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2023-04-25
Adler Group weist erneut Milliardenverlust aus
Bilanz weiter ungeprüft
Auch für das vergangene Jahr weist die schwer angeschlagene Adler Group einen Milliardenverlust aus. Das Management versucht weiter, das Unternehmen ohne eine Zerschlagung zu sanieren. mehr
Auch für das vergangene Jahr weist die schwer angeschlagene Adler Group einen Milliardenverlust aus. Das Management versucht weiter, das Unternehmen ohne eine Zerschlagung zu sanieren. Die Adler Group steckt weiter tief in der Krise. Auch für 2022 weist der angeschlagene Immobilienkonzern einen Milliardenverlust aus. Unter dem Strich stand wegen einer Abwertung des Immobilienportfolios sowie der Wertberichtigung auf Forderungen ein Fehlbetrag von knapp 1,7 Milliarden Euro, wie die Adler Group in Luxemburg mitteilte. Ein Jahr zuvor hatte das Unternehmen bereits einen Verlust von knapp 1,2 Milliarden Euro ausgewiesen. Der Wert des Vermietungsportfolios habe Ende 2022 laut einer Bewertung durch unabhängige Gutachter mit 5,2 Milliarden Euro um 1,9 Prozent unter dem Vorjahreswert gelegen. Immer noch kein neuer Wirtschaftsprüfer Die Zahlen sind untestiert, da der Konzern bisher noch keinen neuen Abschlussprüfer gefunden hat. Im vergangenen Jahr hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG dem Konzern das Testat für den Jahresabschluss 2021 verweigert und ihr Mandat wegen unterschiedlicher Auffassungen beendet. Während für die deutsche Tochter mit Rödl & Partner ein Prüfer gefunden wurde, kommt dieser wegen des Konzernsitzes in Luxemburg nicht für die Adler Group in Frage. Aufsichtsratschef Stefan Kirsten rechnet nicht damit, dass ein Prüfer bis zur Hauptversammlung im Mai gefunden werden kann. Seit Mitte April geht das Unternehmen seinen Restrukturierungsplan an. Im November hatte der Konzern mit seinen Gläubigern eine entsprechende Einigung erzielt. Diese sei "ein entscheidender Meilenstein auf dem Weg zur Sicherung der finanziellen Stabilität der Gruppe" gewesen, sagte Vorstandschef Thierry Beaudemoulin. Gerade hat ein Londoner Gericht den Plan gegen den Widerspruch von Gläubigern bestätigt. "Keine Zerschlagung" Der Plan sieht vor, die milliardenschweren Schulden ohne einen kompletten Ausverkauf abzuzahlen. "Wir machen keine Zerschlagung", sagte Finanzvorstand Thomas Echelmeyer. Das Unternehmen müsse aber weiter Immobilien verkaufen. Ziel sei es, ein Berlin-Portfolio zu halten - "mit einem deutlich kleineren Umfang und einem deutlich geringeren Projektentwicklungsportfolio". Die Ziele für das operative Geschäft habe Adler 2022 erreicht, teilte das Unternehmen weiter mit. Das operative Ergebnis aus der Vermietung sei nach Immobilienverkäufen von zuvor 137,1 Millionen auf 86,8 Millionen Euro geschrumpft. Die Nettomieterträge seien von 346 auf 244,5 Millionen Euro gesunken. Im laufenden Jahr sollen diese auf 207 bis 219 Millionen Euro zurückgehen. Manipulations-Vorwürfe Adler habe bereits mehrfach die Insolvenz abwenden können, betonte Verwaltungsratschef Stefan Kirsten. Der Konzern befinde sich aber weiter in "rauer See". Ausgelöst wurden die Turbulenzen bei Adler auch durch Vorwürfe der Gesellschaft Viceroy des Leerverkäufers Fraser Perring, der dem Immobilienkonzern Betrug, Manipulation und Täuschung seiner Geldgeber vorwarf. Adler hatte die Vorwürfe von Fraser zurückgewiesen. Als Profiteure der mutmaßlichen Machenschaften bezeichnete Perring eine Gruppe aus Gesellschaftern und Managern bei Adler und im Umfeld des Konzerns. Diese sollen zu einem Netzwerk um den österreichischen Unternehmer Cevdet Caner gehört haben, der den Immobilienkonzern angeblich aus dem Hintergrund kontrolliere. Auch eine ARD-Dokumentation legt ein solches Netzwerk nahe.
/wirtschaft/unternehmen/adler-milliardenverlust-100.html
2023-04-25
Ampel einigt sich auf Kompromiss
Reform des Bundespolizeigesetzes
Lange haben die Ampel-Parteien über die Reform des Bundespolizeigesetzes gestritten. Nun wurde offenbar ein Kompromiss erzielt. Die Neuregelungen sollen die Arbeit der Behörde vor allem transparenter machen. mehr
Lange haben die Ampel-Parteien über die Reform des Bundespolizeigesetzes gestritten. Nun wurde offenbar ein Kompromiss erzielt. Die Neuregelungen sollen die Arbeit der Behörde vor allem transparenter machen. Seit Monaten streiten die einzelnen Ressorts der Ampel-Koalition über die Ausgestaltung der Reform des Bundespolizeigesetzes. Die gesetzliche Grundlage für die Arbeit der Beamtinnen und Beamten neu zu regeln, hat die Bundesregierung im gemeinsamen Koalitionsvertrag festgeschrieben - immerhin stammt die letzte Reform aus dem Jahr 1994. Und nun scheint nach langem Ringen ein Kompromiss gefunden zu sein. Zuerst hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" über den Konsens zwischen SPD, Grünen und FDP berichtet. Auch das ARD-Hauptstadtstudio bestätigte die Einigung über zentrale Streitpunkte. Maßnahmen gegen "racial profiling" Ein Kernpunkt der Debatte zwischen den Ampel-Partnern war bis zuletzt das "racial profiling", also Kontrollen durch Bundespolizistinnen und -polizisten, die mutmaßlich aufgrund äußerlicher Merkmale wie etwa der Hautfarbe durchgeführt werden. Die Reform soll dem Bericht der "FAZ" zufolge klarere Regeln schaffen, um zu verhindern, dass Einsatzkräfte unter den Verdacht des "racial profiling" und damit des Rassismus geraten. Fest steht demnach: Kontrollen, die mutmaßlich wegen "racial profiling" vorgenommen werden, sind rechtlich nicht zulässig. Allerdings können entsprechende Merkmale von den Beamtinnen und Beamten durchaus bei der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen, beruhend auf deren Erfahrung und auf aktuellen Ereignissen. Als ein Beispiel nannte die "FAZ" Grenzkontrollen, um unerlaubte Einreisen nach Deutschland zu verhindern. Hier soll die Bundespolizei Personen dann kontrollieren und nach Ausweisdokumenten befragen dürfen, "wenn aufgrund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilichen Erfahrungen in Verbindung mit aktuellen Erkenntnissen oder Prognosen anzunehmen ist", dass es sich um eine unerlaubte Einreise handelt.  Kontrollquittung soll für Transparenz sorgen Ebenso sollen Kontrollen aufgrund sogenannter gruppenbezogener Merkmale untersagt sein. Die rechtliche Grundlage liefert das Grundgesetz: Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, Sprache, seiner Heimat und Herkunft oder seines Glaubens benachteiligt oder auch bevorzugt werden. Die Reformpläne der Ampel sehen vor, dass Einsatzkräfte der Bundespolizei künftig der überprüften Person auf deren Verlangen eine Kontrollquittung ausstellen müssen. Diese Quittung soll den Verlauf der Kontrolle dokumentieren und so auch verhindern, dass beteiligte Bundespolizistinnen und -polizisten unter Generalverdacht geraten, mutmaßlich rassistisch gehandelt zu haben. Kennzeichnungspflicht und Sicherheitsüberprüfung geplant Neben den Regelungen, um "racial profiling" zu verhindern, sieht die Reform des Bundespolizeigesetzes den Koalitionsplänen zufolge auch eine Kennzeichnungspflicht für Beamtinnen und Beamte vor. Außerdem sollen in Zukunft Anwärterinnen und Anwärter verpflichtend einer einfachen Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden. Bislang geschieht das nur auf freiwilliger Basis, berichtete die "FAZ" weiter. Bei anderen Behörden wie etwa dem Bundeskriminalamt, dem Bundesverfassungsschutz oder bei den meisten Landespolizeien sind solche Sicherheitsüberprüfungen ebenfalls schon jetzt Standard. Ausspähen verschlüsselter Daten bleibt tabu Ein weiterer Streitpunkt, um den die Ampel-Partner gerungen haben, ist die Frage, ob die Bundespolizei künftig auf die sogenannte Quellen-TKÜ zurückgreifen darf. Der Kompromiss schließt diese Option nun dem Bericht zufolge aus. Die Quellen-Telekommunikationsüberwachung soll damit weiterhin nur Behörden wie dem Bundeskriminalamt oder auch dem Bundesnachrichtendienst zur Verfügung stehen, mit dem Ziel, "Gefahren des internationalen Terrorismus" abzuwehren. Hintergrund ist, dass viele Nachrichtendienste wie etwa WhatsApp oder Telegram Nachrichten automatisch verschlüsseln. Um diese Nachrichten lesen zu können, bevor sie verschlüsselt werden oder die Verschlüsselung aufzuheben, dient die Quellen-TKÜ. Dafür wird eine Spähsoftware - ein sogenannter Trojaner - auf dem Mobiltelefon oder Endgerät eines Verdächtigen installiert, die es ermöglicht, Daten entsprechend auszuwerten. "Für die Menschen bedeutet das mehr Sicherheit" Sebastian Hartmann von der SPD lobte den Kompromiss. Die Ampel-Partner hätten "den Knoten durchgeschlagen". Die Fraktionen hätten "selbst die Weichen gestellt und eine Lösung bei einem verhakten Punkt gefunden". Auch die Grünen sehen in der Reform des Gesetzes eine "Richtungsentscheidung für die Modernisierung der Bundespolizei". Irene Mihalic, Innenexpertin der Partei, hob gegenüber der "FAZ" vor allem die geplanten Kontrollquittungen hervor, durch welche die "Wahrscheinlichkeit von diskriminierend wirkenden Praktiken" verringert werden könne. Für die FDP-Fraktion sagte der Innenpolitiker Manuel Höferlin, mit der Reform werde der "Paradigmenwechsel" gestärkt, "Freiheit und Sicherheit nicht gegeneinander auszuspielen". Die Bundespolizei könne künftig ihre Arbeit, vor allem an Bahnhöfen und Flughäfen, durch effizientere Personenkontrollen besser als vorher erledigen. "Für die Menschen bedeutet das mehr Sicherheit", so Höferlin. Die Reformvorschläge der Ampel-Ressorts gehen nun zur Abstimmung an die Bundesländer und Verbände. Laut "FAZ" könnte das Bundeskabinett im kommenden Monat über dei geplanten Neuregelungen abstimmen.
/inland/innenpolitik/bundespolizei-ampel-reform-100.html
2023-04-25
"Beste der mittelmäßigen Alternativen"
Experte zur Biden-Kandidatur
Biden will noch einmal für das Präsidentenamt kandidieren - mit 80 Jahren. Im Interview mit den tagesthemen führt der Politikwissenschaftler Mounk aus, warum Biden gerade wegen seines Alters und seiner moderaten Art Chancen haben könnte. mehr
Biden will noch einmal für das Präsidentenamt kandidieren - mit 80 Jahren. Im Interview mit den tagesthemen führt der Politikwissenschaftler Mounk aus, warum Biden gerade wegen seines Alters und seiner moderaten Art Chancen haben könnte. Joe Biden will im Weißen Haus bleiben - nun ist seine Bewerbung um die erneute Präsidentschaftskandidatur der Demokraten offiziell. Und trotz seines hohen Alters könnte der 80-Jährige durchaus eine Chance haben, von seiner Partei aufgestellt zu werden, erwartet Yascha Mounk, Politikwissenschaftler und Mitherausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit" im Interview mit den tagesthemen. Allerdings wäre eine erneute Kandidatur aus Sicht Mounks "eine Art Hypothek" - vor allem mit Blick auf das Alter Bidens. Sollte es erneut zum Duell zwischen Donald Trump, derzeit 76 Jahre alt, und Biden kommen, würde damit das "älteste Anwärterfeld in der Geschichte der USA" ins Rennen um die Präsidentschaft gehen. Am Wahlabend wäre Biden 82 Jahre alt, im Falle einer Wiederwahl wäre er am Ende der zweiten Amtszeit 86 Jahre. Die Schwäche könnte zur Stärke werden Doch bei aller Sorge vor den Herausforderungen des Amts für einen Mann dieses Alters ist Biden gerade in seinen ersten beiden Jahren an der Staatsspitze doch ein "relativ erfolgreicher Präsident", so Mounk. Zudem sind laut Mounk derzeit beide Parteien der USA - sowohl die Republikaner als auch die Demokraten - zum Teil stark durch die politisch extremen Lager geprägt. Und da könnte Biden, der weiterhin moderat erscheine und "mit dem Durchschnittsamerikaner weiterhin gut umgehen können", einen Vorteil genießen - paradoxerweise könne gerade so sein hohes Alter nicht nur Schwäche, sondern auch Stärke sein. Ja zu Biden - "mit der geballten Faust in der Tasche" Mounk räumt Biden außerdem gute Chancen ein, 2024 die breite Koalition innerhalb der eigenen Partei erneut zusammenzuhalten. Schon bei der vergangenen Wahl sei er nicht den Stimmen aus dem extrem linken Lager hintergejagt wie andere Kandidaten. Er habe dank seiner moderaten Art bei den Vorwahlen die Nase vorn gehabt. Auch wegen des Wunsches der Wählerinnen und Wähler, eine Wiederwahl Trumps zu verhindern. Doch aus eben diesen Gründen könnten auch Anhänger aus den extremen Lagern der Demokraten erneut für Biden stimmen - "mit der geballten Faust in der Tasche". Ein weiterer Fakt, der für Biden spricht: Den Demokraten fehlt es an "wirklich glaubhaften Alternativen" für die Kandidatur. Das Szenario von Biden als "Interimspräsident" war für Mounk von Anfang an nicht realistisch. Zu lange hatte Biden nach dem Amt gestrebt, hatte er sich doch schon für die Präsidentschaftswahl 1988 erstmals als Kandidat beworben. Doch andere Hoffnungsträger - wie etwa Vizepräsidentin Kamala Harris - liegen in aktuellen Umfragen in Sachen Beliebtheit hinter dem amtierenden Staatschef. Und so bleibe Biden "die beste von vielen mittelmäßigen Alternativen".
/ausland/amerika/biden-kandidatur-interview-mounk-100.html
2023-04-25
Harry Belafonte ist tot
US-Sänger und Entertainer
Der US-Sänger und Entertainer Harry Belafonte ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Bekannt wurde er unter anderem mit dem Hit "Banana Boat Song". Belafonte gilt als Wegbereiter für schwarze Künstler in den USA. mehr
Der US-Sänger und Entertainer Harry Belafonte ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Bekannt wurde er unter anderem mit dem Hit "Banana Boat Song". Belafonte gilt als Wegbereiter für schwarze Künstler in den USA. Der legendäre US-Sänger und Schauspieler Harry Belafonte ist tot. Der Entertainer, der unter anderem mit dem Hit "Banana Boat Song" bekannt geworden war, starb im Alter von 96 Jahren. Ursache war ein Herzversagen, wie zuerst die "New York Times" und die "Washington Post" unter Berufung auf seinen Agenten Ken Sunshine berichteten. Seine Frau Pamela sei zum Zeitpunkt seines Todes in seinem Wohnort New York an seiner Seite gewesen. Belafonte war ein Wegbereiter für schwarze Künstler in den USA und engagierte sich auch als Bürgerrechtsaktivist und im Kampf gegen Armut. Sohn eines Schiffkochs und einer Hilfsarbeiterin Belafonte wurde am 1. März 1927 im New Yorker Stadtteil Harlem geboren. Seine Mutter war Jamaikanerin, sein Vater stammte von der französischen Karibikinsel Martinique. Belafonte verbrachte einen Teil seiner Kindheit auf Jamaika, bevor er nach New York zurückkehrte und dort eine Karriere als Sänger und Schauspieler startete. Einen Riesenerfolg hatte Belafonte 1956 mit dem Hit "Banana Boat Song" von seinem Album "Calypso". Der Sohn des Schiffskochs aus Martinique und der Hilfsarbeiterin aus Jamaika, wurde zum "Calypso-King". Zwei Jahre zuvor hatte er als erster männlicher schwarzer Schauspieler den renommierten Theater- und Musicalpreis "Tony" gewonnen. In Filmen wie "Heiße Erde" (1957) und "Wenig Chancen für morgen" (1959) thematisierte er Rassentrennung und soziale Ungleichheit. Gerne wäre er der "erste schwarze Hamlet" geworden, wie er einmal in einem Interview sagte. Stattdessen wurde es Hollywood mit Filmen wie "Bright Road" (1953) und Otto Premingers "Carmen Jones" (1954). Vertrauter von Martin Luther King Jr. Er engagierte sich auch in der Bürgerrechtsbewegung und wurde ein Vertrauter von Martin Luther King Jr. An seiner Seite kämpfte er für schwarze Bürgerrechte in den USA, mit Nelson Mandela gegen die Apartheid in Südafrika und als UNICEF-Botschafter für Kinder auf Haiti und im Sudan. Schwarzen Künstlern einer jüngeren Generation wie Jay-Z und Beyoncé warf Belafonte vor, ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft nicht nachzukommen. Belafonte gewann einen Ehrenoscar und zahlreiche andere Preise. Zum 90. Geburtstag benannte seine Heimatstadt New York sogar eine ganze Bibliothek in Harlem nach ihm.
/ausland/amerika/harry-belafonte-118.html
2023-04-25
"Shout it out"?
Leadgesang leiser geworden
Die Gesangsstimme in der Unterhaltungsmusik ist, verglichen mit den Songs vor etwa 70 Jahren, messbar leiser geworden. Es gibt jedoch starke Unterschiede je nach musikalischem Genre. mehr
Die Gesangsstimme in der Unterhaltungsmusik ist, verglichen mit den Songs vor etwa 70 Jahren, messbar leiser geworden. Es gibt jedoch starke Unterschiede je nach musikalischem Genre. Während Elvis Presley 1966 in "Shout it out" noch deutlich lauter zu hören war, ist in den vergangenen Jahrzehnten die Hauptgesangsstimme in Songs deutlich leiser geworden. Das ist das Ergebnis einer Studie von Forschern der Universität Oldenburg, die im Fachblatt "JASA Express Letters" veröffentlicht wurde. Die Analyse von mehr als 700 Songs ergab dabei unerwartete Unterschiede zwischen verschiedenen Musikgenres. Billboard Charts als Quelle Für ihre Studie berücksichtigten Kai Siedenburg, Leiter der Forschungsgruppe "Musikwahrnehmung und -verarbeitung", und Karsten Gerdes zunächst die vier höchstplatzierten Songs in den Jahresendlisten der US-amerikanischen "Billboard Hot 100 Charts" von 1946 bis 2020. "Aufgrund ihrer Vielfalt gelten die Billboard Charts als unabhängig und repräsentativ", erklärt Gerdes diese Wahl. Die so entstandene Datenbank aus 300 Songs wurde analysiert. Mit Hilfe einer Software wurde der Gesang aus dem Klanggemisch der einzelnen Aufnahmen herausgetrennt. Im nächsten Schritt bestimmten die Wissenschaftler das Pegelverhältnis von Gesangsstimme zu Begleitung, das LAR ("lead vocal to accompaniment ratio"), das in Dezibel gemessen wird. Die Analyse zeigt: War der Gesang 1946 noch fünf Dezibel lauter als die Begleitinstrumente, so betrug der Unterschied 1975 nur etwa ein Dezibel. Nach 1975 sei das LAR dann konstant geblieben. Fortschritte in Aufnahme- und Musiktechnik Die Autoren führen dies auf die Fortschritte in Aufnahme- und Musiktechnik zurück. "Parallel zur Pegelreduktion bis 1975 fanden viele technische Entwicklungen statt", sagt Siedenburg. "So wurde nicht nur die Mehrspuraufnahme, sondern beispielsweise auch die E-Gitarre in die populäre Musik eingeführt." Einen besonders wichtigen Faktor stelle das stereophone Abmischen dar, bei dem Klangquellen einen räumlichen Platz bekämen und so deutlich unterscheidbarer würden. "Weil die anderen Instrumente räumlich verteilt sind, kann die Leadstimme leiser gemacht werden und ist trotzdem noch hörbar", so Siedenburg. Metal-Gesang ist im Verhältnis am leisesten Ein Blick auf verschiedene musikalische Genres ergab indes klare Unterschiede. So untersuchten die Wissenschaftler mehr als 400 weitere Songs aus den Genres Country, Rap, Rock, Pop und Metal, die zwischen 1990 und 2020 für den Musikpreis "Grammy" nominiert waren. Dabei war der Leadgesang im Vergleich zum Rest der Band im Country am lautesten, gefolgt von Rap und Pop. Bei Rock war das Verhältnis nahezu ausgeglichen, während im Metal die Begleitung in den meisten Fällen lauter war als der Hauptgesang. "Wir haben beobachtet, dass die Gitarren im Metal in den Lautstärke-Verhältnissen ein Stück weit die Rolle des Gesangs übernehmen", führt Siedenburg dazu aus. Wer seinen eigenen Gesang also gerne gut hören will, sollte nicht unbedingt Metal-Frontmann werden.
/wissen/forschung/musik-leadsaenger-band-100.html
2023-04-25
China erlässt Haftbefehl gegen Aktivisten
Unabhängigkeitsbefürworter aus Taiwan
Anfang August war der taiwanesische Unabhängigkeitsaktivist Yang Chih-yuan in China festgenommen worden. Nun wurde ein Haftbefehl gegen ihn erlassen. Ihm wird vorgeworfen, die nationale Sicherheit gefährdet zu haben. Von Eva Lamby-Schmitt.
Anfang August war der taiwanesische Unabhängigkeitsaktivist Yang Chih-yuan in China festgenommen worden. Nun wurde ein Haftbefehl gegen ihn erlassen. Ihm wird vorgeworfen, die nationale Sicherheit gefährdet zu haben. Mehr als acht Monate nach seiner Festnahme hat die Staatsanwaltschaft in der Stadt Wenzhou an der chinesischen Ostküste einen Haftbefehl gegen den taiwanesischen Aktivisten Yang Chih-yuan erlassen. Dem 33-Jährigen wird nach Angaben von Staatsmedien unter anderem vorgeworfen, die nationale Sicherheit gefährdet und eine illegale Organisation zur Förderung der Unabhängigkeit Taiwans gegründet zu haben. Im Jahr 2019 war Yang Chih-yuan in Taiwan Vizevorsitzender einer kleinen Unabhängigkeitspartei, die heute nicht mehr existiert. Reise während massiver Spannungen Der Aktivist war im vergangenen Jahr aus unbekannten Gründen nach China gereist und Anfang August festgenommen worden. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Spannungen um Taiwan mit dem Besuch der damaligen Vorsitzenden des US-amerikanischen Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, auf der demokratisch regierten Insel einen Höhepunkt erreicht. China betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht der demokratisch regierten und industriell weit entwickelten Insel regelmäßig mit einer notfalls militärischen Eroberung. Die taiwanesische Regierung forderte die Freilassung des Aktivisten und bekräftigte seine Unschuld. Immer wieder werden Aktivisten oder Kritiker aus Taiwan in der Volksrepublik festgenommen. Erst am Vortag ist Medienberichten zufolge der Verleger Fu Cha aus Taiwan bei einem Besuch in Shanghai festgenommen worden. Sein Verlag hat chinakritische Bücher herausgegeben.
/ausland/asien/china-haftbefehl-umweltaktivisten-100.html
2023-04-25
Worum es in den Verhandlungen geht und was droht
Tarifstreit bei der Bahn
Bei der Bahn wird wieder über mehr Geld für rund 180.000 Beschäftigte verhandelt. Doch die Verhandlungen könnten schnell in eine Sackgasse geraten. Gibt es weitere Warnstreiks? mehr
Bei der Bahn wird wieder über mehr Geld für rund 180.000 Beschäftigte verhandelt. Doch die Verhandlungen könnten schnell in eine Sackgasse geraten. Gibt es weitere Warnstreiks? Trotz der Tarifeinigung im Öffentlichen Dienst am vergangenen Wochenende sind Warnstreiks im Verkehrssektor nicht vom Tisch. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat heute in Fulda weiter mit der Deutschen Bahn über mehr Geld für rund 180.000 Konzernbeschäftigte verhandelt, die Gespräche wurden jedoch unterbrochen. Die Bahn hatte nach eigenen Angaben ein verbessertes Angebot vorgelegt, welches die EVG als nicht verhandlungsfähig ablehnte. Beide Seiten betonten aber grundsätzlich ihre Gesprächsbereitschaft. Offen ist, wann und ob die Konfliktparteien ihre Gespräche fortsetzen. Befristete Arbeitskämpfe sind jederzeit möglich. Worum geht es in dem Tarifkonflikt und worauf müssen sich Verbraucher einstellen? Gibt es die nächsten Warnstreiks bei der Bahn? Damit müssen Verbraucher weiterhin rechnen. Konkrete Pläne gab es zum Wochenbeginn allerdings nicht. Die EVG hat deutlich gemacht, dass Warnstreiks immer dann denkbar sind, wenn verhandelt wird. Zuletzt hatte die Gewerkschaft den Fern- und Regionalverkehr am vergangenen Freitag lahmgelegt - allerdings nur für einige Stunden am Morgen und am Vormittag. Die Verhandlungsführer hatten betont, dass sie im Falle eines Scheiterns der heutigen Gespräche zu härteren Mitteln greifen könnten. Denkbar wären etwa ganztägige Warnstreiks oder sogar eine Urabstimmung. Nach der Unterbrechung der heutigen Verhandlungen haben sich beide Tarifkommissionen zu internen Beratungen zurückgezogen. Die EVG forderte die Arbeitgeberseite auf, das jüngste Angebot im Laufe des Tages nachzubessern. Beide Seiten erklärten, sie seien auch am Mittwoch noch in Fulda. Es könnte also morgen weiterverhandelt werden. Bahnen, Schiffe, Flugzeuge: Könnte wieder alles still stehen? Ein so umfassender Warnstreik wie Ende März, der fast sämtliche Flughäfen sowie den Bahn- und Schiffsverkehr lahmlegte, ist derzeit nicht absehbar. Damals hatte die EVG den 24-stündigen Arbeitskampf gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di organisiert, die im Tarifkonflikt des Öffentlichen Dienstes Druck machen wollte. Dort gibt es seit dem Wochenende aber ein Ergebnis. Trotzdem laufen noch Tarifstreits in verkehrsrelevanten Branchen. Parallel zum Bahnsektor verhandelt ver.di derzeit über Zuschläge für die Sicherheits- und Servicekräfte an Flughäfen. Die Gespräche werden bereits seit geraumer Zeit zwischen der Gewerkschaft und dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) geführt. In diesem Zusammenhang gab es gestern Warnstreiks an den Flughäfen Berlin und Hamburg. Es ist also durchaus denkbar, dass Warnstreikaktionen an Flughäfen und bei der Bahn wieder zeitgleich anstehen - auch wenn diese nicht miteinander abgesprochen sein müssen. Wo stehen die Verhandlungen bei den Eisenbahnen? Die EVG fordert in den Verhandlungen mit der Eisenbahnbranche mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen sowie eine Laufzeit von zwölf Monaten. Derzeit verhandelt die Gewerkschaft in zweiter Runde nach und nach mit rund 50 Eisenbahn-Unternehmen. Der Fokus liegt dabei auf der Deutschen Bahn, mit der es heute in Fulda weitergeht. Der bundeseigene Konzern will sich bei seinem Angebot am Abschluss des Öffentlichen Dienstes vom Wochenende orientieren. Dieser sieht eine steuer- und abgabenfreie Inflations-Ausgleichsprämie von insgesamt 3000 Euro vor, die nach und nach zwischen Juni dieses und Februar nächsten Jahres ausgezahlt werden soll. Ab dann soll es für alle Beschäftigten mindestens 340 Euro brutto mehr im Monat geben. Für die EVG ist der Abschluss im Öffentlichen Dienst indes keine Verhandlungsgrundlage. "Wir haben der DB AG schon mehrfach erklärt, dass wir nicht für den Öffentlichen Dienst verhandeln", sagte jüngst Verhandlungsführer Kristian Loroch, "sondern in erster Linie für die Beschäftigen bei Bus und Bahn". Insbesondere die steuerfreie Einmalzahlung will die EVG nicht. Beide Seiten liegen also noch weit auseinander. Welche Knackpunkte gibt es noch bei der Bahn? Neben den tariflichen Forderungen war in den ersten zwei Gesprächsrunden bei der Bahn der Mindestlohn ein Knackpunkt. Wenige Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen beim Unternehmen lediglich über Zulagen. Noch vor den inhaltlichen Tarifgesprächen will die EVG den gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von zwölf Euro pro Stunde in den Tariftabellen festsetzen. Die Bahn wiederum hatte beim bislang letzten Treffen Mitte März einen Mindestlohn in Höhe von 13 Euro vorgeschlagen, will diesen aber erst ab August 2024 in die Tabellen aufnehmen. Das lehnt die Gewerkschaft strikt ab. Quelle: dpa
/wirtschaft/unternehmen/tarifverhandlungen-bahn-evg-100.html
2023-04-25
Als das Leben entschlüsselt wurde
DNA-Struktur
Am 25. April 1953 schrieben zwei Forscher Wissenschaftsgeschichte: Sie entschlüsselten die Struktur unseres Erbguts. Ganz sauber verlief die Suche jedoch nicht. Von Nina Kunze und Veronika Simon.
Am 25. April 1953 schrieben Forscher Wissenschaftsgeschichte: Sie entschlüsselten die Struktur unseres Erbguts. Ganz sauber verlief die Suche jedoch nicht. Wenn sie die Abkürzung DNA hören, haben viele Menschen wahrscheinlich gleich ein Bild vor Augen: Zwei Stränge, die sich umeinanderwinden, in der Mitte wie eine Leiter verbunden: eine Doppelhelix. Doch genau dieser Aufbau war in der Wissenschaft lange ein großes Rätsel. Von Vererbung zur DNA Mitte des 19. Jahrhunderts experimentierte der Abt Johann Gregor Mendel im Klostergarten mit Erbsenpflanzen. Er wollte herausfinden, nach welchen Regeln äußerlich sichtbare Merkmale wie die Farbe der Blüten von Generation zu Generation weitergegeben werden. Mit seinen Versuchen legte er die Grundsteine der Genetik - der Wissenschaft, die sich mit unserer Erbinformation beschäftigt. Doch wo und wie diese Erbinformation gespeichert ist, wurde erst knapp 100 Jahre später entschlüsselt. Die Bausteine der DNA - kurz für das englische Desoxyribonucleic Acid (deutsch: Desoxyribonukleinsäure) - wurden zu diesem Zeitpunkt zwar schon jahrzehntelang erforscht, als Speicher der Erbinformation vermutete man jedoch lange Zeit Proteine. Erst 1944 gelang drei in den USA tätigen Forschern der Nachweis, dass die DNA für die Vererbung von Merkmalen verantwortlich sein musste. Ein wissenschaftliches Rätsel Doch man wusste weder, wie die Vererbung funktionierte, noch wie die DNA aufgebaut war. Es gab zwar Erkenntnisse über ihre Bestandteile und in welchem Verhältnis diese vorlagen. Unklar war jedoch, wie diese Puzzleteile zusammenpassten. An der Lösung dieses Rätsels arbeiteten in den 1950er-Jahren mehrere Forschungsgruppen. Am King‘s College in London untersuchten die Biochemikerin Rosalind Franklin und ihr Kollege Maurice Wilkins die DNA mit Röntgenstrahlen. Sie entdeckten so viele Details der DNA-Struktur, zum Beispiel, welche Bausteine sich auf der Außenseite befinden mussten und wie groß die Abstände zwischen den einzelnen Bausteinen waren. Gleichzeitig versuchten an der Universität Cambridge James Watson und Francis Crick ein Modell der DNA mit theoretischen Mitteln zu entwickeln. Dafür dachten sie über mögliche chemische Bindungen nach und berechneten die physikalischen Kräfte dahinter. Außerdem überlegten sie anhand eines Modells, wie sie die Bestandteile so anordnen konnten, dass alles ineinander passte - vergleichbar mit einem Chemiebaukasten. Datenweitergabe hinter Franklins Rücken Doch allein durch Theorie ließ sich das Rätsel um die Struktur der DNA für sie nicht lösen. Watson und Crick brauchten experimentelle Daten, die sie auf die richtige Fährte brachten und ihre Theorien untermauerten. An diese Daten kamen sie schließlich auch - allerdings auf nicht ganz sauberen Wegen. Franklins Kollege Wilkins zeigte den beiden Forschern ein Bild der DNA, das in Franklins Labor mit ihrer Röntgentechnik aufgenommen worden war - ohne sie zu fragen. Außerdem wurde den beiden ein inoffizieller Forschungsbericht zugespielt, in dem Franklin ihre Ergebnisse detailliert beschrieb. Auch von dieser Weitergabe wusste Franklin nichts. Für Watson und Crick waren das die fehlenden Puzzleteile. Franklins Daten ergänzten ihre Überlegungen und ihnen wurde klar: Die DNA ist wie eine Strickleiter aufgebaut, die sich um sich selbst windet - eine sogenannte Doppelhelix. Nobelpreis: Keine Würdigung für Franklin Ob Franklin jemals erfuhr, dass ihre Arbeit hinter ihrem Rücken weitergegeben wurde, ist bis heute unklar. Am 25. April 1953 veröffentlichten sie ihre Aufnahmen und experimentellen Daten zur DNA gleichzeitig mit dem Modell von Watson und Crick in der Fachzeitschrift Nature. In derselben Ausgabe veröffentlichte auch Wilkins seine Daten. 1958 verstarb Franklin mit gerade einmal 37 Jahren an Eierstockkrebs. Damit kam sie für einen Nobelpreis nicht mehr in Frage - denn der wird nur an lebende Personen verliehen. 1962 erhielten daher Watson, Crick und Wilkins den Nobelpreis für die Entschlüsselung der DNA-Struktur. In ihrer Rede erwähnten das Nobelkomitee und die drei Preisträger jedoch Franklins Beitrag mit keinem Wort.
/wissen/forschung/70-jahre-dna-101.html
2023-04-25
Bankensorgen flammen wieder auf
Verluste in New York
Neue Sorgen um den Bankensektor haben heute die Wall Street belastet. Neue Geschäftszahlen der beiden Tech-Riesen Microsoft und Alphabet fielen derweil nachbörslich besser aus als erwartet. mehr
Neue Sorgen um den Bankensektor haben heute die Wall Street belastet. Neue Geschäftszahlen der beiden Tech-Riesen Microsoft und Alphabet fielen derweil nachbörslich besser aus als erwartet. Neue Banken- und Konjunktursorgen haben die Anleger an der Wall Street erneut nervös gemacht. Vor den mit Spannung erwarteten Geschäftszahlen der beiden Tech-Riesen Microsoft und Alphabet, die nach Börsenschluss ihre Quartalszahlen offen legten, bröckelten die Kurse der großen US-Aktienindizes im Verlauf stetig ab. Gegen Sitzunsende verstärkten sich die Verluste, nachdem die Aktie der angeschlagenen Regionalbank First Republic um fast 50 Prozent abstürzte. Bei dieser Entwicklung ist der Gerüchteküche Tür und Tor geöffnet, eine weitere Bankpleite kann nicht ausgeschlossen werden. Der Leitindex Dow Jones gab am Ende um 1,02 Prozent auf 33.530 Punkte nach und hielt sich damit noch am besten. Stärker bergab ging es mit der Technologiebörse Nasdaq, die 1,98 Prozent auf 11.799 Stellen fiel. Ebenso der Auswahlindex Nasdaq 100, der 1,89 Prozent schwächer schloss. Der marktbreite S&P-500-Index ging bei 4071 Zählern aus dem Handel, ein ebenfalls deutlicher Tagesverlust von 1,58 Prozent. First Republic-Aktie crasht Nach den Geschäftszahlen der US-Regionalbank First Republic gerieten Kreditinstitute erneut unter Druck. Anlegern bereitete den ganzen Tag über vor allem der überraschende Einlagenabfluss von mehr als 100 Milliarden Dollar Sorge, da Kunden zu größeren Instituten flüchteten, die als "too-big-to-fail" gelten. Die Abflüsse seien viel gravierender als erwartet ausgefallen, konstatierten die Analysten von Wells Fargo. Im späten Geschäft verloren viele dann die Nerven. Die Aktie brach am Ende um 49,38 Prozent dramatisch ein auf ein neues Rekordtief von 8,10 Dollar, der US-Regionalbanken-Sektorindex fiel ebenfalls deutlich. "Diejenigen, die an die Bankenkrise bereits einen Haken gemacht haben, könnten das zu früh getan haben", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Microsoft über Erwartungen Nachbörslich legte der Softwareriese dann seine Quartalszahlen für das dritte Geschäftsquartal vor, die dank eines brummenden Geschäfts mit Cloud-Angeboten und Bürosoftware besser als erwartet ausfielen. Der Umsatz stieg den Angaben zufolge zum Jahresauftakt um sieben Prozent auf 52,9 Milliarden Dollar, teilte der Konzern am Abend mit. Das ist etwa doppelt so stark wie von Analysten erwartet. Die Cloud-Sparte Azure wuchs sogar um 27 Prozent. Der Gewinn übertraf mit 2,45 Dollar je Aktie die Prognose von 2,23 Dollar. Die Aktie legt nachbörslich fast fünf Prozent zu. Alphabet - Aktienrückkaufprogramm gefällt Google hat im vergangenen Quartal die Abkühlung des Online-Werbemarktes deutlich zu spüren bekommen. Die Anzeigenerlöse des Internet-Konzerns gingen im Jahresvergleich leicht zurück. Sparmaßnahmen wie der Abbau Tausender Jobs und die Aufgabe von Büroraum schlugen beim Mutterkonzern Alphabet zugleich mit Kosten von 2,6 Milliarden Dollar zu Buche. Im Kerngeschäft mit Werbung rund um die Websuche legten die Erlöse um 1,8 Prozent auf 40,36 Milliarden Dollar zu. Bei der Videoplattform Youtube sanken die Anzeigeneinnahmen von 6,87 auf 6,69 Milliarden Dollar. Dank deutlicher Zuwächse im Cloud-Geschäft stieg der Konzernumsatz von Alphabet insgesamt um 2,6 Prozent auf 68 Milliarden Dollar (rund 62 Mrd Euro). Das sind nicht die Wachstumsraten, die Anleger früher gewohnt waren. Die Aktie legte im nachbörslichen Handel dennoch zeitweise um fast vier Prozent zu, nachdem Alphabet einen bis zu 70 Milliarden Dollar umfassenden Aktienrückkauf ankündigte. Unterm Strich verdiente Alphabet einen Quartalsgewinn von gut 15 Milliarden Dollar, wie der Konzern am Dienstag mitteilte. Das waren 8,4 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. US-Verbraucher werden pessimistischer Auch die jüngsten Wirtschaftsdaten drückten die Stimmung. Die US-Konsumstimmung ist im April überraschend stark gesunken. Das Barometer für die Verbraucherlaune fiel um 2,7 auf 101,3 Punkte. Ökonomen hatten mit 104,0 Zählern gerechnet. "Die Verbraucher sind pessimistischer geworden, was die Aussichten sowohl für die Wirtschaft als auch für den Arbeitsmarkt betrifft", sagte Conference Board-Experte Ataman Ozyildirim. Berichtssaaison geht weiter Neben dem Fokus auf Banken und Techs ging am Dienstag die Berichtssaison der Unternehmen mit einer ganzen Fülle neuer Quartalsberichte von Unternehmen aus anderen Branchen weiter. Darunter waren auch mehrere Firmen aus dem Leitindex Dow Jones. TI-Ausblick begeistert nicht Der US-Chipkonzern Texas Instruments blickt nach einem schwachen Jahresauftakt vorsichtig auf das zweite Quartal. Beim Erlös in den drei Monaten bis Ende Juni rechnet das Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 4,17 Milliarden Dollar und 4,53 Milliarden Dollar. Damit würde der Infineon-Konkurrent nur beim Erreichen des oberen Bands der Prognosespanne mehr umsetzen als im schwachen ersten Quartal. In den ersten drei Monaten des Jahres ging der Erlös im Vergleich zum letzten Vierteljahresabschnitt 2022 um sechs Prozent auf knapp 4,4 Milliarden Dollar (rund vier Mrd Euro). Der Gewinn sank im Vergleich zum Vorjahresquartal auf etwas mehr als 1,7 Milliarden Dollar. Je Aktie waren dies 1,85 (Vorjahresquartal: 2,35) Dollar. Hier rechnet der Konzern im zweiten Quartal mit einem Wert zwischen 1,62 Dollar und 1,88 Dollar. Sowohl das Ergebnis als auch die Prognose verfehlten die Erwartungen der Experten. Die Aktie gab nachbörslich zunächst deutlich nach, konnte die Verluste allerdings schnell reduzieren und legte zuletzt sogar wieder zu. McDonald's überrascht positiv Die Fastfoodkette McDonald's hat zum Jahresauftakt weltweit mehr umgesetzt als erwartet. Der Gesamtumsatz wuchs im ersten Quartal um vier Prozent auf fast 5,9 Milliarden Dollar, wie der Dow-Jones-Konzern vor Börsenbeginn mitteilte. Analysten hatten einen Rückgang um 1,4 Prozent auf 5,6 Milliarden Dollar prognostiziert. Die Burgerkette setzte auf höhere Menüpreise und mehr Kundenbesuche, wodurch sie ihren Gewinn auf 1,8 Milliarden Dollar steigern konnte - im Vorjahr stand ein Plus von 1,1 Milliarden Dollar zu Buche. Das in Chicago ansässige Unternehmen strukturiert derzeit seine Organisation um, wodurch Hunderte von US-Angestellten ihren Job verlieren. Verizon verliert Kunden Eine schwindende Kundenbasis hat Verizon ein Quartalsergebnis unter Markterwartungen beschert. Die Zahl der Vertragskunden sei wegen der starken Konkurrenz durch AT&T und T-Mobile zum Jahresauftakt um 127.000 gefallen, teilte der Mobilfunker aus dem Dow Jones-Index vor dem Börsenstart mit. Dadurch habe sich der Umsatz von Januar bis März um 1,9 Prozent auf 32,9 Milliarden Dollar verringert. Der Free Cash Flow, auf dessen Grundlage Investoren die Höhe der zu erwartenden Dividende abschätzen, verdoppelte sich zwar auf 2,3 Milliarden Dollar. Analysten hatten aber auf 2,7 Milliarden Dollar gehofft. AT&T hatte vergangene Woche bei Umsatz und Cash Flow ebenfalls enttäuscht. 3M streicht weitere 6000 Stellen Der mit Umsatzeinbußen konfrontierte US-Mischkonzern 3M will noch mehr Jobs streichen. Zusätzlich zum bereits bekannten Abbau von 2500 Arbeitsplätzen in der Produktion werden nun weltweit 6000 Stellen, auch in der Verwaltung, gestrichen, wie das Dow-Unternehmen heute in St. Paul mitteilte. In Summe sind das fast zehn Prozent der Belegschaft. Am Ende sollen die jährlichen Kosten vor Steuern um 700 bis 900 Millionen US-Dollar gedrückt werden. Die Aktie stieg zunächst, fiel dann aber mit dem Gesamtmarkt zurück und verlor letztlich 0,66 Prozent. DAX-Anleger in der Warteschleife - Warten auf die "Big Techs" Trotz einer ganzen Fülle neuer Quartalsergebnisse bewegte sich der DAX am Dienstag wie schon zuletzt in sehr engen Bahnen. Der deutsche Leitindex schwankte zwischen 15.794 und 15.891 Punkten und ging am Ende mit einem Miniplus von 0,05 Prozent nahezu unverändert bei 15.872 Punkten aus dem Handel. Der Grund: Die Anleger starrten gebannt gen USA. Dort öffneten nach US-Börsenschluss (ab 22:00 Uhr Mitteleuropäischer Zeit) die Tech-Konzerne Microsoft und Alphabet ihre Bücher. Nach Microsoft und Alphabet am Dienstag am späten Abend folgt Mittwoch der Facebook-Mutterkonzern Meta, am Donnerstag setzt Amazon den Zahlenreigen fort. "Jedes dieser Unternehmen hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass ihre Nachrichten deutliche Auswirkungen auch auf den Gesamtmarkt haben können", betont Jürgen Molnar, Marktstratege RoboMarkets. "Gerade der Nasdaq-Index steht jetzt unter Beobachtung, da die vier Unternehmen zusammen 30 Prozent des Index ausmachen." Sollten die großen Technologiekonzern positiv überraschen, dürfte der DAX die 16.000-Punkte-Marke und das darüber liegende Allzeithoch bei 16.290 Zählern rasch in Angriff nehmen. Enttäuscht Big Tech jedoch, "müsste sich der deutsche Leitindex erst einmal von der psychologischen Marke gen Süden verabschieden", wie IG-Analyst Christian Henke erklärt. Deutsche Bank am DAX-Ende Die trüben Nachrichten aus dem US-Bankensektor lasteten zudem auf der Stimmung. Dies auch nach Quartalszahlen der Schweizer UBS, die bei den Anlegern nicht gut ankamen. Die Schweizer Großbank hat nach der Nothochzeit mit der gestrauchelten Konkurrentin Credit Suisse (CS) Mitte März zwar Milliarden an zusätzlichen Kundengeldern bekommen. Ihr Gewinn halbierte sich allerdings wegen Rückstellungen für einen Rechtsstreit in den USA, wie UBS am Dienstag in Zürich mitteilte. Eine umfassende Strategie zur Integration der CS legte die Bank noch nicht vor. Die UBS-Aktie fiel in Zürich um gut 2,0 Prozent. Angesichts der Nachrichten aus der Bankenbranche gaben im DAX Deutsche Bank als Indexschlusslicht um 3,7 Prozent nach, Commerzbank sanken um 2,7 Prozent. Euro fällt unter 1,10 Dollar Der Euro ist am Nachmittag weiter abgerutscht, nachdem er anfangs noch gegen den Dollar zulegen konnte. Zuletzt kostete die Gemeinschaftswährung im US-Handel nur noch 1,0967 Dollar. Vor gut einer Woche markierte der Euro bei 1,1074 Dollar einen einjährigen Höchststand. Die Feinunze Gold kostet 1988 Dollar. Belastet wurde der Euro durch die Verunsicherung an den Aktienmärkten, wo der Dollar als "sicherer Hafen" gesucht war. Auslöser waren Sorgen um den Bankensektor nach Quartalszahlen der Schweizer UBS und der zuletzt in Schieflage geratenen US-Regionalbank First Republic Bank. Auch Staatsanleihen waren gefragt. Ölpreise erneut tiefer Öl baute seine Verluste aus. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 2,3 Prozent weniger als am Vortag. Tendenzielle Belastung kommt von anhaltenden Sorgen, die USA könnten in absehbarer Zeit in eine Rezession fallen. Daimler Truck überrascht mit hohem Milliardenergebnis Im DAX thronte Daimler Truck mit einem Plus von 2,9 Prozent an der Spitze. Der Lkw-Konzern hat im ersten Quartal deutlich besser abgeschnitten als von Analysten erwartet. Das bereinigte operative Ergebnis (EBIT) lag von Januar bis März bei 1,16 Milliarden Euro, wie der Konzern am Abend mitteilte. Grund dafür sei die starke Nachfrage und höheren Verkaufszahlen im Vergleich zum Vorjahr. Deutsche Börse auf Rekordhoch Die Aktien der Deutschen Börse haben heute wieder an ihre Rekordjagd angeknüpft. Nach der Verschnaufpause zu Wochenbeginn erreichten sie im Verlauf bei 186,35 Euro einen historischen Höchststand und schlossen nur leicht darunter. Die Anteilsscheine des Börsenbetreibers profitierten damit von der Hoffnung auf solide Geschäftszahlen. Der deutsche Leitindex gab leicht nach. Die Deutsche Börse präsentiert am Mittwoch nach Handelsschluss ihre Quartalszahlen. Analysten erwarten ein weiteres starkes Quartal. Das Unternehmen sei auf dem besten Weg ist, seine Ziele zu erreichen. Laut der Bank UBS dürften sich die Anleger auf die zinssensitiven Geschäftsbereiche wie das Verwahrgeschäft der Tochter Clearstream konzentrieren, während für den Handel mit Aktien eine gewisse Schwäche erwartet werde. Thyssenkrupp-Anleger bleiben verunsichert Die Aktien von Thyssenkrupp fanden auch heute keinen Halt. und veerloren weitere gut 2,8 Prozent. Damit droht ihnen der Rutsch unter die für den längerfristigen Trend viel beachtete 200-Tage-Linie. Der Grund für den Kurssturz ist der überraschende und vorzeitige Abgang von Firmenchefin Martina Merz, der die Investoren des Industrie- und Stahlkonzerns verunsichert. Jungheinrich mit Kurssprung Eine Prognoseerhöhung trieb die Aktien von Jungheinrich um über 13 Prozent in die Höhe und an die MDAX-Spitze. Der Gabelstapler-Hersteller hatte seinen Ausblick nach einem starken Jahresauftakt angehoben: Das Unternehmen kalkuliert nun für 2023 mit einem Auftragseingang zwischen 5,0 und 5,4 Milliarden Euro sowie mit einem Umsatz von 5,1 bis 5,5 Milliarden Euro. Varta baut Stellen ab Der schwächelnde Batteriekonzern Varta hat den Abbau Hunderter Stellen angekündigt. Ein im März beschlossenes Restrukturierungsprogramm sehe Kosteneinsparungen von unternehmensweit rund 800 Vollzeitstellen vor, teilte das Unternehmen am Dienstag in Ellwangen (Ostalbkreis) mit. Unterdessen schrieb Varta tiefrote Zahlen im vergangenen Geschäftsjahr. Globale Krisen hätten laut Varta zuletzt die Ergebnisse belastet und entschlossene Maßnahmen notwendig gemacht. Vor allem massive Preissteigerungen bei Energie und Rohstoffen sowie eine eingetrübte Konsumlaune hätten sich auf das Unternehmen ausgewirkt, hieß es. Unter dem Strich fuhr das Unternehmen 2022 einen Verlust von rund 200 Millionen Euro ein. 2021 hatte das im SDAX notierte Unternehmen noch knapp 126 Millionen Euro Gewinn gemacht. Adler Group will Zerschlagung abwenden Der angeschlagenen Immobilien-Investor Adler Group will seine milliardenschweren Schulden ohne einen kompletten Ausverkauf abzahlen. "Wir werden keine Zerschlagung machen", sagte Finanzchef Thomas Echelmeyer in einer Telefonkonferenz. Das Jahr 2022 hatte Adler erneut mit einem Nettoverlust von 1,67 Milliarden Euro abgeschlossen. Unter dem Strich fuhr das Unternehmen einen Verlust von rund 200 Millionen Euro ein. Santander leidet unter Brasilien-Problemen Aktien der spanischen Großbank Santander, einer der größten im Euro-Raum, gaben deutlich nach. Dabei hat die Bank wegen der Zinserhöhungen in Europa ihren Gewinn im ersten Quartal gesteigert. Trotz einer neuen Steuer für Banken in Spanien sei das Nettoergebnis im ersten Quartal um ein Prozent auf 2,57 Milliarden Euro geklettert. Ohne den Steuereffekt wäre der Gewinn gegenüber dem Vorjahresquartal um zehn Prozent gestiegen. Doch ein schwaches Geschäft in Brasilien, das in der Vergangenheit ein verlässlicher Gewinnbringer für Santander war, verunsicherte die Anleger. In Brasilien brach der Nettogewinn wegen gestiegener Kosten und einem sinkenden Zinsüberschuss um 25 Prozent ein. Banken in Europa profitieren aktuell von den Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB), da sie die Zinsen, die sie für Kredite in Rechnung stellen, schneller erhöhen als die Zinsen, die sie auf die Einlagen ihrer Kunden zahlen müssen. Der bereinigte Zinsüberschuss stieg konzernweit um 15 Prozent auf 10,19 Milliarden Euro. PepsiCo hebt Ziele an Der US-Getränkeriese PepsiCo hat nach einem guten Start ins neue Jahr seine Ziele angehoben. Für 2023 peilt Konzernchef Ramon Laguarta nun ein organisches Umsatzwachstum von acht Prozent an. Zuvor war das Unternehmen nur von sechs Prozent ausgegangenen. Der Gewinn je Aktie (EPS) soll bei konstanten Wechselkursen in diesem Jahr um neun Prozent zulegen statt wie zuvor angepeilt um acht Prozent, wie der Coca-Cola-Konkurrent in Purchase (US-Bundesstaat New York) mitteilte. 2022 war der Gesamterlös auf 86,4 Milliarden US-Dollar (80,5 Mrd Euro) gestiegen, der Gewinn je Aktie auf 6,79 Dollar. Im ersten Quartal stieg der Konzernumsatz um gut zehn Prozent auf 17,85 Milliarden Dollar, nachdem PepsiCo für Snacks wie Doritos und Lay's sowie Getränke wie Pepsi die Kunden tiefer in die Tasche greifen ließ. Das alles kommt gut an bei den Anlegern, die Aktie stieg 2,27 Prozent. Mehr Kunden bei Spotify Der Musikstreaming-Marktführer Spotify hat im vergangenen Quartal mehr Nutzer als erwartet dazugewonnen - steckt aber tief in den roten Zahlen. Unterm Strich fiel ein Quartalsverlust von 225 Millionen Euro an nach 131 Millionen Euro Gewinn ein Jahr zuvor. Der Umsatz stieg unterdessen um 14,3 Prozent auf 3,04 Milliarden Euro, wie Spotify heute mitteilte. Für höhere Kosten habe unter anderem die höhere Mitarbeiterzahl nach dem Job-Aufbau im vergangenen Jahr gesorgt - sowie Abfindungen nach im Januar eingeleiteten Entlassungen. UPS enttäuschen Die Anteilsscheine des Paketdienstleisters UPS verloren deutlich 9,99 Prozent. Der Logistik-Konzern und Konkurrent der Deutschen Post vermeldete für das erste Quartal einen Rückgang des Umsatzes um sechs Prozent auf 22,9 Milliarden Dollar. Auch der Rivale FedEx verlor XX Prozent, Deutsche Post fielen im DAX um 2,5 Prozent. Die meisten Investoren hatten zwar eine Verlangsamung erwartet, aber es ist auch eine Frage davon, wie langsam wir gehen", sagte Joe Saluzzi, Manager beim Brokerhaus Themis. GM und Samsung SDI planen wohl US-Batteriefabrik Der US-Autobauer General Motors und der südkoreanische Batterie-Hersteller Samsung SDI wollen Insidern zufolge ein Batteriewerk in den USA errichten. Das Joint Venture werde voraussichtlich mehr kosten als die 2,6 Milliarden Dollar teure Batteriezellenfabrik von GM und LG Energy im US-Bundesstaat Michigan, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. General Motors hat sich derweil zu Jahresanfang dank höherer Verkaufspreise besser geschlagen als erwartet und hebt die Jahresprognose an. Der US-Autobauer komme bei der angekündigten Senkung der Kosten schneller voran als gedacht, sagte Finanzchef Paul Jacobson heute bei der Präsentation der Quartalsbilanz. GM hat sich vorgenommen, die Fixkosten bis 2024 um zwei Milliarden Dollar zu senken. Soweit man derzeit absehen könne, halte auch die Fahrzeugnachfrage an, von der GM durch lukrative Pickups und SUV profitiert Nestlé profitiert deutlich von Preiserhöhungen Der Nahrungsmittelriese Nestlé macht dank Preiserhöhungen Kasse. Der Umsatz kletterte im ersten Quartal um 5,6 Prozent auf 23,5 Milliarden Franken. Das organische Wachstum lag bei 9,3 Prozent. Dabei habe die Tierfuttermarke Purina am meisten zum Wachstum beigetragen, ebenso Kaffee und Süßwaren. Die Preise erhöhte der Konzern über die gesamte Gruppe hinweg um 9,8 Prozent. Novartis schraubt Prognose nach oben Der Schweizer Pharmakonzern Novartis hebt seine Jahresprognose an. Demnach soll der Umsatz 2023 währungsbereinigt um einen mittleren einstelligen Prozentbetrag steigen und das bereinigte Betriebsergebnis um einen hohen einstelligen Prozentbetrag. Im ersten Quartal hatte Novartis unter dem Strich mit 2,29 Milliarden Dollar drei Prozent mehr Reingewinn gemacht.
