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critical
critical-1
Sachverhalt: A. Am 24. Juni 2014 erliess die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat einen Strafbefehl gegen A._ wegen Angriffs. Gegen den Strafbefehl erhob einer der Geschädigten am 14. Juli 2014 Einsprache. Mit Verfügungen vom 23. bzw. 29 Juli 2014 wurde die Führung der hängigen Strafuntersuchung an die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich übertragen. B. Mit Eingabe vom 21. November 2014 beantragte der Beschuldigte, es sei das Protokoll seiner polizeilichen Einvernahme vom 24. Juni 2014, welche ohne Beizug eines Verteidigers stattgefunden hatte, aus den Akten zu entfernen und bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens unter Verschluss zu halten. Zudem sei die Einvernahme in Anwesenheit des (am 25. August 2014 bestellten) amtlichen Verteidigers zu wiederholen. Die Staatsanwaltschaft wies diese Anträge mit Verfügung vom 24. November 2014 ab. Eine vom Beschuldigten am 4. Dezember 2014 dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, mit Beschluss vom 10. Februar 2015 ab, soweit es darauf eintrat. C. Gegen den Beschluss des Obergerichtes gelangte der Beschuldigte mit Beschwerde vom 18. Februar 2015 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, die Entfernung des Protokolls seiner polizeilichen Einvernahme vom 24. Juni 2014 aus den Akten und die Unterverschlusshaltung des Protokolls bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens. Das Obergericht hat auf eine Stellungnahme ausdrücklich verzichtet, während von der Staatsanwaltschaft innert der auf 23. März 2015 angesetzten Frist keine Vernehmlassung eingegangen ist.
Erwägungen: 1. 1.1. Ein Entscheid über die Verwertbarkeit von Beweismitteln (Art. 140 und 141 StPO) schliesst das Strafverfahren nicht ab. Es handelt sich um einen Zwischenentscheid. Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zulässig. Erforderlich ist somit ein nicht wieder gutzumachender Nachteil. Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist im Strafrecht im AIIgemeinen nicht anwendbar. Zwecks Klärung der Tragweite von Art. 140 und Art. 141 StPO für das Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht haben die Strafrechtliche Abteilung und die Erste öffentlich-rechtliche Abteilung in BGE 141 IV 284 einen Meinungsaustausch gemäss Art. 23 Abs. 2 BGG durchgeführt. Dieser gibt Anlass zur Präzisierung der Rechtsprechung. 1.2. Im Strafrecht muss es sich beim nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein derartiger Nachteil liegt vor, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen späteren End- oder anderen Entscheid nicht mehr behoben werden kann (BGE 137 IV 172 E. 2.1 S. 173 f.). Der alleinige Umstand, dass ein Beweismittel, dessen Verwertbarkeit der Beschwerdeführer bestreitet, in den Akten bleibt, stellt grundsätzlich keinen Nachteil rechtlicher Natur dar, da der Beschwerdeführer seinen Einwand bis zum Abschluss des Strafverfahrens erneut vorbringen kann. Er kann die Frage der Verwertbarkeit des Beweismittels namentlich dem Sachrichter unterbreiten (Art. 339 Abs. 2 lit. d StPO). Von diesem kann erwartet werden, dass er in der Lage ist, die unzulässigen Beweise von den zulässigen zu unterscheiden und sich bei der Würdigung ausschliesslich auf Letztere zu stützen. Der Betroffene kann das Urteil des Sachrichters in der Folge mit Berufung anfechten (Art. 398 StPO) und die Angelegenheit schliesslich an das Bundesgericht weiterziehen (BGE 139 IV 128 E. 1.6 und 1.7 S. 134 f.; 141 IV 284 E. 2.2; Urteil 6B_883/2013 vom 17. Februar 2014 E. 2, publ. in SJ 2014 I 348). 1.3. Von dieser Regel bestehen jedoch Ausnahmen. Eine solche liegt insbesondere vor, wenn das Gesetz ausdrücklich die sofortige Rückgabe aus den Akten bzw. Vernichtung rechtswidriger Beweise vorsieht (vgl. z.B. Art. 248, Art. 271 Abs. 3, Art. 277 und Art. 289 Abs. 6 StPO). Ebenso verhält es sich, wenn aufgrund des Gesetzes oder der Umstände des Einzelfalles die Rechtswidrigkeit des Beweismittels ohne Weiteres feststeht. Derartige Umstände können nur angenommen werden, wenn der Betroffene ein besonders gewichtiges rechtlich geschütztes Interesse an der unverzüglichen Feststellung der Unverwertbarkeit des Beweises geltend macht ( BGE 141 IV 284 E. 2.3). Nach Art. 42 Abs. 1 BGG muss der Beschwerdeführer die Tatsachen darlegen, aus denen sich seine Beschwerdeberechtigung (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f.; 138 IV 86 E. 3 S. 88; je mit Hinweisen) und der nicht wieder gutzumachende Nachteil ergeben sollen, sofern dies nicht offensichtlich ist (BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47 mit Hinweisen; 141 IV 284 E. 2.3). 1.4. Eine andere verfahrensrechtliche Lage besteht, wenn die kantonale Beschwerdeinstanz während des Vorverfahrens entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft ein Beweismittel als unverwertbar erachtet und seine Entfernung aus den Akten anordnet (Art. 141 Abs. 5 StPO). Der Staatsanwaltschaft droht dann ein nicht wieder gutzumachender Nachteil, wenn die Entfernung des Beweismittels die Weiterführung des Strafverfahrens verunmöglicht oder zumindest stark erschwert. Dies trifft nicht zu, wenn der Staatsanwaltschaft andere Untersuchungsmassnahmen zur Weiterführung des Strafverfahrens und gegebenenfalls Anklageerhebung zur Verfügung stehen (vgl. BGE 139 IV 25 E. 1 S. 27). In jedem Fall ist es Sache der Staatsanwaltschaft, die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG darzutun, damit auf ihre Beschwerde eingetreten werden kann (BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47 mit Hinweisen; 141 IV 284 E. 2.4). 2. 2.1. Gemäss dem angefochtenen Entscheid wurde der Beschwerdeführer am 24. Juni 2014 ohne Beizug eines Verteidigers polizeilich einvernommen. Am 21. November 2014 beantragte er, es sei das Protokoll dieser Einvernahme aus den Akten zu entfernen und bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens unter Verschluss zu halten. Zudem sei die Einvernahme in Anwesenheit des (am 25. August 2014 bestellten) amtlichen Verteidigers zu wiederholen. Die kantonalen Instanzen wiesen diese Anträge ab, soweit sie darauf eintraten. 2.2. Art. 131 Abs. 3 StPO bestimmt Folgendes: Werden in Fällen, in denen die Verteidigung erkennbar notwendig gewesen wäre, Beweise erhoben, bevor eine Verteidigerin oder ein Verteidiger bestellt worden ist, so ist die Beweiserhebung "nur gültig", wenn die beschuldigte Person auf ihre Wiederholung verzichtet. Die Verteidigung ist insbesondere notwendig, wenn der beschuldigten Person eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr droht (Art. 130 lit. b StPO). Beweise, welche die StPO als unverwertbar bezeichnet, sind in keinem Falle verwertbar (Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO). Beweise, die unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften verletzt (recte: erhoben) wurden, dürfen nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich (Art. 141 Abs. 2 StPO). Die Aufzeichnungen über unverwertbare Beweise werden aus den Strafakten entfernt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss gehalten und danach vernichtet (Art. 141 Abs. 5 StPO). 2.3. Es fällt auf, dass der deutsche und der italienische Wortlaut von Art. 131 Abs. 3 StPO vom französischen Gesetzestext markant abweichen: Während nach deutschem und italienischem Text eine Ungültigkeitsfolge vorgesehen ist ("nur gültig", "valido soltanto"), spricht der französische Wortlaut von Unverwertbarkeit ("ne sont pas exploitables"). Nach dem deutschen und dem italienischen Gesetzestext läge somit kein Fall von Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO vor: Unverwertbarkeit (im Sinne von Satz 2) wäre nur gegeben, "wenn dieses Gesetz einen Beweis als unverwertbar bezeichnet". Weder der deutsche noch der italienische Wortlaut bezeichnen die Beweiserhebung in den Fällen von Art. 131 Abs. 3 StPO als unverwertbar. 2.4. Im Bundesgerichtsurteil 6B_883/2013 vom 17. Februar 2014 E. 2.3 wurde gestützt auf den französischen Wortlaut im Ergebnis von einem Fall der Unverwertbarkeit ausgegangen. In diesem Urteil werden die divergierenden Gesetzestexte allerdings weder angesprochen noch thematisiert. Wie es sich mit den materiellrechtlichen Fragen zur Auslegung von Art. 131 Abs. 3 und Art. 141 StPO verhält, kann im vorliegenden Fall offenbleiben. Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, würde auch eine Anwendbarkeit von Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO an der hier zu beurteilenden Frage des drohenden nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteils nichts ändern: 2.5. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe zwar keinen Verzicht auf die Wiederholung der polizeilichen Einvernahme vom 24. Juni 2014 erklärt. Die Staatsanwaltschaft habe in ihrer Verfügung vom 24. November 2014 jedoch bemerkt, dass der Beschwerdeführer anlässlich der noch ausstehenden Befragungen - unter Wahrung der Teilnahmerechte - ausreichend Gelegenheit erhalten werde, seine Version der Geschehnisse nochmals darzulegen. Soweit darin eine Abweisung seines Antrags auf Wiederholung der polizeilichen Einvernahme zu sehen sei, sei eine Beschwerde dagegen mangels drohenden Rechtsnachteils nicht zulässig. Der Antrag auf Entfernung eines angeblich nicht verwertbaren Aktenstücks sei demgegenüber kein Beweisantrag. Die Zulässigkeit der StPO-Beschwerde setze nicht voraus, dass ein Antrag auf Entfernung eines Einvernahmeprotokolls aus den Akten nicht auch noch im Verfahren vor dem erstinstanzlichen Sachrichter gestellt werden könnte. Offensichtlich unverwertbare Beweismittel müssten auf Antrag einer Partei bereits (im Vorverfahren) von der Staatsanwaltschaft aus den Akten entfernt werden. Die Staatsanwaltschaft könne sich in diesen Fällen nicht mit einem blossen Hinweis auf die spätere Urteilskompetenz des Sachrichters begnügen. Insofern sei auf die StPO-Beschwerde einzutreten. Da am 24. Juni 2014 für die ermittelnde Polizei noch keine notwendige Verteidigung erkennbar gewesen sei, sei das Einvernahmeprotokoll gültig bzw. "zumindest nicht klar unverwertbar" und die StPO-Beschwerde abzuweisen. 2.6. Der Beschwerdeführer macht geltend, es drohe ihm durch den angefochtenen Zwischenentscheid ein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Er habe ein rechtlich geschütztes Interesse an der Entfernung des (seiner Ansicht nach nicht verwertbaren) Einvernahmeprotokolls aus den Akten. Es drohe ihm ein solcher Nachteil, wenn das nicht verwertbare Protokoll, in welchem er sich selber belastet habe, in den Akten bliebe und von den erstinstanzlichen Richtern zur Kenntnis genommen würde. Diese würden zwangsläufig von den darin enthaltenen Selbstbelastungen unterschwellig beeinflusst, selbst wenn sie das Protokoll als unverwertbar aus den Akten weisen sollten. Da einer der Geschädigten bei der untersuchten Auseinandersetzung einen Schlag mit einer Holzlatte ins Gesicht erlitten habe, sei schon seit Untersuchungsbeginn eine Straftat "im Raume" gestanden, welche eine notwendige Verteidigung gemäss Art. 130 lit. b StPO erfordert hätte. Zwar habe nicht er, der Beschwerdeführer, den Schlag mit der Holzlatte ausgeführt, sondern einer seiner "Kollegen". Seine Rolle bei der Auseinandersetzung sei jedoch bei der polizeilichen Einvernahme noch nicht klar gewesen. Da der Kollege einen gefährlichen Gegenstand benutzt habe, sei auch bei ihm (dem Beschwerdeführer) die Notwendigkeit der Verteidigung "zwingend" bzw. offenkundig erkennbar gewesen. Die erst später bekannt gewordenen "effektiv erlittenen Verletzungen" (des von der Holzlatte getroffenen Geschädigten) vermöchten daran nichts zu ändern. Die polizeiliche Einvernahme vom 24. Juni 2014, auf deren Wiederholung er nicht verzichtet habe, sei daher ungültig und unverwertbar. 2.7. Soweit die kantonalen Instanzen den Antrag des Beschwerdeführers (vom 21. November 2014) abgewiesen haben, seine Einvernahme als Beschuldigter sei zu wiederholen, droht ihm damit kein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Dieser Beweisantrag kann ohne erkennbaren Rechtsnachteil, nötigenfalls auch noch vor dem erstinstanzlichen Gericht (Art. 394 lit. b StPO), wiederholt werden. Ausserdem hat die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer bereits in ihrer Verfügung vom 24. November 2014 eine nochmalige Befragung im Beisein seines Verteidigers ausdrücklich in Aussicht gestellt. 2.8. Nachfolgend ist (im Lichte der obigen Erwägungen 1.1-1.3) zu prüfen, ob die Weigerung der kantonalen Instanzen, das Einvernahmeprotokoll vom 24. Juni 2014 aus den Akten zu entfernen und bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss zu halten, einen nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteil nach sich zieht. 2.9. Es fragt sich zunächst, ob das Gesetz für den vorliegenden Fall ausdrücklich die sofortige Rückgabeeines Beweismittels oder die Vernichtungeines rechtswidrig erhobenen Beweises vorsieht. Die Frage ist zu verneinen: Art. 131 Abs. 3 StPO sieht zwar (für den dort geregelten Fall) die Ungültigkeit bzw. Unverwertbarkeit der Beweiserhebung vor (vgl. oben, E. 2.3-2.4). Eine Vernichtung von rechtswidrig erhobenen Beweismitteln oder eine sofortige Rückgabe an ihren ursprünglichen Inhaber hat nach dieser Bestimmung jedoch (anders als z.B. in den Fällen von Art. 248, Art. 271 Abs. 3, Art. 277 und Art. 289 Abs. 6 StPO) nicht zu erfolgen. Insofern droht dem Beschwerdeführer kein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil (im Sinne der obigen Erwägung 1.3). 2.10. Weiter ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die Ungültigkeit bzw. Unverwertbarkeit des Beweismittels aufgrund des Gesetzes oder in Anbetracht der besonderen Umstände des Einzelfalles ohne Weiteres feststeht: 2.10.1. Im angefochtenen Entscheid wird dargelegt, dass es bei der ersten polizeilichen Befragung des Beschwerdeführers vom 24. Juni 2014 insbesondere darum gegangen sei, ob dieser überhaupt an der fraglichen Auseinandersetzung beteiligt gewesen sei und welche Rolle er dabei gespielt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei es keineswegs klar gewesen, dass es sich um einen Fall notwendiger Verteidigung handeln könnte. Dementsprechend habe die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat auch einen Strafbefehl (noch am gleichen Tag) gegen den Beschwerdeführer erlassen. Zwischen der Auseinandersetzung und der Befragung seien zwei Tage vergangen. Die ermittelnde Polizei habe schon damals gewusst, dass einer der Geschädigten verschiedene Verletzungen erlitten und über starke Schmerzen geklagt habe, weshalb er mit der Ambulanz ins Spital habe verbracht werden müssen. Zwar habe die Polizei davon ausgehen müssen, dass mindestens einer der Angreifer (welcher besonders aggressiv mit einem brettähnlichen Gegenstand auf den genannten Geschädigten losgegangen sei) sich auch der Körperverletzung schuldig gemacht habe. Jedoch sei erst am 14. Juli 2014 (aufgrund der Einsprache des Geschädigten gegen den Strafbefehl) bekannt geworden, dass der Geschädigte eine mehrfache Trümmerfraktur an der Nase mit Frakturausläufern in Stirne und Augenhöhle sowie eine lebensgefährliche Schädelfraktur (mit Eindringen von Splittern Richtung Hirn) erlitten habe, welche eine Operation von vier Stunden Dauer notwendig gemacht habe. Bei der Befragung vom 24. Juni 2014 habe die Polizei noch nicht davon ausgehen müssen, dass der Beschwerdeführer einer schweren Körperverletzung verdächtig gewesen wäre und ihm deshalb eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr gedroht hätte. Damit sei die Verteidigung damals noch nicht erkennbar notwendig gewesen und erscheine das Einvernahmeprotokoll nach heutiger Aktenlage "zumindest nicht klar unverwertbar", weshalb es bei den Akten zu verbleiben habe. Es stehe dem Sachgericht frei, aufgrund der Aktenlage, wie sie sich im Zeitpunkt seines Urteils ergeben werde, einen eigenständigen Entscheid bezüglich der Verwertbarkeit des Einvernahmeprotokolls zu treffen. 2.10.2. Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, lässt das Einvernahmeprotokoll nicht als von Gesetzes wegen offensichtlich ungültig bzw. unverwertbar erscheinen. Einerseits macht er geltend, dass nicht er mit einem gefährlichen Gegenstand (Holzlatte) zugeschlagen habe. Anderseits legt er nicht nachvollziehbar dar, weshalb die ermittelnden Polizeiorgane dennoch (schon bei seiner ersten Befragung zwei Tage nach der Auseinandersetzung) davon hätten ausgehen müssen, er sei für eine - den Polizeiorganen damals noch gar nicht bekannte - schwere Körperverletzung verantwortlich. Im Falle einer Anwendbarkeit von Art. 141 Abs. 2 StPO käme noch hinzu, dass selbst ungültige Beweismittel nur dann unverwertbar wären, wenn ihre Verwertung nicht zur Aufklärung schwerer Straftaten als unerlässlich erschiene. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass einem der Geschädigten mit einem gefährlichen Werkzeug eine mehrfache Trümmerfraktur an der Nase (mit Frakturausläufern in Stirne und Augenhöhle) sowie eine lebensgefährliche Schädelfraktur zugefügt wurde. 2.10.3. Nach den in Erwägung 1.3 dargelegten Kriterien dürfen besondere Umstände des Einzelfalles, welche ausnahmsweise eine sofortige Prüfung der Verwertbarkeit als geboten erscheinen lassen, nur angenommen werden, wenn der Betroffene ein besonders gewichtiges rechtlich geschütztes Interesse an der unverzüglichen Feststellung der Unverwertbarkeit des Beweises (bzw. an seiner sofortigen Entfernung aus den Akten) geltend macht und substanziiert, etwa im Rahmen der Wahrung gesetzlich geschützter Privatgeheimnisse (vgl. auch BGE 141 IV 284 E. 2.3). Solche besonders gewichtigen und rechtlich geschützten Geheimnisinteressen bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Sein faktisches Interesse als Beschuldigter, ihn belastende Beweisergebnisse möglichst zu vermeiden, fällt nicht darunter. 2.11. Nach dem Gesagten ist der drohende nicht wieder gutzumachende Rechtsnachteil (im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) im vorliegenden Fall zu verneinen. 3. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Er ist amtlich verteidigt, und seine finanzielle Bedürftigkeit wird in der Beschwerde ausreichend dargetan. Da auch die übrigen Voraussetzungen von Art. 64 BGG als erfüllt erscheinen, ist dem Gesuch stattzugeben.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen: 2.1. Es werden keine Kosten erhoben. 2.2. Der amtliche Verteidiger, Rechtsanwalt Georges Müller, wird für das Verfahren vor Bundesgericht als unentgeltlicher Rechtsvertreter ernannt, und es wird ihm aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- (pauschal, inkl. MWST) ausgerichtet. 3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 29. Juli 2015 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Der Gerichtsschreiber: Forster
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de
2,014
CH_BGer_008
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null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A._ wurde von der Sozialbehörde X._ zwischen August und Dezember 2011 wirtschaftlich unterstützt. Am 12. Februar 2013 verlangte die Sozialbehörde X._ unter anderem die Rückerstattung von Fr. 11'902.15. Den dagegen erhobenen Rekurs hiess der Bezirksrat X._ mit Entscheid vom 13. Juni 2013 gut und hob die Verfügung vom 12. Februar 2013 bezüglich der Rückerstattungspflicht auf. B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich trat auf die dagegen erhobene Beschwerde der Stadt X._ am 5. Dezember 2013 nicht ein. C. Die Stadt X._ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der Beschluss vom 5. Dezember 2013 sei aufzuheben und die Angelegenheit an die Vorinstanz zum Entscheid in der Sache zurückzuweisen. A._ lässt auf Nichteintreten auf die Beschwerde schliessen; eventualiter sei die Beschwerde abzuweisen. Zudem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.
Erwägungen: 1. Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, da die Beschwerde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von einer durch die Entscheidung besonders berührten Partei mit einem schutzwürdigen Interesse an deren Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG) eingereicht wurde und sich das Rechtsmittel gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG) richtet und keine der in Art. 83 BGG erwähnten Ausnahmen greift. 2. Streitig und zu prüfen ist einzig, ob das Verwaltungsgericht zu Recht auf die Beschwerde der Stadt X._ nicht eingetreten ist. 3. Die Vorinstanz hat zur Beschwerdelegitimation der Stadt X._ im Rahmen des kantonalen Verfahrens ausgeführt, wer zur Beschwerde ans Bundesgericht berechtigt sei, müsse sich am Verfahren vor allen kantonalen Instanzen als Partei beteiligen können (Art. 111 Abs. 1 BGG). Es hat daher die Frage nach der Beschwerdelegitimation nach Art. 89 BGG geprüft und diese - mit Mehrheitsentscheid - verneint. Damit wird auch die Frage des Eintretens vor Vorinstanz zu einer solchen des Bundesrechts (vgl. zur bundesrechtlichen Verpflichtung der Kantone bezüglich der Ausgestaltung des kantonalen Verfahrens Corboz, in: Corboz et al., Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 3 zu Art. 110 BGG und N. 3 f. zu Art. 111 BGG; Ehrenzeller, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 3 ff. zu Art. 110 BGG und N. 4 zu Art. 111 BGG; Donzallaz, Loi sur le Tribunal fédéral, 2008, Rz. 3045 f.), welche vom Bundesgericht frei zu überprüfen ist. 4. 4.1. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten befugt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Diese Regelung ist in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten, doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf stützen, falls es durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater oder aber in spezifischer Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe betroffen wird und nicht bloss das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung geltend macht (BGE 138 I 143 E. 1.3.1 S. 149; 137 IV 269 E. 1.4 S. 273; 136 I 265 E. 1.4 S. 268). Gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG dürfen Gemeinwesen nur restriktiv zur Beschwerdeführung zugelassen werden (BGE 136 II 274 E. 4.2 S. 279). Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften sind nach Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt. Für das Eintreten ist allein entscheidend, dass die Beschwerde führenden Gemeinden durch einen Akt in ihrer Eigenschaft als Träger hoheitlicher Gewalt berührt sind und eine Verletzung der Autonomie geltend machen. Ob die beanspruchte Autonomie tatsächlich besteht, ist hingegen keine Frage des Eintretens, sondern eine materielle Beurteilung. Dasselbe gilt für die Frage, ob die Autonomie im konkreten Fall tatsächlich verletzt worden ist (BGE 135 I 43 E. 1.2 S. 45). 4.2. Nach Ansicht der Mehrheit der Vorinstanz können Fragen der richtigen Rechtsanwendung oder Auslegung des kantonalen Rechts allein weder legitimations- noch autonomiebegründend sein. Es genüge nicht, dass ein Gemeinwesen in einem Bereich, in dem es für die Rechtsanwendung zuständig sei, eine bestimmte Rechtsauffassung vertrete, die im Widerspruch zu einer übergeordneten Instanz stehe. In casu liege auch kein wesentlicher Eingriff ins Finanz- oder Verwaltungsvermögen vor. Die Gemeinde sei auch nicht wie eine Privatperson betroffen, habe sie doch hoheitlich gehandelt. 4.3. Demgegenüber ist die Beschwerdelegitimation der Gemeinde nach Ansicht der Minderheit der Vorinstanz zu bejahen. Dies ergebe sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts, in welcher die Legitimation mit Blick auf den Streitwert oder die mögliche Präjudizwirkung des Entscheids stets bejaht worden sei. Gehe es um Sozialhilfegelder, sei regelmässig die kommunale Leistungsverwaltung tangiert, was mit erheblichen Kosten verbunden sei, sei es auf Grund der möglichen langen Zahlungsverpflichtung im Einzelfall oder wegen der Auswirkungen des Entscheids auf andere Fälle bzw. auf die gesamte Staatsaufgabe. 4.4. Die Stadt X._ stützt ihre Legitimation sowohl auf die allgemeine Legitimationsklausel als auch auf die Gemeindeautonomie. Mit Blick auf Art. 89 Abs. 1 BGG führt sie aus, im Sozialhilfebereich stehe den Gemeinden regelmässig ein erheblicher Beurteilungsspielraum offen. Er belaste auch das Gemeindebudget wesentlich und habe daher beachtliche Folgen für die kommunale Handlungsfreiheit. Das Bundesgericht sei denn auch bis anhin stets auf Beschwerden von Gemeinden in diesem Bereich eingetreten, weil diese Interessen vertreten würden, welche über die richtige Rechtsanwendung hinausgehen. 4.5. Nach Auffassung des Beschwerdegegners darf auf die Beschwerde nicht eingetreten werden, weil es nicht um die Leistung von Sozialhilfe, sondern um die Rückerstattung bereits erbrachter Hilfe gehe. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern die Stadt X._ in der Erfüllung der öffentlichen Aufgaben tangiert sei. Der umstrittene Betrag sei angesichts des Gesamtbudgets relativ geringfügig. 5. 5.1. Die allgemeine Legitimationsklausel nach Art. 89 Abs. 1 BGG setzt eine besondere Betroffenheit voraus. Sie verlangt eine beachtenswerte, nahe Beziehung der Beschwerdeführenden zur Streitsache. Ob und inwieweit diese Vorschrift auf Gemeinden anwendbar sein soll, kann nicht generell beantwortet werden. Die Diskussion darüber steht im Spannungsfeld des Individualrechtsschutzes einerseits und der Verwirklichung des objektiven Rechts im Sinne einer richtigen Rechtsanwendung andererseits. 5.2. Die Regelung der Beschwerdebefugnis im BGG geht auf die Art. 88 und 103 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) zurück (Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4202, 4328 f.; vgl. auch Aubry Girardin, in: Corboz et al., Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 1 f. zu Art. 89 BGG; Aemisegger, in: Spühler et al., Bundesgerichtsgesetz, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 9 zu Art. 89 BGG; Waldmann, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 5 zu Art. 89 BGG). Im Entwurf des Bundesrates war gegenüber dem bisherigen Recht ein Beschwerderecht der Kantonsregierungen gegen Entscheide einer letzten kantonalen Gerichtsinstanz, die für den Kanton bedeutende Mehrausgaben oder einen erheblichen Verlust von Einnahmen zur Folge haben, vorgesehen (BBl 2001 4480, 4502). Der Ständerat hat diese spezielle Legitimation gestrichen und der Nationalrat ist ihm gefolgt (AB 2003 S 909, AB 2004 N 1607). Zur Beschwerdebefugnis von Gemeinden nach der allgemeinen Legitimationsklausel äussert sich der Bundesrat in seiner Botschaft nicht explizit (vgl. BBl 2001 4328 ff.). Immerhin wird festgehalten, das besondere Beschwerderecht wegen Verletzung der Gemeindeautonomie schliesse nicht aus, dass sich Gemeinden in bestimmten Fällen auf das allgemeine Beschwerderecht stützen könnten (BBl 2001 4330). Damit verweisen die Materialien in Bezug auf die hier interessierende Frage auf die unter dem OG geltende Rechtsprechung. 5.3. Schon gestützt auf das OG hat das Bundesgericht die Beschwerdebefugnis von Gemeinden unter der Voraussetzung, dass diese gleich oder ähnlich wie eine Privatperson in ihren materiellen oder vermögensrechtlichen Interessen berührt sind, seit jeher bejaht (statt vieler BGE 107 Ib 170). Ebenfalls bejaht wurde die Legitimation des Gemeinwesens dann, wenn es durch den angefochtenen Akt in seinen hoheitlichen Befugnissen berührt ist und ein eigenes schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (BGE 122 II 382 mit Verweis auf BGE 110 Ib 148). Seither ist die Beschwerdelegitimation für Gemeinden gestützt auf die allgemeine Klausel auf verschiedene Rechtsgebiete ausgedehnt worden (vgl. dazu Waldmann, a.a.O., N. 43 ff. zu Art. 89 BGG). Stets wurde aber betont, dass diese Beschwerdebefugnis nur ausnahmsweise angenommen werden dürfe und das Interesse an der richtigen Rechtsanwendung allein dafür nicht ausreiche. Zu fordern sei ein qualifiziertes Interesse. In einem neueren Urteil, in welchem die Frage ausführlich thematisiert wurde und in dem es um die Beschwerde einer Gemeinde gegen eine Verfügung einer übergeordneten Instanz ging, wurde die Beschwerdebefugnis verneint (BGE 140 I 90). 5.4. In den Kommentaren zum BGG wird auf die Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichts hingewiesen. Es wird festgestellt, dass die Legitimation je nach Rechtsgebiet gelegentlich bejaht oder verneint wird (vgl. Aubry Girardin, a.a.O., N. 39 ff. zu Art. 89 BGG; Waldmann, a.a.O., N. 37 ff. zu Art. 89 BGG; Seiler, in: Seiler et al., Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 34 ff. zu Art. 89 BGG). Eine grundsätzliche Kritik an der geltenden Rechtsprechung kommt darin nicht zum Ausdruck. In einer neueren, grundlegenden Publikation zum Beschwerderecht von Gemeinden (Pflüger, Die Legitimation des Gemeinwesens zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, 2013) wird die Rechtsentwicklung aufgezeichnet und es werden Vorschläge für eine Neuordnung gemacht. Der Autor spricht sich eher für eine Erweiterung der Beschwerdebefugnis von Gemeinden aus. 6. 6.1. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass zur Änderung der Rechtsprechung. Eine solche wird von den Parteien auch nicht beantragt. Daher ist die Beschwerdelegitimation einer Gemeinde nach Art. 89 Abs. 1 BGG zu bejahen, wenn sie gleich oder ähnlich wie eine Privatperson betroffen ist; darüber hinaus ist sie ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein qualifiziertes schutzwürdiges Interesse nachgewiesen wird. Letzteres ist in casu mit Blick auf den Zuständigkeitsbereich der Sozialhilfe zu prüfen. 6.2. Das Bundesgericht hat bislang die Frage der Beschwerdelegitimation einer Gemeinde im Bereich der Sozialhilfe nie verneint. Es hat sie, sei es gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG (vgl. etwa BGE 136 V 345) oder als Autonomiebeschwerde nach Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG (vgl. Urteil 8C_500/2012 vom 22. November 2012 E. 2.2.2) bejaht oder hat die Frage offengelassen. 6.3. Unbestrittenermassen sind die Gemeinden im Bereich der Sozialhilfe von kantonalen Entscheiden nicht gleich oder ähnlich wie eine Privatperson betroffen. Eine vergleichbare Betroffenheit ist etwa im öffentlichen Personalrecht anzunehmen, da sich diesfalls die Stellung der öffentlichen Hand als Arbeitgeberin von derjenigen von privaten Arbeitgebern kaum unterscheidet (BGE 134 I 204 E. 2.3 S. 206). Im Rahmen der vorliegenden Streitsache handelt die Gemeinde aber hoheitlich. Immerhin bleibt anzumerken, dass die Sozialhilfe, etwa im Bereich der immateriellen Hilfe, auch privatrechtliche Züge aufweisen kann. So werden von Sozialdiensten situationsbezogen Zusammenarbeitsverträge mit den betroffenen Personen abgeschlossen, die etwa die Stellen- oder Wohnungssuche oder weitere Elemente der Beratung oder Betreuung zum Thema haben. Auch im Bereich der Rückerstattung von Sozialhilfegeldern kommt es nicht selten zu Rückzahlungsvereinbarungen, die durchaus privatrechtlichen Charakter haben können. In der Regel handelt aber die Gemeinde in der Sozialhilfe hoheitlich, indem sie ihre Leistungen verweigert, mit Auflagen versieht oder - wie vorliegend - erbrachte Leistungen zurückfordert. 6.4. Zu prüfen ist daher, ob die Gemeinde generell oder im Einzelfall eine besondere Betroffenheit bzw. ein schutzwürdiges Interesse geltend machen kann, welches ausnahmsweise ein Eintreten auf ihre Beschwerde angezeigt erscheinen lässt. Zu denken ist an spezifische eigene Sachanliegen, an einen eigenständigen Politikbereich, an erhebliche vermögensrechtliche Interessen oder an einen fachspezifischen materiellen bzw. organisatorischen Autonomiebereich (vgl. dazu Pflüger, a.a.O., S. 140 ff.). 6.4.1. Das Fürsorgewesen gehört seit jeher zu den klassischen Gemeindeaufgaben. Die kommunale Zuständigkeit wird mit der Nähe zu den Betroffenen begründet. Die geeignete, massgeschneiderte Hilfe kann vor Ort in der Tat am besten eruiert und bemessen werden. Es ist daher von einer Kernkompetenz der Gemeinden in einer angestammten Tätigkeit auszugehen. 6.4.2. Daran ändert nichts, dass die gesetzlichen Grundlagen zu Art und Ausmass der Hilfe in der Regel kantonalrechtlich bestimmt werden. Immer noch verbleibt den Gemeinden in der individuellen Ausgestaltung der Hilfe ein grosser Ermessensspielraum. Zudem verweisen die meisten Kantone für die Detailregelung integral oder doch weitgehend auf die Richtlinien für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe. Diese werden von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) erlassen, deren Mitglieder sich vor allem aus Kantonen und Gemeinden zusammensetzen. Sie lassen den Rechtsanwendern eigene Entscheidungsspielräume. Diese betreffen nicht nur das Ausmass, sondern vor allem auch die Art der Hilfe und die Festsetzung von Weisungen und Auflagen. 6.4.3. Im Rahmen dieser Zuständigkeit geniessen die Gemeinden im Übrigen eine weitgehende organisatorische Autonomie. Sie können diese Aufgabe durch die eigene Verwaltung erfüllen, ganz oder teilweise an Dritte übertragen oder regional lösen. 6.4.4. Die finanzielle Belastung der Gemeinden ist im Bereich der Sozialhilfe erheblich und in den letzten Jahren angestiegen. Der erhöhte Aufwand und die damit verbundene Problematik sind zunehmend auch von (finanz) politischem Interesse. Verantwortliche werden je nach Sichtweise zum Masshalten oder zu grosszügigeren Leistungen aufgefordert. Auch werden die Gemeinden angehalten, diesen Bereich eigenständiger zu gestalten und die ihnen zustehenden Freiräume besser zu nutzen. 6.4.5. Schliesslich können kantonale Gerichtsentscheide, auch wenn sie bloss einen Einzelfall betreffen, für weitere Betroffene und eine Vielzahl von Gemeinden präjudizierend sein. Solche Entscheide haben eine nicht unerhebliche Signalwirkung auf die Ausgestaltung der Sozialhilfe vor Ort. Zu denken ist etwa an die Auflage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder an einem Arbeitseinsatz teilzunehmen (BGE 139 I 218), sowie an die Anforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung von obdachlosen Personen (BGE 139 I 272). 6.5. Wenn auch nicht alle massgebenden Kriterien, welche den Gemeinden nach der allgemeinen Legitimationsklausel den Zugang ans Bundesgericht ausnahmsweise ermöglichen, in besonders ausgeprägter Weise erfüllt sein mögen, ergibt sich doch aus einer Gesamtbetrachtung, dass die Legitimation in der Regel gegeben sein soll (vgl. zum Ganzen auch Ursprung/Riedi Hunold, Zur neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf dem Gebiet der Sozialhilfe, ZBl 115/2014 S. 231, 245 ff.). Gemeinden sind im Bereich der Sozialhilfe in spezifischer Weise in der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben betroffen und sollen sich daher gegen Entscheide, die ihr Verwaltungshandeln in diesem Bereich einschränken, zur Wehr setzen können. Diese Beschwerdelegitimation entspricht der langjährigen Praxis des Bundesgerichts. Es kann nicht gesagt werden, die Gemeinden hätten bislang von der Möglichkeit Beschwerde zu führen, übermässig Gebrauch gemacht, werden doch am Bundesgericht jährlich nur vereinzelt Beschwerden von Gemeinden eingereicht (sowohl 2012 wie auch 2013 wurden beim Bundesgericht von 89 resp. 87 Beschwerden auf dem Gebiet der Sozialhilfe je deren zwei von Gemeinden eingereicht). Sie betreffen in der Regel grundlegende Fragen und beziehen sich nicht auf zu vernachlässigende Aspekte in Einzelfällen. 6.6. Dies will nicht heissen, dass die Beschwerdelegitimation ausnahmslos zu bejahen ist. Sie kann etwa verneint werden, wenn die präjudizielle Wirkung eines Entscheids weder geltend gemacht noch ersichtlich ist oder wenn ganz unerhebliche Rechtsfolgen zur Beurteilung anstehen. In solchen Fällen kann von einem besonderen schutzwürdigen Interesse der Gemeinde nicht mehr gesprochen werden, sondern es muss angenommen werden, dass es diesfalls nur noch um die richtige Rechtsanwendung oder gar um eine Frage des Prestiges geht, welche die Legitimation ausschliessen. 6.7. Im vorliegenden Fall geht es um die Rückerstattung nicht unerheblicher Sozialhilfeleistungen. Der Bezirksrat hat die Rückerstattungspflicht verneint. Zur Begründung bezog er sich nicht nur auf die Besonderheiten des Einzelfalls, sondern auf grundsätzliche Überlegungen, die sich auf die Rückerstattungspflicht im Allgemeinen auswirken; davon sind nebst der Stadt X._ über den aktuellen Fall hinaus auch weitere Gemeinden besonders berührt. Dass es dabei nicht um die Zusprechung von Sozialhilfeleistungen, sondern um deren Rückerstattung geht, spielt keine Rolle. Denn die Gemeinde ist im einen wie im anderen Fall in gleicher Weise in ihren schutzwürdigen Interessen betroffen. Zudem steht ihr gerade bei der Frage, ob und inwieweit vom Rückforderungsrecht Gebrauch gemacht werden soll, ein erheblicher Entscheidungs- bzw. Ermessensspielraum zu. Die Vorinstanz hat demnach Bundesrecht verletzt (Art. 111 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 89 Abs. 1 BGG), indem sie der Gemeinde die Beschwerdelegitimation im kantonalen Verfahren absprach. 7. Da sich der Anspruch der Stadt X._ auf einen Entscheid in der Sache bereits aus der allgemeinen Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG ergibt, kann offen bleiben, ob sie sich auch auf eine Verletzung der Gemeindeautonomie im Sinne von Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG stützen könnte. Hinsichtlich dieser Bestimmung reicht es rechtsprechungsgemäss, wenn die Gemeinde eine Verletzung ihrer Autonomie (Art. 50 BV) geltend macht; ob ihr im strittigen Bereich eine Autonomie tatsächlich zukommt und ob diese verletzt worden ist, ist keine Frage des Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung (BGE 135 I 43 E. 1.2 S. 45). Mit dem Entscheid über das Eintreten ist daher für die Gemeinden noch nichts gewonnen (vgl. etwa Urteil 8C_500/2012 vom 22. November 2012). 8. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten vom Beschwerdegegner als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihm kann indessen die unentgeltliche Rechtspflege gewährt werden (Art. 64 BGG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die anwaltliche Vertretung geboten war und die Prozessaussichten angesichts seiner Stellung als Beschwerdegegner unerheblich sind (vgl. etwa Urteil 8C_842/2013 vom 11. März 2014 E. 7). Es ist jedoch auf Art. 64 Abs. 4 BGG hinzuweisen, wonach der Gerichtskasse Ersatz zu leisten sein wird, wenn dies später möglich sein sollte. Hingegen hat die Stadt X._ keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis tätig war (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. Dezember 2013 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Dem Beschwerdegegner wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Rechtsanwalt Thomas Schütz wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt. 3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen. 4. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'500.- ausgerichtet. 5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und dem Bezirksrat X._ schriftlich mitgeteilt. Luzern, 25. Juni 2014 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Leuzinger Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold
a08302d2-2791-4b44-b61b-e24bdbec8572
de
2,014
CH_BGer_009
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Der 1962 geborene R._ sel. war bei der Sammelstiftung Vita (nachfolgend: Sammelstiftung) für die berufliche Vorsorge versichert, als er 2010 verstarb. Er hinterliess u.a. seine Mutter S._ und seine Lebensgefährtin K._. Diese hatte er mit Mitteilung vom 8. Februar 2010 gegenüber der Sammelstiftung als begünstigte Person bezeichnet. Sowohl die Mutter als auch die Lebensgefährtin verlangten von der Sammelstiftung das Todesfallkapital; eine Einigung kam nicht zustande. B. Am 10. August 2011 erhob S._ beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Klage gegen die Sammelstiftung mit dem Rechtsbegehren, diese sei zu verpflichten, ihr Fr. 171'509.10 nebst Zins zu 5 % seit 16. Juli 2010 zu bezahlen. Die Sammelstiftung und die zum Verfahren beigeladene K._ beantragten die Abweisung der Klage. Das Sozialversicherungsgericht hiess die Klage mit Entscheid vom 15. Mai 2013 in Bezug auf das Todesfallkapital vollständig und in Bezug auf die Zinsen teilweise gut. C. K._ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, es sei der Entscheid vom 15. Mai 2013 aufzuheben und die Klage der S._ abzuweisen. Ferner ersucht sie um aufschiebende Wirkung der Beschwerde. S._ lässt auf Abweisung des Rechtsmittels schliessen, soweit darauf einzutreten sei. Die Sammelstiftung und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Stellungnahme.
Erwägungen: 1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 2. 2.1. Das Vorsorgereglement der Sammelstiftung vom November 2008 (Ausgabe 1/2009; nachfolgend: Vorsorgereglement) sieht in Ziff. 4.5.7 folgende, mit Art. 20a BVG in Einklang stehende Regelung vor: "[Abs. 1] Anspruch auf die Todesfallkapitalien haben unabhängig vom Erbrecht: a) der überlebende Ehegatte, bei dessen Fehlen b) die rentenberechtigten Kinder, bei deren Fehlen c) übrige natürliche Personen, die von der verstorbenen versicherten Person in erheblichem Masse unterstützt worden sind, oder die Person, die mit dieser in den letzten fünf Jahren bis zu ihrem Tod ununterbrochen eine eheähnliche Lebensgemeinschaft geführt hat oder die für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen muss, bei deren Fehlen d) die übrigen Kinder, bei deren Fehlen e) die Eltern, bei deren Fehlen (...). [Abs. 2 und 3] (...) [Abs. 4] Begünstigte Personen gemäss lit. c werden nur dann in eine Verteilung mit einbezogen, wenn die Stiftung bis spätestens zum Zeitpunkt der Auszahlung des Todesfallkapitals vom Vorhandensein einer anspruchsberechtigten Person gemäss lit. c in Kenntnis gesetzt wurde. Ist dies nicht der Fall, besteht kein Anspruch auf das Todesfallkapital. [Abs. 5] Massgebend für eine Auszahlung an die begünstigte Person sind in jedem Fall die Verhältnisse im Zeitpunkt des Todes der versicherten Person. [Abs. 6] (...) " 2.2. Die Auslegung des Reglements einer privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtung als vorformulierter Inhalt des Vorsorgevertrages geschieht nach dem Vertrauensprinzip. Dabei sind jedoch die den Allgemeinen Versicherungsbedingungen innewohnenden Besonderheiten zu beachten, namentlich die sogenannten Unklarheits- und Ungewöhnlichkeitsregeln. Nach diesen Auslegungsgrundsätzen gilt es, ausgehend vom Wortlaut und unter Berücksichtigung des Zusammenhanges, in dem eine streitige Bestimmung innerhalb des Reglements als Ganzes steht, den objektiven Vertragswillen zu ermitteln, den die Parteien mutmasslich gehabt haben. Dabei hat das Gericht zu berücksichtigen, was sachgerecht ist, weil nicht angenommen werden kann, dass die Parteien eine unvernünftige Lösung gewollt haben. Sodann sind mehrdeutige Wendungen in vorformulierten Vertragsbedingungen im Zweifel zu Lasten ihres Verfassers auszulegen (BGE 138 V 176 E. 6 S. 181; 131 V 27 E. 2.2 S. 29). 2.3. Das Ergebnis der Auslegung nach dem Vertrauensgrundsatz und in Anwendung der Unklarheits- und Ungewöhnlichkeitsregel kann vom Bundesgericht als Rechtsfrage frei überprüft werden (ZBGR 88/2007 S. 478, 5C.282/2005 E. 4.1; Urteil 5C.150/2006 vom 6. November 2006 E. 2.4.1). 3. 3.1. Die Beschwerdeführerin bringt u.a. vor, der Verstorbene habe die Vorsorgegelder in die gemeinsam erworbene Liegenschaft investieren wollen. Dass nun dessen Mutter - nach Ausschlagung der Erbschaft - diese Kapitalien kassiere, führe zu einer ungerechtfertigten Überschuldung des Nachlasses bzw. Erhöhung ihrer eigenen Hypothekarbelastung bei der finanzierenden Bank. Im Todesfall ausgerichtete Leistungen aus beruflicher Vorsorge bilden nicht Bestandteil des Nachlasses der verstorbenen versicherten Person (vgl. Art. 19 ff. BVG; BGE 129 III 305 E. 2.5 S. 310; 130 I 205 E. 8 S. 220; HANS-ULRICH STAUFFER, Berufliche Vorsorge, 2. Aufl. 2012, S. 310 Rz. 855). Dem entsprechen die Bestimmungen von Ziff. 4.5.8 Abs. 2 und 3 Vorsorgereglement, wonach die Todesfallleistungen den anspruchsberechtigten Hinterlassenen einer versicherten Person auch dann zustehen, wenn sie deren Erbschaft ausschlagen, und allfällige nicht zur Auszahlung gelangende Leistungen nach Massgabe des Stiftungszwecks verwendet werden. Im Übrigen legt die Beschwerdeführerin ohnehin nicht substanziiert dar (vgl. Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), inwiefern sie Gläubigerin des Verstorbenen gewesen sein soll (vgl. dazu etwa Art. 594 ZGB). Die Anspruchsberechtigung der S._ ist demnach nur in Bezug auf die Frage, ob die frühere Lebensgefährtin des Verstorbenen ein eigenes - gegebenenfalls vorangehendes (vgl. Ziff. 4.5.7 Abs. 1 lit. c und e Vorsorgereglement) - Recht auf das Todesfallkapital hat, zu prüfen. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu Erbenstellung und Rechtsmissbrauch der S._ sind in diesem Zusammenhang nicht von Belang, darauf ist mangels eines schutzwürdigen Interesses (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG) nicht weiter einzugehen. 3.2. Es steht fest und ist unbestritten, dass aus dem Vorsorgeverhältnis mit R._ sel. keine Rentenansprüche entstanden. Ein Anspruch der Beschwerdeführerin fällt lediglich mit Blick auf Ziff. 4.5.7 Abs. 1 lit. c Vorsorgereglement in Betracht. Die Vorinstanz hat verbindlich (E. 1) festgestellt, dass die eheähnliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Verstorbenen und seiner Lebensgefährtin weniger als fünf Jahre gedauert habe und dass keine gemeinsamen Kinder vorhanden seien. Streitig und zu prüfen ist die Frage, ob die Beschwerdeführerin vom verstorbenen Versicherten "in erheblichem Masse" unterstützt wurde. Diesbezüglich hat das kantonale Gericht ebenfalls verbindlich (E. 1) festgestellt, die Beschwerdeführerin sei nach eigenen Angaben ab Mitte 2008, mithin während 22 Monaten unterstützt worden; Zahlungen ab Anfang 2009 seien aktenmässig ausgewiesen. 3.3. 3.3.1. Der verstorbene Versicherte hatte der Sammelstiftung die Begünstigung seiner Lebensgefährtin mittels vorgedrucktem Formular mitgeteilt. Auf dessen Rückseite befindet sich ein "Anhang", worin u.a. Folgendes vermerkt ist: "Zur wirksamen Begünstigung der in erheblichem Masse unterstützten Person (unter lit. c) verlangt die Rechtsprechung unter anderem folgende Voraussetzungen, die im Zeitpunkt des Todes der versicherten Person kumulativ erfüllt sein müssen: - Die begünstigte Person muss von der versicherten Person wirtschaftlich abhängig sein. Sie muss im Zeitpunkt des Todes und in den letzten Jahren davor in erheblichem Masse unterstützt worden sein. Diese Abhängigkeit kann in der Regel angenommen werden, wenn die versicherte Person für mehr als die Hälfte des Unterhalts der unterstützten Person aufgekommen ist. - Die Unterstützung muss regelmässig erfolgt sein und mindestens eine Dauer von 5 Jahren aufgewiesen haben." Die Vorinstanz ist der Auffassung, damit habe die Sammelstiftung konkretisiert, welche Bedeutung sie dem Begriff der "erheblichen Unterstützung" beimesse. Mit Blick auf Art. 20a BVG sei eine restriktive Auslegung dieses Begriffs zulässig. Die Klausel sei eindeutig und unmissverständlich; davon sei bei der Auslegung der fraglichen Reglementsbestimmung auszugehen. Der Anspruch der Lebensgefährtin scheitere bereits am Umstand, dass die Unterstützung keine fünf Jahre gedauert habe. 3.3.2. Die "Klausel" auf dem vorgedruckten Mitteilungsformular bildet nicht Bestandteil des Vorsorgereglements. Auf dem Formular wird denn auch die Sammelstiftung nicht namentlich erwähnt; als dessen Verfasserinnen erscheinen indessen zwei Versicherungsgesellschaften, mit denen die Sammelstiftung Kollektiv-Lebensversicherungsverträge abschloss resp. abschliessen kann (vgl. Ziff. 1.5 Vorsorgereglement). Zwar ist es grundsätzlich zulässig, den Kreis der Begünstigten enger zu fassen als in Art. 20a BVG vorgesehen (BGE 138 V 86 E. 4.2 S. 93; 137 V 383 E. 3.2 S. 387 f.), dies muss aber im Reglement statuiert werden. Weiter ist nicht ersichtlich, wann dem Versicherten Kenntnis des Formulars gegeben worden war, und der Anspruch der Lebensgefährtin ist auch nicht reglementarisch von vornherein an die formelle Voraussetzung einer Begünstigungserklärung zu Lebzeiten (BGE 136 V 127 E. 4.5 S. 130) resp. der Benutzung des konkreten Formulars gebunden (vgl. Ziff. 4.5.7 Abs. 4 Vorsorgereglement). Unter diesen Umständen kann der Hinweis auf dem Mitteilungsformular höchstens als Manifestation dafür verstanden werden, wie die Sammelstiftung selber den Begriff der "erheblichen Unterstützung" interpretieren will, wobei allerdings ausdrücklich auf "die Rechtsprechung" verwiesen wird. Der Beschwerdeführerin ist daher beizupflichten, dass das Mitteilungsformular für eine rechtskonforme Auslegung der einschlägigen Reglementsbestimmung (E. 2.2) keine verbindliche Vorgabe enthält. 3.4. 3.4.1. In zeitlicher Hinsicht bildet die Dauer nach dem Wortlaut von Ziff. 4.5.7 Vorsorgereglement lediglich dann ein Tatbestandselement, wenn ein Anspruch mit einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft (ohne gemeinsame Kinder) begründet wird, was hier nicht zutrifft. Darüber hinaus entbehrt indessen auch eine "erhebliche Unterstützung" als solche nicht eines zeitlichen Elements. Im Zusammenhang mit der Begünstigung erheblich unterstützter Personen - sei es mit Blick auf Ziff. 4.5.7 Abs. 1 lit. c Vorsorgereglement oder auf die gleich lautende Bestimmung von Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG - ist es nicht sachgerecht, bloss einmalige oder vorübergehend während relativ kurzer Zeit ausgerichtete Leistungen zu berücksichtigen, geht es doch in der Tat (vgl. E. 3.3.1) darum, einen finanziellen Nachteil, den eine hinterlassene, wirtschaftlich von der versicherten Person (teilweise) abhängige Person erleidet, aufzufangen, d.h. einen sogenannten Versorgerschaden auszugleichen resp. abzumildern (vgl. BGE 138 V 98 E. 5.3 S. 103). Für die Annahme eines solchen ist - anders als etwa im Haftpflichtrecht (vgl. HEIERLI/SCHNYDER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 8 zu Art. 45 OR) - nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck von Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG vorausgesetzt, dass die versicherte Person Unterstützungsleistungen tatsächlich erbrachte; zudem ist nach dem Gesagten aufgrund der ratio legis eine "erhebliche" Unterstützung nur anzunehmen, wenn die Leistungen über einen gewissen Zeitraum hinweg flossen. Hingegen gibt es keine Veranlassung, einen Versorgerschaden im genannten Sinn von vornherein erst bei mindestens fünfjähriger Dauer der Unterstützung anzunehmen; eine derartige Rechtsprechung ist denn auch nicht ersichtlich. Zwar wäre es zulässig, eine solche Restriktion (vgl. E. 3.4.3) reglementarisch vorzusehen (E. 3.3.2; BGE 138 V 98 E. 4 S. 101 f.), Anhaltspunkte dafür finden sich aber im Vorsorgereglement der Sammelstiftung nicht. 3.4.2. Im konkreten Fall wurde die Beschwerdeführerin vom verstorbenen Versicherten zwar regelmässig und auf unbestimmte Zeit, indessen während höchstens 22 Monaten unterstützt (E. 3.2). Fraglich und zu prüfen ist, ob diese Dauer dem soeben dargelegten zeitlichen Aspekt der Erheblichkeit genügt. 3.4.3. Die Dauer eines Konkubinates impliziert in verschiedenen Rechtsgebieten eine wirtschaftliche Unterstützung unter den Partnern, auch wenn sie dazu - anders als Ehegatten (vgl. Art. 163 ZGB) und eingetragene Partnerinnen und Partner (vgl. Art. 13 des Bundesgesetzes vom 18. Juni 2004 über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare [PartG; SR 211.231]) - nicht gesetzlich verpflichtet sind: Im Scheidungsrecht etwa kann das Konkubinat eines geschiedenen Ehegatten nach drei Jahren zur Sistierung des ihm zugesprochenen Unterhaltsbeitrages führen (BGE 138 III 157 E. 2.3.3 S. 161 mit Hinweisen). Im Bereich der Sozialhilfe wird bereits ein Konkubinat von mindestens zwei Jahren Dauer für stabil gehalten und demzufolge das Einkommen des nicht unterstützungsbedürftigen Konkubinatspartners für die Beurteilung der Bedürftigkeit des anderen berücksichtigt (BGE 138 III 157 E. 2.3.3 S. 161, mit Hinweis auf BGE 136 I 129 E. 6.3 S. 135 und SKOS-Richtlinien). Für die hier zu beantwortende Frage ist zwar nicht die Dauer des Konkubinats, sondern jene der Unterstützung massgebend. Dort geht es um eine umfassende Lebensgemeinschaft von zwei Personen mit grundsätzlich Ausschliesslichkeitscharakter, die sowohl eine geistig-seelische, als auch eine körperliche und eine wirtschaftliche Komponente aufweist und auch etwa als Wohn-, Tisch- und Bettgemeinschaft bezeichnet wird (FamPra.ch 2008 S. 944, 5A_81/2008 E. 5.1.2); hier allein um wirtschaftliche Versorgung (E. 3.4.1). Ebenso basiert die entsprechende Rechtsfolge dort auf einer (Tatsachen-) Vermutung, während hier die Anforderungen insofern strenger sind, als die Unterstützung nachweislich erfolgt sein muss; demgegenüber ist hier eine Art "Tatbeweis" im Sinne einer über die wirtschaftlichen Aspekte hinausgehenden, umfassenden Lebensgemeinschaft nicht erforderlich. Beiden Konstellationen ist jedoch immanent, dass die Beteiligten angesichts einer gefestigten Situation grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, dass die Verhältnisse, namentlich in finanzieller Hinsicht, auch in Zukunft Bestand haben. Es ist daher gerechtfertigt, für die Qualifikation der Unterstützung als erheblich im Sinne von Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG im zeitlichen Moment an die genannte Rechtsprechung anzuknüpfen, wobei offenbleiben kann, ob diesbezüglich die sozialhilfe- oder scheidungsrechtliche Betrachtung vorzuziehen ist (vgl. E. 3.5 hienach). Damit ist in der Regel eine Unterstützungsdauer von mindestens zwei Jahren vorauszusetzen. Auch angesichts des Umstandes, dass überlebende Ehegatten resp. eingetragene Partner oder Partnerinnen und rentenberechtigte Kinder (Art. 19 ff. BVG) ihre Ansprüche ohnehin nicht als unterstützte Personen gemäss Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG begründen, erscheint diese Zeitspanne nicht zu lang. 3.5. Dieser für Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG geltende zeitliche Massstab ist auch an die gleichlautende Bestimmung von Ziff. 4.5.7 Abs. 1 lit. c Vorsorgereglement anzulegen (E. 2.2). Nach dem Gesagten ist im konkreten Fall die Erheblichkeit der Unterstützung bereits mangels genügender Dauer (E. 3.4.2) zu verneinen, was einen Anspruch der Lebensgefährtin auf das Todesfallkapital ausschliesst. Weiterungen in Bezug auf die Frage nach dem Gehalt des Begriffs der "erheblichen Unterstützung" unter quantitativem Aspekt (BGE 138 V 98 E. 5.2 S. 102; 131 V 27 E. 5.1 S. 31 f.) erübrigen sich. 4. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegenstandslos. 5. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die obsiegende Beschwerdegegnerin S._ hat Anspruch auf eine dem letztinstanzlichen Arbeitsaufwand entsprechende Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin S._ für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 28. Januar 2014 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Kernen Die Gerichtsschreiberin: Dormann
a13e546c-c997-4404-8f10-ae4f88243e78
de
2,008
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die Hilti Aktiengesellschaft, Schaan/FL (Klägerin, Beschwerdeführerin) ist Inhaberin der schweizerischen Farbmarke Rot (RAL 3020) CH 540 979 für Werkzeugkoffer aus Kunststoff für Bohrhämmer für Profis der Baubranche (internationale Klasse 20), die sie als durchgesetzte Marke beansprucht. Ausserdem hält sie die internationale dreidimensionale Marke IR 805 947 (3D) mit dem Farbanspruch rot (RAL 3020) für Metallkoffer (containers of metal for storage and transport/Conteneurs métalliques de stockage et de transport) für Handwerkzeug der Klassen 6, 7 und 20. Sie reichte am 2. September 2005 beim Handelsgericht des Kantons Bern Klage ein gegen die Milwaukee Electric Tool Corporation, Delaware/USA (Beklagte, Beschwerdegegnerin) mit den Begehren, der Beklagten sei zu verbieten, in der Schweiz Bohrhämmer zusammen mit Koffern mit einem unifarben in RAL 3020 gehaltenen Korpus, insbesondere mit Koffern gemäss nachstehender Abbildung (...), selber oder durch Dritte Profis der Baubranche anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder solche Koffer zu bewerben (Ziffer 1), eventualiter: Der Beklagten sei zu verbieten, in der Schweiz Bohrhämmer, die teurer als CHF 500 sind, zusammen mit Koffern mit einem unifarben in RAL 3020 gehaltenen Korpus, insbesondere mit Koffern gemäss Abbildung unter Ziffer 1, selber oder durch Dritte anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder solche Koffer zu bewerben (Ziffer 2). Die Beklagte erhob Widerklage mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass die schweizerische Schutzausdehnung der internationalen Marke IR 805 947 für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen nichtig ist. Nach Durchführung eines doppelten Schriftenwechsels und der Hauptverhandlung - in der die Klägerin ihre Rechtsbegehren änderte - wurde das Verfahren suspendiert; nach der Wiederaufnahme stellten die Parteien ihre Beweisanträge. B. Am 1. Oktober 2007 erliess der Vizepräsident des Handelsgerichts des Kantons Bern folgenden Beschluss: "1. Als relevante Verkehrskreise werden die Käufer und potentiellen Käufer von Bohrhämmern festgelegt. 2. Es werden zwei Umfragen, eine betreffend die Marke Rot für Koffer für Bohrhämmer für Profis sowie eine für die Marke "roter Koffer 3D", in der Schweiz bei den relevanten Verkehrskreisen durchgeführt. 3. Die Parteien werden aufgefordert, dem Gericht innert 30 Tagen Institute vorzuschlagen, die in der Lage sind entsprechende Umfragen durchzuführen. 4. Die Parteien werden aufgefordert, dem Gericht innert gleicher Frist Fragen für die demoskopischen Befragungen vorzuschlagen, wobei von den durch das Gericht in Ziffer 1 definierten Verkehrskreisen auszugehen ist. 5. Die übrigen Beweisanträge der Klägerin werden abgewiesen." Zur Begründung von Ziffer 1 führte das Gericht aus, es sei für die Beurteilung der massgeblichen Verkehrskreise nicht einfach auf die Einschränkung in der Eintragung abzustellen, sondern diese seien danach zu umschreiben, welche Käufer oder Kunden die "objektiviert normativ" definierten Produkte abnähmen. Selbst wenn die Klägerin ihre Werkzeuge und damit auch die Koffer für Bohrhämmer über andere Verkaufskanäle vertreibe, sei nicht ausgeschlossen, dass die Werkzeuge auch durch Hobby-Handwerker erworben würden. Es müsse darauf abgestellt werden, wie die Bohrhämmer insgesamt verkauft würden und entsprechend sei der massgebliche Adressatenkreis zu definieren. Zu Ziffer 2 legte das Gericht dar, eine Umfrage sei notwendig zur Beantwortung der Frage der Verkehrsdurchsetzung, wobei zwei Umfragen durchzuführen seien, da eine Beeinflussung nicht ausgeschlossen werden könne, wenn in einer einzigen Umfrage die Durchsetzung des roten Koffers wie auch der abstrakten Frage der Farbe Rot für Koffer erhoben würde. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 1. November 2007 stellt die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht folgende Rechtsbegehren: "1. Ziff. 1 des Beschlusses des Handelsgerichts des Kantons Bern vom 1. Oktober 2007 sei aufzuheben, und es seien als relevanter Verkehrskreis Personen in Bauunternehmen (vorbereitende Baustellenarbeiten, Hoch- und Tiefbau, Bauinstallation, Ausbau- und Bauhilfsgewerbe) festzulegen, welche für die gewerbliche Anwendung geeignete Bohrhämmer beschaffen oder beschaffen könnten. 2. Eventualiter sei Ziff. 1 des Beschlusses des Handelsgerichts des Kantons Bern vom 1. Oktober 2007 aufzuheben und es sei die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 3. ..." D. Die Beschwerdeführerin hält dafür, sie erleide durch den selbständig eröffneten Vor- bzw. Zwischenentscheid einen rechtlichen Nachteil; eventuell sei ihre Beschwerde auch ohne den Nachweis eines Nachteils rechtlicher Natur zulässig. Materiell rügt sie, die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt bei der Festlegung der massgeblichen Verkehrskreise, bei denen sich ihr Zeichen des Gemeinguts als Marke durchgesetzt haben müsse. E. Das Handelsgericht des Kantons Bern beantragt in der Vernehmlassung, auf die Beschwerde sei einzutreten und diese sei abzuweisen. Die Beschwerdegegnerin stellt in der Antwort das Rechtsbegehren, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. F. Mit Verfügung vom 6. Dezember 2007 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung gewährt.
Erwägungen: 1. Der angefochtene Entscheid ist in einer zivilrechtlichen Streitigkeit (Art. 72 BGG) über eine Markenrechtssache ergangen, für welche das Bundesrecht (Art. 58 MSchG) eine einzige Instanz vorschreibt (Art. 74 Abs. 2 lit. b und Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG). Die Beschwerdeführerin ist mit ihren Anträgen vor der Vorinstanz unterlegen (Art. 76 BGG). Der angefochtene Entscheid schliesst jedoch das Verfahren nicht ab (Art. 90 BGG). Es handelt sich um einen Vor- oder Zwischenentscheid, der weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betrifft. Gegen einen solchen Entscheid ist nach Art. 93 BGG die Beschwerde zulässig, wenn entweder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen könnte und damit ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG) oder wenn der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Da bei Gutheissung der Beschwerde ein Entscheid über die Klage nicht herbeigeführt werden kann, sind die Voraussetzungen für die Anhandnahme der Beschwerde auch dann nicht gegeben, wenn die angeordnete Beweismassnahme zeitaufwändig und kostspielig ist. Die Beschwerdeführerin beruft sich zu Recht nicht auf die Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG. Sie behauptet dagegen, die Beschwerde sei gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zulässig. 2. Selbständig eröffnete Vor- oder Zwischenentscheide können nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG angefochten werden, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. 2.1 Ein im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht wieder gutzumachender Nachteil muss nach der von sämtlichen Abteilungen des Bundesgerichts befolgten Rechtsprechung rechtlicher Natur und somit auch mit einem für die Beschwerde führende Partei günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behebbar sein (BGE 133 III 629 E. 2.3 S. 632; 133 IV 139 E. 4 S. 141; zur Publikation bestimmtes Urteil 1B_84/2007 vom 11. September 2007 E. 4; zur Publikation in BGE 133 V bestimmtes Urteil 9C_352/2007 vom 6. November 2007 E. 2.1; Urteil 4A_85/2007 vom 11. Juni 2007 E. 3.1). Dies entspricht der gesetzgeberischen Absicht, die für die altrechtliche staatsrechtliche Beschwerde geltende Regelung auch für die neuen Beschwerdeverfahren zu übernehmen (vgl. die Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001, 4333 f. zu Art. 88 Entwurf). Das Bundesgericht bezieht die bisherige konstante Praxis dazu mit ein (Urteil 4A_92/2007 vom 8. Juni 2007 E. 2). Nach der Rechtsprechung zu Art. 87 Abs. 2 OG genügt die blosse Möglichkeit eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur (BGE 126 I 97 E. 1b S. 100). Dabei ist es nicht nötig, dass sich der Nachteil schon im kantonalen Verfahren durch einen günstigen Endentscheid beheben lässt. Es reicht aus, wenn er in einem anschliessenden bundesgerichtlichen Verfahren beseitigt werden kann (BGE 126 I 97 E. 1b S. 100 f.; 117 Ia 251 E. 1 b S. 254, je mit Hinweis). 2.2 Der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden, wenn sie eine ausdehnende Interpretation des erforderlichen Nachteils auch auf rein tatsächliche Nachteile wie die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens befürwortet. Denn grundsätzlich soll sich das Bundesgericht nur einmal mit einem Fall befassen müssen und diesen insgesamt beurteilen können (BGE 133 III 629 E. 2.1 S. 631 mit Hinweisen). Nur wenn prozessökonomische Gründe eine frühere Befassung zwingend gebieten und mit der Öffnung des Rechtswegs der Trölerei nicht grundsätzlich Vorschub geleistet wird, erscheint ein Zwischenverfahren gerechtfertigt. Sofern die besonderen gesetzlichen Voraussetzungen (sofort möglicher Endentscheid gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG, vorweg zu bereinigende gerichtsorganisatorische Fragen gemäss Art. 92 BGG) nicht vorliegen, ist daher an der restriktiven Praxis festzuhalten. Es bedarf eines rechtlichen Nachteils, der durch einen günstigen Entscheid in der Sache nicht mehr behoben werden kann. 2.3 Der angefochtene Beschluss hat eine Beweismassnahme zum Gegenstand. Es werden zwei demoskopische Gutachten angeordnet, die notorisch kostspielig und regelmässig auch zeitaufwändig sind. Diese Nachteile sind jedoch grundsätzlich rein tatsächlicher Art und daher nur im Rahmen der Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG, nicht jedoch nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG beachtlich. Dass sodann - wie die Beschwerdeführerin vorbringt - mit der Verlängerung des Verfahrens die nach ihrer Ansicht markenverletzenden Produkte der Beschwerdegegnerin auf dem Markt weiterhin vertrieben werden und zu einer Markt- oder Zuordnungsverwirrung führen können, ist nicht als rechtlicher Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu qualifizieren. Denn zur Verhinderung derartiger Nachteile steht das Massnahmeverfahren nach Art. 59 MSchG zur Verfügung. Dass die Beschwerdeführerin in diesem Verfahren mit ihren Anträgen erfolglos blieb, vermag den Rechtsweg gegen Vor- oder Zwischenentscheide im Hauptverfahren nicht zu öffnen. Schliesslich ist auch entgegen der Ansicht der Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung nicht davon auszugehen, dass eine allfällige Wiederholung von Umfragen nach allgemeiner Erfahrung schon deshalb ausgeschlossen wäre, weil die früheren Befragungen bei zum Teil gleichen Verkehrskreisen das Resultat beeinflussen könnten. Selbst wenn teilweise dieselben Adressaten ein weiteres Mal befragt werden sollten, ist weder anzunehmen, dass sich diese nach einer gewissen Zeit wesentlich von der Fragestellung beeinflussen lassen, noch ist auszuschliessen, dass sich durch andere Einflüsse ihre Sensibilität gegenüber dem in Frage stehenden Produkt verändert hat. Soweit der Zeitpunkt der Umfrage für das Urteil nicht von erheblicher Bedeutung ist, kann daher nicht angenommen werden, die Beweismassnahme liesse sich im Falle eines für die Beschwerdeführerin günstigen Endentscheides nicht wiederholen und die Beschwerde müsse deshalb behandelt werden, weil sonst der Beweis vereitelt werden könnte. 2.4 Einen Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG erleidet die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Beschluss nicht. 3. Auf die Beschwerde kann nicht eingetreten werden. Die Gerichtskosten sind bei diesem Verfahrensausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat ausserdem der Beschwerdegegnerin deren Parteikosten für das vorliegende Verfahren zu ersetzen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Handelsgericht, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 9. Januar 2008 Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: Corboz Hürlimann
a14ce3ca-5d1c-4700-93f4-293654a667ff
de
2,010
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Am 22. Mai 2000 kündigte Deutschland die schweizerisch-deutsche Vereinbarung von 1984 über die An- und Abflüge zum bzw. vom Flughafen Zürich über deutschem Hoheitsgebiet. Im Herbst 2001 einigten sich die Parteien auf einen Staatsvertrag, mit dessen Umsetzung - voranwendungs- und schrittweise - sogleich zu beginnen war. So wurde am 19. Oktober 2001 ein neues, den deutschen Luftraum entlastendes Nachtflugregime eingeführt; die Landungen, die bis dahin von Norden erfolgt waren, wurden auf die Piste 28 verlegt, mit Anflug aus Osten. Weitere Ostanflüge wurden eingeführt, als am 27. Oktober 2002 die neue staatsvertragliche Wochenend- und Feiertagsregelung zu greifen begann. Dem bloss vorläufig angewandten, aber noch nicht ratifizierten Staatsvertrag erwuchs im schweizerischen Parlament Widerstand; am 18. März 2003 scheiterte er dort endgültig. Die Beschränkungen des Staatsvertrags entfielen jedoch nicht, da sie von Seiten Deutschlands in einer einseitigen Durchführungsverordnung (DVO) verankert wurden. Die DVO wurde sukzessive verschärft, so dass es zu stets noch mehr Anflügen aus Osten kam, v.a. während der Nachtstunden. B. Seit der Einführung der Ostanflüge im Herbst 2001 meldeten eine Vielzahl von Grundeigentümern aus dem betroffenen Gebiet bei der Flughafen Zürich AG Entschädigungsbegehren an. Diese übermittelte die Gesuche an die Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 10 (ESchK), die ab dem 11. August 2003 - für jede der 24 betroffenen Gemeinden und Städte separat - Enteignungsverfahren einleitete. Auf Antrag der Flughafen Zürich AG beschränkte die ESchK am 2. März 2005 die Verfahren auf die Frage der Unvorhersehbarkeit als eine der Anspruchsvoraussetzungen. Mehrere Verfahren wurden erst später eröffnet; die ESchK fasste diese mit den für die betreffende Gemeinde bereits laufenden Verfahren zusammen. C. Am 17. Dezember 2007 kam die ESchK zum Schluss, massgeblicher Stichtag für die Unvorhersehbarkeit sei der 1. Januar 1961. Sie wies daher die Begehren all jener ab, die ihr Grundeigentum nach diesem Datum erworben hatten und die auch nicht von einem direkten Überflug betroffen seien. Dieser Entscheid wurde den insgesamt 1'116 Betroffenen am 7. März 2008 in 24 Sammel- und Einzelentscheiden eröffnet. Am 3. April 2008 fällte die ESchK einen analogen Sammelentscheid mit weiteren 73 Betroffenen und am 18. April 2008 vier Sammel- und Einzelentscheide mit zusätzlich 14 Betroffenen. D. Gegen 17 dieser 29 Entscheide gingen beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) vom 20. März bis zum 23. Mai 2008 insgesamt 37 Beschwerden mit 1'093 beschwerdeführenden Parteien ein. Alle Beschwerdeführer beantragten die Aufhebung des sie betreffenden Entscheids sowie - ausdrücklich oder sinngemäss - die Feststellung der Unvorhersehbarkeit der Ostanflüge. Ausserdem wurde bezogen auf viele einzelne Grundeigentümer eine Aufhebung des jeweils fraglichen Entscheids verlangt, weil die ESchK angeblich zu Unrecht ein Erwerbsdatum nach dem 1. Januar 1961 bzw. keinen direkten Überflug angenommen habe. E. Das BVGer vereinigte alle Beschwerdeverfahren in dieser Sache. Am 26. Mai 2009 hiess es die Beschwerden gut, soweit die ESchK die Entschädigungsforderungen wegen Lärmimmissionen abgewiesen hatte. Es ging davon aus, Stichdatum für die Frage der Vorhersehbarkeit sei der 23. Mai 2000, d.h. der Tag nach der Kündigung der Verwaltungsvereinbarung von 1984 durch Deutschland. Es hob insoweit die angefochtenen Entscheide der ESchK vom 17. Dezember 2007, vom 3. April 2008 und vom 18. April 2008 auf (Disp.-Ziff. 3.1) und wies die Sache an die ESchK zurück mit der Anweisung, für die Frage der Vorhersehbarkeit das Stichdatum 23. Mai 2000 zu berücksichtigen (Disp.-Ziff. 3.2). Die Beschwerden betreffend Entschädigungsforderungen wegen direkten Überflugs hiess das BVGer überwiegend gut, weil die ESchK die Rechtslage zur horizontalen und vertikalen Umschreibung des eigentlichen Überflugs nicht erläutert und sich nicht genügend mit den tatsächlichen Gegebenheiten auseinandergesetzt habe. Es sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb im Einzelfall ein direkter Überflug verneint worden sei (Disp.-Ziff. 5.4; E. 9.3.1-9.3.4 S. 51 ff.). Das BVGer hob daher die Teilentscheide Kloten vom 17. Dezember 2007 und Nürensdorf vom 17. Dezember 2007, 3. April 2008 und 18. April 2008 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Urteilserwägungen an die ESchK zurück (Disp.-Ziff. 5.5). Dagegen trat es auf die Beschwerden von A._, Eheleute B._, C._, Eheleute D._, E.G._ und F.G._, H._, Eheleute I._, Eheleute J._, Eheleute K._, L.O._, M.O._ und N.O._, Eheleute P._, Eheleute Q._ (Verfahren A-2667/2008 bzw. Ent.-Verf. Nr. 2003-159 Gemeinde Kloten) sowie von R._ (Verfahren A-3068/2008 bzw. Ent.-Verf. Nr. 2002-153 Gemeinde Nürensdorf) nicht ein (Disp.-Ziff. 5.1), weil diese erst in der Replik geltend gemacht hatten, dass sie - entgegen den Feststellungen der ESchK - direkt und in einer die Entschädigung nicht ausschliessenden Höhe überflogen würden. F. Die zuvor genannten Beschwerdeführer haben am 29. Juni 2009 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben und beantragen, Ziff. 5.1 des Erkenntnisses der Vorinstanz sei ersatzlos aufzuheben und sie seien in die in Ziff. 5.5 des vorinstanzlichen Erkenntnisses verfügte Neubeurteilung des direkten Überflugs zu integrieren. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragen sie die Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels. G. Die Flughafen Zürich AG beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf überhaupt einzutreten sei. Das BVGer schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die ESchK beantragt, die Schätzungsentscheide vom 17. Dezember 2007, 3. April 2008 und 18. April 2008 seien zu bestätigen. Im zweiten Schriftenwechsel hielten die Parteien an ihren Anträgen fest.
