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mlsum_de-train-220500
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Die Frage eines Fürther Journalisten war eigentlich freundlich gemeint gewesen. Ob sein Team beim 0:4 denn wirklich um vier Tore schlechter gewesen sei als der 1. FC Köln, wollte ein Reporter der Fürther Nachrichten von Sascha Burchert wissen. Der verneinte das auch prompt, schob aber Überraschendes nach: "Ich glaube, wir waren um sechs oder sieben Tore schlechter." Das war nun etwas arg negativ, denn zumindest im ersten Durchgang hatte Fürth bei konzentrierten und offensiven Kölnern noch ganz ordentlich mitgespielt. Doch dann passierten ein paar Dinge, die nun gar nicht gut liefen für die Franken. Zum ersten, dass Köln immer stärker wurde. Und zum zweiten, dass der Schiedsrichter Sören Storks ein paar Wahrnehmungsprobleme zu viel hatte. Vor dem Kölner 1:0 durch Dominick Drexler standen zuerst Passgeber Simon Terrodde und dann der Schütze abseits. Und das relativ deutlich. Zunächst wehrte sich Fürth weiter, doch nach dem 2:0 durch einen verwandelten Foulelfmeter von Terodde war das Spiel entschieden. Denn gefoult hatte der junge Maximilian Bauer, und da der zuvor bereits verwarnt worden war, flog er damit vom Platz. "Wenn du 2:0 gegen Köln zurückliegst und zu zehnt auf dem Platz bist, wird's halt sauschwer", fand Fürths Sport-Geschäftsführer Rachid Azzouzi, was Verteidiger Mario Maloca auch so sah: "Nach dem 2:0 wusste jeder im Stadion, dass es vorbei ist." Pro forma ließen Jhon Cordoba und Terrodde noch die Treffer drei und vier folgen. Danach ging es nur noch darum, nicht mehr in den Dimensionen zu verlieren, in denen der Lokalrivale aus Nürnberg in Leipzig und Dortmund unterging (mit sechs bzw. sieben Gegentoren). Dass die neun Fürther Feldspieler ab der 75. Minute dementsprechend konzentriert in der eigenen Hälfte blieben, freute dann auch niemanden mehr als den Keeper: "Ich war froh, dass wir dann nicht mehr so vorne drauf gegangen sind und nicht mehr so naiv gespielt haben." Burchert, mit 29 Jahren eine Art Vaterfigur in der jungen Fürther Mannschaft, lag damit ganz auf der Linie von Trainer Damir Buric, der schon nach dem Sieg gegen Magdeburg in der vergangenen Woche seine Mannschaft durchaus liebevoll als "lieb" und "zu gut" bezeichnet hatte. Zu wenige taktische Fouls, zu wenige Schauspielereien, zu wenig Zeitspiel, all das meinte Buric. Und all das sah er auch am Samstag nicht, was man ja auch ganz sympathisch finden kann: "Wir haben bei den Kölner Angriffen zu viele Fehler gemacht. Aber darüber, dass das erste Tor gegeben wurde, bin ich immer noch sauer." Der Lernerfolg der jungen Fürther bestand in Köln also vielleicht darin, nicht auch noch ein fünftes oder sechstes Gegentor bekommen zu haben. Zumal sich nach so einem 0:4 vielleicht schon mehr herleiten lässt als ein Spieltagsfazit. Man sei wohl gut präpariert für eine sorgenfreie Saison, die auch im ersten Tabellendrittel enden könne, prognostizierte Burchert. Aber für ganz oben werde es nicht reichen. Das Gute an dieser Prognose: Man läge damit weit über dem gesteckten Saisonziel, das nur eine Saison ohne langes Zittern vorgesehen hatte.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/spvgg-greuther-fuerth-lernerfolg-im-misserfolg-1.4236359
Lernerfolg im Misserfolg
00/12/2018
Für ganz oben wird es nicht reichen: Fürth verabschiedet sich nach dem 0:4 in Köln von großen Träumen.
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mlsum_de-train-220501
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Wada-Chef Craig Reedie soll einem Bericht der ARD zufolge die Aufklärung der russischen Doping-Staatsaffäre massiv behindert haben. Gemäß den Aussagen eines Top-Ermittlers versuchten die eigenen Mitarbeiter sogar, Druck auf ihren Chef auszuüben. Craig Reedie, Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada, hat die Aufklärung zur russischen Staatsdoping-Affäre offenbar behindert statt befördert. Das legt eine neue ARD-Dokumentation von Sonntagabend nahe. Der Schotte sieht sich mit Fragen nach selbst verfassten Mails derart in die Enge getrieben, dass er ein Fernsehinterview abbricht, sich die Verkabelung vom Leib zieht und davonläuft. In einer Mail vom April 2015, als die Ermittlungen zur Staatsaffäre längst liefen, teilte der Wada-Chef der russischen Spitzenfunktionärin Natalia Zhelanowa mit, die Wada habe "keine Absichten, irgendetwas zu tun, das die Beziehung beeinträchtigt". Er entschuldigte sich sogar: Man sei "unter Druck gesetzt worden von mehreren Nationalen Anti-Doping-Agenturen, Ermittlungen zu starten" und habe die Prüfkommission eingesetzt, "um politische Probleme zu vermeiden". Den massiven Verdacht, dass Reedie nicht ermitteln lassen wollte, verstärkt der damalige Wada-Topermittler Robertson: Wada-Generaldirektor David Howman habe "befürchtet, dass Reedie Ermittlungen verhindern wollte. So wies er mich an, Nationale Anti-Doping-Agenturen zu informieren, damit sie Druck auf ihn ausüben." Ein Wada-General, der Komplotte schmieden muss, um Dopingsünder jagen zu dürfen? Reedie, der auch im IOC sitzt, habe auch nicht die Ausweitung der Russland-Ermittlungen betrieben, als 2015 Dopingbelege in weiteren Sportarten auftauchten. So seien die Doping-Spiele von Sotschi 2014 nur untersucht worden, "weil der Skandal aufgeflogen war"; Belege dafür habe es schon lange vorher gegeben. Reedie wies auch hier frühere Kenntnisse zurück.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/vorwuerfe-gegen-wada-chef-verdaechtige-mails-1.4235862
Vorwürfe gegen Wada-Chef - Verdächtige Mails
00/12/2018
Wada-Chef Craig Reedie soll einem Bericht der ARD zufolge die Aufklärung der russischen Doping-Staatsaffäre massiv behindert haben. Gemäß den Aussagen eines Top-Ermittlers versuchten die eigenen Mitarbeiter sogar, Druck auf ihren Chef auszuüben.
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mlsum_de-train-220502
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Schon in der ersten Halbzeit genügte ein Blick auf die Nordtribüne des Unterhachinger Sportparks um zu sehen, dass die Zeit abgelaufen war. Die SpVgg hatte das zweite von insgesamt fünf Toren geschossen, die letzten, die Michael Frontzeck als Trainer des 1. FC Kaiserslautern erleben sollte. Dessen Spieler verhielten sich völlig ratlos: Beim Anstoß nach dem 0:2 führte Julius Biada den Ball mit dem Rücken zum Gegner spazieren, als ob noch nicht wieder angepfiffen worden sei. Er verlor den Ball, der nächste Hachinger Angriff rollte. Da forderten die Gästefans erstmals Entlassungen, Dutzende Ordner stellen sich an den Zaun. Drei Tore später ersetzten Polizisten die Ordner, sie bewachten für den Fall eines Platzsturms sogar den Kabinengang an der gegenüberliegenden Südtribüne. Eine halbe Stunde später im Presseraum. "Das kann noch dauern", sagte Trainer Claus Schromm. Alle warteten auf Frontzeck, es roch nach Gulaschsuppe. Als Frontzeck da war, wirkten seine Worte wohlüberlegt. Dem 54-Jährigen mit der Erfahrung von 436 Bundesligaspielen war klar, dass er bald beurlaubt werden würde, was ja am Tag danach, am Samstag, offiziell gemacht wurde. Dass der Trainer die Verantwortung übernehme, meinte er, das sei ja "letztendlich auch das Einfachste". Er sagte, dass er 18 neue, meist junge Spieler einzubauen hatte nach dem Abstieg in die dritte Liga. Diese Spieler hätten gelernt, was es bedeutet, in Kaiserslautern Fußball zu spielen. "Das ist nicht nur, mit 45 000 Zuschauern gegen Sechzig 1:0 gewinnen", meinte er - damit spielte Frontzeck auf den furiosen ersten Spieltag an, als auf dem Betzenberg alle noch "himmelhoch jauchzend" unterwegs gewesen seien. So ein 0:5 wie in Unterhaching sei auch Teil eines Prozesses für so ein "fragiles Gebilde". Und: "Letztendlich ist es die Frage, die du dann anderen stellen musst, ob wir genug Zeit haben für diese Entwicklung." Sportdirektor Martin Bader übrigens hatte nach dem Spiel den Eindruck, dass "die Mannschaft nicht weiß, was es bedeutet, für den FCK Fußball zu spielen". Frontzecks Doppeldeutigkeit dürfte geplant gewesen sein. Er spielte auf die Historie des Vereins an, darauf, dass an einem Ort wie Kaiserslautern schnell Ungeduld aufkommt. Ein Treppenwitz, dass auch Otto Rehhagels Abschied vom FCK einst in Unterhaching begann, vor ziemlich genau 18 Jahren, ebenfalls nach einem Freitagabendspiel. Einziger Unterschied: Das 0:0 damals bescherte Rehhagel noch drei weitere Wochen. Frontzeck sprach aber auch von seiner eigenen Arbeit, die er erst im Februar begonnen hatte. Er sagte, dass man sich vor vier Wochen "noch in den Armen lag", und in der vergangenen Woche plötzlich "Druck auf dem Kessel" gewesen sei nach dem 0:0 gegen Wehen Wiesbaden. Mit anderen Worten: Ein bisschen mehr Zeit hätte er sich schon erhofft. Selbstkritik übte er im Presseraum zwar nicht. Doch nach dem Schlusspfiff hatte er in einem TV-Interview gesagt: "Wenn wir über Entwicklung sprechen, dann musst du natürlich irgendwann anfangen, diese individuellen Fehler abzustellen." Noch am Freitagabend schickte Frontzeck, als sei er schon ein Außenstehender, einen Appell an den Verein. Zusammenhalt und niedrigere Erwartungen seien vonnöten, um die dritte Liga zu meistern. Am Samstag sprach Sportdirektor Bader dann von "neuen Impulsen", die nötig seien. Die Zeit für den Trainer war da auch offiziell abgelaufen. Der Verein kündigte "zeitnah" eine Nachfolgelösung an. Dem nächsten Trainer dürfte klar sein, dass es angesichts von vier Punkten Vorsprung auf die Abstiegsplätze erst einmal nicht um den direkten Wiederaufstieg geht. Er wird darum bitten, im Abstiegskampf in Ruhe arbeiten zu können.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/dritte-liga-appell-vor-dem-rauswurf-1.4236075
Appell vor dem Rauswurf
00/12/2018
Der 1. FC Kaiserslautern trennt sich von Trainer Michael Frontzeck - dieser sieht die Probleme allerdings auch im Kader.
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mlsum_de-train-220503
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Stefan Luitz hat sensationell den Riesenslalom von Beaver Creek gewonnen und nach fast einem Jahr Verletzungspause eine märchenhaftes Comeback hingelegt. Der Skirennfahrer aus dem Allgäu raste am Sonntag den Topfavoriten auf und davon und feierte den ersten Weltcupsieg seiner Karriere. Und das im ersten Rennen in seiner Paradedisziplin nach dem Kreuzbandriss in der vorigen Saison. Nach zwei beherzten Durchgängen verwies Luitz den österreichischen Olympiasieger Marcel Hirscher (+0,14 Sekunden) und Überraschungsmann Thomas Tumler aus der Schweiz (+0,51) auf die Plätze. "Das ist unglaublich", stammelte der Sieger im Ziel. "Verrückt." Nach seinem Coup hatte sich der 26-Jährige strahlend in den Schnee fallen lassen, alle Viere von sich gestreckt und dann die Glückwünsche der Kollegen angenommen. Luitz ist nun der 14. Deutsche, der im Weltcup mindestens einen Sieg erringen konnte. Er hatte in der Saisonvorbereitung mit starken Trainingseindrücken aufhorchen lassen und bestätigte dies nun in seinem ersten Riesenslalom seit dem von Alta Badia im Dezember 2017: Damals riss er sich nach wenigen Toren ohne Sturz das Kreuzband. "Alles ist wieder zurückgekommen, das hat so Spaß gemacht", sagte er nach der Bestzeit in Lauf eins. Auch voriges Jahr hatte er in Beaver Creek nach dem ersten Durchgang geführt und war am Ende Dritter geworden. "Ich habe gewusst, dass ich einen schnellen Schwung fahren kann", sagte er. Im Slalom von Levi konnte er das mit hoher Startnummer nicht zeigen. Luitz zeigte auf der WM-Strecke von 2015 in Beaver Creek überhaupt keine Nervosität, profitierte im ersten Lauf im Vergleich zu Hirscher und anderen Top-Fahrern aber wohl auch von etwas besseren Lichtverhältnissen. Im Finale steckte er nicht zurück und holte den vor ihm gestarteten Hirscher noch ein. "Luitz kann es, Wahnsinn, der Typ!", meinte Hirscher im Sender ORF zum Comeback des Athleten vom SC Bolsterlang. Auch im letzten Rennen vor seiner Verletzung hatte Luitz den Österreicher hinter sich gelassen, als er in Val d'Isère Zweiter geworden war. Der Riesenslalom in Frankreich steht am nächsten Samstag an. Für die anderen deutschen Rennfahrer im Finale reichte es nicht für die Top Ten: Alexander Schmid wurde 17. und verpasste damit knapp die halbe WM-Norm. Fritz Dopfer, der in der vergangenen Saison mit den Folgen eines Schien- und Wadenbeinbruchs zu kämpfen hatte, belegte Rang 24. Nach dem schweren Unfall von Streif-Sieger Thomas Dreßen haben auch die Frauen die Stimmung im DSV-Alpinteam wieder heben können: Viktoria Rebensburg ist beim Super-G von Lake Louise in Kanada Dritte geworden und hat den ersten Podestplatz ihres Weltcup-Winters gefeiert. Kira Weidle, 22, aus Starnberg hatte am Freitag als Dritte der Abfahrt den größten Erfolg ihrer Karriere gefeiert; beim zweiten Rennen wurde sie Elfte.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/riesenslalom-maerchenhaftes-comeback-1.4235864
Riesenslalom - Märchenhaftes Comeback
00/12/2018
gewonnen. Der erste Weltcup-Sieg gelang dem Skirennfahrer aus dem Allgäu im zweiten Rennen nach einer langen, fast einjährigen Verletzungspause.
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mlsum_de-train-220504
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"Gerade eben hab' ich noch geträumt, küsste Valentino an einem kristallblauen italienischen Fluss. Aber ich darf nicht zu spät kommen, weil ich sonst kein Geld kriege. Das sind die Tage, an denen du dir wünschst, dein Bett wäre schon gemacht", singen The Bangles in ihrem Lied "Manic Monday". Auch bei Kater Garfield ("I hate mondays") geht am Montag stets alles schief, er fand gar mal eine Tretmine im Fressnapf. Und der polnische Regisseur Tadeusz Chmielewski drehte bereits 1971 seinen Film "Ich hasse Montage" (DDR-Titel: "Die Woche fängt erst Dienstag an"). Der Montag ist überall unbeliebt. Das ist ungerecht, denn er ist ja nicht schlimmer als der Dienstag oder der Mittwoch, höchstens ein bisschen schlimmer als der Freitag. Dennoch werden Fahrzeuge mit Produktionsfehlern als Montagsautos bezeichnet, und sogar die sonst seriöse Apotheken-Umschau behauptete, dass es normal sei, "montags immer müde" zu sein. Psychologen haben festgestellt, dass der Hass auf den Montag durch Hashtags und Bilder in sozialen Netzwerken noch verstärkt wird. Besonders unbeliebt ist er bei Fußballfans, denn noch schlimmer, als wieder arbeiten zu müssen, ist: wieder arbeiten zu müssen, wenn am Abend ein Auswärtsspiel ist. Was bislang nicht bekannt war, ist, dass auch der Dortmunder Trainer Lucien Favre ungern am Montag zur Arbeit geht: "Ich verstehe total die Leute, die protestieren, hier und überall", sagte er nun. "Ich würde alle Spiele am Montag total, total verbieten. Das ist lächerlich. Lächerlich!" Favre muss sich wohl nicht mehr lange echauffieren. Was die erste Liga angeht, werden die Montagsspiele ab 2021 total verboten, jedenfalls: wieder abgeschafft. "Die Einführung war sowieso kalter Kaffee", sagte Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge unlängst, wohlwissend, dass kalter Kaffee jeden Tag noch schlimmer macht. In der zweiten Liga hingegen bleiben die Montagsspiele bestehen ("Scheiß DSF"). Man könnte also von weiser Voraussicht sprechen, wenn die Anhänger des 1. FC Nürnberg an diesem Montagabend gegen Bayer Leverkusen 45 Minuten lang aus Protest schweigen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/haengende-spitze-die-woche-faengt-erst-dienstag-an-1.4236085
Hängende Spitze - Die Woche fängt erst Dienstag an
00/12/2018
Der Montag ist seit jeher unbeliebt. Das ist ungerecht, aber jetzt gibt es einen neuen Wortführer: Dortmunds Coach.
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mlsum_de-train-220505
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Am Sonntagmittag landete Thomas Dreßen, aus Denver kommend, am Flughafen in München, viel früher als geplant. Wenn ihm überhaupt etwas Mut machen konnte in dem Moment, als er auf Krücken durch die Ankunftshalle humpelte, dann war es der Gedanke an sein Alter. "Ich schaue jetzt schon wieder nach vorne, ich bin noch nicht so alt", sagte er in die Mikrofone und fügte an, dass er zur Rückkehr auf die Pisten fest entschlossen sei. Wann das der Fall sein könnte, vermag niemand zu sagen nach dem schweren Sturz am Freitag in Beaver Creek in Colorado, bei dem ihm laut Diagnose das vordere und hintere Kreuzband im rechten Knie rissen und er sich eine Schulterluxation zuzog. Im Bewusstsein der Schwere der Verletzung war Dreßen jedoch klar, dass es einige Zeit dauern kann, bis er wieder einigermaßen sicher auf den Ski steht. Von sechs bis acht Monaten hätten die Ärzte im Krankenhaus in Vail gesprochen. Aber wenn er für den Heilungsprozess mit zwölf oder 18 Monaten rechnen müsse, sagte er, "nehme ich es auch in Kauf". Thomas Dreßen ist 25, Streif-Bezwinger 2018, zweimaliger Weltcup-Sieger, Drittbester der Abfahrts-Wertung der vergangenen Saison. Fast sein ganzes Leben hat er an der Vervollkommnung seines Könnens, der Schwungtechnik, dem Stil, dem Gefühl für Geschwindigkeitsdosierung und Schnee gefeilt, in einer Disziplin, in der schon der kleinste Fehler einen Rennfahrer für Monate oder Jahre aus der Bahn werfen kann. Das ist das Dilemma in diesem Metier der Spezialisten, die sich mit 125 km/h ungeschützt auf zwei schmalen Brettern alpine Steilhänge hinunter stürzen. Abfahrtsfahrer, das gehört zum Wesen dieses Hochrisikosports, können nicht auf Nummer sicher gleiten. Vor den Folgen, die sich aus dieser Grundgefahr ergeben, sind auch die Besten nicht gefeit. Daran, dass Thomas Dreßen aus Mittenwald nach einem rauschhaften Winter inzwischen zur Weltspitze der Speedfahrer gehört, besteht kein Zweifel: "Wir werden jetzt nicht resignieren", sagte der deutsche Alpindirektor Wolfgang Maier nach Dreßens Sturz am Telefon in Beaver Creek: "Aber natürlich ist klar, dass man einen so außergewöhnlichen Skifahrer wie ihn nicht ersetzen kann." Die Unfallursache bei der Abfahrt in Colorado war auch für den DSV-Sportchef nur schwer zu ergründen. Maier hatte am Freitag am Rande der Piste nicht weit von der Sturzstelle entfernt gestanden. Er sah die schnelle Zwischenzeit, er wusste, dass sich Dreßen in körperlich und technisch hervorragender Verfassung befand und beobachtete die "Eleganz, mit der er die Sprünge nahm". Es war dann wohl eine minimale Unebenheit, die ihn aus dem Gleichgewicht warf, "an einer Stelle, an der man das im Leben nicht erwarten würde", wie Maier sagte, am letzten Tor vor dem Flachstück der Strecke. Die Kante des Skis fräste sich ein. So eine Millimeterentscheidung kann bei den Geschwindigkeiten enorme Konsequenzen haben: Dreßen schoss quer über die Piste und prallte dann ungebremst in die Fangnetze. Er musste im Akia ins Tal transportiert werden. So endet für ihn die Saison, die gerade erst vielversprechend begonnen hatte. In der Woche zuvor war der beste deutsche Skirennfahrer in Lake Louise in Kanada beachtlich in Saison gestartet als Siebter der Abfahrt und Neunter im Super-G. Beaver Creek in den Rocky Mountains, die nächste Weltcup-Station, verfügt über ein Terrain, das ihm liegt: Auf der WM-Piste "Birds of Prey" hatte er vor einem Jahr als Dritter seinen ersten großen Weltcup-Erfolg verbucht: Diesen phänomenalen Schwung nahm er mit, er trug ihn im Januar im Triumph die Streif hinunter und dann durch den ganzen Winter. Nun wurde Dreßen ausgerechet auf der Piste der Raubvögel grausam gebremst. Und der DSV musste noch in den USA die Neuplanung der Saison vornehmen, eine Übung, in der die Alpin-Verantwortlichen mittlerweile triste Routine erworben haben. Auch im vergangenen Jahr hatten die Skirennfahrer den Ausfall zweier hochveranlagter Athleten beklagt: Felix Neureuther, der beste Slalom-Spezialist, zog sich in Copper Mountain, nur eine Autostunde von Beaver Creek entfernt, ebenfalls einen Kreuzbandriss zu und fehlte den ganzen Olympiawinter. Stefan Luitz ereilte im Dezember 2017 nach bestechender Frühform dasselbe Unglück: Er feierte am Sonntag eine phänomenale Rückkehr mit einem Sieg im Riesenslalom in Beaver Creek, den nach einer derart langen Verletzungspause kaum jemand auf Anhieb erwarten durfte. Luitz' rasante Ritt über die Piste hat die pessimistische Prognose etwas abmildern können, die Maier unmittelbar nach dem Unfall Dreßens äußerte: "Eine Saison wie die vergangene können wir nicht wiederholen", sagte er, weil seinem Abfahrer-Team von nun an der Vorfahrer, der Verlässlichste fehlte. Der DSV habe ja gerade erst allen Skeptikern bewiesen, dass er nicht nur über Slalomkünstler verfüge, sondern über rasante Abfahrer, die das Tempo der Weltelite mitbestimmen, sagte er: "Und nun fehlt uns der beste Mann." Thomas Dreßen wird nun in ärztliche Behandlung begeben, danach beginnt die Reha. Die Ski-WM in Are in Schweden findet im Februar ohne ihn statt. Aber tröstlich ist vielleicht dann doch das Alter: Bei der übernächsten 2019 in Cortina d'Ampezzo wird er erst 27 Jahre alt sein.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/ski-alpin-ankunft-auf-kruecken-1.4235858
Ankunft auf Krücken
00/12/2018
Skirennfahrer Thomas Dreßen erleidet einen doppelten Kreuzbandriss und muss monatelang pausieren. Der Verband schraubt nach dem Unfall bei der Abfahrt in Colorado die Saisonerwartungen herunter.
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mlsum_de-train-220506
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Die Worte des Kritikers waren für Markus Weinzierl absolut überzeugend. "So etwas machst du normalerweise nicht", rief der Kritiker dem Trainer Weinzierl zu, er bezog sich darauf, dass Weinzierl im Heimspiel des VfB Stuttgart gegen den FC Augsburg Anastasios Donis eingesetzt hatte. "Man hat ja gesehen, dass er noch Trainingsrückstand hat", formulierte der Kritiker offen seinen Vorwurf. Seine Kritik entschärfte der Kritiker allerdings selbst, er fügte versöhnlich hinzu: "Aber er hat ein Tor gemacht." Überzeugend waren diese kritischen Worte für den Trainer Weinzierl hauptsächlich deshalb, weil der Kritiker in diesem Fall einen guten Einblick in die Abläufe vor der Partie und im Verein überhaupt hat, der Kritiker war schließlich Markus Weinzierl selbst. Dass der Trainer den Spieler Donis trotz dieser Bedenken einsetzte, zeigt, wie groß die Not beim VfB Stuttgart zurzeit ist. Und es zeigt, wie sehr die Mannschaft von dem 22 Jahre alten Offensivsprinter abhängt. Durch das 1:0 (1:0) gegen Augsburg hat der VfB Stuttgart die Abstiegsplätze erst mal verlassen, nach zähen Wochen am Tabellenende; auf den FCA, den früheren Klub von Weinzierl, beträgt der Rückstand nur noch zwei Punkte. Der Sieg, gestand der Trainer, war wichtig "für uns und auch für mich", ihn störte es auch nicht, dass es spielerisch ein wenig ansehnlicher Nachmittag war. Weinzierl schwärmte von einem "tollen Fight", er forderte, dass "diese Leidenschaft auch die Basis für die nächsten Spiele sein muss". Die fußballerischen Glanzmomente, das war am Samstag zu erkennen, kehren in das Spiel des VfB ganz automatisch zurück, wenn einer mitwirken darf: Anastasios Donis. Tayfun Korkut, Weinzierls Vorgänger, hatte sich selten getraut, den flinken Griechen einzusetzen, er zog die defensive Absicherung der offensiven Wucht vor. Weinzierl konnte auf Donis zunächst nicht zurückgreifen, da dieser wegen eines Muskelbündelrisses fehlte. Gegen Augsburg war der Rückkehrer dann zwar weit von seiner dynamischen Bestform entfernt, ein Geistesblitz genügte ihm jedoch. In der 39. Minute schoss er den Ball nicht kraftvoll aufs Tor, er schob ihn überlegt und präzise ins Eck. "Ich bin ein wichtiger Spieler. Ich kann Spiele gewinnen und der Mannschaft helfen", sagte Donis, er sprach damit an, woran es dem VfB weiterhin mangelt: an Spielern, die mit einer ähnlichen Selbstüberzeugung auftreten. Und die diesen großen Worten dann noch größere Taten folgen lassen. Und so lastet der Großteil der Hoffnungen für den Rest des Jahres auf den noch nicht vollständig erstarkten Muskeln des Flitzers Donis. Zur Halbzeit wechselte Weinzierl den Rückkehrer dann wieder aus, es war eine Maßnahme, die den Kritiker in ihm besänftigen sollte. Und eine, die Donis klaglos akzeptierte: "Ich hatte keine Kraft mehr. Wir wollten kein Risiko eingehen." Gerade im Abstiegskampf müssen so seltene Fähigkeiten gefühlvoll dosiert werden.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/stuttgart-gewinnt-der-dosierte-donis-1.4236057
Stuttgart gewinnt - Der dosierte Donis
00/12/2018
Ein Rückkehrer zeigt, wie sehr der VfB Stuttgart von der Offensivkraft abhängt. Trainer Weinzierl atmet auf.
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mlsum_de-train-220507
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Es gibt eine merkwürdige Parallele zwischen Hannover 96 und dem ungeliebten Rivalen Eintracht Braunschweig. Nicht nur, aber vor allem dann, wenn ihr Team extrem schlecht spielt, singen die Fans vehement von der großen Vergangenheit. Bei der Eintracht, die gerade Gefahr läuft, in die vierte Liga abzusteigen, lebt dann das Jahr 1967 wieder auf, in dem der Klub zum einzigen Mal Deutscher Meister wurde. Bei 96, das nach dem 0:2 gegen Hertha BSC mal wieder auf einem Abstiegsplatz der ersten Liga angekommen ist, preisen sie dann 1954, als Hannover nach 1938 zum zweiten Mal Meister wurde, sowie den DFB-Pokal-Sieg im Jahr 1992. Diese Art Anfeuerung in der zweiten Halbzeit nützte aber auch nichts. 96-Trainer André Breitenreiter musste am Samstag von der "schlechtesten ersten Halbzeit" reden, "seit ich hier Trainer bin". Das sind knapp 21 Monate, in denen der Klub die Rückkehr in die Bundesliga schaffte und vergangene Saison recht souverän im Mittelfeld landete. Klubchef Martin Kind verweigerte nach der Partie jeden Kommentar und sagte Medientermine ab. Nur Manager Horst Heldt musste in die Bütt. Er hatte schon vorher seine Teilnahme an einer Sonntags-TV-Talkshow zugesagt. Da musste er nicht nur über das 0:2 sprechen, sondern über ein ganzes Problempaket, das dazu führen könnte, dass die 20-jährige, in weiten Teilen erfolgreiche Ära Kind dem Verein um die Ohren fliegt. Es geht in Hannover schon lange nicht mehr allein um das Versagen auf dem Rasen, aber auch das ist ein Thema: Stürmer Niclas Füllkrug beklagte eine miserable Körpersprache, wollte aber die Kader-Qualitätsfrage lieber nicht stellen. Er vermisse "Typen" in der Mannschaft, die in schwierigen Situationen helfen, sagte er - eine kritische Notiz gegenüber der sportlichen Führung, die es nicht schaffte, "Typen" wie die abgewanderten Salif Sané oder Martin Harnik im Sommer gleichwertig zu ersetzen. Die Frage, was ihm Mut für das Auswärtsspiel in Mainz mache, beantwortete Füllkrug so: "Da muss ich mal überlegen." Das "Zusammenstehen", das Hannovers Torwart Michael Esser in dieser Lage fordert, ist wohl eher romantisches Wunschdenken. Heldt, der schon auf Schalke mit Breitenreiter zusammengearbeitet hatte, vermied ein klares Bekenntnis zum Aufstiegstrainer von 2017, zu dem er ein exzellentes Verhältnis habe, wie er betont. "Freifahrtsscheine" gebe es nicht in diesem Geschäft. Jedoch genieße "André im Verein großes Vertrauen", es sei "eine Selbstverständlichkeit, in der Krise Vertrauen auszusprechen". Übersetzt hieß das wohl, dass Mainz die letzte Chance für den gebürtigen Hannoveraner Breitenreiter ist, um "den Bock umzustoßen", so Heldt. Dem Plädoyer einiger Profis, der Trainer mache einen "Superjob", hält Heldt entgegen: "Wir brauchen Lippenbekenntnisse auf dem Platz." Tatsächlich hat Hannover die schlechteste Bilanz nach 13 Spieltagen seit 47 Jahren - und bereits 28 Gegentore. Auch diesmal durften die Berliner Jordan Torunarigha (44.) und Vedad Ibisevic (73.) fast unbedrängt einköpfeln. Nur 43 Prozent der Zweikämpfe gewann 96. Doch das sportliche Problem ist nur das eine. Es wird bald eine außerordentliche Mitgliederversammlung geben, die nach einer erfolgreichen Unterschriftenaktion der Opposition gegen Vereinschef Kind stattfinden muss. Die Kind-Gegner wollen die Mehrheit im Aufsichtsrat übernehmen. Zudem heißt es, sie hätten fünf Kandidaten, die mit Millionensummen Kind als Präsidenten und Geschäftsführer ablösen wollen, was dieser bestreitet. Auch der Streit um die von Kind geforderte Aufhebung der 50+1-Regel für Hannover wurde erneut angeheizt. Die Deutsche Fußball Liga droht 96 laut Sport-Bild mit Punkte-Abzügen oder gar Lizenz-Entzug, wenn eine Satzungsänderung bei 96, die gegen diese 50+1-Regel verstoße, nicht zurückgenommen werde. Die Regel besagt, dass Stammvereine in Deutschland die Mehrheit an den ausgegliederten Profi-Kapitalgesellschaften halten müssen. Was sind da schon die Bürden der Berliner, die zuvor sechs Spiele sieglos waren? Nicht mal die taktisch gewagte Aussage von Hertha-Trainer Pal Dardai vor der Partie, es werde "in Hannover nichts passieren, wenn wir unser Potenzial abrufen", hatte die Gastgeber angestachelt. Stattdessen hatte Dardai mit der neuen Doppelspitze Ibisevic und Selke Erfolg - und fühlte sich in seiner Einschätzung bestätigt. Mit dem Formanstieg von Abwehrspieler Torunarigha, der auch die Flanke zum 0:2 gab, und dem genesenen Mittelfeldlenker Marco Grujic hatte Hertha wieder mehr Klasse. Die kritischen Hannover-Fans machten wegen der bundesweiten Anti-Montagsspiele-Demo eine Halbzeit so wenig Alarm wie in der ganzen Vorsaison, als sie wegen Kinds Übernahme-Plan fast durchgängig schwiegen. Das Verrückte damals: das vom Aufstieg euphorisierte Team gewann trotzdem oft. Doch der Rausch ist vorbei. Die Ära Kind könnte schlimmstenfalls mit einem Abstieg enden.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/hannover-96-aera-in-gefahr-1.4236030
Ära in Gefahr
00/12/2018
Nach der desolaten Vorstellung beim 0:2 gegen Hertha BSC bleibt ein Bekenntnis zu Hannover-Trainer Breitenreiter aus, der Klubchef bangt um sein Werk.
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mlsum_de-train-220508
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Wenn ein spektakulär und erfolgreich spielender Tabellenführer mal nur erfolgreich spielt, aber unspektakulär, dann wird er gern für den kommenden Meister gehalten. Solche Fragen musste sich nach dem zähen 2:0 gegen den SC Freiburg auch Borussia Dortmunds dänischer Mittelfeldspieler Thomas Delaney gefallen lassen. Doch seine abschlägige Antwort lautete, zu Meisterfragen äußere er sich lieber nicht. Zehn Siege, 33 Punkte, 37 Tore - so gut waren die Dortmunder nach 13 Spieltagen nicht mehr, seit sie in der Saison 2010/11 unter Trainer Jürgen Klopp Meister geworden sind. Beim BVB nimmt trotzdem niemand das Wort "Meister" in den Mund, nicht mal Stadionsprecher Norbert Dickel, der noch am ehesten zu kecken Sprüchen neigt. Bei einer Talkrunde im Deutschen Fußballmuseum sagte Dickel: "Wir sollten sehen, dass wir die Tabellenführung in die Sommerpause retten." Ein Elfmeter von Marco Reus (39.) und ein Treffer in der Nachspielzeit durch den erstaunlichen Serientorschützen Paco Alcácer waren gegen tapfere Freiburger die etwas glückliche Ausbeute, nachdem der BVB drei Tage zuvor gegen Brügge in der Champions League an selber Stelle kein Tor erzielt hatte. Kapitän Reus spricht angesichts der immer destruktiveren Defensivhaltung gegnerischer Teams von einer "Katastrophe" - Verständnis dafür, dass qualitativ schlechter bestückte Mannschaften bei Gastspielen in Dortmund lieber Vorsicht walten lassen, klingt anders. Freiburgs Trainer Christian Streich hingegen lobte sein Team für eine "gut organisierte Defensive", musste aber gestehen, dass man "gegen dieses unglaublich hohe Tempo" der Dortmunder unmöglich 90 Minuten lang dichthalten konnte. Zu Null gegen den BVB, das ist in dieser Saison bislang nur Brügge und Atletico Madrid gelungen sowie in der Bundesliga überraschenderweise Hannover 96. Paco Alcácer holt Nils Petersen ein - als Rekordjoker Drei Spieler stehen am meisten für den hochprozentigen Dortmunder Offensivgeist: Alcácer hat nun zehn Tore geschossen, Reus neun - Jadon Sancho hat acht vorbereitet, Reus sieben. Gegen Freiburg erzielte Reus das 1:0, nachdem Sancho im Strafraum gefoult worden war. Sancho leitete überdies maßgeblich das 2:0 ein, auch wenn den Scorer-Punkt für die direkte Vorlage Lukas Piszczek erhielt. Alcácer hat seine zehn Bundesligatore binnen acht Spielen geschossen, respektive 281 Minuten. Das macht ein Tor alle 28 Minuten. Neun dieser zehn Tore hat der 25-jährige Spanier nach Einwechslungen erzielt. Mit diesen neun Jokertoren holte Alcacer bereits jetzt die Rekordhalter Ioan Viorel Ganea (VfB Stuttgart, 2002/03) und Nils Petersen (SC Freiburg, 2016/17) ein. Nur in der Champions League hat Trainer Lucien Favre den Spanier bislang zwei Mal durchspielen lassen. Mit Geduld einfordernden Äußerungen über Alcácer befeuert Favre Spekulationen, der Spanier habe nach seiner Ankunft aus Barcelona im August ziemlich schlechte Fitnesswerte gehabt und erhole sich nur sukzessive davon, dass er dort zwei Jahre lang kaum gespielt hatte. Favre hat ein fantastisches Gespür dafür, welcher Spieler wie, wo und wie lange am besten eingesetzt wird. 20 Jokertore haben seine Fußballer in dieser Saison zusammen bereits erzielt. Der 61-jährige Schweizer kommt mit dem BVB in den ersten 13 Ligaspielen auf 2,54 Punkte im Schnitt sowie auf 2,85 Tore. Das ist sowohl Favres beste Bilanz als Trainer als auch die beste für den BVB in der jüngeren Vereinshistorie. Neben dem Offensivtrio Reus, Sancho und Alcácer sind im Mittelfeld Axel Witsel sowie hinten der Torwart Roman Bürki maßgebliche Kräfte. "Wenn man uns nur den Axel Witsel geben würde, dann sähe es bei uns schon ganz anders aus", sagte Freiburgs Trainer Streich. Der Belgier Witsel ist im BVB-Kader das Ruhe ausstrahlende Genie an der Umschaltstelle im Mittelfeld. Und so auffällig mau gegen Brügge und Freiburg die Chancenverwertung auch ausfiel, so froh waren die Dortmunder am Ende, dass sie aus beiden Spielen ohne Gegentor herausgegangen waren. Am kommenden Samstag gastieren die in der Bundesliga weiter unbesiegten Dortmunder in Gelsenkirchen-Buer. Im großen Revierderby werden erfahrungsgemäß alle Karten neu gemischt, wie auch immer die jeweiligen Blätter gerade aussehen. Die exklusive Position an der Tabellenspitze erspart den Dortmundern die Pflicht, erste verbale Giftpfeile gen Schalke zu schießen. "Es ist gut, dass wir jetzt eine ruhige Woche vor uns haben", sagte Reus angesichts der reinen Trainingswoche, die auch dazu genutzt werden soll, Blessuren auszuheilen. Christian Pulisic, Manuel Akanji, Dan-Axel Zagadou und Marcel Schmelzer sind vor dem Derby angeschlagen, die letzteren drei sind allesamt Abwehrspieler.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/borussia-dortmund-zaehes-spiel-der-rekordbrecher-1.4236028
Zähes Spiel der Rekordbrecher
00/12/2018
Neuntes Jokertor von Paco Alcacér, statistische Spitzenwerte für Trainer Favre: Das unspektakuläre Dortmunder 2:0 gegen Freiburg beinhaltet frohe Botschaften - nur von der Meisterschaft will weiterhin niemand reden.
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Ihm blieb nur diese eine Gelegenheit. Mehr Chancen, sich im Profifußball zu beweisen, hatte der Interimstrainer des FC Ingolstadt nicht, das wusste Roberto Pätzold bereits vor dem Spiel gegen den Hamburger SV am Samstag. Und so schaffte es der 39-Jährige mit etwas Mut, dass er zumindest in Oberbayern und Hamburg in Erinnerung bleiben dürfte: Er stellte vier Debütanten beim Fußball-Zweitligisten auf, setzte den seit Wochen nach einer guten Form suchenden Kapitän Marvin Matip auf die Bank - und erschuf so eine schlagkräftige Truppe, die bis zum Schluss mithielt beim 1:2 (0:1) gegen den Tabellenersten HSV. "Der Trainer kommt mit großen Eiern, bringt drei, vier junge Spieler", sagte Almog Cohen, der statt Matip die Spielführerbinde trug und einer der Stärksten war beim Tabellenletzten.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/fc-ingolstadt-endlich-mal-ein-grauhaariger-1.4236357
FC Ingolstadt - Endlich mal ein Grauhaariger
00/12/2018
Interimstrainer Pätzold wagt Experimente beim Versuch, den HSV zu besiegen. Nach dem 1:2 setzt der Zweitliga-Letzte im Existenzkampf auf Jens Keller.
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Die Kickers schaffen gegen Carl Zeiss Jena die Wende. Bei dem 5:2 beantworten sie auch die entscheidende Frage: Wie konnte diese durchaus begabte Mannschaft, bei allem Engagement, so lange so schlecht spielen? Im Grunde genügte es, sich nach dem Spiel mit Dominic Baumann zu unterhalten. Das allein war ausreichend, um ein Gespür dafür zu bekommen, wie es nun um die Gemütslage der Würzburger Kickers bestellt ist. Die Unterfranken hatten soeben in der dritten Fußball-Liga 5:2 gegen Jena gewonnen, und Baumann wurde gefragt, ob nun eine Party anstehe. In diesem Augenblick spazierte zufällig Trainer Michael Schiele durch die Tür, also rief Baumann durch den Raum: "Trainer, ist morgen Training?" Und als Schiele entgegnete, er dürfe das selbst entscheiden, sagte der Angreifer: "Dann wahrscheinlich nicht." In Würzburg sind sie wieder zu Scherzen aufgelegt. Die Heiterkeit ist zurück nach sieben Spielen ohne Sieg, die dem Erfolg gegen Jena vorausgegangen waren. Das 5:2 lenkte den Blick aber auch noch mal auf die zurückliegenden Wochen, in denen die Kickers nach ihrem zwischenzeitlichen Siegeszug gehörig aus dem Tritt geraten waren. Wer am Samstagnachmittag sah, welch mitreißenden Offensivfußball diese Mannschaft spielen kann, stellte sich die Frage: Wie konnte diese durchaus begabte Mannschaft, bei allem Engagement, so lange so schlecht spielen? Seit Ende September hatten die Kickers nicht mehr gewonnen und sich in dieser Zeit wieder und wieder in der Defensive naiv, in der Offensive einfallslos präsentiert. So reihten sie drei Remis und vier Niederlagen aneinander und schlitterten in der Tabelle Richtung Abstiegsplätze. Schiele betonte am Samstag zwar: "Wir brauchen nicht alles kaputtreden, was in den letzten Wochen war." Doch auch er weiß natürlich, dass seine Mannschaft zu weitaus mehr imstande ist. "Heute haben wir gezeigt, dass wir es können", unterstrich Baumann nach dem Sieg gegen Jena, während sein Nebenmann Orhan Ademi sagte: "Wir haben lange gelitten, und ich hoffe, dass wir aus dem Dreck heraus sind." Wer das Spiel gegen Jena verfolgt hatte, verstand nun, warum die Kickers so lange so schlecht spielten - und warum sie es eben doch können: Schieles Mannschaft ist eine Laune-Mannschaft. Und so gab sie gegen Jena ein schizophrenes Bild ab. Man sah eine verunsicherte und eine selbstbewusste Mannschaft. Man sah eine wankelmütige und eine sattelfeste Defensive. Man sah planlose Angriffe und feine Kombinationen in der Offensive. All das komprimiert in 90 Minuten, die Probleme und Lösungen dieser Elf in sich vereinten. An guten Tagen und in guten Momenten, das zeigte das Spiel gegen Jena, können die Kickers einen Gegner in Grund und Boden spielen. An schlechten Tagen und in schlechten Momenten aber, und auch das zeigte das Spiel gegen Jena, sind sie grotesk mittellos. Wenn sich die guten Tage und Momente häufen, dann müssen sich die Mannschaften in der Spitzengruppe in Acht nehmen. Dann kann Würzburg statt Misserfolg an Misserfolg auch wieder Sieg an Sieg reihen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/wuerzburger-kickers-die-laune-mannschaft-1.4236363
Die Laune-Mannschaft
00/12/2018
Die Kickers schaffen gegen Carl Zeiss Jena die Wende. Bei dem 5:2 beantworten sie auch die entscheidende Frage: Wie konnte diese durchaus begabte Mannschaft, bei allem Engagement, so lange so schlecht spielen?
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Der Schwergewichtskampf am Samstagabend in Los Angeles zwischen Tyson Fury und Deontay Wilder beinhaltete so ziemlich alles, was Profiboxen so faszinierend und fesselnd macht - aber auch das, weshalb es für viele ohnehin nur eine als Sport getarnte Sparte der Unterhaltungsbranche ist, und so ein Remis wie jenes zwischen Fury und Wilder ist meist das unwürdige Ergebnis des hemmungslosen Strebens nach Profitmaximierung. In diesem Fall jedoch muss man angesichts der faszinierenden zwölf Runden fragen: Entschuldigung, aber was war das bitteschön für ein Kampf? Man muss die Vorgeschichte kennen, um zu verstehen, was da passiert ist. Es gibt einen britischen Boxer, der tatsächlich den Nachnamen Fury trägt (zu deutsch: Raserei) und dem der Vater, ein Mitglied der ethnischen Minderheit der Irish Traveller und semiprofessioneller Straßenprügler, als Hommage an Mike Tyson diesen Vornamen geschenkt hat. Fury ist einer, der sich selbst "The Gypsy King" nennt, König der Zigeuner, und der über sich selbst sagt, dass er jeden Tag Dämonen in seinem Kopf bekämpfen müsse: "Ich hoffe, dass mich jemand umbringt, bevor ich mich selbst töte. Sonst müsste ich in die Hölle." So einen lieben sie beim Boxen, weil er sich prächtig als böser Bube vermarkten lässt. Fury war ein Flegel, der Schwule, Frauen und Andersgläubige beleidigte. Er ist mit der Statur eines sibirischen Baumfällers gesegnet (206 cm groß, 115 kg wuchtig), und mit Siegen über Dereck Chisora und Kevin Johnson empfahl er sich für einen Titelkampf gegen Wladimir Klitschko. Die Dramaturgie sah vor, dass er dieses Duell im November 2015 mit ein paar Beleidigungen vermarkten und dann im Ringstaub verschwinden sollte. Fury gewann. So ein Titel kann die Befreiung von den Dämonen sein, die im Kopf von Fury allerdings wurden danach erst so richtig grantig. Er pumpte sich mit Alkohol und Drogen voll, schwoll an auf 180 Kilogramm, beschäftigte sich mit Selbstmord. Fury verschwand außerhalb des Ringes im Staub. Es gibt einen US-Boxer, der tatsächlich den Nachnamen Wilder trägt (zu deutsch: der noch Wildere) und sich in Anlehnung an den ebenfalls im US-Bundesstaat Alabama geborenen Boxer Joe Louis den Spitznamen "Bronze Bomber" gegeben hat. Er gewann die ersten 40 Kämpfe seiner Karriere, 39 davon durch Knockout, seit Januar 2015 ist er Weltmeister des Verbandes WBC. Was ihm fehlte: ein starker und vermarktbarer Kontrahent. Wie gut, dass Fury im Januar bei Twitter schrieb: "Guess Who's back?" Ratet mal, wer wieder da ist. Der Kampf war schnell vereinbart und ans Pay-TV verkauft, es gab zuletzt die üblichen Beleidigungen und Schaumschlägereien. Wilder, der bis zu 30 Millionen Dollar verdienen wird, kam in Vogelkostüm und bronzener Gladiatorenmaske zum Ring, Fury (10,25 Millionen) gab den blödelnden bösen Buben. Dann begann der Kampf. Fury mag aussehen wie ein sibirischer Baumfäller, es dürfte jedoch auf der ganzen Welt kaum jemanden geben, der sich angesichts dieser Statur derart geschmeidig bewegt. Er öffnete die Deckung seines Gegners mit der linken Führhand und setzte dann mit rechten Geraden oder Haken nach. Fury dominierte diesen Kampf in mindestens acht von zwölf Runden. Was jedoch auch passierte: In den Durchgängen neun und zwölf wurde Fury von Wilder in den Ringstaub geschickt - in der letzten Runde mit einem linken Haken, nach dem kein Mensch der Welt innerhalb von zehn Sekunden aufstehen darf. Fury lag da wie einer, der selbst nach zehn Minuten nicht würde aufstehen können. "Ich habe das Weiße in seinen Augen gesehen, er ist umgefallen wie ein Baum", sagte Wilder danach: "Ich weiß, wenn einer fertig ist - und Fury war fertig." Fury jedoch erhob sich, irgendwie, und er versicherte dem Ringrichter glaubhaft, dass er die letzten Minuten dieses Kampfes überstehen würde. Er überstand sie nicht nur, er attackierte weiter. So eine Wiederauferstehung, solch dramatische Wendungen in der Schlussrunde hat diese Gewichtsklasse schon lange nicht mehr erlebt, und sie führte zur Frage: Sollte der siegen, der mehr Runden gewonnen hatte - oder der, der seinen Gegner zwei Mal zu Boden geschickt hatte? Es folgte das, was diesen Sport so viele Zuschauer kostet: Das Urteil hätte dem Reglement zufolge 114:112 für Fury lauten müssen, so wie es auf der Karte eines Punktrichters vermarkt war - auf den anderen beiden Karten jedoch stand: 113:113 und 115:111 für Wilder. So hat sonst wohl niemand geurteilt, der nicht mit Wilder verwandt ist oder von ihm bezahlt wird, und dieses Urteil hat den Vorteil, dass sich beide Boxer weiterhin als unbesiegt vermarkten und über einen noch lukrativeren Rückkampf verhandeln dürfen. Fury küsste die Fäuste seines Gegners und sagte: "Das Wichtigste ist, dass wir beide gesund nach Hause gehen." Er regte sich nicht auf über dieses Urteil, er gab den schüchternen Gentleman und zeigte so, das zumindest ein paar dieser Dämonen in seinem Kopf wohl nur deshalb existieren, weil sich mit diesen Dämonen mehr Geld verdienen lässt. Es dürfte einen Rückkampf geben, und das ist angesichts dieses fesselnden Fights auch völlig in Ordnung. Sie müssen ihn nicht mal groß vermarkten, sie müssen die Leute nur fragen: Entschuldigung, aber was war das bitteschön für ein Kampf?
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/boxen-er-steht-wieder-auf-1.4235870
Er steht wieder auf
00/12/2018
Beim Remis im Schwergewichtskampf zwischen Tyson Fury und Deontay Wilder zeigt das Boxen seine ganze Faszination und seine Hemmungslosigkeit.
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mlsum_de-train-220512
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Am Sonntag waren Henk Groener und Emily Bölk ins Rathaus der französischen Stadt Brest eingeladen. Leider durften sie sich dort nicht ins Goldene Buch eintragen, dazu sind unverständlicherweise noch größere Heldentaten erforderlich. Die beiden Repräsentanten jenes deutschen Teams, dem zum EM-Auftakt ein überraschender 33:32-Sieg gegen Titelverteidiger Norwegen gelungen ist, waren dort Gäste bei einem Empfang der Europäischen Handballföderation. Den Pflichttermin konnten der Bundestrainer und seine beste Rückraumspielerin aber trefflich genießen mit dem Wissen um einen überragenden Auftritt am Vortag. Zehn Siege in zehn EM-Spielen nacheinander hatten die Norwegerinnen als Europameisterinnen 2014 und 2016 (sowie Weltmeisterinnen 2015) zuletzt hingelegt, als sie nun auf jenes deutsche Team trafen, das in den vergangenen Jahren bei Turnieren mit ihren Nerven meist auch die relevanten Spiele verloren hatte. Was diese halberneuerte Equipe unter dem neuen Bundestrainer Groener dann aber ablieferte, war erstens ziemlich unglaublich und zweitens genau das, worauf man beim Deutschen Handball-Bund seit vielen Jahren wartet. Mit einem weiteren Sieg an diesem Montag gegen Rumänien (18 Uhr, Eurosport) könnte man nicht nur den Einzug in die Zwischenrunde perfekt machen, sondern womöglich auch die Maximalausbeute von vier mitzunehmenden Punkten. 23 Sekunden vor dem Ende eines ausgeglichenen und spannenden Auftaktspiels in Brest hat die 20-jährige Bölk vom Thüringer HC das Tor zum 33:32 erzielt, und neun Sekunden vor dem Ende parierte die Torhüterin Isabell Roch vom TuS Metzingen den letzten Wurf der Norwegerinnen. Als die Schlusssirene schrie, hüpften die deutschen Handballerinnen im Kreis, als hätten sie schon das Finale erreicht. Ein ganz kleines bisschen so fühlte sich dieser Triumph aber auch an. Mit neuem Trainer und sechs EM-Debütantinnen war das Team hoffnungsvoll, aber ohne übertriebene Erwartungen ins Turnier gestartet. Diese Druckentlastung half. Bölk mit fünf Toren und 59:49 Minuten Einsatzzeit, Xenia Smits (vier Tore/50:37 Minuten) sowie Julia Behnke (vier/37:10) waren die Stützen. Groß auftrumpfen konnten zudem die Debütantinnen Roch und Ina Großmann. Letztere, 28-jährige Linksaußen vom Thüringer HC, stahl den Norwegerinnen zwei Minuten vor Schluss bei 31:31 den Ball und warf mit ihrem fünften Treffer im Gegenzug die Führung heraus, während Roch in ihrem 24-minütigen Auftritt fast ein Drittel aller norwegischen Würfe parierte. Bölk, Smits, Behnke und Alicia Stolle bildeten im Zentrum der Abwehr zumeist auch jene Mauer, mit der sich die Norwegerinnen schwer taten. Nach geblockten Versuchen spielten die deutschen Frauen meist blitzschnell nach vorne. "Es hat Mega-Spaß gemacht", schwelgte Bölk, mit ihren 20 Jahren eine der jüngste Spielerinnen im 16er-Kader. Die Tochter der deutschen 1993er-Weltmeisterin Andrea Bölk saß nach dem Schluss lange auf der Bank und versuchte, das Ergebnis auf der Anzeigetafel zu begreifen. "So richtig fassen kann ich's noch nicht", sagte sie, "das hat niemand erwartet, aber zum Glück sind wir cool geblieben, als es eng wurde." Und so war auch der Niederländer Groener, 58, am Ende begeistert. Das Team "hat unglaublich gekämpft und super gespielt", lobte er. "Wir haben es geschafft, Norwegens Tempospiel zu unterbinden und im Angriff Lösungen zu finden." In der Zwischenrunde in Nancy winkt ihm ein Wiedersehen mit jenen Niederländerinnen, die er 2015 ins WM- sowie 2016 ins EM-Finale geführt hatte.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/handball-em-der-frauen-furioser-auftakt-1.4235872
Handball-EM der Frauen - Furioser Auftakt
00/12/2018
Die deutschen Handballfrauen besiegen Titelverteidiger Norwegen nach einem lange ausgeglichenen Krimi. Die Skandinavier waren zuvor bei Europameisterschaften jahrelang ungeschlagen gebleiben.
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mlsum_de-train-220513
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Noch heute gilt auf vielen Bolzplätzen das ungeschriebene Gesetz: Drei Ecken gibt Elfmeter. Das ist eine einfache Regel, die jeder versteht und die nicht anzufechten ist. Zweieinhalb Ecken gibt es halt nicht. Man sollte annehmen, dass dem hochkommerzialisierten Bundesligafußball eindeutige Regeln zugrunde liegen, die den Protagonisten wie den Fans nur wenig Interpretationsspielraum lassen. Aber besonders im Fall der Handspiel-Regel kann schon lange kaum noch jemand nachvollziehen, wann nun ein Verstoß vorliegt und wann nicht. Und auch nach dem 1:1 zwischen der TSG Hoffenheim und dem FC Schalke dominierte mal wieder dieses Thema. Hoffenheims Torwart Oliver Baumann bemerkte genervt: "So wird das eine ewiges Stammtischthema bleiben." Im Zentrum der Debatte standen diesmal zwei Entscheidungen von Schiedsrichter Robert Kampka. Nach 42 Minuten entschied er auf Handspiel des Hoffenheimers Steven Zuber und auf Strafstoß. Nach Ansicht der TV-Bilder aber nahm er seine Entscheidung zurück - zu Recht. Zuber war der Ball nach einer Hereingabe von Daniel Caligiuri zunächst an die Hüfte und erst dann an die Hand gesprungen. Nach dem zweiten Elfmeterpfiff, und das regte die Schalker mächtig auf, verzichtete Kampka auf den Video-Beweis - Andrej Kramaric konnte den Elfmeter zum 1:0 verwandeln (59.). Hätte Kampka die TV-Bilder zu Rate gezogen, hätte er gesehen, dass dem Hoffenheimer Ishak Belfodil die Kugel zuerst gegen die Hand gesprungen war, bevor er sie dem Schalker Verteidiger Bastian Oczipka an dessen Hand schoss. Wie hätte Oczipka bei dem Tempo des Schusses und der geringen Distanz zum Schützen den Arm so schnell zur Seite ziehen können? Zwar wird alles trainiert heutzutage, aber die Disziplin des aerodynamischen Armwegziehens steht selbst bei den zwei jüngsten Trainern der Bundesliga, dem Hoffenheimer Julian Nagelsmann, 31, und dem Schalker Domenico Tedesco, 33, noch nicht auf dem Lehrplan. Auf dem Bolzplatz, und früher auch in der Bundesliga, wäre die Aktion zwischen Belfodil und Oczipka unter der Rubrik "angeschossen" ungeahndet abgehakt worden. "Ich kann mir die Hand nicht abschneiden", haderte Oczipka. Das Pech des Schalker Verteidigers: Bewegt sich ein Arm ein bisschen zu weit vom Körper weg, ahnden die Schiedsrichter dies konsequent als Handspiel. Dies gehe zwar womöglich mit der Regel konform, aber stehe mit der Praxis der Fußballer nicht in Einklang, sagte selbst TSG-Trainer Nagelsmann. Dieser Widerspruch führte in den vergangenen Jahren zu einer bizarren Form des Verteidigens: Aus Angst, den Ball an die Hand zu bekommen und so einen Elfmeter oder Freistoß zu verursachen, greifen Verteidiger Gegenspieler oft mit beiden Armen auf dem Rücken verschränkt an. Diese Haltung des altväterlichen Sonntagsspaziergängers nimmt ihnen aber Tempo. Die aktuelle Regelpraxis ermutigt manchen Stürmer, in der Hoffnung auf einen Pfiff des Referees den Ball dem Verteidiger irgendwie an die Hand zu spielen. Domenico Tedesco meinte: "Uns wurde bei allen Schiedsrichterschulungen gesagt: Wenn der Arm bei einer Aktion vibriert oder keine Spannung hat, dann ist es kein Elfmeter." Und beide Trainer waren am Samstag der Meinung, mehr Klarheit sei durch eine Vereinfachung zu erreichen: Ein Handspiel sei ein Handspiel, wenn sich eine klare Absicht dahinter verberge. Wobei die Regel dies schon so ausdrückt, im Detail aber Interpretation Tür und Tor öffnet: Entscheidend, so heißt es, sei die Bewegung der Hand zum Ball (nicht des Balls zur Hand), die Entfernung zwischen Gegner und Ball (unerwarteter Ball) und die Position der Hand (das Berühren des Balls an sich ist noch kein Vergehen). Der DFB orientiere sich an der internationalen Auslegung der Regel, teilte jüngst DFB-Schiedsrichter-Boss Lutz Michael Fröhlich mit. Das ist aber offenbar keine gute Idee, elf (oft umstrittene) Handelfmeter wurden bislang gepfiffen - so viele wie noch nie nach 13 Bundesligaspieltagen. Da war es immerhin gut, dass die dritte Elfmeterentscheidung des Tages keine Debatte auslöste. Bicakcic hatte Daniel Caligiuri zu Fall gebracht, Nabil Bentaleb verwandelte zum 1:1 für agile Schalker - und so gewann das Team nach zuletzt mauer Leistung beim 1:3 in der Champions League in Porto wieder Selbstvertrauen und den Applaus seiner Fans. Rechtzeitig vor dem Derby gegen Tabellenführer Borussia Dortmund.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/elfmeterwirren-hand-oder-nichthand-1.4236033
Elfmeterwirren - Hand oder Nichthand
00/12/2018
Hoffenheim und Schalke 04 liefern sich ein packendes Duell mit vielen Höhepunkten. Und doch wird das gerechte 1:1 von der Regel-Debatte um die Berechtigung von Elfmetern nach Handspielen auf beiden Seiten überlagert.
