie die einzelnen Mitgliedstaaten dieses Problem angehen, welche Maßnahmen sie einsetzen werden und welche Mittel sie im Rahmen ihrer beschäftigungspolitischen Aktionspläne für 1999 und die nachfolgenden Jahre aufwenden werden. Die europäische Beschäftigungsstrategie hat sich allein dadurch bewährt, daß das Thema Chancengleichheit heute in allen nationalen Beschäftigungsplänen fest verankert ist. In Zukunft werden wir alles daransetzen, die Umsetzung der Verpflichtungen aus den Leitlinien sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten kennen ihre Aufgaben. Die Herausforderung für 1998 war, diesen Prozeß in Gang zu bringen. Das ist uns gelungen. Für 1999 wird die Herausforderung sein, aktiv zu werden und die zur Erreichung der Ziele erforderlichen Schritte vor dem Hintergrund der Leitlinien einzuleiten. Soviel zum Thema Chancengleichheit. Frau Lulling hat auf die Richtlinie von 1986 bezüglich der Unterstützung von Ehepartnern aufmerksam gemacht. Wir haben hierüber zwei Diskussion mit Experten am runden Tisch geführt und konnten uns - einschließlich der Experten - nicht auf eine Abänderung dieser Richtlinie einigen. Der Bericht, Frau Lulling, ist recht ausführlich und wurde veröffentlicht; ich werde Ihnen ein Exemplar zukommen lassen, denn er dürfte für Sie von Interesse sein. Herr Delcroix, Frau Angelilli, Herr Schäfer und andere Kolleginnen und Kollegen haben sehr schlüssige Argumente zu Teilzeitarbeit und der Richtlinie über Teilzeitbeschäftigung vorgebracht. In dieser Richtlinie ist vorgesehen, daß Frauen und Männer in der Lage sein sollten, von Teilzeit- zu Vollzeitbeschäftigung überzugehen und umgekehrt, ohne benachteiligt zu werden und ihre Arbeitsvermittlungsfähigkeit einzubüßen. Wie Sie wissen, war dies ein Kernpunkt der Richtlinie über Teilzeitbeschäftigung, die aus einem Tarifvertrag zwischen den Sozialpartnern resultiert ist. Ich möchte mich bei Frau Hautala für Ihre Bemerkung zu der Rede in Portugal bedanken. Ich bin sehr froh, daß Frau Torres Marques sagte, daß ich das Parlament nicht kritisiert hätte, und sie hat vollkommen Recht damit. Sie war in der Wortwahl ihrer Bemerkungen zur Rede vom Dienstag in Portugal sehr vorsichtig. Ich habe das Parlament nicht kritisiert, sondern wollte - und dies möchte ich hier noch einmal betonen - das Parlament ermutigen, den von ihm eingeschlagenen Kurs beizubehalten, d. h. sich auf allgemein gehaltene Maßnahmen hinsichtlich der Beschäftigungsstrategie und Chancengleichheit sowie der Reform der Strukturfonds zu konzentrieren. Schließlich wollte ich in der Rede das Parlament mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln ersuchen, die Mitgliedstaaten zur Umsetzung ihrer jeweiligen Strategien zu drängen, damit sich das Familien- und Arbeitsleben besser vereinbaren läßt und damit Frauen vermehrt Fortbildungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen, wenn sie nach längerer Unterbrechung der Berufstätigkeit aufgrund der Betreuung von Kindern usw. in das Berufsleben zurückkehren. Wir müssen unser Augenmerk auch auf die künstlichen Hindernisse in allen Bereichen des Arbeitsmarktes richten, die für Geschlechtertrennung und Diskriminierung verantwortlich sind. Diese Hindernisse müssen beseitigt werden. Dies war meine Botschaft in Portugal, und ich wünsche mir die Unterstützung des Parlaments bei der Verwirklichung dieser Zielsetzung. Vielen Dank, daß Sie diesen Aspekt angesprochen haben. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt der Bericht (A4-0270/98) von Frau Colombo Svevo im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau über die Rolle der Genossenschaften bei der Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen. Herr Präsident, ich beginne mit einem Dank an Frau Marinucci; mit ihrem Bericht hat sie nämlich die strukturellen Probleme des Marktes sowie das Verhältnis zwischen Markt und Frauenbeschäftigung aufgezeigt, womit es mir ermöglicht wurde, den Hintergrund einer Situation, wie sie in ihrem Bericht dargelegt wird, besonders zu beleuchten. Wir haben einen speziellen Aspekt der Beschäftigung untersucht, nämlich die Beziehung zwischen Genossenschaften und Erwerbstätigkeit von Frauen. Wir taten dies deswegen, weil uns bewußt wurde, daß sich in dem großen Rahmen des Genossenschaftswesens - bzw. besser gesagt, in dem großen Rahmen der Sozialwirtschaft des dritten Systems - heute wichtige Entwicklungen vollziehen, die wir aufzuzeigen versucht haben und die der Ausschuß für die Rechte der Frau beim Besuch einiger Genossenschaften in Italien in der Praxis beobachtet hat; solche Entwicklungen wurden übrigens von Frau Ghilardotti im Ausschuß für soziale Angelegenheiten und Beschäftigung vor kurzem sehr nachhaltig unterstützt. Die Europäische Union muß nun meines Erachtens die neuartigen Ideen, um die es sich dabei handelt, verbreiten, und die Konferenz, die nächste Woche in Brüssel stattfinden wird, stellt meiner Meinung nach eine wichtige Antwort dar, nämlich daß alles, was auf diesem Sektor geschieht, sichtbar gemacht werden soll. Zu welchen Resultaten sind wir bei unserer Untersuchung gelangt? Erstens: Genossenschaften haben, genau wie kleine und mittlere Unternehmen, zur Schaffung von Arbeitsplätzen geführt, und vor allem kleine Genossenschaften haben eine positive Rolle für die Frauenbeschäftigung gespielt; zweitens: Genossenschaften haben sich in jenen neuen Beschäftigungsbereichen angesiedelt, die von der Europäischen Union schon mehrfach sowohl in den herkömmlichen Sektoren der individuellen, personenbezogenen Dienstleistungen wie in innovativen Bereichen genannt wurden. In diesem Zusammenhang möchte ich sagen, daß Genossenschaften, auch wenn sie in herkömmlichen Sektoren tätig waren, beispielsweise der Sozialhilfe, gleichwohl eine innovative Rolle in dem Sinne erfüllt haben, daß sie sich anschließend lokal etabliert und örtliche Bedürfnisse erfüllt haben. Drittens: Die Genossenschaften haben für die Eingliederung sowohl von Langzeitarbeitslosen als auch - wie im Falle zahlreicher Frauen - derjenigen, die vielleicht nur für eine befristete Zeit aus dem Arbeitsmarkt ausgeschieden sind, eine positive Rolle gespielt und dabei auch - die Unterstreichung dieser Tatsache ist mir sehr wichtig - eine Ausbildungsfunktion vor Ort erfüllt. Wir haben nämlich festgestellt, daß zahlreiche Frauen heute Vorstandsmitglieder von Genossenschaften und vielfach von Genossenschaftsgesellschaften sind: dies hat auch zur Förderung des weiblichen Unternehmertums beigetragen. Die Genossenschaften waren ferner im Bereich der Flexibilität der Arbeitsorganisation, sowohl was die Stunden- als auch Lebensarbeitszeit betrifft, aktiv, einer Flexibilität, die - wie ich hervorheben möchte - unter anderem keine Marginalisierung bedeutet, weil im allgemeinen Zweck und Modalitäten der Organisation der Genossenschaften stets die Mitwirkung der Genossenschaftsmitglieder und ihre Mitverantwortung erfordern. Bei meiner Aufzählung der Elemente, die sich bei unserer Untersuchung ergeben haben, werden Sie feststellen, daß viele dieser Faktoren, nämlich Anpassungsfähigkeit, Vereinbarkeit, Wiedereingliederung, gerade die Grundlage für die Forderung der Frauen nach Möglichkeiten für einen Eintritt ins Erwerbsleben bilden. Auch die jüngsten Untersuchungen in meinem Land haben im Grunde genommen gezeigt, welches Interesse Frauen an solchen besonderen Unternehmensarten besitzen. Meiner Meinung nach müssen wir daher als Europäische Union - und das sage ich Herrn Kommissar Flynn, weil ich weiß, daß er diesen Themen gegenüber aufgeschlossen ist - für die gesamte Sozialwirtschaft wirklich eine aktive Rolle spielen. Untersucht werden müssen Umfang und Merkmale, insbesondere was das Genossenschaftswesen und seine Entwicklung in den verschiedenen Ländern betrifft. Zu den Vereinigungen und Stiftungen wurde eine Mitteilung ausgearbeitet: Wir wünschen uns ein Weißbuch über das Genossenschaftwesen, um damit auch Änderungen aufzuzeigen und einen Vergleich zwischen den verschiedensten Erfahrungen zu ermöglichen. Erforderlich ist ein Rechtsrahmen, der, ohne starre Festlegungen für diesen Bereich - denn das ist nicht möglich, da er aufgrund seiner Art veränderlich ist und sich seine Entwicklung nach den bestehenden Bedürfnissen richtet, denen er gerecht wird - mehr Rechtsklarheit schafft, um Situationen zu vermeiden, durch die Genossenschaften sinnentstellt und zweckentfremdet würden. Erforderlich sind ferner spezifische Bestimmungen, beispielsweise bei Ausschreibungen; ferner die Anwendung ermäßigter MWSt-Sätze sowie schließlich eine wirtschaftliche Förderungen der Sozialökonomie, und zwar auch durch Maßnahmen, wie sie zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen vorgesehen sind. Was sodann die Ausbildung betrifft, so ist zu berücksichtigen, daß aus dem Sozialfonds Mittel für eine diesem Bereich angemessene Aus- und Fortbildung bereitgestellt werden müssen, durch die es ermöglicht wird, nicht nur technische Fähigkeiten zu erwerben, sondern auch für Projektmanagement und Teamarbeit erforderliche Qualifikationen. Herr Präsident, zunächst möchte ich die Berichterstatterin, Frau Colombo Svevo, beglückwünschen, weil sie einen vollständigen Bericht ausgearbeitet hat, dem eigentlich nichts hinzuzufügen ist, denn darin wurden sämtliche Punkte zur Sprache gebracht, und es wurde darin aufgezeigt, welche Möglichkeiten dieser Sektor bietet, wobei auf die Notwendigkeit einer Regelung dieses Sektors sowie von Interventionsmaßnahmen hingewiesen und aufgezeigt wurde, welche Rolle die Europäische Union und die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung und beim Ausbau eines Sektors erfüllen können, der für die Erwerbstätigkeit von Frauen ohne Zweifel wichtig ist. Nichtsdestotrotz möchte ich einige allgemeine Betrachtungen anstellen. Wie Frau Colombo Svevo sagte, kann nicht über ihren Bericht gesprochen werden, ohne ihn mit dem ausgezeichneten Bericht von Frau Marinucci und der darüber geführten Aussprache in einen direkten Zusammenhang zu bringen. Meines Erachtens kann ruhig gesagt werden, daß - zumindest in den letzten zwanzig Jahren - die von der Europäischen Union geförderte Politik der Chancengleichheit zu einer der sehr wenigen auf sozialer Ebene erfolgreichen Politiken gehört. Im übrigen wurden die zahlreichen bestehenden Probleme bei der geführten Aussprache bereits aufgezeigt und sind der Kommission, dem Europäischen Parlament, den Frauen (den direkt Betroffenen) sowie dem Rat bekannt. Es gibt heute einige Fortschritte. Durch den Vertrag von Amsterdam werden Möglichkeiten geboten. Die trotz einer sehr schwachen Rechtsgrundlage, nämlich Artikel 119, verabschiedeten Richtlinien ermöglichten Fortschritte in dieser Richtung. Meines Erachtens sind jedoch mehr Mut und mehr Konsequenz erforderlich. Das sage ich speziell zu dem, was von Frau Colombo Svevo hervorgehoben wurde. Zwar können durch die Sozialwirtschaft nicht sämtliche Probleme gelöst werden, doch stellt sie eine der möglichen Lösungen dar, zusammen mit anderen Maßnahmen wie mainstreaming , Investitionen, Berücksichtigung der konkreten Priorität des Beschäftigungsproblems auch in finanzieller Hinsicht. Unter den Formen, unter denen die Sozialwirtschaft in Erscheinung tritt, stellt das soziale Genossenschaftswesen einen wichtigen Bereich dar. Er ist es bereits heute in der Realität - einer von Frau Colombo Svevo beschriebenen Realität - und er ist es auch hinsichtlich noch potentieller Möglichkeiten. Meines Erachtens sind mehr Mut und mehr Konsequenz erforderlich, denn obwohl dieseTatsache von uns anerkannt wird - sowie auch vom Rat und von der Kommission, und zwar auch auf dem Luxemburger Gipfel und dem Gipfel von Cardiff -, handeln wir nämlich nicht dementsprechend. Ich beziehe mich beispielsweise auf ein spezifisches Problem, über das wir in einigen Wochen sprechen werden, nämlich den Haushaltsplan. Die Haushaltslinie B5-321 betreffend die Förderung der Sozialwirtschaft - diese Haushaltslinie fällt nicht in die Zuständigkeit von Kommissar Flynn - besitzt keine Rechtsgrundlage. Wie wir wissen, können aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs sowie der Interinstitutionellen Vereinbarung Mittel im Haushaltsplan nur festgelegt werden, wenn Rechtsgrundlagen bestehen, und wir haben eine solche Möglichkeit, wenn die Kommission tatsächlich beabsichtigt, Programme zu erstellen, durch die die Rechtsgrundlagen geschaffen werden können. Eine Gesetzgebungsinitiative, die erfolgreich war, die von der Kommission vorgeschlagen wurde und zu der das Parlament eine Stellungnahme abgegeben hat, sah ein Programm für die Sozialwirtschaft vor. Ich bin der Meinung, daß sich damit für die Kommission - auch nach der heute geführten Aussprache und den vorliegenden Berichten - die Gelegenheit für ein Wiederaufgreifen dieses Programms bietet und daß dieses Programm nächstes Jahr eine konkrete Unterstützung darstellt, eine Verbreitung bewährter Praktiken und daß es damit ermöglicht wird, daß dieser Sektor - quantitativ und qualitativ - einen wesentlichen Beitrag zur Lösung des Problems der Beschäftigung von Frauen leistet. Die Aussprache wird an dieser Stelle unterbrochen und um 18.00 Uhr fortgesetzt. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank, daß sie mir das Wort für einen persönlichen Beitrag erteilen. Die Untergrundorganisation ETA hat gestern abend einen unbefristeten, bedingungslosen Waffenstillstand verkündet. Ich möchte sagen, daß ich diese Verlautbarung mit Vorsicht aufnehme, in der Hoffnung daß sie ehrlich gemeint ist, und vor allem mit Zufriedenheit, denn sie öffnet ein Tor der Hoffnung, daß im Baskenland endlich der Frieden erreicht wird. Hoffentlich sind wir alle vereint dazu im Stande, diesen - langersehnten - Frieden für das Baskenland zu erleben. Herr Präsident! Auch ich möchte mich zu diesem Thema äußern. Wie Frau Dührkop Dührkop mitgeteilt hat, hat die terroristische Vereinigung ETA einen Waffenstillstand verkündet. Wir müssen diese Erklärung zufrieden aufnehmen - wie könnten wir anders reagieren -, jedoch auch mit Vorsicht. Es ist nicht das erste Mal, daß diese terroristische Vereinigung einen Waffenstillstand verkündet hat, und man muß natürlich abwarten, ob diese Erklärung etwas mit den anstehenden Wahlen im Baskenland zu tun hat. Auf jeden Fall ist dies Anlaß zur Hoffnung. Wir vertrauen und hoffen weiterhin auf das endgültige Ende der Gewalt und glauben auf jeden Fall, daß dieser Schritt die Folge der Bereitschaft zum Dialog und zur Eintracht ist, die die Väter der spanischen Verfassung bei ihrer Arbeit ermutigte. Herr Präsident! Es ist notwendig, daß Sie verschiedene Stimmen aus Spanien hören und daß aus diesen allen die Hoffnung auf einen Friedensprozeß deutlich wird. Auch die Vorsicht ist notwendig, man muß jedoch Vertrauen in die demokratischen Werte haben, die wir seit dem Augenblick entwickeln, in dem wir die Demokratie wiedergewonnen haben. Häufig sind wir hier zusammengekommen, um schreckliche Verbrechen, willkürliche oder gegen Volksvertreter gerichtete Ermordungen zu verurteilen. Diese Nachricht, die uns erreicht hat, erfüllt uns daher alle mit Hoffnung, wenn auch eine gewisse Vorsicht bestehenbleibt. Ich glaube, daß ich für meine Person und im Namen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke sprechen kann. Herr Präsident! Wir Basken, das baskische Volk, haben viele Jahre lang unter einem bewaffneten Konflikt gelitten, der die Geißel unserer Gesellschaft war. Heute abend haben wir mit Genugtuung vernommen, daß die Terrororganisation ETA einen einseitigen, unbefristeten und bedingungslosen Waffenstillstand erklärt hat. Es ist das erste Mal, daß die ETA einen derartigen Waffenstillstand erklärt. Ich hoffe, daß alle politischen Kräfte - und ich rufe auch die politischen Kräfte in Europa und die europäische Gesellschaft zur Zusammenarbeit auf - den Umständen gewachsen sind und fähig sind, in einem Friedensprozeß mit Hilfe des Dialogs voranzuschreiten, der die Friedenserwartungen und die Hoffnung der überwältigenden Mehrheit der Basken erfüllt. Ich denke, wir alle sind bereit, die Hoffnungen der spanischen Kollegen zu teilen. Ich schlage vor, in Absatz 1 d I die "45 Kalendertage" in "60 Kalendertage" zu ändern. Kann ich die mündliche Änderung des Berichterstatters zulassen? Ich stelle fest, daß es keinen Widerspruch gibt. Folglich stelle ich sie zur Abstimmung. Änderung Nr. 33 Lassen Sie mich kurz erläutern, daß im Falle der Annahme von Änderungsantrag Nr. 33 als Ganzes der Absatz bis zu "maximaler Zahlungsfrist" in meinem Änderungsantrag hinfällig würde. Dann würde der Rest von Änderungsantrag Nr. 26 stehenbleiben. (Das Parlament nimmt den Entwurf der legislativen Entschließung an.) Herr Präsident, laut unseren Sitzungsunterlagen sind die Änderungsanträge 4 und 18 im Falle der Verabschiedung des Änderungsantrags 14 hinfällig. Ich möchte Sie darüber informieren, daß in Wirklichkeit der Änderungsantrag 4 durch die Verabschiedung des Änderungsantrags 14 nicht hinfällig wird. Über den Änderungsantrag 4 kann durchaus als Zusatz abgestimmt werden, und ich bitte Sie darum, diesen Antrag in eben dieser Form zur Abstimmung zu stellen. Sie bringen mich da in eine Zwickmühle, Herr Weber, denn die Dienste des Parlaments teilen mir mit, daß der Inhalt der angesprochenen Änderung als damit nicht vereinbar eingeschätzt wurde. Herr Präsident! Ich teile Ihre Einschätzung, denn beide Änderungsanträge beziehen sich auf den gleichen Absatz der Entschließung, und wenn der Änderungsantrag 14 meiner Fraktion angenommen wird, ist der Änderungsantrag 4 der Fraktion der Radikalen Europäischen Allianz hinfällig, es sei denn, meine Fraktion übernimmt den Änderungsantrag 4 als Zusatz, was wir nicht tun werden. Herr Präsident, im Gegensatz zu dem, was Frau Roth gesagt hat, bezieht sich unser Änderungsantrag nämlich auf die Wahrung der Artenvielfalt, was beim Änderungsantrag der Fraktion von Frau Roth nicht der Fall ist. Somit bestehe ich darauf, daß unser Änderungsantrag als Zusatz zur Abstimmung gestellt wird. Ich stimme Ihrer Einschätzung auch zu. Alle, die einen Änderungsantrag vorgelegt haben - das waren die Fraktion der Radikalen Europäischen Allianz, die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas und die Fraktion Die Grünen im Europäischen Parlament - müssen die Möglichkeit haben, sich zu äußern, ich bitte schon um etwas Fairneß. Ich stimme Ihnen zu, daß sie nicht identisch sind, denn wir wollen mit unserem Änderungsantrag als einzige, daß ganz klar festgeschrieben wird, wieviel emission trading stattfindet und wieviel mit eigenen Maßnahmen durchgeführt wird. Daher verwehre ich mich strikt dagegen, daß bei Annahme von Änderungsantrag 14 die übrigen beiden, also auch unser Änderungsantrag 18, hinfällig werden. Betreffend Änderung 18 Herr Präsident! Also wir brauchen hier keine Lesestunde einzuführen. Wir haben mit dem Änderungsantrag der Sozialisten besprochen, ob eine mengenmäßige Begrenzung erfolgen soll. In unserem Änderungsantrag 18 wird genau beziffert, wie diese mengenmäßige Begrenzung auszusehen hat. Hätten wir die Abstimmung korrekt durchgeführt, wäre unser Änderungsantrag auch zuerst gekommen, dann hätten wir die korrekte Reihenfolge. Ich bestehe ausdrücklich darauf, daß unser Änderungsantrag 18 zur Abstimmung gestellt wird, und jeder, der des Lesens mächtig ist, wird feststellen, daß es hier Unterschiede gibt. Frau Breyer, ich respektiere Ihre Meinung, es gibt jedoch in diesem Saal auch noch andere Auffassungen, andere Bewertungen. Ich hätte eigentlich nichts dagegen, Ihre Änderung zur Abstimmung zu stellen, doch wäre dies unserer Einschätzung nach nicht korrekt. (Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.) Herr Präsident, ich danke Ihnen, daß Sie mir das Wort erteilt haben, denn ich stelle fest, daß Sie bei der Abstimmung über den Antrag der ARE-Fraktion etwas rasch vorgegangen sind. Ich bin ein wenig erstaunt darüber, denn zuweilen haben Sie es nicht so eilig. Ich bin also, Herr Präsident, ganz einfach ein wenig überrascht. Herr Sainjon, Sie haben recht. Ich bin schnell vorgegangen, das stimmt, aber vor uns liegt eine sehr lange Abstimmungsliste. Ich möchte die Abgeordneten nicht bis heute nachmittag um drei Uhr hier festhalten. Das Ergebnis war derart offensichtlich, daß es keinen Anlaß für Interpretationen gegeben hat. (Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.) Gemeinsamer Entschließungsantrag zu den politischen Entwicklungen in Rußland (Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.) Herr Präsident, ich möchte einen mündlichen Änderungsantrag einbringen, der den letzten Teil - und den Sinn - dieses Änderungsantrags betrifft und wie folgt lautet: " ... hebt die Bedeutung des von der PKK am 28. August 1998 erklärten Waffenstillstandes hervor und fordert die türkischen Behörden auf, diese Gelegenheit zu ergreifen, um eine friedliche politische Lösung der kurdischen Frage auf Verhandlungsbasis zu finden." Wir möchten, daß dieser mündliche Änderungsantrag angenommen und Ziffer 16 hinzugefügt wird, in dem es um die Kurdenfrage geht. Ich möchte ergänzend anmerken, daß es in der deutschen Presse hieß, der Waffenstillstand sei von der PKK zurückgezogen worden. Mir wurde versichert, daß dieser Bericht falsch ist. Der Waffenstillstand ist weiterhin in Kraft. Darum müssen die Worte "hebt die Bedeutung des von der PKK am 28. August 1998 erklärten Waffenstillstandes hervor und fordert die türkischen Behörden auf, diese Gelegenheit zu ergreifen, um eine friedliche politische Lösung der kurdischen Frage auf Verhandlungsbasis zu finden." Ziffer 16 hinzugefügt werden. Soweit ich weiß, stimmt Herr McMillan-Scott dieser Änderung zu. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr McMillan-Scott hat mich heute früh informiert, daß er auf Grund anderer politischer Verpflichtungen nicht an der Abstimmung heute mittag teilnehmen kann. Er bat Herrn Schwaiger, ihn zu vertreten, und ich denke, Herr Schwaiger wird sich in der Lage sehen, die Auffassung zu der gerade von Herrn Titley unterbreiteten Änderung zum Ausdruck zu bringen, die Herr McMillan-Scott auf Grund seiner Abwesenheit nicht darlegen kann. Wenn es keine Einwände Ihrerseits gibt, werde ich sie zur Abstimmung stellen. Herr Präsident! Ich möchte darauf hinweisen, daß in allen Medien gemeldet wurde, der Waffenstillstand der PKK sei zurückgezogen worden, und daß es nun sehr schwierig ist, diesem Änderungsantrag, der eigentlich eine gute Absicht verfolgt, zuzustimmen. Aber wenn eine mündliche Änderung möglich ist, würde ich vorschlagen, die Notwendigkeit eines Waffenstillstands zu unterstreichen und den Rest unverändert zu lassen, ohne die PKK zu zitieren. Unter diesen Umständen könnten wir zustimmen: Notwendigkeit eines Waffenstillstands und einer politischen, friedlichen Lösung. Herr Schwaiger, bei so diffizilen politischen Fragen haben wir auch immer äußerst feine Differenzierungen wie die soeben von Ihnen dargelegte. Sie stellt eine Änderung der mündlichen Änderung dar. Ich fürchte jedoch, das könnte zu einer gewissen Verwirrung führen. Herr Präsident, wenn die PPE auf dieser Grundlage "dafür" stimmen wird, bin ich einverstanden. Gibt es Einwände dagegen, daß ich die geänderte Änderung von Herrn Titley zur Abstimmung stelle? Nein. Damit stelle ich sie zur Abstimmung. Herr Präsident! Ich habe den Eindruck, daß der Änderungsantrag von Herrn Titley darauf abzielt, den ersten Teil von Änderungsantrag 25 herauszunehmen und nur über den zweiten Teil, den er formuliert hat und der auf meine Formulierung hin abgeändert wurde, abzustimmen, nicht jedoch über den ersten Teil, der zurückgezogen wurde, es sei denn, die Fraktion Die Grünen möchte den ersten Teil beibehalten. Dann müßte man darüber abstimmen. Herr Schwaiger, ich glaube, hier ist etwas durcheinandergekommen: Die Änderung Titley betraf nicht den ersten Teil. Herr Präsident, meine Änderung, die somit als angenommen gilt, sollte Ziffer 16 hinzugefügt werden. Über Ziffer 17 müssen wir noch abstimmen. (Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.) Der Vorschlag der Kommission verfolgt ein richtiges Ziel, nämlich die Integration des Geschlechteraspekts als wichtigen und allgemeinen Faktor der Entwicklungszusammenarbeit. Die bewußte Beachtung geschlechterspezifischer Fragen - und man sollte sogar von einer "positiven" Sonderbehandlung der Frauen reden - ist eine notwendige Voraussetzung für die effektive und nachhaltige Entwicklung in den Entwicklungsländern. Die Hilfe wird ganz einfach falsch organisiert und kommt nicht den Richtigen zugute, wenn die Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit nicht ausdrücklich berücksichtigt werden. Diese Strategie muß allgemein vertreten werden und den Aspekt der Chancengleichheit in alle Maßnahmen einbeziehen. Sonst besteht die Gefahr, daß die Aktivitäten nur Zufallstreffer ohne die beabsichtigte Wirkung bringen. Frau Junker muß für den Bericht gelobt werden, der in einigen Bereichen die gemeinsame Haltung verdeutlicht. So u. a. in den Änderungsanträgen 15 und 16, die durch Zuschlagserteilungen Entwicklungsländer positiv begünstigen wollen. Die Änderungsanträge, welche die Auswahlverfahren und den Zeitrahmen betreffen, lehnen wir allerdings ab. Betreffend die Auswahlverfahren möchte Frau Junker wie die Kommission einen Beratenden Ausschuß. Wenn wir zwischen zwei Übeln wählen müssen, entscheiden wir uns lieber für einen Verwaltungsausschuß (IIB), den der Rat vorgeschlagen hat. Die Änderungsanträge 6 und 11, in denen es um den Zeitrahmen geht, lehnen wir ebenfalls ab. Auch wenn wir normalerweise keine Zeitvorgaben unterstützen, so ist es in diesem Falle erforderlich, um die Kommission unter Druck zu setzen. In dieser Situation unterstützen wir den finanziellen Bezugsrahmen. Es darf der Kommission nämlich nicht erlaubt werden, mehr Geld für die Einstellung von Beratern usw. anzufordern. Der geschlechterspezifische Aspekt muß ein natürlicher Teil einer effektiven und vernünftigen Entwicklungspolitik sein. Außerdem möchten wir die Initiative des Gemeinsamen Standpunkts hervorheben und loben, die es der Kommission ermöglicht, Konferenzen mit Vertretern der Mitgliedsländer und Empfängerländer abzuhalten, um das Bewußtsein über geschlechterspezifische Fragen in neuen Bereichen der Entwicklungszusammenarbeit zu fördern. Bericht Harrison (A4-0303/98) Ich habe für zahlreiche Änderungsanträge und in der Endabstimmung für den Bericht Harrison gestimmt, weil ich der Meinung bin, daß er den Kommissionsvorschlag wesentlich verbessert. Dies ändert aber nichts an meiner Auffassung, wonach ich den Vorschlag der Kommission ablehne, weil er Vorschriften enthält, die klar über das eigentliche Ziel hinausgehen, bzw. für die keine Kompetenz des europäischen Gesetzgebers vorhanden ist. Obwohl mein diesbezüglicher Änderungsantrag zur legislativen Entschließung keine Mehrheit gefunden hat, sehe ich mich in meiner Haltung nicht zuletzt durch entsprechende Interventionsschreiben bestätigt. Die massiven Eingriffe in nationales Zivil- und Zivilprozeßrecht sind durch die grundsätzlich zu begrüßende Initiative zur Bekämpfung des Zahlungsverzuges sachlich nicht gerechtfertigt. Ich bin hocherfreut, daß wir heute hier zusammengekommen sind, um dem kostspieligen Skandal um Zahlungsverzug ein Ende zu setzen, mit dem unsere kleinen und mittleren Unternehmen zu kämpfen haben. KMU sind die treibende Kraft für unser Wirtschaftswachstum und beschäftigen die Mehrzahl unserer Mitbürgerinnen und -bürger im privaten Sektor. In dieser Funktion gebührt den KMU mehr Respekt von seiten der Großunternehmen und dem öffentlichen Sektor, für die sie Dienstleistungen und Waren bereitstellen, von denen wir alle abhängig sind. Am wichtigsten für die KMU wäre die Anerkennung ihrer Leistung dadurch, daß sie für ihre harte Arbeit fristgerecht bezahlt werden. Dies gilt vor allem für die größeren Unternehmen und Organisationen des öffentlichen Sektors, die sich eine pünktliche Begleichung ihrer Rechnung sehr wohl leisten könnten, es aber unter Umständen vorziehen, die Zahlung aufzuschieben, um für ihr Geld bei der Bank mehr Zinsen einzustreichen. Zweifellos wurden Schuldner zu solch üblen Methoden verleitet, weil die bisherigen Regelungen über die unverzügliche Bezahlung kleinerer Unternehmen nicht streng genug waren. Großunternehmen hatten das Durchsetzungsvermögen und die Anwälte, um KMU auf ihr Geld warten zu lassen. Die Forderung des Berichterstatters nach der Festlegung von Mindeststandards für zulässige Fälligkeitstermine bei Zahlungen an KMU und nach der Berechtigung von Inkassostellen, Schulden innerhalb der EU beizutreiben, sind ein Zeichen dafür, daß wir Politiker bereit sind, den "Davids" der Geschäftswelt zu helfen, damit sie von den "Goliaths" gerecht behandelt werden. Ich möchte noch anmerken, daß die Europäische Kommission mit gutem Beispiel vorangehen sollte, indem sie sicherstellt, daß ihre eigenen Rechnungen bei KMU fristgerecht bezahlt werden! Die kleinen und mittleren Unternehmen stellen einen immer größeren Anteil an der europäischen Unternehmerschaft dar, insbesondere in den weniger entwickelten Regionen der Europäischen Union. Jede Aktion oder Maßnahme zur Unterstützung der kleinen und mittleren Wirtschaftsakteure fördert daher allgemein das wirtschaftliche Wachstum in der Europäischen Union und stellt einen sicheren Weg zur Stärkung des wirtschaftlichen Zusammenhalts der Regionen dar. Das Interesse der Kommission an den Maßnahmen zur Förderung und zum Ausbau der europäischen Kapitalmärkte für kleine und mittlere Unternehmen wird daher von mir unterstützt, und ich bin mit dem Berichterstatter, Herrn Hendrick, vollkommen darin einig, daß zur Förderung verstärkter Investitionen in die KMU und damit zur Finanzierung ihrer Expansion und Entwicklung geeignete Informationskampagnen bei privaten und öffentlichen Anlegern durchgeführt werden müssen. Des weiteren ist es meines Erachtens richtig, wenn der Kollege Scarbonchi von der Notwendigkeit einer Verbesserung der Programme und der Maßnahmen der Europäischen Union zur Förderung der KMU spricht; vor allem die KMU in den ländlichen Gebieten verdanken ihr Überleben und ihre mögliche Weiterentwicklung einer engeren Koordinierung zwischen Industrie, Landwirtschaft und Fremdenverkehr. Schließlich bin ich mit dem Grundsatz der von der Kommission ausgearbeiteten Richtlinie für die Festlegung einer entsprechenden Frist bei der Zahlung der Verkaufsrechnungen: Funktionsstörungen bei den cash flow sowie Liquiditätskrisen stellen nämlich eine der häufigsten Ursachen für Konkurse bei KMU dar. Bericht Secchi (A4-0299/98) Wir unterstützen nicht die Verwässerung der Bekämpfung der Steuerflucht, die durch den Änderungsantrag 4 zu Artikel 6.2 vorgeschlagen wird. Einige Hindernisse stehen dem optimalen Funktionieren des Binnenmarktes immer noch im Wege. Die direkten und indirekten Steuern zählen zu diesen Hindernissen. Es ist klar, daß es nicht möglich und auch nicht sinnvoll ist, die fünfzehn Steuersysteme der Mitgliedstaaten der Union zu vereinheitlichen. Hingegen müssen die Verzerrungen beseitigt werden, die das Funktionieren des großen europäischen Marktes unweigerlich beeinträchtigen. Die Europäische Kommission hat im März diesen Jahres einen Vorschlag hinsichtlich der Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten vorgelegt. Das Ziel dieses Textes besteht darin, die doppelte Besteuerung dieser Zahlungen abzuschaffen, um auf diese Weise zu verhindern, daß die grenzüberschreitenden Unternehmen nicht aufgrund diskriminierender Steuersysteme bestraft werden. Ich bin erfreut über diesen Text sowie über den Bericht von Herrn Secchi. Der Bericht schlägt vor, die Bestimmungen der Richtlinie auf die Steuern auszudehnen, die auf Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren von nicht verbundenen Unternehmen erhoben werden, und zwar im Rahmen der Konsolidierung des Binnenmarktes. Meines Erachtens ist es nämlich vernünftig, vorzuschlagen, daß diese Zahlungen in den Mitgliedstaaten besteuert werden, in denen die Unternehmen angesiedelt sind, die Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren erhalten. Man kann sich allerdings die Frage stellen, ob es wünschenswert ist, das System komplizierter zu machen, indem man bestimmte Ausnahmen von diesem Grundsatz zuläßt, wie es die Richtlinie vorschlägt. Letztlich müßte es so sein, daß diese Ausnahmeregelung zugunsten eines einheitlichen Steuersystems in dem Land, in dem die Zahlungen erhoben werden, abgeschafft wird. Bericht Langen (A4-0084/98) Die dänischen Sozialdemokraten im Europäischen Parlament haben heute für die Berichte von Herrn Langen und Herrn Miller über ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem und verbrauchssteuerpflichtige Waren gestimmt. Wir haben dafür gestimmt, weil wir uns einen Binnenmarkt wünschen, in dem die Waren ohne Handelshindernisse zwischen den Mitgliedsländern transportiert werden können. Eines dieser Handelshindernisse sind unterschiedliche Mehrwertsteuersysteme in zwei Mitgliedsländern. Die unterschiedlichen Mehrwertsteuersysteme haben nichts mit MWSt-Sätzen zu tun, sondern betreffen die Art, auf die eine Ware besteuert wird, wenn sie eine Landesgrenze überschreitet. Gibt es in zwei Ländern unterschiedliche Mehrwertsteuersysteme, besteht für die Unternehmen das Risiko, daß ihre Waren doppelt besteuert oder in einigen Fällen gar nicht versteuert werden. Der Vorschlag der Kommission will gleichartige Mehrwertsteuersysteme sicherstellen, aber die vorgeschlagenen Kompetenzen sollen der Kommission übertragen werden und geben der Kommission weitgehende Möglichkeiten, die MWSt-Sätze in den einzelnen Mitgliedstaaten festzulegen, und dagegen haben wir etwas. Die Kommission schlägt die Erweiterung der Befugnisse des beratenden MWSt-Ausschusses vor und möchte ihn zu einem Regelungsausschuß umbilden, der auf der Grundlage der Kommissionsvorschläge Entscheidungen mit qualifizierter Mehrzahl trifft. Der neue Verbrauchssteuerausschuß setzt das "Plumb-Delors" -Abkommen außer Kraft. Außerdem entfällt des Recht des Parlaments, über die Arbeit des Ausschusses informiert zu werden, wodurch das Parlament einen Teil seines Einflusses verliert. Da die Harmonisierung von z. B. MWSt-Sätzen Konsequenzen hat, die für die Mitgliedsländer weitreichende Folgen haben wird, müssen diese Vereinbarungen zwischen den Ländern getroffen werden. Deshalb ist es wichtig zu betonen, daß Bereiche, in denen es um politisch prekäre Themen geht, z. B. um die Harmonisierung der MWSt-Sätze, nicht von der Kommission behandelt werden dürfen, sondern vom Rat auf Vorschlag der Kommission. Dadurch wird sichergestellt, daß das Subsidiaritätsprinzip im Verhältnis zur Steuerfestsetzung erhalten bleibt. Deshalb sind die dänischen Sozialdemokraten entschieden gegen die Erweiterung der Kompetenzen der Kommission im steuer- und abgabenpolitischen Bereich. Bericht Miller (A4-0064/98) Erinnern wir uns zunächst daran, daß sich der Richtlinienvorschlag des Rates, der uns hier beschäftigt, auf die Änderung der Richtlinie 92/12/EWG bezieht und darauf abzielt, die Befugnisse der Kommission im Bereich der Verbrauchsteuerregelung zu stärken. Auch wenn wir uns gegen diese Stärkung der Befugnisse der Kommission aussprechen, so ist es unseres Erachtens dennoch in diesem Zusammenhang unerläßlich, daß mit dem Verbrauchsteuerausschuß, der über eine Regelungs- und Beratungsfunktion verfügt, ein Gegengewicht geschaffen wird. Wir stellen nämlich fest, daß die Anwendung der Verwaltungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten verbessert werden muß, damit der innergemeinschaftliche Handel mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren erleichtert und ausgebaut wird. Derzeit ist der Handel mit diesen Waren - als weitgefaßter Begriff - weiterhin eine Quelle für Betrug und Schmuggel jeglicher Art, was in manchen Ländern bis zur "Institutionalisierung" dieser Praktiken reicht. Somit ist es unseres Erachtens erforderlich, eine einheitliche Vorgehensweise festzulegen, damit eine Gleichbehandlung der Staaten eingeführt wird, und der Handel mit diesen Waren muß ausgeweitet werden. Die vorliegende Richtlinie könnte all dies leisten, da sie einerseits relativ klar die Steuerautonomie der Mitgliedstaaten berücksichtigt und andererseits dem Ausschuß bestimmte Funktionen überträgt. In dieser Hinsicht freuen wir uns einerseits, daß sich der Verbrauchsteuerausschuß aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und andererseits, daß seine Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit ohne die Stimme des Vertreters der Kommission als Ausschußvorsitzender getroffen werden. Abschließend möchte wir unsere Vorbehalte anbringen hinsichtlich der Tendenzen zu einer allgemeinen Harmonisierung der Verbrauchsteuersätze, denn unseres Erachtens ist weiterhin die Verwendung, der diese Verbrauchsteuern - unabhängig von den jeweiligen Sätzen - zugeführt werden, von Bedeutung. Anläßlich der Einführung des Binnenmarktes wurden vier Richtlinien erstellt, um diese spezielle Besteuerung von Alkohol, Tabakwaren, Erdölprodukten und Gold im Rahmen des freien Warenverkehrs umsetzen zu können. Diese Richtlinien betreffen die Verbrauchsteuersätze, die Struktur der Kategorien von verbrauchsteuerpflichtigen Waren und deren Beförderung. 