Erwägungen: 1. Der angefochtene Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts schliesst das Entschädigungsverfahren nicht ab, sondern weist die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die ESchK zurück. 1.1 Allerdings ist das Bundesverwaltungsgericht auf die Beschwerde der Beschwerdeführer nicht eingetreten, soweit diese geltend gemacht hatten, sie würden direkt und in einer die Entschädigung nicht ausschliessenden Höhe überflogen. Dies hat zur Folge, dass die Beschwerdeführer vor der ESchK nicht mehr eine Entschädigung unter dem Titel "eigentlicher Überflug", sondern nur noch wegen übermässiger Lärmimmissionen verlangen können. Zu prüfen ist daher, ob dem angefochtenen Entscheid insofern prozessual die Bedeutung eines End- bzw. eines Teilendentscheids i.S.v. Art. 90 f. BGG zukommt. Ein selbstständig anfechtbarer Teilentscheid i.S.v. Art. 91 BGG liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid nur einen Teil der gestellten Begehren behandelt, und diese unabhängig von den anderen Begehren beurteilt werden können (lit. a), oder wenn es das Verfahren nur für einen Teil der Streitgenossen abschliesst (lit. b). Das BVGer hat das Enteignungsverfahren für die Beschwerdeführer nicht abgeschlossen; vielmehr wurden auch ihre Entschädigungsbegehren an die ESchK zurückgewiesen, mit der Anweisung, sie neu zu beurteilen, wenn auch nur noch unter dem Aspekt der Lärmimmissionen. Die Beschwerdeführer hatten nicht mehrere, sondern nur ein Begehren um Entschädigung für den fluglärmbedingten Minderwert ihrer Liegenschaften gestellt, wenn auch mit zwei alternativen Begründungen (Enteignung von nachbarlichen Abwehransprüchen wegen übermässiger Lärmimmissionen bzw. Überflugs im engeren Sinne). Eine getrennte Entschädigungsbemessung für die Benutzung des zum Grundeigentum gehörenden Luftraums einerseits und für übermässige Lärmimmissionen aus der Nachbarschaft andererseits wurde von den Beschwerdeführern nicht verlangt und wäre auch gar nicht durchführbar gewesen (vgl. Margrit Schilling, Enteignungsrechtliche Folgen des zivilen Luftverkehrs, ZSR 2006 I S. 26). Mit dem Nichteintreten des BVGer auf die erst in der Replik erhobenen Rügen der Beschwerdeführer betreffend Überflugs entfällt für die Beschwerdeführer die Möglichkeit, sich im neuen Verfahren vor der ESchK auf Überflug zu berufen. Damit wurde jedoch über ihr Entschädigungsbegehren noch nicht (teilweise) entschieden, sondern lediglich eine von zwei möglichen materiellen Anspruchsgrundlagen ausgeschlossen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Grundsatzentscheide, die einen Teilaspekt einer Streitsache, z.B. eine von mehreren materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen, beantworten, nach der Systematik des BGG nicht als Teil-, sondern als Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG zu qualifizieren (BGE 135 II 30 E. 1.3.1 S. 34; 134 II 137 E. 1.3.2 S. 140; 133 V 477 E. 4.1.3 S. 481 mit Hinweisen). Der angefochtene Entscheid ist daher ein Zwischenentscheid i.S.v. Art. 93 BGG. 1.2 Zwischenentscheide i.S.v. Art. 93 Abs. 1 BGG können selbstständig angefochten werden, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Die zweite Alternative kommt nach dem oben (E. 1.1) Gesagten nicht in Betracht. Näher zu prüfen sind die in Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG genannten Eintretensvoraussetzungen. 1.2.1 Nach dieser Bestimmung ist die Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid zulässig, wenn dieser einen Nachteil bewirken könnte, der auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid (sei es im kantonalen Verfahren, sei es in einem anschliessenden Verfahren vor Bundesgericht) nicht mehr behoben werden könnte (BGE 134 III 188 E. 2.1 S. 190 mit Hinweisen). Die blosse Verzögerung oder Verteuerung des Verfahrens genügt generell nicht, um einen sofortigen Entscheid des Bundesgerichts zu erwirken (so schon die Rechtsprechung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde unter dem OG: vgl. BGE 134 II 137 E. 1.3.1 S. 140 mit Hinweisen). Immerhin muss sichergestellt werden, dass das Verfahren insgesamt dem verfassungsrechtlichen Gebot genügt, im Rahmen eines fairen Verfahrens innert angemessener Frist einen wirksamen Rechtsschutz zu gewähren (Art. 29 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK). Unter diesem Aspekt kann es ausnahmsweise verfassungsrechtlich geboten sein, bereits auf einen Zwischenentscheid einzutreten, wenn es rechtsstaatlich unzumutbar wäre, die Parteien auf die Anfechtung des Endentscheids zu verweisen (vgl. BGE 134 II 137 E. 1.3.2 und 1.3.3 S. 140 f.; 135 II 30 E. 1.3.4 und 1.3.5 S. 35 ff.; vgl. auch BGE 135 I 261 E. 1.4 S. 263 f.). 1.2.2 Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Enteignungsverfahren bereits seit über 6 Jahren hängig sind und noch geraume Zeit bis zum Vorliegen eines vor Bundesgericht anfechtbaren Endentscheids vergehen wird. Unter dem Aspekt der angemessenen Verfahrensdauer (Art. 29 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK) erscheint es unzumutbar, die Beschwerdeführer auf eine Anfechtung des Endentscheids zu verweisen, mit der Folge, dass das Verfahren bei Gutheissung der Beschwerde nochmals neu aufgerollt werden müsste. Auch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und des Anspruchs der Parteien auf gleiche und gerechte Behandlung (Art. 29 Abs. 1 BV) wäre es (die Begründetheit ihrer Beschwerde unterstellt) fragwürdig, die Beschwerdeführer vom weiteren Verfahren der ESchK auszuschliessen. Diese wurde vom BVGer angewiesen, im neuen Verfahren den Überflugkorridor und die Überflughöhe in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht näher zu definieren. Diese Sach- und Rechtsfragen müssen von der ESchK für alle Beteiligten einheitlich beantwortet werden, in Kenntnis und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen aller Betroffenen. Zwar könnte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs möglicherweise nachträglich geheilt werden. Unter dem Aspekt der Gewährleistung eines fairen Verfahrens, namentlich der Gleichbehandlung der Beteiligten und der Rechtssicherheit, erscheint es jedoch geboten, in einem komplexen, aufwändigen, viele Beteiligten umfassenden Verfahren wie dem vorliegenden die selbstständige direkte Anfechtung des umstrittenen Zwischenentscheids zuzulassen. Auch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und des Anspruchs der Parteien auf gleiche und gerechte Behandlung (Art. 29 Abs. 1 BV) wäre es (die Begründetheit ihrer Beschwerde unterstellt) fragwürdig, die Beschwerdeführer vom weiteren Verfahren der ESchK auszuschliessen. Diese wurde vom BVGer angewiesen, im neuen Verfahren den Überflugkorridor und die Überflughöhe in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht näher zu definieren. Diese Sach- und Rechtsfragen müssen von der ESchK für alle Beteiligten einheitlich beantwortet werden, in Kenntnis und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen aller Betroffenen. Zwar könnte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs möglicherweise nachträglich geheilt werden. Unter dem Aspekt der Gewährleistung eines fairen Verfahrens, namentlich der Gleichbehandlung der Beteiligten und der Rechtssicherheit, erscheint es jedoch geboten, in einem komplexen, aufwändigen, viele Beteiligten umfassenden Verfahren wie dem vorliegenden die selbstständige direkte Anfechtung des umstrittenen Zwischenentscheids zuzulassen. 1.3 Da alle übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten. 2. Das BVGer vertrat die Auffassung, die ESchK habe einen Entschädigungsanspruch unter dem Titel des direkten Überflugs verneint. Dies sei für die Beschwerdeführer ohne Weiteres erkennbar gewesen, weshalb die erst in der Replik vorgebrachten Rügen verspätet seien. Die Frage, ob die den Überflug betreffenden Entscheide der ESchK zu wenig individualisiert bzw. nicht oder unzureichend begründet waren, habe keinen Einfluss auf die Möglichkeit gehabt, die Entscheide auch in diesem Punkt rechtzeitig anzufechten. 2.1 Die Beschwerdeführer machen dagegen geltend, die ESchK habe die Überflugsituation in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ungenügend erläutert. Für die Enteigneten sei daher nicht ersichtlich gewesen, ob ihre Begehren abgewiesen worden seien, weil sie in zu grosser Höhe überflogen werden, oder weil ihre Grundstücke seitlich ausserhalb des Überflugkorridors liegen. Sie hätten insbesondere keine Kenntnis von den Überflugplänen erhalten, die von der Flughafen Zürich AG im Sommer 2007, lange nach Abschluss des Schriftenwech-sels, unaufgefordert eingereicht worden seien. Diese Pläne seien auch in den Schätzungsentscheiden nicht erwähnt worden, weshalb die Beschwerdeführer erst bei der Vorbereitung der Replik darauf gestossen seien. Diese Pläne seien aber notwendig gewesen, um zu entscheiden, ob eine Liegenschaft, bezogen auf ihre Lage zum Leitstrahl des Instrumentenlandesystems für Piste 28 (ILS 28), sich im 1.25°-Korridor des eigentlichen Überflugs befindet oder nicht. Die Beschwerdeführer hätten deshalb erst in der Replik präzisieren können, dass - entgegen der Feststellung der ESchK - auch ihre Liegenschaften direkt überflogen werden. Die Beschwerdeführer räumen ein, dass ihr Anwalt bei der Abfassung der Beschwerdeschrift insofern einen Fehler gemacht habe, als er gewisse Betroffene namentlich identifiziert habe, ohne durch einen Zusatz erkennbar zu machen, dass es sich um eine beispielhafte und nicht um eine abschliessende Auflistung handelte. Dieser Fehler wäre ihm aber nicht unterlaufen, wenn die ESchK die vom eigentlichen Überflug Betroffenen konkret bezeichnet bzw. ihre Entscheidgrundlagen, namentlich den Überflugplan, im Entscheid genannt hätte. Gemäss Art. 38 VwVG dürfe den Parteien aus mangelhafter Eröffnung kein Nachteil erwachsen. Dabei handle es sich um eine Konkretisierung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Aus diesem Prinzip ergebe sich, dass die Anforderungen an die Beschwerdebegründung bei bloss rudimentärer Begründung des Entscheids herabzusetzen seien. Es sei überspitzt formalistisch und unfair (Art. 29 und 9 BV sowie Art. 6 EMRK), wenn das BVGer das Verfahren wegen der klar diagnostizierten Mängel gesamthaft an die Erstinstanz zu neuem Entscheid zurückweise, vorab aber diejenigen Beschwerdeführenden, die ihre Rechte und Prozessaussichten wegen dieser Mängel nicht klar erkannt hätten, mit Nichteintreten vom weiteren Verfahren ausschliesse. 2.2 Die Beschwerdegegnerin ist dagegen der Auffassung, die heutigen Beschwerdeführer hätten in ihren Beschwerden vom 24. April 2008 (Kloten) und vom 7. Mai 2008 (Nürensdorf) in Bezug auf die Überflugproblematik die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids nur für die in der Beschwerdebegründung spezifizierten Personen beantragt. Alle anderen, nicht namentlich genannten Beschwerdeführer hätten somit die Verneinung der direkten Überflüge durch die ESchK akzeptiert. Damit hätten sie den Streitgegenstand festgelegt. Dieser habe nachträglich, in der Replik, nicht mehr erweitert, sondern nur noch eingeschränkt werden können. 3. Aus den Akten ergibt sich Folgendes: 3.1 Die Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens führten gemeinsam mit zahlreichen weiteren Gesuchstellern der Gemeinden Kloten und Nürensdorf Beschwerde vor BVGer. Ihre Beschwerdeanträge 1-3 betrafen die Entschädigung wegen übermässigen Fluglärms; Beschwerdeantrag 4 betraf die Entschädigung wegen direkten Überflugs und lautete: "Der angefochtene Entscheid sei auch deshalb aufzuheben, weil er sämtliche von ihm Betroffenen von der Entschädigung für direkte Überflüge ausschliesst, ohne auch nur aufzulisten, in welchen Fällen dies der Fall war (für die vom Unterzeichneten Vertretenen vgl. die Spezifizierung in Rz. ...)". In den entsprechenden Randziffern wurden bestimmte Enteignete genannt, die angeblich vom Prozess aus "unbekannten, nicht nachkontrollierbaren und nicht nachvollziehbaren Gründen" ausgeschlossen worden seien. Nicht genannt wurden die Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens. 3.2 In ihrer Beschwerdeantwort vom 2. Oktober 2008 führte die Beschwerdegegnerin aus, die Vorinstanz habe den massgeblichen Überflugsektor mittels eines 1.25°-Winkels bestimmt. Welche Liegenschaften in diesem Korridor liegen, ergebe sich ohne Weiteres aus der "Darstellung der Überflugsituation beim ILS-Anflug auf die Piste 28 des Flughafens Zürich", welches die Beschwerdegegnerin der Vorinstanz im Sommer 2007 eingereicht habe. Auf diese Darstellung habe die Vorinstanz auch tatsächlich abgestellt. 3.3 In ihrer Replik vom 5. Dezember 2008 warf der Anwalt der Beschwerdeführer der ESchK vor, ihn nie auf die Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 21. August 2007 hingewiesen zu haben. Ihm sei auch keine Frist für die Eingabe von Schlussbemerkungen angesetzt worden. Er habe deshalb nicht damit rechnen müssen, dass wichtige neue Akten ganz spät im Verfahren eingereicht worden seien. Deshalb habe er auch keine Veranlassung gehabt, erneut Akteneinsicht zu verlangen. Auch aus den angefochtenen Schätzungsentscheiden sei nicht ersichtlich gewesen, dass die Beschwerdegegnerin den Anflugkorridor genau ausgewiesen hatte. Den Beschwerdeführern sei somit das rechtliche Gehör beschnitten worden, obwohl Art. 31 VwVG eine Anhörungspflicht zu wesentlichen Vorbringen ausdrücklich vorschreibe. Die nachträgliche Überprüfung anhand des Überflugplans habe ergeben, dass sich die Liegenschaften weiterer Beschwerdeführer im Überflugkorridor befinden und diese somit zu Unrecht von einer Überflugentschädigung ausgeschlossen worden seien. Die betroffenen Eigentümer (d.h. die Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens) wurden in Rz. 6 f. der Replik genannt und die Beschwerdegegnerin aufgefordert, zu erklären, ob sie den eigentlichen Überflug in diesen Fällen anerkenne (neuer Antrag Ziff. 2). 3.4 Tatsächlich befindet sich in den Akten der ESchK eine Eingabe der Flughafen Zürich AG vom 21. August 2007, mit der eine neue Darstellung der Überflugsituation beim ILS-Anflug auf Piste 28 des Flughafens Zürich eingereicht wurde. Diese enthält u.a. den Plan "Überflugsituation Anflug 28" (Beilage 4) sowie Detailpläne für Kloten, Bassersdorf und Nürensdorf (Beilagen 5-7), in denen der Überflugkorridor (ILS-Strahl +/- 0.5° und 1.25°) und die Überflughöhe bezogen auf die einzelnen Parzellen eingetragen sind. Es gibt in den Akten keinen Hinweis darauf, dass dieser Eingang den Verfahrensbeteiligten angezeigt wurde. 3.5 In ihrer Duplik vom 13. März 2009 nahm die Flughafen Zürich AG zu den neuen Vorbringen der Beschwerdeführer Stellung. Sie führte aus, dass die Beschwerdeführenden 1-12 (des vorliegenden Verfahrens) Stockwerkeigentum auf dem Grundstück Kat.-Nr. 4733 in Kloten haben. Auf diesem sehr grossen Grundstück befänden sich vier Blöcke, von denen nur einer direkt überflogen werde. Sie anerkannte daher den Anspruch der Beschwerdeführer 10 auf eine Überflugentschädigung, bestritt dagegen einen direkten Überflug in den übrigen Fällen. Das Grundstück des Beschwerdeführers 13 in Nürensdorf befinde sich zwar im Überflugbereich, werde jedoch in einer nicht entschädigungspflichtigen Höhe von mindestens 250 m überflogen. 3.6 Das BVGer hielt die neuen Vorbringen für verspätet und trat auf die Beschwerden betreffend direkten Überflugs der erst in der Replik genannten Enteigneten (d.h. der Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens) nicht ein. Die übrigen Beschwerden betreffend Überflugs hiess es im Wesentlichen gut. In diesem Zusammenhang hielt das BVGer fest, dass sich die Vorinstanz ungenügend mit den tatsächlichen Gegebenheiten auseinandergesetzt habe. Zwar beruhten die Überlegungen der Vorinstanz offensichtlich auf dem Überflugsituationsplan der Beschwerdegegnerin, in dem der Korridor mit einem Anflugs-Toleranz-Winkel von je 1.25° zur Pistenachse eingezeichnet sei. Dieser Überflugsituationsplan sei aber in den Entscheiden der ESchK nicht erwähnt, geschweige denn gewürdigt worden. 4. Gemäss Art. 52 Abs. 1 VwVG hat die Beschwerdeschrift an das Bundesverwaltungsgericht die Begehren und deren Begründung mit Angabe der Beweismittel zu enthalten. Sie ist innerhalb der Beschwerdefrist einzureichen (Art. 50 VwVG); u.U. kann gemäss Art. 52 Abs. 2 oder Art. 53 VwVG eine Nachfrist zur Beschwerdeverbesserung oder -ergänzung gesetzt werden. Diese Bestimmung schliesst jedoch spätere Vorbringen tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht aus (FRANK SEETHALER/ FABIA BOCHSLER, in: Waldmann/Weissenberger (Hrsg.), Praxiskommentar VwVG, Zürich/Basel/Genf 2009, N. 80-82 zu Art. 52; PATRICK SUTter, in: Auer/Müller/Schindler (Hrsg.), VwVG-Kommentar, Zürich/St. Gallen 2008, N. 8-10 zu Art. 32). 4.1 Im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht gelten die Untersuchungsmaxime (Art. 12 VwVG) und der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 62 Abs. 4 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht verfügt über eine umfassende Kognition (Art. 49 VwVG) und kann den angefochtenen Entscheid, im Rahmen von Art. 62 VwVG, zugunsten oder zuungunsten einer Partei abändern. 4.2 Art. 32 Abs. 2 VwVG bestimmt zudem ausdrücklich, dass verspätete Parteivorbringen, die ausschlaggebend erscheinen, trotz der Verspätung berücksichtigt werden können. Trotz der "Kann"-Formulierung geht die herrschende Lehre von einer Verpflichtung zur Berücksichtigung verspäteter Parteivorbringen aus, sofern diese ausschlaggebend sind (PATRICK SUTTER, a.a.O., N. 8 zu Art. 32; ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., N. 325 und 615; PETER SALADIN, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, Basel 1979, Ziff. 16.232 S. 141; ANDRÉ MOSER/PETER UEBERSAX, Prozessieren vor eidgenössischen Rekurskommissionen: Die erstinstanzliche nachträgliche Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bund, 1998, N. 2.80; Bernhard Waldmann/Jürg Bickel, Praxiskommentar VwVG, N. 16 zu Art. 32; a.A. Rhinow/Koller/Kiss, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel 1996, N. 1352). 4.3 Allerdings wird es im Beschwerdeverfahren überwiegend für zulässig erachtet, Vorbringen ausser Acht zu lassen, die auf nachlässiger Prozessführung beruhen oder der Verschleppung des Prozesses dienen (REKO EVD vom 5. Dezember 1996, in: VPB 61/1997 Nr. 31 E. 3.2.3; Sutter, a.a.O., N. 11 zu Art. 32; Madeleine Camprubi, VwVG-Kommentar, N. 9 zu Art. 62 in fine; Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 67 f.; einschränkend KÖLZ/HÄNER, a.a.O., N. 615: nur soweit nicht ausschlaggebend). 4.4 Im vorliegenden Fall kann den Beschwerdeführern jedoch keine nachlässige Prozessführung vorgeworfen werden. Es ist unstreitig, dass ihnen der Eingang der von der Flughafen Zürich AG im Sommer 2007 eingereichten "Darstellung der Überflugsituation beim ILS-Anflug auf die Piste 28 des Flughafens Zürich" nicht angezeigt worden war. Diese - für die Beurteilung der Überflugsituation erhebliche Darstellung - wurde auch von der ESchK in ihren Entscheiden nicht erwähnt, wie das BVGer im angefochtenen Entscheid festgehalten hat (vgl. oben E. 3.6). Die Beschwerdeführer erfuhren somit erst im Verlauf des Beschwerdeverfahrens vor dem BVGer von der Existenz des Überflugsituationsplans und entdeckten erst aufgrund dieses Plans, dass auch ihre Liegenschaften (ganz oder teilweise) im Überflugkorridor liegen. Zwar ist dem BVGer einzuräumen, dass der Anwalt der Beschwerdeführer angesichts der Begründungsmängel der Schätzungsentscheide die Möglichkeit gehabt hätte, diese pauschal für alle von ihm vertretenen Enteigneten anzufechten, ohne die unmittelbar Betroffenen näher zu spezifizieren. Jedoch darf es ihm nicht zum Vorwurf gereichen, wenn er diese Spezifizierung versucht hat, diese aber - aufgrund der fehlenden Planunterlagen - unvollständig war. 5. Neue Vorbringen sind allerdings nur im Rahmen des Streitgegenstands zulässig (WALDMANN/BICKEL, a.a.O., N. 17 zu Art. 32; REKO EVD vom 5. Dezember 1996, in: VPB 61/1997 Nr. 31 E. 3.2.1). Dieser wird durch die Beschwerdeanträge festgelegt, die sich ihrerseits im Rahmen des Anfechtungsobjekts, d.h. des Dispositivs des angefochtenen Entscheids, bewegen müssen. Der Streitgegenstand kann von den Parteien im Lauf des Beschwerdeverfahrens grundsätzlich nicht mehr erweitert werden (BGE 133 II 30 E. 2 S. 31 f.; CAMPRUBI, a.a.O., N. 5 und 9 zu Art. 62; Kölz/Häner, a.a.O., N. 405 und 612; Moser/Uebersax, a.a.O., N. 2.13 und 2.85). 5.1 Abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Beschwerdeverfahrens lässt allerdings Art. 77 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1930 über die Enteignung (EntG; SR 711) neue Begehren im Beschwerdeverfahren gegen Entscheide über die Festsetzung der Entschädigung zu, soweit sie nachweisbar nicht schon vor der ESchK gestellt werden konnten. Diese Bestimmung übernimmt die schon bisher im Enteignungsrecht des Bundes geltende Regelung (Botschaft des Bundesrats zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 S. 4445 zu Art. 77 EntG) und will dem Enteigneten die Möglichkeit geben, Entschädigungsforderungen für erst nachträglich aufgetretene oder erkennbar gewordene Schäden anzumelden (Urteil E.9/1992 vom 24. Juni 1993, E. 1a; HEINZ HESS/HEINRICH WEIBEL, Das Enteignungsrecht des Bundes: Kommentar zum Bundesgesetz über die Enteignung, zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen und zur Spezialgesetzgebung des Bundes, Teil I, Bern 1986, N. 16 zu Art. 77 EntG). Ob und inwieweit diese Spezialbestimmung eine Ausweitung von Beschwerdebegehren noch in der Replik zulässt, kann im vorliegenden Fall offenbleiben. 5.2 Wie bereits oben (E. 1.1) dargelegt worden ist, verlangten die Beschwerdeführer im Schätzungsverfahren eine Entschädigung für die fluglärmbedingte Wertminderung ihrer Liegenschaften, wobei als Begründung sowohl die Enteignung nachbarlicher Abwehrrechte wegen übermässiger Lärmimmissionen als auch eigentlicher Überflug in Betracht kamen. Streitgegenstand war somit die beantragte Entschädigung. Dass diese unter verschiedenen Voraussetzungen gewährt werden kann, schränkt den Streitgegenstand nicht ein: Die rechtliche Wirkung, nicht die Begründung oder Herleitung definiert den Streitgegenstand (BGE 131 II 200 E. 3.3 S. 204). In ihrer Beschwerdeschrift ans BVGer hielten die Beschwerdeführer an ihren Entschädigungsbegehren vollumfänglich fest. Insofern erfolgte keine Einschränkung des Streitgegenstands. Die Ausführungen der Beschwerdeführer zu den vom direkten Überflug betroffenen Personen waren lediglich Begründungselemente, die nach dem oben Gesagten (E. 4) nachträglich ergänzt werden konnten. Zudem hat das BVGer innerhalb des Streitgegenstands das Recht von Amtes wegen anzuwenden und grundsätzlich den Sachverhalt zugrunde zulegen, wie er sich im Zeitpunkt des Entscheids verwirklicht hat und bewiesen ist (KÖLZ/ HÄNER, a.a.O. Rz. 615; CAMPRUBI, a.a.O., N. 10 zu Art. 62; REKO EVD vom 6. April 1995, in: VPB 60/1996 Nr. 48 E. 6 S. 429 f.). 6. Das BVGer hätte somit auf die Beschwerden der Beschwerdeführer insgesamt, auch im Hinblick auf den direkten Überflug, eintreten müssen. In diesem Fall hätte es diese - wie die übrigen Beschwerden betreffend direkten Überflugs - gutheissen, die angefochtenen Entscheide der ESchK insoweit aufheben und die Sache zur Neubeurteilung der Entschädigungsansprüche auch unter dem Blickwinkel des direkten Überflugs an die ESchK zurückweisen müssen. Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen ist die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid im beantragten Sinne abzuändern. Die ESchK wird beurteilen müssen, ob die Liegenschaften der Beschwerdeführer in einer entschädigungsbegründenden Höhe überflogen werden, und ob alle Stockwerkeigentümer der Liegenschaft Kat.-Nr. 4733 (oder nur diejenigen des direkt überflogenen Blocks) Anspruch auf eine Entschädigung haben. 7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens unterliegt die private Beschwerdegegnerin. Diese wird daher kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 und 68 BGG i.V.m. Art. 116 Abs. 3 EntG). Da das Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht für die Beschwerdeführer kostenlos war, und ihnen gestützt auf Art. 116 Abs. 1 EntG eine Parteientschädigung zugesprochen worden ist (deren Höhe sie nicht beanstanden), erübrigt sich eine Aufhebung des bundesverwaltungsgerichtlichen Kostenentscheids.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. In Gutheissung der Beschwerde wird Disp.-Ziff. 5.1 des Entscheids des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 26. Mai 2009 aufgehoben. Disp.-Ziff. 5.4 und 5.5 werden dahingehend ergänzt, dass die Beschwerden der Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens (Beteiligte 3, 7, 10, 20, 22, 33, 39, 43, 47, 49, 50 und 77 der Beschwerdeführenden 13 und Beteiligter 3 der Beschwerdeführenden 30 des vorinstanzlichen Verfahrens) gutgeheissen werden, und die Sache auch insoweit an die Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 10, zurückgewiesen wird. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Flughafen Zürich AG auferlegt. 3. Die Flughafen Zürich AG hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 10, und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 13. Januar 2010 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: Féraud Gerber
a1735954-5875-4126-9c35-78841f4eac2b
de
2,015
CH_BGer_006
Federation
null
null
null
penal_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Am 31. August 2012 wurde am Grenzübergang Kreuzlingen Hauptzoll festgestellt, dass die an der Windschutzscheibe des Personenwagens von X._ angebrachte Autobahnvignette eine Fotokopie war. B. Die Bundesanwaltschaft verurteilte X._ mit Strafbefehl vom 12. November 2012 wegen Fälschung amtlicher Wertzeichen zu einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 30.-- und einer Busse von Fr. 200.--. X._ erhob gegen den Strafbefehl Einsprache mit der Begründung, sie habe keine Autobahnvignette gefälscht und weder eine echte noch eine gefälschte Autobahnvignette an ihrem Fahrzeug angebracht. Mit Schreiben vom 11. März 2013 zog sie ihre Einsprache zurück, bestritt jedoch weiterhin, die Autobahnvignette kopiert und an ihrem Personenwagen angebracht zu haben. C. Am 25. Juli 2014 beantragte X._ bei der Bundesanwaltschaft die Revision des Strafbefehls vom 12. November 2012. Die Bundesanwaltschaft leitete das Gesuch am 15. August 2014 an das Bundesgericht weiter. Sie beantragt, das Revisionsgesuch sei abzuweisen.
Erwägungen: 1. 1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 140 I 90 E. 1 S. 92; 140 IV 57 E. 2 S. 59 mit Hinweisen). 1.2. Die Bundesanwaltschaft begründet die Überweisung des Revisionsgesuchs an das Bundesgericht damit, dass die Zuständigkeit zur Behandlung von Revisionsgesuchen gegen Strafbefehle der Bundesanwaltschaft im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt sei. In analoger Anwendung von Art. 119a BGG sei daher das Bundesgericht zuständig. 1.3. 1.3.1. Eine Lücke im Gesetz besteht, wenn sich eine Regelung als unvollständig erweist, weil sie jede Antwort auf die sich stellende Rechtsfrage schuldig bleibt. Hat der Gesetzgeber eine Rechtsfrage nicht übersehen, sondern stillschweigend - im negativen Sinn - mitentschieden (qualifiziertes Schweigen), bleibt kein Raum für richterliche Lückenfüllung. Eine Gesetzeslücke, die vom Gericht zu füllen ist, liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts dann vor, wenn der Gesetzgeber etwas zu regeln unterlassen hat, was er hätte regeln sollen, und dem Gesetz diesbezüglich weder nach seinem Wortlaut noch nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt eine Vorschrift entnommen werden kann (BGE 140 III 636 E. 2.1 S. 637, 206 E. 3.5.1 S. 213; 139 II 404 E. 4.2 S. 416 f.; je mit Hinweisen). Ist ein lückenhaftes Gesetz zu ergänzen, gelten als Massstab die dem Gesetz selbst zugrunde liegenden Zielsetzungen und Werte (BGE 140 III 636 E. 2.2 S. 638, 206 E. 3.5.1 S. 213; 129 II 401 E. 2.3 S. 403). Lücken können oftmals auf dem Weg der Analogie geschlossen werden (Urteil 5A_235/2007 vom 14. November 2007 E. 3 mit Hinweisen; vgl. Ernst A. Kramer, Juristische Methodenlehre, 4. Aufl. 2013, S. 203 ff.). 1.3.2. Ob eine zu füllende Lücke oder ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGE 140 III 206 E. 3.5.3 S. 213 mit Hinweis auf Arthur Meier-Hayoz, in: Berner Kommentar, 1962, N. 256 zu Art. 1 ZGB). Dabei muss das Gesetz in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst, nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Bei der Auslegung neuerer Bestimmungen kommt den Materialien eine besondere Stellung zu, weil veränderte Umstände oder ein gewandeltes Rechtsverständnis eine andere Lösung weniger nahelegen (BGE 140 III 206 E. 3.5.4 S. 214 mit Hinweisen). 1.4. Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann unter den Voraussetzungen von Art. 410 StPO die Revision verlangen. Gemäss der Strafprozessordnung entscheidet das Berufungsgericht über Revisionsgesuche (Art. 21 Abs. 1 lit. b und Art. 411 Abs. 1 StPO). Nach Art. 119a BGG beurteilt das Bundesgericht Revisionen gegen Entscheide der Strafkammern des Bundesstrafgerichts. Es wendet dabei die Bestimmungen der Strafprozessordnung (Art. 410 ff. StPO) an, mit Ausnahme von Art. 413 Abs. 2 lit. b StPO. Art. 40 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (StBOG; SR 173.71) bestimmt, dass für Revision, Erläuterung und Berichtigung von Entscheiden der Beschwerdekammern (des Bundesstrafgerichts) nach Art. 37 Abs. 2 (StBOG) die Art. 121-129 BGG sinngemäss gelten. Die Bestimmung betrifft jedoch Verfahren, die nicht gestützt auf die StPO, sondern in Anwendung von spezialgesetzlichen Regeln geführt werden (vgl. Art. 37 Abs. 2 StBOG; Entscheide der Beschwerdekammern gestützt auf die StPO werden in Abs. 1 von Art. 37 StBOG erwähnt). Über Gesuche um Revision eines Entscheids des Bundesgerichts befindet dieses gemäss Art. 121 ff. BGG selbst. Weitere vorliegend relevante Gesetzesbestimmungen zu Revisionen von strafprozessualen Entscheiden gibt es auf Bundesebene nicht. Wer für die Revision eines Strafbefehls der Bundesanwaltschaft zuständig ist, ist weder in der StPO noch im StBOG, dem BGG oder einem anderen Bundesgesetz ausdrücklich geregelt. 1.5. 1.5.1. Der Wortlaut von Art. 119a BGG ist in allen Amtssprachen eindeutig; erfasst werden einzig Entscheide der Strafkammern des Bundesstrafgerichts. Auch die Überschrift des 5a. Kapitels des BGG "Revision gegen Entscheide der Strafkammern des Bundesstrafgerichts" ("Révision des décisions des cours des affaires pénales du Tribunal pénal fédéral"; "Revisione di decisioni delle corti penali del Tribunale penale federale") lässt keinen anderen Schluss zu. 1.5.2. Art. 119a BGG wurde durch das StBOG im Rahmen der Justizreform eingeführt und trat - wie die StPO - am 1. Januar 2011 in Kraft (vgl. Art. 77 Anhang Ziff. II.5 StBOG, AS 2010 3294). Mit dem StBOG wurde die Organisation der Strafbehörden des Bundes einheitlich geregelt (vgl. Art. 14 StPO; Botschaft vom 10. September 2008 zum Bundesgesetz über die Organisation der Strafbehörden des Bundes, BBl 2008 8129 Ziff. 1.1 [nachfolgend: Botschaft StBOG]). Im Gesetzgebungsverfahren zum StBOG wurde hauptsächlich die Aufsicht über die Bundesanwaltschaft und der Verzicht auf eine Berufung in Bundesstrafsachen diskutiert. Letzteres ist vorliegend insofern von Interesse, als das Berufungsgericht gemäss StPO auch für Revisionen zuständig gewesen wäre. Der Vorentwurf vom 21. September 2007 zum StBOG sah vor, dass das Bundesgericht Berufungen gegen Entscheide des Bundesstrafgerichts beurteilt (Art. 66 Anhang Ziff. II.1 Art. 119a BGG; vgl. auch Bundesamt für Justiz, Erläuternder Bericht zum Vorentwurf vom 21. September 2007 zum StBOG, S. 13 ff. Ziff. 2.6), womit sich eine explizite Regelung der Zuständigkeit für Revisionsgesuche erübrigte. Der vorgeschlagene Rechtsmittelweg wurde im Vernehmlassungsverfahren kritisiert (Botschaft StBOG, BBl 2008 8131 Ziff. 1.3.3). Nach der Prüfung von vier Varianten entschied sich der Bundesrat, keine Berufungsinstanz gegen Entscheide des Bundesstrafgerichts zu schaffen und das bisherige Rechtsmittelsystem beizubehalten (Botschaft StBOG, BBl 2008 8144 ff. Ziff. 1.4.4). Dieser Entwurf des Bundesrats zum StBOG sah in Art. 68 Anhang 1 Ziff. II.4 die Einführung eines neuen Art. 119a BGG vor, dessen Wortlaut mit dem in Kraft stehenden - mit Ausnahme einer redaktionellen Änderung in Abs. 2 - übereinstimmt (BBl 2008 8211). Die Botschaft verweist auf die Systematik der StPO, wonach das Berufungsgericht über Revisionsgesuche entscheidet, da die Zuständigkeit, ein der Revision unterliegendes Urteil zu überprüfen, nicht mehr beim Gericht liegt, welches den angefochtenen Entscheid erlassen hat. Da gegen Entscheide des Bundesstrafgerichts keine Berufung möglich sei, sehe Art. 119a BGG vor, dass das Bundesgericht als Revisionsinstanz der Strafkammern des Bundesstrafgerichts amtet (Botschaft StBOG, BBl 2008 8183 Anhang 1). Strafbefehle der Bundesanwaltschaft werden in der Botschaft nicht thematisiert. In den parlamentarischen Beratungen wurde der neu einzuführende Art. 119a BGG nicht diskutiert. Zwar folgte der Nationalrat zunächst einem Antrag der Minderheit, einen neuen Art. 119b BGG zu schaffen, wonach das Bundesgericht Berufungen gegen Entscheide des Bundesstrafgerichts beurteilt. Schliesslich blieb es jedoch bei der im Entwurf vorgesehenen Regelung (zum Ganzen: AB 2009 S 587 ff., 598; AB 2009 N 2252 ff., 2269 ff.; AB 2010 S 2 ff., 8 f., 160, 362; AB 2010 N 116 ff., 124 ff., 333 ff., 577). 1.5.3. Den Materialien ist somit nicht zu entnehmen, dass die Zuständigkeit für die Revision von Strafbefehlen der Bundesanwaltschaft im Gesetzgebungsverfahren thematisiert wurde. Daraus ergibt sich einerseits, dass der Gesetzgeber die Zuständigkeit des Bundesgerichts zur Revision von Strafbefehlen der Bundesanwaltschaft nicht implizit mit Art. 119a BGG regeln wollte. Andererseits deutet auch nichts darauf hin, dass er Strafbefehle der Bundesanwaltschaft generell von der Möglichkeit der Revision ausnehmen wollte. Hiergegen spricht insbesondere die klare Regelung von Art. 410 Abs. 1 StPO, wonach unter anderem gegen einen Strafbefehl Revision verlangt werden kann. Die Möglichkeit der Revision davon abhängig zu machen, ob der Strafbefehl von einer kantonalen Behörde oder der Bundesanwaltschaft erlassen wurde, erscheint weder beabsichtigt noch gerechtfertigt. Davon geht auch die Doktrin aus, soweit sie sich mit der Frage befasst (vgl. Niggli/Maeder, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 26 f. zu Art. 119a BGG; Dominik Vock, in: Bundesgerichtsgesetz, Praxiskommentar, Spühler und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 11 zu Art. 119a BGG). Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass bereits die Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (nachfolgend: Botschaft StPO) ausführte, Urteile, die in einem vereinfachten Verfahren ergangen sind, wie das Strafbefehls- oder das Übertretungsstrafverfahren seien mit Revision anfechtbar, denn gerade in diesen Fällen könnten erhebliche Tatsachen oder Beweismittel ausser Acht gelassen worden sein (BBl 2006 1318 f. Ziff. 2.9.4; Niggli/Maeder, a.a.O., N. 27 zu Art. 119a BGG). 1.5.4. Zusammenfassend ergibt sich, dass nicht geregelt ist, welche Behörde für die Behandlung einer Revision von Strafbefehlen der Bundesanwaltschaft zuständig ist. Da keine Anhaltspunkte für ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers vorliegen, ist von einer Gesetzeslücke auszugehen, die vom Gericht zu füllen ist (so auch: Niggli/ Maeder, a.a.O., N. 28 zu Art. 119a BGG; Vock, a.a.O., N. 11 zu Art. 119a BGG; Pierre Ferrari, in: Commentaire de la LTF, Corboz und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 5 zu Art. 119a BGG). Dabei soll es nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde (Art. 1 Abs. 2 ZGB). 1.6. Als Revisionsinstanz von Strafbefehlen der Bundesanwaltschaft kommen in erster Linie diese selbst, das Bundesstrafgericht und das Bundesgericht infrage. Gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. b und Art. 411 Abs. 1 StPO befindet nicht das erstinstanzliche Gericht, sondern das Berufungsgericht über Revisionsgesuche. Damit soll vermieden werden, dass ein Gericht seinen eigenen, der Revision unterliegenden Entscheid überprüft. Bildet ein Berufungsentscheid Gegenstand des Revisionsgesuchs, dürfen die Mitglieder des Berufungsgerichts im gleichen Fall nicht als Revisionsrichterinnen und Revisionsrichter tätig sein (Art. 21 Abs. 3 StPO; Botschaft StPO, BBl 2006 1140 Ziff. 2.2.1.3, 1321 Ziff. 2.9.4). Dieser Systematik der StPO ist der Gesetzgeber mit der Einsetzung des Bundesgerichts als Revisionsinstanz von Entscheiden der Strafkammern des Bundesstrafgerichts gefolgt (vgl. Art. 119a BGG; Botschaft StBOG, BBl 2008 8183 Anhang 1). Niggli/ Maeder weisen überzeugend darauf hin, dass es der Systematik von StPO sowie BGG und damit dem Willen des Gesetzgebers widerspräche, das Bundesstrafgericht als Revisionsinstanz gegen Strafbefehle der Bundesanwaltschaft einzusetzen (Niggli/Maeder, a.a.O., N. 28 zu Art. 119a BGG). Gleiches gilt für die Bundesanwaltschaft. Es ist nicht einsichtig, weshalb ein erstinstanzliches Gericht oder gar die Staatsanwaltschaft auf Bundesebene für die Revision von Strafbefehlen zuständig sein sollte, auf kantonaler Ebene dagegen nicht. Ebenso wenig lässt sich begründen, dass das Bundesstrafgericht oder die Bundesanwaltschaft über die Revision von Strafbefehlen befinden darf, die Entscheide der Strafkammern jedoch vom Bundesgericht überprüft werden. Schliesslich ist nicht undenkbar, dass eine Behörde ihre eigenen Entscheide revidiert, ist dies doch bei dem Berufungs- und dem Bundesgericht der Fall (vgl. Art. 21 Abs. 1 lit. b StPO sowie Art. 121 ff. BGG; so auch Niggli/Maeder, a.a.O., N. 28 zu Art. 119a BGG). Aufgrund der Systematik von StPO und BGG entspricht es am ehesten dem Willen des Gesetzgebers, dass Art. 119a BGG per analogiam auch auf Revisionen von Strafbefehlen der Bundesanwaltschaft angewandt wird. Diese Lösung wird auch in der Lehre postuliert, soweit sie sich dazu äussert (Niggli/Maeder, a.a.O., N. 28 zu Art. 119a BGG; Vock, a.a.O., N. 11 zu Art. 119a BGG; Ferrari, a.a.O., N. 5 zu Art. 119a BGG). 1.7. Demnach ist das Bundesgericht für die Behandlung des vorliegenden Revisionsgesuchs zuständig. Das Revisionsverfahren richtet sich nach der StPO (Art. 410 ff. StPO), wobei Art. 413 Abs. 2 lit. b StPO nicht anwendbar ist (Art. 119a Abs. 2 BGG per analogiam). 2. 2.1. Wer durch ein Strafurteil oder einen Strafbefehl beschwert ist, kann nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO die Revision verlangen, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch oder eine wesentlich mildere Bestrafung der verurteilten Person herbeizuführen. Unter Tatsachen sind Umstände zu verstehen, die im Rahmen des dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts von Bedeutung sind. Mit Beweismitteln wird der Nachweis von Tatsachen erbracht (BGE 137 IV 59 E. 5.1.1 S. 66). Tatsachen und Beweismittel sind neu, wenn das Gericht im Zeitpunkt der Urteilsfällung keine Kenntnis von ihnen hatte, das heisst, wenn sie ihm nicht in irgendeiner Form unterbreitet worden sind (BGE 137 IV 59 E. 5.1.2 S. 66 f.; 130 IV 72 E. 1 S. 73). Neue Tatsachen und Beweismittel sind erheblich, wenn sie geeignet sind, die tatsächlichen Feststellungen, auf die sich die Verurteilung stützt, zu erschüttern, und wenn die so veränderten Tatsachen einen deutlich günstigeren Entscheid zugunsten des Verurteilten ermöglichen (BGE 137 IV 59 E. 5.1.4 S. 68; 130 IV 72 E. 1 S. 73). Die Revision ist zuzulassen, wenn die Abänderung des früheren Urteils wahrscheinlich ist. Der Nachweis einer solchen Wahrscheinlichkeit darf nicht dadurch verunmöglicht werden, dass für die neue Tatsache ein Beweis verlangt wird, der jeden begründeten Zweifel ausschliesst (BGE 116 IV 353 E. 4e S. 360 f.). 2.2. Das Revisionsverfahren gemäss StPO gliedert sich grundsätzlich in zwei Phasen, nämlich eine Vorprüfung (Art. 412 Abs. 1 und 2 StPO) sowie eine materielle Prüfung der geltend gemachten Revisionsgründe (Art. 412 Abs. 3 und 4 sowie Art. 413 StPO). Gemäss Art. 412 Abs. 2 StPO tritt das Gericht auf das Revisionsgesuch nicht ein, wenn es offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist oder es mit den gleichen Vorbringen schon früher gestellt und abgelehnt wurde. Bei dieser vorläufigen und summarischen Prüfung sind grundsätzlich die formellen Voraussetzungen zu klären. Das Gericht kann jedoch auf ein Revisionsgesuch auch nicht eintreten, wenn die geltend gemachten Revisionsgründe offensichtlich unwahrscheinlich oder unbegründet sind (Urteile 6B_545/2014 vom 13. November 2014 E. 1.2; 6B_1163/2013 vom 7. April 2014 E. 1.2; 6B_415/2012 vom 14. Dezember 2012 E. 1.1 mit Hinweisen). 2.3. Ein Gesuch um Revision eines Strafbefehls muss als missbräuchlich qualifiziert werden, wenn es sich auf Tatsachen stützt, die dem Verurteilten von Anfang an bekannt waren, die er ohne schützenswerten Grund verschwieg und die er in einem ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können, welches auf Einsprache hin eingeleitet worden wäre. Demgegenüber kann die Revision eines Strafbefehls in Betracht kommen wegen wichtiger Tatsachen oder Beweismitteln, die der Verurteilte im Zeitpunkt, als der Strafbefehl erging, nicht kannte oder die schon damals geltend zu machen für ihn unmöglich war oder keine Veranlassung bestand (BGE 130 IV 72 E. 2.3 S. 75 f.). An dieser Rechtsprechung ist grundsätzlich festzuhalten (siehe Urteile 6B_545/2014 vom 13. November 2014 E. 1.2 und 6B_310/2011 vom 20. Juni 2011 E. 1.3 und E. 1.5). Rechtsmissbrauch ist nur mit Zurückhaltung anzunehmen. Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob unter den gegebenen Umständen das Revisionsgesuch dazu dient, den ordentlichen Rechtsweg zu umgehen (vgl. BGE 130 IV 72 E. 2.2 S. 74 und E. 2.4 S. 76; Urteile 6B_1163/2013 vom 7. April 2014 E. 1.3 und 6S.61/2002 vom 16. Mai 2003 E. 3.4). 2.4. Die Gesuchstellerin beantragt die Revision des Strafbefehls, weil der diesem zugrunde liegende Sachverhalt falsch sei. Sie habe die Fotokopie der Vignette nicht an der Windschutzscheibe ihres Wagens angebracht. Als Beweis legt sie ihrem Gesuch ein Schreiben von A._ vom 25. Juli 2014 bei. Darin hält er fest, er habe im Jahr 2012 die Fotokopie der Vignette am Fahrzeug der Gesuchstellerin, welches ihm zeitweise zur Verfügung gestanden habe, angebracht. Die Gesuchstellerin äussert sich nicht dazu, ob ihr bereits vor Ablauf der Einsprachefrist bekannt war, dass A._ die Vignette angebracht haben will. Indes ist davon auszugehen, dass sie zu diesem Zeitpunkt zumindest wusste, dass er ihr Fahrzeug zeitweise benutzte. Dies hätte sie mittels Einsprache im Strafbefehlsverfahren beziehungsweise im ordentlichen Verfahren geltend machen können. Sie begründet nicht, weshalb sie darauf verzichtete und ihre Einsprache zurückzog. Gemäss ihrem Schreiben vom 11. März 2013 wollte sie das Verfahren zu einem für sie überschaubaren Ende bringen. Folglich verzichtete sie bewusst darauf, den Sachverhalt von einem Gericht in einem ordentlichen Verfahren beurteilen zu lassen. Unter diesen Umständen erscheint ihr Revisionsgesuch als Mittel, um den ordentlichen Rechtsweg zu umgehen. Auf das missbräuchliche Revisionsgesuch ist mangels Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten. 3. Die Gerichtskosten sind der Gesuchstellerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 428 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 119a Abs. 2 BGG per analogiam).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Gesuchstellerin auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 7. Mai 2015 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Denys Die Gerichtsschreiberin: Andres
a1a08040-0c54-4d31-a69b-915888862caf
de
2,012
CH_BGer_009
Federation
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Sachverhalt: A. Y._ (geb. 1966) arbeitete ab 17. Februar 1997 als Tankwart/Kassier bei der Firma X._ AG und war dadurch bei der Personalvorsorge der Firma X._ AG im Rahmen der beruflichen Vorsorge versichert. Die Arbeitgeberin löste sein Arbeitsverhältnis und dasjenige dreier weiterer Mitarbeitenden am 15. Oktober 2003 mit sofortiger Wirkung fristlos auf. Sie warf den vier Angestellten Diebstahl und Veruntreuung am Arbeitsplatz vor. Im November 2004 meldete sich Y._ bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 1. Oktober 2008 sprach ihm die IV-Stelle Basel-Landschaft (nachfolgend: IV-Stelle) ab 1. November 2006 eine ganze Invalidenrente zu. Diese Rentenverfügung wurde der Personalvorsorge der Firma X._ AG nicht eröffnet. B. Am 9. Dezember 2009 leitete Y._ Klage gegen die Personalvorsorge der Firma X._ AG ein mit dem Rechtsbegehren, es sei ihm gemäss den gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen mindestens vom 15. Oktober 2004 bis 18. November 2005 und vom 16. November 2007 bis auf Weiteres eine ganze Invalidenrente auszurichten zuzüglich 5 % Zins und unter Befreiung von der Beitragspflicht. Mit Entscheid vom 7. April 2011 hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, die Klage dem Grundsatz nach gut und verpflichtete die Beklagte, dem Kläger nach Festlegung des Rentenbeginns und der Rentenhöhe im Sinne der Erwägungen eine Invalidenrente auszurichten zuzüglich Verzugszins von 5 % seit 9. Dezember 2009. Ferner verpflichtete es die Beklagte, den Kläger ab Rentenbeginn von der Beitragspflicht für die Sparbeiträge an das Altersguthaben zu befreien. C. Die Personalvorsorge der Firma X._ AG erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Klage des Beschwerdegegners vollumfänglich abzuweisen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Y._ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Ferner sei ihm die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung zu gewähren. Das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Stellungnahme. D. Am 6. und 20. Dezember 2011 reichen die Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegner je eine weitere Stellungnahme ein. E. Am 19. September 2011 ordnete die II. sozialrechtliche Abteilung an, dass bis zum Entscheid über das Gesuch um aufschiebende Wirkung alle Vollziehungsvorkehrungen zu unterbleiben haben.
Erwägungen: 1. 1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 134 IV 36 E. 1.4.1 S. 39). Die entsprechende Rüge prüft das Bundesgericht nur insoweit, als sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet worden ist. 2. In formeller Hinsicht ist streitig, ob das kantonale Gericht die von der Beschwerdeführerin beantragten Beweismittel (Videoaufnahmen am Arbeitsplatz) hätte beiziehen müssen. 2.1 Der in Art. 29 Abs. 2 BV garantierte Anspruch auf rechtliches Gehör räumt dem Betroffenen das persönlichkeitsbezogene Mitwirkungsrecht ein, erhebliche Beweise beizubringen, mit solchen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken. Dem Mitwirkungsrecht entspricht die Pflicht der Behörden, die Argumente und Verfahrensanträge der Parteien entgegenzunehmen und zu prüfen, sowie die ihr rechtzeitig und formrichtig angebotenen Beweismittel abzunehmen (vgl. BGE 127 I 54 E. 2b S. 56, 126 I 97 E. 2b S. 102; je mit Hinweisen; Urteil 6B_22/2010 vom 8. Juni 2010, E. 2.2). 2.2 Das kantonale Gericht liess offen, ob die Videoaufzeichnungen der Arbeitgeberin im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren als verwertbare Beweismittel zuzulassen wären, da gestützt auf Art. 35 BVG unabhängig von einer Beurteilung des Selbstverschuldens keine Kürzung der Invalidenrente erfolgen dürfe. Denn eine Leistungskürzung sei nicht zulässig, wenn nicht auch die AHV/IV ihre Leistungen kürze (Hinweis auf das Urteil B 87/06 vom 10. Januar 2008). 2.3 Die Beschwerdeführerin begründet eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) und des Rechts auf Beweis (Art. 29 Abs. 2 BV) damit, das kantonale Gericht habe die am Arbeitsplatz ohne Wissen des Beschwerdegegners aufgenommenen Videoaufnahmen nicht als Beweismittel zugelassen. Mit den Videoaufnahmen lasse sich der Vorwurf des Diebstahls bzw. der Veruntreuung am Arbeitsplatz beweisen und die diagnostizierte psychische Erkrankung in Zweifel ziehen. Dabei hat die Beschwerdeführerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren damit argumentiert, die Videoaufnahmen seien im Unterschied zum Strafverfahren als Beweis zuzulassen, nicht nur im Zusammenhang mit dem im Bereich der beruflichen Vorsorge (vgl. Art. 2 ATSG) nicht direkt anwendbaren Art. 21 Abs. 1 ATSG (vgl. aber Art. 35 BVG), sondern auch für die Beurteilung des medizinischen Sachverhalts und der Arbeitsunfähigkeit, namentlich im Anschluss an die fristlose Entlassung und für den Zeitraum der Nachdeckungsfrist des Art. 10 Abs. 3 BVG. 3. 3.1 Wie die II. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts im Urteil 9C_785/2010 vom 10. Juni 2011, einem Parallelfall, bei dem es allerdings um die Rente der Invalidenversicherung ging, auf Beschwerde der auch heute am Recht stehenden Pensionskasse im Zusammenhang mit einem ebenfalls fristlos entlassenen Mitarbeiter zusammenfassend erwogen hat, sind die von der Beschwerdeführerin angerufenen Videoaufnahmen ein grundsätzlich rechtmässiges und geeignetes Beweismittel, um die behaupteten Delikte und damit den rechtserheblichen Sachverhalt nachzuweisen, namentlich auch im Hinblick auf die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Kürzung oder Verweigerung der IV-Rente nach Art. 21 Abs. 1 ATSG erfüllt sind. Das kantonale Gericht habe den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) und das Recht der Beschwerdeführerin auf Beweis (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt, indem es diese beantragten Beweismittel nicht beigezogen habe. Diese Erwägungen gälten auch im Zusammenhang mit der Feststellung des (medizinischen) Sachverhalts. Bei Nachweis der behaupteten Delikte dränge sich gestützt darauf eine erneute psychiatrische Beurteilung auf. 3.2 Diese Erwägungen sind auch im vorliegenden Fall von Relevanz. Der Beschwerdegegner suchte, wie auch der Versicherte im Parallelfall 9C_785/2010, unmittelbar im Anschluss an die polizeiliche Befragung vom 15. November 2003 Dr. med. C._, Spezialarzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, auf, der eine Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion, gemischt (ICD-10: F43.22), diagnostizierte. Im Bericht vom 7. April 2004 an den Vertrauensarzt einer Privatversicherung führte der Psychiater aus, "auf mich wirkt das Verhalten und der Vorwurf des Arbeitgebers an den Haaren herbeigezogen. War ein 'Bauernopfer' nötig?". Es bestehen daher Anhaltspunkte, dass der erstkonsultierte Psychiater, dessen Beurteilung den Ausgangspunkt späterer Gutachten anderer Ärzte bildete, die Schilderung des Sachverhaltes durch den Versicherten und die Annahme einer ungerechten Beschuldigung und Entlassung zur Grundlage seiner Einschätzung machte. Im Bereich der beruflichen Vorsorge besteht ab Beendigung des Vorsorgeverhältnisses nur noch während der Nachdeckungsfrist von einem Monat Versicherungsschutz (Art. 10 Abs. 3 BVG). Versicherte und Vorsorgeeinrichtungen müssen daher alle Beweismittel einbringen können, die für die Beurteilung des Zeitpunkts des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit erheblich sein können. Die Beschwerdeführerin hat daher Anspruch darauf, dass die als Beweismittel zulässigen Videoaufnahmen, die Licht in die Umstände der fristlosen Entlassung bringen können, vom kantonalen Gericht abgenommen werden, zumal der Beginn der Arbeitsunfähigkeit und der Eintritt der Invalidität mit dem Vorfall am Arbeitsplatz zusammenhängen. Es drängt sich mithin, sofern sich nach Konsultation der Videoaufnahmen das deliktische Verhalten erhärten lässt, in medizinischer Hinsicht eine nochmalige Begutachtung des Beschwerdegegners auf, damit sich das Gutachten in Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die zur fristlosen Entlassung geführt haben, über die Arbeitsunfähigkeit und die psychischen Störungen des Beschwerdegegners, namentlich auch im Hinblick auf Art. 10 Abs. 3 BVG in der unmittelbaren Zeit nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses, ausspricht. 3.3 Nach Art. 35 BVG kann die Vorsorgeeinrichtung ihre Leistungen im entsprechenden Umfang kürzen, wenn die AHV/IV eine Leistung kürzt, entzieht oder verweigert, weil der Anspruchsberechtigte den Tod oder die Invalidität durch schweres Verschulden herbeigeführt hat oder sich einer Eingliederungsmassnahme der IV widersetzt. Im Parallelfall 9C_785/2010 hat das Bundesgericht erwogen, die Voraussetzungen für eine Kürzung oder Verweigerung der Rente nach Art. 21 Abs. 1 ATSG seien erfüllt, sofern der Versicherte die Delikte, welche die Arbeitgeberin ihm vorwerfe, vorsätzlich begangen habe. Die Frage der Leistungskürzung und -verweigerung war Gegenstand des Verfahrens, weil die IV ihre Rentenverfügung der (heutigen) Beschwerdeführerin zustellte und diese die Zusprechung einer ganzen ungeschmälerten Invalidenrente anfocht. Im Rentenverfahren mit dem heutigen Beschwerdegegner wurde die Beschwerdeführerin nicht einbezogen, so dass der Rentenbescheid der IV unangefochten in Rechtskraft erwuchs. Daraus zieht das kantonale Gericht unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichts B 87/06 vom 10. Januar 2008 und die Lehre (Bettina Kahil-Wolff, in: Schneider/Geiser/Gächter, BVG und FZG, Bern 2010, Art. 35 N 3) den Schluss, die Beschwerdeführerin könne gegenüber dem Beschwerdegegner mangels autonomen Kürzungsrechts gestützt auf Art. 35 BVG keine Leistungskürzung vornehmen, weil die AHV/IV ihre Leistungen nicht gekürzt habe. Es trifft zwar zu, dass im erwähnten Urteil vom 10. Januar 2008 ausgeführt wurde, dass Gesetz und Reglement ausdrücklich voraussetzten, dass die AHV/IV ihre Leistungen gekürzt haben müssten. Diese generelle Aussage kann aber dann nicht Gültigkeit haben, wenn der Vorsorgeeinrichtung im Verfahren der IV verunmöglicht worden ist, die Frage der Kürzung nach Art. 21 Abs. 1 ATSG zu thematisieren. Im vorliegenden Fall hat die IV-Stelle nach der verbindlichen Feststellung des kantonalen Gerichts der Vorsorgeeinrichtung die Rentenverfügung vom 1. Oktober 2008 nicht zugestellt. Anders als im Parallelfall 9C_785/2010 wurde dadurch die Beschwerdeführerin nicht in die Lage versetzt, auch gegenüber dem Beschwerdegegner die Frage der Leistungskürzung oder -verweigerung im IV-Verfahren einzubringen. Unterbleibt ein Einbeziehen der Vorsorgeeinrichtung bis spätestens im Vorbescheidverfahren (Art. 73ter IVV), ist die invalidenversicherungsrechtliche Festsetzung des Invaliditätsgrades berufsvorsorgerechtlich nicht verbindlich. Aber selbst wenn ein Einbezug erfolgt ist, sind die wesentlichen Feststellungen und Beurteilungen für die Festsetzung des Invaliditätsgrades in dem das IV-Verfahren abschliessenden Entscheid für eine (präsumptiv leistungspflichtige) Vorsorgeeinrichtung nur dann verbindlich, wenn der IV-Entscheid nicht offensichtlich unhaltbar ist (BGE 133 V 67 E. 4.3.2 S. 69 mit Hinweisen; Urteil 9C_693/2009 vom 10. September 2010 E. 5.1). Diese Gründe für die Unverbindlichkeit des Invaliditätsgrades haben sich auch auf die Frage der (unterbliebenen) Leistungskürzung zu beziehen. Dies gilt im Rahmen eines fehlenden Einbezugs umso mehr, als sich der Entscheid der IV in diesem Punkt als offensichtlich unhaltbar erweist, welche Rechtslage hier nicht ausgeschlossen werden kann. In einem solchen Fall kann die Vorsorgeeinrichtung im Verfahren vor dem Berufsvorsorgegericht nach Art. 73 BVG die Frage, ob die IV-Stelle die Invalidenrente hätte kürzen oder verweigern müssen, autonom zur Beurteilung bringen. Dazu kommt, dass der Arbeitgeber vier Angestellte gleichzeitig fristlos entlassen hat, was bei drei Betroffenen unmittelbar darauf zu Arbeitsunfähigkeit und zu Sozialversicherungsleistungen führte (vgl. auch das Urteil 4A_437/2007 vom 5. Februar 2008). Bei gleich gelagertem Sachverhalt kann die Vorsorgeeinrichtung nicht einfach bei einem betroffenen Angestellten wegen dem unterbliebenen Einbezug ins IV-Verfahren von der Überprüfung der Leistungskürzung oder -verweigerung ausgeschlossen werden. Entgegen der Auffassung des kantonalen Gerichts sind die Videoaufnahmen daher auch in diesem Zusammenhang als Beweismittel ins Verfahren einzubeziehen. 3.4 Die Sache ist deshalb an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird die Videoaufnahmen beiziehen, würdigen und gestützt darauf beurteilen, ob der Beschwerdegegner die ihm vorgeworfenen Delikte vorsätzlich begangen hat, gegebenenfalls den medizinischen Sachverhalt ergänzend abklären, über den Rentenanspruch neu entscheiden und vorfrageweise die in Art. 21 Abs. 1 ATSG vorgesehenen Rechtsfolgen prüfen und über die Leistungspflicht der Beschwerdeführerin neu entscheiden. 4. Da sogleich in der Hauptsache entschieden werden kann, ist das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegenstandslos. 5. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdegegner die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die obsiegende Vorsorgeeinrichtung hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 6. Da die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten unentgeltlichen Rechtspflege (u.a. Bedürftigkeit des Gesuchstellers, Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung [Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 125 V 201 E. 4a S. 202 und 371 E. 5b S. 372]) erfüllt sind, sind die Gerichtskosten vorläufig auf die Gerichtskasse zu nehmen. Ferner wird dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners eine Entschädigung aus der Gerichtskasse ausgerichtet (Art. 64 Abs. 2 BGG), da er in den Diensten von Procap, Schweizerischer Invaliden-Verband, steht, welcher die Voraussetzungen für die unentgeltliche Rechtsvertretung erfüllt (BGE 135 I 1 E. 7.4.1. S. 4). Der Beschwerdegegner wird indessen auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach er als Begünstigter der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn er später dazu in der Lage ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 7. April 2011 aufgehoben wird. Die Sache wird an das Kantonsgericht zurückgewiesen, damit es über den Anspruch des Beschwerdegegners auf Invalidenrente im Sinne der Erwägungen neu entscheide. 2. Dem Beschwerdegegner wird die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung gewährt. 3. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt, zufolge Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung vorläufig auf die Gerichtskasse genommen. 4. Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen. 5. Advokat S._, Procap, Schweizerischer Invaliden-Verband, wird als unentgeltlicher Rechtsbeistand des Beschwerdegegners bestellt und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet. 6. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 8. Februar 2012 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Meyer Der Gerichtsschreiber: Nussbaumer
a1fbe02b-d0ea-4bac-83c5-6608561698a2
de
2,009
CH_BGer_002
Federation
null
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nan
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critical-1
Sachverhalt: A. Mit Beschluss vom 23. März 2007 änderte die Bundesversammlung im Rahmen der so genannten Unternehmenssteuerreform II verschiedene steuerrechtliche Bestimmungen des Bundes. Unter anderem fügte sie in Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR 642.14) den folgenden zweiten Satz ein (BBl 2007 2321): "Bei Dividenden, Gewinnanteilen, Liquidationsüberschüssen und geldwerten Vorteilen aus Beteiligungen aller Art, die mindestens 10 Prozent des Grund- oder Stammkapitals ausmachen (qualifizierte Beteiligungen), können die Kantone die wirtschaftliche Doppelbelastung von Körperschaften und Anteilsinhabern mildern." Parallel dazu ergingen die Art. 18b und Art. 20 Abs. 1 lit. c und Abs. 1bis des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11), die eine Milderung der Steuerbelastung bei der direkten Bundessteuer durch eine bloss teilweise Besteuerung des Dividendenertrages vorsehen. Nachdem gegen die Unternehmenssteuerreform II ein Referendum zustande gekommen war, wurde die Gesetzesnovelle in der eidgenössischen Volksabstimmung vom 24. Februar 2008 angenommen (BBl 2008 2781). Sie trat am 1. Januar 2009 in Kraft (AS 2008 2893, 2902). B. Am 22. März 2007 beschloss der Grosse Rat des Kantons Bern, das kantonale Steuergesetz vom 21. Mai 2000 (StG) anzupassen. Ein Teil der Änderungen erfolgte im Rahmen der so genannten Unternehmenssteuerreform. Dabei wurden insbesondere ein neuer Art. 42 Abs. 3 StG für die Einkommenssteuer und ein neuer Art. 65 Abs. 2 StG für die Vermögenssteuer erlassen. Diese beiden Bestimmungen lauten wie folgt: "Art. 42 Abs. 3 StG Für Einkünfte aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften mit Sitz in der Schweiz wird der für das steuerbare Gesamteinkommen massgebliche Steuersatz um 50 Prozent reduziert, sofern die Beteiligungsquote mindestens zehn Prozent oder der Verkehrswert der Beteiligung mindestens zwei Millionen Franken beträgt. Art. 65 Abs. 2 StG: Für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften mit Sitz in der Schweiz wird der für das steuerbare Gesamtvermögen massgebliche Steuersatz um 20 Prozent reduziert, sofern die Beteiligungsquote mindestens zehn Prozent oder der Verkehrswert der Beteiligung mindestens zwei Millionen Franken beträgt." Gemäss der gleichzeitig erlassenen Übergangsregelung gilt der neue Art. 42 Abs. 3 StG, nicht aber der neue Art. 65 Abs. 2 StG bereits für das Steuerjahr 2008. In der Volksabstimmung vom 24. Februar 2008 hiess das Stimmvolk die Änderung des Steuergesetzes gut (Amtsblatt des Kantons Bern vom 19. März 2008 S. 278); die Gesetzesnovelle trat am 1. Januar 2008 in Kraft. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 9. April 2008 an das Bundesgericht beantragt Rudolf Hausherr, die in der Volksabstimmung vom 24. Februar 2008 angenommenen Art. 42 Abs. 3 und 65 Abs. 2 StG aufzuheben, eventuell den Satzteil "... oder der Verkehrswert der Beteiligung mindestens zwei Millionen Franken beträgt" in den beiden Bestimmungen aufzuheben. Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, die beiden Bestimmungen verletzten das Rechtsgleichheitsgebot (nach Art. 8 BV), das Willkürverbot (nach Art. 9 BV) sowie die Prinzipien der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (nach Art. 127 Abs. 2 BV). D. Mit Vernehmlassung vom 4. Juni 2008 schliesst die Finanzdirektion des Kantons Bern auf Abweisung der Beschwerde. Mit Replik vom 8. September 2008 und Duplik vom 21. Oktober 2008 halten Rudolf Hausherr und die Finanzdirektion an ihren jeweiligen Standpunkten fest. E. Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts entschied über die Beschwerde an einer öffentlichen Sitzung am 25. September 2009.