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mlsum_de-train-220514
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Kann die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) wirklich eine Organisation sein, die unabhängig, mit vollem Einsatz und modernen Mitteln gegen Betrüger kämpft? Nach den neuesten Enthüllungen um den Wada-Chef Craig Reedie bleibt dies eine naive Hoffnung. Die jüngste Fortschreibung der russischen Staatsdoping-Affäre zielt nicht auf die Enthüllung weiterer Sünder. Sie zielt auf die wahren Urheber. Also nicht auf Sportler, Betreuer oder Analytiker, die in ein System eingebunden sind; nicht mal auf die Schreibtischtäter im Schatten des Kreml. Das Kernübel im industriellen Gaukelspiel mit dem Spitzensport sind die Dachverbände und ihre Bosse. Im Fall Russland das Internationale Olympische Komitee (IOC) - und jene nachgeordnete Organisation, die die Propaganda-Arbeit am Publikum verrichtet: die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada. Sie übt eine Schlüsselrolle in der olympischen Geschäftsstrategie aus, sie muss einen pharmaverseuchten Sport als sauberes Premiumprodukt verkaufen. Man stelle sich vor, die Wada wäre eine unabhängige Instanz, die mit allen Mitteln der Laboranalytik und der Kriminalforensik Dopingsünder jagte. Man stelle sich vor, sie schleuste Informanten ins Sportsystem und zöge Whistleblower heraus, sie kooperierte eng mit Behörden und würde ihre ritualisierten Kontrollen speziell in Dunkelbereichen wie Fußball und Tennis durch das ersetzen, was sie ja selbst als "intelligente Tests" bezeichnet: Überraschungs- und Zielkontrollen, wann und wo immer Doping tatsächlich Sinn ergibt. Man stelle sich weiter vor, die Wada würde ihre Arbeit ernsthaft von der obersten Sportebene abwärts betreiben, statt all diese vietnamesischen Pistolenschützen und indischen Gewichtheberinnen auffliegen zu lassen - kurz: Man stelle sich vor, die Wada wäre eine seriös unabhängige, eine ernstzunehmende Organisation: Hallo! Geht's noch? Was hätte denn der organisierte Sport davon? Wer Doping wirklich bekämpft, zumal im Spitzenbereich, der gefährdet das Erfolgsmodell der globalen Industriesparte Spitzensport. Punkt. Deshalb brauchen die Ringe-Makler eine Wada: um so tun zu können, als täten sie was. Zugleich muss sie natürlich von IOC-Figuren in Schach gehalten werden. Damit nicht die wirklich engagierten Kräfte (die es leider immer noch gibt im hauptamtlichen Bereich der politisch straff durchgetakteten Verbandsapparate) zu viel aufdecken. Anders gesagt: damit die Sportfahnder keinen Mist bauen. Derzeit befehligt der Schotte Craig Reedie die Wada, kein Kabarettist könnte sich den Vorsteher des Sportsaubermännerbundes besser ausdenken. Der gelernte Badmintonspieler hat eine spiegelglatte Funktionärskarriere hingelegt, im üblichen Funktionärsalter von 77 Lenzen ist er für das Amt prädestiniert. Also dafür, den Zentralfiguren der Sportindustrie wie Wladimir Putin die tiefe Ergebenheit der Wada-Spitze auch dann zu versichern, wenn hartes Material gegen deren Dopingregime vorliegt - und Whistleblower um ihr Leben fürchten müssen. Ein ARD-Team hat Reedie nun mit seinem unterwürfigen Verhalten in der Russland-Affäre konfrontiert, mit seinen devoten Mails und all den Widersprüchen, die nur den Schluss zulassen: Der IOC-Mann Reedie hat die Wada (was für ein Interessenskonflikt!) mit aller Kraft zu zügeln versucht, um die Staatsaffäre einzudämmen. Sieht man den Ringe-Herrn vor heiklen Fragen davonrennen, ist klar: In einem Spielfilm käme so eine Figur als Hüter der Sportmoral niemals durch. In einer Dokumentation des realen Sports hingegen ist Reedie die Idealbesetzung.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/kommentar-unterwuerfiges-verhalten-1.4235860
Kommentar - Unterwürfiges Verhalten
00/12/2018
Kann die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) wirklich eine Organisation sein, die unabhängig, mit vollem Einsatz und modernen Mitteln gegen Betrüger kämpft? Nach den neuesten Enthüllungen um den Wada-Chef Craig Reedie bleibt dies eine naive Hoffnung.
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mlsum_de-train-220515
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Vor dem Spiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Mainz 05 hat der Eurosport-Experte Matthias Sammer gesagt: "Es zeichnet sich die Tendenz ab, dass Düsseldorf bis zuletzt da unten kämpfen wird." Damit wollte Sammer die Fortunen nach ihrem 3:3 beim FC Bayern München erden. Doch zugleich formulierte er ungewollt eine hoffnungsvolle Prognose für Düsseldorf. Denn man darf eigentlich eher nicht damit rechnen, dass die Fortuna bis zum letzten Spieltag noch in Reichweite des rettenden Ufers bleiben wird. Nach ihrem 4:1-Heimsieg gegen Hertha BSC und dem überraschenden Remis in München verloren sie nun gegen Mainz mit 0:1. Wenn die Düsseldorfer ein überlegen geführtes Heimspiel gegen schwache Mainzer nicht gewinnen, dann wird es hart in dieser Saison. 19:14 Torschüsse, 12:5 Ecken und 19:8 Flanken - aber 0:1 verloren. "Ich habe mich selten so geärgert über eine Niederlage", sagte Friedhelm Funkel, der 64-Jährige, der 859 Pflichtspiele als Trainer auf dem Buckel hat. Sandro Schwarz ist 40 Jahre alt, dieses Spiel war erst sein 53. Pflichtspiel als Trainer des FSV Mainz 05, und er sagte, er könne sich nicht erinnern, mit Mainz schon mal zwei Auswärtsspiele nacheinander gewonnen zu haben. Mit einem 3:1 in Freiburg und dem 1:0 in Düsseldorf hat das nun geklappt. "Aber das war ein glücklicher Sieg", sagte Schwarz. "Das war ein dreckiger Sieg", sagte Sportdirektor Rouven Schröder. "Oft gewinnt man solche Spiele nicht", sagte Torwart Robin Zentner, der mit allerhand Paraden in der Schlussphase die Führung wahrte. "Es ist allerdings auch nicht so, dass wir uns für solche Siege entschuldigen müssten", sagte Schwarz. Drei Siege aus den jüngsten vier Bundesligaspielen haben die Mainzer geholt und sich aus dem unteren Mittelfeld ins obere gekämpft. Als Schwarz nach dem Sieg in Düsseldorf gefragt wurde, ob solch ein schmeichelhafter Erfolg nicht auch Ausdruck eines Reifeprozesses sei, schaute der Trainer erst grübelnd - und lächelte dann. Der Gedanke gefiel ihm. "Das ist eine Bestätigung unseres Entwicklungsprozesses", sagte Schwarz irgendwann, "die 18 Punkte, die wir jetzt haben, sind eine gute Basis für die kommenden Spiele." Nächsten Sonntag können die Mainzer mit einem weiteren Sieg gegen Hannover 96 Ambitionen anmelden, die sie bis Weihnachten allerdings in Leipzig, gegen Frankfurt und in Hoffenheim bestätigen müssten. Dann werden bessere Leistungen als in Düsseldorf erforderlich sein. Das entscheidende Tor am Freitag erzielte Jean-Philippe Mateta in der 67. Minute, indem er erst Düsseldorfs Abwehrspieler Robin Bormuth austrickste und dann so aufs Tor schoss, dass der Torwart Michael Rensing nicht wusste, ob er die Hand oder den Fuß zur Abwehr nehmen sollte. Zwischen beidem flutschte der Ball hindurch. "Ein blödes Scheißtor", schimpfte Rensing. "Ein Unentschieden wäre verdient gewesen", fand der Stürmer Rouwen Hennings. "Leider haben wir Dodi Lukebakio diesmal nicht so gut ins Spiel bekommen." Der 21-jährige Belgier, der beim 3:3 in München alle drei Tore geschossen hatte, blieb diesmal glücklos und wurde nach 68 Minuten ausgewechselt. Schon am kommenden Freitagabend beim Auswärtsspiel in Bremen könnte Lukebakio eventuelle Konter-Räume wieder besser nutzen. Die Leistung und Leidenschaft der Mannschaft im Spiel gegen Mainz haben dem Trainer Funkel nämlich durchaus gefallen. "So müssen wir auch in den kommenden Wochen spielen", sagte er - "nur unsere Chancen müssen wir dann natürlich besser nutzen."
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https://www.sueddeutsche.de/sport/mainz-ueberrascht-duesseldorf-nach-oben-geflutscht-1.4236026
Mainz überrascht Düsseldorf - Nach oben geflutscht
00/12/2018
Das 1:0 in Düsseldorf ist Ausdruck des Mainzer Reifeprozesses. Die Fortuna hingegen landet nach dem Höhenflug in München besonders hart.
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Schwache Nerven am Schießstand: Zum Auftakt des Weltcup-Winters im Biathlon verpassen die Deutschen zweimal das Podest. Die ersten Siege in den Mixed-Staffeln gehen an Norwegen und Frankreich. Die Serie ist gerissen: In Abwesenheit ihrer beiden Olympiasieger Laura Dahlmeier und Arnd Peiffer sind die deutschen Biathleten erstmals seit fünf Jahren ohne Podestplatz in den Weltcup-Winter gestartet. Im slowenischen Pokljuka belegte am Sonntag zunächst die Single-Mixed-Staffel den achten Rang, wenig später war auch die Mixed-Staffel in der Besetzung Vanessa Hinz, Denise Herrmann, Philipp Horn und Benedikt Doll auf Platz sieben chancenlos. Laura Dahlmeier, Doppel-Olympiasiegerin bei den Spielen im vergangenen Februar in Pyeongchang in Südkorea, ist nach ihrer krankheitsbedingten Pause derzeit noch im Aufbautraining. Zwar feilt sie nur noch an ihrer Form, doch es gilt als unwahrscheinlich, dass sie noch in diesem Jahr in den Weltcup zurückkehrt. Zum Start am Sonntag erwiesen sich die anwesenden Biathleten des deutschen Verbandes allerdings auch noch nicht sämtlich in ausgefeilter Form. Während sich in der Single-Mixed-Staffel der erfahrene Erik Lesser eine Strafrunde einhandelte, erwischte es in der klassischen Mixed-Staffel zunächst den Weltcup-Debütanten Philipp Horn: "Ich habe mir das anders vorgestellt. Ich hatte schon ein bisschen die Hosen voll und war zu verkrampft", sagte Horn im ZDF. Weil er gleich zum Einstieg in seine Weltcup-Laufbahn direkt an der Seite des elfmaligen Weltmeisters und fünfmaligen Olympiasiegers Martin Fourcade aus Frankreich in die Spur ging, hatte Philipp Horn eine psychologisch besonders schwere Aufgabe zu lösen. Einerseits wollte er mutig mithalten, andererseits kann ein Unerfahrener solch einen rasanten Auftakt am Schießstand bitter bezahlen. Und so kam es auch. Horns Trefferbild verriet Unruhe und Ungenauigkeit, er musste einmal in die Strafrunde abbiegen und fiel zurück. Beim Sieg von Olympiasieger Frankreich ereilte dann Schlussläufer Benedikt Doll zu allem Überfluss das gleiche Schicksal. "Es war der Wurm drin", sagte der Sprint-Weltmeister von 2017. Seit 2012 werden die Weltcups nun schon traditionell mit Mixed-Wettbewerben eröffnet. Einen deutschen Sieg hatte es zwar noch nie gegeben, in den vergangenen drei Jahren hatten die Teams des Deutschen Skiverbandes aber immer mit zwei Podestplatzierungen geglänzt. Diesen hatten im ersten Rennen Franziska Hildebrand und Lesser auch wegen der fehlerfreien Vorstellung der umsichtigen Schützin Hildebrand im Blick. Dann aber unterliefen dem Schnellschützen Lesser zu viele Fehler. "Das war schwierig zu verkraften, danach war mental ein Bruch drin. Es ist eben anders, um Platz sieben oder acht zu kämpfen als um den Sieg", sagte Lesser. Überraschender als Laura Dahlmeiers Fehlen war der kurzfristige Ausfall von Sprint-Olympiasieger Arnd Peiffer - er war ja fest in der Mixed-Staffel eingeplant. Aus privaten Gründen, wie es offiziell hieß, weilt der beste deutsche Skijäger der vergangenen Saison noch in der Heimat, sein Start in den Einzelrennen in der kommenden Woche ist aktuell offen. Ab diesem Mittwoch stehen für die Biathleten bis zum Sonntag noch das lange Einzelrennen, der Sprint und die Verfolgung auf dem Programm. Die weiteren Weltcup-Stationen sind vor Jahresende in Hochfilzen/Österreich ab 13. Dezember sowie in Nove Mesto/Tschechien ab 20. Dezember angesetzt.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/biathlon-start-in-pokljuka-in-der-strafrunde-1.4236576
Biathlon-Start in Pokljuka - In der Strafrunde
00/12/2018
Schwache Nerven am Schießstand: Zum Auftakt des Weltcup-Winters im Biathlon verpassen die Deutschen zweimal das Podest. Die ersten Siege in den Mixed-Staffeln gehen an Norwegen und Frankreich.
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Erstmals muss sich ein DOSB-Präsident einer Kampfabstimmung stellen. Zwar gewinnt Alfons Hörmann gegen Martin Engelhardt ziemlich deutlich. Doch es ist fraglich, ob er aus der Kritik an seinem Stil Konsequenzen zieht. Alfons Hörmann wartete direkt am Fuße des Podiums. Sichtlich angespannt war er, ein paar Vertraute kamen zum Plausch vorbei, bisherige und designierte Präsidiumsmitglieder, auch die DOSB-Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker. Nach einer knappen Viertelstunde setzte sich Hörmann hin, wie alle anderen Anwesenden im Saal auch. Und als der Sitzungsleiter das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen vortrug und um ihn herum der Applaus einsetzte, verharrte Hörmann erst einmal auf dem Stuhl. Einige Sekunden nickte er zufrieden vor sich hin, ehe er auf die Bühne schritt und seine Wiederwahl zum Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes annahm. 383 Stimmen für Alfons Hörmann, 61 für den Gegenkandidaten Martin Engelhardt, so endete diese für den organisierten Sport so ungewöhnliche Kampfabstimmung ums Präsidentenamt. Hörmann, 58, durfte zwar mit dem Votum zufrieden sein und kann sich nun auch klarer legitimiert fühlen als bei den üblichen offenen Abstimmungen, bei denen es nur einen Kandidaten gibt. Aber zugleich dokumentiert der Vorgang die große Unzufriedenheit im Sport - und es ist die zentrale Frage für die nächsten vier Jahre, ob Hörmann daraus Konsequenzen zieht. Zumindest am Samstag sah es nicht danach aus. "Das Wahlergebnis bestätigt uns auf eindrucksvolle Art und Weise in unserem bisherigen Handeln", sagte er: "Ich sage einfach: 86 Prozent sind Antwort genug." Es war aus vielerlei Gründen ein ungewöhnlicher Schritt, zu dem sich Engelhardt, 58 Jahre alt, im Hauptberuf Orthopäde am Klinikum Osnabrück und seit 2011 zum zweiten Mal Präsident der Deutschen Triathlon-Union (DTU), entschloss. Erstens weil im deutschen Sport Kampfkandidaturen sehr unüblich sind; um das Präsidentenamt des Sportdachverbandes hatte es das noch nie gegeben. Zweitens, weil Engelhardt im kleinen Kreis zwar schon vor wenigen Wochen eine Kandidatur angekündigt hatte, falls sonst niemand gegen Hörmann antrete, er dies aber erst in der Plenarsitzung am Samstag öffentlich mitteilte. Und drittens, weil Engelhardt keinen Hehl daraus machte, dass seine Kandidatur in erster Linie symbolischen Charakter hatte - und ihm wichtig war, dass überhaupt mal jemand kandidiert. "Ich weiß, dass diese Kandidatur die Wiederwahl des Präsidenten nicht verhindern wird", sagte er in seiner Bewerbungsrede - auch wenn er sicher mit einem besseren Ergebnis rechnete. Aber sein Vortrag und seine späteren Ergänzungen waren eine öffentliche Generalabrechnung mit der Amtsführung des Präsidenten. Hörmann sei kein Brückenbauer und nicht teamfähig; es gebe destruktive Auseinandersetzungen und einen rüden Ton, was auch dazu führe, dass viele gute Hauptamtliche den DOSB verließen; es brauche mehr Vertrauen und Verlässlichkeit sowie mehr Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit; und inhaltlich mehr als die stete Fokussierung auf die Reform des Leistungssports. Es war in der Versammlung gar kein sonderlich feuriger Auftritt. Aber es war doch auffallend, dass der Applaus nach Engelhardts Bewerbungsrede kaum leiser ausfiel als der für Hörmann. Und hinterher klangen selbst manche Hörmann-Wähler so, als seien sie froh, dass mal jemand gegen den Präsidenten aufgestanden sei. Die Hauptbotschaft sei, so sagte es Engelhardt, dass in einer Demokratie Gegenkandidaten selbstverständlich sein müssten. Und sie nicht von der Angst geprägt sein dürften, dass hinterher die Person oder der Verband hinter dieser Person Sanktionen erleiden müssen. Doch viele Funktionäre hätten genau diese Angst. Im Sommer fand sich trotz aller Unzufriedenheit niemand, der gegen Hörmann antrat. Engelhardt wurde am Samstag auch nicht von einem Verbandsvertreter vorgeschlagen, sondern vom Fechter Benedikt Wagner, erst kurz zuvor zum Persönlichen Mitglied des DOSB gewählt. Und auch dass er die Kandidatur erst so kurzfristig öffentlich machte und damit die strategisch wohl nicht geschickteste Vorgehensweise wählte, habe laut Engelhardt mit diesem Klima zu tun. Dass er sich nämlich Anfeindungen und einen Spießrutenlauf ersparen wollte. Hörmann wollte zu diesen Vorwürfen sowie zu Inhalt und Form der Gegenkandidatur nicht groß Stellung beziehen. "Die Mitglieder haben entschieden", sagte er nur, es sei ein demokratischer Prozess gewesen. Aber er erweckte den Eindruck, als habe er auf diesen demokratischen Prozess auch gut verzichten können. Hörmann sagte, er wolle einen Stil pflegen, der von "Offenheit und Transparenz geprägt" sei, und er will sich jetzt mit stark verändertem Präsidium an die weitere Arbeit machen. Die beiden wichtigsten Vize-Posten sind neu besetzt: Die frühere Hockeyspielerin Uschi Schmitz, 66, ist nun für den Leistungssport zuständig (statt Ole Bischof), und der Berliner Unternehmer und Sportmanager Kaweh Niroomand, 65, für die Finanzen (statt Stephan Abel). Wie ungewohnt demokratische Grundübungen für manche im Sport sind, zeigte sich auch kurz nach Hörmanns Kür. Da stand die Wahl von Andreas Silbersack, 51, zum Vize-Präsidenten für Breitensport an. Der Landessportbund-Chef von Sachsen-Anhalt ist ebenfalls umstritten, und so gab es einen Antrag auf eine geheime Wahl. Ein Geraune setzte da ein, so laut, dass sich Thomas de Maizière zu einer Bemerkung veranlasst war. Der ehemalige Innenminister leitet künftig - formal wohl ab Mittwoch, wenn die Erlaubnis der Regierung vorliegen soll - das neue DOSB-Ethikkomitee und gab in Düsseldorf zugleich den Wahlleiter. "Da gibt es nichts zu murmeln", sagte er in den Saal: "Geheime Wahlen sind doch eigentlich der Normalfall."
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/sportpolitik-uebung-in-demokratie-1.4235868
Übung in Demokratie
00/12/2018
Erstmals muss sich ein DOSB-Präsident einer Kampfabstimmung stellen. Zwar gewinnt Alfons Hörmann gegen Martin Engelhardt ziemlich deutlich. Doch es ist fraglich, ob er aus der Kritik an seinem Stil Konsequenzen zieht.
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Am Samstag hat der TSV 1860 München in der dritten Fußball-Liga 2:0 (2:0) gegen den FSV Zwickau gewonnen. Dabei ragte Stefan Lex heraus, der Zugang vom Zweitligisten FC Ingolstadt, von dem man erwartet hatte, dass er aus dieser Mannschaft herausragen würde; es dauerte eine Weile, bis er unter Beweis stellte, dass er dazu in der Lage ist, aber diesmal war es so weit. Beim 1:0 (16.) überlupfte Lex auf Zuspiel des ebenfalls starken Sascha Mölders den Zwickauer Torhüter Johannes Brinkies, in weiteren starken Szenen verpasste er einen zweiten Treffer knapp. Für diesen sorgte Philip Steinhart per Handelfmeter (31.), so dass die Löwen nach zuletzt vier Partien ohne Sieg diesmal zu einem souveränen Erfolg kamen und nun fünf Zähler Abstand zur Abstiegszone aufweisen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/tsv-1860-muenchen-klemmende-weiche-1.4236361
TSV 1860 München
00/12/2018
Nach dem 2:0 gegen Zwickau warten die Löwen nicht mehr auf einen Sieg, aber noch auf über eine Million Euro.
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Es gibt diese Tage, an denen die Vergangenheit wieder hervorgekramt wird, die schöne selbstverständlich. Bei Borussia Mönchengladbach zählt Rainer Bonhof zu einer schönen Vergangenheit, an vier Meisterschaften der Borussia war der heutige Vizepräsident in den Siebzigerjahren beteiligt, und weil es seinem Verein in diesem Herbst bisher ganz gut erging, gibt es für ihn nun mehr Redeanteile. "Es scheint niemandem aufzufallen, dass zwischen Platz eins und fünf noch etwas dazwischen liegt", sagte er etwa kürzlich der Welt, und auch: "Es geht nicht alles nur um Ostwestfalen und Süddeutschland." Eine kleine Spitze war das in Richtung Dortmund und München, wobei, in Richtung Dortmund vielleicht eineinhalb Spitzen: Mit Ostwestfalen hat der Verein so viel zu tun wie derzeit mit den Abstiegsrängen. Auch dass es zwischen Platz eins und fünf auch noch andere Plätze gibt, ist nachweislich bekannt, Platz zwei zum Beispiel: Den hat die Gladbacher Borussia weiterhin inne, sie unterlag am Sonntag aber in Leipzig 0:2. RB hat damit nur noch einen Punkt weniger als Mönchengladbach. RB-Trainer Ralf Rangnick hatte drei Spieler im Aufgebot, die er zuletzt schmerzlich vermisste: Diego Demme, Marcel Sabitzer und Kevin Kampl. "Selbst der eine oder andere Spieler bei uns hofft, dass sie zurückkommen", hatte Rangnick vorher gesagt - und vielleicht Timo Werner gemeint. Der Stürmer profitierte gegen Gladbach in der Startphase am meisten vom genesenen Kampl, der aus der Rehaphase nicht nur einen frischen Geist, sondern auch eine flexible Hüfte mitgebracht hatte. Drei Minuten dauerte es gerade mal, als Kampl mit langem Ball auf Werner das 1:0 einleitete: Dieser spielte noch kurz Doppelpass mit Sabitzer und nutzte dann gleich seine erste Chance, was es so oft in den vergangenen Wochen nicht gegeben hatte. Gladbach fehlte es an Präzision Erst am Donnerstag hatten die Leipziger gegen den Schwesterverein RB Salzburg in der Europa League eine schmerzliche Niederlage kassiert, nun galt es, nicht auch die Bundesliga aus den Fingern gleiten zu lassen. So machte RB temporeich weiter, hatte vor allem über die linke Seite durch den lauffreudigen Werner gefährliche Szenen, Gladbachs Nico Elvedi klärte mehrfach in höchster Not. In der 14. Minute hatte Lukas Klostermann für die Leipziger das 2:0 auf dem Fuß, drosch den Ball aber nach einer Flanke von Werner zentral übers Tor. Gladbach fehlte es vor allem an Präzision, um im Spielaufbau bis zum gegnerischen Tor zu kommen, hatte aber dennoch Chancen zum Ausgleich: In der 16. Minute schickte Thorgan Hazard den Ball auf der rechten Seite zu Lars Stindl, doch als der den Ball an den Fuß bekam, war auch Torwart Peter Gulacsi schon hinausgeeilt. Gulacsi parierte auch in der 31. Minute, als Oscar Wendt von links auf Stindl flankte, sein Kopfball landete an Gulascis Händen. Nach einer halben Stunde wurde Werner mehr in die Zentrale geschickt, immer nur Flügelspiel wird ja auch irgendwann langweilig. Tatsächlich hätte Werner dann mittig im Strafraum ein formschönes Volley-Tor machen können, mit dem rechten Bein hatte er schon ausgeholt, doch Strobl stahl ihm da mit einer Rettungsaktion noch die Show (41.). Das 2:0 sollte trotzdem noch vor der Pause fallen, per Konter und im Zusammenspiel mit Yussuf Poulsen erhöhte Werner kurz vor dem Halbzeitpfiff. "Doppelpacks liegen mir in dieser Saison irgendwie - vor allem haben die Tore drei Punkte gebracht", sagte Werner später. "Es war eine Top-Teamleistung in allen Bereichen. Nur so kann man den Zweiten besiegen." Gladbach-Trainer Dieter Hecking hatte nach dem zweiten Tor die Lippen aufeinander gepresst. Er schluckte bedient, die Haare nassgeregnet. Auch die zweite Halbzeit brachte die Fohlen nicht gerade auf die Idee, aus Leipzig noch etwas mitnehmen zu können, was den zweiten Tabellenplatz dauerhaft sichern könnte - stattdessen gelang Sabitzer beinahe das 3:0, er wurde aber fünf Meter vor dem Tor im Gewühle entscheidend gestört (53.). Das spektakulärere Spiel an diesem Nachmittag boten die Leipziger. "Das war ein verdienter Sieg", räumte Gladbachs Coach Hecking ein, als er wieder etwas trockener war. Die siegreichen Leipziger gaben zur Abrundung ihres schönen Sonntags noch bekannt, dass erwartungsgemäß das US-Talente Tyler Adams, 19, im Winter von RB New York kommen wird. Auch Hecking suchte das Gute an diesem Nachmittag: "Wir haben dazu beigetragen, dass es ein gutes Spiel wurde. Ich kann mir nicht erklären, warum wir im Moment immer frühe Gegentore kassieren. Erschwerend war, dass RB im Moment sehr gut verteidigt. Jetzt schütteln wir uns, nächste Woche geht es weiter." Und eines ist ja auch sicher: Leipzig liegt definitiv zwischen Ostwestfalen und Süddeutschland.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/werner-leipzig-gladbach-1.4236018
Leipzig besiegt Gladbach in der Bundesliga
00/12/2018
Dem starken Leipziger Nationalstürmer gelingen beim 2:0 gegen Mönchengladbach beide Treffer. Nach dem nahenden Aus in der Europa League hat RB nun andere Ziele.
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"Absolut locker" sei er, sagte Hasan Salihamidzic, während er von einem Fuß auf den anderen trippelte wie ein Musikstudent beim Vorspielen. Salihamidzic, der Sportdirektor des FC Bayern, stand nach dem 2:1 (1:1)-Sieg der Münchner im Erdgeschoss des Bremer Weserstadions, und irgendwo in dieser ungastlichen Kulisse aus Beton und Kunstlicht stand auch Oliver Kahn. Also nicht, dass sich der Titan hinter einer der Säulen versteckt hätte - dafür wäre die markenrechtlich geschützte Torwartlegende eindeutig zu groß. Er stand eher: im Raum. Gegner, die man nicht sehen kann, sind allerdings die schlimmsten, und so entschied sich Salihamidzic also einfach mal dafür, "absolut locker" zu sein. Nützt ja nix. Der Sportdirektor der Bayern, über den die Chefs Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge am Abend zuvor bei der Jahreshauptversammlung gesprochen hatten wie über einen Auszubildenden im ersten Lehrjahr ("geht durch ein Stahlbad", "wird daraus lernen", "wird daran wachsen", etc. pp.), er sollte erklären, was das Erscheinen eines möglichen Vorstandschefs Oliver Kahn am Horizont seines Vereins wohl für ihn zu bedeuten hätte. "Das ist nicht mein Thema", sagte Salihamidzic, total locker, er mache seinen Job "wie immer", das mit Kahn sei eine "Idee vom Vorstand", er aber, der Brazzo, habe einen "sehr guten Draht zu Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß, wir funktionieren richtig gut zusammen". Außerdem werde er weiter "engagiert arbeiten", und Kahn, ja mei, der käme ja eh erst, wenn Rummenigge aufhört. Hasan Salihamidzic klang in diesem Moment tatsächlich so locker wie der Trainer eines Abstiegskandidaten, dessen möglicher Nachfolger gerade auf der Tribüne gesichtet worden ist - und letztlich beschreibt das die Situation dieses FC Bayern im Herbst 2018 ja auch ganz gut. "Für die Tabellensituation, für uns, für das Gefühl ganz wichtig" sei das verdiente 2:1 in Bremen gewesen (nach dem schönen 5:1 gegen Benfica Lissabon), sagte Thomas Müller. Die Münchner haben damit gerade so noch einmal die Kurve gekriegt, bevor alles infrage gestellt worden wäre. Besser: bevor alles sofort infrage gestellt worden wäre. Denn dass beim FC Bayern kein Stein auf dem anderen bleiben wird, das hat Uli Hoeneß, der noch immer amtierende Präsident und Vorsitzende des Aufsichtsrats, während der Jahreshauptversammlung noch einmal wiederholt: Investitionen "im großen Stil" hat er angekündigt, als würde das Christkind die Geschenke diesmal zwar erst im kommenden Sommer bringen, dafür dann aber gleich lastwagenweise. Nur, was macht man, wenn der Advent plötzlich sieben Monate dauert? Den Bayern ist jetzt so oft eingeredet worden, dass sie eine Mannschaft, womöglich sogar ein Verein im Umbruch seien, dass es fast schon komisch wirkte, was Florian Kohfeldt über die Münchner zu sagen hatte. Kohfeldt ist Trainer von Werder, das gerade zum 16. Mal in Serie gegen die Münchner ohne Punkt geblieben ist. Das ist eine dermaßen einmalig unterirdische Bilanz, dass es dafür nicht mal eine der beliebten Tasmania-Berlin-Kategorien gibt. "Das waren fast wieder die alten Bayern", sagte Kohfeldt, sie hätten "richtig gut gespielt heute", "sie haben wieder durchs Zentrum kombiniert, was man lange nicht gesehen hat", und sie hätten "bessere Bewegungen in den Achter-Räumen" gehabt.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/bayern-bremen-robben-1.4236003
Bayern-Sieg in Bremen: Robben geht im Sommer
00/12/2018
Der fixe Abschied von Robben und Ribéry, Transferoffensive 2019, ein Sportdirektor als Azubi - und ein vorerst geretteter Trainer Kovac. Der FC Bayern kämpft sich in den Winter hinein.
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Wie weit der deutsche Fußball trotz allem gekommen ist, das zeigt ein Blick zurück in den Mai 2008. Die deutsche Nationalmannschaft empfing damals die Auswahl aus Weißrussland, eingewechselt wurden: Jermaine Jones, Marko Marin, Oliver Neuville, Patrick Helmes, Piotr Trochowski und Clemens Fritz. Das Testspiel endete 2:2, das Tor zum Ausgleich fiel in der 88. Minute. Dennoch störte das Ergebnis niemanden wirklich lang, weil der Trainer ja dieser aufregende, moderne Joachim Löw war. Das jüngste Spiel des DFB endete ebenfalls 2:2, der Gegner war die niederländische Auswahl, eingewechselt wurden Marco Reus, Thomas Müller und Leon Goretzka. Der Ausgleich fiel in der ersten Minute der Nachspielzeit, und dennoch störte das Ergebnis niemand wirklich lange (was auch daran lag, dass es das letzte Gruppenspiel im Format der Nations League war, mit dem sich noch keiner porentief auseinander gesetzt hatte). Hauptsächlich lag das jedoch an den ausgewechselten Spielern, an Timo Werner, Serge Gnabry und Leroy Sané, die mit ihrer Dynamik, mit ihrem Tempo, mit ihrem Spielwitz gezeigt hatten, wie aufregend die Gegenwart sein kann. Und ein bisschen lag es auch am Trainer. Es lag daran, dass Joachim Löw erneut gezeigt hatte, wie aufregend er sein kann. Von Weißrussland bis zu den Niederlanden, das ist der Spannungsbogen der nun auch über der deutschen Gruppe in der EM-Qualifikation liegt. Neben den beiden genannten Nationen trifft die DFB-Auswahl auf Nordirland und Estland, Löw bezeichnete die Gruppe nach der Auslosung am Sonntag in Dublin als "normal schwierig". Der Schwierigkeitsgrad ist ja tatsächlich überschaubar, da sich alle Gruppenersten und alle Gruppenzweiten für das paneuropäische Turnier 2020 qualifizieren. Löw sieht Deutschland und die Niederlande als die Favoriten, dass es für einen der beiden eng werden könnte, erwartet der Bundestrainer nicht: "Es sollte für beide reichen." Die Spannung in dieser Gruppe entsteht aus deutscher Sicht daher allein aus dem Blick nach innen, aus dem, was innerhalb dieser deutschen Mannschaft passieren wird, was sich in ihr entwickeln wird. Die Spannung entsteht daraus, ob Löw sich weiter an den jungen, experimentierfreudig und doch an seine Ideen glaubenden Trainer erinnert, als der er bei der EM 2008 in sein erstes Turnier als Bundestrainer ging, kurz nach dem 2:2 gegen Weißrussland. Die Spannung entsteht aber auch daraus, dass sich zeigen wird, was Deutschland aus den vergangenen Spielen gegen die Niederlande gelernt hat. Im ersten Duell in der Nations League, beim 0:3 in Amsterdam, hatte Löw wie ein Trainer gewirkt, der so stur an seinen einst aufregenden Gedanken festhält, dass er der Moderne nicht mehr hinterherkommt. Wenige Tage später verlor er zwar ein zweites Spiel in der Nations League, in Paris gegen Frankreich, aber dort präsentierten sich der Trainer und die Mannschaft wieder als ein aufregendes Kunstwerk. Löw hatte Werner, Gnabry und Sané als junge, frische, unverschämt unbekümmerte Offensive installiert, die zum Ausklang eines erschütternd erfolglosen Jahres (Aus nach der Gruppenphase der WM in Russland, Abstieg in der Nations League, die schwächste Bilanz in 111 Jahren Länderspielgeschichte) gerade noch rechtzeitig für den überfälligen Schwung gesorgt hatte. Wie stabil dieser Schwung ist und wie sehr er auch andere Mannschaftsteile sowie weitere personelle Maßnahmen des Bundestrainers vitalisieren wird, darum also geht es in dieser EM-Qualifikation. Wenige Tage vor der Auslosung hatte das DFB-Präsident Reinhard Grindel betont, indem er nicht nur "eine souveräne Qualifikation" forderte, sondern auch, "dass wir den Umbruch konsequent fortsetzen, dass das veränderte Gesicht, das wir in den Spielen gerade in der Nations League gezeigt haben, zu einem ganz neuen Bild der Mannschaft wird". Ob er den Umbruch zu lange verzögert habe, wurde Löw in Dublin gefragt. "Ich habe das Gefühl, dass er jetzt richtig ist", sagte der Bundestrainer. Allzu radikal will er aber auch 2019 nicht werden: "Die Jungen brauchen Halt und Orientierung." Es dürfte ein aufregendes Jahr werden.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/dfb-elf-em-2020-qualifikation-1.4236067
EM 2020: Nationalelf bekommt machbare Gegner
00/12/2018
In einer lösbaren Gruppe in der Quali für die Fußball-Europameisterschaft 2020 muss die Nationalelf nachweisen, dass sich der Umbruch fortsetzt. Der Bundestrainer ist besonders gefragt.
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Arjen Robben wird den FC Bayern nach zehn erfolgreichen Jahren 2019 verlassen. "Das ist mein letztes Jahr beim FC Bayern", sagte der 34-Jährige am Sonntag bei einem Fanklub-Treffen laut Algemeen Dagblad: "Es waren zehn wundervolle Jahre. Und dann ist es auch gut. Die Entscheidung habe ich schon vor ein paar Wochen getroffen." Zuvor hatte bereits Präsident Uli Hoeneß angedeutet, dass für Robben, aber auch für Franck Ribéry die Zeit beim deutschen Fußball-Rekordmeister im kommenden Sommer abgelaufen ist. "Ribéry und Robben machen sehr wahrscheinlich ihr letztes Jahr beim FC Bayern", kündigte Hoeneß am Sonntag an. Der FC Bayern werde stattdessen die Mannschaft "auf einigen Positionen verändern. Wir werden eine sehr offensive Transferpolitik machen. Die Kassen sind gut gefüllt", betonte Hoeneß erneut. Erst am Freitag hatten Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge eine Lanze für ihre "Rentnerband" (Rummenigge) gebrochen. "Das Duo Robbery bekommt ein eigenes glorreiches Kapitel in unserer Geschichte. Sie haben über 700 Spiele absolviert, dabei 261 Tore geschossen und 289 Vorlagen gegeben. Sie sind Legenden des FC Bayern", sagte Rummenigge bei der Jahreshauptversammlung. Was über Ribéry (35) und Robben (34) in den vergangenen Wochen geschrieben worden sei, "war ungehörig, manchmal sogar schäbig. Gerade deshalb habe ich mich für sie am Dienstag unheimlich gefreut. Man sollte sie nicht am Alter, sondern an ihrer Qualität messen", ergänzte Rummenigge. Beim 5:1 gegen Benfica Lissabon in der Champions League hatte Robben zwei Tore erzielt, Ribéry traf einmal. Die Verträge von Ribéry, seit 2007 im Verein, und von Robben (2009) laufen im kommenden Sommer aus.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/fc-bayern-robben-bundesliga-1.4236485
Arjen Robben kündigt Abschied von Bayern an
00/12/2018
Jetzt ist es fix: Mit Arjen Robbens Weggang endet im kommenden Sommer eine Ära in München - der Holländer verkündet seinen Abschied. Es dürfte nicht der einzige beim FC Bayern sein.
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Diese Glückslose machten Joachim Löw wieder zu "Jogi-Lässig". Entspannt stand der Bundestrainer bei seiner letzten Dienstreise im vermaledeiten Jahr 2018 im Convention Center von Dublin, das weiße Hemd bis zum zweiten Knopf unter dem feinen blauen Anzug geöffnet. Löw lächelte - auch über das erneute Duell mit dem ewigen Rivalen Holland. Die Aussicht auf die schnelle Revanche gegen die Niederlande und die vermeintlich problemlosen Mini-Hürden Nordirland, Estland und Weißrussland auf dem Weg zur EM 2020 geben dem DFB-Chefcoach die Gelegenheit auf eine weitgehend konfliktfreie Fortsetzung beim Neuaufbau der Fußball-Nationalmannschaft. "Wir sind uns unserer Stärken bewusst", sagte Löw am Sonntag nach der Auslosung der EM-Qualifikationsgruppen in der irischen Hauptstadt. "Wir gehen selbstbewusst in die Qualifikation rein. Wir haben schon den Anspruch, dass wir das schaffen", sagte Löw. Im Gegensatz zu früheren Qualifikationsrunden wollte der 58-Jährige aber nach den herben Enttäuschungen 2018 mit WM-Aus und Abstieg in der Nations League nicht den ersten Platz in der Gruppe C als Ziel vorgeben. "Nach 2014 und 2016 waren wir in einer Phase, in der wir gut harmoniert haben. Da konnten wir so eine Zielsetzung ausgeben. Jetzt fangen wir weiter unten an. Jetzt wollen wir nicht gleich überheblich sein", mahnte der 58-Jährige. Hauptziel bleibt für Löw, junge Spieler wie Leroy Sané, Serge Gnabry und Thilo Kehrer fit zu machen für die erhoffte Rückkehr in die absolute Weltspitze. "Wer glaubt, man kann eine Mannschaft einfach so mit elf jungen Spielern zusammensetzen, irrt sich", sagte der DFB-Chefcoach. Auch Teammanager Oliver Bierhoff und DFB-Chef Reinhard Grindel gaben die EM-Endrunde aber als klares Ziel aus. "Angesichts dieser Gruppe muss man sich qualifizieren, das ist keine Frage", sagte Grindel. Bierhoff betonte zudem seine "Vorfreude" auf die erneuten Duelle mit Holland. Gegen Oranje hatte es zuletzt in der Nations League ein schmerzhaftes 0:3 und ein ärgerliches 2:2 gegeben - zu wenig, um nach dem WM-Desaster von einem gelungenen Neuanfang zu sprechen. Nordirland ist Löw noch als "kampfstarkes Team" in Erinnerung. "Sie verlieren nie mit mehr als ein, zwei Toren Unterschied", sagte Löw - aber sie verlieren eben. Auf dem Weg zur WM 2018 gäbe es zwei problemlose DFB-Siege in der Quali. Mit dem 3:1 im Windsor Park von Belfast wurde im Oktober 2017 das Russland-Ticket gelöst. Zuvor gab es bei der EM 2016 ein 1:0 im Gruppenspiel in Paris. Gegen Estland spielte Deutschland nur in den 1930er Jahren dreimal und gewann alle Duelle. Gegen Weißrussland spielte die DFB-Elf bislang erst einmal. Kurz vor der EM 2008 gab es in einem Test in Kaiserslautern ein 2:2. "Da können wir im Moment wenig sagen. Ich habe sie zuletzt selten gesehen", sagte Löw. In der Weltrangliste sind die Kontrahenten auf den Plätzen 35 (Nordirland), 76 (Weißrussland) und 96 (Estland) weit hinter der auf Platz 16 abgestürzten DFB-Elf platziert. Holland liegt auch nur einen Rang vor Deutschland. Estland und Weißrussland waren zudem noch nie für ein großes Turnier qualifiziert. Die irische Legende Robbie Keane zog das deutsche Los. Die Qualifikationsrunde wird von März bis November 2019 an fünf Doppelspieltagen ausgetragen. Da Deutschland in einer Fünfergruppe spielt, sind 2019 noch zwei Testpartien möglich. Ein Wunsch von Löw wird aber wohl unerfüllt bleiben. "Ich würde gerne gegen Brasilien und Argentinien spielen", sagte er. Die UEFA-Regularien verlangen allerdings europäische Testpartien. Bierhoff versprach, beim Kontinentalverband die Möglichkeiten nochmals auszuloten. Den Umweg über die Playoffs muss Deutschland bei diesen Kontrahenten ziemlich sicher nicht gehen. Alle zehn Gruppensieger und zehn Gruppenzweiten lösen das Ticket für die Endrunde vom 12. Juni bis 12. Juli 2020 in zwölf Gastgeberländern. Die restlichen vier Tickets werden in Miniturnieren im März 2020 vergeben. Startberechtigt sind dabei die je vier Gruppensieger jeder Staffel der Nations League. Sollten sich diese schon über die normale Qualirunde das EM-Ticket geholt haben, rücken die nächst besseren noch nicht qualifizierten Mannschaften der jeweiligen Ligen nach. Im Extremfall geht das Startrecht auf Teams der nächst tieferen Liga über. Im Hintergrund kann Bierhoff nun sogar schon die Planungen für die EM angehen, die zumindest in der Gruppenphase ein Heimturnier werden wird. In München finden drei Gruppenspiele und ein Viertelfinale statt. Die DFB-Elf würde bei erfolgreicher Qualifikation zwei oder drei Heimpartien in der Gruppe F dort bestreiten. Anschließend wären dann Bukarest und St. Petersburg oder Dublin und Rom Spielorte, wenn man als Erster oder Zweiter in die K.o.-Runde kommt. Beide Halbfinals und das Endspiel finden in London statt. In Dublin wurde derweil von der UEFA bestätigt, dass sich Deutschland für das Heim-Turnier 2024 nicht qualifizieren muss. Die Entscheidung für ein automatisches Startrecht bestätigte Turnier-Chefplaner Lance Kelly der Deutschen Presse-Agentur. Unmittelbar nach dem Turnierzuschlag im September hatte die UEFA eine Zusicherung für einen garantierten Startplatz noch nicht geben wollen.
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EM-Qualifikation: DFB-Team trifft auf Holland
00/12/2018
Bei der Auslosung zur Fußball-Europameisterschaft 2020 bekommt es die Mannschaft von Joachim Löw mit einer interessanten Gruppe zu tun. Erstmals findet die Endrunde in zwölf europäischen Städten statt.
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FC Bayern, Winterpause: Trotz der anhaltenden Kritik am WM-Ausrichter 2022 hält der deutsche Fußball-Rekordmeister Bayern München an seinem Trainingslager in Katar fest. Präsident Uli Hoeneß bestätigte bei seinem Fanklub-Besuch am Sonntag in Forchheim, dass der FC Bayern sich auch im Januar 2019 im Emirat auf die Rückrunde vorbereiten werde. "Dort gibt es hervorragende Trainingsbedingungen", sagte Hoeneß. Die Bayern werden wohl von 4. bis 10. Januar ihr Trainingslager in Katar abhalten. Münchens Verbindungen nach Katar sorgen wegen der Menschenrechtssituation im Gastgeberland der WM-Endrunde 2022 wiederholt für Kritik. Die Fluglinie Qatar Airways ist Ärmelsponsor der Münchner. Die Bayern halten schon seit mehreren Jahren ihr Winter-Trainingslager in dem Wüstenstaat ab. In der vergangenen Saison hatte sich erstmals auch das Frauen-Team der Münchner in Katar auf die Bundesliga-Rückrunde vorbereitet. Ski alpin, Verletzung: Skirennfahrer Thomas Dreßen hat sich bei seinem folgenschweren Sturz in Beaver Creek doch nicht beide Kreuzbänder gerissen. Eine erste Diagnose am Sonntag in München ergab, dass nur das vordere Kreuzband, nicht aber wie zunächst befürchtet auch das hintere im rechten Knie gerissen sei. Die Saison ist für den 25-Jährigen trotzdem beendet. Der Kitzbühel-Sieger landete am Sonntag mit dem Lufthansaflug 481 von Denver kommend in München und humpelte auf Krücken durch den Franz-Josef-Strauß Airport. Von dort ging es umgehend zu Untersuchungen in die Orthopädische Klinik München. Außerdem hatte sich Dreßen in den USA auch an der Schulter verletzt. Boxen, WM: Deontay Wilder hat seinen Weltmeistertitel im Schwergewichtsboxen verteidigt. Der 33 Jahre alte Amerikaner trennte sich Samstagnacht in Los Angeles vom Briten Tyson Fury unentschieden (115:111, 110:114, 113:113) und behält damit den Gürtel des World Boxing Council (WBC). Wilder bleibt damit auch im 41. Profikampf unbesiegt. Erst zum zweiten Mal musste er über alle Runden gehen, 39 Kämpfe zuvor hatte er vorzeitig gewonnen. Ex-Weltmeister Fury bleibt in 28 Profikämpfen ebenfalls unbesiegt. Für Fury war es der Versuch, zum zweiten Mal in seiner Karriere Weltmeister zu werden. Vor drei Jahren hatte er Wladimir Klitschko besiegt und dem Ukrainer die Titel der Verbände IBF, WBO und WBA entrissen. Danach wurde er wegen Drogenmissbrauchs und Dopings für zwei Jahre gesperrt und musste die WM-Gürtel abgeben. Ski alpin: Einen Tag nach dem Saison-Aus von Thomas Dreßen haben die deutschen Skirennfahrer beim Super-G in Beaver Creek enttäuscht. Josef Ferstl war nach 48 gestarteten Fahrern am Samstag nur 27. und damit bester Deutscher. Andreas Sander verpasste die Top 30, Klaus Brandner stürzte. Ähnlich schwach waren die Herren in einem Weltcup-Super-G zuletzt vor genau drei Jahren, ebenfalls auf der WM-Strecke in den Rocky Mountains. Der Sieg auf der Raubvogelpiste ging an Max Franz. Der Österreicher war bei seinem bereits zweiten Saisonsieg 0,33 Sekunden schneller als Mauro Caviezel aus der Schweiz. Auf den geteilten dritten Platz mit jeweils 0,41 Sekunden Rückstand kamen die beiden Norweger Aksel Lund Svindal und Aleksander Aamodt Kilde sowie Dominik Paris aus dem italienischen Team. In der Abfahrt am Freitag war Dreßen schwer gestürzt und hatte sich dabei das vordere und hintere Kreuzband im rechten Knie gerissen sowie die linke Schulter ausgekugelt. Ein Comeback noch in der laufenden WM-Saison ist ausgeschlossen. 3. Liga, 1. FC Kaiserslautern: Der Klub hat seinen Trainer Michael Frontzeck am Samstag beurlaubt. Die Entscheidung bestätigten die Pfälzer einen Tag nach der 0:5-Pleite im Punktspiel bei der SpVgg Unterhaching. Ein Nachfolger für den 54 Jahre alten Ex-Nationalspieler beim früheren Meister, der im Tabellenmittelfeld mit 21 Punkten nach 17 Spielen immer weniger Chancen auf den direkten Wiederaufstieg in die zweite Liga besitzt, steht noch nicht fest. "Die jüngsten Entwicklungen haben uns dazu bewogen, neue Impulse zu setzen. Diese Entscheidung ist uns schwergefallen, zumal wir nach den Siegen gegen Uerdingen und in Aalen eine positive Entwicklung beobachten konnten. Der Eindruck der vergangenen vier Spiele hat in Summe jedoch dazu geführt, dass wir uns für einen Wechsel auf der Trainerposition entschieden haben", sagte Sport-Geschäftsführer Martin Bader: "Leider hat sich die Mannschaft am Freitag in keiner Weise so präsentiert, wie wir es von Spielern im FCK-Trikot erwarten." Frontzeck hatte sein Trainer-Amt bei den "Roten Teufeln" am 1. Februar angetreten. Obwohl er den Abstieg aus der zweiten Bundesliga nicht verhindern konnte, sollte der frühere Profi den FCK wieder zurück in die 2. Liga führen. Zuletzt verlor das Team aber drei von vier Spielen. Ski alpin: Skirennfahrerin Kira Weidle ist bei der Abfahrt von Lake Louise Dritte geworden und hat den ersten Podiumsplatz ihrer Weltcup-Karriere gefeiert. Die 22 Jahre alte Starnbergerin wurde am Freitag nur von Nicole Schmidhofer aus Österreich und der Schweizerin Michelle Gisin geschlagen. Weidle war bislang erst zweimal in die Top 10 gefahren und hatte einen achten Platz vor einem Jahr am selben Hang in Kanada als größten Erfolg vorzuweisen. Als Schnellste des Trainings am Mittwoch hatte sie ihre starke Form schon angedeutet. Viktoria Rebensburg wurde nur 16., Michaela Wenig (32.), Meike Pfister (43.) und Patrizia Dorsch (47.) verpassten die Punkteränge. Langlauf: Die Norwegerin Therese Johaug hat auch das zweite Distanzrennen in der noch jungen Langlauf-Weltcup-Saison gewonnen. Am Samstag setzte sie sich im norwegischen Lillehammer über 10 Kilometer in der freien Technik in 26:22,4 Minuten vor der Schwedin Ebba Andersson durch, die 9,2 Sekunden Rückstand hatte. Dritte wurde deren Landsfrau Charlotte Kalla mit 15,7 Sekunden Rückstand. Die deutschen Starterinnen enttäuschten. Pia Fink als 26. und Sandra Ringwald als 28. kamen zwar in die Weltcup-Punkte, blieben von den angestrebten Top-15-Rängen sehr weit entfernt. Rodeln: Der dreimalige Rodel-Olympiasieger Felix Loch hat sich zum Auftakt des zweiten Weltcup-Wochenendes im kanadischen Whistler einen Podestplatz gesichert. Hinter Weltmeister Wolfgang Kindl (1:39,774 Minuten) fuhr der 29-jährige Berchtesgadener am Freitag (Ortszeit) mit 0,099 Sekunden Rückstand auf Platz zwei, Dritter wurde Kindls Landsmann Reinhard Egger (+0,127). Der Sieger von Innsbruck und Olympia-Dritte Johannes Ludwig musste sich diesmal mit Rang fünf begnügen (+0,179), Chris Eißler fuhr auf Platz sieben (+0,275), Sebastian Bley wurde Neunter (+0,383). Angeführt von Toni Eggert und Sascha Benecken haben die deutschen Rodel-Doppelsitzer einen Dreifach-Erfolg gefeiert. Nach ihrem zweiten Platz beim Weltcup-Auftakt in Innsbruck-Igls setzten sich die Olympiadritten von Pyeongchang auf der Hochgeschwindigkeitsbahn in Whistler vor Robin Geueke/David Gamm und den Olympiasiegern Tobias Wendl/Tobias Arlt durch. Die Sieger hatten nach dem zweiten Durchgang nur knappe 0,019 Sekunden auf die Zweiten und 0,029 Sekunden auf die Drittplatzierten Vorsprung. Die deutschen Teams profitierten dabei von einem Fahrfehler der Österreicher Thomas Steu/Lorenz Koller, die im zweiten Lauf ihre Führung abgaben und sich mit Platz vier zufriedengeben mussten.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-trotz-kritik-bayern-wieder-in-katar-1.4236174
Fußball - Trotz Kritik - Bayern wieder in Katar
00/12/2018
Uli Hoeneß bestätigt das erneute Trainingslager der Münchner. Skifahrer Thomas Dreßen bleibt doppelter Kreuzbandriss erspart.
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Dem amerikanischen Boxer reicht gegen Tyson Fury ein Unentschieden. Die deutschen Skirennfahrer enttäuschen im Super-G von Beaver Creek, viel besser macht es Kira Weidle bei der Abfahrt von Lake Louise. Boxen, WM: Deontay Wilder hat seinen Weltmeistertitel im Schwergewichtsboxen verteidigt. Der 33 Jahre alte Amerikaner trennte sich Samstagnacht in Los Angeles vom Briten Tyson Fury unentschieden (115:111, 110:114, 113:113) und behält damit den Gürtel des World Boxing Council (WBC). Wilder bleibt damit auch im 41. Profikampf unbesiegt. Erst zum zweiten Mal musste er über alle Runden gehen, 39 Kämpfe zuvor hatte er vorzeitig gewonnen. Ex-Weltmeister Fury bleibt in 28 Profikämpfen ebenfalls unbesiegt. Für Fury war es der Versuch, zum zweiten Mal in seiner Karriere Weltmeister zu werden. Vor drei Jahren hatte er Wladimir Klitschko besiegt und dem Ukrainer die Titel der Verbände IBF, WBO und WBA entrissen. Danach wurde er wegen Drogenmissbrauchs und Dopings für zwei Jahre gesperrt und musste die WM-Gürtel abgeben. Ski alpin: Einen Tag nach dem Saison-Aus von Thomas Dreßen haben die deutschen Skirennfahrer beim Super-G in Beaver Creek enttäuscht. Josef Ferstl war nach 48 gestarteten Fahrern am Samstag nur 27. und damit bester Deutscher. Andreas Sander verpasste die Top 30, Klaus Brandner stürzte. Ähnlich schwach waren die Herren in einem Weltcup-Super-G zuletzt vor genau drei Jahren, ebenfalls auf der WM-Strecke in den Rocky Mountains. Der Sieg auf der Raubvogelpiste ging an Max Franz. Der Österreicher war bei seinem bereits zweiten Saisonsieg 0,33 Sekunden schneller als Mauro Caviezel aus der Schweiz. Auf den geteilten dritten Platz mit jeweils 0,41 Sekunden Rückstand kamen die beiden Norweger Aksel Lund Svindal und Aleksander Aamodt Kilde sowie Dominik Paris aus dem italienischen Team. In der Abfahrt am Freitag war Dreßen schwer gestürzt und hatte sich dabei das vordere und hintere Kreuzband im rechten Knie gerissen sowie die linke Schulter ausgekugelt. Ein Comeback noch in der laufenden WM-Saison ist ausgeschlossen. 3. Liga, 1. FC Kaiserslautern: Der Klub hat seinen Trainer Michael Frontzeck am Samstag beurlaubt. Die Entscheidung bestätigten die Pfälzer einen Tag nach der 0:5-Pleite im Punktspiel bei der SpVgg Unterhaching. Ein Nachfolger für den 54 Jahre alten Ex-Nationalspieler beim früheren Meister, der im Tabellenmittelfeld mit 21 Punkten nach 17 Spielen immer weniger Chancen auf den direkten Wiederaufstieg in die zweite Liga besitzt, steht noch nicht fest. "Die jüngsten Entwicklungen haben uns dazu bewogen, neue Impulse zu setzen. Diese Entscheidung ist uns schwergefallen, zumal wir nach den Siegen gegen Uerdingen und in Aalen eine positive Entwicklung beobachten konnten. Der Eindruck der vergangenen vier Spiele hat in Summe jedoch dazu geführt, dass wir uns für einen Wechsel auf der Trainerposition entschieden haben", sagte Sport-Geschäftsführer Martin Bader: "Leider hat sich die Mannschaft am Freitag in keiner Weise so präsentiert, wie wir es von Spielern im FCK-Trikot erwarten." Frontzeck hatte sein Trainer-Amt bei den "Roten Teufeln" am 1. Februar angetreten. Obwohl er den Abstieg aus der zweiten Bundesliga nicht verhindern konnte, sollte der frühere Profi den FCK wieder zurück in die 2. Liga führen. Zuletzt verlor das Team aber drei von vier Spielen. Ski alpin: Skirennfahrerin Kira Weidle ist bei der Abfahrt von Lake Louise Dritte geworden und hat den ersten Podiumsplatz ihrer Weltcup-Karriere gefeiert. Die 22 Jahre alte Starnbergerin wurde am Freitag nur von Nicole Schmidhofer aus Österreich und der Schweizerin Michelle Gisin geschlagen. Weidle war bislang erst zweimal in die Top 10 gefahren und hatte einen achten Platz vor einem Jahr am selben Hang in Kanada als größten Erfolg vorzuweisen. Als Schnellste des Trainings am Mittwoch hatte sie ihre starke Form schon angedeutet. Viktoria Rebensburg wurde nur 16., Michaela Wenig (32.), Meike Pfister (43.) und Patrizia Dorsch (47.) verpassten die Punkteränge. Langlauf: Die Norwegerin Therese Johaug hat auch das zweite Distanzrennen in der noch jungen Langlauf-Weltcup-Saison gewonnen. Am Samstag setzte sie sich im norwegischen Lillehammer über 10 Kilometer in der freien Technik in 26:22,4 Minuten vor der Schwedin Ebba Andersson durch, die 9,2 Sekunden Rückstand hatte. Dritte wurde deren Landsfrau Charlotte Kalla mit 15,7 Sekunden Rückstand. Die deutschen Starterinnen enttäuschten. Pia Fink als 26. und Sandra Ringwald als 28. kamen zwar in die Weltcup-Punkte, blieben von den angestrebten Top-15-Rängen sehr weit entfernt. Rodeln: Der dreimalige Rodel-Olympiasieger Felix Loch hat sich zum Auftakt des zweiten Weltcup-Wochenendes im kanadischen Whistler einen Podestplatz gesichert. Hinter Weltmeister Wolfgang Kindl (1:39,774 Minuten) fuhr der 29-jährige Berchtesgadener am Freitag (Ortszeit) mit 0,099 Sekunden Rückstand auf Platz zwei, Dritter wurde Kindls Landsmann Reinhard Egger (+0,127). Der Sieger von Innsbruck und Olympia-Dritte Johannes Ludwig musste sich diesmal mit Rang fünf begnügen (+0,179), Chris Eißler fuhr auf Platz sieben (+0,275), Sebastian Bley wurde Neunter (+0,383). Angeführt von Toni Eggert und Sascha Benecken haben die deutschen Rodel-Doppelsitzer einen Dreifach-Erfolg gefeiert. Nach ihrem zweiten Platz beim Weltcup-Auftakt in Innsbruck-Igls setzten sich die Olympiadritten von Pyeongchang auf der Hochgeschwindigkeitsbahn in Whistler vor Robin Geueke/David Gamm und den Olympiasiegern Tobias Wendl/Tobias Arlt durch. Die Sieger hatten nach dem zweiten Durchgang nur knappe 0,019 Sekunden auf die Zweiten und 0,029 Sekunden auf die Drittplatzierten Vorsprung. Die deutschen Teams profitierten dabei von einem Fahrfehler der Österreicher Thomas Steu/Lorenz Koller, die im zweiten Lauf ihre Führung abgaben und sich mit Platz vier zufriedengeben mussten.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/boxen-wilder-bleibt-weltmeister-im-schwergewicht-1.4235527
Boxen - Wilder bleibt Weltmeister im Schwergewicht
00/12/2018
Dem amerikanischen Boxer reicht gegen Tyson Fury ein Unentschieden. Die deutschen Skirennfahrer enttäuschen im Super-G von Beaver Creek, viel besser macht es Kira Weidle bei der Abfahrt von Lake Louise.