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2023-04-25
Bundeswehr beendet Evakuierungseinsatz
Sudan
Die Bundeswehr hat am Abend ihre Evakuierungsflüge im umkämpften Sudan beendet. Mehr als 600 Menschen flog sie aus dem afrikanischen Land aus. Die Möglichkeit weiterer Einsätze will man sich aber offenhalten. mehr
Die Bundeswehr hat am Abend ihre Evakuierungsflüge im umkämpften Sudan beendet. Mehr als 600 Menschen flog sie aus dem afrikanischen Land aus. Die Möglichkeit weiterer Einsätze will man sich aber offenhalten. Die Bundeswehr hat ihre Evakuierungen im afrikanischen Konfliktland Sudan nach drei Tagen beendet. Am Nachmittag hatte zunächst ein sechster Evakuierungsflug den Sudan verlassen. Am Abend teilte die Bundeswehr auf Twitter mit, sei eine weitere Maschine mit knapp 120 Menschen in Jordanien gelandet. Die Weiterreise nach Deutschland werde vorbereitet, hieß es. Die Streitkräfte würden zurück nach Deutschland verlegt, "bleiben jedoch reaktionsfähig", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung des Verteidigungsministeriums und des Auswärtigen Amts. Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte dem ARD-Hauptstadtstudio: "Dann war’s das erstmal. So weit wir den Überblick haben durch das Auswärtige Amt sind damit alle, die erreichbar waren, auch erreicht worden und haben sich auf dem Weg zum Flughafen gemacht." Deutsche, die noch im Sudan sind und es bislang nicht zum Flughafen geschafft haben, sollten in den kommenden Tagen bei Evakuierungsflügen anderer Länder mitgenommen werden. Baerbock und Pistorius danken zivilen und militärischen Kräften Bis zum Nachmittag waren bereits rund 520 Menschen von der Bundeswehr in sechs Flügen nach Jordanien evakuiert worden, unter ihnen rund 170 Deutsche. Rund 1000 Soldatinnen und Soldaten seien im Einsatz gewesen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Pistorius dankten allen zivilen und militärischen Kräften. Baerbock sprach von "Mut, Teamwork und unermüdlicher Einsatzbereitschaft von vielen hundert Beteiligten in Bundeswehr, Bundespolizei und Auswärtigem Amt". Verteidigungsminister Pistorius hob die Leistung der Soldatinnen und Soldaten hervor. "Auf die Truppe können wir gemeinsam stolz sein", sagte er. "Sie hat aus dem Stand funktioniert und alle Anforderungen erfüllt." Abstimmung über Mandat am Mittwoch Die Bundesregierung will sich die Möglichkeit offenhalten, die Mission bis Ende Mai fortzuführen: Über ein entsprechendes Mandat soll der Bundestag am Mittwoch abstimmen. Bis zu 1600 Soldatinnen und Soldaten sollen sich theoretisch daran beteiligen können. Eine Obergrenze, die zeitlich beschränkt auch überschritten werden kann - aber wohl nicht wird, wie Pistorius klarstellte. "Das ist die absolute Obergrenze. Wir gehen nicht davon aus, dass wir in einer halbwegs einschätzbaren Situation überhaupt da hinkommen oder darüber hinausgehen müssen. Und der 31. Mai ist eine Absicherung nach hinten, damit wir jederzeit mit einer schnellen Luftabholung runterkönnen“, erläuterte der SPD-Politiker. Dann will sich die Regierung auch nachträglich die Genehmigung für die jetzige Mission erteilen lassen. Wegen der akuten Gefahrensituation war die Bundeswehr-Mission am Sonntag zunächst ohne die eigentlich erforderliche parlamentarische Zustimmung gestartet worden. Die "anhaltende Gewalteskalation in weiten Landesteilen sowie in der Hauptstadt Khartum" habe ein Eingreifen der Bundeswehr erforderlich gemacht, schreibt die Bundesregierung in ihrem Antrag. Ziel der Bundeswehr-Mission sei es, "Leib und Leben deutscher Staatsangehöriger und weiterer berechtigter Personen" zu schützen. Union kritisiert Unklarheiten im Mandatsantrag Bei der Abstimmung über das Einsatzmandat ist mit einer deutlichen Mehrheit zu rechnen. Die oppositionelle Union deutete die Bereitschaft zur Zustimmung an, kritisierte allerdings die Informationspolitik der Bundesregierung sowie einige Unklarheiten im Mandatsantrag. Die Union habe "mit einigem Befremden gesehen, dass der Text bereits in den Medien war, bevor wir ihn bekommen haben", sagte Fraktionschef Friedrich Merz (CDU). Es gebe aber "grundsätzlich bei uns immer die Bereitschaft, Bundeswehreinsätzen zuzustimmen". CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte einige Klärungen in dem Mandatsantrag. Die bisherige Fassung sei "unzureichend und ungenügend". Der Chef des "Patenschaftsnetzwerks Afghanische Ortskräfte" beklagte im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio, es seien keinerlei Vorkehrungen für die lokalen Beschäftigten getroffen worden, die man nun zurücklasse. Pessimistische Einschätzung für Sudan Was die aktuelle politische Perspektive für den Sudan angeht, äußert die Bundesregierung in ihrem Mandatsantrag eine pessimistische Einschätzung. "In den letzten Tagen hat sich die Sicherheits- und Bedrohungslage in Sudan dramatisch verschlechtert", heißt es in dem Text. Der durch die internationale Gemeinschaft unterstützte innersudanesische Einigungsprozess sei weit zurückgeworfen. Trotz einer seit Mitternacht geltenden Waffenruhe ist es in der Hauptstadtregion des Sudans laut Medienberichten erneut zu Luftangriffen gekommen. Dabei soll die Stadt Omdurman, die unmittelbar an die Hauptstadt Khartum angrenzt, in den Fokus gerückt sein. Eine Reporterin der Nachrichtenagentur dpa berichtete, dass bei den Gefechten auch ein Krankenhaus getroffen wurde. Bereits am Montag hieß es, dass der UN-Sicherheitsrat laut Diplomatenkreisen am Nachmittag New Yorker Zeit zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen wollte. Mit Informationen von Kai Küstner, ARD-Hauptstadtstudio
/ausland/afrika/sudan-evakuierungen-106.html
2023-04-25
++ Russland will ISS-Beteiligung verlängern ++
Russlands Krieg gegen die Ukraine
Russland will seine Beteiligung an der Internationalen Raumstation ISS trotz Spannungen mit dem Westen bis 2028 fortsetzen. Die Ukraine soll einen weiteren EU-Hilfskredit über 1,5 Milliarden Euro erhalten. Alle Entwicklungen von Dienstag zum Nachlesen im Liveblog. mehr
Russland will seine Beteiligung an der Internationalen Raumstation ISS trotz Spannungen mit dem Westen bis 2028 fortsetzen. Die Ukraine soll einen weiteren EU-Hilfskredit über 1,5 Milliarden Euro erhalten. Alle Entwicklungen von Dienstag zum Nachlesen im Liveblog. Russland will Beteiligung an ISS verlängernVon der Leyen kündigt neue Milliardenauszahlung anRussland droht mit Aus für GetreideabkommenPolen: Neue EU-Sanktionen frühestens ab Mitte Mai Ende des heutigen Liveblogs Hiermit schließen wir den Liveblog für heute und wünschen eine gute Nacht. Ukraine will sechs vom Krieg zerstörte Orte völlig neu aufbauen Die ukrainische Regierung hat in einem Pilotprojekt den Neubau von sechs im Krieg zerstörten Ortschaften nach neuesten technologischen und ökologischen Standards angekündigt. Sie würden "besser als zuvor" wieder aufgebaut, teilte Regierungschef Denys Schmyhal auf einer Kabinettssitzung mit. Unter den Siedlungen ist auch der von russischen Truppen zeitweise besetzte Kiewer Vorort Borodjanka, dessen Ruinen zu einem der Symbole des zerstörerischen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wurden. Neben Borodjanka sollen auch Moschtschun (beide im Gebiet Kiew), Trostjanez (Gebiet Sumy), Possad-Pokrowske (Gebiet Cherson), Zyrkuny (Gebiet Charkiw) und Jahidne (Gebiet Tschernihiw) nach "neuen Prinzipien" wiedererrichtet werden, sagte Schmyhal. Schmyhal versprach, dass bei einem Erfolg des Experiments auch andere Ortschaften so aufgebaut würden. Das Geld soll aus einem Wiederaufbaufonds kommen. Innerhalb der gut 14 Monate seit dem russischen Einmarsch sollen ukrainischen Zählungen nach über 130.000 Eigenheime und mehr als 17.000 Mehrfamilienhäuser beschädigt oder zerstört worden sein. Die schwersten Kämpfe fanden jedoch in den von Russland eroberten Gebieten in der Ostukraine statt. Streit um Getreideabkommen - Lawrow erhebt Vorwürfe gegen den Westen Russland droht, das internationale Getreideabkommen über die Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine aufzulösen. Dafür macht der russische Außenminister Sergej Lawrow auch den Westen verantwortlich. Russlands Wirtschaftsinteressen, wie etwa der Export von Dünger, würden in dem Abkommen nicht berücksichtigt. Zudem würden nur etwa drei Prozent aller Getreideausfuhren aus der Ukraine an ärmere Länder gehen, kritisierte Lawrow - was nicht Sinn des Abkommens sei. Damit würde der Westen nichts tun, um die globale Hungerkrise zu bekämpfen. Russland will sich bis 2028 an ISS beteiligen Trotz der massiven Spannungen mit westlichen Staaten infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine will Russlands Raumfahrtbehörde Roskosmos seine Beteiligung an der Internationalen Raumstation ISS fortsetzen. Diese solle bis 2028 verlängert werden. Das habe Behördenchef Juri Borissow per Brief an die USA, an Europa, Kanada und Japan versichert, teilte Roskosmos selbst mit. Damit verwirft Russland seinen zuvor angekündigten Kurz, die gemeinsame Zusammenarbeit nach 2024 aufzukündigen und stattdessen eine eigene Orbitalstation aufbauen zu wollen. Entsprechende Pläne hat die Raumfahrtbehörde bereits ausgearbeitet. Doch bisher gibt es nur Entwürfe für eine solche Station, deren Kosten der Nachrichtenagentur dpa zufolge auf rund 6,7 Milliarden Euro geschätzt werden. Zudem kann die erste russische Besatzung voraussichtlich erst 2028 zu der geplanten Station fliegen. Auch NASA-Chef Bill Nelson sieht Russen und Amerikaner bis 2030 gemeinsam auf der Raumstation. Der NASA-Administrator verurteilte am Dienstag die Invasion des russischen Präsidenten Putin in der Ukraine, sagte jedoch in Ottawa, er erwarte, dass Russen und Amerikaner an der ISS zusammenarbeiten, bis sie außer Dienst gestellt wird. Ukraine fordert neue Sanktionen gegen Russland Die von Russland überfallene Ukraine hat neue Vorschläge für härtere Sanktionen gegen den Kriegsgegner gemacht. Der über 30 Seiten umfassende sogenannte "Action Plan 2.0" wurde vom Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, vorgestellt. Darin wird vor allem eine Senkung des Höchstpreises für den Kauf von russischem Erdöl der Marke Urals von 60 auf 45 US-Dollar (umgerechnet etwa 41 Euro) pro Barrel gefordert. Zusätzlich sollen von den Staaten der westlichen Sanktionskoalition Importsteuern für russisches Erdöl und Erdgas eingeführt werden. Die Einnahmen sollen den geplanten Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg finanzieren helfen. Zu den Forderungen gehört ein komplettes Embargo auf den Import von russischen Metallen und Diamanten. Bei Gold solle es stärkere Kontrollen bei Goldimporten über Drittstaaten geben. UN-Kommissariat verlangt Untersuchung von Audio-Aufnahmen Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hat eine Untersuchung verstörender Audio-Aufnahmen aus dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gefordert. Die Behörden beider Länder müssten aktiv werden, verlangte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte in Genf. Auf einer Aufnahme sei mutmaßlich ein ukrainischer Soldat zu hören, der die Hinrichtung eines Söldners der russischen Wagner-Miliz befiehlt. Eine andere Aufnahme gebe mutmaßlich den Chef der Wagner-Gruppe wieder, der andeutet, dass seine Einheiten keine Kriegsgefangenen während der Gefechte mehr machen würden. Falls die Aufnahmen authentisch seien, handele es sich um Aufrufe zu Kriegsverbrechen. Die Streitkräfte beider Seiten müssten sich strikt an das humanitäre Völkerrecht halten, das eine menschliche Behandlung von Kriegsgefangenen vorschreibt. Die Aufnahmen seien am Sonntag auf sozialen Medien erschienen. Ukraine wirft Lawrow "Heuchelei" vor Die Ukraine hat Russlands Außenminister Sergej Lawrow nach dessen Äußerungen beim UN-Sicherheitsrat "Heuchelei" vorgeworfen. "Ein kompletter Heuchelei-Zirkus. Lawrow hat den Vorsitz des UN-Sicherheitsrats, verteidigt den Krieg, die Massaker, die totale Zerstörung... mit dem 'Völkerrecht'", erklärte der ukrainische Präsidentenberater Michailo Podoljak. Lawrow hatte am Montag eine Sitzung des Sicherheitsrates zum Thema "Verteidigung der UN-Prinzipien" geleitet. Russland "demütigt Demokratie, Freiheit, Konventionen zutiefst", schrieb Podoljak auf Twitter. Die Echtheit des Beitrags wurde AFP von offizieller Stelle in Kiew bestätigt. Social-Media-Beitrag auf Twitter von Михайло Подоляк: "An impeccable hypocrisy fair. Lavrov chairs the UNSC justifying war, mass killings, total destruction... with "international law". RF plainly humiliates democracy, freedom, conventions. And? Interesting? Do you like being humiliated? Russia must be designated a sponsor of…" Medwedew warnt vor Unterschätzung der Atommacht Russland Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew hat den Westen davor gewarnt, Russlands Bereitschaft zu einem Einsatz seiner Atomwaffen im Ernstfall zu unterschätzen. Die Atommacht könne diese Waffen anwenden, wenn ihre Existenz durch einen Angriff in Gefahr sei, sagte Medwedew in einem Rüstungsbetrieb, der Raketen herstellt. "Die Antwort auf solche Handlungen ist die Anwendung von Atomwaffen", sagte der Vizechef des russischen Sicherheitsrates, während er von dort zu einem Moskauer Forum für Jugendliche und Schüler zugeschaltet wurde. "Unsere potenziellen Gegner sollten das nicht unterschätzen", betonte Medwedew ausdrücklich mit Blick etwa auf Sichtweisen im Westen, dass Russland nur drohe, bluffe und nicht ernsthaft bereit sei, in der Konfrontation mit der Nato und dem Westen um die Ukraine Atomwaffen einzusetzen. Gemeinsame Gaseinkäufe in der EU nehmen Gestalt an Die gemeinsamen Gaseinkäufe in der EU nehmen Gestalt an. Seit heute können europäische Unternehmen ihren Gasbedarf auf einer Plattform anmelden, um am ersten gemeinsamen Gaseinkauf der EU teilzunehmen, teilte die EU-Kommission in Brüssel mit. Das sei ein wichtiger Meilenstein für die EU, um sich auf den nächsten Winter vorzubereiten. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs und stark gestiegener Energiepreise hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, die Gasspeicher 2023 koordiniert zu füllen. Die geballte Marktmacht der EU soll für niedrigere Preise sorgen. Außerdem soll vermieden werden, dass sich die EU-Staaten gegenseitig überbieten, wie es 2022 passiert war. Die EU-Länder hatten zugesagt, für 15 Prozent ihrer nationalen Speicherziele Angebote über die Plattform einzuholen. Tote und Verletzte nach russischem Raketenangriff auf Kupjansk Bei dem russischen Raketenangriff sind in der ostukrainischen Stadt Kupjansk im Gebiet Charkiw mindestens zwei Menschen getötet und zehn verletzt worden. "Das terroristische Land tut alles, was es kann, um uns vollständig zu zerstören: unsere Geschichte, unsere Kultur, unser Volk, indem es Ukrainer mit absolut barbarischen Methoden tötet", schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj. Zuvor hatte nach Angaben der Behörden des Gebiets Charkiw eine russische Rakete unter anderem das örtliche Heimatkundemuseum getroffen. Kupjansk wurde nach dem Einmarsch Russlands vor gut 14 Monaten von russischen Truppen besetzt. Im vergangenen September wurde die Stadt, die vor dem Krieg mehr als 26 000 Einwohner hatte, von der ukrainischen Armee befreit. Die Frontlinie verläuft derzeit etwa sieben Kilometer nordöstlich von Kupjansk. Brasiliens Präsident Lula kritisiert Russlands Angriff auf Ukraine Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat zum Abschluss seines Staatsbesuchs in Portugal Russlands Angriff auf die Ukraine kritisiert. "Wir verurteilen die territoriale Verletzung der Ukraine und glauben an eine internationale Ordnung, die auf Recht und der Achtung nationaler Souveränität basiert", sagte er im Parlament in Lissabon am 49. Jahrestag der sogenannten Nelkenrevolution, mit der Portugal zur Demokratie zurückkehrte. "Eine Militärpolitik, die sich gegen ein für seine Freiheit kämpfendes Volk richtet, wird niemals siegen können", sagte Lula. Trotz seiner Kritik an Russland forderte Lula, der sich mit China als Vermittler ins Spiel bringen möchte, keinen Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine. Stattdessen bekräftigte er seine Forderung nach Friedensgesprächen. Der Krieg könne "nicht unendlich weitergehen". Österreich: Mehr ukrainische Schlepper seit Kriegsbeginn Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sind Ukrainer laut österreichische Behörden verstärkt als Schleuser tätig. Von den 712 mutmaßlichen Schleppern, die im Vorjahr in Österreich festgenommen wurden, seien mehr als 50 Ukrainer gewesen, sagte der oberste Schlepperei-Bekämpfer im Innenministerium, Gerald Tatzgern. Die Zahl der festgenommenen Schleuser lag voriges Jahr 61 Prozent über dem Wert von 2021. Die meisten Verdächtigen stammten aus Syrien, der Türkei, der Ukraine, Rumänien und Österreich. Im Bericht für das Jahr 2021 wurde die Ukraine noch nicht unter den wichtigsten Herkunftsländern von mutmaßlichen Schleppern gelistet. Selenskyj: Toter und Verletzte bei Beschuss von Museum Russische Militärs haben nach ukrainischen Angaben ein Museum in der ostukrainischen Stadt Kupiansk beschossen. Dabei seien mindestens ein Mensch getötet und zehn weitere verletzt worden, sagt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Zudem gebe es noch Vermisste unter den Trümmern. Der Stabschef des Präsidenten erklärte, das Gebäude sei von einer russischen S-300-Rakete getroffen worden. Selenskyj postete ein Video, auf dem ein zerstörtes Gebäude zu sehen war. Kupiansk liegt in der Region Charkiw und ist ein Eisenbahn-Knotenpunkt. Social-Media-Beitrag auf Twitter von Володимир Зеленський: "Kupyansk, local history museum. 🇷🇺 missile strike. So far, it is known about the dead employee of the museum and ten wounded. There are still people under the rubble.The terrorist country is doing everything to destroy 🇺🇦 completely. We have no right to forget about it for a… pic.twitter.com/U2bt5RtxnL" Finnland: Importstopp für ukrainisches Getreide nutzt Russland Die Maßnahmen einzelner EU-Staaten gegen Lebensmittelimporte aus der Ukraine helfen nach Ansicht des finnischen Agrarministers Russland. Die von Staaten wie Ungarn, Polen und Bulgarien ergriffenen Importeinschränkungen könnten die Geschlossenheit der EU infrage stellen, sagte Antti Kurvinen vor einem Treffen mit seinen EU-Amtskolleginnen und -kollegen in Luxemburg. "Es ist nicht sehr vernünftig, einerseits die Ukraine stark zu unterstützen und andererseits ihren Export zu blockieren." Russland macht die EU unter anderem für Probleme auf dem Weltmarkt für Getreide verantwortlich. Vor rund zehn Tagen hatten Polen, Ungarn, die Slowakei und Bulgarien den Import von Getreide aus der Ukraine vorläufig eingeschränkt. Die osteuropäischen Länder begründeten dies unter anderem mit Problemen der eigenen Landwirte durch die günstige Konkurrenz durch die ukrainischen Produkte. Auf diese werden aus Solidarität mit dem Land derzeit keine Zölle erhoben. Von der Leyen kündigt neue Milliardenauszahlung an Ukraine an Die Ukraine erhält einen neuen EU-Hilfskredit über 1,5 Milliarden Euro. Wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mitteilte, ist er Teil des bis zu 18 Milliarden Euro umfassenden Darlehensprogramms, das im Dezember von den EU-Mitgliedstaaten für dieses Jahr vereinbart wurde. "Wir werden der Ukraine weiterhin helfen, der russischen Aggression zu widerstehen, ihre Institutionen und Infrastruktur am Laufen zu halten und entscheidende Reformen durchzuführen", kommentierte von der Leyen. Mit den Finanzhilfen will die EU es dem ukrainischen Staat ermöglichen, weiter Löhne und Renten zahlen zu können. Zudem soll der Betrieb von Krankenhäusern, Schulen und Notunterkünften garantiert werden. Darüber hinaus kann das Geld auch genutzt werden, um zerstörte Infrastruktur wiederherzustellen. Die Kredite sind an 20 Reformzusagen und Berichtspflichten geknüpft. Bei ihnen geht es beispielsweise um Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung. Selenskyj verurteilt "barbarischen" russischen Angriff auf Museum Nach dem Angriff auf ein Museum in der ostukrainischen Stadt Kupjansk hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Russland vorgeworfen, die Geschichte und Kultur der Ukraine auslöschen zu wollen. Russland "tötet Ukrainer mit absolut barbarischen Methoden" und "tut alles, um uns komplett zu zerstören", erklärte Selenskyj auf Telegram. Nach seinen Angaben wurden bei dem Angriff ein Mensch getötet und zehn weitere verletzt. Selenskyj teilte ein Video mit Menschen in Militäruniformen, die durch Schutthaufen eines teilweise zerstörten Gebäudes laufen. "Es sind noch Menschen unter den Trümmern", schrieb der Präsident.  Die Ukraine hatte Kupjansk, ein wichtiges Eisenbahn-Drehkreuz im Nordosten des Landes, im September von russischen Truppen zurückerobert. Aus Angst vor erneuten russischen Versuchen, die Stadt einzunehmen, wurde Anfang März die Evakuierung Kupjansks angeordnet.  Ukraine holt 138 Menschen aus dem Sudan nach Ägypten Die Ukraine hat 138 Menschen aus der umkämpften sudanesischen Hauptstadt Khartum ins benachbarte Ägypten gebracht. Davon seien 87 ukrainische Staatsbürger gewesen, teilte der Militärgeheimdienst in Kiew mit. Es habe sich hauptsächlich um Piloten, Techniker und deren Familien gehandelt. Ebenso seien Georgier und Peruaner mit Bussen in das Nachbarland gelangt. Die Ukrainer seien medizinisch versorgt und mit erforderlichen Dokumenten ausgestattet worden und könnten alsbald die Heimreise antreten. In der Ukraine selbst herrscht seit über 14 Monaten infolge eines russischen Einmarsches Krieg. Im nordostafrikanischen Sudan brachen vor mehr als einer Woche Kämpfe zwischen Paramilitärs und Regierungstruppen aus. Derzeit ist offiziell eine Feuerpause in Kraft. Medwedew: Neuer Weltkrieg könnte bevorstehen Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew zufolge könnte ein neuer Weltkrieg bevorstehen. "Die Welt ist krank und steht möglicherweise am Rande eines Weltkriegs", sagte der langjährige Vertraute von Russlands Präsident Wladimir Putin bei einer Konferenz in Moskau. So ein Krieg ließe sich vermeiden, aber die Gefahr einer nuklearen Konfrontation steige. Das sei ernster zu nehmen als der Klimawandel, so Medwedew. Macron kritisiert Äußerungen von chinesischem Botschafter Der französische Präsident Emmanuel Macron hat Äußerungen des chinesischen Botschafters in Frankreich zum Status von Ex-Sowjetrepubliken kritisiert. "Ich glaube nicht, dass es einem Diplomaten zusteht, eine solche Sprache zu benutzen", sagte Macron im belgischen Ostende in einem Interview des Senders TFI Info. Botschafter Lu Shaye hatte gegenüber dem französischen Sender LCI auf die Frage nach dem Status der von Russland völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Halbinsel Krim die Souveränität der Ex-Sowjetstaaten in Frage gestellt: "Mit Blick auf das Völkerrecht haben selbst diese Länder der ehemaligen Sowjetunion nicht den Status - wie sagt man - der im Völkerrecht effektiv ist, weil es kein internationales Abkommen gibt, um ihren Status als souveränes Land zu konkretisieren." Die chinesische Regierung machte anschließend deutlich, dass sie die Souveränität der ehemaligen Sowjetrepubliken anerkenne. Umfrage: Mehrheit glaubt nicht an Vermittlerrolle Pekings Eine klare Mehrheit der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger glaubt nicht daran, dass China als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine dazu beitragen könnte, den Krieg zu beenden. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Zeitschrift "Internationale Politik" antworteten zwei Drittel (66 Prozent) der Befragen auf eine entsprechende Frage mit Nein. Nur ein knappes Drittel (31 Prozent) hält dies für möglich. Mit "weiß nicht" antworteten drei Prozent. China hatte im Februar in einem Zwölf-Punkte-Positionspapier zur politischen Lösung des Ukraine-Konflikts unter anderem zu einem Waffenstillstand und einer Wiederaufnahme von Verhandlungen aufgerufen. Das Dokument war im Westen kritisch aufgenommen worden, weil es keine Initiative zur Lösung des Konflikts erkennen ließ, die russische Invasion nicht verurteilte und mit Kritik am Westen eher Russlands Argumentation wiedergab. Peking gibt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach wie vor Rückendeckung. In der Forsa-Umfrage gibt es zur Frage einer Vermittlung Chinas kaum Differenzen zwischen Ost- und Westdeutschland. Frauen glauben allerdings mit 25 Prozent deutlich weniger an eine Vermittlerrolle Pekings als Männer mit 36 Prozent. Mit Blick auf die Parteienpräferenz zeigt sich, dass AfD-Anhänger mit 49 Prozent außergewöhnlich stark an eine Rolle Chinas als Vermittler glauben - aber auch hier antworten 51 Prozent der Befragten mit Nein. Anhänger von CDU und CSU sind mit 72 Prozent am skeptischsten gegenüber einer Vermittlerrolle, gefolgt von jenen der SPD (70 Prozent), Grünen (68 Prozent) und FDP (62 Prozent). Russland: Ukrainischer Angriff auf Schwarzmeerflotte bedroht Getreide-Deal Die Ukraine gefährdet nach Ansicht Russlands mit dem Angriff auf die russische Schwarzmeerflotte in Sewastopol auf der annektierten Halbinsel Krim die Fortsetzung des Getreideabkommens. "Die terroristischen Aktionen des Kiewer Regimes bedrohen die nächste Verlängerung des Getreideabkommens über den 18. Mai dieses Jahres hinaus", teilte das russische Verteidigungsministerium auf Telegram mit. Eine Analyse der Flugroute der abgeschossenen ukrainischen Marinedrohnen habe ergeben, dass diese aus dem Gebiet des Krim-Hafens Odessa stammen, der für die Umsetzung der Getreideinitiative vorgesehen ist. Zuvor hatte bereits Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew mit einer Aufkündigung des Abkommens gedroht, falls die Gruppe der sieben führenden Industriestaaten (G7) ein nahezu vollständiges Verbot für Exporte nach Russland beschließen sollte. In einem solchen Fall werde das Getreideabkommen enden, ebenso wie der Fluss von vielen anderen russischen Lieferungen, auf die die G7-Staaten angewiesen wären, schrieb der langjährige Putin-Vertraute in einem Beitrag auf seinem Telegram-Kanal. Polen: Neue EU-Sanktionen gegen Russland frühestens ab Mitte Mai Eine neue Runde von Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland ist nach den Worten des polnischen Außenministers Zbigniew Rau erst gegen Ende des kommenden Monats wahrscheinlich. "Das ist alles noch in der Diskussionsphase", sagte Rau. Die Verabschiedung eines elften Sanktionspakets seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine vor 14 Monaten sei nicht früher als "spät im Mai" zu erwarten. Polen hat in diesem Monat einen Vorschlag für neue Sanktionen gegen Russland vorgelegt, darunter ein Verbot von weiteren Öl- und Diamantenimporten. Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen
/newsticker/liveblog-ukraine-dienstag-241.html
2023-04-25
Kostenexplosion bei Spionageschiffen
Bundeswehr
Trotz Warnungen des Bundesrechnungshofs vergab der Bund einen umstrittenen Auftrag für drei Schiffe an eine Bremer Werft. Nach Recherchen von WDR, NDR und "SZ" soll sich der Bau nun um fast 800 Millionen Euro verteuern.  mehr
Trotz Warnungen des Bundesrechnungshofs vergab der Bund einen umstrittenen Auftrag für drei Schiffe an eine Bremer Werft. Nach Recherchen von WDR, NDR und "SZ" soll sich der Bau nun um fast 800 Millionen Euro verteuern.  Als das Gas der Pipelines Nord-Stream 1 und 2 in die Ostsee sprudelte, gab die damalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) ein Pressestatement ab: Die Beschädigung der Pipelines zeige, wie wichtig eine starke Marine für die Sicherheit des Landes sei. In diesem Sinne treibe die Bundeswehr die Modernisierung der Marine voran, unter anderem mit dem Bau von Flottendienstbooten - quasi ein anderes Wort für Spionageschiffe.  Tatsächlich hat das Verteidigungsministerium im vergangenen Sommer den Bau solcher Aufklärungsschiffe in Auftrag gegeben. Die Kriegsschiffe sollen mit modernster Spionagetechnik, Abhöranlagen, Radaren und weiteren Sensoren ausgestattet sein, das erste soll ab 2026 in See stechen - um dort etwa erfassen zu können, welche fremden U-Boote sich in den Tiefen der Gewässer bewegen und Kommunikation abzufangen.  Chaotische Umsetzung Doch so militärisch sinnvoll die neuen Spionageschiffe sein mögen, so chaotisch läuft bislang die Umsetzung des Milliardenauftrags, der im vergangenen Sommer an die Bremer Werft "Naval-Vessels-Lürssen" (NVL) ging. Kurz vor der Bundestagswahl 2021 hatte das Parlament den Auftrag mit einem Volumen von rund zwei Milliarden Euro noch recht pauschal vergeben und dabei weitgehend darauf verzichtet, spezifische Vorgaben zu machen, was genau eigentlich vom Leistungsumfang gedeckt sein sollte. Auf eine konkrete Bauspezifikation etwa wurde zunächst verzichtet. Den Abgeordneten war damals wichtig, dass das gigantische Rüstungsprojekt in Gang kommt. Seither soll es hinter den Kulissen Streit geben um die Ausgestaltung des Vertrages.  680 Millionen Euro Mehrkosten - netto Nach Recherchen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" liegt jetzt eine Neuberechnung mit einer massiven Kostenexplosion vor: War das Rüstungsprojekt mit einem Auftragsvolumen von rund zwei Milliarden Euro ohnehin bereits stattlich ausgestattet, so gehen die Hersteller inzwischen von weiteren Mehrkosten in Höhe von etwa 680 Millionen Euro aus - plus Mehrwertsteuer. Insgesamt könnten damit weitere Kosten in Höhe von fast 800 Millionen Euro auf die Steuerkasse zukommen. Grund dafür sollen allgemeine Kostensteigerungen aufgrund der Inflation sein, aber auch Anpassungen an den Auftrag.  Eine Kostensteigerung von 800 Millionen Euro? Bei einem Vertrag, der eigentlich einen Festpreis vorsah? Das Bundesverteidigungsministerium, inzwischen unter der Führung von Boris Pistorius (SPD), möchte dies auf Anfrage nicht erklären und verweist an das Koblenzer Bundesamt für Beschaffung (BAAINBw). Von dort heißt es: "Das laufende Verfahren wird erst mit erneuter parlamentarischer Befassung abgeschlossen werden können." Fragen zu den Mehrkosten könne man deshalb nicht beantworten. Die NVL-Werft ließ eine Anfrage unbeantwortet.  Bundesrechnungshof warnte früh Dabei kommt die Kostenexplosion nicht unerwartet. Bereits im Januar berichteten WDR, NDR und "SZ" erstmals, dass der Bundesrechnungshof "erhebliche" Bedenken bei der Vergabe des Milliardendeals geltend gemacht hatte. Die unabhängigen Prüfer kontrollieren bei derartigen Milliardenaufträgen des Bundes regelmäßig auf Wirtschaftlichkeit und Rechtmäßigkeit. Im Fall der Spionageschiff-Vergabe störten sich die Kontrolleure vor allem an der Vertragskonstruktion. Der Deal mit "Naval-Vessels-Lürssen" sei so aufgesetzt, dass erst nach Vertragsschluss eine "Bauspezifikation" erarbeitet werden solle. Mit anderen Worten: Erst nachdem der Auftrag schon erteilt war, wollte der Bund gemeinsam mit der Werft erarbeiten, wie genau die Schiffe gebaut werden sollen. Eine Milliardenvergabe quasi im Blindflug. Der Bundesrechnungshof befürchtete "mittelfristig zusätzliche Ausgaben".  Experte kritisiert Kostenentwicklung Um die noch ausstehende Bauspezifikation erarbeiten zu lassen, engagierte der Bund zwischenzeitlich Professor Stefan Krüger von der TU Hamburg. Der zeigt sich auf Anfrage verwundert über die explodierenden Kosten: "Wir sind vom Bund damit beauftragt worden, einen neuen Entwurf für die Flottendienstboote zu machen. Wir haben daraufhin den ursprünglichen Entwurf gemeinsam mit dem BAAINBw und der Werft deutlich überarbeitet. Meiner Meinung nach können die Boote im Bereich Schiffbau durch diese Änderungen keinesfalls teurer werden, denn die Boote erfüllen jetzt alle technischen Forderungen mit deutlich geringerem Aufwand, zum Beispiel durch die Reduktion der Antriebsleistung und weniger Abteilungen. Eigentlich müssten die Boote jetzt aus technischer Sicht billiger geworden sein." Haushaltsausschuss muss nun erneut zustimmen In welchen konkreten Bereichen die nun vom Hersteller berechneten Mehrkosten entstanden sind, erklärten Verteidigungsministerium und das Koblenzer Beschaffungsamt auf Nachfrage nicht. Üblicherweise müssen Nachforderungen vom Beschaffungsamt geprüft und dann vom Haushaltsausschuss des Bundestages freigegeben werden.   Die Parlamentarier könnten noch die Reißleine ziehen: Aufgrund der massiven Kostensteigerungen könnten sie die Zustimmung auch verweigern. Kein einfaches Unterfangen, denn es besteht aus Sicht der Militärs Zeitdruck. Außerdem kriselt es zwischen dem Bundesverteidigungsministerium und dem Haushaltsausschuss bereits seit Längerem. Einzelne Abgeordnete fühlen sich auch bei anderen Projekten nicht hinreichend informiert und hatten zuletzt auch Haushaltssperren oder sogenannte Maßgabenbeschlüsse formuliert. In solchen Fällen muss dann die Bundesregierung ganz genau erklären, wie es um die Entwicklung bestimmter Rüstungsprojekte steht.   Um dem zuvorzukommen, sollen die beteiligten Abgeordneten der Koalitionsfraktionen nach Informationen von WDR, NDR und "SZ" am Mittwoch zunächst in vertraulicher Runde informiert werden.
/investigativ/ndr-wdr/bundeswehr-spionageschiffe-kosten-100.html
2023-04-25
Wer hat das Sagen in der Wirtschaftspolitik?
Ampelkoalition
Die SPD möchte mit Forderungen des Wirtschaftsforums mehr Profil zeigen - und auch FDP-Chef Lindner spricht bei der Veranstaltung. Zeitgleich gründen die Grünen eine Wirtschaftsvereinigung. Ein Zufall? Von N. Kohnert und I. Sayram
Die SPD möchte mit Forderungen des Wirtschaftsforums mehr Profil zeigen - und auch FDP-Chef Lindner spricht bei der Veranstaltung. Zeitgleich gründen die Grünen eine Wirtschaftsvereinigung. Ein Zufall? Es gab diejenigen in der Ampelkoalition, die in den vergangenen Wochen eher laut waren: Finanzminister Christian Lindner etwa, wenn es um die Aufstellung des Haushaltes geht und das Sparen. Besonders emotional war Wirtschaftsminister Robert Habeck im Streit um das Thema Heizungen. Fast schon verschwunden schien in den Diskussionen die SPD, allen voran, wenn es um wirtschaftspolitische Themen ging. Wofür steht die Partei eigentlich, fragte sich so mancher. Schon lange ist die Kanzlerpartei keine Partei der lauten Töne mehr und deren Kabinettsmitglieder überlegen sich drei Mal, ob und vor allem wann etwas gesagt wird.    SPD arbeitet an wirtschaftspolitischem Profil Doch schon länger arbeitet die Partei an ihrem wirtschaftspolitischen Profil. Nicht zufällig reiste also das komplette SPD-Präsidium zur Hannover Messe, um sich über eine klimaneutrale und auch digitale Industrie zu informieren und mit vielen Firmenchefs zu sprechen. Der Parteivorsitzende Lars Klingbeil betonte da immer wieder den aktiven Staat, der auch in Wasserstoff und schnell in Infrastruktur investieren soll. "Deutschland-Geschwindigkeit" nennen es die Sozialdemokraten. Ein Wort, das Kanzler Olaf Scholz prägte und mit dem er den schnellen Bau der LNG-Terminals meinte.  Nun steht Klingbeil beim Wirtschaftsforum der SPD, um erneut die Wirtschaftspolitik zu erklären. Doch bevor er anfängt, gibt es erstmal Seitenhiebe des Wirtschaftsflügels gegen die Grünen. Die Präsidentin des Forums, Ines Zenke, meint, Habecks Ministerium sei doch der Bezeichnung gemäß ein Ministerium "für Wirtschaft", nicht "für die wirtschaftliche Abwicklung" - Applaus erntet sie von den Industrievertretern und Sozialdemokraten. Zu kritisch sieht so mancher im Raum die Arbeit des grünen Wirtschaftsministers.   Einführung eines günstigen Industriestrompreises gefordert Das Wirtschaftsforum sieht den Staat mehr in der Pflicht. Zwar spricht das 16-seitige Positionspapier nicht für die komplette Partei, dennoch sitzen im politischen Beirat des Wirtschaftsforums Kanzler Scholz, Parteichef Klingbeil, Arbeitsminister Hubertus Heil oder auch der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich. Konkret fordert also dieser Wirtschaftsflügel der SPD einen staatlich subventionierten Strompreis für die Industrie. Fünf bis sieben Cent je Kilowatt-Stunde soll er hoch sein. Derzeit liegt die Deckelung des Strompreises bei 13 Cent für Industrie-Großkunden und gilt auch nur bis Ende 2024. Der subventionierte Strompreis soll verlängert werden, so die Forderung des Wirtschaftsflügels. Erst am Montag habe sich Klingbeil mit Volkswagen getroffen und sich für einen billigeren Strompreis ausgesprochen, wird auf der Veranstaltung betont. Das Signal soll wohl damit sein: Wir Sozialdemokraten kümmern uns auch um die Industrie. "Es ist keine Zeit, sich zurückzulehnen. Es ist die Gefahr da, dass viele Investitionsentscheidungen nicht in Deutschland getroffen worden", warnt Klingbeil auf dem Podium. "Wir brauchen dringend einen Industriestrompreis". Dafür müsse der Staat Geld in die Hand nehmen.   Rot-gelbe Wirtschaftsliebe? Ebenfalls sollen öffentliche Investitionen angehoben werden, so die Position des Wirtschaftsforums. Dafür solle es eine Ausnahmeklausel der Schuldenbremse geben. Etwas, was natürlich viel Geld kosten wird. Und daher ist nun auch, zufällig oder nicht, Finanzminister Lindner auf der Veranstaltung eingeladen. Er soll eine wirtschaftspolitische Rede halten - der Finanzminister, nicht der Wirtschaftsminister. Der war ja auch schon voriges Jahr da, heißt es. Lindner wird nicht müde, die vielen Gemeinsamkeiten mit der SPD zu betonen. Wie sehr er besonders einen Sozialdemokraten schätzte für seine Weitsicht und macht damit eine Anspielung auf Kanzler Scholz. Gebt uns grünes Licht, damit wir das vorhaben können, was wir wollen, erzähle ihm immer wieder die Industrie. Der nächste Seitenhieb auf die Grünen. Das Thema Haushalt und Schuldenbremse spart er aus. Gibt den Sozialdemokraten nur indirekt einen Korb. Finanzierung von vielen Maßnahmen sehe er nicht im öffentlichen Haushalt, sondern in den privaten Investitionen.  Inhaltlich ist er bei vielen Themen beim Wirtschaftsflügel der SPD. Denn der sieht die Pläne zum Gebäudeenergiegesetz ebenfalls kritisch, die Heizungspläne von Wirtschaftsminister Habeck. Generell sei man ja für eine "Wärmewende", allerdings müssten dafür erstmal die Nah- und Fernwärme-Netze klimaneutral ausgebaut werden, heißt es im Positionspapier. Eine Forderung, die auch immer wieder bei der FDP laut wurde. Man will das einzelne Gebäude, den Eigentümer nicht in den Fokus nehmen - bei dem Punkt herrscht ebenfalls Einigkeit zwischen der FDP und den Wirtschaftsflügel der SPD. Gerungen wird nun mit den Grünen im Bundestag.  "Kein Wirtschaftsförderungsminister" Einige Kilometer entfernt in Berlin-Pankow steht Habeck, Bundeswirtschaftsminister der Grünen, in einer Werkhalle. Aufmerksam schaut er einem Lehrling des Technologieunternehmens ABB dabei zu, wie dieser schweißt, ohne zu schweißen - es ist nur digital, augmented reality. Anerkennendes Nicken des Ministers. Sein Rundgang ist Teil der Auftaktveranstaltung der neu gegründeten Grünen Wirtschaftsvereinigung. "Nach 44 Jahren des Bestehens unserer Partei kann das nicht zeitgemäßer sein", so Habeck im Anschluss bei seiner Rede vor Unternehmensvertretern. Ziel sei ein besserer Austausch zwischen Politik und Wirtschaft. Wie genau das erfolgen soll, blieb in den Reden unkonkret. Es gab auch keine Diskussionen über das Gebäudeenergieesetz und wie dessen Umsetzung in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft funktionieren kann. Habeck blieb grundsätzlicher. Unter anderem verwies er auf seine Rolle: "Früher hieß es, dass sich der Wirtschaftsminister am besten raushält und nur fördert. Ich will aber nicht nur ein Wirtschaftsförderungsminister sein." Es ist nicht die erste Vereinigung der Grünen, die einen engeren Draht zur Wirtschaft pflegen möchte. Diese hier ist mit dem Co-Chef der Partei, Omid Nouripour, als Beirat allerdings besonders hochkarätig besetzt. Der Zeitpunkt für ihren kick-off - wahrscheinlich bloßer Zufall. Allerdings zeigen die beiden parallelen Veranstaltungen: Die Forderungen des SPD-Wirtschaftsflügels und der FDP, die permanenten Seitenhiebe und das Gerangel im Bundestag zum Gebäudeenergiegesetz sorgen für weiteren Sprengstoff in der Ampelkoalition.
/inland/innenpolitik/ampel-wirtschaftspolitik-100.html
2023-04-25
Mehr als hundert Festnahmen bei Razzien
Vor Präsidentschaftswahl in der Türkei
Im Mai will der türkische Präsident Erdogan erneut gewählt werden. Umfragen sehen ein knappes Rennen. Jetzt wurden mehr als 100 Menschen festgenommen wegen angeblicher PKK-Kontakte. Dagegen regt sich in Diyarbakir Protest. mehr
Im Mai will der türkische Präsident Erdogan erneut gewählt werden. Umfragen sehen ein knappes Rennen. Jetzt wurden mehr als 100 Menschen festgenommen wegen angeblicher PKK-Kontakte. Dagegen regt sich in Diyarbakir Protest. Knapp drei Wochen vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen hat die türkische Polizei bei Razzien mehr als hundert Personen in Gewahrsam genommen. Es habe sich um eine "Anti-Terror-Operation" gehandelt. Die Verdächtigen hätten angeblich Verbindungen zu militanten Kurden. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolou berichtete, unter den Festgenommen seien auch hochrangige Oppositionspolitiker der HDP. Ein Sprecher bestätigte die Festnahme des stellvertretenden Parteivorsitzenden. Im türkischen Parlament ist die prokurdische HDP die zweitgrößte Oppositionspartei. Sie weist Erdogans Anschuldigung zurück, ein verlängerter Arm der verbotenen PKK zu sein. Polizeiaktionen in 21 Provinzen Laut Anadolou gab es Razzien und Hausdurchsuchungen in 21 Provinzen. Im kurdisch geprägten Diyarbakir, im Südosten der Türkei, wirft die Staatsanwaltschaft den Verdächtigen finanzielle Unterstützung der PKK und Terrorpropaganda vor. Die örtliche Anwaltskammer bezeichnete die Razzien als "Versuch die kurdischen Wähler einzuschüchtern." Die Polizei habe zahlreiche Rechtsanwälte sowie Journalisten und Theaterschauspieler in Gewahrsam genommen. In Diyarbakir gingen daraufhin zahlreiche Menschen auf die Straße, um gegen die landesweiten Polizeiaktionen zu protestieren. Prokurdische Wähler wichtig für Wahlausgang Bei den Wahlen am 14. Mai wird nach jüngsten Umfragen ein knappes Ergebnis erwartet. Die HDP hatte auf eine eigene Kandidatur verzichtet. Den Befragungen zufolge hat der gemeinsame Kandidat des Oppositionsbündnisses, Kilicdaroglu, gute Chancen, Präsident Erdogan nach zwei Jahrzehnten an der Macht abzulösen. Dabei könnten die Stimmen der prokurdischen Wahlberechtigten eine entscheidende Rolle spielen.
/ausland/tuerkei-wahl-festnahmen-erdogan-100.html
2023-04-25
"Calypso"-King Harry Belafonte gestorben
Mit 96 Jahren
Berühmt machten Harry Belafonte seine von Leichtigkeit geprägten "Calypso"-Songs. Doch das Herz der Musik-Legende schlug für so viel mehr: den Film, die Theaterbühne und für den Kampf gegen Apartheid, Rassismus und Armut. Von Peter Mücke.
Berühmt machten Harry Belafonte seine von Leichtigkeit geprägten "Calypso"-Songs. Doch das Herz der Musik-Legende schlug für so viel mehr: den Film, die Theaterbühne und für den Kampf gegen Apartheid, Rassismus und Armut. Mit seinem "Banana Boat Song" brachte Harry Belafonte in den 1950er-Jahren karibische Leichtigkeit in den musikalischen Mainstream der USA. Doch als seichter Entertainer hat sich der Sänger und Schauspieler nie verstanden, ganz im Gegenteil. "Alle Songs sind politisch, sogar der 'Banana Boat Song', bei dem man - wenn man will - das Ächzen der schlecht bezahlten Hafenarbeiter heraushören kann, die faire Löhne fordern", sagte Belafonte einst selbst. Der Ohrwurm hatte trotzdem enormen Erfolg. Das dazugehörige Album "Calypso" wurde die erste Platte eines US-Solokünstlers, die sich mehr als eine Million Mal verkaufte. Dabei wollte Belafonte eigentlich nie ein Sänger werden. "Als Kind habe ich die ganzen großen Sänger gehört. Ich habe das geliebt, ich habe sie verehrt. Aber ich selbst habe mich nie zum Sänger berufen gefühlt. Ich wusste gar nicht, wie ich klingen wollte", so der Musiker. Bekannt wurde er vor allem durch seine Calypso-Hits. Er sang aber auch Blues und Folk und verkaufte insgesamt mehr als 100 Millionen Schallplatten. An der Seite von Martin Luther King und Nelson Mandela Belafonte machte auch als Schauspieler in mehr als 40 Hollywood-Filmen Karriere. Doch er habe auch gewusst, dass er noch etwas anderes im Leben machen müsse: Ich hatte so viel Glück und Erfolg - da habe ich mir die Frage gestellt: Was mache ich mit so viel Macht, so viel Kraft? Die Antwort fand Belafonte in einer Begegnung mit Martin Luther King. "Er kam nach New York, um hier in der Kirche zu predigen und er wollte mich treffen", erinnerte sich der Sänger an das erste Zusammentreffen. "Danach habe ich zu ihm gesagt: 'Sie haben mich gefangen mit Ihren Ideen. Ich bewundere, was Sie machen. Und ich fühle mich geehrt, dass Sie mich fragen, ob ich Ihnen helfen kann.'" Gemeinsam organisierten sie den Marsch in Washington und die Proteste in Alabama - Meilensteine in der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Später kämpfte Belafonte mit Nelson Mandela gegen die Apartheid in Südafrika, sprach sich gegen den US-Imperialismus in Lateinamerika aus und engagierte sich als UNICEF-Botschafter für Kinder in Haiti und im Sudan. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen Seine Herkunft aus ärmlichen Verhältnissen hat Belafonte dabei nie vergessen: "Was kannst du alles mit einer Kartoffel machen? Das ist der Schöpfergeist der Armut." Seine Mutter habe "aus diesem einzigen Lebensmittel, das wir uns leisten konnten, jedes Mal ein kleines Festmahl gemacht. Es war immer eine Lust", blickte der Sänger einmal auf seine Kindheit zurück. Belafonte wuchs im New Yorker Stadtteil Harlem auf. Der Vater war Schiffskoch aus Martinique, die Mutter Hilfsarbeiterin aus Jamaika, die ihren Sohn alleine großziehen musste. Als sie es nicht schaffte, ihn durchzubringen, schickte sie ihn zu Verwandten in ihre Heimat. Zurück in den USA meldete er sich mit 16 Jahren zum Militär. Danach arbeitete er als Hausmeister-Gehilfe in New York. Eines Tages habe ihm ein Mieter als Trinkgeld für irgendwas zwei Eintrittskarten für das Theater gegeben, erzählte Belafonte einst. "Ich war erst ziemlich genervt, dass er mir nicht einfach zwei Dollar gibt, die ich eigentlich erwartet hatte. Sondern zwei Tickets." Doch es waren Tickets, die sein Leben verändern sollten. Belafonte war derart fasziniert von seinem ersten Theaterbesuch, dass er an der Schauspielschule von Erwin Piscator studierte - mit Kollegen wie Tony Curtis, Marlon Brando und Walter Matthau. Gerne wäre er der erste "schwarze Hamlet" gewesen - entschied sich am Ende aber doch für die Musik: Ich glaube, Musik ist eines der besten Mittel für Veränderung. Eine der besten Waffen im Arsenal des Guten. Jetzt ist Harry Belafonte im Alter von 96 Jahren in New York an Herzversagen gestorben.
/ausland/amerika/tod-belafonte-100.html
2023-04-25
Treibt der Klimawandel die Inflation an?
Warnung vor finanziellen Folgen
Nicolai Tangen, der Chef des norwegischen Staatsfonds, warnt davor, dass der Klimawandel für eine anhaltend hohe Inflation sorgen könnte. Mit dieser Einschätzung steht er nicht allein. mehr
Nicolai Tangen, der Chef des norwegischen Staatsfonds, warnt davor, dass der Klimawandel für eine anhaltend hohe Inflation sorgen könnte. Mit dieser Einschätzung steht er nicht allein. Steigende Lebensmittelpreise infolge des Klimawandels sowie die Kosten der Energiewende werden nach Ansicht von Nicolai Tangen, Leiter des norwegischen Staatsfonds, die Inflation in den kommenden Jahren weiter anheizen. Die Weltwirtschaft erlebe bereits eine klimabedingte Inflation, die zu hartnäckig hohen Preissteigerungen und einer langen Periode niedriger Anlagerenditen beitragen werde, sagte Tangen im Gespräch mit der "Financial Times". "Die Inflation wird schwer zu senken sein." Mit einem verwalteten Vermögen von rund 1,3 Billionen Dollar ist der norwegische Staatsfonds der größte der Welt.    Inflation oder Gierflation? Tangen zufolge wirkt sich das Klima auf den Lebensmittelmarkt aus. Er verweist dabei etwa auf steigende Preise für Olivenöl, Kartoffeln und Kaffee als Anzeichen dafür, dass die Lebensmittelkosten die Inflation in den kommenden Jahren in die Höhe treiben könnten. Ein Grund dafür sind etwa extreme Wetterereignisse, die immer häufiger auftreten und Folgen für Ernten und Lieferketten haben können. Hinzu kämen nach Ansicht des Fonds-Chefs neben den Kosten für die Energiewende noch die Kosten für die Umkehrung der Globalisierung, die die Herstellungskosten jahrzehntelang niedrig gehalten habe. Außerdem sieht Tangen Anzeichen einer "Gierflation". Damit meint der Manager, dass Unternehmen die eigenen erhöhten Kosten nicht nur weitergeben, sondern die Gelegenheit nutzen, um die Preise über dieses Maß hinaus in die Höhe zu treiben. Der ehemalige Hedgefonds-Manager, der den norwegischen Staatsfonds seit 2020 leitet, warnt bereits seit längerem vor der anhaltenden Inflation. Für die Anleger könnte das Tangen zufolge bedeuten, dass sie in den nächsten zehn Jahren mit niedrigen Renditen rechnen müssen, da die Preise und Zinssätze hoch bleiben. Auswirkungen auf das Kostenprofil Eine Umfrage der Unternehmensberatung PwC vom Januar dieses Jahres unter den Vorstandschefs von mehr als 4400 globalen Unternehmen zeigt, dass die Problematik erkannt worden ist. Danach erwartet eine Mehrheit der Topmanager in den kommenden zwölf Monaten Auswirkungen des Klimawandels auf das Kostenprofil. Rund 50 Prozent gehen von moderaten, großen oder gar sehr großen Auswirkungen aus. Diese gestiegenen Kosten könnten die Inflation weiter antreiben.   Der britische Ökonom Charles Goodhart hatte bereits im Februar 2021 eine dauerhaft höhere Inflation prognostiziert. Zu den von ihm genannten Gründen gehören neben der abnehmenden Globalisierung und der alternden Bevölkerung auch der teure Kampf gegen den Klimawandel.
/wirtschaft/konjunktur/klimawandel-inflation-kosten-norwegischer-staatsfonds-100.html
2023-04-25
Bitte kein Duell der Greise!
Bidens Präsidentschaftskandidatur
Politische Erfahrung kann US-Präsident Biden niemand absprechen. Doch hat sich Verena Bünten für die nächste Präsidentschaftswahl mehr erhofft - dass die US-Demokraten eher auf Aufwind und Dynamik setzen statt auf den bewährten Vernunftkandidaten. mehr
Politische Erfahrung kann Joe Biden niemand absprechen. Und doch hätten die Demokraten für die nächste US-Präsidentschaftswahl auf mehr Dynamik und Aufwind setzen sollen - statt auf den bewährten Vernunftkandidaten. Bis zuletzt werden viele Demokraten gehofft haben, dass er es nicht tut - und doch: Joe Biden will im hohen Alter erneut für das Amt des US-Präsidenten kandidieren. Eine ernüchternde Aussicht. Biden ist zweifellos ein verdienter Politiker - erfahren, anständig, pflichtbewusst. Und gleichzeitig vom Alter so gezeichnet, dass man bei öffentlichen Auftritten oft die Luft anhält. Die Demokraten haben es versäumt, hinter den Kulissen frische Gesichter zu fördern, als noch dafür Zeit war. Wer jetzt noch gegen Biden aus der Deckung kommt, würde dem amtierenden Präsidenten schaden. Und Biden selbst, der sich mal als Brückenbauer zur nächsten Generation bezeichnet hat, will offensichtlich nicht loslassen. Umfragen sprechen gegen Neuauflage von Biden vs. Trump Er hält sich für den einzigen, der Donald Trump ein zweites Mal schlagen kann. Und so steuern die USA vielleicht auf ein Duell der Greise zu: Wieder Biden gegen Trump - etwas, das die Mehrheit der Amerikanerinnen und Amerikaner allen Umfragen zufolge definitiv nicht will. Es ist ein doppeltes Armutszeugnis für die mächtigste Demokratie der Welt: Die Republikaner befinden sich nach wie vor in der Geiselhaft von Trump - für sie ein Risiko-Kandidat mit viel Ballast. Die Demokraten sind nicht in der Lage, wirkliche Alternativen zum 80 Jahre alten Biden aufzubauen. Es drohen teure Folgekosten Aufbruchstimmung, Begeisterung, Dynamik - all das droht auf der Strecke zu bleiben. Biden war bei der vergangenen Wahl schon der Vernunftkandidat. Einer, der hauptsächlich gewählt wurde, um Trump zu verhindern. Es kann sein, dass diese Rechnung für Biden auch 2024 noch einmal aufgeht - und am Ende doch teure Folgekosten hat: frustrierte Wähler und wachsende Politikverdrossenheit.
/kommentar/biden-kandidatur-praesidentschaft-100.html
2023-04-24
Ladensterben in Deutschlands Innenstädten
Krise des Einzelhandels
Nach Einschätzung des Handelsverbandes Deutschland (HDE) werden in diesem Jahr 9000 Geschäfte schließen. Damit ginge das Ladensterben der vergangenen Jahre weiter. mehr
Nach Einschätzung des Handelsverbandes Deutschland (HDE) werden in diesem Jahr 9000 Geschäfte schließen. Damit ginge das Ladensterben der vergangenen Jahre weiter. Deutschlands Einkaufsstraßen sind in der Krise: Der Handelsverband Deutschland (HDE) prognostiziert, dass im laufenden Jahr rund 9000 Geschäfte geschlossen werden. Oft, weil die sinkende Kaufkraft der Menschen und die steigenden Kosten eine Weiterführung unattraktiv machen. Außerdem verändert der Erfolg des Onlinehandels für viele Läden die Geschäftsgrundlage. Abgesehen von Kleinstbetrieben bleiben damit bundesweit laut HDE noch 311.000 Geschäfte übrig. Im Jahr 2015 waren es noch fast 373.000. Die Zahl der Läden schrumpft schon seit einiger Zeit. Besonders stark war der Rückgang in den von der Corona-Pandemie geprägten Jahren 2020 bis 2022, als die Zahl der Geschäfte pro Jahr um 11.000 zurückging. Doch auch in den Vorkrisenjahren 2015 bis 2019 machten jährlich durchschnittlich 5000 Läden dicht. "Stirbt der Handel, stirbt die Stadt" "Angesichts der Zahlen der letzten Jahre müssen in allen Innenstädten und bei der Politik alle Alarmglocken läuten. Denn ohne erfolgreichen Einzelhandel haben die Stadtzentren kaum Zukunftsperspektiven", warnte HDE-Präsident Alexander von Preen. Betroffen vom Ladensterben seien vor allem kleinere Fachhändler abseits des Lebensmittelhandels. Die zunehmenden Leerstände in vielen Innenstädten machten Standorte unattraktiver und gefährdeten weitere Unternehmen, warnte er. "Stirbt der Handel, stirbt die Stadt." Es gebe viele mittelständische Händler, die ihre Boutiquen, Schuhläden, Sportfachgeschäfte oder Parfümerien sang- und klanglos abwickelten, sagte kürzlich HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Gleichzeitig dünnten auch viele große Ketten ihre Filialnetze aus. "Das sieht man vielleicht noch nicht in den 1A-Lagen, aber man sieht es in den Stadtbezirken großer Städte, und man sieht es vor allem auch in kleineren und mittleren Städten und Gemeinden." "Spirale nach unten droht" Angesichts des Leerstands in vielen Städten drängt der HDE auf ein stärkeres Engagement der Kommunen. Er wünscht sich eine Gründungsoffensive, um das Ladensterben zu stoppen. "Unbürokratische und schnelle Genehmigungsprozesse für Umbauten und Umwidmungen müssen ganz oben auf die Prioritätenliste", sagte von Preen. Es sei im Interesse aller Beteiligten, die Lücken in den Stadtzentren so schnell wie möglich wieder zu schließen. Ansonsten drohe eine Kettenreaktion mit noch mehr Leerständen und einer Spirale nach unten. Auch etliche Geschäftsmodelle, die vor kurzem noch angesagt und zukunftsorientiert wirkten, spüren angesichts der sinkenden Kaufkraft vieler Menschen plötzlich Gegenwind. "Bio-Fachgeschäfte und Hofläden stecken zum Teil in einer existenziellen Krise", warnte unlängst der Handelsexperte Stephan Rüschen von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Heilbronn. Mehr Kritiker als Fans Dass es mit der Attraktivität vieler Innenstädte nicht zum Besten steht, zeigte Ende vergangenen Jahres eine Befragung von fast 69.000 Menschen in 111 Innenstädten durch das Institut für Handelsforschung (IFH). Die Antworten auf die Frage: "Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie diese Innenstadt Freunden oder Bekannten weiterempfehlen?" waren alarmierend. In rund jeder zweiten Stadt überwog die Zahl derer, die die Innenstadt nicht weiterempfehlen würden. Nur jede vierte Stadt empfanden die Besucher als so attraktiv, dass sie Freunden zu einem Besuch raten würden. "Fakt ist, dass die Mehrzahl der deutschen Innenstädte, mehr Kritiker als überzeugte Fans hat", sagte IFH-Geschäftsführer Boris Hedde danach.
/wirtschaft/verbraucher/ladensterben-corona-geschaefte-hde-handel-innenstaedte-101.html
2023-04-24
"Hitler-Tagebücher" kommen ins Bundesarchiv
40 Jahre nach Veröffentlichung
Die Veröffentlichung der gefälschten "Hitler-Tagebücher" im "Stern" 1983 hatte einen der größten Medienskandale des Landes ausgelöst. Jetzt übergibt Bertelsmann die Tagebücher an das Bundesarchiv.  mehr
Die Veröffentlichung der gefälschten "Hitler-Tagebücher" im "Stern" 1983 hatte einen der größten Medienskandale des Landes ausgelöst. Jetzt übergibt Bertelsmann die Tagebücher an das Bundesarchiv.  40 Jahre nach dem Medienskandal um die im "Stern" veröffentlichten gefälschten Hitler-Tagebücher wird der Bertelsmann-Verlag diese an das Bundesarchiv übergeben. Das teilten das Unternehmen und das Bundesarchiv mit. Die 60 Originalhefte sollen dort aufgrund ihres zeitgeschichtlichen Werts dauerhaft verwahrt und für wissenschaftliche Analysen zur Verfügung gestellt werden. "Stern" verzögerte Übergabe jahrelang Der "Stern" hatte bereits zum 30. Jahrestag des Skandals die Übergabe der über Jahre hinweg unter Verschluss gehaltenen Fälschungen an das Bundesarchiv in Aussicht gestellt. Konkrete Schritte folgten aber nicht. Zuletzt war der mediale Druck für eine Herausgabe deutlich gestiegen. So hatte die ARD-Sendung "Reschke Fernsehen" die Affäre noch einmal aufgearbeitet und der NDR hatte die gefälschten Tagebücher im Internet veröffentlicht. Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe erklärte nun: "Wir freuen uns, dass das Bundesarchiv, das vor 40 Jahren bereits die Fälschung der Tagebuchkladden zweifelsfrei nachweisen konnte, nun auch deren Archivierung übernehmen wird." Für sein Unternehmen sei es ein weiterer "Schritt in einem auf Transparenz, Wissenschaftlichkeit und Unabhängigkeit ausgerichteten Umgang mit der Unternehmensgeschichte". Die Quellen würden nun "fachgerecht" gesichert. Eine der größten Medienaffären Die Veröffentlichung der vermeintlichen Hitler-Tagebücher gilt als eine der größten Medienaffären der bundesdeutschen Geschichte. Der "Stern" stellte die Details der angeblichen historischen Sensation am 25. April 1983 auf einer Pressekonferenz vor. Nur wenige Tage später entlarvten Expertinnen und Experten die Hefte als Fälschungen, die aus der Nachkriegszeit stammten. Die Glaubwürdigkeit des "Stern" litt schwer, führende Mitarbeiter mussten gehen. "Dreister Versuch, Verbrechen menschlichen Anstrich zu geben" "Die gefälschten 'Hitler-Tagebücher' sind als eigentümliche Zeugnisse der bundesrepublikanischen Zeitgeschichte im Bundesarchiv gut aufgehoben", teilte Archivpräsident Michael Hollmann mit. "Sie zeigen einen dreisten Versuch, den brutalen Verbrechen des Nationalsozialismus einen menschlichen Anstrich zu geben, der in den 1980er Jahren in der Gesellschaft auf Resonanz traf." Nach der Übergabe durch den Verlag würden sie am Standort Koblenz dauerhaft verwahrt. Die angeblichen Hitler-Tagebücher waren einem "Stern"-Reporter unter falschem Namen von dem Fälscher Konrad Kujau für Millionenbeträge verkauft worden, vor der Veröffentlichung ließ der "Stern" sie nicht genau genug überprüfen. Kujau wurde später wegen Betrugs zu einer viereinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt. Der Bertelsmann-Konzern, zu dem der "Stern" gehört, lässt die Geschichte des Magazins nach eigenen Angaben seit dem vergangenen Jahr vom Münchner Institut für Zeitgeschichte unabhängig aufarbeiten. Dabei geht es eigentlich um das Wirken von "Stern"-Gründer Henri Nannen zwischen 1948 und 1983 sowie persönliche und inhaltliche Verflechtungen mit der NS-Zeit. Der Forschungsauftrag wurde später um die Episode der Hitler-Tagebücher erweitert.
/inland/hitler-tagebuecher-bundesarchiv-101.html
2023-04-24
China betont Souveränität der Ukraine
Nach Kritik an Botschafter
Der chinesische Botschafter in Frankreich hatte international Empörung hervorgerufen: Ex-Sowjetrepubliken seien nicht zwingend souverän, so seine Aussage. Chinas Außenministerium ruderte nun indirekt zurück. Von Eva Lamby-Schmitt.
Der chinesische Botschafter in Frankreich hatte international Empörung hervorgerufen: Ex-Sowjetrepubliken seien nicht zwingend souverän, so seine Aussage. Chinas Außenministerium ruderte nun indirekt zurück. Die chinesische Regierung beteuert, dass sie die Souveränität ehemaliger Sowjetrepubliken unverändert anerkenne. Außenamtssprecherin Mao Ning distanzierte sich auf einer Pressekonferenz indirekt von den Aussagen des chinesischen Botschafters Lu Shaye in Paris. "China war eines der ersten Länder, die diplomatische Beziehungen zu den früheren Sowjetrepubliken aufgenommen haben. China respektiert den souveränen Status dieser Länder nach der Auflösung der Sowjetunion." China respektiere auch die Souveränität der Ukraine, bekräftigte sie.   Die Schuld für die Kontroverse sprach die Außenamtssprecherin einigen Medien - und nicht dem chinesischen Botschafter in Frankreich - zu. Diese hätten die Haltung Chinas zur Ukraine verdreht und dadurch Streit angezettelt. De facto Ausweisung gefordert In Europa und besonders in den baltischen Staaten hatten die Äußerungen des chinesischen Botschafters in Frankreich Empörung hervorgerufen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth, hatte die Aussagen des Botschafters scharf kritisiert. Sie seien eine "absolute Grenzüberschreitung" und eine "Infragestellung des Völkerrechts". Roth schloss sich einer Forderung baltischer Staaten an. Der chinesische Botschafter in Frankreich soll demnach zur "Persona non grata" erklärt, das heißt faktisch ausgewiesen werden. Dem Aufruf haben sich mehr als 80 Abgeordnete aus EU-Ländern angeschlossen. Chinas Botschafter in Paris, Lu, hatte am Freitag in einem Fernsehinterview die Unabhängigkeit und Souveränität der ehemaligen Sowjetrepubliken, sprich auch der Ukraine, der baltischen und der zentralasiatischen Staaten infrage gestellt.
/ausland/asien/kritik-chinas-botschafter-frankreich-101.html
2023-04-24
Lauterbach wirbt für digitale Patientenakte
Gesundheitsminister
Bisher nutzen nur wenige gesetzlich Versicherte die Möglichkeit, ihre Patientendaten digital zu speichern. Bundesgesundheitsminister Lauterbach will das ändern - und für mehr Akzeptanz werben. mehr
Bisher nutzen nur wenige gesetzlich Versicherte die Möglichkeit, ihre Patientendaten digital zu speichern. Bundesgesundheitsminister Lauterbach will das ändern - und für mehr Akzeptanz werben. Mit einer bundesweiten Aufklärungskampagne will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Akzeptanz der digitalen Patientenakte steigern. Das sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zudem betonte Lauterbach, die Datenschutzregeln würden so gestaltet, dass sie für Patienten und Ärzte im Alltag praktikabel seien. "Ärzte und Kassen werden die Patienten informieren und beraten", sagte der Gesundheitsminister. "Und wenn die elektronische Patientenakte für alle startet, machen wir eine bundesweite Aufklärungskampagne." 2021 als freiwilliges Angebot gestartet Als Beispiel für den Datenschutz nannte Lauterbach die gezielte Auswahl von Ärzten. "Wenn ich als Patient nicht will, dass mein Zahnarzt sieht, bei welchem Psychotherapeuten ich wegen einer schweren Psychose behandelt werde, muss ich dem Zahnarzt den Zugriff auf diese Daten verweigern können." Die elektronischen Patientenakten waren 2021 als freiwilliges Angebot gestartet. Befunde, Röntgenbilder und Listen eingenommener Medikamente können darin unter anderem gespeichert werden. Die Idee ist, dass die E-Akte Patientinnen und Patienten ein Leben lang und bei allen Ärztinnen und Ärzten begleiten soll. Das soll die Versorgung verbessern, da etwa oft Untersuchungen unnötigerweise wiederholt werden, wenn vorherige Untersuchungsergebnisse nicht bekannt sind. Bisher haben nur sehr wenige der 74 Millionen gesetzlich Versicherten eine digitale Patientenakte. Lauterbach will das ändern. Ab 2024 Widerspruch nötig SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag vereinbart, auf das Prinzip "Opt-out" zu schwenken. Das heißt: Konkret sollen bis Ende 2024 alle automatisch eine E-Akte bekommen, ohne den bisher nötigen Antrag. Wer keine digitale Patientenakte will, müsste dann widersprechen. Lauterbach nannte in den Funke-Zeitungen weitere Details zu den geplanten Regelungen: So sollen Ärztinnen und Ärzte dafür honoriert werden, dass sie zum Start der neuen elektronischen Patientenakte wichtige bisherige Befunde digitalisieren. Die Krankenkassen sollen zudem weiterhin nur Zugriff auf die Abrechnungsdaten, aber keinen Zugriff auf die medizinischen Daten der elektronischen Patientenakte bekommen.
/inland/innenpolitik/lauterbach-digitale-patientenakte-101.html
2023-04-24
Luftverschmutzung schadet Kindern
Studie der EU-Umweltagentur
Obwohl sich viele europäische Städte um bessere Luft bemühen, ist die Schadstoffbelastung weiter hoch. Das stellt gerade Minderjährige vor Probleme, wie Daten der EU-Umweltagentur zeigen. In manchen Städten gibt es Lichtblicke. mehr
Obwohl sich viele europäische Städte um bessere Luft bemühen, ist die Schadstoffbelastung weiter hoch. Das stellt gerade Minderjährige vor Probleme, wie Daten der EU-Umweltagentur zeigen. In manchen Städten gibt es Lichtblicke. Die hohe Luftverschmutzung mit Schadstoffen wie Feinstaub führt einer Schätzung zufolge in Europa jedes Jahr zum vorzeitigen Tod von mehr als 1200 Kindern und Jugendlichen. Außerdem steigert sie für Heranwachsende das Risiko für Krankheiten im weiteren Lebensverlauf erheblich, wie aus Berichten der Europäischen Umweltagentur (EEA) hervorgeht. Es müsse mehr für den Schutz der kindlichen Gesundheit vor den negativen Folgen der Luftverschmutzung getan werden, erklärte die in Kopenhagen ansässige EU-Behörde. Trotz Verbesserungen in den vergangenen Jahren liege die Belastung mit verschiedenen Schadstoffen in vielen Ländern weiter hartnäckig über den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwerten - besonders in Mittelosteuropa und Italien. Noch ein weiter Weg Hauptgrund der dortigen Feinstaubbelastung sei die Verbrennung fester Brennstoffe wie Kohle beim Heizen und in der Industrie. Neben den Werten beim Feinstaub seien etwa auch die Werte bei Ozon und Stickstoffdioxid nach wie vor zu hoch, so die Umweltagentur. Kinder und Jugendliche seien besonders anfällig, weil sich ihre Organe und ihr Immunsystem noch in der Entwicklung befänden. Alle Europäerinnen und Europäer müssten vor schlechter Luft geschützt werden - vor allem aber die Kinder, forderte EEA-Exekutivdirektor Hans Bruyninckx. Maßnahmen auf EU-, nationaler und lokaler Ebene müssten dringend weiter verstärkt werden, "um unsere Kinder zu schützen, die sich nicht selbst schützen können". Bis zu wirklich sauberer Luft sei es noch ein weiter Weg. Derzeit verursacht die Luftverschmutzung nach EEA-Schätzungen jährlich über 1200 vorzeitige Todesfälle unter Minderjährigen in den 32 Mitgliedstaaten - dazu zählen neben den 27 EU-Ländern die Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein und die Türkei. Luftverschmutzung an der Quelle reduzieren "Wir können Kinder nicht wie kleine Erwachsene betrachten, wenn es um Umweltrisiken und Luftverschmutzung geht", sagte der EEA-Experte Gerardo Sanchez. Sie hätten unter anderem eine höhere Atemfrequenz, atmeten mehr durch den Mund, befänden sich näher am Boden und hätten ein geringeres Gewicht. Ihre Biologie sei anders, aber auch die Art und Weise, wie sie Luftverschmutzung ausgesetzt seien. Dies könne potenziell sehr schwerwiegende Gesundheitsfolgen haben, darunter eine herabgesetzte Lungenfunktion, Asthma und Allergien. Um Kinder besser zu schützen, sei es am wichtigsten, die Luftverschmutzung an der Quelle - also im Verkehr, in der Industrie und beim Heizen - zu reduzieren, sagte Sanchez. Eine gute Maßnahme sei auch, sich auf eine Verbesserung der Luftqualität rund um Schulen und Kindergärten zu konzentrieren, etwa durch mehr Grünflächen. Dazu, wie viele vorzeitige Todesfälle insgesamt auf die Luftverschmutzung zurückgehen, veröffentlicht die EEA in der Regel jeweils im Herbst eine neue Schätzung. Zuletzt waren es mit Blick auf Zahlen des Jahres 2020 in der EU knapp 240.000 allein durch Feinstaub. Weltweit sterben nach WHO-Angaben jährlich rund sieben Millionen Menschen vorzeitig infolge von Luftverschmutzung. Lichtblicke in einigen Städten Probleme mit zu hohen Schadstoffwerten gibt es oft vor allem in den Städten. Mancherorts gibt es aber auch Lichtblicke: Die Städte mit der saubersten Luft in Europa sind gemessen an der Feinstaubbelastung Faro in Portugal sowie Umeå und Uppsala in Schweden, wie aus den jüngsten Vergleichswerten von 375 europäischen Städten hervorgeht. Generell stufen die Umweltexperten Deutschland je nach Schadstoff unterschiedlich ein: Beim Feinstaub liegt die Bundesrepublik im vorderen Mittelfeld der analysierten Staaten, beim vor allem aus dem Straßenverkehr stammenden Stickstoffdioxid schneidet sie dagegen aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens mit am schlechtesten ab.
/ausland/europa/luftverschmutzung-147.html
2023-04-24
Bundeswehr fliegt Deutsche aus Khartum aus
Kämpfe im Sudan
Zwei Bundeswehrmaschinen haben wegen der anhaltenden Kämpfe mehr als 200 deutsche und andere Staatsangehörige aus dem Sudan ausgeflogen. Der Einsatz wurde seit Tagen vorbereitet. Auch andere Länder haben Evakuierungen begonnen. mehr
Zwei Bundeswehrmaschinen haben wegen der anhaltenden Kämpfe mehr als 200 deutsche und andere Staatsangehörige aus dem Sudan ausgeflogen. Der Einsatz wurde seit Tagen vorbereitet. Auch andere Länder haben Evakuierungen begonnen. Die Bundeswehr hat mehr als 200 Menschen aus der umkämpften sudanesischen Hauptstadt Khartum ausgeflogen. Am Sonntagabend hob als erste deutsche Maschine ein Militärtransporter mit 101 Evakuierten zum Rückflug ab, wie die Bundeswehr mitteilte. Das Flugzeug sei "sicher in Jordanien gelandet", teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr später mit. Den Angaben zufolge ist auch ein zweiter Flieger mit 113 Evakuierten auf dem Weg nach Jordanien. Ein weiterer Airbus A400M der #BundeswehrimEinsatz ist mit 113 evakuierten Personen auf dem Rückweg nach Jordanien. Mehr Informationen zur Evakuierungsoperation unter: https://t.co/gd5Jcz7cRd https://t.co/gSrrvkiAKR Am Nachmittag hatten das Bundesverteidigungsministerium und das Außenministerium via Twitter mitgeteilt, dass wegen der schweren Kämpfe in dem afrikanischen Land die Bundeswehr einen Evakuierungseinsatz für deutsche Staatsbürger gestartet hat. Ziel sei es, so viele deutsche Staatsangehörige wie möglich aus Khartum auszufliegen. Bundeswehr und Auswärtiges Amt hätten Voraussetzungen geschaffen, um mehr als 300 auf einer Krisenliste registrierte Deutsche auszufliegen. Im Rahmen der Möglichkeiten würden auch europäische und andere Staatsangehörige mitgenommen werden. An dem Einsatz sind insgesamt mehr als 1000 Männer und Frauen der Bundeswehr beteiligt. Er wurde seit Tagen vorbereitet. #Sudan: Gemeinsam koordinieren @BMVg_Bundeswehr und @AuswaertigesAmt eine laufende #Evakuierung​soperation der #Bundeswehr für die Deutschen vor Ort in Abstimmung mit unseren Partnern. 1/2 https://t.co/RjmiS9JuHA Kämpfe zwischen mächtigen Militärs Die Bundeswehrmaschinen waren aus dem jordanischen Al-Asrak Richtung Sudan gestartet. Das erste Flugzeug landete gegen 15.50 Uhr nahe Khartum, das zweite kurze Zeit später, wie die Bundeswehr mitteilte. Die Evakuierten werden nach Jordanien ausgeflogen und kehren von dort nach Deutschland zurück. "Die Weiterreise der evakuierten Staatsbürgerinnen und Staatsbürger anderer Nationen wird mit den betreffenden Staaten abgestimmt", teilte die Bundeswehr mit. Im Sudan kämpfen seit gut einer Woche die zwei mächtigsten Generäle des Landes und ihre Einheiten um die Macht. Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohner seit zwei gemeinsamen Militärcoups 2019 und 2021. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Dabei hat es bereits zahlreiche Tote gegeben. Mehrere Länder haben Evakuierungen begonnen Die Lage für die Bevölkerung im Land ist weiterhin prekär. "Es fehlt an Strom, an Wasser, an Essen", berichtete ARD-Korrespondentin Vera Rudolph im Morgenmagazin. Stromabschaltungen und Internetausfälle behinderten zunehmend die Kommunikation. Auch in den Krankenhäusern vor Ort fehle es an Ausstattung und Medikamenten, insbesondere Blutkonserven. "Das Personal ist weg, denn viele Menschen fliehen", so Rudolph. Zuvor hatten bereits die USA und mehrere europäische Länder begonnen, ihre Staatsangehörigen wegen der zunehmend angespannten Lage aus dem Sudan zu evakuieren. Außenministerin Annalena Baerbock reiste wegen der Lage im Sudan nicht zu einem Treffen mit ihren EU-Kollegen. Sie werde sich am Montag in Luxemburg von Botschafter Michael Clauß vertreten lassen, hieß es aus dem Auswärtigen Amt.