Erwägungen: 1. 1.1 Ein kantonaler Erlass kann beim Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden (Art. 82 lit. b BGG). Der Ausschlusskatalog von Art. 83 BGG betrifft nur Beschwerden gegen Entscheide und kommt bei der Anfechtung von Erlassen (abstrakte Normenkontrolle) nicht zur Anwendung. Gegen kantonale Erlasse ist unmittelbar die Beschwerde zulässig, sofern kein kantonales Rechtsmittel ergriffen werden kann (Art. 87 Abs. 1 BGG). 1.2 Angefochten ist vorliegend eine Gesetzesbestimmung, gegen deren Erlass im Kanton Bern kein kantonales Rechtsmittel offensteht. Dagegen kann somit grundsätzlich beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. 1.3 Nach Art. 101 BGG ist die Beschwerde gegen einen Erlass innert 30 Tagen nach der nach dem kantonalen Recht massgebenden Veröffentlichung des Erlasses beim Bundesgericht einzureichen. Das Ergebnis der Volksabstimmung über die angefochtene Gesetzesnovelle vom 24. Februar 2008 wurde am 19. März 2008 im Amtsblatt des Kantons Bern veröffentlicht. Die vorliegende Beschwerde wurde der Post am 9. April 2008 aufgegeben und erging mithin fristgerecht. 1.4 Für die Beschwerde an das Bundesgericht gelten die im Gesetz vorgesehenen Begründungsanforderungen. 1.4.1 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Beschwerde in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt das massgebliche Recht verletzt, das Beschwerdegrund (vgl. dazu Art. 95 ff. BGG) einer Beschwerde beim Bundesgericht bilden kann (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene Erlass an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (vgl. allgemein BGE 134 II 244 E. 2.1 und 2.2 S. 245 f. mit Hinweisen, sowie zur Substantiierungspflicht bei der Willkürrüge im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle BGE 128 I 295 E. 7a S. 312). 1.4.2 Die Beschwerdebegründung ist zwar knapp, erfüllt aber grundsätzlich die Anforderungen an eine genügende Substantiierung der erhobenen Rügen. Ungenügend ist hingegen die Begründung der Willkürrüge, legt der Beschwerdeführer doch nicht dar, inwiefern ein qualifizierter und offensichtlicher Mangel in der Rechtsetzung vorliegen soll. Insoweit kann daher auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. 2. 2.1 Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG ist zur Anfechtung eines kantonalen Erlasses legitimiert, wer durch den Erlass aktuell oder virtuell besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung hat. Das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein (BGE 133 I 286 E. 2.2 S. 290). Virtuelles Berührtsein setzt voraus, dass der Beschwerdeführer von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (vgl. BGE 133 I 206 E. 2.1 S. 210). Zur Anfechtung eines kantonalen Steuererlasses sind grundsätzlich die im betroffenen Kanton Steuerpflichtigen legitimiert, d.h. diejenigen Personen, die dort ihren Wohnsitz haben (BGE 130 I 174 E. 1.2 S. 176 f.). Es kann hier offenbleiben, wieweit die als AVLOCA-Praxis bekannte Rechtsprechung des Bundesgerichts betreffend Legitimation zur Anfechtung eines Erlasses wegen rechtsungleicher Begünstigung mit der früheren staatsrechtlichen Beschwerde (dazu BGE 109 Ia 252; 131 I 198 E. 2.6 S. 203; vgl. auch BGE 133 I 206 E. 2.2-2.4 S. 210 f.) auch auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zugeschnitten ist, woran immerhin angesichts der unterschiedlichen Voraussetzungen gewisse Zweifel bestehen. So oder so bildet ein Steuertarif ein unteilbares Ganzes, der als solcher den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen muss. Jeder Steuerpflichtige muss die Missachtung der verfassungsrechtlichen Grundsätze im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle rügen können, selbst wenn sich ein andern Steuerpflichtigen gewährter Vorteil nicht unmittelbar zu seinem Nachteil auswirkt (vgl. BGE 133 I 206 E. 2.1-2.3 S. 210 f.). Nicht zulässig sind hingegen Beschwerden, die im Interesse der Allgemeinheit oder der richtigen Gesetzesanwendung geführt werden (BGE 125 I 7 E. 3c S. 9; 123 II 376 E. 2 S. 378 f.; 121 II 39 E. 2c/aa S. 44; BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, Art. 89 N 15). 2.2 Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Kanton Bern und ist dort steuerpflichtig. Damit untersteht er dem bernischen Steuertarif und ist von diesem als unteilbares Ganzes betroffen. Die hier zu entscheidende Streitsache des anwendbaren Steuersatzes bzw. der Rechtmässigkeit desselben stellt eine Tariffrage dar. Überdies ist der Beschwerdeführer als Fürsprecher unternehmerisch tätig, ohne vom angefochtenen Teilsatzverfahren profitieren zu können. Selbst wenn schliesslich davon ausgegangen würde, dass nur beschwerdeberechtigt ist, wer wenigstens virtuell Aktionär sein kann, trifft dies auf den Beschwerdeführer wohl zu. Zumindest die virtuelle Betroffenheit kann dem Beschwerdeführer daher nicht abgesprochen werden, weshalb er zur Beschwerde legitimiert ist. 3. 3.1 Nach Art. 190 BV sind Bundesgesetze und Völkerrecht für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend. Damit kann Bundesgesetzen weder im Rahmen der abstrakten noch der konkreten Normenkontrolle die Anwendung versagt werden. Zwar handelt es sich dabei um ein Anwendungsgebot und kein Prüfungsverbot (BGE 131 II 710 E. 5.4 S. 721; 129 II 249 E. 5.4 S. 263, mit Hinweisen; YVO HANGARTNER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/ Schweizer/Vallender, Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2008, Bd. 2, N. 8 zu Art. 190 BV), und es kann sich rechtfertigen, vorfrageweise die Verfassungswidrigkeit eines Bundesgesetzes zu prüfen; wird eine solche festgestellt, muss das Gesetz aber angewandt werden, und das Bundesgericht kann lediglich gegebenenfalls den Gesetzgeber einladen, die fragliche Bestimmung zu ändern. Freilich besteht nicht in jedem Fall die Veranlassung, die bundesgesetzliche Regelung auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht hin zu prüfen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 2C_61/2008 vom 28. Juli 2008, E. 1.3.2). Vielmehr hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob sich dies rechtfertigt. Im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle ist dafür entscheidend, ob ein genügendes allgemeines Interesse an der Feststellung einer allfälligen Verfassungswidrigkeit besteht. 3.2 Im vorliegenden Fall ist eine kantonale Gesetzesbestimmung angefochten. Dafür gilt das Anwendungsgebot von Art. 190 BV grundsätzlich nicht. Auch der Umstand, dass der Bundesgesetzgeber eine Materie für seinen Kompetenzbereich, hier die direkte Bundessteuer, gleich oder ähnlich wie ein Kanton ordnet, schränkt die Befugnis des Bundesgerichts zur Überprüfung eines kantonalen Erlasses nicht ein; dabei ist sogar in Kauf zu nehmen, dass sich bei einer solchen Prüfung allenfalls Zweifel an der Verfassungsmässigkeit eines Bundesgesetzes ergeben können (BGE 109 Ia 273 E. 2b S. 277 f.). Setzt das kantonale Steuergesetz jedoch unmittelbar Harmonisierungsrecht des Bundes um, das im Steuerharmonisierungsgesetz enthalten ist, greift das verfassungsrechtliche Anwendungsgebot auf das kantonale Recht durch. Das kantonale Steuergesetz, für welches das Anwendungsgebot an sich nicht gilt, wird davon als Umsetzungsakt der bundesgesetzlichen Ordnung erfasst (vgl. BGE 131 II 710 E. 5.4 S. 721). Auch diesfalls hängt es von den Umständen des Einzelfalles bzw. vom Vorliegen eines entsprechenden allgemeinen Feststellungsinteresses ab, ob sich die Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht trotz Anwendungsgebots rechtfertigt. 3.3 Bei einer abstrakten Normenkontrolle, namentlich bei der Überprüfung eines kantonalen Gesetzes, kann das Bundesgericht auch einer nachträglichen Änderung der Rechtslage Rechnung tragen und insbesondere neu in Kraft getretenes, übergeordnetes Recht mitberücksichtigen (BGE 120 Ia 286 E. 2c/bb S. 291; 119 Ia 460 E. 4d S. 473, mit Hinweisen). Das kann aber nicht unbeschränkt gelten, sondern setzt einen engen Zusammenhang vor allem in sachlicher und zeitlicher Hinsicht voraus. 3.4 Der neue Art. 7 Abs. 1 StHG erlaubt den Kantonen für Kapitalbeteiligungen von mindestens 10 % die Einführung einer Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung. Entscheiden sich die Kantone für eine solche Milderung, müssen sie zwingend eine Mindestbeteiligung von 10 % verlangen, im Übrigen verfügen sie über einen gewissen Gestaltungsspielraum bei der kantonalen Regelung. Das gilt insbesondere für die Methode der Entlastung (Teilsatz-, Teilbesteuerungs- oder anderes Verfahren) und deren Umfang. Es ist den Kantonen namentlich überlassen, ob sie die wirtschaftliche Doppelbelastung von Körperschaft und Anteilsinhaber wie in der angefochtenen bernischen Regelung durch eine Reduktion des Steuersatzes oder wie in den neuen, parallel ergangenen Art. 18b und Art. 20 Abs. 1 lit. c und Abs. 1bis DBG durch eine bloss teilweise Besteuerung des Dividendenertrages mildern wollen. Dagegen wird in der Literatur zwar eingewendet, die bundesrechtliche Harmonisierung beziehe sich einzig auf das Steuerobjekt, d.h. die Bemessungsgrundlage, und nicht auf den anwendbaren Tarif; die Kantone könnten daher die Milderung bei der Dividendenbesteuerung lediglich durch eine besondere Definition des Steuerobjekts, nicht aber durch einen Sondertarif umsetzen (vgl. insbes. URS R. BEHNISCH, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender, a.a.O., N. 28 zu Art. 129; DERS., Steuerwettbewerb trotz seiner Zähmung ein Stein des Anstosses, in Neue Zürcher Zeitung vom 21. Februar 2007). Beim Erlass von Art. 7 Abs. 1 StHG ging der Gesetzgeber aber klarerweise davon aus, dass der Bund die Kompetenz hat, unter Einhaltung einer gewissen Regelungsautonomie der Kantone beim Ausmass und bei der Art der Entlastung Lösungen zu treffen, die auch durch tarifliche Massnahmen umgesetzt werden können (vgl. BBl 2005 4796). Der Gesetzgeber stellte denn auch den Kantonen bewusst frei, Entlastungen wie der Bund in Form von Abzügen von der Bemessungsgrundlage oder aber Steuerermässigungen in Form eigentlicher tariflicher Massnahmen vorzusehen (BBl 2005 4868). Abgesehen davon kennt das Harmonisierungsrecht auch an anderer Stelle Sondertarife, so etwa in Art. 11 StHG. 4. 4.1 Der angefochtene Art. 42 Abs. 3 StG für die Einkommenssteuer entspricht weitgehend dem revidierten Art. 7 Abs. 1 StHG und wird von diesem seit dessen Inkrafttreten am 1. Januar 2009 im entsprechenden Umfang inhaltlich gedeckt. Eine allfällige diesbezügliche Verfassungswidrigkeit unterliegt daher seit dem 1. Januar 2009 dem Anwendungsgebot und lässt sich jedenfalls mit Wirkung ab diesem Zeitpunkt vom Bundesgericht nicht mehr korrigieren. Damit wird dem Antrag auf Aufhebung der ganzen Bestimmung die Grundlage entzogen. Selbst im Falle, dass die angefochtene Bestimmung insoweit verfassungswidrig sein sollte, wäre es unverhältnismässig und würde es sich nicht rechtfertigen, diese Gesetzesnorm aufzuheben, und den Kanton nochmals in ein Gesetzgebungsverfahren zu zwingen, um eine gleich lautende Bestimmung zu erlassen, die nunmehr vom neuen Bundesgesetz gedeckt wäre. Unabhängig davon, ob die angefochtene kantonale Bestimmung und die hier nur vorfrageweise angesprochene neue bundesgesetzliche Norm verfassungskonform sind oder nicht, sind sie jedenfalls seit dem 1. Januar 2009 im entsprechenden Umfang anwendbar. 4.2 Es könnte sich immerhin fragen, ob etwas anderes zu gelten hätte, falls die kantonale Regelung über diejenige des Bundesrechts hinausginge, also insbesondere Erleichterungen gewähren würde, die vom Bundesrecht nicht mehr gedeckt wären, indem sie etwa nicht nur die wirtschaftliche Doppelbelastung beseitigen, sondern weitergehende Steuervorteile bieten würde. Der Beschwerdeführer behauptet eine solche überschiessende Wirkung. 4.3 Entscheidend ist in diesem Zusammenhang bei der Einkommenssteuer, dass die Frage der Verfassungskonformität der Unternehmenssteuerreform in Fachkreisen schon seit längerem diskutiert wurde (vgl. etwa BERICHT DER EXPERTENKOMMISSION RECHTSFORMNEUTRALE UNTERNEHMENSBESTEUERUNG [ERU], erstattet dem Eidgenössischen Finanzdepartement, Bern 2001; BUNDESAMT FÜR JUSTIZ, Gutachten betreffend die Verfassungsmässigkeit einer Teilbesteuerung von Dividenden im Privatbesitz, erstattet der Eidg. Steuerverwaltung am 29. November 2006; ULRICH CAVELTI, Die Unternehmenssteuerreform II ist verfassungskonform, in Neue Zürcher Zeitung vom 29. Januar 2008; ETIENNE GRISEL, Rechtsgutachten zu Handen des Eidgenössischen Finanzdepartements vom 29. November 2006; CHRISTIAN KEUSCHNIGG/MARTIN D. DIETZ, Volkswirtschaftliche Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform II, Gutachten im Auftrag der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 24. September 2002; RENÉ MATTEOTTI/MICHAEL FELBER, Verfassungsrechtliche Kritik an der Unternehmenssteuerreform II, Jusletter vom 11. Februar 2008; ROBERT WALDBURGER, Die Vorlage verletzt offenkundig die Verfassung, in Tagesanzeiger vom 22. Dezember 2007; ROBERT WALDBURGER/RUEDI BAUMANN, Zur Verfassungsmässigkeit der Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung durch das Unternehmenssteuerreformgesetz II und das Steuergesetz des Kantons Basel-Landschaft, Gutachten vom 8. Januar 2008; vgl. auch MARKUS REICH, Die wirtschaftliche Doppelbelastung der Kapitalgesellschaften und ihrer Anteilsinhaber, Zürich 2000, 25 ff.). Dabei wurden in der Frage der Verfassungsmässigkeit von Entlastungsmassnahmen für die Dividendenbezüger, wie sie hier strittig sind, verschiedene Auffassungen vertreten. Unter anderem äusserten sogar Organe des Bundes mit guten Gründen gewisse Zweifel. Dies ist auch dem Gesetzgeber nicht entgangen und bildete ausdrücklich Thema der politischen Diskussionen sowie des Abstimmungskampfes. 4.4 In der politischen Diskussion setzte sich dann aber mehr und mehr die Auffassung durch, die wirtschaftliche Doppelbelastung zwischen Dividendenbezüger und Gesellschaft sei zu beseitigen. Die Gesetzesrevision wurde mithin in Kenntnis der allfälligen verfassungsrechtlichen Fragwürdigkeit angenommen. Insbesondere war angesichts der im Gesetzgebungsverfahren beigezogenen Gutachten klar, dass die angestrebte Beseitigung der wirtschaftlichen Doppelbelastung weiterreichen könnte, als das rein rechnerisch erforderlich wäre. Der Gesetzgeber setzte sich jedoch namentlich unter Hinweis auf angebliche volkswirtschaftliche Gesichtspunkte und eine mögliche Änderung der Verhaltensweise der Beteiligten über solche Bedenken hinweg. Im Zusammenhang mit dem Steuerharmonisierungsgesetz war mit Blick auf die parallel laufenden und teilweise bereits abgeschlossenen kantonalen Gesetzgebungsverfahren ebenso klar, dass bei den Kantonen entsprechende Entlastungen von ebenfalls bis zu 50 % als zulässig erachtet werden sollten. Die Mehrheit der Stimmberechtigten ging dabei davon aus, dass die schliesslich gewählte Lösung bzw. erlassene Regelung verfassungsrechtlich zulässig sei. Erleichterungen in diesem Umfang sind daher durch den Bundesgesetzgeber abgedeckt. Dabei muss nicht in jedem Kanton aufgrund der konkreten Steuersätze der Nachweis erbracht werden, dass in jeder möglichen Konstellation die Entlastung nicht höher ausfällt als die tatsächliche Doppelbelastung. Es besteht demnach kein genügendes allgemeines Interesse an einer vollständigen verfassungsrechtlichen Überprüfung des bernischen Halbsatzverfahrens im vom Bundesgesetz abgedeckten Rahmen. Nebst dem Bund haben im Übrigen inzwischen mindestens 18 Kantone mehr oder weniger parallel zum Gesetzgebungsverfahren des Bundes analoge Gesetzesrevisionen durchgeführt. Darüber kann sich das Bundesgericht nicht ohne stichhaltigen Grund hinwegsetzen. 4.5 Fraglich erscheint allenfalls, ob die bundesgesetzliche Regelung auch geeignet ist, die Besteuerung durch den Kanton Bern im Jahre 2008 abzudecken. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass der Beschwerdeführer die entsprechende Übergangsbestimmung zu Art. 42 Abs. 3 StG, worin die Geltung dieser Regelung für das Steuerjahr 2008 vorgesehen ist, nicht angefochten hat. Im Übrigen fehlt es auch an einer diesbezüglichen Beschwerdebegründung. Auf die Frage der Anwendbarkeit von Art. 42 Abs. 3 StG für das Steuerjahr 2008 ist daher nicht einzugehen. 5. 5.1 In zweierlei Hinsicht weicht Art. 42 Abs. 3 StG freilich vom Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 StHG ab: So sieht die kantonale Bestimmung einerseits vor, dass das Halbsatzverfahren nur für die Beteiligungen an Unternehmen mit Sitz in der Schweiz gelten soll, und sie lässt andererseits die Teilsatzbesteuerung nicht nur bei einer mindestens zehnprozentigen Beteiligungsquote, sondern unabhängig vom prozentualen Anteil auch für Beteiligungen zu, deren Verkehrswert mindestens zwei Millionen Franken beträgt. Beide Kriterien sind vom Bundesrecht nicht vorgegeben und stellten auch nicht Thema der entsprechenden verfassungsrechtlichen Diskussion dar, weshalb die Überprüfung ihrer Verfassungsmässigkeit nicht an Art. 190 BV scheitern kann. Das Bundesgesetz erlaubt trotz des entsprechenden Gestaltungsspielraums nicht jede beliebige Art der Beseitigung der wirtschaftlichen Doppelbelastung, sondern bestimmt die grundsätzlichen Voraussetzungen einer solchen Entlastung. Will ein Kanton dasselbe unter anderen Voraussetzungen gewähren, steht die entsprechende Regelung nicht unter dem Schutz von Art. 190 BV. Es ist daher zu prüfen, ob die beiden fraglichen Kriterien vor der Verfassung standhalten. 5.2 Im Bereich der Steuern wird das allgemeine Gleichbehandlungsgebot von Art. 8 Abs. 1 BV insbesondere durch die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit konkretisiert (Art. 127 Abs. 2 BV). Der erste Grundsatz verlangt, dass alle Personen oder Personengruppen nach denselben gesetzlichen Regeln erfasst werden; Ausnahmen, für die kein sachlicher Grund besteht, sind unzulässig. Nach dem zweiten Prinzip sind Personen, die sich in gleichen Verhältnissen befinden, in derselben Weise mit Steuern zu belasten und müssen wesentliche Ungleichheiten in den tatsächlichen Verhältnissen zu entsprechend unterschiedlichen Steuerbelastungen führen. Drittens müssen die Steuerpflichtigen nach Massgabe der ihnen zustehenden Mittel gleichmässig besteuert werden; die Steuerbelastung hat sich nach den ihnen zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgütern und ihren persönlichen Verhältnissen zu richten (vgl. BGE 134 I 248 E. 2 S. 251 f.; 133 I 206 E. 6.1 S. 215 f.; StE 2003 B 21.1 Nr. 11 E. 3.2; je mit Hinweisen). 5.3 Im System der Gesamtreineinkommensbesteuerung, auf welchem die direkten Steuern des Bundes und der Kantone beruhen, bildet der Überschuss aller Einkünfte über die damit verbundenen Ausgaben Grundlage der Bemessung, und zwar unabhängig von der Art der Einkünfte. Solche der natürlichen Person aus Beteiligungen an Unternehmen nicht oder nur teilweise zu erfassen oder mit einem anderen Tarif zu besteuern, gerät insoweit in Widerspruch zu den Prinzipien der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Es bedarf einer sachlichen Rechtfertigung, Dividendeneinkünfte anders zu behandeln als andere Einkünfte. Eine solche sieht der Gesetzgeber des Kantons Bern in der so genannten wirtschaftlichen Doppelbelastung. 5.4 Wieweit es eine solche Doppelbelastung gibt, ist allerdings umstritten (zur Literatur vgl. die Angaben in E. 4.3). Rechtlich werden Dividendeneinkünfte zum Vornherein nicht doppelt belastet. Zwar wird der erzielte Gewinn zunächst bei der Unternehmung als Gewinn besteuert, woraufhin die Dividende bzw. der Gewinnanteil aus der Beteiligung beim Teilhaber steuerlich ebenfalls erfasst wird. Dies beruht aber natürlicherweise darauf, dass sich eine juristische Person aufgrund ihrer eigenen Rechtsfähigkeit von der natürlichen Person unterscheidet bzw. ein eigenes Rechtssubjekt und Steuersubjekt ist. Die rechtliche Selbständigkeit juristischer Personen von den wirtschaftlich daran berechtigten natürlichen Personen wird nur ausnahmsweise, unter dem Gesichtspunkt des so genannten Durchgriffs, durchbrochen. Dieser setzt Identität der wirtschaftlichen Interessen zwischen juristischer und dahinter stehender natürlicher Person voraus, und insbesondere dass die rechtliche Berufung auf die Selbständigkeit der juristischen Person der Umgehung von Gesetzesvorschriften oder der Missachtung der Rechte Dritter dient; es geht der Sache nach um eine missbräuchliche Verwendung der juristischen Person durch die sie beherrschende natürliche Person (BGE 132 III 489 E. 3.2 S. 493 mit Hinweisen). Das Umgekehrte gilt nicht: Wer sich als natürliche Person einer juristischen Person bedient, muss sich deren Selbständigkeit entgegenhalten lassen und kann sich nicht auf wirtschaftliche Identität berufen. Sind natürliche und juristische Person aber verschiedene Rechtssubjekte, stellt die Nichtbesteuerung oder reduzierte Besteuerung der Dividendeneinnahmen bei der natürlichen Person für diese eine ungerechtfertigte Privilegierung im Vergleich zu allen anderen Einkunftsarten wie insbesondere Arbeitseinkommen dar. Will der Gesetzgeber die rechtliche Trennung von juristischen und natürlichen Personen zum Zwecke der Besteuerung aufheben und auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise übergehen, ergibt sich aus dem Gebot der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung bzw. derjenigen nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dass die Belastungsgleichheit gewahrt bleiben muss. 5.5 Die Privilegierung der Beteiligung an inländischen Gesellschaften lässt sich mit dem Anliegen der Förderung der einheimischen Wirtschaft nicht rechtfertigen, hängt dies doch nur sehr indirekt mit der Frage der wirtschaftlichen Doppelbelastung zusammen. Namentlich spielt es für die unternehmerische Tätigkeit und Verantwortung, mit der das Teilsatzverfahren gerechtfertigt wird, keine Rolle, ob sie im Zusammenhang mit einer schweizerischen oder einer ausländischen Gesellschaft ausgeübt bzw. getragen wird. Analoge kantonale Bestimmungen, mit denen Gesellschaften des eigenen Kantons gegenüber anderen bevorzugt wurden, gelten im Übrigen als harmonisierungswidrig und seit dem Inkrafttreten des Steuerharmonisierungsrechts als obsolet. Die wirtschaftliche Doppelbelastung, deren Beseitigung mit der Unternehmenssteuerreform angestrebt wurde, besteht - soweit es sie überhaupt gibt - gleichermassen wie bei Beteiligungen an Unternehmen mit Sitz in der Schweiz auch bei Beteiligungen an Gesellschaften mit Sitz im Ausland, selbst wenn die Besteuerung der ausländischen Gesellschaft nicht immer leicht festzustellen sein wird und deshalb ein Vergleich im Einzelfall schwierig werden könnte. Schliesslich ist die Besteuerung von Beteiligungserträgen aus Unternehmen mit Sitz im Ausland auch mit Blick auf die Doppelbesteuerungsregeln zu beurteilen, wo in der Regel eine Milderung der internationalen Doppelbelastung bei der Dividendenbesteuerung angestrebt wird, ohne dass damit zwangsläufig die Doppelbelastung von Unternehmung und Dividendenbezüger vermieden werden muss (vgl. MARTIN ARNOLD/MARKUS BERGER, § 20 Steuerpflicht bei Auslandbezug, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, Rz. 20.67 ff., ERNST HÖHN/ROBERT WALDBURGER, 9. Kapitel, in: Ernst Höhn [Hrsg.], Handbuch des Internationalen Steuerrechts der Schweiz, 2. Aufl. 1993, 335 f.; PETER LOCHER, Einführung in das internationale Steuerrecht der Schweiz, 3. Aufl. 2005, 380 ff.). Auch dies spricht für eine Gleichbehandlung von Beteiligungserträgen aus ausländischen mit solchen aus schweizerischen Unternehmen. Zwar ist dieser Umstand möglicherweise weniger im Verhältnis zu den OECD-Staaten von Bedeutung (vgl. BBl 2005 4746), er kann aber jedenfalls gegenüber anderen Staaten massgeblich werden. Insgesamt beruht die Beschränkung des Teilsatzverfahrens auf Gesellschaften mit Sitz in der Schweiz in Art. 42 Abs. 3 StG daher nicht auf einer sachlichen Grundlage, weshalb sie sich als rechtsungleich erweist, und sie verletzt den Grundsatz der Belastungsgleichheit. Damit steht sie im Widerspruch zu Art. 8 und 127 Abs. 2 BV. 5.6 Analoges gilt für das zu einer zehnprozentigen Beteiligungsquote alternative Kriterium einer summenmässigen Beteiligung im Wert von zwei Millionen Franken. Wer eine Beteiligung von weniger als 10 % hält, die mehr als zwei Millionen Franken wert ist, ist mit dem Schicksal der Gesellschaft nicht mehr verbunden und hat nicht mehr Einfluss auf diese als ein Teilhaber mit der gleichen Beteiligungsquote an einer kleineren Gesellschaft. Die fragliche Bestimmung räumt wohlhabenden Steuerpflichtigen mit wertbeständigen Beteiligungen eine Entlastungsmöglichkeit ein, die weniger wohlhabenden nicht zusteht. Eine Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung, die zudem im Widerspruch zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit steht, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil gilt eine betragsmässige Limite selbst in demjenigen Schrifttum, das der Quotenbeschränkung zustimmend gegenübersteht, als untaugliches Mittel zur Erreichung der Zielsetzung einer Milderung der Doppelbelastung (vgl. insbes. REICH, a.a.O., 65). Ungeeignet erscheint auch der Verweis der Finanzdirektion des Kantons Bern auf die Privilegierung von Holdinggesellschaften im Steuerrecht des Bundes und des Kantons Bern, welche unter anderem zum Teil auf dieselbe betragsmässige Limite von zwei Millionen Franken abstellt (vgl. Art. 69 DBG, Art. 28 Abs. 1 StHG sowie Art. 96 StG). Es handelt sich dabei um Tatbestände, die nicht die Beseitigung der Doppelbelastung, sondern die Förderung von Holdingstrukturen zum Ziel haben. Der Vergleich bietet daher keine sachliche Grundlage für eine Ungleichbehandlung bei der Vermeidung der Doppelbelastung. Das Kriterium einer summenmässigen Beteiligung im Wert von zwei Millionen Franken als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Halbsatzbesteuerung verstösst daher ebenfalls gegen Art. 8 und 127 Abs. 2 BV. 5.7 Art. 42 Abs. 3 StG erweist sich in diesem Sinne als teilweise verfassungswidrig. Die darin vorgesehenen Satzteile "mit Sitz in der Schweiz" und "oder der Verkehrswert der Beteiligung mindestens zwei Millionen Franken" sind aufzuheben. Diese teilweise Unzulässigkeitserklärung der fraglichen Gesetzesbestimmung erweist sich als zulässig, weil ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass der bernische Gesetzgeber jedenfalls die bundesgesetzlich abgedeckte Entlastung beschliessen wollte. 6. 6.1 Nicht von der bundesgesetzlichen Regelung geschützt ist sodann die in Art. 65 Abs. 2 StG vorgesehene Entlastung bei der Vermögenssteuer. Danach wird für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften mit Sitz in der Schweiz der für das steuerbare Gesamtvermögen massgebliche Steuersatz um 20 Prozent reduziert, sofern die Beteiligungsquote mindestens zehn Prozent oder der Verkehrswert der Beteiligung mindestens zwei Millionen Franken beträgt. Ein solches Privileg kennt weder das Recht der direkten Bundessteuer, das grundsätzlich ohnehin keine Vermögenssteuer vorsieht, noch das Steuerharmonisierungsgesetz des Bundes. Auch wenn der Kanton Bern nicht der einzige Kanton mit einer entsprechenden Regelung ist, so hat die Entlastung bei der Vermögenssteuer im Übrigen bei weitem nicht dieselbe Verbreitung erlangt wie die im Bundesgesetz angelegte Entlastung bei der Einkommenssteuer. 6.2 Es versteht sich von selbst, dass jedenfalls die bereits bei der Einkommenssteuer als verfassungswidrig erkannten besonderen, vom Bundesrecht abweichenden Privilegierungen, die sich am Sitz der Unternehmung ("mit Sitz in der Schweiz") oder an der Art der Beteiligung ("oder der Verkehrswert der Beteiligung mindestens zwei Millionen Franken beträgt") ausrichten, analog auch bei der Vermögenssteuer unzulässig sind. Darüber hinaus verstösst aber die ganze Bestimmung als solche gegen die Bundesverfassung. So ist in der Regel wirtschaftlich leistungsfähiger als andere Steuerpflichtige, wer eine Beteiligung von mindestens zehn Prozent an einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft hält; in jedem Fall zwingend ist dies freilich nicht, weshalb das allein nicht den Ausschlag geben kann. In der Literatur wird denn auch teilweise die Auffassung vertreten, die Entlastung bei der Vermögenssteuer rechtfertige sich gleichermassen wie bei der Einkommenssteuer (vgl. REICH, a.a.O., 70). Dies überzeugt indessen unabhängig von der Frage der Verfassungsmässigkeit der Entlastung bei der Einkommenssteuer nicht. Auch bei der Vermögenssteuer ist umstritten, ob es überhaupt eine Doppelbelastung gibt. Die bei der Unternehmung erhobene Kapitalsteuer beruht erneut auf der juristischen Selbständigkeit der Gesellschaft und kann nicht ohne weiteres mit der Besteuerung des Anteilseigners als natürlicher Person gleichgesetzt werden. Abgesehen davon soll die Milderung der Doppelbelastung nach ihrer hauptsächlichen Zweckrichtung solche Beteiligungen fördern bzw. privilegieren, bei denen unternehmerisches Risiko und wirtschaftliche Verantwortung übernommen und getragen wird. Dies zahlt sich jedoch normalerweise in erster Linie über die erzielten Erträge bzw. Dividenden und nur zweitrangig über die Beteiligung selbst aus. Der Bundesgesetzgeber beschränkte sich bei der Harmonisierung der kantonalen Steuern denn auch auf die Entlastung bei der Einkommenssteuer. Die Privilegierung der entsprechenden Beteiligungen bei der Vermögenssteuer beruht somit nicht auf genügenden sachlichen Gründen, und sie trägt auch den unterschiedlichen wirtschaftlichen Möglichkeiten der Steuerpflichtigen zu wenig Rechnung. 6.3 Art. 65 Abs. 2 StG ist demnach mit Art. 8 und 127 Abs. 2 BV nicht vereinbar und als verfassungswidrig aufzuheben. 7. 7.1 Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen. In Art. 42 Abs. 3 StG sind die Satzteile "mit Sitz in der Schweiz" und "oder der Verkehrswert der Beteiligung mindestens zwei Millionen Franken" und Art. 65 Abs. 2 StG ist vollständig aufzuheben. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 7.2 Die Beschwerde richtet sich in erster Linie gegen die Dividendenbesteuerung. Insofern unterliegt der Beschwerdeführer weitgehend. Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren daher zu drei Fünfteln dem Beschwerdeführer und zu zwei Fünfteln dem Kanton Bern, um dessen Vermögensinteressen es geht, aufzuerlegen (Art. 65 und 66 BGG). Dem nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer ist praxisgemäss keine Parteientschädigung zuzusprechen, und auch dem Kanton Bern steht keine solche zu (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. 1.1 Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. 1.2 Die in Art. 42 Abs. 3 des Steuergesetzes des Kantons Bern vom 21. Mai 2000 in der Fassung vom 22. März 2007 enthaltenen Satzteile "mit Sitz in der Schweiz" und "oder der Verkehrswert der Beteiligung mindestens zwei Millionen Franken" werden gestrichen. 1.3 Art. 65 Abs. 2 des Steuergesetzes des Kantons Bern vom 21. Mai 2000 in der Fassung vom 22. März 2007 wird aufgehoben. 1.4 Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten werden zu drei Fünfteln, d.h. im Betrag von Fr. 1'500.--, dem Beschwerdeführer und zu zwei Fünfteln, d.h. im Betrag von Fr. 1'000.--, dem Kanton Bern auferlegt. 3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Kanton Bern, handelnd durch den Regierungsrat des Kantons Bern, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 25. September 2009 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Müller Uebersax
a205d843-c7dc-40ad-a9df-16bf253b18b6
de
2,009
CH_BGer_006
Federation
null
null
null
penal_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A.a Am 12. April 2001 richtete die im Jahr 1961 geborene A._, die als Sportschützin Mitglied eines Schiessclubs war, in Baar eine der beiden Pistolen, die sie bei sich hatte, auf ihren damaligen Lebenspartner B._. Dieser konnte ihr die Waffe nach Zureden abnehmen. Hierauf nahm A._ auch noch die zweite Waffe zur Hand, welche B._ ihr ebenfalls abnehmen konnte. Die beiden Schusswaffen, eine Pistole der Marke "Glock" und eine Sportpistole der Marke "Hämmerli", wurden am 12. April 2001 von der Zuger Polizei sichergestellt. Mit Verfügung der Zuger Polizei vom 15. Juli 2002 wurden die beiden sichergestellten Schusswaffen beschlagnahmt und als Bedingung für deren Rückgabe eine "Unbedenklichkeitserklärung" in Form eines ärztlichen Zeugnisses verlangt, welches A._ "einen stabilen psychischen Zustand" attestiert. Im Rahmen der zwischen A._ und der Zuger Polizei geführten Korrespondenz betreffend die Rückgabe der Schusswaffen hielt der Kommandant der Zuger Polizei mit Schreiben vom 6. August 2002 an A._ unter Hinweis auf die Bestimmungen der eidgenössischen Waffengesetzgebung fest, für die Rückgabe der Waffen sei im Sinne einer "Unbedenklichkeitserklärung" eine fachärztliche Bestätigung erforderlich, dass A._ nicht suizidgefährdet sei und von ihr keine Gefahr für Dritte ausgehe. Im Jahre 2003 ersuchte A._ ihre Ärztin, bei der sie seit 1998, mit Unterbrüchen, wegen gesundheitlicher Probleme psychischer Art in Behandlung war, um Ausstellung einer "Unbedenklichkeitserklärung", was die Ärztin, eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, aber ablehnte. A._ suchte eine andere Person, die zur Ausstellung der gewünschten "Unbedenklichkeitserklärung" bereit war, und gelangte an X._. A.b X._ führte in seiner Funktion als allgemein praktizierender Arzt und Psychoanalytiker am 6. November 2003 ein rund einstündiges Gespräch mit A._. Am 13. November 2003 stellte er eine "Unbedenklichkeitserklärung" aus. Darin hielt er unter anderem fest, dass A._, die er am 6. November 2003 ausführlich psychiatrisch untersucht habe, in stabilen Verhältnissen lebe, seit 15 Jahren an der gleichen Stelle arbeite und auch emotional ausgeglichen sei. Der Vorfall, der zum Einzug der beiden Pistolen geführt habe, müsse im Zusammenhang mit der damaligen enttäuschenden Beziehung gesehen werden. Es habe sich weder um einen ernsthaften Selbstmordversuch noch gar um eine ernstliche Bedrohung des damaligen Lebenspartners mit Erschiessen gehandelt. Der Vorfall habe vielmehr den Charakter einer hilflosen hysterischen Inszenierung gehabt. Aufgrund seiner Untersuchung sei er davon überzeugt, dass sich derartiges nicht wiederholen werde. Gestützt auf diese "Unbedenklichkeitserklärung" vom 13. November 2003 gab die Zuger Polizei am 1. Dezember 2003 A._ die beiden beschlagnahmten Pistolen wieder heraus. A.c Am 11. März 2004 suchte A._ ihren ehemaligen Freund C._ in dessen Haus auf, um mit ihm zu reden. Nach dem Gespräch wandte sie sich zum Weggehen. Als sie von C._ auf ihre Tasche angesprochen wurde, zog sie daraus eine durchgeladene Faustfeuerwaffe, die sie mit dem Finger am Abzug aus nächster Nähe gegen die Brust von C._ richtete. Dieser versuchte sofort, durch einen Schlag auf den Arm die Waffe nach unten zu bewegen, worauf sich aus der von A._ gehaltenen Pistole ein Schuss löste, welcher C._ im Bauch traf. Der Geschädigte erlitt einen Bauchdurchschuss mit Durchdringen der Leber und der rechten Niere. Letztere musste zusammen mit einem Teil der Nebenniere operativ entfernt werden. Bei der Tatwaffe handelte es sich um die Pistole der Marke "Glock", welche - neben der Sportpistole der Marke "Hämmerli" - von der Zuger Polizei beschlagnahmt und am 1. Dezember 2003 auf Grund der von X._ ausgestellten "Unbedenklichkeitserklärung" A._ wieder zurückgegeben worden war. Bei der Tat vom 11. März 2004 zum Nachteil von C._ führte A._ in ihrer Tasche allerdings noch eine weitere Pistole der Marke "Glock" mit sich. Diese Schusswaffe war zu keinem Zeitpunkt beschlagnahmt worden und bildete daher auch nicht Gegenstand der Verfügung der Zuger Polizei betreffend die Herausgabe von zwei Schusswaffen, die auf Grund der von X._ ausgestellten "Unbedenklichkeitserklärung" erlassen wurde. B. B.a Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X._ am 4. April 2008 in Bestätigung des Urteils des Einzelrichters in Strafsachen am Bezirksgericht Zürich vom 10. Mai 2007 vom Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung (Art. 125 Abs. 2 StGB) frei. B.b A._ wurde wegen der Tat vom 11. März 2004 zum Nachteil von C._ mit Urteil des Geschworenengerichts des Kantons Zürich vom 1. Februar 2006 wegen vollendeten Versuchs der vorsätzlichen Tötung (Art. 111 in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB) und wegen Vergehens gegen das Waffengesetz unter Zubilligung einer mittelgradigen Verminderung der Zurechnungsfähigkeit zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, wobei der Vollzug dieser Strafe zu Gunsten einer stationären Massnahme im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB aufgeschoben wurde. C. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 4. April 2008 in Sachen X._ sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Vernehmlassung verzichtet. X._ beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen: 1. 1.1 Nach der Auffassung der Vorinstanz handelte der Beschwerdegegner durch die Ausstellung der "Unbedenklichkeitserklärung" zwar sorgfaltswidrig, doch war dieses sorgfaltswidrige Verhalten für den eingetretenen Erfolg, nämlich die schwere Körperverletzung von C._ am 11. März 2004, nicht relevant, da A._ am 11. März 2004 in ihrer Tasche noch eine weitere - geladene und schussbereite - Pistole mit sich führte, welche sie zum Nachteil von C._ hätte einsetzen können. Diese weitere Schusswaffe sei aber nicht gestützt auf die vom Beschwerdegegner ausgestellte "Unbedenklichkeitserklärung" an A._ zurückgegeben worden, sondern unabhängig davon im Besitz von A._ gewesen, da sie zu keinem Zeitpunkt beschlagnahmt worden sei. Im Einzelnen hat die Vorinstanz unter Hinweis auf das eingehend begründete erstinstanzliche Urteil erwogen, dass den Beschwerdegegner ein Übernahmeverschulden treffe, da er als Allgemeinarzt und Psychoanalytiker nicht über die erforderliche Ausbildung und Erfahrung zur Erstellung einer Prognose über das künftige Verhalten eines Menschen in Konfliktsituationen verfüge. Zudem seien dem Beschwerdegegner auch im Einzelnen mehrere Sorgfaltswidrigkeiten bei der Ausstellung der "Unbedenklichkeitserklärung" anzulasten. Der Beschwerdegegner habe mit der ihm bis dahin unbekannten A._ lediglich ein knapp einstündiges Gespräch über die persönlichen Verhältnisse geführt, deren Angaben nicht überprüft und keinerlei Tests vorgenommen etc.. Daher könne entgegen der Darstellung in der "Unbedenklichkeitserklärung" vom 13. November 2003 auch keine Rede davon sein, dass er A._ "ausführlich psychiatrisch untersucht" habe. Im Weiteren führt die Vorinstanz im Wesentlichen aus, dem Beschwerdegegner sei bewusst gewesen, dass die Zuger Polizei aller Voraussicht nach gestützt auf seine "Unbedenklichkeitserklärung" die beiden beschlagnahmten Schusswaffen A._ zurückgeben werde. Er hätte bei pflichtgemässer Vorsicht voraussehen können, dass A._ mit diesen Schusswaffen in einer Konfliktsituation sich selbst oder Dritte gefährden beziehungsweise verletzen könnte. Den Eintritt eines solchen Erfolgs unter Einsatz der herausgegebenen Schusswaffen hätte er durch Verweigerung der pflichtwidrig zustande gekommenen "Unbedenklichkeitserklärung" verhindern können. Insoweit sei der Erfolg auch vermeidbar gewesen. Nach der Auffassung der Vorinstanz hat der Beschwerdegegner gleichwohl den Tatbestand der fahrlässigen schweren Körperverletzung nicht erfüllt. Denn die sorgfaltswidrige Ausstellung einer "Unbedenklichkeitserklärung" sei unter den gegebenen konkreten Umständen für den Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs nicht relevant gewesen. A._ habe nämlich am 11. März 2004, als sie ihren ehemaligen Freund C._ aufgesucht habe, neben der ihr von der Polizei auf Grund der "Unbedenklichkeitserklärung" des Beschwerdegegners herausgegebenen Pistole der Marke "Glock", mit welcher sie C._ schwer verletzt habe, in ihrer Tasche eine zweite Schusswaffe, ebenfalls eine Pistole der Marke "Glock", mitgeführt. Diese Schusswaffe sei aber nicht gestützt auf die vom Beschwerdegegner ausgestellte "Unbedenklichkeitserklärung" an A._ herausgegeben worden, sondern habe A._ unabhängig davon zur Verfügung gestanden, da sie gar nie beschlagnahmt worden sei. Dabei sei zu Gunsten des Beschwerdegegners davon auszugehen, dass auch diese zweite Pistole durchgeladen und schussbereit gewesen sei. A._ habe bei ihrem Griff in die Tasche nicht darauf geachtet, welche der beiden mitgeführten, gleichartigen und schussbereiten Pistolen sie in die Hand bekomme, und sie habe somit gleichsam zufällig gerade diejenige Pistole in die Hand genommen, welche ihr gestützt auf die "Unbedenklichkeitserklärung" des Beschwerdegegners von der Polizei zurückgegeben worden sei. A._ hätte am 11. März 2004 ohne weiteres auch die andere Pistole aus ihrer Tasche nehmen und unter Einsatz dieser Schusswaffe, die ihr unabhängig vom Verhalten des Beschwerdegegners zur Verfügung gestanden habe, C._ schwer verletzen können. Damit fehlt es gemäss den Schlussfolgerungen der Vorinstanz aber an der Erfolgsrelevanz der dem Beschwerdegegner angelasteten Sorgfaltspflichtverletzungen beziehungsweise am erforderlichen Risikozusammenhang zwischen dem sorgfaltswidrigen Verhalten des Beschwerdegegners und dem eingetretenen Verletzungserfolg, weil ein sorgfaltsgemässes Verhalten nutzlos gewesen wäre, d.h. am wesentlichen Geschehensablauf und dessen Folgen nichts geändert hätte. Daher könne nicht gesagt werden, dass der tatbestandsmässige Erfolg bei sorgfaltsgemässem Verhalten des Beschwerdegegners im Sinne der "Wahrscheinlichkeitstheorie" mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeblieben wäre. Selbst wenn man aber im Sinne der von einem Teil der Lehre bevorzugten "Risikoerhöhungstheorie" den tatbestandsmässigen Erfolg dem Täter bereits zurechnen wollte, wenn dieser durch sein sorgfaltswidriges Verhalten zweifelsfrei die Gefahr, die in den Erfolg umgeschlagen ist, erhöht hat, könnte gemäss den weiteren Ausführungen der Vorinstanz die schwere Körperverletzung von C._ durch den von A._ abgegebenen Schuss dem Beschwerdegegner nicht zugerechnet werden. Denn eine solche Risikoerhöhung sei im vorliegenden Fall eher unwahrscheinlich beziehungsweise jedenfalls zweifelhaft. Da A._ nur einen Schuss abgegeben habe beziehungsweise habe abgeben können, sei die Gefahr für C._ durch die blosse Tatsache, dass die Schützin zwei schussbereite Pistolen mit sich geführt habe, gegenüber der Gefahr, welche im Falle des Mitführens einer einzigen Pistole bestanden hätte, wohl kaum erhöht worden. Aus diesen Gründen hat die Vorinstanz den Beschwerdegegner mangels Erfolgsrelevanz der ihm angelasteten Sorgfaltspflichtverletzungen in Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheids vom Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung freigesprochen. 1.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Umstand, dass A._ am 11. März 2004 neben der ihr auf Grund der "Unbedenklichkeitserklärung" des Beschwerdegegners zurückgegebenen Pistole der Marke "Glock" noch eine zweite Pistole derselben Marke mit sich geführt habe, mit welcher sie die Tat zum Nachteil von C._ ebenfalls hätte begehen können, sei entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht von Bedeutung. Denn ein derartiger, ausschliesslich auf einer Ex-post-Betrachtung beruhender Aspekt sei nicht massgeblich. Entscheidend sei vielmehr, dass A._ mit derjenigen Waffe auf den Geschädigten geschossen habe, welche ihr auf Grund des Verhaltens des Beschwerdegegners von der Polizei zurückerstattet worden sei. Dabei entspreche das Vorgehen des Beschwerdegegners bei der Ausstellung der "Unbedenklichkeitserklärung" einer vorwerfbaren Pflichtwidrigkeit, welche unter anderem die Bejahung der Vermeidbarkeit des Erfolgs beinhalte, die jedoch nicht auf Grund einer hypothetischen Ex-post-Betrachtung, sondern einer individuell-konkreten und ex ante mit Bezug auf den Beschwerdegegner vorgenommenen Abklärung entschieden werden müsse. Wenn die Vorinstanz die Erfolgsrelevanz des dem Beschwerdegegner angelasteten Verhaltens verneine, setze sie sich in Widerspruch zu ihren eigenen Erwägungen, worin sie das Vorgehen des Beschwerdegegners als in mehrfacher Hinsicht sorgfaltswidrig qualifiziert habe. Ein ursprünglich als pflichtwidrig erkanntes Verhalten des Beschwerdegegners, welches adäquat kausal zum tatbestandsmässigen Erfolg geführt habe, könne nicht plötzlich auf Grund von (hypothetischen) Drittursachen nicht mehr eine massgebliche Pflichtverletzung darstellen. Entweder stelle ein bestimmtes Verhalten eine massgebliche Sorgfaltspflichtverletzung dar, was individuell-konkret im Zeitpunkt des Verhaltens auf Grund einer Ex-ante-Betrachtungsweise zu entscheiden sei, oder es liege eben (in diesem Zeitpunkt) keine vorwerfbare Sorgfaltspflichtverletzung vor. Die vorinstanzliche Urteilsbegründung vermenge in unzulässiger Weise die Frage der (hypothetischen) Doppelkausalität mit derjenigen der Sorgfaltspflichtverletzung und der Vermeidbarkeit und führe entsprechend zu falschen Ergebnissen. Der Beschwerdegegner habe im Zeitpunkt des ihm angelasteten Verhaltens mehrfach die ihm unter den konkreten Umständen obliegende Sorgfaltspflicht unter Einbezug der Vermeidbarkeit verletzt und damit eine wesentliche Teilursache für die beim Geschädigten entstandenen Verletzungen gesetzt, wobei der Kausalverlauf ohne weiteres vorhersehbar gewesen sei. Aus diesen Gründen sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung namentlich in Bezug auf die Fahrlässigkeit an die Vorinstanz zurückzuweisen. 1.3 Der Beschwerdegegner wendet im Wesentlichen ein, A._ habe als Sportschützin über mehrere ihr gehörende Pistolen verfügt und ausserdem jederzeit Zugang zu den Pistolen des Schützenvereins gehabt. Daher wäre eine von ihr ausgehende allfällige Gefährdung aus Waffenbesitz weder qualitativ noch quantitativ verändert worden, wenn die beiden sichergestellten Pistolen zufolge Verweigerung einer "Unbedenklichkeitserklärung" beschlagnahmt geblieben wären. Schon aus diesem Grunde falle eine Verurteilung wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung, angeblich begangen durch Ausstellen der "Unbedenklichkeitserklärung", ausser Betracht. 2. Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder ein Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist (Art. 12 Abs. 3 StGB; weitgehend entsprechend Art. 18 Abs. 3 aStGB). 2.1 Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung oder Körperverletzung setzt somit voraus, dass der Täter den Erfolg durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat. Sorgfaltswidrig ist ein Verhalten, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Tat aufgrund der Umstände sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die damit bewirkte Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und müssen und wenn er zugleich die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten hat. Wo besondere Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, bestimmt sich das Mass der zu beachtenden Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften. Dies schliesst nicht aus, dass der Vorwurf der Fahrlässigkeit auch auf allgemeine Rechtsgrundsätze wie etwa den allgemeinen Gefahrensatz gestützt werden kann. Denn einerseits begründet nicht jeder Verstoss gegen eine gesetzliche oder für bestimmte Tätigkeiten allgemein anerkannte Verhaltensnorm den Vorwurf der Fahrlässigkeit, und andererseits kann ein Verhalten sorgfaltswidrig sein, auch wenn nicht gegen eine bestimmte Verhaltensnorm verstossen wurde. Die Vorsicht, zu der ein Täter verpflichtet ist, wird letztlich durch die konkreten Umstände und seine persönlichen Verhältnisse bestimmt, weil naturgemäss nicht alle tatsächlichen Gegebenheiten in Vorschriften gefasst werden können (zum Ganzen BGE 133 IV 158 E. 5.1; 130 IV 7 E. 3.2; 127 IV 62 E. 2d; Urteil 6S.8/2007 vom 24. April 2007, E. 6.1.1). Grundvoraussetzung für das Bestehen einer Sorgfaltspflichtverletzung und mithin für die Fahrlässigkeitshaftung bildet die Vorhersehbarkeit des Erfolgs. Die zum Erfolg führenden Geschehensabläufe müssen für den konkreten Täter mindestens in seinen wesentlichen Zügen voraussehbar sein. Zunächst ist daher zu fragen, ob der Täter eine Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte voraussehen beziehungsweise erkennen können und müssen. Für die Beantwortung dieser Frage gilt der Massstab der Adäquanz. Danach muss das Verhalten geeignet sein, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen. Die Adäquanz ist nur zu verneinen, wenn ganz aussergewöhnliche Umstände, wie das Mitverschulden des Opfers beziehungsweise eines Dritten oder Material- oder Konstruktionsfehler, als Mitursache hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste und die derart schwer wiegen, dass sie als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache des Erfolgs erscheinen und so alle anderen mitverursachenden Faktoren - namentlich das Verhalten des Angeschuldigten - in den Hintergrund drängen (BGE 131 IV 145 E. 5.1 und E. 5.2; 130 IV 7 E. 3.2; 128 IV 49 E. 2b; 127 IV 62 E. 2d, je mit Hinweisen). Damit der Eintritt des Erfolgs auf das pflichtwidrige Verhalten des Täters zurückzuführen ist, genügt allerdings seine Voraussehbarkeit nicht. Weitere Voraussetzung ist vielmehr, dass der Erfolg auch vermeidbar war. Dabei wird ein hypothetischer Kausalverlauf untersucht und geprüft, ob der Erfolg bei pflichtgemässem Verhalten des Täters ausgeblieben wäre. Für die Zurechnung des Erfolgs genügt, wenn das Verhalten des Täters mindestens mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolgs bildete (BGE 130 IV 7 E. 3.2; 127 IV 34 E. 2a, je mit Hinweisen). 2.2 Ob eine Handlung im Sinne der Adäquanztheorie nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, einen Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen oder zu begünstigen, muss ex ante, d.h. vom Zeitpunkt des Handelns aus, entschieden werden; denn die nachträgliche (bessere) Kenntnis der Zusammenhänge kann nicht darüber entscheiden, ob eine Handlung im Zeitpunkt ihrer Vornahme erlaubt oder verboten war (GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 3. Aufl. 2005, § 9 N 25). Demgegenüber ist die für die Erfolgszurechnung ebenfalls wesentliche Frage, aus welcher Gefahr der Erfolg hervorgegangen ist, ob sich mithin im Erfolg gerade die vom Täter geschaffene oder gesteigerte Gefahr verwirklicht hat, unter Auswertung aller ex post bekannten Umstände zu beantworten (BGE 116 IV 306 E. 2c, mit Hinweisen; GÜNTER STRATENWERTH, a.a.O., § 9 N 41). Der Erfolg ist dem Täter zuzurechnen, wenn dessen Verhalten mindestens mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolgs bildete (BGE 130 IV 7 E. 3.2; 121 IV 286 E. 3, je mit Hinweisen). 3.1 3.1.1 Eine Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, dass A._ anlässlich des Besuchs bei ihrem ehemaligen Freund am 11. März 2004 zwei gleichartige, schussbereite Pistolen in ihrer Tasche mitführte, nämlich zum einen die Pistole, die wegen des Vorfalls vom 12. April 2001 polizeilich sichergestellt und beschlagnahmt und ihr in der Folge gestützt auf die "Unbedenklichkeitserklärung" des Beschwerdegegners in Anwendung der Bestimmungen der Waffengesetzgebung von der Polizei am 1. Dezember 2003 wieder zurückgegeben worden war (nachfolgend als Pistole 1 bezeichnet), und zum andern eine Pistole, welche A._ unabhängig vom Verhalten des Beschwerdegegners ohnehin besass (nachfolgend als Pistole 2 bezeichnet). Nach der Auffassung der Vorinstanz ist es unerheblich, dass A._ die Tat mit der Pistole 1 beging, sondern ist massgebend, dass sie die Tat genauso gut mit der ebenfalls mitgeführten Pistole 2 hätte verüben können. Demgegenüber ist es nach der Ansicht der Beschwerdeführerin entscheidend, dass A._ die Tat mit der Pistole 1 beging, und ist es unerheblich, dass sie die Tat auch mit der ebenfalls mitgeführten Pistole 2 hätte begehen können. 3.1.2 Die Ausstellung der "Unbedenklichkeitserklärung" durch den Beschwerdegegner ist eine Ursache neben andern für den Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs der schweren Körperverletzung des Opfers. Ohne die "Unbedenklichkeitserklärung" wäre die Pistole 1 von der Polizei nicht an A._ zurückgegeben worden und hätte diese somit nicht unter Einsatz der Pistole 1 das Opfer schwer verletzen können. Durch die Verweigerung der "Unbedenklichkeitserklärung" wäre der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs unter Einsatz der Pistole 1 verhindert worden. Dass A._ das Opfer ebenso gut durch die Abgabe eines Schusses aus der von ihr ebenfalls mitgeführten Pistole 2 hätte verletzen können, bedeutet entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht, dass die "Unbedenklichkeitserklärung" für den Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs nicht relevant gewesen, der Erfolg daher dem Beschwerdegegner objektiv nicht zurechenbar und der Beschwerdegegner aus diesem Grunde vom Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung freizusprechen sei. Es kommt allein darauf an, welche Bedingungen sich im Eintritt des Erfolgs tatsächlich verwirklicht haben. Der Täter, der durch sein Verhalten eine Bedingung für den Eintritt des Erfolgs gesetzt hat, kann sich daher nicht damit entlasten, dass der Erfolg - wie in den Konstellationen der "Doppelkausalität", der "alternativen Kausalität" sowie der "hypothetischen Ersatzursachen" - auch ohne die von ihm gesetzte Bedingung, etwa infolge des Verhaltens eines andern, gleichwohl eingetreten wäre (siehe GÜNTER STRATENWERTH, a.a.O., § 9 N 44; GUIDO JENNY, Basler Kommentar, StGB I, 2. Aufl. 2007, Art. 12 N 73; JOSÉ HURTADO POZO, Droit pénal, partie générale, 2008, N 520, 542; CLAUS ROXIN, Strafrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, 4. Aufl. 2006, § 11 N 13, 23, 25, 58 f.). Massgebend für die objektive Zurechnung ist, dass der Täter durch sein Verhalten eine Bedingung für den Erfolg in seiner konkreten Gestalt gesetzt hat (KURT SEELMANN, Strafrecht Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2007, S. 36). Im vorliegenden Fall besteht der Erfolg in seiner konkreten Gestalt darin, dass A._ das Opfer durch Abgabe eines Schusses aus der Pistole 1 schwer verletzte. Hiefür hat der Beschwerdegegner eine Bedingung gesetzt, indem er die "Unbedenklichkeitserklärung" ausstellte, auf deren Grundlage die Polizei die Pistole 1 in Anwendung der Bestimmungen der eidgenössischen Waffengesetzgebung an A._ zurückgab. Hätte A._ den Schuss aus der Pistole 2 abgegeben, dann wäre der Erfolg in einer anderen konkreten Gestalt eingetreten, für welchen der Beschwerdegegner keine Bedingung gesetzt hätte, so dass ihm der Erfolg objektiv nicht zugerechnet werden könnte. Im Falle einer Schussabgabe aus der Pistole 2 hätte sich im Erfolg eine andere Kausalkette verwirklicht, in der nicht der Beschwerdegegner, sondern die Person, welche A._ die Pistole 2 übergeben oder überlassen hatte, eine Bedingung gesetzt hätte. Da aber A._, und sei es zufälligerweise, die Pistole 1 aus der Tasche zog und durch Abgabe eines Schusses aus dieser Pistole das Opfer schwer verletzte, hat sich im Erfolg in dieser konkreten Gestalt diejenige Kausalkette verwirklicht, in welcher der Beschwerdegegner durch sein Verhalten eine Bedingung gesetzt hat. Der Freispruch des Beschwerdegegners vom Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung kann daher entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht mit dem Argument begründet werden, dass A._ das Opfer ebenso gut durch Abgabe eines Schusses aus der von ihr ebenfalls mitgeführten Pistole 2 hätte verletzen können und deshalb dem Beschwerdegegner der eingetretene Erfolg mangels Relevanz seines Verhaltens objektiv nicht zurechenbar sei. 3.2 Der Beschwerdegegner macht in seiner Vernehmlassung geltend, die von A._ allenfalls ausgehende Gefahr aus Waffenbesitz sei durch die aufgrund der "Unbedenklichkeitserklärung" erfolgte Rückgabe der beiden Pistolen (d.h. der Pistole 1 und der Sportpistole "Hämmerli") weder qualitativ noch quantitativ verändert worden, da A._ als Sportschützin über mehrere weitere ihr gehörende Pistolen verfügt und ausserdem jederzeit Zugang zu den Pistolen des Schützenvereins gehabt habe. Schon aus diesem Grund könne er für den eingetretenen Erfolg nicht zur Verantwortung gezogen werden. Der Einwand ist unbegründet. Wenn es gemäss den vorstehenden Erwägungen (E. 3.1) unerheblich ist, dass A._ das Opfer ebenso gut durch Abgabe eines Schusses aus der von ihr ebenfalls mitgeführten Pistole 2 hätte verletzen können, dann ist es a fortiori ohne Bedeutung, dass sie allenfalls mehrere weitere Schusswaffen besass und als Sportschützin einen leichten Zugang zu den Pistolen des Vereins hatte. Massgebend ist, dass durch die aus der "Unbedenklichkeitserklärung" resultierenden Rückgabe der beiden beschlagnahmten Pistolen ein Risiko geschaffen wurde, das sich im Einsatz dieser Schusswaffen durch A._ und damit im Verletzungserfolg verwirklichen konnte und durch die Verwendung einer der beiden Schusswaffen tatsächlich verwirklicht hat. Unerheblich ist, dass auch andere Personen ein Risiko schufen,das sich im Verletzungserfolg hätte verwirklichen können, indem sie ihrerseits A._ Schusswaffen übergaben oder den Zugang zu solchen ermöglichten. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid (S. 22) insoweit zutreffend festgehalten, es gehe vorliegend nicht darum, ob A._ überhaupt Zugang zu anderen Waffen gehabt habe, sondern darum, dass sie in der konkreten Tatsituation in ihrer Tasche zwei gleichartige schussbereite Pistolen mit sich führte. 3.3 A._ hat sich durch die Abgabe eines Schusses aus der Pistole 1, wodurch sie ihr Opfer schwer verletzte, gemäss dem Urteil des Geschworenengerichts des Kantons Zürich vom 1. Februar 2006 des vollendeten Versuchs der vorsätzlichen Tötung schuldig gemacht, wobei ihr das Gericht eine mittelgradige Verminderung der Zurechnungsfähigkeit zubilligte. Die in der Lehre heute noch vereinzelt vertretene Auffassung betreffend das sog. Regressverbot, wonach derjenige, welcher unvorsätzlich am vorsätzlichen Erfolgsdelikt eines andern mitgewirkt hat, für den eingetretenen Erfolg keinesfalls strafrechtlich verantwortlich sei, hat in der Rechtsprechung keine Zustimmung gefunden und wird auch von der herrschenden Lehre abgelehnt. Wenn ein unvorsätzlich Handelnder die intolerable Gefahr einer Vorsatztat geschaffen hat, gibt es keinen Grund, die Möglichkeit einer Fahrlässigkeitszurechnung neben der Vorsatztat auszuschliessen. Die Lösung liegt daher nicht in einem absoluten Regressverbot. Vielmehr geht es darum, die Grenzen des Vertrauensgrundsatzes und der Verantwortlichkeiten abzustecken, wobei hiefür etwa von Bedeutung sein kann, ob der Vorsatztäter erkennbar tatgeneigt oder infolge von Defiziten in seiner Verantwortlichkeit eingeschränkt war (ROXIN, a.a.O., § 24 N 26 ff.; STRATENWERTH, a.a.O., § 16 N 50 ff.). 4. 4.1 Die kantonalen Instanzen haben, obschon sie den Beschwerdegegner mangels Vermeidbarkeit des eingetretenen Erfolgs beziehungsweise mangels Erfolgsrelevanz des ihm angelasteten Verhaltens vom Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung freigesprochen haben, eingehend geprüft, ob er im Zusammenhang mit der Ausstellung der "Unbedenklichkeitserklärung" Sorgfaltspflichten verletzt hat. Sie haben die Frage unter anderem unter Hinweis auf das im Untersuchungsverfahren eingeholte Gutachten der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (Dr. med. D._) vom 15. Dezember 2005 (Akten der Staatsanwaltschaft act. 5.5) mit ausführlicher Begründung bejaht. 4.2 Ob die Vorinstanz dem Beschwerdegegner zu Recht Sorgfaltspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Ausstellung der "Unbedenklichkeitserklärung" vorwirft, ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu prüfen, da insoweit ein letztinstanzliches kantonales Urteil vorliegt und das Bundesgericht gemäss Art. 106 BGG die Anwendung von eidgenössischem Gesetzesrecht von Amtes wegen prüft. Zwar wirken sich die Erwägungen im angefochtenen Entscheid betreffend die Sorgfaltspflichtverletzungen in keiner Weise auf den Urteilsspruch aus und kann der Beschwerdegegner das vorinstanzliche Urteil, durch welches er freigesprochen worden ist, mangels Beschwer nicht anfechten und somit nicht auf dem Wege einer Beschwerde geltend machen, die Vorinstanz habe ihm zu Unrecht Sorgfaltspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Ausstellung der "Unbedenklichkeitserklärung" vorgeworfen. Das Bundesgericht hat indessen in mehreren Entscheiden zum Ausdruck gebracht, dass die im vorinstanzlichen Verfahren obsiegende Partei in der Vernehmlassung zur Beschwerde der unterliegenden Partei die sie belastenden Erwägungen des vorinstanzlichen Entscheids anfechten kann, die sich im Falle der Gutheissung der Beschwerde nachteilig auf den Rechtsspruch im neuen Verfahren auswirken können. Die im kantonalen Verfahren obsiegende Partei kann alle Beschwerdegründe in ihrer Antwort auf die Beschwerde geltend machen, um allfällige Fehler der kantonalen Entscheidung zu rügen, die ihr im Falle einer abweichenden Beurteilung durch das Bundesgericht nachteilig sein könnten (BGE 134 III 332 E. 2.3). Der Beschwerdegegner kann sich in seiner Vernehmlassung nicht nur mit den Rügen der beschwerdeführenden Partei auseinandersetzen, sondern er darf auch eigene Rügen erheben, soweit diese darlegen sollen, dass trotz der Stichhaltigkeit der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen und in Abweichung der im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen und vorgenommenen Rechtsanwendung der vorinstanzliche Entscheid im Ergebnis richtig ist (BGE 122 I 253 E. 6c). Der Beschwerdegegner kann in der Vernehmlassung die für ihn ungünstigen Erwägungen und Feststellungen im angefochtenen Entscheid kritisieren (BGE 101 Ia 521 E. 3; 89 I 513 E. 4). Die Vernehmlassung des Beschwerdegegners enthält denn auch einige Ausführungen, die sich auf die Frage der Sorgfaltspflichtverletzung beziehen. 4.2 Ob die Vorinstanz dem Beschwerdegegner zu Recht Sorgfaltspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Ausstellung der "Unbedenklichkeitserklärung" vorwirft, ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu prüfen, da insoweit ein letztinstanzliches kantonales Urteil vorliegt und das Bundesgericht gemäss Art. 106 BGG die Anwendung von eidgenössischem Gesetzesrecht von Amtes wegen prüft. Zwar wirken sich die Erwägungen im angefochtenen Entscheid betreffend die Sorgfaltspflichtverletzungen in keiner Weise auf den Urteilsspruch aus und kann der Beschwerdegegner das vorinstanzliche Urteil, durch welches er freigesprochen worden ist, mangels Beschwer nicht anfechten und somit nicht auf dem Wege einer Beschwerde geltend machen, die Vorinstanz habe ihm zu Unrecht Sorgfaltspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Ausstellung der "Unbedenklichkeitserklärung" vorgeworfen. Das Bundesgericht hat indessen in mehreren Entscheiden zum Ausdruck gebracht, dass die im vorinstanzlichen Verfahren obsiegende Partei in der Vernehmlassung zur Beschwerde der unterliegenden Partei die sie belastenden Erwägungen des vorinstanzlichen Entscheids anfechten kann, die sich im Falle der Gutheissung der Beschwerde nachteilig auf den Rechtsspruch im neuen Verfahren auswirken können. Die im kantonalen Verfahren obsiegende Partei kann alle Beschwerdegründe in ihrer Antwort auf die Beschwerde geltend machen, um allfällige Fehler der kantonalen Entscheidung zu rügen, die ihr im Falle einer abweichenden Beurteilung durch das Bundesgericht nachteilig sein könnten (BGE 134 III 332 E. 2.3). Der Beschwerdegegner kann sich in seiner Vernehmlassung nicht nur mit den Rügen der beschwerdeführenden Partei auseinandersetzen, sondern er darf auch eigene Rügen erheben, soweit diese darlegen sollen, dass trotz der Stichhaltigkeit der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen und in Abweichung der im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen und vorgenommenen Rechtsanwendung der vorinstanzliche Entscheid im Ergebnis richtig ist (BGE 122 I 253 E. 6c). Der Beschwerdegegner kann in der Vernehmlassung die für ihn ungünstigen Erwägungen und Feststellungen im angefochtenen Entscheid kritisieren (BGE 101 Ia 521 E. 3; 89 I 513 E. 4). Die Vernehmlassung des Beschwerdegegners enthält denn auch einige Ausführungen, die sich auf die Frage der Sorgfaltspflichtverletzung beziehen. 4.3 4.3.1 Der Beschwerdegegner ist Allgemeinarzt und Psychoanalytiker. Er ist nicht Psychiater. Er hat keine Ausbildung, die ihn zur prognostischen Beurteilung des Risikos eines bestimmten künftigen Verhaltens beziehungsweise der von einem Menschen ausgehenden Gefahr beispielsweise aus Waffenbesitz befähigt. Er hat keine Erfahrung in der Erstellung von Kriminalprognosen. Er war daher trotz seiner grossen Erfahrung auf dem Gebiet der Psychoanalyse mit der von ihm nach eigener Darstellung dabei angewandten intuitiven Methode des psychoanalytischen Erstinterviews nicht kompetent, die Frage, ob A._ suizidgefährdet sei oder ob von ihr eine Gefahr für Dritte aus Waffenbesitz ausgehe, fachgerecht zu beantworten. Der Beschwerdegegner führte mit der ihm bis dahin nicht bekannten A._ ein rund einstündiges Gespräch über deren Arbeits-, Familien- und Liebesverhältnisse. Er stellte auf die subjektiven Angaben der offensichtlich an der Rückgabe der beiden Schusswaffen sehr interessierten A._ ab, überprüfte diese Angaben nicht, holte keine weiteren Informationen ein und führte keine Tests durch. Auch in Bezug auf den Vorfall vom 12. April 2001, der Anlass zur Beschlagnahmung der Schusswaffen war, begnügte er sich mit den Angaben von A._ im Gespräch, in dessen Verlauf er gemäss seinen eigenen Aussagen erfuhr, dass A._ in der Vergangenheit im Zusammenhang mit enttäuschenden Liebesbeziehungen suizidale Handlungen vorgenommen hatte und während mehrerer Jahre in psychotherapeutischer Behandlung war. 4.3.2 Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdegegner erstens den Auftrag von A._, die gemäss dem Schreiben des Polizeikommandos für die Rückgabe der beiden Schusswaffen entscheidende Frage betreffend das Bestehen einer Suizidgefahr oder einer Gefahr für Dritte zu beantworten, gar nicht hätte übernehmen dürfen, er mithin bereits durch die Annahme des Auftrags seine Sorgfaltspflichten verletzte, und dass er zweitens im Rahmen seiner Untersuchung, auf deren Grundlage er die für die Rückgabe der Waffen durch das Polizeikommando wesentliche "Unbedenklichkeitserklärung" ausstellte, in mehrfacher Hinsicht Sorgfaltspflichten verletzte, indem er Abklärungen unterliess, die nach den anerkannten wissenschaftlichen Regeln im Rahmen einer solchen prognostischen Beurteilung geboten gewesen wären. Es kann daher im Übrigen entgegen der Darstellung des Beschwerdegegners in der "Unbedenklichkeitserklärung" auch keine Rede davon sein, dass er A._ "am 6. November 2003 ausführlich psychiatrisch untersucht" habe. Zur Begründung im Einzelnen kann, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die ausführlichen und zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid (S. 11-18) und im erstinstanzlichen Urteil (S. 18-35) verwiesen werden. Die Auffassung der Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Untersuchung von A._ zur Frage der Suizidgefahr und der Gefahr für Dritte aus Waffenbesitz in mehrfacher Hinsicht Sorgfaltspflichten verletzt hat, verstösst nicht gegen Bundesrecht. 5. 5.1 Der tatbestandsmässige Erfolg ist dem sorgfaltswidrig handelnden Täter zurechenbar, wenn der Erfolg bei sorgfaltsgemässem Handeln mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre (siehe BGE 130 IV 7 E. 3.2 mit Hinweisen). Dies lässt sich mitunter im Nachhinein nicht mehr feststellen, etwa weil die Tatsituation nicht wiederholbar ist. Gemäss der von einem Teil der Lehre anstelle der "Wahrscheinlichkeitstheorie" bevorzugten "Risikoerhöhungstheorie" ist der Erfolg dem Täter zurechenbar, wenn das sorgfaltswidrige Verhalten das Risiko, das in den Erfolg umgeschlagen ist, zweifelsfrei deutlich erhöht hat, mithin auch dann, wenn der Erfolg möglicherweise oder gar mit Sicherheit auch bei sorgfaltsgemässem Verhalten eingetreten wäre (siehe zum Ganzen, je mit Hinweisen auf die verschiedenen Lehrmeinungen, TRECHSEL/JEAN-RICHARD, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, Art. 12 N 40 ff.; GUIDO JENNY, a.a.O., Art. 12 N 94 ff.; STRATENWERTH, a.a.O., § 9 N 41, § 16 N 21; ANDREAS DONATSCH, Sorgfaltsbemessung und Erfolg beim Fahrlässigkeitsdelikt, 1987, S. 271 f.). 5.2 Das Polizeikommando des Kantons Zug verlangte von A._ als Voraussetzung für die Rückgabe der beiden beschlagnahmten Pistolen unter Hinweis auf die Bestimmungen der eidgenössischen Waffengesetzgebung die Vorlage einer fachärztlichen Bestätigung, dass sie nicht suizidgefährdet ist und von ihr keine Gefahr für Dritte ausgeht. Gemäss Art. 31 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz, WG; SR 514.54) beschlagnahmt die zuständige Behörde Waffen, wesentliche Waffenbestandteile, Waffenzubehör, Munition und Munitionsbestandteile aus dem Besitz von Personen, bei denen ein Hinderungsgrund nach Artikel 8 Absatz 2 besteht. Nach Art. 8 Abs. 2 lit. c WG erhalten keinen Waffenerwerbsschein Personen, die zur Annahme Anlass geben, dass sie sich selbst oder Dritte mit der Waffe gefährden. Aus Art. 34 Abs. 3 lit. a der Waffenverordnung ergibt sich, dass legal erworbene Waffen, die beschlagnahmt wurden, der eigentumsberechtigten Person zurückgegeben werden, wenn diese mit der Waffe weder sich selbst noch Dritte gefährdet. Das Waffengesetz und die Waffenverordnung regeln nicht, wer auf welche Weise zu prüfen hat, ob im Sinne von Art. 8 Abs. 2 lit. c WG Anlass zur Annahme besteht, dass die Person sich selbst oder Dritte mit der Waffe gefährdet. Es versteht sich indessen von selbst, dass die Frage der Gefährdung in einem Fall der vorliegenden Art nur aufgrund einer sorgfältigen fachmännischen Prüfung zuverlässig beantwortet werden kann. Gemäss Art. 31 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz, WG; SR 514.54) beschlagnahmt die zuständige Behörde Waffen, wesentliche Waffenbestandteile, Waffenzubehör, Munition und Munitionsbestandteile aus dem Besitz von Personen, bei denen ein Hinderungsgrund nach Artikel 8 Absatz 2 besteht. Nach Art. 8 Abs. 2 lit. c WG erhalten keinen Waffenerwerbsschein Personen, die zur Annahme Anlass geben, dass sie sich selbst oder Dritte mit der Waffe gefährden. Aus Art. 34 Abs. 3 lit. a der Waffenverordnung ergibt sich, dass legal erworbene Waffen, die beschlagnahmt wurden, der eigentumsberechtigten Person zurückgegeben werden, wenn diese mit der Waffe weder sich selbst noch Dritte gefährdet. Das Waffengesetz und die Waffenverordnung regeln nicht, wer auf welche Weise zu prüfen hat, ob im Sinne von Art. 8 Abs. 2 lit. c WG Anlass zur Annahme besteht, dass die Person sich selbst oder Dritte mit der Waffe gefährdet. Es versteht sich indessen von selbst, dass die Frage der Gefährdung in einem Fall der vorliegenden Art nur aufgrund einer sorgfältigen fachmännischen Prüfung zuverlässig beantwortet werden kann. 5.3 5.3.1 Die erste Instanz hat in ihren Erwägungen zur Vermeidbarkeit des eingetretenen Erfolgs zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Frage stelle, ob bei einer sorgfältigen Abklärung von A._ durch eine kompetente Fachperson das Risiko eines zukünftigen selbst- oder fremdgefährdenden Verhaltens als so gering eingestuft worden wäre, dass die Zuger Polizei gestützt auf deren Erklärung die Waffen herausgegeben hätte. Die erste Instanz hat nach einigen diesbezüglichen Erörterungen die Frage ausdrücklich offen gelassen, weil ihres Erachtens der Eintritt des Erfolgs aus einem anderen Grund ohnehin unvermeidbar war (siehe erstinstanzliches Urteil S. 37 f. E. 8.2). Die Vorinstanz hat die diesbezüglichen erstinstanzlichen Erwägungen in ihrem Urteil (S. 19 f. E. 5b) wiedergegeben. Sie hat die Frage, zu welchen Schlüssen eine kompetente Fachperson nach sorgfältiger Abklärung gelangt wäre, ebenfalls nicht entschieden. Sie hat sich mit dieser Frage möglicherweise deshalb nicht befasst, weil auch sie den Beschwerdegegner freisprach. 5.3.2 Unter dem Gesichtspunkt der Zurechnung ist im vorliegenden Fall entscheidend, zu welcher Einschätzung eine sorgfältige Fachperson im November 2003 in Bezug auf die Fragen der Suizidgefahr und der Gefahr für Dritte gelangt wäre und ob die zuständige Behörde in Anbetracht dieser Einschätzung nach Massgabe der Bestimmungen der Waffengesetzgebung im Rahmen ihres Entscheidungsspielraums die Rückgabe der Schusswaffen angeordnet oder aber die Rückgabe allein wegen einer relevanten Suizidgefahr oder (auch) wegen einer relevanten Gefahr für Dritte verweigert hätte. 5.3.3 Das Bundesgericht kann die Frage, zu welcher Einschätzung eine sorgfältige Fachperson im November 2003 zu den Fragen der Suizidgefahr und der Gefahr für Dritte gelangt wäre, im vorliegenden Verfahren nicht selber an Stelle der Vorinstanz entscheiden, da es sich dabei nicht um eine Rechts-, sondern um eine Tatfrage handelt. In diesem Zusammenhang ist immerhin auf Folgendes hinzuweisen. Das Risiko einer Fehleinschätzung ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung zweifellos umso grösser, je unsorgfältiger die ihr zugrunde liegende Untersuchung ist, und es ist umso kleiner, je sorgfältiger die Untersuchung ist. Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung liesse sich aber im vorliegenden Fall - in dem von der fachmännischen Einschätzung die Rückgabe der beiden Schusswaffen abhing - nicht damit begründen, dass der Beschwerdegegner durch sein sorgfaltswidriges Verhalten das Risiko einer Fehleinschätzung und damit das Risiko einer Rückgabe der Schusswaffen trotz allfälliger Gefahr für Dritte und aus diesem Grunde auch das Risiko des Erfolgseintritts erhöht habe. Aus dem Umstand, dass bei sorgfaltswidriger Untersuchung das Risiko einer Fehleinschätzung grösser ist und somit statistisch häufiger eine Fehleinschätzung erfolgt, ergibt sich weder erstens, dass die in einem bestimmten konkreten Einzelfall getroffene Einschätzung falsch ist, noch zweitens, dass bei sorgfältiger Untersuchung eine andere Einschätzung vorgenommen worden wäre. Denn in jedem konkreten Einzelfall kann sich einerseits das grosse Risiko einer Fehleinschätzung bei unsorgfältiger Untersuchung gerade nicht verwirklicht oder andererseits das kleine Risiko einer Fehleinschätzung bei sorgfältiger Untersuchung gerade realisiert haben, so dass im Ergebnis einerseits beide Einschätzungen übereinstimmend richtig oder andererseits beide Einschätzungen übereinstimmend unrichtig sind. Allerdings hat A._ bloss rund vier Monate nach der Ausstellung der "Unbedenklichkeitserklärung" durch Einsatz einer Schusswaffe das Opfer schwer verletzt. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass eine sorgfältige Fachperson im November 2003 eine von A._ ausgehende Gefahr für Dritte aus Waffenbesitz mit hoher Wahrscheinlichkeit erkannt hätte. Denn in der Schussabgabe konnte sich auch lediglich ein nie ganz auszuschliessendes, sozial erlaubtes Rest-Risiko oder aber eine erst nach November 2003 infolge Änderung der Verhältnisse entstandene Gefahr verwirklicht haben. 5.4 Die Sache ist daher in Gutheissung der Beschwerde im Sinne der Erwägungen zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird sich mit der bis anhin nicht entschiedenen Frage befassen, zu welcher Einschätzung eine sorgfältige Fachperson im November 2003 in Bezug auf die Fragen der Suizidgefahr und der Gefahr für Dritte gelangt wäre, und sie wird prüfen, ob in Anbetracht dieser Einschätzung und in Anwendung der Bestimmungen über die Waffengesetzgebung die Rückgabe der Schusswaffen angeordnet oder aber allein wegen einer relevanten Suizidgefahr oder (auch) wegen einer relevanten Gefahr für Dritte verweigert worden wäre. 5.4.1 Sollte die Vorinstanz zur Erkenntnis gelangen, dass die Abklärung dieser Frage im heutigen Zeitpunkt nicht mehr möglich ist, ist der Beschwerdegegner in Anwendung der Maxime "in dubio pro reo" als Beweislastregel freizusprechen, weil nicht erstellt ist, dass ein sorgfältiges Verhalten mit hoher Wahrscheinlichkeit den Eintritt des Erfolgs verhindert hätte. 5.4.2 Sollte eine sorgfältige Fachperson im November 2003 zu einer Einschätzung gelangt sein, bei welcher die zuständige Behörde in Anwendung der Bestimmungen der Waffengesetzgebung mangels einer relevanten Gefahr die Rückgaben der beiden Schusswaffen angeordnet hätte, so wäre der Beschwerdegegner freizusprechen, weil ein sorgfältiges Verhalten den Eintritt des Erfolgs nicht verhindert hätte und somit zwischen dem sorgfaltswidrigen Verhalten des Beschwerdegegners und dem eingetretenen Erfolg der erforderliche Zusammenhang nicht besteht. 5.4.3 Sollte eine sorgfältige Fachperson im November 2003 zu einer Einschätzung gelangt sein, bei welcher die zuständige Behörde in Anwendung der Bestimmungen der Waffengesetzgebung die Rückgabe der Schusswaffen nicht wegen einer relevanten Gefahr für Dritte, sondern allein wegen einer relevanten Suizidgefahr verweigert hätte, so hätte der Beschwerdegegner den Tatbestand der fahrlässigen schweren Körperverletzung nicht erfüllt, obschon bei sorgfaltsgemässem Verhalten die beiden Schusswaffen nicht zurückgegeben worden wären. Denn soweit aufgrund der Einschätzung der sorgfältigen Fachperson eine relevante Gefahr für Dritte verneint worden wäre, war das sorgfaltswidrige Verhalten des Beschwerdegegners, obschon es die Rückgabe der beiden Pistolen zur Folge hatte, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den allgemeinen Erfahrungen des Lebens nicht geeignet, einen Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen, so dass es am erforderlichen adäquaten Kausalzusammenhang fehlt. 5.4.4 Sollte eine sorgfältige Fachperson im November 2003 zu einer Einschätzung gelangt sein, bei welcher die zuständige Behörde in Anwendung der Bestimmungen der Waffengesetzgebung (auch) eine relevante Gefahr für Dritte bejaht hätte, so ist der eingetretene Erfolg dem Beschwerdegegner zurechenbar. In diesem Fall hätte der Beschwerdegegner den Tatbestand der fahrlässigen schweren Körperverletzung erfüllt, da auch die übrigen Voraussetzungen hiefür gegeben sind. Der Beschwerdegegner schuf durch seine sorgfaltswidrige Untersuchung und die gestützt darauf ausgestellte "Unbedenklichkeitserklärung", auf deren Grundlage das Polizeikommando die beiden Pistolen A._ zurückgab, ein unerlaubtes Risiko, das sich im tatbestandsmässigen Erfolg in seiner konkreten Gestalt verwirklichte, was er bei pflichtgemässer Vorsicht voraussehen konnte, da seine Methode, wie er wusste, erheblich von den etablierten, gründlicheren Untersuchungsmethoden abwich. Mit anderen Worten war gemäss einer insoweit zutreffenden Erwägung im angefochtenen Entscheid (S. 19 E. 4) sein sorgfaltswidriges Verhalten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens geeignet, einen Erfolg von der Art des eingetretenen zu begünstigen, was er bei pflichtgemässer Vorsicht auch erkennen musste. 6. Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 4. April 2008 aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdegegner die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 4. April 2008 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, sowie dem Geschädigten C._ schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 3. Februar 2009 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Schneider Näf
a228f7b3-7497-40a1-9ab1-7ddbb74c15fb
de
2,010
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. X._ (geb. 1975), Staatsangehöriger von Sri Lanka, reiste seinen Angaben zufolge im September 1992 in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Dieses wurde am 10. Februar 1994 abgelehnt und X._ aus der Schweiz weggewiesen. Die Schweizerische Asylrekurskommission bestätigte den Entscheid mit Urteil vom 28. Mai 1996. Am 18. November 1996 heiratete X._ in A._ (ZH) die Schweizer Bürgerin Y._ (geb. 1969), worauf ihm eine Aufenthaltsbewilligung für den Kanton Zürich und im Juli 2002 die Niederlassungsbewilligung erteilt wurde. Die kinderlos gebliebene Ehe wurde im April 2007 rechtskräftig geschieden. Im Mai 2007 heiratete X._ in seiner Heimat seine Landsfrau Z._ (geb. 1976), mit welcher er zwei bereits im Februar 2000 und im November 2002 geborene Kinder hat. Mitte Juni 2007 ersuchte er um Familiennachzug für seine neue Ehefrau und die beiden Kinder. Mit Verfügung vom 8. April 2008 wies die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich das Familiennachzugsgesuch ab und widerrief die Niederlassungsbewilligung von X._. Dieser habe den einheimischen Behörden verschwiegen, dass er während der Ehe mit der Schweizer Bürgerin eine Beziehung zu einer Landsfrau aufgenommen und mit ihr die beiden Kinder gezeugt hatte. Die gegen die Verfügung beim Regierungsrat und anschliessend beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos. B. X._ beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, hilfsweise mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde, vom 31. Mai 2010, den im Kanton zuletzt ergangenen Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 21. April 2010 aufzuheben. Das Gesuch um Familiennachzug sei gutzuheissen, eventualiter sei die Sache zur ergänzenden Sachverhaltsfeststellung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesamt für Migration stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Das Verwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Sicherheitsdirektion sowie der Regierungsrat des Kantons Zürich haben sich nicht geäussert.
