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Die erste europäische Ausrichtung
Zypern wurde mit der fünften EU-Erweiterung am 1.Mai 2004 Vollmitglied der Europäischen Union. Der Beitrittsvertrag wurde ein Jahr zuvor, am 16.April 2003, in der Attalos-Stoa in Athen unterzeichnet.
Der Beitritt war der Höhepunkt einer langen und gesunden Beziehung, die 1972 begann, als Zypern und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) ein Assoziationsabkommen unterzeichnet hatten. Erwähnenswert ist, dass Zypern 1962 erstmalig sein Interesse an einem Assoziationsabkommen mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) bekundet hatte. Diese Interessenbekundung, so kurz nach der Unabhängigkeit, war in erster Linie das Ergebnis des ersten britischen EWG-Aufnahmeantrags. Die starke Abhängigkeit der zyprischen Wirtschaft von den Exporten nach Großbritannien und die Aussicht, dass Zypern die privilegierten Zölle des Commonwealth verlieren würde, veranlassten die zyprische Regierung, nach einer institutionalisierten Vereinbarung mit der EWG zu suchen.Nachdem der britische Antrag im Jahre 1963 wegen des französischen Vetos zurückgezogen worden war, blieb das zyprische Interesse ruhend bis 1971, als es nahezu gleichzeitig mit den Bemühungen Großbritanniens um Aufnahme in die EU wiederbelebt wurde.
Das Assoziationsabkommen zwischen Zypern und der EWG, das im Dezember 1972 unterzeichnet wurde und im Juni 1973 in Kraft trat, sah den schrittweisen Abbau der Handelsbarrieren für Produkte aus Industrie und Landwirtschaft zwischen Zypern und der EWG vor. Die Abschaffung der Zölle und anderer Beschränkungen sollte nach einer zehnjährigen Übergangsphase, die in zwei Etappen erfolgte, zur Zollunion führen. Die erste Etappe sollte bis zum Juni 1977 abgeschlossen sein und die zweite zehn Jahre später.
Doch die türkische Invasion im Jahre 1974 in Zypern und ihre verheerenden Folgen für die Wirtschaft der Insel führten zur Verzögerung bei der Umsetzung des Assoziationsabkommens. Das Protokoll, das 1988 in Kraft trat, sah die schrittweise Etablierung der Zollunion bis 2002 vor.
Der Aufnahmeantrag
Die enge Beziehung, die mit der Unterzeichnung der Zollunion im Jahre 1987 zwischen Zypern und der EWG entstand, bestärkte die Regierung Zyperns in Verbindung mit anderen Entwicklungen in Europa und weltweit, 1990 den Antrag auf Vollmitgliedschaft zu stellen.
Das wurde natürlich durch die beeindruckende Erholung der zyprischen Wirtschaft nach dem Rückschlag durch die türkische Invasion begünstigt.
Drei Jahre später, im Juni 1993, veröffentlichte die Europäische Kommission das “Gutachten der Kommission zum Aufnahmeantrag der Republik Zypern in die Gemeinschaft”, das den europäischen Charakter und die europäische Berufung der Insel bestätigte und zu dem Schluss kam, dass sie berechtigt war, Mitglied der Europäischen Union zu werden. Das Gutachten (Absatz 10) erwähnte jedoch, dass es aufgrund der de facto Teilung der Insel gewisse Probleme gab, die es zu überwinden galt. Es wurde festgestellt, dass die Grundrechte, die im Vertrag (EWG) enthalten sind, und insbesondere der Freizügigkeitsverkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital, das Niederlassungsrecht sowie die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte derzeit nicht auf dem Gesamtterritorium der Insel wahrgenommen werden können. Diese Freiheiten und Rechte müssen im Rahmen einer Gesamtlösung gesichert werden, die das konstitutionelle Recht in der gesamten Republik Zypern wiederherstellt.
Erwähnenswert ist auch, dass der Aufnahmeantrag Zyperns von der zyprischen Regierung gestellt wurde, die die Bevölkerung der gesamten Insel vertritt.