/ausland/afrika/sudan-evakuierung-bundeswehr-103.html
2023-04-24
Immer noch nah an der Armutsgrenze
Bangladeschs Textilarbeiter
Vor zehn Jahren stürzte in Bangladesch die Textilfabrik Rana Plaza ein. Mehr als 1100 Menschen kamen dabei ums Leben. Was hat sich seitdem geändert - und was ist nach wie vor problematisch? Von O. Mayer und P. Hornung.
Vor zehn Jahren stürzte in Bangladesch die Textilfabrik Rana Plaza ein. Mehr als 1100 Menschen kamen dabei ums Leben. Was hat sich seitdem geändert - und was ist nach wie vor problematisch? Konzentriert steht Ismail Hossain an seinem Arbeitsplatz und schneidet Stoffe zurecht. Seit mehreren Jahren arbeitet er in der Textilfabrik "4A Yarn Dyeing", die etwa zwei Autostunden außerhalb von Bangladeschs Hauptstadt Dhaka liegt. Über seinem Hemd trägt er eine gelbe Weste, die mit leuchtend roten Buchstaben bedruckt ist. "Firefighter" steht darauf. Hossain ist einer von etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die vom Unternehmen als Feuerwehrmann geschult wurden. Wenn er über seine Tätigkeit als Feuerwehrmann spricht, leuchten seine Augen. "Alle drei Monate erhalten wir Schulungen. Ich lerne dort alles rund um die Themen Feuerschutz und Evakuierungen", sagt er. "Man bringt mir bei, was ich im Ernstfall tun muss, um meine Kollegen zu retten. Ich freue mich immer auf die Trainings und bin froh, daran teilnehmen zu können." Für ihn sei die Arbeit bei der Werksfeuerwehr eine Ehre. Er tue das sehr gerne, sagt er. Verbesserte Sicherheitsstandards, mehr Kontrollen Dass es in Hossains Fabrik überhaupt eine Werksfeuerwehr gibt, hat unmittelbar mit dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza am 24. April 2013 zu tun, bei dem mehr als 1100 Menschen ums Leben kamen und 2500 verletzt wurden. In dem Gebäude, in dem auch einige deutsche Unternehmen Kleidung produzieren ließen, waren elementare Sicherheitsstandards nicht eingehalten worden. Seitdem wurden Gesetze verschärft und Fabrikbesitzer gezwungen, mehr Geld in die Sicherheit zu investieren. Zudem muss nun ein Teil der Belegschaft imstande sein, Rettungsmaßnahmen ergreifen zu können. Die Einhaltung der Vorschriften wird inzwischen regelmäßig kontrolliert. Aus der Katastrophe habe man zahlreiche Lehren gezogen, erklärt Abdullah al Rakib. Ihm gehört die Textilfabrik "4A Yarn Dyeing", ein Unternehmen, das von verschiedenen Prüfstellen als besonders nachhaltig und sicher ausgezeichnet wurde. Al Rakibs Firma produziert Kleidung für Luxusmarken wie Tommy Hilfiger und Calvin Klein. Noch immer schwierige Arbeitsbedingungen "Damals hatte ich den Eindruck, dass das ganze Land plötzlich aufwacht. Alle arbeiteten unter Hochdruck an Lösungen", sagt er. "Die Fabrikbesitzer, die Regierung, Auftraggeber, alle diskutierten gemeinsam. Wir haben seitdem viel Geld in hochmoderne Systeme gesteckt." Al Rakibs Firma ist zweifellos ein Vorzeigeunternehmen. Auf dem Gelände gibt es eine eigene Klinik für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sämtliche Notausgänge sind breiter als gesetzlich vorgeschrieben, an jeder Ecke hängen mehrere Feuerlöscher. Unterschiedliche Standards Dennoch sind nicht überall in Bangladesch die Standards derart hoch. Noch immer sind die Arbeitsbedingungen im Textilsektor, der über 80 Prozent der Exporte ausmacht, oftmals schwierig. Kalpona Akter, eine der einflussreichsten Textilaktivistinnen des Landes, kritisiert vor allem die mangelnden Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter. "Eine Gewerkschaft zu bilden, ist schwer. Die Arbeiter können sich deshalb kaum Gehör verschaffen", erzählt Akter. "Grundrechte können nicht wahrgenommen werden, obwohl sie im Gesetz stehen. Auch die soziale Absicherung ist ein großes Thema." Geringer Lohn als Hauptproblem Die Folge: Millionen Menschen, die im Textilsektor beschäftigt sind, leben nahe an der Armutsgrenze oder gar darunter. "Viele Menschen verdienen umgerechnet nur etwa 70 Euro pro Monat und es herrscht eine hohe Inflation", erklärt Akter. "Für die meisten ist es schwierig, täglich eine Mahlzeit zu sich zu nehmen. Sie müssen ihre Lebensmittel rationieren und auch die ihrer Kinder." Eine Situation, die auch Mohammad Rubel Mia kennt. Er arbeitet für die Firma "Style Museum". Er liebe seine Arbeit. Doch der Lohn, der in weiten Teilen der Branchen bezahlt wird, sei ein großes Problem. "Mein Vater kommt für einen Großteil der Ausgaben auf, die in unserer Familie anstehen", so Rubel Mia. "Ein kleines bisschen Geld kann ich dann selbst noch beisteuern." Zwar fühle er sich sicher an seinem Arbeitsplatz, sagt er. Doch wie er mit dem Geld langfristig für sich und seine Familie sorgen kann, das weiß er nicht.
/ausland/asien/bangladesch-rana-plaza-jahrestag-101.html
2023-04-24
Weltweite Militärausgaben erreichen Rekordhöhe
SIPRI-Bericht
Der russische Angriffskrieg spiegelt sich in den Zahlen des Friedensforschungsinstituts SIPRI wider. Demnach haben Staaten weltweit 2022 so viel Geld für Waffen ausgegeben wie nie zuvor - vor allem in Europa. Von Sofie Donges.
Der russische Angriffskrieg spiegelt sich in den Zahlen des Friedensforschungsinstituts SIPRI wider. Demnach haben Staaten weltweit 2022 so viel Geld für Waffen ausgegeben wie nie zuvor - vor allem in Europa. Der Kontrast könnte nicht größer sein: blauer Himmel, die vielen kleinen Inseln im Stockholmer Schärengarten, rote Holzhäuschen. In dieser Idylle kreisen Militärhubschrauber, es wird geschossen. In Schweden findet derzeit die größte Militärübung seit 25 Jahren statt - gemeinsam mit amerikanischen, britischen und anderen Streitkräften. Die sicherheitspolitische Lage hat sich massiv verändert. Das zeigt sich auch in den Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts (SIPRI). Wieder haben die Staaten bei den Ausgaben für Militär weltweit eine neue Rekordsumme investiert: 2,2 Billionen US-Dollar. Europa ist die Region, in der die Forschenden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum die größte Steigerung feststellen konnten: 13 Prozent. Der Krieg in der Ukraine habe die Ausgaben in die Höhe getrieben, so die SIPRI-Analystin Lucie Beraud-Sudreau.  "Die Bedrohung Russlands wird nicht verschwinden", sagt Beraud-Sudreau. "Selbst wenn der Krieg in der Ukraine irgendwann endet - in diesem, im nächsten oder in zwei Jahren." Europa sei sich einig, dass das Militär aufgestockt und modernisiert werden müsse, "um Russland langfristig abschrecken zu können." Europaweit höchste Ausgaben in der Ukraine und in Russland Im vergangenen Jahr waren es vor allem die beiden Kriegsparteien, die zu dem großen Anstieg der Militärausgaben in Europa beigetragen haben: Russland hat laut den Berechnungen der Stockholmer Friedensforschenden seine Ausgaben erhöht auf geschätzte 4,1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Die Ukraine hingegen investierte gar 34 Prozent des eigenen BIP. Deutschland gilt neben Großbritannien als größtes Geberland in Europa bei der Militärhilfe für die Ukraine. Im weltweiten Ranking der Militärausgaben liegt die Bundesrepublik weiterhin auf Platz sieben. Das im vergangenen Jahr beschlossene Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro wird sich erst in den kommenden Jahren in den Ausgaben bemerkbar machen. Dann würde Deutschland im Ranking vermutlich aufrücken. The 15 top spenders in 2022 together accounted for 82% of world #MilitaryExpenditure, or $1842 billion. The #USA🇺🇸and #China🇨🇳remained the two largest spenders, accounting for 39% and 13%, respectively ➡️ https://t.co/qBe5MZu9fiExplore the top 15 ➡️ https://t.co/GRbPi3w6kr https://t.co/Cx4J973HkU  "Interessant ist auch das Versprechen der deutschen Regierung, das berühmte Zwei-Prozent-Ziel der NATO erfüllen zu wollen. Hätte Deutschland dieses Ziel im Jahr 2022 erreicht, wäre es jetzt unter den Top fünf und in Europa auf Platz eins. Dieses Ziel würde Deutschland also wirklich in die oberen Ränge bringen." "Mehr und mehr Länder schauen nur auf sich" An der Spitze der weltweiten Ausgaben stehen weiterhin die USA, gefolgt von China, Russland, Indien und Saudi-Arabien. Die Zeit der Einsparungen sind vorbei, glauben die Stockholmer Friedensforschenden. Auch wenn sie traditionell immer nur das auswerten, was im vergangenen Jahr passiert ist, blickt Beraud-Sudreau von SIPRI besorgt in die Zukunft. "Die gestiegenen Ausgaben für die Verteidigung spiegeln sich wider in der Zunahme der Konflikte in der Welt", so die Politikwissenschaftlerin. Das wiederum hätte einen Rückgang von Vertrauen zwischen den Staaten zur Folge. "Mehr und mehr Länder schauen nur auf sich oder die eigene Region. Die Leute haben das Gefühl, sich vor Bedrohungen schützen zu müssen." Dass die Militärausgaben auch in Zukunft weiter steigen, scheint sicher zu sein. In einem Jahr werden die Stockholmer dazu neue Zahlen veröffentlichen.
/ausland/europa/sipri-bericht-militaerausgaben-2022-101.html
2023-04-24
Wie die Rettungsmission funktioniert
Evakuierung aus dem Sudan
Deutsche Fallschirmjäger und Spezialkräfte im Sudan: Die Bundeswehr holt in einer Rettungsmission gefährdete Deutsche aus dem Land. Die Mission ist brandgefährlich. Wie funktioniert so ein Einsatz? mehr
Deutsche Fallschirmjäger und Spezialkräfte im Sudan: Die Bundeswehr holt in einer Rettungsmission gefährdete Deutsche aus dem Land. Die Mission ist brandgefährlich. Wie funktioniert so ein Einsatz? Der Einsatz ist seit Tagen vorbereitet worden. Der Auftrag: Mehr als 300 auf einer Krisenliste registrierte Deutsche aus dem Sudan auszufliegen und auch Bürger von Partnerstaaten zu berücksichtigen. Mehr als 1000 Männer und Frauen der Bundeswehr sind an der Evakuierungsmission beteiligt. Das Verteidigungsministerium schrieb auf Twitter: Unser Ziel ist, in dieser gefährlichen Lage in Sudan so viele Staatsangehörige wie möglich aus Khartum auszufliegen. Für die Vorbereitungen waren seit Tagen A400M-Militärtransporter zwischen dem Fliegerhorst Wunstorf (Niedersachsen) und dem von der Bundeswehr genutzten Militärflughafen Al-Asrak in Jordanien unterwegs. Über diesen erfolgt auch der Rückweg. Geführt wird der Rettungseinsatz vom Befehlshaber der Division Schnelle Kräfte (DSK), Generalmajor Dirk Faust. Ihm sind auch sonst die Soldaten unterstellt, die die Bundeswehr für die Nationale Krisenvorsorge bereithält - also genau für Situationen wie nun im Sudan. An dem Einsatz sind Fallschirmjäger der Luftlandebrigade 1 beteiligt und auch das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr. "Haustiere können nicht befördert werden" Die Botschaft in Khartum und das Auswärtige Amt hatten den Deutschen im Sudan zuvor Handlungshinweise in einem sogenannten Landsleutebrief gegeben, der der Nachrichtenagentur dpa vorlag. Hingewiesen wurde auf Gefahren bei der Anfahrt zum Sammelpunkt, die eigenständig erfolgen müsse. Die Lage ist weiterhin sehr volatil, Kampfhandlungen halten trotz angekündigter Waffenruhe an vielen Orten an. Wägen Sie daher immer das Risiko einer Bewegung von Ihrem aktuellen Standort sorgfältig ab und wählen Sie ggf. Ausweichrouten oder einen alternativen Konvoi. Sie werden ggf. nicht alle Gegenstände mit an Bord des Evakuierungsflugzeuges mitnehmen können, die Sie bei sich haben. Haustiere können nicht befördert werden. Details zum Sammelpunkt sollten nicht öffentlich werden. Doch richtete die Bundeswehr in Abstimmung mit dem sudanesischen Militär auf einem Landeplatz bei Khartum einen Operationspunkt ein. Krisenstab im Auswärtigen Amt Es geht um mehrere Hundert Menschen. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts erklärte am Wochenende, eine "niedrige dreistellige Zahl" deutscher Staatsbürger habe um eine Evakuierung aus dem Sudan gebeten. Allein für die bundeseigene deutsche Entwicklungsgesellschaft GIZ seien im Sudan 118 Menschen tätig, darunter 103 Mitarbeiter aus Deutschland. Koordiniert werden Aktionen wie diese von einem Krisenstab im Auswärtigen Amt. Am Wochenende fand eine Sitzung unter der gemeinsamen Leitung von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius statt. Andere Länder holen ihre Bürger in Sicherheit Den USA brachten in der Nacht zum Sonntag alle US-Diplomaten und ihre Angehörigen in Sicherheit, wie das Weiße Haus und das US-Außenministerium mitteilten. Ein Vertreter des US-Militärs sagte, rund 100 US-Soldaten seien an der Evakuierung des Botschaftspersonals beteiligt gewesen. Der Einsatz mit Hubschraubern vor Ort habe weniger als eine Stunde gedauert. Dabei sei niemand gestorben oder verletzt worden. Den Angaben zufolge wurden weniger als 100 Menschen gerettet, unter ihnen auch mehrere Diplomaten aus anderen Ländern. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell teilte am Sonntagabend mit, das Personal der EU-Botschaft sei ebenfalls evakuiert worden, der Botschafter werde aber seine Arbeit im Sudan fortsetzen. Auch andere Länder, darunter Frankreich, Belgien, Italien, Griechenland, die Niederlande, Schweden und Spanien holten ihre Bürger außer Landes. Ausländische Diplomaten hatten sich zuletzt immer wieder um eine stabile Feuerpause für die Evakuierung bemüht. Doch vor allem der Flughafen in Khartum stand in den vergangenen Tagen im Zentrum der Kampfhandlungen. Am Mittwoch wurde ein erster Evakuierungsversuch abgebrochen, Deutsche mit Maschinen der Luftwaffe außer Landes zu bringen, weil die Sicherheitslage in der umkämpften Hauptstadt als zu gefährlich für einen solchen Einsatz eingeschätzt wurde.
/inland/innenpolitik/krisenstab-evakuierung-sudan-101.html
2023-04-24
Hohe Geldabflüsse bei der Credit Suisse
Vor der Übernahme
Die Credit Suisse hat vor der Übernahme durch die UBS weiter mit Milliardenabflüssen zu kämpfen. Der ausgewiesene Milliardengewinn hängt mit den Notfallmaßnahmen der Notenbank zusammen. mehr
Die Credit Suisse hat vor der Übernahme durch die UBS weiter mit Milliardenabflüssen zu kämpfen. Der ausgewiesene Milliardengewinn hängt mit den Notfallmaßnahmen der Notenbank zusammen. Im ersten Quartal haben die Kunden der angeschlagenen Credit Suisse weiter Milliarden abgezogen. Netto seien 61,2 Milliarden Franken abgeflossen, teilte die vor der Übernahme durch die UBS stehende Schweizer Großbank mit. Die verwalteten Vermögen schrumpften auf 1,25 Billionen Franken nach 1,29 Billionen Ende 2022. Die Abflüsse seien in den Tagen unmittelbar vor und nach der Bekanntgabe des Zusammenschlusses mit der UBS besonders hoch ausgefallen, so die Credit Suisse. Sie hätten sich seither aber auf einem deutlich niedrigeren Niveau stabilisiert. "Eine Trendumkehr wurde jedoch bis 24. April 2023 nicht beobachtet." Quartalsgewinn nur wegen Notübernahme Für das erste Quartal weist das Institut einen Nettogewinn von 12,4 Milliarden Franken aus. Dieser wurde allerdings nicht im operativen Geschäft erzielt, sondern geht auf die Notfallmaßnahmen im März zurück: "Die Ergebnisse für das erste Quartal 2023 widerspiegeln im Wesentlichen die Abschreibung auf null von Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals (AT1) im Umfang von 15 Milliarden Franken wie von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) im Hinblick auf den geplanten Zusammenschluss angeordnet", erklärte die Credit Suisse. Die Abschreibung der auch "CoCo-Bonds" genannten Papiere hatte bei den Gläubigern der Bank für erheblichen Unmut gesorgt und wird wohl noch juristisch aufgearbeitet. Um Sonderfaktoren bereinigt ergab sich ein Vorsteuerverlust von 1,3 Milliarden Franken. Auch für das angelaufene zweite Quartal und das Gesamtjahr stellte das Geldhaus einen erheblichen Vorsteuerverlust in Aussicht. Notenbank stützt mit Milliarden Ende März hatte das wegen einer Vertrauenskrise ins Straucheln geratene Institut netto 108 Milliarden Franken Liquiditätshilfe von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in Anspruch genommen. Bis heute hat die Credit Suisse davon zehn Milliarden zurückgezahlt. Insgesamt könnten sie und die UBS im Rahmen ihres Zusammenschlusses auf Hilfen von Staat und SNB von bis zu rund 260 Milliarden Franken zugreifen. Die Credit Suisse gab außerdem bekannt, dass die geplante Wiederbelebung der Investmentbank CS First Boston gestorben sei. Ursprünglich hatte die Bank geplant, das Investmentgeschäft der M. Klein & Co. für rund 175 Millionen US-Dollar zu übernehmen, das gesamte Investmentgeschäft abzuspalten und später an die Börse zu bringen.
/wirtschaft/finanzen/credit-suisse-milliardenabfluesse-101.html
2023-04-24
78 Millionen Euro Spenden für Erdbebenopfer
Türkei und Syrien
Knapp zweieinhalb Monate nach dem schweren Erdbeben in der Türkei und Syrien hat das Bündnis "Aktion Deutschland hilft" Bilanz gezogen. Insgesamt wurden etwa 78 Millionen Euro gespendet. Inzwischen ist die Spendenbereitschaft gesunken. mehr
Knapp zweieinhalb Monate nach dem schweren Erdbeben in der Türkei und Syrien hat das Bündnis "Aktion Deutschland hilft" Bilanz gezogen. Insgesamt wurden etwa 78 Millionen Euro gespendet. Inzwischen ist die Spendenbereitschaft gesunken. Nach der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien sind bisher 78 Millionen Euro Spenden bei der "Aktion Deutschland Hilft" eingegangen. Das sagte eine Sprecherin des Hilfsbündnisses dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Allein in der ersten Woche nach den Erdbeben vom 6. bis 13. Februar seien bereits 17,9 Millionen Euro gespendet worden. In den vergangenen Wochen sei die Spendenbereitschaft jedoch stark zurück gegangen. Das entspreche den Erfahrungen nach anderen Katastrophen, da auch Medienberichte und Spendenaufrufe weniger würden. Doch auch immer noch würden viele Menschen helfen. So wurden zuletzt zwischen dem 12. und 19. April noch rund zwei Millionen Euro gespendet. Hunderttausende Menschen obdachlos Beim dem verheerenden Beben sind nach offiziellen Angaben in der Türkei mehr als 50.000 Menschen ums Leben gekommen. In Syrien gab es etwa 5900 Todesopfer. Hunderttausende verloren in der Erdbebenregion ihr Zuhause, viele Menschen sind nach wir vor obdachlos und harren in notdürftigen Lagern aus. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sprach von der "schlimmsten Naturkatastrophe" in Europa seit einem Jahrhundert. In der "Aktion Deutschland hilft" haben sich mehr als 20 Organisationen zusammengeschlossen, darunter christliche, jüdische und muslimische Hilfswerke.
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2023-04-24
Ein ungern gesehener Gast
Lawrow in New York
Seit Russland den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat übernommen hat, ist die Sorge groß, dass der Kreml diese Position missbraucht. Der russische Außenminister Lawrow wird heute in New York erwartet. Er will eine Sitzung des Rates leiten. Von Peter Mücke.
Seit Russland den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat übernommen hat, ist die Sorge groß, dass der Kreml diese Position missbraucht. Der russische Außenminister Lawrow wird heute in New York erwartet. Er will eine Sitzung des Rates leiten. Als Russland Anfang des Monats turnusgemäß den Vorsitz des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen übernahm, sprach EU-Außenbeauftragter Josep Borrell von einem April-Scherz. Der UN-Vertreter Moskaus, Wassily Nebensja, reagierte darauf leicht gereizt: "Dazu stelle ich nur eine rhetorische Frage: 'Wer ist das überhaupt, der das sagt?'" Doch dass ausgerechnet der Aggressor im Ukraine-Krieg in diesem Monat die Präsidentschaft des wichtigsten UN-Gremiums inne hat, damit haben so gut wie alle westlichen Staaten ein Problem. Allen voran die USA. Die UN-Botschafterin der Vereinigten Staaten, Linda Thomas-Greenfield, kündigte an: "Wir werden jede Gelegenheit nutzen, um Russland daran zu hindern, den Vorsitz zu missbrauchen, um Desinformation zu verbreiten und um Unterstützung für diese Bemühungen zu werben." Dann verließ sie aus Protest - zusammen mit den Vertretern Großbritanniens, Maltas und Albaniens - den Raum, als Anfang des Monats die per Haftbefehl gesuchte russische Kinderbeauftragte Maria Lwowa-Belowa per Video zugeschaltet wurde. Es war der bislang einzige große Eklat während der russischen Präsidentschaft. "Plattform für Falschinformationen" Richard Gowan von der Denkfabrik International Crisis Group meint: "Russland hat den Sicherheitsrat seit Februar vergangenen Jahres als Plattform genutzt, um Falschinformationen über den Krieg in der Ukraine zu verbreiten. Ich glaube nicht, dass Russland es schafft, durch den Vorsitz jetzt zusätzliche Vorteile für seine Kampagne zu bekommen." Auch wenn er die Sorgen, insbesondere der Ukraine, verstehen könne. Deren Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuletzt den Vorsitz Moskaus als "Bankrott" internationaler Institutionen bezeichnet und wiederholt den Ausschluss Russlands aus dem Sicherheitsrat gefordert. "Russland könnte noch destruktiver handeln" Gowan ist da skeptisch, nicht nur, weil es rechtlich gar nicht möglich wäre, das Land gegen seinen Willen auszuschließen. Er sagt: "Wenn Russland sich zurückgewiesen, isoliert oder aus den UN verbannt fühlt, dann könnte das Land noch destruktiver handeln und seinen Einfluss nutzen, um noch mehr Probleme etwa in Syrien oder Afghanistan zu schaffen. So schwer es auch ist: Ich denke, ein Sicherheitsrat mit Russland ist besser, als wenn Russland außerhalb wäre." Für heute hat sich der russische Außenminister Sergej Lawrow in New York angekündigt. Er will persönlich eine Sitzung des Sicherheitsrates zum Thema Multilateralismus leiten. Bereits im Vorfeld gab es Wirbel um den Besuch: Die USA verwehrten russischen Journalisten, die Lawrow begleiten wollten, das notwendige Visum zur Einreise. Der russische Außenminister reagierte empört. Eine eher unspektakuläre Sitzung? Trotzdem geht UN-Experte Gowan davon aus, dass die heutige Sitzung eher unspektakulär verlaufen wird: "Es ist klar, dass Russland die Sitzung nutzen wird, um die USA zu beschuldigen, den Multilateralismus zu untergraben - etwa durch einseitige Sanktionen. Russland kann ziemlich zuversichtlich sein, dass China diese Position unterstützen wird. Einige Sicherheitsratsmitglieder, wie Brasilien, werden versuchen, einen Mittelweg zu finden. Aber am Ende des Tages wird das keine bedeutende Rolle in der Geschichte dieses Krieges spielen." Wichtiger scheint da ein offenbar geplantes Treffen Lawrows mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres zu sein. Dabei soll es um die Zukunft des Getreideabkommens gehen. Russland hatte zuletzt wiederholt damit gedroht, die Vereinbarung über die sichere Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine zum 18. Mai auslaufen zu lassen.
/ausland/amerika/lawrow-new-york-101.html
2023-04-24
Geschäftsklima hellt sich weiter auf
ifo-Umfrage
Bei den deutschen Unternehmen wächst der Optimismus. Im April stieg der Geschäftsklimaindex des Münchener ifo-Instituts zum sechsten Mal in Folge. mehr
Bei den deutschen Unternehmen wächst der Optimismus. Im April stieg der Geschäftsklimaindex des Münchener ifo-Instituts zum sechsten Mal in Folge. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich weiter verbessert. Der vom Münchener ifo-Institut ermittelte Geschäftsklimaindex kletterte von 93,2 Punkten im März auf 93,6 Punkte im April. Das ist der sechste Monatsanstieg in Folge. Die rund 9000 befragten Top-Manager sind damit so zuversichtlich wie seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 nicht mehr. "Die Sorgen der deutschen Unternehmen lassen nach, aber der Konjunktur fehlt es an Dynamik", sagte ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Führungskräfte bewerteten ihre Lage etwas skeptischer als zuletzt, ihre Geschäftsaussichten jedoch besser. "Große Sorgen" im Bausektor Im verarbeitenden Gewerbe etwa nahmen die optimistischen Stimmen laut ifo "merklich zu". Die Produktion soll in den kommenden Monaten ausgeweitet werden, die Kapazitätsauslastung stieg auf einen Wert oberhalb des langfristigen Mittelwerts. Im Dienstleistungssektor wurde die Stimmung mit Blick auf die kommenden Monate dagegen pessimistischer. Im Bauhauptgewerbe stieg das Geschäftsklima zwar - "aber die Sorgen bleiben groß", so die Wirtschaftsforscher. Die Einschätzung der aktuellen Lage fiel hier auf den niedrigsten Wert seit Dezember 2015. Bleibt die Rezession aus? "Die erneute Erholung des ifo-Geschäftsklimas deutet darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal erneut gewachsen sein dürfte", so Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Allerdings sollte man nicht übermütig werden. Die US-Notenbank erhöht ihre Leitzinsen bereits seit März vergangenen Jahres kräftig. In Deutschland folgten Zinserhöhungsphasen mit einer Verzögerung von durchschnittlich fünf Quartalen stets Rezessionen. Wir halten die Prognosen der meisten Volkswirte für optimistisch, dass sich die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte deutlich erholen wird." Ende 2022 war die deutsche Wirtschaft auch wegen der Energiekrise um 0,4 Prozent geschrumpft. Für das erste Quartal rechnen die meisten Ökonomen aber mittlerweile mit einer geringfügigen Erholung des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Damit würde die befürchtete Winterrezession ausbleiben. Die Daten dazu werden am Freitag veröffentlicht.
/wirtschaft/konjunktur/ifo-april-anstieg-101.html
2023-04-24
Erste Evakuierte aus dem Sudan in Berlin gelandet
Einsatz der Bundeswehr
Die erste Militärmaschine der Bundeswehr mit Evakuierten aus dem Sudan ist in Berlin gelandet. Zwei weitere Flüge erreichten sicher Jordanien. Auch Rettungsmissionen anderer Staaten laufen. Bisher wurden mehr als 1000 EU-Bürger ausgeflogen. mehr
Die erste Militärmaschine der Bundeswehr mit Evakuierten aus dem Sudan ist in Berlin gelandet. Zwei weitere Flüge erreichten sicher Jordanien. Auch Rettungsmissionen anderer Staaten laufen. Bisher wurden mehr als 1000 EU-Bürger ausgeflogen. Die erste Militärmaschine der Bundeswehr mit Evakuierten aus dem Sudan ist nach Angaben des Auswärtigen Amts am Morgen in Berlin gelandet. An Bord seien 101 Deutsche, ihre Familien und Angehörige weiterer Partnerstaaten gewesen. Die Maschine landete demnach um 6.15 Uhr. Weitere Evakuierungsflüge seien geplant, solange die Sicherheitslage es zulasse, hieß es vom Auswärtigen Amt weiter. Um 6:15 Uhr sind 101 Deutsche, ihre Familien&Angehörige weiterer Partnerstaaten mit einem A321 von @Team_Luftwaffe in Berlin gelandet. Sie wurden gestern zunächst aus #Sudan nach Jordanien ausgeflogen. Weitere Evakuierungsflüge sind geplant, solange die Sicherheitslage es zulässt https://t.co/gqR0HxNNkh Ein zweiter Transporter mit 113 Evakuierten sei inzwischen sicher bei einem Zwischenstopp in Jordanien angekommen. Die Evakuierten wurden zunächst mit Militärtransportern vom Typ Airbus A400M nach Jordanien gebracht, um dann von dort nach Deutschland zurückzukehren. Auch eine dritte deutsche Militärmaschine mit Evakuierten aus dem Sudan sei inzwischen in Jordanien gelandet, teilte die Bundeswehr mit. Insgesamt seien damit bisher 311 Menschen ausgeflogen worden. Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr zeigt sich mit der Operation zufrieden, die Evakuierungen hätten "gut funktioniert". Die Weiterreise der evakuierten Staatsbürgerinnen und Staatsbürger anderer Nationen werde nun mit den betreffenden Staaten abgestimmt. Mehr als 300 Deutsche auf Krisenliste Deutschland hatte wie andere Staaten in dem Land am Horn von Afrika am Sonntag einen Evakuierungseinsatz gestartet. Insgesamt waren drei Maschinen vom Typ Airbus A400M der Bundeswehr in den Sudan geflogen, um Personen aufzunehmen. Es sollten mehr als 300 auf einer Krisenliste registrierte Deutsche über den jordanischen Militärflugplatz Al-Asrak ausgeflogen werden. Auch "weitere zu schützende Personen überwiegend aus europäischen Staaten ohne eigene Evakuierungsmöglichkeiten" nahm die Bundeswehr an Bord, darunter 42 Niederländer. Zudem wurde eine einstellige Zahl Staatsangehöriger aus Australien, Bulgarien, Großbritannien, Belgien, Norwegen, Tschechien, Irland, Schweden und Portugal ausgeflogen. Der Einsatz, an dem insgesamt mehr als 1000 Männer und Frauen der Bundeswehr beteiligt sind, wurde über mehrere Tage hinweg vorbereitet. Ob es weitere A400M-Flüge der Bundeswehr in den Sudan geben wird, ist unklar. Das hänge davon ab, ob noch weitere Menschen vor Ort seien, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), im Deutschlandfunk. Er verwies aber zugleich auf die Zusammenarbeit mit anderen Staaten bei den Evakuierungen. "Wir helfen uns da gegenseitig", sagte Roth. In der Nacht ist ein dritter A400M der #BundeswehrimEinsatz im Sudan gestartet und in den frühen Morgenstunden sicher gelandet. Bei der Evakuierungsoperation wurden bisher 311 zu evakuierende Personen nach Jordanien gebracht, von hier wird eine Weiterreise organisiert. https://t.co/a4wQltyRLh Mehrere Länder haben Evakuierungen begonnen Zuvor hatten bereits die USA und mehrere europäische Länder begonnen, ihre Staatsangehörigen wegen der zunehmend angespannten Lage aus dem Sudan zu evakuieren. Frankreich vermeldet inzwischen 388 gerettete Personen und will den Einsatz im Sudan fortsetzen. Auch Schweden hat erste Botschaftsmitarbeiter und ihre Familien in das Nachbarland Djibouti ausgeflogen, nannte aber keine genauen Zahlen. Ein niederländisches Flugzeug hat ebenfalls Menschen unterschiedlicher Nationalität nach Jordanien gebracht. China ließ verlauten, Botschaftspersonal zu evakuieren. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock reiste wegen der Lage im Sudan nicht zu einem Treffen mit ihren EU-Kollegen. Sie werde sich in Luxemburg von Botschafter Michael Clauß vertreten lassen, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Mehr als 1000 EU-Bürger ausgeflogen Die Europäische Union hat ihre Mitarbeiter indes aus dem umkämpften Sudan ausgeflogen. Es sei eine komplizierte, aber erfolgreiche Operation gewesen, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bei dem Treffen. 21 Mitarbeiter seien bereits zurück in Europa. Insgesamt seien seit Beginn der Evakuierungen mehr als 1000 EU-Bürger in Sicherheit gebracht worden. Borrell bedankte sich bei den daran beteiligten EU-Staaten für die Evakuierung. Er hoffe, dass die Zusammenarbeit unter den EU-Staaten so funktioniere, dass jeder EU-Bürger in Sicherheit gebracht werden könne. Nach Angaben eines EU-Vertreters befanden sich am vergangenen Freitag noch ungefähr 1500 EU-Bürger in Khartum. Lage für Bevölkerung prekär Die Lage für die Bevölkerung im Land ist weiterhin prekär. "Es fehlt an Strom, an Wasser, an Essen", berichtete ARD-Korrespondentin Vera Rudolph im Morgenmagazin. Stromabschaltungen und Internetausfälle behinderten zunehmend die Kommunikation. Auch in den Krankenhäusern vor Ort fehle es an Ausstattung und Medikamenten, insbesondere Blutkonserven. "Das Personal ist weg, denn viele Menschen fliehen", so Rudolph. Für Sudanesinnen und Sudanesen gebe es nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios hingegen noch keine sicheren Fluchtkorridore. In Khartum habe sich die Sicherheitslage drastisch verschlechtert. Kämpfe zwischen mächtigen Militärs Im Sudan kämpfen seit gut einer Woche die zwei mächtigsten Generäle des Landes und ihre Einheiten um die Macht. Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohnern seit zwei gemeinsamen Militärcoups 2019 und 2021. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Dabei hat es bereits zahlreiche Tote gegeben.
/inland/evakuierte-sudan-bundeswehr-101.html
2023-04-24
Für wen lohnt sich das Deutschlandticket?
Nah- und Regionalverkehr
Vom 1. Mai an haben Fahrgäste die Möglichkeit, das Deutschlandticket für den Nahverkehr zu nutzen. Wer davon am meisten profitieren kann und wann herkömmliche Monatskarten Vorteile bringen. mehr
Vom 1. Mai an haben Fahrgäste die Möglichkeit, das Deutschlandticket für den Nahverkehr zu nutzen. Wer davon am meisten profitieren kann und wann herkömmliche Monatskarten Vorteile bringen. Das 9-Euro-Ticket hat im vergangenen Sommer vielen Ausflüglern und Pendlern finanzielle Erleichterung gebracht. Nun wird im Mai der Nachfolger, das Deutschlandticket, eingeführt. Dieses ist als dauerhaftes Abo für Millionen von Menschen gedacht und kostet zunächst 49 Euro pro Monat. Es gilt ein Einheitspreis für alle Bus- und Bahnfahrten im Nah- und Regionalverkehr in ganz Deutschland. Die Bahn geht davon aus, dass das Deutschlandticket insgesamt von rund 17 Millionen Menschen genutzt wird. Wer von dem Angebot profitieren dürfte - und für wen sich das Deutschlandticket eher nicht lohnt. Regelmäßige Fahrgäste im ÖPNV Das Deutschlandticket dürfte für viele Pendler, die bereits den öffentlichen Nahverkehr nutzen, die bevorzugte Fahrkarte sein. Bisher sind Monatstickets oft viel teurer im Vergleich zu dem neuen 49-Euro-Ticket, insbesondere wenn die Arbeitsstätte nicht im Wohnort liegt oder der Arbeitgeber sich nicht an den Kosten beteiligt. Selbst mit Arbeitgeberbeteiligung ist der monatliche Ticketpreis oft immer noch höher. Mit der Jobticket-Option dürfte das Deutschlandticket für einige Pendler sogar noch günstiger werden als 49 Euro. Denn wenn der Arbeitgeber mindestens 25 Prozent der Kosten übernimmt, geben Bund und Länder weitere fünf Prozent hinzu. Dadurch könnte das Abo für manche Pendler nur noch 34,30 Euro kosten. Trotzdem muss das günstigste Angebot nicht für jeden geeignet sein. Das 49-Euro-Abo bietet keine Möglichkeit, andere Personen kostenlos mitzunehmen und ist personengebunden und nicht übertragbar. Hier können herkömmliche Monatskarten Vorteile bieten. Reisen und Ausflügler Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass das auf drei Monate beschränkte 9-Euro-Ticket für viele Ausflügler eine beliebte Wahl war. Insbesondere für Tagesausflüge in nahegelegene Städte oder für Wanderungen in der Natur rechnete sich das Monatsticket oft schon allein an einem Tag. Entsprechend voll waren an den Wochenenden viele Züge und Bahnhöfe. Finanziell ist das Deutschlandticket vor allem für größere Entfernungen, Reisen mit Übernachtung oder mehrere Touren pro Monat sinnvoll. Für Tagesausflüge mit dem Nahverkehr gibt es das etwas günstigere Quer-durchs-Land-Ticket, das für 44 Euro bundesweit einen Tag lang gültig ist. Dabei fallen für jeden weiteren Mitfahrer nur jeweils sieben Euro zusätzlich an. Das Deutschlandticket ist erst dann im Vergleich vorteilhaft, wenn eine Übernachtung geplant ist, da es auch am nächsten Tag noch gültig ist. Dorfbewohner und Städter Das 9-Euro-Ticket und sein Nachfolger stehen nach wie vor in der Kritik, da sie das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs zwar günstiger machen, aber nicht notwendigerweise verbessern. Vor allem auf dem Land fühlen sich viele Menschen gezwungen, ein Auto zu benutzen, da die Anbindung an Busse und Bahnen oft schlecht ist. Das Deutschlandticket ist besonders für Stadtbewohner und Menschen in den umliegenden Speckgürteln attraktiv. Es könnte, ähnlich wie das 9-Euro-Ticket, ein Anreiz sein, das bestehende ÖPNV-Angebot genauer zu betrachten und zu nutzen. Fernreisende und Fernpendler Das Deutschlandticket ist ausschließlich für den Nah- und Regionalverkehr gültig und kann nicht für Fahrten mit Fernverkehrszügen wie ICE- und IC-Zügen oder Nachtzügen von anderen Anbietern genutzt werden. Auch Flix-Züge und -Busse sind nicht inbegriffen. Das Ticket kann aber genutzt werden, um zum Bahnhof zu gelangen und von dort aus in einen Fernverkehrszug umzusteigen. Bei Verzögerungen im Regionalverkehr, die dazu führen, dass ein gebuchter ICE verpasst wird, ist jedoch keine Entschädigung oder Aufhebung der Zugbindung möglich. Die Kunden hätten in diesem Fall zwei Beförderungsverträge abgeschlossen, die fahrgastrechtlich separat betrachtet würden, heißt es dazu von der Bahn. Quelle: dpa
/wirtschaft/verbraucher/49-euro-ticket-nahverkehr-101.html
2023-04-24
Mehr als 1000 EU-Bürger evakuiert
Nach Eskalation im Sudan
Die Evakuierungsaktionen im Sudan halten an: Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Borrell sind inzwischen bereits mehr als 1000 EU-Bürger ausgeflogen worden. Die Bundeswehr brachte 311 Menschen in Sicherheit. mehr
Die Evakuierungsaktionen im Sudan halten an: Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Borrell sind inzwischen bereits mehr als 1000 EU-Bürger ausgeflogen worden. Die Bundeswehr brachte 311 Menschen in Sicherheit. Seit dem Beginn der Evakuierungsaktionen im Sudan sind nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell bereits mehr als 1000 Ausländer in Sicherheit gebracht geworden. "Es ist eine komplexe Aktion gewesen und es ist eine erfolgreiche Aktion gewesen", sagte Borrell. Unter den Evakuierten waren demnach auch 21 Diplomaten der EU-Vertretung in Khartum. Borrell dankte insbesondere Frankreich für seine Hilfe beim Ausfliegen "unserer Leute". "Und ich will den vereinten Bemühungen vieler Länder danken, die ihre Staatsbürger, aber auch alle Staatsbürger, die sie aufsammeln konnten, mitgenommen haben", fügte der EU-Außenbeauftragte hinzu. "Es gibt keine militärische Lösung für diesen Krieg" Zu den aktuellen Entwicklungen im Land sagte Borrell, die Waffenruhe sei nun vorbei und man müsse weiter auf eine politische Lösung drängen. "Wir können es uns nicht leisten, dass ein bevölkerungsreiches Land wie der Sudan zusammenbricht, weil das in ganz Afrika Schockwellen auslösen würde", sagte er. Die Botschaft an die Konfliktparteien sei, dass sie "den Krieg stoppen, die Waffen zum Schweigen bringen, anfangen zu reden und nach einer politischen Lösung suchen" müssten. "Denn es gibt keine militärische Lösung für diesen Krieg." Borrell bestätigte zudem, dass der EU-Botschafter Aidan O'Hara im Sudan geblieben sei, sich allerdings nicht mehr in der Hauptstadt Khartum aufhält. "Er musste da bleiben. Der Kapitän ist der Letzte, der das Schiff verlässt", sagte Borrell. Bundeswehr flog bisher 311 Menschen aus Auch die Bundeswehr ist beteiligt: Die erste Militärmaschine mit Evakuierten landete nach Angaben des Auswärtigen Amts am Morgen in Berlin. An Bord seien 101 Deutsche, ihre Familien und Angehörige weiterer Partnerstaaten gewesen. Weitere Evakuierungsflüge seien geplant, solange die Sicherheitslage es zulasse, hieß es vom Auswärtigen Amt weiter. Ein zweiter Transporter mit 113 Evakuierten sei inzwischen sicher bei einem Zwischenstopp in Jordanien angekommen. Auch eine dritte deutsche Militärmaschine mit Evakuierten aus dem Sudan sei inzwischen in Jordanien gelandet, teilte die Bundeswehr mit. Insgesamt seien damit bisher 311 Menschen ausgeflogen worden. Nach einer vorläufigen Liste, die der Nachrichtenagentur dpa vorlag, waren unter den Evakuierten 42 Niederländer und mehr als 15 Österreicher. Zudem wurde eine einstellige Zahl Staatsangehöriger aus Australien, Bulgarien, Großbritannien, Belgien, Norwegen, Tschechien, Irland, Schweden und Portugal ausgeflogen. Mehr als die Hälfte der Evakuierten sind deutsche Staatsbürger. Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr zeigte sich mit der Operation zufrieden, die Evakuierungen hätten "gut funktioniert". Die Weiterreise der evakuierten Staatsbürgerinnen und Staatsbürger anderer Nationen werde nun mit den betreffenden Staaten abgestimmt. Um 6:15 Uhr sind 101 Deutsche, ihre Familien&Angehörige weiterer Partnerstaaten mit einem A321 von @Team_Luftwaffe in Berlin gelandet. Sie wurden gestern zunächst aus #Sudan nach Jordanien ausgeflogen. Weitere Evakuierungsflüge sind geplant, solange die Sicherheitslage es zulässt https://t.co/gqR0HxNNkh Zuvor hatten bereits die USA und mehrere europäische Länder begonnen, ihre Staatsangehörigen wegen der zunehmend angespannten Lage aus dem Sudan zu bringen. Frankreich vermeldete inzwischen 388 gerettete Personen und will den Einsatz fortsetzen. Auch Schweden flog erste Botschaftsmitarbeiter und ihre Familien in das Nachbarland Dschibuti aus, nannte aber keine genauen Zahlen. Ein niederländisches Flugzeug brachte ebenfalls Menschen unterschiedlicher Nationalität nach Jordanien. China ließ verlauten, Botschaftspersonal zu evakuieren. Kritik an britischer Regierung Nach der Evakuierung britischer Diplomaten aus dem Sudan steht die Regierung in London in der Kritik. Mehrere britische Staatsbürger beschwerten sich in Medien, sie fühlten sich allein gelassen. Die Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Parlament, Alicia Kearns, sagte dem Sender BBC Radio 4, vermutlich wollten mehr als 1000 Britinnen und Briten in Sicherheit gebracht werden. "Das sind manchmal große Familien. Ich vermute, dass es sich um 3000, 4000 oder mehr Leute handelt", sagte die konservative Politikerin. Premierminister Rishi Sunak hatte zuvor mitgeteilt, das britische Militär habe britische Diplomaten und ihre Familien evakuiert. Außen-Staatssekretär Andrew Mitchell verteidigte den Einsatz. Die Rettung des Botschaftspersonals habe Priorität gehabt, da es eine "sehr konkrete Drohung gegen die diplomatische Gemeinde" in der Hauptstadt Khartum gegeben habe, sagte Mitchell dem Sender Sky News. Er versicherte, die Regierung tue, was möglich sei. Vor einem Waffenstillstand gebe es aber wenig Chancen auf Hilfe, auch weil die Flugplätze umkämpft seien. "Die Situation ist völlig verzweifelt, und eine Waffenruhe notwendig. Und der einzige Rat, den Großbritannien den Leuten geben kann, ist, in geschlossenen Räumen zu bleiben, denn das ist die sichere Option", sagte der konservative Politiker. Asselborn: Menschen im Sudan nicht vergessen Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn mahnte an, die lokale Bevölkerung nicht zu vergessen. Was in dem Land passiere, sei eine große Katastrophe, sagte er vor einem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg. "Denken wir auch an die Menschen, die nicht evakuiert werden können, die im Sudan leben." Zugleich begrüßte der luxemburgische Außenminister, dass EU-Bürger aus dem umkämpften Sudan ausgeflogen wurden. Er hoffe, dass die Zusammenarbeit unter den EU-Staaten so funktioniere, dass jeder EU-Bürger in Sicherheit gebracht werden könne. Während westliche Staaten ihr diplomatisches Personal ausfliegen, versuchen Einheimische nach Angaben der Nachrichtenagentur AP, auf dem Landweg vor den anhaltenden Kämpfen zu fliehen. Am Übergang Arkin an der ägyptischen Grenze stauten sich demnach etwa 30 Busse mit jeweils mindestens 55 Menschen. Im Sudan waren vor mehr als einer Woche schwere Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohnern seit einem gemeinsamen Militärcoup 2021. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Eigentlich hätte sich die RSF der Armee unterordnen und die Macht im Land wieder an eine zivile Regierung übertragen werden sollen. Da sich beide Lager jedoch letztlich nicht einigen konnten, schlug der Konflikt in Gewalt um.
/ausland/afrika/sudan-evakuierungen-105.html
2023-04-24
"Es ist einfach, uns zu vergessen"
Sudanesische Bevölkerung
Die Konfliktparteien im Sudan ermöglichen zwar die Evakuierung ausländischer Staatsbürger. Doch sichere Fluchtkorridore für Sudanesen und Sudanesinnen fehlen. Ihr Alltag ist gefährlich, es mangelt am Nötigsten. Von Tilo Spanhel.
Die Konfliktparteien im Sudan ermöglichen zwar die Evakuierung ausländischer Staatsbürger. Doch sichere Fluchtkorridore für Sudanesen und Sudanesinnen fehlen. Ihr Alltag ist gefährlich, es mangelt am Nötigsten. Über der sudanesischen Hauptstadt Khartum steht Qualm. Schüsse und Explosionen hallen durch die Straßen, berichten Anwohner. Eine Geräuschkulisse, die an den Nerven zehrt. "Die ganze Nacht konnte ich nicht schlafen", erzählt eine nigerianische Studentin der Nachrichtenagentur Reuters. "Ich komme einfach nicht zur Ruhe." Es gebe kein fließend Wasser mehr. "Ein bisschen habe ich noch zum Trinken, aber nicht viel." Rausgehen, um neues zu kaufen, könne man nicht.  Während die Evakuierungsmissionen für zahlreiche ausländische Staatsangehörige im Sudan angelaufen sind, sitzen viele Menschen in der umkämpften Hauptstadt Khartum fest. Sudanesen und Sudanesinnen, aber auch Bürger und Bürgerinnen aus Ländern, die keine Evakuierungen gestartet haben. "Andere Staaten evakuieren ihre Leute. Sie zeigen, dass sie sich kümmern", so die Studentin. "Aber bei uns? Unsere Länder haben nur Ausreden parat. Sie sagen, es würde zu viel kosten. Als wäre Geld wichtiger als Menschenleben!" Flucht aus der Hauptstadt besonders schwer Trotz der bedrohlichen Sicherheitslage versuchen immer mehr Menschen, die Konfliktgebiete auf eigene Faust zu verlassen. Zehntausende sind Berichten zufolge bereits über die Grenzen in die Nachbarländer des Sudans geflohen. Aus Khartum, wo sich die Kämpfe zwischen der sudanesischen Armee und den Paramilitärs zu konzentrieren scheinen, ist die Flucht besonders schwer. Überall wird gekämpft. Frontlinien sind in der Stadt kaum erkennbar. Doch zu bleiben wird zunehmend schwierig.  Viele Busse haben Khartum bereits verlassen, so eine Journalistin des Fernsehsenders al-Arabeyya. "Die Lage ist sehr gefährlich geworden. Es ist dort nicht mehr sicher." In der Hauptstadt gebe es weder Wasser noch Strom - und auch keinen Treibstoff mehr. Tägliche Besorgungen lebensgefährlich Die humanitäre Situation spitzt sich unterdessen überall im Land zu. Die meisten Krankenhäuser wurden bereits geschlossen. Teilweise sind sie durch die Kämpfe beschädigt worden. Es gibt Berichte, wonach Armee und Paramilitärs zivile Krankenhäuser als Truppenlager genutzt haben sollen. Seit Beginn der Auseinandersetzungen vor mehr als einer Woche ist in vielen Teilen Khartums der Strom ausgefallen. Fließend Wasser und Nahrung sind rar geworden, nur wenige Lebensmittelgeschäfte haben noch geöffnet. Alyona Synenko vom internationalen Roten Kreuz berichtet in einer Sprachnachricht von der Lage. "Einige sind mittlerweile so verzweifelt, dass sie das große Risiko auf sich nehmen und aus dem Haus gehen", so Synenko. Dabei werde immer noch gekämpft - es sei sehr gefährlich, rauszugehen. "Was wir jetzt sehen, sind jeden Tag mehr und mehr getötete Zivilisten." Bisher keine Waffenruhe eingehalten Die Weltgesundheitsorganisation hat mittlerweile Hunderte Tote gezählt und Tausende Verletzte. Bei vielen nimmt die Verzweiflung zu. In sozialen Netzwerken - dort, wo sich Sudanesen und Sudanesinnen in dieser Not koordinieren und ihre Sorgen teilen - wächst die Kritik an den ausländischen Evakuierungen. Viele befürchten, dass die Konfliktparteien noch rücksichtsloser kämpfen könnten, wenn kaum noch Ausländer in der Stadt sind. Andere fühlen sich schlicht im Stich gelassen. Eine Sudanesin twittert: "Ich habe das Gefühl, es ist einfach für die internationale Gemeinschaft, uns in einer solchen Krise zu vergessen. Weil sie glauben, dass wir an so etwas ja gewöhnt sein müssten." Während die Konfliktparteien am Wochenende zugestimmt hatten, eine Evakuierung ausländischer Staatsbürger zu ermöglichen, gibt es bislang keine sicheren Fluchtkorridore für Sudanesen und Sudanesinnen. Eine Waffenruhe, die das vielleicht möglich machen könnte, ist in der vergangenen Woche nicht zustande gekommen.
/ausland/afrika/sudan-evakuierungen-103.html
2023-04-24
Warnstreiks im Nahverkehr am Mittwoch
Einschränkungen im ÖPNV
Ver.di hat Beschäftigte mehrerer Verkehrsbetriebe für Mittwoch zu Warnstreiks aufgerufen. In fünf Bundesländern ist mit Einschränkungen im Nahverkehr zu rechnen. Neben höheren Löhnen fordert die Gewerkschaft auch bessere Arbeitsbedingungen. mehr
Ver.di hat Beschäftigte mehrerer Verkehrsbetriebe für Mittwoch zu Warnstreiks aufgerufen. In fünf Bundesländern ist mit Einschränkungen im Nahverkehr zu rechnen. Neben höheren Löhnen fordert die Gewerkschaft auch bessere Arbeitsbedingungen. Die Gewerkschaft ver.di hat erneut zu Warnstreiks im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) aufgerufen. Betroffen sind fünf Bundesländer. Am Mittwoch sollen Beschäftigte mehrerer Verkehrsunternehmen mit Eisenbahn-Tarifvertrag (ETV) in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg die Arbeit niederlegen. Unter den Eisenbahn-Tarifvertrag fallen den Angaben zufolge bundesweit etwa 5000 Beschäftigte in rund 40 Betrieben, die ÖPNV auf Straße und Schiene sowie Schienengüterverkehr betreiben. Noch ist aber unklar, in welchen der betroffenen Verkehrsunternehmen die Arbeit niedergelegt werden wird. Die Gewerkschaft gab vorerst nur an, dass für Mittwoch mit Einschränkungen im ÖPNV zu rechnen sei. Der Warnstreik soll größtenteils ganztägig ablaufen. Über die geplanten Aktionen und Betriebsausfälle vor Ort will ver.di noch vorab informieren. Auch im Güterverkehr kann es zu Verzögerungen kommen. Höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen Die Gewerkschaft fordert für die Beschäftigten eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 550 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Auszubildendenvergütung soll um 250 Euro steigen. In einer ersten Verhandlungsrunde am 17. April hatten die Arbeitgeber ein niedrigeres Angebot vorgelegt. Ver.di verlangt zudem bessere Arbeitsbedingungen, um dem Personalmangel in den Betrieben zu begegnen. "Die Beschäftigten und ihre Familien sind von den Preiserhöhungen der letzten Zeit hart getroffen", erklärte ver.di-Verhandlungsführer Volker Nüsse. "Es braucht eine deutliche Erhöhung, um die steigenden Kosten aufzufangen." Die nächste Verhandlungsrunde ist am Freitag geplant. Betriebe profitieren nicht von bisherigen Einigungen Die rund 40 Betriebe werden nicht vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen erfasst. Bei den Verhandlungen dazu hatte es am Wochenende nach langer Debatte eine Einigung gegeben. Die am Mittwoch bestreikten Betriebe haben auch nichts mit den aktuell laufenden Bahn-Tarifverhandlungen zu tun, die von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG geführt werden.
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2023-04-24
Die nächste Pleite in der Modebranche
Ahlers stellt Insolvenzantrag
Der Herrenmodehersteller Ahlers stellt wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag. Damit geht ein weiteres Unternehmen aus der Modebranche mit bekannten Marken pleite. mehr
Der Herrenmodehersteller Ahlers stellt wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag. Damit geht ein weiteres Unternehmen aus der Modebranche mit bekannten Marken pleite. Die wirtschaftlichen Probleme in der deutschen Modebranche bringen immer mehr Unternehmen in Schwierigkeiten. Der Herrenmodehersteller Ahlers kündigte heute an, dass er für die Ahlers AG und sieben Tochtergesellschaften wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenzanträge beim Amtsgericht Bielefeld stellen werde. Die Tochtergesellschaften sind die Ahlers P.C. GmbH, Ahlers Retail GmbH, Ahlers Zentralverwaltung GmbH, Ahlers Vertrieb GmbH, Pioneer Berufskleidung GmbH, Pioneer Jeans-Bekleidung GmbH und Baldessarini GmbH. Die Gesellschaften aus dem Ausland seien dagegen derzeit nicht betroffen. Geschäftsentwicklung unter Planung Auslöser für die Entscheidung sei im Wesentlichen die unter den Planungen liegende Geschäftsentwicklung, sagte Firmenchefin Stella Ahlers. Die Folgen der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden gestörten Lieferketten, die allgemeine Kaufzurückhaltung, die hohe Inflation sowie Insolvenzen im Handel hätten den Schritt unausweichlich gemacht. Dennoch sehe sie Zukunftsoptionen für das Unternehmen, hob Ahlers hervor. Mit Marken wie Baldessarini, Pierre Cardin, Pioneer und Otto Kern machte Ahlers im Geschäftsjahr 2021/22 171 Millionen Euro Umsatz. Unternehmensangaben zufolge sei das ein Zuwachs von 19,9 Prozent zum Vorjahr. Damit lagen die Erlöse unter dem Vor-Corona-Niveau von 207 Millionen Euro aus dem Geschäftsjahr 2018/2019. Ahlers beschäftigt derzeit rund 1700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In den von den Insolvenzanträgen betroffenen Gesellschaften arbeiten rund 400 Beschäftigte. Diese erhalten für die Monate April, Mai und Juni Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit. Pleiten in der Modebranche häufen sich Wie das "Handelsblatt" berichtet, sind allein im ersten Quartal dieses Jahres 27 Mode- und Schuhhändler den Schritt in die Insolvenz gegangen. Das seien mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum, wie eine Auswertung der Unternehmensberatung Falkensteg für das Handelsblatt zeige. Die Zahl der Insolvenzen in der Gesamtwirtschaft sei währenddessen lediglich um 20 Prozent nach oben gegangen. Erst in der vergangenen Woche hatte der Modehersteller Gerry Weber mitgeteilt, beim Essener Amtsgericht die Einleitung eines Verfahrens nach dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) zu beantragen, um den finanziellen Sanierungsprozess des Unternehmens zu beschleunigen. Ziel des StaRUG-Verfahrens ist es, dass Unternehmer ihren Betrieb sanieren können, ohne ein Insolvenzverfahren durchlaufen zu müssen. Parallel dazu soll das deutsche Einzelhandelsgeschäft der Gerry Weber Retail GmbH mithilfe eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung restrukturiert werden. Aktuell kämpfen weitere bekannte Mode- und Schuhkonzerne um das Überleben. So stellte unlängst der Modehändler P&C einen Antrag auf ein Schutzschirmverfahren. Der Schutzschirm ist ein gerichtliches Restrukturierungsverfahren, mit dem das Unternehmen die zur Restrukturierung und Sanierung erforderlichen Maßnahmen gezielt in eigener Verantwortung erarbeiten und kurzfristig unter Aufsicht eines gerichtlich bestellten vorläufigen Sachwalters umsetzen kann. Auch die Schuhhandelskette Reno meldete vor kurzem Insolvenz an, im vergangenen Jahr war der Hamburger Schuhhändler Görtz in die Pleite gerutscht.
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2023-04-24
Keine Starts am BER
Warnstreik beim Sicherheitspersonal
Wochenendzuschläge und besser bezahlte Überstunden - darüber verhandelt die Gewerkschaft ver.di diese Woche mit Luftsicherheitsunternehmen. Beschäftigte am Hauptstadtflughafen BER und auch wieder in Hamburg legten die Arbeit nieder. mehr
Wochenendzuschläge und besser bezahlte Überstunden - darüber verhandelt die Gewerkschaft ver.di diese Woche mit Luftsicherheitsunternehmen. Beschäftigte am Hauptstadtflughafen BER und auch wieder in Hamburg legten die Arbeit nieder. Am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) hat am frühen Morgen der Warnstreik beim Sicherheitspersonal begonnen. Ab 3.30 Uhr legten zahlreiche Beschäftigte im Luftsicherheitsbereich, in der Fluggastkontrolle und der Personal- und Warenkontrolle die Arbeit nieder. Wegen des Streiks wurden am BER für heute alle rund 220 geplanten Abflüge und 72 von 240 Ankünften gestrichen, wie ein Flughafensprecher mitteilte. Ob Flugzeuge ankommen werden, entscheide die jeweilige Fluglinie, sagte ein Flughafensprecher. Die Fluggäste seien aufgerufen, sich bei den Fluggesellschaften über ihre Reisen zu informieren. Morgen werde der Betrieb wieder weitgehend normal laufen. Zum Warnstreik, der bis Mitternacht andauern soll, hatte die Gewerkschaft ver.di aufgerufen.  Zahlreiche Flüge in Hamburg gestrichen Auch am Hamburger Flughafen mussten laut ver.di 31 von 160 geplanten Abflügen wegen eines Streiks abgesagt werden. Hier hatte die Gewerkschaft sehr kurzfristig die Beschäftigten des Abfertigungsunternehmens Aviation Handling Services Hamburg (AHS) zur Arbeitsniederlegung aufgerufen - sie sind zuständig für Check-in und Boarding bei verschiedenen Fluggesellschaften wie Lufthansa, Swiss, Austrian Airlines und Brussels Airlines. AHS war demnach am Montag zuständig für 84 Flüge.  Es könne zu weiteren Streichungen und deutlichen Verzögerungen kommen, teilte der Flughafen mit. Ankünfte laufen voraussichtlich wie geplant. Ver.di will mit dem Ausstand den Druck auf den Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) erhöhen, mit dem sie über Zuschläge für ungünstige Arbeitszeiten etwa am Wochenende verhandelt. Zudem wird über Regeln zur Entlohnung von Überstunden gestritten. "Wir fordern den BDLS noch einmal nachdrücklich auf, am 27. und 28. April ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen und nicht weiter auf Zeit zu spielen, sonst drohen weitere Streiks im Luftverkehr im Mai und an Pfingsten", sagte ver.di-Vorstandsmitglied Wolfgang Pieper. Bereits zuvor Warnstreiks an mehreren Flughäfen Die Aktion am Hauptstadtflughafen reiht sich ein in eine inzwischen lange Liste an Warnstreiks vor allem im Verkehr in den vergangenen Wochen. Zuletzt wurden vergangene Woche die Airports Düsseldorf, Köln/Bonn, Hamburg, Stuttgart und Karlsruhe/Baden-Baden Flughäfen bestreikt. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft legte zudem am Freitag stundenlang den Bahnverkehr bundesweit lahm. Die Flughäfen, die nicht selbst am Verhandlungstisch sitzen, reagieren auf die zahlreichen Streiks und Flugausfälle zunehmend erbost. Erneut seien Zehntausende Passagiere von Hunderten gestrichenen Flügen betroffen, teilte der Flughafenverband ADV mit. "Das Recht der Gewerkschaften, Warnstreiks vor einer Schlichtung durchführen zu dürfen, wird durch die andauernde Abfolge von Streiks ad absurdum geführt", sagte ADV-Geschäftsführer Ralph Beisel.
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2023-04-24
Karin Gregorek mit 81 Jahren gestorben
Trauer um Schauspielerin
Sie war unter anderem als Nonne Felicitas Meier aus der ARD-Serie "Um Himmels Willen" Publikumsliebling und spielte dabei an der Seite von Fritz Wepper: Die Schauspielerin Karin Gregorek. Nun ist sie mit 81 Jahren in Berlin gestorben. mehr
Sie war unter anderem als Nonne Felicitas Meier aus der ARD-Serie "Um Himmels Willen" Publikumsliebling und spielte dabei an der Seite von Fritz Wepper: Die Schauspielerin Karin Gregorek. Nun ist sie mit 81 Jahren in Berlin gestorben. Die Film- und Fernsehschauspielerin Karin Gregorek ist im Alter von 81 Jahren gestorben. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Gregoreks Umfeld. Demnach verstarb sie bereits in der Nacht von Freitag auf Samstag in ihrer Heimat Berlin. Gregorek trat oft in TV-Nebenrollen auf. Dem Fernsehpublikum war die Berlinerin als Klosterschwester Felicitas Meier aus dem ARD-Quotenhit "Um Himmels Willen" bekannt. Die Rolle der stellvertretenden Oberin des Magdalenen-Ordens, in der Gregorek von 2002 an mitwirkte, wurde zu ihrem größten Publikumserfolg mit mehr als sieben Millionen Zuschauern. Die Schwester war eine Sympathieträgerin mit diversen Schwächen: unter anderem für Tabak, Computerspiele, Schokolade und Pokern. Als Gregorek für den Part der Nonne in der ARD-Serie zusagte, spielte für sie auch die Ordenstracht eine Rolle: "Ich dachte, das geht dann in der Maske und Garderobe schneller." Ein Irrtum: Die Nonnen würden natürlich dennoch gründlich geschminkt. Gregorek war zudem sehr häufig in der ZDF-Familienserie "Tierarzt Dr. Engel" zu sehen, und sie hatte darüber hinaus Auftritte in den ARD-Krimis "Polizeiruf 110" und "Tatort". Schauspielerin per Zufall Gregorek war eher zufällig zu ihrem Beruf als Schauspielerin gekommen, wie sie in einem Interview erzählt hatte: "Als eine Freundin zum Vorsprechen an die Schauspielschule nach Berlin fuhr, bin ich einfach mitgekommen. Ich wurde angenommen, meine Freundin nicht", sagte sie im Jahr 2019 dem Apothekenmagazin "Senioren Ratgeber". Bei ihren Eltern sei der Berufswunsch damals alles andere als gut angekommen. Karrierestart in der DDR Die Schauspielerin, die in Mecklenburg geboren wurde, war bereits zu DDR-Zeiten in Theater, Film und Fernsehen erfolgreich. Ihre erste Kino-Rolle hatte sie 1963 in dem DEFA-Film "Christine", der wegen des Todes des Regisseurs Slatan Dudow während der Dreharbeiten nie fertiggestellt wurde. In den Jahrzehnten darauf war sie immer wieder in Film- und Fernsehproduktionen der DEFA und des DFF zu sehen. Als Oberschwester Walburga in Lothar Warnekes Drama "Einer trage des anderen Last..." erhielt sie beim Nationalen Spielfilmfestival der DDR 1988 den Preis in der Kategorie "Beste Nebendarstellerin".
