Das Protokoll der gestrigen Sitzung wurde verteilt. Gibt es Einwände? Herr Präsident, zum Protokoll möchte ich nichts sagen, damit bin ich wirklich zufrieden. Gestern jedoch wurde aus mir unbegreiflichen Gründen ein Änderungsantrag der Liberalen zum Bericht Viola abgelehnt. Dabei ging es um die Verbesserung des Umweltschutzes bei den Institutionen. In diesem Zusammenhang möchte ich nun folgenden Antrag stellen. Zur Förderung des Radverkehrs hier in Straßburg sollten Sie für ausreichende überdachte Fahrradständer sorgen. In der Garage reichen die Fahrradständer für die Mitglieder des Parlaments und die Mitarbeiter nämlich bei weitem nicht aus. Ich darf Sie auffordern, unten in der Garage anstelle von vielleicht zwei Autostellplätzen mehr Platz für Fahrräder zu schaffen. Vielen Dank, Herr Eisma. Ich nehme Ihren Hinweis wohlwollend zur Kenntnis und werde ihn dem Präsidium und insbesondere dem Kollegium der Quästoren übermitteln, damit diese von Ihnen soeben dargelegte Angelegenheit in einem wirklich positiven Sinne geprüft wird. Herr Präsident, zu meiner gestrigen Rede im Protokoll möchte ich noch etwas vorbringen. Am Schluß meiner Rede zu Pinochet äußerte ich die Befürchtung, daß die britische Regierung könnte einen Deal machen und ihn ziehen lassen. Heute morgen wird im Guardian genau das berichtet. Ich möchte nur bekräftigen, daß meine Voraussage richtig war. Herr Kerr, Sie kennen das Wohlwollen dieser Präsidentschaft, vor allem an den Freitagvormittagen, welches friedliche Tage sind. Aber dies hat nichts mit dem Protokoll zu tun. Ich stelle fest, daß es keine Einwände zum Protokoll gibt. (Das Parlament genehmigt das Protokoll.) Herr Präsident, zur Geschäftsordnung. Ich habe mehrmals an Freitagen darauf hingewiesen, daß diese Sitzung, die oft eine sehr gute Sitzung ist, nicht für das Fernsehen aufgezeichnet wird. Sie steht weder Fernsehgesellschaften noch Archiven zur Verfügung. Ich möchte noch einmal mit Nachdruck die Frage stellen, wann diese Sitzung endlich ordnungsgemäß aufgezeichnet und wie jede andere behandelt wird. Herr Hallam, ich nehme Ihre Sorge wohlwollend zur Kenntnis und teile sie, denn da ich den Vorsitz habe, könnte ich häufiger im Fernsehen erscheinen. Aber auf jeden Fall, Herr Hallam, werde ich daran denken, die Frage der zuständigen Stelle zu übermitteln. Herr Präsident, ich habe lediglich für eine Vorabklärung, una tantum , zu den eingereichten Änderungsanträgen um das Wort gebeten. Der vorliegende Bericht wurde im Ausschuß für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung einstimmig angenommen, nachdem zuvor mit einigen Fraktionen, die zu einer grundsätzlichen Frage Änderungsanträge eingereicht hatten, ein Kompromiß geschlossen worden war. Der Bericht über eine Strategie für die Berggebiete stellt eine Vertiefung eines während der vorangegangenen Legislaturperiode vorgelegten allgemeinen Berichts über benachteiligte Gebiete im weiten Sinne dar. Die Kollegin Anttila wird demnächst, d.h. in wenigen Tagen, dem Parlament einen Bericht über die arktischen Gebiete vorlegen. In der nächsten Legislaturperiode wird die Vorlage eines bereits vor vielen Jahren ausgearbeiteten Berichts über Trocken- und Wüstengebiete, der inzwischen vertieft wurde, erfolgen. Wie ich nun feststelle, wurden im Plenum Änderungsanträge von nur einer Fraktion, nämlich der EDN-Fraktion, eingereicht, und zwar die gleichen Änderungsanträge, die wir beim Berichtstext vereinbart hatten und die erneut auf eine Verallgemeinerung des Problems abzielen, was einen Rückschritt bedeutet. Wir haben heute die Gelegenheit, das Thema in einer der Richtungen weiter zu vertiefen, nachdem eine Vertiefung in die anderen Richtungen im Rahmen weiterer Berichte möglich sein wird: Wir haben also sozusagen endlich die Möglichkeit, die verschiedenen Probleme konkret anzugehen, ohne uns jedesmal mit großartigen Grundsatzerklärungen aufzuhalten, denen zwar zugestimmt werden kann, die jedoch wenig konkret und praktisch sind. Aus diesem Grunde werde ich nur einen Teil der eingereichten Änderungsanträge übernehmen können, nämlich jene, durch die der konkrete, pragmatische Aspekt des vorliegenden Berichts nicht verfälscht wird und die vor allem keinen Verrat an dem Titel des Berichts bedeuten. (Das Parlament nimmt den Entschließungsentwurf an.) Herr Wijsenbeek bittet um das Wort zur Geschäftsordnung. Herr Präsident, da diese Woche mit den drei Abstimmungsrunden sehr anstrengend gewesen ist, bitte ich Sie nicht um eine geheime Abstimmung im Sinne von Artikel 121, sondern um eine ruhigere Abstimmung. Meine Damen und Herren, ich berufe mich auf die Geschäftsordnung und bitte Sie um rücksichtsvollste Ruhe zur Beruhigung von Herrn Wijsenbeek und auch dieser Präsidentschaft. Herr Präsident, zum Ergebnis dieser Abstimmung ist wohl ein Kommentar von mir fällig. Zweifellos war es eine hübsche Übung in parlamentarischer Demokratie. Wie der Kollege Fabre-Aubresby richtig sagte, haben wir nur über einen Zusatz von drei Worten, über die in sämtlichen Änderungsanträgen üblichen drei Worte abgestimmt: Durch diese drei Worte nun wird die ursprüngliche Fassung des vorliegenden Berichts verraten, in dem ausschließlich von Berggebieten gesprochen werden sollte, nachdem - wie ich nochmals sagen möchte - über Trockengebiete bereits gesprochen wurde und wir über die arktischen Gebiete in diesem Parlament in ungefähr einem Monat sprechen werden. Es wäre nun so, wie wenn ich sämtliche von mir zu den Berggebieten eingereichten Änderungsanträge in einem Monat im Rahmen des Berichts meiner Kollegin Anttila erneut einbringen würde. Wiederum werden hehre Grundsätze proklamiert, doch sind wir erneut völlig unfähig, uns in konkrete Probleme hineinzuvertiefen. Es ändert sich zwar nichts, der Bericht ist absolut gültig - daher habe ich auch nicht meinen Fraktionsvorsitzenden ersucht, dagegen zu stimmen -, doch werden von uns einmal mehr Märchen erzählt. Wir sind unfähig, konkrete Rechtsvorschriften festzulegen, in denen sich der Bürger erkennen kann. Herr Santini, diese Präsidentschaft hat Ihnen nicht das Wort entzogen, weil sie dies nicht zu tun pflegt, aber bedenken Sie, daß Ihr Beitrag beinahe eine Erklärung zur Abstimmung und eine Wiedereröffnung der Aussprache ist. Aber ich werde diese Aussprache nicht von neuem eröffnen. Über diese Angelegenheit haben wir bereits abgestimmt, und dies ist der demokratischste Ausdruck unserer Versammlung: die Abstimmung. Unsere Fraktion hat für den Bericht Iversen zur Förderung umweltgerechter und den natürlichen Lebensraum schützender landwirtschaftlicher Poduktionsverfahren gestimmt, obwohl wir uns durchaus bewußt sind, welche Probleme die Anwendung der GAP und der internationalen Abkommen, die entweder im Rahmen der WTO oder in Form von Freihandelsabkommen seitens der Europäischen Union abgeschlossen werden, mit sich bringt. Lassen Sie mich daran erinnern, Herr Präsident, daß die in der Agenda 2000 enthaltenen Vorschläge der Kommission zur Reform der GAP die Landwirte dazu verpflichten, mit ihren Produktionswerkzeugen eine möglichst hohe Produktivität zu erzielen. Die Intensivierung und Spezialisierung der Landwirtschaft in bestimmten Regionen der Europäischen Union sind nichts anderes als die Folgen der perversen Anreize, die die GAP schafft. Die Reformvorschläge, so wie wir sie heute kennen, werden diese Tendenzen nur noch verstärken, und dies trotz der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über den Umweltschutz und die Erhaltung des natürlichen Lebensraums. Und schließlich, Herr Präsident, möchte ich in Erinnerung rufen, daß die soziale und die umweltpolitische Dimension nicht mit in die GATT-Abkommen aufgenommen worden sind. Die Zunahme der Freihandelsabkommen fördert eine landwirtschaftliche Produktion zu niedrigen Preisen und damit niedrigen Produktionskosten. Um wettbewerbsfähig sein zu können, sind die europäischen Landwirte gezwungen, eine größtmögliche Produktivität anzustreben, selbst auf die Gefahr hin, daß sie die europäischen Umweltbestimmungen nicht einhalten können. Abschließend sei der Hinweis gestattet, Herr Präsident, daß aus Sicht unserer Fraktion die Gemeinschaftspolitik sowohl nach außen als auch in der Landwirtschaft im Widerspruch zur europäischen Umwelt- und Tierschutzpolitik steht. Die europäischen Landwirte befinden sich in einer Zwangslage, die ihnen keinen Spielraum läßt und ihren Ausstieg aus dem Beruf begünstigt. Sie können nicht auf der einen Seite die Umweltauflagen erfüllen und gleichzeitig auf der anderen Seite den Produktivitätsanforderungen gerecht werden, die mit den ständig sinkenden Agrarpreisen infolge der Abschaffung der Gemeinschaftspräferenz zusammenhängen. Bericht Otila (A4-0346/98) Es ist wichtig, daß die Betreiber von Land- und Forstwirtschaft ihr Auskommen haben, wenn sich die Böden verändern. Der Übergang zur Aufforstung landwirtschaftlicher Nutzflächen kann eine solche Möglichkeit sein. Gleichzeitig muß die natürliche Ressource Boden in einem solchem Umfang erhalten werden, daß ausreichend Lebensmittel produziert werden können. Veränderungen in der Bewirtschaftung von Nutzflächen müssen einhergehen mit Umwelt- und Ressourcenanalysen sowie einer Zertifizierung des Waldes, um eine leistungsfähige Forstwirtschaft zu entwickeln. Die Branchenorganisationen der Land- und Forstwirtschaft müssen in diese Arbeit einbezogen und die Kosten, Einkommensveränderungen und Umweltauswirkungen evaluiert werden. Ich habe für diesen Bericht gestimmt. Ich stimme für diesen Bericht mit einer Mischung aus Stolz und Besorgnis. Aus Stolz deshalb, weil Großbritannien zu den vier Besten beim EU-Programm zur Förderung des Anpflanzens von Bäumen als Alternative zur landwirtschaftlichen Nutzung von Boden gehört. Aus Besorgnis, weil aus diesem Bericht hervorgeht, daß das Beihilfeprogramm für Aufforstungen, also für das Anpflanzen von Bäumen anstelle von noch mehr Ernteerträgen, damit sich Europas Lebensmittelberge nicht noch höher türmen, im großen und ganzen nirgendwo in Europa größere Veränderungen bewirkt hat. Auch die anderen im Bericht genannten Probleme der hohen Hektarkosten für das Aufforstungsprogramm haben Zweifel darüber aufkommen lassen, wie das Programm vor Ort umgesetzt wird. Angesichts der Bedeutung der Förderung der Forstwirtschaft, wie beispielsweise die äußerst erfolgreiche britische Bewegung für kommunale Forsten, die mir vom Red Rose Forest in meinem eigenen Wahlkreis bestens bekannt ist, ist es wichtig, daß man auf die im Bericht geäußerten Besorgnisse hinsichtlich anderer Nutzer von EU-Aufforstungsbeihilfen eingeht. Deshalb unterstütze ich den Bericht, und ich hoffe, daß die Kommission mit einer baldigen Evaluierung des EU-Beihilfeprogramms für Aufforstungen reagiert. Bericht Santini (A4-0368/98) Trotz ihrer Verschiedenheit, ihrer Vielgestaltigkeit und ihrer jeweiligen Besonderheiten haben die Berggebiete der Union eines gemeinsam: die ungünstigen Entwicklungsbedingungen. Dort, wo sich der größte Teil des ökologischen Erbes und der Artenvielfalt der Union konzentriert und ein unschätzbarer Reichtum hinsichtlich der Umwelt und traditioneller Tätigkeiten herrscht, dort greifen gleichzeitig ständig ganz akute Probleme wie Isolation, Unterentwicklung, Verödung und Niedergang um sich. Die Berggebiete leiden unter den Folgen verbrecherischer politischer Entscheidungen, die ihren Niedergang noch beschleunigen. Die natürlichen, demographischen und wirtschaftlichen Probleme dieser Regionen wurden und werden nur mit unflexiblen, fragmentarischen Politiken angegangen, wobei man vor allem die Symptome und nicht