Dies wird in dem Gutachten (Absatz 8) festgehalten, das besagt, dass die Regierung der Republik Zypern, die von der Europäischen Gemeinschaft als einzige rechtmäßige Regierung des zyprischen Volkes anerkannt ist, den Aufnahmeantrag im Namen der gesamten Insel gestellt hat.
Substanzielle Gespräche
Im Oktober 1993 nahm der Ministerrat der Gemeinschaft das Gutachten an und begrüßte dessen positive Botschaft und bekräftigte, dass Zypern die Kriterien zur Aufnahme erfüllte. Der Rat unterstützte ebenfalls den Vorschlag der Kommission zur engen Zusammenarbeit mit der Regierung Zyperns, um den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Austausch zu fördern, damit die Insel der Europäischen Union beitreten kann. In diesem Sinne forderte der Rat die Kommission auf, substanzielle Gespräche mit der Regierung Zyperns aufzunehmen, um beim Beginn der Vorbereitungen für die Aufnahmegespräche zu helfen, die später folgen sollten. Im November 1993 begannen Gespräche zwischen der Kommission und der zyprischen Regierung, die bis 1995 fortgesetzt und erfolgreich abgeschlossen wurden. Für die Zwecke der substanziellen Gespräche wurden von zyprischer Seite dreiundzwanzig Arbeitsgruppen und viele kleinere Gruppen, in denen hunderte Personen tätig waren, ins Leben gerufen. Diese Gruppen bestanden aus Beamten und Vertretern halbstaatlicher Institutionen sowie aus dem Privatsektor. Die Gespräche befassten sich mit einem breiten Themenspektrum und verliefen vorwiegend auf technokratischer Ebene. Vorrangiges Ziel war es, die zyprischen Behörden bei der Einführung des gemeinschaftlichen Besitzstands (Acquis Communautaire) und Zypern bei der Angleichung seines Rechtssystems und seiner Politik an Europa zu unterstützen. Der gemeinschaftliche Besitzstand ist die Rechtsordnung und der politische Rahmen für die EU und besteht aus folgenden Teilen:
l Inhalte, Prinzipien und politische Ziele der EU-Verträge,
l Gesetzgebung, die in Anwendung der Verträge verabschiedet wird, und die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften,
l Deklarationen und Beschlüsse, die im Rahmen der EU verabschiedet werden,
l Internationale Abkommen und Abkommen zwischen EU-Mitgliedsstaaten zu Aktivitäten der Gemeinschaft.
Der Beschluss von Korfu
Im Juni 1994 untersuchte der Europäische Rat bei seinem Treffen in Korfu die Beziehung Zypern-EU und kam zu dem Schluss, dass der Hauptteil der Vorbereitungen Zyperns für den Beitritt als abgeschlossen betrachtet werden kann und dass Zypern bei der nächsten EU-Erweiterungsphase dabei sein wird. Dies wurde auf den Treffen des Europäischen Rats in Essen (Dezember 1994), Cannes (Juni 1995), Madrid (Dezember 1995) und Florenz (Juni 1996) bekräftigt. In Cannes wurde außerdem bestätigt, dass die Beitrittsverhandlungen mit Zypern und Malta sechs Monate nach Abschluss der zwischenstaatlichen Konferenz von 1996 aufgenommen werden würden. Im Dezember 1995 wurde auf der Konferenz des Europäischen Rats in Madrid auch beschlossen, dass Zypern gemeinsam mit den Ländern Zentral- und Osteuropas regelmäßig über den Fortschritt der Gespräche der zwischenstaatlichen Konferenz auf dem Laufenden gehalten würde und dass es seinen Standpunkt auf Treffen mit der Präsidentschaft der Europäischen Union darlegen könnte. Die zwischenstaatliche Konferenz, die im März 1996 begonnen hatte, wurde im Oktober 1997 mit der Unterzeichnung des Vertrags von Amsterdam abgeschlossen, der am 1.Mai 1999 in Kraft trat.