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2023-04-24
Nicht nur planen, einfach machen
Windkraft-Gipfel in Belgien
Neun Länder treffen sich heute zum Nordsee-Gipfel in Ostende: Es geht um den schnelleren und besser abgestimmten Ausbau der Windkraft auf See. Gastgeber Belgien will das Meer zum grünen Kraftwerk Europas machen. Von Jakob Mayr. mehr
Neun Länder treffen sich heute zum Nordsee-Gipfel in Ostende: Es geht um den schnelleren und besser abgestimmten Ausbau der Windkraft auf See. Gastgeber Belgien will das Meer zum grünen Kraftwerk Europas machen. Belgiens Küstenlinie ist so kurz, dass man sie mit der Straßenbahn abfahren kann - ganze 67 Kilometer lang. Das Land hat weniger Meer als andere Nordsee-Anrainer. Aber es mache was daraus, sagt Regierungschef Alexander de Croo: "Belgien ist Vorreiter gewesen bei der Entwicklung von Offshore-Windenergie. Vor über 20 Jahren waren wir unter den ersten Ländern, die massiv in Windkraft auf See investiert haben. Jetzt gehören wir zu den Weltmarktführern." Bei klarer Sicht sieht man die Windturbinenparks vom Strand aus, sie stehen einige Kilometer vor der Küste im flachen Wasser. Bei der Offshore-Leistung steht europaweit Großbritannien an der Spitze mit 14 Gigawatt vor Deutschland mit acht. Die Niederlande, Dänemark und Belgien liegen zwischen zwei und drei Gigawatt, deutlich dahinter die Atom-Nation Frankreich mit 0,5 Gigawatt. Setzt man die Offshore-Kapazität ins Verhältnis zur Bevölkerung kommt Belgien nach eigenen Angaben sogar weltweit auf Platz zwei hinter Dänemark.   Es soll schneller gehen Die belgischen Behörden wollen die Leistung bis 2030 verdreifachen. Dann soll jeder Haushalt des Landes Windstrom aus der Nordsee bekommen können. Eine künstliche Insel - 45 Kilometer vor der belgischen Küste - soll Windparks auf See mit dem Hochspannungsnetz an Land verbinden - und mit den Leitungen der Nachbarn. Schließlich wächst in ganz Europa der Hunger nach sauberer Energie. Bis Mitte des Jahrhunderts will der Kontinent mehr als 300 GW aus Nordseewind erzeugen. Wie das funktionieren soll, das bespricht Belgiens Premier de Croo heute in Ostende mit den Staats- und Regierungschefs aus sieben weiteren Nordseeländern und Luxemburg: "Für uns geht es bei diesem Gipfel nicht darum, ehrgeizige Ziele zu formulieren. Davon haben wir genug. Für uns liegt die Bedeutung dieses Gipfels darin, die Ausführung zu beschleunigen." Nach Ansicht des Gastgebers müssen die Regierungen Baupläne und Genehmigungsverfahren besser abstimmen. Bisher macht das nach de Croos Darstellung jede für sich - mit der Folge, dass in manchen Jahren gar nichts vorangehe, während es in anderen so viele Ausschreibungen gebe, dass die Industrie nicht hinterherkomme.   Bessere Koordination der Nordsee-Anrainer Die Länder sollten mehr in Vernetzung (Interkonnektivität) investieren, um den Stromaustausch untereinander zu erleichtern. Bauteile müssten vereinheitlicht werden, um Windparks schneller installieren zu können. De Croo meint: "Der Bedarf ist größer, die Pläne sind ehrgeiziger denn je. Wir haben die Finanzierung und die Technologie. Aber das vergangene Jahr war eine Enttäuschung. Warum? Weil es völlig an Koordination fehlt." Die Staats- und Regierungschefs sowie Ministerinnen und Minister diskutieren außerdem über den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur und über Sicherheitsfragen. Nach den Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines im vergangenen September ist die Sorge gewachsen, dass auch Windparks, Strom- und Datenleitungen sabotiert werden könnten.   Deutschland will aufholen Der erste Nordsee-Gipfel fand vor elf Monaten im dänischen Esbjerg statt. Die damals vier Teilnehmerstaaten beschlossen, bei der Windkraft enger zusammenzuarbeiten und ihre Offshore-Kapazitäten deutlich auszubauen. Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte im Mai 2022: "Wir müssen endlich loslegen und dafür Sorge tragen, dass Deutschlands Industrie diese Stromversorgung bekommt, dass die europäische Industrie diese Stromversorgung bekommt, indem Milliarden investiert werden in den Ausbau der Offshore-Windparks hier an der Nordsee." Deutschland hat ehrgeizige Pläne und einiges aufzuholen: 2021 ging vor der deutschen Küste keine einzige neue Windkraftanlage ans Netz. In den kommenden acht Jahren will die Ampelkoalition die Windkraft auf See fast vervierfachen auf mindestens 30 GW. Nach Ansicht von Gipfel-Gastgeber Belgien ist Europa mit fossiler Energie groß geworden, anfangs als Gemeinschaft für Kohle und Stahl, nun liege Europas Zukunft im gemeinsamen Ausbau der erneuerbaren Energien.
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2023-04-24
Silver Lake will Software AG übernehmen
Überraschende Offerte
Die Software AG, Deutschlands zweitgrößtes Software-Unternehmen, soll übernommen werden. Das Angebot des US-Investors Silver Lake dürfte erfolgreich sein. mehr
Die Software AG, Deutschlands zweitgrößtes Software-Unternehmen, soll übernommen werden. Das Angebot des US-Investors Silver Lake dürfte erfolgreich sein. Der US-Finanzinvestor Silver Lake will die Darmstädter Software AG übernehmen. Die auf Technologiefirmen spezialisierte Gesellschaft bietet den Aktionären 30 Euro je Aktie, was einem Übernahmevolumen von 2,2 Milliarden Euro entspricht. Die Übernahme gilt als freundlich, wird also vom Management des Unternehmens unterstützt. Auch die Stiftung des Software AG-Mitgründers Peter Schnell ist mit im Boot. Diese will 25,1 Prozent der Anteile an Silver Lake abgeben und eine Beteiligung von fünf Prozent behalten. "Wir begrüßen die geplante Übernahme", sagte Schnell. "Silver Lake war seit dem initialen Investment ein idealer Partner für die Software AG und für uns." Im Februar 2022 hatte Silver Lake bereits Wandelanleihen der Software AG für 344 Millionen Euro gekauft, die nach der Wandlung rund neun Prozent der ausgegebenen Aktien ausmachen würden. Damit stehen die Chancen der Amerikaner, dass die Übernahme gelingt, sehr gut. Das Angebot steht unter dem Vorbehalt einer Mindestannahmeschwelle von 50 Prozent plus einer Aktie. Mit dem Gebot winkt den Aktionären ein Aufschlag von über 50 Prozent zum Schlusskurs der Aktie vom Freitag, was dem im TecDAX und SDAX notierten Papier am Montag einen historischen Kurssprung in gleicher Größenordnung bescherte. "Das Übernahmeangebot kommt überraschend", kommentierte DZ Bank-Analystin Anja Euler. Die Software AG habe es in den vergangenen Jahren nicht geschafft, für sich die hohen Wachstumspotenziale in Geschäftsbereichen wie Datenanalyse zu erschließen. Sie empfehle Anlegern daher die Annahme des Angebots. Firmenumbau soll beschleunigt werden Das Management des Anbieters von Firmen-Software verspricht sich durch die Übernahme wieder steigende Gewinne. Mittelfristig werde eine operative Umsatzrendite im oberen Bereich der Spanne von 25 bis 30 Prozent erreicht, prognostizierte Firmenchef Sanjay Brahmawar. Damit läge sie im Bereich der ursprünglich für 2023 angepeilten Marke. Die Übernahme soll auch den geplanten Umbau des Geschäftsmodells vom Lizenzverkauf in ein Abonnement-Modell (Software-as-a-Service, SaaS) erleichtern. Dieser koste zunächst Umsatz. Silver Lake sei aber bereit, dies zu tolerieren, so Brahmawar. Anfang Februar hatte die Software AG den Abbau von 200 Stellen - vier Prozent der Belegschaft - angekündigt. Die Zahlen für das erste Quartal, die am Donnerstag vorgelegt werden sollen, lägen im Rahmen der Markterwartungen, betonte der Unternehmenschef. Die Ziele für 2023 blieben unverändert. Standort soll erhalten bleiben Der Investor sichert der Software AG zu, am Firmensitz in Darmstadt und an den Standorten des Unternehmens nichts zu ändern. Auch das Management will an Bord bleiben. Das Software-Haus soll nach dem für das vierte Quartal erwarteten Abschluss der Transaktion von der Börse genommen werden. Silver Lake hält unter anderem Anteile an AirBnB, Unitymedia und dem Fernbusbetreiber Flix. Der US-Finanzinvestor hatte zudem vor einigen Wochen dem größeren Software AG-Rivalen SAP dessen Datenanalyse-Tochter Qualtrics für 7,7 Milliarden Dollar abgenommen und will die Firma ebenfalls von der Börse nehmen.
/wirtschaft/unternehmen/software-ag-uebernahme-silver-lake-101.html
2023-04-24
Europa rüstet auf
SIPRI zum Waffenhandel
Die europäischen Länder haben ihre Waffenimporte binnen fünf Jahren um fast 50 Prozent gesteigert. Das berichtet das Friedensforschungsinstitut SIPRI. Auffällig ist auch der starke Rückgang russischer Waffenexporte. Von Sofie Donges.
Die europäischen Länder haben ihre Waffenimporte binnen fünf Jahren um fast 50 Prozent gesteigert. Das berichtet das Friedensforschungsinstitut SIPRI. Auffällig ist auch der starke Rückgang russischer Waffenexporte. Der Angriffskrieg auf die gesamte Ukraine und die schon länger angespannten Beziehungen zwischen Europa und Russland spiegeln sich deutlich in den Statistiken des Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI wider. Zum einen ist die Ukraine im vergangenen Jahr weltweit der drittgrößte Importeur von Großwaffen geworden - hinter Katar und Indien. Das liegt vor allem an der umfassenden Militärhilfe durch andere Staaten. Zum anderen hätten die europäischen Länder gemeinsam in den vergangenen fünf Jahren ihre Waffenimporte um knapp 50 Prozent gesteigert, so Pieter Wezeman von SIPRI. "Der Krieg in der Ukraine hat gezeigt, dass alle Formen von Waffen in moderner Kriegsführung gebraucht werden. Man braucht zum Beispiel Munition, U-Boote, Kampfflugzeuge, Transporthubschrauber, Radargeräte", sagt Wezeman. "Das versuchen die europäischen Länder jetzt anzuschaffen." Bisher überwiegend Ablehnung von Kampfjet-Lieferungen Die Ukraine fordert mehr Unterstützung - auch mit Kampfflugzeugen. Das lehnen viele europäische Staaten derzeit ab. Zu groß ist die Sorge vor einer Eskalation des Krieges. Wezeman sieht darin eine gewisse Doppelmoral. Denn die großen europäischen Exportländer wie Frankreich oder Deutschland verkauften solche Waffen schließlich in andere Konfliktregionen. "Wenn Länder wie Deutschland oder Frankreich keine Kampfflugzeuge oder Langstreckenraketen an die Ukraine liefern wollen, diese aber gleichzeitig an Länder wie zum Beispiel Ägypten, Israel, Pakistan oder Indien verkaufen, dann kann man sich fragen, wie diese Exporte begründet sind und warum die Ukraine nicht die gleichen Waffen erhalten kann", so Wezeman. Russland sucht nach neuen Handelspartnern Auch Russland braucht mehr Waffen für die eigenen Streitkräfte. Das ist einer der Gründe, weshalb die Exporte des Landes in den vergangenen fünf Jahren um knapp ein Drittel zurückgegangen sind. Zusätzlich erschweren Sanktionen den internationalen Handel. Russland ist seit vielen Jahren zweitgrößter Waffenexporteur der Welt - nach den USA und vor Frankreich. Nun suche Russland dringend Handelspartner, so Wezeman. "Das Land hat viele Waffen verloren und muss diese ersetzen, dafür reicht die eigene Industrie nicht aus. Deshalb schaut man sich nach anderen Staaten um, die Russland mit Waffen versorgen könnten", sagt der SIPRI-Experte. "Die einzige politisch realistische Option ist China. Die große Frage ist, ob China dazu bereit ist." Hier verschieben sich Geschäftsbeziehungen: Denn Russland war und ist zwar noch Chinas wichtigster Waffenlieferant. Doch in der Vergangenheit habe China selbst Wissen und Produktionskapazitäten ausgebaut, sodass die Importe aus Russland langsam abnähmen, so der SIPRI-Bericht.  Leichter Rückgang im weltweiten Waffenhandel Asien und Ozeanien sind laut SIPRI weiterhin die wichtigsten Importregionen der Welt. Eine mögliche Bedrohung durch China oder Nordkorea führe in der Region bei einigen Ländern zu deutlich mehr Waffenkäufen - durch Südkorea und Japan zum Beispiel. Insgesamt stellt SIPRI weltweit einen leichten Rückgang im internationalen Waffenhandel fest - vor allem wegen verringerter Importe in Afrika und Amerika. Die enorme Nachfrage nach Waffen aus Gebieten mit hohem Konfliktpotential wird der Rüstungsindustrie in vielen Ländern trotzdem volle Auftragsbücher bescheren.  Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI ist eine unabhängige Organisation, die jährlich Berichte beispielsweise zu Waffenhandel und Militärausgaben veröffentlicht. Anmerkung der Redaktion: Aufgrund eines Übertragungsfehlers wurde versehentlich dieser Beitrag zum SIPRI-Bericht vom März 2023 erneut veröffentlicht. Die Berichterstattung über den Bericht, den SIPRI am 24. April 2023 veröffentlicht hat, finden Sie hier.
/ausland/europa/sipri-waffenimporte-101.html
2023-04-24
Springer verklagt Reichelt auf Millionensumme
Ehemaliger "Bild"-Chef
Der Axel-Springer-Konzern fordert die Abfindung für seinen ehemaligen "Bild"-Chefredakteur Reichelt zurück. Der 42-Jährige habe vertragliche Zusagen nicht eingehalten. Es geht um einen Betrag in siebenstelliger Höhe. mehr
Der Axel-Springer-Konzern fordert die Abfindung für seinen ehemaligen "Bild"-Chefredakteur Reichelt zurück. Der 42-Jährige habe vertragliche Zusagen nicht eingehalten. Es geht um einen Betrag in siebenstelliger Höhe. Der Axel-Springer-Verlag verklagt den ehemaligen "Bild"-Chefredaketur Julian Reichelt. Der Fall liegt beim Arbeitsgericht Berlin, wie eine Gerichtssprecherin der Nachrichtenagentur dpa bestätigte. Zuerst hatte das Nachrichtenmagazin "Spiegel" berichtet. Die Sprecherin sagte, es gehe bei der Klage um die Rückzahlung einer Abfindung, die beim Weggang Reichelts vereinbart worden war. Zudem fordere der Konzern die Zahlung einer Vertragsstrafe. Gegenstand der Klage sei eine Summe im siebenstelligen Bereich. Die Klage sei am 20. April bei Gericht eingegangen. Der nächste Schritt sei, einen Gütetermin festzusetzen, hieß es weiter. Reichelts Anwalt: Klage noch nicht eingegangen Ein Sprecher des Springer-Konzerns erklärte, der Verlag habe gegen Reichelt eine Strafanzeige wegen Betrugs bei der Staatsanwaltschaft Berlin eingereicht. Darüber hinaus wollte sich das Unternehmen nicht äußern. Von der Staatsanwaltschaft Berlin hieß es, dass noch kein Anzeigeeingang verzeichnet sei. Reichelts Anwalt teilte auf Nachfrage zur Anzeige wie auch zu der Klage mit, eine Klage liege weder seinem Mandanten noch ihm selbst vor. "Die offenbar gegenüber Medien erfolgte gezielte Verlautbarung einer solchen Klageeinreichung, noch bevor eine Zustellung dieser Klage an meinen Mandanten erfolgt ist, betrachten wir als entlarvenden und zugleich untauglichen Einschüchterungs- und Ablenkungsversuch", erklärte der Anwalt. Vorwurf, Pflichten nicht eingehalten zu haben Laut "Spiegel" sind in Reichelts Abwicklungsvertrag neben einer Millionenabfindung auch diverse Pflichten geregelt, die augenscheinlich im Kontext der Auflösung des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden seien. Der Konzern sei offenbar der Auffassung, Reichelt habe mehrere dieser Pflichten missachtet. So soll der 42-Jährige etwa gegen Vereinbarungen zur Vertraulichkeit sowie zur Herausgabe und Löschung interner Daten verstoßen haben. Auch ein Abwerbeverbot hatte Reichelt demnach in seinem Abwicklungsvertrag zugesagt - später soll er sich aber nicht daran gehalten haben - mehrere ehemalige Springer-Kollegen Reichelts sollen heute für dessen Unternehmen Rome Medien arbeiten. Reichelt hatte derartige Vorwürfe stets zurückgewiesen. Reichelt schweigt bislang Auf eine Konfrontation des "Spiegel" Mitte April habe Reichelt nicht reagiert, eine neuerliche kurzfristige Anfrage sei bisher nicht beantwortet worden. Reichelts Anwalt hatte kürzlich mitgeteilt: Nicht nur gegen Reichelt erhobene Vorwürfe, sondern auch die Durchführung der konzerninternen Untersuchung und der Umgang des Konzerns mit den Vorwürfen und dem Thema Machtmissbrauch generell bedürften einer "völlig neuen Bewertung". Reichelt musste den Axel-Springer-Konzern im Oktober 2021 endgültig verlassen. Der Schritt folgte auf ein internes sogenanntes Compliance-Verfahren, in dem zahlreiche Mitarbeiterinnen gegen den früheren "Bild"-Chefredakteur ausgesagt hatten. Es ging unter anderem um Affären mit Untergebenen und Machtmissbrauch. Reichelt bestreitet die Vorwürfe bis heute.
/wirtschaft/unternehmen/springer-klage-gegen-reichelt-101.html
2023-04-24
KPÖ und FPÖ feiern in Salzburg
Landtagswahl
Die Kommunisten kommen aus dem Stand auf mehr als elf Prozent. Auch die FPÖ schafft große Zugewinne, wird aber nicht stärkste Kraft. Welche Folgen hat das Ergebnis der Landtagswahl in Salzburg? Von Wolfgang Vichtl.
Die Kommunisten kommen aus dem Stand auf mehr als elf Prozent. Auch die FPÖ schafft große Zugewinne, wird aber nicht stärkste Kraft. Welche Folgen hat das Ergebnis der Landtagswahl in Salzburg? Aus dem Stand 11,7 Prozent für die KPÖ im ganzen Salzburger Land. In der Festspielstadt selbst sogar mehr als 20 Prozent. Damit zieht die KPÖ in den Salzburger Landtag ein - und das mit nur drei Sitzen weniger als die altehrwürdige SPÖ. Macht sich da eine neue alternative Linke stark in Österreich - eine bessere SPÖ? Während sich die wahre SPÖ im Führungsstreit zerreibt? "Wir sehen uns absolut nicht als bessere SPÖ", sagt Natalie Hangöbl, die auf Platz 2 der KPÖ-Liste kandidiert hatte. "Wir sind angetreten, um Oppositionspolitik zu machen im Landtag. Und das kann uns jetzt gelingen. Unsere Rolle ist Opposition." Damit ist die KPÖ die einzige Partei im Salzburger Landtag, die nicht wirklich regieren will, sondern selbst erklärtermaßen Nervensäge sein will - damit zum Beispiel Wohnen im teuren Salzburg, in dem die Airbnb-Wohnungen wuchern, für Normalverdiener wieder erschwinglich wird. FPÖ verpasst Sprung auf Platz eins Die machten es sich einfach, mosert demonstrativ die rechtspopulistische FPÖ. Sie ist jetzt in Salzburg stark wie nie. Knapp 26 Prozent, aber eben nicht stärkste Partei. Eigentlich wollte die FPÖ-Spitzenkandidatin Marlene Svazek Landeshauptfrau werden, also Ministerpräsidentin. Dafür reicht es jetzt nicht. Die passionierte Jägerin bleibt aber ehrgeizig. "Ich leite aus diesem Wahlergebnis schon ab, dass die logische Konsequenz ist, dass man mit den Freiheitlichen auch ernsthafte Gespräche führt und keine Koalition der Verlierer gründet", sagt sie. Eine Koalition der Verlierer - Svazek meint damit alle anderen, außer der KPÖ, also ÖVP, SPÖ, Grüne. Sie alle haben Stimmenanteile verloren, zum Teil deutlich. Die liberalen Neos sind gar nicht mehr dabei. Aber was macht Svazek jetzt, wenn niemand in Salzburg mit ihr in Koalitionsgespräche gehen will, obwohl die 30-Jährige doch als das freundlich-frische Gesicht der FPÖ gilt? Ganz anders als der schrille Parteichef Herbert Kickl, der selbst nächstes Jahr Bundeskanzler werden will. "Marlene Svazek, die Salonfähige", schreibt die Zeitung "Der Standard". Parteichef Kickl hat das sicher auch gelesen. Vielleicht hält FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz deshalb Svazek auf Distanz, als es um die bundespolitische Bedeutung dieser kleinen Salzburg-Wahl geht. "Ich habe mit Marlene vorher auch gesprochen, dass Marlene Svazek eine große Rolle spielt in Salzburg. Marlene Svazek ist die Richtige für Salzburg, dass sie das auch macht", erklärte Schnedlitz. ÖVP-Schmerzgrenze: Nummer eins oder nicht Die bundespolitische Bedeutung der Salzburg-Wahl - eigentlich wollten alle darüber reden, dann aber doch nicht. Auch nicht bei der ÖVP, weil die Schmerzgrenze des seit langem in Salzburg regierenden ÖVP-Landeshauptmanns Wilfried Haslauer gerade so nicht überschritten wurde. Es ist eine Schmerzgrenze, bei der es plötzlich nicht mehr auf die nackte Zahl ankommt. "Die Schmerzgrenze ist: Nummer eins oder nicht?" Nummer eins ist die ÖVP geblieben. Mit 30,4 Prozent ist es ein Absturz im Vergleich zu früher - schon wieder ein Absturz für die konservative Volkspartei. Wäre die FPÖ die Nummer eins geworden, erstmals bei Wahlen und nicht nur bei der Sonntagsfrage, wäre die Alpenrepublik schon heute eine andere. Aber so kann ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker Antwortversuche erst einmal vertagen. "Die Nationalratswahl findet entgegen allen Unkenrufen und Gerüchten zum Trotz 2024 im Herbst statt", sagte er. "Dann wird es ein Ergebnis geben und danach wird bewertet, mit wem Gespräche geführt werden und was sich dann ausgeht." Das gilt aber nur, wenn der Salzburger ÖVP-Mann Haslauer bei seinem Wort bleibt: nicht mit der FPÖ. Und wenn er sich nicht doch noch anders entscheidet wie die ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in Niederösterreich auch. Sie hätte anders gekonnt, regiert jetzt aber mit den Rechtspopulisten von der FPÖ. Haslauer könnte auch mit einer 18-Prozent-SPÖ und dazu mit den 8-Prozent-Grünen.
/ausland/europa/salzburg-wahl-101.html
2023-04-24
Lawrow verteidigt Einmarsch in die Ukraine
Sitzung des UN-Sicherheitsrats
Bei der umstrittenen Sitzung des UN-Sicherheitsrats hat Russlands Außenminister Lawrow erneut die NATO beschuldigt, den Krieg in der Ukraine provoziert zu haben. UN-Generalsekretär Guterres widersprach vehement. mehr
Bei der umstrittenen Sitzung des UN-Sicherheitsrats hat Russlands Außenminister Lawrow erneut die NATO beschuldigt, den Krieg in der Ukraine provoziert zu haben. UN-Generalsekretär Guterres widersprach vehement. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat dem Westen hegemoniale Pläne vorgeworfen und den Einmarsch seines Landes in die Ukraine verteidigt. Die "Ukraine-Frage" könnte nicht losgelöst von der geopolitischen Entwicklung betrachtet werden, bei der die NATO die Sicherheit Russlands in der Region über Jahre bedroht hätte, sagte Lawrow bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. "Es geht darum, wie die internationalen Beziehungen künftig gestaltet werden: Indem ein solider Konsens auf der Grundlage von Interessenabwägungen hergestellt wird, oder indem die Vormachtstellung Washingtons aggressiv und sprunghaft vorangetrieben wird." UN-Generalsekretär António Guterres widersprach Lawrow: Er prangerte in der Sitzung die durch den russischen Angriff auf die Ukraine angerichtete "Verwüstung" an. Die völkerrechtswidrige russische Invasion in der Ukraine habe "massives Leiden und die Verwüstung des Landes" angerichtet, sagte Guterres. Er beklagte auch, dass "das multilaterale System" aktuell so stark unter Druck stehe wie noch nie seit der Gründung der UNO im Jahr 1945. Die Spannungen zwischen den "großen Mächten" hätten "den höchsten Punkt" erreicht. Russland hat im April turnusmäßig für einen Monat den Vorsitz im mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen inne. In dessen Rahmen hatte Russland das umstrittene Treffen des mächtigsten UN-Gremiums anberaumt. Im Hinblick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine wurde die Sitzung mit dem Titel "Wirksamer Multilateralismus durch die Verteidigung der Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen" von vielen Ländern als Provokation gesehen. Moskau wiederum beschwerte sich darüber, dass die USA russischen Journalistinnen und Journalisten keine Visa für die Begleitung Lawrows ausstellte. "Es ist zynisch" Bereits vor der umstrittenen Sitzung des UN-Sicherheitsrats hatten die EU-Staaten deutliche Kritik geübt. "Durch die Planung dieser Debatte versucht Russland, sich als Verteidiger der UN-Charta und des Multilateralismus darzustellen. Nichts kann weiter von der Wahrheit entfernt sein. Es ist zynisch", sagte der Botschafter der Europäischen Union bei den Vereinten Nationen, Olof Skoog. Jeder wüsste, dass Russland mit dem Krieg in der Ukraine die Grundregeln der Vereinten Nationen verletze. Die UN-Botschafterin der Vereinigten Staaten, Linda Thomas-Greenfield, hatte im Vorfeld angekündigt: "Wir werden jede Gelegenheit nutzen, um Russland daran zu hindern, den Vorsitz zu missbrauchen, um Desinformation zu verbreiten und um Unterstützung für diese Bemühungen zu werben."
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2023-04-24
Vermögen der Deutschen gestiegen
Studie der Bundesbank
Die Deutschen haben 2021 so viel gespart wie lange nicht. Das zeigt eine Studie der Bundesbank. Die Corona-Pandemie spielte dabei eine maßgebliche Rolle. Von Ursula Mayer.
Die Deutschen haben 2021 so viel gespart wie lange nicht. Das zeigt eine Studie der Bundesbank. Die Corona-Pandemie spielte dabei eine maßgebliche Rolle. Thomas aus Frankfurt sitzt in seinem Garten und denkt noch einmal zurück an die Zeit vor zwei Jahren während der Corona-Pandemie. Essen gehen, ins Museum oder auf einen Indoor-Spielplatz: Auf all diese Dinge hat seine Familie damals weitgehend verzichtet, erzählt der 38-Jährige. Alles in allem habe man pro Monat etwa 100 Euro gespart. "Klar merkt man das", sagt er. "Man freut sich, legt es auf die Seite, aber reich wird man damit auch nicht." Und so erging es vielen Menschen in ganz Deutschland. Das geht aus einer repräsentativen Studie der Bundesbank hervor, die sich auf den Zeitraum von 2021 bezieht: Studienautor Tobias Schmidt sagt über die Teilnehmer: "Die konnten nicht so viel ausgeben, nicht in den Urlaub fahren wegen Reiseeinschränkungen. Restaurants waren geschlossen, so blieb in den Haushalten eben noch Einkommen übrig." Privatvermögen wuchsen deutlich Darüber hinaus profitierten viele Menschen von staatlichen Hilfen wie dem Kurzarbeitergeld und dem Kinderbonus. Das ließ die Vermögen privater Haushalte deutlich wachsen auf im Schnitt netto rund 316.000 Euro. Im Vergleich zur letzten Studie vier Jahre zuvor war das etwa ein Drittel mehr. Vor allem Haushalte mit kleineren Einkommen legten hauptsächlich Geld auf die hohe Kante. "Man sieht, dass das Guthaben auf Sparkonten und Girokonten bei vermögensärmeren Haushalten angestiegen ist", so Schmidt. Allerdings gab es darauf kaum Zinsen. Im Gegenteil, die Sparer mussten damals oft sogar Strafzinsen zahlen. Vermögendere hatten darüber hinaus oft Immobilien und Aktien, die damals deutlich an Wert gewannen. Jeder vierte Haushalt hatte in Folge der Corona-Pandemie allerdings finanzielle Verluste. Insgesamt stellt Studienautor Schmidt fest, "dass die Ungleichheit in Deutschland leicht zurückgegangen, im europäischen Vergleich aber immer noch hoch ist." Hohe Inflation erschwert Sparen Und jetzt, wo alle Einschränkungen weggefallen sind? Hielten die meisten Menschen ihr Geld trotzdem zusammen, auch mit Blick auf die aktuelle Energiekrise, meint Volkswirt Michael Stappel von der DZ-Bank. "Viele Bürger haben noch die Nebenkostennachzahlung fürs letzte Jahr vor sich und halten Geld zurück. Sie sparen weiterhin, obwohl es schwierig ist durch die extrem hohe Inflation." Das belastet auch den Frankfurter Thomas und seine Familie. Sie leben in einer ungedämmten Wohnung und haben dadurch entsprechend hohe Energiekosten. Weil auch das Einkaufen immer teurer wird, kommt die Familie gerade so über die Runden - obwohl sie in der Corona-Zeit Geld zur Seite legen konnte.
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2023-04-24
Mit Rad und Tat
Fahrradfreundliche Städte
Wo fährt es sich am besten mit dem Rad? In einer Befragung unter Zehntausenden Radfahrern schnitten Bremen oder Münster gut ab - Bestnoten gab es für Wettringen in Nordrhein-Westfalen. Wie machen die das? Von Philipp Wundersee.
Wo fährt es sich am besten mit dem Rad? In einer Befragung unter Zehntausenden Radfahrern schnitten Bremen oder Münster gut ab - Bestnoten gab es für Wettringen in Nordrhein-Westfalen. Wie machen die das? Natürlich kommt Berthold Bültgerds mit seinem Fahrrad vorgefahren. Der Bürgermeister von Wettringen ist stolz: "Wir haben hier das Fahrrad schon genutzt, bevor man über Mobilitätswende überhaupt gesprochen hat", sagt er und schiebt sein Rad durch die Kleinstadt im Münsterland - schwarze Daunenjacke, schwarze Sneaker, schwarzer Alurahmen. Ihn grüßen fast alle Radfahrer, die ihm an diesem Vormittag in der Gemeinde begegnen. Und das sind eine Menge. "Mit einem gezielten Radwegenetzplan verbinden wir Wohnbereiche mit dem Schul- und Sportzentrum. Wir haben eigene Radwegebrücken über den Fluss gebaut und ermöglichen mit einer breiten Fahrradstraße die durchgehende Verbindung zu allen Nachbarkommunen." In Summe wurden seit 2019 bis heute über vier Millionen Euro in mehrere Projekte investiert, rechnet Bültgerds vor. Unter Verwendung verschiedener Förderzugänge hat die kleine Gemeinde mit 8300 Einwohnern also erhebliche Mittel in Radverkehrsprojekte gesteckt. Spezielle Beleuchtungssysteme Auf breiten Radwegen fühlen sich die Menschen in Wettringen sicher: Adaptive Beleuchtungssysteme erhöhen die Helligkeit, sobald Radfahrer auf der Verkehrsfläche wahrgenommen werden. An Knotenpunkten hat das Rad immer Vorrang. "Wir denken in der Verwaltung bei neuen Quartieren immer das Rad mit und planen gerade eine Fahrradstraße, um einen Siedlungsbereich direkt und sicher an den Ortskern anzubinden", sagt der Bürgermeister, während er in die Pedale tritt. Die roten Klinkerfassaden von Wettringen ziehen an ihm vorbei. Die Stadt hat bundesweit die beste Note von 2,0 beim ADFC-Fahrradklima-Test erzielt. 245.000 Menschen - so viele wie noch nie zuvor - stimmten bei der Umfrage zur Zufriedenheit von Radfahrerinnen und Radfahrern ab. In der Kategorie Städte über 500.000 Einwohnern gewinnt Bremen (Note 3,6) knapp vor Frankfurt am Main (3,6), das sich kontinuierlich verbessert und Hannover (3,6) auf Platz 3 verdrängt. Münster vor Karlsruhe Bei Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern holt Münster (Note 3,0) nach Jahren wieder den ersten Platz, Karlsruhe (3,1) und Freiburg im Breisgau (3,1) liegen dicht dahinter. In der Kategorie Aufholer werden die Städte ausgezeichnet, bei denen sich im Vergleich zum vergangenen ADFC-Fahrradklima-Test am meisten getan hat. Die stärksten Aufholer sind Köln (von 4,4 auf 4,2), Bonn (von 4,2 auf 3,8) und Koblenz (von 4,7 auf 4,3). "Der ADFC-Fahrradklima-Test ist ein echtes Stimmungsbarometer", sagt die ADFC-Bundesvorsitzende Rebecca Peters. "Er zeigt den Kommunen im Detail, wie ihre Maßnahmen bei den Menschen ankommen, wo sie bereits gute Arbeit geleistet haben und wo noch Nachbesserungsbedarf besteht." Leider sei für eine attraktive Rad-Infrastruktur in Deutschland noch viel zu tun. Zu schmale Radwege, zu viele Falschparker "Radfahrende wünschen sich bessere und breitere Radwege, weniger Konflikte mit Autofahrenden, weniger Falschparker auf Radwegen und sichere Baustellenumleitungen", sagt Peters. Einige Großstädte hätten bereits investiert und konnten sich verbessern. Auf dem Land hingegen tut sich nach Einschätzung des ADFC nicht viel, obwohl es auch hier großes Potenzial und viele Möglichkeiten zur Förderung des Radverkehrs gebe. Das bundesweite Schlusslicht liegt auch in Nordrhein-Westfalen: Lüdenscheid wird mit 5,15 bewertet. Seit die Autobahn 45 dort gesperrt ist, erstickt die Stadt im Stau. Für Radfahrer sei der Verkehr laut ADFC teils lebensgefährlich. Förderangebote nutzen Bundesverkehrsminister Volker Wissing will es den Menschen leicht machen, sich für den Radverkehr zu entscheiden. "Deshalb unterstützen wir die zuständigen Länder und Kommunen dabei, die Radverkehrsinfrastruktur vor Ort einladend, komfortabel und sicher auszubauen. "Wir haben in dieser Legislaturperiode Finanzierungs- und Planungssicherheit für die Kommunen geschaffen", sagt der FDP-Politiker bei der Preisverleihung zum ADFC-Fahrradklima-Test. Er gratuliere den Gewinner-Städten und appellierte an alle, Förderangebote zu nutzen und in den Radverkehr zu investieren. Das macht die Gemeinde Wettringen im Münsterland schon lange und profitiert davon, sagt Bürgermeister Bültgerds. Er versucht, die Einwohner immer mit einzubeziehen: "Rat, Verwaltung und Bürgerschaft müssen den Weg gemeinsam gehen. Solche Ergebnisse sind nur als Team möglich."
/inland/gesellschaft/radwege-kommunen-adfc-101.html
2023-04-24
Mehrere Tote vor Tunesiens Küste
Flucht über das Mittelmeer
Immer mehr Menschen versuchen über Tunesien nach Europa zu kommen. Eine gefährliche Route, die viele mit dem Leben bezahlen. Die tunesische Marine teilte mit, sie habe vor der Küste 31 Leichen geborgen. mehr
Immer mehr Menschen versuchen über Tunesien nach Europa zu kommen. Eine gefährliche Route, die viele mit dem Leben bezahlen. Die tunesische Marine teilte mit, sie habe vor der Küste 31 Leichen geborgen. Die Nationalgarde hat 31 Tote in der Nähe verschiedener Küstenorte entdeckt, unter anderem bei Sfax und Mahdia. Unter den Toten waren auch zwei Kinder. Es wird vermutet, dass die Migranten aus Ländern südlich der Sahara stammen. Unklar ist, ob sie zuvor mit Booten in Seenot geraten waren. Bereits am Wochenende waren in Sfax elf ertrunkene Migranten geborgen worden. Bereits mehr als 200 Tote vor Tunesien in diesem Jahr Derzeit machen sich wieder mehr Menschen auf den gefährlichen Weg über das Mittelmeer. Tunesien gilt inzwischen als das wichtigste Transitland, um nach Italien zu gelangen - doch die Flucht endet oft tödlich. In diesem Jahr kamen nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Tunesisches Forum für ökonomische und soziale Rechte (FTDES) insgesamt schon fast 200 Menschen bei Bootsunglücken vor Tunesiens Küste ums Leben. Viele Migranten wollen Tunesien verlassen. Ein Grund: Präsident Kais Saied hatte im Februar ein härteres Vorgehen gegen sie angekündigt. Zudem beschuldigte er sie, Gewalt und Kriminalität ins Land zu bringen. Seither stieg die Zahl der Anfeindungen und rassistischen Übergriffen gegen Geflüchtete an. Mehr Bootsflüchtlinge erreichen Italien Das italienische Innenministerium zählte in diesem Jahr bereits deutlich mehr als 31.000 Menschen, die per Boot Italien erreichten, etwa viermal so viele wie im Jahr zuvor. Allein von Sonntag bis Montag kamen 800 Bootsflüchtlinge auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa an. Dort ist das Erstaufnahmelager überfüllt. Wegen hoher Migrationszahlen hatte die Regierung in Rom bereits landesweit den Notstand ausgerufen.
/ausland/bootsfluechtlinge-mittelmeer-tunesien-101.html
2023-04-24
In Abneigung vereint
Grüne und FDP
Die FDP spricht vom "Heizungsverbot", die Grünen pochen auf Koalitionsdisziplin. Das neue Gebäudeenergiegesetz lässt die Konflikte zwischen beiden Parteien offen zutage treten - und zeigt: Ihre DNA könnte unterschiedlicher nicht sein. Von L. Lenz.
Die FDP spricht vom "Heizungsverbot", die Grünen pochen auf Koalitionsdisziplin. Das neue Gebäudeenergiegesetz lässt die Konflikte zwischen den beiden Parteien offen zutage treten - und zeigt: Ihre DNA könnte unterschiedlicher nicht sein. Ein Wort ist in der Welt: "Heizungsverbot". Beim Bundesparteitag der FDP am Wochenende war es die gängige Bezeichnung für das Gebäudeenergiegesetz, mit dem die Bundesregierung vom kommenden Jahr an den Einbau neuer Heizungsanlagen regeln will: 65 Prozent der Energie müssen dann aus erneuerbaren Energien kommen. Reine Öl- oder Gasbrenner sollen bei Neuinstallationen nicht mehr erlaubt sein. Das Problem an dem Gesetz ist: Die FDP hat es mitbeschlossen. Zwar erwirkte ihr Parteivorsitzender, Bundesfinanzminister Christian Lindner, bei der Verabschiedung im Bundeskabinett Mitte April eine Protokollnotiz - darin ließ Lindner festhalten, dass er noch Verbesserungsbedarf gegenüber dem Gesetzentwurf sieht, den das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium und das SPD-geführte Bauministerium erarbeitet hatten. Solche Veränderungen an einem Gesetzentwurf sind im parlamentarischen Verfahren auch üblich - schon der frühere Fraktionschef der SPD im Bundestag, Peter Struck, hatte mit dem Selbstbewusstsein eines langjährigen Parlamentariers festgestellt: Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es hineinkommt. "Normale Staatspraxis" Der mit großer Mehrheit im Amt bestätigte Parteivorsitzende Lindner bemühte sich im ARD-Interview dann auch, seine schriftlich fixierten Vorbehalte gegen das einstimmig im Kabinett beschlossene Gesetz als "normale Staatspraxis" herunterzuspielen: Auch andere Gesetzesvorhaben seien schon mit protokollierten Bedenken einzelner Koalitionspartner auf den Weg gebracht worden, sagte Lindner. Man sehe das Ganze kritisch, wolle aber das Verfahren zur Verabschiedung nicht unnötig verzögern. Die Wahrheit ist: Lindner nutzt den Widerstand gegen die Heizungsmodernisierung vor allem, um das Profil der eigenen Partei zu schärfen. Seit die Liberalen in der Bundesregierung mitwirken, haben sie fünf Landtagswahlen krachend verloren - und in drei Wochen wird eine neue Bürgerschaft in Bremen gewählt. Lindner muss seine Partei wieder auf die Erfolgsstraße bringen. Auch bundesweit war die FDP in den Umfragen der Fünf-Prozent-Marke gefährlich nahe gekommen. Lindner setzt also auf Abgrenzung. Die Koalitionspartner auf Bundesebene, SPD und Grüne, bezeichnet er pauschal als "zwei linke Parteien" - womit der FDP die Rolle zufalle, das Korrektiv zu sein gegen ausufernde Verschuldung, staatliche Regulierungswut - und eben das "Heizungsverbot". Kommunikativ verstolpert Dass die geplante Umstellung der Millionen privaten Heizungen in Deutschland auf klimafreundliche Wärmeerzeugung im Grunde alternativlos ist, weiß auch Lindner. Umso kritischer fragen er und seine Partei aber detailliert danach, wie der Umbau funktionieren soll - und was das Ganze kostet, für den einzelnen Hausbesitzer, für Unternehmen, am Ende auch für Mieterinnen und Mieter. Zudem ist die Heizungsmodernisierung ein Kernanliegen des grünen Bundeswirtschaftsministers und Vizekanzlers Robert Habeck, der das Projekt selbst, vorsichtig gesagt, kommunikativ verstolperte. Zur Freude der FDP: Sie lässt in der öffentlichen Debatte zur Zeit kein gutes Haar an Habecks "Heizungsverbot". "Opposition innerhalb der Regierung" nennen das manche. Dabei ist die Sache einfach: Wenn Deutschland bis 2045 klimaneutral sein will (genauer gesagt: muss, denn die Bundesrepublik hat sich gesetzlich dazu verpflichtet), dann muss die Bundespolitik genau jetzt anfangen, auch den Gebäudeheizungen das Verbrennen fossiler Energieträger auszutreiben. Üblicherweise haben Heizungsanlagen eine mittlere Lebensdauer von 20 Jahren. Niemand behauptet ernsthaft, ein solcher Umbau sei in kurzer Zeit zu schaffen - aber einen Anfang muss es eben geben. Die FDP und die Hintertür Genau den wagt das Gebäudeenergiegesetz: Es soll regeln, wie hoch der Staat den Austausch der alten Technik fördert, welche alternativen Energieformen zugelassen sind (weit mehr als die oft zitierte Wärmepumpe). Es verschweigt auch nicht, dass Klimaschutz mit hohen Investitionen verbunden ist - aber es wird sich bemühen, Zumutungen in Härtefällen abzufedern. Der hinhaltende Widerstand der FDP gegen das Gebäude-Energiegesetz folgt dagegen einem eingespielten Muster: "Technologieoffenheit" lautet das Mantra der Liberalen gegen aus ihrer Sicht zu enge staatliche Vorgaben. Schon beim geplanten, EU-weiten Verbot für die Neuzulassung von Autos mit Verbrennermotor ab 2035 bewirkte die FDP, dass eine Hintertür offen bleiben soll für sogenannte E-Fuels, also umweltfreundlich hergestellte Treibstoffe ohne CO-2-Fußabdruck. Die Grünen fordern Koalitionsdisziplin Und die Grünen? Sie fordern den Regierungspartner FDP in Sachen Heizungstausch zur Koalitionsdisziplin auf. Die Liberalen müssten dazu stehen, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei, sagte zum Beispiel Fraktionschefin Katharina Dröge. Dabei ist das Drängen auf konkreten Klimaschutz für die Grünen längst selbst zu einer Gratwanderung geworden: Auf der einen Seite sind sie die Partei in der Ampel, die die stärkste Tatkraft (und manchmal auch Phantasie) hat beim Umbau der Industriegesellschaft. Auf der anderen Seite aber sind die Grünen latent in Gefahr, den Bogen staatlicher Regulierung zu überspannen und dem Einzelnen seine Entscheidungen vorzuschreiben. Man muss gar nicht das Debakel um den "Veggie Day" bemühen, um zu erkennen: In der Frage, wie rigoros Politik in individuelle Entscheidungen eingreifen darf, haben die Grünen schlicht ihre eigene DNA - und sind damit die natürlichen Antipoden zu einer FDP, die den Freiheitsrechten des Einzelnen höchste Priorität einräumt. Am Ende ein Kompromiss Schon zum 1. Januar des nächsten Jahres soll das neue Gebäude-Energiegesetz in Kraft treten. Der Bundestag hat also nicht mehr allzu viel Zeit, die vielen anstehenden Fragen nach Förderung, Härtefallregeln oder Übergangsfristen zu beantworten und in ein endgültiges Gesetz zu gießen. Am Ende wird ein Kompromiss stehen - denn mangels anderer Machtoptionen ist es wenig wahrscheinlich, dass die FDP über das Heizungsthema die Koalitionsfrage stellt. Die Verschiedenheit der Koalitionspartner FDP und Grüne aber, was ihr Staatsverständnis angeht und die Vorstellungen vom Umbau der Industriegesellschaft - sie wird kaum irgendwo so deutlich wie beim Streit um das "Heizungsverbot".
/inland/innenpolitik/heizungsstreit-gruene-fdp-101.html
2023-04-24
73 Tote auf Farm in Kenia entdeckt
Mutmaßliche Sekte
Auf dem Grundstück eines mutmaßlichen Sektenführers in Kenia sind mindestens 73 Leichen gefunden worden. Der Mann soll seine Anhänger angewiesen haben, sich zu Tode zu hungern. mehr
Auf dem Grundstück eines mutmaßlichen Sektenführers in Kenia sind mindestens 73 Leichen gefunden worden. Der Mann soll seine Anhänger angewiesen haben, sich zu Tode zu hungern. In Kenia sind auf dem Grundstück eines mutmaßlichen Sektenführers mindestens 73 Tote gefunden worden. Auf dem Gelände von Paul Makenzi in Malindi befänden sich noch weitere Gräber, die noch nicht geöffnet worden seien, sagte Polizeichef John Kemboi. Makenzi war am 14. April festgenommen worden. Ihm wird vorgeworfen, seine Anhänger angewiesen zu haben, sich zu Tode zu hungern. Die Polizei hat beantragt, den Verdächtigen länger in Untersuchungshaft behalten zu können. Gehungert, um "Jesus zu begegnen" Nach Hinweisen aus der Öffentlichkeit hatte die Polizei eine Razzia auf dem Grundstück vorgenommen. Dort fand sie zunächst 15 abgemagerte Menschen, von denen vier später starben. Die Anhänger sagten, sie hätten auf Anweisung Makenzis gehungert, um "Jesus zu begegnen". Die Beamten hatten am Freitag mit den Grabungen auf dem Gelände begonnen. Unter den jüngsten Leichenfunden sind den Berichten zufolge auch vier Kinder. Die Gemeinschaft lebte demnach abgeschieden in einem Wald. Von dort hätten die Sicherheitskräfte und das Rote Kreuz am Wochenende zwei Gläubige vor dem Verhungern gerettet. Elf weitere Menschen konnten im Zuge eines Polizeieinsatzes vor eineinhalb Wochen ins Krankenhaus gebracht werden. Beschuldigter im Hungerstreik Der Beschuldigte befindet sich in der Haft im Hungerstreik. Er war bereits zweimal zuvor verhaftet worden - 2019 und im März dieses Jahres. Dabei ging es um den Tod von Kindern. In den vorherigen Fällen kam Makenzi gegen Kaution frei. Örtliche Politiker haben ein Gericht aufgefordert, den Pastor diesmal nicht aus der Haft zu entlassen. Präsident kündigt hartes Vorgehen an Kenias Präsident William Ruto kündigte an, mit aller Härte gegen "inakzeptable" religiöse Organisationen vorzugehen. "Ich habe die zuständigen Behörden angewiesen, die Sache in die Hand zu nehmen und umfassend die Aktivitäten von Menschen zu untersuchen, die Religion für eine unheimliche, inakzeptable Ideologie ausnutzen", sagte er. Ruto verglich Makenzi mit einem Terroristen: "Terroristen nutzen die Religion aus, um ihre schrecklichen Absichten zu verfolgen." Menschen wie Makenzi nutzten die Religion aus, "um genau das Gleiche zu tun." Innenminister Kithure Kindiki forderte strengere Kontrollen für Religionsgemeinschaften, wie örtliche Medien berichten. "Während der Staat weiter Respekt für Religionsfreiheit übt, muss diese Schande für unser Gewissen nicht nur die härteste Strafe für die Täter dieser Grausamkeit an so vielen Menschen nach sich ziehen", wird Minister Kindiki zitiert. Zudem müssten künftig Kirchen, Moscheen, Tempel oder Synagogen strenger reguliert werden.
/ausland/afrika/kenia-tote-101.html
2023-04-24
Das "grünste Kraftwerk Europas"
Windkraft-Gipfel in Belgien
Bislang ist das Offshore-Potenzial der Nordsee weitgehend ungenutzt. Nun wollen die Anrainerstaaten Tempo machen - und die Windenergieleistung verdoppeln. Die Nordsee werde zum wichtigen Ort der Energieproduktion, so Bundeskanzler Scholz. mehr
Bislang ist das Offshore-Potenzial der Nordsee weitgehend ungenutzt. Nun wollen die Anrainerstaaten Tempo machen - und die Windenergieleistung verdoppeln. Die Nordsee werde zum wichtigen Ort der Energieproduktion, so Bundeskanzler Scholz. Windenergie aus der Nordsee soll in Zukunft maßgeblich zur Stromversorgung Europas beitragen. Bundeskanzler Olaf Scholz sowie die Vertreter acht weiterer Nordsee-Anrainer unterzeichneten beim Offshore-Gipfel im belgischen Ostende eine Erklärung, wonach der Ausbau von Windparks vor der Küste vorangetrieben werden soll. "Mit der Nordsee haben wir das Energie-Powerhouse quasi vor der Haustür", sagte der SPD-Politiker - und mahnte zur Eile: "An die Arbeit." Die Nordsee werde schon in kurzer Zeit ein wichtiger Ort der Energieproduktion sein. 2050: Mindestens 300 Gigawatt aus Offshore-Windenergie Konkret wollen die neun Staaten - neben Deutschland und Belgien auch die Niederlande, Frankreich, Norwegen, Dänemark, Irland, Luxemburg und Großbritannien - bis 2030 Offshore-Windkraftanlagen mit einer Leistung von 120 Gigawatt bauen. Bis 2050 sollen mindestens 300 Gigawatt aus der Offshore-Windenergie erzeugt werden. Davon könnten 300 Millionen Haushalte mit Energie versorgt werden, sagte Belgiens Regierungschef Alexander De Croo. Zugleich soll die Produktion von grünem Wasserstoff in der Nordsee ausgebaut werden. Dies soll dazu beitragen, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. "Grünstes Kraftwerk der Welt" soll entstehen "Wir als Europäer nehmen unser Schicksal selbst in die Hand", sagte Gastgeber De Croo. Der einzige Weg, echten Fortschritt bei dem Wandel hin zu einer grünen Wirtschaft zu erzielen, sei die Zusammenarbeit europäischer Länder. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, die Ostende-Erklärung werde "uns den nötigen Rückenwind geben, um den Weg zur Klimaneutralität einzuschlagen". In der Nordsee entstehe "das grünste Kraftwerk der Welt", sagte der belgische Regierungschef De Croo. Er sprach von ambitionierten Zielen. Nun gehe es darum, diese Ziele umzusetzen. "Dies bedeutet, dass wir standardisieren müssen, dass wir besser zusammenarbeiten müssen, dass wir die Lieferketten synchronisieren müssen." Es gehe darum, Europa bei Energiefragen unabhängig zu machen und die Industrie zu halten. Ebenso wichtig sei die Sicherheit der Infrastruktur in der Nordsee, betonte De Croo. Windfarmen, Kabel auf dem Meeresgrund und Pipelines seien anfällig für Sabotage und Spionage. Scholz: "Wir müssen schneller werden" Auch Scholz betonte, dass noch einiges zu tun sei. "Wir müssen schneller werden", sagte er. "Bei der Identifikation von Flächen, bei Genehmigungen, beim Bau von Anlagen und Netzen dürfen wir keine Zeit mehr verlieren." Scholz verwies darauf, dass viele Gesetze in der EU und in Deutschland geändert würden, um den Ausbau erneuerbarer Energie anzukurbeln. Zudem sei es hilfreich, dass auch die Industrie bei dem Nordsee-Gipfel vertreten sei, denn in den Unternehmenszentralen müssten jetzt auch Entscheidungen getroffen werden. Scholz hob hervor, dass der Netzausbau ebenso schnell vorangehen müsse wie der Ausbau der Produktion. Denn die industriellen Zentren lägen oft nicht an der Küste. Deutschland: Acht Gigawatt Offshore-Leistung Der Ausbau der Offshore-Windenergie kam in Deutschland und der EU zuletzt nur langsam voran. Im vergangenen Jahr lag der Wert der Offshore-Windenergie der neun Staaten nach Angaben der belgischen Regierung bei rund 30 Gigawatt. Bisher verfügt Deutschland über rund acht Gigawatt Offshore-Leistung. Die Bundesrepublik steht damit in Europa auf Platz zwei hinter Großbritannien mit 14 Gigawatt. Frankreich, Norwegen und Irland wiederum produzierten jeweils deutlich weniger als ein Gigawatt. "Es handelt sich um ein kolossales Unterfangen und ein echtes Beispiel gelebter Energiewende", hieß es vor dem Gipfel in einem gemeinsamen Beitrag der Staats- und Regierungschefs für das Magazin "Politico". Dafür seien massive Investitionen sowohl an Land als auch auf See nötig. Zugleich müssten etwa bürokratische Hindernisse abgebaut werden. "Wir können nicht jahrelang auf Genehmigungsprozesse warten, während die globalen Temperaturen steigen und autokratische Regierungen die Möglichkeit haben, uns das Licht in unseren Wohnzimmern abzudrehen und unsere Industrieproduktion zum Erliegen zu bringen", hieß es. Gleichzeitig müssten die gesunden und robusten Meeresökosysteme erhalten bleiben. Windenergie-Branche dringt auf Finanzhilfen Die EU-Kommission hatte die nötigen Finanzmittel für die ambitionierten Pläne zuletzt auf 800 Milliarden Euro beziffert. Die Windenergiebranche dringt deshalb auf milliardenschwere Finanzhilfen der öffentlichen Hand. Der Branchenverband WindEurope erhofft von dem Gipfel Zusagen für milliardenschwere Finanzspritzen. Für Offshore-Anlagen würden "bisher nicht ausreichende Mittel mobilisiert", sagte Politikreferent Pierre Tardieu. "Nicht wenige Mittel fließen in die Innovation, aber auch in existierende Produktionsstrukturen muss investiert werden, um die Kapazität zu verdoppeln oder zu verdreifachen", betonte der Branchenvertreter. "Stromautobahn" soll Windparks verbinden Rund um den Gipfel wurden zudem weitere Erklärungen verabschiedet und Projekte angestoßen. So schlossen die EU und Norwegen formell eine Vereinbarung, die die Kooperation etwa bei erneuerbaren Energie dem Umweltschutz stärken soll. Großbritannien und die Niederlande wiederum kündigten den Bau einer "Stromautobahn" in der Nordsee an, die Anfang der 2030er-Jahre in Betrieb gehen soll. Die Leitung "LionLink" soll dann beide Länder mit Windparks in der Nordsee verbinden.
/wirtschaft/windkraft-gipfel-105.html
2023-04-24
BGH kassiert Kredit-Klausel bei Mercedes
Diesel-Fahrer darf klagen
Wer einen Mercedes über einen Kredit der Mercedes-Benz Bank kauft, verliert damit nicht etwaige Schadenersatzansprüche. Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte eine entsprechende Klausel für unwirksam. mehr
Wer einen Mercedes über einen Kredit der Mercedes-Benz Bank kauft, verliert damit nicht etwaige Schadenersatzansprüche. Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte eine entsprechende Klausel für unwirksam. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine Klausel in den Darlehensverträgen der Mercedes-Benz Bank kassiert, welche den Verzicht auf Schadensersatzansprüche beim Abschluss des Autokredits beinhaltet. Die regelmäßig angewendete Klausel sah vor, dass der Darlehensnehmer als Sicherheit alle Ansprüche auf Schadensersatz an die Bank abtritt - "gleich aus welchem Rechtsgrund". Das galt folglich auch für mögliche Forderungen aus dem Diesel-Abgasskandal. Ein Darlehensnehmer der konzerneigenen Bank hatte die Mercedes-Benz Group auf Schadenersatz wegen angeblich illegaler Abschalteinrichtungen verklagt. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart war noch der Ansicht gewesen, dass der Mann wegen der entsprechenden Klausel im Darlehensvertrag nicht mehr zu der Schadenersatzklage berechtigt sei. Die BGH-Richter sahen das anders und hoben nun das Urteil auf. Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass die Klausel auch Ansprüche auf Schadenersatz aus unerlaubter Handlung erfasst und somit gegen die Grundsätze des AGB-Rechts verstößt. Neue Chancen für Diesel-Kläger? Die Stuttgarter Richter müssen nun in einem zweiten Anlauf klären, ob die Klage des Mannes inhaltlich berechtigt ist. Dazu teilte Mercedes mit: "Wir gehen davon aus, dass das OLG auch nach erneuter Befassung die Klage weiterhin als unbegründet ansehen wird." Tatsächlich waren Diesel-Klagen gegen Mercedes bisher erfolglos. Denn anders als Volkswagen war Mercedes und anderen Autobauern keine Betrugsabsicht nachzuweisen. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem März könnte das aber grundlegend ändern. Die Luxemburger Richter setzen die Hürden für Schadenersatz nämlich viel niedriger an. Danach müssten Autokäufer auch dann schon entschädigt werden, wenn der Hersteller fahrlässigerweise eine unzulässige Abgastechnik eingesetzt hat. Der BGH will sich am 8. Mai mit der Frage befassen, was daraus für die deutsche Rechtsprechung folgt. (Az. VIa ZR 1517/22)
/wirtschaft/verbraucher/bgh-mercedes-autokredit-klausel-101.html
2023-04-24
Firmen müssen Gehaltsunterschiede offenlegen
EU-Staaten beschließen Regeln
Unternehmen in Europa müssen künftig Gehaltsunterschiede transparent machen. Vor allem Firmen mit mehr als 250 Beschäftigten unterliegen bald strengeren Regeln. Denn: Frauen verdienen weiterhin im Schnitt 13 Prozent weniger als Männer. mehr
Unternehmen in Europa müssen künftig Gehaltsunterschiede transparent machen. Vor allem Firmen mit mehr als 250 Beschäftigten unterliegen bald strengeren Regeln. Denn: Frauen verdienen weiterhin im Schnitt 13 Prozent weniger als Männer. Nach dem Europaparlament haben nun auch die EU-Staaten strengeren Regeln für mehr Lohntransparenz zugestimmt. Unternehmen in Europa mit mehr als 250 Beschäftigten müssen künftig unter anderem jährlich einen Bericht vorlegen, wie stark sich Löhne von Männern und Frauen unterscheiden. Das geht aus einer Erklärung der EU-Staaten hervor. Auch kleinere Unternehmen sind betroffen. Für sie gelten aber weniger strenge Regeln: Sie müssen diese Informationen etwa seltener vorlegen. Zudem müssen sie teils erst in rund acht statt bereits in vier Jahren damit anfangen. Für Unternehmen mit weniger als 100 Angestellten gilt laut EU-Parlament diese Pflicht nur, sobald sie von einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin dazu aufgefordert werden. EU: "Gender Pay Gap" nur minimal verkleinert Mit der neuen Regelung sollen Gehälter leichter verglichen und eventuelle Lohnunterschiede aufgedeckt werden. Frauen verdienen den Angaben zufolge in der EU im Schnitt 13 Prozent weniger als Männer. Der "Gender Pay Gap" hat sich nach EU-Angaben in den vergangenen Jahren nur minimal verkleinert. Verbot von Geheimhaltungsklauseln Geheimhaltungsklauseln über das Gehalt sollen künftig auch verboten sein. Vorgesehen ist nach dem Willen der EU außerdem eine verpflichtende Untersuchung gemeinsam mit Arbeitnehmervertretungen, falls bei einem Unternehmen eine Lohndifferenz zwischen Geschlechtern von fünf Prozent oder mehr festgestellt wird. Wenn Arbeitgeber Verpflichtungen des Grundsatzes für gleiche Bezahlung nicht beachteten, hätten Arbeitnehmer das Recht, Entschädigung zu verlangen.
/ausland/europa/eu-staaten-gehaltsunterschiede-101.html
2023-04-24
Thyssenkrupp-Chefin tritt überraschend ab
Aktienkurs bricht ein
Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz hat ihren Rückzug angekündigt. Die Aktie des Industriekonzerns stürzte daraufhin ab. Der Nachfolger an der Führungsspitze soll Pläne für einen Umbau des Unternehmens vorantreiben. mehr
Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz hat ihren Rückzug angekündigt. Die Aktie des Industriekonzerns stürzte daraufhin ab. Der Nachfolger an der Führungsspitze soll Pläne für einen Umbau des Unternehmens vorantreiben. Die Vorstandschefin von Thyssenkrupp, Martina Merz, verlässt überraschend das Unternehmen. Bereits am 1. Juni soll ihr Miguel Ángel López Borrego folgen, der derzeit noch den Autozulieferer Norma führt, teilte Thyssenkrupp mit. López Borrego war davor Chef von Siemens Spanien und Aufsichtsratsvorsitzender bei Siemens Gamesa. Merz ist seit Oktober 2019 Chefin des Stahl- und Industriekonzerns und die erste Frau auf diesem Posten. Sie verkaufte die profitable Aufzugssparte und strich mehrere Tausend Stellen. Ihr Vertrag war erst im Frühjahr 2022 bis Ende März 2028 verlängert worden. Die ehemalige Bosch-Managerin war aber zuletzt bei Aktionären und den mächtigen Arbeitnehmervertretern unter Druck geraten. Ihre Pläne für eine Abspaltung der Stahlsparte trafen auf Widerspruch. Der geplante Teil-Börsengang der Wasserstofftochter Nucera lässt weiter auf sich warten. "Im Interesse des Unternehmens" Merz erklärte, es habe unter ihrer Führung "wesentliche strategische Weichenstellungen" gegeben. Für den Verkauf der Stahlsparte gebe es "vielversprechende Gespräche mit möglichen Partnern". Derzeit stünden "finanzielle Expertise und die weitere Verbesserung der Performance im Vordergrund", da seien "zusätzliche kaufmännische Kompetenzen sicher nützlich", so die scheidende Thyssenkrupp-Chefin. Für diese Schwerpunktsetzung wolle sie "im Interesse des Unternehmens den Weg öffnen". Der Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp, Siegfried Russwurm, ebenfalls lange Jahre ein Siemens-Manager, lobte den künftigen Konzernchef López Borrego als einen international geprägten Manager mit breiter Industrieerfahrung auf den Gebieten Digitalisierung und Industrie 4.0 sowie als erfahrenen Finanzexperten. "Mit ihm an der Spitze werden wir den Weg der Transformation auf Basis der entwickelten strategischen Linien fortführen." Der Umbau von Thyssenkrupp sei noch nicht abgeschlossen.  Aktie elf Prozent im Minus Anleger reagierten an der Börse stark irritiert auf die Nachricht. Die Thyssenkrupp-Aktie büßte bis zum Nachmittag mehr als elf Prozent ein und war damit Schlusslicht im Mittelstands-Index MDAX.
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2023-04-24
Union für mehr Kontrollen an Binnengrenzen
Illegale Einreisen
Wegen der steigenden Zahl illegaler Einreisen fordert die Unionsfraktion Kontrollen an den deutschen Grenzen zur Schweiz und zur Tschechischen Republik. Das Bundesinnenministerium sieht dafür offenbar keinen Anlass. Von Sascha Adamek.
Wegen der steigenden Zahl illegaler Einreisen fordert die Unionsfraktion Kontrollen an den deutschen Grenzen zur Schweiz und zur Tschechischen Republik. Das Bundesinnenministerium sieht dafür offenbar keinen Anlass. Von Sascha Adamek, rbb Die Unionsfraktion im Bundestag will einen Antrag auf Einführung von Grenzkontrollen an den Übergängen von der Schweiz und von Tschechien einbringen - beide Länder sind Mitglied des Schengen-Raums, innerhalb dessen es eigentlich keine routinemäßigen Grenzkontrollen gibt. In der heute beschlossenen Vorlage des Fraktionsvorstands, die dem ARD-Politikmagazin Kontraste vorliegt, heißt es, solange die EU-Außengrenzen "nicht hinreichend geschützt" seien und die Zahl illegaler Einreisen über diese Grenzen anhalte, müssten die Kontrollen an diesen Binnengrenzen wiedereingeführt werden. Bislang hat Deutschland eine Ausnahme von der Schengen-Regel nur für die österreichische Grenze angemeldet. Der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries erklärte gegenüber Kontraste, die Grenzen zur Schweiz und Tschechien würden gegenwärtig verstärkt für unerlaubte Einreisen genutzt. Die Kommunen seien bereits jetzt überlastet, daher könne es "so wie es ist, nicht mehr weitergehen". Inzwischen stehe "die Akzeptanz des Asylrechts" auf dem Spiel, so de Vries.   Bundespolizei beobachtet Anstieg illegaler Einreisen Informationen von Kontraste zufolge sollen bei den sporadischen Kontrollen an der österreichischen Grenze im Jahr 2022 insgesamt 14.675 Personen zurückgeschoben worden sein. An der Grenze zur Schweiz oder Tschechien ist dieses Vorgehen durch die Bundespolizei zur Zeit rechtlich nicht möglich, weil hier keine Schengen-Ausnahme angemeldet wurde. Insgesamt verzeichnete die Bundespolizei bereits im ersten Quartal 2023 19.672 unerlaubte Einreisen: "Seit dem Jahr 2022 stellt die Bundespolizei einen kontinuierlich ansteigenden Trend in Bezug auf illegale Einreisen fest", so die Bundespolizei. Die Bundespolizei teilte Kontraste mit, dass im ersten Quartal 2023 insgesamt 3063 illegale Einreisen über die Schweiz und 1516 über Tschechien stattgefunden hätten. Wie bereits die "Bild" berichtete, habe sich die Zahl illegaler Einwanderer aus der Schweiz vom ersten zum zweiten Halbjahr 2022 verfünffacht. Auf eine Kontraste-Anfrage, warum nur an der österreichischen Grenze kontrolliert werde, antwortete das Bundesinnenministerium, eine vorübergehende Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen sei laut dem Schengener Grenzkodex nur bei einer "ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit" möglich. Sie habe stets "ultima-ratio-Charakter" und sei zeitlich befristet. Das Ministerium teilte zugleich mit, dass es an den Grenzen zur Tschechischen Republik und zur Schweiz bereits eine "intensive Schleierfahndung" durch die Bundespolizei - unterhalb "der Schwelle der vorübergehenden Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen" - gebe. Deutsche Polizeigewerkschaft widerspricht Der Vize-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Manuel Ostermann kritisierte das Bundesinnenministerium. Wenn dieses die Notwendigkeit der temporären Einrichtung von Grenzkontrollen nicht sehe, müssten stattdessen die Kompetenzen der Bundespolizei im Aufenthaltsgesetz gestärkt werden, so dass Kontrollen und Zurückschiebungen an den deutschen Binnengrenzen durch die Bundespolizei grundsätzlich ermöglicht würden. Dies ist bei der derzeitigen Rechtslage nur im Falle von Schengen-Ausnahmen wie an der österreichischen Grenze möglich. "Das Problem einzig durch rhetorische Absichtserklärungen zu lösen ist ein fataler Irrweg", so Ostermann. Er sprach von einem "Sicherheitsrisiko" und der Gefahr gesellschaftlicher Spaltung.