1992 wurde ein Sonderausschuß unter der Bezeichnung "Verbrauchsteuerausschuß" gebildet. Dieser Ausschuß, der sich aus Fachleuten aus den Mitgliedstaaten zusammensetzt, verfügt lediglich über eine Beratungsbefugnis. Er hat bereits mehrfach dazu aufgerufen, dringende Probleme zu regeln, die im Rahmen der bestehenden Bestimmungen nicht gelöst werden können. Hinsichtlich dieses Verbrauchsteuerausschusses stellt sich aber das rechtliche Problem seiner Befugnisse in Beratungsangelegenheiten, insbesondere bezüglich der Tatsache, daß seine Stellungnahmen die Kommission nicht dazu verpflichten, Verbesserungsvorschläge bezüglich ihres Systems der Steuerstruktur einerseits und des Warenverkehrs andererseits zu unterbreiten. Selbst wenn sich somit ein Mitgliedstaat den vom Ausschuß verabschiedeten Orientierungslinien unterwirft, können letztere vor den Gerichten, einschließlich dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, angefochten werden. Außerdem sollen die neuen Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet werden, diese Orientierungslinien nach der Erweiterung zu akzeptieren. Wir alle wissen, daß die verbrauchsteuerpflichtigen Waren, und insbesondere Tabakwaren, Wein und Alkohol, schon immer Gegenstand illegaler Geschäfte waren. Solange die Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten nicht harmonisiert sind, wird die Möglichkeit des Betrugs und Schmuggels weiterbestehen. Somit ist es erforderlich, daß die Kommission ein neues computergestütztes Überwachungssystem für den innergemeinschaftlichen Handel mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren einführt, zusammen mit dem computergestützten System für den gemeinschaftlichen Transitverkehr. Parallel dazu wird es dieses neue Verfahren sicher ermöglichen, den Mehrwertsteuerbetrug in den Grenzregionen einzudämmen: es ist also vollkommen sinnlos, dieses Ziel mittels einer Harmonisierung der Mehrwertsteuersätze zu erreichen, wie dies der Bericht Castagnède vorgeschlagen hat. Und schließlich möchte ich an dieser Stelle an einen wichtigen Funktionsmangel innerhalb des Systems der Kommission hinweisen, der sich auf den Handel mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren bezieht. Ist es normal, daß ein Winzer, der seinen Wein an einen Privatabnehmer in Deutschland verkaufen möchte, verpflichtet ist, seine Ware von einem "zugelassenen" Transporteur zustellen zu lassen, der sich diese Dienstleistung teuer vergüten läßt, und all dies, um eine Verbrauchsteuer in Höhe von null Franc kassieren zu können? Diese Situation ist total absurd, und sie stellt außerdem eine echte Beeinträchtigung des Binnenmarktes der Europäischen Union dar. Ein weiteres Beispiel, das zeigt, daß die Kommission sehr weit von der wirtschaftlichen Realität entfernt lebt: ein Privatkunde aus einem Mitgliedstaat kann bis zu 90 Liter Wein direkt bei einem Weingut kaufen (wenn vier Personen mit einem Auto fahren, können sie 360 Liter Wein transportieren), ohne Verbrauchsteuern zahlen zu müssen, und der Winzer selbst kann diesem Kunden keinen einzigen Liter Wein liefern, ohne vorher nicht verpflichtet zu sein, seine Ware von einem "zugelassenen" Transporteur zustellen zu lassen. In Wirklichkeit verhält sich die Kommission einmal mehr als Regelungsinstanz zugunsten der Großunternehmen und selbstverständlich zuungunsten der Kleinunternehmer. Wir alle hier wissen, daß die KMU die einzigen Unternehmen sind, die Arbeitsplätze schaffen, aber die Kommission bestraft ihre Weiterentwicklung, und folglich bestraft sie auch die Schaffung und Entwicklung von Arbeitsplätzen. Abschließend fordern wir die Kommission dazu auf, die Empfehlungen des Verbrauchsteuerausschusses in ihren Vorschlag an den Rat aufzunehmen, damit die administrativen Verwaltungsmängel bei den Verfahren, die sie sämtlichen Akteuren der Europäischen Union vorschreibt, vermieden werden. Entschließung zum Klimawandel (B4-0802/98) Herr Präsident, im Jahre 1000 hatte man Angst vor den Kometen. Heutzutage hat man Angst vor dem Ozonloch und dem Treibhauseffekt. Im Grunde sah McCarthy überall nur Kommunisten, und hier sehen unsere Kolleginnen und Kollegen überall nur Rassisten und Faschisten. Nun ja, die neue Zwangsneurose sieht überall CO2 und Treibhausgase. Es heißt, Methan und Kohlendioxid beispielsweise werden den Planeten erwärmen und die Pole, die Gletscher zum Schmelzen bringen ... Es heißt, der Meeresspiegel werde ansteigen und wir werden alle ertrinken, außer natürlich unsere Kolleginnen und Kollegen des Zentrums, die schwimmen können. Angesichts dieser Feststellungen hätte man denken können, daß Buenos Aires und Kyoto sich an die Ursachenbekämpfung heranmachen würden, indem man zum Beispiel dem Pinatubo verbietet, Gase auszustoßen, indem man den Mitmenschen das Atmen verbietet, damit kein CO2 ausgestoßen wird und indem man die Erde 24 Stunden lang beleuchtet, damit das Chlorophyll seine Wirkung tun kann. Da dies in der Tat schwer zu bewerkstelligen war, hat man einen guten Ersatz gefunden: die Steuern. Nach der Besteuerung der Familie, der Investitionen und der Kinobetriebe werden die Steuern nun das Klima abkühlen und die Atmosphäre reinigen. Das ist ein noch stärkeres Mittel als Viagra. Statt von den Beitragspflichtigen wird die Steuer jetzt von den Gasen erhoben. Im Grunde hat der Wahn in Buenos Aires und Kyoto begonnen, und das Ganze endet mit einer Posse. Eine einzige Sache in dieser spaßigen Geschichte ist ernst gemeint: heute weiß man, daß der Rinderwahnsinn auf den Menschen übertragbar ist. Der Beweis: es gibt Grüne und Umweltschützer. Während EU-Umweltkommissarin Ritt Bjerregaard vor dem Europäischen Parlament in Straßburg wieder einmal eine fromme Rede über die Vorreiterrolle der Europäischen Union in Sachen Klimaschutz hält, stehen zwei Drittel der Staatsfläche von Bangladesch unter Wasser. Die fatalen Folgen klimatischer Katastrophen haben die Menschheit längst erreicht. Doch weder in der Kommission noch in den Ministerräten werden die Vorboten der Klimakatastrophe mit dem notwendigen Ernst behandelt. Und auch das Europäische Parlament, namentlich dessen Ausschuß für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz, wird mit seinen Äußerungen zum Klimaschutz den aktuellen Anforderungen nicht gerecht. Im Gegenteil. Mittlerweile sind auch dessen einst recht fortschrittliche Ansätze derart verwässert, daß bedauerlicherweise von einer klimapolitischen Trendwende gesprochen werden muß. Die beharrliche Weigerung der USA, das mit völlig unzureichenden Reduktionszielen ausgestattete Kyoto-Protokoll zu unterzeichnen, hat offensichtlich wieder Bewegung in die Sache gebracht. Allerdings in die falsche Richtung. Unter dem Deckmantel vermeintlicher "Flexibilisierung" der politischen Instrumente setzt man nunmehr auch in Europa auf den internationalen Handel mit Emissionslizenzen - ohne allerdings auch nur im Ansatz zu wissen, wie das funktionieren kann und kontrolliert werden soll. Die jüngsten Veröffentlichungen der Kommission geben darüber keinen Aufschluß. Auch Ritt Bjerregaard hat offensichtlich keine Vorstellung davon, wer das künftige Geschacher mit dreckiger Luft einst organisieren, kontrollieren und bei Mißbrauch schließlich sanktionieren könnte. Ihre Beteuerungen, daß solche flexiblen Maßnahmen des Klimaschutzes nur zusätzlich zu nationalen Reduktionszielen verwendet werden dürften, überzeugen nicht. Zu der von der Kommission favorisierten Aufteilung zwischen nationalen und "flexibel" erreichten CO2 -Reduktionen will sie nichts sagen. Ihr Stillschweigen vor dem Europäischen Parlament in dieser Sache verheißt für die Umwelt jedenfalls nichts Gutes. Selbst die in Kyoto noch vertretene Position, daß mindestens 50 % der Reduktionsverpflichtungen in den jeweiligen Verschmutzerstaaten selbst erreicht werden müßten, kommt ihr nicht mehr über die Lippen. Diese Entwicklung im Vorfeld der Buenos Aires-Konferenz ist besorgniserregend. Aber sie paßt fatal ins Bild einer europäischen Politik, die mehr und mehr zu einer Deregulierungsmaschinerie verkommt und der wachsweiche freiwillige Selbstverpflichtungen irgendwelcher Industrieverbände offenbar mehr bedeuten als klare politische Zielvorgaben. Grüne Klimapolitik hat immer vor einer solchen Entwicklung gewarnt. Denn neben all den Kontroll- und Sanktionsproblemen führt der internationale Handel mit Verschmutzungslizenzen kurz- und mittelfristig zu keinerlei Verbesserungen in der CO2 Bilanz der Welt. Tauschgeschäfte zwischen denen, die (noch) nicht besonders viel CO2 ausstoßen, und jenen, die in den vergangenen Jahrzehnten auf Kosten der Umwelt reich geworden sind, heizen das Klima nur noch weiter an. Globale Reduktionsziele lassen sich so nicht erreichen. Nicht einmal jene lächerlichen Ziele von Kyoto. Und schon gar nicht die mindestens 60 %ige Reduzierung der Treibhausemissionen, die namhafte Wissenschaftler bis spätestens zur Mitte des nächsten Jahrhunderts für notwendig halten. Auch mit der von Ritt Bjerregaard stereotyp behaupteten Vorreiterrolle der EU in Sachen Klimaschutz ist es nicht weit her. Die Realität sieht anders aus: Die Emissionen steigen. Immer mehr Autos sorgen trotz Spritspartechnologien für immer mehr CO2 -Ausstoß. Ähnlich sieht es bei der Bilanz der europäischen Haushalte aus: Der Erfolg effizienter Technologien wird durch die steigende Zahl der Single-Wohnungen und Kleinstfamilien zunichte gemacht. Die Energiepreise sind weiterhin zu niedrig. Und das einzige erfolgversprechende Konzept, die schnellstmögliche Einführung einer ökologischen Steuerreform, wird in den zuständigen Gremien zerredet. Selbst europäische Energiesparprogramme wie ALTENER II oder SAVE II werden von Kommission und Rat nur mit vielen Worten, aber nicht mit ausreichenden finanziellen Mitteln unterstützt. Es ist ein Trauerspiel. Im Schlepptau der CO2 -Diskussion droht schließlich zu allem Übel auch noch ein Comeback der Atomenergie. Deren Verfechter preisen sie gegen jede Vernunft als letzte Rettung vor dem Klimawandel - und treiben auf diese Weise den Teufel mit dem Beelzebub aus. Die Förderung dieser Dinosauriertechnologie bindet schließlich noch die Mittel, die für die Unterstützung der erneuerbaren Energien dringend gebraucht werden. Wenn Europa wirklich eine Vorreiterrolle in der Weltklimapolitik einnehmen will, muß zuallererst in Europa selbst noch eine Menge geschehen. Wir haben den Änderungsantrag zur Einführung einer Abgabe auf Flugbenzin nicht unterstützt, obwohl wir gegen die Ausnahme sind, die für den Flugverkehr in diesem Bereich gilt. Aber das läßt sich schlecht mit diesem Entschließungsantrag über die aktuellen globalen Verhandlungen über CO2 Emissionen vereinbaren. Entschließung zur internationalen Finanzkrise Herr Präsident, im Laufe dieser Aussprache über die internationale Finanzkrise hat uns Jacques Santer erklärt, daß uns die Aussicht auf den Euro vor der Bedrohung durch eine allgemeine Instabilität auf den Finanzmärkten bewahrt. Zunächst möchte ich dem Präsidenten der Kommission dafür danken, daß er in seinen Äußerungen relativ bescheiden geblieben ist und nicht, wie viele andere und sogar einige Kommissare, behauptet hat, der Euro werde uns vor der weltweit beachteten Asienkrise bewahren. Eine eindeutig unwahrscheinliche Einschätzung. Die Asienkrise erwächst aus den Übergangsproblemen der aufstrebenden Länder, die sich aufgrund eines allzu raschen Wachstums ergeben. Diese Probleme gibt es in Europa überhaupt nicht, und bei uns besteht gar keine Gefahr für das Aufkommen einer Krise, die mit derjenigen in Korea oder Indonesien vergleichbar wäre. Ich bestreite allerdings auch die weniger eingeschränkte Behauptung des Präsidenten Santer, die besagt, daß uns der Euro vor der Instabilität auf den Finanzmärkten schützt. Letztere hat nämlich bisher keinen besonderen Grund, sich in Europa auszubreiten, und gleich welche - ein wenig disziplinierte - Koordination zwischen den Zentralbanken hätte dasselbe Ergebnis relativer Stabilität erbracht. Alles andere ist reine Propaganda. Vor allem hat die derzeitige Situation nichts mit derjenigen von 1992-1993 zu tun, die große Fluktuationen bei den europäischen Währungen nach sich gezogen hat. Damals handelte es sich um ein speziell europäisches Problem, denn die Wiedervereinigung Deutschlands erforderte selbstverständlich Neuanpassungen der internen Währungsparitäten. Heute ist das Problem außerhalb Europas angesiedelt, und es betrifft uns alle mehr oder weniger. Der Euro an sich schützt uns heute kaum, er könnte aber im Gegenteil in den kommenden Monaten ein schweres Handikap bedeuten. Wenn sich die Krise verstärkt, könnte es nämlich sein, daß die einzelnen europäischen Länder differenzierte Lösungen brauchen. Nun wird aber die Vereinheitlichung der Wechselkurs- und Zinspolitik eben diese Lösungen verhindern. Hier besteht eine Gefahr des wachsenden Widerspruchs zwischen dem Euro und den Interessen Europas. Der Text der Entschließung zur internationalen Finanzkrise ist sehr enttäuschend. Zunächst einmal wird in der Analyse davon abgesehen, die Grundlagen an sich des internationalen Wirtschafts- und Finanzsystems anzuprangern (Diskrepanz zwischen der finanziellen Seifenblase und der realen Wirtschaft, spekulative und akkumulierende Mechanismen, Fehlen einer politischen, sozialen und umweltspezifischen Regelungsinstanz, Zunahme der Unregelmäßigkeiten innerhalb der Länder und zwischen den Ländern, Bereicherung der transnationalen Unternehmen und Verarmung der Völker). Die Anerkennung der Marktwirtschaft darf nicht mit dem Akzeptieren dieses finanztechnischen und transnationalen Kapitalismus verwechselt werden. Der Text ist unzureichend, denn er schlägt keine Wege in Richtung einer tiefgreifenden Reform des internationalen Währungssystems vor: Erfordernis eines neuen Bretton-Woods, Organisation großer regionaler Zusammenschlüsse mittels der Festlegung von kohärenten Währungsgebieten. Ebenso wagt sich die Entschließung an keine Möglichkeit der Steuerregulierung, wie dies beispielsweise mittels der Schaffung einer Steuer auf Kapitalbewegungen (Tobin-Steuer) angegangen werden könnte. Was schließlich die Konzertierungs- und Entscheidungsorgane anbelangt, so befürwortet der Text eine bloße Ausrichtung auf die amerikanischen Positionen von Herrn Clinton, das heißt die Institutionalisierung der Gruppe der 22. Es wäre sinnvoller, den Interimausschuß des IWF (der den Vorteil hat, daß in ihm entwickelte Länder, aufstrebende Länder und Entwicklungsländer versammelt sind) mit echten politischen Entscheidungsbefugnissen auszustatten. Der Text schweigt sich völlig aus über die Gefahren, die diese Krise für einige Industrie- oder Bankensektoren in Europa mit sich bringen kann; er vernachlässigt somit die erforderlichen Stützungs- und Anpassungsmaßnahmen, die in manchen Sektoren zur Verteidigung von Arbeitsplätzen sinnvoll sein könnten. Allgemeiner betrachtet befürwortet der Text keinerlei präzise Punkte für die EU, während hingegen die G7 betont haben, wie wichtig Maßnahmen zur Wiederbelebung und Stützung des Wachstums sein können. Leider sind es die Arbeitnehmer in der EU, die möglicherweise den Preis für die derzeitige Untätigkeit unserer Instanzen bezahlen müssen. Entschließung zu den politischen Entwicklungen in Rußland Der IWF verteilt überall seine Kredite. Die Gurus der liberalen Wirtschaft nach angelsächsischer Art erteilen ihre Lektionen in Sachen Privatisierung, Marktgesetze, freier Wettbewerb und andere liturgische Instrumente der Religion der "unsichtbaren Hand" . Nach fünfjährigem Genuß dieses Tranks sind die tragischen Ergebnisse erkennbar: heruntergekommene Wirtschaft, gespaltene Gesellschaft, eine bis unter 60 Jahre gesunkene Lebenserwartung, Armut, Korruption, Gewalt, leere öffentliche Kassen und ein Staat, der sich hinter die Kreml-Mauern zurückgezogen hat. Dies ist der Zustand, in den Rußland durch den Ultraliberalismus geraten ist. Die sofortige Abschaffung der wirtschaftlichen Grenzen und der abrupte Übergang von einer geschützten Wirtschaft zum ungezügelten Wettbewerb eines spekulativen Weltkapitalismus konnte nur zu der Situation führen, vor der wir jetzt stehen. Man hätte in Etappen, einzelnen Schritten, mit Vernunft und Maß vorangehen müssen. Erlebt haben wir aber nur Übermaß, Dogmatismus und brutales Vorgehen. Rußland ist ohne Zwischenstation von der kommunistischen zur ultraliberalen Ideologie übergegangen. Dieses Land ist von der kommunistischen Nomenklatura zur Diktatur von Mafia und Oligarchie übergegangen. Zu allem Unheil erweisen sich die verantwortlichen Institutionen als Blockadefaktor, wenn der Präsident gegen die Mehrheit der Nationalen in der Duma regieren kann. Die Gefahren für Europa sind beängstigend angesichts von Atomwaffen, die sozusagen an die Überbleibsel von Disziplin innerhalb der Armee geliefert werden, und angesichts der Gefahr einer Zersplitterung Rußlands an der kaukasischmoslemischen Flanke und auf dem Glacis im äußersten Osten. Was soll man also tun? Zunächst einmal muß man die Lehren aus den Mißerfolgen des dogmatischen Freihandels ziehen und Europa aus dieser Falle befreien, solange noch Zeit dafür ist. Danach muß man sich für den Realismus entscheiden, was die institutionellen Erfordernisse Rußlands anbelangt, das heißt das Erfordernis eines authentischen Staates, der diesem Kontinentalstaat angemessen ist und im Einklang mit seiner soziologischen und tief verwurzelten historischen Realität steht. Die soeben von unserem Parlament verabschiedete Entschließung erteilt an die Adresse der neuen russischen Regierung eine Vielzahl von Ratschlägen. Ich bedauere es, daß sie gleichzeitig keinen einzigen der Analysefehler und kein einziges der schwerwiegenden Versäumnisse der Europäischen Union erwähnt, die der russische Börsenkrach klar vor Augen führt. Es war ein Analysefehler, daß man die nachhaltigen Auswirkungen von 70 Jahren Sowjeterbe auf die Mentalitäten stark unterschätzt hat, 70 Jahre Staat der Vorsehung und des Mangels, und daß man die Auswirkungen des Fehlens jeglicher liberaler Tradition, die ein zusammengebrochenes kommunistisches System hätte ablösen können, unterschätzt hat. Es war ein schwerwiegender Fehler, daß man den größten Dogmatikern unter den Volkswirten und liberalen Fachleuten aus dem Westen sowie den größten Unkundigen der russischen Realität, von denen die meisten von jenseits des Atlantiks gekommen sind, freien Lauf gelassen hat. Wir haben es zugelassen, daß sie Rußland in ein Experimentierfeld verwandeln, trügerische Täuschungsmanöver auslösen und Schocktherapien verordnen, die sie ihren eigenen Regierungen nicht zu empfehlen gewagt hätten, und daß sie Druck ausüben, um überstürzte Deregulierungen und ungeregelte Privatisierungen durchsetzen können. Das Ergebnis sieht so aus, daß "Marktwirtschaft" in den Augen des russischen Volkes heute gleichzusetzen ist mit Arbeitslosigkeit und Elend. Hören wir also jetzt damit auf, die gebieterischen Ratgeber zu spielen und Rußland die Geschwindigkeit und die Art seiner Reformen zu diktieren. Lassen Sie uns einfach feststellen, daß Rußland zum jetzigen Zeitpunkt ganz offensichtlich in erster Linie einen starken, kompetenten und redlichen Staat braucht. Wir haben es nicht verstanden, den Russen beim Aufbau dieses Staates zu helfen. Wir haben das Geld der Steuerzahler der Mitgliedstaaten zum Fenster hinausgeworfen für Programme und Hilfsleistungen, deren Auswertung wir angefordert, aber übrigens immer noch nicht erhalten haben. Die Affäre Emerson zeigt außerdem, daß diese Maßnahmen, wie diejenigen des Amtes für humanitäre Hilfe der Europäischen Gemeinschaft (ECHO), gar nicht oder kaum überwacht werden und folglich zur Quelle für Betrügereien werden. Unsere Pflicht war es, in hohem Maße bei uns zur Ausbildung dieser neuen politischen, wirtschaftlichen und administrativen Elite beizutragen, die für das neue Rußland von absolut lebenswichtiger Bedeutung ist. Nur die Kommunisten verfügten über ein Netz von ausgebildeten Führungskräften. Es ist uns nicht gelungen, dem neuen Rußland dabei zu helfen, sich dieses Netzes zu entledigen und sich mit neuen Strukturen auszustatten. Aufgrund unserer staatlichen Tradition, unserer Erfahrung aus der Nachkriegszeit, unseres allmähliches Übergangs von weitgehend verwalteten Wirtschaftssystemen zum gemeinsamen Markt waren wir jedoch besser als andere dafür prädestiniert, diese Aufgabe der Ausbildung einer russischen Elite zu übernehmen, die in der Lage ist, den allmählichen Übergang von der Planwirtschaft zur realen Wirtschaft zu meistern. Die Schnelligkeit, mit der sich die Russen die Techniken der Demokratie angeeignet haben, beweist, daß diese Bemühungen, sofern sie rechtzeitig und in ausreichendem Maße unternommen worden wären, sicherlich von Erfolg gekrönt gewesen wären und dazu beigetragen hätten, Rußland innerhalb eines großen wiedergefundenen Europa zu verankern. Man kann sich im übrigen fragen, welchen Nutzen der GASP-Rahmen denn haben soll, da es sich herausgestellt hat, daß er sich nicht als Schmelztiegel für eine umfassende Gemeinschaftsaktion in diesem Bereich eignet, der jedoch für die Zukunft der Europäischen Union von wesentlicher Bedeutung ist. Es gab Versäumnisse, ja sogar Mißerfolge von seiten der Europäischen Union, der es nicht gelungen ist, die neuen Prioritäten wahrzunehmen oder zu erkennen, die sich unserem Kontinent mit dem Ende der bipolaren Welt und dem Zusammenbruch des Sowjetsystems aufgedrängt haben. Aufgrund von Kurzsichtigkeit oder verengtem Blickwinkel haben die Verantwortlichen der Gemeinschaft die Krise des russischen Staates nicht zu erkennen vermocht, noch haben sie deren Ausmaß oder die sich daraus ergebenden Folgen abschätzen können. A fortiori ist es ihnen nicht gelungen, die Hilfsmaßnahmen auf die tatsächlichen Bedürfnisse abzustimmen. Diese verhängnisvolle Gedankenlosigkeit könnte sehr wohl im Gegenzug gefährliche Konsequenzen für unser eigenes Wachstum haben. Das europäische System in seiner derzeitigen Funktionsweise hat sich als ungeeignet erwiesen, wenn es darum geht, unserem russischen Nachbarn in ordentlicher Weise dabei zu helfen, die Übergangsphase und deren immense Herausforderungen unter guten Bedingungen in Angriff zu nehmen, und somit eine für die Zukunft unserer Länder absolut wesentliche Frage in der ihr entsprechenden Form zu behandeln. Möglicherweise müßte man sich also ebenso Gedanken darüber machen, dieses System grundlegend zu reformieren, wie man sich darum sorgt, Rußland zu Reformen zu bekehren. Somit ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten, deren Rolle unseres Erachtens wirklich unersetzlich ist, wieder die Initiative zu ergreifen. Bericht McMillan-Scott (A4-0251/98) Herr Präsident, angesichts der Uhrzeit werde ich mich sehr kurz fassen. Vor knapp drei Jahren, im Dezember 1995, waren wir dazu aufgerufen, uns zum zweiten Mal zur Zollunion mit der Türkei zu äußern. Hier noch einmal meine damalige Begründung, mit der ich erläutert habe, warum ich der Zollunion nicht zustimmen konnte. Ich habe damals vier Gründe angeführt. Die Zollunion wurde in der Türkei so dargestellt und erlebt, als handele es sich um eine bloße Etappe auf dem Weg zu einem vollständigen Beitritt zur Europäischen Union. Angesichts seiner geographischen Lage, seiner Kultur und seiner Religion war es meines Erachtens nicht möglich, sich dieses Land als festen Bestandteil der Europäischen Gemeinschaft mit ihrer christlich-jüdischen Tradition vorzustellen. Zweitens hatte die Türkei zwar eine Entwicklung im Bereich der Menschenrechte durchgemacht, aber es blieb noch viel zu tun. Ein Votum für die Zollunion wäre der Festschreibung einer Situation gleichgekommen, die nicht akzeptabel war. Der dritte Grund war die Lage auf Zypern, die seit 1974 festgefahren ist. Viertens - und dies war in meinen Augen nicht der unwichtigste Grund - hat die Türkei den armenischen Völkermord von 1915 immer noch nicht zugegeben. Sie leugnet sogar, daß er jeweils stattgefunden habe. Die handelsspezifischen Aspekte dieses Abkommens waren mir - wie ich damals gesagt habe - nicht unbekannt. Aber nach gutem Wissen und Gewissen konnte ich ihm aus den genannten Gründen nicht zustimmen. Nun ja, meine Meinung hat sich nicht geändert. Ich stelle fest, daß unser Parlament nach einigen Jahren immer noch von derselben Philosophie geleitet wird. Diese Philosophie, die darin besteht, zu hoffen, daß sich die Türkei ändern wird, wenn wir ihr dabei helfen. Nein, dies ist aber nicht die Lösung. Die Türkei wird sich aufgrund ihres Volkes, aufgrund von Abstimmungen, die dort abgehalten werden, ändern. Ein Abkommen über die Zollunion oder wirtschaftliche Gründe können das türkische Volk nicht ändern und die Natur ihrer Führer nicht verwandeln. Aus diesen Gründen konnte ich dem Bericht von Herrn McMillan-Scott nicht zustimmen. Vor drei Jahren bin ich zusammen mit einigen anderen europäischen Abgeordneten in die Türkei gereist, um einerseits die Zollunion vorzubereiten und andererseits die Kurdenfrage und die Menschenrechte in der Türkei zu erörtern. Nach meiner Rückkehr von dieser bereichernden Reise war ich voller Hoffnung auf dauerhafte Fortschritte. Seitdem ist die politische Lage komplizierter geworden: das Wirtschaftswachstum konnte nur unter Schwierigkeiten beibehalten werden, und die Fortschritte im Bereich der Demokratie haben unsere Hoffnungen nicht erfüllt. Trotz alledem hat sich die Zollunion positiv entwickelt. Dennoch hegen wir für die Zukunft auch weiterhin zahlreiche Befürchtungen: wird die türkische Regierung in der Lage sein, den Wachstumskurs beizubehalten und die Inflation in Grenzen zu halten? Wie möchte sie die Einhaltung der Grundsätze des internationalen Rechts, der Menschenrechte und der Demokratie verbessern? Wird sie endlich die Kurden- und die Zypernfrage mit friedlichen Mitteln lösen? Derzeit liegen uns keine Antworten auf diese Fragen vor. Ich bin überzeugt davon, daß wir trotzdem nicht aufgeben dürfen. Der Bericht unseres Kollegen McMillan-Scott ist ganz klar formuliert. Wir müssen voranschreiten, und zwar im Interesse der Türkei wie auch der Europäischen Union. Unsere Beziehungen müssen vertieft werden. Die Isolation der Türkei würde in keiner Weise dazu beitragen, die Lebensbedingungen der Bevölkerung und die Menschenrechtslage zu verbessern. Die türkische Jugend muß an den Programmen SOKRATES, Leonardo und Jugend für Europa teilnehmen können. Die Wirtschaft fordert Unterstützung, um sich anzupassen und Umstrukturierungen vorzunehmen. Die Verwaltungsreform kann nur mittels Zusammenarbeit durchgeführt werden. Ich stimme somit dem Bericht McMillan-Scott zu. Allerdings dringe ich gleichzeitig insbesondere auf die Fortschritte, die im Bereich der Menschenrechte, der Demokratie und der intensiven Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des internationalen Drogenhandels erzielt werden müssen. Die Europäische Union hat in dieser Hinsicht große Anstrengungen erbracht. Nun ist es an der Türkei, diese Aufgabe zu übernehmen. Nach Inkrafttreten der Zollunion zwischen der Türkei und der EU hat es wenig Verbesserungen bei der inneren Situation in der Türkei gegeben. Gerade die inneren Angelegenheiten waren bei den Verhandlungen mit möglichen Beitrittsländern für viele Mitglieder des Europäischen Parlaments ein Grund, seinerzeit gegen die Türkei als beitrittswilligem Land zu stimmen. Die in der Zollunion geforderten politischen Reformen haben noch in keinerlei Weise Gestalt angenommen. Der Militärapparat hat noch immer zu viel Einfluß auf die türkische Gesellschaft. Der McMillan Scott-Bericht gibt einen klaren Überblick über die Lage in der Türkei. Obwohl ausführlich auf allerhand Dinge, die nicht verbessert wurden, eingegangen wird, wobei die schlechte Menschenrechtslage wohl an der Spitze steht, bleibt der Tenor des Berichts, daß die Türkei zur EU beitreten kann. Es gibt jedoch keinen einzigen Hinweis, daß die Türkei sich bemüht, die Kurdenfrage auf friedliche Weise zu lösen oder sorgfältig mit religiösen Minderheiten umzugehen und ihre Grundrechte zu respektieren. Ich stimme dem Inhalt des Berichts größtenteils zu. Ich habe jedoch gegen den Bericht gestimmt. Der Grund dafür ist der Vorschlag in dem Bericht, daß die Türkei, wenn sie verschiedenen Kriterien genügt, "automatisch" der EU beitreten kann. Das ist ein Schritt, dem ich mich nicht anschließen kann. Unserer Ansicht nach ist die Türkei in geographischer und kultureller Hinsicht kein europäisches Land und kann darum kein Mitglied der EU werden. Die Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union waren stets geprägt von unausgesprochenen Dingen, ja sogar von Heuchelei. Niemals wurde die grundlegende Frage wirklich ausgesprochen: ist die Türkei ein europäisches Land? Ist sie wirklich dazu bestimmt, Teil der Europäischen Union zu werden? Die Türkei besitzt zwar noch einen sehr geringen Gebietsabschnitt in Europa. Aber ist dies ausreichend, um eine europäische Nation aus ihr zu machen, das heißt eine Nation, die an der europäischen Zivilisation und Kultur teilnimmt? Sprechen wir es klar aus: die gesamte Geschichte der Türkei ist eine Geschichte des Kampfes des Osmanischen Reiches gegen die Nationen Europas. Weder die Geschichte noch die Zivilisation zählen dieses große asiatische Land des Mittleren Ostens zu Europa. Wäre es daher nicht realistischer und ehrlicher, der Türkei ständige, starke, ja sogar enge Formen der Zusammenarbeit vorzuschlagen, aber ohne Aussicht auf einen Beitritt, den man diesem Land ständig vorgaukelt, um ihn dann doch wieder abzulehnen. Der Bericht von Herrn McMillan-Scott betont nun einige Hemmnisse für den Beitritt der Türkei, die noch zu den grundsätzlichen Einwänden, die ich gerade aufgeführt habe, hinzukommen. Ist es für die Europäische Union akzeptabel, daß ein Beitrittskandidat eine der Drehscheiben für den internationalen Drogenhandel und, in einem anderen Strafbereich, für das organisierte Fälscherhandwerk in industriellem Ausmaß darstellt? Was die Menschenrechte anbelangt, müssen wir uns auch daran erinnern, daß jeder Staat - insbesondere im Rechtsbereich - gehalten ist, gerechte Verfahren einzuhalten, die die Verteidigungsrechte garantieren. Der Kampf gegen den Terrorismus, der nicht nachlassen darf, kann lediglich mittels klarer Strafgesetze und -regeln in diesem Sektor verstärkt werden. Kann man es außerdem akzeptieren, daß die Türkei, unter Mißachtung der UNO-Resolutionen, weiterhin unrechtmäßig einen Teil der Insel Zypern besetzt hält? Der Bericht von Herrn McMillan-Scott betont außerdem die Notwendigkeit der Unterordnung der Streitkräfte unter die politischen Instanzen. Dieser Punkt ist ein gutes Beispiel dafür, wie schwierig es ist, unsere Denkschemata und unsere kulturellen Gepflogenheiten auf eine historische Realität zu übertragen, die sich sehr stark von der unseren unterscheidet. Seit Kemal Atatürk hat sich die türkische Armee stets als Garanten der türkischen Verfassung und insbesondere des laizistischen Charakters dieses Staates betrachtet, und sie war es auch. Heute ist die Armee in der Praxis ein Bollwerk gegen den Islam. Daran können wir erkennen, mit welcher Vorsicht man an die osmanische Wirklichkeit herangehen muß. Letztlich wird ganz deutlich, daß die Türkei aus historischen und zivilisatorischen Gründen, aber auch aufgrund von Erwägungen hinsichtlich der Menschenrechte und der wirtschaftlichen Situation, nicht Teil der Europäischen Union sein kann. Wir müssen somit offene, klare und enge Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei anstreben, die die Besonderheiten dieser großen Nation des Mittleren Ostens respektieren. Die dänischen Sozialdemokraten haben für den Bericht gestimmt, in dem die jährliche Beurteilung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei behandelt wird. Die dänischen Sozialdemokraten haben zweifellos große Bedenken, daß sich die Situation in bezug auf die Menschenrechte und die demokratischen Reformen in der Türkei nicht wesentlich verbessert hat. Es ist wünschenswert, daß sich die türkische Regierung für folgendes aktiv einsetzt: weitere Demokratisierung und Schutz der Menschenrechte sowie Konsolidierung der politischen Kontrolle der Armee; -Herstellung gutnachbarschaftlicher Beziehungen zwischen der Türkei und insbesondere zu Griechenland; -Beachtung der völkerrechtlichen Prinzipien bei der Lösung der Streitfragen im Ägäischen Meer; -friedliche Lösung des Zypern-Konflikts.Die dänischen Sozialdemokraten sind der Ansicht, daß das Prinzip der Beachtung der Menschenrechte eng an die Teilnahme an einer Reihe von Ausbildungsprogrammen gebunden und daß der Aspekt der Menschenrechte von der Interinstitutionellen Arbeitsgruppe behandelt werden muß. Außerdem muß die Zollunion im Verhältnis zum allgemeinen Haushalt kostenneutral sein. Die Abstimmungsstunde ist geschlossen. (Die Sitzung wird um 13.45 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wiederaufgenommen.) Nach der Tagesordnung folgt die Erklärung der Kommission zur Lage in der Region der Großen Seen. Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Krise in der Region der Großen Seen, die heute unser größtes Anliegen ist, zieht sich seit mehr als vier Jahren dahin und erreicht jetzt durch einen Krieg im Landesinneren der Demokratischen Republik Kongo, der im August begonnen hat, wieder einmal einen Höhepunkt. Die mehrmals von uns geäußerten Befürchtungen über das bestehende Risiko einer Ausweitung des Konflikts auf die Nachbarländer werden in diesen Tagen leider bestätigt. Insgesamt sind sechs Länder aus dem Osten und Süden Afrikas sowie Zentral-Afrika militärisch in den Konflikt verwickelt. Und es besteht die Gefahr, daß andere Länder in diesen Konflikt auf dem Gebiet von Kongo-Kinshasa hineingezogen werden. Besonders besorgniserregend ist gegenwärtig die Möglichkeit, daß Streitkräfte aus dem Sudan in der Demokratischen Republik Kongo auf Seiten der Regierung eingreifen werden, was wahrscheinlich eine zunehmende Beteiligung der anderen Nachbarländer des Sudan nach sich ziehen würde. In Kongo-Kinshasa wurde, wie wir alle wissen, die seit langem andauernde politische, strukturelle, wirtschaftliche und soziale Krise durch den Sturz des Mobutu-Regimes und der Einsetzung der neuen Regierung nicht beendet. Und aus dem Kongo, dem ehemaligen Zaire, wurde im Herzen von Zentral-Afrika ein Brennpunkt anhaltender Instabilität. Jedenfalls sind die Analyse des aktuellen Konflikts, seine Verbindung zur Lage in der Region der Großen Seen und die ethnischen Probleme - nicht nur in Ruanda und Burundi, sondern auch in der Provinz Kivu und Bas-Congo - den Abgeordneten nur zu gut bekannt, so wie unsere These hinreichend bekannt ist, daß eine Lösung nicht durch manu militari , d. h. durch einen bewaffneten Eingriff, erzielt werden kann. Wir haben wiederholt gesagt, daß es von wesentlicher Bedeutung ist, durch politische Verhandlungen eine Lösung für die tiefgreifenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme in jener Region Afrikas zu suchen. Hinzu kommt, daß wir alle nicht nur mit großer Enttäuschung die Unmöglichkeit der Fortsetzung der Entwicklungspolitik miterleben, sondern auch die Zerstörung der Infrastrukturen und Institutionen, zu denen die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten in der Vergangenheit unter einigen Anstrengungen beigetragen haben, mit ansehen müssen. Die Europäische Union vertritt insbesondere in letzter Zeit hierzu einen klaren Standpunkt, und ihre Erklärung vom 27. August ist bezüglich der bei der Suche nach einer Lösung einzuhaltenden Bedingungen eindeutig. Von Beginn an wurde eine afrikanische Vermittlung unterstützt, die bisher leider erfolglos war: weder die von Präsident Mandela begonnenen Gespräche in Viktoria Falls noch das Treffen der Organisation für afrikanische Einheit noch das Treffen der SADEC (Südafrikanische Konferenz zur Koordination von Wirtschaft und Entwicklung), das erst kürzlich stattgefunden hat, waren erfolgreich. In allen Fällen war der Erfolg der Verhandlungen dürftig Wir sind auch der Auffassung, daß die sofortige Entsendung eines Sonderbeauftragten in die Region gerechtfertigt war, der sich gegenwärtig dort aufhält, um zu versuchen, Wege zu einer Erleichterung des Dialogs und zur Feststellung von Lösungsmöglichkeiten für den Konflikt zu finden. Insbesondere sind wir auch der Meinung, daß es interessant sein könnte, die Möglichkeit einer afrikanischen Eingreiftruppe zu durchdenken, mit der die Europäische Union bereit wäre, zusammenzuarbeiten. Eines ist sicher. Es wird nicht möglich sein, Bedingungen für einen Dialog zu schaffen, wenn sich weiterhin ausländische Truppen im Kongo befinden und den populistischen und rassistischen Aufrufen, die zu Gewaltakten unter den Ethnien führen, nicht ein Ende gesetzt wird. Gleichermaßen wird nur möglich sein, Frieden zu schaffen, wenn bei den Lösungen die Achtung der Grenzen des Kongo und die Sicherheit seiner Nachbarländer berücksichtigt werden. Die Regionalkonferenz, über die wir soviel gesprochen haben, wird unter der Schirmherrschaft der Organisation für die Einheit Afrikas und der Vereinten Nationen durchgeführt werden, natürlich unbeschadet der gesamten Unterstützung, die die internationale Gemeinschaft und vor allen Dingen die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten geben können, um zu deren Erfolg beizutragen. Meine Damen und Herren, angesichts der gegenwärtigen Konfrontation der Streitkräfte sind zwei Szenarien denkbar: eine Konsolidierung der aktuellen Interessen beider Seiten, wenn auch mit einer Fortsetzung des Kriegs zwischen dem kongolesischen Heer einschließlich seiner Verbündeten und den rebellischen Milizen mit ihren Verbündeten, was mittelfristig gesehen zu einer Lösung mit einem allmählichen Rückzug der Länder aus der Region und einer Beschränkung des Konflikts auf die kongolesischen Streitkräfte führen könnte. Ein anderes und vielleicht wahrscheinlicheres Szenario beinhaltet eine großangelegte Gegenoffensive durch die Kabila nahestehende Gruppe, was, wie man sich leicht ausrechnen kann, zu einem überregionalen Konflikt noch größeren Ausmaßes führen kann. Jede dieser Situationen bzw. jedes dieser beiden Szenarien ist äußerst besorgniserregend, denn sogar im Falle des ersten Szenarios mit einer Beschränkung des Problems auf den Kongo würde es die Instabilität im Kongo aufgrund der Anzahl und der bekanntermaßen unsicheren Lage in den Nachbarländern niemals erlauben, stabile Verhältnisse in dieser Region des afrikanischen Kontinents zu erreichen. Aus diesem Grund besteht und wird die Europäische Union immer wieder darauf bestehen, daß es notwendig ist, die gesamte Region und nicht nur die einzelnen Krisenherde zu betrachten. Ich möchte noch hinzufügen, daß zu den Aufträgen, mit denen unser Sonderbeauftragter betraut wurde, auch ein Treffen mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen sowie den Führungskräften der Vereinten Nationen gehört, die derzeit die Lage in der Region der Großen Seen verfolgen. Wir hoffen, daß uns der besagte Sonderbeauftragte Anfang Oktober erneut Bericht erstatten kann, wenn wir die Lage und mögliche politische Vorschläge erneut auswerten können. Ich möchte Sie auch darüber informieren, daß wir in engem Kontakt mit dem Programm der Vereinten Nationen für die Entwicklung und der Weltbank stehen, um zu sehen, ob es möglich sein wird, eine konzertierte Aktion als auf der Grundlage eines globalen Vorschlags zur Rehabilitierung dieser Region durchzuführen. Das wäre natürlich ein wichtiger Bestandteil jeglicher Gesamtkonferenz über diese Region. Die militärische Auseinandersetzung hat offenbar schwerwiegende Auswirkungen auf die humanitäre Lage. Es wird von Verstößen gegen die Menschenrechte durch beide Konfliktparteien und Behörden berichtet, beide Seiten nutzen die ethnischen Auseinandersetzungen, um die Bevölkerung für ihr politisches oder militärisches Programm zu gewinnen. Ländliche Gebiete in Kivu und der Provinz Bas-Congo, wo die Leiden der Menschen besonders groß sind, können nicht erreicht werden. Die Informationen über die humanitäre Hilfe, die Abertausende von vertriebenen Menschen benötigen, sind derzeit nur sehr spärlich und unvollständig. Darüber hinaus könnte ein Übergreifen auf die Nachbarländer, insbesondere Ruanda und Burundi, die noch auf zerbrechlichen Füßen stehende Koexistenz der ethnischen Gruppen in diesen Ländern gefährden. In den Städten Kinshasa und Kisangani herrscht gegenwärtig ein großer Lebensmittel- und Wassermangel, da diese von allen Verbindungen abgeschnitten wurden. Unser Hauptaugenmerk gilt trotz dieser Probleme in Kinshasa und Kisangani weiterhin der humanitären Lage in der Provinz Kivu, da wir möglicherweise kurz davor stehen, eine Flüchtlingswelle der kongolesischen Bevölkerung in das Landesinnere der Demokratischen Republik Kongo bzw. in Richtung Tansania, Burundi oder andere Länder mitzuerleben, wodurch die humanitäre Lage wirklich katastrophale Ausmaße annehmen könnte. Die Kommission hat wegen dieser neuen Krise 55 Millionen ECU für die Region der Großen Seen vorgesehen, wovon 10 Millionen bereits für die Demokratische Republik Kongo bestimmt sind. Dennoch möchte ich sagen, daß die Organisationen, die versuchen, humanitäre Hilfe zu leisten, enorme Schwierigkeiten haben, Zugang zu bekommen und die Sicherheit fast überhaupt nicht gewährleistet ist. Deswegen versuchen wir gegenwärtig, einen Verhaltenskodex mit den Behörden beider Seiten auszuhandeln, um zu sehen, ob die humanitäre Hilfe mit Mindestgarantien für die Beteiligten durchgeführt werden kann. Erlauben Sie mir noch, meine Damen und Herren, eine Frage aufzuwerfen, die ich bereits in der Kommission und in Instanzen des Rates zu Gehör gebracht habe und die vielleicht auch eine Betrachtung in diesem Parlament verdient: es handelt sich um die Frage, ob es gerechtfertigt ist, unsere Hilfe für Länder, die in bewaffnete Konflikte verwickelt sind und bis zu 30 % ihrer Haushaltsmittel für Waffen und militärische Ausrüstung ausgeben, zu den gleichen Bedingungen, business as usual , fortzusetzen. Oder sollte man nicht gründlich darüber nachdenken und sich selbst fragen, ob wir mit unserer Hilfe für den Haushalt, den Sozial- und andere Sektoren dieser Länder nicht vielleicht indirekt zur Finanzierung dieses Kriegs beitragen. Das ist keine einfache Frage, aber ich glaube, daß die europäischen Institutionen - mit Europa als größtem Geldgeber in Afrika - es ihren Steuerzahlern und wir es unserem Gewissen schuldig sind, uns mit dieser Frage intensiv auseinandersetzen. Ich hoffe, in ein paar Wochen wieder auf diese Frage zurückkommen und einige Überlegungen dazu vorzulegen zu können, so daß alle gemeinschaftlichen Institutionen gemeinsam darüber nachdenken müssen, um herauszufinden, welche Maßnahmen zu ergreifen sind und welche Richtung eingeschlagen werden soll. Das war vorerst alles, Herr Präsident. Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Fraktion teilt weitgehend Ihre Analyse und dankt Ihnen dafür. Seit Jahrzehnten leidet Zaire unter politischer Diktatur, Korruption, einer schlechten Wirtschaftsverwaltung und Menschenrechtsverletzungen. Das Mobutu-Regime wurde zwar seit 1982 klar verurteilt und auf internationaler Ebene immer stärker isoliert, aber der Reichtum des Landes hat zu einer geringeren wirtschaftlichen Isolation geführt, als es eigentlich zu erwarten war. Nach der siegreichen Ankunft der Truppen der Allianz unter der Führung von Laurent Kabila schien das Kapitel der Diktatur endgültig abgeschlossen zu sein. Die militärische Lage schien unter der Kontrolle der Anführer der Allianz zu stehen, und wir waren überzeugt davon, daß der Kongo die Chance hatte, voller Effizienz an seinen Wiederaufbau zu gehen, mit dem gemeinsamen Einsatz all seiner lebendigen demokratischen und progressiven Kräfte. Heute müssen wir erkennen, daß sich die Dinge nicht in die gewünschte Richtung entwickelt haben. Die neuen Anführer haben sich auf sich selbst zurückgezogen, indem sie sich als unnachgiebig erweisen und sich auf diese Weise der Unterstützung von seiten eines Großteils der Bevölkerung berauben, die das autoritäre Vorgehen dieser Allianz nicht akzeptiert hat. Einer der wenigen Punkte, die man dieser Regierung positiv anrechnen muß, besteht darin, daß sie die Städte wieder sicherer gemacht hat. Der Wiederaufbau ist ohne internationale Hilfe wahrscheinlich unmöglich, und die internationale Hilfe ist nicht eingetroffen, und zwar vor allem aufgrund mangelnden Vertrauens. Dies ist ein Teufelskreis. Mangelndes Vertrauen von seiten der westlichen Regierungen hinsichtlich des politischen Willens der Allianz zur Demokratisierung des Landes, mangelndes Vertrauen von seiten der potentiellen Investoren, der Privatunternehmen hinsichtlich der Sicherheit, insbesondere im rechtlichen Bereich, und Befürchtungen, daß sich die Investitionen möglicherweise nicht auszahlen werden. Der Kongo wurde erneut in den Krieg gestürzt, unter Beteiligung der Armeen mehrerer Länder der Region, und die dramatischen Bilder, die uns täglich erreichen, verdeutlichen die Massaker und die Leiden der Bevölkerung. Die Erklärungen der höchsten Verantwortlichen des Landes, die an den Haß zwischen den Volksgruppen appellieren, sind vollkommen inakzeptabel und lassen nichts Gutes für die Zukunft erhoffen. Die Rebellion erwächst aus einem Zusammenschluß von bunt gemischten Kräften, die unterschiedliche Interessen verfolgen und deren Gemeinsamkeit in der Opposition gegen das herrschende Regime besteht. Diese Bewegung wird übrigens politisch und finanziell von früheren Anführern des vorherigen Regimes unterstützt. Die Gefahren einer Zersplitterung des Kongo sind durchaus erkennbar, und wie immer schaden sie den ärmsten Regionen dieses Landes und den schwächsten Bürgern. Außerdem stellen sie einen sehr gefährlichen Präzedenzfall für die anderen afrikanischen Länder dar. Unter diesen Bedingungen möchten wir, daß Europa einen sofortigen Waffenstillstand fordert, den afrikanischen Initiativen zu Hilfe kommt, insbesondere denjenigen von Präsident Mandela, um so das Aufflammen der gesamten Region zu verhindern und eine Verhandlungslösung für die Krise im Kongo herbeizuführen. Wir hoffen, daß die Europäische Union und die Mitgliedstaaten mit einer Stimme sprechen, eine einzige aktive Diplomatie führen und ihre Aktivitäten koordinieren, damit der Frieden und die Sicherheit in diesem Teil der Welt gewährleistet werden. Aus diesem Grund unterstützt meine Fraktion die gemeinsame Entschließung des Europäischen Parlaments, da es ja eine gemeinsame Entschließung gibt. Möge das Europäische Parlament mit einer Stimme sprechen, weil wir, mit Hilfe eines gemeinsamen Vorgehens zusammen mit den anderen demokratischen Fraktionen dieser Versammlung, den Frieden in diesem Teil der Welt sichern möchten. Herr Präsident, Herr Kommissar, ich habe mit besonderem Interesse zugehört, was die Kommission über die derzeitigen Ereignisse im Gebiet der Großen Seen in Afrika mitgeteilt hat. Ich könnte das in einigen Sätzen zusammenfassen. Der Kommissar ist zweifellos ein großer Afrikakenner, er hat einige Fakten genannt, hat zu Recht auf die Notwendigkeit hingewiesen, Lösungen zu finden, und hat einige Szenarien skizziert. Aber die Frage für dieses Parlament, und das hat mein Vorredner auch zu verstehen gegeben, lautet eigentlich: Was tut die internationale Gemeinschaft, was tut Europa, damit Frieden in Afrika einkehrt und das Morden aufhört? Die Geschichte der Ereignisse in dieser Region in den letzten Jahren ist scheußlich. Der Streit zwischen Hutus und Tutsis ist schon sehr alt, und das Auftreten der FDR in Ruanda hat einen Bürgerkrieg verursacht. In Arusha wurde zwar versucht, Vereinbarungen zu erzielen, aber aus unverständlichen Gründen wurde geredet, ohne daß gefordert wurde, erst einen Waffenstillstand zu erreichen. Das Flugzeug des Präsidenten von Ruanda wurde abgeschossen, aber offiziell weiß man noch immer nicht, wer dafür verantwortlich ist. Darauf folgte ein gräßlicher Völkermord. Das Land fiel in die Hände der Aufständischen, und es wurde faktisch eine Diktatur eingerichtet. Auch in Burundi eroberte eine Oberst die Macht. Gibt es jemanden in diesem Parlament, der glaubt, daß in Ländern wie Ruanda und Burundi ein dauerhafter Frieden zwischen den ethnischen Gruppen ohne internationale Präsenz zustande gebracht werden kann? Für das Problem der anderthalb Millionen Flüchtlinge an der Grenze zwischen Ruanda und Kongo-Zaire, vor allem Frauen und Kinder, wurde keine Lösung gefunden, nicht einmal gesucht. Als die Flüchtlinge weiter flüchteten, hatte nur Emma Bonino den Mut, darauf hinzuweisen, daß noch mehr als 300.000 dieser Flüchtlinge umherirrten. Sie sind alle verschwunden. Tote reden nicht mehr. Haben wir vergessen, daß der Sicherheitsrat eine militärische Intervention beschlossen hatte, aber daß eine Woche nach dem Beschluß Präsident Clinton angekündigt hat, daß er die Operation nicht durchführen wolle? Inzwischen war durchgedrungen, daß im Osten von Kongo-Zaire Massaker stattgefunden hatten, und die UNO beschloß, die Massengräber aufzuspüren, um sich ein Bild über die Ereignisse in dieser Region zu machen. Die neuen Machthaber widersetzten sich dagegen, und es entstanden Spannungen mit den Vereinten Nationen. Inzwischen konnte Laurent Désiré Kabila an der Spitze einer Armee, die hauptsächlich aus Ugandern und Ruandern bestand, ganz Kongo-Zaire erobern. Westliche Minister gaben ermutigende Erklärungen ab, sprachen von Vertrauen, und die Sieger konnten mit dem Ausbau ihres Reiches beginnen. Nach einiger Zeit zeigte sich, daß die erwartete, innovative, demokratischere Politik unter Wahrung der Menschenrechte auf der Basis eines Rechtsstaats noch nicht so bald zu erwarten war. Der organisierten Opposition wurde genauso wenig wie unter dem MobutuRegime die Hand gereicht. Sie wurde im Gegenteil weiterhin boykottiert. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wuchs erneut, und was sehen wir? Die Kräfte aus Uganda und Ruanda, die Kabila unterstützt hatten, tauchen wieder auf, um Kabila jetzt zu bekämpfen. Gleichzeitig kommen jedoch Truppen aus Angola, die versuchen, Kongo zu erobern. Auch hört man von katangischen Militärs, die von Angola aus Aktionen betreiben, um Kabila, jetzt ein Symbol des Staates Kongo, aus Katanga zu vertreiben. Noch mehr fremde Truppen beteiligen sich an den Gefechten. Sie kommen unter anderem aus Simbabwe, sie liefern Flugzeuge und Söldner. Wohl acht Länder sind an den Unruhen beteiligt. Würde sich dies in Europa ereignen, würde man von der Gefahr eines Weltkriegs sprechen. Bei alledem vermeiden die Medien selbst zu sagen, was sich hinter den Kulissen abspielt, nämlich das Spiel der Wirtschaftsmächte, die vor allem Interesse an Diamanten, Erdöl, Kobalt und Kupfer haben. Manche Kommentatoren schrieben, daß das, was sich hier abspielt, an die präkoloniale Zeit erinnert, als westliche Gesellschaften Handelsniederlassungen errichteten, um sich der Rohstoffe zu bemächtigen. Es sieht so aus, als ob die Mordmaschine in Zentralafrika nicht zum Stillstand gebracht werden kann und daß die aufgekommene Hoffnung, endlich Einparteiensysteme und Diktaturen für viele Jahre auszurotten, sich zerschlagen hat. Stabilität ganz gleich um welchen Preis scheint wohl das neue politische Ideal geworden zu sein. Wieviel Zehntausende von Toten hat es gegeben? Wieviele wird es noch geben? Niemand kommt Afrika zu Hilfe. Die internationale Gemeinschaft bleibt völlig unsichtbar, die Vereinten Nationen bleiben untätig. Von der Westeuropäischen Union wird nicht mehr gesprochen, und die Europäische Union hat leider - das ist jetzt wohl sehr deutlich - keine Afrikapolitik. Die Mitgliedstaaten der Union sind untereinander uneins. Es gibt nicht nur keine gemeinschaftliche Politik, es gibt überhaupt keine Politik. Humanitäre Hilfe leistet Beistand, sowohl Schuldigen wie Opfern, aber beschäftigt sich nicht mit Lösungen für politische Probleme. Ich kann es nicht laut genug sagen, wir haben keine Politik. Wir sollten den Begriff der Gemeinsamen Außenpolitik für Europa aus unserem Vokabular streichen. Herr Präsident, ich möchte mich den Worten meines Kollegen und Freundes Tindemans anschließen, daß wir in der Tat keine europäische Afrikapolitik haben. Aber das hat uns nie davon abgehalten, doch darüber zu reden, nur zu reden, so wie wir es heute auch wieder tun. Die Bevölkerung des Kongo muß tatenlos zusehen, wie sie das Opfer der x-ten Etappe in der permanent Gewalt wird. Dreißig Jahre Diktatur Mobutus und die militärische Machtergreifung Kabilas waren noch nicht genug. Es herrscht wieder Bürgerkrieg. Kabila hat ihn selbst verursacht. Noch immer driftet das Land führungslos herum. Noch immer wird die Bevölkerung mit einer wachsenden Armut konfrontiert und, was schlimmer ist, mit Tod, Verderben und Elend. Noch immer ist es normal, daß Menschenrechte in großem Rahmen verletzt werden, und natürlich besteht die Demokratie nur auf dem Papier. Natürlich war der Angriff der Rebellen ein Angriff auf ein legitimes und anerkanntes Regime, und natürlich muß dagegen vorgegangen werden. Aber eine langfristigere Unterstützung muß sich Kabila tatsächlich noch verdienen. Bis jetzt hat er sie nicht verdient. Kabila muß auch eine internationale Vermittlung akzeptieren, und die Rebellen müssen bei der Vermittlung eine Rolle spielen, sonst kann man nicht vermitteln. Ich schätze die Bemühungen Südafrikas in dieser Krise sowie eine afrikanische Lösung in einem afrikanischen Land mit afrikanischer Intervention und mit afrikanischen Waffen, Herr Tindemans sagte es bereits: ja, das sind die Afrikaner aus der Zeit, bevor die Kolonialmächte dort waren. Es ist vielleicht ein hoffnungsvolles Zeichen, daß die afrikanischen Länder Anstrengungen unternehmen wollen und vielleicht können, Konflikte auf ihrem Kontinent selbst beizulegen, da Europa keine Politik hat. Die Union könnte vielleicht einmal Beistand leisten und mithelfen, die Bedingungen zu schaffen, die es den Afrikanern ermöglichen, ihre Konflikte selbst zu lösen. Herr Präsident, Herr Tindemans hat es richtig gesagt: Europa hat kein Herz für Afrika, obwohl das Herz Afrikas in Flammen steht. Der Genozid an den Tutsis und der Sturz Mobutus haben die Büchse der Pandora geöffnet, und jetzt herrscht Krieg von Brazzaville bis Addis Abeba. Traditionelle Etiketten wie Kolonialismus und ideologische Gegensätze zwischen Ost und West spielen keine Rolle mehr. Es sind die einzelnen afrikanischen Machthaber, die ausschließlich ihre eigene Machtposition verteidigen. Politische Oppositionsgruppen erhalten keine Chance, demokratisch zu arbeiten. Sie suchen daher oft Unterstützung jenseits der Grenze bei verwandten Stämmen, was den Diktatoren erneut ein Argument dafür liefert, militärisch einzugreifen, wohlverstanden grenzüberschreitend. Diese komplizierten Verstrickungen führen zu schrecklichem Leid der Bevölkerung und zur Verschwendung von Geld, auch von humanitärer Hilfe. Ich finde, daß der Kommissar sich zu sehr hinter schönen UN-Treffen versteckt. Ich will Klarheit. Ist es nach Ansicht der Kommission und des Kommissars jetzt nicht höchste Zeit, zu protestieren, zum Beispiel bei der Regierung in Luanda, die siebzig Oppositionsmitglieder einfach ihres Amtes enthoben und durch nicht gewählte Mitglieder ersetzt hat und sie obendrein in ihrem täglichen Leben bedroht? Gehört das nicht auch zu dem ganzen Konflikt in der Region? Herr Kommissar, sagen Sie mir doch einmal, warum wir als Demokraten nicht das Signal gegeben haben, das wir jetzt auch als Parlamentarier geben müssen? Parlamentarier gehören in ein Parlament und dürfen nicht bedroht werden. Wenn Sie das nicht tun, Herr Kommissar, wird sich die angolanische Regierung in ihren derzeitigen Praktiken bestärkt fühlen, Einnahmen aus dem Öl- und Diamantengeschäft für Waffenkäufe verwenden und wird die humanitäre Hilfe, so gut sie auch gemeint ist, keinen Sinn haben. Wenn wir ein Herz für Afrika haben, müssen wir allen Beteiligten an dem Konflikt kritisch gegenüber stehen. Herr Präsident! Für die Krise, die seit einigen Wochen andauert, kann man ohne jeden Zweifel konkrete Ursachen ausmachen. Zum Beispiel die Tatsache, daß Präsident Kabila wesentliche Versprechen, mit denen er an die Macht gekommen ist, nicht eingehalten hat. Zum Beispiel ist es politischen Oppositionsparteien immer noch nicht möglich, sich normal zu betätigen. Außerdem werden Oppositionelle sogar inhaftiert und, wie es scheint, nach einem Schnellverfahren hingerichtet. Der Kongo ist mit Sicherheit kein demokratisches Land und der Tag, an dem es freie Wahlen geben wird, liegt ganz sicher in weiter Ferne. Man kann auch festhalten, daß andere Nachbarländer in diesem Konflikt Partei ergriffen haben. Da fällt zum Beispiel die kaum verhohlene Präsenz Ugandas und Ruandas auf, die möglicherweise immer noch den einen oder anderen Plan zur Teilung des Kongo hegen, um sich de facto die Kontrolle über einige Gebiete dieses Landes zu übernehmen. Meiner Ansicht nach sind dies wichtige Faktoren, aber nicht die wichtigsten. Ich denke, daß es umfassendere Probleme gibt. Denn tatsächlich sehen wir uns dem ersten regionalen Krieg in Afrika in den letzten Jahren gegenüber. Und es gibt viele Fragen, die wir uns stellen sollten. Zum Beispiel: Warum besitzen Organisationen wie die Organisation für Afrikanische Einheit nicht die Fähigkeit zur Konfliktverhütung und zum Krisenmanagement? Warum waren auch die Vereinten Nationen nicht fähig, in dieser Situation Stellung zu beziehen? Und vor allem: Warum gibt es Bewegungen wie die Blockfreien, die so an Einfluß verloren haben, daß sie in dieser Krise keinerlei Hilfestellung leisten konnten? Es gibt daher letzten Endes keine Vermittlungsmöglichkeiten, keine Konfliktverhütungsmechanismen und auch keine Mechanismen für das Krisenmanagement. Und logischerweise sind politische Lösungen in diesem Rahmen nur schwer zu erreichen. Wir können betonen, daß eine Regionalkonferenz erforderlich ist, um den Vorgängen ein Ende zu machen. Wir können auch mit Nachdruck eine afrikanische Truppe fordern, die vermittelnd eingreift, aber: Wer organisiert sie? Mit welcher Politik? Mit welchen Zielen? Mit welcher Unterstützung? Die Unterstützung der Europäischen Union alleine reicht zweifellos nicht aus. Man müßte auch wissen, welche Position zum Beispiel die Vereinigten Staaten in diesem Konflikt einnehmen. Denn die Vereinigten Staaten haben immer behauptet, eine Position zu vertreten und eine gewisse Politik in Afrika zu betreiben. De facto ist dies ein klarer Beleg dafür, daß keine regionalen Führungsstrukturen und keine Strukturen für eine echte Zusammenarbeit in Afrika zwischen den afrikanischen Ländern selbst vorhanden sind, die über die bestehenden Strukturen zwischen diesen Ländern und politischen Gebilden wie der Europäische Union hinausgehen. Tatsächlich wird es unvermeidlich sein, daß sich derartige Krisen wiederholen können, wenn Europa sich auf konkrete Maßnahmen beschränkt und nicht auch etwas weiter denkt und zu einer Afrikapolitik findet, die die Schaffung dieser Art von Strukturen beinhaltet. Wenn ich die Frage des Herrn Kommissars, ob es möglich ist, weiterhin mit Ländern zu kooperieren, die sich im Krieg befinden oder sich für den Krieg rüsten, zu beantworten hätte, dann glaube ich natürlich, daß die Antwort nein lauten muß. Wir haben nicht das Recht, diese Art von Politik zu unterstützen und noch viel weniger, die Mittel der europäischen Bürger zu vergeuden. Herr Präsident! Ich muß sagen, ich schwanke zwischen Zorn und Verzweiflung, wenn ich lese, daß die EU eine aktive Rolle zugunsten von Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region der Großen Seen spielen soll. Angesichts des Fehlens der UNO in den letzten Wochen, angesichts der passiven Haltung der Europäischen Union und des Rückzugs der humanitären Hilfe dreht mir das Gerede über Verantwortung oder auch die Behauptung - Frau van Bladel -, daß es jetzt die Afrikaner selber sind, die an allem schuld sind, wirklich den Magen um! Die Verantwortung für die Monstren, die wir als Kolonialmächte in Afrika geschaffen haben, können wir nicht so schnell wieder los werden. Natürlich ist es positiv, daß die Afrikaner angefangen haben zu erkennen, daß sie gemeinsame Lösungen für ihre großen regionalen Probleme finden müssen. Trotz des Scheiterns war das Treffen von Victoria Falls ein sinnvoller Ansatz. Sie tragen gemeinsame Verantwortung für die Achtung der Menschen- und Bürgerrechte, wodurch die Grenzen zumindest weniger wichtig werden. Herr Bertens hat völlig recht: Die Europäische Union hat die Chance, ein neues Kapitel aufzuschlagen und die Afrikaner dabei zu unterstützen, selber Lösungen zu finden. Wir sollten auch nicht so tun, als ob die Freundschaft zu Bill Clinton zu einseitigen militärischen Aktionen ermächtigt. Natürlich haben Uganda und Ruanda nicht das Recht, einseitig militärisch eine Lösung in ihrem Sinne herbeizuführen, und man kann jetzt nicht Angola in die Ecke stellen, weil es sich dagegen gewehrt hat. Man kann auch nicht einfach die Unita nach 30 Jahren Bürgerkrieg und nach der Sabotage des Friedensprozesses ohne weiteres zur politischen Oppositionspartei erklären. Die Unita muß sich endlich in die Verfassung der zweiten angolanischen Republik einfügen und muß endlich eine konstruktive Rolle als Oppositionspartei übernehmen. Das wollen fast alle Angolaner. Die demokratischen Kräfte im Kongo haben eine Reihe von Forderungen gestellt, die wir aktiv unterstützen sollten: Einheit und Selbstbestimmung verteidigen, Öffnung der Regierung für die demokratischen Kräfte, klare Festlegung auf eine künftige Wahl, klare Abgrenzung von xenophoben Tendenzen, Aktivierung und Ausweitung der interministeriellen Kommission zum Schutz der Tutsi auf das ganze Territorium, Waffenstillstand, Rückzug aller ausländischen Truppen sowie Rückkehr der kongolesischen Flüchtlinge in ihr Gebiet, klare Feststellung, wer wen angegriffen hat, Nutzung der Medien, um Friedenspropaganda und nicht Kriegs- und Haßpropaganda zu treiben und nicht zuletzt Bereitstellung einer peace-keeping force , die für Frieden zwischen der demokratischen Republik Kongo und ihren Nachbarn an den Großen Seen sorgt. Da haben wir ein Programm, da können wir etwas tun, und wenn sich die Union darauf einlassen würde mit allem, was dies auch diplomatisch bedeutet, dann könnten die Völker in dieser Region wieder Hoffnung schöpfen. Herr Präsident, die Europäische Union hat wirklich einige Schwierigkeiten damit, in der Region der Großen Seen eine Politik zu definieren und umzusetzen, die in Einklang steht mit ihren wichtigsten Grundsätzen. Handelt es sich im übrigen um die Außenpolitik der Union oder um diejenige von einem oder zwei ihrer Mitgliedstaaten? Betrachtet man nämlich die Liste der Unterzeichner der verschiedenen Entschließungsvorschläge, so gewinnt man den Eindruck - ein seltsamer, aber nicht neuer Eindruck -, daß die Situation in der Region der Großen Seen nur Belgien und Frankreich etwas angeht, zwei Länder, die Europa ihre Position aufzwingen, und zwar aufgrund ihrer Interessen, die noch aus der Kolonialgeschichte herrühren. Aber kommen wir zurück zu den wichtigen Grundsätzen, die den Europäern am Herzen liegen. Zunächst ist hier, und wir sagen dies häufig, die Übernahme der Besorgnis der OAU zu nennen, nämlich die Wahrung der territorialen Integrität unserer früheren Kolonien. Vor anderthalb Jahren war der französische Außenminister in der Tat der Ansicht, Mobutu sei der einzige Garant für die territoriale Integrität von Zaire. Wir haben gesehen, wie seine Gleichung aufgegangen ist. Heute glaubt in Wirklichkeit keiner mehr an die Fiktion der Integrität eines Landes, das dessen staatliche Behörden schon lange nicht mehr unter Kontrolle haben. Allerdings gibt es viele, insbesondere diejenigen, die seinerzeit die Abspaltung der Region Katanga befürwortet haben, die weiterhin den Grundsatz der Unantastbarkeit der Grenzen bekräftigen, während der Osten des Kongo faktisch unter der Souveränität von Uganda und Ruanda steht, die beide darauf bedacht sind, auf rechtmäßige Weise ihre eigene Sicherheit zu garantieren. Ein weiterer vorrangiger Grundsatz, der noch wichtiger ist, betrifft die Leidenschaft, mit der wir uns für die Demokratisierung Afrikas einsetzen. Erst vor einigen Monaten wurde Herr Kabila in unseren eigenen Entschließungen als selbsternannter Präsident bezeichnet, seine Regierung als Übergangsregime und seine politische Tätigkeit als schwerwiegender Angriff auf die Freiheiten. Ist Herr Kabila etwa Demokrat geworden? Hat er etwa Wahlen organisiert? Hat er etwa die Korruption eingedämmt? Keinesfalls. Die einzig erkennbare Veränderung ist leicht zu erklären: Herr Kabila hat mit seinen früheren Verbündeten aus Ruanda und Uganda gebrochen, und allein aus diesem Grund verkehrt die Europäische Union wieder mit ihm. Geht es hier um den Grundsatz der menschlichen Solidarität und um unsere Besorgnis über das Schicksal der Flüchtlinge? Wir waren in den letzten Jahren mit Recht bestürzt über das Schicksal der ruandischen Flüchtlinge. Aber niemand hat je gehört, und ich habe nie davon gehört, daß sich das Parlament erschüttert gezeigt hätte angesichts des Schicksals der Millionen von Ruandern, die dazu verurteilt waren, bis 1994 außerhalb der Grenzen ihres Landes zu leben. Es sieht wohl so aus, als hätte der 1994 in Ruanda begangene Völkermord - den Herr Tindemans diskret eine Welle der Gewalt nennt - das politische Gewissen der Europäer nicht aufgerüttelt. Diejenigen, die einst geholfen haben - wie etwa Habyarimana oder Mobutu -, sind heute am schnellsten dabei, wenn es darum geht, Herrn Kabila eine unglaubwürdige Legitimität zuzusprechen. In Wahrheit ist es so, daß sich die europäischen Bemühungen auf drei Ziele konzentrieren müßten: die Sicherheit im Osten Zaires muß garantiert werden, wo auch immer in Zukunft die Staatsgrenzen verlaufen sollten; die echten Flüchtlinge müssen mit unserer Unterstützung in ihr Land zurückkehren, insbesondere nach Ruanda; und die Pseudo-Flüchtlinge, die sich seit vier Jahren im Kongo und in Europa verstecken, müssen aufgrund ihrer enormen Verantwortung für den Völkermord von 1994 verurteilt werden. Herr Präsident! Kollege Hory, es sind keineswegs nur Abgeordnete aus Belgien und Frankreich, die sich für diesen Konflikt interessieren, wie man auch an meinem Redebeitrag feststellen kann. Es können aber immer nur wenige diese Entschließungen unterschreiben. Daraus darf jedoch nicht geschlossen werden, daß die anderen kein Interesse daran hätten. Das Gegenteil ist der Fall! Wir alle wünschen uns eine friedliche Entwicklung in Afrika, die zu Wohlstand und Stabilität führt. Die Realität allerdings steht dem entgegen. Aber Verzweiflung, Kollege Wolf, darf nicht zu Resignation führen. Ich weiß, das wollen Sie auch nicht. Es ist natürlich schon manchmal deprimierend, wenn man sich immer wieder bemüht, voranzukommen, Unterstützung zu geben, Hilfe zu leisten, und es dann doch nicht so gut ausgeht, wie man sich das wünschen würde. Aber wir dürfen nicht nachlassen in dem Bemühen, Wege zu finden, die eine Befriedung des Konfliktes möglich machen, und vor allem alle politischen Kräfte Afrikas zu stärken und einzubeziehen, die zur Stabilität und zur Lösung des Konfliktes beitragen können und vor allen Dingen auch wollen. In der nächsten Woche tritt die AKP-Versammlung in Brüssel zusammen, und wir erwarten, daß alle Beteiligten dort mit uns an einem Tisch sitzen werden. Der Konflikt im Bereich der großen Seen beschäftigt uns ja seit Jahren und steht auch hier wieder auf der Tagesordnung. Es ist ein leidvolles Dauerthema geworden. Aber ich denke, daß diese Treffen doch dazu beitragen - und hier gibt es ja auch positive Signale -, miteinander ins Gespräch zu kommen und gemeinsam auszuloten, wo Möglichkeiten der Konfliktlösung liegen könnten. In erster Linie müssen wir mit allen Kräften und gemeinsam mit den Vertretern aus Afrika, die mit uns an einem Tisch sitzen werden, den ethnischen Haß besiegen, der eine der wesentlichen Ursachen dieses Konflikts darstellt. Ich will all die Grausamkeiten, Menschenrechtsverletzungen und Gewalttätigkeiten hier nicht aufzählen. Es wurde vieles dazu gesagt. Es ist aber besonders traurig, daß diejenigen, die in der Vergangenheit selbst Opfer von Diskriminierung und Haß waren, heute Haß aufeinander hegen und einander diskriminieren. Das ist etwas, was wir nicht dulden können. Wir können aber auch nicht gutheißen, daß - von welcher Seite auch immer - militärisch eingegriffen wird, statt zu versuchen, den friedlichen Weg zu gehen und Nachbarn dazu anzuhalten, eine friedliche Lösung des Konfliktes unter Wahrung demokratischer Grundsätze zu suchen. Konfliktprävention haben wir oft auf der Tagesordnung. Wir haben viel Papier dazu beschrieben. Ich glaube, wir müssen in der Praxis den Möglichkeiten der präventiven Konfliktvermeidung noch mehr Gewicht beimessen als bisher. Wir müssen ausdrücklich betonen, daß Friedensgespräche nur dann erfolgreich sein können, wenn alle Konfliktparteien an einem Tisch sitzen. Dafür setzen wir uns ein! Herr Präsident, das Wasser der Großen Seen in Afrika ist aufgewühlt und durch das Blut rot verfärbt, ist getroffen von Tod und Leiden, das durch die Verblendung, den Irrsinn und den Ehrgeiz der Menschen entstanden ist. Der Donner der Kanonen ist in Guinea Bissau noch nicht verhallt und schon entsteht in der Demokratischen Republik Kongo ein neuer Krisenherd, der einige Nachbarländer von Angola bis Simbabwe, Namibia bis Ruanda, Uganda bis Burundi und Tansania mit in den Konflikt hineinreißt. In dem Gewirr der derzeit vorhandenen, vielfältigen Interessen ist es sehr schwierig, eine rationelle Linie zu entdecken, die erklären würde, was gegenwärtig im Kongo passiert. Hier treffen alte Feindschaften der Ethnien, die noch aus grauer Vorzeit stammen, in endlosen Vernichtungs- und Vergeltungskriegen aufeinander. Dort spielen sich die Folgen unklarer bzw. auf dem Reißbrett bei der Einteilung der Kolonien im vergangenen Jahrhundert gezogener Grenzen ab. Dort geht es nicht um harmlose internationale Wirtschaftsinteressen; wie die Geier wird auf die Aufteilung der unermeßlichen Naturreichtümer in diesem Gebiet Afrikas gelauert. Dort wimmelt es von unkontrollierten Heeren aus verschiedenen Ländern, Söldnern, die im Lohn vieler Geldgeber stehen und von zügellosen oder einfach grausamen, gewissenlosen Banditen. Wenn es nur Sand und Staub gäbe, wären wir hier nicht dabei, einen Konflikt zu erörtern, der sich in eine regionale Tragödie großen Ausmaßes zu verwandeln droht. Der Präsident Laureat Kabila hat es nicht verstanden, die Gelegenheit zur Einführung einer wirklichen Demokratie beim Schopf zu ergreifen, und hat die Erwartungen der Bevölkerung und der internationalen Gemeinschaft getäuscht. Er ist heute der imaginäre Direktor in einer riesigen Arena, in der keiner den anderen respektiert, wo das Gesetz der willkürlichen Hinrichtungen und der Waffengewalt regiert und die Bevölkerung mit mehr als zwei Millionen Flüchtlingen und einer nicht festzustellenden Anzahl von Toten am meisten zu leiden hat. Alle Versuche, eine Feuerpause zu vereinbaren - von den Treffen von Viktoria Falls bis zu dem Treffen der Verteidigungsminister aus den beteiligten Ländern, das vor kurzem in Addis Abeba stattgefunden hat - sind bisher fehlgeschlagen. Da diese sich nicht einigen können, muß meiner Meinung nach der Rat zu seiner politischen Unbeweglichkeit sowie dazu befragt werden, ob es nicht an der Zeit wäre, daß die Europäische Union, wie das Mitglied der Kommission, João de Deus Pinheiro, so richtig bemerkt hat, ihren gesamten Kooperationsrahmen mit den Staaten überprüft, die innerhalb und außerhalb der Region der Großen Seen in Kämpfe verwickelt sind. Obwohl die Kommission - und das ist gut so - die humanitäre Hilfe für den Kongo ausgebaut hat, dürfen mit anderen Aktionen im Rahmen der Zusammenarbeit der Europäische Union nicht weiterhin der Kriegswahn der Führer genährt werden, anstatt für das Wohl der Bevölkerung zu sorgen. Alles muß in Frage gestellt werden und von der Aussetzung bestimmter Maßnahmen bezüglich einiger Haushaltslinien für die Zusammenarbeit gefolgt sein dürfen, wenn die kriegführenden Länder kein Einsehen haben. Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, Herr Kommissar, durch die Krise im Kongo, durch die Krise in der Region der Großen Seen werden wir vor ein geopolitisches und politologisches Problem gestellt, das in mancher Hinsicht neuartig ist. Bislang gab es nämlich, wenn von afrikanischen Problemen gesprochen wurde, zwei fast unantastbare Dogmen. Das erste Dogma lautete, daß Konflikte und lokale Kriege sozusagen Stellvertreterkriege waren, hinter denen die westlichen Mächte standen. Das zweite Dogma war die Unantastbarkeit afrikanischer Grenzen. Bei der Krise in der Region der Großen Seen stehen wir jedoch vor der Tatsache, daß sich erstens die traditionell an der Region interessierten westlichen Mächte - Belgien, Frankreich und zuletzt die Vereinigten Staaten - in weitgehendem Maße ferngehalten haben, und zweitens, daß es sich um einen Regionalkonflikt handelt, durch den die Grenzgleichgewichte, die vielfach nicht durch die Afrikaner, sondern durch die europäischen Länder in der Phase der Entkolonisierung entschieden wurden, anscheinend in Frage gestellt werden sollen. Bevor wir also in irgendeiner Weise intervenieren, ist daher eine politische Beurteilung erforderlich: Sind diese Grenzen wirklich unantastbar? Und sollte bei genauem Überlegen die Europäische Union nicht auf Allgemeinbegriffe verzichten wie Wahrung des Friedens und Achtung der Menschenrechte? Nicht weil diese Begriffe nicht etwa wichtig sind, sondern weil zuvor ein politisches Ziel, nämlich Förderung der Wiederherstellung der Ordnung, gesetzt werden und die positiven Aspekte, die so viele menschliche Tragödien beinhalten können, erfaßt werden müssen, nämlich daß die afrikanischen Länder eventuell zu einem stärkeren Bewußtsein und zu einer größeren Autonomie gelangen. Die Europäische Union muß dafür Sorge tragen, daß es sich hierbei um einen friedlichen Prozeß handeln wird, damit die Stärke der Vernunft und Logik vorherrscht und nicht die Logik der Gewalt und Stärke, wie dies der Fall ist, wenn ein starkes außenpolitisches Konzept völlig fehlt. Herr Präsident, meine Damen und Herren, Herr Pinheiro, es ist eine Tatsache, daß die jüngsten Konflikte in Afrika, die sich zunächst an den Problemen bestimmter ethnischer Gruppen entzündeten, sich rasch in wirkliche Konflikte regionaler Dimension ausweiten, die auf verschiedene Länder übergreifen und die Ursache für Tausende von Toten, Millionen Flüchtlingen und eine wachsende Kettenreaktion sind. In diesem Zusammenhang möchte ich an die Lage in Angola erinnern. Wenn die Anwesenheit angolanischer Truppen in der Demokratischen Republik Kongo schon an sich fragwürdig ist, dann ist die Entscheidung der angolanischen Regierung zur einseitigen Suspendierung der Mitglieder der UNITA von ihren Regierungsposten sowie der demokratisch gewählten Mitglieder der UNITA innerhalb der angolanischen Nationalversammlung, noch beunruhigender. In Luanda werden Menschen festgehalten; sie haben keine Möglichkeit, aus der Stadt zu kommen, sind Repressalien ausgesetzt und haben häufig nicht das Nötigste zum Überleben. Diesem Verhalten, das ein klarer Bruch der Abkommen von Lusaka ist, folgen Erklärungen und Kriegsvorbereitungen. Ich glaube, daß der Rat und die Kommission aufgrund der eindeutigen Verletzung demokratischer Grundsätze, etwas zu dieser Lage zu sagen haben müßten. Wir sind ferner der Meinung, daß die systematische Verteufelung und Isolierung der UNITA, die gegenwärtig am Zugang zu sämtlichen angolanischen oder auch internationalen Kommunikationsmitteln gehindert wird, dem Friedensprozeß in Angola nicht förderlich ist. Schließlich glauben wir, daß es mit einem neuen Vermittler, mit der Unterstützung der Europäischen Union, noch möglich ist, einen neuen Krieg zu verhindern, der unabsehbare Ausmaße und Folgen haben und von unbestimmter Dauer sein könnte, abgesehen davon, daß er eine weitere Eskalation bei der regionalen Ausdehnung bestehender Konflikte bedeuten könnte. Deswegen glauben und setzen wir uns dafür ein, daß die Europäische Union alles zur Unterstützung der Initiative für eine Regionalkonferenz unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen für einen endgültigen und dauerhaften Frieden in jener Region tun sollte. Herr Präsident, ich hatte die Absicht, an dieser Aussprache teilzunehmen, ohne meine persönliche Meinung ins Spiel zu bringen, wobei ich mir gesagt habe, daß ich vielleicht die Früchte einer Überlegung ernten könnte, die die Lösung der afrikanischen Probleme ermöglichen würde. Ich hatte beschlossen, alle meine Überzeugungen unter Verschluß zu halten. Ich habe also sämtlichen Rednern sehr aufmerksam zugehört. Ich habe gehört, wie sie die Illusion Kabila zugegeben haben, ebenso wie man morgen die Illusion Mandela wird zugeben müssen, dessen gute Absichten nicht in Zweifel gezogen werden; aber alle Informationen, die wir aus Südafrika erhalten, sprechen nur von der immer noch deutlicheren Verschlechterung der Situation in diesem Land. Ich habe Herrn Tindemans zugehört, der eine Beschwörungsrede, die immer wieder schöne Geschichte über die Verantwortlichkeit der Kolonisierung vorgetragen hat. Aber die Entkolonisierung ist doch bereits längst abgeschlossen. Die Kolonisierung hatte nicht nur gute Seiten, das stimmt, aber dennoch bleibt es dabei, daß wir, sofern wir die durch die Kolonialzeit entstandenen Grenzen anfechten, gleichzeitig eingestehen müssen, daß es diese Grenzen häufig ermöglicht haben, Kriege zu beenden, in denen afrikanische Völker gegeneinander gekämpft haben. Die Kolonisierung war nicht perfekt, aber wenn ich die Länder der früheren französischen Union besuche, so schäme ich mich nicht dessen, was mein Land in diesen Ländern erreicht hat. Dies waren keinen Bananenrepubliken. Es gab Häfen, Flughäfen, Straßen, Schulen und Ambulanzen. In Wirklichkeit hat die Barbarei heute viele dieser Gebiete zerstört, so daß ich, wenn ich hier höre, man müsse den Afrikanern jetzt helfen - aber was heißt "den Afrikanern helfen" anderes, als sie zu beraten, zu bewaffnen, was in der Tat Neokolonialismus ist -, wenn ich dies also höre, habe ich Angst, daß man hier in Wirklichkeit, auf sehr heuchlerische Weise, einen Neokolonialismus einführen möchte, der viel mehr Tote mit sich bringen würde als die frühere Kolonisierung. Afrika den Afrikanern, hat Giscard d´Estaing einmal gesagt; er hatte vielleicht nicht unrecht, aber ich glaube, man muß die Afrikaner jetzt ganz alleine lassen. Wir können nichts mehr für sie tun. Ich teile Ihnen mit, daß ich acht Entschließungsanträge gemäß Artikel 37 Absatz der Geschäftsordnung erhalten habe. Die Abstimmung findet morgen um 9.00 Uhr statt. Herr Präsident, die Krise und die Konflikte, die heute in der Region der Großen Seen, in der Demokratischen Republik Kongo sowie auch in anderen Nachbarstaaten in großer Zahl bestehen und sich ausgeweitet haben, sind wohl der dramatischste Ausdruck der umfassenden und allgemeinen Neuordnung von Staaten und Regionen seit der Entkolonisierung. Die Krisen vollziehen sich nicht mehr, wie in den letzten Jahren, lediglich innerhalb der Staaten, sondern es handelt sich um Krisen der Staaten und einer regionalen Ordnung, die fast vierzig Jahre lang Bestand hatte, auch wenn es dabei zahlreiche Probleme gab und sehr viel falsch gemacht wurde. Darin scheint mir der neuartige Aspekt der Situation, mit der wir es heute zu tun haben, zu liegen. Meiner Meinung nach muß unbedingt versucht werden, die völlige Auflösung einer Ordnung, die auf eine solche Weise erfolgen würde, zu verhindern, und zwar nicht weil die bisherige Ordnung etwa die gerechteste war oder an sich die gerechteste ist, sondern weil heute die konkrete Gefahr besteht, daß neue Mächte in Erscheinung treten werden, die auf der Unterdrückung des Volkes, in einigen Fällen auf Völkermord, auf Waffenhandelsgeschäften, bisweilen auf Drogenhandel und in zahlreichen Fällen auf Handelsgeschäften mit einigen wichtigen natürlichen Ressourcen beruhen. Durch den Grundsatz der Integrität der Staaten und durch die Ablehnung jeglicher gewaltsamen Änderung von Ländergrenzen ließe sich somit verhindern, daß sich die Situation verschlechtert und eine Machtstruktur entsteht, die noch ungerechter ist als die vorhergehende. Was den zweiten Punkt anbelangt, Herr Kommissar und Herr Präsident, so schien bis vor drei, vier Monaten in Afrika, und vor allem im südlichen Teil Afrikas, von Eritrea bis Angola, eine neue afrikanische Ordnung mit neuen leader entstanden zu sein, die unter geopolitischen Aspekten auf starken Beziehungen zu den Vereinigten Staaten basierte. Jene Ordnung brach sehr schnell zusammen; wahrscheinlich war sie falsch und illusorisch und sehr wahrscheinlich ist sie heute effektiv verschwunden. Daran zeigt sich, daß es nicht genügt, in Afrika nur einige treue oder mächtige bzw. bisweilen gewaltsame Verbündete zu suchen, sondern daß Entwicklungsprozesse erforderlich sind, bei denen es um eine wirkliche Änderung und Verlagerung von Bündnissen und internationalen Beziehungen geht. Der Europäischen Union fällt meines Erachtens die Aufgabe zu, in solche Prozesse einzugreifen und neue Formen der Zusammenarbeit in die Wege zu leiten, die zu verstärkten Anstrengungen zur Kooperation führen und solchen Anstrengungen größere Effizienz verleihen können. Solche Anstrengungen müssen auf der Grundlage der Ergebnisse der Verhandlungen über das Abkommen von Lomé, die - wohl mit einigen Schwierigkeiten - in den nächsten Wochen aufgenommen werden, zum Konzept, Herr Kommissar, einer neuen Ordnung beitragen, für die die Afrikaner sowie die legitimen und demokratischen Vertreter ihrer Länder die Vorkämpfer sein müssen. Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Ausführungen, die wir soeben von Herrn Kommissar Pinheiro gehört haben, waren geprägt von einer großen Vorsicht, die meines Erachtens völlig unerläßlich ist angesichts eines Problems von derartigem Ausmaß und derartiger Komplexität. Die Europäische Union muß diese Vorsicht noch durch eine große Bescheidenheit - wobei diese beiden Eigenschaften meiner Auffassung nach komplementär sind - ergänzen. Es gibt keine militärische Lösung für das politische Problem, sagte Herr Ajello, der Sondergesandte der Union in der Region der Großen Seen, im April diesen Jahres, als er von den Ereignissen sprach, die dort ablaufen. Aber - alle wissen dies sehr gut - es gibt auch keine politische Lösung, die den Staaten der Region aufgezwungen werden könnte. Zunächst ist es die Aufgabe dieser Länder, mittels Dialog und Verhandlungen eine Lösung für das herrschende Problem zu finden. Unsere Rolle besteht darin, die Initiativen zu unterstützen, die die Organisation dieses Dialogs anstreben, und nicht darin, die möglichen Teilnehmer zu ersetzen oder zu versuchen, ihnen unseren Standpunkt aufzudrängen. Bescheidenheit, wie ich bereits sagte. Sie muß uns, auch wenn wir selbstverständlich möchten, daß der Frieden so rasch wie möglich wieder einkehrt, allmählich wieder ins Gedächtnis rufen, daß in anderen Regionen, zu anderen Zeiten, der Dialog zur Lösung derartiger Konflikte ziemlich langwierig und schwierig war. Wir müssen die betroffenen Staatschefs unermüdlich dazu ermutigen, zum Ziel zu kommen, aber wir können ihnen nicht vorwerfen, daß sie keine sofortige Lösung finden, und wir dürfen ihnen vor allem keine Lösung aufzwingen wollen. Noch zwei Anmerkungen, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Wir sollten, leider - und ich bedauere dies selbst am meisten - nicht zuviel vom Arusha-Tribunal erwarten. Natürlich müssen wir dieses Tribunal unterstützen, wie dies in der Entschließung der Paritätischen Versammlung AKP-EU von Port-Louis im April noch einmal festgehalten wurde, aber vergessen wir nicht die äußerst berechtigten Kommentare des Sondergesandten der Union in der Region, obwohl sie wieder einmal sehr skeptisch ausgefallen sind. Es genügt, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein bißchen in Arusha umherzugehen und einige Kommentare zu hören, um zu verstehen, daß man vor Ort leider nichts Besonderes erwartet, außer - aber dies ist bereits wesentlich - daß man versuchen möchte, sich so zu verhalten, daß sich bestimmte dramatische Ereignisse nicht wiederholen. Zweite Anmerkung: da die Entschließung von Port-Louis die Kommission dazu aufgefordert hat, müssen wir die humanitäre Hilfe selbstverständlich fortführen, und allein dieses Problem erfordert ebenso viel Aufmerksamkeit und größere Mittel als alles übrige. Dies zeigt sich übrigens in den Beschlüssen, von denen Sie, Herr Kommissar, vorhin gesprochen haben. Sie haben uns erläutert, daß Sie diese Frage eingehender und detaillierter prüfen werden, bevor Sie uns Antworten vorschlagen werden. Während ich also mit großem Interesse auf Ihre erneuten Vorschläge warte, bleibe ich zumindest derzeit noch ein Verfechter der Weiterführung dieser Hilfe. Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, jeder hat somit verstanden, daß ich meinerseits - auch wenn meine Fraktion den gemeinsamen Text unterstützt - nicht der Ansicht bin, daß die Union Frieden, Sicherheit und Stabilität in diesem Teil der Welt gewährleisten kann. Ich glaube, wie dies in einem Punkt dieses Textes formuliert wird, daß man dazu beitragen sollte, daß Frieden herrscht, und nicht dazu, daß der Frieden gesichert wird. Herr Präsident, Herr Kommissar, wie ich Ihnen geschrieben habe, bin ich Anfang August, zur Zeit des ersten Waffenstillstands, nach Kinshasa gereist. Ich bin alleine durch die Straßen der Stadt spaziert, absolut ohne Probleme. Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt bedroht gefühlt. Ich konnte mit jungen und weniger jungen Bürgern sprechen, und alle haben mir gegenüber ihre Sympathie und ihre Unterstützung für Präsident Kabila zum Ausdruck gebracht. Sie haben mir gesagt, daß sie es nicht verstehen können, warum Europa den endlich von Diktator Mobutu befreiten Staat Kongo im Stich gelassen hat. Sie haben vor allem die Ereignisse nicht verstanden, die sie als Flucht der europäischen Botschaften und der amerikanischen Botschaft aufgefaßt haben. Wir müssen massiv intervenieren, um dem kongolesischen Volk dabei zu helfen, sein Elend und seine Leiden hinter sich zu lassen, und zwar mittels umgehender Hilfsmaßnahmen in Form von Medikamenten und Nahrungsmitteln. Wir müssen die Überbewaffnung einiger Regionen kontrollieren und uns die Frage stellen, wer ihnen diese Waffen liefert und wer von diesem Handel profitiert. Belgien und andere europäische Staaten verdanken einen Großteil ihrer derzeitigen Reichtümer der Ausbeutung der ehemaligen Kolonien in der Region der Großen Seen. Wir haben somit eine moralische Verpflichtung gegenüber diesen Völkern, welcher Volksgruppe oder welcher Religion auch immer sie angehören mögen. Afrika ist eine natürliche Ergänzung zu Europa. Die afrikanischen Länder verfügen über die Ressourcen, die uns fehlen; wir verfügen über die Technologie, die ihnen fehlt. Lassen Sie uns - von Volk zu Volk - die Komplementarität mit und für diese geschädigten Völker organisieren. Am Ende meiner Stellungnahme möchte ich Sie, Herr Kommissar, fragen, warum wir nicht die politische Initiative ergreifen, um zugunsten des Kongo das bewegliche und unbewegliche Vermögen von Mobutu und seinen Handlangern überall in Europa, einschließlich der Schweiz, zu konfiszieren? Herr Präsident, ich werde mich kurz fassen und nur drei Anmerkungen machen. Die erste bezieht sich auf die Frage von zwei anwesenden Rednern zu den Mitgliedern der UNITA, die einseitig vom angolanischen Parlament ausgeschlossen wurden. Das ist eine Grundsatzfrage: unter keinen Umständen wird die Europäische Union akzeptieren können, daß es frei gewählten Parlamentsmitgliedern, die in Wahlen, die von der Bevölkerung als freie Wahlen angesehen, einseitig verboten werden kann, ihren Pflichten nachzukommen. Und zu dieser Grundsatzfrage hat sich die Union - meiner Meinung nach - bereits gegenüber der angolanischen Regierung direkt bzw. zumindest bilateral geäußert. Die zweite Frage betrifft die humanitäre Hilfe: niemals haben wir vorgeschlagen oder schlagen wir vor , die humanitäre Hilfe auszusetzen. Es handelt sich um eine Frage jenseits der Ideologien, da sie an die Menschen gerichtet ist. Gestatten Sie mir, Ihnen zur humanitären Hilfe zu sagen, daß die Männer und Frauen in den Nichtregierungsorganisationen, die sich derzeit in das Landesinnere der Demokratischen Republik Kongo wagen, wirkliche Helden sind, denn sie gehen sogar dorthin, wohin verschiedene Länder keine bewaffneten Truppen schicken möchten, weil es zu gefährlich ist. Abschließend möchte ich in Bezug auf den Kongo sagen, daß der Demokratischen Republik Kongo nach der Machtergreifung Kabilas viele Versprechungen, insbesondere von unseren Partnern auf der anderen Seite des Atlantik gemacht wurden. Ich möchte, daß dieses Haus erfährt, daß das, was versprochen wurde - von dem ich nicht einmal weiß, ob es von unseren Partnern jenseits des Atlantik gezahlt wurde - sich auf höchstens 20 Millionen Dollar beläuft und die Hilfe, die die Europäische Union allein durch die Kommission für die Wiederherstellung der nach Kinshasa führenden Straßen und den Gesundheitsbereich geleistet hat (also ohne die anderen humanitären Bereiche) ca. 90 Millionen Dollar beträgt. Sie werden verstehen, daß es mir widerstrebt, wenn einige Stimmen Beratungen und eine Abstimmung der Aktionen mit anderen Partnern fordern, die nicht bereit sind, Gelder zur Verfügung zu stellen, da ich manchmal den Eindruck gewinne, daß andere mit unserem Geld handeln möchten, und dabei können Sie nicht mit mir rechnen. Damit ist die Aussprache geschlossen. Nach der Tagesordnung folgt die Debatte über aktuelle, dringliche und wichtige Fragen. Nach der Tagesordnung folgt die gemeinsame Aussprache über die folgenden drei Entschließungsanträge zu Albanien : B4-0831/98 von der ELDR-Fraktion-B4-0836/98 von der PSE-Fraktion-B4-0843/98 von der PPE-Fraktion Herr Präsident! Ich glaube, es ist sehr wichtig, daß das Europäische Parlament sich mit dem Thema Albanien befaßt. Ich bin voll einverstanden mit dem, was in der Entschließung vorgeschlagen wird, und möchte nur einen Punkt hinzufügen: Es ist völlig klar, daß in einem derart von Nationalismus und Gewalt geprägten Klima wie derzeit in Albanien und im Kosovo eine Opposition, die das ausnützt, zwangsläufig das Faß zum Überlaufen bringt. In dieser Situation ist es wichtig, daß wir eines klarstellen, daß nämlich die Europäische Union auf keinen Fall Grenzänderungen anerkennen wird, die mit Gewalt, von welcher Seite auch immer, betrieben werden. Denn das ist offenbar einer der wesentlichen Anlässe der Auseinandersetzung zwischen Opposition und Regierung in Albanien. Wir sollten jeder Seite gegenüber ganz deutlich machen, daß die Europäische Union mit Gewalt erzwungene Grenzänderungen niemals anerkennen wird! Herr Präsident, meine Damen und Herren, Herr Kommissar! Ich möchte hier folgendes sagen: Ich war als Wahlbeobachter bei den Wahlen in Albanien anwesend. Am Vorabend der Wahl hat Präsident Berisha eine Kollegin aus diesem Haus und mich empfangen und uns flehentlich gebeten, den Sozialisten nahezulegen, das Wahlergebnis anzuerkennen. Das Ergebnis der Wahlen, die viele Vertreter in diesem Haus trotz aller Probleme, die es dabei gegeben hat, als durchaus gerecht und fair bezeichnet haben, hat den Sozialisten eine absolute Mehrheit gebracht. Dann mußten wir jedoch erleben, daß Präsident Berisha und seine Demokratische Partei die Wahlen in Albanien nicht anerkannt haben. Das ist eine der wesentlichen Ursachen. Herr Karl Habsburg hat mir gestern unterstellt, ich würde die Rechtsordnung mißachten. Diesen Vorwurf weise ich zurück. Ich möchte niemanden für die gegenwärtige Situation in Albanien entschuldigen. Das Attentat ist wie jedes Attentat absolut zu verurteilen. Das ist im Parlament damals schon geschehen, und es ist auch von uns verurteilt worden. Doch es ist heute so, daß der frühere Präsident und einige Leute aus seiner Umgebung das Wahlergebnis der letzten Wahlen nicht anerkennen wollen. Deshalb pflichte ich dem Kollegen Frischenschlager völlig bei, der gesagt hat, die Europäische Union darf keine gewaltsame Änderung der Grenzen anerkennen, auch nicht im Kosovo, bei all den Problemen, auf die ich gestern eingegangen bin. Wenn wir damit anfangen, entsteht ein Flächenbrand im Balkan, der schlimmer wird als all das, was wir in den letzten Jahren gesehen haben. Genauso muß aber dieses Parlament Wahlergebnisse, die auf demokratischem Wege zustande gekommen sind, anerkennen. Ich würde die konservativen Freunde lieber bitten, dem ehemaligen Präsidenten Berisha und seinen Leuten nahezulegen, mit der Gewalt aufzuhören, Wahlergebnisse anzuerkennen und im albanischen Parlament friedich und kooperativ für eine bessere Zukunft dieses Landes zu arbeiten! Herr Präsident! Ich muß Ihnen ehrlich sagen, daß mich die Entschließung, die wir heute hoffentlich verabschieden werden und die wir auch in einer gemeinsamen Initiative verfaßt haben, etwas traurig stimmt, weil meine Fraktion im Laufe der letzten Monate stets versucht hat, eine Entschließung zu Albanien und zur Krise in Albanien durchzusetzen, was leider an manchen anderen Fraktionen im Parlament gescheitert ist. Die Tatsache, daß es erst der Ermordung von Herrn Azem Hajdari bedurfte, eines sicherlich charismatischen Oppositionsführers, bevor eine Entschließung verfaßt wird, in der auf die wirkliche Krisensituation hingewiesen wird, ist bestürzend, vor allem, wenn man bedenkt, daß dies das dritte Attentat auf Herrn Hajdari war. Eines fand im Parlament von Albanien und eines bei ihm zu Hause statt, wo man versuchte, ihn zu erschießen. Viele Leute schieben die ganze Schuld immer nur auf die Opposition. Daß dies wohl nicht ganz den Tatsachen entspricht, sieht man daran, daß bei uns die Entschließung erst nach der Ermordung eines Oppositionsführers eingereicht wurde. Ich möchte noch auf die Tatsache eingehen, daß hier immer nur von der demokratischen Partei in Albanien die Rede ist. Sie ist nicht die einzige Oppositionspartei. Es gibt insgesamt 7 Oppositionsparteien, die meistens mit einer Stimme sprechen und die uns gegenüber einhellig bestätigt haben, daß es so sauber und legal, wie die Regierung es oft darstellt, nicht zugeht. Selbstverständlich, Herr Swoboda, haben wir die Wahlen mehrheitlich anerkannt, trotz der Schwierigkeiten, die Sie erwähnt haben. Aber wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, daß diese Oppositionsparteien alle der Auffassung sind, daß vieles im rechtlichen Bereich, nicht nur bei der Opposition, sondern auch bei der Regierung, zweifellos sehr stark im Argen liegt und daß von allen Seiten mit den unglücklichsten Mitteln agiert wird, was die Situation zweifellos verschärft. Wir müssen, speziell wenn wir das Umfeld von Albanien betrachten, ganz klar von unserer Seite aus alles tun, um hier eine Stabilität herbeizuführen. Herr Präsident, wie bereits Herr Swoboda sagte, hat die Europäische Union Albanien bei der Einsetzung einer demokratisch gewählten Regierung geholfen, wobei das Ziel darin bestand, nach der Krise von vor einem Jahr demokratische Institutionen herauszubilden und zu stärken. Gegenwärtig haben wir eine neue Krise und wieder sind wir aufgerufen, eine Rolle zu spielen, und zwar, so denke ich, mit Entschlossenheit. Es ist richtig, daß wir Gewalt verurteilen, aus welcher Richtung sie auch immer kommt, aber wir können keine Politik des gleichen Abstands machen, denn so fördern wir die Entwicklung der demokratischen Institutionen nicht, und das Problem in Albanien besteht darin, daß eine Partei - die von Herrn Berisha - das Wahlergebnis nicht anerkennt. Wenn so etwas in unseren Ländern geschehen würde, hielten wir das für vollkommen undemokratisch. Meines Erachtens müssen wir heute die demokratische und verfassungsmäßige Ordnung in Albanien stützen. Denn ganz zu Recht hat Herr Swoboda betont, und auch ich möchte das unterstreichen, denn ich komme aus einem Land, das an Albanien grenzt, daß jede Krise, die dort ausbricht, Auswirkungen auf uns alle hat und daß jegliche Veränderung auf der politischen Bühne, die aus der Eskalation der politischen Gewalt hervorgeht, die politische Unsicherheit in Albanien verschärft, und nicht nur das, sondern dramatische Entwicklungen in der gesamten Region auslösen wird. Herr Präsident! Wenn ich von einer gewissen Seite höre, wie man ständig über Demokratie spricht, möchte ich die Herrschaften einmal daran erinnern, daß Fatos Nano selbst aus einer totalitären Partei stammt, daß er lange Zeit ein Diktator war, daß er dann gestürzt und wegen krimineller Tätigkeiten verurteilt wurde. Ich erwähne das deshalb, weil das von niemandem erwähnt wird! Ebenso wird viel zuwenig davon gesprochen, daß die Ereignisse sich jetzt aufgrund der Ermordung einer der führenden Persönlichkeiten der Opposition nach zwei Attentaten überstürzen. Alle Schuld einer Seite zuzuschieben, wie es eine gewisse Seite versucht, ist einfach falsch und heuchlerisch. Wir müssen darauf hinwirken, daß in Albanien endlich wieder Recht und Ordnung hergestellt werden. Die Regierung hat genauso gegen Recht und Gesetz verstoßen wie die Opposition. Daß dies natürlich sehr schwer sein wird, ist vollkommen klar, denn Albanien befindet sich in einer ganz gefährlichen Situation. Wir müssen uns ganz klar darüber sein, daß die Gefahr besteht, daß hier ein Flächenbrand entsteht, der aber nicht so sehr von Albanien ausgehen wird als vielmehr vom Kosovo. Im Kosovo haben wir bisher nichts wirklich Entscheidendes getan. Es wird immer wieder nur gedroht - ich brauche da nur an die verschiedenen Flugmanöver zu erinnern, die sowieso zu nichts geführt haben. Wir haben unsere Glaubwürdigkeit weitgehend eingebüßt, und wir sollten gegenüber dem Diktator Milosevic endlich entschlossener auftreten und uns stärker dafür einsetzen, daß im Kosovo eine Lösung gefunden wird. Dann wird sich die Lage in Albanien hoffentlich bald entspannen. Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, die Ermordung eines Politikers, welcher Seite er auch immer angehören mag, ruft bei jeder wirklich demokratisch eingestellten Person stets Abscheu hervor und zeigt - im spezifischen Fall - überdeutlich, wie dringend notwendig in Albanien ein Wiederaufbauprozeß auf politischer, institutioneller, kultureller, wirtschaftlicher, vor allem jedoch ethischer und moralischer Ebene ist. Wer, wie ich, Gelegenheit hatte, mit albanischen Flüchtlingen in Italien zu sprechen, weiß, daß sie vor allem dringend einen Staat brauchen, jenen Staat, dessen Wiederaufbau in einer Situation solcher Zerrissenheit schwierig ist. Die Europäische Union muß jedoch vor allem deswegen eingreifen, weil andernfalls die Gefahr besteht, daß die Aufnahme, die die Albaner in einigen Ländern, wie in Italien, finden, in Gleichgültigkeit, in eine allgemeine paternalistische Haltung umschlägt, die zu weiteren Problemen führen wird und nicht etwa dazu, diese zu lösen. Herr Präsident, nach den Ereignissen des vergangenen Jahres herrschte große Hoffnung, als endlich Lösungen demokratischer Natur durchgesetzt werden konnten und als aus den Wahlen und durch parlamentarische Koalitionen eine neue Regierung unter Fatos Nano, der unrechtmäßig inhaftiert worden war, hervorging. Dieser Regierung sind wichtige Schritte gelungen. Sie hat relative Ruhe im Land durchsetzen können. Sie hat die öffentlichen Finanzen in wichtigen Punkten wieder in Ordnung gebracht und die Verwaltung in wesentlichen Funktionen wiederhergestellt. Sie hat eine gemäßigte und realistische Außenpolitik betrieben, vor allem auch dank des Beistands und der Hilfe der internationalen Gemeinschaft und der Europäischen Union. Sie hat jedoch wichtige Reformen im Verfassungs- und Verwaltungsbereich noch nicht vollendet und sieht sich nun seit kurzem mit einer komplizierten Krise im Kosovo konfrontiert. Bei dieser Gelegenheit versuchen gewisse Kräfte in Albanien, Unruhe zu stiften und erneut die Macht zu beanspruchen, die sie erst vor kurzem verloren haben, wobei sie auch die nationalen Gefühle des albanischen Volkes benutzen und in eine Sackgasse steuern, nämlich in die nationalistische und irredentistische Richtung. Dabei benutzen sie die soziale und wirtschaftliche Lage des Landes wie auch die gemäßigte Haltung der Regierung gegenüber dem illegalen Besitz Tausender Waffen. Dieses abenteuerliche und verantwortungslose Verhalten legt Berisha mit seinen provozierenden Äußerungen und Initiativen an den Tag. So etwas ist gefährlich für Albanien und ganz Südosteuropa. Es destabilisiert die labile politische Ordnung in Albanien. Es beschwört gefährliche Eingriffe in die Krise im Kosovo herauf - das dürfen wir nicht vergessen. Es läßt neue Flüchtlingsströme erwarten, die wir in Griechenland und in Italien bereits sehen. Wir können die Legitimität der gewählten albanischen Regierung nicht untergraben, indem wir einen gleichen Abstand zu ihr und zu den bewaffneten Störenfrieden halten und gar eine neue Regierung unter Teilnahme auch der bewaffneten Gruppen fordern. Etwas anderes ist es, von der Regierung Albaniens zu fordern, daß sie Besonnenheit und Mäßigung bei der Festigung der demokratischen Ordnung und Legalität an den Tag legt. Derartige Zeichen hat sie bis jetzt erkennen lassen, und sie verdient es, daß wir sie im wirtschaftlichen und politischen Bereich auf jede Weise stärken. Herr Präsident, jedem, der etwas über die Situation in Albanien weiß, ist bewußt, daß diese dramatisch ist, sowohl auf sozialer und wirtschaftlicher als auch auf humanitärer Ebene, und er weiß auch, daß jetzt und in der Zukunft von der Regierung wie von der Opposition Zurückhaltung bei der Beilegung politischer Meinungsverschiedenheiten sowie Verhandlungsbereitschaft gefordert sind. Derzeit bedeutet das meiner Ansicht nach, daß die Regierung Fatos Nano alles unternimmt, um die Verantwortlichen für den Mord an Azem Hajdari zu finden, aber das bedeutet vor allem auch, daß Herr Berisha und die demokratische Partei die Provokationen der letzten Woche und ihre Polarisationsstrategie der letzten Monate beenden. Was vergangene Woche geschehen ist, ist ein Vorfall in einer langen Reihe von Vorfällen, die von Herrn Berisha in den vergangenen Monaten provoziert wurden, und ich denke, daß damit aufgehört werden muß. Ich will daher auch - ich hoffe, daß die Entschließung angenommen wird - jeden in diesem Parlament, der Herrn Berisha in der Vergangenheit unterstützt hat, auffordern, jetzt diese Botschaft, nämlich Zurückhaltung und Verhandlungsbereitschaft, zu überbringen, da dies die einzige Lösung für die Situation in Albanien ist. Herr Präsident, der Grund für die schreckliche Krise in Albanien - wie sie sich zuletzt in den Ereignissen dieser Tage gezeigt hat - liegt nach Ansicht von Alleanza Nazionale nicht nur in institutionellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Mängeln, sondern findet ihren humus und ihren offensichtlich unerschöpflichen Nährboden darin, daß es für einen Großteil der albanischen Bevölkerung keine staatsbürgerlichen Grundsätze und keine gültigen moralischen Bezugspunkte mehr gibt. Einige Unbeirrbare, die sich mit leidenschaftlicher Nostalgie nach Fünfjahresplänen und nach einer leuchtenden Zukunft entgegenschreitenden Massen zurücksehnen, besitzen die Dreistigkeit, die Schuld für die bestehende Situation den üblen Kapitalisten und der Marktwirtschaft zuzuschieben, doch ist es offenkundig, daß solche Katastrophen die Folge jahrzehntelanger kommunistischer Kollektivierung sind, in deren Rahmen Initiativen nur mit Billigung der ParteiNomenklatura ergriffen werden durften und jeglicher individuelle Unternehmungsgeist durch das schlimmste diktatorische Regime unter jenen westeuropäischen Regimen, in denen die kommunistische Doktrin galt, erstickt wurde. Im Lichte der heutigen Ereignisse stellen wir somit fest, daß die einzige Verteidigung, die dem albanischen Volk blieb, darin bestand, sich auf vorindustrielle und prädemokratische Werte wie clan und die jeweiligen Stämme zu berufen, während der Strom illegaler Arbeitnehmer nach Italien unaufhaltsam zu sein scheint. Weite landwirtschaftliche Flächen wurden in Drogenplantagen verwandelt, und der Handel mit Prostitution und gestohlenen Wagen floriert weiter unter der Regie der verschiedenen albanischen bosse . Eine erste politische Betrachtung, die wir anstellen können, ist, daß die internationale Mission unter Leitung Italiens ihr Ziel nicht erreicht hat, und die Gründe dafür lassen sich wahrscheinlich darin finden, daß sich die Mission selber Grenzen für ihre Interventionsmaßnahmen gesetzt hat, sowie in der unzureichenden Koordinierung zwischen den einzelnen Bestandteilen dieser Mission. Abschließend möchte ich bemerken, daß sich für die Europäische Union die unausweichliche Aufgabe zu einer gemeinsamen Bewältigung der sowohl an ihren Grenzen wie im Mittelmeerraum herrschenden Krise stellt. Herr Präsident, die Kommission ist natürlich äußerst besorgt über die jüngsten Ereignisse in Albanien. Die Ermordung von Azem Hajdari, dem bedeutenden politischen Führer der Demokratischen Partei, und die darauf folgenden Unruhen weisen auf die äußerst instabile Lage im Land hin. Durch die Zunahme der Gewalt gestaltet sich eine nationalen Versöhnung noch schwieriger, als sie es bis vor kurzem schon war. Aufgrund dessen ist es unerläßlich, und dem stimmen wir zu, sowohl für Ruhe und öffentliche Ordnung zu sorgen, als auch eine Untersuchung des Attentats und des nachfolgenden Aufruhrs durchzuführen. Gleichermaßen sollten sich alle Beteiligten in ihren Erklärungen und Taten Zurückhaltung auferlegen. Wir begrüßen die Tatsache, daß Herr Berisha bereits zur Mäßigung aufgerufen hat, obwohl der Antrag auf Amtsenthebung von Ministerpräsident Nano nicht zur Lösung der Situation beitragen wird. Genauso unangebracht erscheint uns der Antrag auf Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Herrn Berisha und anderen Abgeordneten der Demokratischen Partei, um diese dann festnehmen zu lassen, was natürlich zur Annahme verleitet, daß das Ziel der Unruhen ein Staatsstreich war. Dieser Meinung sind wir nicht. Darüber hinaus ist es wichtig, wieder ein Klima für einen politischen Dialog zu schaffen und hier müssen sowohl die vom Präsidenten, Herr Meidani, als auch die von Botschafter Everts im Namen der OSZE eingeleiteten Vermittlungsbemühungen unterstützt werden. Wir hoffen selbstverständlich, daß die Demokratische Partei aktiv an diesen Gesprächen teilnimmt. Das wesentliche Ziel der Strategie der Europäischen Union muß weiterhin die Unterstützung Albaniens bei der Verfolgung einer Politik der Stabilität, Erholung und Demokratisierung sein. Und die Frage der öffentlichen Ordnung und Sicherheit - das liegt auf der Hand - gehört zu den entscheidenden politischen Prioritäten. Wir erwarten, daß die WEU uns ein Dokument mit Möglichkeiten zur Stärkung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorlegen kann, damit wir feststellen können, welche Maßnahmen wir zusätzlich zu den bereits jetzt ergriffenen Maßnahmen noch unterstützen können. Eines ist sicher: Albanien gehört zu Europa, die Unsicherheit in Albanien trägt nicht zur Stabilisierung des Balkan bei. Es reicht uns schon das zur Genüge, was sich gegenwärtig im ehemaligen Jugoslawien und im Kosovo abspielt. Die gemeinsame Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet um 17.30 Uhr statt. Es folgt die gemeinsame Aussprache über die folgenden 15 Entschließungsanträge : Birma-B4-0820/98 von der ELDR-Fraktion- B4-0825/98 von der PPE-Fraktion- B4-832/98 von der ARE-Fraktion- B4-0849/98 von der V-Fraktion-Afghanistan-B4-0823/98 von der ELDR-Fraktion- B4-0833/98 von der ARE-Fraktion- B4-0838/98 von der PSE-Fraktion-Todesstrafe-B4-0841/98 von der PPE-Fraktion (Philippinen)- B4-0858/98 von der V-Fraktion (Philippinen)- B4-0817/98 von der ELDR-Fraktion (Gaza)- B4-0821/98 von der ELDR-Fraktion (El Salvador)-Kambodscha-B4-0842/98 von der PPE-Fraktion-Gleichberechtigung von Homosexuellen-B4-0824/98 von der ELDR-Fraktion- B4-0852/98 von der V-Fraktion-Sudan-B4-0819/98 von der ELDR-Fraktion-Birma Herr Präsident, wir sind zum dritten Mal in diesem Jahr gezwungen, eine Dringlichkeitsdebatte über die sich verschlechternde Lage in Burma zu führen. Zum dritten Mal in diesem Jahr fordern wir von Kommission und Rat weitergehende Maßnahmen gegen eines der übelsten Regime in der Welt. Ich nenne einige Praktiken. Mitglieder der Opposition werden systematisch ergriffen, gefangen genommen, verschwinden, werden gefoltert, werden umgebracht. Allein in den vergangenen zwei Wochen wurden 187 Mitglieder der NLD, der Partei von Aung San Suu Kyi, festgenommen und inhaftiert. Damit steigt die Gesamtzahl der inhaftierten Parlamentsmitglieder und Parteiführer dieser Partei seit Anfang dieses Jahres auf 783, unter denen sich 196 gewählte Parlamentsmitglieder befinden. Aung San Suu Kyi selbst wird permanent bei ihren Aktivitäten behindert. Wir haben in diesem Sommer gesehen, wie sie zweimal auf einer Brücke außerhalb Ranguns festgehalten wurde. Wir haben gesehen, wie es ihr unmöglich gemacht wurde, zu ihren Anhängern zu sprechen. Erst gestern wurde sie erneut von den Militärbehörden bedroht, die ihr mitgeteilt haben, daß sie nicht länger gegen die Militärregierung agieren dürfe, da sie sonst ebenfalls inhaftiert würde. Was unternimmt die Europäische Union? In der Zwischenzeit geht die Repression gegen die burmesischen Minderheiten einfach weiter. Sie werden in großem Rahmen für Zwangsarbeit eingesetzt und so schlecht behandelt, daß inzwischen 130.000 Menschen das Land verlassen haben und sich in Flüchtlingslagern in Thailand, Malaysia und Bangladesch aufhalten. Ich habe zwei Wochen lang diese Lager besucht. Die furchtbaren Geschichten haben mich erschreckt. Wie sieht eigentlich die Rolle der Europäischen Union bei der Rückkehr der Flüchtlinge aus Bangladesch aus, die sofort danach für Zwangsarbeit eingesetzt werden? Was tut die Europäische Union dagegen? Ein weiterer Punkt ist die riesige, oft erzwungene Produktion von Drogen durch die burmesischen Bauern, durch die Burma inzwischen der größte Exporteur von Drogen in der Welt geworden ist, größer als zum Beispiel Kolumbien. Was unternimmt die Europäische Union dagegen? Wir haben zwar etwas unternommen, aber zugleich muß ich sagen, daß sich die Situation nicht geändert hat. Unser dringender Wunsch - ich spreche diesen Wunsch hier auch im Namen des ganzen Parlaments aus - ist es, daß Maßnahmen ergriffen werden, wie sie auch die Vereinigten Staaten befürworten, und das bedeutet einen Investitionsstop, einen Wirtschaftsboykott. Das scheint das einzige Mittel zu sein, das dieses schreckliche Regime auf andere Gedanken bringen kann. Kommission, unternehmen Sie etwas, legen Sie dem Rat Vorschläge vor, und lassen Sie den Rat Maßnahmen treffen. Herr Präsident, Herr Kommissar, bereits seit zehn Jahren ruft Aung San Suu Kyi zur Demokratisierung in Burma auf. Wir haben uns daran gewöhnt. Seit zehn Jahren wird ihrer Partei und ihr selbst das Leben unmöglich gemacht. Ihre Aktivitäten haben zum Glück die Weltpresse erreicht, aber ab und zu muß sie doch eigenartige Initiativen ergreifen und an seltenen Orten auf- oder untertauchen, um weiterhin in der Weltpresse zu erscheinen. Zum Glück haben jetzt die Studenten die Fackel übernommen und Tausende von ihnen haben sich erhoben, um der blutigen Niederschlagung vom August 1988 zu gedenken. Das war die größte Demonstration seit 1996. Die internationale Gemeinschaft darf Burma nicht vergessen. Zu Recht ist Burma eines der nur fünf Länder, die keine Beziehungen mit unserer Union haben. Aber wir, Frau Maij-Weggen hat das richtig gesagt, müssen weitergehen. Die Unterdrückung der Demokratie und der Menschenrechte rechtfertigt einen Wirtschaftsboykott. Das ist ganz einfach. Ausländische Investoren sind die Lebensader dieses Militärregimes, und die Hälfte des Geldes, das die Junta damit verdient, fließt in die Armee. Wir müssen weitermachen, sonst wird der Druck auf das Regime nichts bewirken. Herr Präsident, Herr Kommissar, ich werde nicht darauf zurückkommen und es auch nicht erneut betonen, daß unsere Entschließung selbstverständlich die Militärjunta in Birma verurteilt, die Freilassung der politischen Gefangenen fordert - darunter die zahlreichen Abgeordneten, die 1990 gewählt und vor wenigen Tagen verhaftet wurden -, die Teilnahme Birmas an den Versammlungen EU-ASEAN und ASEM ablehnt und die Europäische Union - aufgrund eines berechtigten und von uns akzeptierten Änderungsantrags, dem 7a - dazu auffordert, keinen Beitrag zu dem umstrittenen Projekt des UNDCP in Birma zu leisten. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um darauf hinzuweisen, daß ich im Rahmen des Ausschusses für Entwicklung und Zusammenarbeit am 2. September im Namen der Fraktion der Radikalen Europäischen Allianz vorgeschlagen habe - der Vorschlag wurde vom Ausschuß angenommen -, die Operation "Tausend Abgeordnete für Birma" zu lancieren. Tausend Abgeordnete, auf Vorschlag von Michel Rocard, das heißt Abgeordnete der Europäischen Union, der fünfzehn in dieser Versammlung vertretenen Länder der Europäischen Union - und ich fordere alle meine Kolleginnen und Kollegen dazu auf, sich der Operation anzuschließen, die wir lancieren werden - sowie der Interparlamentarischen Union, damit diese Junta, die taub und blind ist und lediglich vom Mohnhandel lebt, endlich versteht, daß sie einer großen Mehrheit von Vertretern der demokratischen Systeme aus aller Welt gegenübersteht. Dies ist außerdem die beste Unterstützung, die wir Aung San Suu Kyi, dieser wunderbaren Frau, diesem Symbol für Freiheit und Demokratie, zukommen lassen können. Herr Präsident, es gibt drei Bereiche, auf die wir in Birma Einfluß nehmen müssen, damit sich die Regierung ändert: Drogen, Öl und Tourismus. Diese drei Bereiche wurden in einer kürzlich im britischen Fernsehen übertragenen Reportage über Birma von John Pilger hervorgehoben. Er filmte heimlich die Sklavenarbeit von Gefängnisinsassen, die sie bei neuen Touristikprojekten unter Beaufsichtigung bewaffneter Wärter verrichten müssen - eine Wiederholung des Brückenbaus unter der japanischen Schreckensherrschaft im zweiten Weltkrieg. Wir müssen dem ein Ende setzen und uns für den Boykott aller touristischen Entwicklungen in Birma einsetzen und auch alle anderen zu diesem Boykott aufrufen. Die Europäische Union hat hier eine besondere Verantwortung, weil die Hauptinvestoren in Birma aus Europa stammen. Premier Oil aus Großbritannien und Total aus Frankreich sind die Hauptinvestoren im Ölgeschäft. Wenn sich die USRegierung genauso aktiv darum bemühen würde, dem Drogenhandel aus Birma Einhalt zu bieten wie sie dies in Südamerika tut, wäre schon viel gewonnen. Wenn wir also diese drei Aspekte in Angriff nehmen, können wir dem Staatsrat zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung SLORC in Rangun hoffentlich davon überzeugen, daß die Zeit für Veränderungen und die Rückkehr zur Demokratie gekommen ist. Herr Präsident, ich möchte meine verehrten Kollegen nur darauf aufmerksam machen, und ich tue das im Namen meiner Fraktion, daß sie unter Punkt 2 die Kommission in einem Punkt kritisieren, was wir bislang in diesem Parlament niemals getan haben; bisher haben wir Rat und Kommission nämlich immer unterstützt, wenn sie sich gegen extraterritoriale Handlungen ausgesprochen haben. Sie erinnern sich mit Sicherheit an die lebhaften Debatten, die wir hier in diesem Hause über Helms-Burton und d'Amato geführt haben. Wir haben wirklich sehr viele Debatten geführt, und die Kommission und der Rat hatten immer unsere volle Unterstützung. Ich möchte Sie ganz herzlich bitten, daß Sie den Punkt 2, in dem "kritisieren" steht, abändern in "stellen fest, daß" . Das ist eine neutrale Bemerkung. Sie würde mit unserer gesamten Politik auf einer Linie liegen. Wenn Sie dem nicht zustimmen können, werden wir in Gefahr geraten, zukünftig unsere Politik gegenüber den Vereinigten Staaten, die im übrigen einem Trend folgen - und der Staat Massachusetts folgt diesem amerikanischen Trend nur -, nicht mehr erläutern zu können. Das macht unsere Politik unlogisch, was dazu führen wird, daß die Amerikaner lächelnd auf uns herunterschauen und wir uns lächerlich machen. Ich bitte Sie ganz herzlich, diesen Punkt abzuändern. Ich würde mich freuen, wenn die Grünen und auch die konservativen Kollegen des Hauses dieses unterstützen könnten. Ich glaube, hier ist wahrscheinlich schlichtweg nur ein kleiner Fehler passiert. Ich glaube nicht, daß hier im Haus auf einmal eine andere politische Vorstellung herrscht als in allen anderen Entschließungen und Beschlüssen, die wir bislang gefaßt haben. Afghanistan Herr Präsident, der tragische Tod von Oberst Calò, einem UN-Beamten, ist der neunte tödliche Zwischenfall in Afghanistan seit Beginn des Jahres. Vor aller Augen ist die inakzeptable Behandlung der afghanischen Frauen und ganz allgemein die Vorenthaltung der Menschenrechte. Für den Westen und insbesondere für die Europäische Union besteht die Gefahr, daß sie aufgrund eines falsch verstandenen Respekts gegenüber anderen Kulturen als der unsrigen dem afghanischen Problem waffenlos gegenüberstehen werden. Menschenrechte sind Grundrechte, und die Regeln des Rechtsstaats sind grundlegende Regeln, die über jeglicher Kultur stehen. Wir müssen den Mut besitzen, dies mit Nachdruck zu bekräftigen, damit sich das Taliban-Regime, das unter Anerkennung nur sehr weniger Staaten eingesetzt wurde, bald vor die Alternative gestellt sieht, entweder einen anderen Kurs einzuschlagen oder abzutreten. Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir sollten uns nicht allzu eingehend mit der Beschreibung des von den Taliban eingesetzten Systems befassen. Wir wissen, was dieses System hinsichtlich der Verletzung der Grundrechte bedeutet. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit, und insbesondere diejenige des Herrn Kommissar sowie des Rates, der - wie wir betonen müssen - nicht anwesend ist, auf ein Problem lenken, das nicht nur Afghanistan betrifft, sondern auch - Frau Maij-Weggen hat vorhin im Zusammenhang mit Birma darüber gesprochen - die großen Programme zur Vernichtung der Drogenanbaugebiete. Frau Maij-Weggen hat bereits gesagt, daß in Birma die Drogenanbaugebiete immer größer werden. In Afghanistan sieht es genauso aus. Und dies trotz großer und sehr kostspieliger Programme, die von einem Taliban besonderer Art, Herrn Harlaki vom UNDCP, umgesetzt werden. Folglich fordern wir den Rat und die Kommission in unserer Entschließung dazu auf, zu intervenieren, damit diese ineffizienten und sehr kostspieligen Programme zumindest in den diktatorischen Ländern wie Afghanistan und Birma so schnell wie möglich gestoppt werden. Herr Präsident, die Machtergreifung durch die Taliban in Afghanistan ist eine Katastrophe für die gesamte afghanische Bevölkerung. Im ganzen Land herrscht nun ein Regime, das die internationalen Menschenrechtskonventionen mißachtet, Frauen erniedrigt und ihnen jegliche schulische und berufliche Bildung und Ausbildung verweigert. Das Taliban-Regime hat einen großen Teil des afghanischen Kulturerbes zerstört und moslemische Mitbürgerinnen und -bürger grausam niedergemetzelt, weil sie als Schiiten der Hazar-Minderheit in Mazar-I-Sharif angehörten oder iranische Nationalität hatten. Dieses Regime verbreitet Terror in Afghanistan selbst und über die Landesgrenzen hinaus, bedroht und mordet sogar Mitarbeiter der UNO, die der Not im Land abzuhelfen versuchen. Während wir mit Bedauern zur Kenntnis nehmen, daß dieses Regime von Pakistan, Saudi-Arabien und den Arabischen Emiraten anerkannt und unterstützt wird, tragen all die Länder, die bereits in der Vergangenheit um Intervention bemüht waren - einschließlich nicht nur der ehemaligen Sowjetunion, sondern auch der Vereinigten Staaten von Amerika und anderer westlichen Ländern - die Verantwortung für die Ereignisse in diesem unglückseligen Land. In der jetzigen Zeit ist es absolut notwendig, die Grausamkeiten und groben Menschenrechtsverletzungen der Taliban zu verurteilen und zu fordern, daß dieses Regime von niemandem anerkannt wird, bevor es sein Verhalten nicht völlig geändert hat. Die Länder, die das Taliban-Regime anerkannt haben, müssen derart unter Druck gesetzt werden, daß sie ihre Beziehungen zu ihm abbrechen und der Druck auf das Regime somit weiter zunimmt. Humanitäre Hilfe für die Notleidenden muß im Rahmen des Machbaren unter der Voraussetzung weiterhin geleistet werden, daß den Hilfsorganisationen bei der Lieferung und Verteilung der Hilfsgüter ausreichend Schutz gewährt wird. Unsere Aufgabe ist es, mit Hilfe der Vereinten Nationen eine friedliche Lösung zu finden und eine militärische Intervention des Iran zu verhindern. Dabei darf jedoch keinerlei Kompromiß mit dem menschenverachtenden Regime der Taliban geschlossen werden. Unser erklärtes Ziel muß die nachdrückliche Forderung nach voller Anerkennung der Menschenrechte in Afghanistan sein. Herr Präsident, Afghanistan und kein Ende! Wenn die Taliban in Afghanistan nicht schon den Ruf hätten, keinerlei Rechte zu achten, so müßte man täglich erneut daran erinnern. Wer, außer den Machthabern, d.h. die im Besitz von Gewehren sind - hat noch Rechte in diesem Land, das einst das Land der Freien genannt wurde? Menschenverachtung, vor allen Dingen aber Verachtung der Frauenrechte, der politischen Rechte ist schon schlimm, Terrorismus und Massaker aus ethnischen Gründen, Morde sind noch schlimmer. Die Verweigerung der humanitären Hilfe für das eigene Volk ist aber wohl mit das Schlimmste. Vom Drogenanbau wurde schon gesprochen. Wir unterstützen voll die Forderung dieser Entschließung, die Europäische Union, aber auch die UNO, die UNDP aufzufordern, ihre Programme zu revidieren und neue Maßnahmen einzuführen, damit das Geld, das wir wirklich dringend in anderen Bereichen gebrauchen könnten, nicht an die Falschen gerät! Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Härte des Regimes der Taliban, das umfassende Ausmaß der Unterdrückung, die Verletzung elementarer Menschenrechte, aber auch die internationalen Auswirkungen und die Gefahr einer Eskalierung des Konflikts über Afghanistan hinaus, nimmt von Tag zu Tag zu. Das Europäische Parlament muß deshalb die internationale Staatengemeinschaft dazu aufrufen, endlich ein kohärentes Vorgehen an den Tag zu legen. Vorrangig muß sein, den internationalen Hilfsorganisationen den notwendigen diplomatischen Schutz zu gewähren, damit diese ihre Arbeit zugunsten der notleidenden afghanischen Bevölkerung weiterführen können. Das setzt ein entschiedenes und kohärentes Auftreten der internationalen Gemeinschaft voraus. D.h., es muß versucht werden, jegliche Art der Unterstützung an das Taliban-Regime zu unterbinden. Die EU muß Druck auf jene Staaten ausüben, die immer noch nicht davor zurückschrecken, aufgrund eines zynischen politischen Kalküls die Taliban zur Durchsetzung ihrer Interessen zu benutzen. Todesstrafe Herr Präsident! Wir haben hier drei Entschließungen zur Todesstrafe auf den Philippinen, im Gazastreifen und zu El Salvador. Dreimal Todesstrafen in drei verschiedenen Kontinenten. Die Vollstreckung der Todesstrafe ist endgültig nicht korrigierbar, aber die Gründe, warum sie verhängt wird, sind vielfältig und durchaus manchmal korrigierbar. Im Sinne der Rechte der Menschen dürfte es also die Todesstrafe nicht geben. Wir haben uns hier im Parlament stets gegen die Todesstrafe gewandt, und wir fordern daher alle drei Länder auf, nicht nur die verhängten Todesstrafen nicht zu vollstrecken, sondern sie in ihren Gesetzen abzuschaffen oder erst gar nicht einzuführen. Auf den Philippinen wurde sie seit 1976 nicht mehr verhängt. Im Gazastreifen kritisierten Menschenrechtsorganisationen sowohl das Verfahren als auch die Vollstreckung. In El Salvador liegt der Fall etwas anders. Hier soll sie eingeführt werden, allerdings ist dafür eine Dreiviertelmehrheit erforderlich, weshalb es wohl überhaupt nicht zur Abstimmung kommt. Wir sollten also eigentlich über diese Sache gar nicht abstimmen, aber für den Fall einer Abstimmung möchten wir die Fraktionen bitten, unseren Änderungsantrag anzunehmen, denn wir knüpfen auch sonst unsere Zusammenarbeit nicht an diese Fragen, und wir sollten hier für Gleichbehandlung sorgen. Aber unsere deutliche Forderung, die Todesstrafe gar nicht erst einzuführen oder sie abzuschaffen, bleibt bestehen. Herr Präsident! Die Würde des Menschen ist unantastbar, die Motive der Todesstrafe sind unwürdig. Ich glaube, darüber ist sich dieses Haus einig. Recht auf Leben, gegen staatliche Tötung unter dem Vorwand der Strafe, Risiko des Justizirrtums, weit überproportionale Betroffenheit der Armen und Menschenrechtsverletzungen durch die Strafverfolgungsbehörden sind wenigstens auf den Philippinen, wo 600 Todeskandidaten warten, Argumente dafür, das Moratorium einzuhalten und an den neu gewählten Präsidenten zu appellieren, seine Autorität dafür einzusetzen und am Ziel der Abschaffung der Todesstrafe festzuhalten. Das widerliche Verbrechen des Leo Echegaray darf nicht als Vorwand und Blockadebrecher dafür dienen, diese Politik zu unterlaufen. Ich denke, da sollten wir uns einig sein, und da sollten wir uns gemeinsam einsetzen. Herr Präsident, die Fraktion der Liberalen ist ein entschiedener Gegner der Todesstrafe. Es gibt keine Straftat, die einen Mord rechtfertigt. Außerdem ist sie als strafrechtliches Instrument sicher nicht effektiv. Das gilt nicht nur für Europa, sondern auch für den Rest der Welt. Darum ist meine Fraktion sehr besorgt über die neuen Entwicklungen in den palästinensischen Gebieten. Zwei Menschen wurden dort kürzlich exekutiert, und Präsident Arafat hat sein Recht auf Änderung des Urteils nicht genutzt, obwohl er darum gebeten wurde. Während weltweit die Bewegung gegen die Todesstrafe immer mehr Unterstützung erhält, schlagen die Palästinenser die andere Richtung ein. Zum Glück gibt es innerhalb der palästinensischen Gemeinschaft viel Kritik, und hoffentlich wird die in- und ausländische Kritik Arafat und die Seinen davon überzeugen, keine Exekutionen mehr durchführen zu lassen und die diesbezüglichen Gesetze zu ändern. Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Ich möchte insbesondere auf den Entschließungsantrag der Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas zu einem Problem eingehen, das uns besorgt: die mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe in El Salvador. Dies würde einerseits eine Verletzung der am 23 Juli 1978 ratifizierten amerikanischen Menschenrechtskonvention durch El Salvador bedeuten, andererseits würde es - wie sowohl Kollege Bertens als auch Frau Lenz festgestellt haben - im Widerspruch zu der Position der europäischen Institutionen und dieses Parlaments stehen. Ich glaube, dies ist der richtige Augenblick, unsere Bestürzung darüber auszudrücken, daß dieses Thema durch den Präsidenten Armando Calderón im Parlament von El Salvador am 27. Juli auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Hoffen wir, daß er damit keinen Erfolg haben möge; meiner Meinung nach wäre es jedoch gut, dem Parlament von El Salvador ein Zeichen unserer Ablehnung in dieser Frage zu geben und ferner zu erklären, daß wir den Änderungsantrag der Fraktion der Europäischen Volkspartei unterstützen. Herr Präsident! Unsere Partei besitzt in der Frage der Ablehnung und der Bekämpfung der Todesstrafe eine lange Tradition. Der Grund dafür liegt in unserer Überzeugung, daß bei einem so grundlegenden Recht aus einer gemäßigten Position eine Untugend wird, wenn man es ablehnt, Verantwortung zu übernehmen. Deswegen lehnen wir die Todesstrafe ab, aber nicht nur in El Salvador. Wir lehnen sie in China ab und wir lehnen sie in den Vereinigten Staaten ab, denn wir sind der Meinung, daß, wenn etwas im Hinblick auf die Menschenrechte kundzutun ist, dann ist dies ihr weltumspannender, universeller Charakter. Daher scheint es mir wichtig, daß dieses Parlament bei der Ausübung seiner internationalen Tätigkeiten nicht zweierlei Maßstäbe anlegt. Zum Beispiel haben wir diese Woche den Entwurf für die transatlantischen Beziehungen erörtert, und es ist niemandem eingefallen, die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten in Frage zu stellen, wo die Todesstrafe - und zwar sehr häufig - angewandt wird, noch hat irgend jemand Bedingungen für die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten gestellt. Deswegen, Herr Präsident, verurteilen wir ebenso nachdrücklich, wie wir die Todesstrafe verurteilen, den Inhalt von Ziffer 2 der Entschließung, in der für die Kooperation mit einem Land, mit einem souveränen Staat, wie es El Salvador ist, das zudem ein zuverlässiger und aktiver Partner der Europäischen Union ist, Bedingungen gestellt werden. Herr Präsident, ich möchte sofort auf die Bemerkungen von Frau Lenz und Herrn Salafranca und natürlich von Kollege Gasòliba folgendes antworten: Was in El Salvador geschieht, erscheint uns als eine gefährliche Entwicklung, ein falsches Signal des Präsidenten, der die Reichweite der Todesstrafe ausdehnen wollte. Ich denke nicht, daß es die Absicht von Präsident Calderón und des Parlaments von El Salvador gewesen sein kann, gegen die amerikanische Menschenrechtskonvention von 1978 zu verstoßen, denn die verbietet das. Ich kann die Kolleginnen und Kollegen der PPEFraktion insoweit beruhigen, daß die Fraktion der Liberalen natürlich für den Änderungsantrag stimmen wird, in dem ein Zusammenhang hergestellt wird zwischen europäischer Hilfe und europäischen Beziehungen und der möglichen unverhofften Annahme dieses Gesetzes. Mit anderen Worten, wir entsprechen dem Ersuchen von Frau Lenz. Herr Präsident! In der Tat reden wir bei diesen drei Entschließungsanträgen von konkreten Situationen, die zweifellos inakzeptabel sind: sowohl die Hinrichtungen in den von Präsident Arafat verwalteten Gebieten als auch die Vorschläge, über die in El Salvador und auf den Philippinen eine Debatte geführt wird. Im letzteren Fall hat Amnesty International beklagt, daß infolge der Aufhebung der Aussetzung des Vollzugs der Todesstrafe eines der ersten Opfer ein Taubstummer sein könnte, der nicht einmal die während der Verhandlung vorgebrachten Anschuldigungen verstehen und natürlich somit auch nicht seinen Standpunkt darlegen konnte. Kurzum, es stellt sich das allgemeine Problem, daß wir an diesem 50. Jahrestag der Allgemeinen Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen einen gewaltigen Rückschritt erleben können, wenn in zwei dieser drei Länder die Aussetzung des Vollzugs der Todesstraffe abgeschafft wird, in einem die Tatbestände für die Vollstreckung der Todesstrafe ausgedehnt werden und in einem anderen die Anzahl der Vollstreckungen zunimmt. Ich stimme mit den Worten des Kollegen Salafranca überein, der mit Nachdruck die Todesstrafe verurteilt hat. Kambodscha Herr Präsident, meine Fraktion hat in der Tat eine dringliche Entschließung zu Kambodscha eingebracht, um im wesentlichen drei Dinge zum Ausdruck zu bringen. Erstens waren zwar die Bedingungen, unter denen die Wahlen vom 26. Juli abgelaufen sind, nicht in vollem Umfang zufriedenstellend, bei weitem nicht, aber es ist wohl allen klar, daß man auf der Ablehnung dieser Wahlen keine demokratische und friedvolle Zukunft in Kambodscha wird aufbauen können. Es muß sich also jeder damit arrangieren, auch wenn, ich wiederhole es noch einmal, die Wahlumstände nicht zufriedenstellend waren. Zweitens ist infolge des Wahlausgangs keine politische Partei in der Lage, nach den Regeln der Verfassung alleine die Macht zu übernehmen. Dies schafft für die drei wichtigsten Parteien die verfassungsmäßige, politische und moralische Verpflichtung, sich untereinander zu einigen. Diese Parteien müssen somit die erforderlichen Anstrengungen unternehmen und die Initiativen ergreifen, die zum Erreichen eines Kompromisses unter der Autorität des Königs unerläßlich sind. Im übrigen wurden seit der Vorlage dieser Entschließung - vielleicht ist dies ein Zeichen für die Effizienz dieses Parlaments - unbestreitbare Fortschritte in der Zusammenarbeit zwischen den drei Parteien erzielt. Dritte Anmerkung: im Laufe der letzten Wochen haben die Regierungsbehörden der Khmer ein sehr beunruhigendes Verhalten an den Tag gelegt. Sie müssen wissen, daß wir es innerhalb dieser Union nicht freiwillig akzeptieren werden, wenn der Geist der Abkommen von Paris in Frage gestellt wird; dasselbe gilt für die Grundrechte der Opposition auf freie Meinungsäußerung und Demonstrationen. Wir werden es nicht akzeptieren, daß die Oppositionsführer in ihrer Freiheit oder in ihrer Person bedroht werden. Wir haben einen wichtigen Hebel dafür: die europäische Hilfe, die internationale Hilfe. Nach unserem Verständnis ist diese Hilfe, dies muß erneut bekräftigt werden, grundlegend verknüpft mit der Einhaltung der Abkommen von Paris sowie mit der Wiederherstellung - von seiten aller beteiligten Parteien, und insbesondere von seiten der Partei, die über die Streitkräfte verfügt - einer Geisteshaltung, die geprägt ist von Kompromissen und zwischenparteilichen Vereinbarungen, die zur Wiederherstellung des bürgerlichen Friedens geeignet sind. Herr Präsident! Wie Sie sicherlich wissen, war ich im Auftrag dieses Parlaments als Wahlbeobachterin in Kambodscha. Ich muß sagen - und dies stimmt überein mit der Ansicht von 96 % der europäischen Beobachterinnen und Beobachter und mit 93 % der sonstigen internationalen Beobachterinnen und Beobachter -, daß die Wahlen im wesentlichen gerecht und fair verlaufen sind. Das Elend liegt darin, wie auch im Fall Albanien, daß die Unterlegenen nicht bereit sind, dieses Wahlergebnis anzuerkennen. Es gibt jedoch eine erfreuliche Wendung: Die zweitgrößte Partei, die Royalisten der FUNCINPEC haben ihren Boykott gegen das Parlament aufgegeben und werden an der parlamentarischen Arbeit teilnehmen. Das heißt noch nicht, daß sie zu einer gemeinsamen Regierungsverantwortung bereit sind, aber immerhin hat damit eine maßgebliche Kraft dieses Landes ihren Boykott eingestellt, was sehr zur Befriedung der Verhältnisse in diesem Land beitragen kann. Und das ist es, was das Land am dringendsten braucht und was wir von unserer Seite unterstützen müssen. Ich bedaure, daß ich keine näheren Ausführungen dazu machen kann. Wir können uns der Entschließung anschließen, aber ich bitte um eine Ergänzung, die auf die neueste Entwicklung Rücksicht nimmt, die ja doch in eine positive Richtung weist. Herr Präsident, ich frage mich wirklich, ob freie und zuverlässige Wahlen in Kambodscha stattfinden konnten. Ich war selbst vor vier Jahren Beobachter bei den von den Vereinten Nationen organisierten Wahlen, der größten UN-Friedensoperation in diesem Gebiet. In einem Land, in dem jahrelang politische Führer fehlten und sogar nicht willkommen waren, kann kaum von einem neutralen politischen Klima gesprochen werden. Die Art und Weise, in der den Medien der Zugang zu einer Reihe von politischen Parteien, die nicht an der Regierung waren, verweigert wurde, war vielsagend. Die Ergebnisse sind deutlich. Wer auch der Sieger gewesen ist, eines ist klar: Die Demokratie und die Bürger Kambodschas sind vorläufig noch immer die Verlierer. Politische Demonstrationen sind eine logische Folge davon. Wir haben das sehen und hören können, und vorläufig können wir nur ganz einfach, aber ganz aufrichtig zum Dialog und zur Zurückhaltung aller beteiligten Parteien aufrufen. Hun Sen muß wissen, daß er internationale Unterstützung vergessen kann, wenn er seinen Kurs weiter verfolgt: keine Koalition, sondern nur selbst regieren. Ich kann Ihnen sagen, daß ich dem zu spät eingereichten Änderungsantrag von Frau Junker zustimme. Gleichberechtigung für Homosexuelle Herr Präsident! Das Europäische Parlament bemüht sich seit vielen Jahren, diskriminierende Strafrechtsbestimmungen hinsichtlich gleichgeschlechtlicher Beziehungen aus der Welt zu schaffen, und zwar mit großem Erfolg, weil nach und nach alle Mitgliedsländer der Europäischen Union derartige Bestimmungen beseitigt haben, allerdings mit einer Ausnahme, der Republik Österreich. Ich bedaure das ausdrücklich und hoffe daher sehr, daß mit großer Mehrheit für die hier zur Debatte stehende Entschließung abgestimmt wird. Ich möchte eines hinzufügen: Die Europäische Union wird ja stets als Wertegemeinschaft bezeichnet, und die Menschenrechte gehören dazu. Daher halte ich es gerade bei Menschenrechtsfragen für wirklich verwerflich, wenn bei einer derartigen Debatte der Einwand der Einmischung in eine innere Angelegenheit verwendet wird. Das ist in diesem Fall geschehen, und ich halte es für wichtig, daß das Europäische Parlament in Menschenrechtsfragen konsequent bleibt und seine Stimme erhebt, auch wenn dies für mein eigenes Land unangenehm ist. Die Menschenrechte sind wesentlicher Bestandteil der Europäischen Union, und gerade im Hinblick auf die EU-Erweiterung ist es wichtig, daß die jetzigen Mitglieder in Sachen Menschenrechte eine reine Weste haben. Dem dient diese Entschließung! Herr Präsident, meine Damen und Herren! Während wir hier im Europäischen Parlament diskutieren, werden die Verfasser dieser Entschließung in Österreich von den Christdemokraten in der Öffentlichkeit als Nestbeschmutzer beleidigt. Dieser Verleumdungen ungeachtet glauben wir, daß die Menschenrechte unteilbar sind. Dieses Parlament ist eine verläßliche Stimme für die Menschenrechte, aber manchmal hat man den Eindruck, daß die Lautstärke dieser Stimme mit dem Quadrat der Entfernung wächst, und daß sie leiser wird, je näher der Ort der Menschenrechtsverletzung liegt, und wenn es dann in den eigenen Reihen passiert, wird diese Stimme oft beinahe unvernehmlich. Dieses Parlament, die Europäische Kommission für Menschenrechte und der Europarat haben die verschiedenen Mindestalter für hetero- und homosexuelle Handlungen bereits in zahlreichen Entschließungen und Erklärungen als Verletzung der Menschenrechte bezeichnet. Es ist nicht akzeptabel, daß Länder sich diesen Menschenrechten entziehen und ihre traditionellen Ressentiments, ihre moralisierende Vermessenheit und Hybris weiter an unschuldigen Menschen praktizieren und die Privatsphäre von Menschen auf das Äußerste verletzen, um ihre Ressentiments weiter zu pflegen. Ich glaube, daß es an der Zeit ist, diese Parteien hier im Europäischen Parlament mit der selben Unduldsamkeit zu behandeln, wie wir andere Menschenrechtsbrecher auf der Welt behandeln! Herr Präsident, im Namen meiner Fraktion darf ich ausdrücklich die Tatsache begrüßen, daß es heute zu einer Diskussion über jene Diskriminierungen kommt, die aufgrund der sexuellen Orientierung noch immer bestehen, sowohl in einigen unserer Mitgliedstaaten als auch in den beitrittswilligen Staaten. Als österreichische Abgeordnete bedauere ich es - ebenso wie meine Vorredner -, daß es auch in meinem Land bisher nicht gelungen ist, eine der zentralen Diskriminierungen, nämlich die des unterschiedlichen Schutzalters für Hetero- und Homosexuelle, aus dem Strafgesetzbuch zu eliminieren. Frau Kollegin Flemming, der Schutz der Mädchen sollte uns genauso ein Anliegen sein wie der Schutz der Jungen. Wiederholte Versuche in unserem Parlament sind am Widerstand der konservativen Parteien gescheitert. Das führt dazu, daß wir allein in Österreich jährlich noch ca. 20 gerichtliche Verurteilungen nach diesem diskriminierenden Tatbestand haben. Wir geben damit kein gutes Beispiel für jene Länder, die der Union beitreten wollen und von denen wir auf diesen wie auf vielen anderen Gebieten immer wieder die Einhaltung höchster Standards fordern. In der Debatte wird von gewissen politischen Gruppen immer verneint, daß es sich beim Recht auf Nichtdiskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung um ein Menschenrecht handelt. Nicht erst seit der Entscheidung der europäischen Menschenrechtskommission im Fall Sutherland ist diese Frage aber eindeutig positiv beantwortet, und es wurde klargestellt, daß ein unterschiedliches Schutzalter gegen den Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt. Ebenso wenig kann ich die Argumentation nachvollziehen, daß sich Organe der EU und speziell das Europäische Parlament mangels Kompetenz mit dieser Frage nicht beschäftigen dürfen. Wir waren als Union schon bisher der Achtung der Menschenrechte verpflichtet und sind es ab dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages noch viel mehr. Wir werden damit - wenn auch unzureichende - Umsetzungsmöglichkeiten haben. Bekanntlich könnte der Rat in Zukunft - wenn auch nur einstimmig - geeignete Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen. Dafür wird die Kommission ein Vorschlagsrecht haben. Abschließend daher meine Frage an die Kommission: Gibt es bereits Vorbereitungen innerhalb der Kommission, um von diesem Vorschlagsrecht Gebrauch zu machen? Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich klarstellen, worum es uns von der EVP- und der ÖVP-Fraktion in diesem Parlament geht. Es geht uns nicht um die Diskriminierung Homosexueller. Es geht uns hier nicht um einen Verstoß gegen Grundrechte und Menschenrechte. Die Frage des Schutzalters ist jedenfalls - das ist unbestritten - eine nationale und keine europäische Rechtsmaterie. Politiker haben ihre Verantwortung für Jugendliche wahrzunehmen. Aus diesem Grund hat die Österreichische Volkspartei im Österreichischen Nationalrat erst im Sommer bei der Reform unserer Strafgesetze am Paragraphen 209 und der bisherigen Bestimmung über das Schutzalter festgehalten. Was hier passiert und weshalb wir diese Dringlichkeit ablehnen, hat nichts damit zu tun, daß wir Homosexuelle diskriminieren wollen, sondern wir wollen uns nicht von unserer eigenen Rechtsprechung entfernen. Wir wollen damit aber auch ein deutliches Signal dagegen setzen, daß österreichische Innenpolitik von Liberalen, Grünen und Sozialdemokraten in der Absicht in das Europäische Parlament hineingetragen wird, Österreich, das derzeit die Ratspräsiedentschaft innehat, zu diskriminieren. Es geht hier weniger um die Diskriminierung von Homosexuellen als vielmehr um die Diskriminierung der österreichischen Ratspräsidentschaft. Ich beobachte mit Befremden das unterschiedliche Verhalten meiner sozialdemokratischen Kollegen in dieser Frage, die sich bei der Verabschiedung des Gesetzes im österreichischen Nationalrat der Stimme enthalten haben und hier nun das Gegenteil tun. Ich möchte aus diesem Grund dafür plädieren, diese Dringlichkeit abzulehnen, und ich stehe dazu! Nicht, weil wir Homosexuelle diskriminieren wollen, sondern weil wir auf unserer Rechtsmaterie hier bestehen und uns hier nicht anders verhalten als in Österreich, unter Hinweis darauf, daß dies auch eine subsidiäre Angelegenheit ist. Wir haben in unserer EVPFraktion volle Unterstützung für diese Haltung erhalten, obwohl alle wissen, daß es gerade im heiklen Bereich der Diskriminierung von Homosexuellen sehr wohl unterschiedliche Meinungen in den einzelnen Mitgliedstaaten gibt. Nochmals: Das Europäische Parlament ist nicht das geeignete Forum, um sich bei einem innenpolitischen Thema in Österreich zu profilieren! Ich finde es völlig unangemessen, diese Debatte hier in das Europäische Parlament zu tragen, und weise dies mit aller Entschiedenheit zurück! Herr Präsident, ich bin zwar keine Österreicherin, aber ich möchte Frau Stenzel doch sagen, daß Homophobie keine Meinung ist und auch kein kleines Vergehen, sondern sie ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Die Nicht-Diskriminierung ist nun Bestandteil des Vertrags von Amsterdam, und ich denke, daß wir doch eines Tages selbst das umsetzen müssen, was uns nicht gefällt. Denn nach unserer Ansicht, nach Ansicht der Europäischen Unitaristischen Linken, kommt es leider allzu häufig vor, daß diese Umsetzung bei den wirtschaftlichen und sozialen Fragen nicht stattfindet, und ich kann nicht erkennen, warum dieses Parlament hinsichtlich der Menschenrechte plötzlich die Subsidiarität anstreben sollte. Ich hätte gerne, daß man mir bestimmte Dinge erklärt, weil ich so ziemlich mit allem, was hier gesagt wurde, einverstanden bin, und ich werde somit nichts wiederholen. Wir sind nicht glaubwürdig gegenüber den Ländern, die der Union beitreten wollen und von denen wir eine Art Tugendausweis verlangen, aber selbstverständlich als Beleg für die Tugendhaftigkeit bezüglich der Menschenrechte und deren Einhaltung. Ich möchte, daß man mir erklärt, warum eine Frau und ein Mann in einem bestimmten Alter das Recht auf sexuelle Beziehungen haben. Warum haben zwei Frauen in demselben Alter ebenfalls dieses Recht, aber wenn es um zwei Männer geht, dann ist das plötzlich nicht mehr dasselbe. Aber was soll das denn bedeuten? Sind die Österreicher, die österreichischen Männer, total infantil im Vergleich zu den Frauen? Verwechseln Sie etwa - und hier sind wir vielleicht beim Kern der Frage angelangt - Homosexualität und Pädophilie? Sollte dies der Fall sein, dann machen Sie doch bitte Kurse und psychologische und psychiatrische Ausbildungen oder ähnliches. Und machen Sie sich klar, daß auch Mädchen Opfer von Pädophilen und daß auch Frauen pädophil sein können. In diesem Zusammenhang frage ich mich, ob wir nicht, vielleicht in nächster Zeit einmal, eine Anhörung hier abhalten sollten, da wir das doch so gerne tun. Wir könnten beispielsweise die österreichische Präsidentschaft und die tschechische Regierung einladen, aber übrigens auch einige andere unserer Mitbürger, die dieselbe Homophobie haben. Denn diese Zurückweisung, diese sogenannte Subsidiarität trägt nur einen Namen: Homophobie, und hinter der Homophobie verbergen sich leider häufig viele andere Diskriminierungen, viele andere Menschenrechtsverletzungen, die in der Vergangenheit und in der jüngsten Geschichte unseres Europa scharf verurteilt wurden. Herr Präsident, ich möchte, nicht um mich für das, was ich gleich sagen werde, zu entschuldigen, sondern nur um sehr deutlich zu sein, zunächst sagen, daß ich nicht den Fehler mache, Homosexuelle im allgemeinen über einen Kamm zu scheren mit der Zurschaustellung von schlechtem Geschmack, die inzwischen in meinem Land manchmal in rosa Umzügen auftaucht. Ich respektiere das Privatleben jedes Menschen und niemand wird von mir Homophobie welcher Art auch immer erwarten. Aber ich muß ehrlich sagen, daß es mir gegen den Strich geht, daß diese Entschließung als eine besonders dringende und wichtige Angelegenheit und dann noch unter dem Nenner Menschenrechte behandelt wird. Das ist in meinen Augen unter anderem beleidigend für die Opfer wirklich großer und dringender Probleme, und ich könnte mir vorstellen, daß man in Tibet, im Iran, in Kambodscha und so weiter wohl ernstere Probleme hat als das, welches wir heute behandeln. Außerdem meine ich, daß wir heute besonders leichtsinnig mit dem Schutz von Minderjährigen umgehen. Ich kann sehr gut verstehen und sogar zustimmen, daß verantwortliche Politiker nicht so einfach, nicht systematisch das zulässige Alter für sexuelle Beziehungen senken. Ich bin außerdem der Ansicht, daß wir verschiedene diesbezügliche Traditionen in den diversen europäischen Ländern respektieren müssen, auch wenn es sich um die unterschiedlichen Mindestalter handelt, die für heterosexuelle oder homosexuelle Beziehungen respektiert werden müssen. Ich glaube, daß jeder, der wie ich selbst Kinder im Alter von 13 oder 14 Jahren hat, einmal gut darüber nachdenken sollte, ob er möchte, daß diese Kinder an sexuellen Experimenten mit zum Beispiel 17- oder 18jährigen beteiligt sind. Was mich betrifft, das kann in Ihren Augen meinetwegen altmodisch klingen, ich schäme mich nicht, ich billige das nicht und ich glaube außerdem, daß die große Mehrheit der Wähler der Mitglieder dieses Parlaments das auch nicht billigt. Sudan Herr Präsident, der Sudan gehört zu den Ländern, die Herr Vanhecke nennt. 350.000 Menschen stehen zum x-ten Male am Rande des Todes. Die sudanesische Regierung weigert sich, humanitäre Hilfsleistungen ins Land zu lassen oder zu erleichtern. Das sind schlechthin unverzeihliche Verbrechen gegen die Menschheit. Wir haben oft gesagt: Hier müssen wir handeln. Die internationale Gemeinschaft muß bereit sein, ihre humanitäre Hilfe an diese Hunderttausende erteilen zu lassen. Diese humanitäre Hilfe wird in einem politischen Machtspiel benutzt. Wir haben diese Entschließung hier vorgelegt, weil nächste Woche in Brüssel die AKP-Versammlung stattfindet, bei der sich die Delegation des Sudan zweifellos wieder ausführlich über die Art und Weise beklagen wird, in der sie unter dem Bombardement oder den Raketenangriffen der Vereinigten Staaten gelitten hat. Ich kann Ihnen den Text sozusagen bereits zitieren, den der Vertreter des sudanesischen Parlaments, wenn wir das so nennen dürfen, vorbringen wird. Ich will natürlich nicht über diesen amerikanischen Angriff sprechen, aber ich möchte doch weiterhin darauf aufmerksam machen, daß der Sudan jetzt einen weiteren Grund gefunden hat, seine Verhandlungen mit der International Authority of Development , allen Ländern rund um den Sudan, die einen Frieden zwischen Sudan selbst und dem Süden zustande zu bringen versuchen, einzustellen. Dort herrscht, wie Sie wissen, bereits seit 1956 ein Bürgerkrieg, der erst wieder bekannt wurde, als CNN seine Sendungen begann, denn wenn CNN nicht dort ist, dann fehlt auch etwas. Ich hoffe, daß diese Entschließung, wenn sie angenommen wird, vielleicht ein Anstoß für unsere europäischen Vertreter in der AKPVollversammlung ist, den Sudanesen zu sagen, daß das nicht einfach wieder eine Entschließung ist, sondern eine Entschließung, die nicht nur von unserer Delegation, sondern vom ganzen Parlament getragen wird. Herr Präsident, als ich im Januar und Februar dieses Jahres über die Kriegsandrohung dem Irak gegenüber sprach, nannte ich dies "den Krieg um Herrn Clintons Penis" . Nun muß ich sagen, daß man den Bombenangriff auf Khartum im Sudan - wofür uns ein Änderungsantrag von den Grünen vorliegt -, einen "Krieg um Monica Lewinskys Kleid" nennen könnte. Wie Sie sich erinnern werden, trug sie dieses Kleid am dritten Tag der Anhörung eindeutig mit der Absicht, das Augenmerk der Welt vom Starr-Bericht abzulenken und Bill Clintons Image aufzubessern. Aus diesem Grund haben wir diesen Änderungsantrag eingereicht. Wir lehnen die sudanesische Regierung ab, aber wir sind auf keinen Fall mit der Bombardierung des Sudan - oder in der Tat Afghanistans - durch die USA einverstanden. Es gab offensichtlich keinerlei Beweise dafür, daß es sich um eine Waffenfabrik handelte. Es war ein pharmazeutisches Werk, das nach Aussage diverser Techniker Medikamente für die Menschen in Afrika herstellte. Wir stimmen der Verurteilung der sudanesischen Regierung in der Entschließung zu, verurteilen aber gleichzeitig die USRegierung für ihr Verhalten. Wir hoffen, daß uns alle Sozialisten einschließlich der New-Labour-Abgeordneten unterstützen werden. Ich bin überzeugt, daß der Präsident selbst für diesen Änderungsantrag stimmen wird. Ich freue mich über seine Unterstützung. Ich danke Ihnen für die Warnung. Herr Präsident, ich werde versuchen, mich so kurz wie möglich zu fassen. Zur Lage in Birma möchte ich dem Parlament mitteilen, daß der Vizepräsident der Kommission, Herr Marin, und der Vorsitzende des Rates, Herr Schüssel, sich im vergangenen Juli mit dem Minister für auswärtige Angelegenheiten von Birma getroffen haben, um kundzutun, daß die Europäische Union die Behandlung von Frau San Sun Kyi und anderen Oppositionspolitikern verurteilt. Der Vorsitz der Europäischen Union hat vor kurzem, am 9. September, im Namen der Union eine Erklärung abgegeben, in der die Inhaftierung von Oppositionsanhängern verurteilt wird. Diese Erklärung verdient selbstverständlich die volle Unterstützung der Kommission. Ich möchte den Abgeordneten außerdem mitteilen, daß die Kommission weiterhin ihre Weigerung zum Ausdruck bringt, das Programm der Vereinten Nationen für die internationale Bekämpfung von Drogen zu unterstützen, mit dem die Opiumherstellung in Birma verringert werden soll, da dieses Projekt unter dem derzeitigen Regime unserer Meinung nach keine Fortschritte erzielen kann. Der Standpunkt der Europäischen Union zu Birma wird im Oktober überprüft werden, um festzustellen, inwiefern der aktuelle Standpunkt ab dem 19. Oktober erneuert werden kann. Gestatten Sie mir drei weitere kurze Anmerkungen. Ich erlaube mir zum Thema Sanktionen den Beitrag von Frau Erika Mann hervorzuheben, in dem es um die Extraterritorialität geht. Sie erinnern sich, daß die Europäische Union im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftsorganisation in einen Streit mit den Vereinigten Staaten verwickelt war und ist, da wir den Gedanken der Extraterritorialität der Gesetze unter keinen Umständen akzeptieren können. In diesem konkreten Fall ist es so, daß Massachusetts Sanktionen gegen Unternehmen verhängen wollte, die in irgendeiner Weise wirtschaftliche Beziehungen zu Birma pflegten, egal ob es sich um amerikanische oder ausländische Firmen handelte. Diese Vorgehensweise können wir prinzipiell unter keinen Umständen akzeptieren. Das bedeutet nicht, daß wir die Anwendung von Sanktionen nicht als etwas Positives betrachten können, aber das wird sich im Rahmen der internationalen Gemeinschaft und Bestimmungen abspielen müssen, denen alle zustimmen. Ich möchte ferner sagen, daß die Europäische Union den Kontext der ASEAN mit Sicherheit dazu nutzen wird, noch einmal die Frage der bürgerlichen und politischen Rechte in Birma anzusprechen. Und schließlich haben wir beschlossen, zusammen mit der Friedrich-Ebert-Stiftung die Eröffnung eines Euro-Birma-Büros in Brüssel zu finanzieren, wodurch genau diese Lage bekannt gemacht und Druck auf die birmesischen Behörden ausgeübt werden soll. Zu Afghanistan wurde, so glaube ich, alles gesagt. Ich möchte nur betonen, daß es trotz unserer Besorgnis über die Massaker von Mazar-I-Sharif und andere schmerzliche Vorkommnisse unsere Überzeugung ist, daß Afghanistan unter keinen Umständen als ein Rechtsstaat betrachtet werden kann. Wir glauben gleichfalls, daß es keinerlei Grundlage für den Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Minderheiten und vor allen Dingen der Frauen gibt. Deswegen hatten wir einige Schwierigkeiten, den afghanischen Behörden verständlich zu machen, daß die humanitäre Hilfe nicht von gewissen Grundprinzipien der Menschenwürde getrennt werden kann. Wir verhandeln gegenwärtig mit den afghanischen Behörden über Mittel und Wege, wie wir gerade diese Minderheiten, die am schwächsten und am schutzlosesten sind, wieder unterstützen können. Es ist Ihnen auch bekannt, meine Damen und Herren, und ich bekräftige dies, daß wir weiterhin denken, daß die Taliban-Bewegung nicht offiziell anerkannt werden sollte, wir weiterhin keinen wirtschaftlichen Handel mit dem Taliban-Regime führen werden und weiterhin die Auffassung vertreten, daß das Problem in Afghanistan weder mit militärischen Mitteln noch durch ein Eingreifen der benachbarten Ländern gelöst werden kann. Dazu möchte ich sagen, daß meine Kollegin, Emma Bonino, die die Lage in Afghanistan kennt - sehr gut kennt - weiterhin sowohl als Kommissionsmitglied und auch als Frau, die sich für die Rechte der Frau und die Menschenrechte im allgemeinen einsetzt, ganz aktiv versucht, diese Dinge zu ändern. Und ich glaube, daß ihr ein großer Dank für ihr Engagement in einer so schwierigen Angelegenheit gebührt, das nur zu oft nicht entsprechend gewürdigt wird. Herr Präsident, zur Todesstrafe. Ich möchte erneut betonen, daß die Kommission keinen anderen Standpunkt als den der Unterstützung einer allgemeinen Abschaffung der Todesstrafe beziehen kann, da diese unserer Ansicht nach weder zur Förderung der Würde des Menschen und der Menschenrechte beiträgt, noch bewiesen wurde, daß dadurch die Kriminalität verringert wird. Im jüngsten Fall in Palästina haben wir Präsident Arafat diese Ansicht mitgeteilt, bei El Salvador haben wir die begründete Hoffnung, daß die Todesstrafe nicht vollzogen wird und im Fall von den Philippinen hoffen wir, daß das Moratorium andauern wird. Zur Lage in Kambodscha möchte ich sagen, daß ich dem Redebeitrag von Herrn Bourlanges ganz und gar zustimme, der darin die Fakten bezüglich des Problems in Kambodscha klar festgestellt hat. Ich wiederhole, daß wir zusätzlich zu der traditionellen Praxis diese Entschließung vorbehaltlos unterstützen. Zu den Rechten der Homosexuellen weise ich auf Folgendes hin: alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet; und der Vertrag von Amsterdam fordert insbesondere in Artikel 6 Absatz A die Bekämpfung jeglicher Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung. In diesem Sinne wird die Kommission gegebenenfalls in all diesen Bereichen handeln, um jegliche Diskriminierung zu bekämpfen. Gleichermaßen ist es hinsichtlich des Beitritts der künftigen Mitgliedstaaten offensichtlich, daß diese Bestimmungen auch für die beitrittswilligen Länder zur Anwendung kommen werden. Ich beziehe mich vor allen Dingen auf eine Bestimmung im rumänischen Strafgesetzbuch, den Artikel 200, der, wie wir hoffen, so schnell wie möglich geändert wird. Schließlich zum Sudan: das Problem im Sudan ist ein altes Problem, ein schwerwiegendes Problem, ein Problem, das zur Unterbrechung der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und dem Sudan geführt hat. Es gab sowohl einige Bemühungen, einen konstruktiven Dialog mit der Regierung des Sudan zu führen, als auch Vermittlungsversuche zu unterstützen. Wir begrüßen den vor kurzem für drei Monaten vereinbarten Waffenstillstand und hoffen, daß er verlängert werden kann - nicht nur in zeitlicher, sondern auch in geographischer Hinsicht, damit die humanitäre Hilfe die Menschen auch erreichen kann. Es ist ein Signal, das doch etwas ermutigend ist, so wie auch die Tatsache ermutigend ist, daß die Konfliktparteien durch die Vermittlung der IGAD (Internationale Entwicklungsbehörde) beschlossen haben, sich innerhalb von sechs Monaten wieder in Nairobi zu treffen. Dies ist positiv zu bewerten, da die jüngste Verhandlungsrunde bedauerlicherweise aufgrund des fehlenden Konsenses bezüglich der Lösungen fehlgeschlagen ist. Die Europäische Union unterstützt aktiv die Vermittlung der IGAD und die Bemühungen des Forums der Partner der IGAD, aber wir wiederholen erneut, daß dies in keiner Weise bedeutet, daß wir gegenwärtig die Wiederaufnahme unserer Zusammenarbeit mit dem Sudan in Erwägung ziehen können, da die Gründe, die uns zur Aussetzung bewegten, immer noch Gültigkeit haben. Herr Präsident, sowohl Herr Bertens als auch ich - unser Portugiesisch ist nicht so gut - haben nicht richtig verstanden, ob die Kommission jetzt bereit ist, einen Vorschlag für einen Investitionsstop für Burma zu erwägen und dem Rat vorzulegen. Diese konkrete Antwort haben wir nicht vom Kommissar gehört. Könnte der Kommissar das noch einmal sagen? Wir haben eine ganz wesentliche Frage in unserer Entschließung über Burma gestellt, zum dritten Mal in diesem Jahr. Diese Frage lautet: Ist die Kommission bereit, sich den Vereinigten Staaten anzuschließen und dem Europäischen Ministerrat einen Vorschlag für einen Investitionsstop vorzulegen? Das ist die Kernfrage, die gestellt wurde, und weil Herr Bertens und ich alle beide den ersten Teil des portugiesischen Redebeitrags des Kommissars nicht direkt verstehen konnten, bitte ich darum, daß der Kommissar zu diesem Punkt noch eben eine klare Antwort gibt. Das ist der Kern der Entschließung. Ich kann gern einige der Fragen zu Sanktionen beantworten. Die Kommission ist nicht dazu berechtigt, Sanktionen zu verhängen. Dies ist Aufgabe des Rates und geschieht unter Berücksichtigung der bestehenden internationalen Verpflichtungen. Man kann keine Sanktionen verhängen, die unseren Verpflichtungen zuwiderlaufen. Dies bedeutet wiederum nicht, daß Sanktionen per se ausgeschlossen wären, aber wir müssen hier mit äußerster Vorsicht vorgehen, um nicht z. B. das Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen in der Welthandelsorganisation, in Frage zu stellen. Dies ist nur ein Beispiel. Sanktionen sind nicht ausgeschlossen, aber zunächst muß der Rat eine politische Entscheidung fällen, und dann müssen wir Überlegungen technischer Art anstellen, wie diese Sanktionen eingesetzt werden können, ohne andere Unterzeichner internationaler Abkommen zu gefährden. Habe ich mich verständlich ausgedrückt? Die gemeinsame Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet um 17.30 Uhr statt. Es folgt die gemeinsame Aussprache über die folgenden 14 Entschließungsanträge : Überschwemmungen in China-B4-0826/98 von der PPE-Fraktion- B4-0848/98 von der V-Fraktion- B4-0854/98 von der GUE/NGL-Fraktion- B4-0859/98 von der ELDR-Fraktion-Überschwemmungen in Bangladesch-B4-0837/98 von der PSE-Fraktion- B4-0844/98 von der PPE-Fraktion- B4-0846/98 von der V-Fraktion- B4-0853/98 von der GUE/NGL-Fraktion-Waldbrände in Spanien-B4-0815/98 von der PPE-Fraktion- B4-0839/98 von der PSE-Fraktion- B4-0857/98 von der GUE/NGL-Fraktion-Waldbrände in der EU-B4-0827/98 von der PPE-Fraktion-Waldbrände in Portugal-B4-0855/98 von der GUE/NGL-Fraktion-Waldbrände in Griechenland-B4-0856/98 von der GUE/NGL-Fraktion Herr Präsident, das ungeheure Ausmaß der bisher schlimmsten Überschwemmung in China hat mich dazu bewogen, diesen Entschließungsantrag als Ausdruck meines Mitgefühls für die Menschen und die Regierung in China vorzulegen. Das gesamte Jangtse-Tal und seine Ausläufer stehen unter Wasser, d. h. eine Region mit 380 Mio. Einwohnern, was der Gesamtbevölkerung der Europäischen Union entspricht. 13 Mio. Hektar Ackerland wurden zerstört, das meiner Einschätzung nach 80 bis 100 Mio. Menschen ernährt hätte. Dreitausend Menschen sind bisher ums Leben gekommen, und ich befürchte, daß die Zahl der Toten weiter ansteigen wird. Fünf Mio. Wohnhäuser wurden weggespült, und der wirtschaftliche Schaden im Land beläuft sich auf $ 20 Mio., d. h. 4-5 % des Bruttosozialprodukts. Ich möchte der Kommission und der Gemeinschaft eindringlich nahelegen, wie wichtig es ist, China bei dieser grauenvollen Katastrophe unser Mitgefühl auszusprechen und Solidarität zu zeigen, d. h. die Hilfsleistungen im Rahmen unserer Möglichkeiten dringend aufzustocken. Herr Präsident, ich fühle mit den Menschen in China, die im Kampf gegen die Überschwemmung so enorme Anstrengungen unternommen haben. Dennoch muß ich darauf hinweisen, daß ein Grund für die Überschwemmung darin liegt, daß die chinesische Regierung systematisch Wälder abgeholzt und die Landschaft in vielen Gebieten zerstört hat, und zwar nicht nur in China, sondern auch in Tibet, das immer noch widerrechtlich von China besetzt ist. Die Menschen erleiden nun die Konsequenzen. Genau dies habe ich dem chinesischen Konsul gesagt, als er mich diese Woche aufsuchte. Meiner Ansicht nach haben die Chinesen eine wichtige Lektion gelernt: Es gilt die Wälder aufzuforsten, das hydraulische System zu überholen, das den Überflutungen viele Hundert Jahre standgehalten hat und alles daranzusetzen, die Umwelt zu schützen anstatt sie zu verwüsten, wie die chinesische Regierung dies in den vergangenen 40 Jahre getan hat. Herr Präsident, in meinem Land, den Niederlanden, hatten wir auch eine Reihe von Überschwemmungen. Hinsichtlich der Schwere der Katastrophe stimmt der Vergleich sicher nicht, aber es gibt doch eine Übereinstimmung. In beiden Fällen war und ist das Eingreifen in die Natur in erheblichem Maße für die Katastrophe verantwortlich. Die dichte Bebauung an den Ufern und das geringe Wasserspeicherungsvermögen waren in den Niederlanden Ursache der Überschwemmungen. Die weitreichende Abholzung und der problematische Bau eines Dammes im Jangtsekiang sind zu einem großen Teil für die Überschwemmungen in China verantwortlich. Ich kann nur begrüßen, daß die chinesischen Behörden sich inzwischen der ökologischen Probleme bewußt sind, die dieser Katastrophe zugrunde liegen. Ich bin auch sehr erfreut, daß die chinesische Regierung das Abholzen von Bäumen entlang des Jangtsekiang verboten hat. Aber ich hoffe, daß es nicht dabei bleiben wird. Ich fordere die chinesische Regierung auf, diese Politik des Widerstands gegen die Ausbeutung der Wälder fortzusetzen. Ich erwarte von der Kommission, daß sie diese Politik unterstützt, damit in der Zukunft derartige Katastrophen verhindert werden können. Überschwemmungen in Bangladesch Herr Präsident, ich beziehe mich auf die Überschwemmungen in Bangladesch und China. Die derzeitige Lage ist fast ohnegleichen. Mir ist bewußt, daß der nachlässige Umgang mit der Umwelt in beiden Ländern zu der Katastrophe beigetragen hat, aber trotz allem ist die Hauptursache eher klimatischer Natur als alles andere und wurde teilweise von der globalen Klimaveränderung beschleunigt. In China ist dies die schlimmste Überflutung seit 40 Jahren, und 240 Mio. Menschen sind davon betroffen, d. h. ein Fünftel der Gesamtbevölkerung. In Bangladesch sind 30 Mio. Menschen direkt von der Überschwemmung betroffen, und 10 Mio. Menschen benötigen dringend finanzielle Hilfe. Die Regierung in Bangladesch hat um Hilfe in Höhe von $ 576 Mio. gebeten, und viele Menschen in der Europäischen Union - Zehntausende - waren zutiefst von den dramatischen Bildern der Verwüstung in beiden Ländern berührt. Natürlich begrüßen wir es, daß das Europäische Büro für humanitäre Soforthilfe ECHO 1 Mio. ECU zugesteuert hat, aber dieser Betrag scheint völlig unzureichend. Vergangenes Wochenende besuchte ich einen Gottesdienst in der Holy Trinity Kirche in Ashton-under-Lyne in meinem Wahlkreis, bei der beschlossen wurde, daß die traditionelle Kollekte an die notleidenden Menschen in den überschwemmten Gebieten gehen wird, statt, wie üblich, an den Kirchenfonds. Die Kommission möchte dies doch bitte als Anregung verstehen und weitere Wege finden, um kurzfristig humanitäre Hilfe in diesen beiden Ländern zu leisten. Gleichzeitig wird es in Anlehnung an die Entschließung für uns sinnvoll sein, in China und Bangladesch langfristig technische Hilfe zu leisten, damit einige der Probleme gelöst werden können, die von der Vernachlässigung der Umwelt verursacht worden sind. Insgesamt ist es in unser aller Interesse sicherzustellen, daß diese Probleme sowohl in China als auch in Bangladesch auf lange Sicht gelöst werden und nie wieder auftreten werden. Herr Präsident, Glyn Ford hat vollkommen Recht: Die Überschwemmung in Bangladesch ist eine furchtbare Katastrophe. Ich habe heute nachmittag einen Sonderbericht von BBC World über die Lage in Bangladesch angesehen. Es handelt sich um die schlimmste Überschwemmung in der Geschichte des Landes, und 25 bis 30 Mio. Menschen sind derzeit mehr oder weniger obdachlos und entbehren jeder wirtschaftlichen Grundlage. Kurzfristige Hilfe ist ganz dringend notwendig, und soweit hat die Union nicht genügend beigesteuert, um den kurzfristigen Bedarf der Bevölkerung an Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung zu decken. Die Ruhr und Durchfallerkrankungen breiten sich aufgrund des verunreinigten Trinkwassers immer stärker in ganz Bangladesch aus. Wir müssen den Menschen sowohl kurz- als auch langfristig helfen, mit den Folgen der Überschwemmung fertig zu werden, was aufwendige Umsiedlungsprogramme für die Bevölkerung bedeuten kann, und sie auch auf lange Sicht in ihrer Entwicklung unterstützen. Wenn wir beides tun, können wir in dieser Region wirklich etwas erreichen. -Waldbrände in Spanien Herr Präsident, die Vorlage der Entschließung zu den Waldbränden in Südeuropa soll kein ritueller Vorgang sein, nämlich daß wir, wie jedes Jahr, nach der Sommersaison wieder über Waldbrände sprechen. Nein, keineswegs! Waldbrände stellen heute leider wahre Geißeln für die Europäische Union dar: Sie bedeuten sehr hohe Verluste an Menschenleben sowie für Flora und Fauna irreparable Naturschäden. Auch in diesem Jahr ist leider eine traurige Bilanz zu verzeichnen. Zwar sind die Folgen für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft gravierend, doch bleiben die Ursachen für Waldbrände ebenfalls gravierend und sogar beunruhigend. Zweifellos spielen klimatische Verhältnisse eine objektive Rolle, doch muß darauf hingewiesen werden, daß es sich bei diesem Phänomen, das in Südeuropa auftritt, leider um vorsätzliches Vorgehen handelt. Angesichts eines solchen Angriffs, der als "Umweltterrorismus" bezeichnet werden kann, haben sich die von den Regierungen und den verschiedenen EUMitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen als unzulänglich erwiesen. Das Problem muß also im Gemeinschaftsrahmen behandelt werden, und zwar, um es nochmals zu sagen, nicht nur, um von der Kommission einen ausführlichen Bericht über die beschädigten Gebiete zu fordern, nicht nur um für die Regionen, die betroffen sind, eine Sonderhilfe zu fordern, sondern um ein umfassenderes Problem aufzuwerfen. Im Zuge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik ist mehr Raum für Aufforstung erforderlich; darüber hinaus zeigt sich immer mehr die Notwendigkeit eines umweltpolitischen Programms, bei dem es um Präventivmaßnahmen, um pädagogische Maßnahmen, durch welche die Menschen dazu erzogen werden sollen, die Umwelt mehr zu achten, bei dem es aber auch um eine Verschärfung der Repressionspolitik geht. Um eine Empfehlung in meinem Entschließungsantrag aufzugreifen, möchte ich sagen, daß die Mitgliedstaaten den Straftatbestand der Umweltkriminalität einführen und vor allem ein Kataster der Gebiete schaffen müssen, die zerstört wurden, um festzulegen, daß sie absolut nicht mehr bebaubar sind. Bei dem Thema handelt es sich nämlich weiterhin um ein Problem der Spekulationen, die im Mittelpunkt der Interessen krimineller Organisationen stehen. Herr Präsident! Ich möchte den Faden des Kollegen Burtone aufnehmen und sagen, daß es vielleicht nicht korrekt ist, Waldbrände unter der Überschrift "Naturkatastrophen" einzuordnen, da es keine Naturkatastrophen sind. Es sind von Menschen verursachte Katastrophen, und wir sprechen hier zum wiederholten Mal über diese Katastrophen, die in den meisten Fällen aus niederträchtigen wirtschaftlichen Interessen von Menschen verursacht werden. Natürlich sind die Interessen der Landwirte und insbesondere die Umwelt betroffen. Heute vormittag haben wir einen Entschließungsantrag über die Klimaänderung angenommen; einer der Quellen für CO2 Emissionen sind gerade diese Brände, die dieses Jahr nicht nur in Spanien oder in Griechenland, nicht nur im Süden Europas, sondern auch in Indonesien, in Brasilien und vielen Teilen der Welt ausgebrochen sind. Daher glaube ich, daß in Europa und in den Mitgliedstaaten Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Forstpolitik der Gemeinschaft zu verbessern, grundlegende Arbeit im Bereich der Brandverhütung zu leisten und diejenigen zu bestrafen, die für Katastrophen dieser Art verantwortlich sind. Herr Präsident! Um die Wahrheit zu sagen, mich erfüllt Beklemmung, und es beschleicht mich sogar ein Gefühl der kollektiven Verantwortung, wenn wir - wie es eine Vorrednerin zuvor ausdrückte - jedes Jahr im September eine Entschließung im Parlament annehmen, in der zum wiederholten Mal festgestellt wird, daß in verschiedenen Ländern des Mittelmeerraumes Zehntausende Hektar Wald zerstört wurden. Denn, wie Frau González Álvarez schon bemerkt hat, wir reden nicht von Naturkatastrophen, sondern von oftmals unverantwortlichen Handlungen von Einzelpersonen. Und manchmal auch von Institutionen. Wir müssen uns nämlich immer fragen lassen, ob wir bzw. die öffentlichen Verwaltungen alles Mögliche tun, um die Wiederholung dieser Geschehnisse in jedem Sommer zu verhindern. Es gibt sicherlich, wie bereits gesagt wurde, "niederträchtige" Gründe, aber wenn zudem noch Koordinierungsmängel beim Vorgehen der Verwaltungen zutage treten, erfüllt Beklemmung unser aller Herz, da wir vom Schutz der Natur sprechen. Herr Präsident, mein Beitrag kann nicht mehr leisten als festzustellen, daß es bedauernswert ist, daß dies Jahr für Jahr geschieht. Herr Präsident, wenn es nicht so traurig wäre, wäre es lächerlich. Jeden September, Oktober haben wir riesige Waldbrände im Süden Europas, in riesigen Mengen, mehr als 5000 diesen Sommer in Griechenland, zum Teil mehr als 200 täglich, und jedes Jahr wollen wir offenbar wieder darüber diskutieren. Das liegt auch daran, und das geht aus den Entschließungen deutlich hervor, daß wir über die tiefer liegenden Ursachen nicht richtig reden. Das ist erst einmal die "heiße" Erschließung und zweitens die nicht nachhaltige Forstwirtschaft. Es geht nicht nur darum, einige Präventionen, Flugzeugflotten, Versicherungsfragen und Schadensregulierungen zu diskutieren. Wir brauchen erstens eine hinreichende Gesetzgebung, eine lückenlose Umsetzung, qualifiziertes Personal und eine wirksame Verwaltung, und keine Freigabe für Bebauung, sondern verbindliche Wiederaufforstung. Zweitens brauchen wir eine Forstwirtschaft, die Artenvielfalt, räumliche Organisation und Aufteilung der Anpflanzung, Spontanvegetation sinnvoll einsetzt, um damit wieder Wälder im Mittelmeerraum zu schaffen, wie sie 500 v. Chr. bestanden haben. Ich möchte nur noch ein Stichwort sagen: Eukalyptus. Das sind Brandbombenanpflanzungen, die außerdem noch die Wasservorräte zerstören. Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, im Rahmen des Vorschlags für eine gemeinsame Entschließung, die unsere Fraktion unterstützt, hat die Radikale Europäische Allianz drei Änderungsanträge eingebracht, die sich mit den Möglichkeiten der Bekämpfung dieser Geißeln befassen, insbesondere durch die Bildung einer europäischen Flotte von Löschflugzeugen. Die von uns durchgeführte Studie und die veröffentlichten Statistiken belegen, daß jedes Jahr durchschnittlich 400 000 Hektar in Spanien, Italien, Portugal, Griechenland und Frankreich den Flammen zum Opfer fallen. Diese Brände mit ihren vielfältigen Auswirkungen sind Faktoren der Verschiebungen innerhalb der ökologischen Gleichgewichte. Sie ziehen Überschwemmungen nach sich, Erdrutsche, Klimaveränderungen sowie die Zerstörung von Flora und Fauna. Um all dem entgegenzuwirken, hat sich jedes Land mit Fluggeräten ausgestattet und sorgt für eine operationelle Organisation, die während der Sommermonate nur unter Schwierigkeiten verändert werden kann. Folglich wird die Zusammenfassung und die Bereitstellung von nationalen Ausrüstungen zugunsten anderer Länder zu einem Lockvogel. Bilaterale Vereinbarungen für landgestützte Operationen der zivilen Sicherheit wurden ausgearbeitet; sie eignen sich jedoch nicht für die Bekämpfung von Bränden im Landesinnern aus der Luft, da sie sich lediglich auf den Grenzbereich der betreffenden Länder beziehen. Unser Vorschlag bezieht sich auf die Bereitstellung der erforderlichen Mittel in ausreichender Zahl zugunsten der betreffenden Länder, um die Brände zu bekämpfen. Daher müßte man fünf Flugzeuge vom Typ Hercules C 130 anmieten, einem sehr leistungsfähigen landgestützten Flugzeug mit verzögertem Abwurf, das über ein Ladevolumen von jeweils 12 Tonnen verfügt. Die Basis dieser Flotte müßte an der Stelle angesiedelt sein, die geographisch gesehen zu allen Gefahrenzonen am zentralsten liegt. Dies hätte eine entscheidende Interventionsschnelligkeit zur Folge, da man weiß, daß die Leistung der eingesetzten Flugzeuge in Verbindung mit der Schnelligkeit ihrer Einsatzfähigkeit den wesentlichen Faktor darstellen für die Effizienz bei der Bekämpfung der Waldbrände. Die Kosten dieser Operation für eine Sommerperiode von drei Monaten und für fünf Flugzeuge mit jeweils etwa einer Flugstunde pro Einsatz belaufen sich auf etwa 6 Mio. ECU, die von der Union und den Nutzerstaaten aufgebracht werden könnten. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, daß dies aus finanzieller Sicht vernünftig ist. Ihre Zustimmung zu diesen Änderungsanträgen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, könnte zu einem Initiativbericht führen, der die Machbarkeit der europäischen Flotte für Löschflugzeuge und ihre Realisierung innerhalb möglichst kurzer Zeit bestätigen könnte. Waldbrände in Portugal Herr Präsident, mehr noch als über Portugal zu sprechen, wo Mittel, Materialien und der politische Einsatz koordiniert wurden, möchte ich die Gelegenheit ergreifen, um den globalen Rahmen der gemeinsamen Entschließung, über die wir abstimmen werden, zu betonen, in dem die Bedeutung der Annahme einer Forstpolitik auf Gemeinschaftsebene im Sinne des Berichts Thomas hervorgehoben und die Besonderheiten der Mittelmeergebiete berücksichtigt werden. Ich möchte ferner die Bedeutung der Annahme der künftigen Optionen der Gemeinsame Agrarpolitik in forstpolitischer Hinsicht hervorheben und außerdem darauf verweisen, daß die Forstplanung auf regionaler und Bezirksebene wichtig ist. Es gibt Fragen der Raumordnung und der Umwelt, die im Hinblick auf Südeuropa und die Mittelmeerländer behandelt werden müssen, denn letzten Endes sind die Entschließungen vom September die Folge davon, daß einige Maßnahmen nicht rechtzeitig angenommen wurden. Herr Präsident, meine Damen und Herren, einmal mehr gab es während des Sommers in den Wäldern mehrerer südeuropäischer Länder, und insbesondere Portugals, viele riesige Waldbrände. Die ersten Worte gelten natürlich den Opfern und dem Appell an die Hilfe der Gemeinschaft. Zusätzlich zu dem, was die Entschließung mit der Forderung an die Kommission über die notwendige Mittelzuweisung bereits beinhaltet, ist es gerechtfertigt, daß das Parlament sich mit dem Vorteil der erneuten Schaffung einer Haushaltsrubrik für die Hilfe in Katastrophenfällen auseinandersetzt. Wir wissen, daß einige Brände durch Kriminelle gelegt und andere durch die klimatischen Änderungen, die zu längeren Trockenperioden und Hitzewellen führen, verstärkt wurden. Deswegen ist es wesentlich, daß man sich mehr auf die Prävention konzentriert, wofür eine größere Unterstützung der europäischen Institutionen wünschenswert wäre, die zu einer zunehmenden Wirksamkeit bei der Bekämpfung der Waldbrände beitragen würde. Dies gilt beispielsweise für die Optionen der Gemeinsamen Agrarpolitik, die diese Katastrophenprävention verstärken können, sowie für die Notwendigkeit einer europäischen Forststrategie, die wir in Angriff nehmen sollten. Dafür hat sich dieses Parlament seit der Annahme des Berichts Thomas eingesetzt. Aus all diesen Gründen habe ich mit anderen Kollegen diesen Entschließungsantrag unterzeichnet, für den wir die Unterstützung des Parlaments erbitten. Herr Präsident, ich werde nicht meine gesamte Redezeit nutzen, aber mit dem Lärm um mich herum kann ich wirklich nicht sprechen. Würden Sie die Abgeordneten bitte auffordern, etwas leiser zu sein. Sie haben vollkommen Recht. Würden sich die Abgeordneten bitte wieder setzen. Herr Präsident, Herr Pinheiro, ich möchte sagen, daß ich im Gegensatz zur Meinung vieler, die hier geäußert haben, daß es einer wahrhaften "Feuerindustrie" bedarf, um die Brände im Sommer zu bekämpfen, sagen möchte, daß ein Fehler, der häufig in bezug auf die Wälder im Mittelmeergebiet begangen wird, in der Vorstellung besteht, daß man Brände mit Flugzeugflotten und der Feuerwehr bekämpft. Die Brände der mediterranen Wälder bekämpft man im Winter, bekämpft man im Herbst und bekämpft man im Frühling, wenn es nicht heiß ist; das bedeutet die Säuberung und Vorbereitung der Wälder, die Bewachung der Wälder, die Beauftragung von Forstarbeitern, die die Wälder säubern können, die im allgemeinen auf viele verschiedene Eigentümer aufgeteilt und heute nicht mehr bevölkert sind, wie das vor hundert Jahren der Fall war. Das einzige Mittel, den Wald zu schützen, besteht darin, ihn zu säubern, das einzige Mittel, den Wald zu schützen, besteht darin, Wege zu haben, durch die das Feuer gestoppt und daran gehindert wird, von einer Seite auf die andere überzuspringen. Dazu muß denjenigen Geld gezahlt werden, die den Wald roden, damit Gegenfeuer gelegt werden, "Alleen" von 50-60 Metern. Es gibt Gebiete in Portugal, wo es zu keinen Bränden kommt. Und warum? Es sind riesige Gebiete, Gebiete mit Wachposten, es sind saubere Gebiete, es sind Gebiete, in denen es die Gegenmaßnahmen gibt. Ohne die geht es nicht. Ich spreche hier über die Brandkatastrophen, weil die europäische Politik für die mediterranen Wäldern eine Katastrophe war, weil es eine systematische Opposition aus den Ländern gab, die saubere Wälder und ein gemäßigteres, kälteres Klima als wir haben. Jedoch muß mit der Vorstellung Schluß gemacht werden, daß ein Brand im Sommer mit Flugzeugen bekämpft wird. Ein Brand wird im Winter mit der Vorbereitung des Waldes bekämpft, so daß er sich nicht entzünden kann. Herr Präsident, sollen wir sie in Brand stecken? Waldbrände in Griechenland Die Fakten über die Waldbrände in Griechenland und deren Ergebnisse sind bekannt, Herr Präsident, und das steht alles auch in der Entschließung, über die wir hier debattieren und die ich natürlich unterstütze. Viel dramatischer sind die Auswirkungen für die Zukunft, Überschwemmungen, Veränderungen des Mikroklimas, Veränderungen der Umwelt und des Ökosystems. Gestatten Sie mir, Herr Präsident, daß ich noch einmal die Gründe nenne, auch wenn dies schon oft gesagt wurde: das Fehlen von Grundbüchern, das jene ermutigt, die sich mutmaßlich Grundstücke aneignen, die absolute Anarchie bei der Entsorgung der Abfälle, die zu illegalen Mülldeponien führt - die die lokale Selbstverwaltung wiederum nicht kontrollieren kann oder will -, schwammige Gesetze und die gegenwärtigen Gesetzesentwürfe in Griechenland bezüglich der Wiederaufforstung der abgebrannten Gebiete. Herr Präsident, gestatten Sie mir aber auch einige Worte über die Kommission. Sie erfüllt ihre Aufgabe nicht richtig. Schon im Juli hatte ich eine Anfrage zur Anzahl und Wirksamkeit der Pläne zur Bekämpfung von Waldbränden in Griechenland gestellt, für deren Beantwortung in erster Linie Herr Fischler zuständig war. Er hat aber nicht geantwortet. Dies ist nicht das einzige Versäumnis. Es ist ein Zeichen für die Gleichgültigkeit gegenüber dem, was in Griechenland vor sich geht, und das macht weder der Kommission Ehre, noch hilft es uns. Weiterhin möchte ich all jenen danken, die uns von Italien, Deutschland, Frankreich und Rußland aus mit Piloten und Flugzeugen in diesem Sommer geholfen haben, die gewaltigen Schäden durch die Waldbrände in unserem Land möglichst gering zu halten. Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich werde versuchen, mich kurz zu fassen. Zu den Überschwemmungen möchte ich außer der Bestätigung der in der Aussprache genannten Zahlen sagen, daß ECHO bereits in China vertreten ist, wenn auch, wie Sie sich vorstellen können, die Ausmaße der Katastrophe dergestalt sind, daß sich ECHO auf einige der am stärksten betroffenen Gebiete und insbesondere die Nahrungsmittelhilfe sowie die ärztliche Versorgung für die Bedürftigsten konzentrieren muß. Jedenfalls hat ECHO einen seiner Berichterstatter und einen seiner Techniker nach China entsandt, damit nicht nur die Bedürfnisse genauer festgestellt, sondern auch die Tätigkeiten von ECHO vor Ort koordiniert werden können. Ich möchte noch hinzufügen, daß im Rahmen der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und China - und wie dies im Entschließungsantrag des Parlaments angesprochen wurde - die Zusammenarbeit ganz klar so aussehen wird, daß wir Hilfe leisten und Studien zur Feststellung der Umweltursachen und anderer Gründe sowie möglicher Lösungen für derartige Katastrophen mit finanzieren. Was Bangladesch betrifft, handelt es sich auch hier um eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes - es sei nur erwähnen, daß 60 % des Staatsgebiets und in etwa 30 Millionen Menschen betroffen sind - , und auch hier leistet ECHO bereits humanitäre Hilfe, insbesondere im Bereich der Nahrungsmittel und der Volksgesundheit. Ich kann auch schon ankündigen, daß im Rahmen der Kommission eine Task-Force eingerichtet wurde, an der ECHO, die GD I-B und die GD VIII beteiligt sind, und deren Auftrag es ist, die Reaktion der Europäischen Union bzw. zumindest der Kommission auf diese Katastrophe in Bangladesch zu koordinieren. Bisher wurde bereits eine Million ECU ausgegeben, aber es ist offensichtlich, daß dieser Betrag aufgestockt wird, da der geschätzte Bedarf beträchtlich höher ist. Herr Präsident, zu den Bränden möchte ich erwähnen, daß die gemeinschaftlichen Tätigkeiten im Rahmen der Aufforstung, des Schutzes der Risikozonen, der Schutzmaßnahmen usw. immer in direkter Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten durchgeführt wurden. Und so kann ich sagen, daß zwischen 1992 und 1998 ungefähr 700 von den Mitgliedstaaten eingereichte Projekte zur Verhütung von Waldbränden gebilligt wurden, was einer gemeinschaftlichen Kofinanzierung von etwa 84 Mio. ECU entspricht. Diese Zusammenarbeit erfolgt im Rahmen des Ständigen Forstausschusses und vor allen Dingen dank eines gemeinschaftlichen Informationssystems über Waldbrände, was ein sehr nützliches Instrument zur Bewertung und Weiterverfolgung ist. Es ist aber bedauerlicherweise nicht mehr wirkungsvoll, weil die Haushaltsbehörde die entsprechende Aufwendung für die Zeit von 1996-1998 von 23, 5 Mio. ECU auf 16 Mio. ECU gesenkt hat. Ich möchte ferner sagen, daß es in den laufenden regionalen Entwicklungsprogrammen verschiedene Maßnahmen zur Verhütung von Bränden sowie zur Wiederaufforstung gibt. Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, verfügt die Kommission jedoch nicht über zusätzliche Finanzmittel für die betroffenen Regionen. Jegliches Eingreifen müßte im Rahmen einer Umprogrammierung der Gemeinschaftlichen Förderkonzepte oder Programmplanungsdokumente vollzogen und mit den Mitgliedstaaten verhandelt werden. Ich möchte noch zu einer Aufforderung eines Abgeordneten sagen, daß die Kommission im Rahmen der Agenda 2000 weiterhin Maßnahmen zum Schutz der Wälder und der Wiederaufforstung vorschlägt. Schließlich möchte ich dem Parlament mitteilen, daß die Kommission gegenwärtig auf der Grundlage des Berichts Thomas einen Vorschlag für eine europäische Forststrategie vorbereitet, der natürlich diesem Parlament und dem Rat - wie wir hoffen - noch vor Ende dieser Legislaturperiode vorgelegt wird. Vielen Dank, Herr Kommissar Pinheiro! Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen gleich zu den Abstimmungen. Zuvor Herr Fabre-Aubrespy zur Geschäftsordnung. Frau Präsidentin, ich möchte eine kurze Bemerkung zur Anwendung der Geschäftsordnung machen, bevor wir zu den Berichten kommen, die auf der Grundlage von Artikel 19 auf der Tagesordnung stehen. Mir liegt nämlich eine Meldung von Agence France Presse vor, in der ein Quelle aus dem Umfeld der Präsidentschaft des Parlaments zitiert wird. Daraus geht hervor, daß das neue Versammlungsgebäude zwischen Mitte und Ende November 1998 übergangsweise vom Parlament geprüft und im Dezember eröffnet werden soll. Es muß jedoch noch ausgestattet werden, insbesondere muß noch das elektronische Abstimmungssystem installiert werden. Manch einer fragt sich, ob es in diesem Fall nicht besser wäre, bis zur nächsten Legislaturperiode zu warten, das heißt also bis Juli 1999, bevor man mit den Sitzungen im neuen Gebäude beginnt. Weiter heißt es in der Meldung, es seien noch Hunderte von Arbeitern auf der riesigen Baustelle beschäftigt. Fasziniert von der Schönheit des neuen Gebäudes ganz aus Glas, das sich elegant am Ufer der Ill erhebt, geht sie (die Quelle) davon aus, daß die Unterhaltungskosten enorm sein werden. Ich möchte also, daß der Präsident gefragt wird, wie er es dulden kann, daß seine engen Mitarbeiter in seinem Namen derartige Äußerungen machen - die eindeutig aus dem Umfeld des Präsidenten kommen müssen - und erklären, daß sich einige Abgeordneten fragen, ob die neuen Gebäude bezogen werden müssen oder nicht. Herr Fabre-Aubrespy, wir haben keine Fragestunde, und wir können nicht auf alle aktuellen Pressemeldungen reagieren. Ich habe das zur Kenntnis genommen, und wir werden sehen, was wir mit dieser Information machen. Frau Oomen-Ruijten zur Geschäftsordnung. Frau Präsidentin, im Rahmen von Artikel 108 bitte ich um Aufmerksamkeit für eine persönliche Bemerkung. Uns liegt eine Entschließung zur Todesstrafe auf den Philippinen vor. Wir lesen natürlich alle Texte ganz. Die Fraktion der EVP ist gegen die Todesstrafe. Es ist mir bewußt, daß ich mir in den fast neun Jahren, in denen ich hier bin, bestimmt einige Feinde gemacht habe, da ich es nicht jedem habe recht machen können. Es ist mir auch bewußt - darüber wissen die Kolleginnen und Kollegen mehr -, daß auch die Philippinen mit mir vielleicht noch eine Kleinigkeit zu regeln haben. Aber wenn ich den Text der Entschließung zu den Philippinen lese, whereas the newly elected President according to a Reuters report, has said on radio that he would not grant clemency to Oomen-Ruijten, one of those under sentence of death , dann geht mir das ein wenig zu weit. Ich fordere Sie daher auf, diesen Text in jedem Fall zu ändern. Vielen Dank, Frau Oomen-Ruijten. Wir kommen zur Abstimmung. Frau Präsidentin, ich möchte Ihnen eine Frage stellen. Auf Platz Nummer 85 sitzt jemand, der heute bereits einige Fotos von dieser Seite des Parlaments gemacht hat. Herr Seppänen macht regelmäßig Fotos von dieser Seite. Ich kann mir vorstellen, daß Kollege Hans-Gert Poettering sehr attraktiv ist, aber ich möchte lieber nicht, daß hier in diesem Hause Fotos gemacht werden. Ich möchte gerne wissen, was es damit auf sich hat. Es ist nicht gestattet, hier im Saal ohne Genehmigung zu fotografieren. Ich bitte, das abzustellen. Frau Präsidentin, ich möchte nur wissen, was mit dem Film geschieht und was damit gemacht wird. Ich hoffe, Sie haben sich wieder beruhigt, und wir können weiter abstimmen. Nein, Frau Präsidentin, wenn wir hier in diesem Hause gemeinsame Regeln haben, dann möchte ich Sie fragen, oder Sie fragen den angesprochenen Herrn, vielleicht kann er es selbst sagen, was er mit seinem Fotoapparat macht. Vielleicht hat er keinen Film eingelegt, dann bin ich zufrieden. Es ist nicht gestattet, ohne Genehmigung im Saal zu fotografieren. Wir werden diesen Vorfall behandeln, denn dieses Detail ist nicht geregelt, und es wird im Präsidium behandelt werden. Frau Präsidentin, wir sind alle Kollegen. Wir sind sehr offen in diesem Hause, und ich möchte gerne über Sie den Kollegen fragen, warum er fotografiert und ob er bereit wäre, den Film, den er in der Kamera hat, wenn etwas darauf ist, in jedem Falle auszuhändigen. Ich möchte hier jetzt keine detaillierte Diskussion. Als Abgeordneter ist er zu Recht im Saal, aber der Vorfall ist etwas ungewöhnlich, und deswegen werden wir im Präsidium über diesen Vorfall sprechen, und ich möchte jetzt keine Diskussion mehr zu diesem Thema. Frau Präsidentin, ich bitte jetzt wegen einer persönlichen Bemerkung im Namen dieser Seite des Hauses um Ihre Aufmerksamkeit. Der Herr möchte wohl antworten, und ich möchte ihn fragen, was er jetzt genau tut. Es ist nämlich nicht das erste Mal, daß ich das sehe. Herr Seppänen, möchten Sie eine Erklärung dazu abgeben? Frau Präsidentin, ich habe für mich zur Erinnerung Bilder von der Sitzung des Europäischen Parlaments genommen. Ich kann nicht dort hoch gehen und fotografieren, da ich Mitglied des Parlaments bin, und offensichtlich bin ich berechtigt, für mich selbst Erinnerungen festzuhalten. Frau Präsidentin, ich finde, daß es Regeln gibt und daß Kollege Seppänen dann seinen Film abgeben muß. Herr Cox zur Geschäftsordnung. Frau Präsidentin, ich frage mich, warum der geschätzte Kollege die Liberale Fraktion nicht photogen genug fand. Wir sind wirklich gekränkt, daß man uns ausgeschlossen hat. (Heiterkeit und Beifall) Ich würde sagen, damit ist die Angelegenheit erledigt. Wir können also unsere Arbeit fortsetzen. Damit könnten wir die Abstimmungen für heute beenden. Frau Präsidentin, ich bitte die Kollegen noch um einen Moment Aufmerksamkeit. Wir haben den Bericht Marinucci heute morgen fertig beraten. Es besteht keine Notwendigkeit, ihn zu verschieben, wir können durchaus abstimmen. Mit Ihrer bewährten Sitzungsleitung dürfte das auch nicht lange dauern. Die Sitzung geht heute bis 20.00 Uhr, und wir können nicht beliebig überziehen. Wir haben morgen eine ganze Reihe von Abstimmungen betreffend Frauenfragen, und deswegen wäre es sinnvoll gewesen, alles zusammenzufassen. Ich frage jetzt das Haus, ob Sie jetzt noch über den Bericht abstimmen wollen. Ihr Wunsch ist mir Befehl! (Das Parlament beschließt, die Abstimmung fortzusetzen.) Frau Präsidentin, könnten Sie mir sagen, ob die namentlichen Abstimmungen, die im Laufe der Abstimmungsrunde an diesem Abend stattgefunden haben, bei den Abgeordnetendiäten berücksichtigt werden. Falls ja, werden alle diejenigen, die den Saal nach den Abstimmungen von heute mittag etwas überstürzt verlassen haben, in der kommenden Woche eine Überraschung erleben. Herr Kollege Happart! Es ist die Regel, daß der Donnerstag voll zählt, mit allen Abstimmungen, die durchgeführt werden. Jeder einzelne Abgeordnete kennt ja die Konsequenzen, die damit verbunden sind. Frau Präsidentin, wir sind einer Meinung mit der Berichterstatterin. Ich möchte einen mündlichen Änderungsantrag einbringen, weil wir uns falsch verstanden haben. Wir fordern keine Gesetzgebung, um ein Recht auf Teilzeitarbeit zu schaffen, sondern eine Gesetzgebung zur Regulierung der freiwilligen Teilzeitarbeit. Der Text würde somit wie folgt lauten: "Richtet einen dringenden Appell an die Mitgliedstaaten, damit sie auf gesetzgeberischem Weg die freiwillige Teilzeitarbeit reglementieren und fordert die Kommission dazu auf, diesen Prozeß zu fördern und zu koordinieren." Wir können nämlich nicht verlangen, daß es für alle und überall ein Recht auf Teilzeitarbeit gibt. Die Unternehmen würden nicht mehr funktionieren. Das ist unrealistisch. Dies muß man doch begreifen, und die Berichterstatterin hat es auch begriffen. Die Berichterstatterin hat mir zugenickt, daß sie damit einverstanden ist. Ich glaube nicht, daß das äquivalent ist. Es geht hier um die Frage, ob die Betriebe durch ein klares Individualrecht gezwungen werden sollen, entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen. Das ist etwas ganz anderes als das, was Frau Lulling vorgeschlagen hat. Frau Lulling fordert nur eine gesetzliche Regelung der Materie. Hier geht es aber um ein klares Individualrecht. Das ist etwas anderes. Das durcheinander zu bringen, ist wirklich allerhand. Es wurde ein Antrag gestellt, und die Berichterstatterin stimmt dem zu. Wenn dies aber genehmigt werden soll, brauche ich auch die Zustimmung des Hauses, das heißt, wenn Einwände da sind, muß ich die respektieren. Wenn 12 Abgeordnete einen Einwand haben, kann ich das nicht abstimmen lassen, das heißt, weil der Einwand erhoben wurde und berücksichtigt werden muß, muß über den Antrag so abgestimmt werden, wie er ursprünglich ausgesehen hat. (Mehr als 11 Abgeordnete stehen auf, so daß der Änderungsantrag nicht aufrechterhalten wurde.) Frau Präsidentin, die Kollegin auf Platz 10 A benutzt das Mobiltelefon. Ich denke, es ist gegenüber uns anderen Mitgliedern nicht angebracht, hier im Saal zu telefonieren, und ich hoffe, daß Sie, Frau Präsidentin, darauf achten. Ein Mobiltelefon ist hier nicht gestattet. Ich hoffe nicht, daß jetzt noch jemand fordert, daß dazu auch noch eine Bandaufnahme erfolgt. Aber ich bitte Sie ganz herzlich, das zu unterlassen, das ist wirklich unmöglich! Frau Präsidentin, ich kann Kollege Seppänen mitteilen, daß ich gerade über den Generalsekretär unserer Fraktion, da dieses Telefon gestört war, versucht habe, mit meinem Mobiltelefon herauszufinden, was mit dem Film von Herrn Seppänen geschehen ist. Frau Präsidentin, danke, daß Sie abstimmen ließen und danke den Kolleginnen und Kollegen, daß sie den Bericht angenommen haben. Ich möchte jedoch sagen, daß es sehr schwerwiegend ist, daß gegen die Möglichkeit gestimmt wurde, einen Teil der Strukturfonds für das Problem der Frauenarbeitslosigkeit vorzubehalten. Ich weiß, daß es nicht stimmt, daß es Kommissar Flynn in Oporto gesagt hat, doch hätte er recht gehabt, wenn er es gesagt hätte, denn dann ist es das Parlament, das diese Mittel nicht anfordern möchte. Sie, Herr Kommissar, haben es in Oporto nicht gesagt, und heute vormittag gaben Sie uns dazu eine Erklärung; gesagt hatte es die Presse, Sie aber haben es verneint - und ich glaube daran -, doch könnten Sie es jetzt sagen: Das Parlament hat Ihnen heute leider gesagt - und ich weiß nicht weshalb -, daß es nicht richtig ist, einen Teil der Strukturfonds für die Frauenarbeitslosigkeit vorzubehalten. Ich weiß nicht, wer so abgestimmt hat, und ich weiß nicht, weshalb, doch ist es meines Erachtens ein Fehler. Frau Präsidentin! Es ist eine unglaubliche Schande für dieses Haus, daß wir wegen der Verbohrtheit einiger Fraktionen nicht in der Lage waren, einen Text zum Kosovo zu verabschieden, und das in dieser dramatischen Situation, die dort angesichts des unsagbaren Elends herrscht! Ich bin der Meinung, daß wir uns in der nächsten Zeit ganz energisch auf zwei Punkte konzentrieren müssen. Erstens die Demilitarisierung des Kosovo und Ersatz der dort marodierenden Söldner und Soldatengruppen durch eine internationale Friedenstruppe und zweitens Überführung von Polizei, Verwaltung und Gerichtsbarkeit in die Hände der gewählten Autoritäten des Kosovo. Auf dieses Mindestprogramm sollte man sich verständigen können. Darauf sollten wir uns konzentrieren, dann können wir uns solche Blamagen wie am heutigen Tag ersparen! Frau Präsidentin! Ich stimme mit Herrn Posselt überein, daß es eine Schande ist, daß wir uns nicht einigen konnten. Aber ich möchte Herrn Posselt und seine Freunde ersuchen, in dieser schwierigen Frage eine gemeinsame Linie zu suchen. Wenn Sie glauben, nur durch eine harte Linie eine Mehrheit zu bekommen, so haben Sie heute gesehen, daß das nicht möglich ist. Suchen Sie mit den Sozialdemokraten in diesem Hause in dieser wichtigen Frage eine gemeinsame Linie, dann werden wir uns auch einigen können. Wir haben in der Abstimmung zur KosovoEntschließung anders abgestimmt als die Mehrheit unserer eigenen Fraktion. Wir sind der Auffassung, daß der Einsatz militärischer Kräfte voraussetzt, daß der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dazu ermächtigt hat. Außerdem sind wir der Auffassung, daß weder das Europäische Parlament noch der Rat eine Position zum Einsatz militärischer Kräfte beziehen sollte, sondern die Beschlußfassung dazu ist Sache der NATO, der WEU und der einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Bericht Castagnède (A4-0252/98) Eine Überprüfung des Mehrwertsteuersystems ist wünschenswert. Dasselbe gilt für den Vorschlag für eine Richtlinie zur Durchführung eines Versuchs mit einem ermäßigten Steuersatz für gewisse arbeitsintensive Dienstleistungen. Eine direkte Annäherung der Mehrwertsteuersätze ist dagegen nicht erforderlich. Mehrere Länder mit hoher Mehrwertsteuer finanzieren ihren öffentlichen Sektor über die Mehrwertsteuer. Die französischen Sozialisten sind für eine allgemeine Senkung der Mehrwertsteuer, wie sie das auch im Wahlkampf vor eineinhalb Jahren gesagt haben. Die Mehrwertsteuer ist eine indirekte Steuer und damit unabhängig vom Einkommen wirksam; ich würde sogar behaupten, daß die ohnehin am stärksten benachteiligten Gesellschaftsgruppen die größten Nachteile davon haben, denn bei ihnen entfällt auf die Konsumausgaben der größte Anteil vom Gesamteinkommen. Gleichzeitig wissen wir natürlich, daß alles daran zu setzen ist, daß die Einführung des Euro unter vertrauensfördernden Bedingungen erfolgt, insbesondere in bezug auf einen ausgeglichenen Haushalt. Was ist also zu tun? Meines Erachtens müssen wir das Problem pragmatisch und vorsichtig, aber nichtsdestominder wirkungsvoll angehen, das heißt gezielt die Umsatzsteuersätze für bestimmte Waren oder Dienstleistungen senken, die wir für besonders wichtig erachten, und diese Möglichkeit bietet uns die periodische Revision von Anhang H der sechsten Richtlinie über die Umsatzsteuern. Zunächst denke ich an eine Senkung des Umsatzsteuersatzes für CD-ROMs, um so gleichzeitig für deren Gleichbehandlung mit Büchern zu sorgen und eine Zukunftstechnologie zu fördern, in der die EU unbedingt wettbewerbsfähig gemacht werden muß. Deshalb haben wir für den von der ARE-Fraktion eingereichten Änderungsantrag 4 gestimmt. Wir meinen auch, daß Umsatzsteuersenkungen beim Bau und bei der Renovierung von Sozialwohnungen ins Auge zu fassen sind, und auch bei der kollektiven Renovierung und beim Zugang der Ärmsten zur Justiz. Solche Instrumente sind in Frankreich bereits vorhanden - bzw. stehen im Fall der Sozialwohnungen kurz vor der Vollendung - aber wir meinen, daß wir da noch viel mehr tun müssen. Mehr bei der Mehrwertsteuersenkung und mehr bei der Koordinierung mit unseren europäischen Partnern. Im Interesse der Einheitlichkeit des Markts und der Harmonisierung der Steuern, und um unlauterem Wettbewerb entgegenzuwirken, müssen wir hier weitermachen und uns über diese Themen absprechen. Deshalb befürworten wir vom Sinn her die Änderungsanträge 3, 5 und 6 der ARE-Fraktion, in denen es vor allem darum geht, wie wichtig eine koordinierte Senkung ist. Schließlich unterstütze ich insbesondere den Antrag, den das Europäische Parlament laut Absatz 6 des Entschließungsantrags zum Bericht von Bernard Castagnède an die Kommission richtet, nämlich eine Richtlinie zu erlassen, mit der "versuchsweise" ein ermäßigter Umsatzsteuersatz auf bestimmte arbeitsintensive Dienstleistungen angewendet werden kann. Ich denke da insbesondere an Dienstleistungen im Haushalt, die auch in dem nationalen französischen Beschäftigungsplan enthalten sind, der nach dem außerordentlichen Beschäftigungsgipfel in Luxemburg ausgearbeitet wurde und den zu unterstützen sich die Kommission in ihrer Mitteilung vom 12. November 1997 über arbeitsintensive Dienstleistungen bereiterklärt hat. Ich muß allerdings hinzufügen, daß wir uns in diesem Bereich nicht auf Experimente beschränken können. Es muß unverzüglich eine verbindlicher Gesetzestext verabschiedet werden. Kommission und Rat sollten wissen, daß wir diesen Punkt entschlossen voranbringen werden. Es ist ein ganz entscheidender Punkt, der seit langem ein wichtiges Anliegen der französischen Sozialisten ist und auf der Überzeugung beruht, daß eine solche Maßnahme sowohl konsumfördernd als auch beschäftigungsfördernd ist. Der Bericht enthält einen umfassenden Vorschlag zur Harmonisierung der MWSt-Sätze der einzelnen Mitgliedsländer, sowie zu einer gemeinsamen Mehrwertsteuerregelung mit Abgabenberechnung im Hinblick auf das Ursprungsland, was wir nicht unterstützen können. Unserer Meinung nach ist die Steuer- und Abgabenpolitik eine rein nationale Angelegenheit, und die Union darf sich daher nicht in die Möglichkeiten der Mitgliedsländer einmischen, eine selbständige Wirtschaftspolitik zu führen. Im Bericht wird betont, daß ermäßigte MWSt-Sätze aus sozialen Überlegungen heraus sinnvoll sein können, um regressive Auswirkungen der Mehrwertsteuer zu vermeiden. Gleichzeitig wird betont, daß sich eine reduzierte Mehrwertsteuer günstig auf die Beschäftigung auswirken und zu einer Begrenzung der "Schwarzarbeit" führen kann. Wir stimmen diesen Überlegungen zu, nicht zuletzt deshalb, weil MWSt-Sätze auf u. a. Lebensmittel hohe und niedrige Einkommen gleich stark belasten und damit die verschiedenen sozialen Gruppen wirtschaftlich verzerrt treffen. Wir sind dagegen der Ansicht, daß es den einzelnen Mitgliedsländern überlassen bleiben muß, welche Sozial- und Arbeitsmarktpolitik sie führen wollen. Sozialpolitische Überlegungen dürfen nicht als Vorwand für mehr Integration in den verschiedenen Gebieten der Zusammenarbeit dienen. In dem Bericht wird weiter betont, daß die Rationalisierung und Modernisierung des Einsatzes der ermäßigten MWSt-Sätze ohne nennenswerten Einfluß auf den Umfang der öffentlichen Einnahmen bleiben muß. Das ist wichtig. In Dänemark haben wir einen harmonisierten MWSt-Satz von 25 Prozent, der damit wesentlich höher ist als in anderen Mitgliedsländern. Der Erlös aus dieser Einnahmequelle ist ein wichtiger Teil für die Finanzierung des dänischen Wohlfahrtsstaates. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig zu erwähnen, daß aus einer grundsätzlichen Anmerkung des dänischen Finanzministeriums zum Vorschlag des Europaausschusses des dänischen Parlaments zur Richtlinie des Rates zur Änderung der 6. MWSt-Richtlinie hervorgeht, daß eine Änderung der Abzugsregeln im Zusammenhang mit einer Einführung eines Erstattungssystems mit Rückzahlung von Mehrwertsteuern für den Einkauf in anderen Mitgliedsländern "einen Ertragsverlust für die Staatskasse in Höhe von 1-2 Milliarden Kronen mit sich führen würde" (Journal-Nr. 5.98-221-29 des Finanzministeriums). Die Durchführung des im Bericht dargelegten Vorschlags würde unweigerlich schwerwiegende wirtschaftliche Auswirkungen für die dänische Gesellschaft und dadurch auf die Höhe der öffentlichen Einnahmen haben. Diese wirtschaftlichen Konsequenzen halten wir für inakzeptabel. Gleichzeitig sind wir der Meinung, daß die Bürger und die gewählten Volksvertreter in den einzelnen Mitgliedsländern souverän über die wirtschaftlichen Ziele und Mittel zur Gestaltung ihrer Gesellschaften entscheiden sollen. Diese Entwicklung darf nicht von der EU diktiert werden. Der Bericht ist deshalb ein Schritt in die falsche Richtung. Ich kann nicht für diesen Bericht stimmen, da ich die Ansicht nicht teile, daß die Mehrwertsteuersätze harmonisiert werden sollten (Punkt 8). Ich bin auch nicht der Meinung, daß das Mehrwertsteuersystem auf dem Ursprungsprinzip aufbauen muß (Punkt 1). Ich hatte ja schon Gelegenheit wahrgenommen, einige Argumente zur Frage des ermäßigten MWStSatzes für beschäftigungsintensive Dienstleistungen und Produkte vorzutragen, irrtümlich zum Bericht von Herrn Secchi. Ich möchte hier nur noch kurz auf die Argumentation von Herrn Kommissar Monti eingehen. Ich halte es für durchaus attraktiv, hier das Kriterium der lokal oder regional begrenzten ökonomischen Bedeutung heranzuziehen, um eine Experimentierklausel mit dem grundsätzlich auch von uns unterstützten Ziel einer verbindlichen Harmonisierung, bzw. Koordinierung der Steuerpolitik in künftigen "Euro-Land" vereinbaren zu können. Nur würde ich mir wünschen, daß eine solche positive Bezugnahme auf lokal oder regional begrenzte ökonomische Kreisläufe auch sonst zu einem leitenden Gesichtspunkt der Politik der EU wird! Die Motive des Protektionismus (Änderungsantrag 2 der Fraktion der Unabhängigen für das Europa der Nationen) oder der Förderung bestimmter Branchen (Änderungsantrag 8 der Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke) sollten bei der schwierigen Weiterentwicklung des europäischen MWSt-Systems aber besser außer Betracht bleiben; denn so kommen wir niemals zu tragfähigen gemeinsamen Regelungen! Bericht Hendrick (A4-0202/98) Es ist inzwischen wohl unumstritten, daß die kleinen und mittleren Unternehmen, kurz KMU, in der Europäischen Union eine Schlüsselrolle einnehmen. Sie sind maßgeblich am europäischen Wirtschaftswachstum beteiligt und - was angesichts der momentanen Situation mit 20 Millionen Arbeitslosen in der Union von großer Wichtigkeit ist - einer der Hauptträger der Schaffung von Arbeitsplätzen. Und vergessen wir nicht, daß sich die Staats- und Regierungschefs auf dem Beschäftigungsgipfel von Luxemburg 1997 die Beseitigung dieser unhaltbaren Situation zum Ziel gesetzt haben. Es sei erwähnt, daß der Anteil der KMU an den in der EU tätigen Unternehmen 99, 8 % beträgt - wobei die kleinen und mittleren Unternehmen mehr als 80 % abdecken - in denen 66 % der Beschäftigten Europas arbeiten; ihr Unternehmensumsatz in der EU beträgt 65 %. Die Wichtigkeit dieser Unternehmen in der EU wird noch dadurch unterstrichen, daß diese einerseits auf Marktentwicklungen schnell reagieren und somit in der Vorantreibung neuer Technologien besonders wertvoll sind, sie sich andererseits auf Wirtschaftsnischen konzentrieren können und damit die Wettbewerbsfähigkeit Europas durch Schaffung von hochqualifizierten Technologie-Arbeitsplätzen gestärkt wird. Außerdem sind sie an der Stützung regionaler Entwicklungen maßgeblich beteiligt. Dies kann ich als Südtiroler bezeugen, da ich aus einer kleinen Region stamme, die eine gesunde Wirtschaft mit ausschließlicher Leistung von kleinen und mittleren Unternehmen besitzt. Die Unterstützung von seiten der EU sollte sich meiner Meinung nach besonders auf die Netze der Normung und der Ausbildung, das Umweltmanagement und den Zugang zu den Finanzquellen konzentrieren. Gerade in diesen Bereichen leiden die KMU besonders unter Hürden und Hemmnissen. Deshalb sollte die Kommission konkrete Programme für junge Unternehmer entwickeln, die die Ausbildung in Verwaltungstechniken, die Verwendung neuer Technologien und vor allem auch die Schaffung von Netzen zwischen Unternehmen fördern und unterstützen. Mit meiner Ausführung möchte ich unterstreichen, daß es höchst empfehlenswert wäre, mehrere Kapitalmärkte in der EU zugunsten der KMU zu schaffen. Dies auch aufgrund der Tatsache, da KMU häufig nur unter großen Schwierigkeiten Startund Investitionskapital erhalten. Kurz gesagt, ich stimme den Ausführungen des Berichterstatters Hendrick vollkommen zu. Ich möchte unsere Kollegen zu den beiden Berichten, zum einen über den Fünften Jahresbericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU und zum anderen über die Mitteilung der Kommission über Europäische Kapitalmärkte für KMU: Aussichten und potentielle Hemmnisse, beglückwünschen. In den KMU wurden in der Tat in diesem Jahr die meisten Arbeitsplätze geschaffen. Leider sind jedoch die europäischen Großinvestoren und die Banken gegenüber kleinen und mittleren Betrieben recht zurückhaltend, weil sie meinen, damit ein Risiko einzugehen. Dennoch verfügt Europa über bestimmte Kapitalmärkte für bestimmte Gruppen von KMU, zumeist sind es die innovativsten und leistungsstärksten. Nach wie vor ist die Anzahl der europäischen KMU, die an den Börsen notiert sind, gering im Verhältnis zu dem hier vorhandenen Potential, Wohlstand und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Mitteilung der Kommission geht also in die richtige Richtung. Dennoch sind die Punkte, die unser Berichterstatter vorgetragen hat, von grundlegender Bedeutung, und ich hoffe, daß die Kommission ihnen weitgehend Rechnung trägt. Insbesondere möchte ich betonen, wie wichtig es ist, daß der Binnenmarkt rasch vollendet wird, denn er ist die Grundlage für neue europäische Kapitalmärkte für KMU. Zudem besteht aller Anlaß zur Freude über die Tatsache, daß es im Fünften Jahresbericht des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU für das Jahr 1997 vorrangig um die Bewertung der Auswirkungen des Europäischen Binnenmarktes auf die KMU geht. Weiterhin enthält der Jahresbericht neue und interessante Gedanken insbesondere in den Bereichen Umwelt und Fremdenverkehr, denen man weiter nachgehen sollte. Diese beiden Bereiche sind Gegenstand einer sehr interessanten Analyse im Jahresbericht, bei der die Punkte herausgearbeitet werden, die für unsere KMU unüberwindbare Hindernisse waren (Berücksichtigung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei der Ausarbeitung von Umweltnormen, neue Märkte für ökologische Produkte, usw.). Herr Präsident, ich habe für diesen beiden Berichte gestimmt, und ich bin froh, daß das Plenum sie mit einer so breiten Mehrheit angenommen hat. Ich kann nicht für diesen Bericht stimmen, da ich nicht die Ansicht teile, daß man die Steuer auf Arbeitskraft senken muß (Punkt 11), um die Beschäftigung zu verbessern. Das ist direkt falsch. Ich teile auch die Meinung nicht, daß eine sogenannte Tobin-Steuer eine direkte Bedrohung der Kapitalmärkte darstellt (Punkt 13). Eine Tobin-Steuer ist ein wichtiges Element gegen die derzeitige Spekulationswirtschaft. Auch die in Punkt 12 dargelegten Ansichten teile ich nicht. Bericht Scarbonchi (A4-0255/98) Besonders erfreulich fällt bei der Lektüre des Fünften Jahresberichts des Europäischen Beobachtungsnetzes für KMU der strukturierte Gesamtüberblick auf, den das European Network for SME research zu den KMU und den Handwerksbetrieben im Europäischen Wirtschaftsraum vorgelegt hat. Zu unserer Zufriedenheit stellen wir fest, daß der Bericht, auch wenn er allgemein gehalten ist und eine große Anzahl von Themen abhandelt, dennoch von geistiger Unabhängigkeit zeugt. Wir stimmen dem Bericht auch insofern zu, als darin zwischen der Tätigkeit der Kommission und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ein Zusammenhang hergestellt wird; die KMU sorgen, das muß eigentlich nicht noch einmal gesagt werden, für Wachstum und Arbeitsplätze. In folgendem Punkt sind wir uns mit dem Ausschuß für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik einig: Es bleibt noch viel zu tun zur Verbesserung und Vereinfachung des behördlichen Umfelds der KMU und zur wirkungsvollen Ausrichtung der Gemeinschaftsbeihilfen ohne "Verschwendung" . Besondere Aufmerksamkeit haben wir folgenden zentralen Themen aus dem Bericht gewidmet: Verringerung der behördlichen Auflagen insgesamt, Verbesserung des steuerlichen Umfelds, Berufsausbildung, Förderung von Forschung und technologischer Innovation. Dennoch wollen wir unbedingt noch einmal darauf hinweisen, wieviel uns an der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips gelegen ist, gerade weil die betroffenen Unternehmen in der Regel - das liegt in der Natur der Sache - der Privatwirtschaft angehören. Wir halten für wichtig, daß hier keine Mentalität entsteht, die auf die passive Entgegennahme von Gemeinschaftsbeihilfen beschränkt ist, denn dadurch würde "passivem Handaufhalten" Vorschub geleistet. Den Verantwortlichen in den KMU darf der Unternehmergeist nicht verloren gehen. Sie müssen die Fähigkeit haben, neue Ideen zu entwickeln. Wir sollten uns deshalb nicht dazu verleiten lassen, sie durch behördliche Anforderungen, Gesetze und Vorschriften zu beamtenähnlichen "Verwaltungsmaschinen" machen zu wollen. Die Belastung durch Verwaltungsvorschriften, mit denen die KMU täglich konfrontiert sind und die immer schwerer auf ihnen lastet, muß unbedingt erleichtert werden. In Sachen Besteuerung, die in jedem Land anders ist, möchten wir aufgrund der Ergebnisse der jüngsten Debatten in dieser Runde daran erinnern, daß die Macht, hier Veränderungen herbeizuführen, nach wie vor der Souveränität der Einzelstaaten untersteht. Zum Abschluß, Herr Präsident, muß ich zu meiner Überraschung feststellen, daß im Bericht der Euro nicht erwähnt wird, obwohl dem Fremdenverkehrssektor ausführliche Erörterungen gewidmet sind. Ich habe nichts gegen den Inhalt dieses Berichts. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß diese Art Berichte zu der großen Menge unnötiger Arbeit gehören, die im Parlament geleistet wird. Kein anderes Parlament der Welt befaßt sich mit Jahresberichten über - wie in diesem Fall - eine "Europäische Beobachtungsstelle für kleine und mittlere Unternehmen" und stimmt über sie ab. Abgesehen von der Qualität dieses Berichts, die hoch ist, tragen solche Themen dazu bei, die Arbeit des Parlaments ins Lächerliche zu ziehen. Bericht Marinucci (A4-0272/98) Danke, Frau Präsidentin. Trotz einiger positiver Elemente konnte meine Fraktion nicht für Ihren Bericht stimmen, Frau Marinucci. Unser erster Änderungsantrag wurde abgelehnt, in dem wir im Namen der Entscheidungsfreiheit fordern, daß die Frauen die Möglichkeit haben müssen, selbst zu entscheiden, ob sie sofort berufstätig sein wollen oder erst später auf den Arbeitsmarkt gehen, um eine Reihe von Jahren der Geburt und Erziehung ihrer Kinder zu widmen. Trotz einiger positiver Punkte, insbesondere wenn Sie anerkennen, daß die Berücksichtigung der Betreuung versorgungsbedürftiger Personen innerhalb der Familie in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Diskussionsstoff bietet, kann ich doch die allgemeine Geisteshaltung nicht befürworten, die hinter ihrem Bericht steht. Sie ist eine kollektivistische sozialistische Option zur Betreuung der Kinder. Frau Marinucci, Kinder müssen nicht nur betreut werden; sie sind mehr als einfach ein Problem bei der Organisation des Berufslebens ihrer Eltern. Sie brauchen mehr denn je Erziehung, und die Frauen und Männer wollen sich gerne ihrer Erziehung widmen. Bei der Vorbereitung der Konferenz in Peking habe ich viele junge Frauen getroffen. Sie, Frau Marinucci, bedauern, daß die Frauen in Europa auf Berufstätigkeit verzichten müssen. Einverstanden, aber ich sage Ihnen auch, daß heutzutage viele junge Frauen in Europa bedauern, daß sie auf mehr Kinder verzichten müssen, weil eine echte Familienpolitik, die diese Bezeichnung auch verdient, in den Ländern Europas fehlt. Das wirkt sich negativ auf die demographische Struktur aus, und diese ist derzeit eine Ursache für die strukturbedingte Arbeitslosigkeit in Europa. Aber dieses Thema ist momentan in den europäischen Gremien tabu. Frau Präsidentin, mir wäre es lieber gewesen, wenn ich keine Erklärung zur Abstimmung hätte abgeben müssen, und ich verstehe, daß Frau Marinucci enttäuscht ist, denn sie hat sich große Mühe gegeben, um mit mir ein Terrain zur Verständigung über die Änderungsanträge zu finden. Sie hat sich mit uns auf unseren Änderungsantrag zu Absatz 4 geeinigt, aber leider hat Herr Wolf nicht richtig geschaltet und viele Kollegen in die Irre geleitet, denn weder Frau Marinucci noch ich wollen das, genauso wenig wie die anderen, die abgestimmt haben, ohne zu wissen wofür; deshalb haben sie dafür gestimmt, daß in den Mitgliedstaaten in Zukunft das Recht auf freiwillige Arbeit gesetzlich geregelt wird, bedingungslos und jederzeit. Wenn jemand freiwillig eine Teilzeitarbeit will, muß der Arbeitgeber sie ihm geben. Sie verlangen eine solche Gesetzgebung innerhalb der Gemeinschaft. Aber das ist vollkommen absurd. Wir wollen eine Regelung für die Teilzeit und zwar eine gute Regelung, wie es sie in meinem Land gibt. Es gibt auch in bestimmten Ländern unter bestimmten Bedingungen das Recht auf freiwillige Arbeit. Aber wenn jeder unabhängig von irgendwelchen Voraussetzungen bedingungslos, wie gesagt, und jederzeit ein Recht auf Teilzeitarbeit einfordern kann, dann funktionieren die Unternehmen nicht mehr. Aber wir wollen doch, daß die Unternehmen funktionieren. Frau Marinucci hat das sehr gut verstanden; sie hat gesagt, ja, das habe ich nicht gewollt. Ich bedauere das sehr, aber aus diesem Grund, Frau Präsidentin, mußten wir uns enthalten, weil man ja wirklich einiges von uns verlangen kann, aber nicht, daß wir für solche Ungereimtheiten stimmen. Ich schätze die Kollegin Marinucci sehr, aber diesen Antrag mußte ich ablehnen, da er ideologisch war, vollkommen gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen hat und etwa beinhaltet hat, daß alle jungen Frauen in der Europäischen Union nach ihrer Ausbildung ins Berufsleben eintreten sollen. Das ist doch völlig absurd! Frau Seillier hat beantragt, daß man es den Frauen selbst überlassen sollte, ob sie sich der Familie und dem Haushalt widmen wollen oder dem Berufsleben. Das wurde abgelehnt. Das ist doch ein ideologischer Wahn und ich muß wirklich sagen, daß wir uns als Europäisches Parlament mit dieser Art von Berichten bis auf die Knochen blamieren. Ich bin der Meinung, wir sollten wesentlich sorgfältiger mit solchen wichtigen Frauen- und Familienthemen umgehen! Der von Frau Marinucci erarbeitete Entschließungsantrag ist eine ausgezeichnete Zusammenstellung der Forderungen, die das Parlament im derzeitigen Kontext stellen muß. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die Punkte lenken, in denen es um die Teilzeitarbeit geht und die mir der Kern der Fragestellung zu sein scheinen. Die Teilzeitarbeit war der entscheidende Faktor für die Steigerung der Erwerbstätigkeit der Frauen in den neunziger Jahren. Der Großteil der Teilzeitarbeitsplätze - 83 % - ist mit Frauen besetzt. Die Teilzeitarbeit wird traditionell als positives Element dargestellt, das den Frauen die Möglichkeit bietet, Berufs- und Familienleben miteinander zu vereinbaren. Allerdings ergibt sich aus den Statistiken von Eurostat, daß viele Frauen, die eine Teilzeitarbeitsstelle haben, lieber eine Vollzeitstelle hätten, und daß die Arbeitsleistungen häufig zu später Stunde und am Wochenende erbracht werden müssen, so daß die Frauen bei ihren Bemühungen, Beruf und Familie zu vereinbaren, eher Nachteile in Kauf nehmen müssen, was im Widerspruch zu der genannten idyllischen Vision steht. Durch die Neuorganisation der Arbeitszeitgestaltung haben unsichere und atypische Beschäftigungsverhältnisse - Teilzeitarbeit, befristete Anstellungen, Zeitarbeit - beträchtlich zugenommen, die soziale Sicherung ist zurückgegangen und die Lebensqualität vieler Frauen hat sich verschlechtert. Im Gegensatz zu der inzwischen abgedroschenen Klischeevorstellung ist die Teilzeitarbeit nicht eine Entscheidung der Frauen, sondern zumeist eine Entscheidung der Arbeitgeber, die eine Einschränkung für die Frauen bedeutet, die davon betroffen sind. In der Industrie und in verantwortungsvollen Stellungen gibt es nur wenig Teilzeitarbeitsstellen, es gibt sie meist nur bei Tätigkeiten mit geringer Qualifikation und in bestimmten Sektoren. Zudem können sich Teilzeitbeschäftigte nur selten um Weiterbildung kümmern, da dem oftmals die Arbeitszeiten bei Teilzeitarbeit entgegenstehen. Frau Prof. Danièle Meulders von der Freien Universität Brüssel hat die Probleme der Teilzeitbeschäftigten bei der Inanspruchnahme sozialer Leistungen aufgezeigt. Knapp die Hälfte der Teilzeitbeschäftigten ist bei Arbeitslosigkeit in keiner Weise geschützt. Berichterstatterin Marinucci hat ihrerseits zu Recht darauf hingewiesen, daß die Richtlinie über die Teilzeitarbeit aus dem Jahre 1997 die Sozialversicherung in keiner Weise umfaßt und daß den Mitgliedstaaten darin ausdrücklich erlaubt wird, an einzelstaatlichen Obergrenzen festzuhalten, wodurch so viele Teilzeitkräfte vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen werden. Unsere Berichterstatterin ist der Meinung, daß wenn heute auf dem Arbeitsmarkt Teilzeitarbeit gefördert werden soll, es von größter Bedeutung ist, daß sie auch auf qualifizierte Arbeit ausgedehnt wird, daß auch Männer zur Aufnahme von Teilzeitarbeit ermutigt werden und daß alle Teilzeitkräfte Zugang zur Weiterbildung und zu anteilmäßigen sozialem Schutz erhalten. Dennoch möchte ich mir die Bemerkung erlauben, daß es hier möglicherweise nur bei frommen Wünschen bleibt, denn ich sehe nirgends den politischen Willen zur Durchsetzung. Der radikalste Vorschlag zur Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen in Europa wäre, wenn die Teilzeitarbeit drastisch reduziert würde und bei Vollzeitarbeit die Arbeitszeit für alle, Männer und Frauen, insgesamt verkürzt würde, es sei denn natürlich es kommt die Vollbeschäftigung für alle. Da das ohne Arbeitskampf und ohne langfristige Reformen nicht erreicht werden kann, muß die Europäische Union, wenn sie die Öffentlichkeit wirklich davon überzeugen will, daß sie die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Arbeitsmarkt fördern und die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Arbeitslosigkeit abbauen will, zunächst jede Arbeitsmarktpolitik systematisch daraufhin prüfen, inwiefern sie sich notwendigerweise auch diskriminierend auswirkt. Für den nächsten europäischen Beschäftigungsgipfel müßten von jedem Mitgliedstaat folgende Informationen angefordert werden: 1.Alter- und geschlechtsspezifische Verteilung der Arbeitsplätze; 2.Entscheidungsgründe für Teilzeitarbeit bei den Unternehmen und in der nationalen Politik; 3.Stundenlöhne bei Teilzeitarbeit; 4.Berufsbezogene Kennziffern für die Aufteilung in Teilzeit- und Vollzeitstellen; 5.Qualifikationsniveau für Teilzeitstellen; 6.Beziehung zwischen Teilzeitarbeit und Armut; 7.Auswirkungen der Teilzeitarbeit auf die Renten und auf andere Ersatzeinkommen; 8.Auswirkungen auf das Einkommen im Verlauf des Arbeitslebens; 9.Zugang zu Vorruhestandsregelungen.Ausgehend von diesen Daten könnte dann Mithilfe genauer Statistiken ermittelt werden, inwiefern Teilzeitarbeit für die Frauen diskriminierend ist. Aber man könnte dabei auch noch weiter gehen und einzelne Mitgliedstaaten, wenn sie ihren Aktionsplan vorlegen, zu folgenden Punkten befragen: 1.Welche Wirkung hat potentiell jede der einzelnen vorgeschlagenen Politiken auf die Lage der Frauen hinsichtlich Umfang und Qualität der Arbeit?2.Welche Maßnahmen werden bei der Ausbildungspolitik ergriffen, damit Frauen dort gleichberechtigt mit den Männern berücksichtigt werden, und welche Vorschläge werden insbesondere für Teilzeitbeschäftigte gemacht?3.Wie gedenken Länder, die die Teilzeitarbeit für die beste Lösung zur Aufteilung der Arbeit halten, die Teilzeitarbeit auf Männer und auf qualifizierte und gut bezahlte Stellen auszudehnen, und welche Maßnahmen werden ergriffen, damit Teilzeitbeschäftigte ausreichende Renten und ausreichendes Arbeitslosengeld bekommen.Zum Abschluß noch eine allgemeine Bemerkung. Kommissar Mario Monti hat aufgezeigt, daß diejenigen Mitgliedstaaten, die das Kapital im eigenen Land behalten wollten, sich den Marktgesetzen beugen und die Kapitalbesteuerung in 12 Jahren um 10 % senken mußten. Und da sie Ersatzeinnahmen finden mußten, haben sie im selben Zeitraum die Steuern auf die Arbeit um 20 % erhöht. Die Steuern auf die Arbeit sind, so Kommissar Monti, zu einem Drittel Ursache für die Arbeitslosigkeit in Europa. Lassen Sie diese Zahl auf sich wirken, sie steht im Zusammenhang mit der Entwicklung der Informationstechnologie und mit der Tatsache, daß von den vier in der Einheitlichen Akte genannten freien Märkten der freie Kapitalverkehr, entgegen den Wünschen der Begründer Europas, als erster realisiert wurde. Angesichts der zunehmenden Arbeitslosigkeit der Frauen in Europa ist dieser Initiativbericht von Kollegin Marinucci besonders wichtig. Die Quote der arbeitslosen Frauen betrug im Februar 98 12, 3 % und für Männer 8, 9 %. In allen Ländern Europas außer Schweden ist die Arbeitslosenrate der Frauen höher. Der Ausschuß fordert daher in seiner Entschließung, daß die Kommission genauere Statistiken zu den Beschäftigungszahlen nach Geschlechtern aufgeschlüsselt erarbeitet. An die Mitgliedsstaaten appelliert der Ausschuß, das Recht auf Teilzeitarbeit gesetzlich zu regeln; die Sozialpartner sollen ein Rahmenabkommen über atypische Beschäftigungsverhältnisse abschließen, und die Kommission soll einen Vorschlag über eine Rahmenrichtlinie über Kinderbetreuungseinrichtungen in den Mitgliedstaaten vorlegen. An den Ausbildungsprogrammen sollen auch Frauen, die nicht arbeitslos gemeldet sind, teilnehmen können. Es freut mich, daß bei der Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien der EU Österreich in seinem nationalen Aktionsplan für Beschäftigung besondere Maßnahmen zur Herstellung der Chancengleichheit verankert hat, die nicht nur in Säule IV des NAP, sondern im Sinne des Konzepts gender mainstreaming auch in den anderen Säulen berücksichtigt werden. So werden wir uns bemühen, diesem Aspekt bei der Diskussion zur Weiterentwicklung der beschäftigungspolitischen Leitlinien sowie der strukturpolitischen Maßnahmen noch mehr Beachtung zu verschaffen und dessen Einbeziehung in sämtliche Politikbereiche der Europäischen Union zu forcieren. Herr Fabre-Aubrespy zur Geschäftsordnung. Frau Präsidentin, ich hatte vorhin bei der Abstimmung um das Wort gebeten. Ich habe dann nicht weiter darauf gedrängt, denn Sie haben es mir nicht erteilt, aber vorhin wollte ich doch bei der Abstimmung über die Entschließung zur Lage im Sudan, genauer gesagt über Änderungsantrag 1 zu Absatz 6, etwas sagen, denn das mußte ja zumindest irgendeiner für das Protokoll festhalten, weil da ein eklatanter Widerspruch vorliegt. Sie hatten über den ursprünglichen Text und über den Änderungsantrag getrennt abstimmen lassen. Sie haben zunächst über den ursprünglichen Text und dann über den Änderungsantrag abstimmen lassen und sind dann wieder zum ursprünglichen Text zurückgekommen. Sie haben also anstatt zwei drei namentliche Abstimmungen durchgeführt, und das verursacht uns erhöhte Kosten, denn ein namentlicher Aufruf kostet 8000 französische Francs. Zudem haben Sie sich selbst widersprochen, denn auf Ihre Weisung hin hat das Plenum zunächst gegen den ersten Teil des von ihnen sogenannten Änderungsantrags gestimmt, das heißt den ursprünglichen Text von Artikel 6, bis Sie nachher über eben diesen Artikel 6 erneut haben abstimmen lassen und er angenommen wurde. Im Protokoll gibt es also in bezug auf die namentlichen Abstimmungen zwei Widersprüche, zwei widersprüchliche Abstimmungen, und darauf wollte ich doch hingewiesen haben. Denn irgendwann muß man doch verstanden haben, daß ein Änderungsantrag nicht der ursprüngliche Text ist. Wenn eine getrennte Abstimmung über einen Änderungsantrag verlangt wird, dann bedeutet das, daß eben nicht zuerst über die Änderung und danach über den ursprünglichen Text abgestimmt werden kann. Herr Fabre-Aubrespy, das ist ein Mißverständnis. Wir haben zuerst über den Änderungsantrag abgestimmt. Er wurde abgelehnt, und zwar in zwei Teilen. Dann wurden beide Teile einzeln für sich abgelehnt, und dann wurde über den Antrag in seiner ursprünglichen Form abgestimmt, denn die einen wollten nur den einen Teil, die anderen nur den anderen. Dann muß aber noch einmal - wenn das abgelehnt wird - über den ursprünglichen Text abgestimmt werden. Es wurden ja nur die Teile abgelehnt, aber nicht das Ganze. Nach der Tagesordnung folgt die Fortsetzung der Aussprache über den Bericht (A4-0270/98) von Frau Colombo Svevo im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau über die Rolle der Genossenschaften bei der Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen. Frau Präsidentin! Herr Kommissar! Ich möchte Frau Colombo Svevo für ihren Beitrag zu der gemeinsamen Anstrengung danken, die in der gesamten Europäischen Union zur Förderung und Schaffung von Arbeitsplätzen unternommen wird. Diese Anstrengung beinhaltet die Suche nach neuen Arbeitsformen und nach neuen Formen der Arbeitsorganisation und führt zu einer Ausrichtung der soziale Sicherung an der Beschäftigung. Dieser Bericht erforscht und präsentiert mit großer Genauigkeit und viel sozioökonomischem und innovativem Sachverstand, wie die Genossenschaften und die Unternehmen der Sozialwirtschaft zur beruflichen Eingliederung von gering qualifizierten Frauen ohne Berufserfahrung oder von Frauen, die aus familiären Gründen jahrelang außerhalb des Arbeitsmarktes waren, beitragen können. Diese Unternehmen erlauben es, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, und bieten zu angemessenen Preisen wesentliche, hochwertige Dienstleistungen in erster Linie für benachteiligte Bevölkerungsgruppen an. Die Genossenschaften können aufgrund der Mitwirkung ihrer Mitglieder und ihrer Flexibilität - und aufgrund der dringenden Nachfrage des Sektors nach Dienstleistungen, insbesondere im Bereich Gesundheit und Soziales - Arbeiten, die traditionell allein von Frauen und ohne gesellschaftliche Anerkennung oder wirtschaftliche Gegenleistung verrichtet wurden, in eine bezahlte unternehmerische Tätigkeit verwandeln. Unsere Gesellschaft steht vor ernstzunehmenden demographischen und sozialen Herausforderungen, durch die ältere Menschen und behinderte Kinder betroffen sind und die auch Auswirkungen auf die mangelnde wirtschaftliche Selbständigkeit der Frau mit der daraus folgenden Ausbreitung der Armut unter Frauen haben werden. Die Berichterstatterin fordert von der Kommission ein Weißbuch, in dem die überaus positiven Erfahrungen der verschiedenen europäischen Länder sowie die geschlechtsspezifische Dimension dieser Erfahrungen gesammelt werden. Sie fordert ferner Unterstützung vom Europäischen Sozialfonds, um das weibliche Unternehmertum in diesem neuen Genossenschaftssystem zu fördern und verstärkt zur Schaffung von Konsortien, Netzen und Agenturen der Sozialwirtschaft beizutragen, die Beratungsdienste, Aus- und Weiterbildung und organisatorische Unterstützung anbieten, im Hinblick auf die Gesetzgebung tätig werden und Zugang zu Krediten sowie finanzielle und steuerliche Anreize bieten. Herr Kommisar! Der Vertrag von Amsterdam verleiht der Europäischen Union ein neues Mandat bei der Bekämpfung der Ausgrenzung mit innovativen Maßnahmen. Sie werden in diesem Bericht vorgeschlagen, und wir wollen diese unterstützen. Wir hoffen, daß Sie sich ebenso verhalten werden. Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr verehrte Kollegen! Demographische Umfragen ergeben, daß Menschen heute immer älter werden und daher auch der Bedarf an bestimmten sozialen Dienstleistungen steigt. Dies gilt vor allem für Frauen ohne gute Ausbildung, die von der Härte des Arbeitsmarkts wahrscheinlich am stärksten betroffen sind. Dem Einsatz dieser Frauen im Dienstleistungssektor stehen aber oft sehr hohe Lohnnebenkosten entgegen, und es droht daher ein Abdriften in die Schattenwirtschaft. Aus diesem Grunde sollten alle Modelle, die anders sind, wie Genossenschaften, Vereine oder Hilfswerke, verwendet werden, um diesen Problemen entgegenwirken zu können. Die Europäische Union hat 1993 in ihrem Weißbuch Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung eine Strategie zur Schaffung von mehr Arbeitsplätzen definiert und empfiehlt eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Ein neues Weißbuch zur Ergänzung ist zu begrüßen. Die Europäische Kommission rechnet explizit die häusliche Dienstleistung zu jenem Bereich, in dem Arbeitsplätze in großer Zahl geschaffen werden können. Eine Möglichkeit wäre ein sogenannter Dienstleistungsscheck, der die sozialversicherte Tätigkeit in privaten Haushalten erleichtert, weil der Arbeitnehmer mit diesem Scheck automatisch sozialversichert wäre, auch bei geringfügiger Beschäftigung. Durch dieses Modell bietet sich vor allem für viele Frauen in sozialwirtschaftlichen Dienstleistungen eine Chance. Der Nachteil dabei ist sicherlich, daß niedrige Lohnverhältnisse bestehen. Doch sollte dabei nicht übersehen werden, daß diese sozialen Dienstleistungen einen guten Start für arbeitslose, weniger qualifizierte Frauen bedeuten. In diesem Sinne hoffe ich, daß diese angeführten Modelle ein weiterer Schritt in Richtung einer gerechteren Eingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt bedeuten. Herr Präsident, vorab möchte ich Frau Colombo Svevo zu der hervorragenden Qualität ihres Berichts beglückwünschen. Sie hat zu Recht hervorgehoben, welch bedeutende Rolle die Genossenschaften und die Sozialwirtschaft im allgemeinen und auch in Zukunft bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Förderung von Chancengleichheit spielen werden. Die Sozialwirtschaft wird es uns ermöglichen, eine ganze Reihe der zukünftigen Herausforderungen zu bewältigen und Arbeitsplätze zu schaffen, die häufig sicherer und langfristiger sind, eine bessere soziale Absicherung und bessere Arbeitsbedingungen bieten und gleichzeitig Gewinne erzielen, die umverteilt und wieder investiert werden. Im Bericht wird darauf hingewiesen, daß die Sozialwirtschaft bislang unbefriedigte Bedürfnisse erfüllen kann, die wir als neue potentielle Quellen für Arbeitsplätze, insbesondere für Frauen, betrachten sollten. Wir sollten uns klarmachen, daß in den beschäftigungspolitischen Leitlinien von 1998 ein separater Pfeiler existiert, in dem es um Chancengleichheit für Frauen und Männer geht. Maßnahmen zur Förderung von Chancengleichheit sind ein wesentlicher, aber völlig neuer Bestandteil der Politik, welche die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zum Ziel haben. Der in diesem Bericht beschriebene Ansatz läßt sich sehr gut mit unserer Beschäftigungsstrategie vereinbaren und insbesondere mit dem darin enthaltenen Aspekt der Chancengleichheit. Wir haben es hier mit einem guten Beispiel des Mainstreaming zu tun, worüber wir in diesem Haus bereits ausführlich gesprochen haben. Ich möchte nun auf einige der angesprochenen Punkte etwas näher eingehen. Im Bericht heißt es, daß europäische Statuten für diese Bereiche aufgestellt werden müssen. Europäische Statuten haben für die Kommission weiterhin Priorität, obwohl dem Rat seit 1993 Anträge für Richtlinien und Verordnungen vorliegen. Ich bin auch der Meinung, daß ein klar formulierter rechtlicher und steuerlicher Verordnungsrahmen in diesem Bereich erforderlich ist, damit eine angemessene Entwicklung im Binnenmarkt gewährleistet werden kann. Die Kommission wird sich eingehend mit der Forderung nach einer Studie über die Dimension und die Auswirkungen der Sozialwirtschaft beschäftigen, d. h. sie wird die Auswirkungen auf die Erwerbstätigkeit, insbesondere von Frauen, analysieren. Die Kommission wird sich auf die Arbeit des Beratenden Ausschusses Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Vereine und Stiftungen (GGVS) stützen, der am 13. März dieses Jahres von der Kommission eingerichtet wurde. Der Beratende Ausschuß ist und bleibt eine der Hauptquellen der Kommission für Beratungen und Informationen zur Lage an der Basis. Darüber hinaus können wir uns auf die Erfahrungen von Gemeinschaftsinitiativen wie der für die Behinderten und bestimmte benachteiligte Gruppen NOW, der zur Förderung der Chancengleichheit für Frauen in Beschäftigung und Berufsbildung wie Horizon oder der lateinamerikanischen Kinderhilfsorganisation Integra und ähnliche Programme stützen. Wir werden im kommenden Jahr einen vollständigen Bericht über Freiwilligkeitsvereinigungen und -stiftungen vorlegen. Dieser Bericht wird Empfehlungen darüber enthalten, wie die soziale und wirtschaftliche Rolle der Freiwilligkeitsvereinigungen und -stiftungen verbessert werden kann. Am 30. November und 1. Dezember soll in Bologna eine europäische Konferenz über genossenschaftliches Unternehmertum im Jahr 2000 stattfinden. Dies wird von großem Nutzen sein, da wir aufgrund der Schlußfolgerungen dieser Konferenz entscheiden können, wie wir der Forderung von Frau Svevo nach einem Weißbuch über Genossenschaften und Sozialunternehmen am besten nachkommen. Ebenso wird sich die Kommission eingehend mit der Frage nach der Bereitstellung von Fördermitteln auseinandersetzen, um insbesondere Frauen im sozialwirtschaftlichen Raum bei der Unternehmensgründung zu unterstützen. Ich stimme Frau Bennasar Tous zu, daß der Sozialfonds hierbei eine Rolle spielt und in diesem Bereich vielleicht effektiver eingesetzt werden könnte. Im Rahmen des dritten mehrjährigen Programms für kleine und mittlere Unternehmen von 1998 haben wir eine Ausschreibung für die Einreichung von Pilotprojekten zum Thema Ausbildung der Partner von Ehepartnern gestartet. Des weiteren haben wir eine Ausschreibung gestartet, die sich unter anderem auf Unternehmenrinnen bezieht und mit Hilfe derer wir herausfinden möchten, welche Bedürfnisse Frauen bei der Gründung und Führung von Unternehmen haben. In Zusammenarbeit mit der schwedischen Nationalbehörde für industrielle und technische Entwicklung sind wir derzeit auch mit der Vorbereitung einer Konferenz über Unternehmerinnen beschäftigt, die vom 30. November bis zum 2. Dezember in Stockholm stattfinden soll. Die Kommission wird die Einrichtung und Vernetzung von sozialwirtschaftlichen Agenturen in Europa unterstützen, die gemeinsam von den öffentlichen Behörden und dem sozialwirtschaftlichen Sektor betreut werden könnten. Diese wären dann verantwortlich für die Bereitstellung von Informationen, Dokumentationen, Aus- und Fortbildungen sowie für die Beratung und technische Hilfe bei der Planung von Projekten und insbesondere bei Partnerschaften zur Beschaffung von Geldern und finanziellen Bürgschaften. Die Kommission wird sich weiterhin nach Kräften bemühen, die Entwicklung der Sozialwirtschaft im Rahmen der unterschiedlichen Maßnahmen und Initiativen der Europäischen Union zu fördern. Sie wird alles daransetzen, das Ziel der Chancengleichheit für Frauen und Männer zu verwirklichen und Unternehmen in der Sozialwirtschaft, insbesondere die von Frauen geführten Unternehmen, so gut wie möglich zu unterstützen, damit sie zu einem wesentlichen Bestandteil des sozialen und wirtschaftlichen Lebens in der Union werden. Hier haben hier ein beträchtliches Potential, und wir werden unser Bestes tun, damit dieses Potential genutzt wird. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 9.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A4-0273/98) von Frau García Arias im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau über die Situation der ledigen Mütter und Alleinerziehenden. Herr Präsident! Herr Kommissar! Verehrte Kollegen! Zunächst möchte ich erwähnen, daß es zwei Korrekturen am Text gibt. Bei der Abstimmung im Ausschuß über diesen Bericht haben wir zwei Hinweise auf zwei Länder gestrichen, und zwar in Erwägung F das Vereinigte Königreich und in Ziffer 12 den Begriff "das in den Vereinigte Staaten praktizierte Modell" . Ich bitte Sie, dies bei der Abstimmung zu berücksichtigen. Es ist in der Tat so, daß es bei diesem Thema um eine wichtige Gruppe von Familien in der Europäischen Union geht. Infolge der demographischen Veränderungen, der sich abzeichnenden Veränderungen bei den kulturellen und sozialen Verhaltensmustern taucht, wenn auch in unterschiedlichen Formen in den verschiedenen Ländern, ein sich ausbreitendes Phänomen aus: ein neuer Familientyp, Familien mit nur einem Elternteil. Auch wenn es Männer gibt, die aus verschiedenen Gründen alleinverantwortlich für ihre Kinder sorgen, geht es im Grunde in diesem Bericht in erster Linie um alleinerziehende, unverheiratete, getrennt lebende, geschiedene, verwitwete oder verlassene Mütter, die sich, allein auf sich gestellt, dem Leben stellen und bei dem Versuch, ihren Kindern und in manchen Fällen anderen Familienangehörigen eine Zukunft zu ermöglichen, mit allerlei Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Diese Aussprache ist erforderlich, denn in dieser Zeit, die durch Wirtschaftswachstum und - welch ein Widerspruch! - Haushaltskürzungen, von Einschnitten bei den Sozialausgaben und großen Reden zu Begriffen wie Wettbewerbsfähigkeit und Vermittelbarkeit aller Menschen, zu Begriffen wie Arbeitsethik in Gesellschaften mit hohen Arbeitslosenquoten bei den Frauen und unsicheren Arbeitsplätzen gekennzeichnet ist, zeitigen einige Modelle allmählich Wirkung - es trifft zu, daß diese von jenseits des Atlantiks stammen -, die anscheinend die Sozialleistungen in Frage stellen. Glücklicherweise schützen diese Sozialleistungen diese Frauen und ihre Familien, die in einige Fällen als soziale Schmarotzer hingestellt werden sollen, die bewußt das System der soziale Wohlfahrt mißbrauchen. Interessanterweise sind einige der Stimmen der Anklage - und wir haben heute vormittag einige gehört - identisch mit denen, die gesellschaftliche Werte wie Mutterschaft beschwören, die die Familie als die grundlegende Zelle der Gesellschaft verteidigen und die bisweilen dafür plädieren, daß Hausfrauen, natürlich auf Kosten des Sozialbudgets, ein Gehalt und soziale Sicherung erhalten. Diese Aussprache findet nach den ausgezeichnete Berichten der Kolleginnen Marinucci und Colombo Svevo statt, die ein deutliches Bild gezeichnet haben der Lage der Frau im Arbeitsmarkt sowie der Probleme bei der Ausbildung, in bezug auf die fehlenden erschwinglichen Infrastrukturen für die Kinderbetreuung, in bezug auf die Diskriminierung beim Zugang zur Beschäftigung und im Hinblick auf die Notwendigkeit, daß viele Ehegatten auch ihren Teil der Verantwortung im Haushalt und bei der Kinderbetreuung übernehmen. Wenn dies also die Lage für die Mehrheit der Frauen ist, können wir uns die zusätzlichen Schwierigkeiten dieser Familienkerne vorstellen, in denen keinerlei Einkünfte durch den anderen Ehegatten beigesteuert werden und schon gar nicht eine Person vorhanden ist, von der man wenigstens die Mitverantwortung bei der Verrichtung der Haushaltsarbeiten einfordern kann. Ich meine, daß man nicht übertreibt, wenn man sagt, daß es hier um eine dieser sozialen Risikogruppen geht, die einer Situation der Armut, des schulischen Versagens der Kinder und der sozialen Ausgrenzung ausgesetzt sind. Daher benötigen Alleinerziehende Beihilfen und spezielle Beratung verschiedener Art sowie die Unterstützung der öffentlichen Verwaltungen, auch wenn einige dieser Frauen oder Familien eine Beschäftigung gefunden haben. Bedauerlicherweise handelt es sich dabei zumeist um schlecht bezahlte und unsichere Tätigkeiten. Dieser Bericht fordert von der Kommission und den Mitgliedstaaten, daß sie eine ernsthafte Debatte führen über die Hindernisse, denen sich diese Frauen gegenübersehen, und unter Einbeziehung der Strukturfonds politische und wirtschaftliche Leitlinien ausarbeiten, die ihrer sozialen Eingliederung und wirtschaftlichen Unabhängigkeit förderlich sind; ferner fordert er ausdrücklich die Kommission auf, eine Untersuchung über die Zurückhaltung und Diskriminierung vieler Arbeitgeber durchzuführen, wenn sich eine Bewerberin mit Kindern vorstellt. Wenn dies schon zur Regel wird, Herr Kommissar, dann können wir der besonderen Schwierigkeit gewahr werden, die sich bei der Einstellung dieser Frauen ergibt, wenn Unternehmer wissen, daß sie diese familiäre Verantwortung allein tragen. In diesem Bericht - das möchte ich zum Schluß sagen - wird jedoch auch an die Verantwortung der Väter oder - in geringerem Maße - Mütter appelliert, die der Familie fernbleiben, und gefordert, daß die Abfassung von Scheidungsvereinbarungen und andere Maßnahmen und gesetzliche Regelungen verbessert wird, damit beide Elternteile ihren Verpflichtungen nachkommen können. Herr Präsident! Der Bericht von Frau García Arias muß im Gesamtzusammenhang gesehen werden, auch mit dem Bericht Marinucci, über den wir heute bereits abgestimmt haben. Ich hoffe, daß der Sozialministerrat am 5. Oktober die Schlußfolgerungen des Hohen Hauses in seine Beschlüsse einbezieht, denn gerade die alleinerziehenden Mütter, auf die sich dieser Bericht ja besonders konzentriert, brauchen dringend Maßnahmen. Wir verkennen natürlich nicht, daß in erster Linie die Mitgliedsländer ihre Verantwortung wahrnehmen müssen; auch die Sozialpartner müssen mehr für alleinerziehende Mütter tun. Aber auch die Europäische Union hat hier eine große Verantwortung. Das Armutsrisiko in der Union steigt - besonders in Deutschland ist das deutlich an den Statistiken abzulesen -, wenn Frauen und Männer sich scheiden lassen. Die dann Alleinerziehenden driften sehr schnell in die Sozialhilfe ab und kommen auch sehr schlecht wieder heraus. Deswegen sind die hier vorgeschlagenen Schritte, vor allen Dingen hinsichtlich einer guten und bezahlbaren Kinderbetreuung, unverzichtbar. Hierbei gibt es noch große Lücken in der Europäischen Union. Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt hinweisen. Bei Scheidungen wird in Ziffer 18 und 16 vorgeschlagen, ein gemeinsames Sorgerecht für die Eltern anzustreben. Auf der anderen Seite befürchte ich aber, daß dies bei Fragen, in denen die Eltern sich nicht einig sind, zu Lasten der Kinder geht. Ich möchte dafür plädieren, eindeutige Regelungen zu schaffen, die die Kinder nicht benachteiligen. Zu der Reform der Strukturfonds: Hier wird ganz deutlich, daß wir das gender mainstreaming verankern müssen. Im Bericht Marinucci war für die Einbeziehung von Frauen kein Prozentsatz festgeschrieben, aber gemäß den Leitlinien für Beschäftigung darf nicht nur auf die Chancengleichheit hingewiesen werden, sondern es ist speziell für die Alleinerziehenden ein doppelter Schwerpunkt notwendig. Wir müssen für neue Modelle offen sein, z.B. für die Einführung von Zeitabschlägen in Tarifverträgen für Alleinerziehende. Ich danke der Berichterstatterin für die von ihr geleistete Arbeit, bei der sie auch den verschiedenen im Ausschuß vertretenen Standpunkten Rechnung getragen hat. Wir hatten es hier mit einem bedeutenden Phänomen zu tun, das sich ständig ausweitet: 10 % der Familien mit Kindern befinden sich in einer solchen Situation. Es handelt sich hierbei um sehr unterschiedliche Situationen: Scheidungen, Trennungen, außereheliche Kinder; alle diese Situationen zeigen eine Schwäche der Familienstruktur, worüber eingehende Überlegungen angestellt werden müßten, wenn wir nicht lediglich eine Art neutrale Beobachtungsstelle solcher Veränderungen sein, sondern vielmehr auch die Gründe, d.h. die zwischen der Familie, die in der Europäischen Union noch als ein Wert empfunden wird, und den Verhaltensweisen, die sie oft schwächen, bestehende Kluft begreifen wollen. Obwohl ich mir dessen bewußt bin, daß bei diesem Thema zwischen uns Meinungsverschiedenheiten, und sogar erhebliche, bestehen, muß meines Erachtens den von der Berichterstatterin getroffenen Entscheidungen zugestimmt werden, durch die im Grunde genommen jenen Familien, die gewisse Schwächen beinhalten, eine Unterstützung - sei es fürsorglicher oder wirtschaftlicher Art - sichergestellt werden soll; noch dramatischer wird die Schwäche, wenn man weiß, daß bei 85 % solcher Familien mit einem Elternteil Frauen das Familienoberhaupt sind. Hier stößt man auf psychologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Schwierigkeiten, die eine gezielte Politik, die unterschiedliche Maßnahmen erfordern, so wie die Situationen, aufgrund deren sie ergriffen wurden, unterschiedlich sind. In dem Bericht werden solche möglichen Maßnahmen, die ich hier nicht wiederholen werde, aufgezählt. Meines Erachtens muß jedoch hervorgehoben werden, daß die Lösung in Form sozialer Hilfen in dem Bericht vernünftigerweise abgelehnt wird und daß darin folglich Maßnahmen vorgesehen werden, bei denen es um die Übernahme einer persönlichen Verantwortung durch die Eltern geht; abgelehnt wird aber gleichzeitig auch das Vorurteil, wonach derjenige, der unterstützungsbedürftig ist, nur als Schmarotzer betrachtet wird und dazu gezwungen werden muß, zu arbeiten und sich alleine durchzuschlagen. Vielfach ist es nicht möglich, sich alleine durchzuschlagen, und somit sind solche Instrumente nützlich. Europa besitzt eine eigene Kultur auf diesem Gebiet, und ein solch starker Zusammenhalt von Verantwortungsbewußtsein und Sinn für Solidarität zu gehört meines Erachtens zu seiner Identität. Herr Präsident, bei Alleinerziehenden gibt es nicht immer nur Probleme. Sie und ich kennen bestimmt viele Familien mit einem Elternteil, bei denen es heiter und fröhlich zugeht und die Mutter auch oft berufstätig ist. In dem vorliegenden, guten Bericht von Frau García Arias geht es gerade um die sehr große Gruppe gefährdeter Familien; wie bereits gesagt wurde, sind 80 bis 90 % der Alleinerziehenden Frauen. Die Einführung eines Mindesteinkommens scheint vielleicht in jedem Fall kurzfristig die beste Lösung sowohl für die Regierung als auch für die Mutter zu sein, aber langfristig helfen wir damit niemandem. Wir schaffen damit eine finanzielle und soziale Abhängigkeit, die weder dem alleinerziehenden Elternteil noch den Kindern förderlich ist. Darum plädieren wir, und ich glaube, daß sich da alle Fraktionen einig sind, nicht für Paternalismus, sondern für aktive Unterstützung, gute Kinderbetreuung, Förderung von Ausbildungsmöglichkeiten mit Kinderbetreuung bei der Ausbildung und Förderung der Arbeitssuche. Nur so können diese Familien langfristig ihre finanzielle und soziale Unabhängigkeit zurückgewinnen, und nur so können wir verhindern, daß sie an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. So helfen wir auch den Kindern, die in einer Umgebung aufwachsen müssen, die ihnen die nötige Sicherheit gibt und ihnen auch als Vorbild für ihr eigenes Leben dient, damit sie nicht in einen Teufelskreis geraten. Die Individualisierung der sozialen Sicherheit ist auch für meine Fraktion von wesentlicher Bedeutung. Ich empfehle Ihnen, Änderungsantrag 1 zu Ziffer 19 von Mimi Kestelijn, meiner Fraktionskollegin, anzunehmen. Einen gefährlichen Abschnitt finden wir dagegen Ziffer 20, in der gesagt wird, daß die Verbesserung der Situation von Familien mit einem Elternteil Vorrang vor Überlegungen im Zusammenhang mit der Verringerung der Haushaltsdefizite haben muß. Die Verringerung der Haushaltsdefizite und die ungekürzte Anwendung der EWU-Kriterien ist im Interesse aller Bürger, auch der Familien mit einem Elternteil. Wir lehnen auch das in den Vereinigten Staaten praktizierte Modell ab. Das britische Modell liefert einen Ansatz zu einer strukturellen Vorgehensweise, denn wir müssen von der Situation wegkommen, in der Mütter als Alleinerziehende hilflose Opfer sind. Wir müssen durch unsere strukturellen Maßnahmen dafür sorgen, daß sie aktive Teilnehmerinnen an der Gesellschaft werden können. Das ist der Weg, den wir gehen müssen, auch über die europäischen Strukturfonds. Kommissar Flynn, wir wollen im Moment keine Quote, da wir dem mainstreaming eine Chance geben wollen. Aber wir zählen auf Sie, daß viele alleinstehende Mütter Chancen über die Strukturfonds erhalten. Herr Präsident! Im Bericht von Frau García Arias wird die Frage der sich verändernden sozialen und demographischen Struktur im Europa der Gegenwart und der Notwendigkeit, die Dienstleistungen und Ressourcen an diese neue Wirklichkeit anzupassen, aufgeworfen. Wenn wir über diesen Bericht sprechen, dann müssen wir über den Verlust an Sicherheit bei den Beschäftigungsverhältnissen von Frauen reden, von den mangelnden Einrichtungen zur Förderung der Eingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt und der Politik auf einzelstaatlicher wie auch auf gemeinschaftlicher Ebene, bei der die Förderung der Gleichberechtigung mit wirklichen und effizienten Maßnahmen in Vergessenheit geraten ist. Bei den Änderungsanträgen zu diesem Bericht werden meines Erachtens zwei Anschauungen deutlich: Eine, die man die konservative oder klassische nennen könnte, die auf den Schutz der Familie abzielt und für die Alleinerziehende als ein existierendes Übel gelten, das zu beseitigen, jedoch auf keinen Fall als normal zu akzeptieren ist. Die andere - ich würde sie die "fortschrittliche" nennen - akzeptiert dieses neue Familienmodell als ein Ergebnis der Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft, das schützens- und achtenswert ist. Ich bin der Auffassung, daß die von uns und von anderen fortschrittlichen Fraktionen eingereichten Änderungsanträge sehr gut auf die unsichere Lage der Alleinerziehenden eingehen und die öffentlichen Instanzen zwingen, die Mängel einzugestehen und Lösungen anzubieten. Sie berücksichtigen auch, daß Menschen aufgrund einer persönlichen Entscheidung als Alleinerziehende leben und daß sie gleichermaßen eine starke Struktur für Unterstützung benötigen. Frau García Arias, ich beglückwünsche Sie zu Ihrem Bericht, zu dieser fortschrittlichen Anschauung, die Sie eingebracht haben, aber auch weil Sie andere Anschauungen zu einem