Inzwischen wurde auf dem Treffen des Rats für allgemeine Angelegenheiten (Außenminister) am 6.März 1995 sowie beim 19.Treffen des Assoziationsrates Zypern-EU im Juni 1995 beschlossen, dass ein strukturierter Dialog im Vorfeld des Beitritts auf verschiedenen Ebenen zwischen Zypern und der EU beginnen sollte. Beim Treffen im März hob Griechenland sein Veto auf und erlaubte die Umsetzung des vierten Finanzprotokolls EU-Türkei, das die Finanzierung einer bedeutenden Wirtschaftshilfe für die Türkei vorsah.
Erwähnenswert ist auch, dass in der Agenda 2000 in der Ankündigung der Kommission, die am 15.Juli 1997 veröffentlicht wurde und die allgemeinen Entwicklungsaussichten der EU sowie deren langfristige Politik beschrieb, bekräftigt wurde, dass die Beitrittsverhandlungen mit Zypern sechs Monate nach Abschluss der zwischenstaatlichen Konferenz aufgenommen würden. Außerdem wurde festgestellt, dass die Beitrittsverhandlungen beginnen würden, bevor eine politische Lösung gefunden ist. Falls es vor der geplanten Aufnahme der Beitrittsverhandlungen keine Fortschritte hinsichtlich der Lösung des Zypernproblems gibt, hoben sie hervor, “müssen diese mit der Regierung der Republik Zypern, die nach dem Völkerrecht die einzige anerkannte Regierung ist, beginnen.”
Der Europäische Rat besprach auch auf seiner Sitzung im Dezember 1997 in Luxemburg das Zypernproblem und legte seine Haltung dazu wie folgt fest:
Der Beitritt Zyperns muss zum Vorteil aller Gemeinschaften sein und zum inneren Frieden und zur Versöhnung beitragen. Die Beitrittsverhandlungen werden die Bemühungen um eine politische Lösung des Zypernproblems durch Gespräche unter der Schirmherrschaft der Organisation der Vereinten Nationen positiv beeinflussen und müssen mit der Aussicht der Schaffung einer bizonalen, bikommunalen Föderation fortgesetzt werden. In diesem Rahmen fordert der Europarat, die Bereitschaft der zyprischen Regierung in die Tat umzusetzen, Vertreter der türkisch-zyprischen Gemeinschaft in die Delegation für die Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. Um dieses Ziel zu verwirklichen, müssen die Präsidentschaft und die Kommission die notwendigen Kontakte aufnehmen.
Die Beitrittsverhandlungen
Nach dem Beschluss des Europarats im Dezember 1997 in Luxemburg begannen die Beitrittsverhandlungen am 30.März 1998 ohne Beteiligung der türkischen Zyprer. Es muss jedoch erwähnt werden, dass die zyprische Regierung und die EU Bemühungen unternommen haben, auch eine türkisch-zyprische Delegation in die Verhandlungsgruppe einzubeziehen, doch die türkischen Zyprer lehnten eine Beteiligung ab. Nach Aufnahme der Beitrittsverhandlungen im März 1998 folgten bilaterale zwischenstaatliche Konferenzen als Bestandteil der Beitrittsverhandlungen mit Zypern, wie auch mit den anderen Beitrittskandidaten.
Die Beitrittsverhandlungen fanden sowohl auf technokratischer als auch auf politischer Ebene statt und deckten alle Kapitel des gemeinschaftlichen Besitzstandes ab. Sie wurden im Oktober 2002 erfolgreich abgeschlossen und es wurde bestätigt, dass Zypern die politischen und wirtschaftlichen Kopenhagener Kriterien erfüllte. Die EU-Aufnahmekriterien waren vom Europarat auf der Konferenz in Kopenhagen im Dezember 1993 wie folgt festgelegt worden:
Der Beitritt erfordert, dass der Beitrittskandidat die Stabilität der Institutionen, welche Demokratie, Rechtsstaat, Menschenrechte und Respekt und Schutz der Minderheiten, die Existenz einer funktionierenden Marktwirtschaft und die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Europäischen Union standzuhalten, garantieren, erreicht hat. Die Mitgliedschaft setzt die Fähigkeit des Kandidaten voraus, den Verpflichtungen eines Mitglieds nachzukommen, einschließlich des Festhaltens an den Zielen der politischen Union, der Wirtschafts- und Währungsunion.