Erwägungen: 1. Am 1. Januar 2008 ist das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG; SR 142.20) in Kraft getreten. Der Beschwerdeführer ersuchte um den Nachzug seiner aktuellen Ehefrau und der Kinder indes im Jahr 2007, mithin noch unter dem bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; BS 1 121 und Änderungen gemäss der Fussnote zu Ziff. I von Anhang 2 zum AuG). Deshalb ist auf dieses Gesuch gemäss Art. 126 Abs. 1 AuG das alte Recht (ANAG) anwendbar. Entgegen der Ansicht des Regierungsrates beurteilt sich der Widerruf der Niederlassungsbewilligung - wie die Vorinstanz und der Beschwerdeführer zutreffend annehmen - aber nach neuem Recht. Denn von der Eröffnung dieses Verfahrens wurde der Beschwerdeführer erst im Jahr 2008 in Kenntnis gesetzt (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2C_837/2009 vom 27. Mai 2010 E. 1; 2C_663/2009 vom 23. Februar 2010 E. 1 sowie 2C_745/2008 vom 24. Februar 2009 E. 1.2.3 und 1.2.4). 2. Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist einzutreten (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Unzulässig ist sie hingegen in Bezug auf die Wegweisung (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG). Soweit sich die Beschwerde gegen die Verweigerung des Familiennachzugs richtet, hängt ihre Zulässigkeit vom Fortbestand der Niederlassungsbewilligung des Familienvaters ab. Denn ohne diesen Aufenthaltstitel kann der ausländische Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Nachzug seiner Familie geltend machen (s. auch nachfolgende E. 6; Art. 17 Abs. 2 Satz 1 ANAG [AS 1991 1034 1043], Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG; BGE 135 II 1 E. 1.3 S. 5; Urteile des Bundesgerichts 2C_47/2010 vom 16. Juni 2010 E. 3.4; 2C_74/2010 vom 10. Juni 2010 E. 2.2 und 2C_734/2009 vom 19. April 2009 E. 1.2 und E. 3). 3. Die Vorinstanz geht zutreffend davon aus, dass der Beschwerdeführer den Widerrufsgrund des Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 lit. a AuG erfüllt, weil er die eheähnliche Beziehung zu seiner heutigen Ehefrau, die Geburt seines ersten Kindes sowie die bevorstehende Geburt des zweiten Kindes anlässlich der Beantragung der Niederlassungsbewilligung und auch schon bei der Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung wissentlich verschwiegen hatte. Das bestreitet der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht mehr, weshalb sich weitere Ausführungen dazu erübrigen (s. Näheres in den Urteilen des Bundesgerichts 2C_93/2010 vom 23. Juni 2010 E. 2 und 2C_205/2010 vom 16. Juli 2010 E. 3.1 und 3.3; noch zum ANAG: Urteile 2A.423/2006 vom 26. Oktober 2006 E. 3 und 2C_503/2008 vom 23. Februar 2009 E. 3.2; allg. BGE 135 II 1 E. 4 S. 9 ff.). 4. 4.1 Der Beschwerdeführer macht aber geltend, Art. 63 Abs. 2 AuG stünde dem Widerruf entgegen. Dieser Bestimmung zufolge kann die Niederlassungsbewilligung von Ausländern, die sich seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz aufhalten, nur aus Gründen von Art. 63 Abs. 1 lit. b und Art. 62 lit. b AuG widerrufen werden. Demnach ist nach Ablauf dieser Zeit ein Widerruf gemäss Art. 62 lit. a AuG wegen falscher Angaben oder Verschweigens wesentlicher Tatsachen nicht mehr möglich. Streitig ist, ob sich der Beschwerdeführer auf einen ununterbrochenen und ordnungsgemässen Aufenthalt in der Schweiz von 15 Jahren berufen kann. Das verneint die Vorinstanz. Von der Einreise im Jahr 1992 bis zur Heirat mit der Schweizer Bürgerin im November 1996 sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers fremdenpolizeilich nicht bewilligt worden. Daher könne diese Zeit nicht berücksichtigt werden. Ordnungsgemäss sei der Aufenthalt erst ab der erwähnten Eheschliessung gewesen. Bis zum Widerruf der Niederlassungsbewilligung durch die Sicherheitsdirektion im April 2008 seien insoweit aber noch nicht 15 Jahre verstrichen (sondern nur knapp elfeinhalb Jahre). Der Beschwerdeführer ist - wie auch eine Minderheitsmeinung der Vorinstanz - der Auffassung, aufgrund des Anwesenheitsrechts im hängigen Asylverfahren sei der Aufenthalt auch während dieser Zeit rechtmässig und damit im Sinne von Art. 63 Abs. 2 AuG ordnungsgemäss. Das Gleiche gelte für die Periode zwischen der rechtskräftigen Abweisung des Asylgesuchs und der Heirat, da die Behörden darauf verzichtet hätten, ihm eine Ausreisefrist zu setzen. 4.2 Nicht zu beanstanden ist, dass das Verwaltungsgericht auf den Zeitpunkt der Verfügung des Widerrufs durch die Sicherheitsdirektion als erste Instanz abgestellt und geprüft hat, ob zu diesem Zeitpunkt die 15-Jahresfrist nach Art. 63 Abs. 2 AuG bereits erfüllt war. Angesichts der Verzögerungsmöglichkeiten in mehrstufigen Rechtsmittelverfahren geht es nicht an, auf einen späteren Zeitpunkt - z.B. die Rechtskraft des letztinstanzlichen Entscheids - abzustellen (vgl. zur Einhaltung der Frist zur Nichtigerklärung von Einbürgerungen: Urteile des Bundesgerichts 5A.3/2002 vom 29. April 2002 E. 3; 1C_231/2007 vom 14. November 2007 E. 4 und 1C_421/2008 vom 15. Dezember 2008 E. 2.3). 4.3 Weder das Gesetz noch die Verordnung des Bundesrates vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) definieren, was unter einem ordnungsgemässen Aufenthalt im Sinne von Art. 63 Abs. 2 AuG zu verstehen ist. Auch die Materialien schweigen sich dazu aus. In der Botschaft zum Ausländergesetz wird in Bezug auf den Widerrufsgrund der Sozialhilfeabhängigkeit bloss ausgeführt, dass ein Widerruf der Niederlassungsbewilligung nach einem ununterbrochenen Aufenthalt von 15 Jahren unverhältnismässig wäre. Art. 63 Abs. 2 AuG trage der verstärkten Integration Rechnung (BBl 2002 S. 3810 f.; s. auch die Ausführungen von Nationalrätin Leuthard als Berichterstatterin in AB 2004 N 1089). Den Debatten des Parlaments lässt sich vor allem entnehmen, dass die 15-Jahreslimite nach Art. 63 Abs. 2 AuG - in Abweichung des Entwurfs des Bundesrats - vom Widerrufsgrund der Sozialhilfebedürftigkeit nach Art. 63 Abs. 1 lit. c AuG auf denjenigen nach Art. 62 lit. a AuG ausgedehnt wurde (vgl. AB 2004 N 1084 sowie AB 2005 S 313 zu Art. 62 des Entwurfs; BBl 2002 S. 3869). Das Bundesamt für Migration geht in seinen Weisungen zum Ausländergesetz davon aus, dass nach Art. 63 Abs. 2 AuG nur ein Aufenthalt mit einer ordentlichen ausländerrechtlichen Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligung anrechenbar sei (Ziff. 3.4.6 in fine der Weisungen I Ausländerbereich, 3. Abschnitt "Aufenthaltsregelung", Version/Stand 1. Juli 2009). Die Literatur äussert sich nicht zur Frage, was unter "ordnungsgemässem" Aufenthalt im Sinne dieser Bestimmung zu verstehen ist. 4.4 Andere Regelungen enthalten ebenfalls die Wendung des ordnungsgemässen Aufenthalts. So heisst es in Art. 42 Abs. 3 und Art. 43 Abs. 2 AuG sowie in Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Art. 17 Abs. 2 Satz 2 ANAG (in der Fassung vom 23. März 1990, AS 1991 1034 1043) fast übereinstimmend, dass Ehegatten nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung haben. In diversen Niederlassungsverträgen, welche die Schweiz mit anderen Ländern geschlossen hat, wird ebenfalls auf den ordnungsgemässen Aufenthalt abgestellt; wenn ein solcher während einer bestimmten Anzahl von Jahren (meist fünf oder zehn) bestanden hat, wird eine Niederlassungsbewilligung erteilt. Die ständige Praxis geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass der Aufenthalt ordnungsgemäss ist, wenn dieser fremdenpolizeilich bewilligt ist. Ob das persönliche Verhalten des Ausländers dabei Anlass zu Beanstandungen gegeben hat, spielt für die Frage der Ordnungsmässigkeit des Aufenthaltes keine Rolle. Dieses ist erst für den anschliessenden materiellen Entscheid, ob die Bewilligung zu erteilen bzw. zu belassen ist, relevant (vgl. BGE 120 Ib 360 E. 3b S. 367; 122 II 385 E. 1b und E. 3 S. 388 und 390 f.; 128 II 145 E. 1.1.5 und E. 2 S. 149 ff.; Urteil 2A.238/1994 vom 17. Januar 1995 E. 1c). Als ordnungsgemässer Aufenthalt wird bei in der Schweiz geschlossenen Ehen auch regelmässig die Zeit zwischen Heirat und Bewilligungserteilung betrachtet (vgl. BGE 135 II 1 E. 1.2.2 S. 4; Urteil 2A.221/2005 vom 6. September 2005 E. 1.2). Nicht ordnungsgemäss ist hingegen der Aufenthalt, der aufgrund der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels lediglich toleriert wird, wenn der Ausgang des Rechtsstreits zu keiner Bewilligung führt (vgl. Urteile 2A.105/2001 vom 26. Juni 2001 E. 3c und 2A.311/2004 vom 8. September 2004 E. 4.1). Es besteht kein Anlass, diese Praxis nicht auch bei Art. 63 Abs. 2 AuG anzuwenden, zumal davon auszugehen ist, dass sie der Formulierung dieser Bestimmung zugrunde lag (vgl. auch die in E. 4.3 hievor erwähnten Weisungen des Bundesamts für Migration). 4.5 Demnach hat der Aufenthalt des Beschwerdeführers ab der Eheschliessung im November 1996 als ordnungsgemäss zu gelten. Aufgrund der Heirat erhielt er die Aufenthalts- und später die Niederlassungsbewilligung. Die im April 2007 rechtskräftig gewordene Scheidung änderte nichts an seinem Aufenthaltstitel. Der Regierungsrat ist zwar davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer nicht nur einen Widerrufsgrund nach Art. 62 lit. a AuG wegen Verschweigens der Beziehung zu seiner Landsfrau und der Geburt der Kinder gesetzt, sondern auch eine Scheinehe mit der Schweizer Bürgerin geschlossen hatte (s. E. 4c und d seines Beschlusses vom 19. August 2009). Die Vorinstanz äussert sich nicht dazu. Tatsächlich bestehen gewichtige Indizien, die für einen Rechtsmissbrauch bzw. eine Scheinehe sprechen. Zusätzlich zu den erwähnten Umständen, die verschwiegen wurden, hat sich unter anderem auch erwiesen, dass der Beschwerdeführer niemals mit der Schweizer Ehefrau in der gleichen Wohnung gelebt hatte. Doch selbst wenn eine sog. Ausländerrechtsehe gegeben wäre, gilt der bewilligte Aufenthalt als ordnungsgemäss im Sinne von Art. 63 Abs. 2 AuG. Ob die Niederlassungsbewilligung deswegen unmittelbar gestützt auf Art. 51 Abs. 1 lit. a AuG widerrufen werden könnte, kann hier mit Blick auf die nachfolgenden Ausführungen offengelassen werden (vgl. immerhin BBl 2002 S. 3794 zu Art. 50 E-AuG; MARTINA CARONI, in: Stämpflis Handkommentar Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, 2010, N. 3 zu Art. 51 AuG; MARC SPESCHA, in: Spescha/Thür/Zünd, Migrationsrecht, 2. Aufl. 2009, N. 9 zu Art. 42 AuG). Das gilt auch für die Frage, ob Art. 63 Abs. 2 AuG nach einem 15-jährigen ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt einem Widerruf nach Art. 51 AuG entgegenstünde. Da die Aufenthaltsdauer ab Eheschliessung bis zum Zeitpunkt des Widerrufs rund elfeinhalb Jahre betragen hat, kommt es darauf an, ob auch der vorherige Aufenthalt in der Schweiz als ordnungsgemäss im Sinne von Art. 63 Abs. 2 AuG zu bezeichnen ist. 4.6 In Art. 26 des bis zum 30. September 1999 geltenden Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979 (aAsylG; AS 1980 1718 und Änderungen gemäss der Fussnote zu Art. 120 lit. a des aktuellen Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG; SR 142.31]) war vorgesehen, dass der Flüchtling mit der Asylgewährung Anspruch auf Regelung seiner Anwesenheit im Kanton hat, wo er sich "ordnungsgemäss aufhält" (vgl. den entsprechenden Art. 60 AsylG, in dem heute von "rechtmässigem" Aufenthalt die Rede ist). Das Bundesgericht erklärte hiezu, dass sich "ordnungsgemäss" nur auf den Ort bezieht, für den eine behördliche Bewilligung für die Anwesenheit vorliegt. Im Zeitpunkt der Asylgewährung ist dies der Ort, der dem Flüchtling während des Asylverfahrens von den Behörden zugewiesen worden ist (BGE 116 Ib 1 E. 2c S. 5). Während des vorangehenden Asylverfahrens darf sich der Ausländer gestützt auf Art. 42 AsylG bzw. Art. 19 aAsylG grundsätzlich in der Schweiz aufhalten. Daraus leitet der Beschwerdeführer ab, dass er sich während des Asylverfahrens ordnungsgemäss in der Schweiz aufhielt. Allerdings unterscheidet sich die Situation von Asylbewerbern gegenüber derjenigen von anderen Ausländern mit einem Aufenthaltstitel dadurch, dass Erstere jederzeit mit der Ablehnung ihres Gesuchs und der Verpflichtung zur Ausreise rechnen müssen. Ihnen wird vorerst nicht eine Bewilligung ausgehändigt, die ihnen die Anwesenheit im Land auf eine bestimmte Zeit ermöglicht. Sie dürfen sich aufgrund ihrer Stellung als Asylbewerber zunächst nur bis zum Abschluss des Asylverfahrens in der Schweiz aufhalten. Ihr Status ist ähnlich demjenigen eines Ausländers im Fremdenpolizeirecht, dessen Aufenthalt nur während des laufenden Verfahrens toleriert wird (s. E. 4.4 hievor; vgl. auch MINH SON NGUYEN, Droit public des étrangers, 2003, S. 413-415). Unerheblich ist dabei, ob diese Tolerierung von Gesetzes wegen stattfindet oder behördlich bzw. richterlich angeordnet worden ist. Wird das Asylgesuch schliesslich rechtskräftig abgewiesen, ist der bisherige Aufenthalt des Ausländers demnach nicht als ordnungsgemäss im Sinne von Art. 63 Abs. 2 AuG anzusehen. Nach dieser Bestimmung ordnungsgemäss wäre der Aufenthalt während des Asylverfahrens hingegen dann, wenn das Asylgesuch gutgeheissen bzw. die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention; SR 0.142.30) zuerkannt wird. Davon Abweichendes kann gelten bei einem gestützt auf Nachfluchtgründe (vgl. dazu WALTER KÄLIN, Grundriss des Asylverfahrens, 1990, S. 130 ff.) gewährten Asyl. Demzufolge ist der Aufenthalt des Beschwerdeführers als Asylbewerber nicht in die Berechnung der Aufenthaltszeit nach Art. 63 Abs. 2 AuG einzubeziehen, da sein Asylgesuch abgewiesen wurde. 4.7 Der Beschwerdeführer hielt sich - zumindest zeitweise - auch in der Periode zwischen der Eröffnung des Urteils der Asylrekurskommission vom 28. Mai 1996 und der Eheschliessung mit der Schweizer Bürgerin nicht ordnungsgemäss in der Schweiz auf. Denn er verfügte insoweit weder über ein Recht noch über einen Titel zum Aufenthalt in der Schweiz. Infolge der rechtskräftig gewordenen Wegweisung war er vielmehr verpflichtet, das Land zu verlassen. Auch wenn die Behörden ihm keine Ausreisefrist setzten, war sein Aufenthalt damals weder bewilligt noch sonst wie zugelassen. Ihm war die freiwillige Rückkehr in seine Heimat zudem möglich und zumutbar. Deswegen gelangte er auch nicht in den Genuss einer vorläufigen Aufnahme (vgl. KÄLIN, a.a.O., S. 199 ff.). Die Behörden sahen nur wegen beschränkter Möglichkeiten zur zwangsweisen Rückführung nach Sri Lanka vom sofortigen (zwangsweisen) Vollzug der Wegweisung ab (vgl. NICOLAS WISARD, Les renvois et leur exécution en droit des étrangers et en droit d'asile, 1997, S. 378 f.; MARTIN STÜRZINGER, Mapping der srilankischen Diaspora in der Schweiz, Kurzstudie für das Berghof Forschungszentrum für konstruktive Konfliktbearbeitung Berlin, 2002, S. 7 f.). Ein Aufenthalt wird aber nicht bereits deshalb rechtmässig und damit ordnungsgemäss, weil die zuständigen Behörden eine Wegweisung nicht vollziehen. 4.8 Da demnach beim Beschwerdeführer zumindest die Anwesenheit während des Asylverfahrens und unmittelbar nach der rechtskräftigen Wegweisung nicht als ordnungsgemässer Aufenthalt im Sinne von Art. 63 Abs. 2 AuG gelten kann, hat die Vorinstanz zu Recht geschlossen, dass diese Bestimmung dem Widerruf der Bewilligung nicht entgegensteht. 5. Es bleibt trotzdem zu prüfen, ob der Widerruf der Niederlassungsbewilligung insgesamt angemessen bzw. verhältnismässig ist (vgl. Art. 96 AuG). Allerdings kann sich nicht bereits aus dem langjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers ein überwiegendes Interesse auf Verbleib in der Schweiz ergeben, wenn Art. 63 Abs. 2 AuG, der wie erwähnt als Ausfluss des Verhältnismässigkeitsprinzips betrachtet wird, nicht greift. Der Beschwerdeführer macht eine psychische Erkrankung geltend. Die Vorinstanz geht davon aus, dass diese in Sri Lanka behandelbar sei. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers habe sich nichts Gegenteiliges ergeben. Dieser wendet ein, die Vorinstanz habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) dadurch verletzt, dass sie ihm keine Möglichkeit einräumte, die (fehlenden) Behandlungsmöglichkeiten in seiner Heimat ergänzend darzulegen. Diese Rüge stösst ins Leere. Denn die Vorinstanz durfte vom mitwirkungspflichtigen (vgl. Art. 90 AuG) und anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer, der erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gesundheitliche Probleme geltend machte, erwarten, dass er sich zu den Behandlungsmöglichkeiten in der Heimat näher äussert. Gemäss ständiger Praxis kommt es nämlich wesentlich hierauf an (vgl. BGE 128 II 200 E. 5.3 S. 209; Urteil 2C_113/2009 vom 30. Juni 2009 E. 3.2). Der Beschwerdeführer und die von ihm eingereichten Unterlagen schwiegen sich dazu jedoch aus. Vor Bundesgericht weist dieser nun bloss darauf hin, es sei allgemein bekannt, dass für die (hinduistischen) Tamilen eine unzureichende medizinische Infrastruktur bestehe, weshalb die Vorinstanz weitere Nachforschungen hätte unternehmen oder Rückfragen stellen müssen. Der Beschwerdeführer übersieht aber bereits, dass er sich nicht als Tamile, sondern immer als buddhistischer Singhalese ausgegeben hat. Somit ist mangels offensichtlich unrichtiger oder auf einer Rechtsverletzung beruhender Sachverhaltsfeststellung (vgl. Art. 97 und 105 BGG) mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass die Krankheit des Beschwerdeführers in seiner Heimat behandelbar ist. Wie die Vorinstanz zudem richtig bemerkt, konnte der Beschwerdeführer zu einem grossen Teil nur deshalb in der Schweiz bleiben, weil er der Fremdenpolizei pflichtwidrig wesentliche Tatsachen verschwiegen hatte. Ausserdem pflegt er mindestens seit 1998 wieder regelmässige Kontakte zu seiner Heimat, wo seine aktuelle Ehefrau und seine in den Jahren 2000 und 2002 geborenen Kinder leben. Bei einer Gesamtabwägung der sich gegenüberstehenden Interessen erweist sich der Widerruf der Niederlassungsbewilligung daher als verhältnismässig. 6. Mit dem Hinfall der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers ist dem für die Ehefrau und die Kinder gestellten Nachzugsgesuch sowohl nach Art. 17 ANAG als auch nach Art. 8 EMRK die Grundlage entzogen. Daher ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten insoweit unzulässig (E. 2 hievor und Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Auf die gemäss Art. 113 BGG hilfsweise erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist wegen fehlender Legitimation nach Art. 115 lit. b BGG bzw. mangels Geltendmachung geeigneter verfassungsmässiger Rechte im Sinne von Art. 116 BGG nicht einzutreten (vgl. BGE 133 I 185 mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 2D_13/2007 vom 14. März 2007 E. 2.2 und 2.3.1). Gegen die Wegweisung können im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde schliesslich keine Rügen - hier zum Gesundheitszustand - geltend gemacht werden, die bereits Gegenstand des Entscheids über den Widerruf der Bewilligung waren (Urteil des Bundesgerichts 2D_67/2009 vom 4. Februar 2010 E. 2.4 und E. 5; vgl. auch BGE 135 II 110 E. 4.2 S. 119). Im Übrigen greift das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers aufgrund der Ausführungen in der vorangehenden Erwägung 5 nicht. 7. Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist nicht einzutreten. Diesem Ausgang entsprechend hätte der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung ist jedoch stattzugeben, da er als Sozialhilfebezüger nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und sein Rechtsbegehren nicht aussichtslos erschien (Art. 64 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung wird gutgeheissen: 2.1 Es werden keine Kosten erhoben. 2.2 Rechtsanwalt Bernhard Jüsi wird für das bundesgerichtliche Verfahren als unentgeltlicher Rechtsbeistand eingesetzt und aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'600.-- entschädigt. 3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 17. November 2010 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Zünd Merz
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Sachverhalt: A. Mit Urteil vom 5. Januar 2006 erklärte das Strafgericht Basel-Landschaft X._ der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern (Art. 187 Ziff. 1 StGB) schuldig und verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von 2 Jahren. B. In teilweiser Gutheissung der Appellation von X._ sprach das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, diesen mit Urteil vom 13. Februar 2007 der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern (Art. 187 Ziff. 1 StGB) schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer unbedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen à Fr. 130.--. C. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 13. Februar 2007 sei abzuändern und X._ sei zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu verurteilen. Die Strafe sei gemäss Art. 43 Abs. 1 StGB teilweise aufzuschieben, wobei der unbedingt vollziehbare Teil der Strafe zwölf Monate (ev. sechs Monate) betragen solle. Die Probezeit für den bedingt vollziehbaren Teil der Strafe sei gemäss Art. 44 Abs. 1 StGB auf zwei Jahre festzulegen. Eventualiter sei das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 13. Februar 2007 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Kantonsgericht Basel-Landschaft und der Beschwerdegegner beantragen die Abweisung der Beschwerde. Eventualiter stellt der Beschwerdegegner den Antrag, er sei in Gutheissung der Beschwerde mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu bestrafen, wobei der Vollzug der Strafe gestützt auf Art. 42 Abs. 1 StGB ganz aufzuschieben sei.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Die angefochtene Entscheidung ist nach dem Datum des Inkrafttretens des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG, SR 173.110) ergangen (vgl. AS 2006, 1242). Die Beschwerde untersteht daher neuem Recht (Art. 132 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten, da sie unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von der in ihren Anträgen unterliegenden Staatsanwaltschaft (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG) eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz (Art. 80 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in Strafsachen (Art. 80 Abs. 1 BGG) richtet. 1.2 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136, E. 1.4). 2. Die Beschwerdeführerin wendet sich ausschliesslich gegen die Strafzumessung. 2.1 Die Vorinstanz hat erwogen, in Gesamtwürdigung der Tat- und Täterkomponenten sei von einem schweren Verschulden des Beschwerdegegners auszugehen. In Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils erscheine deshalb - wenngleich am oberen Rand liegend - eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren als grundsätzlich angemessen. Da beim Beschwerdegegner keine Anzeichen ersichtlich seien, welche die Vermutung der günstigen Prognose im Sinne von Art. 42 Abs. 1 StGB widerlegen würden, sei der bedingte Strafvollzug zu gewähren. Die alleinige Verhängung einer bedingten Freiheitsstrafe werde jedoch dem schweren Verschulden des Beschwerdegegners nicht gerecht. In Anbetracht aller wesentlichen Umstände des konkreten Falls, so insbesondere des fortgeschrittenen Alters (Jahrgang 1941) und der angeschlagenen Gesundheit des Beschwerdegegners, seines guten Leumunds und der fehlenden Rückfallgefahr, sei es sinnvoller, die bedingte Freiheitsstrafe gestützt auf Art. 42 Abs. 4 StGB mit einer unbedingten Geldstrafe zu verbinden, statt den Vollzug der Freiheitsstrafe gemäss Art. 43 StGB nur teilweise aufzuschieben. Dem schweren Verschulden des Beschwerdegegners entsprechend erscheine es geboten, einen Viertel der grundsätzlich als angemessen qualifizierten Freiheitsstrafe von zwei Jahren in die Form der unbedingten Geldstrafe zu kleiden. Im Ergebnis sei der Beschwerdegegner zu 18 Monaten Freiheitsstrafe, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen à Fr. 130.-- (insgesamt Fr. 23'400.--) zu verurteilen (angefochtenes Urteil S. 9 f.). 2.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Aufteilung einer als angemessen erachteten Freiheitsstrafe von zwei Jahren in eine Geld- und Freiheitsstrafe verletze Bundesrecht. Art. 42 Abs. 4 StGB sei so auszulegen, dass eine Geldstrafe nur zusätzlich zu einer Freiheitsstrafe ausgesprochen werden könne. Eine Geldstrafe könne nicht Bestandteil der Freiheitsstrafe sein, da es sich um zwei unterschiedliche Sanktionsarten handle. Der Umrechnungsschlüssel von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 StGB, wonach ein Tagessatz Geldstrafe einem Tag Freiheitsstrafe entspricht, könne nur dort gelten, wo die kurze Freiheitsstrafe nicht möglich sei, d.h. im Bagatellbereich. Der Gesetzgeber habe nicht die Absicht verfolgt, mehrjährige Freiheitsstrafen auch nur teilweise mit Geldstrafen zu ersetzen. Insbesondere könne es nicht dem Sinn und Zweck der Regelung entsprechen, mit der Geldstrafe gewissermassen den Strafrahmen der Freiheitsstrafe einzuschränken. Aufgrund des schweren Verschuldens des Beschwerdegegners sei vorliegend eine teilbedingte Strafe auszusprechen. 3. Am 1. Januar 2007 ist die Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches in Kraft getreten. Sie brachte eine grundlegende Neuordnung des Sanktionensystems (Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. September 1998; BBl 1999 II S. 1984). Zentrales Anliegen der Revision war das Zurückdrängen der kurzen Freiheitsstrafe, die Einführung alternativer Sanktionen wie der Geldstrafe oder der gemeinnützigen Arbeit als eigenständige Sanktionsform sowie die Ausdehnung des bedingten Strafvollzuges (bundesrätliche Botschaft, S. 2017 ff., 2024 ff., 2032 ff., 2048 ff.). Daneben wurde die sog. teilbedingte Strafe als Mittellösung zwischen dem vollständigen Aufschub der Strafe und deren Vollzug eingeführt. 4. 4.1 Art. 42 StGB ("bedingte Strafen") regelt die Gewährung des bedingten Strafvollzuges: Das Gericht schiebt den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten und höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB). Eine bedingte Strafe kann mit einer unbedingten Geldstrafe oder mit einer Busse nach Artikel 106 verbunden werden (Art. 42 Abs. 4 StGB). 4.2 In subjektiver Hinsicht hat das Gericht für die Gewährung des bedingten Strafvollzuges wie bisher eine Prognose über das zukünftige Verhalten des Täters zu stellen. 4.2.1 Die vom Bundesgericht entwickelten Prognosekriterien bleiben weiterhin massgebend. Bei der Prüfung, ob der Verurteilte für ein dauerndes Wohlverhalten Gewähr bietet, ist eine Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen. In die Beurteilung mit einzubeziehen sind neben den Tatumständen auch das Vorleben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen. Für die Einschätzung des Rückfallrisikos ist ein Gesamtbild der Täterpersönlichkeit unerlässlich. Relevante Faktoren sind etwa strafrechtliche Vorbelastung, Sozialisationsbiographie und Arbeitsverhalten, das Bestehen sozialer Bindungen, Hinweise auf Suchtgefährdungen usw. Dabei sind die persönlichen Verhältnisse bis zum Zeitpunkt des Entscheides mit einzubeziehen. Es ist unzulässig, einzelnen Umständen eine vorrangige Bedeutung beizumessen und andere zu vernachlässigen oder überhaupt ausser Acht zu lassen. Wie bei der Strafzumessung (Art. 50 StGB) müssen die Gründe im Urteil so wiedergegeben werden, dass sich die richtige Anwendung des Bundesrechts überprüfen lässt (BGE 128 IV 193 E. 3a; 118 IV 97 E. 2b). 4.2.2 Die Anforderungen an die Prognose der Legalbewährung für den Strafaufschub liegen allerdings unter neuem Recht etwas tiefer. Früher setzte der Aufschub der Strafe voraus, dass zu erwarten ist, der Verurteilte werde sich durch eine bedingt vollziehbare Strafe von weiteren Delikten abhalten lassen (Art. 41 Ziff. 1 StGB a.F.). Die Erwartung künftigen Wohlverhaltens hatte eine sehr bestimmte zu sein. Der Täter musste zureichende Gewähr für eine dauernde Besserung bieten, um auf eine positive Prognose schliessen zu können (BGE 100 IV 9 E. 2 S. 11). Eine bloss unbestimmte Hoffnung, er werde sich künftig wohl verhalten, genügte für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs nicht (BGE 100 IV 133). Nach Art. 42 Abs. 1 StGB hat das Gericht neu den Vollzug der Strafe in der Regel aufzuschieben, "wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten". Das bedeutet natürlich nicht, dass das Gericht eine Wirkungsprognose darüber abzugeben hat, ob eine unbedingte Strafe zur Verhinderung künftiger Delinquenz geeignet und notwendig ist (siehe dazu Günter Stratenwerth, Das künftige System der Sanktionen im Erwachsenenstrafrecht - ein kriminalpolitischer Fortschritt-, in: Zwischen Mediation und Lebenslang, Zürich 2002, S. 375). Die Neufassung hat eine andere Bedeutung: Während früher eine günstige Prognose erforderlich war, genügt nunmehr das Fehlen einer ungünstigen Prognose (Botschaft, S. 2049). Die Lehre spricht in diesem Zusammenhang von einer Vermutungsumkehr, mit der das Hauptgewicht weiter zu Gunsten des bedingten Vollzuges verlagert werden soll (Esther Omlin, Strafgesetzbuch, Revision des Allgemeinen Teils, Basel 2006, S. 9; Georges Greiner, Bedingte und teilbedingte Strafen, Strafzumessung, in: Zur Revision des Allgemeinen Teils des Schweizerischen Strafrechts und zum neuen materiellen Jugendstrafrecht, Felix Bänziger/Annemarie Hubschmid/Jürg Sollberger [Hrsg.], 2. Aufl., Bern 2006, S. 99; Brigitte Tag, Strafgesetzbuch: Ein Überblick über die Neuerungen, Plädoyer 2007 1 S. 38). Die Gewährung des Strafaufschubes setzt mit anderen Worten nicht mehr die positive Erwartung voraus, der Täter werde sich bewähren, sondern es genügt die Abwesenheit der Befürchtung, dass er es nicht tun werde. Der Strafaufschub ist deshalb die Regel, von der grundsätzlich nur bei ungünstiger Prognose abgewichen werden darf. Er hat im breiten Mittelfeld der Ungewissheit den Vorrang (Botschaft, S. 2049; Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, 2. Aufl., Bern 2006, § 5 Rz. 38 S. 139). 4.2.3 Eine Besonderheit in der Prognosebildung gilt für den Fall, dass der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder einer Geldstrafe von mindestens 180 Tagessätzen verurteilt worden ist (Art. 42 Abs. 2 StGB). Liegt ein Rückfall im Sinne dieser Bestimmung vor, ist der Aufschub nur zulässig, "wenn besonders günstige Umstände vorliegen". Darunter sind solche Umstände zu verstehen, die ausschliessen, dass die Vortat die Prognose verschlechtert (Botschaft, S. 2050). Bei Art. 42 Abs. 2 StGB gilt demnach die Vermutung einer günstigen Prognose bzw. des Fehlens einer ungünstigen Prognose nicht. Vielmehr kommt der früheren Verurteilung zunächst die Bedeutung eines Indizes für die Befürchtung zu, dass der Täter weitere Straftaten begehen könnte (Stratenwerth, a.a.O., § 5 Rz. 42 S. 141). Die Gewährung des bedingten Strafvollzuges kommt daher nur in Betracht, wenn eine Gesamtwürdigung aller massgebenden Faktoren den Schluss zulässt, dass trotz der Vortat eine begründete Aussicht auf Bewährung besteht. Dabei ist zu prüfen, ob die indizielle Befürchtung durch die besonders günstigen Umstände zumindest kompensiert wird (ähnlich: Greiner, a.a.O., S. 101). Das trifft etwa zu, wenn die neuerliche Straftat mit der früheren Verurteilung in keinerlei Zusammenhang steht, oder bei einer besonders positiven Veränderung in den Lebensumständen des Täters (Botschaft, S. 2050; Greiner, a.a.O., S. 101; Stratenwerth, a.a.O., § 5 Rz. 42 S. 141). Jedenfalls ist bei eindeutig günstiger Prognose der Strafaufschub stets zu gewähren (vgl. Stratenwerth, a.a.O., § 5 Rz. 42 S. 141). Die Vorschrift von Art. 42 Abs. 2 StGB stellt klar, dass der Rückfall für sich genommen den bedingten Strafvollzug nicht auszuschliessen vermag, im Gegensatz zum früheren Recht (Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB a.F.). Danach war der Aufschub unzulässig, wenn der Verurteilte innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat wegen eines vorsätzlich begangenen Verbrechens oder Vergehens eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verbüsst hat. Die neue Regelung begünstigt den bedingten Strafvollzug damit in zweifacher Hinsicht. Zum einen ist das Strafmass, das gegen eine günstige Prognose spricht, praktisch verdoppelt worden (auf sechs Monate). Zum anderen stellt selbst die Verurteilung von dieser Tragweite keinen objektiven Ausschlussgrund mehr dar, sondern ist in jedem Fall in die Prognosebildung miteinzubeziehen (Stratenwerth, a.a.O., § 5 Rz. 40 ff. S. 140 f.; zu den eher theoretischen Verschärfungen: Greiner, a.a.O., S. 100 f.). 4.2.4 Bei der Prognose über das künftige Legalverhalten ist als weiteres Indiz zu berücksichtigen, ob der Täter die zumutbare Schadenbehebung unterlassen hat (Art. 42 Abs. 3 StGB). Zu denken ist etwa an Fälle, in denen der Täter nach einer behördlichen Aufforderung oder einer Schuldanerkennung sich trotz Ersatzfähigkeit weigert, den verursachten Schaden zu ersetzen (Omlin, a.a.O., S. 10; vgl. BGE 77 IV 136 E. 2). 4.3 In objektiver Hinsicht setzt der Aufschub einer Freiheitsstrafe einzig eine Untergrenze (mindestens sechs Monate) und eine Obergrenze (höchstens zwei Jahre) voraus, womit die Zulässigkeitsschranke des bedingten Strafvollzuges von bisher 18 Monaten angehoben wurde. 4.4 Mit der Umschreibung der subjektiven und objektiven Voraussetzungen des bedingten Strafvollzuges hat der Gesetzgeber ein insgesamt erfolgreiches Institut ausgebaut. Dabei hat er die Ungewissheit in der Prognosestellung berücksichtigt, in der Erkenntnis, dass sich 90 Prozent der verurteilten Personen während der Probezeit bewähren, und geleitet vom Grundgedanken, dass auf die Vollstreckung der Strafe (vorerst) verzichtet werden soll, wenn dies unter spezialpräventiven Gesichtspunkten als sinnvoll erscheint (Botschaft, S. 2048, 2052). 4.4 Mit der Umschreibung der subjektiven und objektiven Voraussetzungen des bedingten Strafvollzuges hat der Gesetzgeber ein insgesamt erfolgreiches Institut ausgebaut. Dabei hat er die Ungewissheit in der Prognosestellung berücksichtigt, in der Erkenntnis, dass sich 90 Prozent der verurteilten Personen während der Probezeit bewähren, und geleitet vom Grundgedanken, dass auf die Vollstreckung der Strafe (vorerst) verzichtet werden soll, wenn dies unter spezialpräventiven Gesichtspunkten als sinnvoll erscheint (Botschaft, S. 2048, 2052). 4.5 4.5.1 Aufgrund einer nachträglichen Gesetzesanpassung wurde Art. 42 Abs. 4 StGB eingeführt, der eine Strafenkombination erlaubt. Dadurch soll im Bereich der Massendelinquenz die Möglichkeit geschaffen werden, eine spürbare Sanktion zu verhängen. Die Bestimmung dient vorab dazu, die Schnittstellenproblematik zwischen der unbedingten Busse (für Übertretungen) und der bedingten Geldstrafe (für Vergehen) zu entschärfen (Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Strafgesetzbuches in der Fassung vom 13. Dezember 2002 vom 29. Juni 2005; BBl 2005 S. 4689, 4695, 4699 ff.). Insoweit, also im Bereich der leichten Kriminalität, übernimmt sie auch Aufgaben der Generalprävention. 4.5.2 Darüber hinaus erhöht die Strafenkombination ganz allgemein die Flexibilität des Gerichts bei der Auswahl der Strafart. Sie kommt in Betracht, wenn man dem Täter den bedingten Vollzug der Freiheitsstrafe gewähren möchte, ihm aber dennoch in gewissen Fällen mit der Auferlegung einer zu bezahlenden Geldstrafe oder Busse einen spürbaren Denkzettel verabreichen möchte. Die Strafenkombination dient hier spezialpräventiven Zwecken. Das Hauptgewicht liegt auf der bedingten Freiheitsstrafe, während der unbedingten Verbindungsgeldstrafe bzw. Busse nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Diese soll nicht etwa zu einer Straferhöhung führen oder eine zusätzliche Strafe ermöglichen. Sie erlaubt lediglich innerhalb der schuldangemessenen Strafe eine täter- und tatangemessene Sanktion, wobei die an sich verwirkte Freiheitsstrafe und die damit verbundene Geldstrafe bzw. Busse in ihrer Summe schuldangemessen sein müssen (BGE 124 IV 134 E. 2c/bb). Die Strafenkombination, wie sie Art. 42 Abs. 4 StGB vorsieht, ist im Verlaufe der Revision als "sursis qualitativement partiel" bezeichnet worden. 5. 5.1 Mit Art. 43 StGB (dt. "teilbedingte Strafen"; frz. "sursis partiel à l'exécution de la peine; ital. "pene con condizionale parziale") wird für die schweizerische Rechtsordnung ein bislang unbekanntes Institut eingeführt: Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren nur teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen (Art. 43 Abs. 1 StGB). Der unbedingt vollziehbare Teil darf die Hälfte der Strafe nicht übersteigen (Art. 43 Abs. 2 StGB); sowohl der aufgeschobene wie auch der zu vollziehende Teil der Freiheitsstrafe muss mindestens sechs Monate betragen (Art. 43 Abs. 3 StGB). 5.2 Die Grundidee der teilbedingten Strafe ist in erster Linie auf den teilweisen Aufschub bzw. Vollzug von Freiheitsstrafen zugeschnitten. Das Gericht kann einen (kleinen) Teil der Strafe als unbedingt vollziehbar erklären, während der Vollzug des anderen (grösseren) Teils zur Bewährung ausgesetzt wird. Der Bundesrat hat dieses Rechtsinstitut "trotz Bedenken" vorgeschlagen im Wesentlichen aus folgenden Überlegungen: (1.) Das Gericht steht mit dem sursis partiel nicht mehr vor dem Entscheid "Alles oder Nichts", sondern erhält einen grösseren Ermessensspielraum und kann die Strafe besser individualisieren. (2.) Der sursis partiel kann dazu beitragen, dass die Richter bei Strafen zwischen 18 und 36 Monaten eher zu einer günstigen Prognose neigen, wenn ein Teil der Strafe unbedingt vollzogen werden kann. Damit wird der Befürchtung begegnet, die Richter würden bei einer Anhebung des bedingten Strafvollzuges auf 36 Monate vermehrt unbedingte Strafen ausfällen (sog. ergebnisorientierte Sanktionsentscheidungen), was eine spürbare Mehrbelastung des Strafvollzuges zur Folge haben könnte. (3.) Der sursis partiel kann dazu führen, dass Freiheitsstrafen zwischen zwölf und achtzehn Monaten, die sonst unbedingt ausgesprochen würden, teilbedingt verhängt werden (Botschaft, S. 2052 f.). Die vom Bundesrat vorgeschlagene Anhebung der Obergrenze beim bedingten Strafvollzug von achtzehn Monaten auf drei Jahre wurde vom Parlament als zu weitgehend empfunden, und es reduzierte die Obergrenze auf zwei Jahre (Art. 42 Abs. 1 StGB). In der parlamentarischen Beratung wurde dabei verschiedentlich Bezug genommen auf die Einführung des sursis partiel (Voten NR Cina, Leuthard und de Dardel, AB 2001 N 561 f.; zum Zusammenhang: Karl-Ludwig Kunz, Zur Neugestaltung der Sanktionen des Schweizerischen Erwachsenenstrafrechtes, ZStrR 117/1999 S. 248; André Kuhn, Le sursis et le sursis partiel selon le nouveau Code pénal, ZStrR 121/2003 S. 273). Die Abgrenzung zwischen dem bedingten und dem teilbedingten Strafvollzug blieb im Gesetzgebungsprozess unklar. Nach der bundesrätlichen Botschaft war darauf abzustellen, ob der Aufschub der Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von weiteren Verbrechen und Vergehen abzuhalten, bzw. ob der Teilvollzug unter dem nämlichen Gesichtspunkt als notwendig erscheint (Art. 43 gemäss Botschaft, S. 2309). Im Auftrag der Rechtskommission des Ständerates erarbeitete die Verwaltung in der Folge einen Vorschlag zum sursis partiel, der sich nicht nur auf Freiheitsstrafen, sondern auf alle Strafarten beziehen sollte. Bei dieser Gelegenheit wurde der Gesetzestext neu gefasst und die sog. Verschuldensklausel eingeführt (Art. 43 Abs. 1 StGB). Die Voraussetzungen des "Verschuldens" wurden nicht mehr schriftlich begründet und auch in der Rechtskommission des Ständerates nicht mehr angesprochen. Der Vorschlag wurde Gesetz - und blieb damit in einem entscheidenden Punkt ohne nähere Begründung (Greiner, a.a.O., S. 114 und Anm. 42; Franz Riklin, Strafen und Massnahmen im Überblick, in: Die Revision des Strafgesetzbuches Allgemeiner Teil, hrsg. von Brigitte Tag/Max Hauri, Zürich 2006, S. 90 f.). Die Abgrenzung zwischen dem bedingten und dem teilbedingten Strafvollzug blieb im Gesetzgebungsprozess unklar. Nach der bundesrätlichen Botschaft war darauf abzustellen, ob der Aufschub der Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von weiteren Verbrechen und Vergehen abzuhalten, bzw. ob der Teilvollzug unter dem nämlichen Gesichtspunkt als notwendig erscheint (Art. 43 gemäss Botschaft, S. 2309). Im Auftrag der Rechtskommission des Ständerates erarbeitete die Verwaltung in der Folge einen Vorschlag zum sursis partiel, der sich nicht nur auf Freiheitsstrafen, sondern auf alle Strafarten beziehen sollte. Bei dieser Gelegenheit wurde der Gesetzestext neu gefasst und die sog. Verschuldensklausel eingeführt (Art. 43 Abs. 1 StGB). Die Voraussetzungen des "Verschuldens" wurden nicht mehr schriftlich begründet und auch in der Rechtskommission des Ständerates nicht mehr angesprochen. Der Vorschlag wurde Gesetz - und blieb damit in einem entscheidenden Punkt ohne nähere Begründung (Greiner, a.a.O., S. 114 und Anm. 42; Franz Riklin, Strafen und Massnahmen im Überblick, in: Die Revision des Strafgesetzbuches Allgemeiner Teil, hrsg. von Brigitte Tag/Max Hauri, Zürich 2006, S. 90 f.). 5.3 5.3.1 Grundvoraussetzung für die teilbedingte Strafe im Sinne von Art. 43 StGB ist, dass eine begründete Aussicht auf Bewährung besteht. Zwar fehlt ein entsprechender Verweis auf Art. 42 StGB, doch ergibt sich dies aus Sinn und Zweck von Art. 43 StGB. Wenn und soweit die Legalprognose des Täters nicht schlecht ausfällt, verlangt die Bestimmung, dass zumindest ein Teil der Strafe auf Bewährung ausgesetzt wird. Umgekehrt gilt, dass bei einer Schlechtprognose auch ein bloss teilweiser Aufschub der Strafe nicht gerechtfertigt ist. Denn wo keinerlei Aussicht besteht, der Täter werde sich in irgendeiner Weise durch den - ganz oder teilweise - gewährten Strafaufschub beeinflussen lassen, muss die Strafe in voller Länge vollzogen werden. Die Auffassung, dass die subjektiven Voraussetzungen von Art. 42 StGB auch für die Anwendung von Art. 43 StGB gelten müssen, entspricht ganz überwiegender Lehrmeinung (statt vieler Stratenwerth, a.a.O., § 5 Rz. 50 S. 144; Greiner, a.a.O., S. 111 ff.; Schwarzenegger/Hug/Jositsch, Strafrecht II, 8. Aufl., Zürich 2007, S. 130 ff.; a.M. Kuhn, a.a.O., ZStrR 121/2003 S. 273 und Anm. 36). 5.3.2 Die objektiven Voraussetzungen der beiden Bestimmungen stimmen hingegen nicht überein, wodurch sich der bedingte Strafvollzug (Art. 42 StGB) vom teilbedingten Vollzug (Art. 43 StGB) abgrenzt. Teilbedingte Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr sind unzulässig. Für Strafen bis zu zwei Jahren ergibt sich ein überschneidender Anwendungsbereich mit Art. 42 StGB, während für Strafen von zwei bis drei Jahren ausschliesslich Art. 43 StGB zur Anwendung gelangt. Rechtsvergleichend ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die Schweiz praktisch als einzige europäische Rechtsordnung (mit Ausnahme von Österreich) für den bedingten und den teilbedingten Strafvollzug verschiedene zeitliche Begrenzungen kennt (Greiner, a.a.O., S. 110 und 119 ff.). 5.3.3 Die Voraussetzung, dass eine teilbedingte Strafe nach Art. 43 StGB notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen, d.h. in angemessener Weise (so der französische Wortlaut: de façon appropriée), ist weitgehend unklar. Unter dem Begriff des Verschuldens ist das Mass der Vorwerfbarkeit des Rechtsbruchs zu verstehen, er umfasst den gesamten Unrechts- und Schuldgehalt der konkreten Straftat (BGE 129 I 6 E. 6.1). Der Begriffsinhalt richtet sich nach der Legaldefinition von Art. 47 Abs. 2 StGB. Gemeint ist die Strafzumessungsschuld. Das Verschulden ist daher zunächst und vor allem ein Bemessungskriterium bei der Strafzumessung. Für die Beurteilung, ob eine teilbedingte Strafe wegen des Verschuldens des Täters und unter Berücksichtigung seiner Bewährungsaussichten als notwendig erscheint, kann es indessen auf die Strafzumessungsschuld nicht mehr in gleicher Weise ankommen. Denn im Zeitpunkt, in dem das Gericht über die Gewährung des Strafaufschubes befindet, muss die Strafhöhe bereits feststehen, und es geht nur noch um die angemessene Vollzugsform. Allerdings verknüpft das Gesetz die Frage nach der schuldangemessenen Strafe und jene nach deren Aufschub insoweit, als es den bedingten Strafvollzug für Strafen ausschliesst, die zwei Jahre übersteigen. Die Notwendigkeit einer teilbedingten Freiheitsstrafe ergibt sich dann als Folge der Schwere des Verschuldens, das sich in einer Strafhöhe zwischen zwei und drei Jahren niederschlägt. Darin liegt ein Anhaltspunkt für die Bedeutung der Verschuldensklausel. 5.4 Zu klären ist, ob für Freiheitsstrafen bis zwei Jahre (im überschneidenden Anwendungsbereich von Art. 42/43 StGB) eine ähnliche Verknüpfung im Hinblick auf anerkannte Strafzwecke zu erfolgen hat. 5.4.1 Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind die Strafzwecke gegeneinander abzuwägen und in eine Rangfolge zu bringen, wobei dem Anliegen der Spezialprävention grundsätzlich ein Vorrang zukommt. Zum einen dient das Strafrecht in erster Linie nicht der "Vergeltung", sondern der Verbrechensverhütung (BGE 129 IV 161 E. 4.2 S. 164, mit Hinweisen). Dies bringt der Gesetzgeber nicht nur mit der Bezeichnung der Resozialisierung als Ziel des Strafvollzuges zum Ausdruck (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 StGB), sondern insbesondere auch mit der Ausweitung des bedingten Strafvollzugs als ausgesprochen spezialpräventive Einrichtung (Hans Schultz, Einführung in den Allgemeinen Teil des Strafrechts, Zweiter Band, 4. Aufl., Bern 1982, S. 96). Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass im Konfliktsfall ein "Vorrang" der Generalprävention spezialpräventive Ziele zu vereiteln droht, die Bevorzugung der Spezialprävention hingegen die generalpräventiven Wirkungen einer Sanktion nicht zum Vornherein ausschliesst, sondern höchstens in einer schwer messbaren Weise abschwächt. Die Strafzwecke bilden ein komplexes Verhältnis wechselseitiger Ergänzung, wobei je nach Sachzusammenhang das eine oder das andere Kriterium stärker hervortritt (BGE 124 IV 246 E. 2b S. 248; 120 IV 1 E. 2b S. 4, je mit Hinweisen). 5.4.2 Der Sinn des Instituts der teilbedingten Freiheitsstrafen ist vor dem Hintergrund der kriminalpolitischen Auseinandersetzung um die kurze Freiheitsstrafe zu verstehen. Vereinfachend lässt sich diese auf zwei Argumentationsmodelle zurückführen. Nach dem einen dient der Teilvollzug zur Abschreckung Dritter oder zur exemplarischen Bestrafung bei weit verbreiteten Delikten der kleineren und mittleren Kriminalität (z.B. SVG-Delikte), orientiert sich also vornehmlich an generalpräventiven und Vergeltungszwecken. Der Gefahr, dass der bedingte Strafvollzug seine Warnwirkung verliere, sei mit einer spürbaren Reaktion in Form eines kurzen Freiheitsentzuges zu begegnen (sog. short sharp shock). Das zweite Modell betont den Strafzweck der Spezialprävention und zielt auf eine Milderung strafrechtlicher Eingriffsintensität hin. Der Teilvollzug soll nur zur Anwendung gelangen, wenn eine unbedingte Freiheitsstrafe ohnehin unumgänglich ist, und dadurch einen Beitrag zur Zurückdrängung des Freiheitsentzuges und zur Entlastung der Gefängniskapazitäten leistet (zum Ganzen Markus Hans Knüsel, Die teilbedingte Freiheitsstrafe, Diss. Bern 1995, S. 92, 124, 175 ff. und passim). 5.4.3 Erklärtes Ziel der Revision war, mit teilbedingten Strafen im Sinne von Art. 43 StGB die Sanktion in erhöhtem Masse zu individualisieren und den Strafvollzug zu entlasten, namentlich dort, wo früher eine unbedingte Strafe verhängt werden musste. Das gilt ohne Einschränkung für zwei Jahre übersteigende Freiheitsstrafen, wobei die Möglichkeit zur Individualisierung durch die Obergrenze des bedingten Strafvollzugs (Art. 42 Abs. 1 StGB) bzw. die Verschuldensklausel (Art. 43 Abs. 1 StGB) begrenzt wird. Wohl trifft zu, dass solche Freiheitsstrafen, selbst wenn deren Aufschub unter spezialpräventiven Gesichtspunkten vorzuziehen wäre, immerhin zum Schuldausgleich teilweise vollstreckt werden müssen. Etwas anderes muss jedoch für Freiheitsstrafen gelten, die zwei Jahre nicht überschreiten (in diesem Sinn Schwarzenegger/Hug/Jositsch, a.a.O., S. 126 ff., 131, 139 ff.; Markus Hug, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, 17. Aufl., Zürich 2006, zu Art. 43 StGB; a.M. offenbar Stratenwerth, a.a.O., § 5 Rz. 50 S. 144; vgl. aber ders., Die Wahl der Sanktionen, insbesondere nach revidiertem AT StGB, in: Strafjustiz und Rechtsstaat, hrsg. von Marcel Alexander Niggli/Nicolas Queloz, Zürich 2003, S. 12). Das Gesetz statuiert hier nämlich die Regel von Art. 42 StGB, die vorgeht. Daran knüpft sich die Erwartung, der Verurteilte werde sich unter dem Eindruck des drohenden Strafvollzuges (und allfälliger Weisungen und Bewährungshilfen) in Freiheit selbst bessern, ohne dass ein unmittelbarer Zugriff zum Ausgleich des bewirkten Unrechts angeordnet werden dürfte. Der Strafzweck des Schuldausgleichs (das Vergeltungsprinzip) besagt denn auch nur, dass die Strafe der Grösse der Schuld entsprechen soll, was eine drastische Bestrafung des Täters bei geringem Verschulden verbietet (Claus Roxin, Strafrecht, Allgemeiner Teil, Band I, 4. Aufl., München 2006, § 3 Rz. 2 ff., insbes. 7 S. 72). Über diese begrenzende Funktion hinaus kommt ihm keine weitere Bedeutung zu, nicht bei der Strafzumessung und erst recht nicht beim Vollzug, weil dieser dem vorrangigen Anliegen der Spezialprävention dient. So hat das Bundesgericht in Vollzugsfragen wiederholt auf den Grundsatz "nil nocere" hingewiesen, der gebietet, den Verurteilten bei einer sich abzeichnenden Resozialisierung möglichst wenig zu gefährden (BGE 121 IV 97 E. 2c, mit Hinweis). Ebenso wenig kann massgebend sein, ob die teilweise Vollstreckung der Strafe unter generalpräventiven Gesichtspunkten als geboten erscheint, um andere von der Begehung von Verbrechen oder Vergehen abzuhalten. Eine solche Vorbehaltsklausel, wie sie das Strafgesetzbuch Österreichs zum Zwecke der Generalprävention kennt (§ 43 Abs. 1 österr. StGB), sieht Art. 43 StGB nicht vor. Auf eine entsprechende Anpassung des Gesetzestextes wurde ausdrücklich verzichtet (Botschaft 2005, S. 4708). Hinzuzufügen ist, dass der Gesetzgeber dem Konzept des short sharp shock eine Absage erteilt hat mit der Vorschrift, dass mindestens sechs Monate der Freiheitsstrafe (Art. 43 Abs. 3 StGB) zu vollziehen sind (Riklin, a.a.O., S. 87; ders., Die Sanktionierung von Verkehrsdelikten nach der Strafrechtsreform, ZStrR 122/2004 S. 171), was nicht zulässt, zur Befriedigung generalpräventiver Bedürfnisse am individuellen Täter ein Exempel zu statuieren. Aus diesen Gründen darf die Gewährung des bedingten Strafvollzuges im Sinne von Art. 42 StGB nicht zugunsten anderer Strafzwecke als jenen der Spezialprävention verweigert werden. 1 5.5 Nach den dargelegten Grundsätzen ist der Anwendungsbereich der teilbedingten Freiheitsstrafen im Sinne von Art. 43 StGB zu konkretisieren. 5.5.1 Für Freiheitsstrafen, die über der Grenze für bedingte Strafen liegen (zwischen zwei und drei Jahren), sieht Art. 43 StGB einen eigenständigen Anwendungsbereich vor. An die Stelle des vollbedingten Strafvollzuges, der hier ausgeschlossen ist (Art. 42 Abs. 1 StGB), tritt der teilbedingte Vollzug, wenn die subjektiven Voraussetzungen dafür gegeben sind. Der Zweck der Spezialprävention findet seine Schranke am gesetzlichen Erfordernis, dass angesichts der Schwere des Verschuldens wenigstens ein Teil der Strafe zu vollziehen ist. Hierin liegt die "hauptsächliche Bedeutung" bzw. der "Hauptanwendungsbereich" von Art. 43 StGB (Schwarzenegger/Hug/Jositsch, a.a.O., S. 140; Thomas Manhart, Bedingte und teilbedingte Strafen sowie kurze unbedingte Freiheitsstrafen, in: Die Revision des Strafgesetzbuches Allgemeiner Teil, hrsg. von Brigitte Tag/Max Hauri, Zürich 2006, S. 131). 5.5.2 Für Freiheitsstrafen im überschneidenden Anwendungsbereich von Art. 42/43 StGB (zwischen einem und zwei Jahren) gilt Folgendes: Der Strafaufschub nach Art. 42 StGB ist die Regel, die grundsätzlich vorgeht. Der teilbedingte Vollzug bildet dazu die Ausnahme. Sie ist nur zu bejahen, wenn der Aufschub wenigstens eines Teils der Strafe aus spezialpräventiver Sicht erfordert, dass der andere Strafteil unbedingt ausgesprochen wird (Robert Jerabek, in: Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, hrsg. von Frank Höpfel/Eckart Ratz, 2. Aufl., Wien 2003, N. 11 zu § 43a Abs. 3). Damit verhält es sich ähnlich wie bei der Beurteilung der Bewährungsaussichten im Fall eines Widerrufs einer bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe (BGE 116 IV 97). Ergeben sich - inbesondere aufgrund früherer Verurteilungen - ganz erhebliche Bedenken an der Legalbewährung des Täters, die bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände eine eigentliche Schlechtprognose noch nicht zu begründen vermögen, so kann das Gericht an Stelle des Strafaufschubs den teilbedingten Vollzug gewähren. Auf diesem Wege kann es im Bereich höchst ungewisser Prognosen dem Dilemma "Alles oder Nichts" entgehen. Art. 43 StGB hat die Bedeutung, dass die Warnwirkung des Teilaufschubes angesichts des gleichzeitig angeordneten Teilvollzuges für die Zukunft eine weitaus bessere Prognose erlaubt. Erforderlich ist aber stets, dass der teilweise Vollzug der Freiheitsstrafe für die Erhöhung der Bewährungsaussichten unumgänglich erscheint. Das trifft nicht zu, solange die Gewährung des bedingten Strafvollzugs, kombiniert mit einer Verbindungsgeldstrafe bzw. Busse (Art. 42 Abs. 4 StGB), spezialpräventiv ausreichend ist. Diese Möglichkeit hat das Gericht vorgängig zu prüfen. 5.6 Schliesslich hat das Gericht, wenn es auf eine teilbedingte Strafe erkennt, im Zeitpunkt des Urteils den aufgeschobenen und den zu vollziehenden Strafteil festzusetzen und die beiden Teile in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Nach Art. 43 muss der unbedingt vollziehbare Teil mindestens sechs Monate betragen (Abs. 3), darf aber die Hälfte der Strafe nicht übersteigen (Abs. 2). Im äussersten Fall (Freiheitsstrafe von drei Jahren) kann das Gericht demnach Strafteile im Ausmass von sechs Monaten Freiheitsstrafe unbedingt mit zweieinhalb Jahren bedingt verbinden. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens liegt die Festsetzung im pflichtgemässen Ermessen des Gerichts. Als Bemessungsregel ist das "Verschulden" zu beachten, dem in genügender Weise Rechnung zu tragen ist (Art. 43 Abs. 1 StGB). Das Verhältnis der Strafteile ist so festzusetzen, dass darin die Wahrscheinlichkeit der Legalbewährung des Täters einerseits und dessen Einzeltatschuld anderseits hinreichend zum Ausdruck kommen. Je günstiger die Prognose und je kleiner die Vorwerfbarkeit der Tat, desto grösser muss der auf Bewährung ausgesetzte Strafteil sein. Der unbedingte Strafteil darf dabei das unter Verschuldensgesichtspunkten (Art. 47 StGB) gebotene Mass nicht unterschreiten. 6. Im zu beurteilenden Fall stellt sich die Rechtslage wie folgt dar: 6.1 Wie dargelegt bildet der teilbedingte Vollzug bei Freiheitsstrafen im überschneidenden Anwendungsbereich von Art. 42/43 StGB die Ausnahme, welche nur Anwendung findet, wenn der Aufschub wenigstens eines Teils der Strafe aus spezialpräventiver Sicht erfordert, dass der andere Strafteil unbedingt ausgesproche 6.2 n wird. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass der Beschwerdegegner nicht vorbestraft ist, bestehen vorliegend keine ganz erheblichen Bedenken an dessen Legalbewährung, so dass der teilweise Vollzug der Freiheitsstrafe für die Erhöhung der Bewährungsaussichten nicht unumgänglich erscheint. Vielmehr ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin im zu beurteilenden Fall die Gewährung des bedingten Strafvollzugs - allenfalls in Kombination mit einer Verbindungsgeldstrafe bzw. Busse (Art. 42 Abs. 4 StGB) - spezialpräventiv ausreichend. 6.3 Allerdings hat, wie ausgeführt, bei der Strafenkombination nach Art. 42 Abs. 4 StGB das Hauptgewicht auf der bedingten Freiheitsstrafe zu liegen, während der unbedingten Verbindungsgeldstrafe bzw. Busse nur untergeordnete Bedeutung zukommt. 2 Mit der Verhängung einer unbedingten Geldstrafe in der Höhe von 180 Tagessätzen bzw. eines Viertels der schuldangemessenen Gesamtstrafe hat die Vorinstanz jedoch der Verbindungsstrafe einen zu gewichtigen Stellenwert eingeräumt und damit Art. 42 Abs. 4 StGB unrichtig angewendet. 6.4 Im Ergebnis ist die Beschwerde deshalb gutzuheissen und das angefochtene Urteil aufzuheben. Bei ihrer Neubeurteilung wird die Vorinstanz auf der Grundlage der vom Bundesgericht entwickelten Kriterien zu prüfen haben, ob es dem Verschulden entspricht, den Beschwerdegegner zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 24 Monaten zu verurteilen, oder ob es angemessener erscheint, in Anwendung von Art. 42 Abs. 4 StGB eine Freiheitsstrafe von weniger als 24 Monaten, verbunden mit einer (untergeordneten) unbedingten Geldstrafe oder Busse auszusprechen. Dabei muss es sich insgesamt um die dem Verschulden entsprechende Sanktion handeln. 6.5 Dem Beschwerdegegner, der eventualiter die Gutheissung der Beschwerde beantragt hat, sind keine Kosten aufzuerlegen. Die Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in Strafsachen wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 13. Februar 2007 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 12 November 2007 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts 6.6 Der Präsident:Der Gerichtsschreiber: 4.
a2b2b306-83c7-4803-a91c-078b78304b4f
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Fatti: A. Nell'ambito di una domanda di assistenza giudiziaria internazionale in materia penale, presentata dalla Procura pubblica di Praga 5 nel quadro di un procedimento penale aperto contro ignoti, il 29 marzo 2010 il Ministero pubblico ticinese (MP) ha inoltrato alla Camera dei ricorsi penali del Tribunale d'appello del Cantone Ticino (CRP) una richiesta di dissuggellamento relativa a documenti sequestrati presso uno studio legale, coperti, secondo l'avvocato interessato dalla misura, dal segreto professionale. Con scritto del 31 marzo 2010 la CRP ha rilevato che a seguito dell'abolizione dell'art. 4 della legge cantonale del 16 maggio 1988 di applicazione della legge federale sull'assistenza internazionale in materia penale, essa non ha più competenze residue in questa materia. Il 1° aprile 2010 il MP ha quindi inoltrato la richiesta di dissuggellamento al Tribunale penale federale (TPF), che l'8 aprile 2010, richiamata la propria prassi, ha trasmesso per competenza l'incarto alla CRP. Con scritto del 12 aprile 2010 la CRP ha ribadito la propria incompetenza. B. Il 29 aprile 2010 il TPF presenta al Tribunale federale un'azione ai sensi dell'art. 120 cpv. 1 lett. a LTF: chiede di accertare la competenza della CRP a statuire sulla richiesta di dissuggellamento. La CRP ribadisce l'assenza di base legale per un suo intervento, il MP rinuncia a presentare osservazioni e si rimette al giudizio del Tribunale federale. L'Ufficio federale di giustizia (UFG), adducendo una lacuna nella legislazione ticinese, rileva che la procedura di levata di sigilli costituisce un atto procedurale di esecuzione materiale della domanda di assistenza e sostiene che il Cantone Ticino dovrà determinare per il futuro l'autorità competente in tale ambito, chiedendo tuttavia, ritenuta impropria la competenza della CRP e richiamato l'obbligo di celerità, di designare il Giudice dell'istruzione e dell'arresto (GIAR) quale autorità competente per statuire sulla richiesta di dissuggellamento litigiosa.
Diritto: 1.1 Il Tribunale federale esamina d'ufficio e con pieno potere cognitivo la sua competenza (art. 29 cpv. 1 LTF; DTF 135 III 483 consid. 1; 130 I 156 consid. 1). 1.2 Secondo l'art. 120 cpv. 1 lett. a LTF, il Tribunale federale giudica su azione come giurisdizione unica i conflitti di competenza tra autorità federali, da una parte, e autorità cantonali, dall'altra (art. 189 cpv. 2 Cost.). Ai sensi dell'art. 120 cpv. 2 LTF, l'azione è tuttavia inammissibile se un'altra legge federale abilita un'altra autorità a pronunciare su tali controversie; la decisione di questa autorità è impugnabile in ultima istanza con ricorso al Tribunale federale. 1.3 La competenza del Tribunale federale, quale giurisdizione unica, è strettamente circoscritta: si tratta essenzialmente dei casi che potevano essere oggetto dell'azione di diritto pubblico secondo l'art. 83 lett. a e b OG (messaggio del 28 febbraio 2001 concernente la revisione totale dell'organizzazione giudiziaria federale, FF 2001 3906 seg., n. 4.1.5). Parti alla procedura sono la Confederazione e i Cantoni, rappresentati di regola dal Consiglio federale, rispettivamente dal Governo cantonale (per il Cantone Ticino art. 70 lett. h Cost./TI; WURZBURGER, in Commentaire de la LTF, 2009, n. 6 e 8 ad art. 120). 1.4 Il conflitto di competenza può essere positivo o negativo e può riguardare la competenza di applicare il diritto per il tramite di una decisione. Nel caso in esame il conflitto riveste natura concreta e attuale (cfr. DTF 125 II 152 consid. 1; sulla cognizione del Tribunale federale cfr. DTF 130 I 156 consid. 1.3; 129 I 419 consid. 1). 1.5 Nella fattispecie, la risposta alla questione di sapere se è data l'azione ai sensi dell'art. 120 LTF non è manifesta. Da una parte la legittimazione del TPF quale parte non è evidente (cfr. WURZBURGER, op. cit., n. 8, 10 e 11 ad art. 120; WALDMANN, in Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, [BGG], 2008, n. 22 ad art. 120), dall'altra, come si vedrà, si è in presenza dell'eccezione prevista dall'art. 120 cpv. 2 LTF. 2. 2.1 Nell'azione, il TPF, ricordato che la II Corte dei reclami penali è divenuta autorità di ricorso in materia di assistenza giudiziaria internazionale (art. 28 cpv. 1 lett. e della legge del 4 ottobre 2002 sul Tribunale penale federale; RS 173.71), precisa che non spetta a detta Corte emanare decisioni di prima istanza, nemmeno relativamente all'esecuzione di rogatorie. Poiché la procedura di dissuggellamento sfocia in una siffatta decisione, essa non può essere considerata una procedura di ricorso, per cui essa deve rimanere retta dal diritto cantonale. Ricorda poi che un'eventuale violazione del segreto professionale potrebbe semmai essere addotta dinanzi alla II Corte dei reclami penali con un ricorso contro la decisione di chiusura. Mantenendo la competenza cantonale si eviterebbe anche ch'essa debba esprimersi su una sua pregressa decisione. Precisato che il modo di procedere proposto è quello applicato dalle autorità di tutti gli altri Cantoni e dalla sua prassi, il TPF, richiamata la nuova soluzione adottata dal Codice di diritto processuale penale svizzero del 5 ottobre 2007 (CPP), ritiene ingiustificato un improvviso cambiamento di giurisprudenza prima della relativa entrata in vigore. 2.2 Nelle sue osservazioni, l'UFG rileva che, nell'ambito dell'adozione della LTF, le funzioni giurisdizionali attribuite precedentemente alle autorità cantonali sono state interamente devolute al TPF, mentre il legislatore ha lasciato l'esecuzione del diritto materiale ai Cantoni (ZIMMERMANN, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 3a ed. 2009, n. 188 pag. 180). Esso ricorda poi che quest'ultimi determinano la competenza, l'organizzazione e la gestione delle autorità esecutive (art. 16 cpv. 2 AIMP; RS 351.1), le autorità cantonali applicando le prescrizioni vigenti per esse (art. 12 cpv. 1 AIMP). All'Ufficio federale compete in tale ambito la sorveglianza (art. 3 OAIMP; RS 351.11). L'UFG vede l'esistenza di una lacuna nella legislazione ticinese, intervenuta in seguito all'abrogazione della già citata norma cantonale e al trasferimento delle competenze decisionali in materia di ricorso al TPF. Esso condivide la tesi del TPF, secondo cui la procedura di levata dei sigilli costituisce un atto di esecuzione materiale della domanda di assistenza ai sensi dell'art. 12 cpv. 1 secondo periodo AIMP e non un atto ricorsuale. Conformemente all'art. 16 cpv. 2 AIMP, spetta quindi al Cantone Ticino determinare l'autorità esecutiva competente per decidere il dissuggellamento. Tale compito potrebbe essere delegato sia alla CRP, che lo svolgeva prima dell'abolizione della norma cantonale, o al GIAR, competente per effettuare il dissuggellamento nel quadro delle procedure penali ticinesi (art. 164 CPP/TI), soluzione più consona, secondo l'UFG, al tenore dell'art. 12 AIMP. Richiamato tuttavia l'obbligo di celerità (art. 17a AIMP), esso propone per il caso di specie di designare direttamente il GIAR quale autorità competente per statuire sulla domanda di dissuggellamento litigiosa. Sempre secondo l'UFG, la questione della competenza cantonale rimane attuale anche dopo l'entrata in vigore del CPP poiché la nuova procedura implica una modifica dell'art. 9 secondo periodo AIMP, che attualmente rinvia per il suggellamento di carte all'art. 69 PP (RS 312.0): in futuro la domanda di dissuggellamento sarà decisa dal giudice dei provvedimenti coercitivi nell'ambito della procedura preliminare o, negli altri casi, dal giudice presso il quale il caso è pendente (art. 248 cpv. 3 CPP; cfr. l'art. 71 cpv. 1 della legge del 20 aprile 2010 sull'adeguamento della legislazione cantonale all'introduzione del CPP). 2.3 La CRP non contesta la tesi del TPF, limitandosi a rilevare l'assenza di una base legale fondante la sua competenza. 2.4 Come si è visto, l'azione ai sensi dell'art. 120 LTF dev'essere ammessa in maniera restrittiva (cfr. sentenza 1P.736/1999 del 13 dicembre 1999 consid. 2a). Inoltre, di massima, le questioni inerenti alla competenza devono essere risolte, per lo meno nell'ambito delle procedure di prima istanza, sulla base di un ricorso secondo l'art. 120 cpv. 2 LTF e non di un'azione ai sensi dell'art. 120 cpv. 1 LTF (DTF 136 IV 44 consid. 1.3; per i conflitti di competenza in materia di perseguimento penale tra Confederazione e Cantoni, sottratti alla cognizione del Tribunale federale, vedi sentenza 1B_66/2010 del 30 marzo 2010 consid. 3). Nel caso di specie, accertata la sua incompetenza, il TPF, invece di far capo all'azione, avrebbe dovuto emanare una decisione di inammissibilità, giudizio che il MP o l'UFG potevano impugnare dinanzi al Tribunale federale. Certo, la risposta alla questione di sapere se queste autorità potrebbero impugnare una siffatta decisione dinanzi al Tribunale federale sulla base dell'art. 84 LTF e se il conflitto di competenza costituisca un caso particolarmente importante, condizione che dev'essere ammessa in maniera restrittiva (DTF 134 IV 156 consid. 1.3.1 e 1.3.4), non è del tutto chiara. I motivi elencati all'art. 84 cpv. 2 LTF, che consentono di esaminare nel merito un ricorso in materia di assistenza giudiziaria internazionale in materia penale, non sono tuttavia esaustivi, come si deduce dall'utilizzazione nel testo legale dell'avverbio segnatamente. Il Tribunale federale, in effetti, può anche intervenire qualora si tratti di decidere una questione giuridica di principio (DTF 136 IV 20 consid. 1.2; 133 IV 215 consid. 1.2), sulla quale non si è ancora pronunciato in maniera approfondita. 3. Ne segue che l'azione è inammissibile. Il conflitto di competenza in questione dev'essere deciso per il tramite di un giudizio impugnabile in ultima istanza con un ricorso al Tribunale federale (art. 120 cpv. 2 LTF; cfr. DTF 136 IV 44 consid. 2). Per evidenti motivi di economia processuale e con riferimento al principio di celerità, la CRP, quale autorità a suo tempo competente secondo il diritto cantonale, potrebbe nondimeno riassumere l'incarto. Non si prelevano spese giudiziarie e non si attribuiscono ripetibili della sede federale (art. 66 cpv. 4 e art. 68 cpv. 3 LTF).
Per questi motivi, il Tribunale federale pronuncia: 1. L'azione è inammissibile. 2. Non si prelevano spese giudiziarie. 3. Comunicazione al Tribunale penale federale, alla Camera dei ricorsi penali del Tribunale d'appello del Cantone Ticino, al Dipartimento federale di giustizia e polizia e, per conoscenza, al Ministero pubblico del Cantone Ticino.
a2e893a6-e7c5-4093-9092-1fba3dbde694
fr
2,010
CH_BGer_004
Federation
null
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null
civil_law
nan
critical
critical-1
Faits: A. Un restaurant est exploité depuis 1912 au rez-de-chaussée d'un bâtiment sis entre la rue du Rhône et le quai Général-Guisan à Genève. L'édifice se trouve dans le plan de site de la rade de cette cité avec le statut de « bâtiment maintenu ». Depuis 1982, les locaux d'exploitation sont pris à bail par une société ayant actuellement pour raison sociale Le Relais de l'Entrecôte SA. Le contrat le plus récent a été conclu le 28 novembre 1991 pour dix ans, soit du 1er mai 1992 au 30 avril 2002, et, sauf résiliation valable, il se renouvelle tacitement de cinq ans en cinq ans. Le loyer annuel le plus récemment fixé s'élève à 118'764 fr., charges en sus. Le 4 mai 2006, usant d'une formule officielle, la bailleresse actuellement nommée Genevoise Compagnie Immobilière SA a résilié ce contrat avec effet au 30 avril 2007. La locataire a immédiatement demandé la motivation de ce congé. La bailleresse a répondu le 3 juillet 2006 seulement, en indiquant qu'elle souhaitait ne plus affecter les locaux à un restaurant. B. En temps utile, la locataire a ouvert action contre la bailleresse devant la commission de conciliation compétente puis devant le Tribunal des baux et loyers du canton de Genève. Elle requérait l'annulation du congé qu'elle tenait pour abusif, ou, subsidiairement, la prolongation du bail. Le tribunal s'est prononcé le 28 janvier 2009; il a constaté la validité du congé et il a prolongé le bail pour une durée de six ans qui expirerait le 30 avril 2013. La locataire et demanderesse ayant appelé de ce jugement, la défenderesse a usé de l'appel incident et la Chambre d'appel en matière de baux et loyers a statué le 5 octobre 2009. Donnant gain de cause à la demanderesse, elle a réformé la décision en ce sens que le congé signifié en mai 2006 est annulé. C. Agissant par la voie du recours en matière civile, la défenderesse requiert le Tribunal fédéral de réformer l'arrêt de la Chambre d'appel en ce sens que le congé est valable et que la demanderesse n'a droit à aucune prolongation du bail. Subsidiairement, le tribunal est requis de n'accorder à la demanderesse qu'une prolongation unique de deux ans. La demanderesse conclut principalement à l'irrecevabilité du recours et subsidiairement à son rejet. Le Tribunal fédéral délibère en public le 23 mars 2010.
Considérant en droit: 1. Les art. 273 al. 1 et 274f al. 2 CO confèrent un droit d'action ayant pour objet de faire constater, avec l'autorité de la chose jugée, la validité ou, au contraire, la nullité ou l'inefficacité d'une résiliation de bail (cf. Martin Usteri et al., Schweizerisches Mietrecht: Kommentar, 2e éd., Zurich 1998, ch. 20 ad art. 274g CO). L'arrêt de la Chambre d'appel est un jugement final concernant cette action (art. 90 LTF), rendu en dernière instance cantonale (art. 75 al. 1 LTF). Dans une contestation portant sur la validité d'une résiliation de bail, la valeur litigieuse est égale au loyer de la période minimum pendant laquelle le contrat subsiste si la résiliation n'est pas valable, période qui s'étend jusqu'à la date pour laquelle un nouveau congé peut être donné; il faut prendre ici en considération, s'il y a lieu, la période de protection de trois ans dès la fin de la procédure judiciaire qui est prévue par l'art. 271a al. 1 let. e CO (ATF 111 II 384 consid. 1 p. 386; voir aussi ATF 119 II 147 consid. 1 p. 149). En l'espèce, le minimum de 15'000 fr. (art. 74 al. 1 let. a LTF) est donc atteint. Le recours est formé par une partie qui a pris part à l'instance précédente et succombé dans ses conclusions (art. 76 al. 1 LTF); il a été introduit en temps utile (art. 100 al. 1 LTF) et dans les formes requises (art. 42 al. 1 à 3 LTF). Le recours peut être exercé pour violation du droit fédéral (art. 95 let. a LTF). Le Tribunal fédéral applique ce droit d'office, hormis les droits fondamentaux (art. 106 LTF). Il n'est pas lié par l'argumentation des parties et il apprécie librement la portée juridique des faits; il s'en tient cependant, d'ordinaire, aux questions juridiques que la partie recourante soulève conformément aux exigences légales relatives à la motivation du recours (art. 42 al. 2 LTF; ATF 133 II 249 consid. 1.4.1 p. 254). Il conduit son raisonnement juridique sur la base des faits constatés dans la décision attaquée (art. 105 al. 1 LTF). Contrairement à l'opinion de la demanderesse, l'argumentation présentée par son adverse partie ne s'écarte pas sensiblement des constatations déterminantes et elle est donc pleinement recevable. 2. Aux termes de l'art. 271 al. 1 CO, la résiliation d'un bail d'habitation ou de locaux commerciaux est annulable lorsqu'elle contrevient aux règles de la bonne foi. Cette disposition protège le locataire, notamment, contre le congé purement chicanier qui ne répond à aucun intérêt objectif, sérieux et digne de protection, et dont le motif n'est qu'un prétexte. Le locataire est aussi protégé en cas de disproportion grossière des intérêts en présence; il l'est également lorsque le bailleur use de son droit de manière inutilement rigoureuse ou adopte une attitude contradictoire. La protection ainsi conférée procède à la fois du principe de la bonne foi et de l'interdiction de l'abus de droit, respectivement consacrés par les al. 1 et 2 de l'art. 2 CC; il n'est toutefois pas nécessaire que l'attitude de la partie donnant congé à l'autre constitue un abus de droit « manifeste » aux termes de cette dernière disposition (ATF 120 II 105 consid. 3 p. 108; 31 consid. 4a p. 32; voir aussi ATF 135 III 112 consid. 4.1 p. 119). En règle générale, le congé donné pour un motif d'ordre économique est conciliable avec les règles de la bonne foi, et le locataire n'est pas autorisé à réclamer l'annulation du congé que le bailleur lui signifie parce qu'il espère obtenir, d'un nouveau locataire, un loyer plus élevé mais néanmoins compatible avec l'art. 269 CO qui réprime les loyers abusifs (ATF 120 II 105 consid. 3b/bb p. 110). Elucider le motif d'un congé relève de la constatation des faits (ATF 115 II 484 consid. 2b p. 486; arrêt 4C.61/2005 du 27 mai 2005, consid. 4.1, SJ 2006 I 34 p. 35), de sorte que, en principe, ce point échappe au contrôle du Tribunal fédéral. Sur la base d'un arrêt de la Cour de céans et de la doctrine qui y est citée, la Chambre d'appel retient que le bailleur adopte une attitude contradictoire, incompatible avec les règles de la bonne foi, lorsqu'il résilie le bail en raison de faits qui lui étaient connus lors de la conclusion de ce contrat, ou qu'il a tolérés durant une longue période (arrêt 4A_583/2008 du 23 mars 2009, consid. 5.1). La Chambre constate qu'en l'espèce, l'affectation des locaux à un restaurant, avec les nuisances et inconvénients qui peuvent éventuellement en résulter pour le voisinage, était bien connue de la défenderesse lorsque celle-ci a conclu les baux de 1982 et de 1991. En conséquence, selon sa décision, la demanderesse est fondée à réclamer l'annulation du congé que l'autre partie lui a donné en vue de faire cesser cette affectation. 3. Il est en principe loisible au bailleur d'insérer, dans le bail de locaux commerciaux et avec l'acceptation du locataire, des clauses destinées à déterminer les activités qui seront admises dans ces locaux; les clauses de ce genre peuvent avoir pour but, notamment, de définir l'ambiance ou le caractère de l'immeuble, ou de prévenir des conflits de voisinage (ATF 132 III 109 consid. 5 p. 114). En l'espèce, les locaux ont été conventionnellement destinés à l'exploitation d'un restaurant. A supposer que le bailleur promette d'abord de maintenir l'affectation convenue sans limite de durée, il pourrait se délier en faisant valoir que le droit civil fédéral ne reconnaît pas les contrats conclus « pour l'éternité » (ATF 93 II 290 consid. 7 p. 300; 127 II 69 consid. 5b p. 77 in medio; 131 I 321 consid. 5.5 p. 329). L'art. 271 al. 1 CO ne saurait donc, non plus, avoir pour effet d'interdire indéfiniment au bailleur, après l'expiration de la durée convenue pour le contrat et aussi longtemps que le locataire ne consent pas à accepter un congé, de modifier l'affectation qu'il avait auparavant choisie ou agréée pour les locaux, cela au seul motif que l'affectation initiale a été acceptée par lui lors de la conclusion du contrat. Il est vrai que le bailleur montre une attitude objectivement contradictoire s'il déclare ne plus vouloir ce que, pourtant, il voulait ou acceptait au moment de la conclusion du contrat, mais ce changement d'intention ne contrevient pas ipso facto aux règles de la bonne foi. En l'occurrence, il faut prendre en considération que les activités exercées dans le centre de Genève ont profondément évolué depuis 1912, et que le secteur où se trouve l'immeuble concerné, particulièrement apprécié, a acquis un indiscutable prestige. Il se peut que les nuisances d'un restaurant, quoique normales et prévisibles, y soient moins aisément tolérées aujourd'hui qu'autrefois. La défenderesse a allégué des inconvénients dont d'autres locataires se sont parfois plaints, tels que des odeurs de cuisine. Il se peut aussi qu'une modification de l'affectation du rez-de-chaussée, selon la tendance observée dans le secteur, accroisse encore le potentiel des autres locaux existant dans le bâtiment. Dans ces conditions, il n'apparaît pas que l'intention de réaliser cette modification, manifestée par la défenderesse près de quinze ans après la conclusion du bail à loyer le plus récent, soit incompatible avec les règles de la bonne foi. La présente affaire se distingue nettement de celle à laquelle la Chambre d'appel fait référence, où le bailleur, après avoir remis en location un rez-de-chaussée pour l'exploitation d'un restaurant, avait installé son fils au premier étage et prétendait résilier le contrat en raison des nuisances dont ce dernier faisait état. En réalité, il faut admettre que l'art. 271 al. 1 CO laisse subsister, en principe, le droit du bailleur de résilier le contrat dans le but d'adapter la manière d'exploiter son bien, selon ce qu'il juge le plus conforme à ses intérêts (RICHARD BARBEY, Protection contre les congés concernant les baux d'habitation et de locaux commerciaux, 1991, p. 120 n° 36). On a d'ailleurs vu que le bailleur peut légitimement vouloir se procurer un rendement plus élevé. Cette disposition légale ne permet pas non plus d'opposer au bailleur les aspects éventuellement regrettables que peut présenter, du point de vue de l'intérêt général, l'évolution des activités et des commerces pratiqués dans le centre de la ville. 4. La Chambre d'appel n'a pas examiné si les règles de droit public du plan de site de la rade s'opposent de toute manière, selon la thèse de la demanderesse, au changement d'affection voulu par la défenderesse. A supposer que le changement soit de toute évidence exclu par ces règles, le congé devrait probablement être jugé pour ce motif inconciliable avec les règles de la bonne foi (cf. arrêt 4P.274/2004 du 24 mars 2005, consid. 3.3). Toutefois, selon le témoignage d'une collaboratrice de l'office cantonal du patrimoine et des sites, recueilli par le Tribunal des baux et loyers, le plan de site de la rade n'exclut pas ce changement d'affectation. 5. Il n'apparaît pas qu'une violation des règles de la bonne foi soit par ailleurs imputable à la défenderesse. En particulier, bien que la résiliation du contrat soit de nature à entraîner des conséquences pénibles pour la demanderesse, parce que celle-ci ne trouvera peut-être pas de locaux de remplacement adéquats dans le centre de Genève, on ne constate pas de disproportion grossière dans les intérêts en présence. Il faut observer à ce sujet que le bailleur est très fréquemment aussi le propriétaire de la chose louée, et qu'il a à ce titre un lien a priori perpétuel avec ce bien, tandis que le locataire, lui, ne peut se trouver que dans un rapport temporaire. C'est pourquoi l'intérêt du bailleur à exploiter la chose de la manière la plus favorable pour lui est en principe prépondérant. Au regard de l'art. 271 al. 1 CO, seules des circonstances particulières, qui n'apparaissent pas dans la présente affaire, peuvent justifier que cet intérêt doive céder le pas à celui du locataire. La défenderesse a indiqué n'avoir aucun projet précis pour l'affectation future des locaux, mais son intérêt à la modifier ne s'en révèle pas pour autant futile; elle ignore d'ailleurs à quelle date les locaux lui seront effectivement restitués et elle n'est donc guère en mesure, dans cette situation, d'élaborer un projet plus concret. Il s'ensuit que l'autre partie n'est pas fondée à réclamer l'annulation de la résiliation communiquée le 4 mai 2006; celle-ci est au contraire valable. 6. Aux termes des art. 272 al. 1 et 272b al. 1 CO, le locataire peut demander la prolongation d'un bail de locaux commerciaux pour une durée de six ans au maximum, lorsque la fin du contrat aurait pour lui des conséquences pénibles et que les intérêts du bailleur ne les justifient pas. Dans cette limite de temps, le juge peut accorder une ou deux prolongations. Le juge apprécie librement, selon les règles du droit et de l'équité (art. 4 CC), s'il y a lieu de prolonger le bail et, dans l'affirmative, pour quelle durée. Il doit procéder à la pesée des intérêts en présence et tenir compte du but d'une prolongation, consistant à donner du temps au locataire pour trouver des locaux de remplacement. Il lui incombe de prendre en considération tous les éléments du cas particulier, tels que la durée du bail, la situation personnelle et financière de chaque partie, leur comportement, de même que la situation sur le marché locatif local (art. 272 al. 2 CO; ATF 135 III 121 consid. 2 p. 123; 125 III 226 consid. 4b p. 230). Selon les constatations du Tribunal des baux et loyers, la demanderesse a vainement entrepris de nombreuses démarches afin de trouver des locaux de remplacement. Cette partie a aussi affirmé, par sa représentante à l'audience de ce tribunal, qu'elle n'envisage pas d'exploiter son restaurant ailleurs. La défenderesse se prévaut de cette déclaration pour s'opposer à toute prolongation du contrat. Néanmoins, compte tenu que la demanderesse est menacée de devoir suspendre son activité et que la réaffectation des locaux actuels ne présente aucune urgence pour la défenderesse, il se justifie que le contrat soit prolongé de la durée maximum de six ans prévue par la loi, afin que la locataire puisse poursuivre la recherche de locaux de remplacement appropriés. 7. Compte tenu qu'aucune des parties n'obtient entièrement gain de cause, l'émolument judiciaire sera réparti par moitié entre elles et les dépens seront compensés.