die Ursachen bekämpft. Wenn beispielsweise über die GAP und die GATT-Vereinbarungen eine Politik umgesetzt wird, die auf einen ständigen Rückgang der landwirtschaftlichen Aktivitäten abzielt, wie soll dann die Entwicklung des ländlichen Raums, der Berggebiete und Regionen aufrechterhalten und verstärkt werden können, wenn die Landwirtschaft doch zu den wichtigsten Beschäftigungssektoren auf dem Land und in den Berggebieten gehört, die Bevölkerung in ebendiesem Zweig weitgehend ihren Lebensunterhalt erwirbt und sie für die Bewahrung der natürlichen Umwelt notwendig ist und zur Erhaltung des natürlichen Lebensraums und der Landschaft beiträgt? Wenn ständig Begrenzungen in bezug auf die Menge wichtiger Agrar- und Viehzuchterzeugnisse der Bergregionen durchgesetzt werden - ein Problem, das sich für die Produkte des Südens in besonderer Schärfe stellt, da diese auf Grund der Boden- und Klimaverhältnisse nicht durch andere Tätigkeiten im Primärsektor ersetzt werden können -, dann ist es unmöglich, die Bevölkerung, insbesondere die jungen Menschen, in diesen Regionen zu halten, in denen weder Beschäftigung noch zufriedenstellende und menschenwürdige Lebensbedingungen für sie gewährleistet sind. Nicht zufällig ist die Region Ipiros in Griechenland, eine Bergregion par excellence, die ärmste Region der EU und belegt im Rahmen von Ziel 1 den traurigen ersten Platz. Und all dies geschieht zu einem Zeitpunkt, da mit den Vorschlägen der Agenda 2000 ein weiteres Zurückfahren der Landwirtschaft vorbereitet wird und erhebliche Einschränkungen bei den Beihilfen der Strukturfonds auf den Weg gebracht werden. Gleichzeitig führen Bedingungen wie die normalerweise erhebliche Entfernung dieser Regionen von den Großstädten, die besonders ungünstigen Klimabedingungen, der Mangel an Infrastruktur und notwendigen technischen Voraussetzungen sowie das ungenügende und ungeeignete Straßennetz diese Gebiete in die Isolation und beschränken die Möglichkeiten zur Verwertung der lokalen Erzeugnisse und zur ausreichenden Funktion der lokalen Märkte, die Entwicklung neuer Wirtschaftstätigkeiten sowie die Herausbildung eines zufriedenstellenden Standards im Gesundheitswesen, in der Bildung und bei den kulturellen Aktivitäten. Diese Probleme werden nicht nur nicht gelöst - sie verschärfen sich vielmehr. Man behandelt sie zunehmend als ständige, diesen Regionen innewohnende und teils sogar "pittoreske" natürliche Nachteile. Es ist nötig, die herrschenden Politiken neu zu orientieren und neue Konzepte auszuarbeiten, mit denen es gelingt, den gefährlichen Prozeß der Verödung und Entvölkerung der Berggebiete der Union aufzuhalten und umzukehren und wirkliche Anreize für die Entwicklung dieser Regionen zu geben: Anreize für die Bevölkerung, in den Berggebieten zu bleiben, Anreize für Beschäftigung und ein akzeptables Einkommen sowie für die Entwicklung der Produktion im Primär- und Sekundärsektor. Notwendig sind der Ausbau der Infrastrukturen, die Verbesserung des Straßennetzes und der Verkehrsmittel sowie die Organisation und qualitativ hochwertige Sicherstellung von Dienstleistungen in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Unsere Fraktion hat 31 Änderungsanträge zu diesem Initiativbericht über die Bergregionen eingereicht, weil wir die Kommission und den Rat auf die Situation in sämtlichen benachteiligten und ökologisch sensiblen Gebieten hinweisen wollten. Es handelt sich, abgesehen von den Bergregionen, um die ländlichen Gebiete, die angesichts der GAP und insbesondere angesichts des Vorschlags zur Reform der GAP im Rahmen der Agenda 2000 zu den empfindlichsten Gebieten zu zählen sind. Seit mehreren Jahrzehnten kann man in diesen Gebieten eine deutliche Tendenz der Entvölkerung feststellen, da die landwirtschaftliche Produktivität dort geringer ist als anderswo und es schwieriger ist, den kontinuierlichen Preisverfall bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen auszugleichen. Auf die verschiedenen agronomischen, pedologischen, klimatischen und umweltbedingten Zwänge haben die Gebiete, bezogen auf die Entwickung ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit, unterschiedlich reagiert: In einigen Gebieten konnte durch eine Extensivierung der landwirtschaftlichen Betriebe eine Produktivitätssteigerung erzielt werden; in anderen Gebieten hat sich die Landwirtschaft diversifiziert und sich zusätzliche Tätigkeitsbereiche erschlossen, wie zum Beispiel den Agrotourismus. Diese Entwicklungen machen deutlich, welche besonderen Bedürfnisse die Wirtschaftsbeteiligten im ländlichen Raum haben (Bedarf an öffentlichen Dienstleistungen, Bedarf an Infrastruktur, um die Kommunikation zu fördern und einer Abschottung vorzubeugen...). Gewiß müssen diese Bedürfnisse im Rahmen der Strukturfonds berücksichtigt werden, aber für die eigentliche landwirtschaftliche Tätigkeit sind spezielle Beihilfen erforderlich, die im Grunde genommen Ausgleichsentschädigungen für ein Handicap darstellen. Es gilt, die Diskrepanz zwischen der Produktion in den benachteiligten Gebieten und der Produktion in den Ebenen auszugleichen, denn die Zukunft dieser Gebiete und die Zukunft der Raumordnung steht auf dem Spiel. Was die ökologisch sensiblen Gebiete, beispielsweise Feuchtgebiete, angeht, so müssen die besonderen Umweltzwänge, denen diese Gebiete unterliegen, mit in die Überlegungen einbezogen werden, denn sie belasten ebenfalls die Produktivität der landwirtschaftlichen Betriebe. In den Feuchtgebieten haben die Landwirte beispielsweise die Kanäle zu berücksichtigen, die ihre Parzellen voneinander abgrenzen, und darüber hinaus müssen sie, das dürfen wir nicht vergessen, die gesamte Infrastruktur pflegen, wie sie es oft schon seit mehreren Jahrhunderten gemacht haben. Würde die Landwirtschaft in diesen Gebieten aussterben, so wäre das auch das Ende jeglicher wirtschaftlichen Landschaftspflege, vor allem aber ginge ein Umweltgleichgewicht verloren, das zur Kultur dieser Regionen gehört. Als Schlußfolgerung daraus fordern wir die Kommission und den Rat auf, eine echte flankierende Politik für den ländlichen Raum zu entwickeln, die es ermöglicht, die Handicaps der benachteiligten Gebiete und der ökologisch sensiblen Gebiete in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union auszugleichen. Die Agrarpolitik der Europäischen Union muß dem ländlichen Raum und der Vielseitigkeit der agronomischen, pedologischen, geomorphologischen, klimatischen und umweltbedingten Situationen Rechnung tragen. Bericht Rehder (A4-0298/98) Die Landwirtschaftsbeihilfen sind sehr ungleichmäßig verteilt. Große Betriebe und Höfe in blühenden landwirtschaftlichen Gebieten erhalten große Unterstützung, während kleine Betriebe und Höfe in Randgebieten und ausgesprochen dünn besiedelten Gebieten nur wenig erhalten. Das System ist kompliziert und kostet den einzelnen Bauern sowie die gesamte Gesellschaft zu viel Zeit und Arbeit. Daher muß das Beihilfesystem schrittweise in Richtung auf eine höhere Bezahlung für das Produzierte, weniger Regelungen und verminderte Kontrollen verändert werden. Der im Bericht vorgeschlagene weitere Ausbau der Kontrollen der Gemeinschaft hinsichtlich der bereits bestehenden Kontrolltätigkeit der Mitgliedstaaten ist der falsche Weg. Die gesamte Idee verstärkter Kontrollen und Ahndung von Verstößen gegen "EU-Recht" führt in die falsche Richtung und wird das Mißtrauen gegenüber der EU und den einheimischen Landwirtschaftsverwaltungen nur noch verstärken. Statt dessen müssen wir den entgegengesetzten Weg mit weniger Regulierungen und Kontrollen sowie verstärkter Marktauswirkung mit Bezahlung nach Qualität gehen. Den Bericht Rehder konnten wir aus verschiedenen Gründen nicht unterstützen, hauptsächlich jedoch aufgrund der Äußerung zu den "nicht verbrauchten" Haushaltsmitteln des EAGFL. Der Vorschlag des Berichterstatters sieht vor zu prüfen, ob diese Mittel nicht mehr an die Mitgliedstaaten zurückgezahlt, sondern für die europäische Agrarpolitik zur Verfügung gehalten werden können. Sollte der Berichterstatter mit "nicht verbrauchten" Haushaltsmitteln die in einem Jahr im Haushaltsplan bereitgestellten, jedoch in diesem Jahr dann nicht abgerufenen Gelder meinen, so könnte ich damit leben. Im Bericht Rehder ist das jedoch nicht der Fall. Aus Erwägung F geht hervor, daß der Berichterstatter unter "nicht verbrauchten" Haushaltsmitteln die Differenz zwischen der Agrarleitlinie und den Agrarausgaben versteht. Diese gesamte Marge will Rehder für die europäische Agrarpolitik einsetzen. Der Ausgabenplafond für die Landwirtschaft wird faktisch als Ausgabenziel angesehen. Damit können wir uns keinesfalls einverstanden erklären. Außerdem ist der Bericht nicht der richtige Ort für derartige Äußerungen. Der Bericht enthält noch weitere Vorstellungen von der künftigen europäischen Agrarpolitik und ihrer Finanzierung. Solche Gedanken gehören nicht in diesen Bericht, sondern müssen im Rahmen der Vorschläge zur Agenda 2000 behandelt werden. Schließlich haben wir Schwierigkeiten mit der Vorstellung von möglichen Ungleichgewichten in der Agrarpolitik. Dem Berichterstatter zufolge ist das derzeitige Agrarsystem sozial unausgewogen, da 80 % der Fördermittel an nur 20 % der Landwirte fließen. Diese These erweckt den Eindruck, Ziel der Agrarpolitik sei es, allen Landwirten Beihilfen in gleicher Höhe zu gewähren. Das kann doch nicht sein. Der eine Sektor kann auf einem freien Markt mühelos wirtschaftlich produzieren, während andere Sektoren dringend staatliche Beihilfen benötigen. Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über den Bericht (A4-0248/98) von Frau Ryynänen im Namen des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung und Medien über die Rolle der Bibliotheken in der modernen Gesellschaft. Meine Damen und Herren, bevor ich Frau Ryynänen das Wort erteile, gestatten Sie mir, Sie an die Empfehlung von Herrn Wijsenbeek zu erinnern. Ich bitte Sie um Ruhe, meine Damen und Herren, denn diese Präsidentschaft möchte den Beitrag von Frau Ryynänen hören. Frau Ryynänen, Sie haben als Berichterstatterin für fünf Minuten das Wort. Herr Präsident, Herr Fischler! In der Informationsgesellschaft ist Wissen die zentrale Ressource und Information der wichtigste Rohstoff. Nun ist es höchste Zeit, die Bibliotheken in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen, über deren Bedeutung und Chancen als Kreuzungspunkt vieler mit der Informationsgesellschaft verbundener Prozesse man sich noch nicht hinreichend im klaren ist. Eine der größten Gefahren der Informationsgesellschaft ist die zunehmende Chancenungleichheit. Gerade die Bibliotheken können garantieren, daß alle die Möglichkeit haben, das gewünschte Wissen und die Kultur, in welcher Verpackung auch immer, zu nutzen, angefangen bei der traditionellen gedruckten Form bis hin zu den modernsten Netzinhalten. Durch die Verbreitung des Wissens über die Informationsnetze ändert sich die Rolle der Bibliotheken, wird aber nicht geringer. Als besonders wichtig erweist sich die Fähigkeit der Bibliotheken als Organisatoren des über die Netze verbreiteten Wissens. Bei der Informationsflut werden Anleitungen und Wegweiser benötigt, damit jeder eine Antwort auf seine Frage bekommt. Demokratie, Transparenz und aktive Bürgeridentität können nur umgesetzt werden, wenn Materialien allen zugänglich sind, wie Gesetze, andere Verwaltungsakte, einschließlich EU-Materialien, und zum Beispiel aktuelle Tageszeitungen. Die Erfahrungen mit Europa-Informationsstellen in Bibliotheken sind positiv. Die Zugänglichkeit und Unentgeltlichkeit von Material, das mit