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In dem Moment, als der Vierte Offizielle die Tafel mit der Leuchtziffer 22 in die Höhe reckte, wusste Serge Gnabry, dass sein Arbeitstag enden sollte. Den Doppeltorschützen des FC Bayern beim 2:1-Sieg im Bremer Weserstadion nach 80 Minuten auszuwechseln, schien nur allzu logisch. Es war die Phase, in der die Gäste aus München für jede Beruhigung dankbar zu sein schienen - und so hatte es selbst ihr eigentlich rasend schneller Angreifer nicht sonderlich eilig. Zuerst noch im Zuckeltrab, dann nur noch im Tempo eines Spaziergängers bewegte er sich vom Mittelkreis Richtung Außenlinie. Die Pfiffe der Fans des SV Werder waren ihm gewiss. Das hanseatische Publikum kümmerte es in diesem Moment wenig, dass genau derselbe Spieler vor zwei Jahren noch ihr Liebling war, der mit seiner irrsinnigen Beschleunigung zu einer grün-weißen Lebensversicherung im Abstiegskampf geworden war. Diesmal merkte sogar Werder-Trainer Florian Kohfeldt noch spitz an: "So wie Bayern München ab der 55. Minute auf Zeit gespielt hat, waren die nicht sicher, dass die hier gewinnen." Sollte aus Bremer Perspektive wohl heißen: Wenn ein Starensemble solche Mätzchen nötig hat, haben wir nicht so viel falsch gemacht. Fakt aber war: Die Bayern haben immer noch genügend individuelle Qualität in der Hinterhand, um auf einen kurzfristigen Ausfall ihrer heiligen Flügelspieler Arjen Robben, 34, und Franck Ribery, 35, angemessen reagieren zu können. Trainer Niko Kovac bestätigte hinterher, dass eigentlich Robben hätte beginnen und Gnabry anfänglich auf der Bank sitzen sollen, doch beim Warmlaufen habe der niederländische Altstar Probleme verspürt. Der Robben-Vertreter erwischte den perfekten Tag: Erst hob Gnabry die Kugel gekonnt im zweiten Versuch zum 1:0 ins Tor (20.), dann schaltete der 23-Jährige nach einer Vorarbeit von Thomas Müller beim 2:1 am schnellsten (50.). Dass seine Mitspieler deutlich ausgelassener jubelten als er selbst, begründete Gnabry am Sky-Mikrofon mit seiner Bremer Vergangenheit: "Ich bin natürlich überglücklich über die zwei Tore und dass ich der Mannschaft helfen konnte. Ich habe aber wenig gejubelt aus Respekt, ich hatte eine super Zeit hier in Bremen." "Das gibt uns nach vorne eine andere Dimension", sagt Kovac Gnabry wirkte dennoch ziemlich happy, dass ihm seine Bundesliga-Tore zwei und drei für die Bayern gelungen waren. "Die Siege sorgen für gute Stimmung. Es gibt uns Selbstbewusstsein, dass wir die Siege einfahren." Der gebürtige Stuttgarter scheint nun auch im Verein mit Verzögerung jenes Standing zu erreichen, das ihm Joachim Löw in der Nationalmannschaft schon zubilligt. In den letzten Länderspielen gegen Russland (3:0) und die Niederlande (2:2) zählte Gnabry im Sprintersturm mit Leroy Sané und Timo Werner zu den Besten, doch das in der DFB-Auswahl erlangte Selbstbewusstsein zeigte er nicht immer im Verein, weil ihn beispielsweise zuletzt beim Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf (3:3) Adduktorenprobleme ausbremsten. Und so käme er gar nicht auf die Idee, dieser Tage einen Stammplatzanspruch zu formulieren. Gnabry sagte: "Der Trainer stellt auf, ich versuche mich in jedem Training zu beweisen. Die anderen haben am Dienstag ein super Spiel gemacht." Solch eine artige Attitüde kam bei seinen Vorgesetzten gut an. Sportchef Hasan Salihamidzic lobte den Zugang, auf den sich die Bayern schon 2016 bei der Verpflichtung des SV Werder vom FC Arsenal ein Zugriffsrecht gesichert haben sollen, im Nachgang fast schon überschwänglich: "Der Junge hat einen super Charakter. Er ist hungrig. Mit ihm haben wir eine Waffe in unserem Spiel. Er hat Geschwindigkeit und weiß auch, wie man Tore macht. Er zeigt das immer mehr und mehr. Er ist für uns ganz wichtig." Klar, dass auch Kovac in diesen Zuspruch einstimmte: "Serge hat das gut gemacht. Man hat gesehen, dass das Vertrauen wieder da war. Er hat auch in der Defensive gut gearbeitet." Der bereits für seine Vorhersehbarkeit bei Aufstellung und Ausrichtung kritisierte Coach wurde in Bremen förmlich zu seinem Glück gezwungen, den beiden Hoffnungsträgern auf außen mal gemeinsam länger zu vertrauen: Denn Ribery, der zweite Oldie, humpelte nach einer überschaubaren Darbietung vor der Pause nach einem Schlag auf den Oberschenkel vom Feld und machte Platz für den genesenen Kingsley Coman. Dass dem 22-jährigen Franzosen noch nicht jedes Dribbling gelang, war nach der wochenlangen Zwangspause nach einem Syndesmosebandriss verständlich, aber einige Aktionen sahen vielversprechend aus. Kovac sagte in Bezug auf Gnabry und Coman: "Das gibt uns nach vorne eine andere Dimension." Vielleicht demnächst auch mal von Anfang an.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/gnabry-fc-bayern-bundesliga-1.4235435
FC Bayern - Gnabry hellt die Stimmung auf
00/12/2018
Der Flügelspieler schießt in Bremen zwei Tore. Nach dem Sieg bekommt der junge Angreifer fast überschwängliches Lob - Trainer Niko Kovac erkennt im Angriffsspiel gar "eine andere Dimension".
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Nein, einfach so wollte sie die Halle nicht verlassen. Dieser Moment war besonders, er musste aufgesogen werden. Also setzte sich Emily Bölk auf die Spielerbank in der Arena im französischen Brest, atmete noch einmal tief ein und schaute dann auf den Videowürfel. Ihre Mitspielerinnen hatten den Innenraum der Halle zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen. "Ich konnte es nicht glauben", sagte Bölk später. Doch es war tatsächlich geschehen, auf der Anzeigetafel stand immer noch das Endergebnis: Die deutschen Handballerinnen hatten das erste Spiel der Europameisterschaft 33:32 gegen Norwegen gewonnen. Die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) war im Duell mit dem Titelverteidiger der krasse Außenseiter, eigentlich sollte die Partie gegen die Skandinavierinnen dazu dienen, um sich auf die entscheidenden Duelle in der Gruppenphase gegen Rumänien am Montag und Tschechien am Mittwoch vorzubereiten. Es kam anders, die Deutschen wuchsen über sich hinaus und Bölk wurde zur entscheidenden Figur - 24 Sekunden vor dem Ende traf die 20-Jährige zum Endstand und machte die Sensation perfekt. Es gab anschließend viele Möglichkeiten, die eigenen Emotionen auszudrücken, aber Bölk brauchte nicht viele Worte. "Das ist mega-geil", sagte die Rückraumspielerin. Vermutlich hat die neu zusammengestellte deutsche Mannschaft selbst nicht daran geglaubt, gegen die herausragende Mannschaft des zurückliegenden Jahrzehnts eine Chance zu haben. Und vermutlich lag darin das Geheimnis für den unerwarteten Coup. "Wir haben alle viel Mut gehabt, jeder ist aufs Tor gegangen", erklärte Bölk. Wer nichts zu verlieren hat, kann wenig falsch machen. Die deutschen Damen befinden sich gerade im Neuaufbau, nur sechs der 16 Spielerinnen des EM-Kaders waren im vergangenen Jahr bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land dabei. Auch Trainer Henk Groener nahm seine Arbeit erst nach dem Turnier auf, das mit dem enttäuschenden Ausscheiden im Achtelfinale endete. Der Auftritt in Brest könnte der Beginn einer großen Karriere sein In der Heimat waren die deutschen Damen unter dem Druck zerbrochen, den die Öffentlichkeit und des eigenen Verbandes aufgebaut hatten. Das Team war mental nicht stabil genug. Die DHB-Führung hatte das Turnier zur großen Chance für die Sportart in Deutschland erklärt, Vizepräsident Bob Hanning im Vorfeld von der "letzten Chance für den Frauenhandball" gesprochen. Wenn die Leistung des EM-Auftaktmatches gegen Norwegen kein Zufall war und eine Wiederholung findet, könnte die Aussage von Hanning schon ein Jahr später von der Realität überrollt werden. Es könnte nicht zuletzt an Bölk gelegen haben. Vielleicht wird es in ein paar Jahren heißen, dass in Brest die internationale Karriere der Spielerin begann, die schon seit vielen Jahren ein Versprechen auf eine erfolgreiche Zukunft ist. Das Talent der Rechtshänderin ist unbegrenzt, Handballkenner trauen ihr zu, eine der besten Spielerinnen weltweit zu werden. Eigentlich sollte Bölk, deren Mutter Andrea 1993 Weltmeisterin wurde, schon bei der Heim-WM vor einem Jahr zum Star emporsteigen. Eine in der Vorbereitung wenige Tage vor dem Auftaktspiel erlittene Fußverletzung durchkreuzte diese Hoffnung jedoch. Dem Auftreten von Bölk fehlte es wegen eines maladen Sprunggelenks an Explosivität wie es dem deutschen Spiel insgesamt an Kreativität mangelte. Gegen Norwegen war das Gegenteil zu sehen. Im linken Rückraum überzeugte Bölk, traf fünf Mal und erhielt viel Unterstützung von den Kolleginnen um sie herum. Die Deutschen versprühten die Lust aufs Gewinnen, bei der WM vor einem Jahr hatte die Angst vor dem Verlieren dominiert. Das veränderte Denken der deutschen Mannschaft ist wichtiger als taktische Feinheiten oder Wurfhärte. Es gibt ihr die Chance, schon bei diesem Turnier weit zu kommen, obwohl die Planungen von Bundestrainer Groener eher mittelfristig angelegt sind. Der Überraschungscoup gegen Norwegen öffnet die Tür für die Hauptrunde - sichert sie aber noch nicht. Bei Niederlagen gegen den EM-Fünften Rumänien und dem WM-Viertelfinalisten Tschechien droht weiterhin der vorzeitige K.o. Die ersten drei Teams der ersten Gruppenphase kommen weiter, für den Vierten ist das Turnier beendet. Bölk und ihre Mitspielerinnen müssen ab sofort den nächsten Schritt in der Entwicklung machen, denn ein Überraschungseffekt ist in den weiteren EM-Partien nicht mehr möglich. Die Konkurrenz ist vor der deutschen Mannschaft mit ihrem Supertalent Emily Bölk gewarnt, die den Titelfavoriten Norwegen geschlagen hat.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/handball-em-der-frauen-die-lust-aufs-gewinnen-1.4235417
Handball-EM der Frauen - Die Lust aufs Gewinnen
00/12/2018
Die deutschen Handballerinnen überraschen zum EM-Auftakt und gewinnen gegen Norwegen. Den entscheidenden Treffer erzielt Emily Bölk, die beim Turnier in Frankreich durchstarten könnte.
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Als diese ungewöhnliche Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zu Ende war, gab sich der wiedergewählte Präsident Alfons Hörmann ziemlich selbstbewusst. Von einem "beeindruckenden Ergebnis" sprach er beispielsweise, von einer "hocherfolgreichen Wahl" und einem "großartigen Vertrauensbeweis". Und wenn es in dieses Hörmann'sche Gefühl hinein Fragen gab, ob er die Umstände seiner Wiederwahl nicht auch als Denkzettel oder als Anlass für eine Korrektur seine Führungsstils bewerte, dann sagte er solche Sachen wie: "Die Mitglieder haben entschieden." Ein anderes Mal sagte er auch: "Ich sage nur: 86 Prozent." Erstmals in der Historie des obersten deutschen Sportverbandes war der Amtsinhaber zu einer Kampfabstimmung herausgefordert worden. Martin Engelhardt, der Präsident der Deutschen Triathlon-Union (DTU) trat kurzfristig gegen Hörmann an - verlor aber deutlich. 450 Stimmen wurden abgegeben, sechs waren ungültig. Hörmann bekam 383 Stimmen, also 86,2 Prozent, sein Gegenkandidat 61. Diese Gegenkandidatur von DTU-Chef Engelhardt, im Hauptberuf Orthopäde in Osnabrück, war durchaus bemerkenswert. Denn normalerweise meidet der Sport die Kontroverse auf offener Bühne, erst Recht in Personalfragen - und zudem unterstrich Engelhardt von Beginn an den symbolischen Charakter seines Charakters. Es gibt Kritik an Hörmanns Führungsstil - hinter vorgehaltener Hand "Ich weiß, dass diese Kandidatur die Wiederwahl des Präsidenten nicht verhindern wird", sagte er bereits in seiner Bewerbungsrede. Aber er tat es aus zweierlei Gründen trotzdem. Zum einen, weil er Hörmann für den falschen Präsidenten hält - und nun einmal auf offener Bühne zum Ausdruck brachte, was hinter vorgehaltener Hand viele Verbandsvertreter seit Langem an Hörmann monieren. Von einem "destruktiven" und "rüden" Stil sprach Engelhardt. Zum anderen und vor allem sollte die Hauptbotschaft seiner Kandidatur sein, dass in einer Demokratie Gegenkandidaten selbstverständlich sein müssten. Kandidaturen dürften nicht von Angst geprägt sein, dass die Person oder der hinter dieser Person stehende Verband anschließend dafür bestraft würden - aber genau diese Angst gebe es im Sport. So war es dann auch auffallend, dass sich kein Verbandspräsident fand, der Engelhardt vorschlug, obwohl in den zurückliegenden Monaten viele Funktionäre in kleinen Zirkeln immer wieder über mögliche Gegenkandidaten für Hörmann nachgedacht hatten. Stattdessen tat es dann der Fechter Benedikt Wagner, ein persönliches Mitglied des DOSB. Hörmann kündigte nach seiner Wahl an, er werde einen Stil pflegen, "der von Offenheit und Transparenz geprägt ist". Dabei wird er das mit einem stark veränderten Team tun. Gleich drei wichtige Vize-Posten sind im Präsidium neu besetzt worden. Die frühere Hockey-Spielerin Heidi Schmitz, 66, ist künftig für den Leistungssport zuständig anstelle von Ole Bischof und für die Finanzen der Berliner Unternehmer Kaweh Niroomand, 65, statt Stephan Abel. Das Ressort Breitensport wiederum obliegt nun dem sachsen-anhaltinischen Landessportbund-Chef Andreas Silbersack, 51, bei dessen Wahl sich aber auch erhebliche Bedenken zeigten. Ungewöhnlicherweise gab es einen Antrag auf eine geheime Wahl und Silbersack erhielt sogar noch mehr Gegenstimmen (97) als Hörmann, obwohl er gar keinen Gegenkandidaten hatte. Horst Seehofer trat erstmals als Sportminister auf Dabei wird nun neben Hörmanns künftigem Umgang mit den Vertretern des Sports das Verhältnis zum Bundesinnenministerium als größtem Geldgeber zentral sein. Am Samstag in Düsseldorf trat erstmals Horst Seehofer als Sportminister auf. Der CSU-Politiker präsentierte sich in seiner bisherigen Amtszeit als sehr wohlgesonnen gegenüber dem organisierten Sport und gab sich auch am Samstag ganz zugetan, aber manche Bemerkung war doch auffallend. Das betraf zum einen das latent diskutierte Thema einer neuerlichen deutschen Olympia-Bewerbung. Der Konvent-Ort Düsseldorf ist Teil der Rhein-Ruhr-Region, die eine Kandidatur um die Olympischen Sommerspiele 2032 forciert, und entsprechend warben auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet und der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel in ihren Grußworten um Unterstützung für dieses Projekt. Seehofer sagte zwar, Olympia würde Deutschland gut zu Gesicht stehen, "allerdings mit einem umsichtigen, einem maßvollen Konzept". Und sonderlich euphorisch klang er bei dem Thema nicht. Stattdessen verwies er auf das Großveranstaltungs-Konzept, das sein Ministerium nun erarbeiten wolle. Die andere Bemerkung betraf das Geld. Einen Rekordtetat von 235 Millionen Euro erhält der Sport künftig aus dem BMI-Haushalt, nachdem er die sogenannte Spitzensportreform angegangen ist. "Aber mein lieber Präsident Hörmann", sagte Seehofer in Richtung seines CSU-Parteifreundes. "Wir erwarten natürlich, wenn man so viel Geld zur Verfügung gestellt bekommt, dass man es auch ausgibt und es auch gut ausgibt. Und man nicht jeden Tag lesen muss, dass es nicht einfach ist."
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/deutscher-olympischer-sportbund-wiederwahl-mit-beigeschmack-1.4235334
Wiederwahl mit Beigeschmack
00/12/2018
DOSB-Präsident Alfons Hörmann wird in seinem Amt bestätigt, bekommt allerdings Gegenwind.
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"Servus, da ist der Juno", sagte Zlatko Junuzovic, dann grüßte er die Zuschauer einer morgendlichen österreichischen Radioshow und wünschte ihnen einen guten Tag. Die Pressezone im Stadion des FC Salzburg war längst verlassen, die Ordner hatten schon mit dem Abbau begonnen, es war, wie man in Österreich zu sagen pflegt, saukalt. Nur Junuzovic, 31, genannt Juno, war so gut gelaunt und redefreudig, dass er noch Zeit und Muße hatte, Radioeinsprecher vorzusagen. Vorher hatte er sich nach dem 1:0 im Europapokal gegen RB Leipzig am vergangenen Donnerstagabend Zeit genommen, um einige grundsätzliche Dinge zu seinem Verein, dem FC Salzburg, zu sagen. Was aktuell in Salzburg passiere, sei "schon etwas Außergewöhnliches", sagte er: "Es ist nicht selbstverständlich. Auch wenn viele immer davon reden, es sei nur eine Geldgeschichte. Das ist es nicht. Hier ist etwas entstanden. Das hat man schon in der letzten Saison gesehen. Die Jungs machen einfach so weiter." Einfach so weitermachen heißt in Zahlen, dass Salzburg in dieser Saison noch kein Spiel verloren hat, dass in der österreichischen Bundesliga mit 12 Punkten Vorsprung nach 15 Spieltagen alles auf die sechste Meisterschaft in Serie hindeutet und dass auch die Gruppenphase der Europa League bislang ohne Punktverlust verlaufen ist. In der heilen Welt, in der sich der FC Salzburg, der in der heimischen Liga weiterhin mit Hauptsponsor Red Bull im Vereinsnamen aufläuft, derzeit befindet, wird guter Fußball gespielt, modernste Jugendarbeit geleistet und oft klug investiert. Zum Beispiel in Spieler wie Zlatko Junuzovic. Gehaltsrekord für den ehemaligen Nationalmannschaftskapitän? Vor der Saison wechselte der Mittelfeldspieler doch etwas überraschend von Werder Bremen in die österreichische Liga, man hätte das durchaus als Rückschritt auffassen können, Reisen führen ihn seither nicht mehr nach Dortmund, sondern nach Hartberg. Auch wenn Salzburgs Sportdirektor Christoph Freund im Sommer Spekulationen über Gehaltsrekorde als "realitätsfern" bezeichnete, darf man davon ausgehen, dass Junuzovic für solche Reisen in die steirische Provinz ausreichend entlohnt wird. Der FC Salzburg ist der einzige österreichische Verein, der sich einen ehemaligen Nationalmannschaftskapitän mit der Erfahrung von 188 Bundesligaspielen leisten kann. Junuzovic selbst spricht jedoch vor allem über seine Mitspieler, wenn er nach einem Vergleich zu seinen früheren Stationen gefragt wird: "Ich habe schon mit Individualisten gespielt, die Extraklasse waren. Aber der Geist, dieser Hunger von den Jungs ist phänomenal." Wenn Junuzovic von "den Jungs" erzählt, meint er eine Mannschaft, die im Schnitt knapp über 23 Jahre alt ist und geprägt wird von Spielern wie Xaver Schlager, 21, Amadou Haidara, 20, oder Hannes Wolf, 19. Mit 31 Jahren zählt Junuzovic zu den Ältesten, er ist in gewisser Weise die Vaterfigur in einer der vermutlich besten Vereinsmannschaften in der Geschichte des österreichischen Fußballs. "Einige dieser Mannschaft werden noch große Karriere machen. Sie sind jung, gleichzeitig aber schon so reif für ihr Alter", sagt Junuzovic. Im System von Trainer Marco Rose spielt er halblinks im Mittelfeld. Auf die Frage, ob er denn auch ein sogenannter verlängerter Arm sei, lieferte Rose einen Vergleich aus der Tierwelt: "In der Beziehung bin ich ein Krake. Ich habe viele verlängerte Arme." Junuzovic ist einer davon, nimmt allerdings auch abseits des Platzes eine wichtige Rolle ein, insbesondere bei einem der wenigen Tiefpunkte der Saison, dem Ausscheiden in der Qualifikation für die Champions League gegen Roter Stern Belgrad. Eine Episode, die Salzburg und Junuzovic vermutlich zum letzten Mal erlebt haben: Ab dieser Saison qualifiziert sich der österreichische Meister automatisch für die Gruppenphase der Königsklasse. Für Salzburg wäre es eine Premiere, für Junuzovic, dann 32, auch: Champions League hat selbst die Vaterfigur noch nicht gespielt.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/oesterreich-papa-in-der-heilen-welt-1.4235357
Papa in der heilen Welt
00/12/2018
Als Zlatko Junuzovic Werder Bremen nach Salzburg verließ, wirkte das wie ein Abbiegen auf die Karriere-Ziellinie. Doch nun spielt der 31-Jährige in der wohl besten Mannschaft der österreichischen Geschichte.
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Viele Apps schicken ohne Zustimmung Daten an das soziale Netzwerk. Frederike Kaltheuner von der Organisation Privacy International erklärt, wie Nutzer sich wehren können. Wenn in der Öffentlichkeit über Tracking diskutiert wird, also darüber, wie einzelne Menschen bei ihrem Weg durch das Internet verfolgt werden, hinkt diese Diskussion der Realität hinterher, findet Frederike Kaltheuner. Sie beschäftigt sich bei Privacy International, einer Organisation für digitale Bürgerrechte, mit der Aufrechterhaltung von Privatsphäre im Netz. Denn während die Öffentlichkeit über Web-Browser und über Cookies diskutiere, also Technologien aus den 90er und frühen 2000er Jahren, werde das Tracking durch Apps häufig übersehen. Dabei sei die Art und Weise, wie dort Daten über Nutzer gesammelt werden, "drei Schritte weiter". Auf dem Hacker-Kongress des Chaos Computer Clubs stellte Kaltheuner einen neuen Bericht von Privacy International vor. 34 Apps analysierte die Organisation daraufhin, ob Daten an Facebook geschickt werden. Zu den Apps gehören unter anderem der Musikdienst Spotify, das Spiel Candy Crush und Skyscanner, eine App, mit der sich Flüge finden lassen. Der Bericht zeigt, dass ein Großteil dieser Apps Daten an Facebook schickt, sobald die App geöffnet wird - auch dann, wenn die Person über keinen Facebook-Account verfügt. SZ.de: Frau Kaltheuner, was ist das Problem, wenn Apps für das Tracking verwendet werden? Kaltheuner: Wir verwenden unser Handy dauernd, mehrere Stunden täglich. Wenn eine Firma verfolgen kann, welche Apps wir heruntergeladen haben und wie wir diese verwenden, bekommt sie deshalb einen guten Einblick in unsere persönlichen Interessen. Das greift in die Privatsphäre hinein. Forscher der Universität Oxford haben eine Million Apps analysiert und konnten belegen, dass viele von ihnen Daten mit Drittanbietern teilen, darunter auch erstaunlich oft große Konzerne, wie Google und Facebook. Es existieren zwar Tausende Tracking-Firmen, die man alle kaum kennt, aber 90 Prozent aller Apps waren technisch so programmiert, dass Daten mit Alphabet, also Google, geteilt werden könnten. Bei knapp 43 Prozent aller Apps könnten die Daten an Facebook gehen. Wenn Google mit Abstand auf Platz 1 liegt, warum haben Sie dann Facebook analysiert? Weil wir wissen wollten, ob man sich wenigstens diesem Konzern entziehen kann.Deshalb haben wir nur analysiert, ob Daten auch dann an Facebook gesendet werden, wenn man dort kein Konto besitzt. Die Oxford-Studie hat geprüft, ob die Apps es technisch erlauben würden, Daten an Google und Facebook zu schicken. Wir wollten wissen, ob das dann auch tatsächlich passiert. Also haben wir die Datenströme analysiert; jene Daten, die verschickt werden, sobald man die App öffnet. Sie haben 34 Apps genauer untersucht. Nach welchen Kriterien haben Sie diese Apps ausgewählt? Wir haben die Apps zum Beispiel nach der Größe sortiert. Mit dieser Studie lassen sich also Aussagen treffen, die Hunderte Millionen Menschen betreffen. Außerdem haben wir Kategorien ausgesucht, die zumindest dem Namen nach sehr persönliche Interessen betreffen. Apps, in denen Gebetszeiten für Muslime angezeigt werden, in denen es um körperliche Gesundheit geht oder aber auch zwei Periodenkalender für Frauen. Werden Daten an Facebook geschickt? Ja, in fast zwei Drittel aller Fälle. Kaum wird die App geöffnet, landen Daten bei Facebook. Geschickt werden Informationen darüber, dass die App geöffnet und geschlossen wurde, um welche App es sich handelt und außerdem noch eine Google Werbe-ID. Also eine Nummer, die für Werbezwecke eindeutig einer Person zugeordnet werden kann. Das sind personenbezogene Daten. Es gibt eine Reihe von Apps, die viel detailliertere Daten teilen. Mit Skyscanner oder Kayak lassen sich Reisen buchen. Dort werden viele Interaktionen geteilt, zum Beispiel von welcher Stadt aus man fliegt und was das Ziel ist, ob man Kinder dabei hat und ob man Business Class fliegt. Diese Suchanfragen wurden geteilt. Das sind sehr spezifische Informationen. Facebook hat zwei Milliarden Nutzer. Facebook verfügt also sowieso schon über unglaublich viele Daten über unfassbar viele Menschen. Es ist bedenklich, dass der Konzern darüber hinaus auch noch über Millionen von Apps und Webseiten auch an Daten von Nutzern kommen kann, die überhaupt nicht bei Facebook angemeldet sind. Facebook sieht die Entwickler in der Pflicht. Diese müssen die Erlaubnis der Nutzer einholen, bevor Daten verschickt werden. Richtig, Apps haben die Verantwortung, die Privatsphäre ihrer Nutzer zu schützen. Das ist die Position von Facebook. Aber darf Facebook die Verantwortung einfach so abwälzen oder trägt der Konzern nicht auch eine Verantwortung? Hinzu kommt, dass sich einige Entwickler beschwert haben, dass Daten verschickt werden, noch bevor es überhaupt die Möglichkeit gibt, die Nutzer um Erlaubnis anzufragen. Da hat Facebook aber mittlerweile ein Update veröffentlicht. Das war im Juni, Wochen nach dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung. Nutzer müssen auf jeden Fall die Möglichkeit bekommen, der Datenweitergabe zuzustimmen. Wie genau verwendet Facebook Daten über Nicht-Nutzer? Wir haben analysiert welche Daten wann geteilt werden, können aber natürlich nicht wissen, wie diese verwendet werden. Facebook baut nach eigenen Angaben derzeit ein Tool, dass es auch Nicht-Nutzern erleichtern soll, von ihren Datenrechten Gebrauch zu machen. Das ist lange überfällig und wir hoffen sehr, dass Facebook wirklich einfachen Zugang zu allen personenbezogenen Daten gewährt. Welchen Nutzen haben die App-Anbieter überhaupt, wenn sie Daten an Facebook weiterleiten? Facebook bietet App-Entwicklern die Möglichkeit, Daten einfach an Facebook zu senden. Eine muslimische Gebets-App hat uns zum Beispiel erklärt, dass sie ihren Nutzern ermöglichen möchte, Gebetszeiten auf Facebook mit ihren Freunden zu teilen. Es gibt also durchaus legitime Gründe dafür, warum Apps Daten mit Dritten teilen, also auch mit Facebook. Die Frage ist nur, wie transparent Nutzern gesagt wird, welche Daten wann verschickt werden - und ob Nutzern, dort wo es angebracht wäre, eine echte Wahl geboten wird, eben auch nicht zuzustimmen. Sie haben Facebook die Ergebnisse Ihrer Studie vorgelegt. Wie hat der Konzern reagiert? Facebook betont gerne, dass diese Art des Datensammelns weit verbreitet ist und auch Firmen wie Amazon, Twitter und Microsoft Daten außerhalb ihrer Plattformen sammeln. Das stimmt. Es gibt aber kein Naturgesetz, das besagt, dass jede Website und jede App, die wir benutzen, Daten mit Drittanbietern teilen muss, sondern das ist das Resultat einer Entwicklung der letzten Jahre. Apps und Webseiten möchten Werbung schalten und verstehen, wie ihre Nutzer sich auf ihren Seiten bewegen. Aber das kann auch fair und transparent geschehen. Bis dahin: Kann man sich als Nutzer gegen so eine Datenweitergabe wehren? Es ist unheimlich schwer, sich vor der Art von Tracking zu schützen, die wir in unserem Bericht beschrieben haben. Aber es gibt Dinge, die man dennoch tun sollte. Wenn man ein Handy mit dem Android-Betriebssystem hat, kann man die Werbe-ID ändern. Das geht auch auf iOS. Dadurch bekommt man ein neues Werbe-Profil. Man kann diese ID aber nicht löschen. Man sollte außerdem personalisierte Werbung deaktivieren.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/app-tracking-facebook-1.4269556
"""Kaum wird die App geöffnet, landen Daten bei Facebook"""
00/12/2018
Viele Apps schicken ohne Zustimmung Daten an das soziale Netzwerk. Frederike Kaltheuner von der Organisation Privacy International erklärt, wie Nutzer sich wehren können.
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Fortnite Kein Spiel hat 2018 so geprägt wie "Fortnite". Ob auf Schulhöfen oder während der Fußball-WM in Russland - der quietschbunte Shooter 2018 groß im Gespräch. Dabei ist er schon im Sommer 2017 erschienen. Der Erfolg des Spiels hängt zum einen mit einem Spielmodus zusammen. In "Battle Royale" kämpfen bis zu hundert Spieler auf einer immer weiter schrumpfenden Fläche auf Leben und Tod gegeneinander. Zu ihrem Schutz können sie Treppen, Wände und Bodenplatten in wenigen Sekunden errichten. Gewinnen sie ein Duell, können sie ihre Spielfigur in Fortnite tanzen lassen. Diese virtuellen Tänze sind so ikonisch, dass Fußballstars wie Antoine Griezmann mit ihnen ihre Tore bejubeln und sich um die Urheberrechte ein Streit entfacht hat. Zum anderen haben es die Entwickler von Epic Games geschafft, dieses martialische Spielprinzip deutlich harmloser darzustellen, als es klingen mag. Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) hat das Spiel ab zwölf Jahren freigegeben und Epic Games damit den Weg in deutsche Kinderzimmer freigeräumt. Auch in 2019 dürfte das Battle Royale einer der großen Gaming-Trends bleiben. Immer mehr Spieleentwickler planen eine eigene Interpretation des Genres oder haben bereits eine auf den Markt gebracht, wie Activision mit "Call of Duty: Black Ops 4". Link-Tipps: Wie die Jubeltänze in Fortnite zum neuesten Trend der Popkultur wurden, analysiert Dorion Weickmann für die SZ. Vom 19-Dollar-Entwickler zum Milliardär: Wie Fortnite den Epic-Gründer Tim Sweeney in wenigen Monaten reich machte. "Fortnite" ist für Nintendo Switch, PC, Playstation 4 und Xbox One erhältlich.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/games-highlights-2018-red-dead-redemption-fortnite-1.4268896
Games: Das waren die besten Computerspiele 2018
00/12/2018
"Fortnite" dominierte in Kinderzimmern und sogar während der Fußball-WM, mit "Red Dead Redemption 2" kann sich der Spieler in der Prärie austoben. Unsere Gaming-Highlights des Jahres.
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Häusliche Gewalt macht vor der Digitalisierung nicht halt. Welche Auswirkungen das hat, ist bisher ungenügend untersucht. Wenn man sich die Webseite nur oberflächlich anschaut, könnte man meinen, es gehe um Eltern, die sich um ihre Kinder sorgen. Das legt zumindest der Name nahe: Kinderhüter. Der Nachwuchs soll auch im digitalen Raum behütet und geschützt werden. Dafür gibt es auf der Seite Blogbeiträge mit Tipps, wie Eltern ihre Kinder digital begleiten und auch überwachen können, etwa indem sie deren SMS mitlesen. Und dann gibt es noch die anderen Überschriften. Zum Beispiel: "Wie ich es geschafft habe, dank GPS-Software meine Frau beim Betrügen zu erwischen." Oder: "Wie Sie bereits gelöschte Nachrichten auf dem Handy Ihres Liebhabers lesen können". Eifersüchtige Menschen können still und heimlich ihre Partner ausspionieren, ohne dass diese es merken. Unter anderem um solche Webseiten und Anbieter geht es in diesem Jahr beim Hacker-Kongress des Chaos Computer Clubs (CCC). 16 000 Menschen sind gekommen, um sich über IT-Security-Dauerbrenner und neue Bedrohungen im Netz auszutauschen. Cyberstalking ist eine dieser neuen Bedrohungen. Am ersten Tag der Konferenz widmen sich gleich zwei Vorträge dem Thema. Zehntausende Menschen betroffen Ähnlich wie die "Kinderschutz"-Webseite gibt es mittlerweile dutzende Anbieter digitaler Spionagewerkzeuge für den Privatbereich. Davon betroffen sind zehntausende Menschen, wie aus Recherchen der New York Times hervorgeht. Insbesondere die Tech-Seite Motherboard hat sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und zum Beispiel herausgefunden, dass "mehr als Tausend Deutsche" bei einem Anbieter namens Flexispy Spionage-Dienstleistungen in Anspruch genommen haben. Spionage-Apps müssen nicht teuer sein: Für 150 Euro bekommen Kunden eine App, die leicht bedienbar ist und sich heimlich installieren lässt, sodass sie nur auffallen, wenn IT-Forensiker die Geräte danach durchsuchen. Mit den Apps können verlassene Ehemänner zum Beispiel herausfinden, wo sich ihre Ex-Frauen befinden. Die GPS-Ortungsdaten ihrer Geräte werden bequem an das Handy der Männer weitergereicht. Und Spionage-Apps sind nur eine Form von digitaler Gewalt: Diesen Begriff verwendet Anne Roth, Referentin für Netzpolitik bei der Linksfraktion, während ihres Vortrages beim Hackerkongress des CCC. Zu digitaler Gewalt nach Roths Definition gehören Mobbing, Diffamierungen und Beleidigungen, Erpressungen durch das Veröffentlichen intimer Fotos oder Videos, das sogenannte Doxing, bei dem Wohnadressen im Netz veröffentlicht werden, oder der Ausschluss aus Messenger-Gruppen. Über digitale Gewalt wird kaum gesprochen Dass es in Deutschland bisher keine öffentliche Debatte über die "digitale Seite der häuslichen Gewalt" gibt, liegt laut Roth auch daran, dass das Thema bislang kaum erforscht wurde: "Es gibt kaum aussagekräftige Studien, weder international noch in Deutschland". Das Problem werde dadurch nicht als solches erkannt. Die Linksfraktion fragte im Rahmen einer kleinen Anfrage nach (hier als PDF), ob in Deutschland Studien zu diesem Themenbereich geplant sind. Das ist nicht der Fall. Eine der wenigen Untersuchungen kommt vom Verein "Frauen gegen Gewalt". 60 Frauenberatungsstellen sollten unter anderem die Frage beantworten, wie häufig digitale Gewaltformen eine Rolle in der Beratungspraxis spielen. Das Ergebnis: In den letzten drei Jahren sind Anfragen zu diesem Thema angestiegen (hier als PDF). Immer häufiger wollen Frauen und Mädchen von ihren Beraterinnen wissen, wie sie sich gegen digitale Gewalt wehren können. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty befasst sich mit dem Thema: In acht Ländern wurden je 500 Frauen zwischen 18 und 55 Jahren nach ihren Erfahrungen zu (sexuellen) Belästigungen im Internet gefragt (Link). Fast ein Viertel aller Frauen war mindestens einmal betroffen. Von den Betroffenen wiederum fühlten sich 41 Prozent in ihrer Unversehrtheit bedroht. Sie hatten also Angst, körperlich angegriffen zu werden. Auch Männer können von Belästigung und Stalking betroffen sein, wie eine Untersuchung des Forschungsinstituts Pew Research zeigt, die sich mit Belästigungen und Beleidigungen auf sozialen Netzwerken beschäftigt. Die Studie weist aber auch daraufhin, dass Frauen und junge Menschen eher betroffen sind. Was fehlt? "Alles!", sagt die Expertin Doch nicht nur Studien fehlen, fasst Roth zusammen. Sondern schlicht: "Alles". Auch in der Weiterbildung der Polizei spiele das Thema bisher keine Rolle. Ein Lichtblick: Aus der Antwort der Bundesregierung lässt sich entnehmen, dass im Bachelor-Studiengang des Bundeskriminalamts auch digitale Gewalt berücksichtigt werden soll. Wie und in welcher Form, bleibt hingegen offen. Zumindest in einem Punkt lässt sich an diesem Abend Abhilfe schaffen. Normalerweise haben Betroffene keinen schnellen Kontakt zu IT-Forensikern. Das ist auf dem CCC-Hackerkongress anders - deshalb wird gleich ein erster Workshop zum Thema veranstaltet. Und so diskutieren drei Dutzend Menschen eine Stunde lang, wie betroffenen Personen geholfen werden kann. Eine Möglichkeit sind technische Lösungen: Apps wie "FlexiKiller" erkennen und entfernen etwa die Spionage-Software eines Herstellers. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Die App entfernt zwar die Schad-Software, vernichtet aber auch mögliche Beweismittel. Das erschwert es später, rechtlich gegen die Stalker vorzugehen.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/digitale-gewalt-stalking-35c3-leipzig-anne-roth-1.4268089
Die digitale Seite der der häuslichen Gewalt
00/12/2018
Immer häufiger fragen Frauen in Beratungsstellen, wie sie sich gegen digitale Gewalt wehren können. Eine öffentliche Debatte über die neuen Bedrohungen fehlt bislang.
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mlsum_de-train-220533
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Über Manhattan hängt Nebel, die Spitze des One World Trade Center verschwindet in diffusem Weiß. Dort, wo bis zum 11. September 2001 die Zwillingstürme standen, findet man heute zwei schwarze Quadrate, tief in den Boden gestanzt. Zwei bedrückende Lücken in dieser zubetonierten Stadt. Die Namen der Toten sind eingraviert in ein Eisenband, das um die Leerstellen herumführt. Davor stehen Touristen und fotografieren sich mit Smartphones, um ihre Anwesenheit am Ort des Massenmordes zu belegen. Einige machen das Victory-Zeichen. Klick, ein Wisch und das Bild steht auf Instagram, wo es auf Bestätigung lauert. Ich bin hier.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/social-media-instagram-facebook-1.4267213
"Instagram-Gründer: ""Natürlich verpasst man gar nichts"""
00/12/2018
Gregor Hochmuth war im Gründungsteam von Instagram und später bei Facebook. Heute benutzt er keine sozialen Medien mehr. Dafür gibt es gute Gründe.
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In einem Logistikzentrum räumt ein Amazon-Mitarbeiter Regale ein. Das Unternehmen ist bekannt dafür, seine Angestellten streng zu überwachen und jeden Handgriff zu kontrollieren. Ob Elon Musk sein Unternehmen Tesla tatsächlich zum Erfolg führen kann, muss er noch beweisen. Was er auf jeden Fall beherrscht: Angst zu machen vor künstlicher Intelligenz, kurz KI genannt. Die Technologie sei "die größte Gefahr für die Menschheit" und "viel gefährlicher als Atomwaffen", wiederholt er bei jeder Gelegenheit. Musk liefert knackige Zitate, Medien freuen sich über Schlagzeilen, Leser gruseln sich vor KI. Viele Forscher, die sich seit Jahrzehnten mit diesem Thema beschäftigen, nervt dieser Alarmismus. Er könne kaum eine Zeitung aufschlagen, ohne dass Musk darin vor KI warne, die einen Weltkrieg auslösen werde, schreibt der australische Professor Toby Walsh im Magazin Wired. Er glaubt nicht, dass wir uns vor dem fürchten müssen, was Leute wie er Singularität nennen: also den Zeitpunkt, an dem Maschinen beginnen, sich von selbst weiterzuentwickeln. Musk habe recht: KI-Forschung müsse reguliert werden. Aber nicht, weil sonst Roboter die Macht übernähmen, sondern weil Unternehmen und Staaten zu sehr auf die vermeintliche Intelligenz der Maschinen vertrauten. Der Terminator wird Science-Fiction bleiben, doch ohne Regeln droht eine Dystopie. Die folgenden Beispiele zeigen, dass technologischer Fortschritt auch nach hinten losgehen kann. Maschine foppt Mensch Auf einer Konferenz Anfang Mai spielte Google-Chef Sundar Pichai einen Anruf ab. Man hörte eine weibliche Stimme, die einen Tisch in einem Restaurant reserviert. Das Publikum vor Ort bejubelte das scheinbar banale Gespräch. In sozialen Medien hielten sich zwei Reaktionen die Waage: Die eine Hälfte war begeistert, die andere entsetzt. "Das ist schrecklich und so offensichtlich falsch", schrieb die Soziologin Zeynep Tufekci. Die Zuschauer hatten zum ersten Mal miterlebt, wie KI menschliches Sprechverhalten so perfekt nachahmte, dass die Mitarbeiterin des Restaurants am anderen Ende der Leitung nicht merkte, dass sie mit einer Maschine sprach. Pichai beteuerte mehrmals, dass der Anruf genau so stattgefunden habe. Inzwischen sind Zweifel aufgetaucht, möglicherweise hat Google die Aufzeichnung zusammengeschnitten oder nachträglich bearbeitet. Entscheidender ist ohnehin die Debatte, die der Anruf ausgelöst hat. Muss sich KI zu erkennen geben, wenn sie mit Menschen direkt kommuniziert? Die Frage geht weit über den Google-Assistenten hinaus, der Termine vereinbaren kann. Was passiert, wenn Enkeltrick-Betrüger Software einsetzen, die dann automatisiert massenhaft Rentner anruft? Müssen Bots in sozialen Netzwerken gekennzeichnet werden, damit Nutzer verstehen, dass sie mit einem Computer chatten? KI-Forscher wie Walsh fordern deshalb, autonome Systeme so zu gestalten, dass sie nicht mit Menschen verwechselt werden können. Algorithmen entscheiden über Meinungsfreiheit Tech-Konzerne beschäftigen Zehntausende Menschen, um den Schmutz aus dem Netz zu fischen. Die digitale Müllabfuhr klickt sich durch verstörende Bilder und Videos, sie sichtet und löscht Darstellungen extremer Gewalt. Um Facebook- und Youtube-Nutzern den Anblick zu ersparen, riskieren billige Hilfskräfte in Schwellen- und Entwicklungsländern ihre psychische Gesundheit. Nebenbei füttern sie Datenbanken und trainieren Software, die ihre Jobs überflüssig machen könnte. Ständig spricht Facebook-Chef Mark Zuckerberg von "KI-Werkzeugen", die Facebook in Zukunft sauber halten sollen. Bei einer Anhörung vor dem US-Kongress nahm er mehr als 30 Mal Bezug auf KI, die selbstständig Inhalte löschen solle, wenn diese gegen Facebooks Gemeinschaftsstandards verstoßen. Doch tilgt KI im Zweifel eben nicht nur Terrorpropaganda und Kindesmissbrauch, bei denen die Entscheidung eindeutig ist. Selbst Juristen sind uneins, wo die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Zensur verläuft. Zahlreiche Beispiele aus den vergangenen Jahren haben immer wieder gezeigt, dass es keine gute Idee ist, Algorithmen darüber entscheiden zu lassen. "Die Maschine war's", darf keine Ausrede für Facebook oder Youtube werden, wenn mal wieder etwa ein Satire-Video gesperrt wurde, weil KI nicht in der Lage ist, Ironie zu erkennen. KI erzeugt täuschend echte Fake-Videos Im April veröffentlichte das Medienportal Buzzfeed ein Video, in dem ein Mann vor gefälschten Videos warnt. Er sieht aus wie Barack Obama, spricht wie Obama, ist aber nicht Obama. Tatsächlich handelt es sich um Schauspieler Jordan Peele. Das Video ist ein sogenannter Deepfake. You won't believe what Obama says in this video 😉 pic.twitter.com/n2KloCdF2G — BuzzFeed (@BuzzFeed) April 17, 2018 Künstliche neuronale Netze, die natürlichen Vernetzungen von Nervenzellen nachempfunden sind, können Ton- und Videoaufnahmen mittlerweile so perfekt fälschen, dass sie kaum noch vom Original zu unterscheiden sind. Mit Anwendungen wie der Fakeapp können auch normale Nutzer ohne besondere technische Fertigkeiten erschreckend gute Fake-Videos erstellen. Viele mögen es lustig finden, wenn der künstliche Obama sagt: "Trump ist ein kompletter Vollidiot. So etwas würde ich natürlich nie sagen - zumindest nicht öffentlich." Weniger lustig wird es, wenn auf Twitter plötzlich ein manipuliertes Video kursiert, in dem Kim Jong-un verkündet, soeben eine Atomrakete in Richtung USA abgeschossen zu haben. Ob Trumps Berater genug Zeit haben, ihn über Deepfakes aufzuklären, bevor er den roten Knopf drückt? Stimmungsmache mit gefälschten Videos ist bereits Realität: Eine belgische Partei hat am Sonntag einen Trump-Fake in sozialen Medien verbreitet, in dem der Präsident Belgien vermeintlich dazu auffordert, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen. Experten warnen vor einer Ära der Desinformation. Aviv Ovadya, der bereits die Fake-News-Flut im US-Wahlkampf vorausgesagt hatte, sieht die Menschheit auf die "Infokalypse" zusteuern. Falschnachrichten überschwemmen das Netz, doch lange Zeit galten zumindest Videos als fälschungssicher. Jetzt muss man auch seinen Augen und Ohren misstrauen. Firmen überwachen Mitarbeiter Bei Amazon zu bestellen, ist bequem. Bei Amazon zu arbeiten, ist oft das Gegenteil. In den Logistikzentren wird jeder Handgriff gefilmt. Die Überwachung könnte künftig noch totaler werden: Anfang des Jahres bekam Amazon zwei Patente für ein Armband zugesprochen, das alle Bewegungen der Mitarbeiter minutiös verfolgt. Dank Ultraschall- und Funktechnologie soll das Armband immer wissen, wo sich die Hände des Trägers in Relation zum Inventar in den Regalen befinden. Vibrationen könnten dem Mitarbeiter signalisieren, dass er die falsche Ware verpackt. Amazon bestreitet, das Armband einsetzen zu wollen, um Angestellte zu überwachen. Es solle dazu dienen, Arbeitsabläufe der Logistikmitarbeiter zu vereinfachen - falls es überhaupt jemals zur Anwendung komme. Selbst wenn man Amazon glaubt, bleibt das Missbrauchspotenzial enorm. Millionen Menschen schuften in Schwellenländern im Akkord, um Smartphones zu bauen, die sie sich nie werden leisten können. Gewerkschaften und Arbeitnehmerrechte sind für sie Fremdworte. Ihre Arbeitgeber fänden Überwachungs-Armbänder bestimmt praktisch. Die Menschen würden dadurch noch ein Stück weiter zu Robotern degradiert. Dass Länder wie China wenig Hemmungen kennen, was Überwachung angeht, zeigt ein aktuelles Beispiel. Eine Schule in der Stadt Hangzhou im Osten Chinas testet ein Gesichtserkennungsystem: Drei Kameras beobachten die Schüler und interpretieren deren Gesichtsausdruck. Wenn die Software glaubt, ein unaufmerksames Kind erkannt zu haben, wird der Lehrer benachrichtigt. "Seit die Kameras im Klassenzimmer hängen, traue ich mich nicht mehr, mich ablenken zu lassen", sagte ein Schüler. "Es ist, als ob mich unheimliche Augen ständig beobachteten." Dieser Text wurde zuerst am 19.05.2018 veröffentlicht.
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https://www.sueddeutsche.de/digital/jahresrueckblick-kuenstliche-intelligenz-diese-technologien-koennen-angst-machen-1.3985146
Künstliche Intelligenz: Technologien, die Angst machen
00/12/2018
Unternehmen überwachen Mitarbeiter und Maschinen entscheiden über Meinungsfreiheit. Vier Beispiele zeigen, dass technischer Fortschritt auch nach hinten losgehen kann.
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Weihnachtszeit ist Geschenkezeit, und unter vielen Christbäumen lagen auch dieses Jahr neue Smartphones. Manche Menschen verkaufen ihre alten Geräte, andere verschenken oder verschrotten sie. Eins sollten Sie nicht vergessen: alle Daten darauf gründlich zu sichern und anschließend zu löschen. Denn nahezu jedes Handy enthält sensible Informationen, die nicht in die falschen Hände gelangen sollten. Backup erstellen Zuerst empfiehlt sich ein Backup, um die Daten auf dem alten Gerät nicht zu verlieren, etwa Fotos, Videos, Kontakte oder SMS. Falls Sie ein Google-Konto besitzen, nutzen Sie dafür am besten die Synchronisierung Ihres Accounts. Wenn Sie sich auf einem neuen Gerät mit ihren Nutzerdaten einloggen, können viele Daten automatisch wiederhergestellt werden. In den Einstellungen des Geräts sehen Sie unter "Konten" (bei einigen Herstellern und Android-Versionen kann die Bezeichnung geringfügig abweichen), welche Daten mit Ihrem Google-Account synchronisiert werden. Tippen Sie dazu auf Ihren Account und anschließend auf "Kontosynchronisierung". So werden viele, aber nicht alle App-Daten gesichert. Spezielle Backup-Apps sind oft umfangreicher, etwa das kostenlose Programm Helium. Es funktioniert auch ohne Google-Account. Noch mächtiger ist Titanium Backup. Dafür benötigen Sie aber sogenannte Root-Rechte. Das ist nur erfahrenen Nutzern zu empfehlen. Für manche Apps können Sie eigene Backups anlegen, etwa für den Chatverlauf von Whatsapp. Gehen Sie dazu in die Whatsapp-Einstellungen, wählen Sie "Chats" und anschließend "Chat-Backup". Auch die Nachrichten anderer verschlüsselter Messenger wie Threema oder Signal lassen sich über die jeweiligen App-Einstellungen exportieren und auf einem neuen Smartphone einspielen.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/smartphone-android-daten-1.3803235
Android: So löschen Sie Daten von alten Smartphones
00/12/2018
Wer ein altes Android-Smartphone verkauft, sollte darauf achten, alle Daten sicher zu löschen. Mit dieser Anleitung vermeiden Sie, dass Fotos und Nachrichten in die falschen Hände geraten.
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mlsum_de-train-220536
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Eine 1-Cent-Münze neben einer eSim. Künftig soll der Chip im Gerät fest verbaut sein und die herkömmlichen SIM-Karten ersetzen. Das vereinfacht für Nutzer den Kartentausch und hat auch für Handyhersteller Vorteile. Mini, Micro oder Nano? Beim Handywechsel standen Kunden in den vergangenen Jahren immer wieder vor der Frage, welche Größe die zum Gerät passende SIM-Karte hat. Wer zum Beispiel vom iPhone 4 zum iPhone 5 wechselte, benötigte für das ältere Modell die mittelkleine Micro-SIM, für das neuere die 3,2 Millimeter schmalere Nano-SIM. Meistens blieb dann nichts anderes übrig als beim Mobilfunkanbieter eine neue Karte zu bestellen und zu warten. Alternativ konnten Kunden - auf eigenes Risiko - selbst zur Schere greifen, um die Karte passend zuzuschneiden. Solche Umstände soll die neue eSIM verhindern. Was ist die eSIM? Die eSIM soll die klassischen SIM-Karten in jeglichen Formaten ersetzen. Stattdessen verbauen die Hersteller künftig den Chip, der einen Nutzer im Mobilfunknetz authentifiziert, fest im Gerät. Das "e" steht für "embedded" (deutsch: integriert) und nicht etwa für "Elektro" wie in E-Auto oder "electronic" wie in E-Mail. Die Nutzerdaten werden als Profil auf der eSIM gespeichert. Dabei kann dasselbe Profil auf mehreren der fest verbauten Chipsverwendet werden. Das ermöglicht es, auch andere smarte Geräte über denselben Handyvertrag miteinander zu vernetzen. Davon profitieren schon jetzt Smartwatches, aber auch Autos und smarte Fahrrad-Gadgets, die alle auf GPS-Daten angewiesen sind. Mittlerweile bieten in Deutschland alle drei deutschen Netzbetreiber die eSIM an. Nach der Telekom und Vodafone steht die neue Technologie auch für Kunden von Mobilfunkanbietern von Telefónica zur Verfügung, darunter O2, Blau und Ay Yildiz. Was sind die Vorteile einer integrierten SIM-Karte? Neben den Problemen mit den unterschiedlichen Formaten der SIM-Karten fällt auch der umständliche Kartentausch als solches weg. Nutzer bekommen von ihrem Mobilfunkanbieter etwa einen QR-Code, über den auf der eSIM ein Profil für sie angelegt wird. In diesem sind die Nutzerdaten für den jeweiligen Netzbetreiber gespeichert. Technisch ermöglicht der fest verbaute Chip mehrere Profile von verschiedenen Betreibern. Die Technologie vereinfacht ebenfalls die Einrichtung desselben Profils auf mehreren Geräten (genannt: Multi-SIM). Auf Auslandsreisen müssen Kunden keine SIM-Karte mehr kaufen, sondern können recht einfach ein neues Profil auf ihr Gerät spielen. Für Handyhersteller bietet die eSIM ebenfalls Vorteile: Im Inneren der Geräte ist mehr Platz für andere Bauteile, es fällt zudem mit dem Kartenschlitz ein sehr fehleranfälliges Teil weg. Welche Nachteile gibt es? Häufig werden fest verbaute Teile in Geräten kritisiert. Aber zum Beispiel im Gegensatz zu fest verbauten Akkus entgeht Nutzern bei der eSIM nichts, weil sie den Chip nicht austauschen können. Theoretisch können Kunden künftig viel einfacher ihre Mobilfunkanbieter wechseln. Allerdings schränken die Anbieter diese Möglichkeit ein. Wie das Tech-Portal Golem berichtet, lassen sie nur ein aktives Profil pro eSIM zu. Dabei wären mehrere Profile pro Chip technisch möglich. Wer ein anderes Netz nutzen möchte, muss das Profil wechseln. In den USA drängen die Netzbetreiber AT&T und Verizon sogar auf einen sogenannten Netlock. Damit sind Kunden mit ihrem Gerät an einen Anbieter gebunden. Kein nachteil, aber eine Einschränkung: Derzeit gibt es nur wenige Geräte, die den Chip bereits verbaut haben. Für welche Geräte ist eine eSIM bereits verfügbar? Auf dem deutschen Markt sind bisher nur einige Smartwatch-Modelle mit einer eSIM kompatibel. Für Handys gibt es den Chip für das Google Pixel 3 und das Pixel 3 XL sowie für die iPhone-Modelle XS, XR und XS Max. Während Nutzer der neuen iPhones parallel eine Nano-SIM-Karte und eine eSIM nutzen können (genannt: Dual-SIM), um zum Beispiel unter zwei Telefonnummern erreichbar zu sein, ist das mit den Google-Handys nicht möglich. Was ändert sich für den Nutzer? Erst einmal wenig. Eine eSIM beherrscht dieselben Funktionen einer herkömmlichen SIM-Karte, in dem Profil sind dieselben Daten gespeichert. Rufnummernmitnahme beispielsweise oder Roaming wird es weiterhin geben. Zudem liefern die Mobilfunkanbieter selbst bei den oben genannten Geräten standardmäßig eine Plastik-SIM-Karte mit. Es wird also noch dauern, bis sich der fest verbaute Chip durchsetzt.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/esim-telekom-vodafone-o2-vorteile-nachteile-1.4263482
eSIM: Vorteile und Nachteile
00/12/2018
Seit kurzem brauchen Kunden nicht mehr zwingend die herkömmliche Plastikkarte im Handy. Das sind die Vor- und Nachteile.
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mlsum_de-train-220537
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Zu den Bildern dieses Jahres gehört der unfreiwillige Washington-Besuch eines Mannes, den die Welt bis dahin nur als jungenhaften Unternehmenslenker in T-Shirt, Jeans und Turnschuhen gekannt hatte. Es wirkte beinahe putzig, wie er da saß in seinem blauen Maßanzug, umgeben von streng drein blickenden älteren Mitbürgern, die in ihrer Mehrheit zwar wenig mit Algorithmen anfangen können, aber dennoch die Macht haben, selbst einen Milliardär wie Mark Zuckerberg, 34, vor den Kongress zu laden. Die Botschaft, die sich die Senatoren von den Bildern erhofften, war klar: Hier holen sich die Politik und der Rechtsstaat jene Macht und Autorität zurück, die sie durch den kometenhaften Aufstieg von Technologiekonzernen wie Facebook, Google, Amazon und Twitter zeitweise verloren hatten. Tatsächlich? Richtig ist, dass die Tech-Riesen das mit Abstand schwierigste Jahr hinter sich haben, seit sie vor über einem Jahrzehnt auf der Bildfläche erschienen: Ausspionieren der Nutzer, Verbreitung von Hassbotschaften, Steuervermeidung, Monopolbildung, Aktienkursverluste in teils dreistelliger Milliardenhöhe - die Liste der Skandale und schlechten Nachrichten ist so lang, dass die Öffentlichkeit zeitweise kaum Schritt halten konnte. Erst diese Woche wurde bekannt, dass der gerade in Deutschland so beliebte Mitteilungsdienst Whatsapp - wie der Fotodienst Instagram ein Teil von Facebook - in großem Stil zur Verbreitung von Kinderpornografie genutzt wird. Die Streamingdienste Netflix und Spotify, aber auch Amazon oder Microsoft durften laut New York Times sogar private Nachrichten von Facebook-Nutzern lesen und hatten weitreichenden Zugriff auf Daten, weil Zuckerbergs Manager glaubten, davon profitiere auch das eigene Unternehmen. Politiker mögen die sozialen Medien - weil sie dort Stimmung machen können Kein Wunder also, dass der politische Druck wächst und immer öfter von strikter Regulierung, neuen Steuern, gar Zerschlagung die Rede ist, in den USA und - noch deutlich lauter - in Europa. Allein: Viel passieren wird wohl auch 2019 nicht. "Die Aufsichtsbehörden in den USA haben keinerlei Neigung, allzu strenge Regeln zu setzen, schließlich will niemand amerikanische Firmen außer Landes treiben", sagt Jennifer Grygiel, Dozentin für Kommunikation und Soziale Medien, an der Universität von Syracuse. Zudem hätten weltweit Politiker die sozialen Medien als ideale Plattform entdeckt, um Stimmung zu machen und Stimmen zu sammeln. Dass die US-amerikanische oder irgendeine andere Regierung das Geschäftsmodell der Konzerne tatsächlich im Kern antastet, ist und bleibt deshalb unwahrscheinlich. Wenn es überhaupt irgendwo Ernst zu nehmende Aktivitäten gibt, dann in Europa. Gegen Facebook etwa ermittelt seit fast drei Jahren das deutsche Bundeskartellamt. "Wir arbeiten mit Hochdruck an dem Fall und machen laufend Fortschritte. Anfang kommenden Jahres werden wir eine Entscheidung verkünden", sagt Andreas Mundt, der Präsident der Behörde. Bei den Untersuchungen, die in Absprache mit den Wettbewerbshütern in Brüssel laufen, wird konkret geprüft, ob Facebook seine marktbeherrschende Stellung dazu missbraucht, um an möglichst viele Nutzerdaten zu kommen und diese dann zum eigenen Vorteil zusammenzuführen. Das wiederum würde den Wettbewerb beeinflussen. Dass es dafür konkrete Hinweise gibt, hat das Kartellamt bereits bestätigt. Am Ende könnte Mundts Behörde den Konzern per Verfügung dazu zwingen, solche Praktiken abzustellen - durch eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen etwa oder durch andere Vorkehrungen. Derzeit laufen offenbar noch letzte Gespräche mit Facebook, ob die kritisierten Praktiken freiwillig geändert werden können. Da es sich um ein sogenanntes Missbrauchsverfahren handelt, kann am Ende aber kein Bußgeld verhängt werden. "Die Korrektur der wettbewerbsfeindlichen Teile von Geschäftsmodellen muss unser Ziel sein. Gerade die großen Internetunternehmen müssen dann ihr Verhalten ändern", sagt Mundt, der sich zum möglichen Ausgang des Facebook-Verfahrens nicht äußern will. Durch die Digitalwirtschaft werde "eine neue ökonomische Ordnung" begründet, für die sich auch die Behörden wappnen müssten. Daher nehme die Digitalwirtschaft einen immer größeren Raum der Arbeit ein. "Das Kartellamt plant Vieles im kommenden Jahr, besonders im Digitalbereich. Ich habe eine klare Vorstellung von unserer digitalen Agenda", so Mundt. Die Verfahren seien allerdings langwierig, da jede Entscheidung so wasserdicht sein müsse, dass sie am Ende auch vor Gericht Bestand haben kann. Nicht nur Facebook, auch andere große Internetunternehmen haben die Kartellbehörden in Europa inzwischen ins Visier genommen. Die EU-Kommission ist gleich mehrfach gegen Google vorgegangen, unter anderem wegen des Android-Betriebssystems für Mobilfunkgeräte. Bußgelder in Milliardenhöhe wurden verhängt. In Deutschland hat das Bundeskartellamt Verfahren gegen Hotelbuchungsportale wie HRS oder Booking geführt und ihnen sogenannte Best-Preis-Regeln untersagt. Danach mussten Hoteliers ihre günstigesten Preise etwa immer bei Booking anbieten - das behindert laut Kartellamt den Wettbewerb. Auch Amazon, der größte Onlinehändler der Welt, wird sowohl in Brüssel als auch in Bonn genau darauf hin überprüft, ob eine mögliche marktbeherrschende Stellung missbraucht wird. Und die EU verfügt zudem - anders als die USA - mit der Datenschutz-Grundverordnung inzwischen auch über ein einigermaßen wirksames Instrument zum Schutz der Privatsphäre. So richtig in ihren Grundfesten erschüttern aber konnten die Behörden vor allem die Großkonzerne bisher nicht. Milliardenstrafen zahlen die Unternehmen aus der Portokasse, und so einig sich Politiker, Parteien und Regierungen in ihrer Kritik an Facebook, Google oder Amazon auch sein mögen, so unterschiedlich sind ihre Motive und Ziele. Das zeigt schon die inneramerikanische Debatte. So klagen etwa die Demokraten, dass die Präsidentschaftswahl von 2016 mit Hilfe der sozialen Medien aus dem Ausland beeinflusst wurde. Zugleich haben sie aber große Beißhemmungen gegenüber den Tech-Konzernen, weil deren Manager und Beschäftigte ihnen mehrheitlich politisch nahe stehen. Genau das wiederum werfen die Republikaner den Firmen vor - obwohl keine US-Partei so von den sozialen Medien profitiert wie die des Donald Trump: Denn auch wenn die Chefs von Facebook, Google und Twitter in gesellschaftspolitischen Fragen wie Zuwanderung oder Homoehe liberal sein mögen, hält sie das nicht davon ab, in großem Stil rechte und rechtsextreme Inhalte über ihre Plattformen zu verbreiten, wenn ihnen das Geld bringt. Tatsache ist: Kein anderer aktiver US-Politiker kommt wie Präsident Trump auf 56 Millionen Follower - und verbreitet zugleich so viele Halbwahrheiten und Verschwörungstheorien wie der Twitterer-in-Chief. Angesichts der vielen Skandale und der Lernunfähigkeit der Konzerne wäre eine globale Debatte über strikte gemeinsame Regeln, ja, im Einzelfall vielleicht gar über Zerschlagung, dringend geboten. Vor allem Facebook sei zwar "nicht zu groß, um zu scheitern", so Timothy Wu, Rechtsprofessor an der New Yorker Columbia-Universität, mit Blick auf die Bankendebatte des vergangenen Jahrzehnts. "Sie sind aber zu groß, um sie weiter zu tolerieren." Ähnlich sieht das Jeff Chester, Chef des Zentrums für digitale Demokratie, einer US-Datenschutzorganisation. Statt sich zu reformieren, hielten die Unternehmen die Politik nur hin und weiteten die Datensammelei sogar noch aus, klagt er. Die Probleme sind mittlerweile so groß, dass nach Ansicht von Kommunikationsexpertin Grygiel selbst die Zerschlagung eines Konzerns nicht reichen würde. "Wir müssen das gesamte Internet wieder dezentralisieren", sagt sie. "Die Unternehmen haben das Netz privatisiert - zum Schaden der Meinungs-, Ideen- und Redefreiheit." Um welche Dimension es geht, machte jüngst Bob Goodlatte deutlich, der Vorsitzende des Justizausschusses im US-Repräsentantenhaus, wo Google-Chef Sundar Pichai Rede und Antwort stehen musste: "Google", so Goodlatte, "ist in der Lage, so viele Daten über seine Nutzer zu sammeln, dass selbst die NSA vor Scham rot würde."