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2023-04-24
Berliner CDU stimmt für Koalition mit SPD
Landesparteitag
Die Große Koalition in Berlin steht: Zweieinhalb Monate nach der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus hat nach der SPD auch die CDU den gemeinsamen Koalitionsvertrag gebilligt. Beide Seiten präsentierten inzwischen ihre Regierungsmannschaft. mehr
Die Große Koalition in Berlin steht: Zweieinhalb Monate nach der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus hat nach der SPD auch die CDU den gemeinsamen Koalitionsvertrag gebilligt. Beide Seiten präsentierten inzwischen ihre Regierungsmannschaft. In Berlin hat sich nach der SPD nun auch die CDU für eine schwarz-rote Regierungskoalition entschieden. Bei einem Landesparteitag votierten die Delegierten einstimmig für den mit der SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag, wie die CDU nach der Abstimmung bekanntgab. Damit könnte CDU-Landeschef Kai Wegner am Donnerstag im Landesparlament zum Regierenden Bürgermeister gewählt werden - als erster Christdemokrat seit 2001. Bisher regiert in Berlin ein rot-grün-roter Senat. Anders als die SPD hatte die CDU nicht öffentlich über das geplante schwarz-rote Bündnis diskutiert. Zwar gibt es in der Hauptstadt-CDU weiterhin Anhänger einer schwarz-grünen Zusammenarbeit - Wegners Kurs hatte aber von Anfang die breite Unterstützung der Partei. Nur knappe Mehrheit beim SPD-Mitgliedervotum Die Berliner Sozialdemokraten sind dagegen in der Frage eines schwarz-roten Regierungsbündnisses erkennbar gespalten. Beim Mitgliedervotum über den Koalitionsvertrag, dessen Ergebnis am Sonntag bekanntgegeben worden war, gab es nur eine knappe Mehrheit von 54,3 Prozent für das gemeinsame Regierungsprogramm. Die SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey ist derzeit noch Regierende Bürgermeisterin. Giffey wird Wirtschaftssenatorin Nach dem Mitgliederentscheid für eine schwarz-rote Koalition hat die Berliner SPD ihre künftigen Senatsmitglieder nun auch offiziell vorgestellt. Die Namen waren zuvor schon bekanntgeworden. Die SPD stellt im künftigen Senat als kleiner Partner der CDU fünf Senatsmitglieder: vier Senatorinnen und einen Senator. Die CDU hat inklusive des designierten Regierenden Bürgermeisters Wegner sechs Posten. Die bisherige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey wird Wirtschaftssenatorin und zugleich Stellvertreterin von Wegner mit dem Amt einer Bürgermeisterin. Innensenatorin bleibt Iris Spranger, die das Amt seit 2021 inne hat. Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen wird der langjährige Staatssekretär in verschiedenen Senatsverwaltungen, Christian Gaebler. Arbeits- und Sozialsenatorin wird Cansel Kiziltepe, die bisher parlamentarische Staatssekretärin im Bundesbauministerium und Berliner Bundestagsabegeordnete ist. Sie gilt als Linke in der Berliner SPD und Hoffnungsträgerin dieses Flügels. Senatorin für Gesundheit und Wissenschaft wird Ina Czyborra, Historikerin und Archäologin, die Vize-Landesvorsitzende der SPD und Abgeordnete ist. CDU stellt Regierungsmannschaft vor Zuvor hatte die Berliner CDU ihre Regierungsmannschaft für einen schwarz-roten Senat präsentiert: ein Team aus zwei Männern und drei Frauen. Finanzsenator soll der langjährige Abgeordnete und Generalsekretär der Berliner CDU, Stefan Evers, werden, Bildungssenatorin die bisherige bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Katharina Günther-Wünsch. Lange war die Frage offen, wie die CDU das Justizressort besetzen würde. Dafür vorgesehen ist die Vizepräsidentin des Bundesamts für Verfassungsschutz, Felor Badenberg, die bislang in der Berliner Landespolitik nicht bekannt war und auch nicht Mitglied der CDU ist. Für die Senatsverwaltung für Verkehr und Klimaschutz soll dagegen die stellvertretende Landesvorsitzende Manja Schreiner verantwortlich sein, wie Badenberg eine promovierte Juristin. Für das Kulturressort hat Wegner den Musikmanager Joe Chialo gewinnen können, der CDU-Mitglied, aber in der Berliner Landespolitik bisher noch ein unbeschriebenes Blatt ist. Deutlicher Sieg der CDU Die Christdemokraten hatten die Wahl vom 12. Februar mit 28,2 Prozent deutlich gewonnen. Die SPD landete mit 18,4 Prozent auf dem zweiten Platz - mit einem Vorsprung von nur 53 Stimmen vor den Grünen. Die CDU sondierte anschließend mit beiden Parteien und entschied sich dann für Koalitionsverhandlungen mit der SPD.
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2023-04-24
Neuer Livestream und verbesserter Audio-Player
Update der tagesschau-App
Mit dem jüngsten Update der tagesschau-App bieten wir in der gesamten App einen verbesserten Audio-Player an. Das Programm von tagesschau24 können Sie jetzt jederzeit auch als Audio-Livestream anhören. Und: Für iOS gibt es nun Lockscreen-Widgets der tagesschau. Wir erklären, wo Sie diese und weitere neue Features in der App finden. mehr
tagesschau24 als Audio-Livestream Um den neuen Audio-Livestream von tagesschau24 zu hören, tappen Sie nach dem Start der App oben rechts auf das Kopfhörer-Symbol und wählen dann den ersten Teaser aus. Sie können auch wie gewohnt alle kuratierten Audio-Inhalte nacheinander abspielen; dafür wählen Sie „Alle abspielen“.    Verbesserter Audio-Player in der gesamten App Wenn Sie unsere kuratierten Audios oder das Podcast-Ressort nutzen, kennen Sie bereits den neuen Audio-Player der tagesschau-App. Diesen Player setzen wir nun in der gesamten App ein.   Lockscreen-Widgets für iOS Nutzen Sie Lockscreen-Widgets auf Ihrem iOS-Gerät? Dann können Sie ab sofort zwischen drei neuen Widgets auswählen, um tagesschau-Inhalte auf dem Lockscreen anzuzeigen und von dort direkt in die App zu gelangen. Das Feature ist ab iOS 16 verfügbar.  Download im App Store und bei Google Play Die tagesschau App finden Sie im App Store von Apple und im Google Play Store Download bei F-Droid Wenn Sie unser Repository zu Ihren F-Droid-Paketquellen hinzufügen, können Sie unsere App auch ohne Google Play Services auf Ihrem Android-Gerät installieren.
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2023-04-24
"Müssen verhindern, verwundbar zu sein"
Steinmeier in Kanada
Ein Besuch in Kanada ist für Bundespräsident Steinmeier eine Begegnung mit einem immer wichtiger werdenden Verbündeten - sowohl mit Blick auf gemeinsame Werte als auch auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit. mehr
Ein Besuch in Kanada ist für Bundespräsident Steinmeier eine Begegnung mit einem immer wichtiger werdenden Verbündeten - sowohl mit Blick auf gemeinsame Werte als auch auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei seinem Besuch in Kanada zur gemeinsamen Verteidigung der von innen und außen angegriffenen liberalen Demokratien aufgerufen. "Wir müssen verhindern, politisch und wirtschaftlich verwundbar zu sein", sagte er, auch unsere Demokratie sei kritische Infrastruktur, die es zu schützen und bewahren gelte. Neben Russland nannte Steinmeier auch China als internationale Herausforderung, dessen wirtschaftlicher und politischer Machtanspruch würde die internationalen Beziehungen auf lange Sicht prägen. Nach Ansicht Steinmeiers spielt Kanada als pazifische Nation eine wichtige Rolle dabei, dem wachsenden Einfluss Chinas im Indopazifik entgegenzutreten. Trudeau würdigt Deutschlands internationales Engagement Premierminister Justin Trudeau betonte beim gemeinsamen Treffen, dass Deutschland und Kanada bei der Unterstützung der Ukraine Seite an Seite arbeiteten. Auch würdigte er das deutsche Engagement im Rahmen der G7. Der Bundespräsident unterstrich das gemeinsame Ziel mit Kanada, sich weiter mit den Staaten der Region zu vernetzen und die Abhängigkeit von China abzubauen. Kanada und Deutschland seien enger verbunden denn je, so der Bundespräsident. Für Deutschland ist Kanada als rohstoffreiches Land besonders interessant. Der Handel wird inzwischen dadurch erleichtert, dass der Deutsche Bundestag das umstrittene Ceta-Abkommen ratifiziert hat. Es sieht den Wegfall fast aller Zölle vor und soll die Geschäfte zwischen Unternehmen in der EU und in Kanada erleichtern. Nächster Stopp: Brennstoffzellen Begleitet von einer Wirtschaftsdelegation und Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger reist Steinmeier weiter nach Vancouver. Dort will er sich unter anderem das Werk eines deutschen Herstellers von Brennstoffzellen anschauen und an einem Runden Tisch der deutschen und kanadischen Wirtschaft teilnehmen. An der Universität von British Columbia will er sich über Forschungsprojekte zu smarten Energiesystemen informieren.
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2023-04-24
"Ukraine-Frage nicht losgelöst von Geopolitik"
Lawrow im UN-Sicherheitsrat
Russlands Außenminister Lawrow hat dem Westen hegemoniale Pläne vorgeworfen und den Einmarsch seines Landes in die Ukraine erneut verteidigt. Das stieß auf viel Gegenwind und Empörung im UN-Sicherheitsrat. Von Peter Mücke. mehr
Russlands Außenminister Lawrow hat dem Westen hegemoniale Pläne vorgeworfen und den Einmarsch seines Landes in die Ukraine erneut verteidigt. Das stieß auf viel Gegenwind und Empörung im UN-Sicherheitsrat. Turnusgemäß hat Russland in diesem Monat den Vorsitz im wichtigsten UN-Gremium. Und das Land nahm den heutigen internationalen Tag des Multilateralismus zum Anlass, das Thema auf die Agenda des Sicherheitsrats zu setzen. Dazu war eigens der russische Außenminister Sergej Lawrow nach New York gereist. Er nutzte den Auftritt, um den Einmarsch seines Landes in die Ukraine zu rechtfertigen: Die NATO habe die Sicherheit Russlands in der Region über Jahre bedroht: Es geht darum, wie die internationalen Beziehungen künftig gestaltet werden: Indem ein solider Konsens auf der Grundlage von Interessenabwägungen hergestellt wird oder indem die Vormachtstellung Washingtons aggressiv und sprunghaft vorangetrieben wird. Wir können die Ukraine-Frage nicht losgelöst vom geopolitischen Kontext betrachten. Lawrow warf dem Westen vor, die UN-Charta als Basis der internationalen Ordnung durch eigene Regeln ersetzen zu wollen - gegen den Willen des Rests der Welt. Guterres: Spannungen auf historischem Höhepunkt Zuvor hatte UN-Generalsekretär Antonio Guterres erneut davor gewarnt, dass das multilaterale System stärker unter Druck stehe als je zuvor seit der Gründung der Vereinten Nationen: "Die Spannungen zwischen den Großmächten sind auf einem historischen Höhepunkt. Auch das Risiko, dass der Konflikt durch Unfälle oder Fehleinschätzungen eskalieren könnte." Russlands Einmarsch in die Ukraine unter Verletzung der Charta der Vereinten Nationen und des internationalen Rechts verursache massives Leid und Verwüstungen und verstärke die globalen wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Covid-19-Pandemie. Vorwurf der Heuchelei Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, warf Russland Heuchelei vor. Die Regierung in Moskau habe mit der Invasion seines Nachbarn Ukraine die UN-Charta ins Herz getroffen - und damit alle gemeinsamen Werte: "Dieser illegale, nicht provozierte und unnötige Krieg widerspricht direkt unseren am weitesten verbreiteten Prinzipien, dass ein Angriffskrieg und territoriale Eroberungen niemals akzeptabel sind." Während man hier in New York zusammen sitze, gehe diese Aggression weiter - russische Streitkräfte würden währenddessen weiter Zivilisten töten und verletzen. Und weiter beklagte Thomas-Greenfield: "Während wir hier sitzen, zerstören russische Streitkräfte die kritische Infrastruktur der Ukraine." Skoog: Grundregeln der Vereinten Nationen verletzt Vor der Sitzung des Sicherheitsrats hatte sich im Namen aller 27 Mitgliedsstaaten auch der UN-Botschafter der Europäischen Union, Olof Skoog, zu Wort gemeldet. Jeder wisse, dass Russland mit dem Krieg die Grundregeln der Vereinten Nationen verletze: "Durch die Organisation der Debatte versucht Russland, sich als Verteidiger der UN-Charta und des Multilateralismus darzustellen." Nichts sei weiter von der Wahrheit entfernt. "Das ist zynisch", so Skoog. Gespräch über Zukunft des Getreideabkommens Am Rande des Besuchs will sich der russische Außenminister Lawrow mit UN-Generalsekretär Guterres zu einen Gespräch treffen. Dabei soll es vor allem um die Zukunft des Getreideabkommens gehen. Russland hatte zuletzt wiederholt damit gedroht, die Vereinbarung über die sichere Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine zum 18. Mai auslaufen zu lassen.
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2023-04-24
Tucker Carlson verlässt Fox News
Umstrittener US-Moderator
Rassistisch, sexistisch und transfeindlich: So erlebte man Tucker Carlson immer wieder in seiner Sendung auf Fox News. Nun wurde bekannt, dass der umstrittene US-Moderator und der konservative Sender künftig getrennte Wege gehen. mehr
Rassistisch, sexistisch und transfeindlich: So erlebte man Tucker Carlson immer wieder in seiner Sendung auf Fox News. Nun wurde bekannt, dass der umstrittene US-Moderator und der konservative Sender künftig getrennte Wege gehen. Der konservative Sender Fox News und sein umstrittener Fernsehmoderator Tucker Carlson gehen künftig getrennte Wege. Carlsons letzte Sendung sei bereits am Freitag gewesen, teilte Fox News mit und bedankte sich bei dem 53-Jährigen für seine Arbeit. Gründe für die Trennung nannte Fox News nicht. Carlson galt als eine der bekanntesten Persönlichkeiten des Senders. Mit seinen hetzerischen und oft am rechten politischen Rand anzusiedelnden Kommentaren sorgte er immer wieder für Schlagzeilen. Vorwurf der Wahlmanipulation Die Trennung ist besonders vor dem Hintergrund brisant, dass sich der Medienkonzern Fox gerade erst im Zuge einer Klage des Wahlmaschinenherstellers Dominion außergerichtlich auf eine Schadenersatzzahlung in Millionenhöhe geeinigt hat. Denn auch Carlson stand rund um die Klage im Fokus. Dominion hatte geklagt, weil Fox News Berichte über angebliche Manipulationen der Wahlcomputer bei der Präsidentschaftswahl 2020 verbreitet hatte. Eigentlich sollte vergangene Woche ein Prozess beginnen, bei dem mutmaßlich weitere Details aus dem Innenleben des Medienkonzerns ans Licht gekommen wären. Dann aber einigten sich beide Parteien auf eine Zahlung von 787,5 Millionen US-Dollar (rund 714 Millionen Euro) des Konzerns Fox an Dominion. Auch Carlson und seine quotenstarke tägliche Abendsendung "Tucker Carlson Tonight" rückten im Zusammenhang mit der Klage in den Mittelpunkt. Der Talkmaster trat in seiner Sendung als Unterstützer des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump auf, der die Lüge vom Wahlbetrug bis heute weiter verbreitet und seine Niederlage nicht eingesteht. "Ich hasse ihn leidenschaftlich" In den vergangenen Monaten wurden schließlich Textnachrichten des Moderators Carlson öffentlich. Carlson soll einem Mitarbeiter zwei Monate nach der Präsidentenwahl 2020 geschrieben haben: "Wir sind sehr, sehr nahe dran, Trump an den meisten Abenden zu ignorieren. Ich kann es wirklich kaum erwarten. Ich hasse ihn leidenschaftlich." Die Enthüllungen zogen die Glaubwürdigkeit des Moderators Carlson weiter in Zweifel, der in seiner Sendung selbst die Verschwörungserzählung vom Wahlbetrug befeuerte. Carlson soll sich in den Textnachrichten auch immer wieder kritisch über das Management des Senders geäußert haben. Für Empörung sorgte zuletzt außerdem, dass Carlson in seiner Sendung einige ausgewählte Bilder des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar 2021 zeigte und ganz im Sinne Trumps behauptete, damals seien lediglich friedliche Demonstranten unterwegs gewesen. Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, hatte dem Talkmaster exklusiv Tausende Stunden Überwachungsmaterial zur Verfügung gestellt. Carlson behauptete dann in seiner Sendung ohne Belege, Bundesagenten hätten die Gewalt angestachelt. Zweifelhafte Äußerungen für Millionen Carlsons werktägliche Abendsendung schalteten im Schnitt gut drei Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer ein. Darin verbreitete er Verschwörungserzählungen sowie offensichtliche Falschmeldungen, und er hetzte gegen Minderheiten. Er äußerte sich rassistisch, machte sexistische und transfeindliche Kommentare und wurde dafür von seinen Fans gefeiert. Carlson kam zwar bereits 2009 zu Fox News, wurde aber erst mit seiner Abendsendung, die seit 2017 läuft, zum Star. Es seien nun vor allem Carlsons Kommentare über das Fox-Management gewesen, die eine Rolle bei seinem Weggang von Fox gespielt hätten, berichtete die "Washington Post" unter Berufung auf eine nicht namentlich genannte Quelle. Offen blieb, wie es für Carlson nach der Trennung weitergeht. In seiner letzten Sendung am Freitag hatte er seinen Abschied nicht angekündigt und sich vom Publikum nicht verabschiedet.
/ausland/foxnews-tucker-carlson-101.html
2023-04-24
Warten auf "Big Tech"
US-Börsen wenig bewegt
Wie schon zuvor in Europa, haben sich auch die US-Anleger vor den anstehenden Quartalszahlen der großen Tech-Unternehmen bedeckt gehalten. Ab Dienstag erwartet die Wall Street eine wahre Zahlenflut. mehr
Wie schon zuvor in Europa, haben sich auch die US-Anleger vor den anstehenden Quartalszahlen der großen Tech-Unternehmen bedeckt gehalten. Ab Dienstag erwartet die Wall Street eine wahre Zahlenflut. Vor den anstehenden Quartalszahlen der großen US-Technologiefirmen haben sich die Anleger an der Wall Street zurückgezogen. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte legte leicht um 0,2 Prozent auf 33.875 Punkte, der breiter gefasste S&P 500 um 0,1 Prozent auf 4137 Zähler zu. Der Index der Technologiebörse Nasdaq rutschte um 0,3 Prozent-, der Auswahlindex Nasdaq 100 um ein Viertel Prozent ab. Big-Techs im Fokus - Zahlenflut voraus Thema des Tages an der Wall Street, wie schon zuvor in Europa, waren natürlich die US-Tech-Giganten wie Amazon, Alphabet, Meta, Intel und Microsoft, die in dieser Woche Einblick in ihre Bücher gewähren. Tech-Marktführer Apple berichtet erst am 4. Mai. Microsoft und Alphabet eröffnen morgen in New York den Ergebnisreigen, wie stets nach Börsenschluss. Zuvor bereits erwarten die Wall Street und die europäischen Märkte eine wahre Zahlenflut. Aus Europa sind unter anderem zahlreiche Berichte aus dem Finanzsektor zu erwarten. In New York stehen Neuigkeiten an von Schwergewichten wie McDonald's, Verizon oder 3M, alle aus dem Leitindex Dow Jones. Über allem wird die Frage stehen, wie die großen Unternehmen den rigiden Zinskurs der Notenbanken im ersten Quartal verkraftet haben. Allen voran die US-Unternehmen, denn die Federal Reserve (Fed) ist mit ihrem Zinszyklus schon weiter fortgeschritten als die EZB. "Es ist eine entscheidende Woche für Technologie-Aktien", sagte Peter Cardillo, Chefvolkswirt bei Spartan Capital Securities. "Wenn die Gewinne nicht enttäuschen, kann der Markt seine Erholung fortsetzen." Auch auf der anderen Seite des Atlantiks hatten sich zuvor die Anleger in Deckung begeben. Robuster Jahresstart für Coca-Cola Schon heute legte der Softdrinkhersteller Coca-Cola Zahlen vor. Trotz mehrfacher Preiserhöhungen blieb die Nachfrage zum Jahresauftakt hoch, und die Quartalsergebnisse übertrafen die Erwartungen. Auch mehrfache Preiserhöhungen konnten der Nachfrage des von Coca-Cola und Rivale PepsiCo dominierten Marktes nichts anhaben. Konkret legte der Gewinn um zwölf Prozent auf 3,1 Milliarden Dollar (2,8 Mrd. Euro) zu. Ein überraschend starkes Umsatzwachstum aus eigener Kraft - also ohne Zu- und Verkäufe von Unternehmensteilen - bescherte den Aktien des Dow-Mitglieds gegen den Trend zunächst einen Kursanstieg von über einem Prozent, das Papier konnte den Gewinn aber nicht halten. Am Ende stand ein leichtes Minus von 0,16 Prozent. Bed, Bath & Beyond geht in Chapter 11 Aktien von Bed Bath & Beyond gaben mehr als 35 Prozent ab, nachdem der traditionsreiche, angeschlagene Einzelhändler für Haushaltswaren Insolvenz (Chapter 11) nach US-Recht angemeldet hat. Gerüchte um eine Insolvenz machten schon eine Weile die Runde auf dem Parkett, die Aktie war schon lange ein Pennystock. Nun kam die Bestätigung. Der Schlusskurs lag bei 19 Dollar-Cents. DAX kaum bewegt Der deutsche Aktienmarkt hat sich heute in engen Bahnen bewegt. Am Ende ging er kaum verändert aus dem Handel. Der deutsche Leitindex DAX schloss bei 15.863 Punkten, ein leichter Tagesverlust von 0,11 Prozent. Vom Tagestief bei 15.831 Punkten am Morgen konnte sich der DAX im Verlauf etwas entfernen und war zwischenzeitlich sogar leicht ins Plus gedreht. Das Tageshoch lag bei 15.919 Punkten. Die Marke von 16.000 Punkten bleibt damit weiter im Visier. Der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, ging bei 27.778 Punkten nahezu unverändert aus dem Handel. "Trotz zahlreicher Ausbruchsversuche nach oben hat sich der Deutsche Aktienindex in den vergangenen drei April-Wochen nicht wirklich vom Fleck bewegt", sagte Konstantin Oldenburger, Marktanalyst beim Broker CMC Markets. Spannung vor neuen US-Tech-Berichten Das könnte sich womöglich bald ändern, der Markt lebte heute primär von der Spannung. Denn ab morgen präsentieren die großen US-Tech-Unternehmen ihre Quartalszahlen. Wie stets haben die hochbewerteten Konzerne Apple, Microsoft, Alphabet & Co. das Potenzial, der Börse eine neue Richtung zu geben. "Mit Apple, Amazon, Alphabet, Meta und Microsoft stehen die Big Techs im US-Technologieindex in den Startlöchern", konstatierte Christian Henke vom Finanzdienstleister IG. Bei guten Unternehmenszahlen könnten die Giganten nicht nur den Nasdaq, sondern auch die weltweiten Indizes beflügeln. "Beim DAX wäre dann der Sprung über die 16.000-Punkte-Marke möglich." ifo-Index bleibt unter Erwartungen Selbst der ifo-Index konnte am Vormittag für keine großen Kursausschläge im DAX mehr sorgen - kein Wunder, fehlt es der deutschen Wirtschaft doch derzeit selbst an Schwung. Das Barometer für die Stimmung der deutschen Wirtschaft kletterte im April auf 93,6 Zähler, blieb damit aber hinter den Erwartungen zurück. Laut Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank, wird die Luft für die deutsche Wirtschaft allmählich dünner. "In Deutschland folgten Zinserhöhungsphasen mit einer Verzögerung von durchschnittlich fünf Quartalen stets eine Rezession", so der Ökonom. Öl dreht ins Plus Die Ölpreise schwankten heute. Zunächst knüpften sie an ihre schwache Tendenz in der Vorwoche an, am Ende zogen sie an. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juni 82,77 Dollar. Das waren gut 1,5 Prozent mehr als am Freitag. In der vergangenen Woche standen die Erdölpreise deutlich unter Druck. Unter dem Strich gaben die Notierungen um etwa vier Dollar nach. Ausschlaggebend waren überwiegend schwache Wirtschaftsdaten aus den USA, die neue Konjunktursorgen hervorgerufen haben. Gold entfernt sich weiter von 2000-Dollar-Marke Die zuletzt wieder anziehenden US-Zinserwartungen lasten derweil auf dem Goldpreis, wirft das gelbe Edelmetall doch selbst keine Zinsen ab. Die Feinunze Gold kostete zuletzt 1989 Dollar und damit 0,2 Prozent mehr. Euro steigt über 1,10 Dollar - ifo-Index stützt Der Euro legt zu Beginn der Woche zu. Zuletzt weitete die Gemeinschaftswährung ihre Gewinne weiter aus und kostete im US-Handel 1,1046 Dollar. Der vor etwa zwei Wochen markierte einjährige Höchststand bei 1,1074 Dollar liegt nicht weit entfernt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1002 (Freitag: 1,0978) Dollar fest. Der Euro profitierte von einer besseren Unternehmensstimmung in Deutschland. Das ifo-Geschäftsklima, Deutschlands wichtigster konjunktureller Frühindikator, stieg im April das sechste Mal in Folge. "Die Sorgen der deutschen Unternehmen lassen nach, aber der Konjunktur fehlt es an Dynamik", kommentierte ifo-Präsident Clemens Fuest. Etwas positiver äußerte sich Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Die deutsche Wirtschaft sei relativ unbeschadet über den Winter gekommen. "Doch bei aller Freude über die besser als erwartete Wirtschaftsentwicklung, die Konjunkturampeln springen nicht auf Grün." Daimler-Truck mit gutem Jahresstart Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck ist überraschend gut ins neue Jahr gestartet. Im ersten Quartal seien dank einer starken Nachfrage und eines höheren Absatzes als im entsprechenden Vorjahreszeitraum die Markterwartungen übertroffen worden, teilte das DAX-Unternehmen am Abend auf Basis vorläufiger Zahlen mit. So habe das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) konzernweit bei 1,16 Milliarden Euro gelegen. Die mittlere Analystenschätzung habe bei 976 Millionen Euro gelegen. Im Industriegeschäft - also ohne Finanzdienste gerechnet - lag das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) bei 1,11 Milliarden Euro. Die bereinigte Umsatzrendite betrug 8,8 Prozent (Konsensus: 7,6). Die vollständigen Quartalszahlen will das Unternehmen am 9. Mai vorlegen. Die Aktie legte nachbörslich zu. Heidelberg Materials kauft zu Das Baustoffunternehmen Heidelberg Materials übernimmt den US-Beton-Zulieferer Sefa Group. Das US-Unternehmen mit 20 Standorten und mehr als 500 Beschäftigten beliefere mehr als 800 Betonwerke in 13 Bundesstaaten mit Flugasche, teilte der DAX-Konzern heute mit. Mit der Übernahme stärke Heidelberg Materials die Präsenz auf dem schnell wachsenden Markt für Zementprodukte im Südosten der USA, sagte Heidelberg-US-Chef Chris Ward laut Mitteilung. Ein Kaufpreis wurde nicht genannt. Thyssen-Chefin Merz gibt auf Paukenschlag bei Thyssenkrupp: Vorstandschefin Martina Merz hat den Aufsichtsrat um Gespräche über eine einvernehmliche Auflösung ihres Mandats gebeten, wie das Unternehmen überraschend mitteilte. Der Personalausschuss habe beschlossen, dem Aufsichtsrat vorzuschlagen, Miguel Angel Lopez Borrego, aktuell Vorstandsvorsitzender der Norma Group SE, zum 1. Juni 2023 als Nachfolger von Merz zum Mitglied und Vorsitzenden des Vorstands zu bestellen. Merz ist seit Oktober 2019 Vorstandschefin des Ruhrkonzerns und die erste Frau auf diesem Posten. Ihr zwischenzeitlich verlängerter Vertrag sollte noch bis Ende März 2028 laufen. Die ehemalige Bosch-Managerin war aber zuletzt bei Aktionären und den mächtigen Arbeitnehmervertretern unter Druck geraten. Ihre Pläne für eine Verselbstständigung der Stahlsparte trafen auf Widerspruch. Der geplante Teil-Börsengang der Wasserstofftochter Nucera lässt weiter auf sich warten. Die Thyssenkrupp-Aktie brach am Ende um über 13 Prozent ein. Lufthansa-Einstieg bei ITA verzögert sich Die italienische Regierung verlängert einem Insider zufolge die exklusiven Gespräche mit der deutschen Lufthansa über deren Einstieg bei der staatlichen Fluggesellschaft ITA Airways (ehemals Alitalia). Das Finanzministerium in Rom habe sich mit der Lufthansa darauf verständigt, die Verhandlungen bis 12. Mai auszudehnen, sagte heute eine mit der Angelegenheit vertraute Person Reuters. Die Lufthansa verhandelt über den Kauf von 40 Prozent an ITA, der Anteil wird mit rund 200 Millionen Euro bewertet. Geplant sei, die übrigen ITA-Anteile später an die Lufthansa zu verkaufen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte eine Entscheidung zuletzt bis Montag (24. April) in Aussicht gestellt. Bis dahin hatte die italienische Regierung der Lufthansa exklusive Verhandlungen zugesichert. Ursprünglich war ein Abschluss schon bis Ostern anvisiert worden. Herrenmodehersteller Ahlers meldet Insolvenz an Nach Gerry Weber geht mit dem Herrenmode-Hersteller Ahlers ein weiteres deutsches Textilunternehmen in die Knie. Die Ahlers AG aus dem westfälischen Herford und sieben ihrer Tochtergesellschaften mit zusammen 400 Mitarbeitern meldeten heute beim Amtsgericht Bielefeld Insolvenz wegen drohender Zahlungsunfähigkeit an. Insgesamt hat Ahlers 1700 Beschäftigte. Das Geschäft habe sich auch in den vergangenen Monaten schwächer entwickelt als geplant, so dass die Zahlungsunfähigkeit drohe, begründete Vorstandschefin Stella Ahlers den Insolvenzantrag. Verhandlungen über die weitere Finanzierung des Konzerns seien gescheitert. Die für Marken wie Baldessarini, Pierre Cardin und Otto Kern bekannte Firma schreibt seit Jahren Verluste und hat bereits ein Sparprogramm hinter sich. "Die erreichten Erfolge wurden durch das aktuellen Marktumfeld zunichte gemacht", sagte Stella Ahlers, deren Familie knapp 53 Prozent der Aktien hält. Jungheinrich hebt die Prognose an Der Gabelstapler-Hersteller Jungheinrich hat seinen Jahresausblick nach dem Abschluss der Übernahme der Storage-Solutions-Gruppe angehoben. Das Unternehmen kalkuliert nun laut einer Mitteilung vom Montagabend für 2023 mit einem Auftragseingang zwischen 5,0 und 5,4 Milliarden Euro sowie mit einem Umsatz von 5,1 bis 5,5 Milliarden Euro. Darin sei ein Auftragseingang von 300 Millionen Euro sowie ein Umsatz von 200 Millionen Euro der US-Amerikaner berücksichtigt. Im Vergleich zu den bisherigen Prognosen eines Auftragseingangs von 4,8 bis 5,2 Milliarden Euro sowie eines Umsatzes von 4,9 bis 5,3 Milliarden Euro wird das Unternehmen unter dem Strich beim Auftragseingang also etwas vorsichtiger. Die Aktie legte auf der Handelsplattform Tradegate im Vergleich zum Xetra-Schluss dennoch deutlich zu. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) soll 2023 nun 400 bis 450 Millionen Euro erreichen, nach bislang 350 bis 400 Millionen Euro. Zudem legte der Kion-Konkurrent vorläufige Zahlen für das erste Quartal vor. Demnach stieg der Auftragseingang leicht auf 1,35 Milliarden Euro. Der Umsatz legte um mehr als ein Fünftel auf 1,29 Milliarden Euro zu. Das operative Ergebnis stieg um etwas mehr als die Hälfte auf 120 Millionen Euro. Die vollständigen Zahlen sollen am 8. Mai folgen. Software AG: Kurssprung nach Übernahmeangebot Unternehmensseitig steht zu Wochenbeginn die Darmstädter Software AG im Blick. Die Aktie schnellte um knapp 50 Prozent in die Höhe. Das Technologie-Investmentunternehmen Silver Lake will den Konzern übernehmen. Geboten werden den Aktionären 30 Euro je Aktie. Silver Lake wäre das SDAX-Unternehmen damit 2,2 Milliarden Euro wert. Der Schlusskurs der Software AG hatte am Freitag bei knapp 20 Euro gelegen. Schwieriges Umfeld für Hypoport Die Immobilienflaute infolge des starken Zinsanstieges hat dem Finanzdienstleister Hypoport zum Jahresstart deutliche Geschäftseinbußen eingebrockt. Der Umsatz fiel im ersten Quartal im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 30 Prozent auf 94 Millionen Euro, wie das SDAX-Unternehmen am Abend auf Basis vorläufiger Zahlen in Berlin mitteilte. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern brach sogar um 90 Prozent auf eine Million Euro ein. Im Vergleich zum Schlussquartal 2022 hätten sich beide Kennziffern aber dank höherer Volumina am Markt für private Immobilienfinanzierung sowie Kostensenkungen etwas verbessert, hieß es in der Mitteilung. Bereits Mitte April hatte Hypoport Zahlen zu den Transaktionsvolumina auf Hypoports Kreditplattform Europace vorgelegt. Vorstandschef Ronald Slabke hatte darin eine Bodenbildung gesehen, eine wirkliche Erholung des Finanzierungsmarktes aber noch nicht. Salzgitter startet besser als erwartet ins Jahr Der Stahlhersteller Salzgitter ist besser als erwartet ins laufende Jahr gestartet. Der Gewinn vor Steuern sei zwar vom außergewöhnlich hohen Vorjahreswert in Höhe von 465 Millionen Euro um etwas mehr als 60 Prozent auf 183 Millionen Euro gefallen. Experten hatten allerdings noch mit einem deutlich stärkeren Rückgang auf etwas mehr als 100 Millionen Euro gerechnet. Philips fängt sich im Tagesgeschäft Der Medizintechnikkonzern Philips hat sich im ersten Quartal im Tagesgeschäft unerwartet gut geschlagen. Trotzdem musste der niederländische Siemens-Healthineers-Konkurrent wegen teurer Rückstellungen unter dem Strich einen weiteren Rückschlag einstecken. Der Nettoverlust vergrößerte sich auf mehr als das Vierfache und betrug 665 Millionen Euro. Kunden ziehen bei Credit Suisse weitere Milliarden ab Bei der krisengeschüttelten Schweizer Großbank Credit Suisse sind die Vermögensabflüsse im ersten Quartal weitergegangen. Die Kunden zogen im Zeitraum Januar bis März netto 61,2 Milliarden Franken ab. Für das zweite Quartal und das gesamte Jahr stellte die Bank einen erheblichen Vorsteuerverlust in Aussicht. Morgen legt der neue Mutterkonzern UBS seine Quartalszahlen vor. GAM peilt Übernahme durch Liontrust bis 4. Mai an Das krisengeplagte Schweizer Fondshauses GAM will die Verhandlungen über eine Übernahme durch den britischen Fondsmanager Liontrust Asset Management bis spätestens 4. Mai erfolgreich abschließen. "Die Gespräche zielen darauf ab, das Unternehmen im besten Interesse aller Stakeholder strategisch zu positionieren", erklärte GAM.
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2023-04-24
+ Militärgeheimdienst: Sieg bis Jahresende möglich +
Krieg gegen die Ukraine
Der ukrainische Militärgeheimdienst hält eine Rückeroberung des von Russland besetzten Staatsgebiets in diesem Jahr für möglich. Der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner hat damit gedroht, keine Gefangenen mehr zu nehmen. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. mehr
Der ukrainische Militärgeheimdienst hält eine Rückeroberung des von Russland besetzten Staatsgebiets in diesem Jahr für möglich. Der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner hat damit gedroht, keine Gefangenen mehr zu nehmen. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. UN-Sicherheitsrat: Lawrow verteidigt Einmarsch in die Ukraine'Besuch in Kiew: Kallas sichert weitere Unterstützung zuKiews Militärgeheimdienst erwartet Rückeroberungen bis JahresendeWagner-Chef Prigoschin droht: keine Gefangenen mehrSchweizer Botschafter verteidigt Nein zu MunitionsweitergabeEU-Außenminister beraten über Ukraine-UnterstützungSelenskyj dankt ukrainischen Soldaten Ende des Liveblogs Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Selenskyj: Bereiten uns schon jetzt auf kommenden Winter vor Nach den monatelangen russischen Angriffen auf Energieanlagen bereitet sich die Ukraine laut Präsident Wolodymyr Selenskyj schon jetzt auf den kommenden Winter vor. "Wir haben Entscheidungen getroffen, um den Energiesektor nach den russischen Angriffen wiederherzustellen", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache nach einem Besuch in der Region Schytomyr westlich von Kiew. Russland hat seit dem vergangenen Herbst immer wieder gezielt ukrainische Kraftwerke mit Raketen und Drohnen beschossen. Insbesondere in der kalten Jahreszeit kam es deshalb in vielen ukrainischen Regionen immer wieder zu Strom- und Heizungsausfällen. UN schlägt Russland Verbesserung von Getreideabkommen vor UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Angaben eines UN-Sprechers eine Verbesserung des Getreideabkommens zwischen Russland und der Ukraine vorgeschlagen. Der Vorschlag werde in einem Brief dargelegt, den Außenminister Sergej Lawrow Putin überbringen solle. Das bereits mehrfach verlängerte Abkommen läuft am 18. Mai aus. Russland macht eine weitere Verlängerung von Erleichterungen für seine eigenen Agrar- und Düngemittelausfuhren abhängig. Kreml: Keine ausländischen Staatschefs bei Militärparade am 9. Mai Im zweiten Jahr des Krieges gegen die Ukraine hat Russland zu seiner traditionellen Militärparade am 9. Mai erneut keine ausländischen Staats- und Regierungschefs eingeladen. "In diesem Jahr gab es keine speziellen Einladungen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge am Montag. Lediglich der Präsident der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Kirgistan, Sadyr Schaparow, werde an den Feierlichkeiten zum 78. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg teilnehmen - weil er ohnehin zu einem Arbeitsbesuch in Moskau sein werde. Offiziell begründete der Kreml das Fernbleiben ausländischer Staatschefs damit, dass es sich in diesem Jahr um kein rundes Jubiläum handele. In der Vergangenheit hatte es allerdings schon Jahre gegeben, in denen Staatschefs auch bei Nicht-Jubiläen auf dem Roten Platz in Moskau anwesend waren, wo traditionell mehr als 10.000 Soldaten aufmarschieren und Militärtechnik gezeigt wird. Tichanowskaja: Freiheit der Ukraine auch Freiheit von Belarus Für die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja ist das Schicksal der Ukraine mit dem ihres Landes verwoben. "Es wird kein freies Weißrussland ohne eine freie Ukraine geben, und es wird auch keine sichere Ukraine ohne ein freies Weißrussland geben", sagte sie in Berlin laut einem vorab verbreiteten Redetext bei einer Veranstaltung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung. Sie sei stolz drauf, dass Hunderte von belarussischen Freiwilligen an der Seite der Ukraine kämpften. Mindestens 18 Freiwillige aus dem Nachbarstaat, der offiziell als Verbündeter Russlands gilt, haben nach ihren Angaben bei der Verteidigung der Ukraine ihr Leben verloren. Doch auch in ihrem Heimatland gehe der Kampf weiter. Viele Aktivisten schlössen sich der Oppositionsbewegung an. "Deshalb ist es wichtig, zwischen (Alexander) Lukaschenkos Regime, das Russland völkermörderischen Krieg unterstützt, und dem weißrussischen Volk zu unterscheiden, das sich zusammen mit den Ukrainern gegen das kriegstreiberische Imperium wehrt», so Tichanowskaja. Sie wisse, dass in Deutschland diskutiert werde, wie man der Ukraine noch helfen könne. Sie selbst glaube, dass die Ukraine alles bekommen müsse, was sie brauche, um diesen Krieg zu gewinnen. EU und Ukraine wollen Gerichtsentscheidungen gegenseitig anerkennen Die EU und die Ukraine werden Gerichtsentscheidungen in zivil- und handelsrechtlichen Fragen künftig gegenseitig anerkennen. Die EU-Staaten stimmten am Montag dafür, Beziehungen unter dem entsprechenden internationalen Vertrag zur Ukraine aufzunehmen, wie der Rat der Mitgliedstaaten mitteilte. Man sei der Auffassung, dass es dafür in dem von Russland angegriffenen Land keine grundlegenden Hindernisse gebe - etwa mit Blick auf die Unabhängigkeit der Justiz, die Achtung der Grundrechte und den Kampf gegen Korruption. Das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen tritt am 1. September in Kraft. Es verpflichtet die Vertragsparteien, Entscheidungen aus anderen Vertragsstaaten anzuerkennen und zu vollstrecken. Die Ukraine hatte das Abkommen 2022 ratifiziert. Der Beschluss vom Montag sei "ein wichtiges Instrument zur Erleichterung des internationalen Handels", hieß es nun. Selenskyj würdigt Unterstützung aus Estland Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die militärische Hilfe aus Estland gewürdigt. Selenskyj traf in der Stadt Schytomyr die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas, die die Ukraine besuchte. Dabei lobte der Präsident die Entscheidung der Regierung in Tallinn, alle 122-Millimeter- und 155-Millimeter-Haubitzen aus dem Bestand der Streitkräfte an die Ukraine abzugeben. "Wären alle Staatsoberhäupter und alle Staaten so gewissenhaft, wenn es um den Schutz unserer gemeinsamen Freiheit auf dem Kontinent geht, hätte die russische Aggression bereits deutliche Niederlagen erlitten", sagte Selenskyj. UN-Sicherheitsrat: Guterres prangert "Verwüstung" der Ukraine an UN-Generalsekretär António Guterres hat in der von Russland geleiteten Sitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen die durch den russischen Angriff auf die Ukraine angerichtete "Verwüstung" angeprangert. Die völkerrechtswidrige russische Invasion in der Ukraine habe  "massives Leiden und die Verwüstung des Landes" angerichtet, sagte Guterres in New York in Anwesenheit des russischen Außenministers Sergej Lawrow.  Guterres beklagte auch, dass "das multilaterale System" aktuell so stark unter Druck stehe wie noch nie seit der Gründung der UN  im Jahr 1945. Die Spannungen zwischen den "großen Mächten" hätten "den höchsten Punkt" erreicht. UN-Sicherheitsrat: Lawrow verteidigt Einmarsch in die Ukraine Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat dem Westen hegemoniale Pläne vorgeworfen und den Einmarsch seines Landes in die Ukraine verteidigt. Die "Ukraine-Frage" könnte nicht losgelöst von der geopolitischen Entwicklung betrachtet werden, bei der die NATO die Sicherheit Russlands in der Region über Jahre bedroht hatte, sagte Lawrow bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. "Es geht darum, wie die internationalen Beziehungen künftig gestaltet werden: Indem ein solider Konsens auf der Grundlage von Interessenabwägungen hergestellt wird, oder indem die Vormachtstellung Washingtons aggressiv und sprunghaft vorangetrieben wird", so Lawrow. Besuch in Kiew: Kallas sichert weitere Unterstützung zu Bei ihrem ersten Besuch in der Ukraine seit Russlands Angriff hat die estnische Regierungschefin Kajas Kallas Kiew die weitere Unterstützung ihres Landes zugesichert. "Estland bleibt an Eurer Seite und unterstützt Euch militärisch, wirtschaftlich, politisch - bis Ihr den Krieg gewinnt", sagte sie bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Schytomyr. "Ich bin mit der festen Botschaft hierher gekommen, dass wir an den Sieg der Ukraine glauben und dass wir an die Ukraine glauben, die eine blühende liberale Demokratie und eine freie Marktwirtschaft ist, die zur euro-atlantischen Familie gehört", so Kallas.  EU-Länder: Vorsitz Russlands des UN-Sicherheitsrats "zynisch" Vor einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats unter dem Vorsitz von Russlands Außenminister Sergej Lawrow haben die EU-Staaten deutliche Kritik geübt. Durch die Planung dieser Debatte versuche Russland, sich als Verteidiger der UN-Charta und des Multilateralismus darzustellen. "Nichts kann weiter von der Wahrheit entfernt sein. Es ist zynisch", sagte der Botschafter der Europäischen Union bei den Vereinten Nationen, Olof Skoog, in New York. Jeder wüsste, dass Russland mit dem Krieg in der Ukraine die Grundregeln der Vereinten Nationen verletze. Das Treffen des mächtigsten UN-Gremiums war von Russland angesichts seiner Präsidentschaft im Rat anberaumt worden. Im Hinblick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine wurde die Sitzung mit dem Titel "Wirksamer Multilateralismus durch die Verteidigung der Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen" von vielen Ländern als Provokation gesehen. Moskau wiederum beschwerte sich darüber, dass die USA russischen Journalistinnen und Journalisten keine Visa für die Begleitung Lawrows ausstellte. Lettland und Estland für "konkreten Fahrplan" für Kiews NATO-Beitritt Lettland und Estland wollen beim Mitte Juli anstehenden NATO-Gipfel in Vilnius klare Fortschritte für den von der Ukraine gewünschten Beitritt zu dem Verteidigungsbündnis sehen. "Wir erwarten einen konkreten Fahrplan für die Ukraine auf dem Weg zur NATO. Ich denke, dass dies den gemeinsamen Interessen der NATO wie auch den Interessen der Ukraine, aber auch den Sicherheitsinteressen ganz Europas und der Welt entspricht", sagte der lettische Präsident Egils Levits nach einem Treffen mit seinem estnischen Amtskollegen Alar Karis in Riga. Die NATO sei ein Verteidigungsbündnis und der Beitritt der Ukraine würde die Sicherheit aller Mitglieder stärken.  Der NATO-Gipfel in der litauischen Hauptstadt wird am 11. und 12. Juli stattfinden. Kiew: Austausch aller Kriegsgefangenen denkbar Die Ukraine arbeitet offenbar mit Russland an einem Austausch aller Kriegsgefangenen. "Ja, von der Sache her nähern wir uns dem", sagte der für Gefangenenaustausche zuständige Militärgeheimdienstchef Kyrylo Budanow der Nachrichtenagentur RBK-Ukrajina. Der Idee nach sollen alle Ukrainer in russischer Kriegsgefangenschaft gegen alle von Kiew gefangen genommenen russischen Soldaten ausgelöst werden. Bisher wurde bei den Gefangenenaustauschen zumeist auf eine Parität bei der Zahl geachtet. Wie viele Gefangene beide Seiten jeweils haben, ist unbekannt. Russland soll jedoch wesentlich mehr ukrainische Gefangene haben als umgekehrt. Budanow zufolge ist der Austausch von Kriegsgefangenen bereits während des Krieges "ein beispielloser Fall in der Weltgeschichte". Kiew zufolge sind mit Russland seit Kriegsbeginn vor 14 Monaten mehr als 2300 ukrainische Kriegsgefangene ausgetauscht worden. SPD dringt auf russischen Abzug aus Ukraine Die SPD dringt auf den Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine. Dies sei "Voraussetzung für die Rückkehr zu einer dauerhaften friedlichen Ordnung in Europa", heißt es in einem Grundsatzpapier, das der Parteivorstand anlässlich des 1. Mai beschloss. "Der Schlüssel zum Frieden liegt in Moskau", wird darin weiter betont. "Wir stehen an der Seite der Menschen in der Ukraine, die ihre Freiheit, ihre Demokratie und ihre Selbstbestimmung verteidigen", schreiben die Sozialdemokraten. In dem Papier heißt es zudem, dass die SPD Waffenlieferungen zur Selbstverteidigung, humanitärer Hilfe und wirtschaftliche Sanktionen unterstütze. Und weiter: "Wir sind solidarisch, aber wir werden nicht Kriegspartei." Unterstützung signalisiert die SPD auch weiterhin für Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine fliehen. EU will Republik Moldau gegen Einflussnahme stärken Die EU will die Republik Moldau im Kampf gegen eine Destabilisierung durch Russland unterstützen. Die Außenminister beschlossen dazu am Montag in Luxemburg eine Beratungsmission. Dabei soll es um die Bekämpfung von Informationsmanipulation und Einflussnahme, Krisenbewältigung und den Umgang mit hybriden Bedrohungen gehen. Zu letzterem werden zum Beispiel Cyber-Angriffe gezählt. "Moldau ist eines der am stärksten von den Folgen der illegalen Invasion Russlands in die Ukraine betroffen Länder", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borell. Die EU verzeichne verstärkte und anhaltende Versuche Russlands, die Republik Moldau zu destabilisieren. Die EU hatte Moldau bereits im Juni 2022 gemeinsam mit der Ukraine zum EU-Beitrittskandidaten erklärt. The EU is committed to support #Moldova to protect its security and resilienceWe are establishing today a civilian CSDP mission - EU Partnership Mission to Moldova #EUPM.It will strengthen Moldova's crisis management structures & enhance its capacity to counter hybrid threats https://t.co/MopgsVXz2H Bulgarien: Importstopp für ukrainische Agrarprodukte in Kraft Der von Bulgarien bis Ende Juni verhängte Importstopp für ukrainische Agrarprodukte ist in Kraft getreten. Gleich am ersten Tag des Verbots kritisierte der Verband der bulgarischen Hersteller von Pflanzenölen und Ölprodukten den Importstopp, der auch Sonnenblumenkerne umfasst. Es wurden unter anderem Schwierigkeiten bei der Erfüllung von Verträgen befürchtet. "Wir waren für eine solche Situation nicht vorbereitet", beklagte Verband-Chef Jani Janew im Staatsradio. Ministerpräsident Galab Donew begründete den von der Interimsregierung in Sofia beschlossenen Importstopp damit, dass infolge dieser Maßnahme Bankrotte heimischer Anbauer vermieden werden sollen. Betroffen sind rund 20 zollfreie ukrainische Agrarprodukte wie Getreide, Milch, Obst, Gemüse und Fleisch. Nach Polen, Ungarn und der Slowakei wurde das südöstliche Bulgarien das vierte EU-Land, das ein Importverbot von Agrarerzeugnissen aus der Ukraine verhängte. Der Transit durch Bulgarien ist weiterhin erlaubt. Papst empfängt ukrainischen Ministerpräsidenten Schmyhal Papst Franziskus empfängt den ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal am kommenden Donnerstag im Vatikan. Das geht aus einem Terminhinweis hervor, den das vatikanische Presseamt versendete. Die Öffentlichkeit ist von dem Treffen ausgeschlossen. Schmyhal will jedoch kurz davor ein Statement abgeben. Seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine fordert Papst Franziskus immer wieder Friedensgespräche zwischen Moskau und Kiew und bietet sich als Vermittler an. Deutsche Nationalmannschaft spielt gegen die Ukraine Das 1000. Länderspiel der Fußball-Nationalmannschaft soll zu einem Symbol für den Frieden werden. Wie der Deutsche Fußball-Bund nach einer langen Planungsphase bestätigte, wird die Auswahl von Bundestrainer Hansi Flick ihre nächste Testpartie auf dem Weg zur Heim-EM am 12. Juni gegen die Ukraine spielen. Unser 1000. Länderspiel findet am 12. Juni als Benefizspiel in Bremen gegen die Ukraine statt. 🇩🇪🇺🇦➡️ https://t.co/j0iPfSCSlj#DFBTEAM #1000 https://t.co/nnQxUhggcO Austragungsort der symbolträchtigen Partie ist das Bremer Weserstadion, in dem seit 2012 kein Länderspiel mehr stattgefunden hat. Trotz Krieg: Kreml will Präsidentenwahl 2024 abhalten Der Kreml will nach eigenen Angaben trotz des weiterhin laufenden Kriegs in der Ukraine an den Präsidentenwahlen Anfang 2024 festhalten. "Die Wahlen finden statt", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Präsident Wladimir Putin habe seinen Standpunkt diesbezüglich bereits bei seiner Lage zur Rede der Nation im Februar deutlich gemacht. Spekulationen über eine Verschiebung oder einen Ausfall der Wahl verbreiteten sich trotzdem - auch aufgrund von Äußerungen Offizieller. So hat Wahlleiterin Ella Pamfilowa dem Westen vorgeworfen, die Präsidentenwahl zu sabotieren. "Riesige Summen wurden von den westlichen Staaten, insbesondere von den USA, dafür aufgebracht", sagte Pamfilowa bei einem Auftritt in einer Universität in der fernostrussischen Großstadt Chabarowsk. Peskow bekräftigte die Vorwürfe Pamfilowas. Baltische Staaten bestellen chinesische Botschafter ein Nachdem der chinesische Botschafter in Frankreich, Lu Shaye, die Souveränität ehemaliger Sowjetrepubliken infrage gestellt hat, haben die drei baltischen Staaten jeweils ihre chinesischen Botschafter einbestellt. Die Diplomaten würden aufgefordert zu erklären, ob sich Chinas Position zur Unabhängigkeit der Baltenstaaten geändert habe, sagte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis. Zudem würden die chinesischen Diplomaten daran erinnert, "dass wir keine post-sowjetischen Staaten sind, sondern Länder, die illegal von der Sowjetunion besetzt wurden".  Landsbergis' estnischer Kollege Margus Tsahkna äußerte ebenfalls sein Unverständnis und forderte eine Erklärung. Es sei klar, dass Lettland, Litauen und Estland unabhängige und souveräne Länder sowie Mitglieder in EU und NATO seien, sagte der Außenminister.  Borrell erwartet Lösung im Streit um Munition für Ukraine Der innereuropäische Streit über die gemeinsame Munitionsbeschaffung für die Ukraine wird nach Einschätzung von EU-Chefdiplomat Josep Borrell in Kürze gelöst sein. Es gebe weiterhin Meinungsverschiedenheiten, er sei aber sicher, dass jeder verstehen werde, dass man es mit einer Situation äußerster Dringlichkeit zu tun habe, sagte der Spanier am Rande eines EU-Außenministertreffens in Luxemburg. Er sei überzeugt, dass in den nächsten Tagen eine Einigung erzielt werden könne. Die praktischen Vorbereitungen für die Munitionsbeschaffung liefen bereits. Sie könnten abgeschlossen werden, sobald es die rechtliche Einigung gebe. In dem Konflikt geht es vor allem darum, dass Frankreich bislang darauf besteht, dass im Zuge einer Vereinbarung aus dem vergangenen Monat nur dann gemeinsam Munition mit EU-Geld beschafft werden sollte, wenn diese komplett aus europäischer Produktion stammt. Zahlreiche andere Länder lehnen dies ab, weil dies aus ihrer Sicht das vereinbarte Ziel gefährdet, der Ukraine innerhalb von zwölf Monaten eine Million neue Artilleriegeschosse für den Kampf gegen Russland zu liefern. Kiew: Rückeroberungen des gesamten Staatsgebiets möglich Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, hält eine Rückeroberung des gesamten von Russland besetzten Staatsgebiets in diesem Jahr "durchaus" für möglich. Man könne "diesen Krieg nur auf einem Weg beenden, durch die Wiederherstellung der Grenzen" von 1991, sagte Budanow in einem Interview mit der Nachrichtenagentur RBK-Ukrajina. Anders sei der Krieg nicht zu stoppen. "Die Ukraine wird niemals darauf eingehen, irgendeinen Teil des Staatsgebiets abzugeben." Die seit längerem erwartete ukrainische Frühjahrsoffensive befinde sich weiter in der Vorbereitung. "Ich denke, dass bei dieser Operation ein ausreichendes Gebiet zurückerobert werden wird", sagte der Geheimdienstler. Zu den Stoßrichtungen machte er keine Angaben. Zugleich schloss er einen russischen Atomschlag im Fall einer Rückeroberung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim aus. Die Ukraine wehrt seit 14 Monaten eine russische Invasion ab. Derzeit hält Russland einschließlich der bereits 2014 annektierten Krim etwa 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt. Budanow hatte bereits im November 2021 vor dem Einmarsch gewarnt.  Chinesischer Botschafter: Abgeordnete fordern Ausweisung Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth, hat mit Dutzenden Abgeordneten aus Europa die Ausweisung des chinesischen Botschafters aus Frankreich gefordert. Wie die Unterzeichner eines offenen Briefes in der französischen Zeitung "Le Monde" ausführten, zielten die "inakzeptablen Äußerungen" Lu Shayes über Staaten der ehemaligen Sowjetunion darauf ab, "die Grundprinzipien diplomatischer Beziehungen" zu untergraben.   Die Unterzeichner, zu denen neben Roth auch die Vize-Präsidentin des Europaparlaments, Nicola Beer, und der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer gehören, forderten die französische Außenministerin Catherine Colonna deshalb dazu auf, Lu zur "unerwünschten Person" zu erklären. Lu hatte dem französischen Nachrichtensender LCI gesagt, die nach dem Kalten Krieg aus der Sowjetunion hervorgegangenen Länder hätten "keinen wirksamen Status nach internationalem Recht, weil es kein internationales Abkommen gibt, das ihren Status als souveräne Nationen bestätigt".  Der chinesische Botschafter in Frankreich spricht ALLEN Ex-Sowjetrepubliken (und mit Ausnahme von 🇷🇺) die volle Souveränität als unabhängige, freie Staaten ab😳🙈🤯Ich habe gemeinsam mit weiteren Ausschussvorsitzenden+Abg. aus 🇪🇺 den Rückzug des 🇨🇳 Botschafters in🇫🇷 gefordert. https://t.co/gvT7wzqnO5 Russlands Außenminister wird in New York erwartet Der russische Außenminister Lawrow wird heute in New York erwartet, er will dort eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats leiten. Seit Russland den Vorsitz im Rat übernommen hat, ist die Sorge groß, dass der Kreml diese Position missbraucht. Medien: Abgestürzte Kampfdrohne im Gebiet Moskau gefunden Russlands Sicherheitsorgane haben nach Medienangaben nahe der Hauptstadt Moskau eine mit Sprengstoff gefüllte abgestürzte Kampfdrohne in einem Waldstück gefunden. Der Flugapparat sei in der Nähe einer Gartenanlage nordöstlich von Moskau entdeckt worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf Sicherheitskreise. In der Nacht hatten die Behörden bereits einen Drohnenangriff gegen die Hafenstadt Sewastopol auf der seit 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim gemeldet. Den Angaben zufolge war die bei Moskau gefundene Drohne in zwei Hälften zerbrochen. "Derzeit wird die Drohne untersucht und dabei festgestellt, wer sie gestartet hat und wohin sie flog", sagte ein Sprecher der Sicherheitsorgane. In der Nähe von Moskau gibt es eine Reihe von Militärobjekten. China bekräftigt Anerkennung der Souveränität der Ex-Sowjetrepubliken Nach heftigem Wirbel um kontroverse Äußerungen ihres Botschafters in Frankreich hat die chinesische Regierung beteuert, dass sie die Souveränität ehemaliger Sowjetrepubliken unverändert anerkennt. Indirekt distanzierte sich Außenamtssprecherin Mao Ning vor der Presse in Peking von der Darstellung des Botschafters Lu Shaye, der die Souveränität in Frage gestellt hatte. "China respektiert den Status der früheren Sowjetrepubliken und souveränen Länder nach der Auflösung der Sowjetunion", bekräftigte Mao Ning. China sei eines der ersten Länder gewesen, die diplomatische Beziehungen zu ihnen aufgenommen hätten. Die chinesische Position sei "klar und beständig". London: Moskau beschleunigt "Russifizierung" besetzter Gebiete Russland treibt nach britischer Einschätzung die "Russifizierung" der besetzten Gebieten in der Ukraine voran. So werde die Bevölkerung gezwungen, russische Pässe zu akzeptieren, teilte das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit. "Bewohner im Gebiet Cherson wurden gewarnt, dass diejenigen, die bis zum 1. Juni 2023 keinen russischen Pass angenommen haben, 'deportiert' würden und ihr Besitz beschlagnahmt", hieß es. Die bürokratische Integration solle vor allem mit Blick auf die russische Präsidentschaftswahl 2024 helfen, die Invasion als Erfolg darzustellen. Russland hatte die teilweise besetzten ukrainischen Gebiete Saporischschja, Cherson, Donezk und Luhansk nach Scheinreferenden für annektiert erklärt. Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine - 24 April 2023.Find out more about Defence Intelligence's use of language: https://t.co/hKhCuMwBFk🇺🇦 #StandWithUkraine 🇺🇦 https://t.co/6ugy1ZlZXQ Wagner-Chef Prigoschin droht, keine Gefangenen mehr zu nehmen Der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat damit gedroht, während der Gefechte künftig keine Gefangenen mehr zu nehmen und alle ukrainischen Soldaten zu töten. "Wir werden einfach alle auf dem Schlachtfeld vernichten", sagte Prigoschin auf dem Telegram-Kanal seines Pressedienstes. Er begründete dies mit einem angeblich abgefangenen Funkspruch der Ukrainer, in dem diese die Erschießung verletzter Wagner-Söldner besprechen. Prigoschin warf Kiew die Verletzung des Völkerrechts vor. Sobald eine Seite Kriegsgefangene genommen habe, sei sie für deren Versorgung und Sicherheit verantwortlich, sagte der 61-Jährige. Da er sich daran halte, werde er künftig keine Kriegsgefangenen mehr nehmen. "Wir werden alle, die auf dem Schlachtfeld sind, töten und keine Gefangenen mehr nehmen", so Prigoschin. Selenskyj: "Können Bachmut unmöglich aufgeben" Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verspricht, die Stadt Bachmut weiter zu verteidigen. "Es ist unmöglich für uns, Bachmut aufzugeben", sagt Selenskyj in einem Interview mit dem Nachrichtensender Al Arabiya. "Das würde die Kampffront erweitern und den russischen Streitkräften und Wagner die Möglichkeit geben, mehr von unserem Land einzunehmen." Russischer Politiker: Drohnenangriff abgewehrt Die russische Schwarzmeerflotte hat russischen Angaben zufolge einen Drohnenangriff auf die Krim-Hafenstadt Sewastopol abgewehrt. "Nach neuesten Informationen wurde eine Überwasserdrohne zerstört, die zweite explodierte von selbst", schreibt der von Moskau eingesetzte Gouverneur der Stadt, Michail Raswoschajew, in seinem Telegram-Kanal. "Jetzt ist die Stadt ruhig." Es seien keine Schäden gemeldet worden. Schweizer Botschafter verteidigt Nein zu Munitionsweitergabe Der Schweizer Botschafter in Berlin, Paul René Seger, hat das Nein aus Bern zur Weitergabe von Munition aus Schweizer Produktion an die Ukraine verteidigt. Die Schweiz habe sich dazu entschlossen, auf die Anwendung militärischer Gewalt zu verzichten, sagte er der "Augsburger Allgemeinen". "Das heißt auch, dass wir keine Kriege unterstützen", so Seger. Er verwies auf das Neutralitätsgebot, das in der Schweiz einen zentralen Stellenwert einnehme: "Das ist bei uns ein Teil der DNA." Es sei vergleichbar mit dem Passus zum Wiedervereinigungsgebot im deutschen Grundgesetz. EU-Außenminister beraten über Ukraine-Unterstützung Die Außenminister der EU-Staaten beraten heute in Luxemburg über die anhaltenden Bemühungen der EU, der Ukraine einen Sieg über die russischen Angreifer zu ermöglichen. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen die militärische Unterstützung und weitere Sanktionen gegen Russland. Wegen der angelaufenen Evakuierung deutscher Staatsbürger aus dem Sudan nimmt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nicht an dem Treffen in Luxemburg teil. Rüstungsausgaben weltweit auf Rekordhoch Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs sind die weltweiten Militärausgaben 2022 auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Wie das Friedensforschungsinstitut SIPRI in Stockholm mitteilte, investierten die Staaten im vergangenen Jahr 2240 Milliarden US-Dollar in ihr Militär und damit so viel wie nie zuvor. Auch in Europa hat die Aufrüstung laut dem SIPRI-Bericht zu den globalen Militärausgaben stark zugenommen. Im Vergleich zu 2021 habe die Staatengemeinschaft im vergangenen Jahr 3,7 Prozent mehr für Militär ausgegeben. In Europa habe sich der russische Angriffskrieg auf die Ukraine unmittelbar auf die Investitionsentscheidungen ausgewirkt. Das Stockholmer Institut rechnet mit weiter steigenden Ausgaben in den kommenden Jahren. Selenskyj dankt ukrainischen Soldaten Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen Soldaten für ihren Einsatz und Kampfeswillen gedankt. In seiner abendlichen Videoansprache zählte er eine Reihe von Einheiten auf, die sich in den Kämpfen vergangener Tage und Wochen besonders hervorgetan hatten. "Danke für Ihre Widerstandsfähigkeit, für die Verteidigung Ihrer Stellungen und damit für den Schutz der Ukraine", sagte Selenskyj. "Es ist wichtig, dies in jeder Stadt, in jedem Dorf zu verstehen, überall dort, wo es jetzt mehr oder weniger ruhig ist." Jeder Tag dieser Ruhe in den rückwärtigen Gebieten werde von unseren Soldaten in erbitterten Kämpfen an der Front gewonnen, so Selenskyj. Er forderte die Bevölkerung auf, dies zu respektieren. "Und helfen Sie unseren Soldaten immer, wenn sie es brauchen, unterstützen Sie den Staat und die Verteidigung, so gut Sie können." Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen
/newsticker/liveblog-ukraine-montag-251.html
2023-04-24
Ein Rennen gegen die Zeit
Evakuierung aus dem Sudan
Die Bundesregierung will die Feuerpause im Sudan möglichst lange nutzen: Ein vierter Flug brachte am Abend weitere Menschen in Sicherheit. Danach seien weitere Evakuierungen ungewiss, so Außenministerin Baerbock. mehr
Die Bundesregierung will die Feuerpause im Sudan möglichst lange nutzen: Ein vierter Flug brachte am Abend weitere Menschen in Sicherheit. Danach seien weitere Evakuierungen ungewiss, so Außenministerin Baerbock. Die Bundeswehr hat bislang mehr als 400 Menschen aus dem Sudan in Sicherheit gebracht, darunter überwiegend deutsche Staatsbürger sowie Menschen aus rund 20 weiteren Nationen. Ein vierter Flug der Luftwaffe ist nach Angaben der Bundeswehr am Montagabend in Jordanien gelandet. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und Außenministerin Annalena Baerbock hatten sich zuvor bereits erleichtert über den Verlauf der Mission geäußert. Es sei aber noch nicht der "Moment des Aufatmens", sagte Baerbock. Es befänden sich noch mehr Deutsche vor Ort, sagte Baerbock. Man arbeite mit Hochdruck daran, sie zu erreichen. Baerbock: Weitere Evakuierungen nach Feuerpause ungewiss Gleichzeitig gehe am Abend die dreitägige Feuerpause zu Ende, die die Rettungseinsätze ermöglicht habe. Dann sei man in einer anderen Lage, sagte Baerbock und ergänzte: "Ob die Sicherheitslage in den nächsten Tagen weitere Evakuierungen erlauben wird, ist mehr als ungewiss." Es würden alle Optionen weiter geprüft, Deutsche aus dem Land zu holen, auch Ausreisen über internationale Partner, den Land- oder Seeweg, sagte sie. Der Schutz deutscher Staatsbürger im Sudan stehe im Vordergrund, so Pistorius. "Demzufolge wird die Operation auch noch fortgesetzt, bis auf Weiteres in enger Abstimmung mit dem Sudan und unseren Partnern", sagte er. Nicht beziffert werden könne, wie viele dies seien, "da wir auch einige nicht telefonisch erreichen im Moment", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. "Wir wissen auch, dass einige Deutsche auf anderen Wegen Khartum schon verlassen konnten. Es gibt eine zweistellige Zahl, die auf einem Konvoi der Vereinten Nationen Richtung Port Sudan unterwegs ist." Außerdem wurden ein Deutscher von US-Soldaten und neun Deutsche von Franzosen in Sicherheit gebracht. Unklar blieb, ob noch Deutsche in der sudanesischen Hauptstadt festsitzen oder nicht selbstständig zu dem Sammelpunkt gelangen können. Wird Khartum noch mehr zum Schlachtfeld? Auch die Leiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Khartum, Christine Röhrs, wurde aus dem Sudan in Sicherheit gebracht. Im Interview mit den ARD-tagesthemen berichtet sie von der Sorge, "dass wenn die Internationalen weg sind, auch ein Korrektiv fehlt. Dass die Generäle, die sich jetzt unbeobachtet fühlen, die Stadt noch mehr zum Schlachtfeld machen". Chancen auf Verhandlungen würden sicher steigen, sobald sich herausstellen würde, dass der eine dem anderen klar über- ober unterlegen ist, schätzt Röhrs die Situation ein. Bislang sei das aber nicht zu sehen. "Solange beide immer noch eine Chance sehen, den Erzfeind auszulöschen, kann es eher noch eskalieren." Am ehesten dürften regionale Mächte als Anrainer eine Chance haben, Einfluss zu nehmen. "Viele haben ein großes Interesse daran, dass der Konflikt nicht noch überläuft in die Nachbarländer", so Röhrs. Eine Lösung sei ihrer Meinung nach, dass eines dieser Länder die Initiative ergreift und die beiden Kontrahenten auf neutralem Boden zusammenbringt. US-Außenminister: 72-stündige Waffenruhe vereinbart Baerbock und Pistorius appellierten an die beiden Konfliktparteien, die auslaufende Feuerpause zu verlängern. "Wenn ihnen etwas an ihrem Land liegt, dann legen Sie die Waffen nieder. Die Welt schaut auf Sie", sagte Baerbock. Sie sprach von einem Alptraum, der über den Sudan hereingebrochen sei. "Auch viele unserer Landsleute saßen tagelang unter Lebensgefahr fest, ohne Strom, zunehmend ohne Wasser und Vorräte. Es gab Plünderungen und entsetzliche Szenen auf den Straßen von Khartum", sagte sie. Und man müsse davon ausgehen, dass man sich nach dem Ende der Feuerpause am Abend "in einer anderen Lage befinden werde". US-Außenminister Antony Blinken teilte in einer schriftlichen Stellungnahme mit, nach intensiven Verhandlungen hätten sich die sudanesischen Streitkräfte und die mit ihnen rivalisierenden paramilitärischen Einheiten (Rapid Support Forces) darauf geeinigt, ab Mitternacht für 72 Stunden eine landesweite Waffenruhe einzuhalten. Die US-Regierung fordere beide Seiten nachdrücklich auf, sich vollständig an diese Absprache zu halten. Bereits zuvor hatte es von den Konfliktparteien ähnliche Ankündigungen gegeben, die Waffenruhe wurde jedoch nicht eingehalten. Blinken erklärte weiter, um auf ein dauerhaftes Ende der Kämpfe hinzuarbeiten, wollten sich die USA mit regionalen und internationalen Partnern und sudanesischen Akteuren abstimmen. Es solle ein Ausschuss eingerichtet werden, der Verhandlungen über ein Ende der Kämpfe, deren Abschluss und Umsetzung überwachen solle. "Wirklich großartiger Erfolg in der Kürze der Zeit" Pistorius sprach von einem "wirklich großartigen Erfolg in der Kürze der Zeit". Er sehe sich in seinem "großen Vertrauen in die Truppe" bestätigt. Pistorius betonte, die Bundeswehr habe auf "beispielhafte Art und Weise gezeigt, wie kaltstartfähig sie ist, wie schnell sie sich auf eine solche Situation einstellen kann". Der "außerordentlich komplexe" Einsatz sei "ohne jede Panne, ohne jedes Problem" verlaufen, "niemand ist bisher von unseren Leuten zu Schaden gekommen". Zu dem Einsatz gehören auch das Kommando Spezialkräfte und die GSG9 mit ihren Fähigkeiten. Die Bundeswehr nutzte zum Transport ihren Stützpunkt in Jordanien, der sonst dem Kampf gegen die Terrormiliz IS dient. Nach einer Eskalation der Gewalt im Sudan hatten Deutschland und andere Staaten in den vergangenen Tagen Evakuierungsmissionen gestartet. Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell wurden bis Montagmorgen mehr als 1000 Menschen aus EU-Staaten außer Landes gebracht.