Nach Abschluss der Beitrittsverhandlungen bekräftigte der Europäische Rat auf seiner Sitzung im Dezember 2002 in Kopenhagen, dass er dem Beitritt eines vereinigten Zyperns eindeutig den Vorzug gäbe. Er hob außerdem hervor, dass die Europäische Union die Bedingungen einer Lösung im Beitrittsvertrag in Übereinstimmung mit den Prinzipien der EU begrüßen und einarbeiten würde. Weiterhin wurde beschlossen, dass im Falle einer Nicht-Lösung des Zypernproblems die Republik Zypern EU-Mitglied werden, jedoch die Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Nordteil ausgesetzt werden würde.
Der Beitrittsvertrag
Trotz der intensiven Bemühungen, eine Lösung vor der Unterzeichnung des Beitrittsvertrages am 16.April 2003 zu finden, konnte keine Regelung für das Zypernproblem gefunden werden. Daher wurde dem Vertrag ein Sonderprotokoll angehängt, in dem der Status des Nordteils der Insel, der durch die Türkei besetzt ist, festgelegt ist. Das Protokoll besagt folgendes:
Artikel I: (1) Die Anwendung des gemeinschaftlichen Besitzstands wird in den Landesteilen der Republik Zypern, in dem die Regierung der Republik Zypern keine tatsächliche Kontrolle ausübt, ausgesetzt.
(2) Der Rat, der einstimmig auf der Grundlage der Vorschläge der Kommission handelt, wird über die Aufhebung der in Absatz I genannten Aussetzung befinden.
Artikel II: (1) Der Rat, der einstimmig auf der Grundlage der Vorschläge der Kommission handelt, wird die Bedingungen festlegen, unter denen die Rechtsvorschriften der Europäischen Union auf die Demarkationslinie zwischen den in Artikel I genannten Landesteilen und den Landesteilen Anwendung finden, in denen die Regierung der Republik Zypern eine tatsächliche Kontrolle ausübt.
Die Unterzeichnung des Beitrittsvertrags im April 2003 war eine endgültige, kollektive, politische und juristische Bestätigung für die Dazugehörigkeit Zyperns zur europäischen Staatenfamilie. Am 14.Juli 2003 verabschiedete das zyprische Parlament einstimmig den Beitrittsvertrag, der am 1.Mai 2004 in Kraft trat. Seitdem ist Zypern ein vollwertiger Mitgliedsstaat und nimmt aktiv an dem Prozess “einer immer engeren Union der Völker in Europa” teil. Im Januar 2008 trat Zypern der Wirtschafts- und Währungsunion bei und führte den Euro als Währung ein.
Angesichts der Herausforderung des Beitritts
Die Darstellung der wichtigsten Ereignisse in der Beziehung Zypern-EU oben zeigt, dass Zypern einer der größten Herausforderungen seit seiner Unabhängigkeit im Jahre 1960 gegenübersteht.
Der EU-Beitritt ist eine ständige Herausforderung, die Rechte, Verpflichtungen, Privilegien und Belastungen enthält, die Zypern in der Lage ist, erfolgreich zu bewältigen. Jedes Land, dass EU-Mitglied werden möchte, muss gewisse Kriterien und Voraussetzungen erfüllen. Darunter befinden sich auch die europäische Identität, die demokratischen Institutionen, die Achtung der Menschenrechte, der Schutz der Minderheiten, die freie Marktwirtschaft, ein befriedigendes Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung und die Fähigkeit den Besitzstand zu übernehmen. Die Republik Zypern hat all diese Voraussetzungen problemlos erfüllt. Das wurde bereits in dem Gutachten der Kommission von 1993 bestätigt, die eindeutig erklärte, dass die Gemeinschaft Zypern für geeignet hält, vollwertiges Mitglied zu werden.