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-google-macht-wettbewerb-europa-1.4262647
"Google und Facebook: ""Die NSA würde rot vor Scham"""
00/12/2018
US-Konzerne wie Facebook und Google sammeln Daten über die Menschen und werden dabei immer mächtiger. Wie kann sich etwas ändern?
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mlsum_de-train-220538
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Der Chipkonzern Qualcomm hat in seinem Patentstreit mit Apple ein Verkaufsverbot für mehrere iPhone-Modelle in Deutschland erstritten. Das Landgericht München stellte am Donnerstag fest, dass Apple ein Qualcomm-Patent verletzt habe. Qualcomm kann das Urteil vorläufg vollstrecken, allerdings muss das Unternehmen dazu eine Sicherheitsleistung von 668,4 Millionen Euro hinterlegen. Diese Summe wurde für jedes der zwei Verfahren festgesetzt, in denen es jeweils um eine andere Patentnummer geht. Betroffen sind die Modellreihen iPhone 7 und 8 sowie das iPhone X aus dem vergangenen Jahr. Die aktuellen Modelle iPhone XS und XR sind nicht betroffen. Apple soll auch Schadenersatz an Qualcomm zahlen. Qualcomm ist vor allem bekannt als Anbieter von Prozessoren und Funkchips, beansprucht aber auch die Erfindung vieler anderer Technologien in Smartphones für sich. Das Unternehmen erzielte nun in München seinen ersten größeren Erfolg in dem weltweit ausgetragenen Streit mit Apple. Der iPhone-Konzern hatte bis zuletzt erklärt, sich nicht auf einen Vergleich einlassen zu wollen. Apple erklärte, man sei von dem Urteil "enttäuscht", und kündigte an, Berufung einzulegen. Während des Berufungsverfahrens werden nach Angaben eines Apple-Sprechers die iPhones 7 und 8 nicht in den 15 Apple Stores in Deutschland verfügbar sein. Alle Modelle seien aber weiterhin an 4300 anderen Standorten in Deutschland erhältlich. Zahlt Qualcomm die Sicherheit, kann das Vekraufsverbot schon greifen, bevor in der Berufung ein Urteil fällt. Qualcomm hatte vor der Entscheidung erklärt, ein eventuelles Verkaufsverbot schnell umzusetzen. Zwar war zu dem Zeitpunkt noch nicht die erhebliche Sicherheitsleistung bekannt. In Branchenkreisen wurde aber davon ausgegangen, dass der Konzern die erforderliche Summe zügig aufbringen werde, um das Verkaufsverbot auszulösen. Darum geht es bei dem Streit zwischen Qualcomm und Apple Bei dem Patent geht es um Technologie, die den Stromverbrauch von Telekommunikations-Chips anpasst, damit der Akku länger hält. Aus Sicht von Qualcomm ist es nicht möglich, dieses Patent durch eine Software-Änderung zu umgehen. Das entsprechende Bauteil für die in Deutschland verkauften iPhones stellt die US-Firma Qorvo her. Diese verweist darauf, dass sie für das sogenannte envelope tracking eine eigene Lösung verwende, die Qualcomms Patent nicht verletze. "Die Kammer hat nicht aufgeklärt, wie genau die technische Ausgestaltung dieses Chips ist", sagte der Vorsitzende Richter Matthias Zigann. "Wenn die Verteidigung nur dadurch geschehen kann, dass man ein Geheimnis offenbart", müsse man es entweder offenlegen - und dann sei es kein Geheimnis mehr. "Oder man offenbart das Geheimnis nicht und verliert dann möglicherweise den Prozess, wie auch heute geschehen." Das Gericht entschied also anhand von Qualcomms Darstellung der eingesetzten Technik in den Apple-Geräten. Mehr als ein Dutzend Verfahren in Deutschland Qualcomm klagt gegen Apple in Deutschland in mehr als einem Dutzend Verfahren in München und Mannheim. Bisher wurde ein Verfahren ausgesetzt, in einem wurde die Qualcomm-Klage abgewiesen. Der Streit begann, als Apple Qualcomm verklagte, weil der Chipkonzern angeblich zu hohe Gebühren für die Nutzung seiner Patente verlange. Apple argumentiert, Qualcomm wolle keinen Festpreis, sondern einen Anteil am Verkaufspreis der Geräte haben. So versuche er, auf ungerechtfertigte Weise von Apples eigenen Innovationen zu profitieren. Qualcomm bekommt seitdem kein Geld mehr von den iPhone-Auftragsfertigern. Im Gegenzug wirft das Unternehmen Apple die Verletzung diverser Patente vor. Weltweiter Streit zweier Unternehmen In China erreichte Qualcomm auf Basis von zwei Software-Patenten vor einigen Wochen ein Verkaufsverbot für mehrere Modelle vom iPhone 6 bis zum iPhone X aus dem vergangenen Jahr. Apple setzte den Verkauf jedoch fort und verweist darauf, dass das Patent durch ein Software-Update nicht verletzt werde. Die Unternehmen streiten unter anderem auch in den USA. Apple und mehrere iPhone-Auftragsfertiger werfen Qualcomm vor, durch zwielichtige Wettbewerbspraktiken überhöhte Lizenzgebühren kassiert zu haben. Die Hersteller, unter anderem der iPhone-Zulieferer Foxconn, wollen in den USA neun Milliarden Dollar von Qualcomm einklagen, der Prozess soll Mitte April beginnen, sagte Kläger-Anwalt Theodore Boutrous diese Woche. Bei dem Betrag handele es sich hauptsächlich um die Lizenzgebühren in Höhe von fünf Prozent vom Gerätepreis für mehrere Jahre. Die Hersteller müssten doppelt bezahlen, einmal für die Chips und dann für die Technologie darin, sagte Boutrous. Es sei eine "Steuer auf Innovationen". Der Chipkonzern versuche, mit "trivialen Klagen auf der Peripherie" davon abzulenken, dass sein Geschäftsmodell unter Druck stehe, um so Apple und die Fertiger zu einem Vergleich zu zwingen. In den USA soll im Januar auch ein Prozess zu einer Klage der US-Handelsbehörde FTC gegen die Qualcomm-Praktiken beginnen. Qualcomm hat zudem mit finanziellen Einbußen zu kämpfen, weil große iPhone-Fertiger bereits 2017 die Lizenzzahlungen einstellten.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/apple-qualcomm-iphone-verbot-verkaufsverbot-urteil-1.4261684
Apple: Gericht erlässt Verkaufsverbot für iPhone 7 8 X
00/12/2018
Der Chiphersteller Qualcomm hat Apple verklagt. Damit das Verbot greift, muss er mehr als eine halbe Milliarde Euro hinterlegen. Apple nimmt schon einmal zwei Modelle aus den Apple Stores.
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Ulrich Bartholmös saß auf dem Rennrad, als sein Arbeitgeber vernichtet werden sollte. Es war halb sechs Uhr morgens, sein Smartphone klingelte, er ging nicht ran. Dann klingelte das Telefon ein zweites Mal. Er sah, dass der Anruf von der Firma kam, hob ab und erfuhr von einem Totalausfall. Bartholmös ist IT-Sicherheitschef einer Digitalagentur, sie verwaltet Kunden-Webseiten und Datenbanken. Die Webseiten waren offline, mindestens eine Marketing-Datenbank komplett gelöscht. Ein Kunde der Firma ist Titelsponsor bei der Tour de France, die wenige Tage später beginnen sollte. Er habe gelernt, sich von Kunden anschreien zu lassen, sagt Bartholmös, als er die Geschichte im Juli 2017 erzählt, bei einem Treffen, wo Staatsanwälte mit dem Schwerpunkt Cyberkriminalität für ihre Arbeit werben. Die Staatsanwälte sagen: Hacker machen Fehler, Hacker können erwischt werden. Wichtig sei, dass eine Anzeige gestellt wird. Bartholmös stellte eine Anzeige. Der Prozess ist gewonnen, zu feiern gibt es nichts Anderthalb Jahre später sitzt Bartholmös im Amtsgericht in Böblingen, gerade hat der Richter ein Urteil gefällt, den Täter schuldig gesprochen. Bartholmös bittet darum, noch ein paar Momente in Ruhe gelassen zu werden. Er schaut in Richtung des Verurteilten, eines 26 Jahre alten Mannes. Bartholmös fixiert ihn mit seinem Blick, der Mann redet abwechselnd mit Polizisten und seinem Anwalt, lässt sich Handschellen anlegen und wird abgeführt. Bartholmös verlässt den Saal, der Prozess ist gewonnen, doch zu feiern gibt es wenig: 2,8 Millionen Euro Schaden, ein Mensch hinter Gittern und eine Firma, die gerade noch einmal davongekommen ist. Sie hat eine der gefährlichsten Arten von Hackerangriffen überstanden, mit der es Unternehmen weltweit zu tun haben: einen Angriff durch Innentäter. Der verurteilte junge Mann ist ein Ex-Mitarbeiter von Bartholmös. Ist von Cyberangriffen die Rede, vermutet die Öffentlichkeit dahinter in aller Regel wildfremde Menschen oder Hacker im Staatsauftrag. Dabei geht von Innentätern eine größere Gefahr aus, da ihre Angriffe "größere Aussicht auf Erfolg" haben, wie es das für IT-Sicherheit zuständige Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) formuliert. Denn der Angreifer habe "bereits Zugang zu internen Ressourcen einer Organisation und (könne) so Schutzmaßnahmen und Schwachstellen über einen langen Zeitraum analysieren". Auch der Ex-Mitarbeiter von Bartholmös hatte Zugang zu internen Ressourcen. Während des Prozesses schweigt der Mann. Ein IT-Forensiker, der den Angriff technisch analysiert hat, geht aber davon aus, dass er für die Attacke einen Account benutzte, der vor Jahren angelegt, aber nie verwendet wurde. Er modifizierte ihn so, dass er sich über einen VPN-Zugang einloggen, also sich bequem von zu Hause aus in das Firmennetz einwählen konnte. Dann schlummerte das Konto ungenutzt ein halbes Jahr vor sich hin. In dieser Zeit wurde dem Mitarbeiter gekündigt, es gab einen Aufhebungsvertrag und eine Abfindung. Um 2:37 Uhr in der Nacht vom 25. auf den 26. Juni startete er den Angriff in zwei Wellen. "Wir befanden uns vollkommen im Blindflug" Zu Beginn des Angriffs - IT-Sicherheitschef Bartholmös sitzt noch auf seinem Rennrad - werden alle Daten auf den Servern überschrieben, die Konfigurations-Dateien werden gelöscht. Schnelles Reagieren ist ausgeschlossen, da die Zugänge der Administratoren entfernt wurden. "Wir befanden uns vollkommen im Blindflug", wird Bartholmös später im Zeugenstand sagen. 60 Kunden werden informiert, zu diesem Zeitpunkt ist noch unklar, wie systematisch der Hacker vorgegangen ist. Eine externe Firma wird hinzugezogen, sie analysiert die IT-Systeme. Die Spuren, die der Hacker hinterließ, zeigten, dass sich die Person sehr gut im System auskannte. "Der Täter bewegte sich virtuos im System", fasst es die Staatsanwaltschaft zusammen. Normalerweise schauen sich Hacker zunächst in Netzwerken um. Sie analysieren, wie das Netzwerk aufgebaut ist, welche Berechtigungen sie haben und wo wichtige Daten liegen könnten - sie sind schließlich zum ersten Mal im Unternehmensnetz. Nicht so in diesem Fall. Der Täter kannte das System genau und wusste, wo er hin musste. Der erste Angriff richtete großen Schaden an, doch Bartholmös hatte Back-ups der Daten auf alten Bandlaufwerken, die Prozesse können wiederhergestellt werden. Doch dann beginnt ein paar Tage später die zweite Attacke: Der Mailverkehr wird ausgeschaltet, die Web-Auftritte werden auf eine Porno-Seite umgeleitet. Technisch ist dieser Angriff nicht besonders ausgefeilt, aber er verunsichert die Mitarbeiter und erweckt zumindest kurzzeitig das Gefühl, erneut die Kontrolle zu verlieren. Ein reiner Indizienprozess Der Tatverdacht fiel schnell auf den Angeklagten, da die Angriffe von Accounts gestartet wurden, die er angelegt hatte. Doch glasklare Beweise fehlen. Der Prozess, der gegen den Angeklagten geführt wird, basiert auf Indizien. Zwar weiß man in diesem Fall, dass es sich um einen Innentäter gehandelt haben muss, um einen Administrator, aber davon gibt es mehrere. Ein paar von ihnen können ausgeschlossen werden, aber eben nicht alle. Wie also hat man den Angreifer überführt? Bei dem Angeklagten habe es sich nicht um einen "High-Class-Hacker" gehandelt, führt der Staatsanwalt in seinem Plädoyer aus. Ihm unterliefen also Fehler. Als die Polizei seine Wohnung durchsucht, findet sie einen Rechner, auf dem sie eine Verzeichnisstruktur rekonstruieren können. Es sind Ordner mit Namen wie "Mitarbeitergespräche" und "Verträge". Jemand hatte von diesem Rechner aus auf Daten zugegriffen, die auf den Firmenservern lagen. Für die Staatsanwaltschaft ist dies "der große Fehler", der dem Angeklagten unterläuft. Er griff außerdem ausschließlich auf Dateien zu, die während seiner Zeit in der Firma schon vorhanden waren. Neuere Dateien, die ihm also unbekannt waren, ignorierte er. Den Richter haben die Staatsanwälte mit ihren Argumenten überzeugt. Er verurteilt den 26-Jährigen zu drei Jahren und drei Monaten: Computersabotage in besonders schwerem Fall. Der Angeklagte wird Berufung einlegen.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/it-sicherheit-innentaeter-hacker-1.4260798
Innentäter: Wenn der Admin die Firma zerstören will
00/12/2018
Serverdaten gelöscht, Webseiten offline, keine schnelle Reaktion möglich. Ein Fall aus Baden-Württemberg zeigt, wie schnell ein mittelständisches Unternehmen an den Rand seiner Existenz gebracht werden kann.
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mlsum_de-train-220540
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"Aller Amfang ost schwer, erdt recht mir dem Yiga Book." Der erste Versuch, mit zehn Fingern und ohne Rechtschreibprüfung zu tippen, endet mit fünf Fehlern. Später wird es besser, aber dieser Testbericht, zu großen Teilen auf der Tastatur des Lenovo Yoga Book C930 geschrieben, nimmt trotzdem mehr Zeit in Anspruch als mit einem anderen Gerät. Dafür gibt es zwei Gründe: Die Tastatur bleibt auch nach mehreren Stunden gewöhnungsbedürftig. Vor allem aber ist das Yoga Book ein Gerät, das sich am besten mit einem Wort beschreiben lässt, das Tech-Unternehmen allzu gern verwenden: einzigartig. Lenovo wollte die eierlegende Wollmilchsau erschaffen - das Gadget, das alles kann und für jede Situation gerüstet ist. Das Yoga Book soll Laptop, Tablet, Zeichenblock und E-Reader in einem sein. Der erste Eindruck Die erste Begegnung mit dem Yoga Book nimmt vieles weitere vorweg: ein Wow-Effekt, gefolgt von Ernüchterung. Optisch und haptisch macht das Gerät einiges her. Es ist nicht viel dicker als ein Smartphone und wiegt mit knapp 800 Gramm kaum mehr als ein dicker Notizblock. Das Yoga Book wird seinem Namen gerecht: ein ultraflexibles Convertible, ein Gerät also, das sich aufklappen (Laptop), umklappen (Tablet) und als eine Art Zelt aufstellen lässt, zum Beispiel um Videos anzuschauen. Doch schon beim Öffnen beginnen die Probleme. Der Spalt zwischen Tastatur und Display ist zu schmal, um es wie einen gewöhnlichen Laptop aufzuklappen. Eigentlich soll das Gerät von selbst aufspringen, wenn man "anklopft", indem man zweimal mit den Fingerknöcheln auf den Deckel pocht. Eine nette Idee, doch der Mechanismus hat seine Tücken. Wer mehrfach und mit zunehmender Verzweiflung auf seinem teuren High-Tech-Spielzeug herumhämmert und von den Mitreisenden im Zug mitleidige Blicke erntet, wünscht sich einen stinknormalen Klappdeckel zurück. Zum Glück bietet Lenovo Nutzern ohne langen Fingernägeln eine Alternative: Langes Drücken der seitlichen Lautstärketaste löst denselben Effekt aus. Das erregt zwar nur halb so viel Aufsehen, funktioniert aber zuverlässiger. Die ... Tastatur? Einmal geöffnet, wird das Yoga Book erst recht eigenwillig. Es besitzt zwei Displays, aber keine Tastatur. Wo bei normalen Laptops die Tasten sind, hat Lenovo einen E-Ink-Bildschirm platziert, der sonst bei Lesegeräten wie Kindle, Kobo und Tolino zum Einsatz kommt. Bei Bedarf wird darauf ein Tastatur-Layout eingeblendet. Jedes Tippen quittiert das Gerät mit kurzem Aufleuchten und einem Vibrationseffekt, die das Gefühl simulieren sollen, ein mechanisches Keyboard mit echtem Tastenhub zu bedienen. Detailansicht öffnen Lenovos Yoga Book mit und ohne ausgeklappte Tastatur. (Foto: Lenovo) Eine Stichprobe mit fünf Personen ergibt: Vor allem für Zehnfingerschreiber ist die Umstellung groß, da sie die Fingerspitzen nicht ablegen können, ohne ungewollte Tastendrücke auszulösen. Wer mit dem Vier-Finger-Suchsystem tippt, kommt besser zurecht. Alle Testpersonen waren sich einig: Für E-Mails und kurze Texte reicht die Tastatur aus. Einen Roman will darauf niemand schreiben. Natürlich haben die digitalen Tasten auch Vorteile. Zum einen lässt sich beliebig zwischen verschiedenen Spracheinstellungen wechseln. Wer sowohl deutsches als auch US-Layout benötigt, wird das zu schätzen wissen. Zum anderen dient der zweite Bildschirm eben nicht nur als Tastatur, sondern auch als Anzeige für Dokumente und E-Books. Die E-Ink-Technologie schont Augen und Akku, derzeit gibt es aber noch eine große Einschränkung: Bislang stellt das Display ausschließlich PDF-Dokumente dar. Anfang 2019 soll das Yoga Book lernen, mit den verbreiteten E-Book-Formaten Mobi und Epub umzugehen. Bis Lenovo das versprochene Software-Update freigibt, ist das Gerät kein Kindle-Konkurrent. Das Display Abgesehen von der E-Ink-Tastatur, ist das Yoga Book ein schickes, flaches Convertible. Das Haupt-Display misst 10,8 Zoll, auf denen es 2560 x 1600 Pixel darstellt. Es spiegelt und ist nicht außergewöhnlich hell, eignet sich aber für den Einsatz im Freien, solange die Sonne nicht direkt auf dem Bildschirm scheint. Der Touchscreen lässt sich nicht nur mit den Fingern bedienen, sondern auch mit dem Bluetooth-Stift, den Lenovo bei den beiden teureren Modellen mitliefert. Der Stift funktioniert auch auf dem sekundären Display, wobei Schreiben und Zeichnen dort ähnlich gewöhnungsbedürftig sind wie Tippen, weil die E-Ink-Technologie alle Eingaben leicht verzögert. Die Leistung Wer Bilder und Videos bearbeiten will, wird mit dem Yoga Book nicht glücklich. Die meisten modernen Spiele starten erst gar nicht. Fotografen und Gamer nutzen allerdings ohnehin andere Geräte. Für die meisten Alltagsaufgaben reichen der energiesparende Intel-Prozessor und die vier Gigabyte Arbeitsspeicher aus. Viele geöffnete Browsertabs und hochauflösende Videos bringen das Yoga Book aber an seine Leistungsgrenze. Lenovo verzichtet auf einen Lüfter, dementsprechend arbeitet das Gerät nahezu lautlos. Trotzdem wird es selten bedenklich warm und benötigt keine Abkühlpausen. Der Akku hält bei normaler Nutzung etwa einen Arbeitstag durch. Maximale Displayhelligkeit, hohe Prozessorauslastung und ständig aktive Wlan- und Bluetooth-Verbindungen reduzieren die Laufzeit auf drei bis fünf Stunden. Die Anschlüsse Wer schmal sein will, muss Verzicht üben: Das Yoga Book spart an den Ein- und Ausgängen. Für mehr als zwei USB-C-Anschlüsse war kein Platz mehr. Wer Beamer, Festplatten oder normale USB-Sticks anschließen will, benötigt Adapter. Immerhin hat Lenovo noch einen Steckplatz für Micro-SD-Karten untergebracht, mit denen sich der interne Speicher erweitern lässt. Das teuerste Modell nimmt außerdem eine Nano-Sim-Karte auf, mit der das Yoga Book mobile Daten empfangen kann. Der Preis und das Fazit Schon die Einstiegsversion mit Intel-m3-Prozessor und 128-GB-SSD kostet mehr als 1100 Euro. Für die Varianten mit Intel-i5-Prozessor und doppelter Festplattenkapazität verlangt Lenovo 1400 Euro (ohne LTE) bzw. 1600 Euro (mit LTE). Für die meisten Nutzer ist das zu viel Geld für ein Gerät, das nicht mehr ist als die Summe seiner Teile: ein hübscher Laptop mit mieser Tastatur, ein brauchbares Tablet, ein (noch) unbrauchbarer E-Reader. Selbst wenn Lenovo in ein paar Wochen die Unterstützung für weitere E-Book-Formate ausliefert, muss man sich beim Yoga Book auf viele Kompromisse einlassen. Wer ein Convertible und einen E-Reader separat kauft, zahlt weniger und erhält zwei spezialisierte Geräte, auf denen es sich besser tippen und angenehmer lesen lässt. Für Menschen, die viel unterwegs sind, Platz und Gewicht sparen müssen, viel mit Dokumenten arbeiten müssen oder diese gern handschriftlich mit Notizen versehen, bietet das Yoga Book echten Mehrwert. Manche Tech-Firmen wollen Probleme lösen, die es nicht gibt. Das Yoga Book ist mehr als eine verkopfte Idee, die an den Bedürfnissen der Nutzer vorbeikonstruiert worden ist. Wenn Lenovo die Tastatur weiterentwickelt und den Preis senkt, könnte der Nachfolger für breitere Zielgruppen interessant werden.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/lenovo-yoga-book-c930-test-1.4260797
Lenovo Yoga Book C930 im Test: Faszinierend und teuer
00/12/2018
Laptop? Tablet? E-Reader? Das Yoga Book will alles auf einmal sein. Das Ergebnis fasziniert, aber die Tastatur nervt, und der Preis schreckt ab.
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mlsum_de-train-220541
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Es fällt erst einmal nichts in dieser Apotheke auf. Die üblichen Regale, die üblichen Medikamente. Aspirin, Voltaren, Hustenbonbons. Vorne dann drei blaue Kassen und eine Frau im weißen Kittel. Die Apothekerin scannt gerade ein Rezept für eine Creme mit dem Namen Advantan ein. Wirkstoff Methylprednisolonaceponat. Die blaue Kasse sollte dieses Rezept vergessen, sie sollte sich nicht mehr an den Namen des Kunden erinnern und auch nicht an sein Geburtsdatum. Doch die Kasse wird sich erinnern. Wer mit einem Rezept in diese Apotheke kommt, dessen Daten bleiben gespeichert. Die Inhaberin vermutet, dass viele Apotheken im Land das gleiche Problem haben, auch wenn sie vielleicht noch nichts davon wissen. Die Apothekerin nutzt ein Programm der Firma ADG, einem der größten Hersteller für Apotheken-Software in Deutschland. Ihre Vermutung legt den Verdacht nahe, dass Daten von Millionen Menschen unzulässig gespeichert werden - und die Apotheker wenig dagegen tun können. Es sind Vorwürfe, denen nun auch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht nachgeht. Die Apothekerin mit den blauen Kassen kann nach einem halben Jahr noch immer nachsehen, welcher Kunde wann eine bestimmte Creme gekauft hat. Sie muss auf ihrem Computer nur den Namen eines Medikaments eingegeben und schon listet der Rechner alle Verkäufe der vergangenen Monate auf, mit Vorname, Nachname, Anschrift, Geburtsdatum und Krankenkasse. In einer Zeile steht dann zum Beispiel "Text: Hans Meier". Das Wort "Text" ist der Hinweis darauf, dass Hans Meier kein Kundenkonto hat, sondern sich die Kasse den Namen vom Rezept gespeichert hat - und Hans Meier davon vermutlich keine Ahnung hat. Der Softwarehersteller weist alle Schuld von sich Die Software von ADG soll Apothekerinnen wie Kristine Fritsch das Leben eigentlich einfacher machen. Doch als sie sich im Frühjahr dieses Jahres um die Einhaltung der neuen Datenschutzgrundverordnung kümmern wollte und ihre Kundenkonten durchging, fiel ihr auf, dass mit der Software etwas nicht stimmen könne - und sie viel mehr speichert als erlaubt ist. In ihrer Datei fand Fritsch, die eigentlich anders heißt, etwa 8650 Kunden. Ungefähr das Vierfache ihrer Stammkunden. Fritsch fragte sich, wem all die anderen Konten gehören. "Ich habe mich mit meinem Mitarbeiter kurz ins System reingehängt. Es war erschreckend einfach." Hinter dem Verkaufstresen sitzt gerade ein Professor aus Bamberg. Dominik Herrmann forscht und lehrt zu Datenschutz und Informationssicherheit. Heute will er herausfinden, ob Kristine Fritsch ihre Software überhaupt korrekt betreiben könnte. Nach kurzem Suchen im unverschlüsselten Apothekennetzwerk findet er ein Passwort für das Innerste der Software. Und dort: Kundendaten über Kundendaten, die eigentlich gelöscht sein sollten. Der Softwarehersteller ADG weist alle Schuld von sich: "Selbstverständlich können nicht (mehr) benötigte Daten auch von der Apotheke gelöscht werden, wobei jedoch ein abgestuftes Löschkonzept zum Tragen kommt", teilt das Unternehmen auf Nachfrage mit. Es bestünden "zahlreiche gesetzliche Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten für Apotheken", etwa aus dem Steuerrecht, der Arzneimittelsicherheit oder dem Betäubungsmittelgesetzt. Nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen würden die personenbezogenen Daten jedoch "irreversibel durch anonyme Daten überschrieben". Zwei Wege, um Kunden zu "löschen" - beide sind heikel Auf Bitten der Süddeutschen Zeitung untersuchte Dominik Herrmann dasselbe System in einer weiteren Apotheke. Auch dort stieß er auf mehrere, ähnlich fragwürdige Vorgänge. Es gebe zwei Wege, um Kunden zu "löschen". In Variante eins verschwinden die Kunden aus der Anzeige. Allerdings kann man sie mit einem Klick wieder zurückholen. In der zweiten, vermeintlich DSGVO-konformen Variante lassen sich die Kunden nicht reaktivieren. In der Datenbank bleiben sie aber trotzdem gespeichert. Als Kristine Fritsch die Apotheke von einer Vorgängerin übernimmt, fragt die bei ihren Kunden nach, ob sie Stammkunden bleiben wollen. Nur ein kleiner Teil stimmt zu. Die Firma ADG wird daraufhin beauftragt, die Datenbank entsprechend zu bereinigen. "ADG hätte die Aufgabe gehabt, die Datenbank ordentlich neu aufzusetzen", sagt Herrmann. "Das wäre aber ein erheblicher Programmieraufwand gewesen, um dem man sich gedrückt hat". Etwa 7000 versteckte Kunden ihrer Vorgängerin bekommt Frau Fritsch übermittelt, entgegen rechtlicher Bestimmungen. Die Software von ADG speichert viel mehr als sie sollte, sie erfasst zum Beispiel auch Daten von Kunden, die nur einmal vorbeikommen. Wird das Rezept beim Besuch der Apotheke eingescannt, passiert das mit einer Kamera, die den Text automatisch verarbeitet. Apothekern müssen die Adresse dann nicht mehr mit der Hand eintippen, doch die Informationen bleiben gespeichert. Möglicher Konflikt mit der DSGVO Die Kamera erfasst unter anderem die Pharmazentralnummer, die jedem Medikament zugeordnet ist, Vorname, Nachname, Anschrift, Geburtsdatum und Krankenkasse. Grundsätzlich müssen Apotheker solche Daten von Kassenpatienten erfassen, um die Medikamente abrechnen zu können. Die Apotheker scannen die Rechnungen separat ein und schicken sie an das Apotheken-Rechenzentrum. Dazu müssen die Informationen aber nicht in einer Datenbank gespeichert bleiben und solange die Kunden nicht zustimmen, dürfen sie das auch nicht. Die ADG-Software speichert die Daten offenbar trotzdem ab. Bernhard Witt, Experte für Datenschutz und Informationssicherheit, sieht hier einen Konflikt mit dem Prinzip der Datenminimierung der DSGVO, wonach so wenig wie nötig gespeichert werden soll. Vor allem, wenn Privatpatienten ihre Rezepte nur vorlegen und dann selbst bezahlen. Kristine Fritsch beschwerte sich wiederholt bei ADG und wandte sich an das Bayerische Landesamt für Datenschutz. Das Landesamt für Datenschutz beteuert, dass das Thema "sehr hoch aufgehängt" sei. Das Amt könne einen datenschutzkonformen Zustand der Software erzwingen, im Zweifel auch Bußgelder verhängen. Noch prüfe man die Darstellungen aller Beteiligten. Anfang 2019 gebe es Antworten. Ein Dreivierteljahr nach Einführung der DSGVO.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/datenschutz-verdacht-auf-unzulaessig-gespeicherte-kundendaten-in-apotheken-1.4261029
Apotheken: Verdacht auf unzulässig gespeicherte Daten
00/12/2018
Eine Apothekerin schöpfte Verdacht: Eine weit verbreitete Software speichert offenbar ungefragt und unerlaubt Kundendaten. Den Vorwürfen geht nun die bayerische Datenschutzaufsicht nach.
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mlsum_de-train-220542
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Was weiß Amazon dank seiner "smarten" Sprachsoftware Alexa alles über seine Nutzer und wie geht der Konzern mit den vielen aufgezeichneten Sprachdateien um? Wie das Computermagazin c't in seiner neuesten Ausgabe aufdeckt, hat der US-Konzern Tondateien aus Bad und Schlafzimmer eines Nutzers aufgezeichnet und an eine fremde Person geschickt. Das sei ein Versehen, sagt Amazon. Die c't schreibt, ein Nutzer habe nach der neuen EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eine Selbstauskunft bei Amazon angefordert. Zwei Monate nach der Anfrage Anfang August habe er diese auch erhalten und zwar in Form eines Download-Links zu einer 100 MB großen Zip-Datei. In dem Datensatz befanden sich allerdings nicht nur seine getrackten Suchverläufe, sondern auch rund 1700 WAV-Dateien, also Sprach-Aufnahmen, und ein PDF mit Abschriften, was von diesen Sprachdateien Alexa offenbar verstanden hatte. Allerdings hatte der Nutzer nach eigenen Angaben überhaupt kein Alexa-fähiges Gerät zu Hause. Befehle an Dusch-Thermostat und Wecker aufgezeichnet Auf eine Nachricht an Amazon, dass er da offenbar Sprachnachrichten eines fremden Nutzers bekommen habe, bekam der Nutzer keine Antwort. Der Downloadlink zur Selbstauskunft funktionierte allerdings kurze Zeit später nicht mehr. Daraufhin wandte sich der Nutzer, der die Daten gespeichert hatte, an die Redakteure der c't. Diesen gelang es, den Alexa-Nutzer ausfindig zu machen, dessen Sprachnachrichten Amazon dem Unbefugten geschickt hatte. Die Software hatte zum Beispiel Befehle an Dusch-Thermostat und Wecker sowie Fahrplanabfragen aufgezeichnet und mit diesen auch Orte, Vornamen und in einem Fall einen Nachnamen. Die Redaktion kontaktierte daraufhin den Betroffenen. "Er schluckte hörbar, als wir ihm berichteten, welche seiner höchst privaten Daten Amazon.de an einen Fremden weitergereicht hatte", schreibt das Magazin. Die c't konfrontierte Amazon mit dem Fall, allerdings ohne zu erwähnen, dass die Betroffenen identifiziert und kontaktiert worden seien. Das Magazin wollte wissen, ob Amazon die Panne den Betroffenen und den Datenschutzbehörden gemeldet habe, wie es Pflicht wäre. Auf die Fragen ging Amazon nicht ein, das Unternehmen berief sich auf einen "menschlichen Fehler" und beteuerte, das Problem mit beiden Kunden geklärt zu haben. Man sei dabei, die entsprechenden Prozesse zu verbessern. Beide Betroffenen bekamen drei Tage nach der c't-Anfrage einen Anruf von Amazon-Mitarbeitern: Zu der Panne sei es gekommen, weil beide ungefähr zur selben Zeit eine DSGVO-Abfrage gestellt hätten. Amazon speichert Daten, um seine KI zu trainieren Tatsächlich erklärt Amazon in seinem Datenschutz-FAQ, dass die Sprachaufzeichnungen nicht zeitnah gelöscht, gepeichert werden, um Amazons künstliche Intelligenz kontinuierlich zu verbessern. Der Kunde könne die Aufzeichnungen jedoch überprüfen und einzeln oder auf einmal löschen. Allerdings ist die Frage, wer diese Option unter amazon.de/alexaprivacy kennt und nutzt. Zudem bleibt die Frage offen, ob diese Datenpanne tatsächlich einmalig war und ob die Datenschutzbehörden nun Sanktionen gegen Amazon ergreifen. Denn Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, Datenpannen innerhalb von 72 Stunden einer Aufsichtsbehörde zu melden. Bei einer Verletzung dieser Vorgaben können die Datenschutzbehörden ein Bußgeld verhängen. Nach den Regeln der DSGVO kann es bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes des Unternehmens betragen. Bei einem Jahresumsatz von 177,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2017 wäre das wohl eine Milliardensumme.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/amazon-alexa-datenskandal-dsgvo-1.4261117
Amazon verschickte intime Sprachdateien an Wildfremden
00/12/2018
Wer Alexa nutzt, muss damit rechnen, dass seine Daten gespeichert werden. In mindestens einem Fall gab der Konzern Sprachaufzeichnungen weiter.
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mlsum_de-train-220543
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Der Generalstaatsanwalt von Washington, D.C. verklagt Facebook wegen des fahrlässigen Umgangs mit Nutzerdaten. Er wirft dem Tech-Konzern in der Klageschrift (PDF) vor, die Daten der Facebooknutzer unzureichend vor Missbrauch geschützt zu haben. Das Unternehmen habe Mitglieder der Plattform über die Verwendung ihrer Daten getäuscht und Datenlecks nicht rechtzeitig oder gar nicht offengelegt. Verschärft werde das Problem dadurch, dass die Facebook-Nutzungsbedigungen missverständlich und verwirrend seien. Anlass für die Klage sind offenbar die Enthüllungen im Zuge des Cambridge-Analytica-Skandals. Im März 2018 hatte ein ehemaliger Mitarbeiter von Cambridge Analytica enthüllt, dass die britische Politik-Marketing-Agentur Daten von mehr als 70 Millionen Facebooknutzern verwendete, um detaillierte Persönlichkeitsprofile zu erstellen und Nutzer mit zielgerichteter politischer Werbung auf Facebook zu beeinflussen. Die Nutzerdaten stammten von einer Psycho-Test-App und wurden ohne Wissen der Nutzer an Cambridge Analytica weiterverkauft. In welchem Ausmaß das passierte, zeigt die Klageschrift: Demnach luden zwar nur 852 Nutzer in Washington die Psycho-Test-App herunter. Die App griff allerdings auch auf die Daten der Freunde dieser Nutzer zu. Bei Cambridge Analytica sollen dadurch die Daten von mehr als 340 000 Bewohnern gelandet sein. Zuckerberg gelobte Besserung - die blieb bislang aus Die Enthüllungen im Frühjahr 2018 hatten weltweit Empörung ausgelöst. Facebook-Chef Mark Zuckerberg und andere Top-Manager mussten in Folge des Skandals unter anderem dem US-Kongress und dem Europäischen Parlament Rede und Antwort stehen - und versprachen, in Zukunft besser auf die Daten der Nutzer aufzupasssen. Entgegen dieser Absichtserklärungen wurden in den vergangenen Wochen erneut Fälle bekannt, die zeigen, dass Datenschutz innerhalb des Unternehmens immer noch nicht höchste Priorität genießt. So veröffentlichte die New York Times erst diese Woche einen Bericht, wonach Facebook großen Tech-Konzernen wie Spotify, Netflix und Amazon weitreichende Zugriffsrechte auf Nutzerdaten einräumte - und zwar unabhängig von den Privatsphäreeinstellungen der Nutzer. Auch auf diese Praxis nimmt der Washingtoner Generalstaatsanwalt in seiner Klage Bezug. Lokale Justiz gegen globales Facebook Die Klage in Washington ist insofern ungewöhnlich, dass hier der Generalstaatsanwalt - also quasi der Justizminister - des Hauptstadtdistrikts Facebook wegen Verstößen gegen ein lokales Verbraucherschutzgesetz verklagt. Dabei wäre ein bundesweites Vorgehen gegen Facebook vermutlich sinnvoller. Dass die lokale Justiz jetzt Fakten schaffen will, könnte damit zusammenhängen, dass bislang völlig unklar ist, inwieweit Bundesbehörden gegen Facebook vorgehen werden. Die ebenfalls zuständige Aufsichtsbehörde FTC hat zwar bestätigt, das Verhalten Facebooks zu untersuchen, sich aber seit März nicht in die Karten schauen lassen. Unklar ist noch, wie teuer das Verfahren in Washington für Facebook werden könnte. In der Klageschrift fordert die Generalstaatsanwalt zwar Schadenersatz für betroffene Nutzer und wirtschaftliche Schäden, nannte allerdings keine konkrete Summe. Die Gesetze, auf die sich die Klageschrift bezieht, erlauben Strafen von bis zu 10 000 Dollar pro Verstoß. Eine mögliche Strafe wäre also auch davon abhängig, in wie vielen Fällen solche Verstöße in einem Verfahren festgestellt würden. In der Klageschrift ist die Rede von 340 000 Betroffenen in Washington, D.C. Bei einem möglichen Verfahren zum Cambridge-Analytica-Skandal auf Bundesebene, wo unter anderem die staatliche Verbraucherschutzbehörde FTC zuständig wäre, gehen Experten von Milliardenstrafen aus.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-klage-washington-cambridge-analytica-datenschutz-1.4260815
Washington verklagt Facebook wegen Cambridge Analytica
00/12/2018
Die US-Bundesbehörde für Verbraucherschutz prüft seit Monaten, ob Facebook die Daten seiner Nutzer missbraucht hat. Jetzt schafft ein Generalstaatsanwalt Fakten - und verklagt das Unternehmen auf lokaler Ebene.
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Erneut wegen seines Umgangs mit den Daten seiner Nutzer in der Kritik: das soziale Netzwerk Facebook. Facebook hat anderen großen Tech-Unternehmen weitreichenden Zugriff auf Nutzerdaten ermöglicht - in einigen Fällen ohne Wissen der Nutzer. Wie umfassend die Zugriffsrechte von Microsoft und Amazon über Yahoo bis Netflix waren, geht aus einer Recherche der New York Times hervor. Die Reporter werteten 270 Seiten interner Dokumente aus und sprachen mit 60 Personen, darunter ehemalige Angestellte von Facebook. Es geht um maßgeschneiderte Deals von Facebook mit 150 Unternehmen - unter denen sich auch das Digitalangebot der New York Times selbst befindet. Sie konnten Daten der Nutzer abgreifen, selbst wenn diese überhaupt keinen direkten Kontakt mit den Unternehmen gehabt hatten. Dieser mindestens sorglose Umgang mit Nutzerdaten verstößt möglicherweise gegen eine Vereinbarung Facebooks mit einer US-Aufsichtsbehörde. Fahrlässig oder mit Vorsatz? In jedem Fall aber ist die Enthüllung peinlich für Facebook. Im Zuge des Falls Cambridge Analytica, in dem externe App-Entwickler unkontrolliert Daten des sozialen Netzwerks abgreifen konnten, hatten Konzernchef Mark Zuckerberg und Geschäftsführerin Sheryl Sandberg immer wieder beteuert, den Datenzugriff für andere Firmen seit 2014 deutlich eingeschränkt zu haben. Dem Bericht der Times zufolge ging die Praxis für ausgewählte Unternehmen danach aber noch Jahre weiter. Demnach beinhalteten die Abmachungen unter anderem: Nachrichten, die Nutzer einander auf Facebook schrieben, waren jahrelang noch weniger privat als gedacht. Drittfirmen wie Spotify, Netflix und die Bank of Canada hatten nicht nur Lese- sondern auch Schreibrechte für private Nachrichten. Das bedeutet: Die Unternehmen waren nicht nur in der Lage, Facebook-Nutzer auszuspionieren, sie hätten die Nachrichten auch verändern können. Es ist völlig unklar, warum diese Fähigkeit nötig gewesen sein soll, um eine Verbindung zu Facebook in ihre Dienste zu integrieren, sodass Nutzer zum Beispiel Lieder von Spotify leicht auf Facebook teilen konnten. Nutzer sollten so Facebook-Nachrichten direkt aus der Spotify-Desktop-App verschicken können. Die Unternehmen erklärten allerdings, gar nicht gewusst zu haben, dass sie so weitreichende Eingriffsrechte gehabt hätten. Es ist auch kein Fall bekannt, in dem sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machten. Ein Sprecher von Netflix schrieb in einer Stellungnahme, das Empfehlungs-Feature für den Facebook-Messenger sei 2015 abgeschaltet worden, und weiter: "Zu keinem Zeitpunkt haben wir auf private Nachrichten von Personen auf Facebook zugegriffen oder um die Möglichkeit dazu gebeten." Die Dokumente verraten der Times zufolge auch etwas über die mysteriöse Facebook-Funktion "Personen, die du kennen könntest". Sie verunsichert Mitglieder des Netzwerkes seit Jahren, weil sie Verbindungen mit Menschen herstellt, die nichts mit dem Facebook-Freundeskreis der Betroffenen zu tun haben. Nutzer und Journalisten mutmaßen, dass sie in Teilen auf Verbindungen außerhalb Facebooks basiert - die manche Mitglieder aber aus privaten oder beruflichen Gründen nicht mit ihrem Facebook-Leben vermischen wollen. Dem Bericht zufolge nutzte Facebook Kontaktlisten von Amazon, Huawei und Yahoo, um Nutzern mögliche neue "Freunde" vorzuschlagen. zufolge auch etwas über die mysteriöse Facebook-Funktion "Personen, die du kennen könntest". Sie verunsichert Mitglieder des Netzwerkes seit Jahren, weil sie Verbindungen mit Menschen herstellt, die nichts mit dem Facebook-Freundeskreis der Betroffenen zu tun haben. Nutzer und Journalisten mutmaßen, dass sie in Teilen auf Verbindungen außerhalb Facebooks basiert - die manche Mitglieder aber aus privaten oder beruflichen Gründen nicht mit ihrem Facebook-Leben vermischen wollen. Dem Bericht zufolge nutzte Facebook Kontaktlisten von Amazon, Huawei und Yahoo, um Nutzern mögliche neue "Freunde" vorzuschlagen. Amazon konnte dem Bericht zufolge Namen und Kontaktinformationen von Nutzern herausfinden, ohne mit diesen direkt Kontakt gehabt zu haben. Das Unternehmen griff sie über die Freundeslisten von deren Facebook-Kontakten ab - ohne dass die Betroffenen dies mitbekamen. Yahoo konnte wohl noch diesen Sommer Beiträge von Nutzern sehen, die gar keinen Kontakt mit dem Unternehmen hatten, auch Microsofts Suchmaschine Bing konnte bis 2017 auf Daten nichtsahnender "Freunde" von Nutzern zugreifen - obwohl Facebook erklärt hatte, diese Möglichkeit 2014 abgeschafft zu haben. Facebook gab zu, einige Schnittstellen nicht geschlossen zu haben, auch nachdem die heiklen Features offiziell abgeschafft worden waren. Das Unternehmen hatte die vollständige Absicherung seiner Nutzerdaten demnach also jahrelang verschleppt. Hat Facebook gegen eine Vereinbarung mit der Aufsichtsbehörde FTC verstoßen? Die neuen Informationen über Zugriffmöglichkeiten Dritter könnten Konsequenzen für Facebook haben. Mehrere Fachleute äußerten, das Unternehmen könnte gegen eine Abmachung mit der Handelskommission FTC verstoßen haben, die in den USA über den fairen Wettbewerb wacht. Die Vereinbarung sieht vor, dass Nutzer informiert werden müssen, wer wie auf ihre Daten zugreift. Diese Abkommen mit dem Staat, die auch Google und Twitter geschlossen haben, gehören zu den wenigen Datenschutz-Regeln, die es in den USA überhaupt gibt. Das Land verfügt nicht über ein umfassendes rechtliches Datenschutz-System wie die Europäische Union und Deutschland. Facebooks Rechtfertigung klingt abenteuerlich: Die Drittunternehmen habe man als Erweiterungen von Facebook selbst angesehen, zitiert die New York Times Steve Satterfield, im Konzern für den Datenschutz der Nutzer zuständig. Deshalb habe man Facebook-Nutzer auch nicht gesondert um Erlaubnis fragen müssen, was diese anderen Unternehmen mit ihren Daten machen dürfen. Die Unternehmen seien vertraglich verpflichtet, die Informationen nicht zu missbrauchen. (Facebooks schriftliche Stellungnahme lesen Sie hier.) Alex Stamos, der ehemaliger Sicherheitschef von Facebook, wies auf Twitter darauf hin, dass der Zugang, den Facebook Drittanbietern zu seinem Ökosystem gewährt, im Sinne des Wettbewerbs sei. Würde Facebook anderen Unternehmen den Zugang verweigern, würde es noch mehr Marktmacht gewinnen. Er kritisierte die New York Times dafür, diesen Vorgang zu "skandalisieren". Zugleich warf Stamos seinem ehemaligen Arbeitgeber aber vor, die Namen und Zugriffsrechte der Drittanbieter nicht von sich aus transparent zu machen.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-datenskandal-nutzerdaten-microsoft-netflix-spotfiy-1.4259570
Facebook teilte Daten mit Spotify, Netflix und Co.
00/12/2018
Netflix und Spotify konnten private Chats mitlesen und löschen, Amazon Infos über ahnungslose "Freunde" auslesen: Die "New York Times" hat herausgefunden, was in Facebooks Deals mit Fremdfirmen über den Zugriff auf Nutzerdaten stand.
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Die Unionsfraktion im Bundestag denkt über eine Kennzeichnungspflicht für automatisierte Nachrichten in sozialen Netzwerken nach, die von sogenannten Social Bots stammen. "Man sollte das ernsthaft prüfen", sagte Fraktionschef Ralph Brinkhaus auf eine entsprechende Frage in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Er mache sich Sorgen um die Demokratie, es sei höchste Zeit aufzuwachen. Brinkhaus' Vorschlag wird auch von Vertretern der SPD goutiert, die Grünen hatten die gleiche Idee schon vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr. Dabei ist noch nicht einmal klar, was einen Bot zum Bot macht. Wie lässt sich ein Bot eindeutig identifizieren? Social-Bots sind seit der US-Wahl 2016 ein großes Thema, wenn nicht sogar ein Hype. Verschiedene Studien und Zeitungsartikel stellten damals die These auf, dass die automatisierten Twitter-Helfer mitverantwortlich waren für die für viele unerwartete Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Seitdem wird auch in Deutschland immer wieder vor möglicher Beeinflussung von Wahlen durch Bots gewarnt. Einen Nachweis hierfür gibt es bislang allerdings nicht. Das liegt auch daran, dass keine Einigkeit darüber herrscht, wann ein Twitter-Account eigentlich als Bot zu verstehen ist. Manche Wissenschaftler stufen einen Account als Bot ein, wenn er 50 oder mehr Tweets am Tag absetzt. Um sehr große Mengen an Tweets wissenschaftlich zu untersuchen, ist das möglicherweise ein guter erster Schritt. Doch um festzulegen, ob ein einzelner Account ein Bot ist, ist dieses Kriterium offensichtlich Unsinn: Jeder kann sich noch heute einen Twitter-Account anlegen und 150 Tweets verfassen. Dadurch wird man aber nicht zur Maschine. Ein anderer Weg, Social Bots zu klassifizieren, ist der Einsatz von Machine-Learning. Dabei klopft eine künstliche Intelligenz automatisch Tweets auf bestimmte Merkmale ab, die bereits bei sicher als Bots identifizierten Accounts festgestellt wurden. Die Anzahl der Tweets pro Tag kann dabei ebenso eine Rolle spielen wie das Alter eines Accounts, die verwendete Sprache, die Anzahl der verwendeten Hashtags oder die Uhrzeit, zu der für gewöhnlich gepostet wird. Unglückliche Debatte über eingebildete Probleme Die dritte mögliche Variante ist die händische Suche nach den oben genannten Auffälligkeiten, gepaart mit journalistischer Recherche - zum Beispiel durch Anfragen bei den Account-Betreibern. Der Schweizer Social-Media-Experte Luca Hammer etwa empfiehlt eine Kombination aus den Varianten zwei und drei um Bots aufzuspüren. Doch selbst dann könne man sich nie sicher sein, ob man es mit einem Bot zu tun hat. Aussagen wie die der Berliner Firma "Botswatch", die herausgefunden haben will, dass rund um die Verabschiedung des umstrittenen UN-Migrationspakts im Bundestag mehr als 25 Prozent der Tweets von Bots stammten, sind deshalb mit großer Vorsicht zu genießen. Oder wie es der Nürnberger Informatik-Professor Florian Gallwitz im Gespräch mit der NZZ zusammenfasste: Weil wissenschaftlich nicht geklärt sei, was ein Bot überhaupt ist, sei "jede quantitative Aussage über Bots unseriös". Auch im Fall der Berliner Firma Botswatch stellt sich die Frage, welche Methodik sie anwendet und wie die Firma Bots definiert. Tabea Wilke, Geschäftsführerin von Botswatch, will darauf aber nicht eingehen. Wie Botswatch zu seinen Ergebnissen komme, sei ein Geschäftsgeheimnis, sagte sie der NZZ. Das mag für ein Unternehmen, das exklusive Expertisen verkaufen will, eine nachvollziehbare Einstellung sein, entkräftet die Kritik von vielen Fachleuten aber nicht. Die aktuelle Debatte über Social Bots ist zumindest unglücklich. Zwar bezweifelt kaum jemand, dass es Versuche der politischen Beeinflussung über soziale Netzwerke gibt. Erst gestern wurde ein Bericht öffentlich, der den US-Senat über Details der russischen Desinformationskampagne zu den Wahlen 2016 informierte. Die meisten Fachleute sind allerdings der Auffassung, dass diese Einflussnahme eher selten von Bots ausging, sondern vielmehr von echten Menschen an Computern versucht wurde, zum Beispiel an Computern in der Sankt Petersburger Trollfabrik IRA (Internet Research Agency). Achtung: SZ-Bot! Wenn Politiker jetzt entgegen der Ratschläge vieler Experten eine Kennzeichnungspflicht für Bots einführen, dann könnte das auch Folgen für diese Zeitung haben: Denn auch der SZ-Twitter-Account hat Bot-Tendenzen: Immer wenn ein Text auf SZ.de veröffentlicht wird, geht eine Twitter-Nachricht mit kurzem Beschreibungstext online. Dieser Kurztext kann vom Autor des Textes oder einem SZ-Redakteur zwar geändert werden, wenn das aus irgendwelchen Gründen aber nicht passiert, dann besteht der Tweet aus der Dachzeile und der Überschrift des Artikels - ganz automatisch. Echte Übeltäter aus Trollfabriken fremder Mächte würden sich von einer strafbewehrten Kennzeichnungspflicht sicher nicht abschrecken lassen, unter teilautomatisierten Medien-Accounts dagegen wäre künftig zu lesen: "Achtung: Social Bot."
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/social-bots-brinkhaus-twitter-kennzeichnungspflicht-1.4258344
Social-Media-Debatte - Wann ist ein Bot ein Bot?
00/12/2018
Der Unionsfraktionschef im Bundestag will Social Bots in sozialen Netzwerken kennzeichnen. Dabei sind sich die meisten Experten einig, dass hier ein Problem bekämpft werden soll, das es nicht gibt.
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Die Imagekrise der sozialen Medien fußt auf dem Datenhunger der Plattformen. Dieses Problem ließe sich recht einfach lösen: zum Beispiel durch ein Facebook-Abo. Das Jahr 2018 war nicht gut für Facebook und Twitter. Beide Unternehmen werden regelmäßig kritisiert, weil sie zu wenig gegen Hassrede und Gewaltaufrufe tun. Im Frühjahr wurde bekannt, wie das Unternehmen Cambridge Analytica mithilfe von Facebook-Nutzerprofilen den US-Präsidentschaftswahlkampf beeinflusste. Im Dezember veröffentlichte ein britischer Abgeordneter E-Mails aus Facebooks Chefetage, die zeigen, wie skrupellos das angeblich soziale Netzwerk Geschäfte macht. Dazu kommen immer wieder Datenlecks. Und vergangene Woche klagte eine Mutter Facebook und Twitter in einem offenen Brief an: Sie warf den Unternehmen vor, zwar ihre Schwangerschaft digital erkannt zu haben, aber nicht die Totgeburt ihres Kindes. Ihre Nutzerkonten wurden auch in der Trauerzeit weiter mit Werbung rund um Baby und Mutterschaft bespielt. Gerade der letzte Fall zeigt, dass die sozialen Medien an einem gefährlichen Punkt sind. Zwar steigen Nutzerzahlen und Umsätze noch. Doch je größer die Kritik, desto größer wird irgendwann der Ekel bei Nutzern, die sich in der Folge abwenden. Das ist unternehmerisch gefährlich. Als Reaktion schrauben die Konzerne zwar an ihren Algorithmen oder geben sich mehr Mühe mit der Überwachung. Das aber, was sie so anfällig für Werbefehler und Missbrauch macht, ändern sie nicht: ihr Geschäftsmodell. Da liegt der eigentliche Fehler. Und den sollten die Verantwortlichen schleunigst korrigieren. Facebook macht den gleichen Fehler wie die Medienunternehmen zuvor Viele Industrien finanzieren sich, indem Kunden für das Erzeugnis und seine Erzeugung zahlen. Unternehmen wie Facebook dagegen bepreisen nicht ihr Produkt, sondern die Daten derjenigen, die kostenfrei ein Nutzerprofil pflegen. Kunden sind so nicht die Nutzer, sondern all jene Firmen, die für personalisierte Werbung zahlen. Und der Kunde ist König. Interessanterweise machen die sozialen Medien den gleichen Fehler wie einst die analogen. Die Printmedien setzten lange auf ein Mischmodell aus Verkaufserlösen und bis zu zwei Dritteln Anzeigenverkäufen und vertrauten darauf, dass die fetten Jahre anhalten würden. Eine Konjunkturkrise und der neue Werbekanal Internet ließen die Anzeigenerlöse weltweit so stark sinken, dass manche Zeitung aufgeben musste. Viel zu lange dauerte es dann, bis sich die Medienunternehmen trauten, auch ihre digitalen Inhalte zu monetarisieren. Dass viele sich wirtschaftlich von diesem Fehler noch nicht erholt haben, sollte den sozialen Medien zu denken geben. Der Erfinder des Internets, Tim Berners-Lee, gratulierte in diesem Jahr seinem "Kind" mit einem offenen Brief zum 29. Geburtstag. Darin nannte er zwei Mythen, die die kollektive Vorstellung vom Internet beschränken: dass Werbung das einzig mögliche Geschäftsmodell für Online-Unternehmen sei. Und dass es zu spät sei, die Arbeitsweise von Plattformen zu ändern. In beiden Punkten müsse man kreativer werden. Recht hat er. Die digitalen Netzwerke könnten im Kern gute Produkte sein Was spräche dagegen, eine monatliche Gebühr für Netzwerke und Kurznachrichtendienste zu nehmen? Anders ausgedrückt: Warum machen Facebook, Twitter und all die anderen nicht endlich die Nutzer zu Kunden? Mit einem Abopreis für den Dienst, den man in Anspruch nimmt, so wie man ja auch für den Internetzugang zahlt, den man dafür braucht. Im Gegenzug müssten die Firmen darauf verzichten, die digitalen Seelen ihrer Nutzer für den Anzeigenverkauf auszuwerten. Das ist im Sinne von Berners-Lee nicht mal ein kreativer Gedanke, denn der Videostreamingdienst Netflix etwa arbeitet längst mit solch einem Modell. Auch diverse Apps bieten Basisdienste und werbefreie Premiumservices gegen Aufpreis. Die Abscheu gegenüber der personalisierten Werbung und vor allem ihren moralischen Missgriffen überlagert die Tatsache, dass Facebook und Twitter im Kern gute Produkte sein könnten. Wer etwa mit Menschen, die im Ausland leben, mit ehemaligen Kollegen, Mitschülern und Studienfreunden in Kontakt bleiben will, hat in dem sozialen Netzwerk eine einfache technische Möglichkeit dafür. Ein neues Geschäftsmodell kann zwar Hassrede und Desinformation nicht eindämmen. Aber es würde unternehmerisch für mehr Sicherheit sorgen, wenn sich die Konzerne breiter aufstellen und von Werbung auf Nutzerbasis unabhängiger machen. Die nächste Konjunkturkrise kommt bestimmt. Und der nächste Skandal auch.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-daten-bezahlmodell-soziale-medien-1.4255119
Ein Facebook-Abo könnte viele Probleme lösen
00/12/2018
Die Imagekrise der sozialen Medien fußt auf dem Datenhunger der Plattformen. Dieses Problem ließe sich recht einfach lösen: zum Beispiel durch ein Facebook-Abo.
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mlsum_de-train-220547
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Zwei Facebook-Nutzer unterhalten sich über den Messenger. Sie flirten. Das Gespräch wird intim, eine anzügliche Bemerkung fällt: "Ich möchte heute Nacht noch Spaß haben." Dieser Satz müsste Facebook eigentlich gefallen. Schließlich ist es das erklärte Ziel des Unternehmens, die Welt zu vernetzen, Beziehungen aufzubauen und "Menschen näher zusammenzubringen". Außerdem testet Facebook seit einigen Monaten eine Dating-Funktion, die Tinder Konkurrenz machen soll. Ein Flirt zwischen zwei Erwachsenen sollte also zur Strategie des Unternehmens passen. Das Gegenteil ist der Fall. Im Oktober hat Facebook stillschweigend seine Gemeinschaftsstandards überarbeitet und den Umgang mit bestimmten sexuellen Inhalten verschärft. Öffentlich wurde die Änderung nicht kommuniziert. Auf Nachfrage sagt eine Sprecherin, dass künftig ein durchsuchbares Archiv mit älteren Versionen der Hausregeln zur Verfügung gestellt werden soll, um Überarbeitungen transparent zu machen. Die neuen Formulierungen blieben knapp zwei Monate lang unbemerkt, bis die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) und später das deutsche Blog Netzpolitik.org das Thema aufgriffen. In den Gemeinschaftsstandards formuliert Facebook weltweit gültige Regeln, die teils deutlich über nationale Gesetzgebung hinausgehen. Facebook hat sie nun um einen Punkt ergänzt: "sexuelle Kontaktaufnahme". Dort werden teils Inhalte gebündelt, die zuvor in anderen Abschnitten zu finden waren, teils finden sich neue, strengere Regeln.(*) Facebook listet mehrere Kategorien verbotener Inhalte auf. Dazu zählen kommerzielle Pornographie, explizite sexuelle Sprache und "sexuelle Kontaktaufnahme" wie das Versenden von Nacktbildern. Ein weiterer Absatz untersagt auch "implizite sexuelle Kontaktaufnahme". Darunter versteht Facebook unter anderem: vage anzügliche Bemerkungen wie "möchte heute Nacht noch Spaß haben" sexualisierter Slang sexuelle Andeutungen wie die Erwähnung von Folgendem: sexuelle Rollen, Sexstellungen, Fetischszenarien, sexuelle Vorlieben/Präferenzen (...) Inhalte (von Hand gezeichnet, digital oder echte Kunstobjekte), die explizite sexuelle Handlungen oder (...) anzüglich positionierte Personen zeigen oder zu zeigen scheinen. Die Regeln gelten für alle Plattformen und Kanäle auf Facebook, also nicht nur für öffentliche Beiträge, sondern auch für private Gruppen und Chats im Messenger. Dort müssen sie allerdings von einer der an der Unterhaltung beteiligten Personen gemeldet werden, bevor Facebooks Content-Moderatoren tätig werden. Die EFF mutmaßt, dass Facebook auf ein neues Gesetz in den USA reagiert haben könnte. Seit der "Stop Enabling Sex Traffickers Act" in Kraft ist, drohen Online-Plattformen hohe Strafen, wenn sie etwa Menschenhandel und Zwangsprostitution ermöglichen. Die Bürgerrechtler glauben, dass das Gesetz zu weit geht und Unternehmen wegen der teils schwammigen Formulierungen vorsorglich zu viel löschen könnten. Facebook widerspricht dieser Darstellung und verweist darauf, dass sich die Gemeinschaftsstandards laufend weiterentwickelten. Die Richtlinien enthalten unklare Formulierungen Unabhängig davon, was ursächlich für Facebooks Entscheidung war, werfen die neuen Regeln Fragen auf. Ein Großteil der Inhalte, die Facebook verbietet, ist selbst in den im Vergleich zu Westeuropa prüden USA legal. In Deutschland wäre eine Bemerkung wie "Ich möchte heute Nacht noch Spaß haben" vermutlich kein Problem in einem Film, der ab zwölf Jahren freigegeben ist. Dennoch sollen sich erwachsene Facebook-Nutzer auch in beiderseitigem Einvernehmen keine "vagen, anzüglichen Bemerkungen" schicken. Genauso unklar erscheint das Verbot von Kunstobjekten, die "anzüglich positionierte Personen" zeigen - oder auch nur zu zeigen scheinen. Die Gemeinschaftsstandards sollen eine möglichst unmissverständliche und allgemeingültige Richtlinie darstellen. Wenn sie die Entscheidung der Interpretation des Betrachters überlassen, sind Missverständnisse programmiert. Bereits in der Vergangenheit hat Facebook immer wieder angeblich anstößige Kunstwerke gelöscht, etwa die berühmte Freiheitskämpferin auf dem Gemälde von Eugène Delacroix (nackte Brüste) oder eine Statue des nackten Meeresgottes Neptun, die auf einem Platz in Bologna steht ("explizit sexuell").