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est partiellement admis et l'arrêt de la Chambre d'appel en matière de baux et loyers est réformé en ce sens que : - La résiliation du contrat liant les parties, signifiée par la défende-resse le 4 mai 2006, est valable, et - Une prolongation unique de ce contrat, pour six ans, expirant le 30 avril 2013, est accordée à la demanderesse. 2. Les parties acquitteront un émolument judiciaire de 6'000 fr., à raison de 3'000 fr. à la charge de la demanderesse et de 3'000 fr. à la charge de la défenderesse. 3. Il n'est pas alloué de dépens. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Chambre d'appel en matière de baux et loyers du canton de Genève. Lausanne, le 23 mars 2010 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La présidente: Le greffier: Klett Thélin
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2,014
CH_BGer_011
Federation
56.0
24.0
5.0
null
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Am 30. Januar 2013 deponierte X._ zusammen mit drei weiteren Personen während eines Asylsymposiums in der Universität Bern Mist auf Tischen im Vortragsraum. Die Kantonspolizei nahm die Personalien der vier Personen beim Verlassen des Universitätsgebäudes auf und stellte bei einer der vier Festgenommenen (nicht X._) auf dem Polizeirevier ein Informationsblatt über das Asylsymposium sicher. Alle vier Personen machten im Rahmen der polizeilichen Befragung von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und stimmten einer erkennungsdienstlichen Behandlung nicht zu. Nachdem die Kantonspolizei dem zuständigen Staatsanwalt telefonisch mitgeteilt hatte, die Festgenommenen hätten eine Sachbeschädigung begangen und könnten für weitere Straftaten in Frage kommen, ordnete dieser telefonisch die erkennungsdienstliche Erfassung an. Zudem veranlasste die Kantonspolizei bei allen vier Personen die Entnahme einer DNA-Probe mittels Wangenschleimhautabstrichs und die Erstellung von DNA-Profilen. Auf telefonische Nachfrage informierte die Universität Bern die Kantonspolizei am gleichen Tag, dass die Tische ohne Beschädigung hatten gereinigt werden können und dass keine Strafanzeige erstattet werde. Die Staatsanwaltschaft bestätigte die erkennungsdienstliche Erfassung am 31. Januar 2013 schriftlich und führte zur Begründung aus, bei der Überprüfung der Personalien habe sich herausgestellt, dass eine der vier festgenommenen Personen (ebenfalls nicht X._) bereits am 21. Januar 2013 eine Asylkonferenz in Bern hatte stören wollen. Keine Person sei zur Aussage bereit gewesen, weshalb unter den gegebenen Umständen mit einer substanziell erhöhten Wahrscheinlichkeit zu rechnen sei, dass sich die vier Personen in der Vergangenheit oder in Zukunft anderer Delikte gewisser Schwere schuldig gemacht haben oder machen werden. Die erkennungsdienstliche Erfassung erweise sich angesichts der Geringfügigkeit des Eingriffs als verhältnismässig. B. Mit revidiertem Strafbefehl vom 13. März 2013verurteilte die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland X._ wegen Verunreinigung fremden Eigentums zu einer Busse von Fr. 100.-- und auferlegte ihr die Verfahrenskosten von Fr. 100.--. Zudem verfügte sie die umgehende Löschung der erkennungsdienstlichen Daten und des DNA-Profils nach Eintritt der Rechtskraft des Strafbefehls. X._ erhob gegen den Strafbefehl erneut Einsprache mit dem Antrag, ihr sei eine Genugtuung von Fr. 1.-- zuzusprechen, eventualiter sei an Stelle einer finanziellen Genugtuung festzustellen, dass die Durchführung der erkennungsdienstlichen Massnahmen und die Entnahme der DNA-Probe rechtswidrig erfolgt seien. Zudem sei die unverzügliche Löschung der Daten anzuordnen. Schuldspruch und Kostenentscheid blieben (erneut) unangefochten. Das Regionalgericht Bern-Mittelland wies die Einsprache mit Verfügung vom 21. Juni 2013 im schriftlichen Verfahren ab und stellte fest, dass der Strafbefehl in Rechtskraft erwachsen ist. Die Kosten des Einspracheverfahrens auferlegte es X._. Die hiergegen ergriffene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Bern am 23. Juni 2014 ab. Es stellte fest, dass der Strafbefehl vom 13. März 2013 in Rechtskraft erwachsen ist (Ziff. I des Urteilsdispositivs) und die Zwangsmassnahmen rechtmässig erfolgt sind (Ziff. II des Urteilsdispositivs). Die Verfahrenskosten erster (Fr. 400.--) und zweiter Instanz (Fr. 500.--) auferlegte es X._ (Ziff. III des Urteilsdispositivs). C. X._ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, Ziff. II und III des obergerichtlichen Urteils seien aufzuheben, und es sei festzustellen, dass die erkennungsdienstlichen Massnahmen, die Entnahme einer DNA-Probe und die Erstellung einer DNA-Analyse widerrechtlich erfolgten. Eventualiter sei ihr wegen der rechtswidrigen Zwangsmassnahmen eine Genugtuung von F. 1.-- zuzusprechen; subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Obergericht und die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern haben auf Vernehmlassungen verzichtet.
Erwägungen: 1. 1.1. Die Beschwerdeführerin rügt, die Zwangsmassnahmen seien sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtswidrig. Die Kantonspolizei könne lediglich die nicht invasive Entnahme einer DNA-Probe anordnen, nicht hingegen die Erstellung eines DNA-Profils. Die im polizeilichen Auftrag zur DNA-Profil-Erstellung erwähnte generelle Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern (mit Ausnahme von tatrelevantem biologischem Material generell von allen nicht invasiv entnommenen DNA-Proben ein Profil zu erstellen) könne die erforderliche staatsanwaltliche Anordnung im konkreten Fall nicht ersetzen. Die erkennungsdienstliche Erfassung sei entgegen der gesetzlichen Vorschriften nicht schriftlich angeordnet worden. Ein dringender Fall im Sinne von Art. 260 Abs. 3 StPO, in dem ausnahmsweise eine mündliche Anordnung genügt, habe nicht vorgelegen. Zudem könnten bei Antragsdelikten bis zur Stellung des zur Verfahrenseröffnung erforderlichen Strafantrags nur die unaufschiebbaren sichernden Massnahmen getroffen werden. Die Zwangsmassnahmen erwiesen sich angesichts des Bagatellcharakters der Tat als unverhältnismässig. 1.2. Die Vorinstanz erwägt, die erkennungsdienstliche Erfassung sei hinsichtlich des der Beschwerdeführerin vorgeworfenen Delikts der Sachbeschädigung zum damaligen Zeitpunkt nicht erforderlich gewesen. Von einem "dringenden Fall" im Sinne von Art. 260 Abs. 3 StPO sei nur auszugehen, wenn bei Aufschub der Zweck der erkennungsdienstlichen Erfassung vereitelt würde. Weder im polizeilichen Auftrag noch in der staatsanwaltlichen Verfügung werde begründet, weshalb zeitliche Dringlichkeit vorgelegen haben soll. Es wäre durchaus möglich gewesen, die Beschwerdeführerin aus der Polizeikontrolle zu entlassen und bei Vorliegen eines schriftlichen Befehls der Staatsanwaltschaft erneut aufzubieten, da den Strafverfolgungsbehörden deren Identität und Adresse bekannt gewesen seien. Auch hätte die dreimonatige Strafantragsfrist vor der Ergreifung von Zwangsmassnahmen abgewartet werden können. Aufgrund möglicher Weiterungen des Verfahrens und des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin sich bereits auf dem Polizeiposten befunden habe, sei die sofortige erkennungsdienstliche Erfassung für alle Seiten weniger umständlich gewesen, als eine solche eventuell nachträglich durchzuführen, weshalb die Massnahme ex ante betrachtet durchaus nachvollziehbar erscheine. Die Beschwerdeführerin sei in der Vergangenheit zwar strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten, jedoch soll eine andere an der Anlasstat beteiligte Person versucht haben, zehn Tage zuvor eine ähnlich gelagerte Konferenz mittels Transparent und Kundgebung zu stören. Bei einer weiteren Person sei ein Informationsblatt sichergestellt worden, auf dem die besagte Transparentaktion abgebildet ist. Demnach habe eine erhöhte Wahrscheinlichkeit angenommen werden dürfen, dass die Beschwerdeführerin in ein anderes Delikt von gewisser Schwere, namentlich Sachbeschädigung, verwickelt gewesen sei bzw. werden könnte. Die erkennungsdienstliche Erfassung erweise sich unter Berücksichtigung der konkreten Verdachtsmomente und der Geringfügigkeit der Zwangsmassnahme als verhältnismässig. Die gesetzliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft, die Erstellung eines DNA-Profils anzuordnen, sei aufgrund der Weisung der Generalstaatsanwaltschaft gewahrt. Die Abnahme einer DNA-Probe diene logischerweise der Erstellung eines Profils, weshalb Globalanordnungen Sinn machten und aus Praktikabilitätsgründen nicht zu vermeiden seien. Zwar habe die Urheberschaft der Aktion bereits festgestanden, jedoch dienten Zwangsmassnahmen auch der Aufklärung früherer und allfälliger zukünftiger Straftaten. Da gegen die Beschwerdeführerin Verdachtsmomente auf weitere Straftaten von einiger Schwere bestanden hätten, sei die DNA-Entnahme und die Profilerstellung verhältnis- und rechtmässig erfolgt. Dass sich diese im Nachhinein als nicht erforderlich und aufgrund einer blossen Übertretung als gesetzlich nicht zulässig erwiesen haben, sei unbeachtlich. Unbegründet sei der Einwand, die Massnahmen seien nicht unaufschiebbar im Sinne von Art. 303 Abs. 2 StPO. DNA-Entnahme und Profilerstellung seien - analog der erkennungsdienstlichen Erfassung - in der Regel sachdienlich und in zeitlicher Hinsicht dringlich. Zudem habe die Polizei vermeiden wollen, die nicht sonderlich kooperativen vier Beschuldigten später allenfalls zusätzlich für erkennungsdienstliche Abklärungen aufbieten zu müssen. 1.3. 1.3.1. Gemäss Art. 197 Abs. 1 StPO können Zwangsmassnahmen (Art. 196-298 StPO) nur ergriffen werden, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind, ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können und die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt. Hinweise auf eine strafbare Handlung müssen erheblich und konkreter Natur sein, um einen hinreichenden Tatverdacht begründen zu können (vgl. BGE 137 IV 122 E. 3.2 S. 126; Urteile 6B_1105/2013 vom 18. Juli 2014 E. 3.1; 6B_830/2013 vom 10. Dezember 2013 E. 1.4; mit Hinweisen). 1.3.2. Gemäss Art. 255 Abs. 2 lit. a StPO kann die Polizei die nicht invasive Probenahme bei Personen anordnen. Die Erstellung eines Profils ist allerdings auch in solchen Fällen von der Staatsanwaltschaft (oder vom Gericht) anzuordnen (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1241 Ziff. 2.5.5; Fricker/Maeder, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 29 zu Art. 255 StPO; Niklaus Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 12 zu Art. 255 StPO; Thomas Hansjakob, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/ Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 21 zu Art. 255 StPO). 1.3.3. Zweck einer erkennungsdienstlichen Erfassung gemäss Art. 260 StPO ist die Abklärung des Sachverhaltes, worunter insbesondere die Feststellung der Identität einer Person fällt (vgl. BBl 2006 1243 Ziff. 2.5.6). Die erkennungsdienstliche Erfassung wird in einem schriftlichen, kurz begründeten Befehl angeordnet. In dringenden Fällen kann sie mündlich angeordnet werden, ist aber nachträglich schriftlich zu bestätigen (Art. 260 Abs. 3 StPO). Zulässigkeit und Verhältnismässigkeit erkennungsdienstlicher Erfassungen sind von Amtes wegen zu überprüfen (Thomas Hansjakob, a.a.O., N. 12 zu Art. 260). 1.4. 1.4.1. Die Vorinstanz hält zutreffend fest, dass die erkennungsdienstliche Erfassung im Hinblick auf die Sachbeschädigung in zeitlicher Hinsicht nicht dringlich und auch nicht erforderlich war. Dies gilt auch für die Entnahme der DNA-Probe und die Profilerstellung. Die Ereignisse vom 30. Januar 2013 waren hinsichtlich Ablauf und Beteiligung der Beschwerdeführerin, deren Identität und Wohnort den Strafverfolgungsbehörden bekannt waren, abgeklärt. Die Zwangsmassnahmen lassen sich auch nicht mit anderen, möglicherweise von der Beschwerdeführerin begangenen oder noch zu begehenden Straftaten begründen. Insoweit fehlt es bereits offensichtlich an konkreten Anhaltspunkten, die einen hinreichenden Tatverdacht im Sinne von Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO begründen könnten. Die Vorinstanz geht selbst von einem lediglich eher vagen Tatverdacht aus. Sie legt nicht dar, inwieweit der Versuch einer anderen an der Protestaktion vom 30. Januar 2013 beteiligten Person, eine zehn Tage zuvor abgehaltene Konferenz mittels Transparent und Kundgebung stören zu wollen, und das nicht bei der Beschwerdeführerin sichergestellte Informationsblatt gegen diese einen hinreichenden Tatverdacht auf ein Offizialdelikt begründen sollen, das seinerseits die Anordnung von Zwangsmassnahmen erlaubt. Dies ist auch nicht ersichtlich. 1.4.2. Die Kantonspolizei durfte die Erstellung des DNA-Profils nicht selbst anordnen. Die nicht in den Akten liegende Weisung der Generalstaatsanwaltschaft, "bei nicht invasiven Probeentnahmen gemäss Art. 255 Abs. 2 lit. a StPO (...) in den Fällen von Art. 255 Abs. 1 lit. a, b und c StPO (...) generell die Analyse der DNA-Proben zwecks Erstellung eines DNA-Profils" vorzunehmen, erweist sich in mehrfacher Hinsicht als bundesrechtswidrig. Art. 255 StPO ermöglicht nicht bei jedem hinreichenden Tatverdacht die routinemässige (invasive) Entnahme von DNA-Proben, geschweige denn deren generelle Analyse (vgl. Urteil 1B_685/2011 vom 23. Februar 2012 E. 3.3; Fricker/Maeder, a.a.O., N. 9 zu Art. 255 StPO; Niklaus Schmid, a.a.O., N. 4 zu Art. 255 StPO; a.A. Thomas Hansjakob, a.a.O. N. 21 zu Art. 255 StPO). Erforderlich ist eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls. Zudem hebt die Weisung die vom Gesetzgeber vorgesehene Differenzierung von DNA-Entnahme und DNA-Profil-Erstellung und die damit verbundenen unterschiedlichen Anordnungskompetenzen faktisch auf und überträgt diese in einer Vielzahl von Fällen der Polizei. 1.4.3. Die erkennungsdienstliche Erfassung durfte mangels Dringlichkeit nicht mündlich angeordnet werden (vgl. Art. 260 Abs. 3 StPO). Die Vorinstanz legt nicht dar, warum die personenbezogene Zwangsmassnahme im Hinblick auf mögliche weitere (Sachbeschädigungs-) Delikte unaufschiebbar gewesen sein soll. Identität und Adresse der Beschwerdeführerin waren bekannt und die erkennungsdienstliche Erfassung hätte - wie die Vorinstanz in Bezug auf die Anlasstat in der Universität Bern zutreffend ausführt - jederzeit nachgeholt werden können. Abstrakte Zweckmässigkeitsüberlegungen vermögen die für jeden Einzelfall zu prüfenden gesetzlichen Voraussetzungen nicht zu ersetzen. Dass die sofortige Anordnung und Durchführung der Zwangsmassnahmen (auch) im Interesse der Beschwerdeführerin gelegen haben könnte, ist vor dem Hintergrund, dass sie diesen ausdrücklich widersprochen und anschliessend mit allen ihr zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln dagegen vorgegangen ist, nicht nachvollziehbar. 1.5. Die Beschwerde ist gutzuheissen und das angefochtene Urteil aufzuheben. Bei diesem Verfahrensausgang erübrigt es sich, auf die weiteren Rügen einzugehen. 2. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Bern hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 23. Juni 2014 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Der Kanton Bern hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 10. Dezember 2014 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Mathys Der Gerichtsschreiber: Held
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Sachverhalt: A. Im Jahr 1992 gewährte die Banque LBLux S.A. (LBLux) unter ihrer damaligen Firma Bayerische Landesbank International S.A. der Swissair Schweizerische Luftverkehr-Aktiengesellschaft ein Darlehen von Fr. 20 Mio. Das Darlehen war jährlich zum Satz von 73⁄4 % zu verzinsen. Am 28. September 2001 leistete SAir Group AG (SAir), für welche der Kredit inzwischen geführt wurde, die fällige Zinszahlung von Fr. 1'545'694.44. Auf Gesuch vom 4. Oktober 2001 hin wurde der SAir am Folgetag die provisorische Nachlassstundung bewilligt, welche später in eine definitive umgewandelt wurde. Am 20. Juni 2003 wurde der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung gerichtlich bestätigt; am 26. Juni 2003 erwuchs die betreffende Verfügung in Rechtskraft. B. Mit Klage vom 9. September 2005 verlangte die IG Swissair-Obligationäre GmbH (IG) als Abtretungsgläubigerin gemäss Art. 260 SchKG gestützt auf Art. 287 und 288 SchKG die Verurteilung der LBLux zur Zahlung von Fr. 1'545'694.45 nebst Zins zu 5 % seit 28. September 2001. Mit Urteil vom 27. September 2007 wies das Handelsgericht des Kantons Zürich sowohl die Überschuldungspauliana wegen eingetretener Fälligkeit (der 30. September als Fälligkeitsdatum fiel im Jahr 2001 auf einen Sonntag und zwischen den Parteien war umstritten, ob sich die Fälligkeit deshalb auf den Freitag, 28. September vorverschob oder ob die Zinszahlung erst am Montag, 1. Oktober fällig geworden wäre) als auch die Deliktspauliana wegen fehlender Erkennbarkeit einer allfälligen Schädigungsabsicht ab. Die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Zirkulationsbeschluss vom 8. Oktober 2008 ab, soweit es darauf eintrat. C. Mit ausschliesslich gegen das handelsgerichtliche Urteil gerichteter und nur noch auf Art. 288 SchKG abgestützter Beschwerde in Zivilsachen vom 4. November 2008 verlangte die IG die Verurteilung der LBLux zur Zahlung von Fr. 1'545'694.45 nebst Zins zu 5 % seit 28. September 2001, eventualiter die Rückweisung der Sache an das Handelsgericht. In ihrer Vernehmlassung vom 16. Februar 2009 schloss die LBLux auf Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen: 1. Angefochten ist ein Endentscheid betreffend eine paulianische Anfechtungsklage mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit. b und Art. 90 BGG). Das Handelsgericht des Kantons Zürich ist einzige kantonale Sachinstanz (Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG). Es wird eine Verletzung von Normen des SchKG gerügt, was nicht mit voller Kognition dem Kassationsgericht unterbreitet werden konnte, jedoch durch das Bundesgericht frei überprüfbar ist (Art. 95 lit. a i.V.m. Art. 106 Abs. 1 BGG); der (allein) angefochtene Entscheid des Handelsgerichts ist demnach mit Bezug auf diese Fragen kantonal letztinstanzlich (Art. 75 Abs. 1 BGG). Die Klagefrist ist eingehalten (BGE 134 III 273), ebenso die Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 6 BGG). 2. Die Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff. SchKG ist ein im Dienst der Gläubigergleichbehandlung stehendes Instrument, bei dem es um die Rückführung von aus vollstreckungsrechtlicher Sicht unrechtmässig entäussertem Substrat geht, indem bestimmte Handlungen des Schuldners, die während einer gesetzlich festgelegten Verdachtsperiode vorgenommen worden sind, auf der vollstreckungsrechtlichen Ebene unbeachtlich bleiben, wenn tatsächlich der Konkursfall eingetreten ist oder ein Gläubiger einen Pfändungsverlust erlitten hat. Die betreffenden Rechtsgeschäfte bleiben zwar zivilrechtlich gültig, aber die übertragenen Vermögenswerte werden der Zwangsvollstreckung zugeführt (vgl. Art. 285 Abs. 1 und Art. 291 Abs. 1 SchKG). Durch die Rückführung von Vollstreckungssubstrat in die Masse wird die dem Insolvenzrecht zugrunde liegende Maxime der Gläubigergleichbehandlung (Art. 197 Abs. 1 SchKG, unter Vorbehalt von Art. 219 SchKG) gewissermassen auf die Verdachtsperiode vorverlagert. In diesem Stadium kann jedoch die Gleichbehandlung der Gläubiger weder absolute Maxime noch Selbstzweck sein; insofern handelt es sich bei der Anfechtungsklage um einen Ausnahmetatbestand, der seiner Natur nach restriktiv zu handhaben ist. Es darf insbesondere nicht aus den Augen verloren gehen, dass zivilrechtliches Handeln immer auch vor dem Hintergrund der Insolvenzbeständigkeit vor sich geht. Es ist im Geschäftsverkehr einerlei, ob ein Rechtsgeschäft durch eine allfällige Anfechtungsklage zivilrechtlich dahinfällt oder ob lediglich die Vollstreckung in die empfangenen Vermögenswerte zu dulden ist; unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung des Institutes der Anfechtung bzw. von der technischen Umsetzung ist das Vertrauen in die Beständigkeit zivilrechtlich gültig geschlossener Verträge und damit die Rechtssicherheit betroffen. In diesem Sinn geht es beim Institut der Anfechtungsklage nicht darum, den Schuldner faktisch seiner Handlungsfähigkeit zu berauben und ihn zu immobilisieren, zumal damit in der Regel seine sofortige Konkursreife herbeigeführt würde, was selten im Interesse der Gläubigergesamtheit liegen dürfte. Dem Schuldner muss mit anderen Worten selbst in schwierigen Zeiten bzw. bei finanziell angespannter Lage eine normale Geschäftstätigkeit möglich sein (Urteil 5A_386/2008, E. 4.3), und auch sachlich motivierte Entscheide des Schuldners im Rahmen dieser Tätigkeit können naturgemäss eine Ungleichbehandlung der Gläubiger beinhalten. Die Anfechtungsklage soll dort greifen, wo es um unlautere Machenschaften geht, wie es namentlich der Fall ist, wenn Vollstreckungssubstrat beiseitegeschafft worden ist, das sich bei normalem Geschäftsgebaren in der Masse noch vorgefunden hätte. 3. Vorliegend wird die Absichtspauliana gemäss Art. 288 SchKG angerufen. Nach dieser Norm sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen. Der Absichtsanfechtung unterliegen gemäss Art. 331 Abs. 1 SchKG auch Rechtshandlungen, die der Schuldner vor der Bestätigung des Nachlassvertrages vorgenommen hat. Der Tatbestand von Art. 288 SchKG kennt drei Voraussetzungen: Die angefochtene Handlung muss die Gläubigergesamtheit nicht nur schädigen, sondern vom Schuldner auch in der betreffenden Absicht vorgenommen worden sein, was schliesslich für den begünstigten Dritten erkennbar gewesen sein muss. Alle drei Voraussetzungen hat zu beweisen, wer aus der Erfüllung des Tatbestandes Rechte ableitet (vgl. Art. 8 ZGB), in der Regel also der Anfechtungskläger und hier die Beschwerdeführerin (BGE 134 III 452 E. 2 S. 454 m.w.H.; siehe auch Amonn/Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8. Aufl., Bern 2008, § 52 Rz. 25). Was das objektive Tatbestandsmerkmal von Art. 288 SchKG anbelangt, liegt dieses nach einer stehenden Formel in einer Schädigung der anderen Gläubiger durch eine Beeinträchtigung ihrer Exekutionsrechte begründet, indem ihre Befriedigung im Rahmen der General- oder Spezialexekution oder ihre Stellung im Vollstreckungsverfahren wegen der Bevorzugung des einen Gläubigers beeinträchtigt wird (BGE 135 III 265 E. 2 S. 267, 513 E. 3.1 S. 515). Daran fehlt es grundsätzlich, wenn die anderen Gläubiger auch bei richtigem Verhalten des Schuldners zum gleichen Verlust gekommen wären (sog. rechtmässiges Alternativverhalten), dient doch die Anfechtungsklage nicht der Bestrafung des beklagten Gläubigers, sondern der Wiederherstellung des Zustandes, in welchem sich ohne das angefochtene Geschäft das zur Befriedigung der übrigen Gläubiger dienende Vermögen des Schuldners im Zeitpunkt der Konkurseröffnung befunden hätte (BGE 134 III 615 E. 4.1 S. 617; 135 III 265 E. 2 S. 267). An einer Schädigung fehlt es in der Regel auch, wenn die angefochtene Rechtshandlung im Austausch gleichwertiger Leistungen besteht (BGE 134 III 452 E. 3.1 S. 455; 135 III 276 E. 6.1.2 S. 280). Ein solcher liegt beispielsweise vor, wenn der Schuldner gegen Bestellung eines Pfandes ein Darlehen erhält (BGE 53 III 79), wenn ihm gegen Bestellung eines Pfandes Ware auf Kredit geliefert wird (BGE 63 III 150 E. 3 S. 155), wenn er ihm gehörende Sachen gegen Zahlung des vollen Gegenwertes veräussert (BGE 65 III 142 E. 5 S. 147; 79 III 175) oder wenn ihm bei einem Finanzierungsgeschäft der volle Gegenwert der von ihm unter Garantie der Einbringlichkeit abgetretenen Forderungen vergütet wird (BGE 74 III 84 E. 3 S. 88). All diesen Geschäften ist gemeinsam, dass der Schuldner anstelle der von ihm veräusserten oder verpfändeten Vermögenswerte Ware oder Geld erhält. Wenn der Schuldner dagegen anstelle der von ihm veräusserten Vermögensstücke bloss eine Forderung erwirbt oder wenn er Geld oder andere Vermögenswerte zum blossen Zweck der Tilgung einer Forderung hingibt, tauscht er für seine Leistung keine Gegenleistung ein, die eine Schädigung der Gläubiger von vornherein ausschliessen würde (BGE 99 III 27 E. 4 S. 34). Insbesondere ist beim Darlehensvertrag die Rückzahlung nicht eine (gleichwertige) Gegenleistung für die Hingabe des Darlehensbetrages, sondern die Erfüllung der mit der Darlehensaufnahme eingegangenen Pflicht zu späterer Rückzahlung; sie bewirkt deshalb - unter Vorbehalt von Konkursprivilegien und dinglichen Vorrechten - in der Regel eine Schädigung der anderen Gläubiger (BGE 99 III 27 E. 5 S. 38; 134 III 452 E. 3.1 S. 455). 4. Das Handelsgericht hat die Gläubigerschädigung bejaht, die Schädigungsabsicht offengelassen und deren Erkennbarkeit verneint. Offenbar wegen der Bejahung der Gläubigerschädigung konzentriert sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde auf die beiden subjektiven Tatbestandsmerkmale der Schädigungsabsicht und der Erkennbarkeit. Zu beweisen hat sie nach dem in E. 3 Gesagten jedoch sämtliche Tatbestandselemente, wie sie im kantonalen Prozess auch alle thematisiert worden sind. Unabhängig von der Bejahung durch das Handelsgericht ist das Tatbestandsmerkmal der Gläubigerschädigung vom Bundesgericht im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG) erneut zu prüfen, was der Beschwerdeführerin bekannt sein musste. Die Beschwerdegegnerin setzt sich in ihrer Vernehmlassung denn auch eingehend damit auseinander, weshalb ihr rechtliches Gehör gewahrt bleibt, wenn das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid in den nachfolgenden Erwägungen aufgrund einer Motivsubstitution schützt, indem es die Gläubigerschädigung anders beurteilt als das Handelsgericht (zur Möglichkeit und Zulässigkeit der Motivsubstitution infolge Rechtsanwendung von Amtes wegen siehe statt vieler BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262). 5. Während die wohl herrschende Lehre den entgeltlichen Darlehensvertrag als vollkommen zweiseitig ansieht (vgl. Zusammenstellung der Lehrmeinungen bei Schärer/Maurenbrecher, Basler Kommentar, N. 1 zu Art. 312 OR), geht das Bundesgericht von einem unvollkommen zweiseitigen Vertrag aus (BGE 80 II 327 E. 4a S. 334; 93 II 189 lit. b S. 192), weil die allenfalls hinzutretende Verzinsung für den Darlehensvertrag begrifflich unwesentlich ist (BGE 80 II 327 E. 4a S. 334). Wie bereits ausgeführt, fehlt es mit Bezug auf das Verhältnis zwischen Darlehenshingabe und Darlehensrückzahlung am gegenseitigen Austauschelement. Hingegen ist mit Bezug auf das Verhältnis zwischen Zinszahlung und Aufrechterhaltung der Wertüberlassung - und diesbezüglich besteht auch in der Lehre Einigkeit (vgl. Higi, Zürcher Kommentar, N. 6 Vorbem. zu Art. 312-318 OR, N. 75 ff. zu Art. 312 OR, N. 14 zu Art. 313 OR, je m.w.H.) - von einem echten Synallagma auszugehen: Im marktwirtschaftlichen System hat nicht nur ein Sachgut, sondern auch das Gewähren von Kredit einen Marktpreis. Das Geld wird im Übrigen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich insofern übertragen, als es durch Vermischung ins Eigentum des Darlehensnehmers übergeht (BGE 78 II 243 E. 5c S. 254; 116 IV 193 E. 4 S. 201), soweit es sich nicht ohnehin um Buchgeld handelt. So oder anders ist der Zins das Entgelt und damit die - bei marktpreisüblichen Zinssätzen gleichwertige - Gegenleistung für das Zurverfügungstellen von Kredit. Dabei ist präzisierend festzuhalten, dass sich das Austauschverhältnis nicht auf die Geldhingabe bei der Gewährung des Darlehens, sondern auf die fortgesetzte Wertgebrauchsüberlassung der Valuta, mithin auf das durative Element bezieht. Das drückt sich in der für die Zinszahlung typischen Periodizität aus (vgl. im Einzelnen E. 6) und folgt wirtschaftlich betrachtet aus dem Umstand, dass der Zins den Ausgleich dafür bildet, dass der Darlehensgeber infolge der Wertübertragung während der Darlehenszeit nicht selbst über das Geld verfügen und damit anderweitig Gewinn erwirtschaften kann. 6. Ausgehend von der dargelegten rechtlichen Natur von Zinszahlungen und von ihrer Einordnung im System des Vertragssynallagmas ist deren Anfechtbarkeit zu prüfen, zunächst unter dem Gesichtspunkt der Gläubigerschädigung als objektivem Tatbestandsmerkmal von Art. 288 SchKG. Jedenfalls bei Geschäftskrediten, welche der Verfolgung bzw. überhaupt erst der Ermöglichung gewinnstrebiger Unternehmenstätigkeit dienen, arbeitet der Darlehensnehmer gewissermassen mit dem Geld, indem er dieses produktiv einsetzt; bei der Swissair dienten die Kredite der Finanzierung des Flugbetriebes und der Generierung von Einnahmen aus dem Flug- und flugverwandten Geschäft. Auch wenn der Konzern insgesamt keinen Gewinn mehr erwirtschaftete, blieb die Geschäftstätigkeit gewinnstrebig und stand die damit verbundene Erzielung von Einnahmen weiterhin im Interesse der übrigen Gesellschaftsgläubiger. Es ist auch nicht entscheidend, dass die Zinszahlung, soweit sie postnumerando erfolgt, die Gegenleistung für die Kreditierung während der vorangegangenen Periode ist, besteht doch zwischen der Zahlung von Waren (vgl. BGE 135 III 276 E. 6.3.2 S. 283) und der Zinszahlung in dem Sinn keine Analogie, als der Darlehensvertrag im Unterschied zum Kaufvertrag durativer Natur und die Zinszahlung typischerweise von Periodizität geprägt ist. Der regelmässige Zinsendienst stellt die fortgesetzte Wertüberlassung sicher und insofern besteht wirtschaftlich ein permanenter Ausgleich zwischen Wert und Gegenwert. Anders verhält es sich nur dort, wo erst am Ende der Laufzeit ein Einmalzins zu entrichten ist oder wo längst fällige Zinsen zusammen mit der Rückzahlung des Darlehens geleistet werden; hier dient die Zinsleistung nicht mehr dem weiteren Zurverfügungstellen von Kredit, weshalb sie in diesem speziellen Fall nicht als gleichwertige Gegenleistung für die fortgesetzte Gebrauchsüberlassung betrachtet werden kann und folglich mit Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Gläubigerschädigung das Schicksal der Darlehensrückzahlung teilen muss (vgl. Urteil 5A_116/2009, E. 5 a.E.). Vor dem Hintergrund der Zwecksetzung der paulianischen Klagen (dazu E. 2) ist schliesslich für den hier zu beurteilenden Fall von entscheidender Bedeutung, dass keine Zinsmachenschaften (beispielsweise vorzeitige oder höhere Zahlungen) vorliegen, welche definitionsgemäss von unlauteren Absichten getragen sind und in der Regel der Begünstigung bestimmter Gläubiger dienen. Vielmehr geht es vorliegend um einen langjährigen Kreditvertrag, bei welchem die Zinsen stets unmittelbar nach dem Fälligkeitsdatum in der von den Parteien vereinbarten Höhe, mithin gewissermassen routinemässig bzw. automatisch beglichen wurden; im Übrigen wurde der Kredit nach der termingerecht erfolgten Zinszahlung, die vorliegend angefochten ist, anstandslos weitergeführt. Das heisst mit anderen Worten, dass der Vertrag von beiden Seiten über alle Jahre hinweg und auch nach der angefochtenen Zahlung stets respektiert worden ist. Bei dieser Ausgangslage ist der Zinsendienst zur gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zu zählen, welche dem Schuldner auch in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld bzw. bei angespannter finanzieller Lage möglich sein muss (vgl. E. 2). 7. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die drohende Kündigung des Darlehens sei keine Gegenleistung für die Zinszahlung, geht am Kern der Sache vorbei, bilden doch Zinszahlungen nach den vorstehenden Erwägungen periodisch die Gegenleistung für die fortgesetzte Kreditierung. Die Kündigung des Darlehens lässt die Darlehensforderung fällig werden und der Gläubiger kann fällige Forderungen in Betreibung setzen. Für den Fall, dass später tatsächlich der Insolvenzfall eintritt, kann die Masse zwar gegebenenfalls versuchen, gewisse vor der Konkurseröffnung übertragene Vermögenswerte der Exekution zuzuführen; dies setzt aber entsprechende prozessuale Anstrengungen voraus und ist nur möglich, wenn alle Merkmale eines Anfechtungstatbestandes gemäss Art. 285 ff. SchKG gegeben sind bzw. bewiesen werden können. Insofern lässt sich entgegen der Beschwerdeführerin nicht sagen, die Situation im Rückforderungsfall unterscheide sich nicht von der Aufrechterhaltung der Kreditierung aufgrund regelmässigen Zinsendienstes. Vor eben diesem Hintergrund der fortgeführten Kreditierung kann auch der handelsgerichtlichen Auffassung nicht gefolgt werden, im Konkursfall würden sich die Zinszahlungen nicht mehr in der Masse befinden und insofern seien die anderen Gläubiger geschädigt. Entscheidend muss vielmehr sein, dass aufgrund der regelmässigen und termingerechten Zinszahlung die Darlehenssumme beim Schuldner belassen worden ist und sich unabhängig von der Verwendung jedenfalls in dem Sinn wertmässig in der Masse wiederfindet, als diese im Umfang des nicht zurückbezahlten Kapitals grösser ist. Vor dem Hintergrund des Zwecks der Anfechtungsklage, die Begünstigung einzelner Gläubiger zu verhindern, wäre nicht einsichtig, weshalb der Gläubiger, der bereits die Darlehensforderung verliert bzw. hierfür nur eine Konkursdividende erhält, auch noch die Zinsen zurückzahlen soll, welche die Gegenleistung für die fortgesetzte Wertgebrauchsüberlassung der Valuta darstellten. 8. Insgesamt ist im Zusammenhang mit der vorliegend angefochtenen Zinszahlung weder eine Benachteiligung der Gläubigerschaft insgesamt noch die Begünstigung einzelner Gläubiger zum Nachteil der anderen ersichtlich. Mangelt es somit bereits am objektiven Tatbestandsmerkmal der Gläubigerschädigung, erübrigt sich die Prüfung der beiden subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 288 SchKG bzw. der in diesem Zusammenhang gemachten Vorbringen der Beschwerdeführerin. 9. Zufolge Abweisung der Beschwerde wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 8'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 10'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Handelsgericht des Kantons Zürich und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 24. Februar 2010 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: Hohl Möckli
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2,009
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critical-1
Faits: A. Par ordonnances des 27 août et 24 septembre 2008, le Tribunal de première instance de Genève a autorisé, sur réquisitions de la société X._ Ltd, le séquestre des avoirs de la Banque Y._ à concurrence de 138'754'252 fr., sans intérêts (ordonnance n° xxx), et 136'736'232 fr.53, sans intérêts (ordonnance n° yyy). La requérante se fondait sur diverses lettres de crédit et sur un jugement rendu le 5 janvier 1993 par la High Court of Justice (Londres). B. Par jugements du 8 décembre 2008, le Tribunal de première instance de Genève a rejeté les oppositions formées par la séquestrée. Statuant le 12 mars 2009 - après avoir joint les procédures -, la Cour de justice du canton de Genève a accueilli les appels interjetés par la séquestrée, annulé les jugements attaqués et révoqué les ordonnances de séquestre. C. X._ Ltd exerce un recours en matière civile au Tribunal fédéral; elle conclut à l'annulation de cet arrêt et au maintien des séquestres. L'intimée s'en rapporte quant à la recevabilité du recours et conclut à la confirmation de l'arrêt entrepris et au déboutement de la recourante de toutes ses conclusions. L'autorité cantonale se réfère aux motifs de sa décision. D. Par ordonnance du 5 mai 2009, la Présidente de la Cour de céans a attribué l'effet suspensif au recours. E. Par ordonnance du 26 mai 2009, la Juge instructeur de la IIe Cour de droit civil a invité la recourante à verser jusqu'au 12 juin 2009 la somme de 70'000 fr. à titre de sûretés en garantie des dépens. Ce montant a été déposé dans le délai imparti.
Considérant en droit: 1. 1.1 Interjeté à temps (art. 100 al. 1 LTF) à l'encontre d'une décision finale (art. 90 LTF) rendue en matière de poursuite pour dettes (art. 72 al. 2 let. a LTF) par une autorité cantonale de dernière instance statuant sur recours (art. 75 LTF), le présent recours est recevable sous l'angle de ces dispositions. La valeur litigieuse étant atteinte, il l'est aussi de ce chef (art. 74 al. 1 let. b LTF). La recourante a qualité pour recourir (art. 76 al. 1 LTF). 1.2 D'après la jurisprudence, la décision sur opposition au séquestre prise par l'autorité judiciaire supérieure (cf. art. 278 al. 3 LP) porte sur des "mesures provisionnelles" au sens de l'art. 98 LTF (ATF 135 III 232 consid. 1.2 p. 234); dès lors, seule peut être dénoncée la violation de droits constitutionnels (cf. ATF 133 III 638 n° 87). Nonobstant les développements de la recourante, l'application du droit matériel ne peut être revue ici que sous l'angle de l'arbitraire (cf. par exemple: ATF 135 III 232 ss); on ne discerne donc aucun motif de ne pas appliquer "strictement" l'art. 98 LTF en l'occurrence (cf. ATF 116 II 625 consid. 3b p. 628), quelles que puissent être les conséquences de la révocation des séquestres. Par surcroît, il convient de rappeler que la Convention de Lugano ne consacre aucun "droit constitutionnel" au sens de l'art. 98 LTF (sur cette notion: CORBOZ, in: Commentaire de la LTF, 2009, n° 15 ad art. 98 LTF et les arrêts cités); le recours est ainsi irrecevable en tant qu'il porte sur la violation ordinaire des art. 27 ch. 2, 46 et 47 CL. 1.3 La recourante a produit plusieurs pièces nouvelles, c'est-à-dire des avis de droit destinés à prouver que la notification de l'acte introductif d'instance était régulière. Un avis de droit ne constitue pas un moyen de preuve - qui tomberait notamment sous le coup de l'art. 99 al. 1 LTF -, mais il revêt la valeur d'une simple allégation de partie (arrêt 1A.225/2005 du 17 octobre 2006 consid. 2 et l'arrêt cité). Un tel document est recevable dans la mesure où il vise à renforcer et à développer le point de vue du recourant et a été déposé dans le délai de recours (arrêt 4A_190/2007 du 10 octobre 2007 consid. 5.1, qui confirme les principes posés sous l'empire de la loi fédérale d'organisation judiciaire [OJ]). Toutefois, comme les moyens de droit nouveaux sont en principe irrecevables dans un recours dirigé contre une décision statuant sur des mesures provisionnelles (ATF 133 III 638 consid. 2 p. 640), la production d'une expertise juridique n'est admise qu'en tant qu'elle appuie l'argumentation que le recourant avait déjà présentée en instance cantonale (idem, pour le recours de droit public: arrêt 5P.422/1999 du 13 mars 2000 consid. 2b; cf. également les remarques de Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, 1992, p. 228 note 19). Un avis de droit ne constitue pas un moyen de preuve - qui tomberait notamment sous le coup de l'art. 99 al. 1 LTF -, mais il revêt la valeur d'une simple allégation de partie (arrêt 1A.225/2005 du 17 octobre 2006 consid. 2 et l'arrêt cité). Un tel document est recevable dans la mesure où il vise à renforcer et à développer le point de vue du recourant et a été déposé dans le délai de recours (arrêt 4A_190/2007 du 10 octobre 2007 consid. 5.1, qui confirme les principes posés sous l'empire de la loi fédérale d'organisation judiciaire [OJ]). Toutefois, comme les moyens de droit nouveaux sont en principe irrecevables dans un recours dirigé contre une décision statuant sur des mesures provisionnelles (ATF 133 III 638 consid. 2 p. 640), la production d'une expertise juridique n'est admise qu'en tant qu'elle appuie l'argumentation que le recourant avait déjà présentée en instance cantonale (idem, pour le recours de droit public: arrêt 5P.422/1999 du 13 mars 2000 consid. 2b; cf. également les remarques de Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, 1992, p. 228 note 19). 1.4 1.4.1 La Cour de justice a révoqué les séquestres litigieux pour deux motifs: d'une part, la débitrice a rendu vraisemblable qu'elle bénéficie de l'immunité restreinte d'exécution forcée en raison de l'absence d'un lien suffisant de la créance avec la Suisse; d'autre part, la créancière n'a pas rendu vraisemblable que la notification de l'assignation émise par la High Court of Justice de Londres a été effectuée conformément aux exigences du droit soudanais et de l'art. 27 ch. 2 CL. La recourante s'en prend à chacun de ces motifs, comme le lui impose - sous peine d'irrecevabilité - la jurisprudence (ATF 133 IV 119). 1.4.2 La problématique des sûretés (art. 273 al. 1 LP) n'a jamais été abordée par l'autorité précédente, de sorte que toute l'argumentation de la recourante à ce sujet est hors de propos. Il y a lieu néanmoins de souligner qu'un séquestre ne saurait être maintenu, même moyennant sûretés, lorsque les conditions qui président à son octroi ne sont pas (ou plus) réunies (JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, SchKG, 4e éd., vol. II, 1997/99, n° 9 in fine ad art. 273 LP). 2. 2.1 La recourante se plaint d'une violation de son droit à une décision motivée, découlant du droit d'être entendu (art. 29 al. 2 Cst.). Ce grief ayant trait à une garantie procédurale de nature formelle (ATF 104 Ia 201 consid. 5g p. 214), il doit être examiné en premier (ATF 124 I 49 consid. 1 p. 50). 2.2 A l'appui de son moyen, la recourante soutient que la violation de la norme constitutionnelle invoquée "résulte clairement de l'absence de motivation suffisante - y compris, dans bien des cas, de l'absence de toute motivation ou discussion - alors même que la cause imposait une motivation soigneuse". Autant qu'il est suffisamment motivé (art. 106 al. 2 LTF; ATF 134 I 83 consid. 3.2 p. 88 et les arrêts cités), ce grief apparaît manifestement infondé. La décision attaquée ne laisse pas entrevoir sur quels points l'autorité cantonale aurait manqué à son devoir minimum d'examiner et de traiter les problèmes pertinents (sur l'étendue de ce devoir: ATF 129 I 232 consid. 3.2 p. 236; 121 I 54 consid. 2c p. 57 et les arrêts cités). Du reste, il ressort de l'argumentation du recours que l'intéressée a saisi la portée de l'arrêt déféré et a pu l'attaquer en toute connaissance de cause (cf. ATF 114 Ia 233 consid. 2d p. 242). 3. Le reproche général adressé à la cour cantonale d'avoir "arbitrairement perdu de vue que le degré de la preuve [...] n'est pas celui de la preuve stricte mais de la (simple) vraisemblance" est irrecevable, faute d'être suffisamment motivé (art. 106 al. 2 LTF; ATF 134 I 83 consid. 3.2 p. 88 et les arrêts mentionnés). La recourante n'expose pas pour quelle(s) condition(s) du séquestre la juridiction précédente lui aurait imposé une "preuve stricte", conclusion qui ne ressort en tout cas pas de la lecture de l'arrêt déféré. Le renvoi aux "avis de droit produits en pièces 29 ss" est dénué de pertinence, car lesdites pièces n'ont précisément pas été soumises aux magistrats cantonaux (cf. supra, consid. 1.3). 4. Après avoir rappelé les conditions cumulatives d'une exécution forcée sur les avoirs d'un Etat étranger (i.e. activité iure gestionis, et non iure imperii, mise sous main de justice de biens qui ne sont pas affectés à des tâches relevant de la puissance publique et rattachement suffisant de la créance avec la Suisse [Binnenbeziehung]), la Cour de justice a retenu que les banques centrales étrangères "bénéficient de l'immunité absolue d'exécution forcée pour les actes accomplis dans l'exercice de la puissance publique et, lorsqu'elles ne bénéficient pas de l'immunité restreinte d'exécution [forcée], de l'insaisissabilité absolue des droits patrimoniaux affectés à l'exécution d'un acte d'imperium". En l'espèce, la juridiction précédente a admis que la débitrice n'avait pas rendu vraisemblable que les créances invoquées à son encontre découlaient d'une activité iure imperii, ni que les actifs mis sous main de justice (i.e. fonds déposés dans une banque) étaient affectés à des tâches lui incombant comme détentrice de la puissance publique. En revanche, elle a considéré que les prétentions déduites en poursuite n'avaient pas de "lien suffisant avec la Suisse", si bien que l'intéressée avait "rendu vraisemblable qu'elle [bénéficiait] de l'immunité restreinte d'exécution faisant obstacle au séquestre de ses avoirs". 4.1 Bien que la plainte aux autorités de surveillance soit ouverte pour dénoncer la mise sous séquestre de biens insaisissables (ATF 129 III 203 consid. 2.3 p. 207; OCHSNER, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 44 ad art. 92 LP), la doctrine estime que l'immunité d'exécution (art. 92 al. 1 ch. 11 et 275 LP) peut être invoquée au stade de l'opposition au séquestre, et non seulement lors de l'exécution de la mesure (ARTHO VON GUNTEN, Die Arresteinsprache, thèse Zurich 2001, p. 132 ss et les références; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, 2003, n° 49 ss ad art. 278 LP; STOFFEL/CHABLOZ, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 8 in fine ad art. 278 LP; cf. également: arrêt 5A_92/2008 du 25 juin 2008 consid. 4, obs. Schwander, in: ZZZ 2008/09 p. 264). La recourante ne soulève aucune objection sur ce point (art. 106 al. 2 LTF). 4.2 En l'espèce, il est constant que ni la Convention européenne sur l'immunité des Etats du 16 mai 1972 (RS 0.273.1), ni la Convention des Nations Unies sur les immunités juridictionnelles des Etats et de leurs biens du 2 décembre 2004 ne sont applicables. Partant, c'est en vertu des principes généraux du droit des gens que s'est prononcée la cour cantonale (ATF 134 III 122 consid. 5.1 p. 127/128), étant précisé que l'exigence d'un "rapport étroit" avec la Suisse n'est pas imposée par le droit international coutumier, mais par le droit interne suisse (ATF 106 Ia 142 consid. 3b p. 148/149). Encore faut-il, cependant, que l'intimée puisse se prévaloir de l'immunité (restreinte) d'exécution forcée dans le cas présent (cf. infra, consid. 4.4). 4.3 La Cour de justice est partie du principe que l'exigence d'un "lien suffisant" de la créance avec la Suisse doit être satisfaite même si le séquestrant est nanti d'un titre exécutoire. La recourante qualifie cette opinion d'arbitraire, l'art. 271 al. 1 ch. 4 LP ne posant à cet égard que des conditions alternatives; de plus, elle serait "en contradiction totale avec la CLug". Il est exact que les conditions posées par la disposition précitée sont alternatives, et non pas cumulatives (arrêt 5P.32/1997 du 15 mai 1997 consid. 3 et la doctrine citée). Toutefois, un tel constat ne serait décisif que si l'art. 271 al. 1 ch. 4 LP était exclusivement applicable - les Etats étrangers n'ayant pas de "domicile en Suisse" au sens de ladite norme (GILLIÉRON, op. cit., n° 56 ad art. 271 LP et l'arrêt cité) - et avait rendu obsolètes (à compter du 1er janvier 1997) les principes dégagés par le Tribunal fédéral en matière d'immunité d'exécution. C'est l'avis d'une partie de la doctrine (par exemple: DALLÈVES, Le séquestre, FJS n° 740, 1999, p. 10; cf. aussi: ARTHO VON GUNTEN, op. cit., p. 133, avec d'autres références); en revanche, dans un arrêt longuement motivé, le Tribunal supérieur zurichois a jugé que l'exigence d'un "rattachement suffisant" avec la Suisse, comme condition du "Staatenarrest", demeurait valable sous l'empire du nouveau droit, même si le créancier séquestrant se trouve au bénéfice d'un titre exécutoire (arrêt du 12 mars 1998, cité par BREITSCHMID, Übersicht zur Arrestbewilligungspraxis nach revidiertem SchKG, in: AJP 1999 p. 1007 ss, spéc. 1019 ss; idem: MEIER-DIETERLE, in: Kurzkommentar SchKG, 2009, n° 35 ad art. 271 LP). Comme cette question est controversée, l'on ne saurait parler d'un principe juridique clair et incontesté que l'autorité précédente aurait arbitrairement violé (cf. supra, consid. 1.2; par exemple: ATF 126 III 438 consid. 4b in fine p. 444). Cette solution vaut mutatis mutandis pour les "reconnaissances de dette" souscrites par l'intimée sous forme d'effets de change. C'est en vain que la recourante affirme que la décision attaquée serait incompatible avec la Convention de Lugano. D'une part, il ne s'agit pas là d'un grief tiré de la violation d'un "droit constitutionnel" au sens de l'art. 98 LTF (cf. supra, consid. 1.2). D'autre part, comme le souligne à juste titre l'intimée, même lorsque la Convention de Lugano s'applique, les conditions d'un séquestre ordonné en Suisse sont exclusivement régies par la législation helvétique (ATF 126 III 156 consid. 2c p. 159 et les citations). Le grief s'avère ainsi mal fondé dans la mesure où il est recevable. 4.4 Au terme d'une longue discussion, la recourante fait encore valoir que la Cour de justice est tombée dans l'arbitraire en considérant que l'intimée était habilitée à invoquer une quelconque immunité. D'après la jurisprudence, les corporations dotées selon le droit de leur siège d'une personnalité juridique propre ne peuvent pas se prévaloir de l'immunité dont bénéficient les Etats étrangers; des exceptions à ce principe ne sont admises que si ces corporations ont agi en vertu d'un pouvoir de souveraineté (ATF 110 Ia 43; cf. en outre: KREN KOSTKIEWICZ, Staatenimmunität im Erkenntnis- und im Vollstreckungsverfahren nach schweizerischem Recht, 1998, p. 356 ss et les citations). En revanche, cette problématique ne se pose pas pour les organismes étatiques qui ne jouissent pas de la personnalité morale, car c'est alors l'Etat qui agit (EGLI, L'immunité de juridiction et d'exécution des Etats étrangers et de leurs agents dans la jurisprudence du Tribunal fédéral, in: Centenaire de la LP, 1989, p. 201 ss, spéc. 213 ch. VI in fine et l'arrêt cité). Dans son exposé des faits, la recourante allègue que l'intimée dispose d'une "personnalité juridique propre" (ch. 14), alors que l'arrêt attaqué indique simplement qu'elle est la banque Y._ (art. 105 al. 1 LTF), sans qu'il soit prétendu qu'une pareille constatation serait arbitrairement lacunaire (art. 9 Cst. en relation avec l'art. 98 LTF; ATF 133 III 393 consid. 7.1 p. 398). Pour le surplus, la recourante se livre à une critique appellatoire, partant irrecevable (ATF 133 III 589 consid. 2 p. 591/592), de la décision déférée, sans démontrer en quoi l'intimée ne serait pas admise à objecter l'absence d'un rattachement suffisant avec la Suisse (Gilliéron, op. cit., n° 119 ad art. 271 LP); quant à l'arrêt mentionné, le Tribunal fédéral ne s'est pas dispensé d'examiner cette question parce qu'elle était "dénuée de pertinence", mais bien parce qu'une "Binnenbeziehung" du rapport de droit litigieux avec la Suisse faisait incontestablement défaut en l'espèce (ATF 110 Ia 43 consid. 4a p. 44 in fine). Au demeurant, l'extension de l'immunité d'exécution aux actes accomplis iure gestionis qui n'ont pas de rapport étroit avec la Suisse peut se justifier par de bons arguments (cf. sur ce point: EGLI, op. cit., p. 209/210 et les citations); or, ces considérations valent aussi pour les banques centrales (sic: KRAFFT, Les traités internationaux sont réservés, in: Centenaire de la LP, 1989, p. 161 ss, spéc. 167 let. c, qui observe que les séquestres frappant leurs avoirs "sont susceptibles de perturber gravement le trafic international des paiements et, partant, les relations internationales"). 4.5 S'agissant de la condition relative au "rattachement suffisant de la prétention déduite en poursuite avec la Suisse", l'autorité précédente a considéré en bref que ni l'intervention de la SGS dans le contrôle de la qualité des marchandises, ni l'activité de Z._ SA dans le financement des opérations - en dépit du droit de gage qu'elle a revendiqué sur les avoirs séquestrés - ne constituaient des critères de rattachement décisifs. A ses yeux, seul le lieu d'exécution en Suisse pourrait représenter un rattachement territorial pertinent; or, le simple versement du prix de la transaction sur un compte bancaire en Suisse ne suffit pas. Par ailleurs, le choix d'un paiement en Suisse ne ressort que d'un courrier du 15 août 2008 - à savoir une lettre par laquelle la recourante a sommé l'intimée de verser la somme à laquelle elle avait été condamnée le 5 janvier 1993 sur le compte bancaire d'une étude d'avocats à Zurich - et aucune autre pièce n'indique que la recourante aurait fait ce choix précédemment; au surplus, on peut se demander si cette option n'a pas été prise pour les besoins de la cause, vu l'échec des procédures menées contre la débitrice au Royaume-Uni. La recourante ne discute aucunement cette appréciation, mais se borne à exposer sa propre argumentation, énumérant derechef les éléments qu'elle avait présentés en instance cantonale; appellatoire, le grief est dès lors irrecevable dans cette mesure (art. 106 al. 2 LTF; ATF 133 III 589 consid. 2 p. 591/592). De surcroît, elle ne s'en prend pas au motif supplémentaire de l'autorité précédente concernant le lieu d'exécution de l'obligation (ATF 133 IV 119). Quoi qu'il en soit, ce moyen repose sur des prémisses erronées. Il est vrai que la notion de "lien suffisant" au sens de l'art. 271 al. 1 ch. 4 LP ne doit pas être comprise de façon restrictive (ATF 124 III 219 consid. 3 p. 220); toutefois, cette notion ne s'identifie pas entièrement avec celle du "rattachement suffisant" requis en l'occurrence, dont l'interprétation est plus étroite (arrêt du Tribunal supérieur zurichois du 22 mars 2000, in: BlZR 99/2000 n° 112 p. 303 let. d; MEIER-DIETERLE, op. cit., n° 36 ad art. 271 LP; STOFFEL/CHABLOZ, op. cit., n° 75 ad art. 271 LP; G. WALTER, Internationales Zivilprozessrecht der Schweiz, 4e éd., 2007, p. 76 note 50). Le Tribunal fédéral a jugé qu'un rattachement suffisant devait être admis, notamment, lorsque le rapport d'obligation doit être exécuté en Suisse (ATF 134 III 122 consid. 5.2.2 p. 128). Cette jurisprudence doit être explicitée en ce sens qu'une clause générale qui n'indique ni une localité en Suisse, ni la Suisse comme telle, mais laisse au créancier toute liberté de désigner le lieu où il entend recevoir le paiement de sa créance ne permet pas d'admettre que les parties seraient convenues que l'exécution aurait lieu en Suisse; une pareille clause, qui permet de rattacher le lieu d'exécution à n'importe quel pays, ne constitue pas un lien particulier avec la Suisse (ATF 82 I 75 consid. 11 p. 92). Sur le vu des constatations, non critiquées, de l'autorité précédente, la décision attaquée ne saurait être qualifiée d'insoutenable. 4.6 Vu ce qui précède, il devient superflu de connaître des critiques de la recourante contre le motif pris de la notification irrégulière de l'acte introductif d'instance (cf. supra, consid. 1.4.1; ATF 133 III 221 consid. 7 p. 228; 130 III 321 consid. 6 p. 328; 104 Ia 381 consid. 6a p. 392). 5. En conclusion, le présent recours doit être rejeté dans la mesure de sa recevabilité, avec suite de frais et dépens à la charge de la recourante qui succombe (art. 66 al. 1 et 68 al. 1 et 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté dans la mesure où il est recevable. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 50'000 fr., sont mis à la charge de la recourante. 3. Une indemnité de 50'000 fr., à payer à l'intimée à titre de dépens, est mise à la charge de la recourante; cette indemnité est prélevée sur les sûretés déposées par la recourante à la Caisse du Tribunal fédéral. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la 1ère Section de la Cour de justice du canton de Genève. Lausanne, le 1er septembre 2009 Au nom de la IIe Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente: Le Greffier: Hohl Braconi
a46dad3a-2720-4f5b-9af3-4cf13004390e
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2,010
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Federation
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critical
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Sachverhalt: A. A.a Mit Verfügung vom 30. September 2003 genehmigte das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic (im Weitern auch: Swissmedic oder Heilmittelinstitut) der X._ AG (früher: A._ SA) eine Änderung der Fach- und Patienteninformation für die Arzneimittel Spedifen® Granulat und Filmtabletten. Am 13. Dezember 2004 erteilte es ihr in Ablösung der IKS-Registrierung für Spedifen® die Swissmedic-Zulassung (gültig bis 12. Dezember 2009). Es verband diese mit der Auflage, dass die Fachinformation gemäss seiner Textprüfung anzupassen sei; die am 30. September 2003 bewilligten Passagen beanstandete es hierbei nicht. A.b Am 27. April 2005 teilte das Heilmittelinstitut der X._ AG mit, dass zusätzliche Korrekturen am Text nötig seien; es habe sich gezeigt, dass das Gesuch, welches der Verfügung vom 30. September 2003 zugrunde gelegen habe, "ohne detaillierte Prüfung" der Daten genehmigt worden sei. Die X._ AG widersetzte sich den vorgeschlagenen Anpassungen, soweit sie einen vergleichenden Hinweis auf die höhere Wirkgeschwindigkeit von Spedifen® als Ibuprofen in Form von Arginat-Salz gegenüber anderen ibuprofenhaltigen Arzneimitteln ausschlossen. Sie habe mit konsolidierten Ergebnissen aus einem anerkannten und allgemeingültigen Schmerzmodell gezeigt, "dass Ibuprofenarginat innert 30 Minuten (Median)" von Schmerzen befreie und damit "signifikant schneller" als Ibuprofen wirke. A.c Am 6. Juli 2007 hielt die Swissmedic an ihrer Auffassung fest und forderte die X._ AG auf, die umstrittene Arzneimittelfachinformation wie folgt zu ändern (die durchgestrichenen Texte entfielen bzw. seien durch die neu aufgeführten Texte zu ersetzen): "Eigenschaften/Wirkungen: ...Pharmakodynamik Pharmakokinetische und klinische Studien zeigen, dass 15 - 30 Minuten nach Verabreichung von Spedifen (Ibuprofenarginat) maximale Plasmaspiegel an Ibuprofen erreicht werden (statt 60 -90 Minuten bei Ibuprofen aus anderen Arzneiformen). ...Klinische Wirksamkeit Klinische Studien erfolgten bei Schmerzen nach Zahnextraktion. Hier zeigt sich, dass Schmerzbefreiung durch Ibuprofenarginat innert 30 Minuten und signifikant schneller als durch Ibuprofen erreicht wird. Spedifen eignet sich zur Behandlung akuter Schmerz- und Entzündungszustände wie auch von schubweise wiederkehrenden Schmerzzuständen rheumatischer Erkrankungen degenerativer und entzündlicher Natur. Placebo-kontrollierte, klinische Studien mit 200 mg und 400 mg (Film-)Tabletten zeigten eine Wirkung bei Schmerzen nach Zahnextraktion, Spannungskopfschmerzen und Dysmenorrhoe. Die Wirkung in Form einer eindeutig spürbaren Verminderung der Schmerzen war dosisabhängig und setzte im Mittel (Median) nach 57 bzw. 45 Minuten ein (Bereich 29-76 bzw. 24-76 Minuten). Oder alternativ zu diesem Absatz: Die Wirkung tritt etwa nach 30 Minuten ein. Pharmakokinetik: Absorption Durch die Salzbildung mit der Aminosäure Arginin wird die Löslichkeit von Ibuprofen erhöht, welches dadurch schneller absorbiert wird. Granulat: Maximale Wirkstoffkonzentration von durchschnittlich 25 bzw. 57 mg/l werden im Serum 15-30 Minuten nach oraler Zufuhr von 200 bzw. 400 mg Ibuprofen erreicht (statt 16 bzw. 43 mg/l nach 60-90 Minuten bei Ibuprofen aus anderen Arzneiformen). Filmtabletten: Maximale Wirkstoffkonzentrationen von durchschnittlich 40,1 μg/ml werden im Serum ca. 30 Minuten nach oraler Zufuhr von 400 mg Ibuprofen (1 Filmtablette) erreicht (statt 43 μg/ml nach 60-90 Minuten bei Ibuprofen aus anderen Arzneiformen. Der Wirkungseintritt erfolgt bei ca. 30 Minuten. Granulat: Maximale Wirkstoffkonzentrationen von durchschnittlich 25 bzw. 57 μg/ml Ibuprofen werden im Serum 17-24 Minuten nach oraler Zufuhr von 200 bzw. 400 mg Ibuprofen (als Ibuprofenarginat) erreicht. (Film-)Tabletten: Maximale Wirkstoffkonzentrationen von durchschnittlich 24 bzw. 40 μg/ml Ibuprofen werden im Serum 28-42 Minuten nach oraler Zufuhr von 200 bzw. 400 mg Ibuprofen (als Ibuprofenarginat) erreicht. Wird Spedifen nach Mahlzeiten eingenommen, erfolgt die Absorption langsamer und die maximalen Plasmakonzentrationen sind niedriger". In der Patienteninformation hielt Swissmedic die X._ AG an, unter der Rubrik "Was ist Spedifen und wann wird es angewendet" folgende Korrektur vorzunehmen: Bei Schmerzen nach Zahnextraktion wird Schmerzbefreiung durch Spedifen innert 30 Minuten erreicht. Die Wirkung tritt etwa nach 30 Minuten ein. B. Mit Urteil vom 7. Mai 2009 wies das Bundesverwaltungsgericht die von der X._ AG hiergegen eingereichte Beschwerde ab. Es begründete seinen Entscheid im Wesentlichen damit, dass das Institut nicht die Verfügung vom 30. September 2003 widerrufen habe, sondern wegen einer ursprünglichen Fehlerhaftigkeit auf seinen Zulassungsentscheid vom 13. Dezember 2004 zurückgekommen sei. Swissmedic sei es nicht verwehrt gewesen, "im Interesse einer richtigen und einheitlichen Rechtsanwendung" eine nachträgliche Anpassung der Arzneimittelinformation zu verlangen. Das Institut habe die ursprünglich genehmigte Fachinformation "zu Recht" als fehlerhaft qualifiziert und belegt, dass eine Neubeurteilung erforderlich gewesen sei; es obliege jeweils der Zulassungsinhaberin, "nachzuweisen, dass der von ihr beantragte Text den Anforderungen entspricht [...], mithin aufgrund der beigebrachten Unterlagen bewiesen wurde". Die Beurteilung, wonach die von der X._ AG beantragten und ursprünglich bewilligten Änderungen der Fach- und Patienteninformation nicht hinreichend nachgewiesen seien, verletze kein Bundesrecht. C. Die X._ AG beantragt vor Bundesgericht, den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts - eventuell unter Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen - aufzuheben. Sie macht geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe sich bei der Überprüfung der angefochtenen Verfügung eine "falsch verstandene Zurückhaltung" auferlegt, was dazu führte, dass es ihre Ausführungen in weiten Teilen nicht in seine Erwägungen miteinbezogen und damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe. Die Vorinstanz habe sich einseitig auf die Ausführungen von Swissmedic gestützt und - meist pauschal und teilweise mit blossem Hinweis auf die Fundstelle in den Akten - festgestellt, diese seien nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Ihre Entgegnungen seien keiner eigenständigen Würdigung unterzogen worden. Swissmedic beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Eidgenössische Departement des Innern hat unter Hinweis auf die Ausführungen von Swissmedic darauf verzichtet, eine eigene Stellungnahme einzureichen. D. Der Abteilungspräsident hat der Eingabe am 31. Juli 2009 aufschiebende Wirkung beigelegt. Mit Verfügung vom 15. September 2009 (Zulassungsnummer 50'063) bzw. vom 6. November 2009 (Zulassungsnummer 50'677) verlängerte Swissmedic die am 12. Dezember 2009 ausgelaufene Zulassung von Spedifen®; sie wies dabei daraufhin, dass die Problematik der vor Bundesgericht strittigen Formulierungen der Arzneimittelinformation nach Rechtskraft des bundesverwaltungsgerichtlichen Entscheids wieder aufgenommen werde.