allgemeinen Steuermitteln hergestellt wird, sollte gesichert werden. Die Einspeisung von Katalogen, Kartenmaterial und Statistiken in die Netze kann die allgemeine Zugänglichkeit wesentlich erleichtern, weil sie zu äußerst geringen Verteilungskosten möglich ist. Die Unentgeltlichkeit der Grunddienste von Allgemeinbibliotheken ist bereits im UNESCO-Manifest über die Allgemeinbibliotheken erfaßt, und die Erfahrungen mit Leihgebühren sind nirgendwo sehr gut. Die Folge ist eine Verringerung der Nutzung bzw. eine geringe Inanspruchnahme des gesammelten Bildungskapitals, und der geringe Ertrag kann die wirtschaftlichen Probleme der Bibliotheken nicht lösen. Die Finanzierung der Bibliotheken muß auch in ganz Europa neu durchdacht werden. Mit den heutigen Ressourcen können sie den vielfältigen traditionellen Dienstleistungsaufgaben auf dem Gebiet von Kultur und Wissenschaft sowie den neuen Herausforderungen der Informationsgesellschaft nicht gerecht werden. Dennoch werden in der Informationsgesellschaft des lebenslangen Lernens immer höhere Anforderungen an die effiziente Ausnutzung jeglicher Materialien und das fachliche Können der Bibliotheken gestellt. Die Fort- und Weiterbildung im Bibliotheks- und Informationswesen ist ebenfalls eine wichtige Herausforderung, bei der sich die europäische Zusammenarbeit auszahlen kann. Die Investitionen der Bibliotheken in Informationstechnologie müssen als integraler Bestandteil der Infrastruktur der Informationsgesellschaft gesehen werden. Wenn das Wissen zu einem immer wichtigeren Produktionsfaktor wird, lohnt es sich, gemeinschaftliche Mittel in seine Verbreitung zu investieren. Zum Beispiel setzen Lizenzgebühren für elektronische Materialien und die Digitalisierung von Katalogen und Originalmaterialien bzw. des gesamten umfangreichen Kulturerbes die Bibliotheken unter wirtschaftlichen Wachstumsdruck. Am effizientesten sind Bibliotheken als grenzüberschreitender und auch internationaler Verbund. Die Vernetzung ist in Europa nach wie vor schlecht entwickelt. Es ist ebenso wichtig, daß das 1990 eingeleitete Telematikprogramm der Bibliotheken, das ausgezeichnete Zusammenarbeitsprozesse in Gang gesetzt hat, im Fünften Rahmenprogramm für Forschung, Technologie und Entwicklung weitergeführt wird. Um die Entwicklung des europäischen Bibliothekswesens zu koordinieren und die Forschung und Weiterbildung auf diesem Gebiet zu fördern, wird ein Europäisches Bibliothekszentrum gebraucht. Derzeit fehlen auch vergleichbare Informationen über die von Bibliotheken angebotenen Dienste in den verschiedenen Ländern der Gemeinschaft. Der Zusammenarbeit der Bibliotheken wird ein sehr hoher Stellenwert auch in den Strategien der Informationsgesellschaft der Länder Mittel- und Osteuropas und bei der Stärkung der demokratischen Bürgeridentität beigemessen. In der aktuellen Debatte über das Urheberrecht vertreten die Bibliotheken, Archive und Museen die Sicht der Bürger und Verbraucher. Die Sicherung des Urheberrechts und die Verhinderung der illegalen Verbreitung ist ein berechtigtes und wichtiges Anliegen auch für die Bibliotheken. Das heutige Gleichgewicht zwischen den Rechten von Urhebern und Nutzern muß erhalten bleiben. Deshalb ist es auch wichtig, die Ausnahmen vom ausschließenden Urheberrecht eindeutig zu formulieren, die die Rechte des Nutzers und der Bibliotheken sichern. Die Schwelle für die Nutzung digitaler Wissens- und Kulturprodukte sollte nicht erhöht werden. Eine zu starre Eingrenzung der Bibliotheksnutzung, indem zum Beispiel das Selbststudium ausgeschlossen wird, steht im Widerspruch zum Prinzip des lebenslangen Lernens. Eine zu eng gefaßte Urheberrechtsregelung kann trotz ihrer entgegengesetzten Zielstellung die Produktivität von geistiger Arbeit in Europa vermindern. Ich hoffe, daß die Kommission in Vorbereitung des Grünbuchs über die Rolle der Bibliotheken in der Informationsgesellschaft die Orientierung dieses Berichts berücksichtigt und sich damit für die Entwicklung einer demokratischen Informationsgesellschaft der Bürger einsetzt. Herr Präsident, Frau Ryynänen! Vielen Dank für den eleganten Bericht. Unsere gemeinsame Sorge in der Informationsgesellschaft gilt der Einteilung in Personen, die sich Wissen leisten können, und in jene, die es nicht können, also in Wissensreiche und Wissensarme. Diese Grenze sollte mit allen Mitteln herabgesetzt werden. In Finnland und einigen anderen Ländern haben wir das über das Bibliothekswesen mit gutem Erfolg geschafft. Als Leseland sind wir Weltspitze. Die Hauptaufgabe der Volksbibliothek besteht darin, die Entwicklung des Bildungssystems zu sichern, besonders das kleinerer Gemeinschaften von Sprachen, die für die großen Sprachgemeinschaften schwer zu verstehen sind. Gemäß der Richtlinie über das Urheberrecht darf elektronisches Material ohne gesonderte Vereinbarung mit den Urhebern den Bibliothekskunden, also den normalen Bürgern, am Computerbildschirm nicht gezeigt werden. Das stellt eine Gefahr für den modernen Bibliotheksdienst dar und ist sowohl für die Chancengleichheit als auch für die Bildung in der Informationsgesellschaft ein großes Problem. Ich halte das für einen Fehler bzw. für ein unerhörtes Vorgehen, durch das man die Tätigkeit der Einrichtung zu zerstören droht, die sich im kulturellen Sektor als ganz besonders kostenintensiv erwiesen hat. Die Bibliothek kann dann ihre Aufgabe als Wissensvermittler nicht erfüllen. Sie ist für jeden Bürger kostenlos. Sie hilft gerade denen, die es sich nicht leisten können, alle Produkte zu kaufen. Daran hat man sich gewöhnt. Die Bibliothek ist zu einer Art Bildungstempel geworden. Die Menschen brauchen die Bibliothek und benutzen sie. Wenn nun diese Tätigkeit angeblich unter Bezugnahme auf die Digitalität und Speicherformen behindert wird, so ist das ein tiefer und bedauerlicher Rückschlag für die Bildung, für deren Entwicklung sich vielmehr alle hingebungsvoll und aufrichtig einsetzen sollten. Da ich annehme, daß Schuld daran Unkenntnis ist, gehe ich davon aus, daß wir unsere Richtlinie über das Urheberrecht so verändern, daß die Bibliothek weiterbestehen und in der sich entwickelnden Informationsgesellschaft ihre auf Chancengleichheit ausgerichtete, kluge und gerechte Bildungsaufgabe ausbauen kann. Herr Präsident, ich möchte die volle Unterstützung der Fraktion der Europäischen Volkspartei für den ausgezeichneten Bericht der Berichterstatterin, Frau Ryynänen, zum Ausdruck bringen. Ich werde nur auf eine einzige Frage eingehen: Gewöhnlich vermitteln wir freitags gute Nachrichten, vor allem, wenn Kommissar Fischler in Vertretung der Europäischen Kommission im Präsidium sitzt. Aber heute, Herr Präsident, da es um die Bibliotheken geht, müssen wir der Öffentlichkeit bekanntgeben, daß unsere Bibliotheken langsam sterben. Millionen von Büchern unserer Bibliotheken werden auf kleiner Flamme vernichtet. Unsere Bibliotheken sind schwer krank, besonders ihre jüngsten Exemplare. Wir haben die Pflicht, unsere Bibliotheken zu retten, ohne Übertreibung. Herr Präsident, ich möchte die Versammlung an eine allseits bekannte Tatsache erinnern: Ein Drittel der in den letzten 150 Jahren veröffentlichten Bücher zerstört sich von selbst. Das Problem liegt in der verwendeten Papierart. Bis 1803 wurde das Papier auf der Basis von Flachs- oder Baumwollfasern hergestellt, die Stabilität und eine lange Lebensdauer gewährleisteten. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde wegen der großen Nachfrage nach Papier das sogenannte saure Papier auf der Grundlage von Zellstoffbrei aus Holz eingeführt. Die Erfahrung zeigt, daß diese Papierart nur eine Lebensdauer von einigen Jahrzehnten hat. Das Ausmaß der Schäden in den Bibliothekssammlungen ist alarmierend. Man rechnet damit, daß in den Beständen der großen Bibliotheken etwa ein Drittel der Exemplare geschädigt ist. Wie sprechen hier von Bibliotheken wie der des Kongresses der Vereinigten Staaten oder der Nationalbibliothek von Paris mit 11 Millionen Bänden. Das Problem ist folglich ernst. Es ist aber auch kein neues Problem. Seit 1990 ersuchen wir die Kommission um homologisierbare Entschließungen und Normen für die Verwendung von dauerhaftem Papier und um Verbraucherinformation. Herr Kommissar, wir würden gern wissen, wie der Stand in bezug auf diese Entwürfe ist, die wir seit fast acht Jahren von der Kommission fordern. Herr Präsident, der von Frau Ryynänen vorgelegte Bericht vermittelt einen ausgezeichneten Überblick über die Rolle der Bibliothek in der modernen Informationsgesellschaft. Gleichzeitig erfaßt er in hervorragender Weise die zahlreichen Möglichkeiten und Herausforderungen, vor denen das Bibliothekswesen in den nächsten Jahren steht. Der Bericht ist sorgfältig und kompetent entsprechend den finnischen Volksbildungstraditionen erarbeitet worden, und dafür möchte ich Frau Ryynänen meinen Glückwunsch und Dank aussprechen. Bildung ist eine Voraussetzung für die Weiterentwicklung. Sie ist auch der einzige Schutz kleiner Länder. Wenn die EU Beispiel zum Entwicklungsprogramme auflegt, kann es oft sein, daß sie an dem schwachen Volksbildungsniveau in den Empfängerländern scheitern. Die Bibliotheken sind die starken Vorreiter der Volksbildungsarbeit. Sie haben dem ganzen Volk das gesamte Spektrum der menschlichen Kultur und ihrer besten Resultate zugänglich gemacht. Sie haben in verständlicher und vielseitiger Weise auch das neueste Know-how sowie Anwendungsmöglichkeiten verschiedener Gebiete vermittelt. Die Bedeutung der Bibliotheken für den Aufschwung in Bildung und Lebensniveau in der westlichen Welt war enorm. Wissen ist aber auch Macht. Wissen zu beherrschen, bedeutet Macht, und fehlendes Wissen bedeutet fehlenden Einfluß. Wenn man sich nicht um die Volksbildung kümmert, verschärft sich die Chancenungleichheit in der Gesellschaft. Der Schlüssel zur Entwicklung der Bibliotheken liegt in der Definition der immateriellen Rechte. Die Urheberrechte sind ein besonders wichtiger Bestandteil der westlichen Rechtsordnung. Sie schützen die Rechte von Urhebern, Wissenschaftlern und Künstlern und sichern auch die Entwicklung vieler Bereiche. Frau Ryynänens Ansatz in dieser Beziehung ist richtig. Wenn die Entwicklung des Bibliothekswesens in der modernen Gesellschaft als benutzerfreundliche und beste Kultureinrichtung auch für einkommensschwächere Menschen gesichert wird, wird auch eine entsprechende Entscheidung über die zukünftige Definition der Urheberrechte getroffen. Herr Präsident, auch ich möchte Frau Ryynänen ganz herzlich zu diesem Initiativbericht beglückwünschen, der der Europäischen Union meines Erachtens große Möglichkeiten eröffnet, in einer Reihe von Fragen des Wissens und der Kultur heute und in Zukunft die Initiative zu ergreifen. Wir unterstützen die Positionen von Frau Ryynänen uneingeschränkt. Ich möchte auf zwei Punkte, zwei Dimensionen, wenn Sie so wollen, der Problematik hinweisen, die mit der Situation in meinem Land zu tun haben. Erstens ist die Möglichkeit, eine Bibliothek nutzen zu können, nicht nur eine rein finanzielle Frage. Oft trägt das Bildungssystem dazu bei, daß junge oder auch ältere Menschen Bibliotheken benutzen, ja, mitunter führt es sie geradezu dahin; so manches Mal hindert es sie aber auch daran und setzt Schranken für die Benutzung dieser riesigen Datenbank des menschlichen Wissens. Ein typisches Beispiel dafür ist Griechenland, und ich habe zugegebenermaßen schon Neid verspürt, als ich hörte, wie die Dinge in Finnland liegen. Bezeichnenderweise müssen die Schüler des griechischen Gymnasiums, wenn sie an den Aufnahmeprüfungen für die Hochschulen und Universitäten teilnehmen wollen, in jedem Fach ein Buch, nur ein einziges Buch, auswendig gelernt haben müssen! Wenn nun ein Schüler in dieser Prüfung zufällig etwas aus einem anderen Buch schreibt, dann wird er die Prüfung mit Sicherheit nicht bestehen. Wenn aber ein Schüler den Text eines Lehrbuchs mit allen Kommata, allen Punkten und allen Bindestrichen reproduzieren kann, dann ist er der Beste. Eine typische Szene im Leben griechischer Familien, deren Kinder gerade das Gymnasium beenden, wäre dann beispielsweise, daß der Vater oder die Mutter abends von der Arbeit kommen und sich das 17- oder 18jährige Kind hinstellt und das Lehrbuch auswendig aufsagt. Denn der Schüler selbst soll keinen Vergleich zwischen verschiedenen Büchern anstellen. Also kann auch das Bildungssystem einen erheblichen Beitrag zur Nutzung der Bibliotheken leisten, und zwar einen positiven, wie ich meine, in Finnland, oder einen negativen, wie es meines Erachtens in Griechenland der Fall ist. Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, hängt mit den besonderen Anstrengungen zusammen, die wir unternehmen müssen, um Bibliotheken in den großen Städten der Europäischen Union zu fördern, die sich mit der Kultur, der Zivilisation oder den Kenntnissen anderer Völker und anderer Sprachen der Europäischen Union beschäftigen. Ich sage das, weil wir zum Beispiel leider mit ansehen müssen, wie viele Lehrstühle an Universitäten, zu denen auch Bibliotheken, also das gesamte Reservoir an Wissen, gehören, beispielsweise Lehrstühle der Neogräzistik in großen Städten, in Berlin, München oder anderen Städten Deutschlands, heute im Niedergang begriffen sind, vor sich hinvegetieren und geradezu vom völligen Verschwinden bedroht sind. Insofern bin ich der Auffassung, daß ein solcher allgemeiner Impuls gerade für die Bibliotheken, die sich mit den Sprachen und Kulturen anderer Länder der Europäischen Union beschäftigen, sehr wichtig wäre. Herr Präsident, einer der finnischen Redner sagte vorhin, daß in Finnland Bibliotheken von großer Bedeutung seien. Ich will nicht annehmen, daß das wegen der langen dunklen Winter ist, in denen man nichts anderes tun kann, als Bücher zu lesen. Ja, ich weiß von meinen Finnland-Besuchen bei Frau Ryynänen, daß es da noch viele andere Dinge gibt, nicht zuletzt das herrliche Opernfestival von Savonlinna. Das Bibliotheksangebot und die Bedeutung der Bibliotheken in Finnland haben mich sehr beeindruckt, und ich lobe Frau Ryynänens Bericht. Er ist ein ausgezeichneter Bericht von einem ausgezeichneten Mitglied des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung und Medien. Wir hatten im Kulturausschuß viele gute Diskussionen über diesen Bericht, und ich hoffe, die Kommission schenkt ihm gebührende Beachtung, wenn sie ihre Richtlinie vorlegt. Er bildet eine hervorragende Grundlage für das Grünbuch. Bibliotheken sind äußerst wichtig für unsere Zivilisation und Kultur in Europa. Mir persönlich sind sie immer von enormem Nutzen gewesen. Ich ging mit 15 Jahren von der Schule ab, ging im Rahmen der Erwachsenenbildung mit 20 auf die Universität, und daß das möglich war, verdanke ich dem Umstand, daß ich einen Bibliothekar zum Freund hatte. Er richtete für mich allein einen Platz in der örtlichen Bibliothek ein, gab mir Bücher, suchte für mich Berichte heraus und half mir, das Versäumte aufzuholen. So konnte ich vorankommen, verschiedene Grade erwerben und schließlich Hochschullehrer werden. In Schottland kandidiere ich für die neue Scottish Socialist Party - ich dachte, ich könnte eine Erwähnung in den Regenbogen hineinbringen, wir haben sie vergangenen Monat ins Leben gerufen -, und ich habe sichergestellt, daß wir uns im Rahmen der Parteipolitik sehr für die Allgemeinbibliotheken einsetzen werden. Das ist wichtig in Großbritannien, denn in den letzten achtzehn Jahren hat die konservative Regierung die Mittel für Bibliotheken und das Bibliotheksangebot gekürzt. Und ich muß sagen, daß das unter New Labour so weitergeht. Die nämlich legt ein Lippenbekenntnis zugunsten von Wissen und Bildung ab, aber streicht den örtlichen Behörden weiterhin die Mittel für Bibliotheken. Die Bibliotheken befinden sich im Vereinigten Königreich unter einem extremen Druck. Ich hoffe also, dieser Bericht wird seine Wirkung nicht verfehlen. Übrigens, und damit möchte ich schließen, sind Bibliothekskarten mitunter sehr nützlich, wenn man sich ausweisen muß. Mein schottischer Kollege Hugh McMahon hat mir erzählt, er sei einmal nach Ungarn hineingekommen, indem er sich mit seiner Bibliothekskarte auswies. Aber damals war Otto von Habsburg bei ihm, vielleicht hat das geholfen. Danke, Herr Kerr. Sie haben gerade den Namen des Herrn Otto von Habsburg genannt. Heute weilt er ausnahmsweise nicht unter uns, da er krank ist. Da Sie seinen Namen erwähnten, möchte ich die Gelegenheit nutzen, um Herrn von Habsburg im Namen der Versammlung baldige Genesung zu wünschen. Freitags brauchen wir ihn hier. Herr Präsident, ich bin mit allen Empfehlungen dieses Berichts einverstanden, spiegeln sie doch den derzeitigen Stand der Probleme angemessen wider. Die Diskussion in diesem Hause offenbart zudem erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten. Betrachte ich dann nach den Erwägungen die eigentlichen Entschließungen, so bin ich als vehementer Verfechter des Subsidiaritätsprinzips doch ein wenig enttäuscht. Das Europäische Parlament sollte also nicht so oft dort den mahnenden Zeigefinger heben, wo es doch weder über die Mittel noch über die Kompetenz verfügt, Änderungen herbeizuführen. Anders verhält es sich freilich, wenn man sich die Empfehlungen an die Kommission besieht. Dann muß ich feststellen, wie wenig Konkretes dort geschieht. Deshalb möchte ich den Kommissar für Kultur auch fragen, wie weit die im Bericht geäußerte Abstimmung zwischen dem Urheberrecht und der Besorgnis im Augenblick gediehen ist, denn wir wissen doch: Bibliotheken haben sich weiterentwickelt. Sie dienen nicht mehr lediglich zur Lagerung von Büchern, sondern haben sich zu wahren Infotheken mit Internet-Anschlüssen für die Bürger entwickelt. Sie sind wirklich für diese learning society , die Informationsgesellschaft, da, in der wir morgen alle leben werden. Aus diesem Grund bin ich über den Bericht und die Empfehlungen sehr froh, distanziere mich jedoch ein wenig von dem darin enthaltenen Vorwurf, eigentlich sei nichts so geregelt, wie es sein sollte. Meines Erachtens muß es vielmehr einen Informationsaustausch geben, aus dem erkennbar wird, wo wir in vielen Ländern bereits stehen. Herr Präsident, die Bibliotheken spielen in der modernen Gesellschaft eine ganz andere Rolle. Ging man früher zur Bibliothek, so standen dort imposante lange Bücherreihen. Man nahm die Bücher aus dem Regal, ließ das Datum einstempeln und trug sie nach Hause. Heute stehen in der modernen Universitätsbibliothek nicht mehr Bücher, sondern Computer, in denen man ein Buch mit Hilfe von Stichwörtern suchen und abrufen kann. Nach einer Viertelstunde kann man das Buch dann mitnehmen. In naher Zukunft werden sich die meisten Bibliotheken zu virtuellen Bibliotheken entwickelt haben, die den Menschen Zugang zu allen möglichen Formen der Information bieten. Dieses Bild wird im Bericht von Frau Ryynänen auf anschauliche und informative Weise vermittelt. Die Vorhersage dieser Entwicklung findet meine Zustimmung. Ich erkenne die Notwendigkeit der europaweiten Zusammenarbeit von Bibliotheken. Aus meiner Sicht stellt sich primär die Frage, welche Institution sich damit auf europäischer Ebene beschäftigen muß. Dem Bericht kann ich nicht entnehmen, weshalb Kommission und Parlament damit befaßt sein sollten. Ist es nicht näherliegender, daß sich der Europarat und die UNESCO dieses Themas annehmen? Kommt es nicht zu Überschneidungen der Zuständigkeiten? Deshalb halte ich die Argumentation zur Behandlung dieses Initiativberichts im Europäischen Parlament auch für etwas dürftig. Übrigens ist im Entschließungsantrag von bescheidenen Konzepten und Ansätzen die Rede. Offensichtlich handelt es sich um einen Bereich, für den "Europa" keine großen Erwartungen wecken will. Folglich bereitet mir in der Entschließung die Passage die größte Mühe, in der die Kommission ersucht wird, die Ausarbeitung des Grünbuchs über die Rolle der Bibliotheken zu beschleunigen. Themen wie das Urheberrecht, Lizenzen und eine europaweite Vernetzung der Bibliotheken sind zwar wichtig, gehören aber meines Erachtens auf die Tagesordnung des Europarats oder der UNESCO. Wenn diese Fragen im Europarat behandelt werden, erhält die Zusammenarbeit dank der Vielzahl von Ländern auch eine breitere Basis. In bezug auf das Urheberrecht vermisse ich im Bericht einen Verweis auf das Übereinkommen über das Urheberrecht der World Intellectual Property Organisation, das sogenannte "WIPO-Übereinkommen" . Ich weiß um die mit säurehaltigem Papier verbundenen Probleme. Eine europäische Norm für die Verwendung von "alterungsbeständigem" Papier halte ich für begrüßenswert, und eine diesbezügliche Empfehlung des Parlaments würde ich unterstützen. Die Kommission jedoch zur Erarbeitung einer Richtlinie aufzufordern, obgleich bisher überhaupt kein Grünbuch vorliegt, geht mir im Augenblick viel zu weit. Meines Erachtens braucht das Europäische Parlament keine Mittel zur Unterstützung der Zusammenarbeit bereitzustellen. Zusammenarbeit zwischen den Bibliotheken finde ich ausgezeichnet, die Verantwortung für die Förderung liegt nach meiner Auffassung jedoch primär bei den Mitgliedstaaten. Die Entschließung enthält aber auch zahlreiche wertvolle Gesichtspunkte. Der Bericht unterstreicht zu Recht die Bedeutung der Bibliotheken in der Gesellschaft. Demnach sind Bibliotheken wichtige Kulturträger, Wissensspeicher, Informationsbeschaffer und soziale Foren. Damit müssen wir sorgsam umgehen. Auch Bibliotheken müssen sich der Zeit anpassen. Der Übergang rein von Büchern zu allen möglichen Formen der Information wie Kassetten, CD-ROM und Netzwerken stellt einen großen Schritt nach vorn dar. Wie der Begründung zu entnehmen ist, werden die neuen Medien die alten nicht verdrängen. Daran habe ich meine Zweifel. Was Bibliotheken anbelangt, so möchte ich persönlich den Stellenwert des gedruckten Wortes hervorheben. Das ist meiner Vision des Übergangs vom bibliographischen zum visuellen oder virtuellen Zeitalter geschuldet. Der amerikanische Kulturphilosoph Neil Postman hat dazu in seinem Buch "Amusing Ourselves to Death" , das in den Niederlanden unter dem Titel "Wij amuseren ons kapot" (de: Wir amüsieren uns zu Tode) erschienen ist, beachtenswerte Dinge geschrieben. Was gibt es Schöneres, als am offenen Kamin bei einem guten Glas Wein in einem aus der Bibliothek entliehenen Buch zu lesen? Das spricht mich eher an, als am Schreibtisch zu sitzen und auf einem Monitor jede Menge elektronischer Dokumente zu sehen. Aber wie ich bereits sagte, auch Bibliotheken müssen sich der Zeit anpassen. Herr Präsident, meine Schlußfolgerung lautet: Ausgezeichneter Bericht mit guter, informativer Begründung. Die Behandlung in diesem Haus ist schon richtig, aber sie sollte zu einem anderen Zeitpunkt erfolgen, nämlich im Europarat. Herr Präsident! Dieser Bericht ist eine wichtige und ausführliche Arbeit über die Rolle der Bibliotheken. Als Mitglied des PEN-Clubs freue ich mich immer, wenn das Parlament sich mit solchen Randthemen der großen Weltpolitik beschäftigt. Ich komme jedoch nicht daran vorbei, auch die historischen Wurzeln der Bibliotheksidee zu hinterfragen. Es gab zwei wichtige Gründe: Erstens, dem breiten Publikum