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-zensur-sex-flirten-1.4254021
Facebook verbietet anzügliches Flirten und verbannt Sex
00/12/2018
Facebook hat stillschweigend seine Hausregeln geändert. Bemerkungen wie "Ich möchte heute Nacht noch Spaß haben" sind verboten. Das Netzwerk wird noch prüder.
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mlsum_de-train-220548
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Die USA und Australien verbieten dem Tech-Konzern Huawei, seine Technik in ihren 5G-Netzen zu verwenden. In Deutschland wurde fast jeder zweite Sendemast von der Firma aufgestellt, deren Verbindungen zum chinesischen Staat Fragen aufwirft. Europa liegt in Südchina. Genauer gesagt in Dongguan. Mitten in die chinesische Einöde hat der Telekomausrüster Huawei die Architektur von einem Dutzend europäischen Universitätsstädten nachbauen lassen. Heidelberg befindet sich nun zwischen Verona und Dijon im Burgund. Über eine Brücke gelangt man nach Paris. Prag und Luxemburg sind etwas ab vom Schuss, genauso wie Cambridge. 25 000 Entwickler sind vor wenigen Wochen in die Gebäude gezogen. Sie haben ihre Labore und Studios eingerichtet in deutschen Fachwerkhäusern und barocken Palästen - Baujahr 2018.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/huawei-deutschland-1.4251653
Huawei in Deutschland: Funkstörung
00/12/2018
Die USA und Australien verbieten dem Tech-Konzern Huawei, seine Technik in ihren 5G-Netzen zu verwenden. In Deutschland wurde fast jeder zweite Sendemast von der Firma aufgestellt, deren Verbindungen zum chinesischen Staat Fragen aufwirft.
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mlsum_de-train-220549
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Als Taylor Swift in einem hautengen schwarzen Bodysuit die Bühne betritt, kreischen und schreien 60.000 begeisterte Menschen im Publikum. "Seid ihr bereit?" ruft die Sängerin ihren Fans zu. Sie sind es. An diesem Freitagabend spielt Taylor Swift zum ersten Mal im Rose-Bowl-Stadium im kalifornischen Pasadena. Kritiken und Youtube-Videos zufolge war es ein mitreißendes Konzert - das jetzt, mehr als ein halbes Jahr nach Swifts Auftritt, erneut in die Schlagzeilen gerät. Am 18. Mai 2018 sollen Kameras die Konzertbesucher gefilmt und die Aufnahmen mit einer Datenbank abgeglichen haben, berichtet der Rolling Stone. Auf einem Bildschirm seien Videos von Swifts Proben gezeigt worden, um die wartenden Fans zu unterhalten. Eine versteckte Kamera habe die Gesichter aller Personen erfasst, die in Richtung des Bildschirms blickten. Das Material sei quer durch die USA zu einem "Kommandoposten" in Nashville übertragen worden, um es dort mit einer Datenbank abzugleichen, in der Hunderte Stalker von Swift gespeichert sind. Die Sängerin wird seit Jahren von Fans belästigt und bedroht, einige brachen sogar in ihr Haus ein. Aus Swifts Sicht ist die Rasterfahndung als Notwehrmaßnahme nachvollziehbar. In den USA ist sie mutmaßlich legal. Konzerte sind private Veranstaltungen. Dennoch wirft das Vorgehen Fragen auf. Wurden die Fans informiert? Kamen die Kameras auch bei anderen Konzerten zum Einsatz? Wer hat die Überwachung in Auftrag gegeben und wie lange bleiben die Aufnahmen gespeichert? Auf welcher Grundlage wurde die Datenbank erstellt? Gab es Treffer und was wäre mit den angeblich erkannten Stalkern geschehen? Weder Swifts Management noch der Veranstalter haben auf eine Anfrage reagiert. Die Antworten wären nicht nur für Fans von Taylor Swift wichtig. Die Fragen gehen weit über das Rose-Bowl-Stadion hinaus. Bei immer mehr Konzerten, Sportveranstaltungen und teils auch im öffentlichen Raum werden Kameras installiert, die Besucher und Passanten filmen. Die Aufnahmen könnten theoretisch verknüpft und verkauft werden. Sie geben Aufschluss über Musikgeschmack, Freundeskreise, Konsumvorlieben und weitere Merkmale, für die werbetreibenden Unternehmen viel Geld bezahlen würden. Gesichtserkennung breitet sich aus Es geht aber nicht nur um Werbung. Im vergangenen April wurde auf einem Konzert in China ein Verdächtiger in einer Menge von 60 000 Menschen identifiziert und festgenommen. "Er war komplett geschockt, als wir ihn mitgenommen haben", sagte ein Beamter. "Er konnte nicht fassen, dass wir ihn in einer so großen Menge erkannt haben." Datenschützer und Menschenrechtsorganisationen warnten damals vor drohender Massenüberwachung, falls Technik für Gesichtserkennung flächendeckend zum Einsatz komme. Diese Befürchtung ist real. Das gilt nicht nur für China, wo Hunderte Millionen Kameras die Bürger überwachen. Anfang Mai veröffentlichte das Kartenverkaufsportal Ticketmaster, eine Tochterfirma des Musikkonzerns Live Nation, eine Investition in Blink Identity. Dieses Unternehmen stellt Gesichtserkennungssoftware her, die angeblich in Sekundenbruchteilen die Gesichter von Menschen erkennen kann, selbst wenn sich diese bewegen und nicht direkt in die Kamera blicken. Konzertbesucher müssten keine Eintrittskarten mehr vorzeigen, sondern können einfach durch die Sicherheitsschleuse gehen, so die Vision von Ticketmaster. Das klingt praktisch, aber auch unheimlich. Ticketmaster könnte eine gewaltige Datenbank mit allen Konzertbesuchern aufbauen. Die Technik soll 2019 erstmals zum Einsatz kommen und vorerst auf Freiwilligkeit beruhen. Wer vorab ein Selfie schickt, kann rein, ohne das Konzertticket rauszuholen. Die Technik macht Unschuldige zu vermeintlichen Kriminellen Gesichtserkennung ist auch in Deutschland schon im Einsatz. Am Bahnhof Südkreuz in Berlin und in Mannheim laufen Pilotprojekte. Die Software soll angeblich verdächtige Verhaltensweise im Voraus erkennen. Beim Champions-League-Finale im Mai setzte die Polizei flächendeckend Kameras im Stadion und in der Stadt ein, um Hooligans zu identifizieren. Unternehmen wie Amazon verkaufen solche Technik an US-Behörden. Die Technik arbeitet bisher allerdings ausgesprochen fehlerhaft. Beim Champions-League-Spiel lag die Fehlerquote bei 92 Prozent. Amazons Software verwechselte kürzlich 28 US-Kongressabgeordneten mit Kriminellen, und auch die Gesichtserkennung in Berlin würde bei einem Regelbetrieb Tausende Passanten zu Unrecht verdächtigen. Zumindest können deutsche Taylor-Swift-Fans wohl weiter Konzerte der Sängerin besuchen, ohne befürchten zu müssen, dass sie gefilmt werden. Ein Sprecher der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff sagte, für das Vorgehen gebe es in Deutschland vermutlich keine Rechtsgrundlage. Selbst die Gesichtserkennung in Berlin, bei der die Betroffenen informiert werden, sei nach Auffassung der Datenschutzbeauftragten problematisch. Ohne ausreichende Einwilligung sei es kaum vorstellbar, dass ein privater Veranstalter alle Konzertbesucher filmen und die Aufnahmen auch noch mit einer Datenbank abgleichen dürfe.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/taylor-swift-konzert-gesichtserkennung-stalker-1.4252619
Taylor-Swift-Konzert: Gesichtserkennung gegen Stalker
00/12/2018
Auf einem Konzert sollen Besucher heimlich gefilmt und mit einer Datenbank abgeglichen worden sein. Das Vorgehen wirft Fragen auf.
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mlsum_de-train-220550
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In einer vernetzten Welt können nicht nur Gesetze und Verfassungen für faire Bedingungen sorgen, sondern auch Daten. Vier Projekte von vier Frauen. ÆRTH: Adina Popescu will Blockchain für den Umweltschutz nutzen Blockchain ermöglicht es, digitale Vorgänge nachvollziehbar und fälschungssicher zu machen, seien es Finanztransaktionen oder auch der Austausch wissenschaftlicher Daten. Und zwar ohne, dass große Institutionen wie Banken oder Regierungen als Mittelsmänner daran beteiligt sind. Das Verfahren kann also für Transparenz und Unabhängigkeit im Netz sorgen - wenn es für einen guten Zweck eingesetzt wird. Adina Popescu will Blockchain nun für den Umweltschutz nutzen. Die gebürtige Rumänin ist studierte Philosophin, beschäftigt sich inzwischen aber hauptsächlich mit Technologie. Für die US-amerikanische Umweltorganisation Conservation International produzierte sie beispielsweise 360-Grad-Videos, um den Zustand der Erde besser erfahrbar zu machen. "Doch ich habe gemerkt, dass es nicht reicht, Menschen die Zerstörung unseres Planeten auf diese Art vor Augen zu führen", sagt sie. Deshalb baut sie gerade an einer Blockchain-Lösung, um Klima- und Umweltdaten verlässlicher und transparenter zu machen. Die Vision: ein interaktives 4-D-Modell der Erde, das in Echtzeit den Zustand des Planeten aufzeigt. Als Grundlage sollen unparteiisch erhobene Daten und deren Verifizierung dienen. Marktreif ist ÆRTH, wie sie ihr Projekt nennt, noch nicht. Doch das Potenzial, die Welt mit Blockchain gerechter zu machen, sei enorm: "Blockchain ist eine Revolution", sagt Adina Popescu. Die Technologie werde "ebenso starke gesellschaftliche Auswirkungen mit sich bringen wie das Internet bei dessen Einführung." Die Technologie habe lediglich einen schlechten Ruf, weil sie mit Bitcoin und Co. bislang vor allem im Bereich der Währungsspekulation eingesetzt wird und sehr viel Strom benötigt. Moderne Blockchains seien hingegen energie-effizienter und könnten in vielen Bereichen positive Veränderungen bewirken. Projekte in den USA arbeiteten daran, via Blockchain die Krankenversicherung neu zu strukturieren, andere an der gerechteren Vergütung von online vertriebener Musik. Und vor allem: an der Sicherung der eigenen, personenbezogenen Daten, was momentan eine der größten Herausfor-derungen des Internets darstellt. Was sich ebenfalls ändern sollte: "mehr Frauen, die sich mit der Technologie auseinandersetzen", sagt Popescu.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/technologie-und-faire-arbeitsbedingungen-vier-projekte-von-frauen-1.4252417
Wie Technologie für faire Arbeitsbedingungen sorgt
00/12/2018
In einer vernetzten Welt können nicht nur Gesetze und Verfassungen für faire Bedingungen sorgen, sondern auch Daten. Vier Projekte von vier Frauen.
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In der digitalen Welt geht es zunehmend gleichförmiger zu. Es ist kein Zufall, dass es inzwischen Instagram-Accounts wie insta_repeat gibt, die ähnliche Motive anderer Nutzer zu einem Mosaik der Massenkultur zusammenstellen. Hier sieht man Dutzende Fotos, die kaum voneinander zu unterscheiden sind. Egal, ob pastellige Tischauflagen, Füße am Sandstrand oder dramatische Posen auf hohen Berggipfeln - alles schon mal dagewesen. Individualismus funktioniert einfach nicht, vor allem wenn seine Ausprägungen in leicht indizierbaren Suchbegriffen wie #travel, #goodlife oder #whereiwokeup daherkommen. Hinein in die konformistische Trostlosigkeit platzt nun Tiktok, eine Kurzvideo-App, die seit vergangenem Sommer die App-Stores der Welt von hinten aufrollt. Ein paar Hundert Millionen Mal ist das Programm inzwischen heruntergeladen worden. Aktive Nutzer gibt es aber deutlich weniger. Die App funktioniert ähnlich wie das vor einiger Zeit von Twitter aufgegebene Video-Projekt Vine, auch ein Quäntchen Snapchat ist in der Formel enthalten, jedenfalls wird den Nutzern eine Vielzahl von Bearbeitungsfunktionen und Filtern für ihre Filmchen geboten. Pausenhof-Atmosphäre Man muss die kurzen Filmchen nicht mögen. Trotzdem sind sie erst mal erfrischend. Vielleicht auch nur deshalb, weil man hier all das nicht vorfindet, was ein handelsübliches soziales Netzwerk in den vergangenen Jahren so schwierig gemacht hat. Es gibt hier weder auf den Nutzer zugeschnittene Inhalte noch penetrante Werbung und gesponserte Beiträge, es werden auch keine Blogeinträge geteilt, die auf die eine oder andere Seite des politischen Spektrums einschlagen. Hasserfüllte Posts sieht man ebenso selten wie Influencer, die irgendein obskures Produkt anpreisen, und das auch noch Arbeit nennen. Anders gesagt: Tiktok wäre ein kleines digitales Paradies - wenn es Nutzer gäbe, die älter als zwanzig sind. Entsprechend herrscht Pausenhof-Atmosphäre, wenige Peinlichkeiten werden ausgelassen. Die Nutzer zeigen Tanz-Choreografien zu aktuellen Hits, führen Zaubertricks auf oder liefern kleine Slapstick-Einlagen, und man sitzt davor und schämt sich fremd. Die New York Times schrieb dazu zuletzt sardonisch, Tiktok bringe den "Spaß zurück in die sozialen Medien". Wie es mit dem Portal weitergeht, ist schwer zu sagen. Das Geschäftsmodell ist mindestens unklar, helfen mag, dass hinter der App die chinesische Firma Bytedance steht, die mit einem Wert von mehr als 100 Milliarden Dollar derzeit als wertvollstes Start-up der Welt gilt. Das beste Zeichen dafür, dass es sich hier doch um ein Portal handeln könnte, das Potenzial für mehr hat, findet man allerdings bei der Konkurrenz: Facebook hat vor ein paar Wochen seinen eigenen Tiktok-Klon gestartet.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/kurzvideo-app-wie-tiktok-wieder-spass-ins-netz-bringen-moechte-1.4245789
Wie Tiktok wieder Spaß ins Netz bringen möchte
00/12/2018
Mitten in die konformistische Trostlosigkeit platzt eine Kurzvideo-App namens Tiktok, hinter der Bytedance steckt, das derzeit wertvollste Start-up der Welt. Bringt Tiktok die Leichtigkeit zurück ins Netz?
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Fotograf Kevin Abosch erklärt, wie Instagram die Fotografie verändert und warum teure Kameras kaum mehr bessere Bilder machen. Für Handy-Knipser hat er einen simplen, aber effektiven Tipp. Vor zehn Jahren war die Aufteilung klar: Handys zum Telefonieren, Kameras zum Fotografieren. Doch moderne Smartphones machen klassischen Kameras das Leben schwer. Für viele Menschen reicht die Qualität der Handyfotos völlig aus. Und für Profis? Der irische Starfotograf Kevin Abosch, dessen berühmtes Porträt einer Kartoffel für eine Million Dollar verkauft wurde, hat dem Smartphone-Hersteller Oneplus geholfen, die Kameras seiner Geräte zu entwickeln. Im Interview erzählt er, wie Instagram seine Arbeit verändert, und gibt Smartphone-Fotografen Tipps, wie sie am meisten aus ihrer Kamera herausholen. SZ: Mit modernen Smartphones kann fast jeder ein technisch nahezu perfektes Foto schießen, weil das Bild automatisch optimiert wird. Machen Sie sich Sorgen um den Beruf des Fotografen? Kevin Abosch: Ich weiß nicht, wie ein perfektes Foto aussieht. Vielleicht sind alle Bilder vollkommen unvollkommen. Trotz feinster Optik, empfindlichsten Sensoren und innovativer Bildverarbeitung ist es letztlich der Mensch, der den Auslöser betätigt und der unzählige Elemente außerhalb des Bereichs der Kamera steuert. Diese Entscheidungen werden sowohl bewusst als auch unbewusst gefällt und stellen sicher, dass die Menschheit selbst Teil des fotografischen Gleichgewichts ist. Warum sollte sich ein professioneller Fotograf Sorgen machen? Wie haben Smartphones und Instagram die Arbeit von professionellen Fotografen verändert? Mit dem Smartphone haben Nutzer ein tief greifendes und sinnvolles Mittel zur Verfügung. Viele Fotografen haben nur eine Smartphone-Kamera, mit der sie arbeiten, und mit der sie beeindruckende Arbeiten produzieren. Instagram hat sich als effektiver Weg erwiesen, um ein globales Publikum zu erreichen. Noch interessanter für mich ist, wie es die Ästhetik der Menschen beeinflusst und formt. Wenn Sie Zehntausende Ihrer besten Freunde sehen, die denselben "coolen" Filter verwenden, den Sie bereits verwendet haben, ist er nicht mehr so cool. Diese Landschaft mit den aufgebauschten Wolken war einmal "fantastisch", bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir ständig eine ähnliche Landschaft von irgendwo auf der Welt sehen. Technologie hat einen tief greifenden Einfluss darauf, wie wir Fotos heute sehen - und wie wir dasselbe Bild morgen beurteilen. Detailansicht öffnen Kevin Abosch ist berühmt für das Bild einer Kartoffel, die vor schwarzem Hintergrund erscheint wie ein ferner Planet. Das Foto heißt "Potato #345" und wurde für eine Million Euro gekauft. (Foto: Kevin Abosch) Vor fünf Jahren war der Unterschied zwischen Spiegelreflex- und Smartphone-Fotos auf den ersten Blick ersichtlich. Heute gibt es manche Motive, bei denen Handyfotos fast mit professionellen Aufnahmen mithalten können. Braucht es in fünf Jahren überhaupt noch große, schwere Profikameras? Bei der Geschwindigkeit, mit der sich Kameras und Computer-Fotografie weiterentwickeln, glaube ich, dass innerhalb von fünf Jahren kaum noch eine schwere DSLR-Spiegelreflexkamera nötig sein wird. Für welche Motive und Lichtbedingungen eignen sich Smartphones besonders gut, und wofür benötigt man auch 2018 noch eine richtige Kamera? Smartphone-Kameras liefern aufgrund der relativ geringen Größe ihrer Sensoren bei guten Lichtbedingungen die besten Ergebnisse. Ich benutze mein Smartphone aber wie die meisten Leute für den Großteil meiner Fotos, und ich bereue es später nicht. Milliarden Menschen fotografieren mit Smartphones, wo vom Autofokus bis zum Weißabgleich alles von Maschinen statt von Menschen gesteuert wird. Deshalb ähneln sich die Bilder oft. Verliert die Fotografie an Charakter und Vielfalt? Gute Frage. Erinnert mich an die "Parkerisierung" von Weinen, bei denen der globale Weinmarkt Weine produzierte, die dem Gaumen des Weinkritikers Robert Parker gefallen sollten. Daraus resultierten Weine mit so ähnlichen Eigenschaften, dass Kenner den Weinmarkt für tot erklärten. Die Öffentlichkeit schien die große Anzahl an eichigen, vertrauten Aromen zu mögen. Wenn es um Ästhetik geht, stelle ich fest, dass Fotografien oft Merkmale aufweisen, auf die die Massen zu reagieren scheinen. Warum sie auf Schärfe, bestimmte sich wiederholende Muster, wärmere Farben und verschiedene Kompositionen und geometrische Elemente reagieren, hängt von Natur, Kultur und Einfluss ab. Der Fotograf kann jedoch Belichtung, Fokus, Farbbalance, Kontrast und andere Parameter manuell steuern, wenn er möchte. Die Frage ist: Will er das? Ich ermutige die Menschen, aus ihrer Komfortzone herauszutreten und mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Werkzeugen zu experimentieren. Um darauf zurückzukommen: Glaube ich, dass die Fotografie aufgrund von Smartphones an Charakter und Vielfalt verliert? Das tue ich nicht. Während die Technologie jedem ein großartiges Ausdrucksmittel zur Verfügung stellt, wird das Mittelmaß definitionsgemäß immer den Durchschnitt und somit den Großteil aller fotografischen Bilder darstellen. Könnte man Aufnahmen wie Potato #345 oder Ihre Porträt-Serien in vergleichbarer Qualität mit einem Smartphone machen? Ich habe kürzlich ein Porträt des Präsidenten von Qualcomm mit einem Oneplus 6T und einem LED-Lichtpanel aufgenommen. Die Ergebnisse waren fast nicht von Bildern zu unterscheiden, die ich mit einer DSLR gemacht habe. Die Lücke zwischen Smartphone- und Spiegelreflex-Kameras schließt sich. Ist ein Profi-Fotograf, der mit einer 10 000-Euro-Kamera atemberaubende Aufnahmen macht, automatisch auch ein guter Smartphone-Fotograf? Ich würde sagen, nicht unbedingt. Man darf die Bedeutung der Beziehung eines Fotografen zu einem bestimmten Gerät nicht unterschätzen. Wenn das Nutzererlebnis nicht reibungslos abläuft, kann dies problematisch sein. Es kann einige Zeit dauern, sich mit einem neuen Gerät vertraut zu machen. Gibt es objektive Kriterien für ein gelungenes Foto? Ein gelungenes Foto gefällt dem Fotografen. Mal angenommen, ich will mit meinem Smartphone ein Foto schießen, das Ihnen gefällt. Was sind die drei wichtigsten Dinge, auf die ich achten muss? Denken oder fühlen Sie, bevor Sie ein Foto aufnehmen. Fragen Sie sich, wie sich die Komposition auf das Motiv bezieht. Geringfügige Änderungen bei der Zusammenstellung können den emotionalen Wert eines Bildes ändern. Und das, was die meisten vergessen: Halten Sie die Linse sauber.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/smartphones-fotografen-instagram-kameras-1.4249917
Smartphones könnten bald Spiegelreflexkameras ablösen
00/12/2018
Fotograf Kevin Abosch erklärt, wie Instagram die Fotografie verändert und warum teure Kameras kaum mehr bessere Bilder machen. Für Handy-Knipser hat er einen simplen, aber effektiven Tipp.
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Schlecht ausgeleuchteter Fußweg, Rascheln im Gebüsch, keine Menschenseele zu sehen - das sind die Momente, in denen es einem abends beim Joggen oder nachts auf dem Heimweg schon mal mulmig werden kann. An dieser Stelle setzen Begleit-Apps an. Sie geben Nutzern das Gefühl, nicht allein auf weiter Flur zu sein. Einmal gestartet, registrieren sie die Geo-Daten eines Smartphones, während dessen Besitzer auf dem Weg nach Hause ist. Sollte er oder sie dabei wirklich in Gefahr geraten, kann die Position an die Polizei übermittelt werden. Der größte Anbieter solch einer Begleit-App ist der Versicherungskonzern Axa, seine Anwendung heißt Wayguard. Registrierte Nutzer bitten entweder einen ebenfalls registrierten Kontakt, Freunde, Bekannte, Familienangehörige, mit ihnen virtuell nach Hause zu gehen. Der Begleiter sieht dann den Standort im Verlauf, beide können miteinander chatten und telefonieren. Oder man lässt sich vom Wayguard-Team begleiten. Die Mitarbeiter sitzen in der Leitstelle des Versicherers und sind rund um die Uhr erreichbar. Neben dem Axa-Produkt gibt es noch Komm Gut Heim, Vivatar und My Bodyguards. Was allerdings für sie alle gilt: Ist der Handyakku platt, das Datenvolumen verbraucht oder die Netzabdeckung schlecht, nutzen die Apps nichts. Meist wird das Angebot nachts und am Wochenende genutzt - vor allem von Frauen Axa möchte mit der App auch im Alltag als Sicherheitspartner wahrgenommen werden, heißt es im Konzern. Seit Oktober 2016 ist die Anwendung auf dem Markt, die Idee dazu war schon ein Jahr zuvor entstanden, betont Albert Dahmen, Leiter der Axa-Innovationseinheit und Mitentwickler der App: Wayguard sei keine Reaktion auf die Silvesternacht 2015/2016, in der zahlreiche Frauen auf dem Bahnhofsvorplatz und der Domplatte in Köln sexuell belästigt, genötigt und bestohlen wurden. Aktuell sind bei Wayguard rund 200 000 Menschen registriert, die Mehrzahl ist zwischen 18 und 35 Jahre alt und weiblich, immerhin 20 Prozent sind Männer. Am intensivsten wird das Angebot von Freitag bis Sonntag zwischen 17 Uhr und 2 Uhr morgens genutzt, eher zur Party- und Nachtzeit also. Dabei ist nicht die Dunkelheit das Problem, "sondern das, was sie verbergen könnte", sagt die Hamburger Psychologin Alissa von Malachowski: zwielichtige Gestalten, potenzielle Angreifer, aber auch ein Loch im Boden oder ein Tier. Angst vor solchen Gefahren ist nichts Schlechtes, sie schärft evolutionsbedingt unsere Sinne. Sie ist aber belastend und negativ, "wenn sie ins Übermäßige schlägt, das klare Denken hemmt", so Malachowski. Wenn eine Begleit-App ihrer Nutzerin so viel Sicherheit vermittelt, dass sie sich weniger belastet fühlt, ist viel erreicht. Gefahren entstehen natürlich nicht nur nachts. 2017 wurde der Fall einer 17-Jährigen aus Bayreuth bekannt, die im Ostsee-Urlaub bei einem Spaziergang zwar noch merkte, dass sie das Bewusstsein verlor, aber nicht mehr selbst Hilfe holen konnte. Sie schaffte es jedoch, über den Wayguard den Notruf zu aktivieren. Mithilfe der Geo-Daten fanden Rettungskräfte die junge Frau in einem Waldstück, die sich danach in einem Krankenhaus erholte. Doch trotz der Notruf-Funktion, für die es auch viele andere Apps gibt, zeigen die Erfahrungen, dass die Nutzer vor allem nicht allein sein wollen. "Die Hauptmotivation für Wayguard ist nicht der Notruf, sondern das Bedürfnis von Menschen, sich begleiten zu lassen", sagt Dahmen. Ungefähr 20 000 Begleitungen macht sein Team im Monat. Doch in den zwei Jahren, in denen die App auf dem Markt ist, gingen nur 1000 Notrufe ein. Und dabei handelte es sich etwa zur Hälfte um Testnotrufe, mit denen sich Nutzer vergewissern wollen, dass die Funktion arbeitet wie versprochen. "Rund 200 Notrufe mussten wir bisher aufgrund der Gefahrenlage von der Leitstelle an die Polizei weitergeben", so Dahmen. Ein Feedback bekommen die Mitarbeiter danach nicht, sie erfahren eher, wie im Fall der Bayreutherin, aus Zeitungsveröffentlichungen und Kommentaren auf ihrer Facebook-Seite, ob sie helfen konnten. Wayguard enthält zusätzlich Verhaltenshinweise, die in einer Kooperation mit dem Polizeipräsidium Köln erarbeitet wurden. "Wir haben das als Plattform gesehen, unsere Präventionstipps an die Frau und den Mann zu bringen", sagt Nina Bockheiser. Die Kriminalhauptkommissarin aus dem Polizeipräventionsteam betont, "eine App wie Wayguard kann das Sicherheitsgefühl einer Frau stärken. Aber sie stellt keine Sicherheit her." Trotzdem: Wenn sich jemand durch die digitalen Begleiter sicher fühle, strahle sie oder er das auch aus. Das nehmen potenzielle Angreifer wahr: "Täter suchen Opfer und keine Gegner. Sie möchten möglichst ohne Gegenwehr und ohne Zeugen ans Ziel gelangen." Axa trägt die Kosten für den Dienst und entwickelt ihn weiter. Für Menschen mit Sehbehinderungen etwa gibt es eine Voice-Over-Funktion. Außerdem zeigt die App 19 000 sogenannte Notinseln in Deutschland, eine Kooperation mit der Stiftung Hänsel + Gretel, die Anlaufstellen für Kinder in Gefahrensituationen schafft, etwa bei Einzelhändlern. Damit bedient Wayguard eine Zielgruppe, die sich nachträglich ergeben hat: Kinder, deren Eltern sie auf dem Heimweg von Schule, Sportverein oder Spielverabredung virtuell begleiten. Zu sehr sollte sich jedoch niemand auf die digitale Begleitung verlassen, der ständige Blick aufs Smartphone lenkt schließlich auch ab. "Eine Tat bahnt sich sehr häufig in irgendeiner Form an", sagt Kriminalbeamtin Bockheiser. Daher gelte so oder so: aufmerksam bleiben, sich immer wieder umsehen. Und im Zweifel einen Umweg gehen, der besser beleuchtet und mit friedlichen Menschen belebt ist.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/sicherheitstechnik-wie-apps-gegen-das-angstgefuehl-helfen-1.4248425
Wie Apps gegen das Angstgefühl helfen
00/12/2018
Wer nicht allein unterwegs sein möchte, kann sich digital begleiten lassen. Spezielle Apps erfassen den Standort und setzen bei Bedarf einen Notruf ab.
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mlsum_de-train-220554
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30 000 Herzen sind Gillian Brockell zugeflogen, und alle sind sie gebrochen. Mit dem Herz-Symbol drücken Twitter-Nutzer ihre Anteilnahme aus. Denn Brockell hat einen Brief an die Tech-Unternehmen Facebook, Instagram und Twitter sowie die Kredit-Scoring-Firma Experian auf Twitter veröffentlicht. Sie richtet eine Frage an diese Unternehmen, die Daten über Bürger sammeln. Eine Frage über Anstand in einer von Daten und Algorithmen getriebenen Gesellschaft: Warum konntet ihr meine Schwangerschaft erkennen, aber nicht den Tod meines Babys? Die Videoredakteurin der Washington Post hatte anfangs ihre Freude über ihre Schwangerschaft im Internet kundgetan. Sie verwendete den Hashtag #30weekspregnant, suchte im Netz nach Schwangerschaftskleidung und "baby-sichere Farbe für die Wiege". Sie legte bei Amazon eine "Baby-Wunschliste" an, über die Verwandte ihr Produkte für das Kind schicken lassen konnten, und bedankte sich bei Freundinnen für die Teilnahme an ihrer Baby-Party. Die Netzwerke, die Werbung im Internet verteilen, analysierten diese Daten und speicherten: Diese Frau ist schwanger - und bombardierten sie mit Anzeigen für alles, was Schwangere eben so brauchen sollen. Soweit, so Internet. Doch Brockells Sohn wurde tot geboren. "Vier Pfund, eine Unze", schreibt sie. Sie trauerte mit ihrem Mann. Doch die besten Werbe-Algorithmen der Welt trauerten nicht mit. Obwohl Brockell "Baby bewegt sich nicht" gegoogelt und den Tod später sogar in einem Beitrag bekanntgegeben hatte, in dem düstere Schlagworte wie "Stillgeburt" und "untröstlich" standen. (Allerdings postete sie diesen als Textkarte, die technisch schwieriger zu auszuwerten ist als ein Text-Post.) Die "zweihundert Tränen-Emojis meiner Freunde" seien ebenfalls ignoriert worden. Die Algorithmen nahmen an, die Geburt sei problemlos verlaufen Immer wenn sie das Smartphone zur Hand genommen habe, sei sie wieder mit der Werbung konfrontiert worden: für Schwangerschaftskleidung und "jeden gottverdammten Nippes von Etsy, den ich für das Kinderzimmer geplant hatte". Das Phänomen kennen viele Internetnutzer: Werbung zu einem bestimmten Produkt oder Thema verfolgt sie über mehrere Webseiten - und ist auch noch da, wenn sie das Produkt längst gekauft haben. Denn der Kauf wird nicht an das Werbenetzwerk gemeldet. Was im Fall von Sneakern irritiert, empfand Brockell als konstante Demütigung, während sie um ihr Baby trauerte. Ständig erinnerte Werbung sie an die Katastrophe. Die Scoring-Firma Experian sandte ihr sogar eine Mail, in der sie vorschlug, ihr Baby doch gleich zu registrieren, damit dessen Kredithistorie von Geburt an gespeichert werden könne. Die Algorithmen nahmen an, die Geburt sei problemlos verlaufen. Wie für alle Nutzer dürfte es auch für Brockell undurchsichtig gewesen sein, auf Basis welcher ihrer Daten ihr welche Werbung in welchem Netzwerk ausgespielt wurde. Für viele der mitfühlenden Kommentatoren unter dem Beitrag ist Brockells Geschichte mehr als eine Anekdote und zeigt die Kälte des Riesengeschäfts mit digitalem, angeblich maßgeschneidertem Marketing. Es ist die Geldmaschine im Herzen des Geschäftsmodells der Internet-Ökonomie. Wer bestimmte Begriffe sucht, bestimmte Links klickt, wird zum Beispiel von Facebook in Kategorien eingeteilt. Sie basieren auf den Interessen, die Facebook bei dem Nutzer vermutet. Dann verkauft Facebook die digitalen Werbeflächen im Facebook-Strom des Nutzers an Unternehmen, die zu diesen Interessen passende Produkte anbieten. Einige der IT-Konzerne erfassen freudige Ereignisse: Jahrestage von Freundschaften im Facebookschen Sinne oder Geburtstage, Amazon kennt Geburtstermine, wenn die Kunden diese für ihre "Baby-Wunschliste" angeben. Berüchtigt ist ein Fall von 2012, in dem die Handelskette Target die Schwangerschaft einer Teenagerin anhand von deren Datenspuren erkannte. Damals rückte die Idee, dass Unternehmen mehr über Menschen wissen als die über sich selbst, erstmals ins öffentliche Bewusstsein. Aber geht es um die dunklen Seiten des Lebens, versagen die Algorithmen. Der Fall erzählt viel über die ethischen Auswirkungen, die angeblich zielgerichtete Werbung auf unser Leben haben kann. Und über die Erwartungen, die wir mittlerweile mit Algorithmen verbinden. Für Gillian Brockell war es nicht die viel beschworene Allwissenheit der Algorithmen, die zum Albtraum wurde, sondern deren Dummheit: Einmal in eine Kategorie sortiert, kommt man so einfach nicht mehr aus ihr heraus. Im Bild der "künstlichen Intelligenz": Die Netzwerke waren geistig zu unflexibel, um dem Tod gerecht zu werden. Die richtige Einstellung ist schwer zu finden Brockells Erfahrung widerspricht der verbreiteten Furcht vor perfekten Datensammlungen, die über uns angelegt sind, und übermenschlich guter Überwachung durch Algorithmen. Sie sind nicht mehr so primitiv, dass sie uns völlig abseitige Werbung anzeigen. Sie sind aber auch noch nicht so komplex, dass sie sich an alle Unwägbarkeiten des Lebens geschmeidig anpassen. Um das zu schaffen, wäre entweder noch größere Datensammlungen und feinsinnigere Algorithmen nötig - also ein noch stärkeres Eindringen der Unternehmen in die Privatsphäre. Oder bessere Möglichkeiten, Werbung einzuschränken, die die intimsten Lebensbereiche betrifft. Damit diese wirklich viele Nutzer erreichen, müssten sie aber als Standardeinstellung gelten und nicht erst mühsam gesucht werden. Die Möglichkeit, Anzeigen zum Thema "Schwangerschaft" und "Elternschaft" abzustellen, fand Brockell erst nach dem Hinweis einer Person, die ihren offenen Brief gelesen hatte. Während sie trauerte, seien diese Einstellungen zu verwirrend für sie gewesen. (Zu finden sind diese Einstellungen für "Kindererziehung", "Alkohol" und "Haustiere" hier unter "Werbethemen verbergen".) Sie fordert, dass ein Begriff für Fehl- oder Totgeburt (im Englischen stillbirth) "automatisch eine Werbepause" auslösen sollte. Auch im Deutschen wird immer öfter der Begriff Stillgeburt verwendet, aus Rücksicht auf betroffene Frauen. Der österreichische Datenschutzaktivist Wolfie Christl äußert sich pessimistisch zu dem Fall. Er kommentiert auf Twitter: "Die heutige Werbetechnologie, die auf allgegenwärtigem Tracking basiert, kann nicht repariert werden." Brockell schreibt an die Unternehmen: "Wenn ihr klug genug seid, um zu merken, dass ich schwanger bin, dann seid ihr auch klug genug, um zu merken, dass mein Baby gestorben ist, und mir entsprechende Anzeigen zu zeigen, oder vielleicht, ganz vielleicht, überhaupt keine." Der Anfang ist gemacht. Neben Frauen, die von ihren verlorenen Babys erzählten, meldeten sich unter Brockells Brief Dutzende Informatiker, die gelobten, beim Programmieren künftig ethische Folgen ihrer Software stärker zu berücksichtigen. Rob Goldmann, bei Facebook für das Anzeigensystem zuständig, antwortete Brockell auf Twitter. Er entschuldigte sich für die "schmerzhafte Erfahrung", die sie erleben musste. Die Einstellung, die Anzeigen zum Thema "Kindererziehung" zu vebergen, werde man weiter verbessern. Brockell reagierte auf der Webseite ihres Arbeitgebers, der Washington Post: Wenn Facebooks Systeme auf Hinweise reagieren könnten, dass sie schwanger sei, sollten sie das auch auf Hinweise hin können, dass sie ihr Baby verloren habe. Wer mehr Kontrolle über die Anzeigen haben will, die ihm im Netz ausgespielt werden, kann das zum Beispiel auf youronlincechoices.com des digitalen Werbeverbundes EDAA tun.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-instagram-werbung-fehlgeburt-stillgeburt-anzeigen-1.4250009
Frau klagt Facebook und Instagram wegen Baby-Werbung an
00/12/2018
Gillian Brockell hat ihr Baby verloren, aber sie wird immer noch mit Werbung für Mütter-Zubehör belästigt. Jetzt knöpft sie sich Facebook und Instagram vor.
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Komm Gut Heim 2014 entwickelten drei Regensburger Studenten die Begleit-App mit dem unmissverständlichen Namen Komm Gut Heim. Anlass war ein Unternehmensgründungswettbewerb. Doch der schnelle Erfolg zeigte, wie groß der Bedarf ist - die App hat rund 60 000 registrierte Nutzer. Der virtuelle Begleiter kann den Weg seines Schützlings auf einer Karte mitverfolgen, gezeigt werden außerdem Informationen wie Gehgeschwindigkeit und Akkustand. Ist der Nutzer zu lange inaktiv, warnt die Anwendung und fragt nach. In einer Gefahrensituation alarmieren Nutzer mit einem Button Menschen, die sie vorher als Notfallkontakt gespeichert haben. Außerdem praktisch: Mit der App können Nutzer gleiche mehrere Menschen gleichzeitig begleiten - wichtig etwa für Eltern, die ihre Kinder auf dem Schulweg oder auf dem Weg zum Musikunterricht digital im Blick behalten wollen. Die Geo-Daten werden nur mit den ausgewählten Kontakten geteilt. Das Start-up speichert jedoch die Wege für zwei Wochen, falls es im Nachhinein nötig werden sollte, die Strecke nachzuvollziehen. (kostenlos, für Android und iOS)
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https://www.sueddeutsche.de/digital/digitale-sicherheit-apps-gegen-die-angst-1.4248579
Digitale Sicherheit - Apps gegen die Angst
00/12/2018
Die Apps Vivatar, my Bodyguards und Komm Gut Heim helfen.
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Niedlich sieht sie aus, die kleine graue Box mit den drei Knöpfen. Die "Playstation Classic" passt in eine Hand, sonst ähnelt sie dem deutlich größeren Original - der ersten Playstation von 1994. Entwickler Sony hat das Gehäuse detailgetreu nachgebaut, im Innern treiben natürlich moderne Komponenten die Retro-Konsole an. Vor knapp 25 Jahren war die Playstation eine Revolution. Die Konsole markiert den Start der 3D-Ära im Gaming. Spiele wie "Tomb Raider", "Resident Evil" und "Gran Turismo", deren Fortsetzungen zwei Jahrzehnte später noch auf den nachfolgenden Konsolen-Generationen erscheinen, wurden durch die Playstation geprägt und prägten ihrerseits viele Spieler und Spiele. Die Folge: Viele heute erwachsene Gamer blicken nostalgisch zurück, Retro-Gaming liegt schon seit Jahren im Trend. Der japanische Spieleentwickler Nintendo hatte mit seinen Neuauflagen der noch älteren Konsolen NES und SNES in den vergangenen beiden Jahren große Erfolge. Für Sony ist es also als ein logischer Schritt, die Kult-Konsole in einer überholten Form neu aufzulegen. Aber die Nachbildung der Kult-Konsole steht seit dem Marktstart in der Kritik. Ähnlich wie Nintendo liefert auch Sony ein Paket von 20 Spielen mit. Das auf dem Gehäuse angedeutete CD-Laufwerk dient nur der Zierde, die Computerspiele sind auf einer kleinen Festplatte gespeichert. Es muss also niemand seine alten Spiele vom Dachboden holen und entstauben. Mehr Spiele wird es erst einmal nicht geben. Zu dem Paket gehören absolute Klassiker wie das erwähnte "Resident Evil", "Grand Theft Auto" und "Final Fantasy 7". Außerdem stehen einige weniger bekannte Spiele zur Verfügung, zum Beispiel das Snowboard-Spiel "Cool Boarders 2" oder das Rätselspiel "Intelligent Qube". Liebe zum Detail beim Gehäuse, Mängel bei Technik Neben der Retro-Grafik der Spiele hat Sony versucht, viele Funktionen möglichst an die originale Playstation anzulehnen. Die Classic-Version ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet: Die beiden mitgelieferten Controller kennen weder die Vibrationsfunktion noch haben sie einen Steuerknüppel. Das macht die Steuerung in einigen Spielen aus heutiger Sicht ziemlich fummelig. Seine Spielstände speichert der Spieler auf virtuellen Speicherkarten und in umfangreicheren Titeln, zum Beispiel "Final Fantasy", bittet die Konsole zwischendurch um einen virtuellen CD-Wechsel. Ein Gag der Entwickler: Nach einem Druck auf den "Open"-Knopf am Gehäuse verschwindet die Nachricht. Trotzdem hat die Playstation Classic einige Mängel. Am wenigsten stört noch, dass zum Lieferumfang zwar ein USB-Kabel gehört, der Netzwerkadapter aber fehlt, um die Konsole an den Strom anzuschließen. Bei der Auswahl der Spiele hat Sony auf einige der wichtigsten Klassiker verzichtet: "Tomb Raider", "Gran Turismo" oder "Crash Bandicoot", eines der ersten Jump-'n'-Run-Spiele in 3D überhaupt, gehören nicht zu den 20 vorinstallierten Spielen. Sony plant nicht, die Konsole in Zukunft upzudaten, einen Internetanschluss hat die Classic auch keinen. Bei vielen Fans und Fachzeitschriften kommt die Konsole deshalb nicht besonders gut an. Unterschiedliche Versionen führen zu Rucklern Noch mehr als das Fehlen von Spielen wird kritisiert, dass viele der Spiele ruckelten oder die Grafik noch schlechter dargestellt werde als auf der ursprünglichen Playstation. Um die alten Games heute spielbar zu machen, nutzt die Playstation Classic einen Open-Source-Emulator, doch offenbar hat Sony bei der Umsetzung geschludert. Wie das Techportal Golem berichtet, kommt es im Rennspiel "Ridge Racer Type 4" zu Aussetzern beim Sound und die Bildrate stottert. Große Diskussionen unter Gamern löste zudem aus, dass die Spiele in unterschiedlichen Formaten auf der Playstation Classic installiert sind - neun in PAL und elf in NTSC. Die beiden Formate nutzen unterschiedliche Bildraten, dadurch werden neun der Spiele langsamer dargestellt. Im Test machte sich das am ehesten in "Grand Theft Auto" und in "Tekken 3" bemerkbar. Gelegenheitsspieler, die sich die Retro-Konsole der Nostalgie wegen gekauft haben, werden die Unterschiede ohne einen direkten Vergleich sonst nicht bemerken. Für die Computerexperten unter den Fans gibt es aber auch eine gute Nachricht: Weil die Software Open-Source ist, lässt sie sich vergleichsweise einfach manipulieren. Golem erklärt im Video, wie Spieler mit einer Tastatur in die Einstellungen gelangen, um dort die Grafik anzupassen. Bastler haben es mittlerweile auch geschafft, das von Sony ignorierte "Crash Bandicoot" auf der Playstation Classic zu installieren. Beides ist von den Entwicklern nicht vorgesehen. Aber möglicherweise braucht es einfach andere Hardware, um die Playstation-Klassiker zu Hause ruckelfrei spielen zu können. Wie ein Youtube-Video beweisen soll, läuft das Playstation-Spiel "Ridge Racer Type 4" auf der Nintendo-Nachbildung SNES Classic deutlich flüssiger als auf dem Gerät von Sony.
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https://www.sueddeutsche.de/digital/playstation-classic-spiele-test-1.4249418
Playstation Classic im Test: Jede Menge Fehler
00/12/2018
Sony hat die erste Playstation von 1994 geschrumpft und neu aufgelegt. Allerdings fehlen dem enthaltenen Spielepaket viele Klassiker.
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mlsum_de-train-220557
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Die Deutschen sind Bargeld-Fans. Die einzige politische Forderung, die kurzfristig ähnlich viele Wählerstimmen kosten dürfte wie die geplante Einführung eines Veggie-Days in deutschen Kantinen, ist die Abschaffung des Bargelds. Nur folgerichtig, dass das Land bei der Entwicklung mobiler Bezahlsysteme hinterherhinkt. Dabei tut sich auch in Deutschland was: In diesem Jahr betrug der Anteil des mit EC-Karte, Kreditkarte oder sonstigem bargeldlos Gezahlten fast 50 Prozent. Das beste Argument für diesen langsamen, aber doch stetigen Wandel: Bequemlichkeit. Banken bauen Filialen ab, die Suche nach einem Geldautomaten des eigenen Bankenverbundes ist frustrierend. Bezahlen mit dem Handy soll diese Entwicklung jetzt noch beschleunigen. Doch kann in Deutschland Ende 2018 überhaupt überleben, wer ausschließlich mit dem Telefon bezahlt? Ein zweiwöchiges Experiment mit Google Pay soll eine Antwort geben.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/bargeldlos-bezahlen-smartphone-1.4246748
Mobile Pay per Handy: Für Pommes und Burger reicht's
00/12/2018
Jetzt führt auch Apple in Deutschland mobiles Bezahlen ein. Google Pay für Android-Handys gibt es schon seit Juni. Aber kann das Smartphone im Alltag wirklich schon das Bargeld ersetzen? Ein Selbstversuch.
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Mit Apple Pay zu zahlen ist ab heute in Deutschland möglich. Allerdings bleiben viele Bankkunden außen vor. Bezahlen mit Apple Pay ist seit heute auch für iPhone-Besitzer in Deutschland möglich. Die Anmeldung dauert nur wenige Minuten und man benötigt nicht einmal eine extra App. iPhone-Nutzer öffnen auf ihrem Handy das Wallet - die digitale Brieftasche. Dort wird man direkt auf den neuen Bezahldienst hingewiesen. Um den Dienst nutzen zu können, braucht der Nutzer allerdings eine Kreditkarte, die von Apple Pay unterstützt wird. Welche das aktuell sind, erfährt man direkt beim Einrichten. Folgende Geldhäuser kooperieren aktuell mit Apple: Comdirect, Deutsche Bank, American Express, Boon, Bunq, Fidor Bank, Hanseatic Bank, Hypo Vereinsbank/Unicredit, N26, O2 Banking, Ticket Restaurant Edenred, Vimpay. Die Kreditkarte wird dann entweder über die Kamera eingescannt, oder man tippt die Daten manuell ein. Alles recht einfach und selbsterklärend - außer man ist kein Kunde bei einer der bereits kooperierenden Banken. Und das dürften in Deutschland einige sein, zum Beispiel alle Kunden von Sparkassen oder Volksbanken. Diesen Menschen bleibt nur das Hintertürchen über Dienste, die virtuelle Prepaid-Kreditkarten anbieten. Sparkassenkunden müssen einen Umweg gehen Der bekannteste Anbieter dafür ist Boon. Zuerst muss die Boon-App auf dem Handy installiert werden. Noch bevor man sich mit seinen persönlichen Bankdaten registriert, kommt bereits die erste Ernüchterung: Boon möchte nach drei kostenlosen Monaten eine Gebühr von 1,49 Euro pro Monat. Ist der Nutzer bereit, das zu zahlen, kann er mit der App eine virtuelle Kreditkarte erstellen, die dann wiederum im Apple-Wallet hinterlegt werden kann. Das funktioniert technisch einwandfrei. Allerdings ist Boon keine echte Kreditkarte, sondern ein Prepaid-System. Das bedeutet, der Kunde muss die virtuelle Kreditkarte in der Boon-App mit Guthaben aufladen - zum Beispiel über ein Kreditkartenkonto oder ein Girokonto bei seiner Hausbank. Im Basic-Paket geht das gerade mal mit hundert Euro pro Monat. Will man mehr Geld auf seine virtuelle Kredikarte buchen, muss man die Boon-Plus-Mitgliedschaft freischalten. Dafür braucht es dann Identitäts- und Adressnachweise, die man über die App hochladen muss. Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert die App Vimpay. Auch darüber kann man eine Prepaid-Kreditkarte aktivieren und mit einem Bankkonto verknüpfen, um am Ende über Apple Pay bezahlen zu können. Die Basisversion ist kostenlos und erlaubt einen Umsatz von 2500 Euro pro Jahr, am Tag kann man maximal hundert Euro einzahlen. Will man größere Beträge über Vimpay verwalten, kostet die App 4,99 Euro pro Monat. Der größte Nachteil dieser Apps: Der Kunde muss vor dem Bezahlen mit Apple Pay immer erst sicherstellen, dass sein Guthaben auf der virtuellen Kreditkarte für den Einkauf ausreicht - oder die Karte aufladen. Beim Apple-Konkurrenten Google, der mit Google Pay bereits seit diesem Sommer ein kontaktloses Bezahlsystem per Smartphone anbietet, ist die Liste der kooperierenden Banken zwar noch kürzer. Dafür bietet Google seit Oktober die Möglichkeit, ein Paypal-Konto als Zahlungsmittel zu nutzen, wenn man ein Bankkonto bei Paypal hinterlegt hat. Der US-Zahlungsdienst kann prinzipiell von jedem genutzt werden und hat laut eigenen Angaben in Deutschland aktuell mehr als 20 Millionen Nutzer.
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https://www.sueddeutsche.de/digital/apple-pay-bezahlen-kreditkarte-1.4248233
Apple Pay einrichten und nutzen
00/12/2018
Apple Pay auf dem iPhone einzurichten, geht in wenigen Minuten - wenn man die richtige Kreditkarte hat. Google ist seinem Konkurrenten auch hier einen Schritt voraus.
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mlsum_de-train-220559
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Jeder Staatsbürger muss sich an die im Bundesgesetzblatt verkündeten Gesetze halten. Zugriff auf die Publikation haben die Bürger jedoch bislang nur eingeschränkt. Jedes Gesetz, das in Deutschland gelten soll, muss vorher im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. So schreibt es Artikel 82 des Grundgesetzes vor - welches am 23. Mai 1949 selbst in der ersten Ausgabe des Bundesgesetzblattes verkündet wurde. Das Bundesgesetzblatt ist ein hochoffizielles amtliches Organ. Jeder Staatsbürger muss sich an die darin verkündeten Gesetze halten. Zugriff auf die Publikation hatten die Bürger jedoch bislang nur eingeschränkt. Aktivisten der Open Knowlegde Foundation (OKF) wollen das ändern und veröffentlichen am Montag alle Ausgaben frei im Internet. Die Süddeutsche Zeitung konnte das Portal vorab einsehen. Die OKF, die sich für Informationsfreiheit einsetzt, greift damit ein Monopol an. Denn das Bundesgesetzblatt ist trotz aller Amtlichkeit ein kommerzielles Produkt eines profitorientierten Unternehmens. Der für seine Verbreitung zuständige Bundesanzeiger-Verlag wurde zuerst teilweise und dann ganz privatisiert. Seit 2006 ist er eine hundertprozentige Tochter des Kölner Medienkonzerns Dumont, zu dem auch Regionalzeitungen und Radiosender gehören. Verschiedene Abo-Modelle Dumont bietet verschiedene Abo-Modelle rund ums Bundesgesetzblatt an: Für 85 Euro pro Halbjahr bekommt man jede neue Ausgabe gedruckt nach Hause, für halbjährlich 99 Euro digitalen Zugriff auf das gesamte Archiv, für 24 Euro eine E-Mail-Benachrichtigung bei jeder Neuerscheinung. Kostenlos gibt es lediglich eingeschränkten Online-Zugang. Die Datenbank lässt sich nicht durchsuchen, die PDF-Dateien lassen sich nicht ausdrucken und dürfen nicht weiterverarbeitet werden. Für die allermeisten Bürger dürfte dieses Angebot ausreichen. Zumal das Bundesjustizministerium ein eigenes Online-Portal betreibt, in dem der jeweils aktuelle Stand aller Gesetze unbeschränkt veröffentlicht ist (anders als im Gesetzblatt lassen sich darüber beispielsweise Gesetzesänderungen nicht nachvollziehen). Auf dieses Angebot weist auch ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage hin. Für die OKF geht es aber um eine Grundsatzfrage: "Amtliche Dokumente müssen kostenfrei und uneingeschränkt online für die Öffentlichkeit zugänglich sein", schreiben die Aktivisten, "Monopolisten dürfen nicht für den Zugang zu staatlichen Daten zur Kasse bitten. Das Urheberrecht muss geändert werden, damit zentrale Dokumente der Demokratie offen bereitstehen." Der Bundesanzeiger-Verlag verweist auf Anfrage darauf, dass die amtliche Verbreitung des Bundesgesetzblattes die gedruckte Ausgabe sei. Der Online-Zugang sei ein reines Zusatzangebot des Verlages. Zugangsbeschränkungen dank Urheberrecht? Im Kleingedruckten auf der Verlags-Webseite sind die Zugangsbeschränkungen mit dem Urheberrecht begründet. Von diesem sind amtliche Schriftstücke wie die Bundesgesetzblätter zwar zunächst ausgenommen - niemand kann sich solche Texte schützen lassen. Der Bundesanzeiger-Verlag argumentiert aber mit dem Datenbankschutz. Das ist ein spezieller Passus im Urheberrechtsgesetz, der systematische Sammlungen von Werken unter Schutz stellt, selbst wenn die Werke selbst nicht geschützt sind. Wer sich also die Mühe macht, Texte aus verschiedenen Quellen zusammenzutragen, aufzubereiten und systematisch zu ordnen, dem gesteht das Recht einen gewissen Schutz zu. Voraussetzung ist dabei, dass der Aufbau der Datenbank "eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert". Verlag und Justizministerium sehen diesen Aufwand als erbracht an. Manche Urheberrechtler kommen zu einer anderen Einschätzung. Denn der Verlag bekommt die Dokumente vom Justizministerium fertig geliefert und muss sie nur noch online stellen. Genau das macht nun die Open Knowlegde Foundation - nur eben ohne Einschränkungen. Die Dokumente lassen sich abspeichern, kopieren, ausdrucken und weiterverbreiten. Eine Abmahnung durch den Bundesanzeiger-Verlag nimmt die Organisation dabei bewusst in Kauf. "Dann könnten wir die Rechtmäßigkeit der Zugangsbeschränkung grundsätzlich vor Gericht klären lassen", sagt Arne Semsrott, der sich bei der OKF um das Thema Informationsfreiheit kümmert, "wir sehen dem gelassen entgegen." Es stellt sich die Frage, warum das Bundesjustizministerium die Dokumente nicht einfach selbst online stellt. Die Antwort erzählt auch etwas über den Stand der Digitalisierung des deutschen Staatswesens. Denn der primäre Verbreitungsweg der Bundesgesetzblätter ist eben weiterhin die gedruckte Ausgabe. Der Bundesanzeiger-Verlag hat sich gegenüber dem Bundesjustizministerium verpflichtet, sich um Druck und Vertrieb zu kümmern. Und darf im Gegenzug eben auch an der Online-Version etwas dazuverdienen. So lässt es sich aus dem Vertrag zwischen Verlag und Ministerium herauslesen - den die Vertragspartner allerdings lieber unter Verschluss halten möchten und auch auf Drängen der Open Knowlegde Foundation nur mit umfangreichen Schwärzungen offengelegt haben. Ein interessanter Satz immerhin ist frei lesbar: "Der Bund beabsichtigt, die heutigen Funktionen des Bundesgesetzblattes künftig ganz oder teilweise von einem hierzu noch zu beauftragenden Dritten in elektronischer Form erfüllen zu lassen." Das Bundesjustizministerium teilt dazu mit, es beabsichtige, die Voraussetzungen dafür im Laufe der aktuellen Legislaturperiode zu schaffen. Der Bundesanzeiger-Verlag betreut noch eine Reihe weiterer Veröffentlichungen und Portale des Bundes, etwa das Transparenzregister, die Drucksachen des Bundestags und eben den Bundesanzeiger, in dem amtliche und gerichtliche Bekanntmachungen sowie Geschäftsberichte von Unternehmen veröffentlicht werden. Die Stellungnahme des Bundesjustizministeriums wurde nachträglich ergänzt.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/offene-daten-aktivisten-stellen-alle-bundesgesetzblaetter-ins-netz-1.4246682
Offene Daten - Aktivisten stellen alle Bundesgesetzblätter ins Netz
00/12/2018
Im Bundesgesetzblatt werden alle beschlossenen Gesetze verkündet. Daran muss sich jeder Bürger halten, aber nicht jeder darf auf sie kostenlos zugreifen. Die Open Knowledge Foundation ändert das nun.