Erwägungen: 1. 1.1 Gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Verfügungen der Swissmedic in Anwendung des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21) bzw. der Ausführungserlasse dazu kann mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht gelangt werden (vgl. Art. 82 ff. BGG). Die X._ AG ist als Zulassungsinhaberin der Spedifen®-Produkte hierzu legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG), soweit sie am Ausgang des vorliegenden Verfahrens noch ein aktuelles Interesse hat (vgl. BGE 123 II 285 E. 4): Die Swissmedic ordnete die umstrittenen Modifikationen der Arzneimittelinformation am 6. Juli 2007 in Abänderung zweier Genehmigungsentscheide vom 30. September 2003 und vom 13. Dezember 2004 an. In den vorinstanzlichen Verfahren war umstritten, ob der Widerruf dieser - angeblich ursprünglich fehlerhaften - Verfügungen zulässig sei. Nachdem die Zulassungsbewilligung der umstrittenen Produkte am 12. Dezember 2009 so oder anders ausgelaufen ist, hat die Beschwerdeführerin kein schutzwürdiges Interesse mehr daran, dass das Bundesgericht prüft, ob die Verfügung der Swissmedic in diesem Punkt Bundesrecht verletzt hat. Wegen der aufschiebenden Wirkung ihrer Rechtsmittel war sie bis zum Ablauf der Bewilligungsdauer nicht verpflichtet, ihre Produkteinformationen gemäss den Anordnungen der Swissmedic vom 6. Juli 2007 anzupassen, womit ihr aus deren Entscheid während der ganzen Bewilligungsdauer kein Nachteil erwachsen ist. Ihre Beschwerde ist in diesem Punkt (Widerrufsvoraussetzungen) durch den Fristablauf gegenstandslos geworden; anders verhält es sich hinsichtlich der Frage der inhaltlichen Rechtmässigkeit der angeordneten Abänderungen, da die Swissmedic diesbezüglich bei der Erneuerung der Bewilligung implizit an ihrem Standpunkt festgehalten und den Ausgang des vorliegenden Verfahrens vorbehalten hat. 1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie ihn die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig, unvollständig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt wurde (Art. 105 Abs. 2 BGG). Der Betroffene hat darzulegen, dass und inwiefern dies klar und eindeutig der Fall ist (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3, 393 E. 7.1, 462 E. 2.4). Im Arzneimittelrecht bildet die Frage, welche Wirkungen Präparate haben und was die Studien dazu aussagen, Teil der Sachverhaltsfeststellung (Urteile 2A.526/2006 vom 6. März 2007 E. 6.2 und 2A.278/2005 vom 29. November 2005 E. 4.2, publ. in ZBl 107/2006 S. 661 ff.). Das Bundesgericht untersucht die Akten nicht selber auf Anhaltspunkte hin, welche diese als unrichtig oder zweifelhaft erscheinen lassen könnten (Urteil 2A.526/2006 vom 6. März 2007 E. 6.2). Eine offensichtliche Unrichtigkeit liegt nicht schon dann vor, wenn wissenschaftliche Studien zu unterschiedlichen Interpretationen Anlass geben, sondern nur, wenn die von der Behörde daraus gezogenen Schlüsse eindeutig und augenfällig unzutreffend erscheinen oder doch erhebliche Zweifel wecken (vgl. BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Allfällige wissenschaftliche Unsicherheiten gehen zulasten der beweispflichtigen Gesuchstellerin (vgl. Art. 10 HMG; Urteile 2A.526/2006 vom 6. März 2007 E. 6.5 und 2A.200/2003 vom 18. August 2003 E. 2.1). Fallen bei mehreren Studien die eine oder andere zugunsten des Präparats aus, genügt dies nicht, um den Sicherheits- oder Wirksamkeitsnachweis zu erbringen, wenn insgesamt Widersprüche bestehen bzw. andere Studien die behaupteten Ergebnisse nicht zu stützen vermögen (Urteil 2A.526/2006 vom 6. März 2007 E. 5 u. 6). 2. 2.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe sich in seinem Entscheid mit ihren Ausführungen nicht hinreichend auseinandergesetzt und seine Kognition in unzulässiger Weise beschränkt. Beschwerdeinstanzen auferlegten sich zwar regelmässig Zurückhaltung, "soweit für die Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheids hoch stehende fachliche oder spezialisierte Kenntnisse erforderlich seien", doch dürfe dies nicht für Rechtsfragen gelten; als erste verwaltungsunabhängige Instanz müsse das Bundesverwaltungsgericht das Vorgehen und die Argumente der Verwaltungsbehörden umfassend prüfen; es könne sich nicht "unbesehen" darauf verlassen, dass diese "stets richtig" entschieden; andernfalls die Einsetzung einer unabhängigen richterlichen Kontrollinstanz keinen Sinn mehr mache. Auch wenn sich die urteilende Behörde in ihren Ausführungen auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken dürfe, sei doch zu verlangen, dass sie zu diesen "eine einlässliche Begründung" abgebe und "die Argumente beider Parteien gleichermassen" in ihre Erwägungen "einbeziehe". Vorliegend habe das Bundesverwaltungsgericht ihre Überlegungen "gar nicht oder nur am Rande" erwähnt und in seiner Begründung nicht dargelegt, weshalb es die entsprechenden Argumente nicht als stichhaltig erachtet habe. 2.2 2.2.1 Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Akts zur Sache äussern zu können (BGE 122 II 274 E. 6b S. 286 f. mit Hinweisen). Er verlangt von der Behörde, dass sie seine Vorbringen tatsächlich hört, ernsthaft prüft und in ihrer Entscheidfindung angemessen berücksichtigt (BGE 123 I 31 E. 2c S. 34 mit Hinweisen). Dies gilt für alle form- und fristgerechten Äusserungen, Eingaben und Anträge, die zur Klärung der konkreten Streitfrage geeignet und erforderlich erscheinen (BGE 112 Ia 1 E. 3c S. 3). Die Begründung muss so abgefasst sein, dass der Betroffene den Entscheid gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Sie muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die es seinen Entscheid stützt. Nicht erforderlich ist, dass sich die Begründung mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (BGE 133 III 439 E. 3.3 S. 445 mit Hinweisen). Auch eine Rechtsmittelbehörde, der - wie dem Bundesverwaltungsgericht - volle Kognition zusteht, soll in Gewichtungsfragen den Beurteilungsspielraum der Vorinstanz respektieren. Sie muss zwar eine falsche Entscheidung korrigieren, darf aber die Wahl unter mehreren sachgerechten Lösungen der Vorinstanz überlassen. Wenn es um die Beurteilung technischer oder wirtschaftlicher Spezialfragen geht, kann sie sich mit Blick auf deren Fachwissen eine gewisse Zurückhaltung auferlegen, ohne damit ihre Kognition in unzulässiger Weise zu beschränken, falls im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für eine unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts bestehen und die spezialisierte Vorinstanz die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte geprüft und ihre Abklärungen sorgfältig und umfassend vorgenommen hat (vgl. BGE 131 II 680 E. 2.3.2 mit Hinweisen). 2.2.2 Der Beschwerdeführerin ist einzuräumen, dass die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu ihren Darlegungen bezüglich der Wirksamkeit und der wissenschaftlichen Einschätzung des von ihr eingereichten Materials knapp ausgefallen sind; es ergibt sich indessen daraus hinreichend klar, dass und warum das Gericht sich der Auffassung der Swissmedic anschloss. Das Schweizerische Heilmittelinstitut ist eine durch den Bund unter Mitwirkung der Kantone betriebene öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit, welche im Medizinalbereich über ein besonderes Fachwissen verfügt (vgl. Art. 68 ff. HMG); dies rechtfertigte die geübte Zurückhaltung in den von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen wissenschaftlich-technischen Fachfragen (etwa hinsichtlich der Probleme um die "Good Clinical Practice" [GCP] von Studien), nachdem keine Indizien dafür bestanden, dass das Institut die entscheidenden Kriterien widersprüchlich, rechtsungleich oder willkürlich angewendet haben könnte. Sind die Ausführungen von Swissmedic zu den wesentlichen Gesichtspunkten inhaltlich nachvollziehbar, besteht gestützt auf den Anspruch auf rechtliches Gehör kein Anlass zu weiteren Abklärungen seitens des Gerichts. Es ist in diesem Fall an der Gesuchstellerin, zu belegen, dass und inwiefern der Entscheid der Fachbehörde auf einer unsorgfältig erarbeiteten oder lückenhaften Grundlage beruht und deshalb eine unabhängige wissenschaftliche Analyse im gerichtlichen Verfahren erforderlich erscheint. 2.2.3 Die Beschwerdeführerin hatte im Widerrufs-/Anpassungsverfahren vor der Swissmedic umfassend Gelegenheit, ihren Standpunkt einzubringen; sie hat dabei verschiedene Kompromissvorschläge zur Formulierung der Fachinformation gemacht und von Swissmedic akzeptierte Alternativvorschläge abgelehnt. Das Bundesverwaltungsgericht führte einen doppelten Schriftenwechsel durch, in dem die Beschwerdeführerin sich detailliert zu den wissenschaftlichen Vorbehalten von Swissmedic äussern konnte. Sie erhielt schliesslich auch Gelegenheit, ihren Standpunkt vor Gericht mündlich darzulegen, wobei sie keine zusätzlichen wissenschaftlichen Unterlagen nachreichte. Das Gericht kam in der Folge zur Auffassung, dass es nicht zu beanstanden sei, wenn Swissmedic die europäische Leitlinie zur Durchführung von klinischen Studien mit Arzneimittel zur Behandlung von Schmerzen (CPMP/EWP/612/00) sinngemäss angewendet habe, obwohl die Zulassungsvoraussetzungen eines Analgetikums mit bekanntem Wirkstoff zur Diskussion gestanden habe, welches eine Weiterentwicklung eines Originalpräparats darstellte. Es schloss sich im Folgenden auch den Überlegungen der Swissmedic an, dass verschiedene Indizien darauf hinwiesen, dass die eingereichten Unterlagen (noch) keine hinreichende wissenschaftliche Basis für die gewünschte Formulierung und positive Abgrenzung hinsichtlich des Wirksamkeitseintritts von Ibuprofen-Arginat (IBA) gegenüber Ibuprofen-Säure (IBU) böten, was in der ursprünglichen Genehmigungsverfügung verkannt worden sei. Die Vorinstanz übernahm damit die fachlich-wissenschaftlichen Ausführungen von Swissmedic in deren Verfügung und Vernehmlassungen, womit es der Beschwerdeführerin möglich war, ihren Entscheid sachgerecht anzufechten. 2.2.4 Juristisch hat das Bundesverwaltungsgericht seinen Entscheid umfassend und ohne Beschränkung seiner Kognition begründet. Es war in diesem Rahmen nicht gehalten, auf sämtliche wissenschaftlichen Ausführungen der Beschwerdeführerin, die sie in der vorliegenden Eingabe unter dem Titel der Verweigerung des rechtlichen Gehörs umfassend wiederholt, im Einzelnen einzugehen. Es wäre an der Beschwerdeführerin gewesen, allenfalls mit zusätzlichem wissenschaftlichem Material darzutun, dass und weshalb die technische Einschätzung von Swissmedic, die in der Fachinformation gewünschten Hinweise seien nicht für alle Indikationen wissenschaftlich genügend fundiert nachgewiesen, falsch erschien und weitere gerichtliche Abklärungen nötig machte. 3.1 3.1.1 Das Heilmittelinstitut entscheidet nach Prüfung der erforderlichen Unterlagen über die Zulassung von Arzneimitteln bzw. neuen Indikationen, wobei die Gesuchstellerin belegen muss, dass ihr Präparat qualitativ hochstehend, sicher und wirksam ist (Art. 10 und Art. 16 HMG). Die Arzneimittelinformation (Fach- und Patienteninformation) bildet Teil des Bewilligungsverfahrens (vgl. Art. 11 Abs. 1 lit. f HMG; Art. 2 lit. a in Verbindung mit Art. 4 und 5 der Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts vom 9. November 2001 über die Anforderungen an die Zulassung von Arzneimitteln [AMZV; SR 812.212.22]; Urteil 2A.278/2005 vom 29. November 2005 E. 2.1, publ. in: ZBl 107/2006 S. 526 ff.). Erläuternde Ausführungen in der Fachinformation müssen mit der Anwendung des Arzneimittels in einem direkten Zusammenhang stehen und für die gesundheitliche Aufklärung wichtig sein; sie dürfen anderen Angaben nicht widersprechen und haben sich auf die zugelassenen Anwendungen zu beziehen (vgl. Art. 13 und 14 in Verbindung mit Ziff. 1 Abs. 6 des Anhangs 4 der AMZV ["Anforderung an die Information für die Medizinalpersonen und den Arzneimittel-Fachhandel"] sowie Ziff. 13 und 14 der Erläuterungen der Swissmedic hierzu [Stand: 1. Oktober 2006]). Über die Fachinformation sollen die behandelnden Medizinalpersonen die für die Verschreibung und sichere Anwendung von Arzneimitteln erforderlichen Angaben erhalten; nur diese erlauben es ihnen, die Patienten sachgerecht zu beraten und zu informieren, womit die entsprechenden Informationen deren Schutz dienen: Sie sollen potentielle Gefahren und mögliche Täuschungen oder Fehlinterpretationen im Umgang mit dem jeweiligen Arzneimittel verhindern ("Heilmittelrechtliches Vorsorgeprinzip"; vgl. auch JUANA SCHMIDT, Pharmakommunikation - Information oder Werbung?, in: Dörr/Michel [Hrsg.], Biomedizinrecht, 2007, S. 371 ff., dort S. 389 ff.). 3.1.2 Die Swissmedic kann die Zulassung während der Geltungsdauer von Amtes wegen oder auf Gesuch hin veränderten Verhältnissen anpassen. Sie ist in diesem Rahmen insbesondere auch befugt, Änderungen der Arzneimittelinformationen anzuordnen, wenn diese den gesetzlichen Vorgaben nicht mehr entsprechen (Art. 16 Abs. 2 und Art. 66 Abs. 1 HMG). Die Zulassungsinhaberin muss ihrerseits jeweils dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik sowie neuen Ereignissen und Bewertungen Rechnung tragen, wobei sie die nötigen Änderungen in der Regel vorgängig dem Institut zur Bewilligung vorzulegen hat (vgl. Art. 16 der Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittel [Arzneimittelverordnung, VAM; SR 812.212.21]). Die Genehmigung erfolgt aufgrund einer wissenschaftlichen Begutachtung, sofern von der Gesuchstellerin eine Dokumentation vorgelegt wird oder die Änderung sicherheitsrelevant ist; ansonsten wird auf eine (erneute) wissenschaftliche Begutachtung verzichtet (vgl. Ziff. 2 Abs. 1 Subziff. 2 und 3, Ziff. 3 Abs. 1 Subziff. 1 - 3 Anhang 7 AMZV). Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wird geprüft, ob der vorgeschlagene Text, (noch) dem aktuellen Wissensstand entspricht. Dabei kommt dem Institut als Fachbehörde ein pflichtgemäss wahrzunehmender Beurteilungsspielraum zu, den es gestützt auf eigene Erkenntnisse, allgemein zugängliche wissenschaftliche Arbeiten, Richtlinien schweizerischer und internationaler (Fach-)Organisationen und den von der Gesuchstellerin beigebrachten Unterlagen sachgerecht wahrzunehmen hat. 3.1.3 Indirekt mit der Fachinformation ist die Frage der Fachwerbung verbunden: Zwar gilt die Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittelwerbung (Arzneimittel-Werbeverordnung, AWV; SR 812.212.5; vgl. URSULA EGGENBERGER STÖCKLI, Werbung für Heilmittel, in: Poledna [Hrsg.], Gesundheit und Werbung, 2005, S. 61 ff., dort S. 80 f.) für das Packungsmaterial und die Arzneimittelinformation nicht unmittelbar (Art. 1 Abs. 2 lit. a AWV), doch müssen alle Angaben in der Fachwerbung im Einklang mit der vom Schweizerischen Heilmittelinstitut zuletzt genehmigten Arzneimittelinformation stehen; insbesondere dürfen grundsätzlich nur vom Institut genehmigte Indikationen und Anwendungsmöglichkeiten beworben werden (Art. 5 Abs. 1 AWV; vgl. URSULA EGGENBERGER STÖCKLI, Arzneimittel-Werbeverordnung, 2006, N. 11 ff. zu Art. 5 AWV). Die Fachwerbung muss in ihren Aussagen genau, ausgewogen, sachlich zutreffend und belegbar sein; sie darf keine irreführenden Angaben enthalten (Art. 5 Abs. 3 AWV). Die Werbeaussagen müssen auf dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse beruhen und sollen diesen widerspiegeln. Sie dürfen nur auf klinische Versuche Bezug nehmen, die nach den Anforderungen der Guten Praxis der Klinischen Versuche (GPKV) durchgeführt und publiziert oder zur Publikation angenommen sind (Art. 5 Abs. 5 AWV). Aussagen zu Vergleichen mit anderen Arzneimitteln sind in der Fachwerbung zulässig, wenn sie sich als wissenschaftlich korrekt erweisen und sich auf Studien abstützen, welche den Anforderungen der Guten Praxis der Klinischen Versuche entsprechen (Art. 7 AWV). 3.1.3 Indirekt mit der Fachinformation ist die Frage der Fachwerbung verbunden: Zwar gilt die Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittelwerbung (Arzneimittel-Werbeverordnung, AWV; SR 812.212.5; vgl. URSULA EGGENBERGER STÖCKLI, Werbung für Heilmittel, in: Poledna [Hrsg.], Gesundheit und Werbung, 2005, S. 61 ff., dort S. 80 f.) für das Packungsmaterial und die Arzneimittelinformation nicht unmittelbar (Art. 1 Abs. 2 lit. a AWV), doch müssen alle Angaben in der Fachwerbung im Einklang mit der vom Schweizerischen Heilmittelinstitut zuletzt genehmigten Arzneimittelinformation stehen; insbesondere dürfen grundsätzlich nur vom Institut genehmigte Indikationen und Anwendungsmöglichkeiten beworben werden (Art. 5 Abs. 1 AWV; vgl. URSULA EGGENBERGER STÖCKLI, Arzneimittel-Werbeverordnung, 2006, N. 11 ff. zu Art. 5 AWV). Die Fachwerbung muss in ihren Aussagen genau, ausgewogen, sachlich zutreffend und belegbar sein; sie darf keine irreführenden Angaben enthalten (Art. 5 Abs. 3 AWV). Die Werbeaussagen müssen auf dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse beruhen und sollen diesen widerspiegeln. Sie dürfen nur auf klinische Versuche Bezug nehmen, die nach den Anforderungen der Guten Praxis der Klinischen Versuche (GPKV) durchgeführt und publiziert oder zur Publikation angenommen sind (Art. 5 Abs. 5 AWV). Aussagen zu Vergleichen mit anderen Arzneimitteln sind in der Fachwerbung zulässig, wenn sie sich als wissenschaftlich korrekt erweisen und sich auf Studien abstützen, welche den Anforderungen der Guten Praxis der Klinischen Versuche entsprechen (Art. 7 AWV). 3.2 3.2.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, zwischen ihr und der Swissmedic sei in der Sache selber im Wesentlichen noch umstritten, (1) ob Ibuprofen-Arginat (der Wirkstoff in Spedifen [IBA]) schneller wirkt als Ibuprofen-Säure (IBU), die in herkömmlichen Ibuprofen-Präparaten zur Anwendung kommt, (2) ob der Unterschied zwischen IBA und IBU beim Wirkungseintritt in der Arzneimittelinformation erwähnt werden darf und (3) ob Swissmedic ohne triftige Gründe auf die Verfügung vom 30. September 2003 zurückgekommen ist. Die letzte Frage ist hier nicht mehr zu prüfen, da die ursprünglich auf fünf Jahre beschränkte Zulassungsbewilligung am 12. Dezember 2009 ausgelaufen ist (vgl. oben E. 1.1). 3.2.2 In Bezug auf die wissenschaftliche Einschätzung der eingereichten Unterlagen bringt die Beschwerdeführerin nichts vor, was die Annahme, die eingereichten Unterlagen genügten im Rahmen der Guten Praxis der Klinischen Versuche (GPKV) für den gewünschten allgemeinen Hinweis einer schnelleren Wirksamkeit von Spedifen® nicht, als offensichtlich unvollständig oder fehlerhaft erscheinen liesse. Ihre Ausführungen erschöpfen sich darin, die eigenen, bereits wiederholt in den vorinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Einschätzungen jenen des Instituts gegenüberzustellen. Sie verkennt dabei, dass es an ihr ist, die Wirksamkeit hinsichtlich der bewilligten Indikationen anhand von wissenschaftlich erhärteten, über vernünftige Zweifel erhabene Untersuchungen nachzuweisen. Die von ihr eingereichten Unterlagen weisen zwar allenfalls auf eine gewisse schnellere Wirkgeschwindigkeit im Rahmen klinischer Versuche bei chirurgischen Zahnextraktionen hin (Dental Surgery-Studien); die Swissmedic durfte indessen davon ausgehen, dass die entsprechende Behauptung für die anderen zugelassenen Indikationen dadurch nicht im Rahmen der CPMP-Guideline (Note for Guidance on Clinical Investigation of Medicinal Products for Treatment of Nociceptive Pain [CPMP/WEWP/612/00]) hinreichend nachgewiesen erschien (vgl. das Urteil 2A.515/2002 vom 28. März 2003 E. 3.5). Das Indikations-/Anwendungsgebiet von Spedifen® umfasst gemäss Arzneimittel-Kompendium "verschiedene Schmerzzustände besonders akuter Natur, wie z.B. Symptome des Zervikalsyndroms, Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, muskuläre und osteoartikuläre Schmerzen, schmerzhafte Wirbelsäulensyndrome, posttraumatische und postoperative Entzündungen und Schmerzen; Schmerzzustände in der Gynäkologie wie z.B. Dysmenorrhoe; schubweise wiederkehrende Schmerzzustände bei rheumatischen Erkrankungen entzündlicher und degenerativer Formen und bei morgendlicher Gelenksteifheit; extraartikuläre rheumatische Beschwerden; Fieber- und Schmerzzustände bei infektiösen Erkrankungen (z.B. grippale Infekte)". Die von der Beschwerdeführerin als "Pivotal-Studien" bezeichneten Untersuchungen bezogen sich auf chirurgische Zahnextraktionen; für die anderen Bereiche reichte sie lediglich zwei ergänzende supportive Studien bei Dysmenorrhoe ein; die zwei Studien bei Spannungs-Kopfschmerzen bezeichnete sie im Laufe des Verfahrens als "untaugliches Schmerzmodell", obwohl entsprechende Schmerzen ebenfalls in den zugelassenen Anwendungsbereich fallen, weshalb die diesbezüglichen Untersuchungen nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben konnten. 3.2.3 Swissmedic hat nachvollziehbar dargelegt, dass aus den von der Beschwerdeführerin angerufenen Werten der drei Dental Surgery-Studienberichten nicht zwingend generell auf den behaupteten schnelleren Wirkungseintritt geschlossen werden kann, da sie in verschiedenen Punkten (Definition im Studienprotokoll, Signifikanzschranken usw.) nicht den Anforderungen der einschlägigen Guidelines entsprächen. Es bestanden gestützt auf die inkonsistenten Resultate der Studie IA-US-03 (ungewöhnlich langsame Resorption und unterdurchschnittlich tiefe maximale Plasmaspiegel im Vergleich zu anderen Ibuprofen-Präparaten), bei der als einziger der eingereichten sieben klinischen Untersuchungen gleichzeitig die Pharmakokinetik und die klinische Wirksamkeit untersucht wurden (vgl. zu den verschiedenen Untersuchungstypen und -definitionen: Christoph Schmidt, Die Zulassung von Arzneimitteln nach dem Heilmittelgesetz, 2008, S. 96 ff.), tatsächlich Zweifel daran, dass die Resultate eine genügende statistische Signifikanz der Unterschiede (zum Original Ibuprofen), klinische Relevanz der Effektgrösse (Ausmass der Wirkung von Test und Referenz im Vergleich mit Placebo im Dosierungsintervall) und wissenschaftlich ausreichende Datenkonsistenz über sämtliche Studien hinweg für die von der Beschwerdeführerin gewünschten vergleichenden Aussagen über die Wirkgeschwindigkeit zu schaffen vermochten. Zwar ist Ibuprofen als Arginat(-salz) besser wasserlöslich als andere Ibuprofenformen; hieraus kann aber nicht zwangsläufig darauf geschlossen werden, dass damit auch eine schnellere Absorption oder gar ein schnellerer klinischer Wirkungseintritt erstellt ist. Ein solcher muss vielmehr mit geeigneten, den einschlägigen wissenschaftlichen Guidelines entsprechenden klinischen Studien belegt werden. 3.2.4 Mit der Beschwerdeführerin ist davon auszugehen, dass nicht jede vergleichende Aussage zu einem anderen ähnlichen Produkt in der Fachinformation ausgeschlossen erscheint (vgl. Eggenberger Stöckli, a.a.O., N. 16 zu Art. 5 AWV). Es kann durchaus ein Interesse daran bestehen, die Fachkreise über den schnelleren Wirkungseintritt eines Stoffes in einer bestimmten Form gegenüber anderen Arzneiformen zu informieren; gleichzeitig müssen dann aber wohl auch die Wirkungsdauer und allenfalls die Wirkungsintensität mitberücksichtigt werden. Auf jeden Fall haben die entsprechenden Unterschiede wissenschaftlich unzweifelhaft belegt zu sein; nur dann kann sich die Frage stellen, ob allenfalls - mit Blick auf die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV), welche auch das Recht auf Werbung umfasst - ein Anspruch darauf besteht, dass sie in die Fachinformationen aufgenommen werden. Da bei den sieben eingereichten Studien - wie dargelegt - hinreichende Indizien für eine ungenügende wissenschaftliche Validität bestanden, braucht die Frage hier nicht vertieft zu werden. Grundsätzlich bleibt es bei den Vorgaben des Heilmittelinstituts, wonach die Angaben über die Eigenschaften des Wirkstoffes oder der Wirkstoffkombination konzis und belegt sein müssen und Werbeaussagen zu unterlassen sind. Pharmakodynamisch sollen nur Wirkungen beschrieben werden, die für die Indikation relevant oder zum Verständnis von Nebenwirkungen wichtig erscheinen. Dabei ist deutlich zwischen experimentellen Befunden und nachgewiesenen therapeutischen Wirkungen beim Menschen zu unterscheiden. Mit Bezug auf die klinische Wirksamkeit sind die wesentlichen Daten der vorgelegten klinischen Studien zu erwähnen (z.B. Charakteristik der Patientenpopulation, Effektgrösse, Statistik usw.; vgl. zum Ganzen: Ziff. 13 der Erläuterungen der Swissmedic vom 1. Oktober 2006 zu den "Anforderungen an die Information für die Medizinalpersonen und den Arzneimittel-Fachhandel [Fachinformation]"). 4. Was die Beschwerdeführerin gegen den angefochtenen Entscheid weiter einwendet, lässt diesen ebenfalls nicht bundesrechtswidrig erscheinen: 4.1 Zwar fällt ihre Tätigkeit in den Anwendungsbereich der Wirtschaftsfreiheit, doch darf diese zum Schutz des Publikums im öffentlichen Interesse durch angemessene Massnahmen beschränkt werden (vgl. Art. 36 BV). Dass allenfalls nur wissenschaftlich einwandfrei belegte Charakteristika eines Wirkstoffs in Abgrenzung zu ähnlichen Arzneiformen in die Fachinformation aufgenommen werden können, womit sie hernach im Rahmen der Arzneimittel-Werbeverordnung auch beworben werden dürfen, dient der klaren Information von Fachkreisen und Publikum sowie der Lauterkeit auf dem Medikamentenmarkt (vgl. Art. 1 Abs. 3 lit. c HMG). Dieser soll nicht nur "qualitativ hoch stehende, sichere und wirksame Heilmittel" hervorbringen (Art. 1 Abs. 1 HMG), sondern den Konsumentinnen und Konsumenten zudem auch einen angemessenen Schutz vor Täuschung bieten (Art. 1 Abs. 2 lit. a HMG). Die in Verkehr gebrachten Heilmittel sind ihrem Zweck entsprechend und massvoll zu verwenden (Art. 1 Abs. 2 lit. b HMG), was eine konzise und wissenschaftlich belegte Information über die gesamten oder doch über einen wesentlichen Teil der zulässigen Indikationen bzw. Applikationen voraussetzt (vgl. POLEDNA/BERGER, Öffentliches Gesundheitsrecht, 2002, N. 308). 4.2 Soweit die Beschwerdeführerin eine Gleichbehandlung mit Algifor-L®/-forte verlangt, das ihrem Ibuprofenprodukt ähnlich sei, verkennt sie, dass in dessen Fachinformation lediglich darauf hingewiesen wird, dass das darin enthaltene Ibuprofenlysinat "die gleichen pharmakologischen Eigenschaften wie Ibuprofen" zeigt, sich aber von diesem durch "seine höhere Wasserlöslichkeit" unterscheidet. Pharmakokinetisch wird festgehalten, dass der maximale Plasmaspiegel von 33,6 mg/l (Beutel) resp. 37,2 mg/l (Filmtablette) "in ungefähr 30 Minuten nach einer oralen Gabe von 400 mg Ibuprofen" erreicht wird. Abgesehen davon, dass die entsprechenden Informationen auf anderen Unterlagen beruhen, unterscheiden sich die von der Swissmedic gegenüber der Beschwerdeführerin angeordneten Anpassungen im Resultat hiervon nicht grundlegend: Auch die Fachinformation zu Algifor-L®/-forte enthält trotz der ebenfalls bestehenden höheren Wasserlöslichkeit keinen vergleichenden Hinweis bezüglich eines gegenüber anderen Ibuprofenprodukten schnelleren Wirkungseintritts. Die Beschwerdeführerin kann aus der bewilligten Produkteinformation von Algifor-L®/-forte deshalb nichts zu ihren Gunsten ableiten. 4.3 Dasselbe gilt bezüglich der Tatsache, dass die französische Zulassungsbehörde Spifen 400 mg mit dem pharmakologischen Hinweis akzeptiert hat: "...Dans les douleurs dentaires post-extractionelles, l'effet antalgique de SPIFEN à été observé plus précocement que pour une forme conventionnelle d'ibuprofène" und die Beschwerdeführerin gestützt hierauf in Frankreich entsprechend wirbt: Es ist nicht ersichtlich, auf welchen rechtlichen und wissenschaftlichen Grundlagen die französischen Behörden diesen Hinweis gestattet haben. Bezüglich der Werbung in der Schweiz hat das Bundesgericht die Auffassung von Swissmedic bestätigt, dass bereits gestützt auf die bisherigen Arzneimittelinformationen Aussagen wie "Lindert den Schmerz bereits nach wenigen Minuten" und: "...befreit vollständig vom Schmerz innert 30 Minuten" sachlich unzutreffend und übertrieben seien; der zuletzt genehmigten Arzneimittelinformation könne kein Hinweis darüber entnommen werden, in welchem Umfang und nach welchem Zeitablauf eine Linderung der Schmerzen eintrete; sie enthalte auch keine Angaben, die darauf hindeuten würden, dass eine vollständige Schmerzbefreiung nach zirka 30 Minuten eintreten könnte (Urteil 2A.607/2005 vom 23. Juni 2006, E. 6 ["Dolo-Spedifen 400"], publ. in: sic! 2007 S. 126 ff.). Nach Art. 13 HMG sind zwar bei Arzneimitteln, die bereits in einem anderen Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle zugelassen sind, die entsprechenden Ergebnisse - auch hinsichtlich der Arzneimittelinformationen - zu berücksichtigen. Die ausländische Zulassung muss indessen nicht zwingend übernommen werden. Sie bildet lediglich ein Indiz dafür, dass eine genügende wissenschaftliche Relevanz bestehen kann, entbindet die Swissmedic indessen nicht davon, ihrer Prüfungspflicht gemäss dem schweizerischen Zulassungsrecht nachzukommen und bei wissenschaftlich begründeten Zweifeln zusätzliche Unterlagen einzuverlangen (vgl. CHRISTA TOBLER, in: BSK Heilmittelgesetz, Basel 2006, N. 5 ff. zu Art. 13 HMG). 5. Die vorliegende Beschwerde ist somit unbegründet und deshalb abzuweisen, soweit sie nicht gegenstandslos geworden ist (vgl. oben E. 1.1 [Bewilligungswiderruf wegen ursprünglicher Fehlerhaftigkeit]). Die unterliegende Beschwerdeführerin wird für das bundesgerichtliche Verfahren vollumfänglich kostenpflichtig (vgl. Art. 66 BGG; vgl. BGE 125 V 373 E. 2a; 118 Ia 488 E. 4a S. 494 f.): Auch hinsichtlich des Bewilligungswiderrufs wäre ihre Beschwerde aufgrund der vorinstanzlichen Ausführungen vermutlich abzuweisen gewesen. Der Überführungsentscheid von der IKS- zur Swissmedic-Zulassung stand unter dem ausdrücklichen Vorbehalt einer nachträglichen umfassenderen Prüfung der Rechtmässigkeit der Zulassung "gestützt auf bereits vorhandene Akten oder künftige Erkenntnisse", was es Swissmedic erlaubte, im Interesse einer richtigen und einheitlichen Rechtsanwendung auf die frühere Prüfung zurückzukommen und eine nachträgliche Anpassung bzw. Präzisierung der Arzneimittelinformation im Einklang mit den Resultaten der ursprünglich zu Unrecht nicht hinreichend gewürdigten Studien zu verlangen (vgl. die E. 3.4 des angefochtenen Entscheids). Dem Verfahrensausgang entsprechend sind keine Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit sie nicht gegenstandslos geworden ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, sowie dem Eidgenössischen Departement des Innern schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 18. Januar 2010 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Müller Hugi Yar
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de
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Sachverhalt: A. Die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich führte gegen X._ ein Strafverfahren wegen verschiedener Delikte, unter anderem wegen Körperverletzungsdelikten. X._ befand sich vom 24. Juni 2012 bis zum 17. April 2013, mithin während 298 Tagen, in Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft. Während der Haftdauer wurde kein vorzeitiger Massnahmenvollzug angeordnet. Die Haft diente der Verhinderung weiterer Straftaten. B. Das Bezirksgericht Winterthur erkannte mit Urteil vom 17. April 2013, dass X._ die Straftatbestände der versuchten schweren Körperverletzung, der qualifizierten einfachen Körperverletzung, der Tätlichkeiten und der Sachbeschädigung erfüllt hatte. Es sprach ihn von diesen Anklagevorwürfen wegen Schuldunfähigkeit jedoch frei. Hingegen erklärte es ihn des mehrfachen Hausfriedensbruchs schuldig. Es bestrafte X._ mit einer unbedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 30.--. Gleichzeitig ordnete es eine stationäre therapeutische Massnahme an. Das Bezirksgericht stellte fest, dass sich X._ im vorliegenden Verfahren während 208 Tagen in Überhaft befunden hatte. Es sprach ihm hierfür (nach Abzug von 11 Tagen, die an Ersatzfreiheitsstrafen gemäss diversen Strafbefehlen angerechnet werden konnten) im Umfang von 197 Tagen eine Genugtuung von Fr. 12'000.-- zu. Auf Berufung der Staatsanwaltschaft und Anschlussberufung von X._ hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 10. Februar 2014 das bezirksgerichtliche Urteil, soweit dieses nicht in Rechtskraft erwachsen war. C. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, das obergerichtliche Urteil vom 10. Februar 2014 sei wegen Verletzung von Art. 431 Abs. 2 und 3 StPO aufzuheben und die Strafsache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. D. Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Vernehmlassung. X._ beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
Erwägungen: 1. Die Beschwerdeführerin erhielt den angefochtenen Entscheid gemäss Empfangsschein der Vorinstanz am 26. März 2014. Die Beschwerde wurde der Schweizerischen Post am 24. April 2014 übergeben und ist damit offensichtlich rechtzeitig. 2. 2.1. Der Beschwerdegegner befand sich vom 24. Juni 2012 bis zum 17. April 2013 in Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft. Die Haft diente der Verhinderung weiterer Straftaten. Sie war im Zeitpunkt ihrer Anordnung rechtmässig; Haftgrund und Haftvoraussetzungen lagen vor. Nach Ausfällung des Urteils stellte sich heraus, dass die ausgestandene Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft von insgesamt 298 Tagen die bedingt ausgesprochene Geldstrafe von 90 Tagessätzen im Umfang von 208 Tagen überstieg und insofern übermässig war. Nach Abzug von 11 Tagen, die an Ersatzfreiheitsstrafen gemäss diversen Strafbefehlen angerechnet werden konnten, verblieb eine Überhaft von 197 Tagen. 2.2. Die Vorinstanz entschädigt den Beschwerdegegner hierfür auf der Grundlage von Art. 431 Abs. 2 StPO mit einer Genugtuung von Fr. 12'000.--. Sie erwägt, die verbüsste Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft im Umfang von 197 Tagen könne nicht an die angeordnete stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB angerechnet werden, weil der Behandlungszweck der Massnahme und nicht der Freiheitsentzug im Vordergrund stehe. Mit Hilfe der Massnahme bestehe die intakte Aussicht, die Rückfallgefahr signifikant zu senken. Da sich die Massnahmendauer danach bemesse, in welcher Zeit das Massnahmenziel zu erreichen sei, mache eine Anrechnung der Haft auf die Dauer der Massnahme logisch betrachtet keinen Sinn (Entscheid, S. 32 ff.). 2.3. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die dem Beschwerdegegner zugesprochene Genugtuung. Sie rügt eine Verletzung von Art. 431 Abs. 2 und 3 StPO. Die Vorinstanz gelange zu Unrecht zum Schluss, dass Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft nicht auch an freiheitsentziehende Massnahmen im Sinne von Art. 56 ff. StGB anzurechnen sei. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf den Willen des Gesetzgebers, den Wortlaut von Art. 431 Abs. 2 StPO sowie auf Sinn und Zweck von freiheitsentziehenden Massnahmen. 2.4. Damit ist vorliegend die Frage zu klären, ob Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft an freiheitsentziehende Massnahmen gemäss Art. 56 ff. StGB, konkret an stationäre therapeutische Massnahmen im Sinne von Art. 59 StGB, angerechnet werden kann. Ist die Frage zu bejahen, d.h. kann angerechnet werden, hat dies zur Folge, dass ein Entschädigungsanspruch grundsätzlich entfällt. Soweit ersichtlich, hat sich das Bundesgericht hierzu noch nie geäussert (vgl. Urteil 6B_297/2013 vom 27. Mai 2013 E. 3, worin die Frage offengelassen wurde). 3. 3.1. Sind gegenüber der beschuldigten Person rechtswidrig Zwangsmassnahmen angewandt worden, so spricht ihr die Strafbehörde eine angemessene Entschädigung und Genugtuung zu (Art. 431 Abs. 1 StPO). Im Fall von Untersuchungs- und Sicherheitshaft besteht der Anspruch, wenn die zulässige Haftdauer überschritten ist und der übermässige Freiheitsentzug nicht an die wegen anderer Straftaten ausgesprochenen Sanktionen angerechnet werden kann (Art. 431 Abs. 2 StPO). Der Anspruch nach Abs. 2 entfällt, wenn die beschuldigte Person zu einer Geldstrafe, zu gemeinnütziger Arbeit oder zu einer Busse verurteilt wird, die umgewandelt eine Freiheitsstrafe ergäbe, die nicht wesentlich kürzer wäre als die ausgestandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft (Art. 431 Abs. 3 lit. a StPO), oder wenn sie zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt wird, deren Dauer die ausgestandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft überschreitet (Art. 431 Abs. 3 lit. b StPO). 3.2. Art. 431 StPO gewährleistet mithin Anspruch auf Entschädigung und Genugtuung bei rechtswidrigen Zwangsmassnahmen (Abs. 1) oder bei Überhaft (Abs. 2). Sogenannte Überhaft liegt vor, wenn die Untersuchungs- und/oder Sicherheitshaft unter Einhaltung der formellen und materiellen Voraussetzungen rechtmässig angeordnet wurde, diese Haft den im Entscheid ausgesprochenen Freiheitsentzug aber überschreitet, also länger dauert als die tatsächlich ausgefällte Sanktion. Bei Überhaft nach Art. 431 Abs. 2 StPO ist also nicht die Haft per se, sondern nur die Haftlänge ungerechtfertigt. Sie wird erst im Nachhinein, d.h. nach Fällung des Urteils, übermässig ( WEHRENBERG/ FRANK, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, Rz. 3 und 21 zu Art. 431 StPO; YVONA GRIESSER, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, Rz. 2 zu Art. 431 StPO mit Hinweis; NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, Rz. 2 zu Art. 431 StPO, welcher die Einreihung der Überhaft unter die Marginale rechtswidrig angewandter Zwangsmassnahmen insoweit kritisiert). 3.3. Art. 431 Abs. 2 StPO stellt die Grundregel auf, dass Überhaft nur zu entschädigen ist, wenn sie nicht an die wegen anderer Straftaten ausgesprochenen Sanktionen angerechnet werden kann. Das steht im Einklang mit der im Kern kongruenten Regel von Art. 51 StGB. Gestützt auf diese Bestimmung rechnet das Gericht die Untersuchungshaft, die der Täter während dieses oder eines anderen Verfahrens ausgestanden hat, auf die Strafe an (vgl. BGE 135 IV 126 E. 1.3.5). Als Untersuchungshaft gilt jede in einem Strafverfahren verhängte Haft; Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft (Art. 110 Abs. 7 StGB). Nach dem Wortlaut von Art. 51 StGB ist für die Anrechnung der Haft weder Tat- noch Verfahrensidentität erforderlich (vgl. auch BGE 133 IV 150 E. 5.1 S. 154 ff.; Urteil 1B_179/2011 vom 17. Juni 2011 E. 4.2; je mit Hinweisen). Anzurechnen ist sowohl auf unbedingte als auch auf bedingte Strafen (vgl. BGE 135 IV 126 E. 1.3.6; Urteil 6B_75/2009 vom 2. Juni 2009 E. 4.3-4.4). Art. 51 StGB liegt der Grundsatz der umfassenden Haftanrechnung zugrunde (so schon Urteil 6S.421/2005 vom 23. März 2006 zu aArt. 69 StGB). Erst wenn eine Anrechnung der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft an eine andere Sanktion nicht mehr erfolgen kann, stellt sich die Frage der finanziellen Entschädigung (vgl. Urteil 6B_558/2013 vom 13. Dezember 2013 E. 1.5 mit Hinweisen). Der Ausgleich von Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft soll demnach in erster Linie als Realersatz erfolgen. Es ist dabei primär auf Freiheitsstrafen anzurechnen, sekundär auf allfällige Nebensanktionen wie Geldstrafen, Arbeitsstrafen oder Bussen (vgl. BGE 135 IV 126 E. 1.3.6; 133 IV 150 E. 5.1 S. 155 mit Hinweisen). Der Ausgleich in Form einer Entschädigung ist subsidiär. Der Betroffene hat diesbezüglich kein Wahlrecht ( SCHMID, a.a.O., Praxiskommentar, Rz. 4, 5 und 8 zu Art. 431 StPO; DERSELBE, Schweizerische Strafprozessordnung, Handbuch des Schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, Rz. 1826 ff. S. 816; WEHRENBERG/ FRANK, a.a.O., Rz. 22 zu Art. 431 StPO; POPP/SEITZ, Ausgleich von Untersuchungshaft, in Anwaltsrevue 2010, S. 163 ff., S. 167 f.). 3.4. Nicht geregelt ist im Gesetz die Frage der Anrechnung von Untersuchungs- und Sicherheitshaft an freiheitsentziehende Massnahmen im Sinne von Art. 56 ff. StGB. Die Meinungen im Schrifttum sind diesbezüglich geteilt. Nach der einen Auffassung ist Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft an freiheitsentziehende Massnahmen anzurechnen ( YVONA GRIESSER, a.a.O., Rz. 11 zu Art. 431 StPO; siehe auch SCHMID, a.a.O., Handbuch, Rz. 1828 S. 817). Die Vertreter dieser Lehrmeinung verweisen zur Begründung ihres Standpunkts im Wesentlichen auf den Willen des Gesetzgebers, wonach eine Anrechnung von Untersuchungs- und Sicherheitshaft, falls möglich, auch an freiheitsentziehende Massnahmen erfolgt (Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 1085 ff., 1330). Nach einer anderen Ansicht ist die Anrechnung von Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft an stationäre Massnahmen des StGB hingegen ausgeschlossen. Begründet wird dies mit der Zweckverschiedenheit der Sanktionen. Massnahmen bezweckten im Unterschied zu Strafen nicht den Freiheitsentzug, sondern die Behandlung des Täters bzw. den Schutz der Bevölkerung ( WEHRENBERG/FRANK, a.a.O., Rz. 30b und c zu Art. 431 StPO). Eine dritte Lehrmeinung nimmt eine im Ergebnis vermittelnde Position ein. Weder befürwortet sie die Anrechnung von Haft an freiheitsentziehende Massnahmen uneingeschränkt noch schliesst sie eine solche prinzipiell aus. Sie stellt vielmehr auf die Art bzw. den Zweck der Massnahme ab. Soweit der Behandlungs- bzw. Heilungszweck bei einer stationären therapeutischen Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB im Vordergrund steht, soll eine Anrechnung nicht in Frage kommen. Steht hingegen der Sicherungszweck bzw. der Schutz der Öffentlichkeit im Zentrum, müsse angerechnet werden können ( METTLER/SPICHTIN, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Rz. 45 und 46 zu Art. 51 StGB; vgl. auch PHILIPPE RUEDIN, Die Anrechnung der Untersuchungshaft nach dem Schweizerischen Strafgesetzbuch, Diss. 1979, S. 122; in diesem Sinne wohl auch TRECHSEL/AFFOLTER-EIJSTEN, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, Rz. 7 zu Art. 51 StGB mit Hinweisen; MARKUS HUGENTOBLER, Gemeingefährliche psychisch kranke Personen in Untersuchungs- und Sicherheitshaft, Diss. 2008, S. 137; GENEVIÈVE ZIRILLI, Problèmes relatifs à la détention préventive, thèse Lausanne 1975, S. 138 ff.). 3.5. Stationäre therapeutische Massnahmen nach Art. 59 StGB sind im Unterschied zu Strafen zeitlich relativ unbestimmt. Ihre Dauer hängt vom Behandlungsbedürfnis des Betroffenen und der Erfolgsaussicht der Massnahme (vgl. Art. 56 Abs. 1 lit. b StGB), letztlich also von den Auswirkungen der Massnahme auf die Gefahr weiterer Straftaten ab (vgl. BGE 136 IV 156 E. 2.3). Der mit ihr verbundene Freiheitsentzug beträgt in der Regel maximal fünf Jahre und kann um jeweils höchstens fünf Jahre verlängert werden (Art. 59 Abs. 4 StGB). Das Ende der Massnahme wird damit im Unterschied zum Ende der Strafe nicht durch simplen Zeitablauf bestimmt. Sie dauert vielmehr grundsätzlich so lange an, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich eine Zweckerreichung als aussichtslos erweist (zu publizierendes Urteil des Bundesgerichts 6B_227/2014 vom 11. Februar 2015 E. 2.1 und 2.2). Der Vollzug der Massnahme geht einer allenfalls gleichzeitig ausgesprochenen Freiheitsstrafe voraus (Art. 57 Abs. 2 StGB). Der mit der Massnahme verbundene Freiheitsentzug ist auf die Strafe anzurechnen (Art. 57 Abs. 3 StGB; vgl. BGE 136 IV 156 E. 3.1). 3.6. Gegen die Anrechenbarkeit von Sicherheits- und Untersuchungshaft auf freiheitsentziehende Massnahmen im Sinne von Art. 59 StGB spricht zumindest vordergründig die relative zeitliche Unbestimmtheit der Massnahme und ihr Zweck. Auf den ersten Blick erscheint es unbestreitbar nicht logisch, Untersuchungs- und Sicherheitshaft auf eine Massnahme anzurechnen, deren Dauer zeitlich verhältnismässig unbestimmt ist und sich nach dem Massnahmenziel bestimmt ( WEHRENBERG/FRANK, a.a.O., Rz. 30b und c zu Art. 431 StPO). Indessen stellt der Wortlaut von Art. 431 Abs. 2 StPO klar, dass Untersuchungs- und Sicherheitshaft auch auf freiheitsentziehende Massnahmen anzurechnen ist. In dieser Norm ist, anders als in Art. 51 StGB, ausdrücklich von Sanktionen und nicht nur etwa von Strafen die Rede, welche Grundlage der Anrechnung bilden können. Unter Sanktionen als Rechtsfolgen eines Deliktes werden aber nicht nur Strafen verstanden, sondern auch Massnahmen im Sinne nach Art. 56 ff. StGB (vgl. SCHWARZENEGGER/HUG/JOSITSCH, Strafrecht II, Strafen und Massnahmen, 8. Aufl. 2007, S. 21). Die Anrechnung von Untersuchungs- und Sicherheitshaft auf freiheitsentziehende Massnahmen im Sinne von Art. 59 StGB entspricht überdies auch dem Willen des historischen Gesetzgebers (siehe Botschaft, a.a.O). Schliesslich steht auch der Massnahmenzweck aus den nachfolgend genannten Gründen einer Anrechnung nicht entgegen. 3.7. Die im StGB geregelten stationären Massnahmen verfolgen je nach Art, Stossrichtung und Einwirkungsmitteln verschiedenartige kriminalpolitische Belange. Ihr Zweck ergibt sich in erster Linie aus dem Gesetz. Bei stationären therapeutischen Massnahmen im Sinne von Art. 59 ist die Behandlung und damit die Besserung des Täters von zentraler Bedeutung (so bereits BGE 127 IV 154 E. 2d). Das Besserungsziel allein rechtfertigt die Anordnung einer Massnahme jedoch nicht. Die Behandlung und damit die Besserung eines Täters stehen letztlich vielmehr immer im Dienste der Gefahrenabwehr. Sie stellen lediglich ein Mittel dar, mit welchem das Ziel, die Verhinderung oder Verminderung künftiger Straftaten, erreicht werden soll (BGE 124 IV 246 E. 3b). In diesem Sinne bedeutet jede Behandlung und Besserung eines Täters im Rahmen einer stationären Einweisung gleichzeitig auch Sicherung für die Zeit der Unterbringung. Das ergibt sich unmittelbar auch aus dem Wortlaut von Art. 59 Abs. 1 lit. b StGB. Danach ist eine stationäre therapeutische Massnahme nur anzuordnen, wenn und soweit zu erwarten ist, dass sich dadurch der Gefahr weiterer Straftaten begegnen lässt. Die Massnahme muss mit andern Worten im Hinblick auf die Deliktsprävention Erfolg versprechen (BGE 137 IV 201 E. 1.3). Oberstes Ziel deliktpräventiver Therapien ist die Reduktion des Rückfallrisikos bzw. die künftige Straflosigkeit des Täters (BGE 124 IV 246 E. 3b). Eine Besserung des Täters interessiert das Strafrecht grundsätzlich nur insoweit, als sich diese im Erlöschen der Gefährlichkeit des Täters auswirkt, sich also auf den Schutz der Öffentlichkeit vor weiterer Delinquenz bezieht (vgl. M ARIANNE HEER, in Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Rz. 1 und 3 Vor Art. 56 StGB; SCHWARZENEGGER/HUG/JOSITSCH, a.a.O., S. 7, S. 21 f., S. 35 f., S. 162 f.). 3.8. Damit wird bei stationären therapeutischen Massnahmen nach Art. 59 StGB - im Hinblick auf die Gefahr weiterer Straftaten - stets an die Gefährlichkeit des Täters angeknüpft und geht es bei der Anordnung der Massnahme immer auch um Sicherung. Dieser Zweck - die Verhinderung von weiteren Straftaten zum Schutz der Allgemeinheit - kann auch der strafprozessualen Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft zugrunde liegen. Gestützt auf Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO ist Haft bei dringendem Tatverdacht und Wiederholungsgefahr zulässig. Die beschuldigte Person soll von der Begehung von Verbrechen und schweren Vergehen abgehalten werden (BGE 137 IV 84 E. 3.2). Im Sinne der Gefahrenabwehr will dieser Haftgrund die Öffentlichkeit ebenfalls vor weiterer erheblicher Delinquenz schützen (vgl. MARC FORSTER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, Rz. 9 zu Art. 221 StPO; s.a. HUG/SCHEIDEGGER, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, Rz. 31 zu Art. 221 StPO). Wenn und soweit ein Täter in diesem Sinne gefährlich ist, von ihm also die Gefahr weiterer gravierender Straftaten ausgeht, handelt es sich sowohl bei Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft als auch bei der Unterbringung im Rahmen einer stationären therapeutischen Massnahme letztlich um Freiheitsentzug zum Schutze der Allgemeinheit. Ausgehend hievon erscheint die Anrechnung von Untersuchungs- und Sicherheitshaft an eine stationäre therapeutische Massnahme gemäss Art. 59 StGB im Sinne der Botschaft folgerichtig und gerechtfertigt. 3.9. Dass und weshalb es sich im zu beurteilenden Fall anders verhalten und eine Anrechenbarkeit ausgeschlossen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Wie sich aus den kantonalen Akten und dem erstinstanzlichen Entscheid ergibt, diente die gegen den Beschwerdegegner angeordnete Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft namentlich der Verhinderung von weiteren erheblichen Körperverletzungsdelikten und damit dem Schutz der Öffentlichkeit (vgl. kantonale Akten, HD 23/1-20; Verfügungen des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Zürich vom 27. Juni 2012, vom 24. September 2012 sowie vom 23. November 2012). Die Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft war rechtmässig und keineswegs allzu lang. Den verantwortlichen Behörden kann kein irgendwie geartetes widerrechtliches Verhalten vorgeworfen werden. Im Gegenteil. Die Haft wurde erfolgreich dazu genutzt, um den Beschwerdegegner medikamentös einzustellen (vgl. kantonale Akten, Gutachten, S. 44). Dass der Beschwerdegegner gefährlich ist, zeigt sich in der Anordnung der stationären therapeutischen Massnahme. Das psychiatrische Gutachten vom 25. März 2013 attestiert diesem eine schwere psychische Erkrankung (Schizophrenie) und eine deutliche Rückfallgefahr für weitere Gewalthandlungen ähnlich der Tatvorwürfe. Es empfiehlt die Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme und rät von einer ambulanten Behandlung ab (vgl. Verfahren 6B_366/2014 E. 2). Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdegegner die Öffentlichkeit erheblich gefährdet. Die angeordnete stationäre therapeutische Massnahme dient damit neben der Behandlung des Beschwerdegegners offenkundig auch dessen Sicherung. Insoweit verfolgten und verfolgen die Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft und die Massnahme den gleichen Zweck. Die Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft bildet unter diesem Aspekt gewissermassen den Vorläufer der stationären therapeutischen Massnahme und diese die Fortsetzung der Haft. Die vom Beschwerdegegner ausgestandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft im Umfang von 197 Tagen ist somit entgegen der Auffassung der Vorinstanz und in Gutheissung der Beschwerde an die angeordnete stationäre therapeutische Massnahme anzurechnen. Dies hat zur Folge, dass ein Entschädigungsanspruch grundsätzlich entfällt. 4. Der angefochtene Entscheid verletzt Bundesrecht und ist aufzuheben. Die Sache geht zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Das Bundesgericht hat sich mit der Frage, wie die Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft an die freiheitsentziehende Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB anzurechnen ist, an dieser Stelle nicht im Einzelnen zu befassen. Der Botschaft lässt sich in dieser Hinsicht nichts Genaueres entnehmen. Sie weist lediglich darauf hin, dass es Aufgabe der Rechtsprechung sein werde, von Fall zu Fall eine angemessene Anrechnung vorzunehmen (BBl 2006 1085 ff., 1330). Auch die Lehrmeinung, welche eine Anrechnung von Haft an stationäre Massnahmen im Sinne von Art. 59 StGB befürwortet, setzt sich mit der Problematik, wie anzurechnen ist, nicht vertieft auseinander (siehe SCHMID, a.a.O., Handbuch, Rz. 1828 S. 817, der insoweit davon spricht, dem Richter eröffne sich hier ein weites Feld fallbezogenen Ermessens; s.a. GRIESSER, a.a.O., Rz. 11 zu Art. 431 StPO). Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass es im Lichte der vorstehenden Erwägungen sachlich grundsätzlich als richtig erscheint, die Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft an freiheitsentziehende Massnahmen im Sinne von Art. 59 StGB prinzipiell im gleichen Umfang wie an eine Freiheitsstrafe anzurechnen. Eine Entschädigung wäre demnach an sich nur geschuldet, wenn sich ex post zeigen sollte, dass die konkrete Massnahmendauer im Einzelfall kürzer ist als die anrechenbare Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft. 5. Die Beschwerde ist gutzuheissen. Der Beschwerdegegner unterliegt mit seinem Antrag auf Abweisung der Beschwerde, weshalb er grundsätzlich kostenpflichtig wird (Art. 66 Abs. 1 BGG). Jedoch ist sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung im bundesgerichtlichen Verfahren gutzuheissen. Seine Bedürftigkeit ist erstellt und sein Antrag auf Abweisung der Beschwerde kann nicht als aussichtslos bezeichnet werden (Art. 64 Abs. 1 und Abs. 2 BGG). Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 64 Abs. 1, Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Verteidiger des Beschwerdegegners ist aus der Bundesgerichtskasse angemessen zu entschädigen (Art. 64 Abs. 2 BGG). Dem Kanton Zürich ist keine Entschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 5 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts Zürich vom 10. Februar 2014 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen. 3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 4. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners, Rechtsanwalt Dr. Thomas Schütt, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet. 5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 23. April 2015 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Denys Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill
a4ddf9b2-908e-4374-86b3-32ccccf87cf5
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Sachverhalt: A. Der am 1. September 1977 geborene algerische Staatsangehörige X._ reiste Anfang 1998 unter Missachtung der Einreisevorschriften und unter falscher Identität in die Schweiz ein. Das von ihm eingereichte Asylgesuch wurde am 5. Februar 1998 rechtskräftig abgewiesen. Ein Gesuch um vorläufige Aufnahme wies das Bundesamt für Migration am 28. September 2004 ab. Sämtlichen Aufforderungen zur Ausreise kam X._ nicht nach. Auch ein Rückführungsversuch nach Algerien scheiterte an seinem Widerstand. X._ wurde in der Schweiz wiederholt straffällig. In der Zeit vom 2. März 1998 bis zum 14. Dezember 2007 ergingen gegen ihn total 16 Verurteilungen zu Freiheitsstrafen von insgesamt rund 33 Monaten. Den Verurteilungen lagen zum grössten Teil Vermögensdelikte sowie Widerhandlungen gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen zu Grunde. Die längste einzelne Freiheitsstrafe betrug sechs Monate; sie wurde aufgrund einer Verurteilung wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Ausländergesetz, begangen durch Missachtung einer Ausgrenzungsverfügung, sowie wegen Hinderung einer Amtshandlung ausgesprochen. B. Am 2. Juni 2008 heiratete X._ die Schweizerin Y._ und ersuchte danach um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei der Ehefrau. Mit Verfügung vom 31. Oktober 2008 wies das Migrationsamt des Kantons Zürich das Gesuch insbesondere unter Hinweis auf die Delinquenz von X._ ab. Hiergegen rekurrierten X._ und Y._ ohne Erfolg beim Regierungsrat des Kantons Zürich. Eine daraufhin beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich eingereichte Beschwerde wurde von diesem mit Urteil vom 17. März 2010 abgewiesen. C. Mit Eingabe vom 11. Mai 2010 führen X._ und Y._ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Sie beantragen im Wesentlichen die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für X._. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie das Bundesamt für Migration schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Mit Verfügung vom 18. Mai 2010 hat der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt. Ein Gesuch von X._ und Y._ um Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens wurde dagegen mit Präsidialverfügung vom 27. September 2010 abgelehnt. Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die Angelegenheit am 15. April 2011 an einer öffentlichen Sitzung beraten.
Erwägungen: 1. Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG erklärt die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts für unzulässig, soweit diese Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Gemäss Art. 42 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG; SR 142.20) haben ausländische Ehegatten von Schweizerinnen und Schweizern Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen. Der Beschwerdeführer 1 ist seit dem 2. Juni 2008 mit einer Schweizer Bürgerin - der Beschwerdeführerin 2 - verheiratet und wohnt mit ihr zusammen. Er hat damit einen grundsätzlichen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung. Ein analoger Anspruch besteht zudem aufgrund von Art. 8 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV, da die ehelichen Beziehungen zwischen den Gatten soweit ersichtlich intakt sind und tatsächlich gelebt werden (vgl. BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285 f.; BGE 129 II 193 E. 5.3.1 S. 211 mit Hinweisen). Ob der Anspruch erloschen ist, weil - wie die Vorinstanzen angenommen haben - ein Widerrufsgrund nach Art. 63 AuG (in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 lit. b AuG) vorliegt, ist eine Frage der materiellen Beurteilung und nicht der Zulässigkeit des Rechtsmittels (BGE 128 II 145 E. 1.1.5 S. 149 f.). Gemäss dem Gesagten steht im vorliegenden Fall die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen und es kann auf das im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte Rechtsmittel eingetreten werden. 2. 2.1 Die Ansprüche nach Art. 42 des Ausländergesetzes erlöschen u.a. dann, wenn Widerrufsgründe nach Art. 63 AuG vorliegen (Art. 51 Abs. 1 lit. b AuG; vgl. E. 1 hiervor). Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG). Das Bundesgericht hat definiert, dass eine Freiheitsstrafe als "längerfristig" gilt, wenn ihre Dauer ein Jahr überschreitet (BGE 135 II 377 E. 4.2 und E. 4.5 S. 379 ff.). Noch nicht ausdrücklich entschieden hat es die Frage, ob sich die mindestens einjährige Dauer der Freiheitsstrafe zwingend auf ein einziges Strafurteil stützen muss, oder ob auch mehrere kürzere Strafen, die zusammen mehr als ein Jahr ergeben, den Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG erfüllen. In seiner bisherigen Rechtsprechung zu den genannten Bestimmungen prüfte das Bundesgericht aber jeweils, ob einzelne Straferkenntnisse für sich alleine das Kriterium der Längerfristigkeit erreichen (vgl. Urteil 2C_712/2009 vom 12. April 2010 Bst. A und E. 3). 2.2 Das Verwaltungsgericht führt in diesem Zusammenhang aus, es sei nicht einzusehen, weshalb zwar die Bewilligung jenes Ausländers zu widerrufen sei, der zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten verurteilt wurde, nicht aber jene eines ausländischen Delinquenten, welcher vier Mal mit einer Freiheitsstrafe von jeweils 11 Monaten bestraft wurde. Im zweiten Fall sei der Unrechtsgehalt deutlich höher als beim ersten. Es seien nicht nur die ausgesprochenen Strafen insgesamt länger; ein mehrfach rückfälliger Täter gebe auch zu verstehen, dass er sich von Freiheitsstrafen nicht beeindrucken lasse und nicht bereit sei, sich an die gesetzliche Ordnung zu halten. Aus diesem Grund müssten auch mehrere kurze Freiheitsstrafen den Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG erfüllen, sofern sie in ihrer Summe als "längerfristig" zu qualifizieren seien. Hierbei seien die ausgesprochenen Freiheitsstrafen aber nicht starr zu addieren, sondern vielmehr in einem Gesamtzusammenhang zu betrachten. Dies bedeute, dass etwa lange Zeitabstände zwischen den einzelnen Verurteilungen dazu führen könnten, dass nicht alle Straftaten berücksichtigt werden dürften. 2.2 Das Verwaltungsgericht führt in diesem Zusammenhang aus, es sei nicht einzusehen, weshalb zwar die Bewilligung jenes Ausländers zu widerrufen sei, der zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten verurteilt wurde, nicht aber jene eines ausländischen Delinquenten, welcher vier Mal mit einer Freiheitsstrafe von jeweils 11 Monaten bestraft wurde. Im zweiten Fall sei der Unrechtsgehalt deutlich höher als beim ersten. Es seien nicht nur die ausgesprochenen Strafen insgesamt länger; ein mehrfach rückfälliger Täter gebe auch zu verstehen, dass er sich von Freiheitsstrafen nicht beeindrucken lasse und nicht bereit sei, sich an die gesetzliche Ordnung zu halten. Aus diesem Grund müssten auch mehrere kurze Freiheitsstrafen den Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG erfüllen, sofern sie in ihrer Summe als "längerfristig" zu qualifizieren seien. Hierbei seien die ausgesprochenen Freiheitsstrafen aber nicht starr zu addieren, sondern vielmehr in einem Gesamtzusammenhang zu betrachten. Dies bedeute, dass etwa lange Zeitabstände zwischen den einzelnen Verurteilungen dazu führen könnten, dass nicht alle Straftaten berücksichtigt werden dürften. 2.3 2.3.1 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Ist der Text nicht klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente nach der wahren Tragweite gesucht werden. Abzustellen ist dabei namentlich auf die Entstehungsgeschichte der Norm und ihren Zweck sowie auf die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt (BGE 135 II 416 E. 2.2 S. 418 mit Hinweisen). 2.3.2 Der Wortlaut von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG deutet darauf hin, dass sich die mindestens einjährige Strafdauer aus einem einzigen Urteil ergeben muss, spricht das Gesetz doch von "einer längerfristigen Freiheitsstrafe" ("une peine privative de liberté de longue durée"; "una pena detentiva di lunga durata"). 2.3.3 Den Materialien zum Ausländergesetz kann sodann entnommen werden, dass die eidgenössischen Räte einen Antrag der vorberatenden Kommission des Nationalrates ausdrücklich ablehnten, welche statt dem Begriff der "längerfristigen Freiheitsstrafe" die Formulierung "wenn die Ausländerin oder der Ausländer zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten oder wiederholt zu einer kurzen Freiheits- oder Geldstrafe verurteilt wurde" in den Gesetzestext aufnehmen wollte (AB 2004 N 1083 ff.). 2.3.4 Entscheidend ist im vorliegenden Fall jedoch vor allem, dass sich das Bundesgericht bei seiner Definition des Begriffs "längerfristig" i.S. von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG massgeblich am Sanktionensystem des Strafgesetzbuches orientierte: Es führte aus, dass eine Freiheitsstrafe kaum als "längerfristig" bezeichnet werden könne, wenn sie sich in einem Rahmen bewege, der auch die Verurteilung zu einer Geldstrafe zulassen würde. Anders sei dagegen dort zu entscheiden, wo aufgrund des hohen Strafbedürfnisses zwingend eine Freiheitsstrafe als Sanktion ausgesprochen werden muss (BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 380). Wie im genannten Urteil aufgezeigt wird, ist dies der Fall, wenn die Dauer der auszusprechenden Strafe ein Jahr bzw. 360 Tage überschreitet (Art. 34 Abs. 1 StGB). Unterhalb dieses Schwellenwertes, für Strafen von sechs Monaten bis zu einem Jahr, hat der Richter dagegen die Wahl, ob er eine Freiheitsstrafe oder aber eine Geldstrafe verhängt. Bis zu einer Strafdauer von sechs Monaten bzw. 180 Tagen steht als zusätzliche Sanktionsart auch die gemeinnützige Arbeit zur Verfügung, dafür sind kurze Freiheitsstrafen bis zu einer Dauer von sechs Monaten nur unter sehr einschränkenden Voraussetzungen möglich (vgl. Art. 37 Abs. 1 sowie Art. 41 Abs. 1 und Art. 42 Abs. 1 StGB). Massgebliche Kriterien für die Wahl der Sanktionsart bilden ihre Zweckmässigkeit, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz (BGE 134 IV 97 E. 4.2 S. 100; 134 IV 82 E. 4.1 S. 84). Nicht massgeblich ist dagegen namentlich das Verschulden des Delinquenten; dieses schlägt sich ausschliesslich im Strafmass nieder. Die drei Hauptstrafarten (Freiheitsstrafe, Geldstrafe, gemeinnützige Arbeit) sind somit, was das Verschulden anbelangt, austauschbar (ANDREAS ZÜND, Strafrecht: Ein Wegweiser zu den neuen Sanktionen, Plädoyer 6/2008 S. 40). Konsequenterweise müssten daher - wollte man der Argumentation des Verwaltungsgerichts folgen - auch allfällige Geldstrafen und Verurteilungen zu gemeinnütziger Arbeit bzw. die auf sie entfallende Anzahl Tagessätze resp. Arbeitsstunden zusammengerechnet und im Rahmen von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG berücksichtigt werden. Dies schliesst der klare Gesetzeswortlaut, welcher eindeutig von einer "Freiheitsstrafe" spricht, jedoch aus. Vor diesem Hintergrund erschiene es sachwidrig und unter dem Gesichtspunkt des Rechtsgleichheitsgebotes problematisch, die hinsichtlich des Verschuldens äquivalenten Freiheitsstrafen von einem Jahr oder weniger zu kumulieren. 2.3.5 Zu beachten ist sodann, dass das Bundesgericht seine Präzisierung des Begriffes "längerfristig" namentlich auch mit dem Interesse an Rechtssicherheit und einer einheitlichen Auslegung des Bundesrechts begründete (BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 380). Diesem Bestreben würde durch die vom Verwaltungsgericht befürwortete grundsätzliche Möglichkeit einer Zusammenrechnung kürzerer Freiheitsstrafen entgegengewirkt: Wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, müsste diesfalls unter Berücksichtigung der Umstände jedes Einzelfalls geklärt werden, bei welchen Straferkenntnissen eine Kumulation in Frage kommt. Namentlich wäre zu prüfen, ob es hierfür eines inhaltlichen Zusammenhangs oder einer zeitlichen Nähe verschiedener Urteile bedarf; gänzlich ausgeschlossen wäre ein Zusammenrechnen jedenfalls insoweit, als eine Verurteilung aus dem Strafregister entfernt wurde (vgl. Art. 369 Abs. 7 StGB; BGE 135 I 71 E. 2.10 S. 75 f. mit Hinweisen). Auch unter diesem Gesichtswinkel erscheint die von der Vorinstanz vertretene Auslegung von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG nicht als sinnvoll. Vielmehr ist bei der Rechtsanwendung ein Auslegungsergebnis anzustreben, welches praktikabel ist; im Zweifelsfall ist eine Lösung zu bevorzugen, welche den Anforderungen der Praxis gerecht wird (BGE 136 II 113 E. 3.3.4 S. 119 mit weiteren Hinweisen). 2.3.6 Aus dem Obenstehenden erhellt, dass bei der Prüfung des Widerrufsgrundes von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG auf ein Zusammenrechnen verschiedener Freiheitsstrafen von einem Jahr oder weniger zu verzichten ist. Der Widerrufsgrund ist vielmehr (nur) dann erfüllt, wenn eine Strafe für sich alleine das Kriterium der Längerfristigkeit erfüllt, d.h. die Dauer von einem Jahr überschreitet. 2.4 Wie bereits ausgeführt, haben die gegen den Beschwerdeführer 1 ausgesprochenen Freiheitsstrafen die Dauer eines Jahres jeweils nicht überschritten. Der Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG ist somit nicht erfüllt und die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung darf dem Beschwerdeführer 1 deshalb nicht mit dieser Begründung verweigert werden (Art. 51 Abs. 1 lit. b AuG e contrario; vgl. E. 2.1 hiervor). 3. 3.1 Zu prüfen bleibt, ob der Beschwerdeführer 1 allenfalls in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen und mithin den Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG erfüllt hat, wie dies die Vorinstanzen angenommen haben. 3.2 Gemäss Art. 80 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) liegt ein Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung unter anderem vor bei einer Missachtung von gesetzlichen Vorschriften und behördlichen Verfügungen (Abs. 1 lit. a) sowie bei mutwilliger Nichterfüllung der öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Verpflichtungen (Abs. 1 lit. b). Anders als der Widerruf einer Aufenthaltsbewilligung (Art. 62 lit. c AuG), welcher voraussetzt, dass der Ausländer "erheblich oder wiederholt" gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen hat, bedingt ein Widerruf der Niederlassungsbewilligung i.S.v. Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG - und damit ein Erlöschen des Anspruchs auf Familiennachzug gemäss Art. 51 Abs. 1 lit. b AuG -, dass ein solcher Verstoss "in schwerwiegender Weise" erfolgt ist. Dass damit vergleichsweise erhöhte Anforderungen an einen Bewilligungswiderruf gestellt werden, ergibt sich eindeutig aus dem französischen Wortlaut der genannten Bestimmungen: Während Art. 62 lit. c AuG von einem Verstoss "de manière grave ou répétée" spricht, wird in Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG die qualifizierte Formulierung "de manière très grave" verwendet. Diese Unterscheidung überzeugt, vermittelt die Niederlassungsbewilligung doch das gefestigtere Anwesenheitsrecht als eine blosse Aufenthaltsbewilligung und besteht bei niedergelassenen Ausländern oftmals eine vergleichsweise engere Verbindung zur Schweiz (vgl. die Botschaft des Bundesrates vom 8. März 2002 zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, welche auf den "längeren Voraufenthalt der niedergelassenen Ausländerinnen und Ausländer" verweist [BBl 2002 3709 S. 3810]). Indes führt der unterschiedliche Wortlaut der Widerrufsgründe von Art. 62 lit. c AuG einerseits und Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG andererseits zu erheblichen Abgrenzungsproblemen: Es erhellt nicht ohne weiteres, wann ein Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht nur als "erheblich oder wiederholt" erscheint, sondern überdies auch noch in einer Weise erfolgt ist, die als "schwerwiegend" bezeichnet werden muss. Diese unbestimmten Rechtsbegriffe erscheinen vielmehr in besonderem Masse als auslegungsbedürftig und sind nachfolgend näher zu umschreiben. 3.3 Zur Abgrenzung zwischen Art. 62 lit. c und Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG erscheint es sachgerecht, in erster Linie auf den Stellenwert des beeinträchtigen Rechtsguts abzustellen: Wenn die ausländische Person durch ihre Handlungen besonders hochwertige Rechtsgüter wie namentlich die körperliche, psychische und sexuelle Integrität eines Menschen verletzt oder gefährdet hat, werden die qualifizierten Voraussetzungen von Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG zumeist erfüllt sein. Indes können auch vergleichsweise weniger gravierende Pflichtverletzungen als "schwerwiegend" i.S.v. Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG bezeichnet werden: In seiner Botschaft zum Ausländergesetz führt der Bundesrat aus, dass ein Widerruf der Niederlassungsbewilligung auch dann möglich sein soll, wenn sich eine ausländische Person von strafrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lässt und damit zeigt, dass sie "auch zukünftig weder gewillt noch fähig ist, sich an die Rechtsordnung zu halten" (BBl 2002 3709 S. 3810). Ob der Ausländer willens und in der Lage ist, sich in die hier geltende Ordnung einzufügen, kann nur anhand einer Gesamtbetrachtung seines Verhaltens beurteilt werden. Hieraus folgerte das Bundesgericht in früheren Entscheiden, dass auch eine Summierung von Verstössen, die für sich genommen für einen Widerruf nicht ausreichen würden, einen Bewilligungsentzug rechtfertigen könne; sogar das Bestehen von privatrechtlichen Schulden könne gegebenenfalls einen schwerwiegenden Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen, wenn die Verschuldung mutwillig erfolgt ist (Urteil 2C_273/2010 vom 6. Oktober 2010 E. 3.2 und E. 3.3 mit Hinweisen). Dies muss umso mehr bei einer wiederholten Begehung von gewichtigen Vermögensdelikten gelten. 3.4 Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer 1 regelmässig, während einer langen Zeitspanne und ohne echte Not strafbare Handlungen begangen. Dabei handelte es sich, wie bereits ausgeführt, zumeist um Vermögensdelikte sowie um Verstösse gegen das Ausländerrecht. Dieses Verhalten des Beschwerdeführers 1 offenbart zweifelsohne eine bedenkliche Gleichgültigkeit gegenüber der schweizerischen Rechtsordnung. Demgegenüber ist aber auch festzustellen, dass die verübten Vermögensdelikte schon eine gewisse Zeit zurückliegen; die letzte einschlägige Verurteilung datiert vom 23. Dezember 2004. Ebenso fällt auf, dass die vom Beschwerdeführer 1 begangenen Vermögensdelikte vergleichsweise tiefe Strafen von maximal drei Monaten nach sich gezogen haben. Die neueren Verurteilungen und die höheren Strafen betreffen vorwiegend - wenn auch nicht ausschliesslich - Widerhandlungen gegen das Ausländerrecht. Betreffend die Letzteren gilt es zudem zu berücksichtigen, dass die Erteilung der hier streitigen Bewilligung eo ipso zum Wegfall der Rechtswidrigkeit des Aufenthalts des Beschwerdeführers 1 führt und einer diesbezüglichen Delinquenz die Grundlage entzieht. Aus diesen Gründen und in Anbetracht der aufgezeigten Abgrenzung zu Art. 62 lit. c AuG können die vom Beschwerdeführer 1 zu verantwortenden Verstösse gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung insgesamt nicht als "schwerwiegend" i.S.v. Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG bezeichnet werden. Auch dieser Widerrufsgrund ist somit nicht erfüllt und darf daher nicht zur Begründung der Nichterteilung einer Aufenthaltsbewilligung herangezogen werden (Art. 51 Abs. 1 lit. b AuG e contrario; vgl. E. 2.1 und E. 2.4 hiervor.) 4. Ein Grund für den Widerruf bzw. die Verweigerung einer Niederlassungsbewilligung liegt auch dann vor, wenn der Ausländer oder eine Person, für die er zu sorgen hat, dauerhaft und in erheblichem Mass auf Sozialhilfe angewiesen ist (Art. 63 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 51 Abs. 1 lit. b AuG). Das Migrationsamt und der Regierungsrat des Kantons Zürich erachteten diesen Widerrufsgrund im vorliegenden Fall als erfüllt. Das Verwaltungsgericht liess die Frage dagegen offen, zumal es davon ausging, dass der Beschwerdeführer 1 einerseits zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei und andererseits auch in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen habe. Da die Voraussetzungen von Art. 63 Abs. 1 lit. a (i.V.m. Art. 62 lit. b) und Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG nach dem Ausgeführten jedoch nicht gegeben sind, erweist es sich als notwendig, dass sich die Vorinstanz zu diesem Punkt ausspricht. 5. Aus den obenstehenden Erwägungen folgt, dass die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gutzuheissen ist. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 17. März 2010 ist aufzuheben und die Angelegenheit ist zur Neubeurteilung (insbesondere zur Prüfung des Widerrufsgrundes von Art. 63 Abs. 1 lit. c AuG) an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 4 BGG) und es ist den Beschwerdeführern eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Damit wird das von ihnen gestellte Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung gegenstandslos. Die Parteientschädigung ist jedoch der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer zu entrichten.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 17. März 2010 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Der Kanton Zürich hat der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- für das bundesgerichtliche Verfahren auszurichten. 4. Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Sicherheitsdirektion und dem Regierungsrat des Kantons Zürich, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Kammer, sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 15. April 2011 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Zähndler
a551e42d-e032-45f0-88e1-df98e0598ebd
de
2,007