das Lesen zu ermöglichen, ohne daß die Menschen das Buch kaufen müssen, und zweitens, ein Buch zu finden, das bei den vielen kleinen Buchhandlungen damals einfach nicht zu bekommen war. Beide Bedingungen haben sich geändert. Heute sind Bücher wesentlich billiger, und durch die modernen sogenannten Mega-Stores ist eigentlich jedes Buch auf Lager. Es geht deshalb nicht nur um eine quantitative Forderung - hier ist auch die Schwäche des Berichtes festzustellen -, sondern um einen qualitativen Beitrag zur Lösung dieses Problems. Es fehlen uns Konzepte, um den modernen Bedürfnissen der Konsumenten zu entsprechen. Warum, müssen wir uns fragen, gehen immer weniger Menschen in Bibliotheken? Wenn es bei den Konsumenten kein Bedürfnis mehr gibt, so haben die Bibliotheken und niemand sonst die Aufgabe, diese Konsumenten wieder zurückzugewinnen. Wie in dem Bericht erwähnt wird, ist eine Bibliothek wahrscheinlich niemals ein gewinnbringendes Unternehmen. Sie sind jedoch dafür verantwortlich, Interesse bei den Konsumenten zu wecken, damit diese wieder zurückkommen und sich mit dem Lesen beschäftigen. Vielleicht ist es nicht nur das Lesen, vielleicht kann in Zukunft eine Bibliothek eine intellektuelle Datenbank sein, die sich der Bevölkerung zur Verfügung stellt. Die modernen Bibliotheken können über die modernen Techniken der elektronischen Vernetzung mit allen Bibliotheken und allen Archiven der Welt verbunden sein, und so gibt es einen weltweiten Zugang zu den Dokumenten, Artikeln und Büchern sowie anderen Materialien, die zur Verfügung stehen. Das wäre z.B. eine Dienstleistung, die keine Buchhandlung, und wenn sie noch so groß ist, dem Konsumenten bieten könnte, und hier könnte auch eine gewisse größere Konkurrenzfähigkeit gegeben sein. Wir sprechen immer wieder von dem Problem des lebenslangen Lernens. Hier gibt es einen Anspruch, auf den wir uns einstellen müssen. Die wirtschaftlichen Unterschiede sind heute nicht mehr dadurch gegeben, daß Einzelne sich ein Buch kaufen können oder nicht. Das ist lange vorbei. Es geht eher um den Zugang zu elektronischen Informationsmitteln. Hier können moderne Bibliotheken durch die Demokratisierung des Lernens dazu beitragen, daß das lebenslange Lernen allen Menschen ermöglicht wird. Herr Präsident, auch ich möchte Frau Ryynänen zu dem sehr ausführlichen Bericht gratulieren, besonders deshalb, weil ihr Ausgangspunkt die Zukunft ist, denn die Bibliotheken werden ihre Bedeutung verlieren, wenn sie nicht auf die neuen Herausforderungen reagieren. Die Bibliotheken müssen auf der Höhe ihrer Zeit und am besten ihrer Zeit voraus sein. In den Bibliotheken muß auch das neueste Wissen leicht und für alle Interessenten zugänglich sein. Zu den Prinzipien der Allgemeinbibliotheken muß die Unentgeltlichkeit der Dienstleistungen für den Nutzer gehören. Ich bin anderer Meinung als mein Vorredner, der meinte, daß der Preis von Büchern nur wenige Menschen vor Probleme beim Wissenszugang stellt. Zumindest in Finnland sind Bücher so teuer, daß ganz wenige Menschen alle Bücher kaufen können, die sie für ein Studium oder zum Beispiel für kulturelle Interessen benötigen. Die Bücherei weist schon dem Namen nach auf einen Ort hin, an dem Bücher gelagert und ausgeliehen werden, aber schon vor Jahrzehnten standen uns neue Aufbewahrungsformen zur Verfügung, und die neuen elektronischen Dienste und Netzdienstleistungen nehmen ständig zu. Das Wissen bewegt sich in den Informationsnetzen und nicht hauptsächlich in den Regalen der Bibliotheken. Diese Form des Wissens muß auf die gleiche pragmatische Weise wie auch das andere Material allen zugänglich sein. Die Richtlinie über das Urheberrecht und auch die anderen entsprechenden gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Rechte dürfen kein Hindernis für den Zugang der Bürger zu Informationen sein. In Finnland, von dem hier jetzt schon Beispiele genannt worden sind, gibt es ein sogenanntes Bibliotheksentschädigungssystem, über das die Urheber dadurch entschädigt werden, daß ihr Produkt öffentlich zugänglich ist. Die Nutzung dieses Mittels und seine Ausweitung auf andere Informationen dürften einer Überlegung wert sein. Das Bibliothekswesen ist gegründet worden, um die Bürger bei ihren verschiedenen Bedürfnissen nach Wissen zu unterstützen. Die Bibliothek ist auch die von den Bürgern am meisten genutzte kulturelle Einrichtung, sie ist sozusagen die Datenbank für jedermann. Das ist besonders wichtig für die Chancengleichheit und die demokratische Entwicklung der Gesellschaft. Ich hoffe, daß hinsichtlich der Entwicklung von Bibliotheken künftig mehr grenzüberschreitend zusammengearbeitet wird, das verlangen schon die neuen Technologien. Die Zusammenarbeit muß vor allem darauf basieren, nach praktischen Lösungen zu suchen, die in verschiedenen Ländern angewendet werden können. Herr Präsident, in erster Linie möchte ich Ihnen für die freundlichen Worte danken, die Sie an meinen Vater gerichtet haben. Ich werde ihn gleich anrufen und ihm Ihre Grüße und die der ganzen Versammlung übermitteln. Auch ich möchte mich sehr herzlich bei der Berichterstatterin bedanken für den Bericht, den sie ausgearbeitet hat zu einem Zeitpunkt, wo er, glaube ich, eine besondere Wichtigkeit hat, da dieses Parlament sich gegenwärtig umfassender mit den neuen Technologien und mit Fragen des copyrights auseinandersetzt. Ich glaube auch, daß es sehr wichtig ist, daß dieser Bericht in diesem Parlament behandelt wird, bevor der Barzanti-Bericht Ende des Jahres oder auch mein eigener Bericht über die World Intellectual Property Organization ins Plenum kommt. Meine Änderungsanträge, die ich zum Barzanti-Bericht stelle, befassen sich spezifisch mit den Fragen der Bibliotheken. Ich glaube, wir dürfen in diesem Zusammenhang einfach nicht vergessen, was für eine unvorstellbare Rolle Bibliotheken in der Geschichte gespielt haben. Wenn man bedenkt, was für ein Verlust die Zerstörung von Bibliotheken von Alexandria bis hin zu Sarajevo für die Menschheit bedeutet hat, muß man eben auch davon ausgehen, daß diese Bibliotheken in der Zukunft eine sehr, sehr große Rolle spielen. Ich glaube, Herr Valverde López hat sehr recht gehabt, als er de facto von einem Sterben der Bibliotheken gesprochen hat. Ich glaube, wir müssen uns über eins im klaren sein: Eine sterbende Bibliothek kann man wahrscheinlich nicht nur durch mehr Finanzmittel wiederbeleben, was man braucht, sind bessere Ideen, und bessere Ideen gibt es auch. Es gibt eine ganze Reihe von Studien, wie beispielsweis des MIT, Massachussetts Institute of Technology , oder auch des ZKM in Karlsruhe, aber nicht zuletzt auch den Kongreß, den die ARCH-Foundation in Salzburg Ende letzten Jahres in dieser Richtung veranstaltet hat, der Wissenschaftlern und auch zeitgenössischen Künstlern die Möglichkeit gegeben hat, sich dazu zu äußern, wie man die Werke der Vergangenheit in die Zukunft übertragen kann, wie man sie besser erhalten kann, wie man sie schützen kann. Ich glaube, hier gibt es eine ganze Reihe von Ideen, und der Bericht von Frau Ryynänen leistet sicherlich hierbei auch einen wichtigen Beitrag. Herr Präsident, ich habe in diesem Haus von den Kollegen aus den südlichen Ländern gelernt, daß die Hälfte der Redezeit dafür verwendet wird, dem Berichterstatter zu gratulieren, und der eigentliche Beitrag dann mit dem Wort "aber" beginnt. So mache ich es dieses Mal auch und beglückwünsche die Berichterstatterin, Frau Ryynänen, zu der Arbeit, die sie für die Bildung und Kultur geleistet hat. Während unserer langen gemeinsamen Tätigkeit im finnischen Parlament habe ich sie als verantwortungsbewußten Menschen kennengelernt, der sich für die Bildung engagiert. Zur nordischen Lesetradition gehört, daß man lesen kann und das, was man liest, da ist. Die Bibliotheken helfen dabei, die Bildung ausgewogen unter die Bürger zu verteilen. Wichtig dabei ist die Unentgeltlichkeit. Sie steht jedoch im Widerspruch zur Wirtschaftspolitik einer einzigen Alternative bzw. der bei uns gängigen neoliberalistischen Wirtschaftslehre. Der Neoliberalismus ist ein Barbar. Er will, daß auch Gesundheit und Bildung an Geld gemessen werden. Eine solche Wirtschaftspolitik tötet die Bibliotheken. Die Bibliotheken helfen jedoch dabei, die einzige Alternative und auch das elektronische Unwesen zu bekämpfen. Damit das Grundrecht der Bürger auf Wissen erfüllt wird, muß der Mensch Ordnung und Unordnung selbst voneinander trennen. Eine wichtige Aufgabe der in der Bibliothek Beschäftigten besteht darin, den Menschen beizubringen, Bildung und Unwesen voneinander zu trennen. Dies alles bezog sich auf den Glückwunsch an die Berichterstatterin. Jetzt kommt das "Aber" . Aber die Verfasserin verlangt die Einführung eines Europäischen Informationsdienstes im Zusammenhang mit dem Bibliothekswesen in ganz Europa. Ich halte das nicht für klug. So wird Europropaganda offiziell gemacht. Das Europäische Parlament ist ein Beispiel für indoktrinierende Öffentlichkeitsarbeit. Zum Beispiel erhält Euro News finanzielle Beihilfen, mit deren Hilfe elektronische Europropaganda produziert wird. Wenn ich die im Parlament erarbeiteten verschiedenen Berichte verfolge, scheint der Generalsekretär Leiter der Propaganda-Abteilung des Parlaments zu sein. Die Bibliotheken müssen unabhängig von der Europäischen Union, dem Europäischen Parlament und anderen offiziellen Einrichtungen sein. Die Menschen sollen selbst die Gelegenheit haben, Alternativen zu erkennen. Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stimme den Ausführungen der Berichterstatterin und der Vorredner zu, daß selbstverständlich die öffentlichen Bibliotheken auch morgen eine zentrale sozial- und informationspolitische Schlüsselrolle in der Informationsgesellschaft besitzen, und man kann nur immer wieder daran erinnern und fordern, daß sie ihre Funktion zur Vermittlung von mehr Demokratie und politischer Bildung beibehalten, daß jeder unentgeltlich - das ist sehr wichtig - Zugang hat und daß die Qualität auch im ländlichen Bereich hoch bleibt. Deswegen war es sehr richtig, daß wir bei der Diskussion über die Urheberrechts-Richtlinie darauf gedrungen haben, daß im Rahmen des Urheberrechts den Bibliotheken großzügige Kopierrechte eingeräumt werden. Im Gegensatz zu meinem Vorredner möchte ich zwei Punkte besonders hervorheben: Die Bibliotheken müßten auch neue Rollen annehmen, und quasi in eigener Sache möchte ich sagen, daß die öffentlichen Bibliotheken sehr viel stärker die Rolle der Information über die Europäische Union übernehmen könnten, natürlich als selbständige Organe, und ich möchte dazu auf das sehr gut organisierte Public Information Relais -Netzwerk in Großbritannien verweisen, das öffentliche Bibliotheken vereint, die spezielle EU-Informationen anbieten. Ich hoffe, daß wir im Zuge der Dezentralisierung der Öffentlichkeitsarbeit der EU die Bibliotheken auch stärker veranlassen können, diese Aufgabe mit wahrzunehmen. Darüber hinaus glaube ich, daß die Bibliotheken auch jetzt stärker die Rolle von Transferstellen zur Vermittlung zeitgenössischer europäischer Kultur übernehmen könnten, ganz praktisch gesprochen, bei der gegenseitigen Beratung, bei der Anschaffung von Büchern und Videomaterialien im anderen Land, aber auch beim direkten grenzüberschreitenden Austausch von Buchbeständen und Multimedia-Materialien untereinander. Im Sinne der Aufgeschlossenheit und Toleranz wäre dies wichtig. Ich glaube, Büchereien könnten auch sehr gut kleine Internetzentren für Schüler und Jugendliche sein, die kleine europäische kulturelle Kommunikationsnetze aufbauen wollen, und gerade