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Nach einem EuGH-Urteil sind Facebook und die Betreiber von Fanpages für die Nutzerdaten verantwortlich. Rechtsanwältin Franziska Ladiges erklärt, was nun zu beachten ist. Im Juni hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Betreiber von Facebook-Fanpages zusammen mit Facebook dafür verantwortlich sind, wie Daten verarbeitet werden. Das Unternehmen hat seine Nutzungsbedingungen aktualisiert und die Berliner Datenschutzbeauftragte einen Fragenkatalog veröffentlicht, mit dem die Betreiber prüfen sollen, ob sie die gesammelten Daten rechtmäßig verarbeiten. Franziska Ladiges, Rechtsanwältin im Bereich IT bei SKW Schwarz in München, weiß, was die Fanpage-Betreiber beachten sollten, ob ihnen nun Abmahnungen drohen. SZ: Frau Ladiges, wie sieht eine datenschutzkonforme Facebook-Fanpage aus? Franziska Ladiges: Betreiber sollten Besuchern ihrer Website oder Fanpage in jedem Fall transparent machen, welche Daten zu welchem Zweck durch wen verarbeitet werden, und sie sollten darüber aufklären, dass sie dafür die gemeinsame Verantwortlichkeit mit Facebook tragen. Die Datenschutzerklärung der Unternehmen, auf die auf jeder Webseite verlinkt werden muss, ist anzupassen. Besonders die Besucher sind zu berücksichtigen, die kein Mitglied von Facebook oder einer anderen Social-Media-Plattform sind, weil sie der Verarbeitung ihrer Daten durch Facebook nie zugestimmt haben. Dass er eine rechtmäßige Datenverarbeitung gewährleisten kann, muss der Fanpage-Betreiber nachweisen können. Und er muss angeben, wem gegenüber Seitenbesucher ihre Rechte aus der DSGVO geltend machen können. Interview am Morgen Diese Interview-Reihe widmet sich aktuellen Themen und erscheint von Montag bis Freitag spätestens um 7.30 Uhr auf SZ.de. Alle Interviews hier. Reicht das? Nutzt der Betreiber der Social-Media-Plattform Trackingtools, muss er nach Ansicht der Datenschutzkonferenz auch dazu eine Einwilligung der Besucher einholen. Diese Anforderung ist jedoch stark umstritten, da anonymes Tracking auch auf das berechtigte Interesse des Betreibers gestützt werden könnte. Inwieweit soll der jetzt veröffentlichte Fragenkatalog der Berliner Datenschutzbeauftragten dabei helfen? Der Fragenkatalog ist sehr detailliert und wird durch die Betreiber von Fanpages nicht ohne die Hilfe von Facebook bearbeitet werden können. Er zeigt, worauf die Aufsichtsbehörde ein besonderes Augenmerk legt. Aus dem Fragenkatalog ergibt sich, dass die Behörde davon ausgeht, dass die bislang von Facebook vorgelegte Vereinbarung nicht ausreichend ist, um Datenschutzkonformität herzustellen. Betreiber von Fanpages sind insofern gut beraten, so detaillierte Informationen zur gemeinsamen Verarbeitung wie möglich in ihre Datenschutzerklärungen aufzunehmen. Was können die Betreiber dabei alles falsch machen? Die größte Hürde dürfte noch immer sein, dass Facebook keinen Einblick in die internen Verarbeitungsvorgänge gewährt. Insofern stehen Betreiber einer Fanpage vor einem Informationsdefizit und können nicht so detailliert aufklären, wie sich einige Datenschutzbehörden das wohl vorstellen. Aber die Datenschutzerklärung sollte so transparent wie möglich über die Datenverarbeitung und die Rechte der Besucher aufklären. Drohen Sanktionen, wenn die Betreiber die Vorgaben nicht einhalten? Die zuständige Aufsichtsbehörde kann die umgehende Stilllegung der Fanpage verlangen und Bußgelder nach der DSGVO verhängen. Zu beachten ist, dass erster Ansprechpartner für die korrekte Ausgestaltung des Datenschutzes auch nach Ansicht des EuGH Facebook ist. Inwiefern sich deutsche Aufsichtsbehörden daran halten, bleibt abzuwarten. Müssen die Betreiber zusätzlich mit Abmahnungen rechnen? Abmahnungen durch Nutzer oder Konkurrenten sind aktuell nicht sehr wahrscheinlich. Zum einen gibt es inzwischen Gerichtsurteile, die die Abmahnfähigkeit von Verstößen gegen Datenschutzvorschriften verneinen (z.B. LG Bochum vom 07.08.2018, I.12 O 85/18 ). Zum anderen ist die Rechtslage zu Fanpages bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - auf dessen Vorlagefragen hatte der EuGH entschieden - nicht abschließend geklärt, sodass nicht einmal feststeht, ob es tatsächlich einen Verstoß gibt. Was raten Sie den Betreibern von Facebook-Fanpages? Auf keinen Fall sollten Fanpage-Betreiber in Panik geraten und voreilig ihre Fanpage stilllegen. Viele Unternehmen nutzen ihre Fanpage, um Kunden oder Mitarbeiter zu gewinnen. In diesem Fällen wäre eine Stilllegung fatal. Wird die Fanpage nicht aktiv genutzt, ist die vorübergehende Stilllegung eine Option. Die Betreiber sollten die Entwicklung weiter verfolgen und abwarten. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wird entscheidend dafür sein, wie es mit diesen Seiten weitergeht.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-fanpage-datenschutz-rechtsanwalt-1.4227276
Datenschutzrecht bei Facebook-Fanpages
00/12/2018
Nach einem EuGH-Urteil sind Facebook und die Betreiber von Fanpages für die Nutzerdaten verantwortlich. Rechtsanwältin Franziska Ladiges erklärt, was nun zu beachten ist.
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Am Anfang war das Holzkästchen Vor 50 Jahren erblickte die Welt die erste Computermaus - lange bevor die ersten Personal Computer auf den Markt kamen. "X-Y Position Indicator for a Display System" nannte Computerpionier Douglas C. Engelbart seine Erfindung, die er am 9. Dezember 1968 auf einer Konferenz in San Francisco erstmals präsentierte. Von einem Teilnehmer ist die Äußerung überliefert, das kleine Gerät sei "das nächste große Ding nach LSD". Außerhalb des anwesenden Fachpublikums stieß das kleine Gerät vorerst auf nur wenig Begeisterung. Mit heute gängigen Computermäusen hatte das erste Exemplar noch wenig Ähnlichkeit. Der Prototyp bestand aus einem klobigen Holzkästchen mit einer roten Taste zum Klicken und einem Rad, das die Bewegungen des Geräts auf dem Bildschirm umsetzte. Die Bezeichnung "Maus" kommt übrigens von Erfinder Engelbart selbst, weil ihn das Kabel an dem Holzkästchen an einen Mäuseschwanz erinnerte. Engelbart arbeitete später als Berater für Sun Microsystems. Der Mäuse-Erfinder gilt heute als einer der großen Pioniere des Informationszeitalter. Er starb 2013 im Alter von 88 Jahren.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/50-jahre-computermaus-1.232009
50 Jahre Computermaus: Das nächste große Ding nach LSD
00/12/2018
Etwas ungelenk, aber dafür mit Holzverkleidung: Vor 50 Jahren bewegte sich erstmals eine Computermaus. Erfunden wurde sie aber weder von Microsoft, noch von Apple oder Logitech.
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Am Thema künstliche Intelligenz (KI) scheiden sich die Geister. Die einen befürworten eine intensive Nutzung von KI, darunter zum Beispiel der Facebook-Gründer Marc Zuckerberg. Er propagiert neue gesellschaftlich wünschenswerte Anwendungen wie etwa den Einsatz in der medizinischen Diagnose und Therapie. Eine große Zahl von Beratungsfirmen baut KI-Abteilungen auf und verdient damit viel Geld. Der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Erik Brynjolfsson vom Massachusetts Institute of Technology bezeichnet künstliche Intelligenz als die bedeutendste "General Purpose Technology" (Basistechnologie) unserer Zeit. Die unzähligen Möglichkeiten, KI im Alltag oder branchenübergreifend in Unternehmen anzuwenden, scheinen ihm recht zu geben. Hinzu kommt, dass die Algorithmen viele Jobs in der Regel sehr gut erledigen: Sie analysieren auf Basis von CT-Bildern Krankheiten, sagen Aktienkurse vorher, erkennen Gesichter oder verhindern Cyberangriffe. Detailansicht öffnen Peter Buxmann, 54, ist Universitätsprofessor für Wirtschaftsinformatik, Software & Digital Business an der TU Darmstadt und leitet dort auch das Innovations- und Gründungszentrum HIGHEST. (Foto: OH) Auf der anderen Seite gibt es viele Kritiker, Tesla-Chef Elon Musk etwa, und auch das verstorbene Physik-Genie Stephen Hawking gehörte dazu. Die Befürchtung: KI könnte sich eines Tages selbst verbessern, sodass in einem sich verstärkenden Kreislauf eine Superintelligenz entsteht - ein Intellekt also, der dem Menschen in allen Bereichen überlegen ist und ihn beherrscht. Zukunftsforscher Ray Kurzweil ist angeblich sogar in der Lage, ein Datum zu nennen, wann dies passieren wird: im Jahr 2045. Ob die Prognose seriös ist, darf bezweifelt werden. Algorithmen sind bisher nur sehr beschränkt einsetzbar Algorithmen oder Roboter, die der Menschheit überlegen sind, sind seit Jahrzehnten ein beliebtes Thema und Gegenstand von Dystopien oder Science-Fiction-Filmen wie "Alien", "Blade Runner" oder "Terminator". Herbert A. Simon, einer der Väter der KI, sagte schon 1965 voraus, dass es nur noch zwanzig Jahre dauern werde, bis Maschinen in der Lage seien, jede Arbeit zu erledigen, die bislang Menschen vorbehalten war. Der Status quo der KI-Anwendung sieht dagegen so aus: Algorithmen sind darauf spezialisiert, bestimmte Probleme zu lösen; darin sind sie kaum zu schlagen, aber kein Algorithmus würde auf die Idee kommen, sein Anwendungsgebiet zu erweitern. Es gibt auch keine erfolgversprechenden Ansätze, die in der Lage wären, eine solche Superintelligenz mit eigenem Bewusstsein zu entwickeln. Ist also alles in bester Ordnung? Können wir sorglos in eine Zukunft blicken, in der KI uns bei vielen Tätigkeiten und Entscheidungen unterstützt und unsere Gesellschaft dadurch verbessert? So einfach ist es leider nicht. Wir müssen beachten, dass es sich bei den meisten KI-Algorithmen um "Black Boxes" handelt. Sie geben häufig nicht preis, warum sie wie entschieden haben. Das mag in manchen Fällen unproblematisch sein, in vielen anderen ist es das aber nicht. In einigen Unternehmen sind heute schon KI-Lösungen bei der Auswahl von Personal im Einsatz. Arbeitet der Algorithmus nach dem Black-Box-Prinzip, können wir die Auswahlentscheidung nicht erklären. Zudem wissen wir nicht, ob der Algorithmus Parameter wie Geschlecht, Hautfarbe oder Religion in seine Entscheidung einbezogen hat. Wollen wir solche Algorithmen? Die Antwort muss heißen: nein.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/kuenstliche-intelligenz-algorithmen-ethik-1.4235816
"Algorithmen ""Made in Germany"" - KI braucht Ethik"
00/12/2018
Deutschland muss versuchen, den technologischen Abstand zu China und den USA zu verringern. Auf ethische Standards sollten wir dabei aber auf keinen Fall verzichten.
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Im Februar 2015 hatte Mike LeBeau Bedenken. Um seiner Sorge Nachdruck zu verleihen, schickte der Facebook-Produktmanager in einer Mail an Kollegen sogar die Schreckensvision einer kritischen Schlagzeile über den Konzern: "Facebook verwendet neues Android-Update, um auf noch erschreckendere Weise in deinem Privatleben herumzuschnüffeln." Mit solchen Nachrichten werde man sich herumschlagen müssen, wenn Journalisten auf ihren Plan aufmerksam würden. Als die Mail verschickt wurde, arbeitete das Entwickler-Team gerade an einem Update für Facebook, das dem Netzwerk auf Android-Handys weitreichende Befugnisse einräumen würde: Die App sollte auf SMS und die Anrufliste zugreifen und diese auf Facebooks Server laden. Wenn Facebook sehen darf, wer wen anruft, kann das Unternehmen zum Beispiel erkennen, ob der Gesprächspartner auch auf Facebook ist - und ihn als Kontakt vorschlagen. So vernetzt das Unternehmen Menschen anhand ihres Verhältnisses außerhalb von Facebook - was diese vielleicht gar nicht wollen. Ein Patient etwa will ja nicht seinen Psychotherapeuten als Freund vorgeschlagen bekommen. Mit diesem Manöver wollte LeBeau nichts zu tun haben. Er schrieb: "Wir haben nicht begriffen, dass es derart riskant sein würde." Doch als Antwort bekam er nur: Das "Growth-Team", Facebooks Einheit, die für das Nutzerwachstum zuständig war, werde das Update durchziehen - und zwar ohne die Nutzer klar und deutlich zu informieren, wie weitreichend der Eingriff werde. Diese ernüchternde Antwort kam ausgerechnet vom "Privatsphäre-Beauftragten" des Konzerns, Yul Kwon, dem der Schutz von Nutzern eigentlich am Herzen liegen sollte. Der Mail-Wechsel ist am Mittwoch bekannt geworden. Er ist Teil einer Sammlung interner E-Mails auf 223 Seiten, die einen seltenen Einblick in die strategischen Überlegungen eines der größten Konzerne des Silicon Valley geben. Auch Mails aus der Chefetage sind darunter, von Konzernchef Mark Zuckerberg und Geschäftsführerin Sheryl Sandberg. Facebook klagt, die Mails seien aus dem Kontext gerissen Veröffentlicht hat die Nachrichten der britische Parlamentsabgeordnete Damian Collins, ein Kritiker des Unternehmens. Sie stammen aus einem Gerichtsprozess zwischen dem App-Entwickler Six4Three und Facebook. Das Parlament hatte sich die Prozessakten im Rahmen der Aufklärung über die Hintergründe des Cambridge-Analytica-Skandals besorgt. In einer Stellungnahme erklärte Facebook: Die Mails stammten aus den Jahren 2012 bis 2015 und seien veraltet. Facebook habe sich massiv verändert und achte nun viel mehr auf Datenschutz. Zudem seien die Mails selektiv ausgewählt und aus dem Kontext gerissen. Die E-Mails geben Aufschluss darüber, wie rücksichtslos Facebook in seinen Anfangsjahren das Wachstum voran trieb. Sie zeigen, was sich hinter dem philanthropisch anmutenden Motto "die Welt vernetzen" verbarg: volles Bewusstsein für die Risiken des eigenen Geschäftsmodells, für das Facebook immer mehr Daten über Nutzer sammelte und vernetzte, um mehr Geld von Anzeigenkunden zu bekommen - dabei setzte das Unternehmen unter anderem auf sogenannte"dunkle Muster"(dark patterns). Dabei handelt es sich um manipulatives Design, mit dem Nutzer ausgetrickst werden sollen. So zeigen die E-Mails, wie Facebook aus Angst vor einem Imageschaden das Android-Update absichtlich so konstruierte, dass die Nutzer nicht klar vor den weitreichenden Zugriffsrechten gewarnt wurden. Die Dokumente zeigen auch, wie Facebook gegen Konkurrenten vorging: Wer der Expansion im Weg stand, wurde blockiert oder gekauft. Die Mails legen das Plattform-Modell der digitalen Ökonomie schonungslos offen: Facebook nutzte seine Macht gegenüber den Entwicklern kleiner Apps, die an das Netzwerk andocken wollten. Das Ziel: an immer mehr Daten zu kommen. Zuckerbergs Strategie war den E-Mails zufolge: Die Drittanbieter mussten alle Informationen, die Nutzer innerhalb ihrer Apps veröffentlichten, auch auf Facebook teilbar machen. "Wir verkaufen keine Daten" war nach dem Cambridge Analytica-Skandal das Mantra des Unternehmens. Eine E-Mail von 2012 zeigt allerdings, dass Zuckerberg überlegte, ob er von App-Entwicklern nicht 10 Cent pro Nutzer und Jahr verlangen sollte. Dann könnten die zum Beispiel auf die Listen der Freunde ihrer Nutzer zugreifen, eine Option, die Datenschützer kritisch sehen. Und er sah es demnach als essenziell für sein Geschäftsmodell an, möglichst viele Quellen für Daten anzuzapfen: Dass App-Entwickler über Facebook Zugriff auf Nutzer des Konzerns bekommen, das "könnte gut für die Welt sein, aber nicht für uns, außer die Menschen teilen Inhalte mit Facebook und diese erhöhen den Wert unseres Netzwerkes." Sheryl Sandberg antwortete knapp: "Ich mag volle Gegenseitigkeit." Die Daten müssen frei zirkulieren, ist Facebooks Maxime Von dieser Form von "Gegenseitigkeit" profitierte das Unternehmen stärker als jene App-Entwickler, die sich in Abhängigkeit von Facebook begaben. Die Apps sind gezwungen, ihren Nutzern zu ermöglichen, Informationen auf Facebook zu verbreiten. Die nutzt das Netzwerk ganz in Zuckerbergs Sinne, um Anzeigenkunden maßgeschneiderte Werbeplätze auf den Bildschirmen der Mitglieder zu verkaufen. Facebook verweist darauf, dass diese Option für Nutzer freiwillig sei. Niemand werde zum Teilen der Informationen gezwungen. Es war also von höchster Stelle gewollt, dass Daten frei zwischen dem Netzwerk und den verbundenen Apps zirkulieren; und ebenso, dass die externen App-Bauer Daten ihrer Nutzer nicht nach ihrem Ermessen vor Facebook schützen können. Dass durch diese Wechselwirkung das Risiko unkontrollierter Datenabflüsse und anderem Missbrauch stieg, wurde von hochrangigen Mitarbeitern zwar angemerkt, Zuckerberg tat das aber als unwahrscheinlich ab: "Ich glaube nicht, dass das strategische Risiko eines Datenlecks so groß ist wie du denkst", antwortete der Facebook-Chef lapidar. Wenige Jahre später geschah genau das: Im Fall Cambridge Analytica kopierten dubiose Drittfirmen und Entwickler unkontrolliert Massen an Nutzerdaten. Der Fall brachte Zuckerberg Anfang des Jahres Ladungen vor den US-Kongress und das EU-Parlament ein. Die Mails zeigen auch, wie Facebook mit möglichen Konkurrenten umging. 2013 brachte Twitter seine App Vine auf den Markt, mit der Nutzer kurze Videos filmen und veröffentlichen konnten. Facebook schnitt die App den Dokumenten zufolge kurzerhand vom Datenstrom auf seiner Plattform ab. "Wenn keiner Einwände hat, machen wir ihre Freunde-Schnittstelle heute dicht", schrieb Justin Osofksy. Zuckerberg antwortete: "Ja, mach das." Die Folge: Twitters Video-Projekt kam nicht mehr an die wertvollen Informationen, mit wem seine Nutzer auf Facebook vernetzt waren. 2016 gab Twitter bekannt, Vine nicht mehr weiterentwickeln zu wollen, der Dienst ist praktisch tot. Unternehmen wie die Dating-App Tinder oder die Unterkunfts-Plattform Airbnb, die Facebook nicht als Konkurrenten sah, bekamen den Mails zufolge dagegen privilegierten Zugang zu den Daten über "Freunde". Aus den Dokumenten lässt sich auch erahnen, wie Facebook die Übernahme der Chat-App Whatsapp vorbereitete. Anfang 2014 kaufte Facebook Whatsapp für 19 Milliarden Dollar. In den Mails sind Teile einer Marktanalyse für den Zeitraum August 2012 bis März 2013 enthalten. Eine Grafik in der Präsentation zeigt, dass über Whatsapp zu diesem Zeitpunkt bereits 8,2 Milliarden Nachrichten verschickt werden - in der Mobilversion von Facebook dagegen nur 3,5 Milliarden Nachrichten. Das heißt: Whatsapp war schon auf vielen Mobilgeräten installiert und hatte deutlich aktivere Nutzer. Für Facebook ging es in diesen Jahren darum, sich von einer Web-Plattform in eine App zu verwandeln mit der sich Mobilgeräte der Welt erobern ließen. Whatsapp lief bereits auf vielen von ihnen. Pikant ist die Art und Weise, wie Facebook an die Daten kam. Das Unternehmen hatte eine VPN-App namens Onavo gekauft. Mit der wollen sich Nutzer eigentlich gegen Überwachung schützen, indem sie beim Surfen ihren Standort verschleiern. Facebook nutzte die übernommene App als eine Art Spionage-Werkzeug. Dass es sich um ein Facebook-Produkt handelt, das Nutzerdaten weitergibt, war nicht zu erkennen, erst im letzten Satz der offiziellen App-Beschreibung tauchte erstmals der Konzernname auf. Die Daten, wie sich Nutzer verhielten, liefen über die Server von Facebook und wurden vom Unternehmen ausgewertet. Facebook erklärte im Juni, dass es die Daten auswertet, um zu sehen, welche Produkttypen populär sind und wie Nutzer sie verwenden. Die Grafiken speisen sich aus diesen Onavo-Daten und verdeutlichen, warum Facebook in Whatsapp einen rasant wachsenden Rivalen sah - und sich für eine Übernahme entschied.
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https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-zuckerberg-datenschutz-1.4242037
Facebook - Mails offenbaren Zuckerbergs Strategie
00/12/2018
Rücksichtslos gegen Konkurrenten, manipulatives Design, Wachstum vor Datenschutz: Dokumente legen das Geschäftsmodell von Mark Zuckerberg und seinen Managern schonungslos offen.
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mlsum_de-train-220564
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Ein Fußabdruck im Schlamm oder ein Haar auf der Matratze - im Fernsehen ermitteln Polizisten und Staatsanwälte vor allem analog. Mit der Realität hat das nicht viel zu tun, ein Gutteil der Strafverfahren basiert auch auf Spuren, die Täter im Netz hinterlassen. Die Daten bewegen sich dabei über Ländergrenzen hinweg; Strafverfolgungsbehörden können das aber nicht so leicht. Das will die Europäische Kommission ändern: Am Freitag werden die EU-Justizminister in Brüssel voraussichtlich einen Gesetzesvorschlag verabschieden, der grenzüberschreitende Ermittlungen im Netz erleichtern soll - obwohl das Vorhaben von Juristen, aber auch der Bundesregierung heftig kritisiert wird. Strafverfolger begrüßen die geplante "E-Evidence-Verordnung. "Der Vorschlag ist eine richtige Reaktion auf die Notwendigkeiten der Praxis. Wir haben im Bereich der Cyberkriminalität kaum ein Verfahren, dass keine internationalen Bezüge aufweist", sagt etwa Oberstaatsanwalt Markus Hartmann, der in Köln eine Zentral- und Ansprechstelle für Cybercrime leitet. Aber auch bei analogeren Straftaten wie Betrug oder Erpressung steige die Bedeutung elektronischer Spuren, das zeige die Masse an Anfragen, die sein Team dazu erreiche. Will die Polizei oder die Staatsanwaltschaft auf Daten zugreifen, die in einem anderen Mitgliedsstaat gespeichert sind, muss sie bislang den Weg der Rechtshilfe gehen, sich also an die Behörden des jeweiligen Staates wenden, die dann wiederum beim jeweiligen Provider um die Daten bitten. Das hat einen Nachteil: "Die traditionellen Mittel der Rechtshilfe dauern zu lange", sagt Markus Hartmann. Die Behörden des Staates hätten kaum noch Mitsprache Die E-Evidence-Verordnung sieht darum eine Abkehr von diesem lang eingeübten System der Rechtshilfe vor: Bei Straftaten, die mit Haft von mindestens drei Jahren bedroht sind, sollen sich Strafverfolger direkt an Provider oder Diensteanbieter in einem anderen Mitgliedstaat wenden können. Sie könnten Metadaten, unter strengeren Voraussetzungen aber auch den Inhalt von E-Mails oder Messengernachrichten abfragen - und zwar ohne, dass der Staat, in dem sich die betreffende Person befindet, noch großes Mitspracherecht hätte. Vor allem dieser Punkt sorgt für Kritik, unter anderem von der Bundesrechtsanwaltskammer, von Bürgerrechtlern, aber auch von Justizministerin Katarina Barley (SPD). Die Verordnung gebe "Anlass zu großer Sorge", heißt es etwa in einem Brief, den Barley und andere EU-Justizminister an die europäische Ratspräsidentschaft geschrieben haben, und welcher der SZ vorliegt. Die Kritik entzündet sich vor allem an zwei Überlegungen. Zum einen hätte es unter der E-Evidence-Verordnung nicht mehr der Staat in der Hand, Strafermittlungen eines anderen Mitgliedsstaates voranzutreiben, sondern Provider oder Diensteanbieter - also private Unternehmen wie zum Beispiel Google, Paypal oder Facebook. Staatsanwalt Hartmann sagt, dass diese Firmen jetzt schon bei der europäischen Strafverfolgung mitwirkten, allerdings auf freiwilliger Basis nach entsprechenden Anfragen von europäischen Behörden. Künftig wären sie zur Mitwirkung verpflichtet. Zum anderen könnte die Verordnung dazu führen, dass in Deutschland auch wegen Straftaten (elektronisch) ermittelt werden könnte, die in Deutschland gar nicht strafbar sind. Die Bundesrechtsanwaltskammer nennt in einer Stellungnahme als Beispiel "politisch motivierte Verfolgung wegen zu diesem Zweck geschaffener Delikte", andere Kritiker verweisen auf Polen: Dort ist Abtreibung verboten. Auch Hartmann fände es gut, wenn der jeweilige Mitgliedsstaat zumindest über solche Ermittlungen in seinem Territorium informiert würde: Oft erfahren Strafverfolger auf diesem Weg von neuen Betrugsmaschen, die bald auch in Deutschland ausprobiert werden. Trotz der grundsätzlichen Bedenken gehen Europaabgeordnete und Diplomaten davon aus, dass sich am Freitag bei der Mehrheitsabstimmung in Brüssel die Befürworter durchsetzen werden, was die Debatte allerdings nur verlagern würde: Außer den Ministern muss sich auch das Europäische Parlament mit der Vorlage befassen. Die deutsche Abgeordnete Birgit Sippel (SPD) wird am Montag im zuständigen Parlamentsausschuss einen ersten Bericht zum Verordnungsvorschlag vorstellen. Sie sagt, sie teile viele der Bedenken, die gegen die E-Evidence-Verordnung vorgebracht werden: "Wir sind nicht gegen die Idee als solche. Aber unser Eindruck ist, dass hier sehr schnell über Fragen und Bedenken hinweggegangen wurde", sagt sie.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/e-evidence-rechtshilfe-europa-bruessel-1.4240106
Rechtshilfe in Europa: Grenzenlose Ermittlungen
00/12/2018
Neue EU-Regeln sollen es der Polizei erleichtern, an Daten aus dem EU-Ausland zu kommen. Deutschland ist skeptisch, trotzdem wird die Verordnung heute vermutlich von den EU-Justizministern beschlossen.
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Die Dokumentensammlung hat 250 Seiten: interne E-Mails des Facebook-Managements, Präsentationen. Unten am Rand jeder Seite steht "Confidential" oder "Highly Confidential", vertraulich oder streng vertraulich. Doch seit diesem Mittwoch finden sich diese Firmeninterna des amerikanischen Online-Netzwerks auf der Webseite des britischen Parlaments. Der Ausschuss für Digitales, Kultur und Medien hat sie veröffentlicht. Die Parlamentarier untersuchen, wie der Konzern mit persönlichen Daten umgeht. Und nach Ansicht von Damian Collins, dem Vorsitzenden des Gremiums, zeigen die Papiere, dass die Kalifornier die Privatsphäre ihrer Nutzer nicht ausreichend schützen. Anlass der Untersuchung ist der Skandal um die inzwischen insolvente britische Beratungsgesellschaft Cambridge Analytica. Das Unternehmen erstellte für Werbekunden Profile von Internetnutzern, um Reklame maßschneidern zu können. Dabei erhielt Cambridge Analytica unrechtmäßig Zugang zu den Daten von 87 Millionen Facebook-Nutzern. Eine App, ein Mini-Programm, das von manchen Facebook-Nutzern verwendet wurde, sammelte nicht nur die Daten derjenigen, sondern auch die von deren Freunden in dem Internet-Netzwerk. Die meisten dieser Freunde hatten aber nie ihre Einwilligung dafür erteilt. Die E-Mails sind Beweismittel in einem Prozess Facebook behauptet, solche Praktiken seit 2015 nicht mehr zu erlauben. Doch die Papiere, die das Parlament veröffentlichte, sollen belegen, dass Facebook bestimmten Unternehmen, die für den Konzern als Geschäftspartner wichtig sind, danach weiterhin Zugang zu den Daten der Facebook-Freunde von Nutzern gewährt hat. Zu den genannten Firmen gehören Airbnb, der Fahrdienst-Anbieter Lyft, Netflix und die Dating-Apps Badoo und Bumble. Die E-Mails sind Beweismittel in einem Gerichtsprozess in Kalifornien. Dort verklagt der Entwickler einer App, die Firma Six4Three, den Konzern. Das Gericht entschied, dass die E-Mails und Präsentationen geheim bleiben sollen. Doch als ein Mitarbeiter von Six4Three zuletzt London besuchte und die Dateien dabei hatte, schaute im Hotelzimmer ein Abgesandter des Serjeant-at-Arms vorbei: Das ist der Sicherheitsbeauftragte des Unterhauses. Der Beamte konnte den Six4Three-Beschäftigten überzeugen, lieber die Dateien auszuhändigen, weil ihm ansonsten Gefängnis droht. Ein Sprecher von Facebook bestreitet nicht, dass die Dokumente authentisch sind, sagt aber, sie seien aus dem Zusammenhang gerissen und zeichneten ein falsches Bild.
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https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-nutzer-daten-e-mails-1.4241578
Facebook: Interne E-Mails belasten Manager
00/12/2018
Das britische Parlament hat E-Mails von Facebook-Managern veröffentlicht. Sie sollen belegen, dass der Konzern deutlich länger sensible Nutzerdaten an externe Firmen weitergegeben hat als bisher behauptet.
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mlsum_de-train-220566
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Auf den letzten Metern haben die Fans von Felix "PewDiePie" Kjellberg das Schlimmste gerade noch verhindert. Am Montag kam das indische Musiklabel T-Series dem - noch - meistabonnierten Youtuber bedenklich nahe. Der Unterschied betrug für kurze Zeit weniger als 16 000 Abonnenten - ein hauchdünner Vorsprung angesichts von jeweils mehr als 73 Millionen Abonnenten insgesamt. Kjellberg selbst schrieb auf Twitter vom "Anbruch des letzten Tages". Am Wochenende dann die Trendwende: Bis Dienstagmittag war der Abstand wieder auf 500 000 Abonnenten angewachsen. Die Fans des amtierenden Youtube-Königs atmeten durch. Die erbitterte Verfolgungsjagd, die sich T-Series und PewDiePie liefern, verursacht im gigantischen Youtube-Universum seit mehr als drei Monaten Aufruhr. Bisher mit dem besseren Ende für den 29-jährigen Schweden, der seit Weihnachten 2013 ununterbrochen an der Spitze der Youtube-Stars steht - so lange wie niemand anderes in der Geschichte der Videoplattform. Beliebtheit erlangte PewDiePie mit Let's Plays, vor allem von Horrorspielen. Mittlerweile zeigen viele seiner Videos, wie er vor laufender Kamera auf Internet-Meme reagiert. Seine Fans schätzen den albernen, bisweilen auch obszönen oder politisch unkorrekten Humor des Youtubers. 2017 schmiss Disney Kjellberg raus, weil er in mehreren Videos antisemitische Witze gemacht hatte. Auch zahlreiche andere Partner kündigten ihm damals. Am Time Square lief Werbung für PewDiePie Bei dem Wettrennen geht es um mehr als um die Person Kjellberg. Es geht darum, wer Youtube inoffiziell regiert: ein Einzelkämpfer wie PewDiePie oder ein Unternehmen wie T-Series. Das größte indische Musiklabel lädt täglich mehrere Musikvideos im Bollywood-Stil hoch. In der Kategorie Videoaufrufe hat das Unternehmen den Youtube-Star schon vor fast zwei Jahren überholt. Aktuell wächst der Anteil der Inder, die Zugriff auf das Internet bekommen, besonders rapide. Das führt dazu, dass einige PewDiePie-Fans dem Label vorwerfen, Bots für ihr Wachstum zu nutzen, und anti-indische Hasskommentare veröffentlichen. Von denen hat Kjellberg sich distanziert. Dass es am Wochenende doch nicht zu dem erwarteten Wechsel an der Spitze Youtubes gekommen ist, liegt auch an den anderen Youtube-Stars, die in den letzten Tagen und Wochen eine Kampagne für PewDiePie gestartet hatten. Der US-amerikanische Youtuber Jimmy "MrBeast" Donaldson etwa filmte sich selbst dabei, wie er 100 000 Mal hintereinander "PewDiePie" sagt. Offenbar Grund genug für einige Nutzer, den Kanal des Schweden tatsächlich zu abonnieren. Für ein anderes Video mietete Donaldson diverse Werbetafeln in seinem Heimatort im Bundesstaat North Carolina. Wohl davon inspiriert ließ Youtuber Justin Roberts eine eigens dafür entworfene PewDiePie-Werbung am Time Square in New York laufen - so stellt er es zumindest auf Youtube dar. Kjellberg selbst produziert derzeit fast nur noch Videos, in denen es um seine Abonnenten-Schlacht mit T-Series geht. Den Nutzern geht es um Youtubes altes Motto: "broadcast yourself" Fans verbreiteten seine Botschaft auch jenseits der Youtube-Kanäle: Ein Hacker unter dem Pseudonym "Thehackergiraffe" hat nach eigenen Angaben rund 50 000 Drucker weltweit gekapert und sie Werbung für PewDiePie ausdrucken lassen, wie das Tech-Portal The Verge berichtet. Der Angreifer sagt, um die Drucker zu finden, habe er die Suchmaschine Shodan genutzt, über die sich mit dem Internet verbundene Geräte finden lassen. Es sei ihm auch darum gegangen, auf diese Weise auf IT-Sicherheit aufmerksam zu machen. Auf den ausgedruckten Seiten hat er unten einen Hinweis hinzugefügt. Auf Englisch steht da sinngemäß: "Ihr Drucker ist ungeschützt mit dem Internet verbunden. Bitte beheben." Why are local printers being hacked for this pic.twitter.com/fAnNTIp6ds — madison. (@maddybenavente1) 29. November 2018 Viele Nutzer wollen mit ihrer Unterstützung für Kjellberg demonstrieren, dass für sie vor allem das ursprüngliche Motto der Plattform zählt: "broadcast yourself". Es ist offenbar der Wunsch vieler, dass Youtube eine Bastion der Kleinen bleibt, auf der die großen Konzerne nichts zu sagen haben. Mit einem ähnlichen Argument hatte Youtube-Chefin Susan Woijcicki Anfang November die Community dazu gebracht, gegen Artikel 13 der geplanten EU-Urheberrechtsreform zu protestieren. T-Series wird PewDiePie trotz aller Bemühungen bald überholen Dieses Gefühl eines Aufstandes für den "kleinen Nutzer" basiert aber auf einem Mythos, den PewDiePie bewusst fördert. Er ist alles andere als ein kleiner Youtuber, der in seinem Schlafzimmer private Videos produziert. Laut Berechnungen des Wirtschaftsmagazins Forbes hat er 2018 mit seinen Videos rund 15,5 Millionen US-Dollar verdient. Wesentlicher Bestandteil seines Geschäftsmodells ist sein eigener Online-Shop, in dem er wie viele andere Top-Youtuber Kapuzenpullis, T-Shirts und Jogginghosen verkauft. Und doch nehmen ihn die Nutzer als einen von ihnen wahr, als Gegensatz zu Unternehmen wie T-Series, die sich nach ihrem Empfinden unberechtigt breitmachen, weil sie mehrmals täglich neue Musikvideos hochladen und so viel schneller Klicks generieren als ein einzelner Videokünstler. Am Ende profitieren mit ziemlicher Sicherheit sowohl T-Series als auch PewDiePie von der zusätzlichen Aufmerksamkeit, die sie weltweit erfahren. Auch dürften die Youtuber kein Verlustgeschäft gemacht haben, die die Gunst der Stunde ausnutzten, um sich auf einer der beiden Seiten zu positionieren (meistens auf der Kjellbergs). Doch das alles wird ihm nicht helfen. Sobald die aktuelle Welle der Aufmerksamkeit zurückgeht, wird T-Series an PewDiePie vorbeiziehen und den König der Youtuber entthronen. Der indische Kanal wächst durchschnittlich einfach schneller, Stand Mittwochnachmittag ist der Abstand wieder auf rund 400.000 Abonnenten geschrumpft. Social Blade, ein Portal das Statistiken sozialer Medien analysiert, prognostiziert den Wechsel an der Spitze aktuell auf Mitte Februar. Wer live dabei zusehen möchte, findet Dutzende Livestreams, die die Abonnentenzahlen der beiden Kanäle rund um die Uhr übertragen.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/youtube-pewdiepie-t-series-kampf-um-die-meisten-abonnenten-1.4240140
T-Series gegen PewDiePie: Der Kampf eskaliert
00/12/2018
Ein indisches Musiklabel droht, den König der Youtuber, "PewDiePie", von der Spitze zu verdrängen. Bisher konnten seine Fans das auch durch fragwürdige Aktionen wie den Hack von 50 000 Druckern verhindern.
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Ziemlich genau ein Jahr ist es her, als Bitcoininvestoren die Zukunft in den rosigsten Tönen malten: Die Digitalwährung sollte den Dollar ersetzen, Zentralbanken entmachten und in ihrem Höhenflug jungen Techgeeks ewigen Reichtum bescheren, gewissermaßen nebenbei. Zum zehnten Geburtstag der Kryptowährung zeigt sich nun ein desaströses Bild: Kaum eine der Versprechungen ist wahr geworden. Während der Preis der Kryptowährung von einst 20 000 Dollar Richtung 4 000 Dollar taumelt, begeht die Kryptoszene kollektiven Selbstbetrug. Irgendeine Ausrede für das Siechtum des Bitcoin findet sie immer: Einmal habe ein amerikanischer Starbanker gegen Bitcoin gewettert und so Panik verursacht. Kürzlich, so hieß es, habe der Kampf zweier Größen im Kryptogeschäft die Anleger verunsichert. Manchmal fehlen angeblich positive Nachrichten, um den Kurs zu stützen. Mit anderen Worten: Irgendwas ist immer. Faule Ausreden der Enthusiasten Mit derlei Ausreden belügen sich die Bitcoinenthusiasten selber. Für sie kann nicht sein, was nicht sein darf: Als Zahlungsmittel ist die Währung nicht zu gebrauchen, als Wertspeicher für Krisenzeiten viel zu wackelig - und obendrein hat sie Abermillionen an Anlegergeldern verpuffen lassen. An fünf Punkten lässt sich zeigen, wie die Bitcoingemeinde Versprechen um Versprechen kassieren musste. Ihren Aufschlag machten die Bitcoinjünger mit keinem geringeren Versprechen, als Dollar, Euro und Yen als internationales Zahlungsmittel zu ersetzen. Egal ob Auto, Kaffee oder Büroregal, alles sollte man weltweit mit Bitcoin bezahlen können. Bald jedoch fand die Öffentlichkeit heraus, wie schleichend lahm das Netzwerk ist. Während der Kreditkartenbetreiber Visa bis zu 65 000 Überweisungen pro Sekunde abwickelt, schafft Bitcoin gerade sieben Transaktionen. Im besten Fall kann man es tragisch nennen, wie weit Anspruch und Realität auseinanderklaffen. Kaum war der erste Zweck enttarnt, servierte die Kryptogemeinde die nächste Geschichte: Als absolut sicher priesen Bitcoinexperten die Überweisungen im System. Das ist grob irreführend. Denn wider besseres Wissen verschweigen die "Experten", dass das Netzwerk an sich zwar sicher ist, Hacker und Kriminelle an den unsicheren Zugängen zum System unbedarften Anlegern aber sehr wohl Millionen aus den Taschen gezogen haben. Wie ein Synchronspringer mit der Börse in den Abgrund Als solche Betrügereien Aufruhr auslösten, hatten Bitcoinjünger schon die nächste schöne Erzählung parat: Wer sein Geld für Krisenzeiten nicht in Staatswährungen parken wolle, solle doch zu Bitcoin greifen. Enthusiasten lobten die Digitalwährung als digitales Gold. Doch was nach Substanz, Sicherheit und Seltenheit klang, hielt nicht lange. Allein in diesem Jahr hat Bitcoin rund 80 Prozent seines Werts eingebüßt. Das ist kein Indikator für Stabilität, schon gar keine Beruhigung für Krisenzeiten. Ganz im Gegenteil: Als es an den Weltbörsen im Oktober rumpelte, stürzte Bitcoin wie ein Synchronspringer mit in den Abgrund. In den vergangenen Wochen zeigten die Kurven des amerikanischen Aktienindex Dow Jones und von Bitcoin einen auffälligen Gleichlauf. Gefährlich für Investoren, die sich mit Bitcoin vom Lauf der Aktienbörsen abkoppeln wollen. Keine Hoffung auf Rettung durch die US-Börsenaufsicht Schlussendlich sind auch die ideologischen Hoffnungen der Bitcoinenthusiasten zerschellt. Kein Staat, keine Zentralbank, keine Bank, kein Kreditkartenunternehmen sollte das Sagen haben im Bitcoin-System. Der Sound der Anhänger kündete von Anarchie, von Gleichheit und Gerechtigkeit. Doch bei näherem Hinsehen entpuppt sich Bitcoin als Machtmaschine für wenige: 97 Prozent aller Bitcoin-Einheiten befinden sich in den Händen von nur vier Prozent der Nutzer. Immer wieder machen Gerüchte die Runde, schwerreiche Bitcoinmagnaten hätten inzwischen so viele Bitcoin in ihre digitalen Tresore geschaufelt, dass sie mit gezielten Käufen und Verkäufen sogar den Preis der Währung manipulieren könnten. Als letzten Strohhalm klammern sich die Bitcoinjünger nun ausgerechnet an die US-amerikanische Börsenaufsicht. Die könne spezielle Finanzvehikel zulassen, die das Spielgeld milliardenschwerer Großanleger in die Netze der Digitalwährung dirigieren können. Doch das bezeichnete die Behörde kürzlich als "höchst unwahrscheinlich". Die Bitcoinszene sollte Schluss machen mit dem kollektiven Selbstbetrug. Ja, vielleicht überlebt die eine oder andere Kryptowährung, sofern sie im Alltag Nutzen stiftet. Bitcoin hingegen dürfte es ergehen wie einem der ersten Internetbrowser. Das Internet nutzt heute jeder, mit Netscape aber surft schon lange niemand mehr.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/bitcoin-kryptowaehrungen-tot-kommentar-1.4235485
Kryptowährungen am Abgrund: Bitcoin ist tot
00/12/2018
Die Kryptoszene begeht seit Monaten kollektiven Selbstbetrug. Die Währung ist weder Zahlungsmittel noch Wertspeicher, weder egalitär noch sicher. Es ist an der Zeit, mit der Heuchelei Schluss zu machen.
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Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) malt sich auf dem Podium gutgelaunt aus, wie er im Alter seinen Roboter-Butler zum Bierholen schickt. Das finden viele im Saal "Tokio" des Nürnberger Messezentrums zum Lachen. Die gute Laune kommt aber nicht bei allen Besuchern des Digitalgipfels an, auf dem die Bundesregierung ihre Strategie für die Förderung künstlicher Intelligenz, also selbstlernender Software, bewirbt. Die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg isst zwischen zwei Panels fränkische Bratwürste mit Sauerkraut und sagt: "Das ist hier eine reine Veranstaltung zwischen Wirtschaftsspitzen und Politik, praktisch ohne Zivilgesellschaft." Die Regierung habe offenbar auch wenig Lust, das Parlament miteinzubeziehen: "Sogar wir von der KI-Enquete-Kommission des Bundestages mussten uns selbst einladen." Vertreter von Unternehmen sind dafür viele gekommen, es geht ja auch um viel Geld. KI gilt vielen als wichtigste Technologie seit der Dampfmaschine, auch Altmaier benutzt den Vergleich. Im November hatte die Bundesregierung ihre KI-Strategie veröffentlicht. Demnach sollen 100 neue KI-Professuren geschaffen werden und bis 2025 unter anderem etwa drei Milliarden Euro fließen. Neue Details zur Umsetzung der Strategie werden auf dem Digitalgipfel nicht bekannt, es geht hier eher darum, Unternehmen und Regierung auf das Ziel einzuschwören: Mit Geld vom Staat und Koordination zwischen Forschung, Politik und Wirtschaft zur Weltspitze der KI-Nationen aufzuschließen: zu den USA und China. In diesem Wettbewerb forciert Altmaier eine europäische Lösung: "Wir benötigen eine Art Airbus in der KI", sagt er auf dem Gipfel. Er meint den Erfolg des unter deutsch-französischer Führung stehenden Flugzeugbauers. Ein einzelnes europäisches Unternehmen könne es bei der künftigen Schlüsseltechnik KI mit den US-Technologiegrößen nicht aufnehmen, Europa müsse die Kräfte bündeln. KI-Fachleute kritisieren an der Strategie allerdings, dass ihr Fokus zwar auf europäischen Lösungen liegt, zugleich aber ein Label namens "Artificial intelligence made in Germany" etabliert werden soll. Industrie und Politik Hand in Hand, dazu passt die Doppel-Keynote-Rede von Achim Berg, dem Vorsitzenden des Branchenverbandes Bitkom, in dem von der Telekom bis zu Google praktisch alle in Deutschland relevanten Tech-Unternehmen sitzen, und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Berg erklärt, wie gut es in Deutschland laufe: Arbeitslosigkeit und Kriminalitätsrate seien extrem niedrig, die vor ihm sitzenden Minister und ihre Chefin regierten gut, und der Lonely-Planet-Reiseführer finde das Land richtig aufregend. In dieser Lobeshymne verpackt er Lobbywünsche an seine Nachrednerin: Die "ePrivacy"-Verordnung der EU, die den Umgang von Webseiten mit Daten regelt, über die ihre Besucher nachverfolgt werden können, dürfe IT-Unternehmen nicht schaden. Und den neuen Mobilfunkstandard 5G brauche im deutschen Wald kein Mensch und auch kein Fuchs. Zwang zum flächendeckenden Ausbau lehnt Berg ab. Merkel widerspricht Berg indirekt, 5G-Empfang dürfe nicht nur an der Autobahn und in Großstädten möglich sein: "Nicht überall braucht man die Tonqualität der Berliner Philharmonie, aber überall sollten zumindest Töne zu hören sein." In Sachen KI hat das Silicon Valley längst Fakten geschaffen Kurz zuvor hatte Telekom-Chef Timotheus Höttges kurzzeitig einige Gipfel-Besucher und noch mehr Twitter-Nutzer erzürnt, als er über flächendeckendes 5G gesagt hatte: "Das sind Privatjets, die jeder bekommen kann, aber keiner stellt die Frage, wie's geht." So ganz ernstgemeint war das nicht, er schränkte sofort ein, das sei ja eine "zynische Bemerkung" von ihm gewesen. Ziel seiner Provokation war der neben ihm stehende Andreas Scheuer. Der Minister für digitale Infrastruktur macht Druck auf die Mobilfunkunternehmen, die vielen Funklöcher in Deutschland endlich zu schließen. Die wollen ihrerseits Zugeständnisse für den Ausbau von der Politik. In Sachen KI hat das Silicon Valley längst Fakten geschaffen. Selbstlernende Software von Google und Facebook wird immer leistungsfähiger dank der gigantischen Silos an Daten und Fotos, über die diese Konzerne verfügen. Sie kaufen die besten Forscher des Feldes ein, natürlich auch die deutschen. Dagegen will Berlin mit den 100 neuen Professuren etwas tun. Es ist allerdings fraglich, ob es innerhalb des Feldes überhaupt genug Nachwuchs für diese Stellen gibt. In ihrer Rede sagt Merkel auch, wie wichtig der Umgang mit Daten sei, damit die Digitalisierung für die Menschen da sei und nicht umgekehrt. Sie wirbt für eine Art dritten Weg zwischen dem chinesischen Überwachungs-System und dem US-amerikanischen Modell, in dem Unternehmen mit Nutzerdaten letztendlich machen könnten, was sie wollten. Wenn Menschen nur noch Datenlieferanten seien, dann sei das "in der Endkonseqeunz gedacht die Vernichtung der Individualität". Die europäische Datenschutzgrundverordnung mit ihren komplizierten Regeln zum Umgang mit persönlichen Informationen sei zwar hierzulande umstritten, gelte aber außerhalb Europas vielen als Vorbild. Nicht immer hat sich Merkel so deutlich zum Datenschutz bekannt. Die Bundeskanzlerin spricht in ihrer Rede auch darüber, wie sie gelernt habe, Blamagen beim Thema Digitalisierung zu vermeiden. 2013 hatte sie das Internet als "Neuland" bezeichnet. Es folgte ein "Shitstorm", wie Merkel sagt. Viele Bürger und Aktivisten empfanden es als Zeichen von Inkompetenz, so über eine Technologie zu reden, die längst Alltag war. "Neuland" würde sie heute nicht mehr sagen, erklärt Merkel, sondern lieber: "noch nicht durchschrittenes Terrain". Da herrschte dann wieder gute Laune im Saal. Die Umsetzung der KI-Strategie wird ja zäh und anstrengend genug.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/merkel-digitalgipfel-kuenstliche-intelligenz-datenkonzerne-1.4239429
Bundeskanzlerin Merkel warnt vor Datenkonzernen
00/12/2018
Menschen seien nicht nur Datenlieferanten für IT-Konzerne, sagt die Kanzlerin auf dem Digitalgipfel in Nürnberg. Und nach dem "Neuland"-Shitstorm will sie das Digitale jetzt lieber "noch nicht durchschrittenes Terrain" nennen.
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Resigniert bis genervt: Ein weit verbreiteter Gesichtsausdruck unter Menschen, die versuchen, im Zug mobile Daten zu übertragen. Der Deutsche meckert gern. Nicht nur über das Wetter (zu nass) und die Bahn (zu spät), sondern auch über das Internet: zu langsam. Und er hat ja recht: In Spanien scheint die Sonne öfter, in der Schweiz kommen die Züge pünktlicher, und in Südkorea fließen die Bytes schneller. Doch während der Breitbandausbau in Deutschland lahmt, sind zumindest die Handynetze besser als ihr Ruf. Zu diesem Ergebnis kommen jedenfalls die Zeitschriften Connect und Chip. Beide vergleichen unabhängig voneinander Abdeckung und Qualität der Mobilfunknetze der drei großen Anbieter. Die Tester legen jeweils Zehntausende Kilometer in Auto und Bahn zurück, laufen telefonierend durch Großstädte und versuchen, auf dem Land zu surfen. Die Zeitschriften rühmen sich ihrer aufwendigen, praxisnahen und statistisch belastbaren Methoden. Chip vergibt Schulnoten bis auf die zweite Nachkommastelle, Connect hat ein komplexes System aus Punktzahlen und Prozentsätzen entwickelt. Die exakten Werte dürften für die meisten Nutzer keine Rolle spielen, wohl aber die grundlegenden Aussagen. In dieser Hinsicht sind sich die beiden Zeitschriften fast überall einig: Telekom liegt vor Vodafone, O2 abgeschlagen auf Platz drei. So war es 2017. Und 2016. Und 2015. Diesmal ist es enger geworden. Die Reihenfolge bleibt gleich, aber O2 holt erstmals kräftig auf . Chip sieht die Telekom nur knapp vorn, Connect ermittelt einen etwas deutlicheren Vorsprung zu Vodafone. Aber beide sind sich einig, dass sich O2 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesteigert hat. Das hängt damit zusammen, dass die Integration des E-Plus-Netzes 2014 von O2 nahezu abgeschlossen ist. . sieht die Telekom nur knapp vorn, ermittelt einen etwas deutlicheren Vorsprung zu Vodafone. Aber beide sind sich einig, dass sich O2 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesteigert hat. Das hängt damit zusammen, dass die Integration des E-Plus-Netzes 2014 von O2 nahezu abgeschlossen ist. Vor allem in Großstädten kann O2 mithalten . Das Unternehmen hat sich offenbar auf diese besonders wichtigen Märkte mit vielen potenziellen Kunden konzentriert. Zwar dauert der Gesprächsaufbau etwa anderthalb Sekunden länger als bei der Konkurrenz, aber nur wenige Telefonate brechen ab, und die Sprachqualität ist kaum schlechter als bei Telekom und Vodafone. Dasselbe gilt für die Geschwindigkeit beim Surfen: nicht ganz auf dem Niveau der Konkurrenz, aber schnell und zuverlässig genug, um sich nicht ständig darüber ärgern zu müssen. . Das Unternehmen hat sich offenbar auf diese besonders wichtigen Märkte mit vielen potenziellen Kunden konzentriert. Zwar dauert der Gesprächsaufbau etwa anderthalb Sekunden länger als bei der Konkurrenz, aber nur wenige Telefonate brechen ab, und die Sprachqualität ist kaum schlechter als bei Telekom und Vodafone. Dasselbe gilt für die Geschwindigkeit beim Surfen: nicht ganz auf dem Niveau der Konkurrenz, aber schnell und zuverlässig genug, um sich nicht ständig darüber ärgern zu müssen. Chip hat Detail-Ergebnisse für fünf Großstädte veröffentlicht. In Berlin und Köln liegt die Telekom knapp vor Vodafone, in Frankfurt ist der Vorsprung größer. Hamburg und München sind dagegen Städte, in denen Vodafone-Kunden - zumindest laut Test - am besten telefonieren und surfen. Dort kommt auch O2 auf sehr gute Ergebnisse, während es in Berlin und Köln nur zu guten Gesamtnoten reicht. Besonders groß ist der Rückstand in Frankfurt, hier stört sich Chip vor allem an den teils niedrigen Datenraten im O2-Netz. hat veröffentlicht. In Berlin und Köln liegt die Telekom knapp vor Vodafone, in Frankfurt ist der Vorsprung größer. Hamburg und München sind dagegen Städte, in denen Vodafone-Kunden - zumindest laut Test - am besten telefonieren und surfen. Dort kommt auch O2 auf sehr gute Ergebnisse, während es in Berlin und Köln nur zu guten Gesamtnoten reicht. Besonders groß ist der Rückstand in Frankfurt, hier stört sich vor allem an den teils niedrigen Datenraten im O2-Netz. Auf dem Land und in kleineren Städten stellt O2 dagegen nach wie vor keine gleichwertige Alternative dar. Connect und Chip bemängeln unisono die spürbar schlechtere Netzabdeckung und häufige Verbindungsabbrüche. Telekom- und Vodafone-Kunden können auch in ländlichen Regionen meist mit LTE surfen, das O2-Netz hat hier Nachholbedarf. Das macht sich auch in der Sprachqualität bemerkbar: Wer im LTE-Netz telefoniert, ist besser zu verstehen und kann seinen Gesprächspartner deutlicher hören. O2-Kunden müssen abseits der großen Städte oft darauf verzichten. stellt O2 dagegen nach wie vor keine gleichwertige Alternative dar. und bemängeln unisono die spürbar schlechtere Netzabdeckung und häufige Verbindungsabbrüche. Telekom- und Vodafone-Kunden können auch in ländlichen Regionen meist mit LTE surfen, das O2-Netz hat hier Nachholbedarf. Das macht sich auch in der Sprachqualität bemerkbar: Wer im LTE-Netz telefoniert, ist besser zu verstehen und kann seinen Gesprächspartner deutlicher hören. O2-Kunden müssen abseits der großen Städte oft darauf verzichten. Das Gleiche gilt für Landstraßen und Autobahnen , wobei die Telekom dort in allen Kategorien teils deutlich vorne liegt: Up- und Downloads sind am schnellsten, Telefonate brechen vergleichsweise selten ab. Vodafone folgt mit einigem Abstand auf Platz zwei, O2 ist abgeschlagen Letzter. , wobei die Telekom dort in allen Kategorien teils deutlich vorne liegt: Up- und Downloads sind am schnellsten, Telefonate brechen vergleichsweise selten ab. Vodafone folgt mit einigem Abstand auf Platz zwei, O2 ist abgeschlagen Letzter. In der Bahn gelten andere Regeln: Für Zugreisende gibt es immer noch keine wirklich gute Wahl. Am wenigsten Ärger macht Vodafone, das knapp vor der Telekom liegt und von Chip immerhin eine befriedigende Gesamtnote erhält. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich allerdings kaum etwas verbessert. "Beim Internet in der Bahn bleibt in Deutschland also noch sehr viel zu tun", schreibt Connect. Die Schweiz zeigt, dass es besser geht: Dort können Bahnreisende fast so zuverlässig surfen wie in Städten. Wer einen neuen Mobilfunkvertrag abschließen will, kann aus diesen Ergebnissen mehrere Schlüsse ziehen:
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/handynetze-im-test-telefonieren-im-zug-bleibt-eine-qual-1.4237504
Netztest 2018: Telekom vor Vodafone, O2 holt auf
00/12/2018
Die Telekom bleibt vor Vodafone, aber O2 holt deutlich auf - mit Discounter-Verträgen können Kunden deutlich sparen.
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mlsum_de-train-220570
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Amazon und Google arbeiten daran, unsere Sprache zu automatisieren. Wem das zu unpersönlich ist, verschickt einfach Audiodateien. Das korrigiert auch die Körperhaltung. Wenn schon die Menschen untereinander keinen höflichen Umgang im Netz pflegen können, so scheint der Gedanke in den Entwicklungslaboren der großen Technikkonzerne zu lauten, dann wolle man doch wenigstens etwas tun, damit die Leute nicht mehr so gemein zu ihren Geräten sind. Google jedenfalls kündigte in der vergangenen Woche an, dass der hauseigene Software-Assistent in Zukunft netter antworten werde, wenn man die Sprachbefehle nicht mehr in die schlauen Lautsprecher hineinbellt, sondern stattdessen mit Bitte und Danke garniert. Amazon hat eine ähnliche Funktion bereits vor einigen Monaten in seine Alexa-Software eingeführt. Technik formt Kommunikation und nicht andersherum. Man kann das momentan an vielen Beispielen beobachten. Wer schon Emojis, Interpunktions-Smileys und Abkürzungen wie "lol" als Degeneration von Sprache empfindet, muss sich in Zukunft noch auf viele andere Auswüchse gefasst machen. Wiederum Google hat unlängst eine automatische Antwortfunktion für mehr als eine Milliarde Nutzer seines E-Mail-Dienstes freigeschaltet. Für die sogenannten Smart Replies analysiert eine künstliche Intelligenz die eingehenden Nachrichten und bietet davon ausgehend Antwortvorschläge an. Man kann das anmaßend oder praktisch finden, die meisten der vorformulierten Nachrichten bestehen aber sowieso nur aus kurzen Produktivitätssignalen wie "Danke für das Update!" oder "Wird gemacht!". Ein Gegentrend zur Mechanisierung der eigenen Sprache könnte eventuell darin bestehen, dass heutzutage sowieso weniger getippt und wieder mehr geredet wird. Gestresste Managertypen sind mittlerweile dazu übergegangen, ihre SMS per Spracherkennung in ihr Smartphone zu diktieren. Das ist zunächst nichts anderes als ein Machtinstrument. So wird die eigene Kommunikation und damit auch die selbstempfundene Unverzichtbarkeit der Umwelt aufgezwungen. Ob ihr wollt oder nicht: Ihr hört jetzt, was ich zu sagen habe! Die logische Weiterentwicklung des SMS-Diktats sind dann Voice-Messages, die in der letzten Zeit einen, nun ja, unerhörten Boom erleben. Gerade jüngere Nutzer versenden Audio-Schnipsel, die der Empfänger dann zeitverzögert abhören kann. Allein über Whatsapp werden täglich mehr als 200 Millionen solcher Nachrichten verschickt. Beim in China populären Dienst We Chat sind es bereits mehr als sechs Milliarden. Warum das so ist? Aus den Berichten von Trendforschungsinstituten und Sinus-Milieu-Interviews hört man O-Töne und Zitate, die besagen, dass Sprachnachrichten einfacher zu verstehen sind als geschriebene. Man müsse sich mit weniger Subtexten und Interpretationsmöglichkeiten auseinandersetzen. Die Sprachnachrichten werden als persönlicher wahrgenommen. Sie haben eine Änderung in der Körperhaltung zur Folge, wie man in Fußgängerzonen und auf Schulhöfen beobachten kann. Das Telefon wird nicht mehr zwischen Kopf und Schulter geklemmt, sondern abwechselnd vor Mund und Ohr gehalten. So wird das Handy wieder zum Walkie-Talkie, also genau jenem Kommunikationsinstrument, das es einst abgelöst hatte.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/smartphone-sprachnachrichten-audio-whatsapp-1.4235678
Sprachnachrichten - Die Stimme kehrt zurück
00/12/2018
Amazon und Google arbeiten daran, unsere Sprache zu automatisieren. Wem das zu unpersönlich ist, verschickt einfach Audiodateien. Das korrigiert auch die Körperhaltung.
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mlsum_de-train-220571
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Nicht einmal hier, in der Factory in Berlin-Kreuzberg, wo die Programmierer in ein Bällebad tauchen können und die Türen mit dem Smartphone öffnen, ist Dorothee Bär vor ihnen sicher. Vor den Bedenkenträgern aus der alten Welt. Heute erscheinen sie in Gestalt von Gabriele Jeschke, 64 Jahre alt. "Durch die Computer", sagt Frau Jeschke, "was da für Arbeitsplätze wegfallen". Bär nickt. Sie kennt ihren Text. Als Bundesregierung achten wir auf lebenslanges Lernen, sagt sie. Durch die Digitalisierung würden auch Jobs geschaffen. Hier, die ganzen Programmierer, die habe es früher nicht gegeben. Jeschke blickt sie an, Dorothee Bär ist noch nicht fertig. Jetzt erzählt sie von zu Hause. In ihrem Dorf in Unterfranken nämlich, da lebt die ganze Familie unter einem Dach. Ihre Schulkinder mit der 83-jährigen Großmutter. Da hilft der Enkel der Oma auch mal mit dem Handy. Jeschkes Antwort kommt prompt. "Deswegen sind Sie so viel unterwegs", sagt sie. Bär wird ernst: "Das finde ich nicht nett." Manchmal, da könnte selbst Dorothee Bär wirklich schlechte Laune bekommen. Die Digitalisierungsbeauftragte Bär, 40, ist Staatsministerin im Kanzleramt. Im Internet aber ist die CSU-Politikerin einfach nur die Doro. Auf Instagram oder Twitter demonstriert Doro Bär mit bonbonfarbenen Bildern, wie viel Spaß ein Smartphone machen kann: Doro Bär oben auf dem Heuballen, vor Fernsehkameras, im Dirndl auf der Motorhaube, mit der Kanzlerin im Selfiemodus. Beim Tag der offenen Tür des Kanzleramts erklärt Bär ihre Rolle so: Sie sei das "Gesicht" der Digitalpolitik, "Ansprechpartnerin" und "Begeisterungsweckerin" für die digitale Zukunft. Denn die stellt man sich in der Bundesregierung ebenfalls schillernd vor. Sieben Ministerien reden bei der Digitalisierung mit Neue Präzision in der Medizintechnik, automatische Autos, lernende Maschinen und kommunizierende Roboter, all das soll künftig auch aus Deutschland kommen. "Artificial Intelligence (AI) made in Germany soll zum weltweit anerkannten Gütesiegel werden", heißt es in der neuen Strategie "künstliche Intelligenz". Von der Digitalisierung hänge der Wohlstand ab, sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Für die großen Pläne gibt es auch schon einen ganzen Strauß neuer Gremien. Es gibt ein Digitalkabinett und einen Digitalrat, die Minister waren auf Digitalklausur mit digitaler Agenda. Kommende Woche ist in Nürnberg nun ein Digitalgipfel anberaumt. Allerdings hegen Fachleute und die Opposition ernste Zweifel, wie durchschlagend diese Politik der Regierung ist - und ob sie angesichts zersplitterter Zuständigkeiten überhaupt funktionieren kann. Gleich sieben Minister und die Kanzlerin werden am Dienstag zum Gipfel reisen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) etwa, der Rezepte für die digitale Zukunft gern im eigenen Haus plant. Oder Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), zuständig für den Breitbandausbau. In der Regierung reden außerdem Wirtschafts-, Forschungs-, Justiz- und Innenministerium bei der Digitalisierung mit. Eigentlich bräuchte es jemanden, der all die Pläne koordiniert. Jemanden wie Dorothee Bär. Bär ist nur das Gesicht des digitalen Wandels Doch für diesen Job fehlt der Digitalbeauftragten der Einfluss - trotz Büro im Kanzleramt. Die Kanzlerin hat ihr eine andere Aufgabe übertragen: Bär soll mehr als 500 Behördengänge überflüssig machen. Elterngeld beantragen, Wohnsitz und Auto anmelden, solche Sachen. Von papierlosen, selbsterklärenden Formularen müssen die Amtsstuben der Republik allerdings erst mal überzeugt werden. Genau das ist der Job von Dorothee Bär. "Das bringt Ihnen gar nichts in der Öffentlichkeit und kostet wahnsinnig viel Zeit und Nerven", fasst sie zusammen. Zum Beispiel das Wohngeld. In der Factory referiert an diesem Novembertag ein Unterabteilungsleiter aus dem Innenministerium über den Antrag, oder besser: die Anträge. Denn jedes Bundesland hat einen anderen. Wenn alle Ämter es zuließen, könnten Bedürftige das Wohngeld bald so einfach online bestellen wie Pizza oder Schuhe. Der Service soll sich an den Kundenwünschen orientieren. Denn "Kunden", so nennt man hier im "Digitalisierungslabor" neuerdings die Bürger. Auf einer Leinwand erscheint eine zartgrüne Webseite, Berater von McKinsey klicken auf Buttons. Rentnerin Jeschke ist hier als Testperson engagiert. Sie fragt Dinge wie: "Betrifft das auch eine Zweitwohnung?"