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die Erbinnen Y._ (Beschwerdegegnerinnen) betrieben X._ (Beschwerdeführer) mit Zahlungsbefehl Nr. N._ des Betreibungsamts Z._ vom 30. Mai 2006 für Fr. 3'338.20 nebst Zins für "Mieten und Heiz- und Nebenkosten gemäss Abrechnung vom 28. März 2006". Der Präsident des Bezirksgerichts Aarau erteilte den Beschwerdegegnerinnen am 24. November 2006 provisorische Rechtsöffnung für Fr. 2'866.-- nebst Zins. B. Der Beschwerdeführer beantragte am 15. Januar 2007 beim Bezirksamt Aarau als Schlichtungsstelle für das Mietwesen des Bezirks Aarau (Mietschlichtungsbehörde), es sei festzustellen, dass die betriebene Forderung nicht bestehe. Der Präsident I des Bezirksgerichts Aarau, an den die Akten offenbar weitergeleitet worden waren, verfügte am 18. Januar 2007 wie folgt: 1. Dem Kläger wird eine Frist von 10 Tagen angesetzt, die Klage gemäss § 167 ZPO zu verbessern. 2. Aberkennungsklagen sind gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG direkt beim Gericht einzureichen. 3. Innert 10 Tagen ist ein Kostenvorschuss von Fr. 500.-- einzubezahlen." Der Beschwerdeführer gelangte dagegen mit kantonalrechtlicher Beschwerde an das Obergericht des Kantons Aargau und verlangte, die Verfügung vom 18. Januar 2007 aufzuheben und die Streitsache an die zuständige Mietschlichtungsbehörde des Bezirks Aarau zu verweisen. Einen gleichzeitig gestellten Antrag, es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen, zog er am 5. März 2007 zurück. Das Obergericht trat mit Urteil vom 7. Mai 2007 auf die Beschwerde nicht ein, soweit sie nicht infolge Rückzugs abgeschrieben wurde. C. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Entscheid Beschwerde in Zivilsachen. Er beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und festzustellen, dass die Mietschlichtungsbehörde erstinstanzlich zuständig ist. Die Sache sei sodann an die Mietschlichtungsbehörde, eventuell zur neuen Entscheidung an das Obergericht des Kantons Aargau zurückzuweisen. Eventualiter habe die Rückweisung insbesondere für den Kostenentscheid an das Obergericht zu erfolgen. Die Beschwerdegegnerinnen liessen sich dahingehend vernehmen, dass das Bundesgericht über die Zuständigkeitsfrage entscheiden solle. Das Obergericht hat unter Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil auf eine Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerde wurde mit Präsidialverfügung vom 16. August 2007 die aufschiebende Wirkung gewährt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid am 7. Mai 2007 ergangen ist, richtet sich das Verfahren nach dem BGG (Art. 132 Abs. 1 BGG). 2. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG, BGE 132 III 291 E. 1). 2.1 Beim angefochtenen Urteil handelt es sich äusserlich um einen Nichteintretensentscheid. Die Vorinstanz führte aus, die Verfügung des Bezirksgerichtspräsidenten vom 18. Januar 2007 sei eine prozessleitende Verfügung, die nach kantonalem Prozessrecht nur anfechtbar sei, wenn daraus einer Partei ein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstehe. Es prüfte alsdann aber die strittige Zuständigkeitsfrage und hielt dazu fest, die Schlichtungsbehörde habe ihre sachliche Zuständigkeit zu Recht verneint und das Bezirksgerichtspräsidium seine sachliche Zuständigkeit zu Recht bejaht. Gestützt darauf hielt das Gericht fest, der Kläger habe nicht zu befürchten, dass das Endurteil wegen eines Verfahrensmangels aufgehoben werde und das Verfahren dadurch erheblich verlängert werde. Damit fehle es an der Zulässigkeitsvoraussetzung der Beschwerde, dass dem Beschwerdeführer durch die Verfügung ein schwer wieder gutzumachender Nachteil entstehe, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten sei. Indem die Vorinstanz ihren Nichteintretensentscheid auf ihre positive Beurteilung der Frage stützte, ob das Bezirksgericht seine Zuständigkeit zu Recht bejaht habe, hat sie in Wahrheit in der Sache entschieden und damit einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid über die Zuständigkeit gefällt. Gegen solche Entscheide ist die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich zulässig (Art. 92 BGG). 2.2 Nach dem Grundsatz der Einheit des Prozesses ist auch ohne ausdrückliche Vorschrift selbstverständlich, dass die Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid ausgeschlossen ist, wenn die Beschwerde gegen den Endentscheid unzulässig ist (vgl. Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4202 ff., 4408 [Botschaft Bundesrechtspflege]). Selbständig eröffnete Zwischenentscheide über die Zuständigkeit sind demnach nicht in jedem Fall mit Beschwerde anfechtbar, sondern nur dann, wenn es auch der Endentscheid ist. Damit gelten namentlich die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Art. 74 BGG auch für die Anfechtung von Zwischenentscheiden. 2.3 In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde in Zivilsachen nur zulässig, wenn - in mietrechtlichen Fällen - der Streitwert mindestens 15'000 Franken beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG). Bei Beschwerden gegen Vor- und Zwischenentscheide bestimmt sich der Streitwert nach den Begehren, die vor der Instanz streitig sind, wo die Hauptsache hängig ist (Art. 51 Abs. 1 lit. c BGG). Vorliegend beträgt der Streitwert lediglich Fr. 2'866.--, weshalb sich die Beschwerde in Zivilsachen insofern als unzulässig erweist. 2.4 Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag nicht, ist die Beschwerde in Zivilsachen dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG). Der Beschwerdeführer beruft sich auf diese Bestimmung. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, so ist in der Beschwerdeschrift auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer bringt vor, nach Art. 274a ff. OR seien Mietstreitigkeiten erstinstanzlich durch die örtlich zuständige Mietschlichtungsbehörde zu behandeln. Die Vorinstanz vertrete die Auffassung, diese bundesrechtliche Zuständigkeitsregelung gelte nicht, wenn dem Prozess ein Rechtsöffnungsverfahren vorausgegangen sei. Das Bundesgericht habe die Frage noch nicht entschieden. Sie sei von grundsätzlicher Bedeutung. Zudem bestünden im Kanton Aargau bei den Bezirksgerichten unterschiedliche Auffassungen. Angesichts derartiger Rechtsunsicherheit und der verfassungsrechtlichen Bedeutung von Zuständigkeitsnormen sei es gerechtfertigt, dass das Bundesgericht Klarheit schaffe. Die Frage, ob die Schlichtungsstelle in Mietangelegenheiten auch bei Aberkennungsklagen (Art. 83 Abs. 2 SchKG) mit mietrechtlichem Gegenstand anzurufen ist, hat das Bundesgericht bislang nicht entschieden. Die Frage ist mithin neu. In der Lehre sind die Meinungen dazu geteilt (verneinend: Higi, Zürcher Kommentar, N. 51 zu Art. 274a OR, N. 15 zu Art. 274b OR; SVIT-Kommentar Mietrecht, 2. Aufl., Zürich 1998, N. 9 zu Art. 274-274a OR. Bejahend: Weber, Basler Kommentar, N. 2 zu Art. 274a OR mit Hinweisen; Lachat/Stoll/Brunner, Mietrecht für die Praxis, 6. Auflage, Zürich 2005, S. 71; Daniel Staehelin, in Staehelin/Bauer/Staehelin [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, SchKG I, Basel 1998, N. 41 zu Art. 83 SchKG; Aristide Roberti, Der Gerichtsstand [örtliche Zuständigkeit] der Aberkennungsklage bei Streitigkeiten über die Miete von Wohn- und Geschäftsräumen, mp 2004 S. 125 ff., 132; derselbe, Rechtsöffnungsverfahren - Mietrechtliches Schlichtungsverfahren, mp 1994 S. 115 ff.; vgl. ferner Raymond Bisang, Kommentar zum Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 18. September 2000, MRA 2001 S. 24 ff.; Andreas Zappalà, Kommentar zum Entscheid des Mietgerichts Zürich vom 12. Januar 1995, MRA 1995 S. 107). Die Praxis in den Kantonen divergiert (vgl. namentlich die bei Weber [a.a.O., N. 2 zu Art. 274a OR] angegebenen Urteile kantonaler Gerichte). Es besteht ein allgemeines Interesse, dass diese sich oftmals stellende Zuständigkeitsfrage, die das Bundesgericht mit freier Kognition prüfen kann, höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit Rechtssicherheit herzustellen. Namentlich bei Fragen der Zuständigkeit besteht ein besonderes Bedürfnis nach einer möglichst baldigen Klärung der Rechtslage durch das Bundesgericht, damit die Rechtsunsicherheit rasch beseitigt werden kann und der Rechtssuchende Klarheit darüber erhält, bei welcher Instanz er den Rechtsweg einzuschlagen hat. Es ist damit vorliegend von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auszugehen (vgl. dazu namentlich Botschaft Bundesrechtspflege, a.a.O., S. 4309; Andreas Güngerich, in Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz, Handkommentar, Bern 2007, N. 9 zu Art. 74 BGG; Spühler/Dolge/Vock, Kurzkommentar zum BGG, Zürich/St. Gallen 2006, N. 6 zu Art. 74 BGG; Hans Peter Walter, Neue Zivilrechtspflege, in: Tschannen [Hrsg.], Neue Bundesrechtspflege, BTJP 2006, Bern 2007, S. 119 f.; Rainer J. Schweizer, Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach dem neuen Bundesgerichtsgesetz, in: Ehrenzeller/Schwander [Hrsg.], Reorganisation der Bundesrechtspflege - Neuerungen und Auswirkungen in der Praxis, St. Gallen 2006, S. 224; Peter Karlen, Das neue Bundesgerichtsgesetz, Die wesentlichen Neuerungen und was sie bedeuten, Basel 2006, S. 44; Denis Tappy, Le recours en matière civile, in: Wurzburger et. al., La nouvelle loi sur le Tribunal fédéral, Lausanne 2007, S. 51 ff., 70 f. Rz. 31 f.; Fabienne Hohl, Le recours en matière civile selon la Loi sur le Tribunal fédéral du 17 juin 2005, in: Foëx/Hottelier/Jeandin [Hrsg.], Les recours au Tribunal fédéral, Genève 2007, S. 75 f.; Tarkan Göksu, Die Beschwerden ans Bundesgericht, St. Gallen 2007, S. 85 Rz. 171; Karin Müller, Einige Gedanken zum Begriff der "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" bei der Beschwerde in Zivilsachen nach dem neuen Bundesgerichtsgesetz, in: Isaak Meier et al., Wege zum Bundesgericht in Zivilsachen nach dem Bundesgerichtsgesetz, Zürich/St. Gallen 2007, S. 113 ff., insbes. 125 f.; Christoph Auer, Der Rechtsweg in Zivilsachen, in: Ehrenzeller/Schwander [Hrsg.], a.a.O., S. 67 f.; Marco Chevalier, Die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäss Art. 74 Abs. 2 Bst. a BGG, ZZZ 2006 S. 325 ff.; Martin Sarbach, BGG und Zivilverfahren, Jusletter vom 18. Dezember 2006, Rz. 8). Da sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, erweist sich die Beschwerde in Zivilsachen als zulässig. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist darauf einzutreten. 3. Strittig ist, ob Aberkennungsklagen gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG in mietrechtlichen Streitigkeiten beim Bezirksgericht (Mietgericht) oder bei der Schlichtungsbehörde in Mietsachen nach Art. 274a ff. OR anhängig zu machen sind. Die Vorinstanz vertritt im angefochtenen Urteil mit einem Teil der Lehre (vgl. die Hinweise auf verschiedene Lehrmeinungen zur Frage in vorstehender Erwägung 2.4) die Auffassung, der Bundesgesetzgeber habe die sachliche Zuständigkeit der Schlichtungsbehörde zur Behandlung von Aberkennungsklagen ausgeschlossen. Zwar sei auch die Aberkennungsklage gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG eine materiell-rechtliche Klage. Doch stehe sie anders als die Anerkennungsklage gemäss Art. 79 SchKG nicht am Anfang eines Zivilprozesses, in dem Bemühungen um eine gütliche Beilegung der Streitigkeit noch Sinn machten, sondern am Ende eines gerichtlichen Vollstreckungsverfahrens, wo solche Schlichtungsbemühungen sinnlos erschienen und nur zu einer weiteren, im Hinblick auf das Beschleunigungsgebot von Art. 274d Abs. 1 OR unzulässigen Verzögerung des Verfahrens führten. Entsprechend habe der Gesetzgeber in der Vorschrift von Art. 83 Abs. 2 des revidierten SchKG, die jünger sei als die entsprechende mietrechtliche Gesetzgebung, in Kenntnis der in Lehre und Rechtsprechung umstrittenen mietverfahrensrechtlichen Problematik bestimmt, dass der Betriebene innert 20 Tagen nach der Rechtsöffnung "beim Gericht" des Betreibungsortes auf Aberkennung klagen könne. 4. Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zu Grunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien können beigezogen werden, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben (BGE 133 III 175 E. 3.3.1, 273 E. 3.2; 132 III 707 E. 2 S. 710 f., je mit Hinweisen). 5.1 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat aus Art. 274a ff. OR abgeleitet, dass die Durchführung des Schlichtungsverfahrens grundsätzlich in allen Streitigkeiten aus der Miete von Wohn- oder Geschäftsräumen bundesrechtlich vorgeschrieben ist (BGE 118 II 307; vgl. auch BGE 132 III 747 E. 5.2; 124 III 21 E. 2b S. 23; 120 II 112 E. 3b/bb S. 114 f.; 119 Ia 264 E. 4a; Urteil 4P.80/2002 vom 16. Mai 2002, Pra 91/2002 Nr. 213 S. 1133). In diesem Umfang schränkt das Bundesrecht die Verfahrenshoheit der Kantone (Art. 274 OR) ein, so dass die bundesrechtliche Regelung anderslautenden kantonalrechtlichen Bestimmungen vorgeht. Wo das Schlichtungsverfahren vorgeschrieben ist, bildet seine Durchführung Voraussetzung eines nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens. Der Richter tritt auf eine Klage nur ein, wenn vorgängig die Schlichtungsbehörde nach Art. 274e Abs. 2 OR das Misslingen einer Einigung festgestellt oder im Rahmen ihrer Kompetenzen einen Sachentscheid gefällt hat (BGE 119 Ia 264 E. 4a; Urteil 4C.252/2002 vom 8. November 2002 E. 5.1, Cahiers du bail [CdB] 2003 S. 33 ff.; Weber, a.a.O., N. 2 zu Art. 274a OR; Lachat/Stoll/ Brunner, a.a.O., S. 69). Das Obligatorium des Schlichtungsverfahrens steht im Dienste des raschen, einfachen und billigen Verfahrens. Der Regelungsgedanke der entsprechenden Bestimmungen findet seine rechtspolitische Rechtfertigung in der Sachnähe der Behörde und in der sozialrechtlichen Besonderheit mietrechtlicher Streitigkeiten, namentlich aus dem Bereich der Wohnungs- und der Geschäftsmiete (BGE 120 II 112 E. 3b/bb S. 114 f.; 118 II 307 ff.; Urteil 4C.274/1999 vom 17. November 1999 E. 2). Das Verfahren vor der paritätisch zusammengesetzten (Art. 274a Abs. 2 OR) Schlichtungsbehörde ist primär auf die Herbeiführung einer Einigung ausgerichtet (Art. 259i Abs. 2, Art. 273 Abs. 4, Art. 274a Abs. 1 lit. b und Art. 274e Abs. 1 OR; Urteil 4P.316/1994 vom 19. Mai 1995 E. 4b). Die Rechtsuchenden können sich von der Schlichtungsbehörde beraten lassen (Art. 274a Abs. 1 lit. a OR). Das Verfahren wird vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Bei Scheitern einer Einigung hat es im Wesentlichen bloss die Bedeutung eines summarischen Vorverfahrens, in welchem die Parteirollen für ein allfällig nachfolgendes Justizverfahren festgelegt werden (Art. 274f Abs. 1 OR; BGE 119 Ia 264 E. 4a mit Hinweisen). 5.2 Die Aberkennungsklage (Art. 83 Abs. 2 SchKG) ist eine negative Feststellungsklage, mit der die Feststellung des Nichtbestehens der in Betreibung gesetzten Forderung verlangt werden kann. Es ist eine materiellrechtliche Klage, die sich mit Ausnahme der Verteilung der Parteirollen und des Gerichtsstands grundsätzlich nicht von einer ordentlichen Feststellungsklage oder einer Anerkennungsklage nach Art. 79 SchKG, deren Spiegelbild sie bildet, unterscheidet (BGE 131 III 268 E. 3.1; 130 III 285 E. 5.3.1 und 5.3.3; 128 III 44 E. 4a S. 46 f.; 124 III 207 E. 3b/aa, je mit Hinweisen). Die Aberkennungsklage soll primär klären, ob der zwischen den Parteien streitige Anspruch materiell besteht und so der Verwirklichung des materiellen Rechts dienen (BGE 128 III 44 E. 4c S. 47 mit Hinweisen). Ist die Aberkennungsklage eine materiellrechtliche Klage, die sich lediglich hinsichtlich der Parteirollen von einer "normalen" Klage unterscheidet, untersteht sie grundsätzlich der Prozessvoraussetzung des durchgeführten Schlichtungsverfahrens, soweit sie eine Streitigkeit aus der Miete von Wohn- oder Geschäftsräumen betrifft. 5.3 Die Vorinstanz hält indessen dafür, bei Aberkennungsklagen sei eine Ausnahme vom Erfordernis des Schlichtungsverfahrens zu machen, weil diesem bereits das Rechtsöffnungsverfahren vorausgegangen sei. Damit erschienen Schlichtungsbemühungen in einem weiteren summarischen Verfahren sinnlos und würden lediglich das Verfahren unzulässigerweise verzögern. Die Aberkennungsklage biete dem Schuldner, der bereits im summarischen Rechtsöffnungsverfahren und damit in einem kontradiktorischen Verfahren unterlegen sei, das letzte Verteidigungsmittel, um den Gläubiger an der Fortsetzung der Betreibung, das heisse Zwangsvollstreckung der Forderung, zu hindern. Da die Aberkennungsklage nicht am Anfang eines gerichtlichen Verfahrens stehe, sondern bereits ein solches voraussetze, sei eine Vermittlungsverhandlung vor dem Friedensrichter bzw. der Schlichtungsbehörde nicht mehr angezeigt; diese Behörden hätten nichts mehr zu vermitteln. Damit verkennt die Vorinstanz indessen, dass das Rechtsöffnungsverfahren im Unterschied zum Aberkennungsverfahren keinen materiellrechtlichen Gegenstand hat. Es hat ausschliesslich betreibungsrechtlichen Charakter. Im provisorischen Rechtsöffnungsverfahren wird nur darüber entschieden, ob die Betreibung - unter Vorbehalt der Aberkennungsklage des Schuldners - weitergeführt werden kann oder ob der Gläubiger auf den ordentlichen Prozessweg (Anerkennungsklage) verwiesen wird. Demgegenüber steht im Forderungsprozess die materielle Begründetheit der Forderung in Frage. Damit stehen in den beiden Verfahren nicht gleiche Fragen zur Diskussion (vgl. dazu BGE 120 Ia 82 E. 6c S. 84 f.; 100 III 48 E. 3 S. 50, je mit Hinweisen). Im Verfahren der provisorischen Rechtsöffnung prüft der Richter bloss, ob die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung beruhe (Art. 82 SchKG). Der Schuldner kann zu seiner Verteidigung neben formellen Einwänden das Fehlen eines Rechtsöffnungstitels, dessen Ungültigkeit oder Unwirksamkeit geltend machen. Ausserdem kann er sich auf Tilgung oder Stundung berufen oder Verjährung geltend machen (Art. 81 Abs. 1 SchKG). Die Prüfungszuständigkeit des Rechtsöffnungsrichters umfasst ausschliesslich Fragen im Zusammenhang mit der Tauglichkeit der präsentierten Urkunden. Bei Verweigerung der Rechtsöffnung ist der Gläubiger bzw. bei Erteilung der Rechtsöffnung der Schuldner darauf angewiesen, den Weg des ordentlichen Forderungsprozesses (Anerkennungsverfahren bzw. Aberkennungsverfahren) zu beschreiten. Diesfalls wird über die materielle Begründetheit der Forderung im ordentlichen Verfahren entschieden. Dieses richtet sich nach dem kantonalen Verfahrensrecht, soweit das Bundesrecht keine abweichenden Vorschriften aufstellt. Dem Gläubiger stehen für die Begründung seiner Forderung im Rahmen des Verfahrensrechts sämtliche Angriffsmittel und sämtliche Beweismittel zur Verfügung. Auf der andern Seite kann sich der Schuldner mit allen Mitteln gegen die Forderung zur Wehr setzen. Der Richter befindet schliesslich aufgrund des vollständigen Beweisverfahrens und der umfassenden Würdigung über das Bestehen der eingeklagten Forderung (BGE 120 Ia 82 E. 4b S. 83 f. mit Hinweisen). Angesichts der auf Fragen im Zusammenhang mit der Tauglichkeit der präsentierten Urkunden als Rechtsöffnungstitel beschränkten Prüfungszuständigkeit des Richters im Verfahren auf provisorische Rechtsöffnung bleibt die Frage nach der materiellen Begründetheit der Forderung sowohl nach verweigerter als auch nach erteilter provisorischer Rechtsöffnung offen. Auch hat das Rechtsöffnungsverfahren nicht zum Ziel, eine Einigung der Parteien herbeizuführen. Somit kann nicht gesagt werden, im Anschluss an dieses Verfahren sei ein Versuch sinnlos, die Parteien in einem Schlichtungsverfahren zu einer Einigung zu bewegen, bevor ein Aberkennungsprozess im ordentlichen Verfahren mit entsprechenden Kostenfolgen geführt wird. Denn im Schlichtungsverfahren kann den Parteien ein Vergleichsvorschlag unterbreitet werden, der sich auf die erstmalige - wenn auch bloss summarische - Beurteilung der materiellen Rechtslage durch eine Behörde stützt, die über die Tauglichkeitsprüfung der vom Gläubiger vorgelegten Urkunden als Rechtsöffnungstitel hinausgeht. Mithin kann nicht gesagt werden, ein solcher Einigungsversuch sei sinnlos, bloss weil ihm ein Rechtsöffnungsverfahren vorangegangen ist. Es rechtfertigt sich insoweit nicht, den Parteien die Möglichkeit zu entziehen, die Streitsache rasch, einfach (Art. 274d Abs. 1 OR) und kostenlos im Verfahren vor der Schlichtungsbehörde zu erledigen. 5.4 Auch aus dem Wortlaut der Vorschrift von Art. 83 Abs. 2 SchKG, wonach der Betriebene innert 20 Tagen nach der Rechtsöffnung auf dem Weg des ordentlichen Prozesses "beim Gericht" des Betreibungsortes auf Aberkennung der Forderung klagen kann, lässt sich nicht ableiten, dass bei Aberkennungsklagen eine Ausnahme vom Grundsatz zu machen wäre, dass zunächst die Schlichtungsstelle anzurufen ist. Die Vorschrift in Art. 83 Abs. 2 SchKG, innert 20 Tagen "das Gericht" anzurufen, hat nicht den Sinn, gesetzlich vorgesehene Verfahren zur Einigung der Parteien auszuschliessen. Sie verlangt zur Wahrung der Klagefrist lediglich die Klageanhebung mittels derjenigen prozessleitenden oder vorbereitenden Handlung des Klägers, mit der er zum ersten Mal in bestimmter Form für den von ihm erhobenen Anspruch (Feststellung des Nichtbestehens der Forderung) den Richter anruft. Dabei wird das Verfahren bzw. die Form der Klageeinleitung durch das kantonale Prozessrecht geregelt, soweit nicht das Bundesrecht - wie im vorliegenden Fall - eine Vorschrift enthält (Fritzsche/Walder, a.a.O., S. 270 f.; Staehelin, a.a.O., N. 30 zu Art. 83 SchKG; Gilliéron, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Lausanne 1999-2003, N. 70 zu Art. 83 SchKG). Für die Frage, wann die Klage angehoben und ob damit die Verwirkungsfrist für die Aberkennungsklage gewahrt sei, ist sodann nie das kantonale Prozessrecht, sondern stets die bundesrechtliche Definition des Begriffs der Klageanhebung massgebend (BGE 119 II 434 E. 2a; vgl. Vogel/ Spühler, Grundriss des Zivilprozessrechts, 8. Aufl., Bern 2006, § 39 Rz. 30; Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl., N. 1 zu Art. 97-98 ZPO/BE; Gilliéron, a.a.O., N. 70 zu Art. 83 SchKG; Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl., Zürich 1997, Bd. I, N. 10 zu Art. 83 SchKG). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts wird eine bundesrechtliche Klagefrist durch Anrufung des Sühnebeamten gewahrt, wenn dieser die Streitsache gemäss kantonalem Prozessrecht mangels Aussöhnung von Amtes wegen an das Gericht weiterzuleiten hat oder wenn zwischen dem Sühne- und dem eigentlichen Prozessverfahren nach kantonalem Recht ein Zusammenhang wenigstens in dem Sinne besteht, dass der Kläger den Streit innert einer gewissen Frist nach Abschluss des Sühneverfahrens vor den urteilenden Richter bringen muss, um die Verwirkung des Klagerechts oder andere Rechtsnachteile zu vermeiden, und der Kläger diese Frist im konkreten Fall auch wirklich eingehalten hat (BGE 111 II 186 E. 8; 98 II 181 E. 11; 82 II 587 E. 2a, je mit Hinweisen). Den entsprechenden Anforderungen an die Klageanhebung zur Wahrung der Klagefrist gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG genügt auch das bundesrechtlich vorgesehene Schlichtungsverfahren in Mietsachen. Hat die Schlichtungsbehörde mangels Einigung einen Entscheid gefällt, so wird dieser rechtskräftig, wenn die Partei, die unterlegen ist, nicht innert 30 Tagen den Richter anruft; hat die Behörde bloss das Nichtzustandekommen der Einigung festgestellt, so muss die Partei, die auf ihrem Begehren beharrt, innert 30 Tagen den Richter anrufen (Art. 274f Abs. 1 OR). Somit besteht aufgrund des Wortlauts von Art. 83 Abs. 2 SchKG kein Anlass, das bundesrechtlich vorgesehene Schlichtungsverfahren als prozessvorbereitende Handlung bei einer Aberkennungsklage auszuschliessen. Genügt für die Wahrung der in dieser Bestimmung festgelegten Klagefrist von 20 Tagen, dass ein kantonales Sühnverfahren, mit dem die Klage im bundesrechtlichen Sinne angehoben wird, eingeleitet ist, so muss auch ein bundesrechtlich obligatorisch vorgesehenes Sühnverfahren, mit dem die Klage angehoben wird, ausreichend und erforderlich sein (Staehelin, a.a.O., N. 41 zu Art. 83 SchKG). Demnach genügt die Einleitung des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle zur Wahrung der Klagefrist nach Art. 83 Abs. 2 SchKG. 5.5 Im Lichte des Dargelegten kann auch aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber den Wortlaut von Art. 83 Abs. 2 SchKG in der am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen SchKG-Revision (AS 1995 1227 1307) unverändert belassen und inhaltlich nur insoweit eine Änderung vorgenommen hat, als er die Frist zur Erhebung der Aberkennungsklage von 10 auf 20 Tage verlängert hat, von vornherein nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber das Schlichtungsverfahren bei Aberkennungsklagen mit mietrechtlichem Inhalt ausschliessen wollte. Nach dem Ausgeführten (vorstehende Erwägung 5.4) bestand kein Anlass, den Gesetzestext in dem Sinne zu präzisieren, dass bei Mietsachen die Anrufung der Schlichtungsstelle innerhalb der 20-tägigen Frist genüge. Vielmehr hätte der Gesetzgeber wohl eine ausdrückliche Regelung erlassen, wenn er bei Aberkennungsklagen eine Ausnahme von der grundsätzlich bestehenden Pflicht zur Einleitung von mietrechtlichen Verfahren bei der Schlichtungsbehörde (Erwägung 5.1 vorne) hätte statuieren wollen. Mit der blossen Belassung des Wortlautes von Art. 83 Abs. 2 SchKG hat er keinesfalls aufgezeigt, dass eine Ausnahme von der Regel gelten sollte, nach der die Anrufung der Schlichtungsbehörde in mietrechtlichen Streitigkeiten zur Wahrung der 20-tägigen Verwirkungsfrist genügend und erforderlich ist. Überdies lässt sich den Materialien nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der Revision von Art. 83 Abs. 2 SchKG überhaupt an die zu dieser Frage bestehende Kontroverse in Lehre und Rechtsprechung gedacht hat (vgl. namentlich Botschaft vom 8. Mai 1991 über die Änderung des SchKG, BBl 1991 III S. 1 ff., 66; AB 1993 N S. 19; AB 1993 S S. 645; AB 1994 S S. 730 f.), wie in der Literatur (SVIT-Kommentar, a.a.O., N. 9 zu Art. 274-274a OR S. 968) ohne Hinweise auf Belegstellen geltend gemacht wird. Schon deshalb kann aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber den Wortlaut von Art. 83 Abs. 2 SchKG unverändert belassen hat, nichts abgeleitet werden. 5.6 Indem die Vorinstanz auf das Rechtsmittel des Beschwerdeführers mit der Begründung nicht eingetreten ist, die Schlichtungsstelle habe ihre Zuständigkeit vorliegend zu Recht verneint und das Bezirksgericht habe seine Zuständigkeit zu Recht bejaht, hat sie Bundesrecht (Art. 274a ff. OR und Art. 83 Abs. 2 SchKG) verletzt. 6. Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen und das angefochtene Urteil der Vorinstanz vom 7. Mai 2007 aufzuheben. Es ist festzustellen, dass das Bezirksamt Aarau als Schlichtungsbehörde für das Mietwesen des Bezirks Aarau beim gegenwärtigen Stand des zwischen den Parteien hängigen Verfahrens allein zur Behandlung der Streitsache (Aberkennungsklage) zuständig ist (Art. 107 Abs. 2 Satz 1 BGG; vgl. auch BGE 124 I 327 E. 4b/aa S. 333; 101 Ia 141 E. 4). Zur Beschleunigung des Verfahrens rechtfertigt es sich, die Sache direkt an das Bezirksamt Aarau zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 Satz 2 BGG). Im Weiteren hat die Vorinstanz neu über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens zu entscheiden. Unter den gegebenen Umständen rechtfertigt es sich, ausnahmsweise auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG) und die Parteikosten für das bundesgerichtliche Verfahren wettzuschlagen (Art. 68 Abs. 1 BGG). - Der Ausgang des Rechtsstreits ist noch offen. Der Beschwerdeführer dringt mit seinem Standpunkt in der vorliegend allein strittigen Zuständigkeitsfrage zwar voll durch. Die Beschwerdegegnerinnen haben indessen nicht gegen die in der Beschwerde geltend gemachte oder für die im angefochtenen Entscheid angeführte Argumentation Stellung bezogen, sondern lediglich neutral beantragt, dass das Bundesgericht die Zuständigkeitsfrage entscheide. Überdies ist zu berücksichtigen, dass es im vorliegenden Verfahren um eine im allgemeinen Interesse zu entscheidende Grundsatzfrage ging.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 7. Mai 2007 aufgehoben. 2. Das Bezirksamt Aarau als Schlichtungsbehörde für das Mietwesen des Bezirks Aarau ist beim gegenwärtigen Stand des zwischen den Parteien hängigen Verfahrens allein zur Behandlung der Streitsache (Aberkennungsklage) zuständig. 3. Die Sache wird zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens an das Bezirksamt Aarau als Schlichtungsbehörde für das Mietwesen des Bezirks Aarau und zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des obergerichtlichen Verfahrens an das Obergericht des Kantons Aargau zurückgewiesen. 4. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 5. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 6. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 4. Kammer, dem Bezirksgericht Aarau sowie dem Bezirksamt Aarau als Schlichtungsbehörde für das Mietwesen des Bezirks Aarau schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 28. September 2007 Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
a6329a85-afb4-4bbd-b25c-1e723dbae7f5
de
2,004
CH_BGer_016
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die 1961 geborene, seit 1992 vollzeitlich bei der Firma K._ SA in der Fabrikation tätig gewesene N._ meldete sich im September 1996 unter Hinweis auf Kniebeschwerden sowie Depressionen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Gestützt auf die Ergebnisse rheumatologischer und psychiatrischer Untersuchungen (Bericht der Dres. med. B._ und F._, Rheumatologische Klinik und Poliklinik am Spital Q._, vom 22. Oktober 1998; Berichte des Dr. med. H._, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 7. April 1997 und 30. Juni 1998 sowie des Dr. med. G._, Oberarzt an der Psychiatrischen Klinik X._, vom 24. März 1998, ferner der Dres. med. W._ und R._, Medizinische Abteilung Y._ am Spital Q._, vom 18. Oktober 1996) lehnte die IV-Stelle Bern das Leistungsbegehren mangels eines invalidisierenden Gesundheitsschadens mit Verfügung vom 26. Januar 1999 ab. In teilweiser Gutheissung der hiegegen erhobenen Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die Sache zur Durchführung einer polydisziplinären Abklärung des somatischen und psychischen Gesundheitszustands sowie dessen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit an die Verwaltung zurück (Entscheid vom 2. März 2000). Das in der Folge veranlasste Gutachten des Zentrums für Medizinische Begutachtung vom 23. April 2002 (nachfolgend: ZMB-Gutachten) attestierte eine Restarbeitsfähigkeit von 60 % für sämtliche körperlich leichten bis mittelschweren Tätigkeiten, wobei die Einschränkung auf die diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie die rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig leichte Episode) auf der Grundlage einer histrionisch strukturierten Persönlichkeit zurückgeführt wurde. Gestützt auf die Stellungnahme des IV-Arztes Dr. med. K._, Facharzt FMH für Innere Medizin, vom 14. Mai 2002, wonach invaliditätsfremde Gründe für die limitierte Leistungsfähigkeit verantwortlich sind, wies die IV-Stelle das Leistungsbegehren der N._ erneut ab (Verfügung vom 16. Juli 2002). B. Die hiegegen erhobene Beschwerde mit dem Antrag auf Zusprechung einer ganzen Invalidenrente ab (frühestens) 1. September 1995, eventualiter Rückweisung der Streitsache an die Verwaltung zwecks zusätzlicher medizinischer Abklärungen, wies das Verwaltungsgericht mit Entscheid vom 16. September 2003 ab. C. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt N._ ihr vorinstanzlich gestelltes Rechtsbegehren erneuern. Des Weitern ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine Invalidenrente, insbesondere das Ausmass der körperlich und psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeit. 2. 2.1 Im angefochtenen Entscheid werden die - vor In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 am 1. Januar 2003 gültig gewesenen und nach den Regeln des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts hier anwendbaren (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b) - Bestimmungen über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG), Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG) sowie die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 Erw. 2a und b) zutreffend dargelegt. Ebenfalls richtig wiedergegeben wurde die Rechtsprechung zur Bedeutung ärztlicher Berichte und Gutachten für die Bestimmung des Invaliditätsgrades (BGE 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1) sowie die Grundsätze der Beweiswürdigung (BGE 125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 f. Erw. 1c, je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass auch die Bestimmungen der auf den 1. Januar 2004 in Kraft getretenen 4. IVG-Revision im hier zu beurteilenden Fall nicht anwendbar sind, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 16. Juli 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweisen). 2. 2.1 Im angefochtenen Entscheid werden die - vor In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 am 1. Januar 2003 gültig gewesenen und nach den Regeln des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts hier anwendbaren (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b) - Bestimmungen über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG), Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG) sowie die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 Erw. 2a und b) zutreffend dargelegt. Ebenfalls richtig wiedergegeben wurde die Rechtsprechung zur Bedeutung ärztlicher Berichte und Gutachten für die Bestimmung des Invaliditätsgrades (BGE 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1) sowie die Grundsätze der Beweiswürdigung (BGE 125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 f. Erw. 1c, je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass auch die Bestimmungen der auf den 1. Januar 2004 in Kraft getretenen 4. IVG-Revision im hier zu beurteilenden Fall nicht anwendbar sind, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 16. Juli 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweisen). 2.2 2.2.1 Nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz gehören zu den geistigen Gesundheitsschäden, welche in gleicher Weise wie die körperlichen eine Invalidität im Sinne von Art. 4 Abs. 1 IVG zu bewirken vermögen, neben den eigentlichen Geisteskrankheiten auch seelische Abwegigkeiten mit Krankheitswert. Nicht als Auswirkungen einer krankhaften seelischen Verfassung und damit invalidenversicherungsrechtlich nicht als relevant gelten Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit, welche die versicherte Person bei Aufbietung allen guten Willens, Arbeit in ausreichendem Masse zu verrichten, zu vermeiden vermöchte, wobei das Mass des Forderbaren weitgehend objektiv bestimmt werden muss (BGE 102 V 165; AHI 2001 S. 228 Erw. 2b mit Hinweisen; vgl. auch 127 V 298 Erw. 4c in fine). 2.2.2 Unter gewissen Umständen können auch somatoforme Schmerzstörungen eine Arbeitsunfähigkeit verursachen. Sie fallen unter die Kategorie der psychischen Leiden (zu deren invalidisierenden Charakter generell BGE 102 V 165; AHI 2001 S. 228 Erw. 2b mit Hinweisen; siehe auch BGE 127 V 298 ff. Erw. 4c und 5), für die grundsätzlich ein psychiatrisches Gutachten erforderlich ist, wenn es darum geht, über das Ausmass der durch sie bewirkten Arbeitsunfähigkeit zu befinden (AHI 2000 S. 159 Erw. 4b mit Hinweisen; Urteile R. vom 2. Dezember 2002 [I 53/02] Erw. 2.2, L. vom 6. Mai 2002 [I 275/01] Erw. 3a/bb und 3b sowie Q. vom 8. August 2002 [I 783/01] Erw. 3a). In Anbetracht der sich mit Bezug auf Schmerzen naturgemäss ergebenden Beweisschwierigkeiten genügen mithin die subjektiven Schmerzangaben der versicherten Person für die Begründung einer (teilweisen) Invalidität allein nicht; vielmehr muss im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Leistungsprüfung verlangt werden, dass die Schmerzangaben durch damit korrelierende, fachärztlich schlüssig feststellbare Befunde hinreichend erklärbar sind, andernfalls sich eine rechtsgleiche Beurteilung der Rentenansprüche nicht gewährleisten liesse (Urteile R. vom 2. Dezember 2002 [I 53/02] Erw. 2.2 und W. vom 9. Oktober 2001 [I 382/00] Erw. 2b). 2.2.3 Das Vorliegen eines fachärztlich ausgewiesenen psychischen Leidens mit Krankheitswert - worunter anhaltende somatoforme Schmerzstörungen grundsätzlich fallen - ist aus rechtlicher Sicht wohl Voraussetzung, nicht aber hinreichende Basis für die Annahme einer invalidisierenden Einschränkung der Arbeitsfähigkeit (Urteil S. vom 17. Februar 2003 [I 667/01] Erw. 3; Ulrich Meyer-Blaser, Der Rechtsbegriff der Arbeitsunfähigkeit und seine Bedeutung in der Sozialversicherung, namentlich für den Einkommensvergleich in der Invaliditätsbemessung, in: René Schaffhauser/Franz Schlauri (Hrsg.), Schmerz und Arbeitsunfähigkeit, St. Gallen 2003, S. 64 f. mit Anm. 93). Namentlich vermag nach der Rechtsprechung eine diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung als solche in der Regel keine lang dauernde, zu einer Invalidität führende Einschränkung der Arbeitsfähigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 IVG zu bewirken (hierzu eingehend Meyer-Blaser, a.a.O., S. 76 ff., insb. S. 81 f.). Ein Abweichen von diesem Grundsatz fällt nur in jenen Fällen in Betracht, in denen die festgestellte somatoforme Schmerzstörung nach Einschätzung des Arztes eine derartige Schwere aufweist, dass der versicherten Person die Verwertung ihrer verbleibenden Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt bei objektiver Betrachtung - und unter Ausschluss von Einschränkungen der Leistungsfähigkeit, die auf aggravatorisches Verhalten zurückzuführen sind (vgl. AHI 2002 S. 150 Erw. 2b; Urteile A. vom 24. Mai 2002 [I 518/01] Erw. 3b/bb und R. vom 2. Dezember 2002 [I 53/02] Erw. 2.2; siehe auch Meyer-Blaser, a.a.O., S. 83, 87 f.) - sozial-praktisch nicht mehr zumutbar oder dies für die Gesellschaft gar untragbar ist (BGE 102 V 165; AHI 2001 S. 228 Erw. 2b mit Hinweisen; vgl. auch BGE 127 V 298 Erw. 4c in fine; hinsichtlich somatoformer Störungen siehe insb. Urteile R. vom 2. Dezember 2002 [I 53/02] Erw. 2.2, Y. vom 5. Juni 2001 [I 266/00] Erw. 1c, S. vom 2. März 2001 [I 650/99] Erw. 2c, B. vom 8. Februar 2001 [I 529/00] Erw. 3c und A. vom 19. Oktober 2000 [I 410/00] Erw. 2b). Die - nur in Ausnahmefällen anzunehmende - Unzumutbarkeit einer willentlichen Schmerzüberwindung und eines Wiedereinstiegs in den Arbeitsprozess setzt jedenfalls das Vorliegen einer mitwirkenden, psychisch ausgewiesenen Komorbidität von erheblicher Schwere, Intensität, Ausprägung und Dauer oder aber das Vorhandensein anderer qualifizierter, mit gewisser Intensität und Konstanz erfüllter Kriterien voraus. So sprechen unter Umständen (1) chronische körperliche Begleiterkrankungen und mehrjähriger Krankheitsverlauf bei unveränderter oder progredienter Symptomatik ohne längerfristige Remission, (2) ein ausgewiesener sozialer Rückzug in allen Belangen des Lebens, (3) ein verfestigter, therapeutisch nicht mehr angehbarer innerseelischer Verlauf einer an sich missglückten, psychisch aber entlastenden Konfliktbewältigung (primärer Krankheitsgewinn ["Flucht in die Krankheit"]; vgl. zum sekundären Krankheitsgewinn hinten Erw. 3.3.2) oder schliesslich (4) unbefriedigende Behandlungsergebnisse trotz konsequent durchgeführter ambulanter und/oder stationärer Behandlungsbemühungen (auch mit unterschiedlichem therapeutischem Ansatz) und gescheiterte Rehabilitationsmassnahmen bei vorhandener Motivation und Eigenanstrengung der versicherten Person für die ausnahmsweise Unüberwindlichkeit der somatoformen Schmerzstörung (vgl. AHI 2000 S. 152 f. Erw. 2c [=VSI 2000 S. 155 Erw. 2c]; siehe etwa auch Urteile S. vom 29. August 2001 [I 703/00] Erw. 4c, P. vom 30. April 2002 [I 382/01] Erw. 4a, G. vom 11. September 2002 [I 597/01] Erw. 2.3, A. vom 23. Januar 2003 [I 379/02] Erw. 1.3; zum Ganzen ausführlich Meyer-Blaser, a.a.O., S. 76 ff., insb. 80 ff.). 2.2.4 Genügt - bei weitgehendem Fehlen eines somatischen Befundes - die (rein) psychiatrische Erklärbarkeit der Schmerzsymptomatik allein für eine sozialversicherungsrechtliche Leistungsbegründung nicht, obliegt der begutachtenden Fachperson der Psychiatrie im Rahmen der - naturgemäss mit Ermessenszügen behafteten - ärztlichen Stellungnahme zur Arbeits(un)fähigkeit und der Darlegungen zu den einer versicherten Person aus medizinischer Sicht noch zumutbaren Arbeitsfähigkeit die Aufgabe, durch die zur Verfügung stehenden diagnostischen Möglichkeiten fachkundiger Exploration der Verwaltung (und im Streitfall dem Gericht) aufzuzeigen, ob und inwiefern eine versicherte Person über psychische Ressourcen verfügt, die es ihr - auch mit Blick auf die unter Erw. 2.2.3 hievor genannten Kriterien - erlauben, mit ihren Schmerzen umzugehen. Entscheidend ist, ob die betroffene Person, von ihrer psychischen Verfassung her besehen, objektiv an sich die Möglichkeit hat, trotz ihrer subjektiv erlebten Schmerzen einer Arbeit nachzugehen (Urteile R. vom 2. Dezember 2002 [I 53/02] Erw. 2.2, Y. vom 5. Juni 2001 [I 266/00] Erw. 1c, S. vom 2. März 2001 [I 650/99] Erw. 2c, B. vom 8. Februar 2001 [I 529/00] Erw. 3c und A. vom 19. Oktober 2000 [I 410/00] Erw. 2b). 2.2.5 Die ärztlichen Stellungnahmen zum psychischen Gesundheitszustand und zu dem aus medizinischer Sicht (objektiv) vorhandenen Leistungspotential bilden unabdingbare Grundlage für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob und gegebenenfalls inwieweit einer versicherten Person unter Aufbringung allen guten Willens die Überwindung ihrer Schmerzen und die Verwertung ihrer verbleibenden Arbeitskraft zumutbar ist. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung (Art. 40 BZP in Verbindung mit Art. 19 VwVG; Art. 95 Abs. 2 OG in Verbindung mit Art. 113 und 132 OG; AHI 2001 S. 113 Erw. 3a) darf sich dabei die Verwaltung - und im Streitfall das Gericht - weder über die (den beweisrechtlichen Anforderungen genügenden; Erw. 2.1 hievor, in fine) medizinischen Tatsachenfeststellungen hinwegsetzen noch sich die ärztlichen Einschätzungen und Schlussfolgerungen zur (Rest-) Arbeitsfähigkeit unbesehen ihrer konkreten sozialversicherungsrechtlichen Relevanz und Tragweite zu eigen machen. Letzteres gilt namentlich dann, wenn die begutachtende Fachperson allein aufgrund der Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit attestiert. Die rechtsanwendenden Behörden haben diesfalls mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob die ärztliche Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit auch invaliditätsfremde Gesichtspunkte (insbesondere psychosoziale und soziokulturelle Belastungsfaktoren) mit berücksichtigt, welche vom sozialversicherungsrechtlichen Standpunkt aus unbeachtlich sind (vgl. BGE 127 V 299 Erw. 5a; AHI 2000 S. 153 Erw. 3), und ob die von den Ärzten anerkannte (Teil-)Arbeitsunfähigkeit auch im Lichte der für eine Unüberwindlichkeit der Schmerzsymptomatik massgebenden rechtlichen Kriterien (Erw. 2.2.3 und 2.2.4 hievor) standhält. 3. 3.1 Abweichend vom ZMB-Gutachten vom 23. April 2002, welches der Beschwerdeführerin aufgrund der diagnostizierten anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie der rezividierenden depressiven Störung (gegenwärtig leichte Episode) bei histrionisch strukturierter Persönlichkeit eine Arbeitsunfähigkeit von 40 % attestiert, ging die Vorinstanz von einer - wie bisher - 100%igen Arbeitsfähigkeit für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten aus; zur Begründung wurde ausgeführt, die soziokulturellen und psychosozialen Umstände träten bei der Versicherten derart stark in den Vordergrund, dass ein verselbstständigter (krankheitswertiger) psychischer Gesundheitsschaden mit Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit zu verneinen sei; namentlich liege auch keine andauernde Depression im fachmännischen Sinne vor. Da somit weder in somatischer noch psychischer Hinsicht ein medizinisches Substrat für die Schmerzsymptomatik ausgewiesen sei, falle ein Rentenanspruch ausser Betracht. 3.2 Das kantonale Gericht räumt mit Recht ein, dass das polydisziplinäre ZMB-Gutachten sämtliche rechtsprechungsgemässen Kriterien der Beweistauglichkeit (vgl. Erw. 2.1. hievor) erfüllt. Die abschliessende Gesamteinschätzung der Restarbeitsfähigkeit stammt von der Kommission für medizinische Begutachtung, welche bei ihrer Einschätzung sämtliche relevanten somatischen und psychischen Beschwerden berücksichtigte. Unbegründet ist der beschwerdeführerische Einwand, die Gesamteinschätzung der Restarbeitsfähigkeit beruhe auf nicht aktuellen Befunderhebungen. Die Schlussfolgerungen der Gutachter stützen sich sowohl auf die medizinischen Vorakten als auch auf die subjektiven Angaben der Versicherten und die im Rahmen eigener Untersuchungen anlässlich des ZMB-Aufenthalts vom 2. bis 5. April 2002 erhobenen Befunde. Weder vor- noch letztinstanzlich benennt die Beschwerdeführerin Beweismittel, welche auf eine relevante Veränderung des Gesundheitszustands seit der ZMB-Begutachtung im April 2002 bis zum Verfügungserlass am 16. Juli 2002 hindeuten. Soweit in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemacht wird, die von den ZMB-Gutachtern bescheinigte Arbeitsunfähigkeit von 40 % lasse sich im Lichte der im Bericht des Psychiaters Dr. med. G._ vom 19. März 2002 angenommenen "Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit" von 80 bis 100 % nicht halten, kann dem nicht beigepflichtet werden. Zum einen gründet die Einschätzung des Psychiaters auf der Annahme eines klassischen Fibromyalgie-Syndroms. Ein solches aber wurde von den Gutachtern des ZMB in der Folge nachvollziehbar und überzeugend ausgeschlossen; somatisch objektiviert werden könne einzig ein leichtes femoropatelläres Schmerzsyndrom. Zum andern begründet Dr. med. G._ die nahezu vollständige Einschränkung des Leistungsvermögens allein mit dem Hinweis auf die bisher fehlgeschlagenen Versuche einer andauernden Symptomlinderung sowie die diesbezüglich ungünstige Prognose; damit aber liefert der Arzt keine hinreichende Beweisgrundlage für die Beurteilung der Frage, ob und inwiefern der Beschwerdeführerin die Ausübung einer Erwerbstätigkeit mit Blick auf die vorhandenen psychischen Ressourcen objektiv möglich und zumutbar wäre. Im Lichte der bescheidenen Befunde und der - im Übrigen nicht mit Eindeutigkeit gestellten - Diagnose leuchtet zumindest nicht ein, weshalb eine Schmerzüberwindung nahezu gänzlich ausserhalb des Bereichs des Zumutbaren liegen soll. Indem Dr. med. G._ sich schliesslich ohne nähere Präzisierungen zur "Erwerbsfähigkeit" und damit zu den wirtschaftlichen Folgen des Gesundheitsschadens äussert (Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 IVG), überschreitet er seinen Aufgabenbereich als Arzt (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen). Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass Vorinstanz und Verwaltung dem Bericht vom 19. März 2002 keinen ausschlaggebenden Beweiswert beigemessen haben. 3.3 Steht der grundsätzliche Beweiswert des ZMB-Gutachtens ausser Frage, bleibt zu prüfen, ob Vorinstanz und Verwaltung bei der Beurteilung der zumutbaren Restarbeitsfähigkeit von den dortigen Schlussfolgerungen abweichen durften. 3.3.1 Gemäss ZMB-Gutachten fällt bei der Beschwerdeführerin einzig die diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung als Grund für eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit in Betracht. Bezüglich der zusätzlich gestellten Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung (gegenwärtig leichte Episode) auf der Grundlage einer histrionisch strukturierten Persönlichkeit ist in Würdigung der Aktenlage - einschliesslich der Anamnese und der subjektiven Angaben der Versicherten - davon auszugehen, dass es sich bei den depressiven Stimmungslagen um (reaktive) Begleiterscheinungen der somatoformen Schmerzstörung und nicht um ein selbstständiges, vom psychogenen Schmerzsyndrom losgelöstes depressives Leiden im Sinne einer psychischen Komorbidität handelt (vgl. auch Meyer-Blaser, a.a.O., S. 81 Anm. 135). 3.3.2 Der psychische Gesundheitsschaden der Beschwerdeführerin vermag nach den unter Erw. 2.2 hievor dargelegten Grundsätzen über die invalidisierende Wirkung somatoformer Schmerzstörungen nur unter besonderen Voraussetzungen die - ausnahmsweise - Annahme einer rechtserheblichen Arbeitsunfähigkeit zu begründen. Diese sind, wie die Vorinstanz im Ergebnis richtig erkannte, hier nicht erfüllt. So bewirken die körperlichen Begleiterkrankungen (Adipositas, arterielle Hypertension, Status nach abdominaler Hysterektomie, anamnestische Kolpitis und rezidivierende Zystitiden, Status nach Varizen-Operation links ca. 1992) bezüglich körperlich leichten bis mittelschweren Tätigkeiten aus ärztlicher Sicht weder Einschränkungen des funktionellen Leistungsvermögens, noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass sie eine ausgeprägte, die zumutbare Willensanstrengung (vgl. Erw. 2.2.3 hievor) negativ beeinflussende psychische Belastungssituation verursachen. Sodann geben die Angaben der Versicherten keine Indizien für einen schwerwiegenden, nahezu umfassenden sozialen Rückzug mit gleichsam apathischem Verharren in sozialer Isolierung. Ferner besteht im Lichte der Aktenlage kein Grund zur Annahme eines ausgeprägten, therapeutisch nicht mehr angehbaren primären Krankheitsgewinns; einen sekundären Krankheitsgewinn (z.B. vermehrte Zuwendung, Unterstützung, Entlastung von alltäglichen Verpflichtungen etc.) scheinen die Ärzte bei der durch eine histrionisch strukturierte Persönlichkeit geprägten Versicherten zwar nicht auszuschliessen, doch bliebe ein solcher rechtlich ohnehin grundsätzlich unbeachtlich (Meyer-Blaser, a.a.O., S. 86). Schliesslich wiegt der Umstand, dass die Behandlungsergebnisse trotz wiederholter, längerer Therapieversuche bei aktiver Mitwirkung und vorhandener Motivation der Versicherten insgesamt nicht wie erhofft ausfielen, in Würdigung der Gesamtsituation nicht derart schwer, dass dies allein die Unzumutbarkeit einer Schmerzüberwindung rechtfertigen lässt. Dies gilt umso mehr, als die Gutachter des ZMB ausdrücklich die Fortführung einer psychotherapeutischen Betreuung empfehlen und hievon zumindest längerfristig eine Verbesserung des Gesundheitszustands erwarten. Nach dem Gesagten sprechen aus rechtlicher Sicht keine hinreichenden Gründe dafür, dass die psychischen Ressourcen es der relativ jungen Versicherten nicht erlaubten, trotz ihrer Schmerzen eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit - wie sie sie bereits bis anhin ausgeführt hat - weiterhin in vollem Umfange auszuüben. Die von den Ärzten wiederholt hervorgehobenen deutlichen psychosozialen Belastungsfaktoren und die gesamten Umstände des Krankheitsgeschehens genügen mithin für die rechtliche Anerkennung einer 40%-igen Leistungseinbusse aus psychischen Gründen nicht, womit der vorinstanzliche Entscheid standhält. 4. Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist stattzugeben (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwalt Roland Ilg, Zürich, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtiche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. Luzern, 12. März 2004 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Präsident der I. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
a7043f42-d7c5-4600-99b7-dc3e8b68c6ff
it
2,015
CH_BGer_002
Federation
null
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null
public_law
nan
critical
critical-1
Fatti: A. Dando seguito a un'iniziativa parlamentare presentata in forma elaborata il 28 maggio precedente, il 25 novembre 2013 il Gran Consiglio del Cantone Ticino ha deciso l'introduzione nelle disposizioni transitorie della legge tributaria ticinese del 21 giugno 1994 (LT; RL/TI 10.2.1.1) delle seguenti norme: Art. 309e (nuovo) Aliquote attenuate in caso di autodenuncia esente da pena 1 Le aliquote applicate al ricupero dell'imposta non incassata ai sensi dell'articolo 236 capoverso 1 in relazione alle autodenunce esenti da pena presentate dal 1. gennaio dell'entrata in vigore al 31 dicembre dell'anno successivo all'entrata in vigore, sono ridotte del 70 percento. Sugli elementi già tassati la riduzione è applicata sull'aumento dell'aliquota marginale. 2 La riduzione delle aliquote è applicabile quando sono adempiute le condizioni dell'articolo 258 capoverso 3 (autodenuncia esente da pena). 3 La riduzione delle aliquote non è ammessa in relazione alla costituzione di riserve occulte non tassate. 4 La riduzione delle aliquote di cui al capoverso 1 è ammessa unicamente sugli elementi sottratti non dichiarati all'autorità fiscale entro il 31 dicembre dell'anno precedente l'entrata in vigore. Art. 314e (nuovo) Aliquote attenuate in caso di autodenuncia esente da pena 1 Le aliquote applicate al ricupero dell'imposta non incassata ai sensi dell'articolo 236 capoverso 1 in relazione alle autodenunce esenti da pena presentate dal 1. gennaio dell'entrata in vigore al 31 dicembre, dell'anno successivo all'entrata in vigore, sono ridotte del 70 percento. 2 Le aliquote ridotte sono applicabili soltanto quando sono adempiute le condizioni dell'articolo 265a capoverso 1 (autodenuncia esente da pena). 3 La riduzione delle aliquote non è ammessa in relazione alla costituzione di riserve occulte non tassate. 4 La riduzione delle aliquote di cui al capoverso 1 è ammessa unicamente sugli elementi sottratti non dichiarati all'autorità fiscale entro il 31 dicembre dell'anno precedente l'entrata in vigore. La novella legislativa, che concerne le persone fisiche (art. 309e LT) e le persone giuridiche (art. 314e LT), è stata pubblicata sul Foglio ufficiale cantonale il 29 novembre 2013 con l'indicazione del termine per esercitare il diritto di referendum. Accolta anche dal Popolo ticinese, dopo che contro la stessa era stato lanciato con successo un referendum, essa è stata quindi pubblicata sul Bollettino ufficiale delle leggi e degli atti esecutivi del Cantone Ticino del 4 luglio 2014, accompagnata dalla seguente decisione del Consiglio di Stato: La modifica 25 novembre 2013 della Legge tributaria del 21 giugno 1994 è pubblicata nel Bollettino ufficiale delle leggi e degli atti esecutivi ed entrerà in vigore con effetto retroattivo al 1° gennaio 2014, a condizione che l'atto normativo cantonale non venga impugnato davanti al Tribunale federale o che, in caso di impugnazione, i ricorsi vengano respinti. B. Ritenuta a vario titolo lesiva della Costituzione federale così come della legge federale del 14 dicembre 1990 sull'armonizzazione delle imposte dirette dei Cantoni e dei Comuni (LAID; RS 642.14), l'adozione dei menzionati art. 309e e 314e LT è stata oggetto di due distinti ricorsi in materia di diritto pubblico davanti al Tribunale federale, con i quali ne viene chiesto l'annullamento. Il primo (incarto 2C_1194/2013), inoltrato il 16 dicembre 2013 da Pelin Kandemir Bordoli, Micaela Antonini Luvini, Ornella Buletti, Nora Jardini Croci Torti, Gina La Mantia, Marco Morganti, Monica Muto, Pepita Vera Conforti e Carlo Zoppi. Il secondo (incarto 2C_645/2014), inoltrato l'8 luglio 2014 da Emanuela e Peter Locher. Per quanto riguarda la prima impugnativa (incarto 2C_1194/2013), la procedura dinanzi a questa Corte è stata sospesa il 23 dicembre 2013, siccome il ricorso era prematuro. A seguito della pubblicazione delle norme in questione sul Bollettino ufficiale delle leggi e degli atti esecutivi del Cantone Ticino, il 4 luglio 2014, la procedura è stata poi riattivata. In rappresentanza del Gran Consiglio, il Consiglio di Stato ticinese ha chiesto che i ricorsi siano respinti. In considerazione del fatto che Peter Locher ha ricoperto per diversi anni la carica di Giudice federale supplente in seno alla II Corte di diritto pubblico del Tribunale federale, nella risposta inoltrata il 9 settembre 2014 il Governo ticinese ha postulato - preliminarmente - anche la verifica dell'esistenza di eventuali motivi di ricusa di natura funzionale ex art. 34 LTF. Nell'ambito di una breve replica, i ricorrenti si sono riconfermati nelle loro posizioni.
Diritto: 1. Le citate impugnative sono dirette contro la medesima modifica legislativa, sollevano censure in larghissima parte assimilabili e concludono entrambe all'annullamento degli art. 309e e 314e LT. Per ragioni di economia di procedura, si giustifica pertanto di congiungere le cause ed evaderle con un unico giudizio (art. 71 LTF in relazione con l'art. 24 cpv. 2 PC; sentenza 2C_103/2010 e 2C_113/2010 del 27 settembre 2010 consid. 1). 2. 2.1. La novella legislativa in discussione costituisce un atto normativo cantonale che non poteva essere oggetto di nessun ricorso nel Cantone Ticino (sentenza 2C_169/2010 del 17 novembre 2011 consid. 1.1 non pubblicato in DTF 138 II 70; sentenza 2C_750/2008 del 2 giugno 2009 consid. 1.1, in RtiD I-2010 n. 30 pag. 137 segg.). Essa è pertanto direttamente impugnabile con ricorso in materia di diritto pubblico davanti al Tribunale federale (art. 82 lett. b in relazione con l'art. 87 cpv. 1 LTF). 2.2. Nonostante l'esito della votazione popolare del 18 maggio 2014 sia stato reso noto già sul Foglio Ufficiale del 30 maggio 2014, la pubblicazione della modifica della legge tributaria sul Bollettino ufficiale delle leggi e degli atti normativi, che costituisce l'azione determinante da cui comincia a decorrere il termine di 30 giorni stabilito dall'art. 101 LTF, ha avuto luogo solo il 4 luglio 2014 (art. 146 cpv. 3 della legge ticinese sull'esercizio dei diritti politici del 7 ottobre 1998 [LEDP; RL/TI 1.3.1.1]; DTF 135 I 28 consid. 3.3.1 e 3.3.2 pag. 33 segg.; Heinz Aemisegger/Karin Scherrer Reber, Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2a ed. 2011, ad art. 101 n. 1). Di conseguenza, data è anche la tempestività dei gravami. Quello dei ricorrenti 10-11 (incarto 2C_645/2014) è infatti dell'8 luglio 2014; quello dei ricorrenti 1-9 (incarto 2C_1194/2013) è stato invece introdotto ancor prima della pubblicazione stessa, come la giurisprudenza permetteva di fare (sentenza 2C_561/2007 del 6 novembre 2008 consid. 1.3). 3. 3.1. Giusta l'art. 89 cpv. 1 lett. b e c LTF, è legittimato a ricorrere contro un atto normativo chi ne è particolarmente toccato in modo attuale o virtuale e ha un interesse degno di protezione al suo annullamento o alla sua modifica. L'interesse degno di protezione può essere giuridico o di fatto (DTF 133 I 286 consid. 2.2 pag. 290). Il coinvolgimento virtuale presuppone tuttavia che il ricorrente possa, prima o poi, essere concretamente toccato dalla regolamentazione impugnata con una probabilità minima (DTF 136 I 17 consid. 2.1 pag. 21, 49 consid. 2.1 pag. 53 seg.; 133 I 286 consid. 2.2 pag. 289 seg.). Per prassi, all'impugnazione di una normativa fiscale cantonale sono in via di principio legittimati i contribuenti con domicilio nel Cantone che l'ha emanata (DTF 130 I 174 consid. 1.2 pag. 176 seg.; sentenza 2C_62/2008 del 25 settembre 2009 consid. 2.1); quando l'impugnazione concerne una tariffa, che costituisce un tutt'uno inseparabile, essi hanno il diritto di farne valere l'incostituzionalità anche nel caso i vantaggi che la stessa comporta per altri contribuenti non abbiano su di loro nessuna conseguenza negativa diretta (DTF 133 I 206 consid. 2.1-2.3 pag. 210 seg.; sentenza 2C_62/2008 del 25 settembre 2009 consid. 2.1). 3.2. Come già indica la nota marginale che li accompagna, l'art. 309e e l'art. 314e LT mirano all'applicazione di "aliquote attenuate in caso di autodenuncia esente da pena", sia nei confronti delle persone fisiche che delle persone giuridiche. D'altra parte, i ricorrenti 1-11 sono tutti cittadini contribuenti domiciliati nel Cantone Ticino che insorgono per fare valere l'incostituzionalità delle nuove tariffe previste. In tale qualità essi sono di conseguenza particolarmente toccati, nel senso sopra descritto, dall'introduzione delle norme impugnate ed hanno un interesse degno di protezione al loro annullamento. 3.3. Per quanto riguarda l'impugnativa dei ricorrenti 10-11, resta da aggiungere che nemmeno vi sono motivi per cui i membri di questa Corte o i suoi Cancellieri abbiano a ricusarsi. Come tale, la questione di natura funzionale sollevata dal Consiglio di Stato ticinese non è oggetto di nessuna delle fattispecie regolate dall'art. 34 LTF. Ragione per una ricusa non è inoltre data in virtù dell'art. 30 cpv. 1 Cost. o dell'art. 6 cifra 1 CEDU, che riconoscono il diritto a un giudizio da parte di un Tribunale indipendente, imparziale e fondato sulla legge. A prescindere dal fatto che, da oltre due anni, Peter Locher non ricopre più la carica di Giudice federale supplente, il solo rapporto di collegialità tra i membri di un tribunale non comporta infatti nessun obbligo di ricusa (DTF 139 I 121 con ulteriori rinvii). 4. 4.1. Con il ricorso in materia di diritto pubblico è possibile tra l'altro lamentare la violazione del diritto federale (art. 95 lett. a LTF), nozione che comprende i diritti costituzionali dei cittadini (DTF 133 III 446 consid. 3.1 pag. 447 seg.). Le esigenze in materia di motivazione previste dall'art. 42 cpv. 2 LTF e quelle - accresciute - prescritte dall'art. 106 cpv. 2 LTF valgono anche per ricorsi contro atti normativi cantonali (sentenza 2C_169/2010 del 17 novembre 2011 consid. 2.1, non pubblicato in DTF 138 II 70). 4.2. Nel contesto di un controllo astratto, il Tribunale federale si impone nel contempo un certo riserbo, annullando una disposizione cantonale solo se non si presta ad alcuna interpretazione conforme al diritto costituzionale o al diritto federale di rango superiore (DTF 135 II 243 consid. 2 pag. 248). Per delineare la portata delle norme in questione, ma anche di eventuali disposti di diritto federale il cui rispetto è messo in discussione nel gravame, occorre pertanto procedere tenendo conto del loro testo (interpretazione letterale), dei lavori preparatori (interpretazione storica), dello scopo perseguito dal legislatore (interpretazione teleologica), nonché della relazione con altri disposti (interpretazione sistematica). Applicando questi metodi, il Tribunale federale non ne privilegia infatti nessuno in particolare, preferendo ispirarsi a un pluralismo interpretativo (DTF 136 II 233 consid. 4.1 pag. 235 seg.; 134 II 308 consid. 5.2 pag. 311; 131 II 562 consid. 3.5 pag. 567seg. con ulteriori rinvii). 5. 5.1. Dopo avere espressamente scartato l'ipotesi di proporre un'amnistia fiscale generale - sul modello di quella decisa nel 1969, con esenzione da pena e rinuncia al ricupero d'imposta - in data 18 ottobre 2006 il Consiglio federale ha presentato un messaggio concernente la semplificazione del ricupero d'imposta in caso di successione e l'introduzione dell'autodenuncia esente da pena (FF 2006 8079; Susanne Gantenbein Affrunti/Walo Stählin, Steueramnestie in der Schweiz? - Grundsätzliche Überlegungen zu Steueramnestien und aktuelle gesetzgeberische Vorstösse in der Schweiz, in Der Schweizer Treuhänder 1-2/2004, pag. 112 segg.; Alfred Meier, Steueramnestie und amnestieähnliche Massnahmen - Zur Vernehmlassungsvorlage zur Vereinfachung der Nachbesteuerung in Erbfällen und Einführung der straflosen Selbstanzeige mit Wirkung für die direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden, in Forum für Steuerrecht 2003, pag. 279 segg.). Adottata dalle Camere federali il 20 marzo 2008 e posta in vigore il 1° gennaio 2010 (RU 2008 4453), la modifica legislativa in questione si poneva due obiettivi distinti. Da una parte, stimolare gli eredi a ricondurre alla legalità il patrimonio che il defunto ha sottratto al fisco, attraverso un ricupero d'imposta ed il pagamento di interessi di mora limitato ai tre periodi fiscali precedenti l'anno del decesso. D'altra parte, concedere a persone fisiche e giuridiche che denunciano spontaneamente e per la prima volta una sottrazione d'imposta la possibilità di regolarizzare la propria posizione nei confronti del fisco, senza incappare in un procedimento penale (Reto Sutter, Die straflose Selbstanzeige im Bereich der direkten Steuern der Schweiz, 2014, pag. 13 segg.; Tobias Rohner, Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung und Steuerbetrug, in Jusletter dell'8 aprile 2013; Marco Streuli/Vreni Grossmann, Vereinfachte Nachbesteuerung in Erbfällen und straflose Selbstanzeige - Anreize zu mehr Steuerehrlichkeit, in Der Schweizer Treuhänder 9/2008, pag. 711 segg.). 5.2. La procedura semplificata di ricupero d'imposta in caso di successione e l'autodenuncia esente da pena sono state ancorate nella legge federale del 14 dicembre 1990 sull'imposta federale diretta (LIFD; RS 642.11; art. 153a, 175 e 181a) così come nella LAID (art. 53a, 56 e 57a [corretto successivamente in 57b; RU 2009 5683]) e si applicano sia all'imposta federale diretta sul reddito delle persone fisiche rispettivamente sull'utile delle persone giuridiche, sia alle imposte sul reddito e sulla sostanza delle persone fisiche rispettivamente sull'utile e sul capitale delle persone giuridiche percepite dai Cantoni e dai Comuni (Marco Bernasconi/Donatella Ferrari, Le nuove norme relative alla semplificazione del ricupero d'imposta in caso di successione e all'introduzione dell'autodenuncia esente da pena; in RtiD I-2008, pag. 487 segg., 498). La modifica legislativa ha di conseguenza comportato un adeguamento delle legislazioni cantonali al quale ha proceduto anche il legislatore ticinese (art. 72h LAID; messaggio del Consiglio di Stato n. 6116 del 17 settembre 2008; Bollettino ufficiale delle leggi e degli atti esecutivi del Cantone Ticino del 27 gennaio 2009 pag. 42 segg.). Poco dopo l'entrata in vigore di detto adeguamento legislativo, il 1° gennaio 2010, il Consiglio di Stato del Cantone Ticino ha tuttavia manifestato l'intenzione di porre di nuovo mano alla legge tributaria. Con messaggio n. 6328 del 23 febbraio 2010, ha in effetti proposto al Parlamento di completare il regime dell'autodenuncia attraverso l'introduzione di due norme transitorie volte a ridurre del 70 % le aliquote applicate al ricupero d'imposta per tutte le autodenunce esenti da pena presentate tra il 1° gennaio 2010 e il 31 dicembre 2011, con l'intento di promuovere in questo modo "un'amnistia fiscale cantonale", di cui avrebbero dovuto beneficiare sia le persone fisiche che le persone giuridiche. 5.3. Il progetto descritto è stato respinto di misura dal Parlamento ticinese nella seduta del 14 marzo 2012. Successivamente esso è poi però rinato nella forma di un'iniziativa parlamentare elaborata, la quale ha portato alla modifica legislativa che ci occupa: che concerne le imposte su reddito e sostanza rispettivamente su utile e capitale percepite da Cantoni e Comuni ma che - secondo quanto indicato nei materiali legislativi riguardanti il primo progetto e confermato in quelli relativi al secondo - si estende anche alle imposte di donazione e successione e all'imposta sugli utili immobiliari. Riprendendo di fatto la proposta contenuta nel Messaggio governativo n. 6328, la novella legislativa votata dal Gran Consiglio ticinese nella seduta del 25 novembre 2013 ha infatti portato ad affiancare ai disposti concernenti l'autodenuncia due norme transitorie, che prevedono la riduzione del 70 % delle aliquote applicate al ricupero d'imposta per tutte le autodenunce esenti da pena presentate durante un lasso di tempo di due anni dalla loro entrata in vigore ed in relazione a tutte le imposte cantonali citate ( Samuele Vorpe, Novità legislative nel campo del diritto tributario, in RtiD II-2014, pag. 551 segg., p.to 2.1). 5.4. Come il Consiglio di Stato ticinese, nel suo originario messaggio, anche gli iniziativisti e i relatori di maggioranza ritengono per altro espressamente che il progetto di "amnistia fiscale cantonale" - presentato per ottenere un immediato aumento del gettito fiscale, fornire una risposta alle intenzioni del Consiglio federale di allentare il segreto bancario anche per i contribuenti svizzeri e favorire un ritorno di capitali nelle banche ticinesi e svizzere, promuovendone l'attività - sia compatibile con la LAID, in quanto non interviene sui periodi di recupero d'imposta, ma agisce sulle aliquote, ovvero su una materia di competenza esclusiva dei Cantoni (art. 129 cpv. 2 Cost.). Parallelamente, rilevano che - nonostante "la soluzione migliore" sarebbe stata quella di un'amnistia fiscale generale, mediante l'inserimento di un'apposita norma transitoria nella Costituzione federale, come invano richiesto dal Gran Consiglio ticinese con iniziativa cantonale del 9 ottobre 2002 all'attenzione dell'Assemblea federale (banca dati Curia vista, affare n. 02.308) - il tempo trascorso dall'ultima misura decretata dalla Confederazione in tal senso (1969), la "tassa d'amnistia" comunque prelevata da chi intende beneficiare "dell'amnistia fiscale cantonale" (30 % delle imposte sottratte), così come la creazione di un "fondo cantonale per favorire il lavoro", alimentato (fino ad un massimo di 20 milioni di franchi) dai proventi dei recuperi d'imposta incassati nel periodo di validità delle norme in questione, legittimino l'adozione della misura proposta. 6. Insorgendo contro gli art. 309e e 314e LT davanti al Tribunale federale, sia i ricorrenti 1-9 che i ricorrenti 10-11 raggruppano le loro critiche in due distinti capitoli. Da un lato, denunciano la lesione del principio della preminenza del diritto federale (art. 49 Cost.), ponendo in discussione la compatibilità dei disposti impugnati con quelli della LAID votati dall'Assemblea federale il 20 marzo 2008, rispettivamente negando che il legislatore ticinese possa richiamarsi alle competenze riconosciutegli dalla Costituzione federale in materia di tariffe e aliquote fiscali (art. 129 cpv. 2 Cost.). Dall'altro, fanno valere un illecito effetto retroattivo delle norme votate (art. 5 cpv. 1 Cost.), e lamentano la loro contrarietà sia al principio dell'uguaglianza giuridica (art. 8 cpv. 1 Cost.), sia a quelli della generalità, dell'uniformità e dell'imposizione secondo la capacità economica (art. 127 cpv. 2 Cost.), senza che vi siano sufficienti motivi per giustificare simili violazioni. 7. Formulando la prima serie di critiche menzionata, i ricorrenti si appellano innanzitutto al chiaro testo di legge che regola l'autodenuncia esente da pena rispettivamente alla volontà del legislatore federale di non legare l'autodenuncia esente da pena a nessun tipo di sconto in materia di ricupero d'imposta. 7.1. Interpretate le norme in questione, facendo capo ai metodi usuali (precedente consid. 4.2), occorre condividere tale opinione. 7.1.1. I disposti della LAID che regolano la fattispecie dell'autodenuncia esente da pena (art. 56 cpv. 1bis LAID, per le persone fisiche; 57b cpv. 1 LAID per le persone giuridiche), prevedono che quando il contribuente denuncia spontaneamente e per la prima volta una sottrazione d'imposta si prescinde dall'aprire un procedimento penale (autodenuncia esente da pena), a condizione che: - la sottrazione d'imposta non sia nota ad alcuna autorità fiscale; - il contribuente aiuti senza riserve l'amministrazione a determinare gli elementi della sostanza e del reddito sottratti rispettivamente l'ammontare dell'imposta sottratta; e - si adoperi seriamente per pagare l'imposta dovuta. Oggetto di un testo privo di ambiguità anche nelle versioni in tedesco e in francese, gli art. 56 cpv.1bis e 57b cpv. 1 LAID non fanno per contro menzione di nessuna conseguenza favorevole all'autodenunciante in materia di ricupero imposta, ponendo piuttosto quale condizione al riconoscimento dell'esenzione dalla pena che lo stesso "si adoperi seriamente per pagare l'imposta dovuta" (nella versione in tedesco: wenn die steuerpflichtige Person sich "ernstlich um die Bezahlung der geschuldeten Nachsteuer bemüht "; nella versione in francese: lorsque le contribuable "s'efforce d'acquitter le rappel d'impôt dû "). 7.1.2. Conseguenze in tal senso non sono inoltre ravvisabili nei materiali legislativi e segnatamente nel messaggio del 18 ottobre 2006 concernente la semplificazione del ricupero d'imposta in caso di successione e l'introduzione dell'autodenuncia esente da pena, sulla base del quale l'Assemblea federale ha adottato gli art. 56 cpv. 1bis e 57b cpv. 1 LAID senza modifica, o nei verbali dei dibattiti parlamentari. Al contrario. Presentando il nuovo disciplinamento proposto, e segnatamente l'autodenuncia esente da pena, il Consiglio federale sottolinea infatti a chiare lettere che: "per quanto riguarda l'autodenuncia esente da pena, il ricupero d'imposta resta interamente dovuto" (FF 2006 p.to 1.5 pag. 8092); "il contribuente rimane comunque tenuto a pagare il ricupero d'imposta come pure gli interessi di mora" (FF 2006 p.to 2.2.1 pag. 8102 in relazione con il p.to 2.2.2 pag. 8105); "l'imposta non versata e gli interessi di mora sono percepiti per i dieci anni precedenti" (FF 2006 p.to 3.1.1 pag. 8106). Parallelamente, la limitazione delle conseguenze della novella legislativa alla sola esenzione dalla pena è oggetto di un'evidente sottolineatura anche negli interventi dei rappresentanti delle Commissioni dell'economia e dei tributi, che hanno proposto l'entrata in materia sul progetto in Consiglio degli Stati (BU 2007 CS 941) e in Consiglio nazionale (BU 2007 CN 2012). 7.1.3. La precisa opzione di cui è stato appena dato conto trova infine altre conferme. Una prima, nel fatto che l'art. 53 LAID, che ha finora regolato il ricupero d'imposta, ha subito modifiche per quanto riguarda la sua nota marginale (mutata in "ricupero ordinario d'imposta", al fine di sottolineare la distinzione dalla "procedura semplificata di ricupero d'imposta per gli eredi", prevista oggi dall'art. 53a LAID), non però nella sua sostanza e continua pertanto a prescrivere che, quando fatti o mezzi di prova sconosciuti in precedenza permettono di stabilire che la tassazione è stata indebitamente omessa o che la tassazione cresciuta in giudicato è incompleta, "l'autorità fiscale procede al recupero dell'imposta non incassata, compresi gli interessi". Una seconda, nell'esplicita volontà da cui è nata la modifica legislativa stessa, cioè quella di scartare la via dell'amnistia fiscale generale - sul modello deciso nel 1969, con esenzione da pena e rinuncia al ricupero d'imposta - optando per misure che suscitavano preoccupazioni etiche minori (FF 2006 p.to 1.5 pag. 8092). Una terza, ancorché indiretta, nella dottrina menzionata (precedente consid. 5.1) e nelle indicazioni della Conferenza svizzera delle imposte (Steuerinformationen - Die Strafbestimmungen bei den direkten Steuern, ed. agosto 2011, p.to 1.4). 7.2. Verificata la portata degli art. 56 cpv. 1bis e 57b cpv. 1 LAID, condivisa dev'essere però anche la conseguenza che i ricorrenti 1-9 e 10-11 ne traggono: ovvero che davanti alle chiare norme della LAID in materia di autodenuncia esente da pena e di ricupero d'imposta, che restano direttamente applicabili laddove il diritto cantonale risulti loro contrario (art. 72i cpv. 2 LAID), il Cantone Ticino non possa giustificare l'introduzione degli art. 309e e l'art. 314e LT nemmeno attraverso il richiamo all'art. 129 cpv. 2 Cost. (precedente consid. 5.4). 7.2.1. Secondo giurisprudenza e dottrina relative all'art. 53 cpv. 1 LAID - che il legislatore federale non ha modificato - e all'art. 151 cpv. 1 LIFD - che è anche lecito richiamare applicando il primo (sentenza 2C_104/2008 del 20 giugno 2008 consid. 3.2) - il ricupero d'imposta non rappresenta infatti una pretesa di natura differente dal credito d'imposta primitivo, bensì la percezione a posteriori di imposte che non sono state a torto riscosse nel quadro della procedura di tassazione originaria (sentenze 2C_999/2014 del 15 gennaio 2015 consid. 6; 2C_277/2008 del 26 settembre 2008 consid. 5.3 e 2C_104/2008 del 20 giugno 2008 consid. 3.3, tutte con rinvio alla DTF 121 II 257 consid. 4b pag. 265; Felix Richner/Walter Frei/Stefan Kaufmann/Hans Ulrich Meuter, Handkommentar zum DBG, 2a ed. 2009, ad art. 151 LIFD n. 3-5 e 39; Martin Zweifel/Hugo Casanova, Schweizerisches Steuerverfahrensrecht, 2008, pag. 357 segg.; Klaus A. Vallender, in Martin Zweifel/Peter Athanas [curatori], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, vol. I/1, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, 2a ed. 2002, ad art. 53 LAID n. 1 segg.; Jean-Marc Rivier, Droit fiscal suisse, L'imposition du revenu et de la fortune, 2a ed. 1998, pag. 206 segg.). 7.2.2. Proprio perché concerne l'obbligo fiscale primitivo che non si è ancora estinto, ed ha per oggetto l'imposta che a torto non è stata ancora percepita, anche l'importo "interamente dovuto" a titolo di recupero giusta gli art. 56 cpv. 1bis e 57b cpv. 1 LAID in relazione con l'art. 53 cpv. 1 LAID, rimasto immutato, non può di conseguenza che coincidere con quello ancora mancante, al quale vanno ad aggiungersi gli interessi maturati a far tempo dalla scadenza dell'imposta stessa (DTF 121 II 257 consid. 4c pag. 265; 98 Ia 22 consid. 2 pag. 24 seg.; Markus Reich, Steuerrecht, 2a ed. 2012, § 26 n. 126 segg.; Hugo Casanova, in Danielle Yersin/Yves Noël, Commentaire LIFD, 2008, ad art. 151 LIFD n. 1-4; Klaus A. Vallender/Martin E. Looser, in Martin Zweifel/Peter Athanas [curatori], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, vol. I/2b, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, 2a ed. 2008, ad art. 151 LIFD n. 1-3 e 17). 7.3. Per quanto tese a denunciare la contrarietà alla LAID della novella legislativa impugnata - per altro paventata anche dal Consiglio di Stato ticinese fin dalla presentazione del primo progetto di "amnistia fiscale cantonale" (citato messaggio n. 6328 del 23 febbraio 2010, p.to 9) - le critiche contenute nel gravame dei ricorrenti 1-9 così come in quello dei ricorrenti 10-11 sono pertanto da condividere. Come rilevato, il quadro normativo descritto non concede in effetti spazio per l'applicazione di aliquote attenuate e quindi differenti da quelle originariamente stabilite. 8. 8.1. Constatata l'incompatibilità con gli art. 56 cpv. 1bis e 57b cpv. 1 LAID in relazione con l'art. 53 cpv. 1 LAID dell'introduzione di un'aliquota attenuata in materia di autodenuncia esente da pena, la richiesta dei ricorrenti 1-11 di annullare gli art. 309e e 314e LT dev'essere quindi accolta. Se infatti è vero che detti disposti non trovano applicazione solo alle imposte armonizzate, ma parimenti alle imposte non armonizzate quali quelle di successione e di donazione, è altrettanto vero che il testo degli art. 309e e 314e non accenna a nessun tipo di distinzione tra imposte, fa espresso riferimento alla procedura di autodenuncia esente da pena e agli art. 258 cpv. 3 e 265a cpv. 1 LT - introdotti nella legge tributaria per conformarla alla LAID (precedente consid. 5.2) - e non può così che essere annullato nel suo insieme. 8.2. Simile procedere non appare del resto nemmeno in contrasto con il volere del Consiglio di Stato e del legislatore ticinesi. Al contrario. Al riguardo occorre in effetti rilevare che, nelle risposte ai ricorsi, in cui viene presa posizione in merito all'incompatibilità con la LAID delle modifiche proposte, l'argomento di una possibile limitazione del progetto di "amnistia fiscale cantonale" alle imposte che sfuggono all'applicazione delle norme federali di armonizzazione non è oggetto di nessun rilievo specifico. Ragioni in tal senso non risultano inoltre dai materiali legislativi, da cui emerge piuttosto che l'estensione del provvedimento ad imposte non armonizzate quali le imposte di donazione e successione era inteso come uno sgravio "supplementare" e quindi aggiuntivo a quello principale, concernente le imposte su reddito e sostanza, rispettivamente su utile e capitale (citato messaggio n. 6328 del 23 febbraio 2010, p.to 4.2). Un'ulteriore conferma dell'impostazione descritta è data infine sia dal Decreto legislativo del 25 novembre 2013 concernente l'istituzione di un Fondo cantonale per favorire il lavoro (RL/TI 10.1.4.1.5.), che indica come l'istituzione dello stesso sia subordinata "all'entrata in vigore dell'amnistia fiscale prevista dall'iniziativa parlamentare elaborata del 28 maggio 2013 Per un rilancio dell'amnistia fiscale cantonale ", sia dalla decisione del Consiglio di Stato del Cantone Ticino di condizionare l'entrata in vigore degli art. 309e e 314e LT al fatto che eventuali ricorsi interposti davanti al Tribunale federale siano stati (integralmente) respinti (precedente consid. A). 9. Sia come sia, dev'essere ad ogni modo osservato che l'annullamento degli art. 309e e 314e LT nel loro complesso si impone anche per un altro motivo. In effetti, le norme in questione non resistono nemmeno alle ulteriori critiche dei ricorrenti e segnatamente a quelle con cui viene fatta valere la violazione dei principi dell'uguaglianza giuridica (art. 8 cpv. 1 Cost.), della generalità, dell'uniformità e dell'imposizione secondo la capacità economica (art. 127 cpv. 2 Cost.), senza che vi siano sufficienti motivi per giustificare simili lesioni. 9.1. L'art. 8 cpv. 1 Cost. sancisce il principio dell'uguaglianza davanti alla legge. Per giurisprudenza e dottrina, un atto normativo viola questo principio quando, tra casi simili, fa distinzioni che nessun ragionevole motivo in relazione alla situazione da regolare giustifica di fare o sottopone ad un regime identico situazioni che presentano tra loro differenze rilevanti e di natura tale da rendere necessario un trattamento diverso (DTF 136 II 120 consid. 3.3.2 pag. 127 seg.; 136 I 1 consid. 4.1 pag. 5 seg.; 133 I 249 consid. 3.3 pag. 254 seg.; Rainer J. Schweizer, in Die Schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3a ed. 2014, ad art. 8 Cost. n. 38 segg.; Regina Kiener/Walter Kälin, Grundrechte, 2a ed. 2013, pag. 418 segg.; Giovanni Biaggini, Kommentar BV, 2007, ad art. 8 Cost. n. 10 segg.). In ambito fiscale, l'art. 8 Cost. cpv. 1 è concretizzato dai principi della generalità e dell'uniformità dell'imposizione, così come dal principio dell'imposizione secondo la capacità economica (art. 127 cpv. 2 Cost.; Kathrin Klett, Der Gleichheitssatz im Steuerrecht, in ZSR 111/1992 II pag. 1 segg., 58 segg.; Danielle Yersin, L'égalité de traitement en droit fiscal, in RDS 111/1992 II pag. 145 segg., 164 segg.). Si tratta di principi impositivi originariamente dedotti dall'art. 4 della Costituzione federale del 29 maggio 1874, che sono stati poi esplicitamente inclusi nella Costituzione federale accolta in votazione dal popolo svizzero e dai Cantoni il 18 aprile 1999 (DTF 133 I 206 consid. 6.1 pag. 215; KLAUS A. VALLENDER/RENÉ WIEDERKEHR, in Die Schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3a ed. 2014, ad art. 127 Cost. n. 3). 9.2. Il principio della generalità dell'imposizione richiede che tutte le persone e tutti i gruppi di persone siano imposti secondo la medesima regolamentazione giuridica. Esso vieta l'esonero di certe persone o gruppi di persone dal pagamento di un'imposta senza motivi oggettivi, in quanto gli oneri finanziari della collettività, che risultano dai compiti pubblici di carattere generale, vanno sostenuti dall'insieme dei cittadini (DTF 133 I 206 consid. 6.1 pag. 215; 132 I 153 consid. 3.1 pag. 154 seg.; 114 Ia 321 consid. 3b pag. 323; Ernst Höhn/Robert Waldburger, Steuerrecht, vol. I, 9a ed. 2001, § 4 n. 71; Sandra Morandi, Die Begrenzung der Steuerlast durch verfassungsrechtliche Bindungen des schweizerischen Steuergesetzgebers, 1997, pag. 125 segg.). Per i principi dell'uniformità dell'imposizione e dell'imposizione secondo la capacità economica, i contribuenti che si trovano nella stessa situazione economica devono invece sopportare un carico fiscale simile, in base alla loro capacità; quando le situazioni di fatto sono differenti, anche il carico fiscale deve tenerne conto. Nel contempo, il carico fiscale dev'essere proporzionato al substrato economico a disposizione del singolo, il quale deve essere chiamato a contribuire alla copertura delle spese pubbliche tenuto conto della sua situazione personale e in proporzione ai suoi mezzi (DTF 140 II 157 consid. 7.1 pag. 160 seg. con ulteriori rinvii; sentenza 2C_300/2009 del 23 settembre 2009 consid. 5.1, nel quale viene indicato come le imposte sulle successioni e sulle donazioni concretizzino anch'esse il principio dell'imposizione secondo la capacità economica; Kathrin Klett, op. cit., pag. 92 segg.; Danielle Yersin, op. cit., pag. 169 segg.). Il principio dell'imposizione secondo la capacità economica trova uno dei suoi fondamenti nella Dichiarazione dei diritti dell'uomo e del cittadino del 1789 (Klaus Tipke, Die Steuerrechtsordnung, vol. I, 2a ed. 2000, pag. 488 segg.). Il Tribunale federale ha espressamente dedotto tale principio dall'art. 4 vCost. a partire dal 1973 (DTF 133 I 206 consid. 7.1 pag. 217; 99 Ia 638 consid. 9 pag. 652 seg.; Kathrin Klett, op. cit., pag. 92 seg.). In precedenza, un diritto individuale in tal senso era però da esso già stato riconosciuto sulla base di disposizioni costituzionali cantonali (sentenza 2P.78/1995 del 24 maggio 1996, in StR 51 pag. 436 consid. 2c/aa; Markus Reich, Das Leistungsfähigkeitsprinzip im Einkommenssteuerrecht, in ASA 53 pag. 5 segg., 16 seg.). In dottrina vi è oggi ampio consenso nel riconoscere che quello dell'imposizione secondo la capacità economica costituisce un principio di importanza basilare, parte della coscienza giuridica comune (Markus Reich, Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - eine Illusion?, in Liber amicorum für Martin Zweifel, 2013, pag. 3 segg.; Ernst Höhn/Robert Waldburger, op. cit., § 4 n. 76 seg.; Klaus Tipke, op. cit., pag. 484; Sandra Morandi, op. cit., pag. 133; Silvia Maria Senn, Die verfassungsrechtliche Verankerung von anerkannten Besteuerungsgrundsätzen, 1999, pag. 191 segg.). 9.3. L'art. 127 non è incluso nel capitolo che è dedicato ai diritti fondamentali (art. 7 segg. Cost.), bensì in quello che ha per oggetto l'ordinamento finanziario della Confederazione (art. 126 segg. Cost.). Questa norma concerne quindi in primo luogo le imposte prelevate dalla Confederazione. Come detto, i principi impositivi in essa contenuti sono stati tuttavia concepiti e vengono intesi quale concretizzazione del principio della parità di trattamento (art. 8 Cost.), che permea in quanto tale l'intero ordinamento giuridico svizzero (DTF 133 I 206 consid. 6.2 pag. 216 seg.; Markus Reich, Von der normativen Leistungsfähigkeit der verfassungsrechtlichen Steuererhebungsprinzipien, in Steuerrecht im Rechtsstaat, Festschrift für Francis Cagianut, 1990, pag. 107 segg.; Sandra Morandi, op. cit., pag. 124). Di conseguenza, gli stessi vincolano anche il legislatore cantonale, il quale ne deve tenere conto nell'ambito della regolamentazione del proprio ordinamento fiscale (DTF 134 I 248 consid. 2 pag. 251). 9.4. Nella fattispecie, gli art. 309e e 314e LT mirano a una riduzione del 70 % delle aliquote applicate al recupero d'imposta per tutte le autodenunce esenti da pena presentate durante un periodo di due anni dalla loro entrata in vigore. Come tali, essi comportano delle chiare violazioni sia dell'art. 8 cpv. 1 che dell'art. 127 cpv. 2 Cost. Gli art. 309e e 314e LT esonerano gli autodenuncianti dal pagamento del 70 % delle imposte originariamente dovute ed entrano pertanto in collisione con il principio della generalità dell'imposizione, poiché prevedono per chi ha sottratto imposte al fisco un trattamento diverso e decisamente più favorevole di quello riservato a chi, contribuente come il primo, in questa categoria di persone non rientra. Nel contempo, essi contrastano con i principi dell'uniformità dell'imposizione e dell'imposizione secondo la capacità economica, secondo i quali contribuenti nella stessa situazione economica devono sopportare un carico fiscale simile, in base alla loro capacità, e situazioni di fatto differenti devono essere considerate in maniera diversa anche dal punto di vista del carico fiscale (precedente consid. 9.2 con rinvii a giurisprudenza e dottrina). Contribuenti che hanno correttamente dichiarato i propri elementi imponibili, pagando il 100 % di quanto dovuto, si vedono infatti trattati differentemente da contribuenti che - nella stessa identica situazione - non hanno dichiarato nulla e procedono alla loro dichiarazione solo in sede di autodenuncia. Oltre che condurre a un trattamento decisamente diverso di contribuenti con una capacità economica esattamente identica (violazione della cosiddetta equità fiscale orizzontale), le norme in questione comportano poi ingiustificate disparità di trattamento tra contribuenti con capacità economica differente (violazione della cosiddetta equità fiscale verticale). Come pertinentemente indicato nei ricorsi, l'applicazione degli art. 309e e 314e LT ha in effetti conseguenze anche in tal senso e non è in particolare nemmeno da escludere che - tenuto conto della riduzione introdotta - contribuenti che hanno dichiarato correttamente i propri elementi imponibili si trovino a dovere pagare importi addirittura più alti di contribuenti che, con elementi imponibili maggiori, hanno omesso di dichiararne l'esistenza e vi provvedo solo in sede di autodenuncia. 9.5. La violazione dell'art. 8 cpv. 1 e dell'art. 127 cpv. 2 Cost. che è stata appena riscontrata non può nel contempo trovare una legittimazione neanche negli obiettivi perseguiti dal legislatore cantonale: che pure occorre considerare in costellazioni come quella in esame (DTF 136 I 1 consid. 4.3.2 pag. 8; 136 II 120 consid. 3.3.2 pag. 127 seg.; 133 I 206 consid. 11 pag. 229 segg.; Matthias Oesch, Differenzierung und Typisierung - Zur Dogmatik der Rechtsgleichheit in der Rechtsetzung, 2008, pag. 399 segg.; Rainer J. Schweizer, in Die Schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3a ed. 2014, ad art. 8 Cost. n. 40; Jörg Paul Müller/Markus Schefer, Grundrechte in der Schweiz, 4a ed. 2008, pag. 661 seg.; Vincent Martenet, Géométrie de l'égalité, 2003, pag. 189 segg.; René Rhinow/Markus Schefer, Schweizerisches Verfassungsrecht, 2a ed. 2009, Rz. 1849; Bernhard Rütsche, Die Rechtsgleichheit in Bewegung: Dogmatische Fortbildung von Art. 8 Abs. 1 BV, in AJP 2013, pag. 1321 segg.; René Wiederkehr, Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen: Gilt Art. 36 BV auch bei der Einschränkung der Rechtsgleichheit?, in AJP 2008, pag. 394 segg., 399 segg.). 9.5.1. Per le imposte armonizzate, la constatazione che gli art. 309e e 314e LT ledono l'art. 8 cpv. 1 e l'art. 127 cpv. 2 Cost. si aggiunge infatti all'accertamento dell'incompatibilità dell'introduzione di aliquote attenuate in materia di autodenuncia esente da pena con la LAID, motivo per cui non vi è - a priori - nessuno spazio per verificare se una simile violazione possa in qualche modo giustificarsi in considerazione degli obiettivi perseguiti dal legislatore ticinese. Nel contempo, visto che gli argomenti e i dati addotti a sostegno della promozione dell'autodenuncia riguardano il progetto di "amnistia fiscale" nel suo complesso, e non ciò che ne resta dopo avere constatato che la sua parte principale è irrealizzabile, poiché contraria alla LAID, vana è però anche la ricerca di ragioni specifiche, a sostegno di una sua messa in atto limitata alle sole imposte non armonizzate. 9.5.2. A titolo completivo va in ogni caso osservato che la giurisprudenza ammette limitazioni al principio della parità di trattamento in materia fiscale riconducibili al perseguimento di obiettivi sociopolitici rispettivamente di promozione economica solo in maniera restrittiva. Come già indicato dal Tribunale federale, tanto più la limitazione è importante, quanto più occorre essere esigenti nel valutare gli interessi pubblici perseguiti. Anche nel caso gli obiettivi del legislatore siano ben definiti ed il loro perseguimento sia motivato da un interesse pubblico chiaro, le restrizioni che esso comporta vengono inoltre tollerate solo se restano entro certi limiti e se sono circoscritte ad ambiti puntuali, non invece quando concernono una tariffa di carattere generale, da cui dipende l'imposizione di tutti i contribuenti (DTF 133 I 206 consid. 11.1-11.3). Così stando le cose, quand'anche l'introduzione di aliquote attenuate in materia di autodenuncia esente da pena non fosse contraria alla LAID o si potesse fare astrazione dal fatto che le ragioni addotte a sostegno della stessa riguardano solo il progetto di "amnistia fiscale cantonale" nel suo complesso (precedente consid. 9.5.1), l'assenza di una giustificazione alla violazione degli art. 8 cpv. 1 e 127 cpv. 2 Cost. non potrebbe che essere confermata. Pure nel caso concreto, la lesione degli art. 8 cpv. 1 e 127 cpv. 2 Cost. - riscontrata in precedenza e motivata in primo luogo dalla volontà di aumentare il gettito fiscale - non comporta infatti conseguenze solo puntuali, ma si ripercuote in maniera incisiva sull'applicazione di intere tariffe, implica un trattamento manifestamente di favore per chi ha sottratto imposte al fisco e già beneficia dell'esenzione da pena, e non può quindi essere tollerata. 9.6. Poiché i materiali legislativi vi fanno a più riprese rinvio - per sottolineare il tempo trascorso dall'ultimo provvedimento di amnistia fiscale e il carattere eccezionale della misura proposta con gli art. 309e e 314e LT - va infine aggiunto che l'amnistia fiscale generale messa in atto nel 1969, concernente le imposte federali, cantonali e comunali, non può costituire un precedente cui potersi automaticamente richiamare. Se infatti è vero che, anche in quel frangente, il legislatore accompagnò all'esenzione da pena la rinuncia al ricupero d'imposta, e che in tal caso la rinuncia fu di principio addirittura totale, è indispensabile sottolineare che sia l'esenzione da pena che la rinuncia totale al ricupero d'imposta erano previste dalla legge federale del 15 marzo 1968 concernente l'esecuzione dell'amnistia fiscale generale per il 1° gennaio 1969 (RU 1968 965), adottata dopo l'introduzione nella Costituzione federale di una norma transitoria appositamente votata da popolo e Cantoni (RU 1968 421; Jean François Aubert/Pascal Mahon, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999, 2003, pag. 1312 n. 35; Fritz Banderet, Rechtsfragen auf dem Gebiete der Eidgenössischen Steueramnestie 1969, in ASA 37, pag. 6 segg.; Filippo Lurà, L'amnistia fiscale, in RDAT II-2003, pag. 483 segg., 487 seg.; C.D. Pache, Quelques considérations sur l'amnistie fiscale générale au 1er janvier 1969, in RDAF 1969, pag. 1 segg., 6 segg.; Heinz Weidmann, Die allgemeine Steueramnestie 1969, 1969, pag. 13). 9.7. Detto ciò, va pertanto confermato che norme come gli art. 309e e 314e LT - che favoriscono ulteriormente chi ha sottratto imposte e già va esente da pena, con una riduzione di quanto dovuto a titolo di ricupero d'imposta - non ledono solo la LAID, ma contrastano anche con il quadro costituzionale vigente: nel quale i principi che garantiscono la parità di trattamento in materia fiscale rivestono grande rilievo e non possono quindi essere oggetto di estese ed incisive limitazioni, tanto meno in base a considerazioni di natura politico-finanziaria di carattere generale, che implicano il riconoscimento di nuovi e significativi vantaggi per chi ha sottratto imposte al fisco (precedente consid. 9.2 segg.). In effetti, come a ragione sottolineato dai ricorrenti, benché venga definito dalle autorità cantonali quale "tassa d'amnistia" (precedente consid. 5.4), il pagamento del 30 % delle imposte sottratte è in realtà solo il risultato del sostanzioso sconto concesso dalle norme in questione. Con la dottrina, va d'altra parte rilevato che proprio a seguito del presente giudizio - che fa definitiva chiarezza sull'impossibilità di beneficiare delle riduzioni previste dagli art. 309e e 314e LT - anche il Cantone Ticino potrà verosimilmente registrare un (ulteriore) incremento delle autodenunce, quindi approfittare degli aumenti di gettito fiscale che esse comportano, come avvenuto in altri Cantoni, in cui la possibilità dell'autodenuncia esente da pena ha già registrato un apprezzabile successo (Samuele Vorpe, Fino a quando durerà la doccia scozzese legata all'amnistia fiscale cantonale?, in Novità fiscali del Centro di competenze tributarie della SUPSI, n. 7/2013, pag. 5 segg.; comunicato stampa del 6 gennaio 2015 della Direzione delle finanze del Cantone Zurigo). 10. 10.1. Per quanto precede, i ricorsi sono accolti. Constatata la loro incompatibilità sia con gli art. 8 cpv. 1 e 127 cpv. 2 Cost., sia con la LAID, gli art. 309e e 314e LT sono annullati. 10.2. Le spese della procedura davanti al Tribunale federale sono poste a carico dello Stato del Cantone Ticino, soccombente e toccato dall'esito della causa nei suoi interessi pecuniari (art. 65 e 66 cpv. 1 e 4 LTF). 10.3. L'ente pubblico dovrà inoltre rifondere ai ricorrenti 1-9 (incarto 2C_1194/2013), patrocinati da un avvocato, un'indennità di fr. 6'000.-- per ripetibili della sede federale (art. 68 cpv. 1 e 2 LTF).