/inland/bundeswehr-sudan-103.html
2023-04-24
Neue alte Krisenherde
EU-Außenministertreffen
Die EU-Außenminister haben sich bei ihrem monatlichen Treffen mit der Krise im Sudan beschäftigt. Nach den Evakuierungen der vergangenen Tage gelte es nun den Leuten im Land zu helfen, so die Minister. Auch die Haltung Chinas war Thema. Von H. Schmidt.
Die EU-Außenminister haben sich bei ihrem monatlichen Treffen mit der Krise im Sudan beschäftigt. Nach den Evakuierungen der vergangenen Tage gelte es nun den Leuten im Land zu helfen, so die Minister. Auch die Haltung Chinas war Thema. Der Chefdiplomat der Europäer, der Spanier Josep Borrell, wirkte schon bei seiner Ankunft in Luxemburg erschöpft. "Es war ein langes, intensives Wochenende", erklärte er den wartenden Journalisten, bevor die Gespräche losgingen. Sorge um den Sudan Um so viele Europäer wie möglich aus dem Sudan in Sicherheit zu bringen, war viel telefoniert worden, zwischen Brüssel und den Hauptstädten. Wer hat noch Platz im Flugzeug, wer konnte mehr als die eigenen Staatsbürger mitnehmen? Am Morgen waren mehr als 1000 Menschen aus dem Sudan in Sicherheit gebracht worden. In elf Flügen am Sonntag, bis Montagnachmittag folgten 20 weitere Flüge. Borrell dankte Frankreich für das Ausfliegen der Mitarbeiter des Europäischen Diplomatischen Dienstes, Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg dankte Deutschland. Es drohe ein Bürgerkrieg, so Schallenberg, er sei deshalb mit seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock in Kontakt gewesen und habe sich bei ihr bedankt. Dank der deutschen und auch der französischen Unterstützung sei es gelungen, fast die Hälfte der Österreicher außer Landes zu bringen. Was ist mit den Dagebliebenen? Die eigentliche Katastrophe, auch darüber waren Europas Außenminister sich einig, droht jetzt aber den Menschen, die den Sudan nicht verlassen können. Rund ein Drittel der Bevölkerung, nach Angaben der Vereinten Nationen ungefähr 16 Millionen Menschen, brauchen Überlebenshilfe von außen. Aus europäischer Sicht geht es auch um die Stabilität in der gesamten Region im Nordosten Afrikas. Der Sudan dürfe nicht implodieren, so der EU-Chefdiplomat Borrell, sonst würde das Schockwellen senden in ganz Afrika. Schon jetzt sind viele Menschen in die Nachbarländer geflohen: nach Ägypten, in den Tschad und in den Süd-Sudan. Ziel der EU sei es weiterhin, zu vermitteln und eine politische Lösung zu finden im Machtkampf zwischen den beiden rivalisierenden Militärführern des Landes. Als Zeichen, dass die EU den Sudan nicht im Stich lässt, verbleibt der Sicherheitschef des Europäischen Auswärtigen Dienstes vorerst im Land. Ein Affront des chinesischen Botschafters Und noch eine heikle Geschichte vom Wochenende mussten die Außenminister in Luxemburg aufarbeiten, wenn auch aus einer ganz anderen Region. Ein Interview des chinesischen Botschafters in Paris hatte einen Proteststurm ausgelöst. Vor allem in Osteuropa. Die Länder, die früher zur Sowjetunion gehörten, so hatte Botschafter Lu Shaye in einem Interview mit dem französischen Nachrichtensender LCI erklärt, hätten keinen wirksamen Status. Mit anderen Worten, sie seien im Grunde keine souveränen Staaten. "Völlig inakzeptabel", donnerte es daraufhin fast einstimmig von mehreren europäischen Außenministern zurück, vor allem von den baltischen. Und Tschechiens Außenminister Jan Lipavsky sagte, er könne nur hoffen "dass die Chefs dieses Botschafters die Sache richtig stellen". Eine Art Richtigstellung kam dann am Nachmittag aus Peking. "China respektiert den souveränen Status der früheren Sowjetrepubliken nach der Auflösung der Sowjetunion", sagte eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums. Die Position Chinas sei "beständig und klar". Vom diplomatischen Pfad abgekommen Trotzdem blieb Misstrauen beim EU-Außenministertreffen - und ein Fragezeichen. Kann es sein, dass der chinesische Botschafter wirklich auf eigene Faust gehandelt hat? Oder sollte er im Auftrag seiner Regierung in Peking einfach einmal die Schmerzgrenze der Europäer austesten? Die französische Tageszeitung beschreibt Lu Shaye als einen Botschafter, der öfter mal "vom diplomatischen Pfad abweicht" und für polemische Übertreibungen bekannt ist. In den drei Jahren in Paris sei er schon mehrmals in den Quai d’Orsay einbestellt und zur Ordnung gerufen worden. Und einmal, das hebt Libération ausdrücklich hervor, sei er einfach nicht zur Einberufung erschienen. Ob eine solche Missachtung jemals zuvor in der Geschichte des Quai d‘Orsay vorgekommen ist, lässt Libération offen.
/ausland/europa/eu-aussenminister-treffen-105.html
2023-04-24
Heikle Evakuierungsmission im Sudan
Bundeswehr
Die Evakuierungsmission im Sudan läuft auf Hochtouren: Insgesamt 311 Menschen hat die Bundeswehr aus dem umkämpften Land über Jordanien in Sicherheit gebracht. Bei dem nun gestarteten Einsatz lief bislang offenbar alles nach Plan. Von Kai Küstner.
Die Evakuierungsmission im Sudan läuft auf Hochtouren: Insgesamt 311 Menschen hat die Bundeswehr aus dem umkämpften Land über Jordanien in Sicherheit gebracht. Bei dem nun gestarteten Einsatz lief bislang offenbar alles nach Plan. Raus. Raus aus dem Krisengebiet, das manche mittlerweile als Bürgerkriegsgebiet bezeichnen. Bei zahlreichen Deutschen, die zuletzt in ihren Wohnungen im Sudan über Tage ausharren mussten - bei knapp werdendem Strom, Wasser, Lebensmitteln - ist die Erleichterung gewaltig, es außer Landes geschafft zu haben. Und auch bei Michael Roth, dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag: "Spätestens nach dem Scheitern der ersten Evakuierungsmaßnahme am Wochenende war klar, dass es eine sehr, sehr gefährliche Mission ist", sagte der SPD-Politiker dem ARD-Hauptstadtstudio. "Und ich freue mich, dass es uns und vielen anderen Partnern gelungen ist, möglichst viele Menschen aus dieser brandgefährlichen Situation herauszuholen." In der Tat: Am Samstagabend musste eine vom Al-Azrak-Stützpunkt in Jordanien aus gestartete A400M-Maschine der Bundeswehr zunächst unverrichteter Dinge wieder umkehren, weil es keine Landegenehmigung gab. Zuvor hatte die Luftwaffe bereits am Mittwoch drei Maschinen in Richtung Sudan geschickt - weil eine Landung am umkämpften Flughafen viel zu gefährlich war, kehrten sie nach Deutschland zurück. "Keinerlei kritische Momente" Seitdem hatte sich in täglichen Tag- und Nachtsitzungen der Krisenstab der Bundesregierung den Kopf darüber zerbrochen, wie man die mindestens 300 im Land festsitzenden Deutschen herausbekommen könnte. Die Erklärung von Feuerpausen der sich bekämpfenden Konfliktparteien am Wochenende wollte man dann unbedingt nutzen: "Die waren zwar brüchig. Aber die Intensität der Kämpfe hat schon abgenommen, insofern hat sich dieses Fenster für uns und andere Partner geöffnet", sagte Außenamtssprecher Christian Wagner. Um nicht direkt in die Hauptstadt hineinfliegen zu müssen, nutzten Deutschland und Partner wie Frankreich, Großbritannien und andere einen Flughafen am Rande Khartums, der zudem mit der Zusage der sudanesischen Armee versehen war, hier für Sicherheit zu sorgen. Trotzdem: Um das Risiko so klein wie möglich zu halten, sind unter anderem für solche Rettungsaktionen ausgebildete Fallschirmjäger und das Kommando Spezialkräfte (KSK) an der Mission beteiligt. Bis zum Montagmittag konnte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Arne Collatz, feststellen: "Keinerlei kritische Momente nach jetzigem Stand. Wir hoffen, dass das so bleibt." Bundestagszustimmung erst im Nachhinein Vielen sind noch die Bilder von der chaotischen Evakuierungsmission vom August 2021 in Afghanistan in ebenso lebhafter wie bedrückender Erinnerung. So etwas galt es im Sudan - auch wenn sich das Land schwer mit Afghanistan vergleichen lässt - um jeden Preis zu vermeiden. Das scheint, so die erste vorsichtige Zwischenbilanz, gelungen. Auch wenn unklar ist, wie viele Deutsche sich nach wie vor im Land aufhalten - und wann genau sich das Zeitfenster zum Ausfliegen in Richtung Jordanien wieder schließt. Fast etwas nebensächlich wirkt angesichts all dessen die Tatsache, dass natürlich der Bundestag die Evakuierungsmission bejahen muss - nachträglich in dem Fall, wie der Chefsprecher von Kanzler Olaf Scholz, Steffen Hebestreit, erläuterte: "Die vorherige Befassung des Deutschen Bundestags hätte das Leben der zu rettenden Menschen gefährdet", sagte Hebestreit. In dem Fall bitte man also erst im Nachhinein um Zustimmung für die Operation. Dass dieses Mandat nachträglich beschlossen wird, daran gibt es kaum einen Zweifel. Eine durchaus bedrückendere Frage ist die, wie es eigentlich in dem Krisenstaat weitergehen soll, wenn die Kämpfe wieder zunehmen - und ob der Konflikt auch auf Nachbarstaaten ausstrahlt. Man müsse "den Sudan fest im Blick behalten", sagte Hebestreit. Da die deutsche Botschaft aus Sicherheitsgründen nunmehr komplett heruntergefahren wird, dürfte das nicht einfach werden.
/inland/bundeswehr-sudan-101.html
2023-04-23
Ausnahmen für Kliniken bei Heizungstausch
Pläne von Minister Lauterbach
Nach den Plänen der Bundesregierung sollen ab 2024 neu eingebaute Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Gesundheitsminister Lauterbach stellt nun klar: Für Kliniken soll es Ausnahmen geben. mehr
Nach den Plänen der Bundesregierung sollen ab 2024 neu eingebaute Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Gesundheitsminister Lauterbach stellt nun klar: Für Kliniken soll es Ausnahmen geben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zufolge soll das geplante Verbot von Öl- und Gasheizungen großzügige Ausnahmeregelungen für Krankenhäuser, Pflege- und Reha-Einrichtungen beinhalten. "Wir werden nicht zulassen, dass steigende Energie- und Heizkosten Krankenhäuser in ihrer Existenz gefährden", sagte der SPD-Politiker der "Bild am Sonntag". Der Staat garantiere die Daseinsvorsorge und dazu gehöre auch, Defizite auszugleichen. Konkret soll es den genannten Einrichtungen möglich sein, auch nach Inkrafttreten des Gesetzes den Einbau einer neuen Gasheizung zu beantragen, wenn die Investitionen eine unverhältnismäßige Belastung für die Gesundheitseinrichtungen darstellen und die Aufrechterhaltung des Betriebs gefährdet wird. Zusätzlich 2,5 Milliarden Euro als Ausgleich Die Austauschpflicht wäre damit ausgesetzt. Zudem sollen den Einrichtungen laut Lauterbach 2,5 Milliarden Euro zusätzlich als Ausgleich für gestiegene indirekte Energiekosten zur Verfügung gestellt werden - etwa für höhere Kosten für Wäschereien. Das Bundeskabinett hatte in dieser Woche den Gesetzentwurf für die Umstellung von Heizungen auf erneuerbare Energien gebilligt. Danach sollen vom kommenden Jahr an alle neu eingebauten Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Die Vorschriften werden zur Vermeidung sozialer Härten von Ausnahmen, Übergangsregelungen und Förderungsmöglichkeiten flankiert.
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2023-04-23
Proteste in Israel reißen nicht ab
Geplante Justizreform
Zehntausende Israelis haben die 16. Woche in Folge gegen die umstrittene Justizreform der Regierung demonstriert. Weitere Proteste werden kommende Woche zu den Feierlichkeiten zum israelischen Unabhängigkeitstag erwartet. mehr
Zehntausende Israelis haben die 16. Woche in Folge gegen die umstrittene Justizreform der Regierung demonstriert. Weitere Proteste werden kommende Woche zu den Feierlichkeiten zum israelischen Unabhängigkeitstag erwartet. Die Proteste gegen die von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu geplante Justizreform in Israel dauern weiter an. Am Samstag versammelten sich erneut Zehntausende in Tel Aviv und anderen Städten, um gegen die umstrittene Gesetzesänderung zu demonstrieren. Seit bereits 16 Wochen gibt es damit an jedem Wochenende Proteste mit oft sechsstelligen Teilnehmerzahlen. Gestern beteiligten sich nach Angaben der Organisatoren landesweit 380.000 Menschen. Die Reformpläne wurden im vergangenen Monat angesichts einer Welle von Streiks und Massendemonstrationen vorerst verschoben. Die Opposition zeigt sich allerdings skeptisch, dass die Regierung einen Kompromiss erreichen will. Umstrittene Reformpläne Die geplante Justizreform soll der Regierung die Kontrolle über die Ernennung von Richtern am Obersten Gerichtshof geben. Zudem hätten die Regierenden die Möglichkeit, Gerichtsurteile auf der Grundlage einer einfachen parlamentarischen Mehrheit außer Kraft zu setzen. Kritiker sehen die Unabhängigkeit der Justiz und damit die Demokratie in Israel in Gefahr. Die Regierung hatte erklärt, die Reform sei notwendig, um Richter zu zügeln und ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der gewählten Regierung und der Justiz herzustellen. Bei Vermittlungsgesprächen gab es bislang keine Einigung. Eine vom israelischen Rundfunk am Freitag veröffentlichte Umfrage ergab, dass die Reformpläne unpopulär sind. 53 Prozent der Befragten gaben an, dass sie glauben, die Reform würde dem Land schaden. 60 Prozent der befragten Israelis waren der Meinung, dass die Regierung sie nicht vertritt und 48 Prozent glauben, dass sich die Lage im Land weiter verschlechtern wird. Proteste bei Gedenkfeier erwartet Es wird erwartet, dass auch die Feiern zum 75-jährigen Bestehen Israels in der kommenden Woche von Protesten überschattet werden. Die Gegner der Justizreform kündigten für Dienstag - den Beginn der Feiern - die "größte Demonstration am Unabhängigkeitstag in der israelischen Geschichte" an. Ministerpräsident Netanyahu hatte bereits am Donnerstag an israelische Politiker appelliert, Proteste gegen die Justizreform von der jährlichen Gedenkfeier fernzuhalten. Der Oppositionsführer Yair Lapid hatte angekündigt, die Zeremonie zu boykottieren und twitterte: "Sie (die Regierung) haben die israelische Gesellschaft innerhalb von drei Monaten zerrissen und keine falsche Feuerwerksshow wird das verdecken."
/ausland/asien/israel-justizreform-proteste-101.html
2023-04-23
Wie sicher sind deutsche Geheimdokumente?
Nach US-Leak
In Massachusetts hat ein junger US-Soldat zahlreiche Geheimdokumente geleakt - darunter brisantes Material zum Krieg in der Ukraine. Der Fall zeigt Mängel beim Geheimschutz. Wäre das in Deutschland auch möglich? Von M. Götschenberg.
In Massachusetts hat ein junger US-Soldat zahlreiche Geheimdokumente geleakt - darunter brisantes Material zum Krieg in der Ukraine. Der Fall zeigt Mängel beim Geheimschutz. Wäre das in Deutschland auch möglich? Es dauerte nur wenige Tage, nachdem der Leak öffentlich geworden war, bis die US-Behörden den mutmaßlichen Täter gefasst hatten. Am Ende war es anders, als zunächst vermutet: Nicht ein US-Geheimdienstmitarbeiter hatte das zum Teil geheime Material in Umlauf gebracht, sondern ein gerade einmal 21-jähriger Soldat, der bei der Nationalgarde in Massachusetts im Dienst ist und Zugang zu geheim eingestuften Dokumenten hat. Tatsächlich fragt man sich vor allem, warum sich an diesem Standort geheim eingestuftes Material zum Ukrainekrieg befindet. Durchaus denkbar, dass das Pentagon den Verteiler für derartige Dokumente nun noch einmal überprüft. Beim Bundesnachrichtendienst mag der eine oder andere den US-Leak mit einer gewissen Portion Genugtuung verfolgt haben. Schließlich sitzt dem BND, dem deutschen Auslandsnachrichtendienst, noch der jüngste eigene Skandal in den Knochen: Im Dezember war ein leitender BND-Mitarbeiter verhaftet worden. Der Generalbundesanwalt wirft Carsten L. vor, geheimes Material an den russischen Geheimdienst FSB weitergegeben zu haben. Schmerzlicher Fall für den BND Ein Verräter in den eigenen Reihen, der für einen gegnerischen Geheimdienst arbeitet, ist der Supergau für jeden Nachrichtendienst. Dementsprechend bitter war der Vorfall für den BND. "Peinlich" nannte ihn BND-Chef Bruno Kahl in einem Interview mit dem RBB und kündigte eine umfängliche Überprüfung der Sicherheitsmaßnahmen innerhalb des Dienstes an. Die Ermittlungen des Generalbundesanwalts sind noch nicht abgeschlossen, aber nach allem was bisher bekannt geworden ist, soll Carsten L. sowohl Material in Papierform, als auch abfotografiertes Material an einen Mittelsmann übergeben haben. Der Fall führte dem BND schmerzlich vor Augen, wie es um die Sicherheit im eigenen Haus bestellt ist. Und zwar gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen wurden Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten, denn Carsten L. konnte offenbar sein Privathandy mit in die Dienststelle nehmen - was dem Personal grundsätzlich verboten ist - und damit Material abfotografieren. Wer dringend erreichbar sein muss, kann ein Diensthandy nutzen, bei dem die Kamerafunktion aus genau diesem Grund deaktiviert ist. Anlassunabhängige Taschenkontrollen finden nicht statt, sodass Carsten L. offenbar auch Material aus der Dienststelle heraustragen konnte. Bisher sind derartige Kontrollen im BND nicht zulässig. Dabei war Carsten L. nicht der erste Fall dieser Art: 2014 war Markus R. aufgeflogen, ebenfalls ein BND-Mitarbeiter, der sich vom US-Geheimdienst CIA hatte anwerben lassen. Er hatte über Jahre BND-Material an die US-Amerikaner weitergegeben. Auch im Regierungsapparat gibt es Geheimdokumente Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie es um die Sicherheitsüberprüfungen der Mitarbeitenden im BND bestellt ist. Die letzte Überprüfung von Carsten L. dauerte insgesamt vier Jahre - was unter anderem mit der Coronsituation zusammenhing. Aber es zeigt auch, dass die Überprüfung offenbar immer wieder liegen geblieben ist. Im Dienst soll L. mit Äußerungen aufgefallen sein, die nahelegen, dass es um seine Verfassungstreue nicht gut bestellt war. Konsequenzen hatte das jedoch nicht. Der Fall zeigt: Es ist ganz und gar nicht unmöglich, geheimes Material aus einer deutschen Sicherheitsbehörde zu entwenden, wenn man dazu entschlossen ist. Grundsätzlich ist jedes Sicherheitssystem genauso sicher, wie es konsequent angewendet wird. Doch nicht nur in Sicherheitsbehörden gibt es Geheimdokumente, sondern im gesamten Regierungsapparat - insbesondere im Kanzleramt und im Außen-, Verteidigungs- und Innenministerium. Darüber hinaus auch im parlamentarischen Raum, beispielsweise in den Kontrollgremien für die Nachrichtendienste, wo die Abgeordneten regelmäßig geheim eingestufte Informationen mitgeteilt bekommen. Wer sie verrät, macht sich strafbar. Nicht einmal Notizen machen Aus Sicherheitsgründen müssen sämtliche Handys vor Beginn der Sitzungen abgegeben werden. Allerdings werden dort keine geheim eingestuften Dokumente verteilt. Dem Parlamentarischen Kontrollgremium, aber auch dem Vertrauensgremium des Bundestags, das über die Haushaltsmittel für die Nachrichtendienste entscheidet, haftet seit Jahren der Ruf an, dass hier nichts geheim bleibt, was dort präsentiert wird. Bei Untersuchungsausschüssen verhält es sich ähnlich. Geht es darum, geheim eingestufte Dokumente einzusehen, können nochmals verschärfte Bedingungen gelten, wenn die jeweilige Behörde dies für notwendig erachtet. Die Abgeordneten müssen dafür dann in die Geheimschutzstelle des Bundestages gehen, wo nicht nur Handys verboten sind, sondern außerdem nicht einmal Notizen gemacht werden dürfen. Auch im parlamentarischen Raum müssen sich Mitarbeitende, die Zugang zu eingestuften Sitzungen oder zu geheimem Material haben, einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Adressaten für eingestufte Dokumente oder Informationen sind dabei oftmals die Medien - unabhängig davon, wo diejenigen sitzen, die sie in Umlauf bringen. Die Beweggründe dafür sind höchst unterschiedlich. Von dem Bedürfnis, auf Missstände aufmerksam zu machen, bis hin zu Geltungsdrang und Wichtigtuerei ist alles dabei.
/inland/innenpolitik/geheimdokumente-sicherheit-101.html
2023-04-23
Tarifparteien einigen sich
Öffentlicher Dienst
Nach mehrstündigen Verhandlungen haben sich Bund, Kommunen und Gewerkschaften auf mehr Geld für Beschäftigte im öffentlichen Dienst geeinigt. Mögliche unbefristete Streiks sind damit vom Tisch. mehr
Nach mehrstündigen Verhandlungen haben sich Bund, Kommunen und Gewerkschaften auf mehr Geld für Beschäftigte im öffentlichen Dienst geeinigt. Mögliche unbefristete Streiks sind damit vom Tisch. Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes haben sich Bund, Kommunen und Gewerkschaften auf mehr Geld für die 2,5 Millionen Beschäftigten geeinigt. Das teilten Bundesinnenministerin Nancy Faeser sowie Vertreter der Gewerkschaft Ver.di und des Beamtenbundes dbb nach mehrstündigen Verhandlungen in Potsdam mit. Die Einigung sieht unter anderem steuer- und abgabenfreie Sonderzahlungen von insgesamt 3000 Euro in mehreren Stufen vor. 1240 Euro davon sollen bereits in diesem Juni fließen, weitere 220 Euro dann jeweils in den Monaten von Juli bis Februar 2024. Lösung orientiert sich am Schlichtungsverfahren Zum 1. März 2024 sollen die Entgelte in einem ersten Schritt für alle Beschäftigten um einen Sockelbetrag von 200 Euro angehoben werden. In einem zweiten Schritt soll der dann erhöhte Betrag noch einmal linear um 5,5 Prozent steigen - die Erhöhung soll allerdings in jedem Fall 340 Euro betragen. Die Laufzeit der Vereinbarung soll 24 Monate betragen. Bei der Lösung orientierten sich die Tarifparteien in großen Teilen am Kompromissvorschlag aus dem vor einer Woche beendeten Schlichtungsverfahren. Gewerkschaften loben Erhöhungen um bis zu 16 Prozent Die Gewerkschaften zeigten sich insgesamt zufrieden mit dem Tarifabschluss. "Prozentual liegen allein die Tabellenerhöhungen - je nach Entgeltgruppen - damit zwischen acht und 16 Prozent", sagte der dbb-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach. Mehr sei vor allem bei den Kommunen nicht durchzusetzen gewesen, Aber angesichts der Finanzschwäche vieler Kommunen sei das eine echte Hausnummer. Ver.di-Chef Frank Werneke erklärte: "Mit unserer Entscheidung, diesen Kompromiss einzugehen, sind wir an die Schmerzgrenze gegangen." Positiv sei jedoch, dass der Abschluss ab März 2024 eine deutlich mehr Geld für die Beschäftigten bedeute - in den unteren Entgeltgruppen seien dies wegen des Sockelbetrags bis zu 16,9 Prozent, für die allermeisten Beschäftigten zumindest mehr als elf Prozent. "Das ist eine nachhaltige Steigerung der Einkommen, die beachtlich ist", so Werneke. Eine Urabstimmung bei den Gewerkschaften und mögliche unbefristete Streiks sind mit der Einigung nun vom Tisch. Ver.di teilte mit, man starte nun eine Mitgliederbefragung. Am 15. Mai werde die Bundestarifkommission dann entscheiden. 4,95 Milliarden Euro Gesamtkosten für den Bund Auch aus Sicht von Bundesinnenminister Faeser wurde ein "guter und fairer Tarifabschluss" erreicht. "Wir müssen mehr Fachkräfte gewinnen. Deshalb geht es für mich auch darum, den öffentlichen Dienst insgesamt attraktiver zu machen", so Faeser. Auch das sei mit dem Tarifabschluss gelungen. Zugleich habe man die angespannte Haushaltslage im Blick behalten müssen. "Auch hier kann ich sagen: Das ist uns gelungen", sagte die SPD-Politikerin. Die Gesamtkosten des Bundes lägen für die Laufzeit von 24 Monaten bei rund 4,95 Milliarden Euro. Insbesondere die vielen klammen Kommunen in Deutschland stellt die gefundene Lösung vor Herausforderungen. Die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Karin Welge, hatte die zusätzlichen Kosten für Städte und Gemeinden auf Basis des Schlichtungsvorschlags vor den Verhandlungen auf 17 Milliarden Euro beziffert. Unbefristete Streiks sind vom Tisch Die Tarifparteien hatten monatelang miteinander verhandelt. Immer wieder hatten die Arbeitnehmervertreter mit bundesweiten Warnstreiks Verwaltungen, Stadtreinigungen und Schwimmbäder lahmgelegt. Ende März brachte Ver.di gemeinsam mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) bei einem großangelegten Warnstreik sowohl Bahn- als auch Luftverkehr bundesweit zum Erliegen. In den Tarifverhandlungen für Beschäftigte an Flughäfen und bei Bahn-Unternehmen ist noch keine Lösung in Sicht.
/wirtschaft/tarifstreit-oeffentlicher-dienst-117.html
2023-04-23
Tausende demonstrieren gegen Autobahnbau
Frankreich
Seifenkistenrennen gegen die Klimakrise: In Südfrankreich lehnen Tausende das Bauvorhaben an der A69 zwischen Toulouse und Castres ab. Sie fordern den "sofortigen Stopp" der Bauarbeiten an der 53 Kilometer langen A69. mehr
Seifenkistenrennen gegen die Klimakrise: In Südfrankreich lehnen Tausende das Bauvorhaben an der A69 zwischen Toulouse und Castres ab. Sie fordern den "sofortigen Stopp" der Bauarbeiten an der 53 Kilometer langen A69. Im Südwesten Frankreichs haben gestern Tausende Menschen gegen den geplanten Bau einer neuen Autobahn protestiert. Auf der Trasse der geplanten A69 zwischen Toulouse und Castres demonstrierten am Samstag nach Angaben der Organisatoren 8200 Menschen. Nach Angaben der Präfektur waren es 4500 Teilnehmer. Die Demonstrantinnen und Demonstranten, die das Bauvorhaben angesichts der Klimakrise ablehnen, hielten Spruchbänder mit Aufschriften wie "Weniger Energie, weniger Autos, weniger Teer" hoch und waren mit verschiedenen selbstgebauten Seifenkisten und anderen Fahrzeugen unterwegs. Die Organisatoren der Kundgebung im Département Tarn, darunter Extinction Rebellion und andere Umweltgruppen, hatten vorab in einer Pressekonferenz den "sofortigen Stopp" der Bauarbeiten an der 53 Kilometer langen A69 gefordert. Der Streckenabschnitt soll die Fahrtzeit zwischen Toulouse und Castres um 20 Minuten verkürzen. Derzeit dauert die Fahrt gut eine Stunde. "Projekt der 1990er-Jahre" Einige örtliche Abgeordnete unterstützen das Bauprojekt, andere lehnen es als überholt ab. Julien Bayou von der Grünen-Partei EELV kritisierte die neue Autobahn als "anachronistisch". Die grüne Abgeordnete Sandrine Rousseau sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Das ist ein Projekt, das auf die 90er Jahre zurückgeht" und davon ausgehe, dass Entfernungen nur mit dem Auto zurückzulegen seien. Diese Sicht sei angesichts des fortschreitenden Klimawandels aber nicht mehr haltbar. Die Kundgebung fand fast einen Monat nach Protesten gegen den Bau eines riesigen Wasserspeichers im Westen Frankreichs statt, bei der es gewaltsame Zusammenstöße zwischen Gegnern des Projekts und Sicherheitskräften gegeben hatte. Drei Menschen erlitten schwere Verletzungen, der Polizei wurde exzessive Gewaltanwendung vorgeworfen. Im Département Tarn hatten Umweltschützer außerdem im Jahr 2014 Widerstand gegen den geplanten Bau eines Staudamms geleistet. Auf seiner Baustelle wurde nach Auseinandersetzungen zwischen den Gegnern und der Polizei die Leiche des 21-jährigen Umweltaktivisten Rémi Fraisse gefunden. Fünf Monate später wurde das Bauvorhaben schließlich aufgegeben und die Umweltaktivisten beendeten nach 16 Monaten die Besetzung der Baustelle.
/ausland/europa/frankreich-autobahnprotest-101.html
2023-04-23
"Söder sagt morgens was anderes als abends"
Lindner attackiert CSU
FDP-Chef Lindner hat den CSU-Vorsitzenden Söder als unseriös kritisiert. Im Interview für den Bericht vom Parteitag kassierte Lindner zudem eine Forderung ein, die die FDP-Delegierten zuvor beschlossen hatten. mehr
FDP-Chef Lindner hat den CSU-Vorsitzenden Söder als unseriös kritisiert. Im Interview für den Bericht vom Parteitag kassierte Lindner zudem eine Forderung ein, die die FDP-Delegierten zuvor beschlossen hatten. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat CSU-Chef Markus Söder scharf attackiert und ihm unseriöses Verhalten vorgeworfen. "Der sagt morgens was anderes als abends. Der ändert permanent seine Position", sagte Lindner im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio für den Bericht vom Parteitag der FDP. "Erst will er der Erste sein, der die Verbrennerautos verbietet. Danach sagt er, das darf niemals passieren. Das finde ich schlicht unseriös." Der FDP-Chef ging damit nicht nur auf Distanz zu Söder mit Blick auf eine mögliche Zusammenarbeit nach den Landtagswahlen in Bayern im Herbst. Zugleich sandte Lindner indirekt auch ein Signal in der aktuellen Debatte über die Kanzlerkandidatur der Unionsparteien für die Bundestagswahl 2025 aus. Auf die Frage nach seiner Haltung gegenüber dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz erklärte Lindner demonstrativ: "Merz ist ein Politiker, der seriös ist." Lindner sieht keinen Richtungsstreit in der FDP Dennoch machte Lindner deutlich, dass es in der Sache durchaus eine Reihe von Differenzen zwischen ihm und dem CDU-Chef gebe. Als Beispiele nannte er, "dass jetzt auch die CDU über Steuererhöhungen nachdenkt, dass sie teilweise damit liebäugelt, gar über 50 Prozent Steuern beim Einkommen zu verlangen, dass bei der Erbschaftssteuer unser Mittelstand geschwächt werden soll". Mit Blick auf die eigene Partei bestritt Lindner, dass es in der FDP Differenzen in der Frage gebe, ob die Partei harte Kante zeigen oder vorrangig konstruktiv nach Lösungen von Problemen suchen solle. "Diese Richtungsdiskussion, die gibt es schlichtweg nicht", sagte der Parteichef. Rechtfertigung des Vorgehens beim Heizungstausch In dem Interview äußerte sich Lindner auch zum geplanten Gebäudeenergiegesetz, bei dem er als Teil der Bundesregierung dem Gesetzentwurf zugestimmt, aber zugleich Vorbehalte in einer Protokollerklärung formuliert hatte. Ein solches Vorgehen bezeichnete er als "ständige Staatspraxis". Dass ein Koalitionspartner in der Regierung für ein Gesetz stimme und es im parlamentarischen Verfahren zu ändern versuche, habe es auch in der Vergangenheit gegeben. Da ohnehin der Bundestag die Gesetze beschließe und nicht die Regierung, sollten Verfahren nicht angehalten werden, um keine Zeit zu verlieren. Lindner betonte mit Blick auf die Streitpunkte im geplanten Gebäudeenergiegesetz aber ausdrücklich: "Ich fühle mich bestärkt darin, durch das, was der Parteitag beschlossen hat. Der Gesetzentwurf kann nicht so vom Bundestag beschlossen werden, wie er jetzt als Beratungsgrundlage vorgelegt wird." Die Delegierten der FDP-Parteitags hatten unter anderem gefordert, in den anstehen Beratungen des Gesetzes auf finanzielle Anreize statt auf Verbote bei der Erneuerung von Heizungen zu setzen. Zudem heißt es im Beschluss der Delegierten: "Bevor der Staat den Bürgerinnen und Bürgern detaillierte Vorgaben für ihre Heizungskeller macht, muss er Erfolgsbedingungen einer klimafreundlichen technischen Infrastruktur schaffen." Lindner widerspricht CO2-Parteitagsbeschluss In einem anderen Punkt machte Lindner deutlich, dass ein Beschluss des Parteitags an der Wirklichkeit vorbeigehe und nicht umgesetzt werden könne. Laut dem verabschiedeten Leitantrag will die Partei in Sachen CO2-Preis, "die Bepreisung über das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) schnellstmöglich in einen echten Zertifkatehandel in den Wirtschaftsbereichen Verkehr, Gebäude und Gewerbe überführen. Dies ist bereits ab dem 1. Januar 2024 möglich". Diesen Termin hatten Klimapolitiker der Partei im Leitantrag durchgesetzt. Lindner sagte auf Nachfrage, dass die Koalition verabredet habe, "dass wir ab 2027 einen solchen Zertifikatehandel einführen werden. Also es ist nicht mehr nur eine FDP-Position, sondern bereits eine Absicht der Koalition." Ein Vorziehen dieses Schrittes um drei Jahre auf 2024 sei aber "politisch und technisch nicht mehr möglich", sagte Lindner. "Umsetzbar ist das, was wir verabredet haben, ab 2027." Dann habe nämlich die EU den entsprechenden Zertifikatehandel vorgesehen. Bundesparteitag beendet Die FDP hatte am Mittag ihren dreitägigen Bundesparteitag beendet. Die Delegierten hatten bei ihren Beratungen in Berlin unter anderem Parteichef Lindner für zwei weitere Jahre im Amt sowie Wolfgang Kubicki und Johannes Vogel als seine Stellvertreter bestätigt. Bettina Stark-Watzinger wurde als neue Parteivize gewählt. Sie tritt die Nachfolge von Nicola Beer an, die als Vizepräsidentin zur Europäischen Investitionsbank geht. In den inhaltlichen Beschlüssen hatte der FDP-Bundesparteitag nach längeren Beratungen den Leitantrag des Bundesvorstandes gebilligt. Unter der Überschrift "Ja zu mehr Wohlstand - Nutzen wir die Energie der Krisenbewältigung für ein ambitioniertes Innovations- und Wachstumsprogramm" enthält dieser viele bekannte Positionen. Die Freien Demokraten verlangen, Deutschland wieder zum Weltmarktführer für Innovation und technologischen Fortschritt zu machen, wachstumsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen und das Aufstiegsversprechen für alle Menschen mit neuem Leben zu füllen. Nötig seien solide Finanzen, mehr Digitalisierung und weniger Bürokratie, eine moderne Verkehrs- und Energie-Infrastruktur, eine faire Chance für Vermögensbildung vor allem durch Aktien sowie beste Bildungschancen für alle Kinder. Das Interview mit FDP-Chef Christian Lindner sehen Sie heute Abend im Bericht vom Parteitag der FDP um 23.35 Uhr im Ersten. Den Bericht aus Berlin sehen Sie um 18 Uhr im Ersten.
/inland/innenpolitik/fdp-bundesparteitag-111.html
2023-04-23
So sieht die Tarifeinigung aus
Öffentlicher Dienst
Inflationsausgleich, Sockelbetrag, Tariferhöhung - die Tarifeinigung im öffentlichen Dienst besteht aus verschiedenen Elementen. Wer profitiert wann von den Zahlungen und den Steigerungen? Ein Überblick. mehr
Inflationsausgleich, Sockelbetrag, Tariferhöhung - die Tarifeinigung im öffentlichen Dienst besteht aus verschiedenen Elementen. Wer profitiert wann von den Zahlungen und den Steigerungen? Ein Überblick. Mehr als 2,5 Millionen Beschäftigte bekommen durch den Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst im Bund und in den Kommunen zum Teil deutlich mehr Geld. Beschäftigte mit niedrigen Einkommen profitieren dabei besonders. Welche Bestandteile sieht die Einigung vor? Inflationsausgleich Im ersten Schritt erhalten alle Beschäftigen - unabhängig von ihrer aktuellen Bezahlung - insgesamt 3000 Euro. Das Geld fließt allerdings nicht auf einmal. 1240 Euro werden im Juni 2023 gezahlt. Von Juli 2023 bis Februar 2024 folgen dann jeden Monat weitere 220 Euro. Diese Zahlungen sind steuer- und abgabenfrei und kommen somit als Nettozahlungen bei den Beschäftigten an. Dieser Teil der Tarifeinigung nutzt die Möglichkeiten, die der Bund im Rahmen des dritten Entlastungspakets im vergangenen Herbst mit der sogenannten Inflationsausgleichsprämie vorübergehend geschaffen hat. Wer in Teilzeit arbeitet, profitiert anteilig von den vereinbarten Zahlungen. Azubis sollen die Hälfte erhalten. Sockelbetrag Im zweiten Schritt werden dann im März 2024 alle Entgelte um 200 Euro erhöht. Dieser vereinbarte Sockelbetrag liegt weit unter der ursprünglichen Forderung der Gewerkschaften, entspricht aber dem Kompromissvorschlag des Schlichtungsverfahrens. Beschäftigte mit niedrigen Einkommen profitieren vom Sockelbetrag am stärksten, weil eine Anhebung um 200 Euro in den unteren Entgeltgruppen eine prozentual deutlich höhere Steigerung bewirkt als in den oberen Entgeltgruppen. Auszubildende erhalten ab März 2024 der Einigung zufolge 150 Euro mehr pro Monat. Tariferhöhung Im dritten Schritt - also nach der Erhöhung um den Sockelbetrag - steigen dann ab März 2024 alle Entgelte um 5,5 Prozent. Diese Erhöhung wirkt sich somit ebenso wie der Sockelbetrag auf die gesamte Entgelttabelle aus, die die Grundlage für die Bezahlung verschiedener Tätigkeiten im öffentlichen Dienst bildet. Mindeststeigerung Die Kombination aus der Erhöhung um einen Sockelbetrag und einer prozentualen Steigerung um 5,5 Prozent im März 2024 führt zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen bei den Beschäftigten. Vor diesem Hintergrund wurde als Teil des Tarifabschlusses vereinbart, dass die Gesamtsteigerung bei mindestens 340 Euro pro Monat liegen muss. Nach Berechnungen der Gewerkschaft ver.di ergeben sich durch den gefundenen Kompromiss in der Entgelttabelle Erhöhungen zwischen 340 und 680 Euro pro Monat. In vorläufigen Berechnungen entspricht das Steigerungsraten zwischen 8,2 und 16,9 Prozent. Ver.di gibt die durchschnittliche Lohnerhöhung mit 11,5 Prozent an. Beispielhaft rechnet die Gewerkschaft vor, dass eine Erzieherin (mit Eingruppierung S8a, Stufe 6) mit 10,8 Prozent mehr Geld rechnen kann, ein Busfahrer in Nordrhein-Westfalen (mit Eingruppierung EG 5, Stufe 4) mit einer Steigerung von 12,4 Prozent und ein Mitarbeiter der Müllabfuhr (mit Eingruppierung EG 3, Stufe 3) mit einer Anhebung um 13,4 Prozent. Weitere Vereinbarungen Teil der Einigung ist auch eine Anhebung der tariflichen Zulagen, für die eine Dynamisierung vereinbart wurde, um 11,5 Prozent ab März 2024. Als Laufzeit des neuen Tarifvertrags wurden 24 Monate vereinbart. Damit wird voraussichtlich ab Anfang 2025 über den nächsten Tarifvertrag verhandelt. Betroffene Beschäftigte Die Steigerung der Einkommen gilt für Angehörige Tausender verschiedener Berufe - unter anderem für Frauen und Männer, die als Erzieher, Busfahrer, Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Kranken- und Altenpfleger, Verwaltungsangestellte, Klärwerksmitarbeiter, Förster oder Ärzte arbeiten. Es geht um die Einkommen von mehr als 2,4 Millionen Tarifbeschäftigten der kommunalen Arbeitgeber etwa bei Müllabfuhren, kommunalen Krankenhäusern oder Stadtverwaltungen und 134.000 Tarifbeschäftigte des Bundes. Für die Arbeitnehmer der Länder wie zum Beispiel Polizisten oder Lehrer gilt jedoch ein eigenständiger Tarifvertrag.
/wirtschaft/unternehmen/tarifeinigung-oeffentlicher-dienst-113.html
2023-04-23
Gedenken auf der "Insel des Todes"
Kolonialverbrechen in Namibia
Die Aufstände gegen die deutschen Kolonialherren wurden in Deutsch-Südwestafrika brutal niedergeschlagen. Jetzt erst können die Nachfahren der Opfer gedenken. Im Süden Namibias wurde ein Mahnmal enthüllt. Von R. Klug.
Die Aufstände gegen die deutschen Kolonialherren wurden in Deutsch-Südwestafrika brutal niedergeschlagen. Jetzt erst können die Nachfahren der Opfer gedenken. Im Süden Namibias wurde ein Mahnmal enthüllt. Im Jahr 1904 erhob sich das Volk der Herero im damals sogenannten Deutsch-Südwestafrika gegen die deutschen Kolonialherren. Als die Deutschen den Aufstand brutal niederschlugen, folgte das Volk der Nama. Auch ihr Aufstand wurde niedergeschlagen. Die Überlebenden beider Völker wurden in Internierungslager gepfercht: Männer, Frauen und Kinder. Das schlimmste dieser Lager befand sich im Süden des sogenannten Schutzgebiets - neben der Stadt Lüderitz. Dort wurden die Menschen schlimmer behandelt als Tiere. Auf der Halbinsel "Shark Island", auch genannt die "Insel des Todes", starben zwischen 1000 und 3000 Menschen, die genaue Zahl wurde nie bekannt.  Umschlossen vom Atlantik Es sah nicht aus wie ein Konzentrationslager, wie die Welt sie voller Entsetzen 40 Jahre später sehen würde. Es gab keine Mauern, keine Stacheldrahtzäune, keine Gaskammern. "Shark Island" war und ist ein rauer Ort, übersät mit grauen Steinen, auf drei Seiten umschlossen vom Atlantik, in dem damals Haie waren. Die Menschen vegetierten auf den Steinen dahin, ohne Decken, ohne Schutz vor der Sonne, ohne Schutz vor der feuchten Kälte. Innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Ankunft waren 80 Prozent aller Häftlinge tot. Ihre Leichen wurden ins Wasser geworfen und dort von den Haien zerrissen. "Der Todesengel war mit brutaler Gewalt auf sie herabgestürzt", sagt Paul John Isaak, spiritueller Anführer der Nama. "Die Überlebenden sahen wie verhungert aus, ihre Körper waren nur noch Haut und Knochen. Sie sahen aus wie Besenstiele, die Knochen waren so dünn, dass man durch sie hindurchschauen konnte." Selbst die deutschen Besatzer nannten diese Stätten der Hölle "Konzentrationslager". Sie hatten ihn einfach von der britischen Kolonialmacht übernommen, die wenige Jahre zuvor im benachbarten Südafrika die ersten Vernichtungslager errichtet hatten, und sie "concentration camps" nannten. Im britisch-burischen Krieg Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts hatte die britischen Kolonialherren beschlossen, das Volk der Buren vollständig auszulöschen, was ihnen nicht gelang. Ihre deutschen Nachbarn in Deutsch-Südwestafrika wollten mit den Herero und den Nama genau das Gleiche tun, auch ihnen gelang es nicht.  "Wissenschaftliche" Experimente Die Urgroßmutter von Sima Luipert-Goeieman war auf der "Insel des Todes" inhaftiert. Sie musste die Haut und die Haare von getöteten Häftlingen abkratzen, auch von Köpfen ihrer Familienmitglieder. Die Schädel wurden ins Kaiserreich gebracht, wo sogenannte Rassenkundler ihre Maße nahmen. Ziel dieser obskuren "wissenschaftlichen" Tätigkeit war, zu beweisen, dass die Schwarzen auf dem afrikanischen Kontinent minderwertige Wesen wären, näher den Affen, als den weißen Europäern. "Sie haben meine Vorfahren nicht wie Menschen behandelt, auch nicht die Frauen und die Kinder", sagt Sima Luipert-Goeieman. Es war Teil der Strategie der Deutschen, uns zu terrorisieren, unseren Lebenswillen zu brechen. Jahrzehnte später sollte eine nächste Generation von Deutschen in Auschwitz und anderswo dieses schrecklich perfektionieren. Deutschland und der Begriff "Völkermord" 1915 wurden die Deutschen von britischen und südafrikanischen Truppen aus Deutsch-Südwestafrika vertrieben. Zunächst übernahm das Vereinigte Königreich das Gebiet, später die südafrikanische Apartheid-Regierung. Erst 1990 wurde Namibia unabhängig. Und immer noch kümmerte sich niemand um die Herero und die Nama, die immer lauter Forderungen stellten. Sie wollten finanzielle Entschädigung, vor allem aber eine Aufarbeitung ihrer Geschichte. Niemand hörte zu. 2002 schließlich sagte die deutsche Entwicklungsministerin, Heidemarie Wieczorek-Zeul, zum ersten Mal, dass es sich bei den Ereignissen von 1904 bis 1908 um Völkermord gehandelt habe. 2015 erst erkannte die deutsche Regierung offiziell den Völkermord an, allerdings nicht im völkerrechtlichen Sinn. Das hätte völkerrechtlich bedeutet, dass hohe Reparationszahlungen gefordert hätten werden können. Stattdessen wurde mit der Wiederauflage einer Versöhnungsinitiative begonnen, bei der die deutsche Bundesregierung 1,1 Milliarden Euro anbot, über 30 Jahre verteilt. Diese Initiative hatte es schon einmal gegeben. "Von diesem Geld haben wir nie etwas gesehen", sagen die Herero und Nama. Das habe alles die Regierung eingesteckt, die von einer anderen Volksgruppe, den Ovambo, dominiert wird. Die Ratifizierung des zweiten Versöhnungsabkommens scheiterte im Juni 2021 am Widerstand der Herero und der Nama. Sie fordern neue Verhandlungen. Berlin lehnt dies aber ab. Gedenkstein - und dann Schlussstrich? Vor zehn Jahren erst wurde der erste Gedenkstein in der namibischen Hauptstadt Windhoek errichtet. Der zweite Gedenkstein wurde am Samstag auf "Shark Island" enthüllt. Sima Luipert-Goeieman und Paul John Isaak sind erleichtert. Endlich habe man auch hier die Gelegenheit, an einem Ort zu trauern, das Blut der Getöteten zu beweinen. Aber es müsse weitergehen, der Völkermord müsse auch wissenschaftlich besser aufgearbeitet werden. Und 1,1 Milliarden Euro Entschädigung seien zu wenig. Es dürfe kein Schlussstrich gezogen werden. Es ist zweifelhaft, ob sie mit ihren Forderungen Erfolg haben werden. Es sieht so aus, als ob der Leidensweg zweier gedemütigter Völker noch lange weitergehen wird.  Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, Namibia sei seit 1994 unabhängig. Das Land ist allerdings bereits seit 1990 unabhängig.
/ausland/afrika/namibia-kolonialverbrechen-gedenkstein-101.html
2023-04-23
Kretschmer fordert Aufnahmestopp für Ortskräfte
Zuzug aus Afghanistan
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer will den Zuzug Geflüchteter begrenzen. Der CDU-Mann stellt dabei auch die Zusagen für afghanische Ortskräfte infrage - also für Afghanen, die gefährdet sind, weil sie früher die Bundeswehr unterstützt haben. mehr
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer will den Zuzug Geflüchteter begrenzen. Der CDU-Mann stellt dabei auch die Zusagen für afghanische Ortskräfte infrage - also für Afghanen, die gefährdet sind, weil sie früher die Bundeswehr unterstützt haben. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer verlangt von der Bundesregierung eine Begrenzung des Zuzugs Geflüchteter in Deutschland und bezieht dabei ausdrücklich auch sogenannte Ortskräfte aus Afghanistan mit ein. Mit Blick auf ein Bund-Länder-Treffen am 10. Mai mit Bundeskanzler Olaf Scholz sagte der CDU-Politiker der "Bild am Sonntag", es gehe nicht allein ums Geld, sondern darum, dass die Anzahl der Menschen, die nach Deutschland kommen, reduziert werden müsse. "Freiwillige Aufnahmeprogramme wie etwa für Ortskräfte aus Afghanistan oder anderen Ländern müssen sofort gestoppt werden", so der Christdemokrat in dem Zeitungsinterview. Bei dem Treffen müsse die Bundesregierung Lösungen für die Länder und Kommunen präsentieren. Diese klagen seit einigen Monaten über eine Überlastung durch die Aufnahme geflüchteter Menschen. Aufnahme von Ortskräften Als Ortskräfte werden zum Beispiel Einheimische bezeichnet, die für die Bundeswehr in Afghanistan als Fahrer oder Übersetzerinnen tätig waren. Die Bundesregierung hatte im vergangenen Oktober das von Kretschmer angesprochene Aufnahmeprogramm gestartet, um durch die Herrschaft der Taliban besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen eine Aufnahme in Deutschland zu ermöglichen. Das Angebot richtet sich vor allem an ehemalige deutsche Ortskräfte, die nach der Machtübernahme der Taliban Schutz suchen. Monatlich sollten dabei 1000 Aufnahmeplätze zur Verfügung stehen. Die Bundesregierung erklärte kurz vor Ostern, dass mit ersten Aufnahmezusagen für die kommenden Wochen gerechnet werde. Aufnahme von Ortskräften bereits seit 2013 Unabhängig von dem neuen Aufnahmeprogramm, das die aktuelle Bundesregierung im Oktober 2022 startete, gab es bereits seit 2013 unter allen unionsgeführten Bundesregierungen ein Verfahren für die Aufnahme von Ortskräften, die in Afghanistan individuell gefährdet waren. Davon profitierten Personen, die vor der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan für die Bundeswehr, das Auswärtige Amt oder Entwicklungsorganisationen gearbeitet hatten. Auf Basis von Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes fand hierbei eine Einzelfallprüfung statt. Mehrere Tausend afghanische Ortskräfte und deren Familienangehörige erhielten im Zuge dieses Ortskräfteverfahrens Aufnahmezusagen aus Deutschland. Nur ein Teil von ihnen wurde aber bereits in die Bundesrepublik gebracht. Die Bundeswehr hatte Afghanistan im Juni 2021 schneller als ursprünglich geplant verlassen. Sie folgte zeitlichen Vorgaben der USA. Im August 2021, als die Taliban - praktisch ohne Gegenwehr - Kabul einnahmen, beteiligte sich Deutschland an einem internationalen militärischen Evakuierungseinsatz. Dabei wurden Tausende Menschen ausgeflogen - darunter auch Ortskräfte der Bundeswehr und deren Angehörige. Allerdings blieben auch viele Ortskräfte im Land zurück, weil es nicht mehr gelang, sie rechtzeitig auszufliegen. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags befasst sich seit Juli 2022 mit den damaligen Entscheidungen der schwarz-roten Bundesregierung rund um den Abzug der Bundeswehr und die Evakuierungsmission im August 2021.
/inland/kretschmer-ortskraefte-afghanistan-101.html
2023-04-23
Mindestens neun Menschen bei Anschlag getötet
Mali
In Sévaré im Zentrum von Mali sind nach Angaben der Regionalregierung mindestens neun Menschen getötet worden. Mehr als 60 wurden demnach verletzt. Außerdem sollen zwanzig Häuser zerstört worden sein. mehr
In Sévaré im Zentrum von Mali sind nach Angaben der Regionalregierung mindestens neun Menschen getötet worden. Mehr als 60 wurden demnach verletzt. Außerdem sollen zwanzig Häuser zerstört worden sein. Bei einem dreifachen Anschlag in der Nähe eines Militärstützpunktes in Mali sind gestern nach offiziellen Angaben mindestens neun Menschen getötet worden. Etwa 60 weitere Zivilisten seien verletzt, sagte ein Sprecher der Regionalregierung. Die Anschläge wurden demnach in dem Ort Sévaré im Landesinneren verübt. Durch die Detonation seien etwa zwanzig Häuser zerstört worden. Zu der Tat bekannte sich zunächst niemand. Im Fernsehen wurde eine Erklärung der Regierung verlesen, in der die Rede von einem Terroranschlag war. Stützpunkt war bereits früher Ziel von Anschlägen Der Stützpunkt beherbergt Kritikern zufolge auch Kämpfer der russischen Söldnergruppe Wagner, die seit einem Jahr an der Seite des malischen Militärs kämpft. Er wurde bereits früher Ziel von Anschlägen. Einige Tage vor dem Anschlag wurden ein malischer Beamter und drei weitere Menschen in einem Hinterhalt in einem Gebiet im Südwesten des Landes getötet. Am Freitag bekannte sich die Al-Kaida-nahe Gruppe JNIM zu der Tat.
/ausland/afrika/mali-anschlag-111.html
2023-04-23
Wie wichtig Indien für die Weltwirtschaft ist
Boom-Land in Südasien
Indien löst China als bevölkerungsreichstes Land der Welt ab. Seit Langem gilt es als Hoffnung für die globale Wirtschaft. Wo sind seine ökonomischen Stärken - und wo seine Schwächen? Von Melanie Böff.
Indien löst China als bevölkerungsreichstes Land der Welt ab. Seit Langem gilt es als Hoffnung für die globale Wirtschaft. Wo sind seine ökonomischen Stärken - und wo seine Schwächen? Aller Voraussicht nach wird Indien spätestens Mitte dieses Jahres China als bevölkerungsreichstes Land der Welt überholt haben. Das prognostiziert ein Jahresbericht der Vereinten Nationen. An welchem Tag genau das passieren wird, kann man nicht sagen - es fehlen schlicht genaue Bevölkerungsdaten. Ehrgeizige Ziele der Regierung Diese Entwicklung könnte für Indien den Weg ebnen, wichtiger Player der Weltwirtschaft zu werden. Denn viele Unternehmen suchen schon länger nach Alternativen zu China. Bundeskanzler Olaf Scholz reiste erst im Februar nach Indien und traf Premierminister Narendra Modi - mit dem erklärten Ziel, Indien enger an Europa zu binden, auch mit Blick auf Russland. Wo liegen also die wirtschaftlichen Stärken, aber auch die Schwächen des bald bevölkerungsreichsten Landes? Das Bruttoinlandsprodukt (BIP), also der Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen, die jährlich innerhalb Indiens hergestellt werden, ist seit Anfang der 2000er-Jahre stetig gewachsen - und die Prognosen für die Zukunft fallen noch besser aus: Für dieses Jahr wird das BIP auf umgerechnet rund 3,736 Billionen Dollar geschätzt. Indien will bis 2047 eine entwickelte Volkswirtschaft sein, so das erklärte Ziel von Premierminister Modi. Bis dahin ist noch viel zu tun, sagt Christian Wagner, Asien-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, gegenüber tagesschau.de: "Dafür müssen sie über zehn, zwanzig Jahre hinweg dauerhaft hohe Wirtschaftswachstumsraten erzielen. Es müssen dauerhaft sieben Prozent sein." Demografische Dividende: Fluch oder Segen? Warum Indien gute Chancen auf einen global bedeutenden wirtschaftlichen Aufstieg hat, zeigt sich angesichts der Bevölkerungsstruktur des Landes: Indien ist jung. Laut Vereinten Nationen wird das Medianalter Mitte 2023 bei etwa 28 Jahren liegen. Schaut man nach China, beträgt der gleiche Wert 39 Jahre, und in Deutschland liegt man bei 45 Jahren. Das heißt, Indien hat eine wachsende, junge Bevölkerung. In Indien spricht man von der sogenannten demografischen Dividende: Sie wird oft beschworen. Allerdings gibt Asien-Kenner Wagner eines zu bedenken: "Man muss bei der demografischen Dividende auch das Kleingedruckte lesen. Wenn man eine junge Bevölkerung hat, die ins Erwerbsalter kommt, dann ist das für die wirtschaftliche Entwicklung erstmal ein Segen." Denn diese jungen Menschen werden das Wirtschaftswachstum und die Nachfrage ankurbeln. "Aber das Kleingedruckte besagt: Das geht nur, wenn es entsprechende Ausbildungsstandards, Gesundheitsstandards und die entsprechenden Arbeitsplätze gibt." Für Indien selbst stelle sich dadurch die Frage nach einem Strukturwandel: "Wenn das nicht kommt, dann wird diese demografische Dividende zum Fluch." Es mangelt an Jobs, Ausbildung und Alphabetisierung Es braucht also mehr und besser bezahlte Jobs, damit Indien vom Bevölkerungstrend profitiert. Derzeit führe die Situation zu absurd hohen Bewerberzahlen auf wenige Stellen im Öffentlichen Dienst, sagt Wagner und nennt ein Beispiel aus dem Bundesstaat Uttar Pradesh: Für 62 Stellen mit einfachem Anforderungsprofil bei der Polizei bewarben sich vor einigen Jahren rund 93.000 Personen. Die indische Eisenbahn etwa erhielt für etwa 35.000 nicht-technische Stellen insgesamt mehr als zwölf Millionen Bewerbungen. Neben der Arbeitsplatz- und Ausbildungssituation könnte auch die ausbaufähige Alphabetisierungsrate in Indien den Traum des Aufstiegs verzögern: Nur knapp 80 Prozent der Inderinnen und Inder können lesen und schreiben. Im Vergleich dazu schneiden China oder andere südostasiatische Schwellenländer besser ab. Nicht automatisch eine Alternative zu China Ein weiteres Problem: Indien hat immer noch vergleichsweise hohe Logistikkosten, und mancherorts komplizierte Bürokratie macht es Unternehmen zusätzlich schwer. Indien steht im Standortwettbewerb mit Staaten in Südostasien wie Vietnam, Thailand oder Indonesien. "Wenn Firmen aus China weggehen, dann ist Indien nicht der zwangsläufig nächste Standort", sagt Asien-Experte Wagner. Auch Klaus-Jürgen Gern vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel sieht, wie viel schon passiert ist in Indien, aber auch, wie viel Luft nach oben ist: "In mehreren Reformschüben hat sich das Land zunehmend geöffnet, nach wie vor wird die heimische Wirtschaft aber durch im internationalen Vergleich hohe Einfuhrzölle geschützt." Der Staat spiele in der Wirtschaft immer noch eine große Rolle, sagt Gern gegenüber tagesschau.de. Gleichzeitig bleibe Korruption ein weitverbreitetes Problem, sagt Gern. "China schickt sich an, in wichtigen Zukunftstechnologien in der Weltspitze mitzumischen, hierzu ist Indien auf absehbare Zeit nicht in der Lage", meint der Konjunkturexperte. Indien investiere im Vergleich zu China nur einen Bruchteil der Mittel in Forschung und Entwicklung. "Bei der Produktion von Grundstoffen und standardisierten Waren könnte Indien China Marktanteile abnehmen, steht aber auch in Konkurrenz mit anderen Ländern in der Region." Fachkräfte auch für Deutschland attraktiv Bei Dienstleistungen hingegen sei China als Wettbewerber kaum präsent, sagt Gern. Indien aber profitiere vor allem von seinem guten Dienstleistungssektor. Das will sich auch Deutschland zunutze machen: Im Dezember unterzeichnete Außenministerin Annalena Baerbock ein deutsch-indisches Migrationsabkommen, durch das Fachkräfte, Studierende und Auszubildende mobiler werden sollen. Außerdem gibt es spezielle Förderprogramme, durch die Pflegekräfte aus Indien gewonnen werden sollen. Etwa 77 Prozent der indischen Studierenden sind nach Zahlen der bundeseigenen Gesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) in den sogenannten MINT-Fächern - also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik - eingeschrieben. Diese Menschen könnten eventuell helfen, die Fachkräftelücke in Deutschland zu verkleinern. Weitere Stärken bei Pharma und IT Neben dem Dienstleistungssektor zeigt Indien auch im Pharma-Bereich große Stärke, und natürlich ist das Land bereits international bedeutend bei IT-Dienstleistungen. Inzwischen schauen sich auch Techkonzerne wie Apple verstärkt nach Produktionsstandorten in Indien um. Erst kürzlich wurde der erste Apple-Store in Mumbai eröffnet, weitere sollen folgen. Viele Augen richten sich auf das Land in Südasien. Es wird sich zeigen, wie viel durch Reformen verändert werden kann - damit der Traum vom wirtschaftlichen Aufstieg durch die jungen Inderinnen und Inder eben nicht nur ein Traum bleibt.
/wirtschaft/weltwirtschaft/indien-weltwirtschaft-konkurrenz-china-101.html
2023-04-23
Wie raus aus den Schulden?
Kenia und Chinas Investitionen
China hat viel in Kenia investiert - in Straßen, Häfen und Bahnstrecken. Und das afrikanische Land hat sich dafür bei China stark verschuldet. Wie kommt Kenia wieder raus aus diesen Schulden? Von K. Bensch.