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/dorothee-baer-digitalisierung-kanzleramt-flugtaxis-1.4234085
Dorothee Bär wird Deutschland nicht digitalisieren
00/12/2018
Dorothee Bär ist im Kanzleramt für Digitalisierung zuständig. Eigentlich. Doch Bär hat politisch wenig Gewicht und kaum finanzielle Mittel.
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mlsum_de-train-220572
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Rund 10000 Leihfahrräder des Anbieters Obike stehen in einer Lagerhalle in Schleswig-Holstein. In mehreren deutschen Städten gab es Probleme mit den silber-gelben Leihrädern von Obike. Dann machte die Firma plötzlich pleite - und in Deutschland lagen schlagartig Zehntausende Fahrräder herum. (Archvibild) Der Technopopulismus aus dem Silicon Valley war der Traum von einer digitalen Welt, in der jeder Künstler, Unternehmer, Rebell ist. Daraus wurde eine brutale Industrie, die viel zerstört und wenig schafft. Von sämtlichen Ideologien, die das Silicon Valley hervorgebracht hat, ist der Technopopulismus die absonderlichste. Es sind leere Versprechungen, die auf digitaler Disruption seismischen Ausmaßes beruhen und es schaffen, dass sich politische Kräfte davon angesprochen fühlen, die ansonsten kaum einen gemeinsamen Nenner finden. Globalisten und Anti-Globalisten etwa, Nationalisten und Progressive. Mit dem Versprechen einer Welt der unmittelbaren und schmerzfreien persönlichen Selbstermächtigung ist der Begriff schwammig genug, um große Technologieunternehmen, Start-ups, Kryptowährungs-Aficionados und selbst die eine oder andere politische Partei zu vereinigen. Sie versprechen Dezentralisierung, Effizienz und Zwanglosigkeit Seine Vorgeschichte ist eher undurchsichtig. Das genaue Datum, an dem der Techno-Populismus Mainstream wurde, ist jedoch bekannt. Er geht zurück in das Jahr 2006, als das Time Magazine "You" zur "Person des Jahres" kürte, also all jene Millionen, die hinter dem nutzergenerierten Web der Nullerjahre standen. Damit wurden techno-populistische Themen tief in unser kollektives Unbewusstsein eingemeißelt. Obwohl die Zahl derer, die aktiv zu Webseiten wie Wikipedia oder Flickr beitrugen, relativ gering war, sorgte ihr universelles Freudenfest dafür, dass Fragen zur Macht der Konzerne und der Beständigkeit des aufstrebenden digitalen Utopia hintangestellt und abgebogen wurden. Nur wenige Jahre später war dieser Zukunftstraum tot und begraben: Hochzentralisiert und von lediglich einer Handvoll Plattformen dominiert, war das Web nur mehr ein Schatten seines vormals exzentrischen Selbst. Heute - im Jahr 2018 - ist der omnipotente, kreative User von 2006 zu einem zombieähnlichen Content-Junkie verkommen, süchtig danach, ständig und überall zu scrollen und zu liken, für immer und ewig gefangen in den unsichtbaren Käfigen der Datenbroker. Der ehrenwerte Versuch, jeden von uns zu einem Ehrenmitglied des innersten Zirkels der kulturellen Elite zu machen, hat uns stattdessen alle in die unauslöschlichen Listen der Cambridge Analytica verdammt. Der Mythos des "Nutzers, der ein Künstler ist" existiert nicht mehr. Der Geist des Techno-Populismus nährt sich jedoch heute von zwei ebenso mächtigen Mythen: der "Nutzer, der ein Unternehmer ist" und der "Nutzer, der ein Konsument ist". Sie versprechen viel: mehr Dezentralisierung, Effizienz, Zwanglosigkeit, und halten dabei die eigentliche Dynamik der digitalen Wirtschaft verborgen. Folglich ist die digitale Zukunft, die vor uns liegt - dominiert von Zentralisierung, Ineffizienz und Fremdkontrolle - schwieriger zu erfassen. Als Uber, Airbnb und ähnliche Plattformen noch in den Kinderschuhen steckten, konnte man fast glauben, dass eine globale Revolution horizontal differenziertere und informellere wirtschaftliche Aktivitäten freisetzen würde. Weg mit Berufskraftfahrern, Limousinen und Hotels; her mit Amateuren, Fahrrädern und Schlafcouches! Eine attraktive Vision, verankert in der gegenkulturellen Rebellion gegen Autorität, Hierarchie und Expertise. Eines fehlte ihr jedoch: der Rückhalt von politischen Parteien und sozialen Bewegungen. Letztere, einmal an der Macht, hätten dafür Sorge tragen können, dass für lokale Plattformen angemessene öffentliche Mittel bereitgestellt worden wären, um nicht den brutalen Gesetzen des Wettbewerbs ausgesetzt zu sein, und sie hätten ihren politischen Einfluss geltend machen können, um sie vor kommerziellen Wettbewerbern mit dicken Brieftaschen zu bewahren. Ähnliche Anstrengungen im vergangenen Jahrhundert - ein politisches Unterfangen par excellence - haben uns den Wohlfahrtsstaat beschert. Statt die Bildung und die medizinische Versorgung in die Hände privater Anbieter zu legen, wurden diese Bereiche den Zwängen des Marktes ganz bewusst entzogen. Zwar war der neu entstandene Wohlfahrtsstaat von einigen hierarchischen Exzessen geprägt, angesichts der politischen und technologischen Beschränkungen der damaligen Zeit war es jedoch ein vernünftiger Kompromiss. Heute kann man sich für die Bereitstellung solcher Dienstleistungen leicht einen horizontal differenzierteren Ansatz vorstellen, bei dem die lokale Autonomie, die demokratische Entscheidungsfindung und individuelle Eigenheiten weniger eingeschränkt werden. Dasselbe gilt für die Wirtschaft als Ganzes. Digitale Plattformen, Mittler des Zusammenspiels zwischen Bürgern, zwischen Bürgern und Unternehmen, aber auch zwischen Bürgern und Institutionen, sollten für diese Transformation von zentraler Bedeutung sein. Uber baut selbstfahrende Autos, Airbnb Hotelanlagen. Die Gesetze des Marktes verlangen das Es zeichnet sich jedoch bislang kein ähnliches politisches Unterfangen mit dem Ziel der Dekommodifizierung des frisch demokratisierten Staates und der Wirtschaft ab. Folglich sollten die lobenswerten Ziele der Selbstermächtigung, des Lokalismus und des Horizontalismus durch Einschmeicheln bei dem zwar mächtigen, aber heimtückischen Verbündeten erreicht werden, das heißt durch Synchronisierung des Herzschlags und der Bedürfnisse der digitalen Plattformen mit denen des globalen Kapitals. Alles lief gut - zumindest am Anfang. Car-, Bike- und Flatsharing sind regelrecht explodiert, dank massiver Kapitalspritzen, viele davon aus Staatsfonds oder von Risikokapitalgebern. Wie nett von Saudi-Arabien, mit seinen Erdöleinnahmen - durch Geschäfte mit der SoftBank in Japan - Reisen und Mahlzeiten in aller Welt zu subventionieren. Die Anbieter von Waren und Dienstleistungen auf digitalen Plattformen sowie deren Käufer und Mieter hatten allen Grund zum Jubeln. Erstere erhielten so die Möglichkeit, ihre ungenutzten Ressourcen von leer stehenden Wohnungen bis hin zu freier Zeit zu Geld zu machen. Letztere profitierten von Rabatten auf Fahrten, Mahlzeiten und Buchungen. Viele finanziell angeschlagene (Städte?) konnten nun auf digitale Plattformen zählen, wenn es darum ging, ihre marode Infrastruktur auszubauen bzw. zu erneuern und den Tourismus anzukurbeln. Dieses Märchen ist nun zu Ende. 2018 bedeutet für die Sharing Economy das, was 2006 für nutzergenerierte Inhalte bedeutete. Von hier aus kann es nur noch abwärts gehen. Plattformen werden nicht einfach verschwinden. Die ursprünglich hochgesteckten Ziele, die ihre Aktivitäten legitimierten, werden jedoch dem nüchternen und manchmal auch brutalen Imperativ weichen, den das eiserne Wettbewerbsgesetz auferlegt: Streben nach Profit. Uber mag mit gelegentlichen Fahrdiensten einigen armen Leuten geholfen haben, finanziell über die Runden zu kommen. Die Notwendigkeit, rentabel arbeiten zu müssen, bedeutet jedoch, dass das Unternehmen letztendlich keinerlei Skrupel haben wird, sich seiner Fahrer zu entledigen und auf vollautomatische Fahrzeuge umzusteigen. Ein Unternehmen, das allein im vorigen Jahr 4,5 Milliarden Dollar Verlust gemacht hat, wäre schlecht beraten, anders zu handeln. Airbnb mag sich als Verbündeter des Mittelstands gegen fest eingewurzelte wirtschaftliche Interessen präsentiert haben. Doch der Zwang zu höherer Wirtschaftlichkeit zwingt das Unternehmen schon jetzt, sich mit Firmen wie Brookfield Property Partners zusammenzuschließen, einer der größten Immobiliengesellschaften der Welt, um hotelähnliche Wohnanlagen à la Airbnb entstehen zu lassen, oftmals durch den Aufkauf oder den Umbau bestehender Apartmenthäuser. Nur wenige fest eingewurzelte Interessen werden hier verletzt. Mal vielleicht abgesehen von denen der Mieter, die mit ansehen müssen, wie ihre Wohnblöcke in Airbnb-Hotels umgewandelt werden. Angesichts der gewaltigen Geldsummen, um die es dabei geht, werden die derzeitigen Kämpfe, wie sie etwa im Bereich Ridesharing ausgefochten werden, vermutlich zu einer stärkeren Zentralisierung führen, sodass jede Region am Ende von lediglich einer oder zwei Plattformen kontrolliert werden wird. Die Kapitulation von Uber in China, Indien, Russland sowie in weiten Teilen Südostasiens und Lateinamerikas vor lokalen Playern, hinter denen oftmals ebenfalls saudische Investoren stehen, legt dies nahe. Und die alteingesessenen und hierarchischen Industrien werden nicht ewig untätig bleiben, wie uns auch die Erfahrung der vorangegangenen digitalen Revolution lehrt. Man denke nur an den kürzlich erfolgten Aufkauf des vielversprechenden Start-ups für E-Scooter mit dem Namen Spin durch den Automobilkonzern Ford. Derartige Entwicklungen stehen im Widerspruch zu der techno-populistischen Rhetorik der Disintermediation. Sie generieren darüber hinaus eine Menge Abfall - Berge herrenloser Fahrräder, überall rund um den Erdball. Die zunehmende Verkehrsdichte auf verstopften Straßen - die Konsequenz dessen, dass wir es zulassen, dass das globale Kapital das Ridesharing erobert, statt die Angebote der weitaus effizienteren öffentlichen Verkehrsmittel auszubauen - bekommen wir bereits zu spüren. Wir können uns nicht einfach eine demokratischere Gesellschaft kaufen Die Müllberge, die von den neuen Zulieferdiensten der Shoppingportale generiert werden, entsprechen wohl kaum der nachhaltigen Zukunft, wie sie von Techno-Populisten beworben wird. Die stark subventionierten Fahr- und Menüpreise - temporäre Folgen des intensiven Wettbewerbs - werden nicht von Dauer sein. Die hohen Verluste müssen von den wenigen erfolgreichen Wettbewerbern irgendwann wieder hereingeholt werden - vermutlich über höhere Preise. Der Mythos der Gegenwart vom omnipotenten Verbraucher-Unternehmer ist tot. Der Techno-Populismus wird jedoch überleben und weiterhin pauschale Versprechen über die Blockchain, künstliche Intelligenz oder auch die Smart City verkünden. Viele dieser Versprechen mögen sehr verlockend sein. Doch ohne eine starke politische Agenda - die sich keinerlei Illusionen hinsichtlich der Fähigkeit des globalen Kapitals, die soziale Emanzipation voranzutreiben, hingibt - werden sie genau das Gegenteil bewirken. Wir können nicht einfach hingehen und uns eine demokratischere Gesellschaft kaufen - und ganz gewiss nicht mit saudischem Geld. Aus dem Englischen von Martina Wendl.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/digitale-utopien-zurueck-bleiben-nur-berge-von-fahrraedern-1.4232299
Vom Technopopulismus bleibt vor allem Zerstörung
00/12/2018
Der Technopopulismus aus dem Silicon Valley war der Traum von einer digitalen Welt, in der jeder Künstler, Unternehmer, Rebell ist. Daraus wurde eine brutale Industrie, die viel zerstört und wenig schafft.
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mlsum_de-train-220573
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The Quiet Man Die Lippen des Gangsters in dem grünen Hoodie bewegen sich, er sieht wütend aus. Worte kommen beim Spieler allerdings nicht an: Dane, der Protagonist in dem Action-Adventure "The Quiet Man", ist taubstumm. Auch als der Gangster und seine Kollegen auf ihn zustürmen und auf ihn einschlagen, hört man nur ein dumpfes Wummern, sonst bleibt es ruhig. Die animierten Spielszenen, in denen sich Dane meist mit irgendwelchen zwielichtigen Gestalten prügelt, werden von Zwischensequenzen mit echten Schauspielern unterbrochen. Das ist ein eher ungewöhnliches Stilmittel in Zeiten, in denen Computerspielgrafik immer realistischer aussieht. Die Szenen sollen die Geschichte verständlicher machen. Das gelingt allerdings nicht so richtig. Auch sonst bleibt es nur bei einem spannenden Ansatz ohne Spieltiefe. Die Kämpfe sind schwerfällig, die Charaktere sind allzu holzschnittartig und auch die Schauspieler verhelfen ihnen durch ihre Darstellung nicht zu mehr Glaubwürdigkeit. "The Quiet Man" ist am 1. November 2018 für PC und Playstation 4 erschienen.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/games-november-battlefield-5-football-manager-2019-1.4233485
Games-Rückblick: Diese Spiele waren im November wichtig
00/12/2018
"Battlefield 5" verzichtet auf Revolutionäres, "Fallout 76" versucht zu vieles gleichzeitig zu sein, und Football Manager gibt es erstmals auf Deutsch: Der November aus Gamer-Sicht.
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Viele Schüler jobben als Nachhilfe oder beim Bäcker, um sich einen Extra-Wunsch zu erfüllen. Für Pflegekinder ist das schwer. Wenn Heim- und Pflegekinder ihr Taschengeld durch einen Nebenjob aufbessern wollen, müssen sie drei Viertel ihrer Einnahmen abtreten. Felix Warnke zieht sich die Schürze aus und packt sie in den Wäschekorb im Mitarbeiterraum. Seit drei Monaten arbeitet der 16-Jährige jeden Samstag in einer alteingesessenen Hamburger Konditorei, verkauft Torten, Christstollen und Kekse an eine wohlhabende Kundschaft. Das macht er gut, die Kunden mögen ihn und geben ihm hin und wieder sogar Trinkgeld. Der Gymnasiast spart auf einen Laptop, er braucht ihn für die Schule und die Freizeit; zum Lernen, Praktikumsberichte schreiben und Netflix-Gucken. Doch gerade klappt es nicht so gut mit dem Sparen. Denn von seinen elf Euro Stundenlohn darf Felix Warnke, der eigentlich einen anderen Namen trägt, nur 2,75 Euro behalten. Den Rest muss er ans Jugendamt abtreten. Seit 14 Jahren lebt er bei einer Pflegefamilie, seine leiblichen Eltern können sich nicht kümmern. Dafür bekommen seine Pflegeeltern monatlich um die 900 Euro vom Jugendamt, für Unterhalt und weitere Kosten. Dieses Geld möchte sich der Staat nun von dem Schüler zurückholen: Felix soll drei Viertel seines Einkommens abgeben. "Unfair", findet Felix. "Alle meine Freunde jobben, um sich was dazuzuverdienen. Keiner von ihnen muss seinen Eltern etwas abgeben. Aber ich soll jetzt beim Amt für meine eigenen Kosten aufkommen. Was kann ich denn dafür, dass ich ein Pflegekind bin?" Dass der Staat bei erwachsenen Sozialhilfeempfängern oder erwerbsunfähigen Menschen zugreift, wenn sie über Einkommen oder Vermögen verfügen, ist bekannt. Doch auch Minderjährige sind davon nicht ausgenommen: Im achten Sozialgesetzbuch regelt Paragraf 94, dass junge Menschen und Leistungsberechtigte bei "vollstationären Leistungen" insgesamt "75 Prozent ihres Einkommens als Kostenbeitrag einzusetzen" haben. Das betrifft auch die ungefähr 142 000 Heimkinder und 90 000 Pflegekinder in Deutschland. Wenn sie als Jugendliche also im Café jobben, Zeitungen austragen oder im Supermarkt Konserven in Regale stapeln, um ihr Taschengeld aufzubessern oder für den Führerschein zu sparen, gehen drei Viertel direkt ans Jugendamt. Auch bei einer Ausbildung müssen sie 75 Prozent ihres Gehalts abgeben, wenn sie noch bei ihren Pflegeeltern wohnen. Auch Felix' Pflegemutter findet die Situation unfair. "Es ist doch ein Zeichen von Reife und Verantwortungsbewusstsein, wenn sich ein Kind einen Job sucht, um eigene Bedürfnisse selbst erfüllen zu können", sagt Andrea Wagner. "Stattdessen muss Felix nun dafür haften, dass seine leiblichen Eltern nicht in der Lage sind, sich um ihn zu kümmern. Damit ist er doppelt benachteiligt, auch gegenüber seinen zwei Geschwisterkindern." Andrea Wagner möchte allen ihren Kindern beibringen, dass harte Arbeit sich lohnt und man etwas leisten muss, um sich etwas leisten zu können - aber im Fall von Felix ist das gerade schwer zu vermitteln. "Die Wunde, dass er in unserer Familie kein leibliches Kind ist, ist für ihn eh schon groß - und so wird sie noch größer."
karriere
https://www.sueddeutsche.de/karriere/pflegekinder-gehalt-steuern-1.4241789
Pflegekinder - 2,75 Euro Stundenlohn
00/12/2018
Wenn Heim- und Pflegekinder ihr Taschengeld durch einen Nebenjob aufbessern wollen, müssen sie drei Viertel ihrer Einnahmen abtreten.
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Spannungszüge, Widerstände und Temperatur ertasten: Eine Osteopathin erklärt, wie sie spürt, was ihren Patienten fehlt. Barbara Pucci arbeitet seit mehr als zehn Jahren als Osteopathin. Mit ihrem Mann führt sie eine Praxis in München. Beide haben eine Physiotherapie-Ausbildung und eine Zulassung zum Heilpraktiker. SZ: Frau Pucci, manche Patienten sprechen von ihrem Osteopathen wie von einem Magier. Gehört ein bisschen Show zu Ihrem Beruf dazu? Barbara Pucci: Für einige bestimmt. Für mich nicht. Allerdings wirkt für Patienten, die zum ersten Mal beim Osteopathen sind, vieles vielleicht tatsächlich geheimnisvoll oder gewöhnungsbedürftig. Schon, dass man ihnen und ihren Körpern so große Aufmerksamkeit schenkt. Wir untersuchen sie ja von Kopf bis Fuß. Häufig gibt es dabei Aha-Momente. Beispielsweise, wenn ich eine alte Verletzung im Gewebe entdecke. Dann erinnern sie sich: Ach ja, da bin ich mal gestürzt. Mich haben auch schon Patienten gefragt, ob ich eine Gabe habe. Und, haben Sie? Nein. Das ist auch nicht nötig. Ich würde sagen, die Grundvoraussetzung ist Einfühlungsvermögen, die Fähigkeit zur Empathie und eine stabile Persönlichkeit. Die Palpationsfähigkeit lässt sich schulen. Palpation? Das Wort leitet sich vom lateinischen "palpare" ab, was so viel wie "streicheln" heißt. So bezeichnet man in der Medizin die Untersuchung des Körpers durchs Abtasten. Das lernen wir in unserer Ausbildung und durch jahrelange Erfahrung. In der menschlichen Großhirnrinde gibt es ein Areal für die Hände. Bei Blinden ist dieses Areal vergrößert. Weil sie ihren Tastsinn ständig trainieren - beispielsweise, wenn sie Braille-Schrift lesen -, bekommt das Gehirn unentwegt Reize und verschaltet sich weiter. Ich kann mir vorstellen, dass es bei Osteopathen ähnlich ist. Mit welcher Erwartung kommen die Patienten zu Ihnen? Manche kommen alle sechs Wochen, um sich sozusagen einem Check zu unterziehen. Wenn sich etwas anbahnt, können wir gegensteuern, eh es ein Problem wird. Für die meisten sind wir aber der letzte Anlaufpunkt, nachdem sie von einem Arzt zum anderen gegangen sind. Allerdings können auch wir ihre Erwartungen nicht immer erfüllen: Wer 20 Jahre Schmerzen gelitten hat, wird diese nicht in zwei, drei Behandlungen los. Wie fühlen Sie, was den Patienten fehlt? Wir spüren durch das Auflegen unserer Handflächen und Finger die Konsistenz des Gewebes unter der Haut. Ist da ein Spannungszug, ein Widerstand, oder ist es elastisch und durchlässig? Dafür gibt es bestimmte Handgriffe - kräftigere für die Muskeln und Knochen, zartere für die Organe im Bauchraum. Die Beweglichkeit der Gelenke testen wir im Links-rechts-Vergleich. Wichtig ist, dass man offen an die Untersuchung herangeht und nicht nach dem Motto: Ach, der Patient klagt über diese Beschwerden, dann muss er jenes Problem haben. Dafür muss man den Kopf frei haben. Wie stellen Sie das an? Vor jeder Untersuchung versuche ich mich zu erden. Ich stelle mich fest auf beide Beine und versuche meinen inneren Ruhepunkt zu finden. Während der Untersuchung konzentriere mich ganz auf den Körper des Patienten. Darum rede ich auch kaum dabei. Und wie behandeln Sie? Auch dafür gibt es Handgriffe. Mal geben wir Impulse, mal dehnen wir, mal bewegen wir. Unsere Patienten erhalten auch gymnastische Übungen als Hausaufgaben. Ihre Hände sind Ihr wichtigstes Arbeitsinstrument. Haben Sie sie versichert? Ich könnte mir vorstellen, dass es Kollegen gibt, die das tun. Ich habe nur eine ganz normale Berufsunfähigkeitsversicherung. Tatsächlich ist schon ein Schnitt mit dem Küchenmesser ein Problem. Ein Pflaster schränkt den Tastsinn sehr ein. Von einer Narbe ganz zu schweigen. Gibt es etwas, auf das Sie zum Schutz Ihrer Hände ganz verzichten? Ich achte zumindest sehr genau darauf, welche Sportart ich treibe. Mit meinen Kindern gehe ich jetzt im Winter trotzdem ab und an Schlittschuhlaufen. Oder auch mal Langlaufen mit meinem Mann. Im vergangenen Jahr bin ich dabei gestürzt. Auf meine Hand! Da lag ich auf dem Rücken wie ein Käfer. Statt mich aufzurappeln, habe ich erst einmal meine Hand untersucht. Es hat noch alles funktioniert. Das war mir in dem Moment das Wichtigste.
karriere
https://www.sueddeutsche.de/karriere/osteopathie-unter-die-haut-1.4259493
Unter die Haut
00/12/2018
Spannungszüge, Widerstände und Temperatur ertasten: Eine Osteopathin erklärt, wie sie spürt, was ihren Patienten fehlt.
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Die Osteopathen wollen als dritter Heilberuf neben den Ärzten und Heilpraktikern anerkannt werden - doch Ausbildung und Berufszulassung in ihrem Fach sind kaum geregelt. Vor zwei oder drei Jahrzehnten mussten die meisten Menschen den Begriff "Osteopathie" wohl erst einmal nachschlagen. Heute sieht das anders aus: Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage war fast jeder fünfte Deutsche über 14 Jahre schon einmal beim Osteopathen. Tendenz steigend. In Auftrag gegeben hat die Studie der VOD, der Verband der Osteopathen Deutschland. Dessen Vorsitzende Marina Fuhrmann schätzt, dass es ungefähr 10 000 Osteopathen in Deutschland gibt. Und das, obwohl der Beruf nach Ansicht der Bundesärztekammer eigentlich gar nicht existiert. Geschützt ist die Bezeichnung jedenfalls nicht. Darum fordert Fuhrmann ein Berufsgesetz für Osteopathen. Der VOD will einen dritten Heilberuf neben den Ärzten und Heilpraktikern installieren. "Der Staat vernachlässigt seine Schutzpflicht gegenüber den Patienten, die keine Unterscheidungsmöglichkeit haben, wer qualifiziert ist und wer nicht", meint Fuhrmann. Sie selbst lehrt das Fach an der privaten, staatlich anerkannten Fachhochschule Fresenius in Idstein bei Frankfurt. Vor sechs Jahren wurde sie zur ersten Osteopathie-Professorin Deutschlands ernannt. "Angst vor Berührung darf man nicht haben." Der Begriff Osteopathie setzt sich aus den altgriechischen Wörtern für Knochen und Leiden zusammen. "Tatsächlich geht es aber um viel mehr", sagt Anja Clausen, die seit 2010 in München als Osteopathin arbeitet. Es gehe um den ganzen Körper mit all seinen Knochen, Muskeln, Organen und vor allem um die Versorgung des Gewebes mit Blut und Lymphflüssigkeit. "Mein wichtigstes Arbeitsinstrument sind meine Hände", sagt Clausen. Die Osteopathie betrachtet den Körper als ein Zusammenspiel von Bewegungen. Ist die Bewegungsfreiheit eines Körperteils, eines Organs, eingeschränkt, entstehen zunächst Gewebespannungen und daraus Funktionsstörungen. Mit ihren Händen will Clausen diese Blockaden ertasten und beseitigen und den Körper so zur Selbstheilung anregen. "Die Technik ist das eine", sagt Clausen. Wichtiger noch sei es, spüren zu können. Was ist Osteopathie? Die Osteopathie ist eine Heilkunde, bei der die Untersuchung und Behandlung durch die Hände im Zentrum steht. Osteopathen gehen davon aus, dass der Körper selbst in der Lage ist, sich zu regulieren und sogar zu heilen, wenn alle Strukturen gut beweglich und versorgt sind. Nach einer Definition des VOD braucht jedes Körperteil und jedes Organ Bewegungsfreiheit, um optimal zu funktionieren. Ist die Beweglichkeit eingeschränkt, entstehen zunächst Gewebespannungen und in Folge Funktionsstörungen. Die Summe dieser Fehlfunktionen kann der Organismus nicht mehr kompensieren - es entstehen Beschwerden. sz Fünf Jahre hat ihre Ausbildung an der Osteopathie-Akademie München gedauert: neben Anatomie-Büffeln viel Praxis-Unterricht. "Angst vor Berührung und Scheu, nackt zu sein, darf man in der Ausbildung nicht haben", sagt Clausen. Bevor die Lernenden auf die ersten Patienten losgelassen werden, dienen sie sich gegenseitig als Versuchsobjekte. 1350 Unterrichtsstunden musste sie absolvieren und vier Prüfungen bestehen. Wer im Internet nach "Osteopathie" sucht, findet unübersichtlich viele Einrichtungen, die unterschiedlichste Ausbildungen anbieten. Drei Hochschulen bieten sogar Bachelor- und Master-Abschlüsse in Osteopathie an. Neben der Fresenius Hochschule sind das die Dresden International University und die SRH Hochschule für Gesundheit in Gera. Bundesweite Qualitätsstandards gibt es allerdings nicht. Fuhrmann will das ändern. Doch der Gesetzgeber hält sich zurück. "Da besteht auch kein Regelbedarf", sagt Johannes Buchmann, der die Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter in Rostock leitet. 2009 gehörte er zu einem Arbeitskreis, der für die Bundesärztekammer die osteopathischen Verfahren wissenschaftlich bewertet hat. Das Fazit: Die Osteopathie sei kein eigenständiger Beruf. Viele der Methoden seien bereits Teil der manuellen Medizin, die - der Name sagt es schon - ebenfalls geschulte Handgriffe für die Behandlung, aber auch für die Diagnose erfordert. Die Ärzte suchen gezielt nach Muskelverspannungen, Bindegewebsveränderungen oder Temperaturdifferenzen, die auf ein Problem hindeuten. Vermittelt werden diese Methoden allerdings nicht im Studium oder in der Facharztausbildung, sondern lediglich in medizinischen Weiterbildungen. Clausen hat vor ihrer Osteopathie-Ausbildung bereits eine Lehre zur Physiotherapeutin und ein Medizinstudium erfolgreich abgeschlossen. Heute arbeitet sie nur noch osteopathisch. Jeden Tag behandelt sie fünf Patienten in ihrer kleinen Praxis. "Mehr schaffe ich nicht", sagt sie. "Die Arbeit ist so intensiv, dass danach meine Konzentration am Ende ist." Vor jeder Diagnose befragt sie die Patienten ausgiebig und tut vor allem eines: Sie hört zu. Für jeden nimmt sie sich eine Stunde Zeit, also ungefähr 53 Minuten mehr, als das durchschnittliche Gespräch zwischen Arzt und Patienten dauert. Für sie ist dies einer der Gründe, sich nach der Approbation an der Osteopathie-Akademie einzuschreiben. "Und weil ich gern über den Tellerrand schaue", sagt sie. Detailansicht öffnen Wie fühlt sich die Haut an? Gibt es Spannungen im Gewebe? Sind Körperstellen warm? Solche Fragen leiten Osteopathen bei der Untersuchung. (Foto: imago) Clausens Patienten kommen mit den unterschiedlichsten Beschwerden zu ihr: Kopf- oder Rückenschmerzen, Verdauungsprobleme oder Bluthochdruck beispielsweise. Wer nicht wie Clausen bereits Arzt ist und als Osteopath praktizieren möchte, muss sich allerdings mit einem Trick behelfen. "Manche Vorstellungen stammen noch aus dem 19. Jahrhundert." Physiotherapeuten mit Osteopathie-Ausbildung, aber ohne Heilpraktiker-Zulassung etwa, dürfen nur auf Verordnung eines Arztes osteopathische Methoden anwenden. Ohne ärztliche Verordnung dürfen das in Deutschland lediglich Ärzte selbst und Heilpraktiker. Und da man Medizin in der Regel nicht mal eben nebenbei studiert, bieten die meisten Osteopathie-Akademien zusätzlich die entsprechenden Fortbildungsbausteine zum Heilpraktiker an. Für diesen benötigt man lediglich einen Hauptschulabschluss. Auch der Aufwand für die amtliche Zulassungsprüfung ist recht überschaubar. Allein im Bundesland Hessen, wo die Osteopathie-Professorin Marina Fuhrmann praktiziert, hat der VOD es geschafft, diesen Zustand zu ändern. Dort regelt eine Verordnung seit 2008 die Weiterbildung zum Osteopathen. Sie gilt für Physiotherapeuten, medizinische Bademeister, Masseure und Heilpraktiker. Diese können nun an staatlich anerkannten Osteopathie-Schulen den Titel "staatlich anerkannter Osteopath" erlangen. Die Bundesärztekammer sieht das kritisch: Die Osteopathie gehöre zwingend in die Hände von qualifizierten Ärzten und Physiotherapeuten. "Wer sich dem verweigert, spielt ohne Not mit der Gesundheit und Sicherheit von Patienten", warnte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, vergangenes Jahr in einem Brief an das Bundesgesundheitsministerium. "Manche medizinischen Vorstellungen der Osteopathie stammen noch aus dem 19. Jahrhundert", erklärt der Rostocker Professor Buchmann. Entwickelt hatte sie damals der amerikanische Mediziner Andrew Taylor Still. In den USA ist das Studium der Osteopathie seit den 1960er-Jahren eine akademische Ausbildung. Die ungefähr 54 000 amerikanischen Osteopathen führen den Titel D.O., "Doctor of Osteopathy". Mittlerweile wird die Osteopathie in nahezu allen Ländern Europas praktiziert. In einigen, beispielsweise in Großbritannien, Finnland und Frankreich, ist sie berufsgesetzlich geregelt. Die Berechtigung einiger osteopathischer Methoden zweifelt auch Buchmann nicht an. Er hebt besonders die "sehr guten Handgriff-Techniken" hervor. Und mehr noch: Für die Ärztevereinigung für Manuelle Medizin bildet Buchmann Ärzte weiter, die das Diplom für ärztliche Osteopathie anstreben. Die osteopathischen Fachverbände und Ausbildungseinrichtungen haben ebenfalls ihre eigenen Standards geschaffen. 2004 haben sie die Bundesarbeitsgemeinschaft Osteopathie gegründet und Eckpunkte für die Osteopathie-Ausbildung festgelegt - eine Art Zulassungs-TÜV. Egal auf welchem Weg man Osteopath geworden ist: Einige der gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Patienten zumindest teilweise. Die liegen zwischen 60 und 200 Euro pro Stunde. Der Preis hängt von der Region ab und davon, ob der Osteopath Arzt oder Heilpraktiker ist. Mediziner können etwas mehr verlangen. Wer sich als Osteopath selbständig macht und eine akzeptabel laufende Praxis hat, kann in der Regel gut davon leben. Bei Physiotherapeuten, besonders bei angestellten, sieht das oft anders aus.
karriere
https://www.sueddeutsche.de/karriere/osteopathie-hand-auflegen-1.4259491
Süddeutsche.de
00/12/2018
Die Osteopathen wollen als dritter Heilberuf neben den Ärzten und Heilpraktikern anerkannt werden - doch Ausbildung und Berufszulassung in ihrem Fach sind kaum geregelt.
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mlsum_de-train-220577
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Wie es sich anfühlt, für die eigene Identität die Karriere aufzugeben Wie Glück, Geschlechterrolle und Arbeit zusammenhängen - ein Interview mit dem Stabhochspringer Balian Buschbaum, der als Yvonne Buschbaum deutsche Meisterin wurde. Balian Buschbaum hieß in einem früheren Leben Yvonne. Bis er sich zu einer Geschlechtsangleichung entschied und das Ganze auch öffentlich machte. Der Stabhochspringer, bis dahin bekannt als Deutscher Meister und Olympiateilnehmer, musste sich plötzlich öffentliche Kommentare zu seinen privatesten Themen gefallen lassen. Im Plan W Podcast erzählt er, warum sein neues Leben es wert war, den Traum vom Profisport aufzugeben, was er Unternehmen mit transsexuellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rät und warum er selbst über intime Details spricht, obwohl er sie eigentlich lieber für sich behalten würde. Lassen Sie uns wissen, wie Ihnen der Plan W Podcast gefällt und nehmen Sie an unserer Umfrage teil: http://www.sz.de/planwpodcast. So können Sie den Plan W-Podcast abonnieren: Der Plan W-Podcast erscheint alle vier Wochen und greift den Schwerpunkt des aktuellen Plan W-Heftes auf. Alle Folgen finden Sie hier. Verpassen Sie keine Folge und abonnieren Sie unser Audio-Angebot, etwa bei: Spotify iTunes Deezer oder in Ihrer Lieblings-Podcast-App. Sie haben Fragen oder Anregungen? Dann schreiben Sie uns sz-planw@sueddeutsche.de. Der Plan W Podcast ist eine hauseins-Produktion für die Süddeutsche Zeitung.
karriere
https://www.sueddeutsche.de/karriere/plan-w-podcast-balian-buschbaum-1.4268452
Plan W Podcast mit Balian Buschbaum
00/12/2018
Wie Glück, Geschlechterrolle und Arbeit zusammenhängen - ein Interview mit dem Stabhochspringer Balian Buschbaum, der als Yvonne Buschbaum deutsche Meisterin wurde.
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mlsum_de-train-220578
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Manche IT-Jobs, etwa im Bereich der künstlichen Intelligenz, setzen ein Studium voraus. Für andere genügt eine Ausbildung - aber die Abbrecherquote ist hoch. Aus Bluetooth-Lautsprechern hören immer mehr Menschen ihre Lieblingsmusik, unabhängig davon, in welchem Zimmer ihrer Wohnung sie sich aufhalten. Die Waschmaschine weiß, wann sie den Nachtstrom nutzt - und Autos kommen ganz ohne Fahrer aus. Computersysteme finden sich heute in nahezu allen Bereichen des Lebens. Versteckt und ganz offensichtlich. Und es braucht viele Menschen, die Geräte erdenken, aber auch die Software dahinter programmieren und auf dem Laufenden halten. Denn: Nicht nur im Privaten ist der Computer allgegenwärtig. "Es gibt kein Unternehmen mehr, das ohne IT auskommt", sagt Juliane Petrich, Leiterin für den Bereich Bildung im Branchenverband Bitkom. Welchen Stellenwert die Informatik inzwischen hat, zeigt sich auch in den Führungsetagen zahlreicher Unternehmen - dort gibt es oft neben dem CEO und dem CFO, dem Chef für Finanzen, auch einen CIO. Das ist der "Chief Information Officer", der Chef über die Daten. Der Bedarf an Fachkräften ist enorm, sagt Petrich. Nach Angaben des Portals Statista waren im vergangenen Jahr 21 500 Menschen im Bereich der IT-Hardware tätig. 875 000 Berufstätige beschäftigten sich mit IT-Services und -Software, wobei vor allem in letzterem Bereich die Anzahl der Beschäftigten in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Erst vor wenigen Jahren sind zahlreiche neue Ausbildungsberufe entstanden, aber auch an den Hochschulen gibt es jede Menge Studiengänge im Bereich Informatik. "Allerdings liegt die Abbrecherquote bei circa 50 Prozent", berichtet Petrich. Denn die Erwartungshaltung und die Inhalte gingen stark auseinander. Weit verbreitet und trotzdem sehr gesucht sind die Berufsbilder Softwareentwickler, IT-Sicherheitsexperten, Data Scientist und KI-Entwickler, wobei der Weg in diese Jobs meist über ein Studium führt. Sehr häufig taucht der Begriff "Softwareentwickler" in Stellenanzeigen auf, doch er ist nicht scharf definiert. "Es gibt verschiedene Rollen im Team", erläutert Petrich. Da ist zum einen der Frontend-Entwickler: Er ist für die grafische Umsetzung von Programmen zuständig oder die Schnittstellen für die Nutzer. Er macht die Programme also für die Mitarbeiter möglichst verständlich und einfach zu bedienen. Der Backend-Entwickler hingegen "implementiert die funktionale Logik im Hintergrund". Das bedeutet, er sorgt dafür, dass die Programme den Anforderungen der Unternehmen entsprechen und dass alles reibungslos funktioniert. In den Beruf des Software-Entwicklers kann nahezu jedes Informatikstudium führen.
karriere
https://www.sueddeutsche.de/karriere/digitalisierung-it-job-ausbildung-studium-1.4238470
Digitalisierung - IT-Experten verzweifelt gesucht
00/12/2018
Manche IT-Jobs, etwa im Bereich der künstlichen Intelligenz, setzen ein Studium voraus. Für andere genügt eine Ausbildung - aber die Abbrecherquote ist hoch.
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mlsum_de-train-220579
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Da geht noch was: So war 2018 für Frauen in der Wirtschaft Was hat sich vergangenes Jahr getan, was muss 2019 passieren, damit Gleichberechtigung auch im Job näher rückt? 2018 war ein Scharnierjahr für Frauen in der Arbeits- und Unternehmenswelt, sagt der Ressortleiter des Wirtschaftsteils der SZ, Marc Beise. Warum, erklärt er in dieser Folge des Plan W Podcasts. Wir schauen mit ihm zurück: Was hat sich getan, was muss sich noch tun? Marc Beise verrät, welche Gedanken sich Konzernchefs hinter verschlossenen Türen zum Thema Gleichberechtigung machen, welche Branchen schon mit gutem Beispiel voran gehen, und warum es um viel mehr geht als nur um Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Außerdem hören Sie, welche Wünsche und Hoffnungen erfahrene Unternehmerinnen und Gründerinnen für das kommende Jahr haben. Lassen Sie uns wissen, wie Ihnen der Plan W Podcast gefällt und nehmen Sie an unserer Umfrage teil: http://www.sz.de/planwpodcast. So können Sie den Plan W-Podcast abonnieren: Der Plan W-Podcast erscheint alle vier Wochen und greift den Schwerpunkt des aktuellen Plan W-Heftes auf. Alle Folgen finden Sie hier. Verpassen Sie keine Folge und abonnieren Sie unser Audio-Angebot, etwa bei: Spotify iTunes Deezer oder in Ihrer Lieblings-Podcast-App. Sie haben Fragen oder Anregungen? Dann schreiben Sie uns sz-planw@sueddeutsche.de. Der Plan W Podcast ist eine hauseins-Produktion für die Süddeutsche Zeitung.
karriere
https://www.sueddeutsche.de/karriere/plan-w-podcast-2018-1.4260681
Plan W Podcast:So war 2018 für Frauen in der Wirtschaft
00/12/2018
Was hat sich vergangenes Jahr getan, was muss 2019 passieren, damit Gleichberechtigung auch im Job näher rückt?
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mlsum_de-train-220580
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Ein großer Raum hat den Vorteil, dass sich die Mitarbeiter näher sind. Es hat aber auch den Nachteil, dass sich die Mitarbeiter näher sind. Großraumbüros gelten als modern. Doch je näher viele Mitarbeiter beieinandersitzen, umso größer wird die Gefahr von Stress und Konflikten. Mit ein paar Tricks wird das Arbeiten angenehmer. Ist es Lümmelsessel, Businessclasssitz oder Luxuskinostuhl? Klar wird das nicht gleich. Knallgrüner Filz, ein Ausklapptischchen, ringsum eine Art Milchglasscheibe, dazu eine Lampe und für die Beine ein Filzhocker. Doch, es ist ein Arbeitsplatz. Die "Brody Work Lounge" steht in der Münchner Niederlassung des weltgrößten Büromöbelherstellers Steelcase. Das Unternehmen hatte 1914 seinen Durchbruch mit einem feuerfesten Papierkorb aus Stahl. Dass 114 Jahre später ein Stuhl mit Sitzheizung als Vorzeigeobjekt präsentiert wird, sagt viel aus über die moderne Arbeitswelt.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/grossraumbueros-musst-du-so-laut-telefonieren-1.4253274
Großraumbüro: So wird das Arbeiten angenehmer
00/12/2018
Großraumbüros gelten als modern. Doch je näher viele Mitarbeiter beieinandersitzen, umso größer wird die Gefahr von Stress und Konflikten. Mit ein paar Tricks wird das Arbeiten angenehmer.
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Die Reporterin Birte Meier wird von ihrem Sender als "Redakteurin mit besonderer Verantwortung" geführt. Sie arbeitet seit mehr als zehn Jahren für das ZDF, für das Politmagazin Frontal 21 hat sie Missstände aufgedeckt und Journalistenpreise gewonnen. Doch die besondere Verantwortung ging bei der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt offenbar nicht mit einem besonderen Gehalt einher. Jedenfalls will Birte Meier eines Tages festgestellt haben, dass sie weniger verdiente als ihre männlichen Kollegen, einer bekam sogar netto mehr als sie brutto. Meier versuchte erst, sich mit dem Sender zu einigen, als das scheiterte, verklagte sie das ZDF unter anderem auf eine Entschädigung von 70 000 Euro. Ihren ersten Prozess hat sie Anfang 2017 verloren, weil das Gericht damals fand, Meier sei als so genannte fest-freie Mitarbeiterin für das ZDF tätig und deswegen könne man ihr Gehalt nicht mit dem von Festangestellten vergleichen. Gegen das Urteil hat sie Berufung eingelegt, am Dienstag trafen sich nun alle Beteiligten vor dem Berliner Landesarbeitsgericht wieder. Auf dem Tisch der Richterin stapeln sich die Akten, in dem Verfahren geht es um Grundsätzliches. Verdient Birte Meier tatsächlich weniger, weil sie als Frau diskriminiert wird? Und wenn ja, wie weist man dies nach? Birte Meiers Anwältin Chris Ambrosi versucht es, indem sie im Gerichtssaal zahlreiche Indizien dafür vorträgt, dass Birte Meier den gleichen Job wie ihre Kollegen machte. Zum einen habe sie gearbeitet wie eine fest angestellte Redakteurin, Arbeitszeiten und Dienstort seien vorgegeben gewesen, Urlaub habe sie beantragen müssen. Zum anderen habe sie als Co-Autorin zusammen mit den besser entlohnten Kollegen Beiträge gemacht, also dasselbe geleistet. Und die Anwältin spricht von einer "Benachteiligungskultur", die sich explizit gegen Frauen richte. Frauen seien in Birte Meiers Redaktion unterrepräsentiert, ein früherer Redaktionsleiter habe Frauen in Vorstellungsgesprächen nach ihrem Kinderwunsch gefragt und bei einer Weihnachtsfeier gesagt, Frauen hätten im politischen Journalismus nichts zu suchen. Ein Klima, das dazu geführt habe, dass Frauen am Ende auch weniger verdienten, glaubt Meiers Anwältin Chris Ambrosi. Zwölf Männer hätten mehr verdient als Birte Meier, sagt die Anwältin. Auch solche, die weniger Berufserfahrung hätten und kürzer beim ZDF seien als die 47-Jährige. Ein Kollege, der gerade mal sechs Monate länger im Betrieb war als Meier, habe 700 Euro mehr verdient, Meier selbst habe auf eine Gehaltserhöhung von 250 Euro drei Jahre warten müssen. Die Anwälte vom ZDF halten dem entgegen, dass Birte Meier nicht diskriminiert, sondern im Rahmen der Tarifverträge für freie und fest angestellte Mitarbeiter entlohnt worden sei, die das ZDF mit den Gewerkschaften vereinbart habe. Die Klage sei daher unzulässig. Auch habe gerade der erwähnte Redaktionsleiter mehrere Frauen in Führungsjobs gehoben, "das wird hier alles sehr plakativ dargestellt". Der Zuschauerraum ist gut gefüllt. Es sind viele Journalistinnen gekommen, Birte Meier wird inzwischen auch von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt, die sich juristisch für Grund- und Menschenrechte einsetzt. Nora Markard aus dem Vorstand der GFF sagt, der Fall sei eindeutig. Es gebe sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene Rechte zur Entgeltgleichheit. Und die sehen nun mal vor, dass Frauen für die gleiche Arbeit nicht weniger verdienen dürfen als Männer. Das Entgelttransparenzgesetz hilft der Reporterin nicht Vor dem Landesarbeitsgericht wird allerdings klar, dass es zwei verschiedene Dinge sind, ob man sich ungerecht behandelt fühlt oder von der Justiz bestätigt bekommt, dass dahinter eine strukturelle Ungleichbehandlung steckt. "Kann man aus Sachen, die nicht in Ordnung sind, folgern, es gibt eine Benachteiligungskultur?", fragt dann auch die Richterin. "Da ist die Frage, wie stellt man die fest." Meier braucht eine offizielle Auskunft vom ZDF, dass ihre männlichen Kollegen mehr verdienen, die muss sie aber ebenfalls erst vor Gericht erstreiten. Zwar gibt es seit Juli 2017 das Entgelttransparenzgesetz, also die Möglichkeit, in Unternehmen ab 200 Mitarbeitern Lohnlisten einzusehen, allerdings nicht für alle. Birte Meier etwa fällt, weil sie beim ZDF nicht fest angestellt ist, dabei möglicherweise heraus. Die Richterin vertagt ihre Entscheidung am Dienstag auf Februar, bis dahin haben alle Beteiligten nun Zeit, weitere Argumente zu sammeln. Und Birte Meier? Die Journalistin will sich erst einmal nicht äußern. Als eine von sehr wenigen Frauen, die sich juristisch gegen Ungleichbehandlung wehren, steht für sie viel auf dem Spiel. Bereits im ersten Prozess hatten ihr die Anwälte des ZDF nahegelegt, den Sender zu verlassen.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/gehalt-zdf-birte-meier-1.4258222
Gehalt - Was hat sie verdient?
00/12/2018
Der Rechtsstreit zwischen der "Frontal 21"-Reporterin Birte Meier und dem ZDF geht in die nächste Instanz. Die Richterin muss entscheiden, ob die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts weniger verdient.
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Soll ich sagen, dass ich auch weniger Gehalt akzeptieren würde? Kathrin S. sucht einen neuen Job mit familienfreundlicheren Arbeitszeiten. Dafür würde sie auf Geld verzichten - und bittet den Jobcoach um Rat. SZ-Leser Kathrin S. fragt: Ich bin Betriebswirtin mit langjähriger internationaler Vertriebserfahrung und Mutter zweier Schulkinder. Nun bin ich - in ungekündigter Stellung - auf Jobsuche und habe das Gefühl, dass ich für viele Unternehmen zwar ein interessantes Profil habe, mein Wunschgehalt in Verbindung mit meiner gewünschten Arbeitszeit von maximal 30 Stunden aber abschreckend wirkt. Das Wunschgehalt ist mir dabei längst nicht so wichtig wie akzeptable Arbeitsbedingungen. Wie kann ich in meiner Bewerbung signalisieren, dass ich zu Abstrichen beim Gehalt bereit bin, ohne mich jedoch genau festlegen zu müssen? Vincent Zeylmans antwortet: Liebe Frau S., Ihr Profil hält alle Erfolgskomponenten für eine berufliche Weiterentwicklung bereit: BWL-Studium, Internationalität, Vertrieb, ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis. Damit können Sie sich auf viele Positionen bewerben. Dazu werden Frauen - aus meiner Beobachtung - derzeit häufig bevorzugt eingestellt. So weit, so gut. Dennoch sprechen Sie von einer Herausforderung, die durchaus real ist. Im Gegensatz zu Nachbarländern wie etwa den Niederlanden ist Teilzeit in Deutschland noch immer ein vermintes Gelände, zumindest für anspruchsvollere Tätigkeiten. Wenige Arbeitgeber können sich vorstellen, dass Fachexperten ihren Aufgabenbereich auch dann gut ausfüllen, wenn sie nicht täglich verfügbar sind. Und bei Führungskräften wird der Wunsch nach Präsenz ohnehin in Großbuchstaben geschrieben. Die Frage ist, wie Sie Vorurteilen und eventuell berechtigten Bedenken begegnen können. Wir leben in Zeiten, in denen "Home office" kein Fremdwort mehr ist. Auch Urlaubswochen und etwaige Krankheitstage werden schließlich überbrückt, ohne dass ein Unternehmen zusammenbricht. Was für ein Sechstel der Zeit möglich ist, könnte demnach auch ein Modell für das gesamte Jahr sein. Diese Überlegungen nutzen allerdings nichts, wenn sie vom Arbeitgeber nicht wahrgenommen werden. Wie kann es also zum Dialog kommen? Wo können Sie Ihre Argumente darlegen? Und wann ist der beste Zeitpunkt, um Ihren Wunsch nach Teilzeitarbeit kundzutun, ohne dass Sie Chancen vergeben? Natürlich ist der einfachste Weg die Einladung zum Vorstellungsgespräch. Wenn Sie den Eindruck haben, dass der Arbeitgeber von Ihnen angetan ist, können Sie die Forderung vorbringen, dass Sie nur "in Teilzeit zu haben sind". Aber ist das auch der beste Weg? Denn damit verärgern Sie möglicherweise Ihr Gegenüber. Denn hätte er das von vorneherein gewusst hätte, wäre möglicherweise keine Einladung erfolgt. Alternativ könnten Sie anrufen und sich im Vorfeld erkundigen, ob die Position auch in Teilzeit ausgeübt werden könnte. Diese Vorgehensweise ist fair - und gleichzeitig gefährlich. Denn möglicherweise erhalten Sie vorschnell eine ablehnende Rückmeldung, die auch damit zusammenhängt, dass der Arbeitgeber Ihre Bewerbungsunterlagen noch gar nicht gesehen hat. Der Königsweg scheint also folgendermaßen auszusehen: Sie senden Ihre Bewerbung und tun gleichzeitig kund, dass Sie Teilzeit bevorzugen würden. Über Abstriche beim Gehalt würde ich gar nicht reden. Die meisten Arbeitgeber suchen einen qualifizierten Mitarbeiter und sind bereit, diesen marktgerecht zu entlohnen. Wer sich als Schnäppchen anpreist, läuft Gefahr, an wahrgenommener Attraktivität zu verlieren. Ihre Gehaltsforderung ist ohnehin wettbewerbsfähig. Denn Sie füllen die Position nur in 75 Prozent der Zeit aus und nehmen somit Abstriche von 25 Prozent in Kauf. Vincent Zeylmans war lange Bereichsleiter und Geschäftsführer in internationalen Konzernen und kennt deren Rekrutierungspolitik aus der Praxis. Heute lebt er als Autor, Karrierecoach und Outplacementberater in Emmerich am Rhein.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/gehalt-bewerbung-job-arbeitszeit-1.4250137
Job: Soll ich sagen, dass ich weniger Geld akzeptiere?
00/12/2018
Kathrin S. sucht einen neuen Job mit familienfreundlicheren Arbeitszeiten. Dafür würde sie auf Geld verzichten - und bittet den Jobcoach um Rat.
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Giftige Stimmung unter den Kollegen, die Angestellten tun nur das Nötigste, es fehlen neue Ideen - so kann es in einem Büro aussehen, wenn viele Arbeitnehmer innerlich gekündigt haben. Darunter leiden die Angestellten selbst, aber auch deren Chefs. Aber alle können etwas dafür tun, dass es besser wird. Bei den meisten, die innerlich gekündigt haben, könne sich die Lage auch ohne Jobwechsel bessern, sagt Reinhild Fürstenberg, Geschäftsführerin des gleichnamigen Instituts, das Arbeitnehmer in solchen Situationen berät. Wer zu ihr in die Beratung kommt, sollte sich zuerst über eine Sache Gedanken machen: Was ist gut an meinem Job? Positive Gedanken hätten oft enorm geholfen. Wenn aber eine neue Sichtweise nicht ausreicht, müsse man natürlich schon etwas verändern, sagt Fürstenberg. Oft reichten dabei kleine Schritte, ohne den Job zu wechseln. Beratungsangebote wie das des Fürstenberg Instituts oder der IAS-Gruppe funktionieren ähnlich: Unternehmen kooperieren mit den Beraterfirmen. Die Angestellten, denen es schlecht geht, können sich dann von Experten beraten lassen. Ihre Arbeitgeber erfahren nichts davon, sie bezahlen aber die Beratung. Fürstenberg und Alexander Juli von der IAS-Gruppe sind sich einig: Bei manchen Menschen hilft es nur, wenn sie aus der inneren Kündigung eine richtige machen. "Nichts ist schlimmer als frustrierte Mitarbeiter, die nicht weggehen", bestätigt denn auch der Münchner Jobcoach Christiane Fruht. Mitarbeiter bräuchten das Gefühl, das zu tun, was sie am besten können, sagt Fürstenberg. Als Chefin müsse man zum Beispiel einer Mitarbeiterin, die gut schreiben kann, häufiger die Möglichkeit geben, Texte zu schreiben. Und Chefs sollten auch mal etwas Nettes sagen: Wenn der Mitarbeiter eine Routine-Aufgabe gut erledigt hat, solle man ihm das einfach mal sagen. Das motiviere und beuge so innerer Kündigung vor. Wenn man die Mitarbeiter kritisieren muss, sollten Vorgesetzte das sehr vorsichtig tun, sagt Arbeitspsychologe Dieter Frey von der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Für Mitarbeiter sei es manchmal auch motivierender, wenn der Chef einen Verbesserungsvorschlag nur andeute und seinem Mitarbeiter so das Gefühl gebe, es sei seine eigene Idee. Für eine gute Atmosphäre am Arbeitsplatz ist das ganze Team verantwortlich Was laut Karrierecoach Christiane Fruht auch eine große Rolle spielt: Wie Chefs damit umgehen, wenn sie ihre Mitarbeiter enttäuschen müssen. Wenn in einer kleinen Firma etwa der kostenlose Kaffee abgeschafft werde, solle der Chef offen kommunizieren, warum das Unternehmen das so entschieden habe - selbst dann, wenn sich das Unternehmen wegen finanzieller Schwierigkeiten keinen Gratis-Kaffee für die Mitarbeiter mehr leisten könne. Und wenn ein Chef merke, dass es einem Mitarbeiter schlecht gehe, solle er über die persönliche Ebene versuchen, ihn wieder zu motivieren. Zu viele Vorgesetzte würden sich in solchen Situationen auf der fachlichen Ebene verstricken. Alle im Team seien für eine gute Atmosphäre verantwortlich, sagt Fruht. Man solle also als Kollege von Menschen, die Symptome einer innerlichen Kündigung zeigten, versuchen, für gute Stimmung zu sorgen. Ansonsten könnten Kollegen den Chef darauf ansprechen, dass es Mitarbeiter gebe, die sehr schlecht drauf seien. Oder eben mit dem Kollegen direkt sprechen. Manchmal geht es aber auch nur um Kleinigkeiten, die Unzufriedenheit auslösen: Ein Viertel der Arbeitnehmer wird vom Chef nicht mit dem bevorzugten Namen oder gar mit dem Lieblingsspitznamen angesprochen, ergab eine ältere Gallup-Befragung.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/arbeitsklima-das-kann-unzufriedenen-mitarbeitern-helfen-1.4251764
So können Kollegen unzufriedenen Mitarbeitern helfen
00/12/2018
Wenn Angestellte innerlich gekündigt haben, können schon kleine Veränderungen Abhilfe schaffen. Experten geben Tipps.
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Wer im Betrieb ständig unzufrieden ist, tut nur so viel, wie er unbedingt muss. Gute Chefs können die Situation ändern. Millionen Beschäftigte in Deutschland haben innerlich gekündigt und sitzen ohne jede Motivation im Büro. Das schadet ihnen selbst, aber auch den Kollegen und dem Arbeitgeber. Für Stephanie Janssen hat es sich angefühlt, als ob sie jeden Tag ihr Gehirn beim Pförtner abgibt. Sie habe, sagt sie heute, mit einer "absoluten Gleichgültigkeit" gearbeitet. So resigniert sei sie gewesen, dass sie sich als eigentlich leidenschaftliche Freizeitsportlerin nicht einmal aufraffen konnte, so wie früher regelmäßig zu joggen und ihren Kampfsport Wing Tzun zu betreiben.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/innerliche-kuendigung-frust-job-1.4251762
Innerliche Kündigung: Wenn der Job zum Frust wird
00/12/2018
Millionen Beschäftigte in Deutschland haben innerlich gekündigt und sitzen ohne jede Motivation im Büro. Das schadet ihnen selbst, aber auch den Kollegen und dem Arbeitgeber.