Konsens zu verbinden wußten, die meines Erachtens die Zustimmung der Mehrheit dieses Hauses ermöglichen werden, und ich kann Ihnen natürlich jetzt schon sagen, daß wir Ihren Bericht befürworten werden. Herr Präsident, zunächst möchte ich Frau García Arias zu ihrem ausgezeichneten Bericht gratulieren. Der Bericht ist sehr ausführlich und beinhaltet genaue Vorstellungen darüber, wie die Mitgliedstaaten und die Europäische Union die Situation von alleinerziehenden Eltern verbessern kann, die zu den Schwächsten unserer Gesellschaft zählen. Ich möchte jedoch auf ihre Anmerkung zu Großbritannien eingehen, die sie interessanterweise aus dem Bericht zu streichen beabsichtigt. Ich kann den Unmut meiner ehemaligen Labour-Genossen gut nachvollziehen und verstehe, warum sie diesen Teil streichen möchten. Diese Information entspricht aber nun einmal den Tatsachen. Großbritannien hat im Zuge der Haushaltseinsparungen die Sozialleistungen für Alleinerziehende gekürzt. Allerdings ist dies auch darauf zurückzuführen, daß sich Großbritannien ideologisch einem Modell der bezahlten Tätigkeit für Sozialhilfeempfänger verschrieben hat, d. h. es ist ein neues zwingendes System entstanden: Nimmt man nicht an einer Aus- oder Fortbildung teil oder arbeitet, kann es passieren, daß die Sozialleistungen gestrichen werden. Dies bringt uns zu einer anderen Änderung, die Frau García Arias vorzunehmen gedenkt, und zwar die Streichung der USA. Ich habe in den USA gelehrt und geforscht. Ich habe das System der bezahlten Tätigkeit für Sozialhilfeempfänger aus nächster Nähe beobachtet. Ich habe Frauen erlebt, die um 5.00 Uhr morgens aufstehen, um ihre Kinder in Tagesstätten zu bringen und dann entweder zur Arbeit oder zu einer Aus- bzw. Fortbildung gehen, weil ihre Sozialleistungen sonst komplett gestrichen würden. Der Präsident der Vereinigten Staaten Bill Clinton steckt wegen eines kleinen sexuellen Problems in Schwierigkeiten, aber ich werfe ihm eigentlich viel mehr vor, daß er der rückständigste amerikanische Präsident in Sachen Wohlfahrt und alleinerziehender Eltern ist. Er hat das Hilfsprogramm für Familien mit unterhaltsberechtigten Kindern AFDC beschnitten und auf zwei Jahre beschränkt. Dies hat verheerende Folgen für alleinerziehende Eltern, meist Frauen. Sie werden dadurch zur Ausübung schlecht bezahlter Sklavenarbeit oder zur Teilnahme an Ausbildungsprogrammen gezwungen, die völlig unangemessen sind. Aus diesem Grund sollten diese Anmerkungen meiner Meinung nach nicht gestrichen werden. Sie sind beide von Relevanz. Abschließend möchte ich sagen, daß dies der sechste Bericht ist, zu dem ich heute im Namen der Grünen Fraktion Stellung nehme. Vielleicht fragen Sie Ihre Dienste, ob ich damit einen Rekord aufgestellt habe. Herr Präsident, angesichts der Situation zahlreicher Witwer und Witwen in Europa, die Kleinkinder zu versorgen haben, sind unbedingt Fortschritte in der Gesetzgebung zu ihren Gunsten erforderlich. Auch für alleinerziehende geschiedene Frauen oder Männer ist die Situation sehr schwierig und muß beleuchtet werden; die Gesetzgebung muß unter Berücksichtigung der verschiedenen Situationen verbessert werden. Aber ich kann die Behauptung nicht stehen lassen, es gebe die Familie als Modell nicht mehr und alle Familienmodelle seien gleichwertig. Das ist eine Aussage Erwachsener, die die Verantwortung scheuen, aber für die Kinder ist es immer besser, wenn sie einen Vater und eine Mutter haben und wenn die beiden sich nicht nur um ihre materielle Versorgung, sondern auch um ihre Erziehung kümmern. Daß Eltern aufgrund der Wechselfälle des Lebens alleinerziehend sind - Tod des Ehepartners, Scheidung, usw. dagegen will ich ja gar nichts sagen, aber daß Alleinerziehen - wie man dies oft bei Frauen antrifft - als alternatives Modell deklariert wird, als eine Entscheidung zwischen mehreren Alternativen, die es im Leben zu treffen gilt, und daß die Gesellschaft entsprechend zu gestalten ist, dazu sage ich nein. Herr Präsident, Frau Berichterstatterin! Ich kann Ihrem Bericht sehr gerne zustimmen, aber bei familienpolitischen Diskussionen machen wir fast immer den Fehler, daß wir zwar von den Rechten der Mütter und sogar von den Rechten der Väter sprechen, jedoch nicht von den Rechten der Kinder. Ich glaube, daß Kinder alleinerziehender Mütter genau das gleiche Recht haben wie Kinder, die zwei Elternteile haben, und zwar müssen sie das Recht haben, von ihrer Mutter erzogen, betreut und umsorgt zu werden. Es fehlt mir daher in diesem Bericht auch der Hinweis darauf, daß alleinerziehende Mütter das Recht haben müssen, bei ihren kleinen Kindern zu Hause bleiben zu können, wenn sie es wollen. Genauso wie Mütter, die in einer glücklichen Ehe leben und keine wirtschaftlichen Sorgen haben. Ich bin sehr stolz darauf, daß Österreich alleinerziehenden Müttern eine echte Wahlmöglichkeit einräumt. Verheiratete Mütter erhalten in Österreich eineinhalb Jahre lang ein Karenzgeld in Höhe von 5700 Schilling, das sind über 17000 belgische Francs. Alleinerziehende Mütter erhalten in etwa pro Monat 24600 belgische Francs. Ich möchte alle Mitgliedstaaten aufrufen, das nachzumachen! Der vorliegende Bericht zeigt aber auch, Frau Berichterstatterin, daß gerade alleinerziehende Mütter oft arbeitslos sind, schlecht ausgebildet sind oder noch gar keinen Anspruch auf Karenzgeld haben können, weil sie vielleicht noch gar nicht gearbeitet haben. Ich möchte auch auf das Beispiel der derzeitigen Ratspräsidentschaft für die Familienpolitik hinweisen. Wir bemühen uns zur Zeit in Österreich, einen Karenzgeldanspruch für alle Mütter durchzusetzen, auch für Studentinnen, für Bäuerinnen, für Unternehmerinnen und für Frauen, die eben zu schlecht ausgebildet oder zu jung waren, um schon gearbeitet zu haben. Auch diese Frauen sollen das Geld bekommen, sollen das Recht haben, bei ihren kleinen Kindern zu bleiben, genauso wie wohlhabende Frauen, die einen glücklichen Ehemann haben. Ich bitte alle Mitgliedstaaten, das zu tun und großspurige Erklärungen bleiben zu lassen. Herr Präsident, ich muß sagen, daß ich mich besonders darüber freue, Redezeit gerade zu diesem Thema bekommen zu haben, da wir uns in Schweden mitten in einer Wahlkampagne befinden, die am Sonntag mit der Wahl abgeschlossen wird und in der es im Endspurt gerade um alleinstehende Mütter geht. In letzter Minute hat man entdeckt, daß auch sie wahlberechtigt sind. Zunächst möchte ich diesem Bericht meine Anerkennung aussprechen. Ich schätze insbesondere daran, daß davon die Rede ist, daß alleinstehende Eltern in diesen Zeiten der allgemeinen Kürzungen und Sparmaßnahmen nicht zu einer Art Sündenböcke gemacht werden. Ich halte es für völlig richtig, daß wir eine Politik betreiben, die auf Solidarität aufbaut und nicht auf Bestrafung. Ich habe mich entschieden, diese kurze Zeit einem Problem zu widmen, über das wir jetzt viele Male gesprochen haben, nämlich der Kinderfürsorge, vielleicht unter einem etwas anderen Aspekt. Wenn von der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit die Rede ist, dann wird ja oft von Infrastrukturmaßnahmen gesprochen, die ein sehr effektives Mittel sein sollen. Wir bauen Eisenbahnen, Straßen, Brücken und Flughäfen, also sehr kapitalintensive Projekte, mit Steuermitteln - mit großen maschinellen Anteilen pro menschlichem Einsatz. Öffentliche Investitionen in Pflege und Fürsorge werden dagegen als Belastung gesehen. Aber diese Denkungsart ist völlig falsch! Für jede ausgegebene Steuerkrone wird eine große Arbeitsmenge ausgeführt. Dadurch werden Arbeitsplätze geschaffen, Arbeitskraft freigesetzt, der soziale Bereich von Kindern und Eltern ausgeweitet und der Gesellschaft außerdem viele Kenntnisse darüber vermittelt, wie wir alle bessere Eltern werden können. Ich bedauere, daß meine Redezeit zu Ende ist! Ich möchte mich bei allen Rednern für ihre Beiträge zu dieser Aussprache bedanken. Die europäische Gesellschaft befindet sich im Wandel, und das Interesse an der Situation von Familien sowie die Folgen für den Arbeitsmarkt und die Sozialpolitik wurde in unterschiedlichen Foren bekundet. Immer mehr Menschen scheinen davon überzeugt zu sein, daß wir eine intensivere internationale Zusammenarbeit bei Familienbelangen brauchen, um dem weltweiten Streben nach sozialem Fortschritt und Entwicklung gerecht zu werden. Zwar hat die Kommission im Bereich der Familienpolitik keine direkten Befugnisse, aber sie hat ihr Augenmerk zunehmend auf soziale und wirtschaftliche Strömungen in unserer Gesellschaft gerichtet, von denen Familien betroffen sind. Die EU-Mitgliedstaaten unterscheiden sich in ihrer Wahrnehmung der Rolle des Staates im wirtschaftlichen und sozialen Leben, der Stellung der Familie in der Gesellschaft und ihrer Rechten und Pflichten, der Rolle von Mann und Frau in der Familie und der Rechte von Kindern. Ich danke Frau García Arias herzlich für Ihren Bericht über diese Belange. Die Familie ist und bleibt von großem Wert für die europäischen Bürgerinnen und Bürger, obwohl die Struktur der Familie variiert und sich wandelt. Neue Modelle sind im Entstehen begriffen. Familien mit alleinerziehenden Eltern ist ein solches Modell, das die gesamte Bandbreite der Belange der Chancengleichheit aufwirft. Im Bericht wird explizit dargestellt, was wir alle schon lange wissen: Die meisten Alleinerziehenden sind Frauen. Die gemeinschaftliche Politik der Gleichbehandlung von Frauen und Männern enthält keine spezifischen Unterpunkte für alleinerziehende Eltern, ist aber von eminenter Tragweite für deren Lage, insbesondere im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Berufsleben und Familienleben, was eine für sämtliche sozialen Aspekte zentrale Herausforderung darstellt. Veränderungen im Wesen der Arbeitswelt, neue Formen der Arbeitsorganisation, die Umstrukturierung der sozialen Absicherung sowie die veränderte Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau bei der Betreuung und Pflege von Menschen haben großen Einfluß auf das Leben von Familien mit alleinerziehenden Eltern und insbesondere auf das Leben alleinerziehender Mütter. Gute Beispiele für das Engagement der Europäischen Union für die Unterstützung von Frauen und Männern in ihrer Elternrolle sind unter anderem die Richtlinien zu Mutterschaft, Elternschaftsurlaub und Teilzeitarbeit. Gemäß der Empfehlung zu Kinderbetreuung sollten Maßnahmen getroffen werden, um die Betreuung von Kindern zu gewährleisten, deren Eltern berufstätig sind oder sich in der Aus- bzw. Fortbildung befinden, um den Arbeitsplatz stärker nach den Bedürfnissen von Berufstätigen mit Kindern auszurichten und Männer stärker in die familiäre Pflicht zu nehmen. Diesem Thema wurde besondere Aufmerksamkeit geschenkt, wenn sich Ministerinnen und Minister mit interessierten Gruppierungen trafen, besonders in Belfast und später in Innsbruck. Die beschäftigungspolitischen Leitlinien von 1998 sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung, da sie uns einen ganz entscheidenden Impuls bezüglich der Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben geben, was für alle Eltern von Nutzen ist. Ebenso Thema Ihres Berichts, Frau Garía Arias, ist ein anderer wichtiger Aspekt im Leben alleinerziehender Eltern, nämlich daß Familien mit alleinerziehenden Eltern doppelt so oft von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind wie Familien mit zwei Elternteilen. Dies ist eine äußerst beunruhigende Statistik, auf die auch andere Redner Bezug genommen haben. Aus diesem Grund betrachte ich Alleinerziehende als Zielgruppe bei der Vorbereitung unserer Maßnahmen gegen soziale Ausgrenzung. Nach Ratifizierung des Vertrags gemäß dem neuen Artikel 137 werde ich aktive Schritte einleiten. Dies wird anstehen, sobald der Ratifizierungsvorgang geklärt wurde. Mit Befriedigung kann ich Ihnen mitteilen, daß wir unsere Pläne gestern ein gutes Stück weit vorantreiben konnten. Meine Kollegen im Kollegium haben mir zugesichert, daß Fördermittel aus drei der Haushaltslinien für 1998 wieder bereitgestellt werden, die nach dem Gerichtsurteil im Mai gesperrt worden waren. Somit können wir im Anschluß an den Ratifizierungsvorgang vorbereitende Maßnahmen im Sinne der Programme gemäß Artikel 137 ergreifen. Allerdings möchte ich noch in diesem Jahr einige Vorbereitungen treffen. Ich hoffe, daß wir 1999 unsere neuen vertraglichen Befugnisse einsetzen können, um den Kampf gegen die soziale Ausgrenzung an der richtigen Stelle zu führen, und zwar exakt im Zentrum der gemeinschaftlichen Politik. Tatsächlich sind wir durch den Vertrag dazu berechtigt, ohne befürchten zu müssen, daß Entscheidungen später wieder in Frage gestellt werden. Dies sind gute Neuigkeiten für Alleinerziehende. Im Verlauf der vergangenen ca. zehn Jahre hat sich die soziale und politische Situation grundlegend gewandelt. Es sind neue Familienkonzepte und Vorstellungen von der Rolle der Frau und des Mannes entstanden. Der Europäischen Union fällt die wichtige Rolle zu, die Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Reaktion der einzelnen Mitgliedstaaten auf diese Veränderungen zu erkennen. Darüber hinaus könnten wir auch eine EU-weite Diskussion zum Thema Familie anregen, indem wir die Mitgliedstaaten dazu ermutigen, Informationen und Erfahrungen unter Einhaltung des Subsidaritätsprinzips auszutauschen und zu teilen. Die größte Bedrohung in diesem Zusammenhang ist die Armut. Wie Frau Gröner sagte, ist eine gute Kinderbetreuung absolut notwendig, und diesem Kernthema wird nun von seiten der Mitgliedstaaten besondere Beachtung geschenkt. Sie alle haben sich diesem Thema verpflichtet. Stellen wir sie jetzt auf den Probe! Schließlich sagte Frau Larive zusammenfassend, was wir tun müssen, nämlich dem Mainstreaming-Konzept eine Chance geben. Unter diesem Stern werden die beschäftigungspolitischen Leitlinien für 1999 stehen: dem Mainstreaming eine faire Chance geben, indem wir die europäische Beschäftigungsstrategie voll einsetzen, die Verwendung von Fördermitteln stärker diesem Konzept anpassen und den Vertrag als unterstützende Basis nutzen. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 9.00 Uhr statt. Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A4-0277/98) von Herrn Provan im Namen des Ausschusses für Fischerei über die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Entwicklung der Überwachung im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik (KOM(98)0092 - C4-0134/98). Herr Präsident, zunächst einmal möchte ich den Bericht der Kommission begrüßen, den wir hier diskutieren. Er ist uns in der ständigen Debatte mit dem Ausschuß für Fischerei des Europäischen Parlaments eine große Hilfe. Heute nachmittag rief mich Kommissarin Bonino an und entschuldigte sich für ihre heutige Abwesenheit im Parlament. Sie hat sehr viel auf der Tagesordnung stehen, und ich kann sehr gut verstehen, wie schwierig es für sie war, nach Brüssel abberufen zu werden. Für uns ist dies völlig unproblematisch, und wir begrüßen Herrn Flynn an ihrer Stelle. Diesem Bericht wird der von Herrn Teverson folgen, in dem einige der Ideen umgesetzt wurden, die wir im Plenum zum Thema Überwachung der Fischerei diskutieren möchten. Als Parlament glauben wir, daß wir bei dem Versuch an der Spitze stehen, die Kommission zu einer besseren Überwachung im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik anzuspornen. Uns ist klar, daß eine Überwachung von der Industrie unterstützt werden muß und daß uns gegenwärtig die Unterstützung der Fischer selbst noch fehlt. Sie halten eine Überwachung für übertrieben und zu bürokratisch und sind nicht damit einverstanden. Deshalb glauben wir, daß außergewöhnliche Maßnahmen gefordert sind und es erstaunt uns, daß die Kommission nicht zu einem direkten On-line-Zugang mit unmittelbarem Zugriff auf die Datenbanken für die Fischereipolitik in den Mitgliedstaaten befugt ist. Dies muß sich ändern. Wir glauben nicht, daß die Daten generell allen Mitgliedstaaten zugänglich gemacht werden sollten, aber die Kommission sollte nun wirklich Zugang zu diesen Informationen haben, die für eine sachgemäße Durchführung der Überwachung der Gemeinsamen Fischereipolitik unerläßlich sind. Dieselben Strafen für dieselben Vergehen ist ein weiterer Punkt, für den sich das Parlament stark macht. Ich hoffe, daß die Kommission Schritte einleiten wird, damit die Rechtsprechung an den Gerichten der einzelnen Mitgliedstaaten soweit koordiniert werden kann, daß dieselben Vergehen auf ein- und dieselbe Art und Weise geahndet werden. Das Hauptproblem mit den Kontrollmechanismen in EU-Gewässern liegt in der Überkapazität unserer Fischfangflotte begründet. Dies führt zu einer Belastung der Fischbestände und stellt eine Versuchung für die Fischer dar, gegen die Vorschriften zu verstoßen. Das ist gar nicht gut. Dies ist das Hauptproblem, das wir lösen müssen. Die Kommission argumentiert ganz richtig, daß eine effektive Überwachung lediglich ein Bestandteil des Gesamtbildes ist und die Überkapazität der Gemeinschaftsflotte zu dem beschriebenen Problem führt. Die Kommission hat eine Reihe von Schwachstellen in der gegenwärtigen Situation identifiziert, die auch vom Parlament erkannt worden sind. Wir benötigen wirklich einheitliche Normen innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten, damit wir wissen, woran wir sind. Beispielsweise existieren keine genormten Werte für die Bestimmung der Maschinenleistung, keine einheitliche Definition für sachgemäße Kontrollen auf See oder für vorschriftswidrige Umladungen der Fänge und deren Überwachung, keine einheitliche Definition für sachgemäße Kontrollen im Hafen. Es gibt Ungleichheiten, was die Strenge der Kontrollen in den verschiedenen Mitgliedstaaten betrifft, worunter das Ansehen der Gemeinsamen Fischereipolitik leidet. Es fehlen angemessene Kontrollen zur Sicherstellung und Durchsetzung sachgemäßer Anlandungen der Fische nach dem Fang auf See bis hin zum Verkauf der Fische an den Konsumenten auf dem Marktplatz. Es existieren auch sehr unterschiedliche Strafregelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten. Was hat die Kommission bisher getan, um Kontrollmechanismen innerhalb der Mitgliedstaaten durchzusetzen - was hat sie getan, wenn ein Mitgliedstaat die geltenden Verordnungen nicht eingehalten hat? Mir ist nicht klar - genauso wenig wie dem Ausschuß für Fischerei -, wie die Kommission die gegenwärtig geltenden Verordnungen tatsächlich durchzusetzen beabsichtigt. Wenn wir Antworten auf einige dieser Fragen finden, können wir gemeinsam wirkliche Erfolge erzielen. Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank an Herrn Provan für seinen umfassenden Bericht über die Entwicklung der Überwachung im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik. Nach meinem und unserem Empfinden ist es ein sehr guter Bericht. Es ist deshalb schade, daß wir diesen Bericht vor fast leerem Hause behandeln. Die Probleme, die bei einer effektiven Überwachung der Gemeinsamen Fischereipolitik auftreten, werden wir heute bestimmt nicht zum letzten Mal behandeln. Wie wichtig eine durchgehende Kontrollregelung ist, zeigt eben die Mitteilung der Kommission. Wer sie aufmerksam gelesen hat, erkennt, wie groß die Schwierigkeiten tatsächlich sind, vor allen Dingen bei den kritischen Punkten. Eine Schwäche des Überwachungssystems liegt in der nichteinheitlichen Anwendung in den Mitgliedstaaten. Dies ist nicht nur unsere Sicht der Dinge, sondern hier schließen wir uns den Anmerkungen des Berichterstatters voll an. Die direkte Verantwortung für die Überwachung liegt bei den Mitgliedstaaten, während sich die Probleme auf Gemeinschaftsebene stellen. Diese Einschätzung durch die Kommission zeigt deutlich, wo die Probleme hauptsächlich auftreten. Es steht außer Frage, daß die Kommission bei der Koordinierung auf Gemeinschaftsebene eine wichtige Rolle spielt. Unserer Meinung nach sollte sich diese Kompetenz nicht nur auf die Kontrolle der einzelstaatlichen Überwachung und auf die Garantie von Transparenz und Gerechtigkeit erstrecken, sondern von den Mitgliedstaaten fordern: bei gleichen Verfehlungen werden Sanktionen verhängt. Wichtig für die Effektivität und die Akzeptanz des Überwachungssystems sind die Einbeziehung der Verbände, Zugang zu den einzelstaatlichen Daten im Verdachtsfall, eine wirksame Vernetzung der Kontrollstellen zwischen den Mitgliedstaaten und vor allen Dingen eine Gleichbehandlung. Von besonderer Brisanz ist die Kontrolle von Drittlandschiffen. Hier gibt es auch die besonderen Probleme. Wir wissen, eine absolute Kontrolle gibt es nicht und wird es auch in Zukunft nicht geben. Eine Verbesserung des jetzigen Systems wäre schon möglich, wenn die zur Zeit vorhandenen Instrumente wirksam genutzt und weiter verbessert würden. Wir unterstützen nachdrücklich die Forderungen des Berichterstatters, sehen aber weiteren enormen Handlungsbedarf, trotz einiger nicht zu übersehender Fortschritte in der Vergangenheit. Herr Präsident, dies ist heute die erste Fischereidebatte im Plenum ohne unseren Freund Allan Macartney. Wir sprechen seiner Familie unser tiefes Beileid aus. Herzlichen Glückwunsch Ihnen, Herr Provan, zu Ihrem hervorragenden Bericht. Er ist analytisch, kritisch und positiv. Unser zentrales Problem in der Fischereipolitik ist die letztendlich ineffiziente Bewirtschaftung der Ressource Fisch. Trotz aller Bemühungen in all den Jahren ist es uns nicht gelungen, ein dauerhaftes Gleichgewicht zwischen Ressource und Fangmenge herzustellen. Mit einigen Ausnahmen ist praktisch jede Fischart mehr oder weniger stark überfischt. Als größtes Hindernis für eine ordentliche Bewirtschaftung unserer Meere haben wir die Überkapazität der Fischfangflotte identifiziert. Ob wir mit dem letzten mehrjährigen Ausrichtungsprogramm MAP IV für die Zeit von 1997 bis 2001 dieses Problem endgültig gelöst haben, bleibt abzuwarten. In der Zwischenzeit müssen wir andere Mittel heranziehen. Dabei spielt die erwähnte Kontrollpolitik der Europäischen Gemeinschaft, für die noch vor allem die Mitgliedstaaten verantwortlich sind, eine entscheidende Rolle für die Bewirtschaftung der Meere, und dies stand dabei dauerhaft im Mittelpunkt unserer Kritik. Die Europäische Kommission hat in ihrem Bericht die Schwachstellen identifiziert. Beispielsweise existieren Normungsprobleme bei der Bestimmung der Maschinenleistung zwischen den Mitgliedstaaten. Die Kontrollen auf See werden von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich gehandhabt. Mitgliedstaaten kommen der Aufforderung nach Erfassung der Anlandemeldungen nicht nach. Die Liste ist noch sehr viel länger und würde den Zeitrahmen meiner drei Minuten sprengen. Jedenfalls haben wir manchmal den Eindruck, daß die Mitgliedstaaten dem Auftrag einer strengen und konsequenten Kontrollpolitik nicht nachkommen. Von unseren Delegationsbesuchen vor Ort und den Gesprächen mit den betroffenen Fischern im Ausschuß für Fischerei wissen wir, daß sich die Fischer äußerst ungerecht, weil ungleich behandelt fühlen. Das ist keine gute Grundlage. Wir waren immer der Auffassung - und Herr Provan unterstreicht dies in seinem Bericht -, daß eine gute Kontrollpolitik nur mit dem Erzeuger geschehen kann. Deswegen möchte ich die in dem Bericht in dieser Hinsicht gemachten Vorschläge ausdrücklich unterstützen, nämlich stärker die Fischwirtschaft und die Erzeugerorganisationen in die Kontrollpolitik einzubeziehen. Der Bericht nimmt positive Elemente auf und fordert auch die Übertragung von guten Erfahrungen aus der Vergangenheit, die beispielsweise internationale Fischereiorganisationen wie die NAFO mit der Kontrolle in der letzten Zeit gemacht haben. Darüber hinaus werden in dem Bericht weitere konstruktive Hinweise für eine eben noch wirksamere Überwachung der Fischereipolitik gemacht. Ich bitte Sie deshalb im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei, diesem gelungenen Bericht zuzustimmen. Herr Präsident, auch ich spreche Herrn Provan meine Glückwünsche zu seinem sehr wichtigen Bericht aus. Die Gemeinsame Fischereipolitik ist eine der wenigen gemeinsamen politischen Initiativen der Europäischen Union. Aus diesem Grund spielen das Europäische Parlament, die Kommission und der Ministerrat bei der Gesetzgebung eine wichtige Rolle. Meiner Ansicht nach muß es im Sinne effektiver Rechtsvorschriften möglich sein, das zu normen, was genormt werden muß (was oft nicht der Fall ist). Es müssen die Vorschriften EU-weit einheitlich angewandt werden (was in der Gemeinsamen Fischereipolitik nicht so ist), müssen Verstöße gegen die Vorschriften ungeachtet dessen, wo sie stattfinden, erkannt werden und müssen bei rechtlichen Vergehen in der gesamten Union ähnliche Strafen verhängt werden. All dies ist in der Gemeinsamen Fischereipolitik gegenwärtig nicht der Fall und soll mit Hilfe dieser Mitteilung und der hoffentlich hieraus resultierenden Gesetzestexte erzielt werden. Anfang des Jahres wurde von der britischen Präsidentschaft betont, daß sich einiges ändern muß. In der Mitteilung der Kommission ist dies nicht ganz so deutlich formuliert, aber die Botschaft ist dieselbe: Wir wollen die Lage verbessern. In wenigen Monaten werden wir uns mit dem Kommissionsantrag befassen, der sogar noch etwas abgeschwächter ist. Ich appelliere an den - natürlich nicht anwesenden - Ministerrat und auch an die Kommission, sich weiterhin stark und entschlossen zu zeigen und das Problem anzugehen. Dabei gibt es zwei Kernbereiche: Erstens müssen alle Mitgliedstaaten die gleichen Rechte bei der Durchsetzung von Verordnungen auf allen Stufen der Versorgungskette bis hin zum Markt haben. Zweitens muß sichergestellt werden, daß unsere eigenen Inspektoren die gleichen echten Befugnisse haben wie nationale Inspektoren und so die Gleichbehandlung durchsetzen können, die uns allen vorschwebt. Herr Präsident, werte Kollegen, das Kontrollsystem für die Anwendung der Fischereipolitik wird meiner Meinung nach nur dann spürbare Auswirkungen auf die Ausübung einer verantwortungsvollen Fischerei haben, die die Ressourcen respektiert, wenn sie in eine Reihe weitaus umfassenderer, praktischer Maßnahmen für diesen Sektor eingebunden sind. Tatsächlich reicht Kontrolle nicht aus. Es ist notwendig, alle Beteiligten in die Gespräche, die Verbreitung und die Umsetzung der Kontrollmaßnahmen einzubeziehen. Tatsächlich ist Überwachung nicht genug. Es ist gleichzeitig notwendig, Stabilität für den Sektor zu gewährleisten, indem soziale und finanzielle Maßnahmen eingeführt werden, die einen Ausgleich für die Verringerung des Fischereiaufwands schaffen. Genauso, wie es von wesentlicher Bedeutung ist, den gegenwärtigen Status quo in bezug auf den Zugang zu den Ressourcen aufrechtzuerhalten oder es wesentlich ist, daß die Systeme für die Anlandung, den Import, den Erstverkauf, den Transport und die Vermarktung des Fangs transparenter und gerechter werden. Dazu und um zu zeigen, daß die Kontrolle aus globaler und nicht isolierter Sicht betrachtet werden muß, möchte ich Ihnen von einem bedauerlichen Fall berichten, der sich vor zwei Tagen in meiner Geburtsstadt in Portugal ereignet hat und bei dem ein Lastwagen mit spanischen Fischen zerstört wurde. Ich denke, daß nur das fehlende Vertrauen in die Wirksamkeit der Kontrollmaßnahmen diese Handlung erklären - natürlich nicht rechtfertigen - kann. Denn es besteht neben den Einkommensverlusten ein wachsendes Mißtrauen über die tatsächliche Herkunft der Fische. Es ist unverständlich und nicht leicht zu akzeptieren, daß es beispielsweise legal sein soll, im Mittelmeer 12 Zentimeter große Stichlinge zu fischen, während es im Atlantik erst ab 15 Zentimetern erlaubt ist. Folglich kann nur dieses Mißtrauen den Aufstand der Fischer in meiner Heimat erklären. Wenn die Kontrolle zwischen der Anlandung und dem Verkaufsort vertrauenswürdig und wirksam wäre, wenn es eine Vereinheitlichung der Mindestgröße der Fische gäbe, dann gäbe es kein Mißtrauen und es wäre nicht zu diesem bedauerlichen Vorfall gekommen. Daraus folgt die Notwendigkeit, daß wir alle die Kontrollmaßnahmen ausbauen müssen, so daß die Kontrolle transparent, wirksam und gerecht wird. Gleichzeitig darf nicht vergessen werden, daß wir andere praktische Maßnahmen durchführen müssen, mit denen die Stabilität des Sektors und das Einkommen der jeweiligen Beschäftigten sichergestellt wird. Herr Präsident, wir dürfen nicht vergessen, daß Überfischung und Überkapazität das eigentliche Problem in der Fischindustrie weltweit ist. Ich möchte Sie an den Bericht von Frau Patricia McKenna vom vergangenen Jahr erinnern, in dem es in der Schlußfolgerung heißt, daß Fischer betrügen müßten, um ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können. Herr Provan macht im Grunde die gleiche Aussage, nur auf diplomatischere Art, wenn er von der Versuchung für die Fischer spricht, gegen die Vorschriften zu verstoßen. Das Überwachungssystem wurde zu Recht angesprochen. Die Schwachpunkte hier sind z. B. die nichteinheitliche Anwendung durch die Mitgliedstaaten, die unangemessene Überwachung ordnungsgemäßer Anlandungen und stark unterschiedliche - ich würde sogar sagen ungerechte - Sanktionen bei Verfehlungen. Folglich muß eine effektive Überwachung und Kontrolle eine der Säulen sein, auf die sich die GFP stützt. Sowohl der Jahresbericht als auch Stichproben haben gezeigt, daß sich vieles ändern muß, um das Überwachungssystem zu optimieren. Insbesondere begrüßen wir die Mitteilung der Kommission, um die es im Bericht von Herrn Provan geht. Es wird klar dargelegt, in wieweit sich die Überwachung in den vergangenen Jahren verbessert hat, und die verschiedenen Schwachstellen werden beim Namen genannt. Wir unterstützen ausdrücklich den Standpunkt der Kommission in dieser Mitteilung und die kürzlich gemachten spezifischen Vorschläge für die Änderung der Überwachungsverordnung. Wir werden den Bericht von Herrn Provan unterstützen. Wir teilen auch Herrn Provans Meinung, daß eine effektive Überwachung problematisch bleibt, solange wir es mit einer derartigen Überkapazität der Fischereiflotten in der EU zu tun haben, denn Boote werden schließlich gebaut, um auszulaufen und nicht, um auf dem Trockendeck zu liegen. Insgesamt aber haben wir uns in der Diskussion zu sehr auf die Fischereiüberwachung in den EU-Gewässern konzentriert und darüber die Überwachungstätigkeit der EU in internationalen Gewässern und denen von Drittländern vernachlässigt. Wir sollten beispielsweise unsere Verantwortung für den Flaggenstaat voll und konsequent ausüben. Im Verhaltenskodex der Ernährungs- und Landwirtschafts-Organisation der Vereinten Nationen FAO für verantwortungsvolles Fischen wird vorgeschrieben, daß Staaten, die Fischereischiffe und zuarbeitende Schiffe für den Fischfang zulassen, ihre Flagge hissen und diese Schiffe effektiv kontrollieren müssen, um eine ordnungsgemäße Anwendung dieses Kodexes sicherzustellen. Wir sollten darüber hinaus auch den Küstenstaaten dabei helfen, ihre Kontrollrechte auszuüben. Wir sollten Ihnen nicht nur Geld und Papiere geben, sondern sie mit echten Befugnissen ausstatten. Frau Präsidentin, wie vom Berichterstatter zu Recht erwähnt, betont das Europäische Parlament seit langem, daß eine effiziente Gemeinsame Fischereipolitik zu einem Gutteil die Voraussetzung für die Verbesserung der Überwachungsmaßnahmen ist. Aber am besten ist die Überwachung, lassen Sie mich das noch einmal sagen, wenn sie zuverlässig, gerecht und kostengünstig ist und für die Fischer nur minimale zusätzliche Belastungen mit sich bringt, denn die Fischer sind ohnehin besonders schwer belastet. In den Schlußbemerkungen zur Begründung weist unser Berichterstatter außerdem ausdrücklich darauf hin, daß die Kommission in ihrer Mitteilung etwas vergißt, was vielleicht überhaupt entscheidend ist. Damit eine Überwachungspolitik auch wirklich funktionieren kann, müssen die Fischer zustimmen und mitwirken. Die Fischer müssen überzeugt sein, daß die für sie geltenden Kontrollmaßnahmen sinnvoll sind und daß sie für alle gleich gelten und gerechtfertigt sind. In dem von mir im Namen des Ausschusses für Fischerei vorgelegten Bericht über die Kontrolle per Satellit hatte ich sowohl auf die Notwendigkeit solcher Kontrollen, auf ihre Zuverlässigkeit und auf die Erleichterungen, die damit verbunden sind, hingewiesen, aber auch darauf, daß den Fischern Garantien für eine gerechte Durchführung gegeben werden müssen, um sie vom Sinn solcher Kontrollen zu überzeugen. Außerdem ist es wichtig, die Fischer soweit als möglich an der Ausarbeitung und der Festlegung der Kontrollmaßnahmen zu beteiligen, damit sie möglichst nicht als "aus heiterem Himmel über sie hereinbrechend" empfunden werden. Im ersten Änderungsantrag zu diesem Bericht, den ich mit meinem Kollegen James Nicholson eingereicht habe, geht es genau darum zu betonen, wie wichtig es ist, daß solche Kontrollen ausgewogen sind. Eine bedeutende Anzahl von Fischern in den Mitgliedstaaten sind gezwungen, ihre Tätigkeit regelmäßig in denselben Gewässern auszuüben und dabei immer wieder auf dieselben Bestände zurückzugreifen. Die Fischer eines Mitgliedstaates dürfen weder Zweifel noch Verdacht in bezug auf die Wirksamkeit der Kontrollen hegen, die bei den Fischern eines anderen Mitgliedstaates durchgeführt werden; wenn hier Unsicherheiten bestehen, dann werden dadurch Befürchtungen genährt, die nicht immer begründet sind. Deshalb ist es unbedingt erforderlich, die Überwachungsmodalitäten zu perfektionieren, aber im Gegensatz zum Berichterstatter glaube ich nicht, daß es nötig ist, hierfür eine Armee von Gemeinschaftskontrolleuren anzuheuern. Meines Erachtens müssen weiterhin die Mitgliedstaaten die Überwachung durchführen, wenn die Gemeinschaftsaufsicht verstärkt wird, muß sich das auf die Wirksamkeit der nationalen Kontrollen und der dabei eingesetzten Methoden beziehen. Die Überwachungsmodalitäten müssen verbessert und harmonisiert werden. Einige Fischereiaktivitäten werden im übrigen zu stark kontrolliert, andere hingegen sehr wenig. Es muß unbedingt eine Neuverteilung vorgenommen werden. Dies ist auch der Grund für den zweiten Änderungsantrag, den ich zu diesem Bericht eingebracht habe, wobei ich diesen Bericht insgesamt durchaus als erfreulich bezeichnen möchte. Herr Präsident, ich begrüße die Mitteilung der Kommission. Als Vertreter der irischen Fischer habe ich keinerlei Probleme damit. Ich danke Herrn Provan für seinen Bericht, der die nahezu einmütige Meinung des Ausschusses für Fischerei angemessen widerspiegelt. Über die von ihm angesprochenen Probleme, wie beispielsweise die unterschiedlichen Normen zur Maschinenleistung, haben sich auch unsere Fischer selbst schon beschwert. Dies führt zu ernsthaften Mißverständnissen und Mißtrauen. Ich halte es auch für ganz wichtig, daß wir den Weg der angelandeten Fische bis zum Marktplatz verfolgen, um den genauen Ursprung der auf einem bestimmten Markt angebotenen Fische ermitteln zu können. Dies ist gut für den Markt und für die Preise und stellt die Weichen für eine geregeltere Situation, in der Preisstabilität leichter aufrechtzuerhalten ist. Wir sind uns über das Problem der Schwarzmarktfische und die möglichen Folgen für die Marktlage zu bestimmten Zeiten im Klaren. Wie immer ist die größte Schwierigkeit, das Vertrauen der Fischer zu gewinnen. Ich kann mir vorstellen, daß es in Schottland genau soviel Mißtrauen gibt wie an der Westküste Irlands. Dieses Mißtrauen wird in gewissem Maße - und wahrscheinlich unabsichtlich - von den nationalen Behörden und Ministerien genährt, welche die Kommission als repressive Kraft darstellen, die für all die Vorschriften verantwortlich ist. Sie sagen nicht, daß die Aufstellung der Vorschriften hauptsächlich aus einmütigen Absprachen im Ministerrat resultiert und die Kommission diese lediglich zu überwachen und durchzuführen sucht. Oftmals wird dies nicht deutlich genug gemacht. Sehr oft wird bei schlechten Nachrichten und Einschränkungen davon ausgegangen, daß die Kommission dafür verantwortlich sei. Wenn aber, wie kürzlich in Irland, ein Paket im Wert von 60 Mio. ECU für die weiße Fischflotte angekündigt wird, stehen nationale Minister im Rampenlicht und nicht etwa Kommissionsmitglieder oder Parlamentsabgeordnete, die das Geld bereitstellen und die Pläne machen. Dies ist ein Aspekt des bestehenden Problems. Schließlich wäre im Zuge der gewünschten Regionalisierung eine Grenze von 45 km äußerst hilfreich, um das Wohlwollen der Fischer bei der Umstrukturierung zu erlangen. Herr Präsident, ich möchte Ihnen mitteilen, daß sich meine Kollegin Frau Emma Bonino für ihr Fernbleiben entschuldigt. Sie wäre heute gern dabeigewesen. Ich bin erfreut, Ihnen den Bericht vorstellen zu dürfen. Ich habe ein ganz persönliches Interesse daran und bin mit der Materie recht gut vertraut, da ich aus dem Fischfanggebiet der Westküste Irlands stamme. Die Kommission begrüßt die positive Reaktion von Herrn Provan auf unsere Mitteilung. Hinsichtlich der Fischereiüberwachung ist das Hauptanliegen der Kommission, neue Änderungen an bestehenden Vorschriften zu vermeiden, wenn sie nicht zwingend notwendig sind und sich nicht gut mit der Gesamtstrategie vereinbaren lassen. Eine Strategie zur Verbesserung der Fischereiüberwachung erfordert zunächst einen starken politischen Willen und auch angemessene personelle und materielle Ressourcen. Eine solche Strategie erfordert ebenso eine effiziente Organisation und ein größeres Bewußtsein bei allen Beteiligten darüber, was auf dem Spiel steht. Aus diesem Grund was das Ziel der Kommission die Durchführung einer detaillierten Untersuchung, die über die Grenzen der jährlichen Überwachungsberichte hinausgeht, denn diese lassen of nicht den nötigen Abstand für eine ganz genaue Beobachtung der Sachlage zu. Genau dies ist das Ziel der Mitteilung, die wie heute hier im Parlament diskutieren. Deshalb würde die Kommission zunächst gern die bedeutenden Fortschritte unterstreichen, die wir zu verzeichnen haben. Die Umsetzung kürzlich getroffener Entscheidungen, vor allem bei der Verwendung von Satelliten, würde diesen Prozeß um einiges beschleunigen. Bei der Betrachtung der verschiedenen Elemente der Gemeinsamen Fischereipolitik und deren Umsetzung, angefangen bei der erwähnten Flottenüberwachung bis hin zu den ebenfalls erwähnten Märkten, wird deutlich, daß noch einige maßgebliche Verbesserungen in diversen Bereichen vonnöten sind. Die Durchführung der bereits getroffenen Entscheidungen allein reicht dabei nicht aus. Abgesehen von technischen Einzelheiten haben sich zwei Hauptprobleme herauskristallisiert. Zwar wurden diese bereits angeführt, aber ich denke trotzdem, daß ich sie noch einmal ansprechen sollte. Es handelt sich um fehlende Transparenz zwischen den Mitgliedstaaten und in vielen Fällen um fehlende Kooperation innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten selbst. Unter Berücksichtigung dieser Gedanken hat die Kommission bereits zwei Dokumente beantragt, um eine Gesamtstrategie und ein Maßnahmenpaket zu erstellen und zu entwickeln. Der Änderungsantrag hinsichtlich der die Vorschrift zur Einrichtung eines Überwachungssystems einerseits und das Aktionsprogramm zur Verbesserung der Anwendung der Gemeinsamen Fischereipolitik andererseits decken die wichtigsten in dieser Mitteilung behandelten Punkte ab. Die Kommission ist hocherfreut über die positive Resonanz der Mitteilung beim Parlament. Wir haben die im Laufe der Diskussion aufgetauchten Anregungen zur Kenntnis genommen, die uns eine konstruktive Form der Unterstützung ermöglichen. Ich möchte mich an dieser Stelle zu dem äußern, was Herr Provan zu Sanktionen gegenüber einzelnen Mitgliedstaaten gesagt hat. Wir brauchen unwiderlegbare Beweise für solche Vergehen und haben hierfür nicht die nötigen Befugnisse. Die Überwachungsbefugnisse sind minimal, und die Arbeit der Kommission wäre entschieden effektiver, wenn die Inspektoren der Gemeinschaft zusätzlich zur Befugnis, Kontrollen ohne Vorankündigung durchzuführen, mehr Spielraum beim Sammeln von Informationen bei der Suche nach Schwachstellen in den nationalen Überwachungssystemen hätten. Dies würde die Situation enorm verbessern. Zweitens hat Herr Provan mit Recht Zugang zu Informationen und den Datenbanken gefordert. Wir werden diese Punkte in unseren nächsten Vorschlag mit einbeziehen, denn ich halte dies für äußerst sinnvoll. Herr Teverson hat meiner Ansicht nach sehr gut erkannt, daß wir in jeglicher Hinsicht nichteinheitlich handeln. Hier liegt die Wurzel allen Übels. Mir persönlich gefällt die Idee der Kontrollen auf allen Stufen der Versorgungskette bis zum Markt sehr gut. Gegenwärtig gibt es hier Schwachstellen. Herr McCartin hat diesen Punkt ebenfalls erwähnt. Ich halte dies für eine geeignete Methode zur Ursprungsfeststellung im gesamten System. Wir würden in dieser Hinsicht sehr gern aktiv werden. Schließlich haben wir uns mit einigen Initiativen auf diesem Gebiet auseinandergesetzt. Wir sollten dem enormen Potential neuer Technologien gebührend Rechnung tragen. Die Möglichkeiten der Datenverarbeitung und der Satelliten werden derzeit noch nicht voll ausgeschöpft. Hier sollten wir etwas unternehmen. Vielleicht wäre die Finanzierung von Forschung und einigen Studien in diesem Bereich überlegenswert. Im zukünftigen fünften Programm könnten wir Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen mehr Platz einräumen. Das halte ich für eine gute Idee. Schließlich gibt es die Möglichkeit einer internationalen Konferenz im nächsten Jahr, die viele produktive Schlußfolgerungen und Empfehlungen mit sich bringen kann, um unsere Strategie zu optimieren und uns dem angestrebten Ziel näherzubringen, nämlich der Schaffung der harmonisierten Aktionsplattform, von der Herr Teverson spricht. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen um 9.00 Uhr statt. (Die Sitzung wird um 20.45 Uhr geschlossen.)