hier wäre es wichtig, daß der Zugang zu den Netzen zum Zwecke der Bildung kostenlos ist. Zum Schluß erlauben Sie mir noch eine kleine Anmerkung: Wenn Bibliotheken weiterhin den kostengünstigen Zugang zum Kulturgut Buch ermöglichen sollen, dann ist ein Schutz der Vielfalt des Bücherangebots durch das bewährte Mittel der Buchpreisbindung in bestimmten Sprachräumen unerläßlich. Ich frage Sie: Sollten wir in den europäischen Bibliotheken der Zukunft nur noch US-Bestseller als paperback verfügbar haben? Ich bitte also die Kommission doch wirklich darum, hier nicht in einen den Bürgerinteressen entgegengesetzten Liberalisierungs- und Wettbewerbsdogmatismus zu verfallen, sondern den privaten Selbstregulierungsmechanismen bei ihren künftigen Entscheidungen besser Rechnung zu tragen. Herr Präsident, ich begrüße die Gelegenheit, über diesen Bericht über die Bedeutung von Bibliotheken für die Europäische Union zu sprechen. Ich stimme der Berichterstatterin zu, wenn sie sagt, daß Bibliotheken eines der wichtigsten Systeme darstellen, die den Zugang zu Wissen und Kultur ermöglichen. Der Bericht enthält eine Reihe interessanter Empfehlungen, einige sind komplex und werden offenkundig Probleme hervorrufen, andere sind einfacherer Art. Ich unterstütze vorbehaltlos den Vorschlag, daß die Mitgliedstaaten die öffentlichen Bibliotheken in ihre allgemeinen Initiativen in bezug auf die Informationsgesellschaft einbinden. Wir tun das in Irland, und die Kommission für die Informationsgesellschaft anerkennt eindeutig den Wert von Allgemeinbibliotheken. Die Empfehlung, die Kommission solle Bibliotheken und ihre Rolle als Informationsquelle für die Öffentlichkeit bei der Entscheidung über Urheberrechtsstreitigkeiten unmißverständlich berücksichtigen, könnte bei einigen Mitgliedstaaten durchaus auf Widerstand stoßen. Auch der Vorschlag eines multinationalen Herangehens an die gesetzliche Aufbewahrungspflicht könnte auf sprachliche Schwierigkeiten stoßen. Aber die Aufforderung an die Kommission, sich für den Bibliothekssektor dahingehend zu verwenden, daß ein Bibliothekszentrum gegründet wird, um das Bibliothekswesen zu koordinieren und die Entwicklungen zu verfolgen, wird durchgängig begrüßt werden. Ich beglückwünsche die Berichterstatterin zu ihrem Bericht. Es ist gewiß der geeignete Zeitpunkt, ihn zu beraten, vor allem im Vorfeld des Grünbuchs der Kommission zu diesem Thema. Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst einmal möchte ich Ihnen, Frau Ryynänen, herzlich zu Ihrem Initiativbericht gratulieren, ohne "aber" sozusagen. Der Bericht zeigt beträchtliche Einsicht in die technischen, ökonomischen, kulturellen und bildungsrelevanten Probleme, mit denen Bibliotheken konfrontiert sind. Die immer wichtiger werdende Rolle von Bibliotheken für die Organisation des Zugangs zum Wissen verdient unsere besondere Beachtung. Angesichts des schnell wachsenden Angebots an Informationen aller Art gibt es in der Tat einen großen Bedarf, öffentliche Bibliotheken in ganz Europa zu einem bürgernahen Netzwerk auszubauen, welches - vergleichbar etwa mit Schulen oder anderen Einrichtungen - Wissen und Kultur vermittelt. Wie die Berichterstatterin unterstreicht, hatte die Kommission die Entwicklung neuer Bibliotheksdienste, insbesondere im Rahmen des Telematikprogramms, aktiv gefördert. Es ist erfreulich zu sehen, daß teilweise als Ergebnis europaweiter Zusammenarbeit viele Mitgliedstaaten nunmehr beginnen, moderne, vernetzte und für ihre Benutzer leicht zugängliche Bibliotheksdienste einzurichten. Wie Ihre Analyse, Frau Abgeordnete, zeigt, ist das Spektrum der Probleme, mit denen Bibliotheken konfrontiert sind, sehr breit. Im Fünften Rahmenprogramm werden wir in der Lage sein, Forschungsarbeiten zu vielen dieser aufgezeigten technischen Aspekte zu unterstützen, insbesondere in bezug auf Normen für die Verarbeitung, Erhaltung und Vermittlung von Informationen und die Schaffung von Verbindungen durch gemeinschaftliche Projekte. Andere Aspekte, zum Beispiel die Frage des Urheberrechts oder des Universalzugangs sind in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Die Tatsache etwa, daß die zur Debatte stehende Urheberrechts-Richtlinie derzeit gleich in mehreren parlamentarischen Ausschüssen diskutiert wird, sollte dazu beitragen, daß wie im Bericht gefordert, die Ausgewogenheit bei der Behandlung des Urheberrechts zwischen den verschiedenen Interessengruppen gewahrt wird. Mit dem Bericht wird die Kommission ersucht, die Arbeiten an einem Grünbuch über die Rolle der Bibliotheken in der Informationsgesellschaft voranzutreiben. Seit März letzten Jahres, als der Morgan-Bericht angenommen wurde, haben wir gute Fortschritte bei der Erkundung und Einordnung einschlägiger Entwicklungen in den Mitgliedstaaten gemacht und Hintergrundmaterial zu den meisten der angesprochenen Themen gesammelt. Die Kommission glaubt daher, jetzt schon eine Mitteilung über die Rolle der Bibliotheken abfassen zu sollen. Diese könnte als Grundlage für eine Abstimmung über alle wichtigen Aspekte dienen, die die modernen Bibliotheks- und Informationsdienste sowie den Zugang für alle Bürger zu ihnen betreffen. Diese Mitteilung müßte daher eine Reihe spezieller für Bibliotheken besonders wichtiger Themen ansprechen, wie etwa lebenslanges Lernen, Urheberrechte, Leseförderung, regionale Informationsdienste und eine weitgehende Zusammenarbeit von öffentlichen Bibliotheken beim Zugang zu Wissen und Kultur. Darüber hinaus könnte diese Mitteilung der Beteiligung von Bibliotheken im Kapitel "Benutzerfreundliche Informationsgesellschaft" des Fünften Rahmenprogramms eine zusätzliche Note geben und den Weg bereiten für zukünftige Aktionen mit dem Ziel, Bürgern aller Altersgruppen und aller Gesellschaftsschichten zu helfen, digitale Informationen und Dienste sinnvoll nutzen zu können. Vielen Dank, Herr Kommissar. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen nun zur Abstimmung. (Das Parlament nimmt den Entschließungsentwurf an.) Ich beglückwünsche die Berichterstatterin zu der einstimmigen Annahme ihres Berichts. Herr Präsident, die Entschließung kann nicht einstimmig angenommen worden sein. Ich habe mich der Stimme enthalten, eine symbolische Stimmenthaltung. Danke, Frau Maes. Es wird festgestellt, daß es keine absolute Einstimmigkeit gab. Bei der letzten namentlichen Abstimmung wollte ich mich der Stimme enthalten. Ich weiß nicht, ob ich zu spät gekommen bin oder ob es nur nicht funktioniert hat. Ich möchte, daß dies ins Protokoll aufgenommen wird. Meine Damen und Herren, es ist nicht erforderlich, die Stimmenthaltungen noch weiter zu erläutern. Es genügt zu sagen, daß die Entschließung durch die große Mehrheit angenommen wurde. Ich möchte Ihrer aller Gewissen beruhigen. Herr Präsident, es gab keine Einstimmigkeit, denn ich habe dagegen gestimmt. Mein Herr, ich habe meine anfängliche Euphorie korrigiert und darauf verwiesen, daß die Entschließung mit großer Mehrheit angenommen wurde. Dies beinhaltet die beiden genannten Enthaltungen und Ihre Gegenstimme. Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage (B4-0489/98) von Herrn Hughes im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über die Gebärdensprache. Herr Präsident! Als vor 10 Jahren unsere Kollegin Eileen Lemas ihren Bericht über die Gebärdensprache im Plenum vorstellte, hatte sie eine Besuchergruppe auf der Tribüne zu Gast, die unsere Diskussion von einem Gebärdensprachendolmetscher übersetzt bekam. Das war eine sehr eindrucksvolle Demonstration, und es hat die Forderungen im Bericht untermauert und für uns alle erfahrbar gemacht. Ich selbst habe - das muß ich eingestehen - die Gebärdensprache noch nicht gelernt, obwohl die European Union of the Deaf es uns Parlamentariern angeboten hatte. Das war im Zusammenhang mit einem Projekt zur Gebärdensprache, das 1996-1997 durchgeführt wurde und in einer Konferenz im September 1997 und der Vorlage eines ausführlichen Berichts über die Gebärdensprache in der Europäischen Union gipfelte. Das Projekt wurde übrigens von der EU im Rahmen des HELIOS IIProgramms finanziert, und das Ergebnis und die vorbildliche Zusammenstellung aus 16 Länderberichten, die einen ausführlichen Überblick ermöglichen, beweist wieder einmal mehr, wie wichtig und hilfreich das HELIOS-Programm war. Ich möchte nur noch einmal mehr die Kommission auffordern, ihre ganze Phantasie walten zu lassen, um im Rahmen des neuen Vertrags von Amsterdam eine Lösung, sprich eine Rechtsgrundlage, zu finden, damit in Zukunft auch solche hilfreichen Programme oder Projekte gefördert werden können, die sich nicht nur auf Beschäftigung beziehen. Im Vorwort des Berichts über die Gebärdensprache heißt es zum Abschluß, ich zitiere sinngemäß: "Es ist nötig, ein follow up zu diesem Projekt durchzuführen, damit die Ergebnisse nicht verlorengehen." Die Forderung der offiziellen Anerkennung der Gebärdensprache als eigenständige Sprache ist vom Europäischen Parlament schon vor 10 Jahren gestellt worden. Es ist inzwischen einiges geschehen, und die finanzielle Unterstützung von seiten der Kommission für das Projekt ist sicher ein Schritt vorwärts, aber es reicht nicht aus. Die Frage stellt sich, ob es nicht Aufgabe der Kommission ist, im Zuge der Gleichstellung aller EU-Bürgerinnen und -Bürger, eine Richtlinie zur offiziellen Anerkennung der Gebärdensprache zu erarbeiten. Ich lasse in diesem Zusammenhang das Wort Subsidiarität nicht mehr gelten. Es ist leider für einen großen Teil unserer Mitgliedstaaten eine gute Ausrede, europäisches Handeln zu verhindern, um selbst anschließend nichts zu tun. Ich sehe übrigens einen kleinen Lichtblick in meinem eigenen Land, der Bundesrepublik Deutschland. Denn dort war und ist die Situation in bezug auf die Anerkennung der Gebärdensprache ausgesprochen schwierig. Im Koalitionsvertrag der künftigen neuen deutschen Regierung steht immerhin ein Satz: "Es wird geprüft, wie die deutsche Gebärdensprache anerkannt und gleichbehandelt werden kann." Die Kommission könnte doch mit einer Richtlinie diesen reinen Prüfauftrag ein Stück erweitern. Nun sind aber längst nicht alle Probleme gelöst, wenn die Gebärdensprachen anerkannt wären und überall genügend Dolmetscher zur Verfügung ständen. Es wäre der leichtere Teil, dann die Fernsehsender dazu zu veranlassen, eine Mindestzahl von Sendungen mit der Gebärdensprache zu unterlegen. Doch das Fernsehen ist bekanntlich nicht das einzige moderne Informationssystem. Es gibt in unseren Mitgliedstaaten 7 verschiedene Systeme für Texttelefone, die nicht kompatibel sind. Auch hier könnte die Kommission mit einem Rahmenrechtsakt tätig werden. Es müßte überhaupt von seiten der Kommission dafür gesorgt werden, daß alle Multimediageräte von Anfang an so gestaltet werden, daß hörgeschädigte Menschen nicht von der Nutzung ausgeschlossen sind. Ich möchte dazu ein Beispiel nennen: Es sind die Mobiltelefone. In den USA sind Mobiltelefone dank des dortigen Antidiskriminierungsgesetzes mit Hörgeräten kompatibel. In Europa sind aber Geräte zugelassen, bei denen die Hörgeräte beim Benutzen des Mobiltelefons zu einem Störsender umgewandelt werden. Technische Hindernisse müssen vermieden werden, aber auch bürokratische. Dabei denke ich z.B. an den Abbau von bürokratischen Hürden bei der Teilnahme hörbehinderter Personen an EU-Programmen. Es gibt zwar finanzielle Unterstützung, um die Sprache eines Austauschlandes zu lernen, aber während des Austausches wird kein Dolmetscher finanziert, d.h. auch kein Gebärdendolmetscher. So etwas sollte doch zu regeln sein. Dieses Beispiel zeigt auch, daß noch sehr viel zu tun ist, um die Barrieren abzubauen, tatsächlich existierende Barrieren, aber auch Barrieren in unseren Köpfen. Daran müssen wir selbst arbeiten. Die Kommission aber fordern wir auf, aktiv mit der Vorlage von Rechtsrahmen und mit dem Abbau bürokratischer Hürden uns allen - ob nun mit oder ohne Behinderung - das Zusammenleben ohne Diskriminierung zu ermöglichen. Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kommission ist sich der Bedeutung der Gebärdensprache für hörgeschädigte Menschen sehr wohl bewußt. Sie hat das von der Birmingham University im Anschluß an die Entschließung des Parlaments durchgeführte Forschungsprojekt mit Nachdruck unterstützt. Diese Studie hat gezeigt, daß zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede bestehen, was den Entwicklungsstand, die Verfügbarkeit und den amtlichen Status der Gebärdensprache angeht. Zweifellos gibt es hier viel Raum für Verbesserungen, und die Kommission wird sich auch weiterhin immer dort engagieren, wo durch Gemeinschaftsmaßnahmen ein zusätzlicher Nutzen erzielt werden kann. Allerdings liegt nach Auffassung der Kommission die Hauptverantwortung bei den Mitgliedstaaten, weshalb sie keine spezifischen Vorschläge in dieser Angelegenheit plant. Im Bildungsbereich allerdings wurde beispielsweise das Lingua-Surda-Projekt im Rahmen des früheren Lingua-Programms unterstützt. Weitere Kooperationsprojekte im Kontext der allgemeinen oder beruflichen Bildung von Menschen mit speziellen Ausbildungsbedürfnissen könnten im Rahmen von SOCRATES oder LEONARDO entwickelt werden. Was die Frage der Fernsehsendungen angeht, so finden die derzeit in der Gemeinschaft geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen Anwendung, die insbesondere in der Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen" ihre Rechtsgrundlage haben, der Artikel 57 Absatz 2 und Artikel 66 des EG-Vertrags, in denen die Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten vorgesehen ist, falls die Unterschiede zwischen diesen den freien Dienstleistungsverkehr behindern. Dies ist zur Zeit bei den einzelstaatlichen Bestimmungen über Fernsehprogramme in Gebärdensprache nicht der Fall. Tatsächlich gibt es Inkompatibilitätsprobleme bei den verschiedenen in der EU verwendeten Texttelefonsystemen. Die Kommission ist der Ansicht, daß diesem Mißstand am leichtesten durch vereinbarte Normen abgeholfen werden kann, und sie unterstützt daher die diesbezüglichen Arbeiten. Die European Union of the Deaf hat ihre Auffassung deutlich gemacht, daß es für die gesamte EU eine einheitliche Norm für das Texttelefon geben sollte. Die Vorteile des Konzepts "Design für alle" wurden im Zusammenhang mit Multimedia-Anwendungen bereits in der Mitteilung der Kommission zur Chancengleichheit für behinderte Menschen von 1996 festgestellt. Zur Zeit arbeiten die Kommissionsdienststellen an einer Studie über "Design für alle" und die Integration von behinderten und älteren Menschen in die Informationsgesellschaft, wozu auch die Zugänglichkeit der Multimedia-Anwendungen gehört. Ich freue mich, Ihnen heute mitteilen zu können, daß die Kommission am 22. September dieses Jahres einen Verhaltenskodex für die Beschäftigung von behinderten Menschen für die Kommission selbst erlassen hat. Die Anwendungsmodalitäten dieses Kodex umfassen u.a. die Sensibilisierung des Kommissionspersonals für die Behindertenproblematik, darunter auch für die Probleme der Hörgeschädigten. Dolmetscher für Gebärdensprache werden auf der gleichen Grundlage wie andere Dolmetscher bereitgestellt, um Sitzungen auch für Gehörlose zugänglich zu machen. Es ist aber klar, daß wir - da jeder seine Sprache erlernt - genauso viele Gehörlosensprachen in der Zukunft haben werden wie wir gesprochene Sprachen haben. Es wäre ja eine zusätzliche Diskriminierung der Hörgeschädigten, wenn man von ihnen verlangen würde, daß sie sich nur mehr in einer gemeinsamen Gehörlosensprache verständigen würden. Die Kommission wird jedenfalls auch weiterhin eine breite Palette von Maßnahmen unterstützen, die dem Schutz der Interessen von Gehörlosen dienen, insbesondere durch die Förderung der European Union of the Deaf . Herr Präsident! Nicht am Umgang mit ihren starken Mitgliedern, sondern mit ihren schwachen erkennt man den Zustand einer Gesellschaft. Gehörlose entwickeln wie so viele Menschen mit eingeschränkten Möglichkeiten ausgeprägte Energie, überwinden Grenzen und haben hochentwickelte Sinne. Sie schauen oft genauer hin und sind daher besser als viele andere in der Lage, hinter die Dinge zu sehen. Doch die Teilhabe an technischen Fortentwicklungen von Textverarbeitungsgeräten oder Videophontechnik bis zum Einsatz von Multimedia und einem verstärkten kommunikativen Austausch wird ihnen seit Jahr und Tag erschwert. Das Europäische Parlament könnte mit gutem Beispiel vorangehen und Debatten für Gehörlose oder auch für Gehörgeschädigte übertragen, etwa über einen Spezialmonitor dort im Tribünenbereich. Wie lebendig die Gebärdensprache ist, erkennen wir, wenn in Fernsehsendungen per split screen oder über eingeblendete Fenster das Gesagte und Gezeigte verdolmetscht wird. Allerdings werden diese Sendungen meistens auf die quotenarmen Nachmittage verbannt und auf Informationsprogramme reduziert. Was hält die Kommission von einer Quotenregelung mit deutlich höherer Frequenz, und wie ist sie bei den Mitgliedstaaten zu realisieren, Herr Fischler? Menschen, die nicht hören können, sind allerdings deshalb nicht sprachlos. Daher appelliert die Fraktion der Europäischen Volkspartei an die Kommission, Gebärdensprache durchaus als Sprache der EU anzuerkennen und dafür einen Richtlinienvorschlag auszuarbeiten. Der Kommissar hat eben gerade auf einige Schwierigkeiten hingewiesen, daß wir unterschiedliche Gebärdensprachen berücksichtigen müssen. Ich weiß es sehr wohl, aber mit einer Sprache zu beginnen, glaube ich, wäre vielleicht der sinnvollste Ansatz, den wir bieten können. Das wäre eben auch ein Element, um mehr Gleichwertigkeit zu erreichen. Damit wäre der Weg frei für die Ausbildung von mehr und qualifizierten Dolmetschern für diese Sprache und für eine ausreichende Förderung durch europäische Mittel. Wir könnten dann einmal mehr beweisen: Es gibt einen europäischen Mehrwert, und der muß selbstverständlich auch den sogenannten Minderheiten zugute kommen. Herr Präsident! Wenn die Gebärdensprache in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht offiziell als die Sprache der Gehörlosen anerkannt wird, so bedeutet dies im Endeffekt und auch in der Praxis, daß wir der Meinung sind, daß es keine Sprache für Gehörlose geben soll. Es reicht jedoch nicht aus, sie anzuerkennen, sondern dies muß auch in der Praxis in weit größerem Maße funktionieren als das heute der Fall ist. Die Gehörlosen müssen die Möglichkeit haben, an der gesellschaftlichen Diskussion teilzunehmen. Dafür benötigen sie einerseits Informationen über das aktuelle Geschehen und müssen andererseits Nachrichten und Debatten verfolgen können. Dazu werden vor allem mehr ausgebildete Gebärdensprachenlehrer und -dolmetscher benötigt. In Schweden gibt es heute Nachrichtensendungen in Gebärdensprache. Außerdem werden vom Fernsehen übertragene wichtige politische Debatten des Schwedischen Reichstages direkt in die Gebärdensprache übersetzt, was natürlich sehr gut ist. Es könnten jedoch mehr Sendungen sein, und natürlich müßten Fernsehsender verpflichtet sein, politische Debatten und Nachrichtensendungen mit Gebärdensprache zu unterlegen. Dies sollte in der Sendelizenz der einzelnen Sender Berücksichtigung finden. Ich finde, in erster Linie sollte die Kommission die Mitgliedstaaten unterstützen und sie zur Ergreifung von Maßnahmen ermuntern, da die Hauptverantwortung nun mal bei ihnen liegt. Wir können natürlich von hier aus, von seiten des Europäischen Parlamentes und der Kommission, sehr viel an Unterstützung und Ermunterung geben, damit noch mehr Länder tatsächlich die Gebärdensprache anerkennen, Fernsehsendungen und Debatten in Gebärdensprache übertragen sowie mehr Lehrer und Dolmetscher ausbilden. Man könnte jedoch hier im Europäischen Parlament beginnen und mit gutem Beispiel vorangehen. Herr Präsident, im Namen unserer Fraktion möchte ich unsere Unterstützung für die von der Frau Kollegin zu Beginn dieser Sitzung aufgeworfenen Fragen zum Ausdruck bringen. Die Ausführungen des Kommissars habe ich aufmerksam verfolgt, und ich denke, wir können Ihnen insofern beipflichten, als die Hauptverantwortung wirklich bei den Mitgliedstaaten liegt. Nichtsdestotrotz haben Sie, Herr Kommissar, jedoch selbst auf verschiedene Maßnahmen hingewiesen, die im Zusammenhang mit der Koordinierung, der Normierung und insbesondere mit der Abstimmung zwischen den Texttelefonsystemen ergriffen werden können. Sollten sie diese konkreten Punkte umsetzen, so wäre das meines Erachtens sehr hilfreich. Dennoch sollte die symbolische Anerkennung der Gebärdensprachen in der Union auch durch die Kommission ermöglicht werden, so daß sich die Hörgeschädigten in unserem Parlament nicht diskriminiert fühlen und die notwendigen Schritte unternommen werden, damit auch sie in der ihnen eigenen vertrauten Sprache mit dem Parlament kommunizieren können. Die Gebärdensprache wird schon viel zu lange nicht anerkannt und gleichbehandelt. Angesichts der Veränderungen müssen wir doch umgehend Impulse zur offiziellen Anerkennung und praktischen Umsetzung geben können. Vielen Dank, Frau Maes. Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet am Mittwoch, dem 18. November, statt. Nach der Tagesordnung folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage (B4-0490/98) von Herrn Pex im Namen des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung und Medien an die Kommission über die von der Kommission durch Zahlungsverzug verursachten Schäden. Herr Präsident, es mag etwas seltsam erscheinen, wenn ich diese Frage heute hier in diesem Haus stelle, da ich als Vorsitzender natürlich gute Kontakte zur Kommission pflege und sehr viele Angelegenheiten oft recht unbürokratisch regeln kann. Aber mittlerweile befinden sich so viele Organisationen in Schwierigkeiten, daß ich meiner Meinung nach gut daran tue, dieses Problem öffentlich zu machen. Meines Erachtens besteht das Ziel von staatlichen Beihilfen darin, von uns für wünschenswert erachtete Maßnahmen zu ermöglichen, und nicht darin, eine Reihe von Beamten zu beschäftigen, die dann aus Generosität am Jahresende Zuschüsse zahlen. Der Staat ist verpflichtet, Rechtssicherheit zu schaffen und zu wahren. In diesem Fall heißt das, wenn Zuschüsse gewährt werden, so muß das rechtzeitig nach Einreichung des Antrags geschehen, und die Zahlung muß sobald als möglich nach der Benachrichtigung erfolgen. Ich möchte Ihnen dazu zwei Beispiele nennen. Beim ersten handelt es sich um ein kleines Projekt im Vereinigten Königreich im Jahre 1997. 