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Für eine Ausbildung im Gastgewerbe entscheiden sich halb so viele junge Leute wie vor zehn Jahren. Die Branche steuert gegen - mit unterschiedlichem Erfolg. Alexandra Stangl prüft die Zahlen im Buchungsprogramm: 227 Gäste werden heute noch anreisen. Sie streicht ihr grau-rotes Kostüm glatt, ein Mann tritt an den Rezeptionstresen, offenbar ist er geschäftlich unterwegs. Stangl begrüßt ihn mit einem Lächeln und in fließendem Englisch. Ihre Stimme ist freundlich und ruhig, nach einer knappen Minute ist das Einchecken erledigt, und der Gast zieht zufrieden ab. Die 18-Jährige ist im dritten Ausbildungsjahr zur Hotelfachfrau, seit zwei Wochen steht sie nun an der Rezeption des Hilton-Hotels am Münchner Flughafen, von 6.30 Uhr bis 15 Uhr, manchmal auch am Wochenende. Alexandra Stangl ist mit dem Beruf gewissermaßen aufgewachsen. "Zu Hause in Eichenried bei Erding", erzählt sie, hatte ihre Großmutter schon eine Wirtschaft. Als Kind durfte sie ihr bei der Arbeit zusehen. 2016 hat die junge Frau eine duale Ausbildung begonnen und ist damit auf dem Arbeitsmarkt der Branche ein kostbares, weil immer selteneres Gut. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Ausbildungsverhältnisse im Gastgewerbe mehr als halbiert: Während es 2007 noch 107 000 Azubis gab, sind die Ausbildungsverträge bis 2017 auf nur noch gut 53 000 geschrumpft. Laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) konnten im vergangenen Jahr nicht einmal die Hälfte der Hotel- und Gastronomiebetriebe ihre Ausbildungsplätze besetzen. Das habe mehrere Gründe, von denen nicht alle branchenspezifisch seien, sagt Sandra Warden, Zuständige für Arbeitsmarkt und Ausbildung beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Um das Jahr 2005 herum habe man mehr Auszubildende eingestellt als nötig, sagt Warden: "Wir wollten damit der damaligen Jugendarbeitslosigkeit entgegenwirken." Der Einbruch der Zahlen sei also ein Stück weit die Rückkehr zum Normalniveau. Außerdem mache sich der demografische Wandel im Rückgang der Schulabgänger deutlich bemerkbar. Zugleich wollen immer mehr Schüler studieren anstatt eine duale Ausbildung zu beginnen. "Das verschärft den Wettbewerb um Auszubildende", sagt Warden. In diesem Wettkampf tue sich die Hotellerie schwerer als andere Branchen: "Eine Büroausbildung ist für viele junge Leute reizvoller als Dienstleistung oder Handwerk." Hinzu kommt die in der Hotelbranche übliche Arbeit am Abend und Wochenende und der nicht gerade üppige Lohn. Gemäß Tarif liegt das Bruttoeinstiegsgehalt einer ausgebildeten Hotelfachkraft je nach Bundesland zwischen 1 639 und 2 168 Euro, ohne Zulagen. Im Durchschnitt beginnt die Vergütung in der Ausbildung bei 675 Euro im ersten Jahr und steigt auf 869 Euro im dritten Jahr - diese Zahlen hat das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn errechnet. "Da muss noch mal jemand ran" "Man muss den Job halt lieben. Nur wegen des Geldes wird sich niemand dafür entscheiden", meint Attila Solymár und prüft mit scharfem Blick die gläserne Duschwand in Hotelzimmer 5223 des Hilton Munich Airport. Er zeigt mit dem Finger auf zwei, drei kleine Wasserflecken - für den Laien wären sie kaum sichtbar. Außerdem fehlt ein Tütchen Zucker an der Minibar. "Da muss noch mal jemand ran", murmelt er und gibt Anweisungen über sein Telefon durch. Der 30-Jährige ist Abteilungsleiter im Housekeeping. Als "Supervisor" checkt er "schon so 80 Zimmer am Tag". Das Reinigen übernimmt eine externe Firma; Solymár und seine Kollegen kontrollieren nur. Attila Solymár hat seine Ausbildung erst mit 20 Jahren begonnen - als "Spätzünder", wie er sagt. Er hat erst ein paar Jahre in Wien gearbeitet; die nächsten Karrierestufen waren binnen kurzer Zeit erreicht. "Mit mehr Auslandserfahrung wäre es noch schneller gegangen", meint der Hotelfachmann. Aus der ehemaligen Klasse seiner Berufsschule - etwa 30 Leute waren sie damals - arbeitet gut die Hälfte nicht mehr in der Hotellerie. Warum, das weiß er nicht, aber er ist froh, bei einem großen Arbeitgeber beschäftigt zu sein. Überstunden könne man schnell abfeiern: "Hier läuft es koordinierter. Die bösen Geschichten, die andere erzählen, kenne ich nicht."
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/ausbildung-hotel-arbeitsmarkt-1.4250135
Ausbildung - Niemand will mehr im Hotel arbeiten
00/12/2018
Für eine Ausbildung im Gastgewerbe entscheiden sich halb so viele junge Leute wie vor zehn Jahren. Die Branche steuert gegen - mit unterschiedlichem Erfolg.
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Die weltweite Konkurrenz um Fachkräfte in der Hotellerie ist groß. Deutsche Häuser tun sich schwer, Personal aus dem Ausland anzuwerben. Das liegt nicht nur an der Privatstruktur der Branche, sondern auch an der Sprache. Der Fachkräftemangel ist in der Hotellerie allgegenwärtig. Da es an Nachwuchs in Deutschland fehlt, versuchen die Betriebe, auch Personal aus dem Ausland für sich zu gewinnen. Annette Zellmer, Beraterin bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Arbeitsagentur in Frankfurt am Main, hilft Unternehmen bei der Suche jenseits der Landesgrenzen. SZ: Eine Studie der Jobbörse Yourcareergroup ergab, dass 85 Prozent der europäischen Beschäftigten im Tourismusgewerbe bereit sind, im Ausland zu arbeiten. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen? Annette Zellmer: Ja. Schon vor 30 oder 40 Jahren gab es da eine große Beweglichkeit gab. Das Hotelgewerbe ist schon immer eine Branche für Weltenbummler gewesen. Auslandserfahrung gehört dazu. Warum tun sich die Betriebe dennoch schwer damit, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben? Wir haben in der Branche eine große Privatstruktur, oftmals sind es kleine Familienbetriebe. Die sind natürlich nicht so weit vernetzt und haben nicht die Möglichkeiten wie ein großer internationaler Konzern. Zusätzlich gibt es einen enormen Wettbewerb: Die Leute werden überall in der EU gebraucht. Hinzu kommt, dass Deutsch eine sehr schwere Sprache ist. Englischaffinere Länder - Skandinavien und die Benelux-Staaten - haben es da leichter. Was können kleine Betriebe mit begrenzten Ressourcen tun, um dennoch ausländische Fachkräfte zu gewinnen? Sie können uns einschalten. Wir sind für die Betriebe bei Jobmessen präsent, wir veröffentlichen die Stellenangebote auf den Jobbörsen anderer Länder - diese Dienstleistungen stellen wir kostenlos zur Verfügung. Das wird auch gut angenommen, aber wir sind leider massiv eingeschränkt durch die geringe Bewerberzahl. In welchen Ländern hat Deutschland als Arbeitgeber überhaupt Chancen? Das ist schwer zu sagen. Aktuell konnten wir viele Italiener für uns gewinnen, aber auch Fachkräfte aus der Slowakei und aus Polen. Das heißt nicht, dass es in anderen Ländern kein Potenzial gibt. Weniger attraktiv sind unsere Stellen in Ländern, die sehr hoch bezahlen, wie Norwegen und Dänemark. Damit können wir nicht konkurrieren. Wo liegt die Herausforderung, wenn man ausländische Arbeitnehmer beschäftigt? Man muss natürlich immer unterschiedliche Kulturen verbinden. Da sollte der Arbeitgeber erst einmal offen sein und Geduld haben. Dann sollte man sich um die Unterbringung kümmern und darum, was der Mitarbeiter in seiner Freizeit macht: Hat er soziale Kontakte oder leidet er an Heimweh? Kann ich ihm ermöglichen, ein paar Tage am Stück in die Heimat zu fahren? Arbeitgeber finanzieren teilweise auch Sprachkurse - während der Arbeitszeit und auf Kosten des Hauses. Man muss sich einfach mehr um die Leute kümmern - plus vernünftig bezahlen. Was kann die Politik tun, um das Hotelgewerbe zu unterstützen? Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz wäre schon ein enormer Fortschritt. Damit wären wir bei der Rekrutierung nicht mehr nur auf die EU-Länder beschränkt. Auch die Anerkennung von Berufsabschlüssen muss die Politik branchenspezifischer betrachten. Qualitätsarbeit ist zwar in allen Branchen wichtig. Es ist nicht schön, wenn ich als Servicekraft den Kaffee falsch serviere. Doch wenn ich als Elektriker zwei Kabel falsch verbinde, ist das gefährlich. Das ist nicht abwertend gemeint, aber in manchen Berufen ist eine Anerkennung wichtiger als in den Berufen der Hotel- und Gaststättenbranche. Sind Arbeitnehmer aus dem Ausland die Lösung für unseren Fachkräftemangel? Es ist nur ein kleiner Baustein und nicht das Allheilmittel. Die Konkurrenz um Fachkräfte ist weltweit riesig und viele Menschen wollen mittelfristig in ihrem Land leben. Insofern müssen wir in erster Linie das Potenzial in Deutschland richtig ausschöpfen.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/gastgewerbe-eine-branche-fuer-weltenbummler-1.4250139
"""Eine Branche für Weltenbummler"""
00/12/2018
Die weltweite Konkurrenz um Fachkräfte in der Hotellerie ist groß. Deutsche Häuser tun sich schwer, Personal aus dem Ausland anzuwerben. Das liegt nicht nur an der Privatstruktur der Branche, sondern auch an der Sprache.
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Der Leiter des Bremer Landeskriminalamtes hat Seiteneinsteiger als Kommissare eingestellt. Die bisherige Personalauswahl hält er aber nicht für diskussionswürdig. Bei der Polizei wird ausgiebig selektiert. Bewerber müssen etwa unter Beweis stellen, dass sie sportlich sind, sich viel merken und gut kooperieren können. Doch in den vergangenen Monaten wurde der Vorwurf laut: Die Polizei achte auf äußerliche Merkmalen wie Größe und Tätowierung, aber beim Charakter nehme sie es nicht so genau. Inmitten der Diskussionen geht der Leiter des Bremer Landeskriminalamtes neue Wege: Im Sommer hat er 20 Seiteneinsteiger als Kriminalkommissare für den Vollzugsdienst eingestellt. Ein Novum in Deutschland. SZ: Herr Heinke, Sie haben Kommissare ohne Polizeistudium eingestellt. Sind Sie mit der Auswahl der Bewerber und ihrer Vorbereitung auf den Polizeidienst so unzufrieden? Daniel Heinke: Nein. Die Polizeiausbildung in Deutschland hat sich bewährt und genießt zu Recht international einen guten Ruf. Das ist jetzt ein Versuch, einen zusätzlichen Weg in den Beruf des normalen Kriminalbeamten zu schaffen. Die neuen Kollegen haben zum Beispiel Wirtschaftswissenschaften oder Informatik studiert und erste Berufserfahrungen gesammelt. Jetzt bilden wir sie berufsbegleitend fort - und ich hoffe, dass sie am Ende genau so profunde qualifiziert sind wie ihre Kolleginnen und Kollegen, die von Anfang an bei der Polizei gewesen sind. Aber nochmal: Sie schicken BWLer auf Verbrecherjagd. Was können die, was die Absolventen der Polizeifachoberschulen nicht können? Es geht mir nicht darum, dass die Kollegen von außen den anderen Kommissaren etwas erklären können. Ich glaube aber, dass sie einen frischen Blick auf interne Verfahrensabläufe und die kriminalpolizeilichen Ermittlung bringen. Durch den anderen Bildungshintergrund gucken sie auf bestimmte Fragestellungen anders als jemand, der bei der Polizei sozialisiert worden ist. Speziell der Polizei in Sachsen wurde zuletzt vorgeworfen, auf dem rechten Auge blind zu sein. Viele Beamte sind eher konservativ eingestellt. Sollen die Seiteneinsteiger auch die Kultur innerhalb der Polizei verändern? Der Pilotversuch ist keine Reaktion auf aktuelle Ereignisse. Aber natürlich ist er auch eine Antwort auf eine kulturelle Frage. Unsere Gesellschaft verändert sich und wir haben es mit ganz neuen Herausforderungen zu tun. Die Konsequenz daraus ist für mich klar: Die Polizei der Zukunft muss vielfältiger sein. In Bremen und einigen anderen Polizeien gelingt es uns schon ganz gut, Polizisten beider Geschlechter und mit verschiedenem Migrationshintergrund zu rekrutieren. Jetzt wollen wir auch noch biographisch diverser werden. Beschönigen Sie da nicht? In vielen Bundesländern gibt es eine Mindestgröße, die vor allem viele Frauen vom Polizeidienst ausschließt. Die Begründung: Jeder Polizist soll überall einsetzbar sein und zum Beispiel Täter überwältigen können. Mit dieser Haltung ist echte Diversität doch gar nicht möglich. Ich bin der Überzeugung, dass wir perspektivisch nicht mehr den Anspruch haben können, dass jeder oder jede alles können muss. Wir werden uns in bestimmten Bereichen frühzeitig spezialisieren müssen. Welche Auswirkungen das auf Anforderungen wie die sportliche Leistungsfähigkeit, die körperliche Gesundheit und Mindestgrößen hat - die es in Bremen auch nicht gibt, kann ich noch nicht beurteilen. Aber wir werden sehr intensiv diskutieren müssen, ob das Bild der Einheitspolizistin und des Einheitspolizisten wirklich die zukunftsgerichtete Antwort auf unsere Personalrekrutierung für den Vollzugsdienst sein wird. Wo stößt der Einheitspolizist an seine Grenzen? Schon die Aufnahme eines Verkehrsunfalls gestaltet sich heute komplexer als noch vor einigen Jahren, die fortschreitende Digitalisierung macht auch vor KFZ-Angelegenheiten nicht Halt. Wenn Sie das auf das ganze Spektrum der Polizeiarbeit ausdehnen, stellen Sie fest: In der konkreten Einsatzsituation muss der Kollege oder die Kollegin heute sehr viel mehr können als früher. Diese Tendenz wird sich nach meiner Einschätzung verstärken, so dass es künftig nahezu unmöglich sein wird, in allen Bereichen gleichermaßen handlungsfähig zu sein. Detailansicht öffnen Daniel Heinke ist Leiter des Landeskriminalamtes Bremen. (Foto: privat) An anderer Stelle wirkt sich die Digitalisierung noch stärker auf die Polizeiarbeit aus. Sie eröffnet etwa ganz neue Möglichkeiten der Überwachung. Sie führt aber auch dazu, dass Tausende Menschen kurzfristig zu Demonstrationen aufgerufen werden können und die Polizei entsprechend schnell reagieren muss. Brauchen Sie für diese Aufgaben nicht viel dringender Seiteneinsteiger? Die Seiteneinsteiger sind Teil einer Gesamtstrategie. Wir werden weitere Spezialisten einstellen, die uns ohne Vollzugseigenschaft in der Kriminalpolizei dabei helfen werden, Kriminalität besser zu bekämpfen und Gefahren abzuwehren. Wir haben bereits einen Politikwissenschaftler eingestellt, eine Kriminologin, einen Islamwissenschaftler, wir stellen gerade Psychologen ein - Experten also, die mit besonderer Fachexpertise meine Ermittlerinnen und Ermittler unterstützen. Wie kann man sich die Einarbeitung der Seiteneinsteiger in die Arbeit eines Kommissars vorstellen? Wir haben die Kollegen direkt als Kriminalkommissarinnen und Kriminalkommissare eingestellt. Momentan sind sie aber nahezu vollständig in der Fortbildung. Dort lernen sie rechtliche Grundlagen kennen, Regeln des polizeitaktischen Vorgehens und auch ganz praktische Fähigkeiten wie den Gebrauch von Waffen oder wie man bei der Polizei ein Auto fährt. Und wann dürfen sie selbst ermitteln? Bei einigen Maßnahmen binden wir sie bereits ein. Vor zwei Wochen haben wir eine große Cannabisplantage in einem alten Luftschutzbunker ausgehoben. Da hat ein Teil dieser Kollegen die Einsatzkräfte unterstützt, die Plantage abzuernten. Kurz zuvor waren sie dabei, als wir einen See abgepumpt und nach Beweismitteln für ein Tötungsdelikt durchsucht haben. Nach zwei Jahren gehen sie dann für zwei weitere Jahre in den Kriminaldauerdienst, also den Bereitschaftsdienst der Kriminalpolizei, und schließlich in unterschiedliche Ermittlungskommissariate. Gesetzt den Fall, ich möchte nun auch Kommissarin bei Ihnen werden. Wann nehmen Sie die nächsten Bewerber an? Das Projekt ist ein Pilotversuch. Den lassen wir jetzt erst mal fünf Jahre laufen, um abschätzen zu können, ob sich das Modell bewährt. Für den Vollzugsdienst werden wir also bis dahin keine weiteren Seiteneinsteiger mit Vollzugseigenschaft einstellen. Wahrscheinlich wird es aber weitere interessante Einstiegsmöglichkeiten für Seiteneinsteiger geben. Da lohnt sich ab und zu ein Blick in unsere Stellenausschreibungen.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/polizei-karriere-seiteneinsteiger-1.4232016
Karriere bei der Polizei - Zum LKA als Seiteneinsteiger
00/12/2018
Der Leiter des Bremer Landeskriminalamtes hat Seiteneinsteiger als Kommissare eingestellt. Die bisherige Personalauswahl hält er aber nicht für diskussionswürdig.
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Schöne Geste des Vertrauens oder Grenzüberschreitung? Wann Körperkontakt bei der Arbeit in Ordnung ist - ist und wann eine Berührung zu weit geht. Als der französische Präsident Emmanuel Macron und sein amerikanischer Amtskollege Donald Trump im Juni beim G-7-Gipfel in Kanada aufeinandertrafen, ließen sie Strafzölle und wütende Tweets für einen Moment vergessen: Sie schüttelten so fest die Hand des jeweils anderen, dass schon beim Zusehen die Finger schmerzten. Diese Berührung war keine routinierte Geste, sondern eine gegenseitige Machtdemonstration zweier Alphatiere. "Man muss zeigen, dass man keine kleinen Zugeständnisse macht, nicht einmal symbolisch", erklärte Macron seine zupackende Haltung am Rande eines anderen Treffens.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/beruehrungen-buero-1.4243529
Berührungen im Büro: Wieviel Nähe ist ok?
00/12/2018
Schöne Geste des Vertrauens oder Grenzüberschreitung? Wann Körperkontakt bei der Arbeit in Ordnung ist - ist und wann eine Berührung zu weit geht.
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Der High-Five Ob nach dem Abschluss eines erfolgreichen Projekts oder beim Tischkickern in der Mittagspause: Der High-Five, der vor allem im Sport verbreitet ist, hat längst auch Einzug ins Büro gehalten. Allerdings ist dieses Abklatschen mit erhobenen Händen stark von Unternehmenskonventionen abhängig. "In den meisten deutschen Unternehmen herrscht eine streng hierarchische Struktur", sagt Arbeits- und Organisationspsychologin Mareike Schmidt. "Dort kann man sich eher nicht vorstellen, den Chef mit High-Five abzuklatschen." Anders kann das in modernen Unternehmen sein, in Start-ups und kleineren Firmen. "Wenn das als Ersatz für den etwas konservativeren Händedruck in einem jungen oder dynamischen Team gilt, dann ist das genauso okay als Begrüßung", sagt Knigge-Coach Inge Wolff, schränkt aber ein: "solange es nicht zu dicht vor dem Körper des anderen stattfindet," wie auch beim Handschlag. Doch der High-Five wirkt vertrauter als das förmliche Händeschütteln. Zu beobachten war das beim G20-Gipfel in Buenos Aires, als Russlands Präsident Wladimir Putin den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman mit einem kumpelhaften Handschlag begrüßte. Unangenehm kann der High-Five werden, wenn die dargebotene Hand nicht abgeklatscht wird. Noch unangenehmer, wenn man ihn wie der britische Labour-Politiker Jeremy Corbyn ausführt: In der Freude über den Wahlerfolg wollte er mit einer Kollegin einschlagen, die hatte ihre Hand aber schon weggezogen. Corbyns flache Hand traf stattdessen ihre Brust.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/beruehrungen-buero-1.4249676
Körperkontakt am Arbeitsplatz: Eine Typologie
00/12/2018
Auf den Handschlag können sich alle einigen. Doch was ist mit anderen Berührungen am Arbeitsplatz? Eine Typologie.
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Safia Minney, 54, arbeitete früher in der Werbebranche. Die Britin mit schweizerischen und mauritischen Wurzeln ist heute eine Galionsfigur der Fair-Trade-Bewegung. "Gerechtigkeit ist für mich ein Grundrecht, ein elementares Menschenrecht. Mich begleitet dieses Thema schon mein ganzes Leben. Mein Vater starb, als ich sieben Jahre alt war. Meine Mutter hat sich fortan um mich und meine zwei Geschwister allein gekümmert und als Sozialarbeiterin gearbeitet. Als ich acht war, half sie Flüchtlingen aus Uganda dabei, in England anzukommen. Ich saß manchmal zum Tee bei ihnen auf dem Sofa, das wir ihnen zuvor besorgt hatten, und habe ihren Geschichten zugehört. Für mich war das ein Schock: Dass eine Familie ein schönes Zuhause haben konnte, und auf einmal ist alles weg. Das hat mich früh darüber nachdenken lassen, was eigentlich fair und was gerecht ist. Aus der Serie "Meine Karriere" In "Meine Karriere" stellt die PLAN W-Redaktion regelmäßig Frauen und ihren Berufsweg vor. Ob Gründerin, Managerin oder Abenteurerin: Viele Frauen nehmen Hürden, setzen sich neue Ziele und wagen den Neubeginn - und wir berichten davon. Sie wollen selbst eine Frau vorschlagen? Dann schreiben Sie uns gerne an planw@sueddeutsche.de Als ich Anfang der Neunziger mit meinem Mann nach Japan gezogen bin, habe ich angefangen, bei Amnesty International zu arbeiten. Für mich ging es darum, dass Menschenrechte und Ökologie zusammengehören und wie wir unser Handeln im besten Sinne einsetzen können. In Japan war es nicht leicht, nachhaltig zu leben. Und so fing ich an, selbst Fair-Trade-Produkte zu designen und zu verkaufen. Zunächst organisiert in einer kleinen Gruppe, dann wurde im Jahr 2000 daraus meine Firma People Tree. Wir wollen mit unserer nachhaltig produzierten und fair gehandelten Mode die Lebensumstände von Handwerkern und Bauern in Entwicklungsländern verbessern. Inzwischen verkaufen mehr als 800 Läden unsere Kleidung. Seit 2017 bin ich außerdem Geschäftsführerin von Po-Zu, einer nachhaltig produzierenden Schuhmarke. Das System ist außer Kontrolle Es ist hart, mit unserem Bestreben gegen etablierte Marken anzutreten. Aber unsere Hoffnung ist, dass irgendwann auch die großen Unternehmen anfangen, wirklich umzudenken. Das Problem ist, dass sie noch nicht konsequent genug für ihr Handeln verantwortlich gemacht werden und es keine Transparenz gibt. Dass Profit auf Kosten von Menschenrechten und der Umwelt geht, wird oft nicht berücksichtigt. Große Firmen haben viel Macht, und Regierungen müssten strenger bei der Einhaltung von Regularien sein. Die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen bieten einen guten Rahmen für das Streben nach Gerechtigkeit. Aber wir müssen auch weiter dafür kämpfen. Wir brauchen eine große Transformation unserer Lebensstile und eine Revolution in den Finanzsystemen. Ich weiß, dass damit argumentiert wird, der Kapitalismus sei ein Weg aus der Armut. Aber es gibt so viele Menschen, die in moderner Sklaverei gefangen sind und die durch den Kapitalismus in Armut gehalten werden. Das System ist außer Kontrolle. Zu sehen, dass die jüngere Generation ein viel größeres Bewusstsein für die Konsequenzen ihres Handelns hat, motiviert mich. Denn es ist wichtig, die eigene Stimme hörbar zu ­machen." Korrektur: In einer früheren Version der Bildunterschrift haben wir fälschlicherweise berichtet, dass Safia Minney neben schweizerischen auch mauretanische Wurzeln habe. Korrekt ist, dass sie väterlicherseits mauritische Wurzeln hat, da ihr Vater von der Insel Mauritius stammt - und nicht aus Mauretanien.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/nachhaltigkeit-mode-textilbranche-safia-minney-1.4244777
Nachhaltige Mode: Safia Minney setzt sich ein
00/12/2018
Safia Minney, die Gründerin des Fair-Fashion-Labels People Tree, über den ungleichen Wettbewerb gegen die Riesen der Modebranche.
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Andreas W. hat sich vor Monaten für mehrere Jobs beworben und diverse Interviews und Tests absolviert. Er hadert damit, dass ihn noch keine Zu- oder Absagen erreicht haben. SZ-Leser Andreas W. fragt: Ich befinde mich derzeit in vier Bewerbungsprozessen für eine neue Position. Drei Stellen sind strategisch wichtige Positionen bei Industrieunternehmen (Stahlproduktion, Berg- und Anlagenbau) im Bereich der IT und Datenanalyse, eine Stelle ist bei einer international tätigen Beratung mit Fokus auf die Finanz- und Versicherungsbranche. Alle vier Bewerbungen dauern bereits zwei bis drei Monate an, ich habe im Schnitt drei Interviews absolviert, außerdem IQ- und Persönlichkeitstests gemacht. Trotz wiederholter Bekundungen seitens der Firmen, dass man mich als passenden Kandidaten sieht, lässt der Abschluss der Prozesse und somit ein Arbeitsvertragsangebot auf sich warten. Kann man als Bewerber diesen Prozess beschleunigen? Christine Demmer antwortet: Lieber Herr W., dass sich die Unternehmen bei der Auswahl der Kandidaten viel Zeit lassen, wird immer wieder beklagt. Für Jobsuchende ist das ärgerlich und für Außenstehende völlig unverständlich. Wofür straffen die Personaler denn pausenlos ihre internen Prozesse und investieren in Tools wie das IT-gestützte Bewerbermanagement, wenn nicht dafür, den Bewerbern schnellstens mitteilen zu können, was Sache ist? Als wechselwilliger Arbeitnehmer in ungekündigter Stelle und mit der Aussicht auf Verbesserung mag man zwei, drei Monate Bedenkzeit noch zähneknirschend hinnehmen. Aber wer rasch wieder unter ein Firmendach schlüpfen will, schiebt angesichts solch langer Wartezeiten reichlich Frust. Frust, der sich nach einer Absage steigert und nur durch reges Herumerzählen nach und nach abgebaut werden könnte. Nur tut das kaum jemand. Weil man dann selbst blöd dasteht. Personalabteilungen haben also von dieser Seite nichts zu befürchten. Und kommt nach langen Wochen des Wartens endlich doch die erhoffte Nachricht, die den Bewerber in einen neuen Mitarbeiter verwandelt, dann ist die Welt sofort wieder in Ordnung. Wieso Ärger? "Die brauchten halt so lange, weil sie ganz sicher sein wollten, den bestgeeigneten Kandidaten zu nehmen." Was den Laien verwundert den Kopf schütteln lässt, erstaunt den Fachmann nicht im Mindesten. Denn der weiß, warum sich Personalauswahlprozesse ganz ohne böse Absicht enorm lang hinziehen können. In vielen Firmen müssen drei, vier, fünf oder noch mehr Personen den Daumen heben oder senken. Wenn die eine gerade aus dem Urlaub zurückgekehrt ist, besucht der nächste eine Tagung und die dritte nimmt anschließend an einem Workshop teil. Weil der vierte sein Urteil an das des zweiten knüpfen und auf keinen Fall anders als die dritte entscheiden will, sicherheitshalber aber auch die Meinung der gerade geschäftlich verreisten Nummer fünf hören möchte, zieht sich die Angelegenheit hin. So werden aus Tagen Wochen und aus Wochen Monate. Digitalisierung hin, irgendwas 4.0 her: Es menschelt halt in Unternehmen. Da Sie an einer strategisch wichtigen oder beratenden Position interessiert sind, werde ich Ihnen nicht Neues erzählen. Tempo in die Sache bringen können Sie nur, wenn Sie auf eine Entscheidung binnen - sagen wir - drei Tagen drängen. Irgendeiner wird dann noch nicht gehört worden sein, was bedeutet: Sie sind aus dem Rennen. Denn unter Druck setzen lassen sich Organisationen schon mal gar nicht. Der Grund für die lange Nachdenkzeit kann natürlich auch sein, dass man Sie als Nachrückkandidaten vorgesehen hat. Wenn der auserkorene Bewerber gerade im Urlaub oder auf einem Workshop ist, muss man auf seine Rückkehr warten. Schlägt er ein, sind Sie aus dem Spiel. Aber vielleicht hat er es sich ja anders überlegt. In diesem Fall sind Sie am Zuge. Wenn Sie dann noch wollen. Christine Demmer arbeitet als Wirtschaftsjournalistin und Coach in Deutschland und Schweden.
karriere
https://www.sueddeutsche.de/karriere/jobcoach-bewerbung-job-1.4240543
Job - Kann ich den Bewerbungsprozess beschleunigen?
00/12/2018
Andreas W. hat sich vor Monaten für mehrere Jobs beworben und diverse Interviews und Tests absolviert. Er hadert damit, dass ihn noch keine Zu- oder Absagen erreicht haben.
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Eine Berufsausbildung dauert zwei oder drei Jahre, manchmal auch dreieinhalb. Wer seine Fertigkeiten anschließend perfektionieren will, kann Meister werden. Und sonst? In Deutschland gibt es unzählige Möglichkeiten der beruflichen Fortbildung, bei denen Hunderte verschiedene Abschlüsse verliehen werden. Doch kaum jemand kann diese Abschlüsse richtig einordnen. Was genau ist ein Servicetechniker, wie wird man Fertigungsplanerin, Prozessmanager, Betriebswirt oder Fachkauffrau? Und wie viel sind diese Ausbildungen wert? Um den Wust an Bezeichnungen zu ordnen, will Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) nun drei neue, übergeordnete Abschlüsse in der beruflichen Bildung einführen. "Berufsspezialist" darf sich nennen, wer eine Lehre absolviert hat. Der "Berufsbachelor" entspricht dem Meister, Techniker oder Fachwirt und ist dem akademischen Bachelor gleichgestellt. Der "Berufsmaster" fasst weitere Aufstiegsfortbildungen zusammen und ist einem Master von der Hochschule ebenbürtig. Bisherige Begriffe wie etwa "Meister" sollen nicht abgeschafft, sondern aufgewertet werden. "Es muss ganz deutlich werden: Berufliche und akademische Bildung sind gleichwertige Karrierewege", sagte Karliczek bei einer Tagung Anfang der Woche in Berlin. "Nichts spricht dagegen, nach einer Ausbildung zum Beispiel als Anlagenmechaniker später an einer Hochschule Versorgungstechnik zu studieren. Und mancher Wirtschaftsstudent sehnt sich nach mehr Praxis und möchte vielleicht lieber eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann machen." Da sei es nur angemessen, wenn sich der Kfz-Meister künftig zusätzlich "Berufsbachelor in Kfz-Technik" nennen dürfe. Können die neuen Abschlüsse tatsächlich zu mehr Chancengerechtigkeit führen - oder schaffen sie eher Verwirrung? Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Peter-André Alt, warnt vor Gleichmacherei: "Die angestrebten Bezeichnungen Berufsbachelor und Berufsmaster bergen große Verwechslungsgefahr - bei jungen Menschen in der Berufsorientierung wie auch bei Unternehmen, da völlig unterschiedliche Kompetenzen fast identisch etikettiert werden sollen." Die angestrebte Umbenennung ziele genau in die falsche Richtung, wenn die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung verdeutlicht werden solle, erklärt der HRK-Chef. "Berufs- wie Studienabschlüsse sollten in ihrem je eigenen Charakter klar erkennbar sein und daher auch eindeutig benannt werden." Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat sich dagegen schon mit den geplanten Bezeichnungen angefreundet. "Berufsspezialist, Berufsbachelor und Berufsmaster unterstreichen nicht nur die Praxisnähe und besonderen Fähigkeiten von Menschen mit höherer Berufsbildung", sagt Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer. Sie betonten auch den Markenkern der höheren Berufsbildung und könnten noch mehr junge Menschen für den Weg der praxisnahen Bildung begeistern. "Klare Bezeichnungen nützen aber nicht nur den Absolventen, sondern auch vielen Unternehmen, die händeringend beruflich qualifizierte Fachkräfte suchen", sagt Dercks. Eine Verwechslungsgefahr mit den ähnlich klingenden Hochschulabschlüssen sieht Dercks nicht. Die neuen Abschlüssen seien klar zu unterscheiden und machten gleichzeitig "auch sprachlich deutlich, dass es sich um gleichwertige Abschlüsse auf unterschiedlichen Wegen handelt". Berufsbachelor und Berufsmaster seien ein zusätzlicher Hebel, um Jugendlichen eine Karriere in der beruflichen Bildung als echte und praxisnahe Alternative zum Studium schmackhaft zu machen. "Diese Alternative zahlt sich im Übrigen aus", sagt Dercks. "Anders als oft bekannt verdienen Berufsbachelor und Berufsmaster gutes Geld, häufig sogar mehr als Akademiker, und sie sind noch seltener arbeitslos als Hochschulabsolventen." Ein ganz anderes Argument führt der Generalsekretär des Zentralverbands Gartenbau (ZVG), Bertram Fleischer, ins Feld. Namensänderungen allein würden die berufliche Bildung nicht attraktiver machen, sagt er. Von einer Gleichstellung könne erst die Rede sein, wenn die Fortbildung an den Fachschulen etwa für Gärtner genauso wie das Studium durchgängig durch Aufstiegs-Bafög gefördert würde. "Außerdem muss auf Gebühren bei der Meister- und Technikerprüfung verzichtet werden", fordert Fleischer. "Im Studium werden auch keine Prüfungsgebühren erhoben."
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/ausbildung-karliczek-berufsbachelor-1.4241797
Berufliche Bildung - Vom Meister zum Berufsbachelor
00/12/2018
Bildungsministerin Karliczek will die berufliche Bildung aufwerten. Abschlüsse wie "Berufsbachelor" sollen praxisnahe Alternativen zum Studium sein. Das gefällt nicht jedem.
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Ein Studium an einer Fachhochschule ist längst nicht mehr zweitklassig. FH-Berufseinsteiger verdienen anfangs sogar mehr - werden später aber von Uni-Absolventen überflügelt. Inès Potdevin ist Mechatronikerin und Feinwerktechnikerin. Seit zwei Monaten kann sich die 25-Jährige außerdem Master of Engineering nennen. Erworben hat sie den Titel wie auch schon den Bachelor an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften, früher auch bekannt als Fachhochschule oder kurz FH. Lange hatte die Ausbildung an Fachhochschulen den Ruf, ein Studium zweiter Klasse zu sein: Zu erwarten waren weniger geistige Höhenflüge und mehr Arbeit in den Niederungen der Praxis. Eine Rolle spielte wohl auch, dass nicht einmal das Abitur dafür nötig ist. Es reicht die Fachhochschulreife. Inès Potdevin allerdings hat das Gymnasium mit einem Einserabitur verlassen und sich trotzdem an einer Fachhochschule eingeschrieben. Keine schlechte Entscheidung. Denn laut einer Langzeitstudie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) finden Fachhochschulabsolventen schneller einen Job und verdienen auch mehr als ihre Altersgenossen von der Universität. In den vergangenen zwei Jahren war dieses Ergebnis den Medien immer wieder eine Schlagzeile wert - nach dem Motto: Die kleine Schwester der Uni wird langsam groß. Würde Inès Potdevin beim Berufseinstieg so viel verdienen wie der statistische Durchschnitt, dann könnte sie demnächst ein Bruttojahresgehalt von 40 200 Euro erzielen - die Absolventen einer Universität dagegen nur 38 500 Euro. "Der Vergleich hinkt allerdings", sagt Gregor Fabian. Und er muss es wissen, denn er ist der Studienleiter am DZHW. Sein Team befragt seit der Bologna-Reform im Jahr 1999 regelmäßig Tausende deutscher Absolventen beider Hochschularten in einem Abstand von fünf Jahren - unter anderem nach ihrem Studienverlauf, nach ihrer Jobsuche, nach der Zufriedenheit im Beruf und eben auch nach dem Einkommen. Wer dabei aber nur den Gesamtdurchschnitt betrachtet, erhält laut Fabian ein verzerrtes Bild. Denn die Fachhochschulen böten weniger und vor allem technik- und wirtschaftsnahe Studiengänge an, die Universitäten dagegen den vollständigen Fächerkanon. Medizin, Jura, Lehramt, Geisteswissenschaften - all das kann man nur an einer Universität studieren. Und die Gehälter etwa von Geisteswissenschaftlern sind in der Regel nun einmal niedriger als die von Informatikern, Ingenieuren und Betriebswirten. Ihre Kompetenzen passen direkt nach dem Studium seltener zu einem konkreten Stellenprofil. Auf das Studienfach kommt es an Bis sie einen ausbildungsadäquaten Arbeitsplatz gefunden haben, vergeht daher mehr Zeit. Und auch die Uni-Absolventen, die nach einem Jura- oder Lehramtsstudium mit einem Referendariat ins Berufsleben einsteigen, verdienen erst einmal wenig. Doch das ändert sich meist nach den Staatsexamina. Dazu passen auch die Ergebnisse der Studien, die das DZHW 2016 veröffentlicht hat: Zwar verdienen FH-Abgänger beim Berufseinstieg im Durchschnitt mehr als Uni-Absolventen, aber schon nach den ersten fünf Jahren werden sie von diesen eingeholt. Für eine genauere Analyse empfiehlt Fabian, die Einkommen je nach Studiengang zu vergleichen - also nach jenen Fachbereiche, die beide Hochschultypen anbieten. Und da zeigt sich: Die FH-Absolventen liegen selbst beim ersten Gehalt nicht immer vorn. Architekten und Bauingenieure des zuletzt befragten Abschlussjahrgangs beispielsweise erzielten im Schnitt 33 300 Euro brutto im Jahr - egal ob sie an der Uni oder FH studiert hatten. Die befragten Informatiker hatten mit 41 000 Euro ein um 400 Euro höheres durchschnittliches Bruttojahreseinkommen, wenn sie ihren Master an einer Uni gemacht hatten. Das sind zwar nur 33 Euro pro Monat. Aber auch die Wirtschaftswissenschaftler von der Uni verdienten in ihrem ersten Vollzeitjob mehr als ihre Kollegen von der FH, nämlich 41 600 Euro brutto im Jahr. Das sind immerhin 125 Euro mehr im Monat. Lediglich das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen der Ingenieure, die ihren Master an der Fachhochschule gemacht haben, übertraf mit 44 000 Euro das der Kollegen mit Uni-Abschluss tatsächlich. Und zwar um 2200 Euro.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/karriereplanung-fh-abschluesse-werden-immer-wertvoller-1.4240541
Karriereplanung - FH-Abschlüsse werden immer wertvoller
00/12/2018
Ein Studium an einer Fachhochschule ist längst nicht mehr zweitklassig. FH-Berufseinsteiger verdienen anfangs sogar mehr - werden später aber von Uni-Absolventen überflügelt.
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Die globale Initiative "Technovation" ermutigt Mädchen, eigenständig Apps zu entwickeln und ihr Interesse für IT-Berufe zu bestärken. In Hamburg haben die ersten Schulen mitgemacht - mit erstaunlichen Ergebnissen. Wenn Cennet und ihre Freundinnen durch Hamburg-Wilhelmsburg zur Schule laufen, bekommen sie reichlich Müll zu sehen: kaputte Sofas, leere Trinkkartons, Altglas, Klamotten, einzelne Schuhe. Deshalb hatten die 13-jährigen Mädchen auch gleich eine Idee, als sie die erste Aufgabe des internationalen Programms "Technovation" lösen sollten: ein Problem im eigenen Viertel zu identifizieren. "Wir haben nachgedacht, was helfen könnte, unseren Schulhof und den ganzen Stadtteil sauber zu halten", sagt Cennet, "und da sind wir darauf gekommen, Sachen wieder zu verwenden. Zum Beispiel kann man aus einer alten Flasche eine Vase machen oder aus einem Karton ein Puppenhaus." Aus der Idee entstand die App "UpCycle", die das Mädchen-Team im ersten Halbjahr 2018 entwickelte, unterstützt von ihrem Lehrer Moritz Lund und zwei Mentoren des Softwareherstellers Adobe, der in Hamburg einen Standort hat. "Unsere App ist eine Art Bastelbuch mit ungewöhnlichem Bastelmaterial", sagt Cennet. Neben "UpCycle" programmierte das Team der Stadtteilschule Wilhelmsburg auch eine App, mit der Opfer häuslicher Gewalt Hilfsangebote finden können. Das Technovation-Programm der amerikanischen Non-Profit-Organisation "Iridescent" hat zum Ziel, weltweit mehr Mädchen für Informatik zu begeistern. Seit 2010 nahmen mehr als 23 000 Mädchen aus rund hundert Ländern daran teil. In Deutschland, wo das Programm Anfang dieses Jahres mit 50 Hamburger Schülerinnen zwischen zehn und 18 Jahren startete, wird es von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) betreut. "Die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien bestimmen wesentlich darüber, wie erfolgreich junge Menschen später im Beruf sein werden und welche Chancen auf Teilhabe sie haben werden", sagt DKJS-Geschäftsführer Frank Hinte. Da immer noch viel weniger Frauen IT-Berufe ergreifen als Männer, sei es wichtig, Mädchen besonders zu fördern. Detailansicht öffnen Mit den kleinen Anwendungsprogrammen auf dem Handy haben Schüler ständig zu tun - warum also nicht selbst eine App erfinden? (Foto: Jens Sudip Nandi) Das findet auch Moritz Lund, der an der Stadtteilschule Wilhelmsburg Naturwissenschaften unterrichtet. Viele Jungen an seiner Schule hätten sich darüber beschwert, dass sie nicht mitmachen dürften, erzählt er: "Tatsächlich würden die so ein Angebot auch brauchen. Trotzdem ist ein Kurs für Mädchen besonders nötig, weil es gerade in diesem Stadtteil auch darum geht, Rollenbilder zu verändern." Die Siebtklässlerinnen Cennet, Khadijah, Sila, Hewan und Belfin lernten nicht nur einfaches Programmieren, sondern auch, was zu einer Marktanalyse gehört, welche Geschäftsmodelle es gibt und wie man ein Pitchvideo dreht. Das Technovation-Curriculum sieht für all das nur zwölf Wochen vor, viele Inhalte sollen sich die Teilnehmerinnen selbst erarbeiten, gute Englischkenntnisse sind Voraussetzung. Um seine Schülerinnen nicht zu überfordern, verfasste Lund zusätzlich zum internationalen ein eigenes Curriculum. Bildungsgerechtigkeit ist dem Lehrer ein Herzensanliegen, er will sich nicht damit abfinden, dass Schulerfolg in Deutschland so stark von der Herkunft abhängt. "Sprachliche Hemmschwellen und häusliche Unterstützung" spielten im Mint-Bereich keine so große Rolle wie in anderen Fächern, meint er: "Es zählen mehr das individuelle Talent und die Motivation." Die Teams programmieren mit dem "MIT App Inventor", einem leicht zu lernenden Entwicklungstool, bei dem schon angelegte Befehle in der richtigen Reihenfolge zusammengesetzt werden müssen. In Hamburg entstanden insgesamt zwölf Apps, unter anderem zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung, Meldung von Graffiti oder Sammlung von Öffnungszeiten kleiner Geschäfte und Kioske. Besonders erfolgversprechend scheint die App "DriveTogether" zu sein, die vier Schülerinnen der Ida-Ehre-Schule in Harvestehude entwickelten. Das Team befragte Bewohner, was sie an ihrem Stadtteil stört. "Viele haben gesagt, dass es zu viele Autos gibt und dass es auf den Straßen zu laut ist", sagt die 14 Jahre alte Hannah, "andere haben sich mehr Carsharing gewünscht. Diese Dinge haben wir mit der App zusammengebracht." Mit "DriveTogether" könne man nach Events in der Umgebung suchen und Autobesitzer finden, die zum selben Ziel wollten und bereit seien, jemanden mitzunehmen. "Wenn man zusammen fährt, kann man auch neue Leute kennenlernen", sagt Hannah. Detailansicht öffnen Vier Hamburger Schülerinnen, eingerahmt von zwei Adobe-Mentoren, haben eine Mitfahr-App entwickelt, ganz links die Lehrerin Diana Niemann. (Foto: oh) Die technische Ausstattung der Hamburger Schulen zeigte sich den Anforderungen nicht immer gewachsen. In der Stadtteilschule Wilhelmsburg brach immer wieder die Internetverbindung zusammen, das Team der Ida-Ehre-Schule musste sogar umziehen. "Nachdem hier technisch nichts mehr geklappt hatte, sind wir jede Woche zu Adobe gefahren und haben dort an der App weitergearbeitet", sagt Lehrerin Diana Niemann. Das ehrgeizige Ziel der Schülerinnen ist es, die Apps bis zur Marktreife zu bringen Organisationen wie Lobbycontrol kritisieren, dass Schulen wegen ihrer schlechten Ausstattung geradezu auf die Förderung privater Unternehmen angewiesen sind, die dadurch ihr Image verbessern oder sogar direkt Werbung für ihre Produkte betreiben. Dagegen betont DKJS-Geschäftsführer Frank Hinte, dass die Stiftung bei Kooperationen mit der Wirtschaft sehr genau hinsehe: "Für uns ist die Kernfrage, ob das Unternehmen wirklich ein gesellschaftliches Problem lösen will oder bloße Marketing-Interessen verfolgt." Adobe-Software werde bei den Technovation-Projekten nicht verwendet. Auch Diana Niemann sieht kein Problem in der Kooperation: "Wir arbeiten auch sonst viel mit Unternehmen zusammen, um unsere Schüler auf das Berufsleben vorzubereiten. Für die Mädchen war es toll zu sehen, wie der Alltag in so einem Unternehmen funktioniert." Niemanns Schülerinnen Leyla und Nioba, die vorher keinerlei Erfahrungen mit Programmieren gemacht hatten, können sich jetzt vorstellen, einen IT-Beruf zu ergreifen. "Ich fand Programmieren sehr cool, und es ist interessant zu sehen, was man damit alles machen kann", sagt Leyla. Die anderen beiden Mädchen taten sich mit dem reinen Programmieren schwer, hatten aber Spaß daran, das App-Design zu gestalten. Das Team arbeitet jetzt weiter an seinem Prototyp, genauso wie das Team der Stadtteilschule Wilhelmsburg: Das ehrgeizige Ziel ist, die Apps bis zur Marktreife zu bringen. 2019 ist dafür ein weiterer Zwölf-Wochen-Arbeitsblock vorgesehen, danach sollen die Apps beim internationalen Technovation-Wettbewerb eingereicht werden, den in diesem Jahr ein Team aus Indien gewonnen hat. Die DKJS will Technovation 2019 auf München ausweiten, wo Adobe ebenfalls einen Standort hat. Wenn die Stiftung weitere Unternehmenspartner finde, könne es auch anderswo angeboten werden, sagt Hinte: "Das Programm kann in jeder Stadt umgesetzt werden, wo Schulen dafür offen sind und wo genügend Mitarbeiter von Technologie-Unternehmen dazu bereit sind, ihr Know-how zu teilen." Kontakt: www.dkjs.de/technovation
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/mint-faecher-selber-machen-1.4241795
Süddeutsche.de
00/12/2018
Die globale Initiative "Technovation" ermutigt Mädchen, eigenständig Apps zu entwickeln und ihr Interesse für IT-Berufe zu bestärken. In Hamburg haben die ersten Schulen mitgemacht - mit erstaunlichen Ergebnissen.
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Eines Tages soll der "Tag der Bildung" so etwas werden wie der "Girls' Day", mit 10 000 Firmen und 100 000 Teilnehmern im Jahr. Das jedenfalls schwebt den drei gemeinnützigen Organisationen vor, die vor vier Jahren den "Tag der Bildung" ins Leben gerufen haben: der Stifterverband, die SOS-Kinderdörfer und die Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Sie wollen mit dem Aktionstag das Thema Bildung in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Denn ihrer Arbeit liegt ein zentraler Gedanke zugrunde: Jeder Mensch soll die Chance erhalten, das Beste aus seinen Begabungen und seinem Leben zu machen - unabhängig von seiner Herkunft. Doch bis der "Tag der Bildung", der an diesem Samstag in ganz Deutschland stattfindet, so viele Menschen anzieht wie andere Aktionstage, ist es noch ein weiter Weg. Bisher haben sich erst zehn Veranstalter auf einer Mitmach-Karte eingetragen. Doch mit der Vernetzung vieler Initiativen, einer groß angelegten Social-Media-Aktion und engagierten "Bildungsbotschaftern" ist ein Anfang gemacht. www.tag-der-bildung.de
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/aktionstag-begabungen-ausschoepfen-1.4241791
Begabungen ausschöpfen
00/12/2018
Der "Tag der Bildung" wirbt seit vier Jahren für Chancen­gleichheit und dafür, das Beste aus seinen Begabungen zu machen.
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Viele Topmanager haben an einer technischen Universität studiert - und dagegen nur überaus wenige an einer Fachhochschule. Das zeigt nun eine Auswertung der Bildungsbiografien von mehreren Vorständen der Dax-30-Unternehmen. Als Vorstand eines Dax-Unternehmens hat man einen Job, für den es keine offizielle Stellenbeschreibung gibt. Es gibt auch keine Anleitung, wie man diesen Posten erreicht. Dennoch haben die meisten Top-Manager an der Spitze der 30 wichtigsten deutschen Aktiengesellschaften einen ähnlichen Werdegang. Das zeigt eine Auswertung des Berliner Recruiting-Dienstleisters Taledo, der die Lebensläufe von Vorständen analysiert hat. Es beginnt mit dem Studienfach. Die meisten Dax-Vorstände haben ein Wirtschaftsstudium absolviert. An zweiter Stelle folgen die Ingenieurwissenschaften, an dritter Stelle die Naturwissenschaften, dann Jura und Sozialwissenschaften. Nur ein einziger Vorstand hat eine Geisteswissenschaft studiert. Ebenfalls selten sind Top-Manager, die ihr Studium mit dem Bachelor beendet haben. Mehr als 90 Prozent können einen Master oder ein Diplom vorweisen. 42 Prozent von ihnen haben sogar promoviert, insgesamt vier halten zur Zeit eine Professur inne. Dabei legen einige Unternehmen größeren Wert auf eine Promotion als andere. Bei Eon haben beispielsweise alle Mitglieder des Vorstands einen Doktortitel, ähnlich sieht es bei der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft und der Linde AG aus. Dagegen kann sich bei Daimler von insgesamt acht Vorstandsmitgliedern nur der Vorsitzende mit einem Doktortitel schmücken. Dabei besteht ein Zusammenhang zwischen der Studienrichtung und der Häufigkeit einer Promotion. Nur 18 Prozent der Vorstände mit einem Wirtschaftsstudium haben einen Doktorgrad. Dagegen liegt der Anteil der Promotionen bei den Ingenieuren bei 53 Prozent, bei den Naturwissenschaftlern bei 74 Prozent. Von den Juristen haben sogar 86 Prozent promoviert. Als Kaderschmiede für Dax-Vorstände kann die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) in Aachen gelten: Hier haben die meisten Vorstände ihren Abschluss gemacht. Auf Platz zwei liegen die Ludwig-Maximilians-Universität München, die Universität Karlsruhe und die Technische Universität Darmstadt mit je vier Abschlüssen eines Vorstandes. Den dritten Platz teilen sich die Humboldt-Universität Berlin und die Uni Mannheim. Bei Abschlüssen aus dem Ausland liegt die Wirtschaftshochschule Insead Fontainebleau vorne, gefolgt von der Universität Sydney, der ETH Zürich, den Universitäten Wien, Innsbruck und Rotterdam. An weiteren Hochschulen der Liste hat jeweils nur ein Vorstand studiert. Nur eine einzige Fachhochschule taucht in dem Ranking auf: Es ist die Ostbayerische Technische Hochschule in Regensburg, an der zwei Dax-Vorstände studiert haben.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/lebenslaeufe-posten-fuer-doktoren-1.4240547
Lebensläufe - Posten für Doktoren
00/12/2018
Viele Topmanager haben an einer technischen Universität studiert - und dagegen nur überaus wenige an einer Fachhochschule. Das zeigt nun eine Auswertung der Bildungsbiografien von mehreren Vorständen der Dax-30-Unternehmen.
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Sara Alsulaiman Alnaser hat mit 14 Jahren ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um zur Schule zu gehen. Mit ihrem Vater, einem Autohändler, und drei ihrer Geschwister verließ sie 2015 ihre Heimat Syrien. Die Mutter, eine Englischlehrerin, blieb mit drei weiteren Geschwistern zurück. Zu Fuß querte Vater Alnaser mit den Kindern erst Libanon, dann die Türkei, um dort in ein Schlauchboot zu steigen. Sie erreichten die griechische Küste und schlugen sich über Mazedonien und Ungarn nach Deutschland durch. Nach 18 Tagen landeten sie in einem Erstaufnahmeheim in Norddeutschland. "Das war ein leer geräumter Supermarkt, in dem 700 Menschen lebten", sagt Sara Alsulaiman Alnaser. Ein Jahr mussten sie dortbleiben. Das Schlimmste: Alnaser, die wusste, was ihre Familie geopfert und riskiert hatte, damit sie eine Zukunft hat, damit sie zur Schule gehen kann, durfte keine besuchen. "Es hieß, dass wir jeden Moment in eine andere Unterkunft kommen könnten, in eine andere Stadt." Heute ist sie 17, geht in die elfte Klasse eines Gymnasiums, besucht nebenbei einen Wirtschaftskurs der Industrie- und Handelskammer und hat im vergangenen Jahr erstmals an der Vorbilder-Akademie teilgenommen. Die Initiative des Bonner Zentrums für Begabungsförderung "Bildung und Begabung" unterstützt seit 2011 Jugendliche mit Migrationshintergrund dabei, herauszufinden, welche Möglichkeiten ihnen in Deutschland offenstehen. "Oft haben sie einfach eine schlechtere Startposition, und die wollen wir etwas ausgleichen", sagt Ulrike Leikhof, die Leiterin der Vorbilder-Akademie. Vor allem, weil die Eltern oft gar nicht wissen, welche Bildungswege es in Deutschland gibt. "Was ihnen fehlt, sind Bildungsvorbilder in der näheren Umgebung." Diese lernen die Jugendlichen an der Akademie kennen. Eines dieser Vorbilder ist Simmuz Doymaz, dessen Eltern in Pforzheim einen Döner-Imbiss betreiben. Er war elf, als er aus der Türkei nach Deutschland kam. "Ich wusste schon immer, dass ich studieren möchte", sagt er. Auch als er noch auf die Hauptschule ging. Einige seiner Mitschüler und Lehrer belächelten ihn oder versuchten, ihm eine Lehre schmackhaft zu machen. "Ich bin da schon irgendwie an eine Wand gestoßen", sagt Doymaz, der mittlerweile am Karlsruher Institut für Technologie Elektrotechnik studiert. Damals sei es wichtig gewesen, jemanden zu haben, der Mut macht. Jemanden wie die Vorbilder der Vorbilder-Akademie. Die hat inzwischen vier Standorte und bietet einmal im Jahr eine Woche lang verschiedene Kurse an: Rechts-, Neuro- und Kulturwissenschaften zum Beispiel oder eben Elektro- und Informationstechnik. Das ist der Kurs, den Doymaz in diesem Jahr als Vorbild geleitet hat. Spielerisch hat er den Teilnehmern gezeigt, worum es in seinem Studienfach geht. Und er hat ihnen erzählt, wie er es bis an die Hochschule geschafft hat. 2012 hatte er selbst an einer Akademie teilgenommen. "Es war gut, mal wegzukommen vom Alltag, in einer sicheren Umgebung zu sein, in der jede Frage mit Respekt beantwortet wird", sagt Doymaz. "Vielen Teilnehmern ist gar nicht klar, welche Möglichkeiten wir haben - etwa, dass es Stipendien gibt." Er wird beispielsweise heute von der Hans-Böckler-Stiftung unterstützt. Mit seinem Vorbild von damals hat er immer noch Kontakt. Leikhofs Team sendet regelmäßig Infomaterialien über die Akademie an alle Schulen mit neunten und zehnten Klassen, aber auch an Jugendmigrationsdienste und andere Einrichtungen, die mit der Zielgruppe zu tun haben. "Natürlich nutzen wir auch die sozialen Medien", sagt Akademieleiterin Leikhof. Die Jugendlichen müssen sich dann bewerben. 750 durften bisher teilnehmen. "Für mich war das die schönste Woche meines Lebens", sagt Sara Alsulaiman Alnaser. "Ich bin das erste Mal allein verreist und habe viele nette Menschen kennengelernt." Eine Lehrerin hatte sie auf die Akademie aufmerksam gemacht. In diesem Jahr ist Alnaser wieder zur Vorbilder-Akademie gefahren. Dieses Mal als "Teamer". Sie hat den Erstteilnehmern gezeigt, wie das Ganze funktioniert. Wer mit Alnaser spricht, hört die Zuversicht in ihrer Stimme. Die fehlte der Familie im ersten Jahr in Deutschland noch. "Wir saßen da und verloren unsere Zeit." Weil Alnaser nicht zur Schule gehen durfte, ging sie in die Stadtbibliothek und lieh sich Deutschbücher aus. "Im Heim gab es sonst nur Essen und Schlafen. Mir war furchtbar langweilig", erzählt sie. Also meldete sie sich freiwillig als Dolmetscherin. "Dabei habe ich nur ein paar Brocken Deutsch gesprochen." Kaum mehr als die Neuankömmlinge. Ein halbes Jahr später sprach sie es fließend. Nach ihrem Abitur möchte sie Neurowissenschaftlerin werden.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/foerderung-der-schoenste-tag-meines-lebens-1.4241793
"""Der schönste Tag meines Lebens"""
00/12/2018
Die Vorbilder-Akademie hilft Schülern mit ausländischen Wurzeln bei der Orientierung über mögliche Bildungswege.
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Bewerbung: Wer darf rein? Das Bauchgefühl ist immer dagegen. Gegen Frauen. Gegen Migranten. Gegen Behinderte. ­Vorurteile spielen bei Bewerbungen eine Rolle. Das zeigen viele Studien, und das sagen Personaler selbst. Obwohl sie wissen, dass ein ausländischer Name nichts über Deutschkenntnisse aussagt. Obwohl sie wissen, dass nicht jede Frau Kinder kriegen will. Sie stellen unbewusst lieber Menschen ein, die ihnen ähnlich sind. Solange die meisten Personalchefs männlich sind, sind Frauen also im Nachteil. Maßnahmen dagegen gab es bisher wenig. Beim Symphonieorchester in Boston kam man aber schon in den Siebzigerjahren zu dem Schluss: Frauen können genauso gut Geige, Posaune und Flöte spielen wie Männer. Irgendwas muss also schieflaufen, wenn im Orchester fast nur Männer sitzen. Von da an mussten alle Bewerber hinter einem Vorhang spielen, und der Dirigent konnte nicht sehen, ob er einen Mann oder eine Frau hört. Plötzlich kamen viel mehr Frauen durch die Vorrunde, das Orchester wurde weiblicher. In der Wirtschaftswelt merken viele Entscheider erst jetzt, dass sie sich beim Bewerbungsprozess besser austricksen sollten. In manchen Branchen bleibt kein geeigneter Kandidat mehr übrig, wenn nur Männer mit deutschen Namen und guten Noten eingeladen werden. Der Fachkräftemangel ist das beste Argument gegen Vorurteile - und die Digitalisierung das beste Mittel gegen Diskriminierung. Onlineplattformen wie Instaffo bieten Bewerbern und Arbeitnehmern gewissermaßen einen digitalen Vorhang an: Auf der einen Seite können Bewerber ihre Kompetenzen und Erfahrungen auflisten. Auf der anderen Seite beschreiben Unternehmen, was der gesuchte Mitarbeiter können muss. Ein Algorithmus ermittelt die Übereinstimmung und meldet die Treffer. Will die Firma mehr über einen Kandidaten wissen, kann der sich zu erkennen geben. Taledo funktioniert so ähnlich, fragt Arbeitgeber und Jobsuchende aber vor allem nach Wünschen. So finden sich Bewerber und Firmen, die nicht gedacht hätten, dass sie zueinanderpassen. Am Ende entscheiden dann zwar wieder Personaler, ihr Bauchgefühl wird aber von Fakten herausgefordert. Und die sagen vielleicht: Die Kandidatin passt zu 93 Prozent auf das Stellenprofil, der Kandidat nur zu 76.
karriere
https://www.sueddeutsche.de/karriere/bewerbung-verhandlung-befoerderung-planw-1.4233639
Karriere - Wo haben Frauen gleiche Chancen?
00/12/2018
Weil Männer die Regeln der Arbeitswelt aufgestellt haben, sind sie für Frauen oft ungerecht. Fünf Aspekte, auf die sie bei der Jobsuche achten sollten.
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"Wir Frauen können das genauso, wir müssen uns nur trauen": Im Workshop "Rails Girls" lernen Frauen Coding-Grundlagen. Ein Besuch. Samstagmorgen in der Münchner Innenstadt, hoch oben über der Bummelmeile, in einer großen, offenen Büroetage. Hier treffen sich 20 Frauen, die programmieren lernen wollen, mit fast ebenso vielen Coaches, die ihnen das beibringen. Es findet ein Rails-Girls-Workshop statt. Einmal im Jahr stellt der Verein diese Frauen-Coding-Seminare auf die Beine, sucht Sponsoren, Coaches, Räume. Die Frauen können den Kurs kostenlos besuchen und bekommen an nur einem Tag die Grundlagen der Programmiersprache Ruby on Rails beigebracht. Wir sprechen mit Teilnehmerinnen, Coaches und mit einer der Organisatorinnen, Larissa Schappach, über die Idee der Rails Girls und warum es mehr Frauen in IT-Berufen braucht. Lassen Sie uns wissen, wie Ihnen der Plan W Podcast gefällt und nehmen Sie an unserer Umfrage teil: http://www.sz.de/planwpodcast. So können Sie den Plan W-Podcast abonnieren: Der Plan W-Podcast erscheint alle vier Wochen und greift den Schwerpunkt des aktuellen Plan W-Heftes auf. Alle Folgen finden Sie hier. Verpassen Sie keine Folge und abonnieren Sie unser Audio-Angebot, etwa bei: Spotify iTunes Deezer oder in Ihrer Lieblings-Podcast-App. Sie haben Fragen oder Anregungen? Dann schreiben Sie uns sz-planw@sueddeutsche.de. Der Plan W Podcast ist eine hauseins-Produktion für die Süddeutsche Zeitung.
karriere
https://www.sueddeutsche.de/karriere/plan-w-podcast-programmieren-1.4243108
Programmieren lernen an einem Tag
00/12/2018
"Wir Frauen können das genauso, wir müssen uns nur trauen": Im Workshop "Rails Girls" lernen Frauen Coding-Grundlagen. Ein Besuch.
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