Im Hinblick auf Demokratie und Menschenrechte schließt Zypern sich denselben Prinzipien und Werten an, auf die sich die EU und ihre Mitgliedsstaaten gründen. Das wird durch das stabile Mehrparteien-Regierungssystem belegt, das Transparenz etabliert und offene politische Prozesse für Personen und organisierte Gruppen garantiert. Die politischen Parteien auf der Insel repräsentieren und reflektieren eine breite Palette von Ideen und Standpunkten, die das gesamte ideologische Spektrum umfassen. Es kann auch gesagt werden, dass ein Hauptzug der politischen Kultur der Insel die völlige Loyalität zur Demokratie ist, die von allen politischen Kräften geteilt wird. Diese Verpflichtung spiegelt die feste Überzeugung im Volk wider, dass nur demokratische Gesellschaften, die sich auf Pluralismus, Achtung der Menschenrechte und der Rechtstaatlichkeit gründen, Freiheit, Gerechtigkeit und sozialen Fortschritt schützen und fördern können. Zypern ist auch bekannt für sein offenes und effektives Wirtschaftssystem, das sich auf die Verpflichtung zum Konzept und zu den Prinzipien einer Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb gründet. Die Insel hat in den letzten Jahren ein stabiles, hohes Wirtschaftswachstum zu verzeichnen, das hinter denen anderer EU-Staaten in nichts zurücksteht. Die Arbeitslosigkeit ist unerheblich und in einigen Bereichen, wie Tourismus und Bauwesen, werden ausländische Arbeitskräfte zur Deckung des Bedarfs eingesetzt. Die Inflationsrate ist niedrig und befindet sich in einem akzeptablen Rahmen. Wie bereits erwähnt, trat Zypern im Januar 2008 der Wirtschafts- und Währungsunion bei und führte den Euro als offizielle Währung ein.
Hinsichtlich der Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes wurden Maßnahmen ergriffen, um den Vorgaben der EU gerecht zu werden, die wiederholt bekräftigt hat, dass Zypern im Bereich der Harmonisierung Fortschritte gemacht hat. Den problemlosen EU-Beitritt garantiert auch die eurozentrische Außenpolitik, die Zypern nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Ende des kalten Krieges verfolgt hat. Diese Politik findet beim Volk großen Zuspruch. Die pro-europäischen Gefühle sind in der Bevölkerung sehr stark, die sich als Teil Europas empfindet und glaubt, dass die Zukunft eines vereinigten, sicheren und wohlhabenden Zypern in seiner Beteiligung am Prozess der europäischen Vereinigung liegt. Das gilt sowohl für die griechischen als auch für die türkischen Zyprer. Diese Ansicht teilen auch alle politischen Parteien der Insel.
Zypern kann einen Beitrag leisten
Der EU-Betritt ist eine wechselseitige Beziehung. Zypern kann viele Vorteile daraus ziehen, aber es kann auch seinen Beitrag leisten für ein vereinigtes Europa, das Wohlstand und Sicherheit genießt. Seine geografische Lage hat besonderen symbolischen und praktischen Wert, denn es ist der Vorposten Europas im östlichen Mittelmeer. Wegen seiner strategischen Lage kann Zypern zur Schaffung eines europäischen Sicherheitssystems beitragen, das die Interessen der EU in der Region wahrt.
Man muss auch bemerken, dass Zypern hervorragende Beziehungen zu nahezu allen Ländern im Mittleren Osten pflegt. Von diesem Gesichtspunkt kann es sich zu einem wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Bindeglied zwischen der EU und dieser bedeutenden geopolitischen Region entwickeln. Als EU-Mitglied kann Zypern eine Brücke der friedlichen Zusammenarbeit zwischen den Völkern Europas und des Mittleren Ostens schlagen.