15 000 ECU wurden im erst Dezember 1997 ausgezahlt, nachdem ich mich persönlich dafür eingesetzt hatte. Die Leute konnten also ihr Projekt nicht durchführen, da ihnen die Mittel für die Vorfinanzierung fehlten. Ein weiteres Beispiel betrifft eine Organisation mit zahlreichen Mitarbeitern, die seit mehreren Jahren Zuschüsse erhält, genauer 500 000 ECU. Am 30. Juli dieses Jahres trifft ein Schreiben mit der Mitteilung ein, Zuschüsse seien gewährt. Am 30. Juli, zu diesem Zeitpunkt ist schon ein halbes Jahr vergangen, und man mußte bereits ein halbes Jahr vorfinanzieren. Die erste Rate dieses Zuschusses wird Ende August nach meiner persönlichen Intervention ausgezahlt. Die zweite Rate folgt nach einer solchen Intervention dann recht schnell. Die Zinsbelastung für dieses zweite Projekt beträgt 24 000 ECU. Und so könnte ich noch Dutzende von Beispielen anführen. Ich werde nicht konkreter, da mich die Organisationen inständig gebeten haben, ihre Namen nicht zu nennen, befürchten sie doch eine schlechte Ausgangsposition für die kommenden Jahre. Ich halte es für wichtig, daß dann, wenn Leute für die Vorfinanzierung von Maßnahmen zur Kreditaufnahme gezwungen werden, da sie darauf vertrauen, die Europäische Kommission werde ihre Zusagen halten, sie sich dessen auch sicher sein dürfen. Sollten sie danach unerwartet Zinsbelastungen ausgesetzt sein, so müssen sie wissen, daß sie dafür eine Entschädigung fordern können. In diesem Jahr ist die Lage noch prekärer als bisher, da die Kommission aufgrund des Urteils des Gerichtshofs beschlossen hat, die Zahlungen ganz auszusetzen. Stellen Sie sich vor, was nun geschieht. Eine Organisation geht mit einem von der Europäischen Kommission unterzeichneten Schreiben zu einer Bank. Aufgrund dieses Schreibens wird ein Kredit bewilligt. Nach mehreren Monaten wird die Bank nervös. Man fragt bei eben dieser Europäischen Kommission nach und bekommt zu hören: Wir zahlen nicht mehr. Die Organisationen stoßen also auf große Schwierigkeiten, sie haben nicht nur Probleme mit der Liquidität, sondern auch mit ihren Banken. Mir wurde mitgeteilt und versichert, daß zahlreiche Organisationen ihre Tätigkeit deshalb einstellen mußten. Ich halte das schlichtweg für einen Skandal und fordere die Kommission auf - das kann ich mit wenigen Worten -, diesem Parlament für das Haushaltsjahr 1999, also für das kommende Jahr, zwei Dinge zu garantieren, nämlich, daß einerseits die Haushaltszusagen im ersten Quartal erfolgen und andererseits die Auszahlungen unmittelbar danach vorgenommen werden, damit die Maßnahmen rechtzeitig beginnen können. Wir haben unsere Haushaltslinien, sie werden hier in diesem Parlament von uns festgelegt. Die betroffenen Organisationen erlangen davon nach der zweiten Lesung Kenntnis, reichen ihren Antrag bis zum Jahresende ein und dürfen erwarten, dann auch schnell handeln zu können. Wir beauftragen alle diese Organisationen mit den Aktionen, da unserer Meinung nach unsere Politik von ihnen umgesetzt werden muß. Eigentlich ist es unsere Politik, die wir von Privatpersonen und privaten Organisationen, manchmal auch von Unternehmen, durchführen lassen. Es ist wirklich nicht nachvollziehbar, wenn wir das auf eine Weise tun, die keine Gewähr für die Verwirklichung unserer Pläne im jeweiligen Haushaltsjahr bietet. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die von Herrn Pex in seiner mündlichen Anfrage erwähnte Zahlung der Zuschüsse für Maßnahmen im kulturellen Bereich mußten tatsächlich bis zum September zurückgestellt werden. Die Kommission hatte im Hinblick auf die Gewährung dieser Zuschüsse bereits im Januar eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen veröffentlicht. Aufgrund des im Mai ergangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofs zu den Rechtsgrundlagen sah sich die Kommission jedoch gezwungen, das Verfahren auszusetzen. Für die vom Europäischen Parlament geschaffene einschlägige Haushaltslinie war nicht die erforderliche Rechtsgrundlage erlassen worden, was im übrigen auf der Trilogsitzung Mitte Juli bestätigt wurde. Gemäß den Beschlüssen des Trilogs konnte die Kommission aufgrund der legitimen Erwartungen der Zuschußempfänger, die bereits vor der Urteilsverkündung ausgewählt worden waren, die Mittel auszahlen. Dank der bereits vor Jahresbeginn ergangenen Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen, konnte die Kommission also diese Zuschüsse gewähren. Wir sind uns sehr wohl darüber im klaren, daß sich die betroffenen Organisationen infolge der Mittelsperrungen in Schwierigkeiten befunden haben. Die Zahlungen erfolgten vereinbarungsgemäß binnen 60 Tagen nach Unterzeichnung der Verträge. Eine Entschädigung war somit nicht gerechtfertigt. Außerdem sind dafür auch keine Mittel veranschlagt. Im kommenden Jahr, Herr Abgeordneter, wird sich dieses Problem nicht mehr stellen, denn eine Mittelsperrung dieser Art dürfte hoffentlich nicht mehr erfolgen. Auf der Trilogsitzung wurde klar festgestellt, unter welchen Bedingungen Haushaltslinien ohne Rechtsgrundlagen ausgeführt werden können. Daran werden wir uns halten. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Kommissar Fischler, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Mitglied des Haushaltsausschusses begrüße ich die Entscheidung des EuGH und der Kommission. Seit den frühen Anfangstagen der europäischen Integration hat der Europäische Gerichtshof immer eine wichtige Rolle gespielt. Er hat das Gemeinschaftsrecht abgesichert und weiterentwickelt. Letztlich gab es viele Entscheidungen mit großer Tragweite. Am 12. Mai nun hat der EuGH entschieden, und zwar aufgrund einer Klage mehrerer Mitgliedstaaten, vor allem Großbritanniens, daß - ich glaube, das ist bemerkenswert - der Mittelabfluß aus dem EU-Budget einer doppelten Festlegung bedarf, der Finanzierung, nämlich mit Verpflichtung und Ermächtigung einerseits, und einer ausreichenden Rechtsgrundlage andererseits. Daraufhin stoppte die Kommission alle Zahlungen, die nicht diesen Kriterien entsprachen, aus meiner Sicht völlig zu Recht. Die Kommission hatte 100 Budgetlinien im Umfang von 920 Mio. Euro gesperrt, um sie auf ihre Rechtsgrundlagen hin zu überprüfen. 56 Linien, nämlich 390 Mio. Euro wurden vollständig, 19 Linien mit 170 Mio. Euro wurden teilweise freigegeben , und 16 Linien mit 340 Mio. Euro waren in der Pipeline, das heißt wurden vom Parlament beschlossen. Betroffen sind vor allem die Projekte von Nichtregierungsorganisationen in den Bereichen Familie, Kinder, Senioren, aber auch insbesondere im Kulturbereich. Meine Gratulation geht dabei zuerst an die österreichische Ratspräsidentschaft, aber auch an die Kommission, unter deren Vorsitz es am 17. Juli dieses Jahres gelungen ist, eine interinstitutionelle Vereinbarung, eine Mittelfreigabe und einen tragfähigen Beschluß zu den Rechtsgrundlagen zu erzielen. Vergessen wir dabei nicht, daß im Europäischen Parlament und insbesondere im Haushaltsausschuß eine solche Regelung seit 16 Jahren gefordert wurde. Wenn man sieht, daß man sich mit einer wesentlichen Forderung 16 Jahre lang auseinandersetzt und sie dann innerhalb weniger Tage umsetzbar ist, dann sieht man, daß die Entscheidung des EuGH wesentlich dazu beigetragen hat, die Absprachen und letztlich auch die Entscheidungen zwischen den Institutionen auf eine entsprechende Rechtsgrundlage zu stellen. Die Position der Kommission nach Veröffentlichung des Urteils und bis zum Kompromiß war nun sicherlich keine einfache. Viele Budgetlinien ohne genügende Rechtsgrundlagen betrafen die schon erwähnten Programme im Bereich der Kultur, Bildung, Jugend, aber auch Familien. Wir Abgeordnete haben sehr viele Interventionen erhalten, weil natürlich die betroffenen Organisationen nicht mehr sicher sein konnten, ob sie das Geld zum richtigen Zeitpunkt bekommen würden. Ich bin aber daher froh, insbesondere aus heutiger Sicht sagen zu können, daß die meisten Finanzmittel mittlerweile wieder freigegeben wurden. Die Kommission kann nun aber für ihr Verhalten nicht alleine die Folgen tragen. Schließlich hat sie auf der Grundlage des EU-Rechts ein Urteil des obersten Gerichtshofs der Union befolgt. Wie uns Herr Kommissar Fischler gerade jetzt erklärt hat, sind ja die Zahlungen innerhalb der 60 Tage erfolgt. Ich bin auch der Ansicht, daß diese Diskussion und die rasche Lösung für die Europäische Gemeinschaft ein deutlicher Fortschritt sind. Wir haben gleichzeitig auch eine Richtlinie über Zahlungsverzug laufen. In dieser Richtlinie geht es darum, in welchen Zeiträumen gezahlt werden soll. Ich glaube, daß diese Richtlinie sicherlich auch gut für die Europäische Union wäre. Wir sollten nicht nur bei den Einnahmen Vorbild sein, wo wir sehr schnell mit Strafbestimmungen und sehr harten Mitteln vorgehen. Wir sollten als Europäische Union auch Vorbild bei den Zahlungen sein, ein verläßlicher Partner, der Vorbild für Europa ist. Herr Präsident, als Präsident der Freunde der Musik im Europäischen Parlament erhalte ich regelmäßig Bitten, dringende Telephonanrufe und Ersuchen von Organisationen auf dem Gebiet der Musik, die auf ihre Zahlung seitens der Kommission warten. Die Sache mit dem Europäischen Gerichtshof hat es in diesem Jahr noch verschlimmert, aber ich muß sagen, daß es im Laufe meiner viereinhalbjährigen Erfahrung in diesem Parlament jedes Jahr dasselbe gewesen ist mit der Kommission. Alljährlich beschließen wir im November, im Zusammenhang mit dem Haushalt, welche Organisationen finanziell unterstützt werden sollten, und alljährlich überweist die Kommission ihnen das Geld, wenn sie Glück haben, bis zum Oktober des Folgejahrs. Dies ist ein völlig inakzeptabler Verzug bei der Geldüberweisung. Die Lösung ist offenbar, daß wir mehr Mehrjahresprogramme brauchen - wozu es, so hoffe ich, auf der Grundlage des neuen kulturellen Rahmenprogramms auch tatsächlich kommt -, so daß größere Organisationen wie das europäische Jugendorchester, das europäische Opernzentrum und andere auch wirklich ihr Geld auf Ratenbasis erhalten, natürlich mit Kontrolle und Evaluierung durch die Kommission und ordnungsgemäßer Prüfung und allem, aber zuverlässig und regelmäßig, so daß sie damit rechnen können. Wenn durch Verschulden der Kommission ein Verzug entsteht, dann sollten wir von der Kommission fordern, daß sie für die Zinsen einsteht, die die Organisationen wegen des Zahlungsverzugs an die Banken zu zahlen haben. Ich sehe Kommissar Fischler lachen, so daß ich das als positive Reaktion nehme. Herr Rehder, dies ist keine Frage zur Geschäftsordnung. Es handelt sich um eine Wortmeldung. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in Zukunft ihr Möglichstes tun, um in die Rednerliste aufgenommen zu werden. Die Aussprache ist geschlossen. Ich habe einen Entschließungsantrag erhalten, die Aussprache zu beenden. Wir kommen nun zur Abstimmung. (Das Parlament nimmt den Entschließungsantrag an.) Das Parlament hat seinen Arbeitsplan abgearbeitet. Das Protokoll dieser Sitzung wird dem Parlament zu Beginn der nächsten Sitzung zur Bestätigung vorgelegt. Meine Damen und Herren, zum Abschluß gestatten Sie mir, wie üblich allen Diensten des Hauses meinen Dank auszusprechen. Es war eine Woche mit angespannten und intensiven Momenten, dies gehört zu den Zwängen, die uns die Aussprache und die Verabschiedung des Haushalts auferlegen, und alles - das muß gesagt werden -, alles lief sehr gut dank der Effizienz der Dienste des Hauses, dank der Qualität der Berichterstatter und - warum soll man es nicht sagen - dank der beneidenswerten Fähigkeit von Frau Fontaine zur Leitung der Abstimmungen. Meine Damen und Herren, dies ist eine Woche, die im Zeichen des Friedens begann. In seinen ersten Worten begrüßte unser Präsident, Herr Gil-Robles, die gerechte Verleihung des Nobelpreises an zwei große Führer des Friedensprozesses in Nordirland. Und wir beenden sie auch im Zeichen des Friedens, denn die Vormittagssitzungen an den Freitagen sind außerordentlich friedlich, sie sind es so sehr, daß ich versucht bin, für die nächste Anwartschaft auf den Friedensnobelpreis die Freitagvormittagsitzungen vorzuschlagen. Ich hoffe, Erfolg zu haben, meine Damen und Herren. Ich erkläre die Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments für unterbrochen. (Die Sitzung wird um 11.15 Uhr geschlossen.)