China hat viel in Kenia investiert - in Straßen, Häfen und Bahnstrecken. Und das afrikanische Land hat sich dafür bei China stark verschuldet. Wie kommt Kenia wieder raus aus diesen Schulden? Seit einem Jahr können Autofahrer auf einem Expressway den verstopften Straßen von Nairobi entfliehen. Hoch über Nairobi schlängelt sich die neue Schnellstraße auf Stelzen durch das Herz der kenianischen Hauptstadt. Sie verbindet den Flughafen mit dem zentralen Geschäftsviertel. Finanziert und gebaut wurde sie von China. Neuer Tiefseehafen Ein weiteres chinesisches Großprojekt ist der Hafen von Lamu. Er soll Platz für größere Schiffe bieten und den Tiefseehafen in Mombasa entlasten, über den der Fernhandel mit ganz Ostafrika läuft. Kritiker halten den neuen Tiefseehafen von Lamu für überdimensioniert: Sie bezweifeln, dass sich das teure Projekt langfristig rentieren wird und kritisieren die Umweltzerstörung, die mit dem Bau einherging. Bahnstrecke ist größte Investition Das größte chinesische Infrastrukturprojekt in Kenia ist die Bahnlinie von der Mombasa nach Nairobi. Sie soll rund fünf Milliarden US-Dollar gekostet haben, von denen etwa zwei Milliarden in dunklen Kanälen verschwunden sein sollen. Korruption ist ein großes Problem in Kenia. Eigentlich sollte die Bahnstecke noch hunderte Kilometer weiter gebaut werden - doch dann ging das Geld aus. Die Bahnstrecke sei eine Fehlinvestition, weil sie nicht profitabel ist, sagt der Ökonom Aly-Khan Satchu. Die Last, den Kredit zurückzahlen, sei ziemlich groß, weil Kenia mit der Bahnstrecke kein Geld mache. Sorge vor politischer Einflussnahme Wie hoch Kenias Schulden in China genau sind, ist schwer zu sagen. Es dürften viele Milliarden US-Dollar sein. Hinzu kommt, dass Kenia zum Teil hohe Zinsen für die chinesischen Kredite zahlen muss. Die afrikanischen Staatsschulden bei China können langfristige Folgen haben. Mit dem wirtschaftlichen könne auch der politische Einfluss wachsen, warnt der Wirtschaftsexperte James Shikwati: "Wenn wir nicht zurückzahlen können, besteht die Möglichkeit, dass China kontrollieren will, was in den Ländern passiert."Allein werde Kenia nicht aus den chinesischen Schulden herauskommen, meint der Ökonom Aly-Khan Satchu. Kenias Wirtschaft stehe unter enormem Druck.Der Dollar ist stark, der Kenia-Shilling verfällt, die hohen Preise für Lebensmittel und Energie belasten die Wirtschaft ebenso wie die Nachwehen der Corona-Pandemie. Viele afrikanische Länder befänden sich in einer massiven Schuldenkrise, sagt Satchu. "Weiter gebracht als Jahrzehnte westlicher Entwicklungshilfe" China ist ein enger Wirtschaftspartner für viele afrikanische Länder. In Kenia ist die Haltung gegenüber China als Investor höchst umstritten: Die einen beklagen eine große Abhängigkeit und undurchsichtige Knebelverträge. Die anderen feiern den Fortschritt. Mancher ist der Meinung, dass Chinas Investitionspolitik Kenia trotz aller Nachteile weiter gebracht habe als Jahrzehnte westlicher Entwicklungshilfe. Aber China sei nicht der Weihnachtsmann, der Geschenke bringe, sagt Satchu. China wolle für seine Investitionen Gewinne einfahren. China investiert wieder weniger Doch China ist vorsichtiger geworden und investiert seit einiger Zeit weniger Geld in Kenia. Neue Großprojekte werden vorab sorgfältiger geprüft, um Fehlinvestitionen zu vermeiden. Auch deshalb wendet sich Kenia wieder verstärkt alten Bekannten zu: den US-Amerikanern und Europäern, Japanern und Südkoreanern, sowie dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Denn sie alle geben frisches Geld. Und ein beträchtlicher Anteil dieses Geld, erklärt Ökonom Satchu, werde verwendet, um die Schulden zurückzahlen, die Kenia in China gemacht hat.
/ausland/afrika/kenia-china-schulden-101.html
2023-04-23
++ Kiew: Zahlreiche Angriffe auf Bachmut ++
Krieg gegen die Ukraine
Russische Truppen haben nach Angaben der Ukraine zahlreiche Ziele in Bachmut und Awdijiwka angegriffen. Die FDP-Politikerin Strack-Zimmermann kritisiert späte Munitions- und "Leopard"-Lieferungen. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen. mehr
Russische Truppen haben nach Angaben der Ukraine zahlreiche Ziele in Bachmut und Awdijiwka angegriffen. Die FDP-Politikerin Strack-Zimmermann kritisiert späte Munitions- und "Leopard"-Lieferungen. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen. Kiew: Russische Angriffe auf Awdijiwka und BachmutStrack-Zimmermann kritisiert späte Munitions- und "Leopard"-LieferungTest: Litauen vom russischen Stromnetz entkoppeltG7-Minister fordern Verlängerung von Getreideabkommen Ende des Liveblogs Wir beenden an dieser Stelle für heute unseren Ukraine-Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Moskau: USA sollen Visa für Journalisten verweigert haben Die USA haben nach russischen Angaben Journalisten Einreisegenehmigungen verweigert. Die Journalisten wollten demzufolge über die Reise des russischen Außenministers Sergej Lawrow nach New York berichten, erhielten aber keine Visa. Lawrow deutete an, Moskau werde harte Vergeltungsmaßnahmen ergreifen. Das US-Außenministerium äußerte sich nicht zu dem Vorwurf. Die Vereinigten Staaten hätten gezeigt, was ihre Zusicherungen über den Schutz der Meinungsfreiheit und den Zugang zu Informationen wirklich wert seien, sagte Lawrow vor seiner Abreise heute in Moskau. "Seien Sie sicher, dass wir nicht vergessen und nicht vergeben werden." Sein Stellvertreter Sergej Rjabkow erklärte, Russland werde Wege finden, darauf zu reagieren, damit die Amerikaner sich daran erinnerten, so etwas nicht zu tun. Russland verlangt aktuell von ausländischen Journalisten, dass sie ihre Visa und Akkreditierungen alle drei Monate erneuern. Bis zum Beginn des Angriffs auf die Ukraine war das nur einmal pro Jahr notwendig. Frankreich will bei Wiederaufbau der Infrastruktur helfen Frankreich hat der Ukraine Hilfe beim Aufbau der durch den russischen Angriffskrieg schwer beschädigten Verkehrsinfrastruktur zugesagt. Sein Land werde Lotsenschiffe bereitstellen, um den Getreidetransport aus ukrainischen Häfen zu unterstützen, kündigte Verkehrsminister Clément Beaune heute nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP an. Zudem werde Frankreich weitere Schulbusse spenden. Mit der Lieferung von 20.000 Tonnen Eisenbahnschienen solle außerdem der Wiederaufbau des Schienenverkehrs unterstützt werden. Nach Einschätzung des französischen Umweltministeriums werden für den Wiederaufbau der Verkehrsinfrastruktur in der Ukraine insgesamt 83 Milliarden Euro benötigt.  Protest vor Pariser Haus von russischer Politikergattin Kreml-Kritiker haben in Paris vor dem mutmaßlichen Wohnhaus der Frau von Russlands Vize-Verteidigungsminister Timur Iwanow demonstriert. Sie forderten Sanktionen gegen Swetlana Manjowitsch. Mehrere Dutzend Demonstranten versammelten sich am Sonntag vor dem Haus im siebten Arrondissement, einem der teuersten Viertel der französischen Hauptstadt. Der Protest wurde von Unterstützern des in Russland inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny organisiert.  Die Demonstranten hielten mit Blick auf den Vizeminister Plakate mit Aufschriften wie "Raubt in Russland. Tötet in der Ukraine. Hat eine Frau in Frankreich" hoch. Die Aktivisten kritisieren, dass Manjowitsch ihrem Mann die Umgehung von EU-Sanktionen ermögliche. Es müsse ihr daher untersagt werden, in der EU zu leben. Ihre Guthaben in Europa müssten eingefroren werden. "Das sind die Angehörigen eines Kriegsverbrechers", sagte Maria Pewschich, eine enge Mitarbeiterin von Nawalny, bei der Protestkundgebung in Paris der Nachrichtenagentur AFP. "Sie sollten eine Art Strafe und Gerechtigkeit für das, was sie tun, erfahren." Kiew: Russische Angriffe auf Awdijiwka und Bachmut Russische Truppen haben heute nach Angaben der Ukraine zahlreiche Angriffe gegen die Städte Awdijiwka und Bachmut im Osten der Ukraine geführt. Insgesamt seien dort rund 45 Angriffe unter Verlusten für den Gegner abgeschlagen worden, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht am Abend mit. Auch aus Marjinka wurden mehrere russische Angriffe gemeldet. Russische Militärs berichteten dagegen von wiederholten ukrainischen Artillerieangriffen auf die Stadt Donezk im Donbass. Die Großstadt im Donbass sei heute mindestens fünfmal aus Raketenwerfern beschossen worden, hieß es bei der russischen Staatsagentur Tass. Über die Auswirkungen dieser Angriffe wurden keine Angaben gemacht. Artillerieangriffe wurden auch aus der ukrainisch kontrollierten Region Cherson im Süden der Ukraine gemeldet. Dort seien 35 Ortschaften von russischer Artillerie beschossen worden, teilte der Generalstab in Kiew mit. Die Frontlinien blieben demnach unverändert. Strack-Zimmermann kritisiert späte Munitions- und "Leopard"-Lieferung Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat die ihrer Meinung nach späte Lieferung von "Leopard"-Kampfpanzern an die Ukraine kritisiert. "Die Stellungskämpfe in Bachmut wären heute andere, wenn rechtzeitig "Leopard 1", "Leopard 2" dort an der Front eingesetzt worden wären", sagte sie in einen Interview in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin. "Wir rennen jetzt dieser Zeit hinterher." Das betreffe auch Munitionslieferungen: "Wir wussten vor einem dreiviertel Jahr, dass die Ukraine extrem viel Munition benötigt." Jetzt werde man von der Vergangenheit eingeholt. Strack-Zimmermann verwies dabei auf die Situation der Industrie, die zwar produzieren könne, dafür aber langfristige Verträge brauche. Es sei bitter, dass sich um die Munition "nicht so gekümmert wurde". Das Kanzleramt habe seinerzeit da "schwer gebremst", so die FDP-Politikerin. Bestellungen müssten deshalb jetzt auf den Weg gebracht werden. Zur möglichen und von NATO-Generalsekretär Stoltenberg diskutierten Lieferung westlicher Kampfjets, sagte Strack-Zimmermann: "Eine 'MiG' ist etwas völlig anderes als ein 'Tornado' oder ein 'Euro-Fighter'." Sie sehe kein deutsches modernes Kampfflugzeug über der Ukraine, "schon gar kein 'F-35'". Den ukrainischen Wunsch nach deutschen "Fuchs"-Transportpanzern und "Fennek"-Spähpanzern unterstütze sie indes. Örtliche Behörden melden russischen Angriff auf Charkiw Die russischen Streitkräfte haben ukrainischen Angaben zufolge die ostukrainische Stadt Charkiw angegriffen. Die örtlichen Behörden teilten mit, das russische Militär habe mindestens fünf S-300-Raketen auf die zweitgrößte Stadt des Landes und die umliegende Region abgefeuert. Die Geschosse beschädigten nach Angaben von Gouverneur Oleh Synjehubow eine Industrieanlage und Wohnhäuser. Todesopfer oder Verletzte gab es demnach nicht. In Cherson wurde ein Zivilist getötet, als russische Truppen mit Artillerie, Drohnen und Kampfflugzeugen insgesamt 54 Angriffe auf die Provinz flogen, wie Gouverneur Oleksandr Prokudin am Morgen im Netzwerk Telegram mitteilte. Zwei Zivilisten wurden verletzt. Kuleba: Russland hat Frieden in Europa gestohlen Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat Russland vorgeworfen, nicht nur Territorium seiner Heimat, sondern auch den Frieden in Europa und die Stabilität in der Welt gestohlen zu haben. "Es hat die Grundprinzipien der Menschheit zerstört, indem es unsägliche Gräueltaten verübt hat", schrieb Kuleba in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung "Die Welt". Es könne auch keinen wirklichen Frieden geben, wenn Moskau nicht für alle Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werde. Die Hoffnungen auf ein 21. Jahrhundert im Zeichen des Friedens hätten sich früh zerschlagen. "Stattdessen hat Russland uns in ein langes, von kolonialen Eroberungen geprägtes 19. Jahrhundert zurückgeworfen", schrieb Kuleba. "Dieser Krieg hat gezeigt, dass die Sicherheit in der Region unteilbar ist. Eine Bedrohung für einen ist eine Bedrohung für alle." Die Zukunft der euroatlantischen Sicherheit werde "auf dem Schlachtfeld in der Ukraine entschieden". Kiew: Russische Militärs nehmen wieder Wuhledar ins Visier Russische Truppen bereiten sich nach Meinung ukrainischer Militärs erneut zum Sturm auf die Stadt Wuhledar vor. Der Ort im Südwesten der Oblast Donezk sei in den vergangenen Tagen wiederholt unter schweren Beschuss geraten, sagte der regionale Militärsprecher Olexij Dmitraschkowski im ukrainischen Staatsfernsehen. Allein am Samstag sei die Stadt sechs Mal von der russischen Luftwaffe angegriffen worden. "Der Feind verfolgt eine Taktik der verbrannten Erde", sagte Dmitraschkowski. "Damit soll sichergestellt werden, dass unsere Verteidiger keine Positionen finden, um sich zu verteidigen." Eine mit Panzern verstärkte russische Eliteeinheit mit Marine-Infanteristen erlitt erhebliche Verluste, als sie in einer dreiwöchigen Offensive im Februar versuchte, das Gebiet um Wuhledar einzunehmen. Bericht: Ukrainische Truppen erreichen Ostseite des Dnipros Die ukrainischen Streitkräfte haben nach Angaben von US-Beobachtern erfolgreich Stellungen auf der Ostseite des Dnipros errichtet. Die Einschätzung, die das Institute for the Study of War in Washington veröffentlichten, ließ Spekulationen aufkommen, die Vorstöße könnten ein frühes Zeichen für die lang erwartete Gegenoffensive der ukrainischen Truppen sein. Aus den Reihen des ukrainischen Militärs wurde jedoch zur Geduld aufgerufen. Das Institut berichtete am späten Samstag, Geodaten von kremlnahen Militärbloggern deuteten darauf hin, dass die ukrainischen Truppen in der Nähe der Stadt Oleschky Fuß gefasst hätten und über stabile Nachschublinien verfügten. Ukrainische Medien berichteten, die Errichtung solcher Stellungen deuteten auf den Beginn einer Gegenoffensive hin. Die Sprecherin des ukrainischen Einsatzkommandos Süd mahnte jedoch zur Geduld. Natalia Humeniuk bestätigte oder dementierte die Angaben nicht. Sie erklärte lediglich, Einzelheiten über militärische Operationen im Dnipro-Delta könnten aus operativen und Sicherheitsgründen nicht bekannt gegeben werden. Es sei sehr schwierig, ein Hindernis wie den mächtigen Fluss zu überwinden, durch den die Front verlaufe. Kritik an chinesischem Botschafter nach Kommentar zu Ex-Sowjetrepubliken Frankreich, die Ukraine und die baltischen Staaten haben sich bestürzt über Äußerungen des chinesischen Botschafters Lu Shaye in Paris gezeigt, der die Souveränität ehemaliger Sowjetstaaten wie der Ukraine infrage gestellt hat. Die französische Regierung bekundete ihre "volle Solidarität" mit allen betroffenen verbündeten Ländern, die "nach Jahrzehnten der Unterdrückung" ihre Unabhängigkeit erlangt hätten. Faeser will keine Höchstgrenzen bei Aufnahme von Geflüchteten Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat Obergrenzen für eine Aufnahme Geflüchteter in Deutschland erneut abgelehnt. Im Interview mit ZDF heute sagte sie, angesichts des Krieges in der Ukraine könne man im Moment nicht verlangen, Höchstgrenzen zu definieren. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) forderte unterdessen von der Bundesregierung eine Begrenzung des Zuzugs und stellte dabei auch die Zusagen für afghanische Ortskräfte infrage. Putin-Vertrauter Medwedew droht mit Aus für Getreideabkommen Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew droht mit einer Aufkündigung des Abkommens zum Export von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer, falls die Gruppe der sieben führenden Industriestaaten (G7) ein nahezu vollständiges Verbot für Exporte nach Russland beschließen sollte. In einem solchen Fall werde das Getreideabkommen enden, ebenso wie der Fluss von vielen anderen russischen Lieferungen, auf die die G7-Staaten angewiesen wären, schrieb der langjährige Putin-Vertraute in einem Beitrag auf seinem Telegram-Kanal. Das Getreideexportabkommen gilt als einziger bedeutender diplomatischer Durchbruch, der seit Beginn des Ukraine-Kriegs erzielt wurde. Es läuft am 18. Mai aus, falls es nicht verlängert wird. Zahlreiche Länder sind auf die Getreidelieferungen angewiesen. Russland hat wiederholt damit gedroht, die Vereinbarung nicht länger mitzutragen, wenn der Westen seine Beschränkungen auf russische Agrar- und Düngerexporte beibehält. Russland meldet weitere Bodengewinne in Bachmut Die russischen Einheiten kommen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau bei ihrem Versuch voran, die ostukrainische Stadt Bachmut vollständig zu erobern. Sie nahmen demnach zwei weitere Straßenblöcke im Westen der seit Monaten schwer umkämpften Stadt ein. Luftlandeeinheiten würden zudem im Norden und Süden Verstärkung leisten. Sohn von Kreml-Sprecher Peskow: War mit Wagner-Truppe in Ukraine Der Sohn des Sprechers des russischen Präsidenten Wladimir Putin war nach eigenen Angaben als Mitglied der Söldnertruppe Wagner in der Ukraine aktiv. Er habe dort unter falschem Namen als Artillerist gedient, sagte Nikolai Peskow in einem Interview der Zeitung "Komsomolskaja Prawda". Er ist der 33-jährige Sohn von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. "Es geschah auf meine Initiative hin", sagte Peskow, dessen Vater seit 2008 als Kreml-Sprecher fungiert. "Ich habe es als meine Pflicht angesehen." Papst erinnert vor Ungarn-Reise an Krieg in Europa Papst Franziskus hat sich zum Hintergrund seiner bevorstehenden Ungarn-Reise geäußert. "Es wird eine Reise in das Zentrum Europas sein, über das weiterhin eisige Winde des Krieges wehen, während die Vertreibung so vieler Menschen dringende humanitäre Fragen auf die Tagesordnung setzt", sagte er am Sonntag nach dem Mittagsgebet auf dem Petersplatz. Franziskus erinnerte an die Menschen in der Ukraine, die noch immer unter dem Krieg litten. Der Papst reist am Freitag für drei Tage nach Ungarn. Erst im September 2021 hatte er den Eucharistischen Kongress in Budapest besucht. Test: Litauen vom russischen Stromnetz entkoppelt Litauen hat sein Stromnetz erstmals allein und völlig unabhängig von Russland betrieben. Für den isolierten Betrieb des Netzes unterbrach das baltische EU- und NATO-Land am Samstag für zehn Stunden alle Verbindungen zum russischen Stromnetz. Der Test sei erfolgreich verlaufen, teilte der litauische Netzbetreiber Litgrid mit. Die Probeabkopplung blieb für den Stromverbraucher unbemerkt und diente zur Vorbereitung zur geplanten Synchronisation des Netzes mit Westeuropa. Litauen hatte seine Energieimporte aus Russland - als Konsequenz aus dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine - nach eigenen Angaben im Vorjahr bereits vollständig gestoppt. Noch ist es aber - wie auch Estland und Lettland - weiter Teil eines gemeinsamen, synchrongeschalteten Stromnetzes mit Russland und Belarus - des aus Sowjetzeiten stammenden sogenannten BRELL-Ringsystems. G7-Minister fordern Verlängerung von Getreideabkommen Die Agrarminister der sieben führenden Industrienationen (G7) fordern die Verlängerung, vollständige Umsetzung und Ausweitung eines Abkommens über den Export ukrainischen Getreides durch das Schwarze Meer. "Wir verurteilen die Versuche Russlands, Nahrungsmittel als Mittel zur Destabilisierung und als geopolitisches Zwangsmittel einzusetzen und bekräftigen unsere Verpflichtung, solidarisch zu handeln und diejenigen zu unterstützen, die am meisten davon betroffen sind, dass Russland Nahrungsmittel als Waffe einsetzt", heißt es in einer Mitteilung, die nach einem zweitägigen Treffen der Minister im japanischen Miyazaki verfasst wurde. Russland hatte nachdrücklich signalisiert, dass es eine Fortsetzung des Abkommens über den 18. Mai hinaus nicht zulassen will. Der russische Außenminister Sergej Lawrow wird kommende Woche in New York mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres über das ukrainische Getreideexportgeschäft im Schwarzen Meer sprechen. Athletensprecher: Im Moment nur Kollektivausschluss Athleten-Sprecher Maximilian Klein hat die Forderung bekräftigt, russische Sportlerinnen und Sportler wegen des Angriffskriegs in der Ukraine weiterhin von Wettkämpfen auszuschließen. Die Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees für eine Wiederzulassung von Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus auf der internationalen Sportbühne unter Auflagen sei vor allem deshalb falsch, weil sie und der Sport dennoch "von Putins Kriegspropaganda instrumentalisiert" würden, meinte der Sprecher des Vereins Athleten Deutschland im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF. "Deshalb geht im Moment nur der Kollektivausschluss", sagte Klein. Sonst habe man die Situation, "dass man die Russen zurück in den Weltsport begleitet, sie hofiert, ihnen die Türen öffnet - und in der Konsequenz werden den Ukrainern die Türen verschlossen". Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen
/newsticker/liveblog-ukraine-sonntag-295.html
2023-04-23
Berliner SPD stimmt für Koalition mit CDU
Mitgliedervotum
Die Mitglieder der Berliner SPD haben mit knapper Mehrheit den Koalitionsvertrag mit der CDU gebilligt. Damit dürfte Kai Wegner neuer Regierender Bürgermeister werden. Die Zustimmung des CDU-Parteitages gilt als Formsache. mehr
Die Mitglieder der Berliner SPD haben mit knapper Mehrheit den Koalitionsvertrag mit der CDU gebilligt. Damit dürfte Kai Wegner neuer Regierender Bürgermeister werden. Die Zustimmung des CDU-Parteitages gilt als Formsache. Einer schwarz-roten Regierungskoalition in Berlin steht fast nichts mehr im Weg. Bei dem SPD-Mitgliedervotum sprach sich eine knappe Mehrheit für den zuvor ausgehandelten Koalitionsvertrag aus. Nach Angaben der SPD-Landesvorsitzenden Franziska Giffey stimmten 54,3 Prozent dafür. Die scheidende Regierende Bürgermeisterin zeigte sich "sehr, sehr froh" über das Resultat. "Wir haben ein klares Ergebnis, eine klare Mehrheit", sagte sie vor Journalistinnen und Journalisten. Ähnlich äußerte sich Raed Saleh, der die Berliner SPD zusammen mit Giffey führt. "Das klare Ergebnis ist gut", sagte er. Gibt es beim CDU-Parteitag am Montag ebenfalls eine Mehrheit, ist der Weg frei für eine große Koalition in der Hauptstadt. Der CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner könnte dann schon am Donnerstag zum ersten Regierenden Bürgermeister seiner Partei seit 22 Jahren gewählt werden. Kritik vor allem beim Parteinachwuchs Die SPD-Parteimitglieder hatten seit Anfang April die Möglichkeit, per Brief über das schwarz-rote Bündnis abzustimmen. Mehr als 12.000 der 18.566 stimmberechtigten Mitglieder nahmen an der Abstimmung teil. Innerhalb der Partei gab es gegen die Zusammenarbeit mit der CDU viele Vorbehalte. Vor allem der Parteinachwuchs, aber auch mehrere Kreisverbände, hatten sich deutlich gegen den ausverhandelten Koalitionsvertrag ausgesprochen. Es hätte auch die Möglichkeit bestanden, das bisherige Dreierbündnis mit Grünen und Linken fortzusetzen, das in der Hauptstadt seit 2016 regiert. Die drei Parteien hatten bei der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl im Februar zusammen erneut eine Mehrheit erhalten. Allerdings lag die CDU mit rund zehn Prozent Vorsprung vor der SPD, die wiederum die Grünen nur denkbar knapp hinter sich gelassen hatte. Der SPD-Landesvorstand entschied sich für Koalitionsverhandlungen mit der CDU. Nicht zuletzt Giffey machte sich dafür stark und war bereit, dafür ihr bisheriges Amt aufzugeben.
/inland/innenpolitik/berliner-spd-fuer-koalition-cdu-103.html
2023-04-23
"Mit Ayahuasca reinigen wir unsere Seele"
Brasilien
Nirgendwo ist die psychoaktive Substanz Ayahuasca so verbreitet wie in Brasilien. Indigene nutzen sie seit Generationen für Rituale. Forscher setzen darauf als alternatives Antidepressivum - und als Mittel gegen Drogensucht. Von Matthias Ebert.
Nirgendwo ist die psychoaktive Substanz Ayahuasca so verbreitet wie in Brasilien. Indigene nutzen sie seit Generationen für Rituale. Forscher setzen darauf als alternatives Antidepressivum - und als Mittel gegen Drogensucht.   Monoton und kehlig presst Häuptling Iba Huni Kuin uralte Verse durch seine Lippen. Sein gesungenenes Gebet durchdringt den vom Mond beschienenen Urwald. Erst wiederholt er die Verse, dann kommen neue hinzu, und sein Gesang scheint mit dem Zirpen der Grillen zu verschwimmen.  Iba Huni Kuin leitet eine Ayahuasca-Zeremonie in Acre, im äußersten Westen Brasiliens, wo die nächste Landstraße viele Bootsstunden entfernt ist. Um ihn herum sitzen der Schamane seines Dorfes, Frauen, einige Kinder und Paulo und Daniel, zwei Touristen aus Sao Paulo. Einige starren auf Punkte im Urwald, andere sitzen am Feuer und wippen mit dem Kopf hin und her. "Mit Ayahuasca reinigen wir unsere Seele und lernen, was wir als Menschen geistig und seelisch erreichen wollen", erklärt Häuptling Iba mit ernster Miene.  Die "Liane der Geister" Ayahuasca heißt übersetzt "Liane der Geister". Sie wächst im Dorf des Huni-Kuin-Stammes gleich neben dem Fluss. Häuptling Iba spürt, dass die Nachfrage nach Ayahuasca-Zeremonien steigt. Ausländer und Brasilianer kommen immer öfter nach Acre, um bei Indigenen spirituelle Erfahrungen zu machen.   Einige tausend Kilometer weiter westlich erforscht Neurologe Draulio Araujo von der Nationalen Universität Rio Grande do Norte die psychoaktive Substanz. Anfangs, 2008, begann er, die Hirnaktivität von Ayahuasca-Konsumenten während des Rauschs zu untersuchen. Mit Hilfe der Magnetresonanztomografie fand er heraus, dass dabei im Hirn verschiedene Regionen besonders aktiviert werden - unter anderem das visuelle Zentrum, sodass es beim Rausch zu visuellen Wahrnehmungen kommt wie beim intensiven Träumen. Außerdem habe die Analyse ergeben, dass im Gehirn die Selbsteinsicht in die eigene Psyche stimuliert werde und man in der Lage sei, Gewohnheiten zu erkennen und zu hinterfragen. "Wir sehen Ayahuasca als ein mögliches Medikament, um Drogenabhängigkeit - also den intensiven Konsum von Kokain, Tabak, Alkohol oder Crack - zu überwinden“, erklärt Araujo.   Ein Mittel gegen Drogensucht? Beispiele dafür gibt es unweit des Zuckerhuts in Rio de Janeiro. In der Ayahuasca-Kirche Santo Daime gibt es viele Mitglieder, die davon berichten, wie sie Suchterkrankungen besiegt haben. Emerson Agulha sagt, er sei früher Kettenraucher gewesen, habe jede Menge Alkohol getrunken und regelmäßig Kokain konsumiert. Seit ein paar Jahren jedoch sei er clean, seit er Mitglied bei Santo Daime ist: "Meine Familie sagt, ich sei jetzt ein besserer Mensch und weniger aggressiv." Bei Santo Daime ist die berauschende Ayahuasca-Pflanze Mittelpunkt religiöser Zeremonien, die mehrmals im Monat stattfinden. Aus kleinen Nischen mit grünen Fensterläden schenken die Kirchenobersten den braunen Ayahuasca-Sud an die Gläubigen aus. Das Ganze ist legal, seit Brasiliens Regierung in den 1970er-Jahren Ayahuasca für religiöse Zwecke zugelassen hat.  Per Ritual in den Rausch Das Gebräu besteht aus dem psychoaktiven Wirkstoff DMT der Ayahuasca-Liane und einem Blatt einer kaffeeartigen Pflanze. Beides stundenlang aufgekocht versetzt Konsumenten in einen Rausch. Beim Santo-Daime-Gottesdienst ist Ayahuasca das heilige Sakrament - in einem Ritual, das katholischen Glauben mit afrobrasilianischer Spiritualität und Naturreligion vermischt.  Stundenlange Zeremonie Dabei stehen Frauen und Männer streng getrennt auf verschiedenen Seiten der Kirche. Mehr als zehn Stunden lang singen sie Verse, die der Kirchengründer einst aufgeschrieben hat. Mal huldigen sie dabei Jesus Christus, mal der Natur und ihrer Vollkommenheit. Einige wirken glückselig, andere wie benommen. Sie nennen es Arbeit an und mit der eigenen Psyche: "Wir trinken eine Substanz mit unglaublichen Kräften und lobpreisen die Erde bei diesem Fest für uns und alles Leben auf dem Planeten", erklärt Gabriel Holliver während des Rituals.  Gegenstand von Studien Für Wissenschaftler Draulio Araujo ist die Beliebtheit des Ayahuasca-Kults keine Überraschung. Seine jüngsten Studien belegen, dass die Substanz bei Depressionen helfen könne. "Unsere Probanden haben angegeben, schon nach 24 Stunden eine Verbesserung ihres Zustands zu empfinden. Daher sehen wir Ayahuasca als ein mögliches, alternatives Medikament bei psychischen Erkrankungen wie Depression, Ängsten oder posttraumatischen Belastungsstörungen."   Abhängig mache der Ayahuasca-Wirkstoff nicht, erklärt Araujo. Und: Für eine Überdosis müsse man 30 Liter auf einmal trinken - "das schafft man noch nicht mal mit Wasser". Womit Touristen zu kämpfen haben Dennoch gibt es immer wieder Berichte über Horrortrips und negative Erlebnisse auf Ayahuasca. Bei den Huni Kuin jedoch sei so etwas noch nicht vorgekommen, behauptet Häuptling Iba.   Lediglich eine Nebenwirkung sorge manche Touristen, die herkommen: Viele müssten sich während des Rauschs übergeben. Das sei normal, sagt Iba, als Teil der "Reinigung", bei der man seine eigenen Gedanken hinterfrage und sich selbst und seine Gefühle anders wahrnehme.  Das Weltbild des Huni-Kuin-Stammes Am Tag nach der Zeremonie steht Häuptling Iba in einem Haus mit Strohdach und singt nochmal die Verse des Rituals. Sein Sohn Bina malt währenddessen ihre Bedeutung auf eine Leinwand: Schlangen, Flüsse Bäume, Naturgötter. Am Ende entsteht ein buntes Bild des Urwalds. "Dies ist unser überliefertes Weltbild. Die Verse sind älter als mein Großvater und stammen aus den Urzeiten unseres Planeten. Sie stehen für unsere kulturellen Wurzeln und unsere indigene Pädagogik."  Museen zeigen Interesse Ibas und Binas Bilder hängen seit wenigen Jahren auch in Museen in München, Chile und Sao Paulo. Manche sind mehrere Meter hoch. Immer öfter bekommen die Huni Kuin Anfragen, ihre Ayahuasca-Gemälde auszustellen. Sie erleben derzeit eine enorme Aufwertung ihrer Kunst und Kultur.   Die Erlöse der Ausstellungen und Verkäufe von Bildern will Iba in die Amazonasaufforstung stecken: "Ich will mit den Einnahmen abgeholztes Land in dieser Gegend kaufen und Bäume pflanzen. Ich weiß, wie das geht und will damit einen Beitrag leisten."   Vom Boom der psychoaktiven Substanz Ayahuasca profitieren demnach mittlerweile auch die Indigenen. Forscher hoffen auf die Zulassung als Medikament bei Depressionen. Und die Santo-Daime-Kirche will expandieren. In Deutschland gebe es bereits einen Ableger.    Diese und weitere Reportagen sehen Sie im Weltspiegel - am Sonntag um 18.30 Uhr im Ersten.
/ausland/amerika/brasilien-ayahuasca-101.html
2023-04-23
Giffeys Wette auf Schwarz, damit Rot gewinnt
Große Koalition in Berlin
Mit knappem Vorsprung setzt sich bei der Berliner SPD das Lager um Parteichefin Giffey durch: Die Sozialdemokraten wollen mit der CDU koalieren. Dahinter steckt ein riskantes Kalkül. Von Sebastian Schöbel.
Mit knappem Vorsprung setzt sich bei der SPD das Lager um Parteichefin Giffey durch: Die Sozialdemokraten koalieren mit der CDU. Dahinter steckt ein riskantes Kalkül. Gleich mit dem ersten Satz schien Franziska Giffey alle Zweifel hinwegfegen zu wollen. "Wir haben ein klares Ergebnis", sagte die SPD-Chefin, und ließ dabei extra kleine Pausen zur Betonung jedes Satzteils. "Wir reden hier nicht über 53 Stimmen Unterschied", sagte Giffey in Anspielung auf den knappen Vorsprung der SPD auf die Grünen bei der Wiederholungswahl. "Es ist ganz eindeutig." Denn nur so wollte die scheidende Regierende Bürgermeisterin von Berlin dieses Mitgliedervotum verstanden wissen: Als Bestätigung ihrer Entscheidung für eine Koalition mit der CDU. Die Ansage war so unmissverständlich, dass sofort klar wurde: Das konnte nicht die ganze Wahrheit sein. Denn dass nun 54,3 Prozent derjenigen, die gültige Stimmen abgegeben haben, Ja zur schwarz-roten Koalition sagen, ist keineswegs der deutliche Erfolg, den sich Giffey und ihr Co-Landeschef Raed Saleh gewünscht hatten. Zwar rechnete Saleh noch vor, dass der Unterschied zwischen dem Ja- und dem Nein-Lager bei 1.000 Stimmen liegt, "das ist einmal komplett die Genossinnen und Genossen aus meinem Heimatbezirk Spandau". Wer wollte, konnte aber auch anders rechnen: 1.000 Stimmen sind nicht einmal die Hälfte der SPD-Mitglieder in Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf oder Steglitz Zehlendorf. SPD bleibt tief gespalten Nach wochenlangen Diskussionen, teils hitzigen Debatten und einer breiten Kampagne gegen Giffeys Koalitionspläne, ist die Hauptstadt-SPD weiter tief gespalten. Fast 46 Prozent haben gegen Schwarz-Rot gestimmt. Wäre es eine Wahl zum Parteivorstand gewesen, müsste man wohl von einem Misstrauensvotum sprechen. Das knappe Ergebnis stellt die Parteispitze nun vor eine große Herausforderung: zu beweisen, dass die SPD sich von ihrer jüngsten Wahlschlappe erholen kann, indem sie der CDU ins Rote Rathaus verhilft. Welche Erzählung man dafür bereithält, demonstrierte dann auch gleich Fraktionschef Raed Saleh. Es sei ein Triumph sozialdemokratischer Basisdemokratie gewesen, jubelte der Spandauer SPD-Politiker. Die interne Debatte sei kontrovers, aber fair abgelaufen. "Was meine SPD ausmacht, ist auch, dass sie in der Sache hart ringen kann." Den Kritikern in den eigenen Reihen versicherte Saleh: Das Ganze sei "keine Liebesheirat", aber "vernünftig". Man habe schließlich der CDU sehr viele sozialdemokratische Ziele in den Koalitionsvertrag hineindiktiert. Wem das nicht reicht, dem bot Saleh noch das Machtkalkül als Argument an. Die CDU sei nämlich auch mit den Grünen "sehr, sehr weit" gewesen, deswegen habe man den Vorschlag für Schwarz-Rot "letztendlich auch für die Partei gemacht". In drei Jahren droht Schwarz-Grün Die SPD blickt also längst auf die nächste Wahl und weiß: Ohne zählbare Erfolge droht ihr der Gang in die Opposition, wenn CDU und Grüne tatsächlich eine Koalition schmieden sollten. Die Bereitschaft dazu hatten beide Parteien in den Sondierungen bereits erkennen lassen. Die SPD setzt das unter Druck: Effektiv bleiben ihr zweieinhalb Jahre, um sich neben der CDU als progressive Kraft links der Mitte zu profilieren. Von den Ressorts, die voraussichtlich von der SPD übernommen werden, bietet aber wohl nur die Wirtschaft Möglichkeiten zu glänzen. Überall sonst warten vor allem große Herausforderungen. Die Sozialverwaltung wird weiterhin mit der Unterbringung tausender Flüchtlinge zu kämpfen haben, ein schier endloses und undankbares Ringen um Unterbringungsmöglichkeiten und Wege der Integration. In der Gesundheitspolitik warten nach überstandener Pandemie wieder die dornigen Probleme der Gesundheitsversorgung, von überlasteten Krankenhäusern bis zu fehlenden Fachkräften in der Pflege. Am schwierigsten dürfte jedoch die Stadtentwicklung werden: Durch die Energie- und Preiskrise drohen Jahre der Stagnation im Baugewerbe. Experten fürchten längst, dass die Neubauzahlen einbrechen werden – denkbar schlechte Bedingungen für einen Senat, der neue Wohnungen liefern will. Allein die brummende Berliner Wirtschaft verspricht positive Schlagzeilen bis 2026 – wohl auch ein Grund, warum zuletzt Franziska Giffey als neue Wirtschaftssenatorin im Gespräch war. Die Parteichefin hat (fast) ihre Lieblingskoalition Giffey selbst denkt derweil offenbar schon sehr viel weiter als bis 2026. "Das ist eine politische Richtungsentscheidung, die weit über das hinausgeht, was die nächsten drei Jahre betrifft." Vielmehr gehe es darum, wie sich die SPD "fürs nächste Jahrzehnt aufstellt". Auf Nachfrage beeilte sich die scheidende Regierende Bürgermeisterin, klarzustellen, dass sie ihre Partei damit nicht langfristig an die CDU binden wolle. Man habe vielmehr Schaden von der Stadt abwenden wollen, weil ein Nein der SPD zu Wochen oder Monaten der Unklarheit geführt hätte. "Das hätte auch der SPD geschadet, und das hätte länger gewirkt als drei Jahre." In ihrer Partei dürfte Giffey mit dieser Aussage dennoch Spekulationen anheizen, dass sie nun endlich die Koalition bekommt, die sie immer wollte – wenn auch in der aus ihrer Sicht falschen Reihenfolge. Wie weit ihr die SPD auf diesem Weg folgt, werden die nächsten drei Jahre zeigen. In jedem Fall stehen Giffey, Saleh und die SPD-Spitzen in Berlin nun unter Druck: Sie müssen vor allem für ihre eigene Partei Erfolge liefern. Diesen Druck wird wohl auch die CDU zu spüren bekommen.
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2023-04-23
Demo für Freilassung von "Problembärin"
Norditalien
Die Erleichterung war groß in Norditalien, als die Bärin gefangen wurde, die einen Jogger getötet hatte. Seitdem ist eine heftige Debatte entbrannt, was mit dem Tier passieren soll. Hunderte Demonstranten forderten nun die Freilassung. mehr
Die Erleichterung war groß in Norditalien, als die Bärin gefangen wurde, die einen Jogger getötet hatte. Seitdem ist eine heftige Debatte entbrannt, was mit dem Tier passieren soll. Hunderte Demonstranten forderten nun die Freilassung. Nach dem Fang von "Problembärin" JJ4 in Norditalien haben vor dem Wildgehege Hunderte Menschen für die Freilassung des Bärenweibchens demonstriert. Bereits am frühen Sonntagnachmittag hatten sich rund 300 Demonstranten vor dem Tierschutzzentrum Casteller eingefunden, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Sie demonstrierten für die Freilassung von JJ4, die Anfang April einen Jogger attackiert und getötet hatte, und gegen die Trentiner Provinzregierung unter Maurizio Fugatti, der für die Tötung von aggressiven Bären plädiert. Verschiedene Tierschutzvereine sowie Privatpersonen, einige gar aus dem Ausland angereist, schlossen sich dem Protest an, hieß es weiter. Italien diskutiert über Umgang mit Bären Wie auf Videos und Fotos zu sehen war, nahmen die Menschen an einem Umzug bis an den Zaun des Geheges teil. Auf Plakaten und Spruchbändern forderten sie die vollständige Freilassung aller gefangen gehaltenen Bären. "Bären sind die Opfer der Provinzregierung" oder "Wer Mütter und Kinder trennt, ist ein Monster" war etwa auf Plakaten zu lesen. JJ4 wurde bei ihrem Fang von ihren drei Jungen getrennt. JJ4, die auch unter dem Namen Gaia bekannt und die Schwester des 2006 in Bayern getöteten "Problembären" Bruno ist, hatte Anfang April einen 26-jährigen Jogger im Trentino angegriffen und getötet. Fugatti ordnete daraufhin an, das Tier zu erlegen. Nach einer Klage von Tierschützern setzte ein Gericht den Abschussbefehl aus. Seit dem Fang Mitte April befindet sich die 17-jährige Bärin in dem abgesperrten Wildgehege. Neben JJ4 ist dort ein weiterer Bär, M49. Am 11. Mai ist vor Gericht eine Anhörung zu ihrem Schicksal geplant. In Italien hat sich indes eine hitzige und emotionale Debatte um das Zusammenleben von Bär und Mensch entbrannt.
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2023-04-23
Bundeswehr beginnt Evakuierungseinsatz im Sudan
Anhaltende Kämpfe
Die Bundeswehr hat damit begonnen, deutsche Staatsangehörige aus dem umkämpften Sudan zu evakuieren. In Khartum startete ein Militärtransporter der Luftwaffe. Ein erster Versuch war wegen der Sicherheitslage vor Ort gescheitert. mehr
Die Bundeswehr hat damit begonnen, deutsche Staatsangehörige aus dem umkämpften Sudan zu evakuieren. In Khartum startete ein Militärtransporter der Luftwaffe. Ein erster Versuch war wegen der Sicherheitslage vor Ort gescheitert. Die Bundeswehr hat erste Menschen aus der umkämpften sudanesischen Hauptstadt Khartum ausgeflogen. Nach dem Beginn des Rettungseinsatzes startete am Abend der erste Militärtransporter der Luftwaffe, wie der Nachrichtenagentur dpa mitgeteilt wurde. Am Nachmittag hatten das Bundesverteidigungsministerium und das Außenministerium via Twitter mitgeteilt, dass wegen der schweren Kämpfe in dem afrikanischen Land die Bundeswehr einen Evakuierungseinsatz für deutsche Staatsbürger gestartet hat. #Sudan: Gemeinsam koordinieren @BMVg_Bundeswehr und @AuswaertigesAmt eine laufende #Evakuierung​soperation der #Bundeswehr für die Deutschen vor Ort in Abstimmung mit unseren Partnern. 1/2 https://t.co/RjmiS9JuHA 300 Deutsche stehen auf Krisenliste Ziel des mit Deutschlands Partnern koordinierten Einsatzes sei es, "so viele deutsche Staatsangehörige wie möglich aus Khartum auszufliegen". Bundeswehr und Auswärtiges Amt hätten Voraussetzungen geschaffen, um mehr als 300 auf einer Krisenliste registrierte Deutsche auszufliegen und auch Bürger von Partnerstaaten zu berücksichtigen. Der Einsatz, an dem insgesamt mehr als 1000 Männer und Frauen der Bundeswehr beteiligt sind, wurde seit Tagen vorbereitet. Außenministerin Annalena Baerbock reist wegen der Lage im Sudan nicht zu einem Treffen mit ihren EU-Kollegen. Sie werde sich am Montag in Luxemburg von Botschafter Michael Clauß vertreten lassen, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Erster Evakuierungsversuch war gescheitert In der Hauptstadt Khartum hat sich die Versorgungslage seit dem Beginn der Kämpfe dramatisch entwickelt. Es fehlen Wasser und Lebensmittel, Stromabschaltungen behindern zunehmend die Kommunikation. Zuvor hatten bereits die USA und mehrere europäische Länder angekündigt, ihre Staatsangehörigen wegen der zunehmend angespannten Lage aus dem Sudan evakuieren zu wollen. Der Flughafen in der Hauptstadt Khartum steht seit Ausbruch der Gewalt im Zentrum der Kampfhandlungen. Internationale Diplomaten bemühten sich immer wieder um eine belastbare Feuerpause. Am Mittwoch war der Versuch einer diplomatischen Evakuierung mit Maschinen der Luftwaffe, aber ohne größeren Einsatz von Soldaten abgebrochen worden, weil die Sicherheitslage in Khartum als zu gefährlich eingeschätzt wurde. Strack-Zimmermann: Mandatierung soll später erfolgen Die Bundesregierung und andere westliche Staaten haben die militärisch geschützte Rettungsaktion seit Tagen vorbereitet. Die Bundeswehr verlegte dafür mehrere Hundert Fallschirmjäger mit Waffen und Material aus Deutschland nach Jordanien. Angesprochen auf einen möglichen Waffeneinsatz von Bundeswehrsoldaten vor Ort, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, im Bericht aus Berlin, eine notwendige Mandatierung des Einsatzes durch den Deutschen Bundestag werde im Nachhinein erfolgen. "Wenn Gefahr in Verzug ist, wenn es um das Leben von Menschen geht, können wir nicht erst hier zusammenkommen", so die FDP-Politikerin. Anhaltende Kämpfe rivalisierender Gruppen Die Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten sind vor gut einer Woche ausgebrochen. Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohner seit zwei gemeinsamen Militärcoups 2019 und 2021. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF).
/ausland/afrika/sudan-evakuierung-bundeswehr-101.html
2023-04-23
Der schwierige Kampf gegen Kinderarmut
Streit über Kindergrundsicherung
Jedes fünfte Kind in Deutschland ist von Armut betroffen. Familienministerin Paus fordert zusätzliche Milliarden für die Kindergrundsicherung. Aber gibt es auch einen Plan, wie das Geld eingesetzt werden soll? Von Kerstin Palzer.
Jedes fünfte Kind in Deutschland ist von Armut betroffen. Familienministerin Paus fordert zusätzliche Milliarden für die Kindergrundsicherung. Aber gibt es auch einen Plan, wie das Geld eingesetzt werden soll? Michaels Leben ging schwierig los. Als er zwei Jahre alt war, wurde er ins Heim gegeben. Heute ist er 19 Jahre und kennt die Probleme und Vorurteile, die man als Heimkind in Deutschland erlebt: "Ich weiß, dass wenn ich Schuhe anhatte, wo kein Logo drauf war, dass die anderen Kinder drüber geredet haben. Aber ich hab das nicht an mich rankommen lassen. Ich weiß aber, dass es da viele Kinder gibt, auch bei mir in dem Kinderheim früher, denen das nahegegangen ist, die die Betreuer gefragt habe, warum denn ich, warum kann ich nicht mehr haben …" Als "das Heimkind" auf TikTok erfolgreich Michael will kein Mitleid. Gerade macht er Abitur und will Jura studieren. Vor zwei Jahren startet er einen TikTok-Kanal, nennt sich dort "das Heimkind". Über eine halbe Million Follower hat er und verdient damit sogar Geld. Aber finanziell kam bald das böse Erwachen. Michael musste ein Viertel seines verdienten Geldes an das Jugendamt abgeben. Kostenheranziehung hieß das im Amtsdeutsch. Wenige Jahre zuvor waren es sogar 75 Prozent, die Jugendliche ans Jugendamt abgeben mussten, wenn sie beispielsweise eine Lehre machten und dadurch Geld verdient haben. Für Michael war dies das genau falsche staatliche Signal für Kinder und Jugendliche, die sich engagieren und versuchen, sich aus eigener Kraft eine eigene Existenz aufzubauen. Selten nur ein Geldproblem Seit Januar 2023 ist diese Abgabe endlich abgeschafft worden. Betroffene wie Michael sind erleichtert, fordern aber mehr gezielte Maßnahmen für Kinder aus benachteiligten Familien, insbesondere im Bereich Bildung. Das Thema Kinderarmut betrifft in Deutschland jedes fünfte Kind. Im Berliner Bezirk Lichtenberg ist es jedes Dritte. Und Kinderarmut ist selten nur ein Geldproblem. Nahezu immer geht es auch um fehlende Teilhabe: kein Sportverein, kein Musikunterricht, keine Nachhilfe. In der Grundschule am Wilhelmsberg in Berlin-Lichtenberg gibt es seit vier Monaten Gesundheitsfachkräfte, Schulkrankenschwestern sozusagen. Ein Pilotprojekt, dass es in Berlin nur hier gibt. Der Bezirk setzt auf Prävention und hofft, dass die Gesundheitsfachkräfte länger bleiben können, denn bisher ist das Geld lediglich bis Ende dieses Jahres bewilligt. Der große Vorteil dieser Maßnahme: Die Schulkrankenschwestern kümmern sich ganz konkret, und die Eltern müssen keine Formulare ausfüllen. Denn bisher ist es für sehr viele Familien unmöglich, sich durch die Formulare zu kämpfen. Der Kinderzuschlag für ärmere Familien zum Beispiel wird laut Bundesfamilienministerium nur zu 35 Prozent abgerufen. Ein Aufstiegsversprechen, das nicht mehr gilt Es gab in Deutschland mal das Aufstiegsversprechen: "Hier kann es jeder schaffen." Das gilt laut einer aktuellen Studie des ifo-Instituts, die diese Woche veröffentlicht wurde, aber kaum noch. Demnach ist die Bildung der Eltern der entscheidende Faktor dafür, ob ein Kind es auf das Gymnasium schafft. Studienleiter Ludger Wößmann fordert daher auch Maßnahmen, mit denen "wir als Gesellschaft die Kinder selbst in die Lage versetzen, später auf eigenen Beinen zu stehen". Sechs Handlungsempfehlungen für die Politik nennt der Experte dafür: eine kostenlose Kita für alle Kinder, eine längere gemeinsame Grundschulzeit, finanzielle Zuschläge für Lehrkräfte an "schwierigen" Schulen und kostenlose und frühe Nachhilfe gehören dazu. Eltern sollten zudem gestärkt und unterstützt werden und Mentoren-Programme für benachteiligte Kinder durch Studierende entstehen. Der familienpolitische Sprecher der FDP, Matthias Seestern-Pauly, bemängelt in der jetzigen Diskussion um die Kindergrundsicherung vor allem die Bürokratie für Familien in schwierigen Situationen. "Das Problem ist, dass die überwiegende Zahl der anspruchsberechtigten Kinder die Leistungen nicht erhalten, weil es zu kompliziert ist, wie viel zu viele Ämter involviert sind." "Ein Geschacher um Milliarden" Selbst die Linksfraktion, die sich ansonsten für mehr Geld in die Sozialsysteme einsetzt, kritisiert scharf, dass die Familienministerin die von ihr geforderten zwölf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung nur schätzt und keinen inhaltlichen Plan zu haben scheint. Fraktionschef Dietmar Bartsch glaubt nicht mehr daran, dass die Kindergrundsicherung in dieser Legislaturperiode noch kommen wird. "Ich glaube keine Sekunde, dass eine wirkliche Kindergrundsicherung - wie auch Frau Paus das vor Jahren wollte - noch realistisch ist. Das ist jetzt ein Geschacher um Milliarden und nicht der Anspruch, den dieses große reformpolitische Projekt haben sollte." Wenn man Michael, das Heimkind und den erfolgreichen TikToker, fragt, welche Hilfe bei ärmeren Kindern wirklich ankommt, ist die Antwort deutlich: "Man müsste in die Schule investieren, in eine Institution, wo der Staat auch wirklich kontrollieren kann, was mit dem Geld passiert, das ich abgebe. Was in einer Familie, wo den Eltern das Geld einfach nur ausgezahlt wird, nicht der Fall ist." Daher müsse in den Schulen mehr gefördert werden und nicht einfach mehr Geld ausgezahlt werden, "was am Ende verbranntes Geld ist".
/inland/innenpolitik/kinderarmut-167.html
2023-04-23
In der Bibliothek der Düfte
Osmothek in Versailles
So etwas gibt es nur einmal auf der Welt und wohl nicht zufällig im französischen Versailles: In der Osmothek werden Tausende Parfums aufbewahrt. Sie zeugt von der Kreativität einer Branche. Von Stefanie Markert.
So etwas gibt es nur einmal auf der Welt und wohl nicht zufällig im französischen Versailles: In der Osmothek werden Tausende Parfums aufbewahrt. Sie zeugt von der Kreativität einer Branche. Nicht "Small Talks", sondern "Smell Talks" heißt der jüngste Podcast, den die Osmothek mitgestaltet. Ihren Sitz hat sie auf dem Campus der Hochschule für Parfum, Kosmetik und Lebensmittelaromen in Versailles, die jedes Jahr 100 Parfumeure - im Fachjargon "Nasen" genannt - ausbildet.   Aufbewahrung bei höchster Sicherheitsstufe In den Hochsicherheitstrakt der Osmothek dürfen nur wenige. Direktorin Anne-Cécil Pouant schließt auf und erklärt: "Hier sind wir im Herzen der Osmothek - im Keller, in dem 5000 Parfums bei zwölf Grad in Kühlschränken in getönten Glasflacons konserviert werden, darunter 850 nicht mehr erhältliche, und Tausende Ausgangsstoffe, die es uns erlauben, Parfums nach Originalformeln neu herzustellen."   Die Formeln bewahrt die Osmothek allerdings nicht im Keller, sondern in einem Banksafe auf. Geöffnet wird der nur nach strengstem Sicherheitsprotokoll - fast wie bei einem Atomkoffer. Das Parfum hat drei Feinde: Licht, Hitze und Sauerstoff. Deshalb wird jeder Duft in den Flacons mit Argongas versiegelt, denn das ist schwerer als Luft. Gründung vor 30 Jahren "Experten rund um Jean Kerléo haben in der Gesellschaft französischer Parfumeure vor über 30 Jahren daran gearbeitet, Parfums zu klassifizieren und eine Art Stammbaum für sie aufzustellen", sagt Direktorin Pouant. "Sie wollten sie vor ihren Nasen haben, die Geschichte der Parfumerie riechen. So entstand die Idee zur Osmothek." Ihr Begründer hat eine feine Nase und unterscheidet 2000 Düfte. Auch im Rentenalter hat Kerléo bei Workshops noch seinen Koffer aufgeklappt - mit Flacons voller Essenzen und Aromen. Was ein Parfum ist? "Für mich ist es ein Gefühl, das sich über einen Duft äußert", sagt der Gründer der Osmothek. "Er soll lange anhaften, das Leben verschönern und die Persönlichkeit vervollständigen wie eine neue Frisur. Ein Parfum soll wie ein Sonnenstrahl an einem trüben Tag und verführerisch sein." Der unterschätzte Sinn Kerléo hat Parfums wie das des Königs des Partherreichs im Iran aus dem 1. Jahrhundert nach Christus rekonstruiert. In den Annalen fanden sich die 27 Zutaten - Honig, Ebenholzöl, Wein, Gewürze, Myrrhe und Harz, aber keine Mengen. Sein Geruchssinn hat das Puzzle zusammengesetzt. Dieser Sinn wurde unterschätzt, so Kerléo - bis sein Verlust durch Covid ihm bewusst machte, wie wichtig er ist. "Die Nase: Man dachte immer, die braucht man nicht. Der Geschmack ist wichtig. Aber wir schmecken zu 90 Prozent über den Geruchssinn. Ohne ihn hat man auf nichts mehr Lust." Milliardenschwerer Wirtschaftsfaktor Das Goldene Zeitalter der Parfumerie aber, als Mitte des 20. Jahrhunderts gute Naturprodukte auf neue synthetische Moleküle stießen, ist für den Altmeister vorbei. "Die Industrie geht bei den teuersten und seltensten Stoffen kein Risiko ein, wenn sie ein neues Parfum erfolgreich auf den Markt bringen will", beklagt Kerléo. "Inhaltsstoffe, die schwer zu finden sind oder von ökologischer Seite kritisiert werden könnten, werden ersetzt. Wir sind also in einem anderen Stadium." Frankreichs Parfumindustrie ist ungeachtet dessen ein milliardenschwerer Wirtschaftsmotor. Sie hat ihre Exporte 2022 um 30 Prozent gesteigert, besonders auch nach Deutschland. Die Osmothek ist ein wichtiges Scharnier: Sie ist wie ein Bienenstock - jeden Tag fliegen neue Düfte herein, und die sind Zeugnis der Kreativität der Branche. Napoleons Geruch auf der Spur Die Bibliothek der Düfte gibt ihr Wissen weiter. Schon Mini-Nasen von Zweijährigen lernen schnuppern. Isabelle Chazot leitet den Wissenschaftsrat der Osmothek: "Wir veranstalten mehr als 100 Workshops im Jahr über die Geschichte der Beziehung zwischen Mensch und Parfum", erklärt sie. "Sie haben mit Düften zuerst ihre Götter geehrt, sich von Gestank befreit, Krankheiten geheilt - und dann wurde Parfum eine Waffe der Verführung. Heute ist es Teil des Wohlbefindens und Ausdruck der Eigenart jedes Einzelnen."  Im "Show Room" sehen die Gäste 500 Parfumflacons und eine Duftorgel. Sie erfahren, nach welchem Wässerchen Napoleon im Exil auf Sankt Helena roch oder wie das Parfum der "Königin von Ungarn" aus dem 14. Jahrhundert duftete, in dem zum ersten Mal mit Blumen und Rosmarin destillierter Alkohol verwendet wurde.  "Das ist die Osmothek. Sie konserviert auch Emotionen", sagt Chazot. "Die Düfte lösen in uns Gefühle aus, je nachdem, was wir erlebt haben. Parfums berühren die individuelle Erinnerung, aber auch das kollektive Gedächtnis einer ganzen Epoche." Die Parfumeure der Osmothek besuchen auch Altersheime und Gefängnisse. Der Duft der Jugendliebe? Der Duft der Freiheit? Alles im Flacon.
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2023-04-23
"Teuerster Tarifabschluss aller Zeiten"
Öffentlicher Dienst
Die Gewerkschaften sprechen von der größten Tarifsteigerung in der Nachkriegsgeschichte. Die Kommunen beklagen den teuersten Tarifabschluss aller Zeiten. Die Einigung im öffentlichen Dienst birgt nicht nur für Städte und Gemeinden Probleme. mehr
Die Gewerkschaften sprechen von der größten Tarifsteigerung in der Nachkriegsgeschichte. Die Kommunen beklagen den teuersten Tarifabschluss aller Zeiten. Die Einigung im öffentlichen Dienst birgt nicht nur für Städte und Gemeinden Probleme. Vertreter der Kommunen haben die Tarifeinigung im öffentlichen Dienst als hohe finanzielle Belastung ihrer Haushalte eingestuft. "Unterm Strich ist es für die Städte ein sehr teurer, aber gerade noch machbarer Kompromiss", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, der Nachrichtenagentur dpa. Es gebe aber nun Planungssicherheit bis Ende 2024. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, sprach zwar von einem "guten Kompromiss". Er fügte aber hinzu: "Mit rund 17 Milliarden Euro ist das der teuerste Tarifabschluss aller Zeiten. Dies trifft gerade die Kommunen, die ohnehin unter einer schwierigen Finanzlage leiden, hart." Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, hob hervor, dass der öffentliche Dienst seine Attraktivität als Arbeitgeber stärke und die Leistungen seiner Mitarbeiter anerkenne. "Allerdings haben die Gewerkschaften deutlich zu wenig im Blick, dass es den Kommunen gerade bei qualifizierten Fachkräften wie Ingenieuren, Ärzten und IT-Verantwortlichen immer schwerer gelingt, Personal zu halten und zu gewinnen." Die Einigung sorge für überproportionale Zuwächse bei unteren Lohngruppen. Sager sprach angesichts der zusätzlichen Personalkosten von einer "Hypothek, die wichtige Investitionen in anderen Zukunftsfeldern deutlich erschweren wird". Insgesamt geht die Präsidentin der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA), Karin Welge, von zusätzlichen Kosten für Städte und Gemeinden von 17 Milliarden Euro während der gesamten Laufzeit des neuen Tarifvertrags aus. Auch Welge sprach vom "teuersten Tarifabschluss aller Zeiten. Die kommunalen Arbeitgeber seien bis an die finanzielle Belastungsgrenze gegangen. Esken spricht von "starkem Signal" Bundesinnenministerin Nancy Faeser sprach von einem guten und fairen Tarifabschluss in schweren Zeiten. Mit Blick auf die Haushaltslage sei zugleich ein verantwortbarer Tarifabschluss erreicht worden. Werde der Abschluss auch auf die Beamten übertragen, lägen die Kosten für den Bund ihren Angaben zufolge bei insgesamt 4,95 Milliarden Euro. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken lobte die Einigung als "ein starkes Signal für die 2,5 Millionen Beschäftigten gerade in Zeiten von Inflation und hohen Energiepreisen". Insbesondere für die niedrigen Einkommen bringe die Einigung eine wesentliche Verbesserung, sagte sie den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Deutlich kritischer bewertete Die Linke den gefundenen Kompromiss. "Diese Tarifeinigung bedeutet trotz der Inflationsausgleichszahlung für viele Beschäftigte angesichts der Preisexplosion bei Lebensmitteln, steigender Mieten und hoher Energiepreise einen Reallohnverlust", sagte Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch den Zeitungen des RND. "Das überschreitet Schmerzgrenzen." Die Gewerkschaften halten die Einigung für vertretbar. Ver.di-Chef Frank Werneke sagte: "Das ist die größte Tarifsteigerung in der Nachkriegsgeschichte im öffentlichen Dienst." Das Ergebnis sei ein Kompromiss mit Stärken, "aber auch mit Dingen, die uns schwergefallen sind", so Werneke. Für untere Entgeltgruppen bringe der Tarifabschluss zum Ende der Laufzeit eine Steigerung von 16 Prozent, für andere "wichtige Mitgliedergruppen von über elf Prozent". Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes könnten mit dem Ergebnis leben, sagte Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach. Ab März 2024 werde es Einkommenserhöhungen von monatlich mindestens 340 Euro geben. Zuvor helfe die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie "erst mal über den Berg". Ökonomen warnen vor Folgen für Kommunen Ökonomen hoben unterschiedliche Aspekte der Tarifeinigung hervor. "Alles in allem fällt das Lohnplus für den öffentlichen Dienst verglichen mit der Privatwirtschaft nicht völlig aus dem Rahmen", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer der Nachrichtenagentur Reuters. Nach dem Kaufkraftverlust durch die hohe Inflation sei klar gewesen, dass die Löhne auch im öffentlichen Dienst deutlich steigen werden. "Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Kommunen einen Teil der gestiegenen Arbeitskosten durch höhere Gebühren an die Bürger weitergeben werden - ähnlich agieren die Unternehmen", fügte Krämer hinzu. BayernLB-Chefvolkswirt Jürgen Michels geht davon aus, dass der Tarifabschluss bei der Europäischen Zentralbank die Alarmglocken läuten lassen wird. Denn dieser "erhöht durchaus die Gefahr einer Preis-Lohn-Spirale und dürfte der EZB Kopfzerbrechen bereiten", sagte Michels. Auch wenn ein großer Teil der Einigung gestaffelte Einmalzahlungen und daher kein dauerhafter Lohnkostentreiber seien, dürften in der Folge Abgaben und Gebühren stärker steigen. Auf die Kommunen kommen nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) massive finanzielle Belastungen zu. Die geschätzten Mehrkosten von 17 Milliarden Euro werden laut DIW-Präsident Marcel Fratzscher "zu weiteren Einschränkungen der Daseinsfürsorge führen". Seit mehr als 20 Jahren sei fast jede dritte Kommune in Deutschland nicht in der Lage, die Daseinsfürsorge ausreichend zu gewährleisten. "Die Krise der Kommunen wird sich solange weiter verschärfen, bis die Politik eine dringend notwendige Reform des Bund-Länder-Finanzausgleichs und eine bessere finanzielle Ausstattung und eine Entschuldung der Kommunen umsetzt", sagte Fratzscher.
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2023-04-23
Weitere Länder evakuieren Staatsbürger
Kämpfe im Sudan
Nach einer Woche heftiger Kämpfe im Sudan hat US-Präsident Biden beschlossen, Botschaftspersonal zu evakuieren. Auch Frankreich und die Niederlande berichten von ersten Einsätzen, um Staatsbürger zurückzuholen. mehr
Nach einer Woche heftiger Kämpfe im Sudan hat US-Präsident Biden beschlossen, Botschaftspersonal zu evakuieren. Auch Frankreich und die Niederlande berichten von ersten Einsätzen, um Staatsbürger zurückzuholen. Die USA haben angesichts der schweren Kämpfe im Sudan ihre Regierungsmitarbeiter aus dem Land abgezogen und die US-Botschaft in der Hauptstadt Khartum geschlossen. Alle US-Diplomaten und ihre Angehörigen seien erfolgreich in Sicherheit gebracht worden, teilten das Weiße Haus und das US-Außenministerium mit. Laut einem Militärvertreter waren rund 100 Spezialkräfte des US-Militärs an der Evakuierungsaktion beteiligt. Sie seien weniger als eine Stunde vor Ort gewesen. Unter-Staatssekretär John Bass ergänzte, bei dem Einsatz seien weniger als 100 Menschen ausgeflogen worden, darunter auch mehrere Diplomaten anderer Staaten. Biden fordert Waffenstillstand US-Präsident Joe Biden rief die Parteien zu einem sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand auf. Er forderte sie außerdem auf, humanitäre Hilfe nicht zu behindern und den Willen des sudanesischen Volkes zu respektieren. Die Entscheidung, das amerikanische Personal zu evakuieren, fiel nach einer Woche heftiger Kämpfe zwischen rivalisierenden Militärfraktionen - den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) - mit Hunderten Toten und Tausenden Verwundeten. Seit Tagen hatte sich das US-Militär mit anderen westlichen Staaten auf die Evakuierung eigener Staatsbürger vorbereitet. Zusätzliche Streitkräfte wurden dafür in die Region verlegt. Europäische Rückholaktionen gestartet Neben den USA bemühen sich auch europäische Länder um die Evakuierung ihrer Bürger. Großbritannien meldete, dass britische Diplomaten und ihrer Familien erfolgreich in Sicherheit gebracht worden seien. Das teilte Premierminister Rishi Sunak auf Twitter mit. UK armed forces have completed a complex and rapid evacuation of British diplomats and their families from Sudan, amid a significant escalation in violence and threats to embassy staff. I pay tribute to the commitment of our diplomats and bravery of the military personnel who… https://t.co/EUfU7neG6I Er forderte die Konfliktparteien in dem afrikanischen Land zugleich zum Niederlegen der Waffen und zu einer sofortigen humanitären Waffenruhe auf, damit Zivilisten die Konfliktgebiete verlassen könnten. Italiener sollen ihre Botschaft aufsuchen Auch rund 140 Menschen mit italienischer Staatsangehörigkeit seien dazu aufgerufen worden, die weiterhin vollständig funktionsfähige Botschaft Italiens in Khartum aufzusuchen, um evakuiert zu werden, sagte Außenminister Antonio Tajani. Griechenland versetze laut Aussage des griechischen Außenministern Nikos Dendias Sondereinheiten seines Militärs und Flugzeuge nach Ägypten für einen Evakuierungseinsatz. Auch Frankreich und die Niederlande evakuieren Frankreich und die Niederlande berichteten von laufenden Rettungsmissionen. Die Niederlande schließen sich dafür nach Aussagen von Außenminister Wopke Hoekstra einer gemeinsamen Operation mehrerer Staaten an. "Die Niederlande beteiligen sich mit einem Team aus Jordanien. Sie werden alles tun, was sie können, um niederländische Bürger so schnell und sicher wie möglich dort herauszubringen", schrieb Hoekstra auf Twitter. Frankreich unternimmt ebenfalls Anstrengungen, um sein Botschaftspersonal aus dem Sudan zu holen. Es werde eine "Operation zur schnellen Evakuierung" des diplomatischen Personals und der französischen Staatsangehörigen durchgeführt, teilte das Verteidigungsministerium mit. Auch andere europäische Diplomaten würden aufgenommen, hieß es. Zuvor hatte Spanien Medienberichten zufolge insgesamt sechs Flugzeuge für die Evakuierung seiner Staatsbürger und Angehöriger anderer Nationen nach Dschibuti geschickt. Er is een operatie van verschillende landen bezig om landgenoten te evacueren uit Sudan. Ook Nederland doet hieraan mee met een team van @MinBZ en @Defensie in Jordanië. Zij gaan hun uiterste best doen om Nederlanders zo snel en veilig mogelijk op te halen. 1/2 https://t.co/6Y9ggV0PSX Berliner Krisenstab tagt Evakuierungen laufen weiter Auch andere Länder hatten gestern mit der Evakuierung eigener Staatsbürger und anderer Ausländer begonnen. Saudi-Arabien teilte mit, man habe 157 Saudis und Menschen anderer Nationalitäten außer Landes gebracht. Fernsehbilder zeigten Aufnahmen von Personen auf einem Kriegsschiff. Welche Staatsangehörigkeit sie haben, ist bisher nicht bekannt. Kuwait erklärte, einige seiner Bürger seien in Dschidda in Saudi-Arabien angekommen. Jordanien teilte mit, es habe mit der Evakuierung von 300 Menschen begonnen. Ein ausländischer Diplomat sagte, einige Mitarbeiter der Botschaften hofften, in den kommenden Tagen per Flugzeug außer Landes gebracht zu werden. Hunderte Tote durch Kämpfe Durch die Kämpfe zwischen dem sudanesischen Militär und der einflussreichen paramilitärischen Gruppe RSF sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation bisher mehr als 400 Menschen getötet worden. Die Konfliktparteien hatten am Freitag mitgeteilt, dass sie sich auf eine Waffenruhe geeinigt hätten. Dennoch waren erneut Explosionen und Schüsse zu hören.  Auslöser der Kämpfe war laut Beobachtern ein Streit über Details der Eingliederung der RSF in das Militär als Teil des Übergangs zu einer zivilen Regierung im Sudan. Das Militär hatte im Oktober 2021 geputscht und regiert seitdem das Land, das zu den ärmsten der Erde gehört.