Diesbezüglich ist zu erwähnen, dass viele europäische und multinationale Unternehmen Zypern bereits als Standort für ihre Regionalbüros gewählt haben. Für zahlreiche dieser Firmen war Zypern eine klare Entscheidung wegen seiner geografischen Lage und wegen der Tatsache, dass es viel hochqualifiziertes administratives und technisches Personal gibt. Zypern verfügt auch über ein ausgezeichnetes Verkehrs- und Kommunikationsnetz und eine hervorragende Infrastruktur, wie das Rechtssystem, das sich auf die international anerkannten Rechtsprinzipien stützt. Diese Vorzüge Zyperns stehen der EU und ihren Mitgliedsstaaten zur Förderung gemeinsamer Interessen zur Verfügung.
Was die europäische Identität und Ausrichtung betrifft, so besteht kein Zweifel daran, dass Zypern historisch und politisch unabdingbarer Bestandteil Europas ist. Alle Facetten des Lebens auf der Insel – Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur – gründen sich auf das europäische Erbe und sind ein Spiegel der Werte und der Ausrichtung eines europäischen Zyperns. Dies wird nirgendwo anders so deutlich und treffsicher erklärt, wie im Gutachten der Kommission von 1993 (Absatz 44), das besagt:
Die geografische Lage Zyperns, die tief verwurzelten Institutionen, welche die Insel seit zweitausend Jahren an der Quelle der europäischen Kultur und Zivilisation ansiedeln, der intensive europäische Einfluss, der in den Werten des zyprischen Volkes und im Verhalten seiner Bürger im kulturellen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich sichtbar wird, die zahlreichen Kontakte mit der Europäischen Gemeinschaft, all das verleiht Zypern ohne jeden Zweifel seine europäische Identität und seinen europäischen Charakter und bekräftigen seine Berufung der Europäischen Gemeinschaft anzugehören.
Ausblick
Trotz der Tatsache, dass Zypern Mitglied der Europäischen Union ist, bleibt die Insel de facto geteilt. Doch der Beitritt bietet eine einmalige Gelegenheit zur Lösung des Zypernproblems, Wiedervereinigung der Insel und Nutzung des europäischen Integrationsprozesses, der allen Zyprioten das langersehnte Gefühl der Sicherheit und Stabilität bieten kann. Die EU setzt sich für eine Lösung des Zypernproblems ein, die Zypern und sein Volk im Rahmen einer bizonalen, bikommunalen Föderation wiedervereinigt. Die Institutionen, die Rechtsordnung, die Prinzipien und die Politik der EU – der gemeinschaftliche Besitzstand – können bei der Suche nach einer notwendigen Lösung einen wirksamen Rahmen bieten. Die europäische Integration hat seit einem halben Jahrhundert erreicht, Staaten und Völker unter Bedingungen gegenseitiger Abhängigkeit und friedlichen Zusammenlebens zu vereinen. Ihre Geisteshaltung und Dynamik haben zur Stärkung der Friedensbedingungen beigetragen. Mit der Freizügigkeit von Bürgern, Gütern, Dienstleistungen und Kapital sind die unzeitgemäßen Konflikte und Zwistigkeiten immer undenkbarer in Europa geworden.
Nun ist es Zeit, dass Zypern der Friedensüberschuss der neuen, vereinten und friedlichen europäischen Ordnung zugutekommt. In dieser Hinsicht können der europäische Rahmen und die europäische Zukunft für alle Zyprer wie auch für die anderen Mitgliedsstaaten und Völker der EU vorteilhaft und vielversprechend sein. Schließlich ist die Insel zu klein, um geteilt zu bleiben, doch groß genug, um seinem ganzen Volk als wiedervereinigter EU-Mitgliedsstaat zu dienen.