/ausland/afrika/sudan-evakuierung-113.html
2023-04-23
Der Kampf um den Tarifvertrag
Tarifrunde 2023
Der Ausgleich der hohen Inflationsraten ist ein zentrales Thema in den Tarifverhandlungen dieses Jahres. Die Gewerkschaften fordern teils zweistellige Lohnerhöhungen. Ihre Ziele und die Tarifabschlüsse 2023 im Überblick. mehr
Der Ausgleich der hohen Inflationsraten ist ein zentrales Thema in den aktuellen Tarifverhandlungen. Die Gewerkschaften fordern teils zweistellige Lohnerhöhungen. Ihre Ziele und die Tarifabschlüsse 2023 im Überblick. Die Verbraucherpreise sind 2022 so stark gestiegen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Auch für 2023 werden hohe Inflationsraten erwartet - aber auch ein mögliches Abrutschten der deutschen Wirtschaft in eine Rezession. Die Folgen des anhaltenden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sorgen für große Unsicherheit - etwa bei der Frage nach der weiteren Entwicklung der Energiepreise und der Versorgungssicherheit. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen stehen in den Tarifrunden 2023 schwierige Verhandlungen bevor. Die Gewerkschaften pochen auf hohe Lohnsteigerungen, um die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten zu kompensieren. Die Arbeitgeber wollen vielfach stärker auf Einmalzahlungen setzen und verweisen dabei auch auf die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale. Tarifstreit ist daher programmiert. Arbeitskämpfe gelten als wahrscheinlich, da die Positionen teilweise sehr weit auseinander liegen. Einen Überblick über die großen Tarifrunden des Jahres 2023 finden Sie hier: Tarifrunden des Jahres 2023BrancheLohnforderung (Gewerkschaft)TarifabschlussLaufzeit (Monate)Öffentlicher Dienst (Bund/Kommunen)10,5% (ver.di)Einmalzahlungen (3000 Euro - schrittweise 2023/2024), Erhöhung um 200 Euro für alle Entgeltgruppen (2024), 5,5% (2024)24Deutsche Post15,0% (ver.di)Einmalzahlungen (3000 Euro - schrittweise 2023/2024), Erhöhung um 340 Euro für alle Gehaltsgruppen (2024)24Zeitarbeit7,7% (2023), 3,2% (2024)15Textil- und Bekleidungsindustrie8,0% (IG Metall)Einmalzahlungen (1000 Euro 2023, 500 Euro 2024), 4,8% (2023), 3,3% (2024)24Deutsche Bahn12,0% (EVG)Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitende Industrie10,5% (ver.di)Kfz-Gewerbe8,5% (ver.di)EinzelhandelStundenlöhne: plus 2,50 (ver.di)Groß- und Außenhandel13,0% (ver.di) *Quelle: WSI-Tarifarchiv; Anm. d. Red.: Die Tabelle zeigt in der Regel nur die prozentualen Lohnforderungen und Tarifabschlüsse.
/wirtschaft/konjunktur/tarifrunde-127.html
2023-04-23
Empörung über Äußerung von chinesischem Botschafter
Ex-Sowjetrepubliken
Die Länder der ehemaligen Sowjetunion hätten keinen völkerrechtlichen Status - das erklärte der chinesische Botschafter in Paris. Vertreter baltischer Staaten zeigen sich empört - und fühlen sich in ihrer Haltung gegenüber China bestätigt. mehr
Die Länder der ehemaligen Sowjetunion hätten keinen völkerrechtlichen Status - das erklärte der chinesische Botschafter in Paris. Vertreter baltischer Staaten zeigen sich empört - und fühlen sich in ihrer Haltung gegenüber China bestätigt. Vertreter der baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen haben mit Empörung auf Äußerungen des chinesischen Botschafters in Frankreich reagiert, wonach Ex-Sowjetrepubliken nicht notwendigerweise souverän seien.  Wegen der "völlig inakzeptablen" Bemerkungen habe er für Montag den Geschäftsträger der chinesischen Botschaft in Riga einbestellt, teilte Lettlands Außenminister Edgars Rinkevics auf Twitter mit. Dieser Schritt sei mit Litauen und Estland abgestimmt. Remarks by the Chinese Ambassador in France concerning international law and sovereignty of nations are completely unacceptable. We expect explanation from the Chinese side and complete retraction of this statement https://t.co/S937uXJGWJ "Wir erwarten von chinesischer Seite eine Erklärung und eine vollständige Rücknahme dieser Aussage", schrieb der Chefdiplomat des baltischen EU- und NATO-Landes. Botschafter zweifelt an Souveränität der Ex-Sowjetrepubliken In einem Interview im französischen Fernsehen hatte Chinas Botschafter in Paris, Lu Shaye, zuvor die Souveränität von Staaten infrage gestellt, die einst der Teil Sowjetunion waren. Auf die Frage, ob die Krim zur Ukraine gehöre, sagte der Diplomat, es hänge alles davon ab, wie man dieses Problem betrachte. Einer Intervention des Moderators, dass die von Russland seit 2014 besetzte Schwarzmeerhalbinsel völkerrechtlich ein Teil der Ukraine sei, entgegnete Shaye: "Im Völkerrecht haben selbst diese Länder der ehemaligen Sowjetunion keinen effektiven Status, weil es kein internationales Abkommen gibt, um ihren Status als souveränes Land zu konkretisieren." Paris bekundet Solidarität Das französische Außenministerium habe die Aussagen "mit Bestürzung" zur Kenntnis genommen, wie eine Sprecherin mitteilte. "Wir bekunden unsere volle Solidarität mit allen unseren betroffenen Verbündeten und Partnern, die nach jahrzehntelanger Unterdrückung die lang ersehnte Unabhängigkeit erlangt haben." China müsse nun klären, ob die Äußerung des Botschafters die chinesische Position darstelle. "Die Äußerungen des chinesischen Diplomaten sind unverständlich, und wir verurteilen solche Äußerungen gegenüber einem unabhängigen und souveränen Land", sagte Estlands Außenminister Margus Tsahkna. China ungeeignet als Vermittler im Krieg in der Ukraine Sein litauischer Amtskollege Gabrielius Landsbergis schrieb auf Twitter über einen Mitschnitt des Interviews: "Sollte sich immer noch jemand fragen, warum die baltischen Staaten China nicht vertrauen, 'Frieden in der Ukraine zu vermitteln', hier ist ein chinesischer Botschafter, der argumentiert, dass die Krim russisch ist und die Grenzen unserer Länder keine rechtliche Grundlage haben." If anyone is still wondering why the Baltic States don't trust China to "broker peace in Ukraine", here's a Chinese ambassador arguing that Crimea is Russian and our countries' borders have no legal basis. https://t.co/JaloJnSEx3 Estland, Lettland und Litauen waren im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Deutschland besetzt. Nach Kriegsende wurden die drei kleinen Ostseestaaten im Nordosten Europas gegen ihren Willen jahrzehntelang zu Sowjetrepubliken. Erst 1991 erhielten sie ihre Unabhängigkeit zurück, seit 2004 gehören sie EU und NATO an.
/ausland/europa/lettland-litauen-estland-china-101.html
2023-04-23
Wenn der Tod zum Wirtschaftsfaktor wird
Kostenkalkulation in der Klinik
Rund die Hälfte aller Menschen verbringen ihr Lebensende in einer Klinik - obwohl die meisten am liebsten zu Hause sterben wollen. Finanzielle Aspekte spielten immer häufiger eine Rolle, beklagen auch Mediziner. Von Antje Büll.
Rund die Hälfte aller Menschen verbringen ihr Lebensende in einer Klinik - obwohl die meisten am liebsten zu Hause sterben wollen. Finanzielle Aspekte spielten immer häufiger eine Rolle, beklagen auch Mediziner. Ingrid L. liegt nach einem Herzstillstand seit drei Monaten beatmet im Koma. Ihr Ehemann kämpft verzweifelt darum, dass ihre Patientenverfügung von den Ärzten befolgt wird und sie friedlich sterben darf. "Es ist ein Grauen! So monatelang an den Maschinen zu liegen, das hat sie nie gewollt", sagt er. Die moderne Medizin macht es möglich, Menschen immer länger künstlich am Leben zu erhalten. Und gerade auf Intensivstationen können Kliniken mit der Behandlung Schwerstkranker viel Geld verdienen. Dass wirtschaftliche Aspekte statt der medizinischen im Vordergrund stehen, hält Intensivmediziner Uwe Janssens für eine Fehlentwicklung und fordert politische Initiativen. "In den letzten 20 Jahren hat die Politik zugelassen, dass sich die Medizin mehr und mehr der Ökonomie verpflichtet." Sterbeprozess findet im Krankenhaus statt Medizinisch ist immer mehr machbar, und der Tod am Lebensende kann inzwischen lange hinausgezögert werden. Deshalb liegt es mehr und mehr in den Händen der Ärzte, wann das Leben aufhört und wann es noch weitergeht. Bei der Entscheidung am Lebensende spielen nicht nur gesundheitliche Aspekte eine Rolle, sondern auch ethische und vor allem finanzielle. Rund die Hälfte aller Menschen verbringen ihr Lebensende in einer Klinik. Obwohl die meisten am liebsten zu Hause sterben wollen, tun dies nur die wenigsten. Denn der Sterbeprozess findet in der Regel in einem Krankenhaus- oder Pflegebett statt. Wann das Therapieziel auf Sterbebegleitung umgestellt wird, liegt dann im Ermessen der Ärztinnen und Ärzte, denn eine Patientenverfügung haben laut dem Institut für Betreuungsrecht nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Für Behandelnde gibt es viel Interpretationsspielraum, der nicht selten in zu lange und aufwendige Behandlungen - eine Übertherapie - führt. Medizin und Ökonomie Durch die zunehmende Privatisierung der Krankenhäuser spielen finanzielle Anreize bei der Behandlung eine immer größere Rolle. Gerade mit Therapien am Lebensende - zum Beispiel mit künstlicher Beatmung - kann viel Geld verdient werden. Immer wieder gibt es den Verdacht, dass manche Behandlungen in erster Linie wirtschaftliche Ziele haben. Intensivmediziner Janssens, Sprecher der Sektion Ethik der Deutschen Gesellschaft für Intensivmedizin, kritisiert: "Wenn tatsächlich in einigen Gebieten der Medizin der Eindruck entsteht, dass wir uns einer Ökonomie verpflichtet fühlen, dann nimmt die Medizin einen ganz schlechten Weg. Und das hat die Medizin in den letzten 20 Jahren tatsächlich gemacht." Überbehandlung vermeiden Janssens fordert, dass Ethik-Kommissionen an allen Kliniken verpflichtend werden. Sie sollen regelmäßig über die Therapieziele bei Schwerkranken beraten: Ist die durchgeführte Behandlung vom Patienten noch gewünscht, soll sie fortgesetzt oder auf palliative Behandlung umgestellt werden? Überbehandlungen am Lebensende werden immer wieder kritisiert, doch sie sind juristisch schwer fassbar: "Es ist noch kein Arzt wegen Lebensverlängerung verurteilt worden", so die Münchner Medizinanwältin Tanja Unger. Lauterbach plant Krankenhausreform Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach möchte mit seiner Krankenhausreform unter anderem diese wirtschaftlichen Anreize bei Behandlungen bekämpfen. Denn das Problem der Überbehandlung ist der Politik seit langem bekannt: "Die Krankenhäuser sind zum Teil auf diese Art der Behandlungen angewiesen, um damit Defizite auszugleichen, die ansonsten dazu führen würden, dass man in anderen Bereichen nicht so gut behandeln könnte." Nach Lauterbachs Vorschlag sollen sich die Krankenhäuser in Zukunft nicht mehr ausschließlich über die Behandlungspauschalen finanzieren müssen. Patientenverfügungen sind für Behandelnde verpflichtend Doch fehlgeleitete Behandlung durch wirtschaftliche Anreize ist nicht das einzige Problem, das zu Überbehandlung am Lebensende führt. Oftmals spielt auch die Unsicherheit von Ärztinnen und Ärztinnen eine Rolle. Zwar sind seit 2009 die Patientenverfügungen für die Behandelnden verpflichtend, aber oftmals werden sie nicht befolgt, denn es gibt viel Interpretationsspielraum. Das hat auch Palliativmediziner Matthias Thöns schon häufig erfahren: "Dann wird einfach weiter therapiert, obwohl ein Patient das offenkundig nicht will. Es wird nicht nach den Therapiezielen gefragt. Also ist ein Therapieziel, was ein Mensch wünscht für diese Situation, ist das überhaupt noch erreichbar." Tabu-Thema Sterben Die Kontrolle der Ärzte und Ärztinnen ist schwierig und Überbehandlung nachzuweisen für Angehörige fast unmöglich. Durch den demographischen Wandel und den medizinischen Fortschritt wird das Problem weiter zunehmen. Anderseits ist das Sterben in unserer Gesellschaft ein Tabu-Thema. Deshalb haben nur wenige Menschen in einer Patientenverfügung ihren Willen zur Behandlung am Lebensende festgeschrieben. Therapieziele müssen nicht nur von Ärztinnen und Ärzten, sondern auch von Patientinnen und Patienten klarer definiert werden, da der natürliche Tod immer seltener geworden ist. Palliativmedizner Thöns: "Wenn ein Patient sagt: "Ich habe mehr Angst vor Schwerstpflegebedürftigkeit, dass ich noch 20 Jahre an die Decke gucke, ohne mich äußern zu können, dann bin ich lieber tot - dann muss man das akzeptieren."
/wissen/gesundheit/krankenhaus-sterben-palliativmedizin-tabu-thema-101.html
2023-04-22
Waffenruhe wird offenbar nicht eingehalten
Sudan
Die zum Ende des Ramadans angekündigte Waffenruhe im Sudan wird anscheinend nicht eingehalten. Das Bundesverteidigungsministerium trifft Vorbereitungen für einen neuen Versuch, deutsche Staatsbürger aus dem afrikanischen Land zu evakuieren. mehr
Die zum Ende des Ramadans angekündigte Waffenruhe im Sudan wird anscheinend nicht eingehalten. Das Bundesverteidigungsministerium trifft Vorbereitungen für einen neuen Versuch, deutsche Staatsbürger aus dem afrikanischen Land zu evakuieren. Auch eine Woche nach Ausbruch der Kämpfe zwischen den rivalisierenden Militärblöcken im Sudan ist keine Lösung für den Konflikt in Sicht. Trotz der Feierlichkeiten zum Ende des Ramadans ließen die Konfliktparteien auch am Freitag ihre Waffen nicht ruhen. Dabei hatten beide Seiten beteuert, eine Waffenruhe respektieren zu wollen. Augenzeugen berichteten laut der Nachrichtenagentur dpa von Explosionen und Schüssen in der Hauptstadt Khartum. Das amerikanische Außenministerium bestätigte den Tod eines US-Bürgers im Sudan. Aufgrund der angespannten Lage in dem Staat im Nordosten Afrikas hatte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am späten Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz auf der US-Airbase Ramstein bereits erklärt, dass man sich auf verschiedene Optionen zur Evakuierung vorbereite: "Wir haben einige Truppen in das Land entsandt, um sicherzustellen, dass wir so viele Optionen wie möglich haben, falls wir zum Handeln aufgefordert werden." Es gebe aber noch keine Entscheidung über eine mögliche Evakuierung von US-Diplomaten. Verteidigungsministerium will neuen Evakuierungsversuch starten Die Bundesregierung berät über Evakuierungsoptionen für deutsche Staatsbürger. "Die Lage ist absolut dramatisch und absolut unübersichtlich", sagte Außenministerin Annalena Baerbock nach einer Sitzung des Krisenstabes im Auswärtigen Amt. Die Zahl der Deutschen, die sich für eine gewünschte Evakuierung meldeten, wachse täglich und bewege sich derzeit in einem "unteren dreistelligen Bereich". Das Problem seien mittlerweile auch die Stromausfälle, so dass die zu Evakuierenden etwa ihre Handys nicht mehr aufladen und deshalb möglicherweise bald nicht mehr auf diesem Wege informiert werden könnten, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Man sei mit etlichen Regierungen in Kontakt. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa, die Bundeswehr treffe Vorbereitungen für einen neuen Anlauf zur Evakuierung deutscher Staatsbürger. Details zu Umfang, Personal und Material möglicher Evakuierungskräfte der Bundeswehr wurden nicht genannt. Am Mittwoch war der Versuch einer diplomatischen Evakuierung mit Maschinen der Luftwaffe, aber ohne größeren Einsatz von Soldaten, abgebrochen worden. Roter Halbmond berichtet von Plünderungen Zwei spanische Flugzeuge sollen Medienberichten zufolge Europäer und Lateinamerikaner aus dem Krisenland evakuieren. Einer der beiden Militärtransporter von Typ A400M sei bereits in Dschibuti am Horn von Afrika gelandet, berichteten spanische Medien. Eine dritte Maschine desselben Typs sei in Spanien in Bereitschaft. Jedes der Militärflugzeuge könne mehr als 100 Menschen transportieren. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht. Dschibuti liegt knapp 1200 Kilometer südöstlich von Khartum. Der sudanesische Rote Halbmond berichtet von Plünderung seiner Lagerhäuser in der Hauptstadt Khartum. Bewaffnete Angreifer hätten acht Geländewagen und einen Lastwagen gestohlen, teilte die Hilfsorganisation mit. Da die Fahrzeuge mit dem Emblem des Roten Halbmonds markiert seien, könnten sie für "kriminelle oder kommerzielle" Aktivitäten zweckentfremdet werden, hieß es. Bisher mehr als 410 Tote Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verloren seit Beginn der Kämpfe mindestens 413 Menschen ihr Leben, mehr als 3500 wurden verletzt. Augenzeugen berichteten auf Twitter auch am Freitagabend von Explosionen und Schüssen in der Hauptstadt Khartum. Im seit Jahren politisch instabilen Land im Nordosten Afrikas kämpft De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der Oberbefehlshaber der Armee ist, mit seinen Truppen gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen Rapid Support Forces (RSF), und dessen Einheiten um die Vorherrschaft. Die beiden Männer führten das gold- und ölreiche Land mit rund 46 Millionen Einwohnern seit einem gemeinsamen Militärcoup 2019 und einem weiteren 2021.
/ausland/afrika/sudan-usa-evakuierung-103.html
2023-04-22
Neue Runde in Tarifverhandlungen
Öffentlicher Dienst
Im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst treffen Gewerkschaften und Arbeitgeber heute erneut aufeinander. Grundlage dafür ist die Schlichtungsempfehlung. Sollte es zu keiner Einigung kommen, drohen neue Streiks. mehr
Im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst treffen Gewerkschaften und Arbeitgeber heute erneut aufeinander. Grundlage dafür ist die Schlichtungsempfehlung. Sollte es zu keiner Einigung kommen, drohen neue Streiks. Im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst kommen Gewerkschaften und Arbeitgeber nach zweiwöchiger Schlichtung heute Mittag wieder zu Gesprächen zusammen, um über den Schlichterspruch zu beraten. Ob ein Kompromiss erzielt werden kann, ist offen. Die Schlichter empfahlen ab Juni einen stufenweise ausgezahlten Inflationsausgleich von 3000 Euro. Ab März 2024 soll es dann einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend ein Lohnplus von 5,5 Prozent geben. Wird dabei keine Erhöhung um 340 Euro erreicht, soll der betreffende Erhöhungsbetrag auf diese Summe gesetzt werden. Vor Beginn der vierten Verhandlungsrunde in Potsdam warnte der Chef des Beamtenbundes dbb, Ulrich Silberbach, vor zu viel Optimismus. "Die Schlichtungsempfehlung ist eine Grundlage für weitere Verhandlungen. Sie ist aber noch lange nicht die Lösung. Wir haben auf jeden Fall noch Gesprächsbedarf", sagte Silberbach der Nachrichtenagentur dpa. "Durchaus ein Hoffnungszeichen" Dass die Schlichtungsempfehlung auch auf Arbeitgeberseite mit deutlicher Mehrheit angenommen worden ist, bewertet Silberbach positiv: "Darin kann man durchaus ein Hoffnungszeichen sehen. Wir erwarten in Potsdam also heute konstruktive und einigungsorientierte Gespräche", so der Chef des Beamtenbundes. Bliebe eine Einigung aus, stünde man allerdings vor "Urabstimmung und Arbeitskampf". Eine Urabstimmung ist ein Votum über die Durchführung eines Arbeitskampfes nach dem Scheitern einer Tarifverhandlung und dem Auslaufen der Friedenspflicht. Sollten dann mehr als 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder für Streik stimmen, könnte der Bundesvorstand einen Streik genehmigen. In den vergangenen Monaten hatten die Gewerkschaften den öffentlichen Verkehr, aber auch Kitas, Kliniken oder die Müllabfuhr bereits mit Warnstreiks in Teilen lahmgelegt. Ver.di-Chef Frank Werneke zeigte sich vor den kommenden Gesprächen zurückhaltend. "Wir stehen am Samstag vor der entscheidenden Runde im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Die Gewerkschaften gehen mit großer Ernsthaftigkeit in die Verhandlungen", sagte er. Mehr Lohn für Millionen Beschäftigte Seit Monaten ringen beide Seiten über das Einkommen von 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Ver.di und der Beamtenbund dbb hatten die dritte Verhandlungsrunde Ende März für gescheitert erklärt. Die Verhandlungsführerin des Bundes, Innenministerin Nancy Faeser, und die Verhandlungsführerin der Kommunen, Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge (beide SPD), waren damals mit Enttäuschung aus den Gesprächen gegangen. "Ich bedauere sehr, dass die Gewerkschaften jetzt die Verhandlungen abgebrochen haben", sagte Faeser damals. Die Arbeitgeber riefen daraufhin die Schlichtung an, mit der Hoffnung auf eine Lösung. Betroffen von den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sind Angehörige etlicher Berufe - unter anderem Frauen und Männer, die als Erzieher, Busfahrer, Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Kranken- und Altenpfleger, Verwaltungsangestellte, Klärwerksmitarbeiter, Förster und Ärzte arbeiten. Es geht um das Einkommen von mehr als 2,4 Millionen Tarifbeschäftigten der kommunalen Arbeitgeber und 134.000 des Bundes. Auf die Beamtinnen und Beamten soll das Ergebnis nach dem Willen der Gewerkschaften übertragen werden.
/wirtschaft/tarifstreit-oeffentlicher-dienst-109.html
2023-04-22
Mit der Seilrutsche den Zuckerhut hinab?
Streit in Rio de Janeiro
Mit 100 km/h den Zuckerhut hinab - das versprechen die Planer einer Seilrutsche, die an Rios geschütztem Wahrzeichen errichtet werden soll. Anwohner protestieren dagegen, viele Unterstützer haben sie aber nicht. Von A. Herrberg und I. Knippel.
Mit 100 km/h den Zuckerhut hinab - das versprechen die Planer einer Seilrutsche, die an Rios geschütztem Wahrzeichen errichtet werden soll. Anwohner protestieren dagegen, viele Unterstützer haben sie aber nicht. "Fora Tirolesa, Fora Tirolesa!" - "Weg mit der Seilrutsche", rufen die rund 200 Menschen, die sich am Fuße des Zuckerhuts versammelt haben - denn sie wollen nicht, dass der weltbekannte bucklige Hügel, Wahrzeichen von Rio de Janeiro und Teil einer Landschaft, die zum Welterbe zählt, verschandelt wird. Andre Ilha ist Bergsteiger und Anwohner - er ist empört: Sie wollen den Zuckerhut verunstalten. Sie wollen die einzigartige Natur mit einer Seilrutsche verschandeln. So wird ein Weltkulturerbe zu einem kommerziellen Vergnügungspark. Der Zuckerhut werde noch stärker besucht als sowieso schon. Es brauche keine Seilrutsche, man habe ja schon die Seilbahn. "Wir finden diese Idee furchtbar." Vier Seilrutschen sollen in die Tiefe führen Die Idee ist folgende: Unter der jetzigen Besucherplattform mit der Seilbahn soll noch eine weitere entstehen. Von dort sollen vier Seilrutschen aus ungefähr 400 Meter Höhe zum rund 150 Meter tieferen Nebengipfel gespannt werden. Rund 100 Wagenmutige könnten pro Stunde von einer Seite auf die andere sausen - bis zu 100 Kilometer pro Stunde schnell. Eine Katastrophe für das sensible Ökosystem und die Anwohner, fürchtet Maria Arlinda de Castro: "Wir haben ja schon die Gondeln. Diese Zipline und das Geschrei der Leute, das wird uns alle erschrecken. Das wird ein Chaos." Planer versprechen ein unvergleichliches Erlebnis Adrenalin pur mit atemberaubender Aussicht, so sieht das dagegen Designer Guto Indio da Costa. Er steht in einem kühlen Konferenzsaal nicht weit vom Zuckerhut vor seiner Power-Point-Präsentation und kommt beim Erzählen ins Schwärmen: "Die Konstruktion der Rutsche ist sehr innovativ: die vier Stahlseile sind sehr glatt, und man sieht sie aus der Ferne nicht." Sie würden keinen Lärm machen, verspricht da Costa. "Und die Aussicht aufs Meer, die zarte Brise, das Geräusch des Windes, die singenden Vögel - all das ist viel näher und macht die Fahrt zu einem unvergleichlichen Erlebnis." Erste Bohrungen fanden ohne Genehmigung statt Da Costa hält seinen Vortrag in den Büroräumen von Bondinho, dem Unternehmen, das den Park um den Zuckerhut betreibt. Auch deren Geschäftsführer Sandro Ferndandes verteidigt das umstrittene Projekt: "Wir haben ein Gutachten einholen lassen, das besagt, dass die Eingriffe in die Natur minimal sind. Der Fels wird nicht beschädigt. Das finde ich wichtig zu erwähnen." Doch die ersten Bohrungen - bereits Anfang März - fanden ohne entsprechende Genehmigung statt. Die lokale Behörde bekam Wind davon und stoppte die Bauarbeiten. Inzwischen haben sich Behörden und Betreiber aber geeinigt, und es geht weiter. "Wem nützt das alles?" Anwohnerin Claudio de Castro Barbosa ist fassungslos: "Der Berg ist denkmalgeschützt. Der Zuckerhut ist von der UNESCO ausgezeichnet worden. Der Fels ist so empfindlich. Wie kann man das jetzt zerstören wollen?" Das alles dürfe kein privater Vergnügungspark werden. Wem nütze das am Ende? Die Petition gegen das Bauvorhaben in der 6,7-Millionen-Einwohner-Stadt wurde nur von rund 15.000 Menschen unterzeichnet. Lokale Medien berichten kaum darüber, viele Anwohner wissen noch gar nichts von dem Projekt, fürchten die Demonstrierenden. Bereits im Herbst soll die neue Attraktion eröffnet werden.
/ausland/amerika/brasilien-rio-de-janeiro-seilrutsche-101.html
2023-04-22
Weichenstellung für ganz Österreich?
Landtagswahl in Salzburg
Ein möglicher Durchmarsch der rechtspopulistischen FPÖ und ein Überraschungskandidat der Kommunisten: Die morgige Wahl in Salzburg könnte das Machtgefüge in dem österreichischen Bundesland verschieben - und nicht nur dort. Von Wolfgang Vichtl. mehr
Ein möglicher Durchmarsch der rechtspopulistischen FPÖ und ein Überraschungskandidat der Kommunisten: Die morgige Wahl in Salzburg könnte das Machtgefüge in dem österreichischen Bundesland verschieben - und nicht nur dort. Wilfried Haslauer ist noch einer der alten Langzeit-Landeshauptmänner der Österreichischen Volkspartei, konservativ, aber flexibel. Nach der Wahl 2018 im gutbürgerlichen Mozartkugelland Salzburg konnte er sich nur mit einer für viele ÖVP-Gefolgsleute fast schon zu bunten Koalition an der Regierung halten: Türkis-Grün-Pink - die Salzburger nennen es "Dirndl-Koalition" - die ÖVP mit den Grünen und den liberalen NEOs. Aber seit die rechtspopulistische FPÖ in der österreichweiten Sonntagsfrage immer weit vorne liegt, wird im ganzen Land wieder über ÖVP-FPÖ-Koalitionen debattiert. Im ÖVP-Kernland Niederösterreich gibt es diese Koalition seit Kurzem, ohne Not, die ÖVP hätte auch mit der SPÖ gekonnt. Haslauer schießt gegen Kickl Und in Salzburg? Dort hat ÖVP-Landeshauptmann Haslauer zumindest seine Abscheu deutlich formuliert: "Ich will nicht, dass in diesem Land, dass in unserem Salzburg, die Niedertracht, die Gemeinheit, der Hass, der Neid, die Unterstellung, die Boshaftigkeit das politische Klima bestimmen." Das ist gegen Herbert Kickl gerichtet, den FPÖ-Bundesparteichef - Corona-Leugner und vorlaut selbsterklärter Möchtegern-Kanzler nach den nächsten Nationalratswahlen. Svazek - das freundliche Gesicht der FPÖ Aber jetzt geht's erstmal um Salzburg. Da tritt für die FPÖ Marlene Svazek an. Sie ist 30 Jahre alt und das deutlich freundlichere Gesicht der FPÖ. Das schräg-aggressive der FPÖ-Männer in Wien oder auch in Niederösterreich ist ihr fremd. Sie will für bürgerliche Salzburger ÖVP-Anhänger wählbar sein. Sie kalkuliert kühl, abgerechnet wird später: "Es wird am Ende des Tage nur der Wähler entscheiden und der Wähler auch uns die Stärke geben, ob wir uns in einer Landesregierung wiederfinden oder nicht." Svazek erinnert viele an Susanne Riess, früher Riess-Passer, genannt die "Königskobra" der FPÖ: klug und durchsetzungsstark. Riess war es, die mit einem ÖVP-Bundeskanzler Vizekanzlerin wurde - und nicht Jörg Haider. Insofern könnte die Wahl in Salzburg Weichen stellen, zumindest in der FPÖ, für die kommende österreichische Nationalratswahl. Ziehen die Kommunisten in den Chiemseehof ein? Nur 390.000 Wahlberechtigte entscheiden, wer im Chiemseehof in der Salzburger Altstadt das Sagen haben wird, dort sitzt die Landesregierung. Das klingt nach Landkreiswahl, aber trotzdem schauen alle neugierig hin. Es könnte noch eine Überraschung geben: ein paar selbsterklärte "Nervensägen", die die Salzburger Dirndl-Idylle stören könnten. Kay-Michael Dankl ist der Mann an der Salzburger Säge, ein smarter Kommunist aus dem Salzburger Kulturbetrieb: Er trete an, "um die größte Nervensäge" beim Thema Wohnen für Landeshauptmann Haslauer zu sein, verspricht der 34-Jährige. Die KPÖ, Österreichs kommunistische Partei, dürfte es diesmal über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Ausgerechnet im reichen Salzburg, dem wirtschaftlich stärksten Bundesland. Ja - aber, sagen die Experten: Bei den Einkommen liege das Land im hinteren Mittelfeld - und Wohnen werde zunehmend unerschwinglich. Airbnb und andere Zweckentfremdungen sind die Wahlkampfschlager der KPÖ. "Man bekommt immer den Haslauer" Dazu eine SPÖ, die momentan österreichweit nicht weiß, mit wem und in welcher Richtung sie weitermachen soll. Da bietet sich die Linke geradezu an - als Alternative zu eigentlich allen anderen: "Egal, ob man eins, zwei oder drei ankreuzt, man bekommt immer den Haslauer. Und die ÖVP, soviel steht schon vor der Wahl fest, wird wieder auf Platz eins landen", prognostiziert Dankl. Nur mit wem sie dann weiterregieren kann, das ist die sehr offene Frage.
/ausland/europa/salzburg-wahl-oesterreich-101.html
2023-04-22
VW baut größte Batteriefabrik in Kanada
Konzern profitiert von Subventionen
Volkswagen baut in Kanada seine bislang größte Batteriefabrik. Die Produktionsanlage wird staatlich mit Milliarden subventioniert. Für Kanada bedeutet das wirtschaftliche Chancen, für VW weniger Abhängigkeit von Asien. Von Peter Mücke.
Volkswagen baut in Kanada seine bislang größte Batteriefabrik. Die Produktionsanlage wird staatlich mit Milliarden subventioniert. Für Kanada bedeutet das wirtschaftliche Chancen, für VW weniger Abhängigkeit von Asien. Die erste Batteriefabrik von Volkswagen in Nordamerika hat gigantische Ausmaße: Auf 150 Hektar sollen ab 2027 bis zu 3000 Menschen arbeiten. Produktionsvolumen: bis zu 90 Gigawattstunden pro Jahr - ausreichend für rund eine Million Elektrofahrzeuge. Baubeginn in St. Thomas - etwa auf halber Strecke zwischen der kanadischen Metropole Toronto und der US-Autostadt Detroit - soll im kommenden Jahr sein. Subventionen in Milliardenhöhe Volkswagen will knapp fünf Milliarden Euro in das Werk investieren. Der Konzern profitiert bei dem Großprojekt von enormen staatlichen Fördermitteln. Laut Medienberichten könnten langfristig mehr als 13 Milliarden kanadische Dollar fließen - umgerechnet knapp neun Milliarden Euro. Vorausgegangen war ein Subventionswettstreit mit den USA, den Kanada letztlich für sich entschied. Der zuständige kanadische Industrieminister Francois-Philippe Champagne verteidigte die in Aussicht gestellten Mittel: Der wirtschaftliche Nutzen, einen der größten Autobauer ins Land zu holen, sei weit höher als die Kosten der Subventionen. Premierminister Justin Trudeau sprach bei der Vorstellung der Pläne von einem "Gewinn die für Arbeitnehmer, für die Gemeinschaft und für die Wirtschaft". Erhofft wird, dass durch das Werk Zehntausende weitere Jobs bei Zulieferern in der Region entstehen. Weniger Abhängigkeit von asiatischen Produzenten Konzernvorstand Thomas Schmall sagte, Nordamerika spiele eine Schlüsselrolle in der globalen Batteriestrategie von Volkswagen. Die Region werde neben Europa das zweite Standbein der internen Batteriesparte. Die Nähe des Standorts zu Toronto und Detroit verschaffe dem Unternehmen Zugang zu Forschungseinrichtungen, qualifizierten Arbeitskräften und etablierten Lieferketten. In Europa will VW zusammen mit Partnern in den kommenden Jahren sechs Batteriefabriken mit einer Gesamtleistung von bis zu 240 Gigawattstunden bauen, um die Produktion von E-Autos voranzubringen. Die erste soll in diesem Jahr in Schweden eröffnet werden, eine weitere 2025 im niedersächsischen Salzgitter. Der Konzern will so seine Abhängigkeit von asiatischen Produzenten verringern und die Hälfte seines Bedarfs an Batteriezellen selbst decken.
/wirtschaft/vw-batteriezellenwerk-kanada-101.html
2023-04-22
Die ewige Suche nach der Identität
Nordmazedonien
Erst der Streit mit Griechenland um den eigenen Namen, nun muss Nordmazedonien Spannungen mit Bulgarien lösen. Die Identität des kleinen Landes und die Suche danach sind Dauerthema. Von Anna Tillack.
Erst der Streit mit Griechenland um den eigenen Namen, nun muss Nordmazedonien Spannungen mit Bulgarien lösen. Die Identität des kleinen Landes und die Suche danach sind Dauerthema. An Streit mit den Nachbarn hat sich das kleine Westbalkanland gewöhnt. Doch nun sind die Beziehungen zwischen Mazedoniern und Bulgaren auf einem neuen Tiefpunkt. Die Republik Nordmazedonien mit ihren rund 1,8 Millionen Einwohnern soll die Rechte der etwa 3500 Menschen umfassenden bulgarischen Minderheit in die Verfassung aufnehmen. Das Thema polarisiert schön länger, doch die Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen haben in den vergangenen Monaten zugenommen. Angriffe auf ethnische Minderheiten Ende vergangenen Jahres wurden zwei bulgarische politische Clubs in Nordmazedonien angegriffen, im Februar flogen Steine auf eine mazedonische Organisation im bulgarischen Balgoevgrad. Ein junger Politiker, der sich als bulgarischer Mazedonier sieht, wurde in Nordmazedonien krankenhausreif geprügelt und auf Geheiß des bulgarischen Präsidenten Rumen Radew nach Bulgarien ausgeflogen. Bulgarien werde Gewalt gegen seine Bürger in Nordmazedonien nicht tolerieren, so Radew. Nordmazedonien musste Opfer bringen Vor allem die EU drängt, den ethnischen Streit mit Bulgarien in den Griff zu bekommen, denn seit Sommer 2022 laufen die EU-Beitrittsverhandlungen. Um überhaupt als EU-Beitrittskandidat in Betracht zu kommen, musste Nordmazedonien Opfer bringen. Auf massiven Druck des Nachbarn Griechenland änderte Nordmazedonien seinen Landesnamen von Mazedonien in Nordmazedonien. Griechenland hatte aus historischen Gründen Anspruch auf den Namen Mazedonien erhoben. Nationalisten gegen Zugeständnisse Im Streit um die Aufnahme der Rechte der bulgarischen Minderheit in die Verfassung steht die von der Sozialdemokratischen Union geführte Regierung in Skopje aber unter massivem innenpolitischen Druck. Denn die Verfassungsänderung ist im Land umstritten. Für die notwendige Zweidrittelmehrheit im Parlament bräuchte man auch Stimmen der Opposition. Doch die Nationalistische Partei VMRO DPMNE hat sich gegen die Verfassungsänderung positioniert, macht Stimmung gegen die bulgarische Minderheit und spielt die Nachbarvölker gegeneinander aus. 64 Prozent für EU-Mitgliedschaft Marjan Ivanovski verfolgt die aktuelle Debatte mit Sorge. Auf einem Markt im Zentrum Skopjes verkauft er selbst angebautes Gemüse, arbeitet 14 Stunden täglich, alles für seinen Sohn wie er sagt. Ivanovski ist für die Verfassungsänderung. Sein Land solle alles tun, was den EU-Beitritt beschleunigt und dabei an die junge Generation denken. Derzeit befürworten 64 Prozent der Mazedonier eine EU-Mitgliedschaft, doch die Zustimmung nimmt ab, um vier Prozentpunkte im Vergleich zum Jahr 2021. Viele haben den Eindruck, ihr Land bringe zwar Opfer, werde dafür aber nicht belohnt. Dass Bulgariens Präsident den Konflikt zwischen Bulgaren und Mazedoniern nun wieder anfacht, ärgert Landwirt Ivanovski. "Das ist bulgarische Politik seit den Balkankriegen, als die Bulgaren mit den Serben kämpften, um Mazedonien zu annektieren", sagt er. Bulgarien habe schon immer die Tendenz gehabt, Mazedonien annektieren zu wollen. "Aber jetzt wird es offensichtlicher. Sie behaupten, dass die Menschen in Mazedonien Bulgaren sind, aber wir sind Mazedonier." Versuch, an das historische Makedonien anzuknüpfen Die Identität des Landes und die Suche danach ist Dauerthema. Das gigantische Städtebauprojekt Skopje 2014 sollte das nationale Selbstwertgefühl der Mazedonier stärken und eine Verbindung zum antiken Makedonien Alexanders des Großen herstellen. Gebäude, Denkmäler und sogar Schiffe aus der Antike wurden kopiert und prägen nun das Bild der Hauptstadt. Doch der dick aufgetragene Kitsch verschlang Unmengen an Geld, bekommt bereits Risse und kann auch nicht über die aktuellen Probleme hinwegtäuschen. BIP ein Fünftel des EU-Durchschnitts Zwar war die wirtschaftliche Entwicklung Nordmazedoniens in der vergangenen Dekade positiv, doch das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf lag 2021 gerade mal bei einem Fünftel des EU-Durchschnitts. Die Coronapandemie und die derzeitige Wirtschaftskrise trafen die fragile Wirtschaft Nordmazedoniens hart. Die Inflation liegt bei etwa 18 Prozent. Viele junge Menschen verlassen nach wie vor das Land. Landwirt Ivanovski will seinen Sohn überzeugen, zu bleiben. Sein bestes Argument ist dabei die nahende EU-Mitgliedschaft, auf die er hofft: "Ich wünsche mir, dass wir ein EU-Mitglied werden. Aber es hängt von uns ab. Wir können von der EU nicht erwarten, uns zu füttern und von der NATO, uns zu verteidigen. Wir sind ein hart arbeitendes Volk aber wir haben keine guten Politiker." Ivanovski erwartet von der Politik, die Probleme zu lösen, auch den Konflikt mit den bulgarischen Nachbarn. Kritik an Bedingung für EU-Beitritt Ende des Jahres soll über die Verfassungsänderung abgestimmt werden. Nur wenn die bulgarische Minderheit in die Verfassung Nordmazedoniens aufgenommen wird, können die Verhandlungen mit der EU in die nächste Runde gehen. Kritik an diesem Vorgehen kommt von Experten wie dem Historiker Ulf Brunnbauer vom Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg. Er sieht es als "gefährlichen Präzedenzfall", wenn ein bilateraler Disput über Fragen, die nichts mit den Aufnahmekriterien zu tun haben, zum Teil der Beitrittsverhandlungen werden. Erpressungen durch EU-Mitglieder gegen Beitrittsaspiranten sei so Tür und Tor geöffnet. Diese und weitere Reportagen sehen Sie im Europamagazin - am Sonntag um 12.45 Uhr im Ersten.
/ausland/europa/nordmazedonien-identitaet-101.html
2023-04-22
Droht Hollywood ein Autorenstreik?
Film und Fernsehen
Die Autoren in Hollywoods Unterhaltungsbranche sind unzufrieden. Sie klagen über schlechte Bezahlung und undurchsichtige Verträge mit Streamingdiensten. Nun drohen sie mit Streik. Von Katharina Wilhelm.
Die Autoren in Hollywoods Unterhaltungsbranche sind unzufrieden. Sie klagen über schlechte Bezahlung und undurchsichtige Verträge mit Streamingdiensten. Nun drohen sie mit Streik. Drehbuchautorin Zoe Marshall ist frustriert. Gerade hat sie an der Krimiserie "Found" mitgeschrieben, die im Herbst im TV-Sender NBC läuft. Arbeit ist genug für sie da, aber die Studios würden Drehbuchautoren immer wieder unter Wert verkaufen. Für Studiobosse sei hingegen stets eine "fette Bonuszahlung" drin, sagt Marshall. Sie schreibt seit vielen Jahren Drehbücher für alle möglichen Studios, TV-Sender und Streamingplattformen, zum Beispiel für die erfolgreiche Neuauflage der Serie "Charmed". Marshall ist auch Mitglied im Vorstand der Autorengewerkschaft WGA. Diese hat gerade dafür gestimmt zu streiken, sollte bis Anfang Mai keine Einigung in den Tarifverhandlungen mit dem Verband der amerikanischen Fernseh- und Filmproduktionsfirmen zustande kommen. Der Verband vertritt alle großen Studios, Fernsehsender und Streamingdienste, von AppleTV+ bis Universal Pictures.  Ein wichtiger Verhandlungspunkt: die Bezahlung. Der Wochenarbeitslohn von Autoren sei in den vergangenen zehn Jahren um 23 Prozent gesunken, wenn man die Inflation mit einrechnet, sagt die Gewerkschaft. Streamingdienste drücken Preise Eric Haywood ist ebenfalls Drehbuchautor und schrieb unter anderem für die Krimishow "Law and Order" oder die Hip-Hop-Drama-Serie "Empire". Alle fühlten gerade den Druck, sagt er, denn die vielen neuen Streamingdienste verlangten nach immer mehr und neuen Inhalten. Gleichzeitig habe sich die Bezahlung verändert. Zum Beispiel die Wiederholungshonorare. Er macht das konkret an einem Beispiel fest: Früher habe es für Serien und Shows, die im Fernsehen wiederholt wurden, ein zusätzliches und durchaus gutes Honorar gegeben. Damit habe sich sein Einkommen aufbessern lassen, wenn er gerade keine anderen Aufträge hatte, so Haywood. Heute sehe dies anders aus: Sender wie CBS würde Produktionen in der Regel weiterverkaufen oder an den hauseigenen Streamingdienst lizenzieren. "Die Wiederholungshonorare sind geringer. Und ich weiß nicht mal, wie viele Leute die Show gesehen haben oder wie oft, denn diese Infos halten die Streamer unter Verschluss", meint Haywood. "Die Studios können nichts ohne die Skripte" Die Forderung der Gewerkschaft: Die Verträge mit den Streamingplattformen müssen angepasst werden. Viele Drehbuchautoren haben Verträge für eine bestimmte Serie mit einem Sender. Früher sei dies über einen längeren Zeitraum gewesen und damit auch ein verlässliches Einkommen. Auch das habe sich geändert, beklagt Haywood: "Früher hatte man einen Vertrag über neun Monate und jetzt stellen sie dich plötzlich für zehn Wochen oder 14 Wochen ein. Und was mache ich dann?" Drehbuchautor in Hollywood zu sein - für Haywood ist das ein Traumjob. Doch kreativ zu sein sei schwierig, wenn man nicht wisse, woher der nächste Gehaltsscheck komme. Die Gewerkschaft betont, die Entertainment-Industrie habe im Schnitt in den vergangenen Jahren insgesamt Profite zwischen 28 und 30 Milliarden US-Dollar gemacht. Und das auf Grundlage der Skripte, die die Drehbuchautoren schreiben, meint Marshall: "Die Studios können nichts ohne die Skripte, denn die leisten so viel: Sie sind ein Verkaufsdokument, eine Vorlage für die Schauspieler, die Bühnenbauer und alle anderen in dem Geschäft!" Die Verhandlungen laufen Bis zum 1. Mai verhandeln beide Seiten noch. Wird dann tatsächlich gestreikt, merken das Zuschauer wahrscheinlich zuerst bei den Late-Night-Talkshows, deren Schreiber tagesaktuell arbeiten. Jimmy Kimmel, Stephen Colbert und die anderen müssten dann wohl eine Zwangspause einlegen. Bei TV-Serien könnte sich die Ausstrahlung verzögern.  Die Gewerkschaft gibt sich selbstbewusst und kann das wohl auch sein: Beim Streik im Jahr 2007 legten die Autoren 100 Tage ihre Arbeit nieder. Es entstand ein Schaden von geschätzten zwei Milliarden US-Dollar. Noch versuche man, das zu vermeiden, betont Verhandlungsführer Haywood. Doch werde kein gutes Angebot vorgelegt, sei alles möglich.
/wirtschaft/autorenstreik-hollywood-101.html
2023-04-22
US-Supreme Court erlaubt Zugang - vorerst
Abtreibungspille
In den USA bleibt der Zugang zu einem umstrittenen Abtreibungsmittel zumindest kurzzeitig gewährleistet. Der Oberste Gerichtshof in Washington verschob seine Entscheidung zu dem Präparat bis zum Ende des Berufungsverfahrens. mehr
In den USA bleibt der Zugang zu einem umstrittenen Abtreibungsmittel zumindest kurzzeitig gewährleistet. Der Oberste Gerichtshof in Washington verschob seine Entscheidung zu dem Präparat bis zum Ende des Berufungsverfahrens. Der Oberste Gerichtshof der USA erlaubt weiterhin den Zugang zum Abtreibungsmittel Mifepristone: Für die Dauer des Berufungsverfahrens bleibt der Zugang zu Abtreibungspillen, die den Wirkstoff Mifepriston enthalten, gewahrt. Zwei konservative Richter vertraten eine abweichende Meinung. US-Präsident Joe Biden begrüßte die Entscheidung. Er werde "weiter gegen Angriffe auf die Gesundheit von Frauen kämpfen", sagte er. Der Supreme Court hatte zuvor Urteile unterer Instanzen, die den Einsatz von Mifepristone untersagen oder stark einschränken würden, bis Freitag um Mitternacht auf Eis gelegt. Bundesrichter in Texas hatte Zulassung aufgehoben Auch die Beratungsorganisation Planned Parenthood wertete die Gerichtsentscheidung als gute Nachricht, "aber die Fakten bleiben dieselben: Der Zugang zu Mifepristone hätte von vornherein niemals in Gefahr sein dürfen", schrieb die Organisation im Onlinedienst Twitter: BREAKING: The Supreme Court just issued a stay in the medication abortion case, which means that access to mifepristone remains for now.This is good news, but the facts remain the same: Access to mifepristone should never have been in jeopardy in the first place. https://t.co/RWY6Xb492T Ein Bundesrichter im Bundesstaat Texas hatte vor knapp zwei Wochen die im Jahr 2000 erteilte Zulassung für Medikamente mit Mifepriston (in den USA wird die Bezeichnung Mifepristone verwendet) durch die US-Arzneimittelbehörde FDA aufgehoben. Ein Bundesberufungsgericht im Bundesstaat Louisiana kippte diese Entscheidung zwar, verschärfte aber gleichzeitig die Auflagen, unter denen die Pille verschrieben werden darf. Abtreibungsgegner klagten gegen Zulassung Mifepristone, in Deutschland unter dem Handelsnamen Mifegyne bekannt, wird in den USA bei mehr als jedem zweiten Schwangerschaftsabbruch eingesetzt. Nach Angaben der FDA wurde die Pille seit ihrer Zulassung im Jahr 2000 von mehr als 5,6 Millionen Frauen genutzt. In weniger als 1500 Fällen habe es Komplikationen gegeben, ohne dass ein Zusammenhang zu Mifepristone habe hergestellt werden können. Abtreibungsgegner hatten in Texas gegen die Zulassung geklagt - damit wollen sie den Zugang zu medikamentöser Abtreibung erschweren. Vor allem die religiöse Rechte und weite Teile der republikanischen Partei versuchen in den USA seit Jahrzehnten, das Recht auf Abtreibung zu beschneiden. Im vergangenen Jahr hatte der Supreme Court das landesweite Recht auf Abtreibung gekippt, das fast 50 Jahre lang Gültigkeit hatte. Umfragen zufolge unterstützt eine Mehrheit der Bevölkerung dieses Recht.
/ausland/amerika/supreme-court-abtreibungspille-usa-103.html
2023-04-22
Die Geheimnisse der Mindelburg
Geheimgänge und Fluchttunnel
Viele Fragen zur Geschichte der Mindelburg in Mindelheim konnten noch nicht beantwortet werden. Forscher sind nun dem Erbauer auf der Spur. Ein Stück Schweinekiefer könnte dabei einen wichtigen Hinweis liefern. Von Florian Regensburger.
Viele Fragen zur Geschichte der Mindelburg in Mindelheim konnten noch nicht beantwortet werden. Forscher sind nun dem Erbauer auf der Spur. Ein Stück Schweinekiefer könnte dabei einen wichtigen Hinweis liefern. Mit einem Sieb und einem Spatel trennt Markus Fischer organische Überreste vom aufgeschütteten Erdmaterial in einem Fehlboden im ersten Stock der Mindelburg: Knochenfragmente, eine Haselnuss, ein Stück Kohle kommen zum Vorschein und ein Teil eines Schweinekiefers. Die Balken hier stammten noch aus der Erbauungszeit der Burg, sagt der Leiter des Mindelheimer Stadtmuseums. Daher seien diese Funde besonders wertvoll: Sie helfen dabei, das genaue Alter des herrschaftlichen Baus zu bestimmen.   Schweinekiefer als Schlüssel zur Vergangenheit? Die Datierung des Schweinekiefers und weiterer Funde mittels der C14-Methode lässt es zu, das Baujahr immer genauer einzugrenzen: Inzwischen geht man davon aus, dass die Mindelburg auf jeden Fall in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtet wurde. "Dieses Stück Schweinekiefer ist auf 1109 datiert, plus minus 15 Jahre", sagt Fischer. Aber, so Fischer weiter, "in der Archäologie ist es so: Ein Datum ist kein Datum, und wir brauchen noch ein bisschen mehr." Datierungen weiterer Funde sollen folgen.  Burg mit wechselhafter Geschichte Die Burg birgt noch so viele Geheimnisse, weil sie lange abgeschottet war: Im und nach dem Zweiten Weltkrieg diente sie als Lazarett. Zuvor hatten die Nationalsozialisten darin unter anderem ein Hitlerjugend-Zentrum untergebracht. Seit 1949 wurde die Burg vom Verlag Sachon als Geschäfts- und Produktionsstätte angemietet. Im Juli 2021 zog der Verlag aus der Hauptburg aus, und die Anlage ging in den Besitz der Stadt Mindelheim zurück. Seitdem ist die Erforschung der Mindelburg in vollem Gang.   In den zwei Meter dicken Außenmauern wurden bislang unbekannte Gänge entdeckt. In dieser Woche warf Fischer zusammen mit dem Mindelheimer Kulturamtsleiter Christian Schedler einen allerersten Blick in eine neu geschaffene Maueröffnung, mithilfe einer kleinen Kamera samt Taschenlampe an einer Teleskopstange. Unter dem etwa 20 Zentimeter breiten Loch kam ein Gang mit Treppenstufen zum Vorschein, der aus dem zweiten Stock der Burg nach unten führt.   Bereits vor einigen Wochen war bei statischen Erkundungen im Zuge der Sanierung der Burg ein ähnlicher Gang in der Außenmauer offengelegt worden. Wie der jetzt neu entdeckte Gang befindet er sich an der Ostflanke. Der zuerst entdeckte, weiter unterhalb gelegene Gang wurde im Zuge der zahlreichen Umbauten in knapp 900 Jahren Burg-Geschichte nach etwa sechs Metern Länge zugemauert. Laut Schedler hatte den bereits wieder begehbaren, etwa 75 Zentimeter breiten und 2,30 Meter hohen Korridor höchstwahrscheinlich seit Jahrhunderten kein Mensch mehr betreten. Ob die beiden Gänge einmal zusammenhingen, müsse erst noch erforscht werden.   Forscher rätseln noch über Funktion der Gänge Mutmaßlich seien die Mauergänge einst von Bediensteten eines früheren Burgherrn für Besorgungsgänge genutzt worden, sagt Fischer, "oder auch als Fluchtgang, um sich bei Gefahr heimlich davon machen zu können". Man vermute noch weitere solcher Gänge im Mauerwerk der Burg. Auch Überreste kilometerlanger Fluchttunnel ins Tal hinab hat man bereits vor längerer Zeit im Erdreich um die Mindelburg entdeckt, Zugänge dazu aber noch nicht. Diese seien vermutlich irgendwann im Lauf der Jahrhunderte zugemauert oder zugeschüttet worden, sagt Schedler.  Der Geschichte auf der Spur Im Oktober 2021 wurde die Mindelburg in den Status eines Denkmals von nationalem Rang erhoben und steht damit auf einer Stufe mit Schloss Neuschwanstein. Jetzt soll ein Burgmuseum entstehen, das laut Schedler in etwa fünf Jahren eröffnen könnte. Bis dahin wollen er und Fischer die größte noch ungeklärte Frage beantworten: Wer hat die Burg gebaut - und warum und wann? Da es sich um einen monumentalen Großbau und ziemlich sicher um das erste profane Bauwerk in Ziegelbauweise - der damals modernsten Bautechnik überhaupt - nördlich der Alpen handele, sei die Burg definitiv "keine Verteidigungsanlage" gewesen, sagt Schedler.   Damit kämen vor allem zwei mögliche Bauherren in Frage, die zur damaligen Zeit über genügend Macht und Geld verfügt hätten, einen derart repräsentativen Herrschaftssitz errichten zu lassen: Herzog Welf VI. und Kaiser Friedrich I., genannt Barbarossa. Das genaue Baujahr der Mindelburg könnte den entscheidenden Hinweis liefern. Markus Fischer wird weiter danach forschen.
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2023-04-22
Wie grün ist sich die Ampel noch?
Klimapolitik der Bundesregierung
Wärmewende, Heizungstausch, verfehlte Klimaziele: Bei der Klimapolitik der Ampelkoalition geht es jetzt ans Eingemachte. Sie bringt manches auf den Weg - aber wird es reichen? Von Corinna Emundts.
Wärmewende, Heizungstausch, verfehlte Klimaziele: Bei der Klimapolitik der Ampelkoalition geht es jetzt ans Eingemachte. Sie bringt manches auf den Weg - aber wird es reichen? All dies passierte im Regierungsviertel gerade in ein und derselben Woche: Ein grüner Minister, der sagt, wir seien als Land zehn Jahre zu spät dran bei der Wärmewende im Gebäudesektor. Ein Minister von der FDP, der für die Zukunft des Verbrenner-Autos wirbt. Ein Regierungssprecher, der sich bei der Frage verhaspelt, ob der FDP-Verkehrsminister ein Sofortprogramm zum Klimaschutz vorlegen muss oder doch nicht. Kurzum: Die Lage ist derzeit äußerst unübersichtlich, wie es um den Ehrgeiz bei der Klimapolitik der Ampelkoalition steht. Wird hier nur noch um einen Minimalkonsens gerungen? Dabei fehlte es der Bundesregierung aktuell nun wirklich nicht an Druck von Seiten der Wissenschaft zum Thema: Am Montag erst hatte der noch von der Merkel-Regierung eingesetzte unabhängige Expertenrat für Klimafragen seine Sorge klargemacht: Das Ziel der Treibhausgas-Reduktion bis 2030 könnte verfehlt werden. Diese Mahnung an die Regierung Scholz erfolgte bereits zum zweiten Mal in dieser Legislatur. Die Sektoren Verkehr und Gebäude haben dem Bericht zufolge die Vorgaben erneut verfehlt. Der bisherige Ausbau im Bereich Wärmepumpen, erneuerbare Energie und Elektromobilität sei nicht ausreichend. Im Verkehrssektor werde es bis 2025 keine Trendwende geben, "wenn wir nicht stärkere Maßnahmen sehen", mahnte der Vorsitzende des Expertenrats, Hans-Martin Henning. Er monierte, dass die Politik noch nicht einmal im Ansatz versuche, "die Aktivitäten zu stabilisieren oder zu begrenzen", sondern von einer Zunahme des Straßengüterverkehrs ausgehe. Kleine Seitenhiebe innerhalb des Kabinetts Laut Klimaschutzgesetz müssen dann die entsprechenden Ressorts ein Sofortprogramm liefern. Die Bauministerin und SPD-Politikerin Klara Geywitz arbeitet bereits am zweiten ebensolchen. "Ich halte mich ans Gesetz", sagte sie diese Woche in einer Pressekonferenz, die sie gemeinsam mit dem Klimaschutzminister Robert Habeck zur Wärmewende abhielt. Zweifellos ein Seitenhieb in die Richtung von Verkehrsminister und FDP-Politiker Volker Wissing, der bisher kein Sofortprogramm angekündigt hat. "Natürlich gelten gesetzliche Rechtslagen für alle. Und vereinbart wurde, das wissen Sie ja, dass das Gesetz novelliert wird. Bis es novelliert ist, gelten die entsprechenden Gesetze", sagte Wirtschaftsminister und Grünen-Politiker Robert Habeck. Ähnliche Töne kamen am selben Tag aus den Fraktionsgeschäftsführungen von SPD und Grünen im Bundestag: Demnach müsste Wissing innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen, mit dem zu hohe CO2-Emissionen im Verkehrsbereich gemindert werden können. Unbehagen bei SPD und Grünen Damit legen die Koalitionspartner ihren jüngsten Beschluss im Koalitionsausschuss sehr unterschiedlich aus: In der 30-stündigen XXL-Sitzung Ende März hatte die Ampelkoalition eine Entschärfung des Klimaschutzgesetzes beschlossen: "Die Einhaltung der Klimaschutzziele soll zukünftig anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft werden", heißt es im Beschlusspapier. Damit kann ein Sektor die Verfehlungen eines anderen ausgleichen, was vor allem Wissing helfen dürfte. Doch schon jetzt ist das Unbehagen darüber bei SPD und Grünen spürbar. Zudem: Ein Entwurf dieses geänderten Klimaschutzgesetzes, das federführend im Hause Habeck erarbeitet werden müsste, liegt noch nicht vor. Im besten Falle kommt es bis Anfang Juni ins Kabinett, darauf scheint die FDP zu kalkulieren. Das wäre dann innerhalb der Dreimonatsfrist - fest verabredet war das jedoch nicht. Eigene Prioritäten des FDP-Chefs Dieses Beispiel zeigt gleich zwei aktuelle Merkmale der Ampelkoalition: Zum einen passiert es öfter, dass man über Vereinbartes im Nachhinein wieder neu diskutiert. Zum anderen ist erkennbar, dass die in jüngeren Meinungsumfragen und Landtagswahlen stark angeschlagene FDP verschärft um ein klassischeres Profil bemüht, das sie klar absetzt von Rot-Grün. Spürbar wurde das im Frühjahr bereits bei Wissings Änderungsaktion gegen das von der EU-Kommission geplante Verbrenner-Aus. Auch Finanzminister Christian Lindner warb diese Woche erneut für die Verbrenner-Technik "made in Germany" bei einer Tagung der Familienunternehmen in Berlin, "freilich mit klimaneutralem Brennstoff". In der etwa halbstündigen Rede des FDP-Chefs fehlte der Begriff "Klimaschutz" gänzlich - obwohl sich die Ampelkoalition prioritär zum klimaneutralen Umbau der Wirtschaft und "Leitmarkt E-Mobilität" verpflichtet hat. Stattdessen betonte er häufig den "Wirtschaftsstandort Deutschland" - die eigenen Prioritäten des FDP-Chefs sind deutlich. Vorbei die Zeit offenbar, in der Lindner etwas grün-affiner von Erneuerbaren als "Freiheitsenergien" und einer Koalition der "Möglichkeitsräume" sprach, wenn es um die Ampel ging. Größer werdender Spagat Diesen größer werdenden Spagat zwischen "FDP classic" und dem Schmerz der Grünen, die eigentlich nicht die einzigen sein wollen, die für Klimapolitik in der Ampel sorgen, trägt der SPD-Bundeskanzler mit - scheinbar gelassen und stoisch. Für Habeck passiert etwa die Heizungswende zehn Jahre zu spät, die FDP pocht dabei auf "Technologieoffenheit". Aus Sicht von Scholz kommen alle drei Koalitionspartner in ihrer Verschiedenheit zum Zuge, bei aller Verschiedenheit. Er braucht die FDP für den Erfolg seiner Koalition, das weiß er. Deswegen lässt er ihr Beinfreiheit, auch wenn mancher Schritt über den Koalitionsvertrag hinausgeht. Und so gibt er sich auch gelassen angesichts der Protokollnotiz seines Kabinettsmitglieds Lindner in dieser Woche, der trotz seiner Zustimmung zur Heizungsnovelle von Habeck und Geywitz gleich noch schriftlich Änderungsbedarf attestierte. Das beschlossene Konzept sei sehr gut, so Scholz. Diskutieren wird man weiter darüber. So viel ist sicher.
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2023-04-22
Mehr FDP, weniger Ampel
Parteitag der Liberalen
Nein zu Steuererhöhungen, Ja zur Schuldenbremse. Am zweiten Tag des FDP-Parteitags haben die Delegierten den Leitantrag der Parteiführung verabschiedet. Und sie gehen damit weiter auf Distanz zur Ampelkoalition. Von Martin Polansky.
Nein zu Steuererhöhungen, Ja zur Schuldenbremse. Am zweiten Tag des FDP-Parteitags haben die Delegierten den Leitantrag der Parteiführung verabschiedet. Und sie gehen damit weiter auf Distanz zur Ampelkoalition. "Machen, was wichtig wird." Unter dieses Motto hat die FDP ihren Parteitag gestellt. Und beim Blick nach vorne ist es aus Sicht der Parteiführung Zeit für die liberalen Klassiker: Stabile Staatsfinanzen und Stärkung des Wirtschaftsstandortes. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai gibt den Ton des Leitantrages vor: "Wohlstand ist auch in Deutschland kein Naturgesetz. Wohlstand muss verdient und erarbeitet werden. Das Philosophieren über null Wachstum und Wohlstandsverzicht mag links-grüne Stuhlkreise faszinieren. Für uns ist es aber definitiv kein Zukunftsmodell." "Ja zu mehr Wohlstand" ist auch der Leitantrag überschrieben. Das erfordert aus Sicht der FDP, für viele Technologien offen zu sein: ob für Kernfusion, E-Fuels oder auch Gentechnik. Die Liberalen plädieren für schnellere Genehmigungen beim Infrastrukturausbau, auch wenn es um Straßen geht. Finanzpolitik für die Mittelschicht Und natürlich betont die Partei, dass sie an der Schuldenbremse festhält und keine Steuern erhöhen will - das zentrale Credo auch des FDP-Finanzministers Christian Lindner innerhalb der rot-grün-gelben Bundesregierung. Mit dieser Finanzpolitik habe die FDP vor allem die Mittelschicht im Blick, betont Generalsekretär Djir-Sarai: "Wir müssen tatsächlich immer wieder daran erinnern, dass es in diesem Land nicht ausschließlich Bürgergeldempfänger einerseits und Superreiche andererseits gibt. Es gibt eine Mitte in diesem Land, und es ist die Aufgabe der FDP, sich für diese Mitte in diesem Land besonders stark einzusetzen." Gesprächsbedarf bei der Heizwende Kontrovers wird es beim Thema Einbauverbot für neue Öl- und Gasheizungen. Die Ampelregierung hat sich zwar im Grundsatz darauf verständigt, dass dies ab dem kommenden Jahr gelten soll. Aber die FDP sieht da noch viel Gesprächsbedarf, wie sie bereits nach dem Kabinettsbeschluss zu Protokoll gegeben hat. Die Frage für den Parteitag: Wie scharf sollen die Pläne angegangen werden, die vor allem der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck vorangetrieben hat? "Gesetzentwurf darf so nicht kommen" Möglichst scharf, fordert der Bundestagsabgeordnete Michael Kruse: "Ein gutes Gebäudeenergiegesetz ist bezahlbar und sorgt nicht mit hohen dreistelligen Milliardenbeträgen dafür, dass ein solches Gesetz nicht realisierbar ist." Dieser Gesetzentwurf sei so nicht finanzierbar. "Weder für den Staat, noch für die Menschen in diesem Land. Deswegen darf er so nicht kommen." Kruse erhält dafür breite Zustimmung der Delegierten. Ein Signal, mit dem auch die Parteiführung gut leben kann: Die FDP will sich nun umso mehr für Veränderungen an Habecks Heizungsplänen einsetzen.  Das ist der Balanceakt, den die Liberalen auch zukünftig in der Ampelregierung versuchen wollen. Klar Flagge zeigen, ohne deshalb das Bündnis mit SPD und Grünen in Frage zu stellen. Manche kritisieren das als "Opposition in der Regierung". Die FDP nennt es: "Machen, was wichtig wird."
/inland/innenpolitik/fdp-parteitag-239.html