Per questi motivi, il Tribunale federale pronuncia: 1. Le cause 2C_1194/2013 e 2C_645/2014 sono congiunte. 2. I ricorsi sono accolti. Di conseguenza, gli art. 309e e 314e della legge tributaria del Cantone Ticino del 21 giugno 1994 (LT; RL/TI 10.2.1.1) sono annullati. 3. Le spese giudiziarie di fr. 3'000.-- sono poste a carico dello Stato del Cantone Ticino. 4. Lo Stato del Cantone Ticino verserà ai ricorrenti 1-9, creditori solidali, un'indennità complessiva di fr. 6'000.-- a titolo di ripetibili per la sede federale. 5. Comunicazione alla patrocinatrice dei ricorrenti 1-9, ai ricorrenti 10-11, al Gran Consiglio e per esso al Consiglio di Stato del Cantone Ticino.
a7461a45-6b47-4759-9e90-52496f7ce316
de
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CH_BGer_005
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3.0
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civil_law
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critical
critical-1
Sachverhalt: A. Am 17. Mai 2012 wurden im C._ Medical Center, U._, California, die Zwillinge D.A._ und E.A._ geboren. In den von Dr. F._, MD, Health Officer, unterzeichneten kalifornischen Geburtsurkunden (Certificate of live birth) vom 31. Mai 2012 sind B.A._ (Mutter) und A.A._ (Vater) als die Eltern der beiden Kinder aufgeführt. B. Gestützt auf die Geburtsurkunden verlangten B.A._ und A.A._ beim Zivilstandsamt W._ die Eintragung der beiden Kinder ins Personenstandsregister. Aufgrund von Zweifeln an der Elternschaft stellte die Abteilung Register und Personenstand des Departementes Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau mit Schreiben vom 5. Juli 2012 verschiedene Fragen und verlangte am 22. Oktober 2012 zusätzliche Unterlagen. Angesichts der weitgehend verweigerten Kooperation und der Vielzahl von dringenden Verdachtsmomenten, dass die Kinder nicht von B.A._ zur Welt gebracht wurden (fehlende Plausibilisierung, weshalb die Kinder einer über 50-jährigen Mutter mit Schweizer Wohnsitz in den USA geboren sein sollen, zumal in einem Gliedstaat mit sehr liberaler Praxis bezüglich Leihmutterschaft; "WT/WB"-Einreisestempel vom 16. Mai 2012 [Vortag der Geburt] im Pass von A.A._ mit Aufenthaltsberechtigung von maximal 90 Tagen im Rahmen des "Visa Waver Program"; angegebene Aufenthaltsadresse in unmittelbarer Nähe des Spitals; keine Eintragung einer Einreise in die USA im Pass von B.A._), wies das Departement mit Verfügung vom 15. Oktober 2013 die Anerkennung und Eintragung der beiden Kinder im schweizerischen Personenstandsregister ab mit der Begründung, dass die Leihmutterschaft in der Schweiz verboten sei und die Anerkennung betreffender Geburten aus dem Ausland dem schweizerischen Ordre public widerspreche. Dagegen erhoben A.A._ und B.A._ am 6. November 2013 unter sinngemässer Bestreitung eines Leihmutterschaftsverhältnisses Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau. Am 10. Februar 2014 nahmen sie schliesslich unter Einreichung der gehörigen Unterlagen Stellung zum umfangreichen Fragenkatalog, welcher ihnen mit instruktionsrichterlicher Verfügung vom 16. Januar 2014 zugestellt worden war. Mit Entscheid vom 3. März 2014 wies das Obergericht die Beschwerde nach eingehender Prüfung der Situation ab, in erster Linie ebenfalls unter Verweisung auf den Ordre public. C. Gegen diesen Entscheid haben A.A._ und B.A._ am 26. Mai 2014 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie verlangen dessen Aufhebung und die Anweisung des Departementes Volkswirtschaft und Inneres, die am 17. Mai 2012 in den USA geborenen Zwillinge D.A._ und E.A._ im schweizerischen Personenstandsregister anzuerkennen und einzutragen; eventualiter verlangen sie die Anweisung des Obergerichtes, die Zwillinge im Personenstandsregister eintragen zu lassen, und subeventualiter verlangen sie die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Klärung des Sachverhaltes. Mit Präsidialverfügung vom 13. Juni 2014 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt, jedoch das Gesuch um vorsorgliche Eintragung abgewiesen. Am 4. Juli 2014 haben die Beschwerdeführer ein privates Gutachten zu den Akten gereicht. Mit Schreiben vom 11. und 15. Juli sowie 26. August 2014 haben sie ausserdem über den aktuellen Stand informiert. Mit Präsidialverfügung vom 18. September 2014 wurde das erneute Gesuch um vorsorgliche Eintragung im Personenstandsregister abgewiesen. Mit Vernehmlassung vom 6. Februar 2015 schloss das Departement Volkswirtschaft und Inneres auf Abweisung der Beschwerde. Mit Eingabe vom 20. Februar 2015 nahmen die Beschwerdeführer hierzu Stellung. Sodann informierten sie am 9. April 2015, dass ihnen von der Gemeinde eine Pflegekinderbewilligung ausgestellt worden sei.
Erwägungen: 1. Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid über die Anerkennung ausländischer Geburtsurkunden und die entsprechende Eintragung im schweizerischen Personenstandsregister; für solche Registersachen, welche im Übrigen keinen Streitwert aufweisen, steht die Beschwerde in Zivilsachen offen (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Gerügt werden kann insbesondere die Verletzung von Bundes- und von Völkerrecht (Art. 96 lit. a und b BGG). Demgegenüber ist das Bundesgericht an die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind im bundesgerichtlichen Verfahren grundsätzlich unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG). Das gilt namentlich auch für das - im Übrigen erst nach Ablauf der 30-tägigen Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte - Gutachten, welches als Parteigutachten eine blosse Tatsachenbehauptung darstellt (BGE 132 III 83 E. 3.6 S. 88 f.; 135 III 670 E. 3.3.1 S. 677). 2. Aufgrund der Beantwortung des umfangreichen obergerichtlichen Fragenkataloges und der gestützt hierauf erfolgten Einreichung der gehörigen Dokumente hat das Obergericht den folgenden, für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhalt festgestellt: Der genetische Vater der Kinder ist ein anonymer Samenspender. Die genetische Mutter der Kinder ist eine anonyme Eizellenspenderin. Die biologische Mutter der Kinder (sog. Leihmutter) ist G.G._. Mit Urteil des Superior Court of California, V._, vom 16. Februar 2012, bei welchem die Beschwerdeführer als Gesuchsteller sowie G.G._ und ihr Ehemann H.G._ als Gesuchsgegner aufgeführt sind, wird mit Bezug auf Kinder, welche zwischen dem 12. September 2011 und dem 12. Juni 2012 von G.G._ zur Welt gebracht werden, verfügt, dass nicht sie deren Mutter ist, sondern die Beschwerdeführer "legal and natural father" sowie "legal and natural mother" sind. Weiter wird die ausschliessliche finanzielle Verantwortlichkeit sowie die ausschliessliche gesetzliche und tatsächliche Obhut über diese Kinder den Beschwerdeführern zugewiesen. Sodann werden dem Geburtsspital Anweisungen zum Ausfüllen der Geburtsurkunden erteilt. Insbesondere wird angeordnet, dass die Personalien der Beschwerdeführer an den in den Geburtsurkunden für die Angaben über Vater und Mutter der Kinder vorgesehenen Stellen einzutragen sind. Schliesslich wird festgehalten, dass die Embryonen aus Spermien und Eizellen von anonymen Spendern ("anonymous donor's sperm" und "anonymous donor's ova") geschaffen wurden. Das Obergericht hat erwogen, dass dies der Rechtslage in Kalifornien entspreche. Die Anerkennung eines Kindesverhältnisses zu den Wunscheltern sei durch kalifornische Gerichte jedenfalls dann unbestritten, wenn wie vorliegend die Leihmutter nicht die genetische Mutter des Kindes sei. Die Wunscheltern erhielten üblicherweise eine Geburtsurkunde, in welcher sie bereits als Vater und Mutter eingetragen seien. Vor diesem Hintergrund bestehe kein Zweifel an der Echtheit der Geburtsurkunden und ebenso wenig daran, dass die Beschwerdeführer nach kalifornischem Recht als Eltern der beiden Kinder gälten. In Bezug auf die Anerkennung und Eintragung hat das Obergericht zuerst die Bedeutung und Funktion des schweizerischen Personenstandsregisters dargestellt. Sodann hat es festgehalten, dass die Anerkennung ausländischer Urkunden und Entscheide zu verweigern sei, wenn sie offensichtlich dem schweizerischen Ordre public widersprächen. Diesbezüglich hat es erwogen, dass das Vorgehen der Beschwerdeführer der Umgehung des in der Schweiz auf Verfassungs- und Gesetzesstufe verankerten Verbotes der Leihmutterschaft gedient habe. Im Bericht des Bundesrates zur Leihmutterschaft werde allerdings festgehalten, dass die Anerkennung eines im Ausland durch ein fortpflanzungsmedizinisches Verfahren gezeugten Kindes nicht zwangsläufig gegen den Ordre public verstosse. Erfordere das Kindeswohl eine Anerkennung, müsse diese möglich sein; hingegen könne die Berücksichtigung des Kindeswohls auch dazu führen, dass die Anerkennung eines Kindesverhältnisses zu verweigern sei. An diese Meinungsäusserung anknüpfend hat das Obergericht weiter erwogen, dass das von den Beschwerdeführern im Rechtsmittelverfahren vorgelegte Urteil des kalifornischen Gerichts, mit welchem ihr Kindesverhältnis zu den von der Leihmutter G.G._ geborenen Kindern angeordnet werde, drei Monate vor der Geburt der Kinder ergangen sei und keine Hinweise darauf enthalte, dass eine Prüfung der Erziehungseignung oder eine anderweitige Abklärung des Kindeswohls vorgenommen worden wäre; von den Beschwerdeführern werde denn auch nichts dergleichen behauptet. Die gerichtliche Feststellung der Elternschaft, wie sie von den kalifornischen Gerichten praktiziert werde, weise insofern keine Nähe zum Adoptionsverfahren auf. Eine Nichtanerkennung des Kindesverhältnisses könne allerdings weder an der bereits eingetretenen Beeinträchtigung der Persönlichkeit der Leihmutter noch an der bereits eingetretenen Vereitelung des verfassungsmässigen Anspruches der Kinder auf Kenntnis ihrer Abstammung etwas ändern; zudem würden die Kinder in der Schweiz vorerst elternlos dastehen. Dennoch widerspreche es der grundlegenden schweizerischen Rechts- und Sittenauffassung in unerträglicher Weise, wenn durch Richterspruch ein rechtliches Kindesverhältnis begründet werde, ohne dass je ansatzweise eine Prüfung des Kindeswohls vorgenommen worden sei und überdies auch keine nachgeburtliche Zustimmung der biologischen Mutter vorliege bzw. möglich gewesen sei. Insbesondere könne nicht mit übergeordneten Interessen des Kindes argumentiert werden, wenn diese noch gar nie abgeklärt worden seien, weil mit der Leihmutterschaft im Ausland auch die Schutzmechanismen des Adoptionsrechts umgangen worden seien. 3. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung von Art. 2, 7 und Art. 16 UN-KRK (Übereinkommen über die Rechte des Kindes, Kinderrechtskonvention, SR 0.107) sowie von Art. 13, 14, 29, 35 und 36 BV. Sodann machen sie eine Verletzung von Art. 32 IPRG sowie von Art. 7 und 8 ZStV (Zivilstandsverordnung, SR 211.112.2) geltend, wobei sie diesbezüglich teilweise auch Willkür behaupten. Ferner rügen sie eine Verletzung der "Pflicht zur Ermittlung des Sachverhaltes" und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Wegen der formellen Natur des rechtlichen Gehörs ist darüber vorweg zu befinden; Gleiches gilt für die Kritik an der Sachverhaltsermittlung, auf welcher die rechtlichen Erwägungen aufbauen. 3.1. Die Gehörsverletzung erblicken die Beschwerdeführer darin, dass das Obergericht ihnen vorgehalten habe, über die Samen- und Eizellenspender sei nichts bekannt, was den Anspruch des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung vereitle, es aber gleichzeitig unterlassen habe, mit dem amerikanischen Gericht Kontakt aufzunehmen; wahrscheinlich würden sich dort weitere Akten finden lassen, wobei sie selbst nicht an diese Dokumente gelangen könnten. Im Übrigen habe das Obergericht das kalifornische Recht zu wenig abgeklärt, wenn es ausführe, die Leihmutterschaft beruhe nicht auf Gesetz, sondern auf der dortigen Rechtsprechung. 3.2. Abgesehen davon, dass es an den Beschwerdeführern ist, die gesuchsbegründenden Tatsachen darzutun, ist in diesem Zusammenhang keine Relevanz für die entscheidrelevanten Streitfragen ersichtlich (vgl. E. 6.4-6.6). Im angefochtenen Entscheid wird erwogen, dass vollendete Tatsachen vorlägen und weder die anonyme Samen- und Eizellenspende noch das Austragen der Kinder durch eine Leihmutter rückgängig gemacht werden könne. Sodann geht der angefochtene Entscheid davon aus, dass das Kindesverhältnis zu den Beschwerdeführern nach kalifornischem Recht rechtsgültig errichtet und Geburtsurkunden eingereicht worden sind, an deren Echtheit keine Zweifel bestehen. Zu entscheiden bleibt deshalb einzig die Frage, ob das nach dem Recht am Geburtsort gültig errichtete Kindesverhältnis in der Schweiz anerkannt werden kann. 3.3. Sinngemäss machen die Beschwerdeführer auch eine Gehörsverletzung dahingehend geltend, dass das Obergericht unterstelle, es habe nie eine Prüfung des Kindeswohls stattgefunden, ohne dies durch Edition sämtlicher amerikanischer Verfahrensakten verifiziert zu haben. Diese Gehörsrüge geht fehl, möchten doch die Beschwerdeführer dem Obergericht auch hier eine von Amtes wegen durchzuführende Nachforschungs- und Beweispflicht für Anerkennungsvoraussetzungen auferlegen. Das Obergericht hat ausgeführt, aus den Akten, insbesondere aus dem kalifornischen Gerichtsentscheid, welcher im Übrigen drei Monate vor der Geburt ergangen sei, seien weder eine Prüfung der Eignung der Wunscheltern noch Überlegungen zum Kindeswohl ersichtlich. Dass eine solche Prüfung stattgefunden hätte, haben die Beschwerdeführer entgegen ihrer jetzigen Behauptung im kantonalen Verfahren nie geltend gemacht und sie lassen es auch vorliegend bei einer abstrakten Behauptung ohne jeden näheren Hinweis bewenden. Eine Gehörsverletzung ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich. Ebenso wenig ist ersichtlich, inwiefern in diesem Zusammenhang eine Verletzung von Art. 7 KRK vorliegen soll. Im Übrigen wäre eine allfällig erfolgte Prüfung für das Ergebnis des vorliegenden Entscheides auch nicht ausschlaggebend (vgl. E. 6.6). 3.4. Das Subeventualbegehren, welches eine Rückweisung der Sache zur Vornahme betreffender Abklärungen verlangt, ist nach dem Gesagten wegen fehlender Relevanz abzuweisen. Soweit entsprechende Abklärungen direkt durch das Bundesgericht verlangt werden, scheitert dies zusätzlich auch am Novenverbot (Art. 99 Abs. 1 BGG) und ebenfalls daran, dass das Bundesgericht an den kantonal festgestellten Sachverhalt gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG) und grundsätzlich keine eigenen Beweiserhebungen durchführt (Urteile 5A_674/2011 vom 31. Oktober 2011 E. 2.6 nicht publ. in: BGE 137 III 529; 2C_347/2012 vom 28. März 2013 E. 3.2 nicht publ. in: BGE 139 II 185). 4. In der Sache machen die Beschwerdeführer in genereller Hinsicht geltend, generalpräventive Überlegungen dürften keine Rolle spielen, es gehe allein um die Kinder und man dürfe diese nicht für etwas bestrafen, was in der Schweiz allenfalls verboten sein möge, denn dies würde gegen Art. 2 Abs. 2 KRK verstossen. Mit der Verweigerung der Anerkennung werde eine hinkende Rechtslage erzeugt, indem die Kinder in der Schweiz, anders als in ihrem Heimatland, keine Eltern hätten, obwohl sie doch keine Findelkinder seien. Dies verletze Art. 13 und 14 BV, zumal die Grundrechte gemäss Art. 36 BV in der gesamten Rechtsordnung zum Ausdruck kommen müssten und gestützt auf Art. 7 KRK ein Recht auf Eintragung im Personenstandsregister bestehe. Sowohl sie (die Beschwerdeführer) als auch die Kinder würden durch die staatlichen Organe willkürlich und treuwidrig behandelt, was gegen Art. 9 BV verstosse; zudem sei ihre Privatsphäre zu beachten. In konkreter Hinsicht machen die Beschwerdeführer sodann geltend, aus Sicht der Zivilstandsverordnung sei egal, wer das Kind geboren habe. Zivilstandsrechtlich könnten die amerikanischen Geburtsurkunden deshalb problemlos anerkannt werden, zumal die obergerichtliche Ansicht falsch sei, dass mit den Geburtsdaten auch verurkundet werde, wer das Kind geboren habe. Solches gehe aus der Zivilstandsverordnung nicht hervor und erst die Auslegung von Art. 252 ZGB führe zu diesem falschen Schluss. Sodann machen die Beschwerdeführer geltend, dass keine gesetzliche Grundlage bestehe, um ihnen die Elternrechte zu entziehen. In Frage käme einzig eine auf Art. 311 ZGB gestützte Kindesschutzmassnahme, was aber voraussetze, dass sie sich nicht ernstlich um die Kinder gekümmert oder ihre Pflichten gröblich verletzt hätten. Davon könne keine Rede sein und es sei deshalb willkürlich, wenn den Kindern eine Vormundin bestellt worden sei. 4.1. Verlangt wird die Anerkennung der kalifornischen Geburtsurkunden für die am 17. Mai 2012 in Kalifornien zur Welt gebrachten Kinder D.A._ und E.A._ sowie die Eintragung dieser Geburten im schweizerischen Personenstandsregister. Die beiden Geburtsurkunden beruhen auf dem kalifornischen Urteil vom 16. Februar 2012 und setzen die damit gerichtlich getroffenen Anordnungen betreffend die Verurkundung der anstehenden Geburten um. 4.2. Das auf Art. 39 ZGB sowie Art. 6a Abs. 2 und Art. 7 ZStV basierende Personenstandsregister dient der Beurkundung der Zivilstandsereignisse und Zivilstandstatsachen sowie der Erfassung der Gemeindebürgerrechte. Die Aufnahme einer Person in das Personenstandsregister erfolgt mit der Beurkundung ihrer Geburt (Art. 15a Abs. 1 ZStV). Die im Ausland erfolgte Geburt einer Person, die das Schweizer Bürgerrecht durch Abstammung erwirbt, wird - unter der Voraussetzung, dass die Person, welche das Schweizer Bürgerrecht vermittelt, im Personenstandsregister geführt wird (vgl. Art. 1 Bürgerrechtsgesetz, BüG, SR 141.0) - auf Verfügung der kantonalen Aufsichtsbehörde nachbeurkundet (Art. 45 Abs. 2 Ziff. 4 ZGB). Mit der Nachbeurkundung der Geburt wird die betroffene Person in das Personenstandsregister aufgenommen. Dabei wird auch das bei der Geburt durch Gesetz entstandene oder durch Rechtsakt begründete Kindesverhältnis beurkundet (Art. 8 lit. o Ziff. 1 ZStV; SIEGENTHALER, Das Personenstandsregister, Bern 2013, Rz. 82), indem die Datensätze der betroffenen Personen im Personenstandsregister miteinander verknüpft werden (Art. 15 Abs. 4 ZStV). Die kantonale Aufsichtsbehörde stützt sich bei ihrem Entscheid auf die ausländische Geburtsurkunde, welche als archivierungspflichtiger Beleg für die Nachbeurkundung beizubringen ist ( SIEGENTHALER, a.a.O., Rz. 190). Sie überprüft dabei die ausländische Urkunde in formeller (registertechnischer) sowie materieller Hinsicht auf ihre Eintragbarkeit und trifft über die Eintragung in die Zivilstandsregister eine Verfügung (Art. 32 Abs. 1 IPRG). Die Eintragung wird bewilligt, wenn die Voraussetzungen der Art. 25-27 IPRG erfüllt sind (Art. 32 Abs. 2 IPRG). 4.3. Voraussetzung zur Anerkennung ist, dass die Zuständigkeit der ausländischen Behörden durch eine Bestimmung des IPRG begründet ist (Art. 25 lit. a, Art. 26 lit. a IPRG). Die Geburtsurkunden basieren auf dem Urteil des Superior Court of the State of California, V._, mit welchem dieser am 16. Februar 2012 in einem vor Geburt der Kinder eingeleiteten Verfahren über die Elternschaft entschieden hat. Ausländische Entscheidungen betreffend die Feststellung des Kindesverhältnisses werden gemäss Art. 70 IPRG in der Schweiz anerkannt. Diese Regel über die indirekte Zuständigkeit erfasst alle - auch dem inländischen Recht nicht bekannte - Entscheidungen, die im Ausland über die Feststellung eines Kindesverhältnisses ergehen können ( SIEHR, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N. 13 zu Art. 70 IPRG; KREN KOSTKIEWICZ, Grundriss des schweizerischen Internationalen Privatrechts, 2012, Rz. 1261 ff.). Darunter fällt auch ein im Zeitpunkt der Geburt entstehender Status im Zusammenhang mit Leihmutterschaft (vgl. SIEHR, a.a.O., N. 1, 8 und 10 zu Art. 66 IPRG). Ausländische Entscheidungen betreffend die Feststellung des Kindesverhältnisses werden gemäss Art. 70 IPRG anerkannt, wenn sie im Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes, in dessen Heimatstaat oder im Wohnsitz- oder im Heimatstaat der Mutter oder des Vaters ergangen sind. Die USA sind weder Wohnsitz- noch Heimatstaat der Beschwerdeführer. Hingegen bezieht sich das Urteil vom 16. Februar 2012 auf die Feststellung der Elternschaft für die Zwillinge D.A._ und E.A._ mit Geburtsort in den USA. Der im Zeitpunkt des Erlasses des Urteils bereits anstehende Erwerb der amerikanischen Staatsangehörigkeit ex lege (vgl. 8 U.S. Code § 1401 lit. a) erlaubt, die indirekte Zuständigkeit an den Heimatstaat von D.A._ und E.A._ zu knüpfen (analog BGE 116 II 202 E. 2e S. 206 betreffend unmittelbar beabsichtigter Wohnsitznahme). Die Zuständigkeit der kalifornischen Gerichte und Behörden war somit grundsätzlich gegeben. Ferner sind das kalifornische Urteil sowie die dort ausgestellten Geburtsurkunden unstrittig endgültig (Art. 25 lit. b IRPG). 4.4. Ausgehend von seinen Sachverhaltsfeststellungen, wonach für die beiden Kinder authentische Geburtsurkunden vorgelegt wurden, in welchen die Beschwerdeführer als Eltern bezeichnet sind, die Kinder indes von einer Leihmutter (biologische Mutter) zur Welt gebracht wurden und die Eizelle wie auch der Samen von nicht näher bekannten Dritten (genetische Eltern) stammen, so dass die Beschwerdeführer weder biologische noch genetische, sondern sog. "soziale Eltern" bzw. "Wunscheltern" sind, ist das Obergericht in rechtlicher Hinsicht zutreffend davon ausgegangen, die entscheidende Frage sei, ob die Anerkennung der kalifornischen Geburtsurkunden und die Eintragung im schweizerischen Personenstandsregister gegen den materiellen Ordre public verstossen (Art. 27 Abs. 1 IPRG) und deshalb zu verweigern seien (Art. 32 Abs. 2 IPRG). An der Sache vorbei geht dabei die Behauptung der Beschwerdeführer, aus Sicht der Zivilstandsverordnung sei egal, wer das Kind geboren habe. Die Zivilstandsverordnung betrifft die Beurkundung des Personenstandes, d.h. u.a. die familienrechtliche Stellung einer Person (Art. 39 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB). Nach der Konzeption des ZGB entsteht das Kindesverhältnis zwischen dem Kind und der Mutter mit der Geburt (Art. 252 Abs. 1 ZGB). Indem das ZGB die gebärende Frau zur rechtlichen Mutter erklärt, stellt es für die Entstehung des Kindesverhältnisses auf den biologischen Vorgang des Gebärens ab. Gleichzeitig wird damit der Grundsatz mater semper certa est befolgt (vgl. SCHWENZER, in: Basler Kommentar, N. 9 zu Art. 252 ZGB; COTTIER, Elternschaft im Zeitalter der globalisierten Biotechnologie: Leihmutterschaft, Eizell- und Embryonenspende im Rechtsvergleich, in: Siebte Schweizer Familienrecht§Tage, 2014, S. 28; GUILLOD/HELLE, Les voyages forment la jeunesse ou Tourisme et procréation médicalement assistée, in: Mél. Knoepfler, 2005, S. 440). Der zivilrechtliche Grundsatz, wonach der Vorgang des Gebärens für die Entstehung des Kindsverhältnisses zur Mutter massgeblich ist, wird auch bei der Regelung der Fortpflanzungsmedizin durchwegs beachtet, wobei es sich um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers handelt. Darauf wird noch im Einzelnen zurückzukommen sein (vgl. E. 5.2). Vorliegend ist relevant, dass aufgrund des Gesagten zu klären ist, was das relevante Schutzobjekt des schweizerischen Ordre public ist (dazu E. 5), und ob der Einsatz des Ordre public im konkreten Fall gerechtfertigt (dazu E. 6) sowie völkerrechtskonform ist (dazu E. 7). 5. Gemäss Art. 27 Abs. 1 IPRG wird eine im Ausland ergangene Entscheidung in der Schweiz nicht anerkannt, wenn die Anerkennung mit dem schweizerischen Ordre public offensichtlich unvereinbar wäre. 5.1. Nicht jeder Verstoss gegen das Rechtsempfinden, die Wertvorstellungen oder zwingendes Recht rechtfertigt den Eingriff mit dem Ordre public. Für die Verletzung ist vielmehr erforderlich, dass die Anerkennung und Vollstreckung des ausländischen Entscheides bzw. die Anerkennung und Eintragung der ausländischen Geburtsurkunde in der Schweiz mit den hiesigen rechtlichen und ethischen Werturteilen schlechthin unvereinbar wäre. Ob der Ordre public verletzt ist, beurteilt sich nicht abstrakt. Entscheidend sind die Auswirkungen der Anerkennung im Einzelfall. Die Anwendung des Ordre public-Vorbehalts ist im Rahmen der Anerkennung nach dem Wortlaut des Gesetzes ("offensichtlich") restriktiv anzuwenden, denn mit der Weigerung der Anerkennung werden hinkende Rechtsverhältnisse geschaffen (BGE 103 Ib 69 E. 3b S. 73; 126 III 101 E. 3b S. 107, 327 E. 2b S. 330; 131 III 182 E. 4.1 S. 185; SCHWANDER, Einführung in das internationale Privatrecht, Erster Band: Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2000, Rz. 484, 712; KNOEPFLER/SCHWEIZER/OTHENIN-GIRARD, Droit international privé suisse, 3. Aufl. 2005, Rz. 353; BUCHER/BONOMI, Droit international privé, 3. Aufl. 2013, Rz. 275 f.). In diesem Sinn wird zur Vermeidung hinkender Rechtsverhältnisse das Eingreifen des Ordre public-Vorbehaltes umso mehr eine Ausnahme bleiben, je loser die Beziehungen zur Schweiz sind und je länger der Zeitraum zwischen der Ausfertigung der Urkunde oder dem Entscheid und der Prüfung ist ( OTHENIN-GIRARD, L'inscription des décisions et des actes étrangers à l'état civil [art. 32 LDIP et 137 OEC], in: ZZW 1998 S. 167 f.; vgl. BGE 126 III 101 E. 3b S. 107 f.). 5.2. Das kalifornische Urteil und die darauf beruhenden Geburtsurkunden weichen von der schweizerischen Rechtsordnung ab. Wie gesagt entsteht das Kindesverhältnis zwischen dem Kind und der Mutter nach der Konzeption des ZGB mit der Geburt. Die Statusbeziehung besteht einzig zur austragenden Mutter (Art. 252 Abs. 1 ZGB) und diese kann nicht pränatal auf ihre Rechte mit Bezug auf das Kind verzichten (vgl. Art. 265b Abs. 1 ZGB); sie könnte es selbst dann nicht, wenn sie als Leihmutter eine nicht mit ihr genetisch verwandte Frucht austrägt. Diese Grundsätze kommen in der Schweiz auch im Bereich der Fortpflanzungsmedizin zur Geltung. Bereits auf Verfassungsstufe sind das Verbot der Embryonenspende und das Verbot aller Arten von Leihmutterschaft verankert (Art. 119 Abs. 2 lit. d BV). Im Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG, SR 810.11) werden die verfassungsrechtlichen Vorgaben konkretisiert. Während bei Ehepaaren die Samenspende erlaubt ist (Art. 3 Abs. 3 FMedG), sind die Ei- und Embryonenspende sowie die Leihmutterschaft unzulässig (Art. 4 FMedG). Darunter versteht das Gesetz, dass eine Frau, die dazu bereit ist, durch ein Fortpflanzungsverfahren ein Kind empfängt, es austrägt und nach der Geburt Dritten auf Dauer überlässt (Art. 2 lit. k FMedG). Der zivilrechtliche Grundsatz, wonach der Vorgang des Gebärens für die Entstehung des Kindsverhältnisses zur Mutter massgeblich ist, soll kraft der verschiedenen Verbote auch bei der Regelung der Fortpflanzungsmedizin Nachachtung erhalten. Dabei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers; der Bundesrat führte in der Botschaft zum FMedG aus, die medizinisch unterstützte Fortpflanzung dürfe nicht zu Familienverhältnissen führen, die von dem abweichen, was auf natürlichem Weg möglich sei, weshalb die gebärende Frau rechtlich als Mutter angesehen werden müsse, während die Spaltung der Vaterschaft durchaus auch bei natürlicher Zeugung insofern vorkommen könne, als der Ehemann der gebärenden Frau, welcher rechtlich als Vater des Kindes gelte, nicht zwingend der genetische Vater sein müsse (vgl. BBl 1996 III 254 f.). Das Verbot der Leihmutterschaft wurde in der Botschaft mit dem Schutz der Frau vor Instrumentalisierung und mit dem Schutz des Kindeswohls begründet (vgl. Botschaft, BBl 1996 III 254). Die biologische Mutter dürfe nicht dem Konflikt zwischen der psychischen Bindung an ihr Kind und der Zusage gegenüber den Wunscheltern ausgesetzt werden und das Kind sei davor zu schützen, dass es zur Ware degradiert werde, die man bei Dritten bestellen könne (Botschaft, BBl 1996 III 279). 5.3. In Bezug auf das Verbot der Eizellenspende wurde mit einer Parlamentarischen Initiative (12.487 Neirynck) die Revision des FMedG verlangt, um die Eizellenspende zuzulassen; der Initiative wurde Folge gegeben. Hingegen steht eine Änderung oder Lockerung des Verbotes der Leihmutterschaft nicht zur Diskussion. Der Bundesrat hat am 5. November 2014 in Beantwortung einer entsprechenden Interpellation (14.3742 J. Fehr) abgelehnt, die Möglichkeit der Lockerung des Leihmutterschaftsverbotes zu prüfen, und dieses Geschäft ist im Parlament erledigt. Daraus ist abzuleiten, dass das auf Verfassungsstufe verankerte Verbot der Leihmutterschaft auch heute als Grundüberzeugung der hiesigen Rechtsanschauung zu gelten hat. Das Verbot der Leihmutterschaft in Art. 119 Abs. 2 lit. d BV und Art. 4 FMedG bezieht sich indes auf Vorgänge in der Schweiz, weshalb es für sich genommen noch keinen zwingenden Hinderungsgrund bildet, ein im Ausland gesetzeskonform begründetes Kindesverhältnis anzuerkennen. Die Umstände im Einzelfall können jedoch für eine Verletzung des Ordre public und damit gegen eine Anerkennung eines solchen Kindesverhältnisses sprechen (vgl. Bericht des Bundesrates vom 29. November 2013 zur Leihmutterschaft in Beantwortung des Postulates 12.3917, Ziff. 3.5 S. 39). 5.4. Falls im Ausland die Elternschaft der Wunscheltern anerkannt ist und die Leihmutter sowie die genetischen Eltern dort auf alle Rechte verzichtet und keine Pflichten gegenüber dem Kind haben, kann die Nichtanerkennung in der Schweiz zur Elternlosigkeit eines Kindes führen, wenn die Adoption im Inland scheitert oder nicht möglich ist ( RUMO-JUNGO, Kindesverhältnisse im Zeitalter vielfältiger Familienformen und medizinisch unterstützter Fortpflanzung, in: FamPra.ch 2014, S. 849). Nach der Lehre kann diese Situation Grundrechte des Kindes verletzen, welche - als grundlegende Werturteile des inländischen Rechts - zum Schutzobjekt des schweizerischen Ordre public gehören. Mit Art. 11 BV geniesst das Kindeswohl Verfassungsrang, und es gilt in der Schweiz als oberste Maxime des Kindesrechts in einem umfassenden Sinne (BGE 132 III 359 E. 4.2.2 S. 373; 129 III 250 E. 3.4.2 S. 255); damit werden die mit der UN-KRK garantierten Rechte verankert (BGE 126 II 377 E. 5d S. 391). 5.5. In der Lehre ist die Auffassung verbreitet, dass im Ausland geschaffene kindesrechtliche Statusverhältnisse in der Schweiz unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt werden können (u.a. GUILLOD/HELLE, a.a.O., S. 446 f.; RUMO-JUNGO, a.a.O., S. 849 ff.; BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, N. 6b vor Art. 264-269c ZGB; BÜCHLER, in: FamPra.ch 2014 S. 1069 ff.; HOTZ, Zwischen Informed Consent und Verbot: Wertungswidersprüche in der Reproduktionsmedizin, in: recht 2014 S. 31; vgl. bereits VISCHER, in: Status und Wirkung aus der Sicht des schweizerischen IPR, 1986, S. 678/679). Ähnliches wird in Ländern mit vergleichbarer Gesetzeslage wie Deutschland und Österreich vertreten, jedenfalls soweit es sich um genetische Eltern handelt (z.B. CLAUDIA MAYER, Sachwidrige Differenzierungen in internationalen Leihmutterschaftsfällen, IPRax 2014, S. 59; BRIGITTA LURGER, Das österreichische IPR bei Leihmutterschaft im Ausland, IPRax 2013, S. 287). Kritisch äussert sich hingegen HAUSHEER (Normen mit Verfassungsrang als prägende Gestaltungsfaktoren des Familienlebens bzw. des Familienrechts, ZBJV 2015, S. 335 ff. sowie Fn. 30). Teilweise wird die Anerkennung auch abgelehnt ( SIEGENTHALER, a.a.O., Rz. 386; für Frankreich: FABRE-MAGNAN, Les trois niveaux d'appreciation de l'intérêt de l'enfant, À propos de la gestation pour autrui, in: Recueil Dalloz 4/2015, S. 224 ff.). 5.6. Das Bundesgericht hat mit dem zur Publikation bestimmten Urteil 5A_748/2014 vom 21. Mai 2015 erstmals Stellung zur Frage der Anerkennung eines ausländischen Leihmutterschaftsurteils genommen. Es ist zum Ergebnis gelangt, dass ein kalifornisches Vaterschaftsurteil, welches das mittels Leihmutterschaft begründete Kindesverhältnis zu eingetragenen Partnern feststellt, nur mit Bezug auf den genetisch verwandten Elternteil anerkannt werden kann. In diesem Urteil findet sich in E. 4.4 eine Darstellung, wie die obersten Gerichte in weiteren Ländern, die ein Leihmutterschaftsverbot kennen, mit der vorliegend erörterten Problematik umgehen. Darauf kann verwiesen werden, unter ergänzendem Hinweis auf die zwischenzeitlich ergangenen weiteren Urteile des französischen Kassationshofes, mit welchem dieser die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) berücksichtigt hat ( Cour de cassation, Urteile Nr. 619 und 620 vom 3. Juli 2015 [14-21.323, 15-50.002]). Auf die Rechtsprechung des EGMR wird in E. 7.1 und 7.2 zurückzukommen sein. 6. Zu untersuchen ist, ob die vorliegend anbegehrte Transkribierung der durch Leihmutterschaft in den USA zu den Beschwerdeführern entstandenen Kindesverhältnisse in das schweizerische Personenstandsregister zu einem Ergebnis führt, welches den Einsatz des Ordre public-Vorbehaltes rechtfertigt. 6.1. Mit dem kalifornischen Urteil vom 16. Februar 2012 wurde angeordnet, dass die Beschwerdeführer "legal and natural father" sowie "legal and natural mother" der Kinder sind, welche zwischen dem 12. September 2011 und dem 12. Juni 2012 von G.G._ - d.h. von der Leihmutter - zur Welt gebracht werden. Entsprechend dieser gerichtlichen Anordnung wurden die Geburtsurkunden (Certificate of live birth) für die am 17. Mai 2012 von G.G._ zur Welt gebrachten Zwillinge ausgefüllt. Ferner geht aus dem Urteil vom 16. Februar 2012 hervor, dass die Embryonen aus Spermien und Eizellen von anonymen Spendern geschaffen wurden. Mithin steht fest, dass die Beschwerdeführer nicht die genetischen Eltern sind und die Beschwerdeführerin auch nicht die biologische (gebärende) Mutter der Zwillinge war. Die Beschwerdeführer sind aber im Geburtsstaat die rechtlichen Eltern, und zwar originär qua Geburt, wie dies in Kalifornien aufgrund gefestigter Rechtsprechung Praxis ist (vgl. COTTIER, a.a.O., S. 32). Ferner wurde ihnen im Urteil vom 16. Februar 2012 auch die finanzielle Verantwortung und die Obhut für D.A._ und E.A._ zugewiesen. 6.2. Ob die Transkribierung der mit dem kalifornischen Urteil geschaffenen und durch die darauf beruhenden Geburtsurkunden ausgewiesenen Kindesverhältnisse in das schweizerische Personenstandsregister möglich ist oder ob sie am Ordre public scheitert, lässt sich nicht abstrakt sagen. Zwar darf das Verbot der Leihmutterschaft, welches auf Verfassungsstufe verankert und auch heute nicht umstritten ist (vgl. E. 5.2 und 5.3), als schweizerische Grundüberzeugung gelten. Indes bezieht sich das in Art. 119 Abs. 2 lit. d BV und Art. 4 FMedG verankerte Verbot nach dem in E. 5.3 Gesagten auf Vorgänge in der Schweiz und kann deshalb für sich genommen noch keinen zwingenden Hinderungsgrund dafür bilden, ein im Ausland durch Leihmutterschaft gesetzeskonform begründetes Kindesverhältnis anzuerkennen. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalles massgeblich. Namentlich sind bei der Transkription ausländischer Personenstandsakte die Intensität des Binnenbezuges und der Zeitablauf mitzuberücksichtigen (vgl. in E. 5.1 zitierte Autoren). Ein äusserlich identisches Rechtsverhältnis (hier: Kindesverhältnis mit Eltern, zu denen weder ein genetischer noch ein biologischer Bezug besteht), kann und muss je nach den konkreten Umständen, welche zu diesem Ergebnis geführt haben, unter dem Aspekt des Ordre public eine unterschiedliche Würdigung erfahren. Auf die konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls ist im Folgenden näher einzugehen. 6.3. Es besteht kein Zweifel und wird nicht in Frage gestellt, dass die Beschwerdeführer durch den Abschluss eines Leihmutterschaftsvertrages in Kalifornien ihren Kinderwunsch mit Hilfe einer ausländischen Rechtsordnung erfüllen wollten, welche kein Leihmutterschaftsverbot kennt. Sie haben nie einen Bezug zu den USA vorgebracht und es ist aktenkundig, dass der Beschwerdeführer erst am Vortag der Geburt in die USA eingereist ist, während sich im Reisepass der Mutter kein Einreisestempel vorfindet, sie mithin nicht in die USA gereist sein kann (vgl. Lit. B). Sodann steht ausser Frage, dass der in Kalifornien abgeschlossene Leihmutterschaftsvertrag, das Urteil des Superior Court of California und die beiden Geburtsurkunden insgesamt eine Praktik zum Gegenstand haben, die in der Schweiz verboten ist (dazu im Einzelnen E. 5.2). Sodann wären bei einem gegen das Verbot verstossenden Leihmutterschaftsverhältnis in der Schweiz keine originär durch Geburt begründeten Kindesverhältnisse zu Wunscheltern möglich. Vielmehr würde das rechtliche Kindesverhältnis zwingend zur gebärenden Leihmutter entstehen (Art. 252 Abs. 1 ZGB; SCHWENZER, a.a.O., N. 9 zu Art. 252 ZGB; BÜCHLER, in: AJP 2004, S. 1178), und soweit diese verheiratet ist, würde ihr Ehemann als rechtlicher Vater gelten (Art. 252 Abs. 2 i.V.m. Art. 255 Abs. 1 ZGB). 6.4. Im Bereich des internationalen Privatrechts besteht gesetzlich viel Gestaltungsfreiheit (wie durch Wahl von Forum und Recht) und längst nicht alle rechtsgestaltenden Handlungen sind rechtlich relevante "Gesetzesumgehungen" (vgl. KREN KOSTKIEWICZ, a.a.O., Rz. 976 ff., 983 ff.). Vorliegend ist die Rechtsumgehung jedoch offensichtlich: Die Beschwerdeführer sind schweizerische bzw. deutsche Staatsangehörige, sie hatten und haben ununterbrochen Wohnsitz in der Schweiz und auch ihre Ehe weist keinen Berührungspunkt mit den USA auf. Der primäre Bezug zu den USA ist das Faktum der Rechtsumgehung, welche schliesslich auch den dortigen Geburtsort der Kinder determiniert hat. Das Vorgehen der Beschwerdeführer ist dadurch geprägt, dass es in der Vermeidung eines in der Schweiz als fundamental angesehenen Verbotes besteht und sich auch darin erschöpft. Es stellt deshalb eine rechtlich relevante Gesetzesumgehung dar; die Rechtsordnung soll offensichtlich um die von ihr beabsichtigte Wirkung ihrer Vorschriften gebracht werden (vgl. SCHNITZER, Handbuch des internationalen Privatrechts, Bd. I, 1957, S. 250), wobei diese Vorschriften vor der Verletzung der Moral, das öffentliche Interesse und die Menschenwürde schützen sollen (vgl. PERRIN, La fraude à la loi et ordre public en droit privé, in: Mél. Engel, 1989, S. 260 f., 265). Indem die Beschwerdeführer die biologischen Vorgänge in einen Rechtsraum verlegt haben, welcher die von ihnen gewünschten rechtlichen Wirkungen zulässt, ohne selbst Bezugspunkte zum betreffenden Territorium zu haben (der Beschwerdeführer reiste einen Tag vor der Geburt in die USA ein, die Beschwerdeführerin setzte nie einen Fuss in die USA), sie aber letztlich nur oder jedenfalls insbesondere rechtliche Wirkungen in der Schweiz beabsichtigen, ist der Binnenbezug prädominant. Zwar besteht aufgrund der dort erfolgten Geburten der Kinder ein Bezugspunkt zu den USA, aber dieser (einzige) Berührungspunkt ist wie gesagt gerade inhärenter Teil der Rechtsumgehung. Überdies hatten die Beschwerdeführer in den USA kein gelebtes Verhältnis zu den Kindern; der Wunschvater reiste mit ihnen nach Erledigung der Formalitäten in die Schweiz und die Beschwerdeführer beantragten umgehend die Transkribierung ins schweizerische Personenstandsregister. Es besteht mithin auch eine unmittelbare zeitliche Nähe zwischen den Geburten und dem Begehren um Transkribierung der Kindesverhältnisse in das schweizerische Personenstandsregister. 6.5. Bei dieser Ausgangslage verstösst die Transkribierung der zum Zweck der Umgehung des schweizerischen Leihmutterschaftsverbotes in den USA qua Geburt begründeten Kindesverhältnisse in das schweizerische Personenstandsregister gegen den Ordre public. 6.6. Selbst wenn man die Ordre public-Widrigkeit zufolge Rechtsumgehung des Leihmutterschaftsverbotes verneinen würde, änderte dies nichts am vorstehenden Ergebnis, dass eine Anerkennung der Kindesverhältnisse in der vorliegenden Konstellation mit dem Ordre public nicht vereinbar ist: Bei der Begründung eines Kindesverhältnisses zu Wunscheltern, welche weder einen genetischen noch einen biologischen Bezug zum Kind haben, besteht eine funktionale Nähe zum Adoptionsrecht. Zwar ist die vorliegend praktizierte Rechtsumgehung viel umfassender, weil sie auch die Entstehung des Kindes betrifft. In der Auswirkung wurde aber, wie dies bei der Adoption regelmässig der Fall ist, ein Kindesverhältnis zu nicht genetisch verwandten Kindern hergestellt. Sowohl das nationale Adoptionsrecht als für internationale Belange auch das HAÜ (Haager Adoptionsübereinkommen, SR 0.211.221.311) sowie das BG-HAÜ (Bundesgesetz zu diesem Übereinkommen und über Massnahmen zum Schutz des Kindes bei internationalen Adoptionen, SR 211.221.31) stellen eine Reihe von Schutznormen zugunsten des Kindes auf (vgl. Art. 264 ZGB; Art. 5 AdoV; Art. 4, 5, 15, 16 und 17 HAÜ; Art. 9 BG-HAÜ). Wesentlicher gemeinsamer Nenner dieser Schutzbestimmungen ist, dass eine Adoption nicht ohne vorgängige Prüfung der Eignung der Adoptiveltern und des Kindeswohls stattfinden darf. Dieses Erfordernis ist zentral und eine auf Art. 78 Abs. 1 IPRG gestützte Anerkennung einer im Ausland erfolgten Adoption - für welche es im Übrigen eines dortigen Wohnsitzes der adoptierenden Personen bedarf - ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Ordre public-widrig, wenn der Heimatstaat die massgeblichen Verhältnisse und die Eignung der Adoptiveltern nicht abgeklärt (Urteil 5A.10/1992 vom 20. Januar 1993 E. 5b) oder soweit sich die begründende Behörde bei einer Adoption nicht ausschliesslich am Kindeswohl orientiert hat (Urteile 5A_604/2009 vom 9. November 2009 E. 2.2.2.2; 5A_15/2011 vom 20. Juni 2011 E. 4), sondern adoptionsfremde Motive wie sozial- oder aufenthaltsrechtliche Vorteile im Vordergrund standen (Urteil 5A.20/2005 vom 21. Dezember 2005 E. 3.3). Analoge Schutzgedanken zugunsten des Kindes finden sich im Übrigen auch in der schweizerischen Gesetzgebung über die Fortpflanzungsmedizin (vgl. namentlich Art. 3 und 6 FMedG). Das kalifornische Urteil stellt kein Adoptionsurteil dar und in den Geburtsurkunden wird kein Adoptivvorgang festgehalten, weshalb sich die Anerkennung vorliegend auf Art. 32 und 70 IPRG, nicht auf Art. 78 IPRG stützt. Im Zusammenhang mit der Frage der Ordre public-Widrigkeit wäre aber im vorliegenden Fall wertungsmässig der Gedanke zu übertragen, dass dem Ergebnis der kalifornischen Statusakte bei Wunscheltern ohne jeglichen genetischen oder biologischen Bezug zum Kind eine funktionale Nähe zur Adoption innewohnt und in jenem Rechtsbereich die Anerkennung Ordre public-widrig ist, wenn keine Abklärung der Verhältnisse und keine Eignungsprüfung stattgefunden hat. 6.7. An der Ordre public-Widrigkeit zufolge Rechtsumgehung vermag schliesslich nichts zu ändern, dass sich die Beschwerdeführer auf die Interessen der Zwillinge berufen. Diesbezüglich ist zunächst zu bemerken, dass die Kinder selbst nicht als Beschwerdeführer auftreten und die Eltern auch nicht deren gesetzliche Vertreter sein können, solange die Kindesverhältnisse in der Schweiz nicht anerkannt sind. Dennoch kann die Optik des Kindes nicht gänzlich ausgeblendet werden, wenn die Transkribierung der Kindesverhältnisse Streitgegenstand ist und es um die Frage geht, ob der anbegehrten registerrechtlichen Operation der Ordre public entgegensteht. Die Anerkennung der in Kalifornien begründeten Kindesverhältnisse kann vorliegend insofern im Interesse der beiden Zwillinge sein, als alle anderen beteiligten Personen in Kalifornien unwiderruflich auf jegliche Elternrechte verzichtet haben und deshalb die Kinder in der Schweiz rechtlich bis auf weiteres elternlos sind und vorerst auch nicht das Schweizer Bürgerrecht erlangen. Es ist aber ebenso gut denkbar, dass sich Leihmutterschaftskinder später als Objekt des - durch das Recht verbotenen - Vorgehens sehen. In diesem Fall würde ihnen die Gültigerklärung der Verbotsüberschreitung jedes Recht absprechen, sich als Opfer zu fühlen ( FABRE-MAGNAN, a.a.O., S. 226). Sodann ist auf die bereits angesprochene funktionale Nähe zur Adoption bei der Begründung von Kindesverhältnissen zu Wunscheltern ohne genetische oder biologische Bezüge zum Kind zu verweisen. Wenn die Beschwerdeführer und verschiedene Stimmen in der Lehre fordern (z.B. GUILLOD/HELLE, a.a.O., S. 445; RUMO-JUNGO, a.a.O., S. 849 f.; BÜCHLER/MARANTA, Leihmutterschaft im internationalen Verhältnis, in: Fam.Pra.ch 2015, S. 367; BÜCHLER/BERTSCHI, Gewünschtes Kind, geliehene Mutter, zurückgewiesene Eltern?, FamPra.ch 2013, S. 48 f. und 52), das Kind dürfe nicht für das Vorgehen der Wunscheltern bestraft werden und das Kindeswohl erheische unabhängig von Ordre public-Erwägungen die Anerkennung des Kindesverhältnisses, so wird gewissermassen die Fiktion aufgestellt, dass mit der automatischen Anerkennung dem Kindeswohl stets am besten gedient sei. Wie bei der Adoption besteht aber auch im Zusammenhang mit der Leihmutterschaft die Gefahr, dass wegen hohen Alters oder aus anderen Gründen ungeeignete Wunscheltern mithilfe einer ausländischen Rechtsordnung zu einem Kind gelangen, zu welchem sie keinen Bezug haben. Dies ist offensichtlich nicht im Kindeswohl, und es lässt sich, wie das Obergericht zutreffend bemerkt hat, insbesondere nicht in abstrakter Weise mit dem Kindeswohl argumentieren, wenn dieses noch gar nie geprüft worden ist. Nicht zu Gebote stehen kann schliesslich das Nachholen einer solchen Prüfung durch die Zivilstandsbehörden. Es würde den Rahmen des registerrechtlichen Verfahrens sprengen, wenn diese in jedem Einzelfall die konkreten Verhältnisse prüfen und eine Eignungsprüfung mit den Wunscheltern durchführen müssten. Die registerrechtliche Prüfung hat einen anderen Gegenstand und die angesprochenen Abklärungen gehören in das noch einzuleitende schweizerische Adoptionsverfahren. Aufgrund des Gesagten hat der angefochtene Entscheid entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer nicht bloss eine Generalprävention, sondern insbesondere auch eine Spezialprävention im Auge. Soweit die Beschwerdeführer diesbezüglich anführen, sie würden inzwischen seit mehreren Jahren vorbildlich für die Kinder sorgen, so machen sie - abgesehen davon, dass es um ein registerrechtliches Verfahren geht - einen erst während des Rechtsmittelverfahrens eingetretenen Sachverhalt geltend und nimmt das Bundesgericht keine eigene Sachverhaltsermittlung vor (vgl. dazu E. 3.4). Damit ist keine Stellungnahme oder Wertung verbunden, ob sich die Beschwerdeführer des vorliegenden Einzelfalles gut um ihre Wunschkinder kümmern; dies wird wie gesagt das Thema eines Adoptionsverfahrens sein. Kernaussage mit Blick auf die schweizweit einheitliche Handhabung im Zusammenhang mit der Anerkennung von Kindesverhältnissen in ähnlich gelagerten Konstellationen ist vielmehr, dass eine Gefährdung des Kindeswohles drohen kann, wenn ein mit Hilfe einer ausländischen Rechtsordnung ohne Abklärung der Verhältnisse und Eignungsprüfung hergestelltes Kindesverhältnis, welches nicht auf einem genetischen oder biologischen Bezug basiert, in der Schweiz automatisch anzuerkennen wäre. Zwar stünden bei akuter Gefährdung des Kindeswohls Kindesschutzmassnahmen zur Verfügung. Indes müssen Missstände auch tatsächlich wahrgenommen werden, damit behördliches Einschreiten erfolgen kann. Sodann werden Kindesschutzmassnahmen kaum zu Gebote stehen, wenn das Kindesverhältnis zwar offensichtlich nicht im Interesse des Kindes liegt, aber keine akute Gefährdung gegeben ist, wie dies etwa der Fall wäre, wenn sich betagte Wunscheltern mit Hilfe einer ausländischen Rechtsordnung ein Kind verschaffen. Zu diesen spezialpräventiven Überlegungen gesellen sich wie gesagt auch generalpräventive. Der Schutz des Kindes davor, zur Ware degradiert zu werden, die man bei Dritten bestellen kann, aber auch der Schutz der Leihmutter vor der Kommerzialisierung ihres Körpers wären bedeutungslos, wenn die Rechtsumgehung der Wunscheltern nachträglich gültig erklärt würde. Die Verneinung der Ordre public-Widrigkeit in einer Situation wie der vorliegenden würde die rechtsanwendenden Behörden zwingen, das durch Rechtsumgehung erreichte Kindesverhältnis zum nicht genetisch verwandten Kind als fait accompli zu akzeptieren, womit der Fortpflanzungstourismus gefördert würde und das inländische Leihmutterschaftsverbot weitgehend wirkungslos wäre (vgl. FABRE-MAGNAN, a.a.O., S. 226). 7. Zu prüfen ist abschliessend, ob und inwieweit aus der Bundesverfassung, der EMRK und der UN-KRK fliessende Rechtspositionen den aus der Rechtsumgehung abgeleiteten Ordre public-Verstoss zurückzudrängen vermögen bzw. die Anerkennung der Kindesverhältnisse gebieten. 7.1. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in den am 26. Juni 2014 gefällten Urteilen Nr. 65192/11 Mennesson gegen Frankreich und Nr. 65941/11 Labassée gegen Frankreich zur Anerkennung von im Ausland durch Leihmutterschaft hergestellten Kindesverhältnissen Stellung genommen. In beiden Fällen ging es um Kinder, welche in den USA von einer Leihmutter zur Welt gebracht wurden und bei denen in Frankreich die Anerkennung des im Ausland begründeten Kindesverhältnisses, aber auch die Anerkennung der Vaterschaft oder die Herstellung eines Kindesverhältnisses auf dem Wege der Adoption verweigert wurde, obwohl jeweils der Ehemann des französischen Wunschelternpaares der genetische Vater war. Die Kinder waren in beiden Fällen zwischenzeitlich rund 13- bzw. 14-jährig, so dass längst eine feste sozialpsychische Beziehung, aber nach wie vor kein rechtliches Eltern-Kind-Verhältnis bestand, weil Frankreich auch die Anerkennung durch den Vater sowie die Adoption nicht zuliess. Der EGMR entschied, dass die aus Art. 8 EMRK fliessenden Rechte der Eltern nicht verletzt seien, weil sie ja faktisch ein Familienleben mit den bei ihnen lebenden Kindern hätten (Urteile Mennesson §§ 87 ff. bzw. Labassée §§ 66 ff.). Indes ging der Gerichtshof von einer Verletzung der Rechte der Kinder aus, welche ebenfalls als Beschwerdeführer auftraten. Es wurde als unhaltbar erachtet, dass diese kein rechtliches Kindesverhältnis zum genetischen Vater herstellen konnten (Urteile Mennesson § 100 bzw. Labassée § 79). Sie würden sich in Bezug auf den Erwerb der französischen Staatsbürgerschaft in Unsicherheit befinden, obwohl ihr genetischer Vater französischer Staatsbürger sei, weil sie nach französischem Recht kein Kindesverhältnis und mithin auch keine gesetzliche Erbberechtigung im Verhältnis zu ihrem genetischen Vater haben könnten; diese tatsächliche Situation sei insofern mit dem Kindeswohl unvereinbar, als der Vater der genetische Erzeuger sei und weder eine Vaterschaftsanerkennung noch eine Adoption möglich sei (Urteile Mennesson §§ Rz. 96 ff. bzw. Labassée §§ 75 ff.). Für den EGMR war somit entscheidend, dass aus der Perspektive der Kinder - welche im vorliegenden Verfahren nicht Beschwerdeführer sind (vgl. dazu E. 6.7) - eine Verletzung von Art. 8 EMRK gegeben ist, wenn sie trotz langjährig gelebtem Verhältnis zum genetisch verwandten Elternteil (in beiden Fällen der Vater) kein rechtliches Kindesverhältnis herstellen können, weder durch Anerkennung des im Ausland begründeten Rechtsverhältnisses noch durch Adoption oder Anerkennung der Vaterschaft im Anerkennungsstaat. Hingegen hat der EGMR in Bezug auf den nicht genetisch verwandten Elternteil, welcher in jenen Verfahren ebenfalls Verfahrenspartei war (in beiden Fällen die Wunschmutter), auch aus der Perspektive des Kindes keine Verletzung von Art. 8 EMRK gesehen, wenn der Anerkennungsstaat ein rechtliches Kindesverhältnis nicht zulässt. 7.2. Sodann hat der EGMR mit Urteil Nr. 25358/12 Paradiso und Campanelli gegen Italien vom 27. Januar 2015 im Zusammenhang mit vermeintlichen Eltern, die aber zufolge eines Fehlers in der Klinik keinen genetischen Bezug zum Kind hatten, festgehalten, dass die mit dem Ordre public begründete Verweigerung der Anerkennung des durch Leihmutterschaft hergestellten Kindesverhältnisses keine décision déraisonnable sei (Urteil Paradiso § 77). Einzig in der sofortigen Wegnahme und Fremdplatzierung des Kindes hat der Gerichtshof eine Verletzung des Familienlebens erblickt (Urteil Paradiso §§ 80 ff.), ohne jedoch eine Pflicht zur Rückgabe des Kindes auszusprechen (Urteil Paradiso §§ 80 ff., § 88). Aus § 77 des Urteils Paradisoergibt sich unmittelbar, dass eine mit dem Ordre public begründete Verweigerung der Anerkennung eines durch Leihmutterschaft hergestellten Kindesverhältnisses zu Elternteilen ohne genetischen Bezug vor Art. 8 EMRK standhält (vgl. auch FULCHIRON/BIDAUD-GARON, À propos de la filiation des enfants nés par GPA, au lendemain des arrêts Labassée, Mennessonet Campanelli-Paradiso de la Cour européenne des droits de l'homme, in: Rev. crit. DIP 2015, S. 6, 20 f.; kritisch MARGUÉNAUD, in: Revue trimestrielle de droit civil [RTDCiv.] 2014, S. 839). Einzig in der sofortigen Wegnahme des Kindes im Anerkennungsstaat würde eine Konventionsverletzung liegen, weil auch das faktische Familienverhältnis von Art. 8 EMRK geschützt ist (Urteil Paradiso und Campanelli §§ 69, 80; vgl. bereits BGE 135 I 143 E. 3.2 S. 149). Ausgehend von den drei Entscheidungen des EGMR ist vorliegend keine Konventionsverletzung gegeben. Weder besteht ein genetischer Bezug zwischen den Kindern und einem Elternteil, noch wurde eine sofortige Wegnahme verfügt. Im Übrigen besteht mit der Adoption eine Möglichkeit, in der Schweiz rechtliche Kindesverhältnisse herzustellen. 7.3. Die von den Beschwerdeführern als verletzt gerügten Art. 13 und 14 BV verschaffen keine weitergehenden als die von Art. 8 EMRK garantierten Rechte. Ebenso wenig ist ersichtlich, inwiefern die staatlichen Organe mit der angesichts der konkreten Situation verweigerten Transkribierung willkürlich gehandelt und damit gegen Art. 9 BV verstossen hätten. Ferner stösst die Kritik der Beschwerdeführer, es würden ihnen in Verletzung von Art. 311 ZGB Elternrechte entzogen, ins Leere, denn mangels Anerkennung der kalifornischen Geburtsurkunden und Eintragung im schweizerischen Personenstandsregister gelten die Beschwerdeführer in der Schweiz nicht als die rechtlichen Eltern der Kinder. 7.4. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer sind schliesslich keine aus der UN-KRK fliessenden Ansprüche und Rechte der Kinder verletzt, auf welche sich ohnehin nur diese selbst berufen könnten (vgl. E. 6.7). Zunächst bedeutet es keine Diskriminierung im Sinn von Art. 2 Abs. 1 UN-KRK, wenn die nicht auf genetischer Verwandtschaft beruhenden Kindesverhältnisse infolge der Umgehung des Leihmutterschaftsverbotes nicht transkribiert werden. Die spezifischen Pflichten der Vertragsstaaten im Zusammenhang mit dem Personenstand ergeben sich sodann aus Art. 7 UN-KRK, welcher vorliegend nicht verletzt ist. Beide Kinder wurden unverzüglich nach ihrer Geburt in ein Register eingetragen, nämlich in Kalifornien, und sie erhielten auch ab Geburt eine Staatsbürgerschaft. Aus Art. 7 UN-KRK ergibt sich keine Verpflichtung, dass andere Staaten das auf der erwähnten Registrierung basierende Kindesverhältnis vorbehaltlos und insbesondere auch bei einem Widerspruch mit dem eigenen Ordre public anerkennen. Was sodann das in Art. 7 Abs. 1 UN-KRK angesprochene Recht der Kinder anbelangt, soweit möglich die Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden, so steht dessen Umsetzung in der Verantwortung des Geburtsstaates, welcher vorliegend aufgrund seiner Rechtsprechung zulässt, dass die genetischen Eltern anonym bleiben und diese sowie auch die biologische (gebärende) Mutter und deren Ehemann rechtsgültig auf sämtliche Elternrechte verzichten können. Insofern könnten die Beschwerdeführer mit den Kindern in jenem Land leben, mit dessen Hilfe sie die Kindesverhältnisse hergestellt haben und in welchem sie als rechtliche Eltern gelten. Die der vorliegenden Entscheidung zugrunde liegende Problematik rührt daher, dass die Beschwerdeführer die biologischen Vorgänge in ein anderes Land verlagert haben, jedoch nicht bereit sind, ihr Familienleben dort zu führen. Was schliesslich das gemäss Art. 3 Abs. 1 UN-KRK in allen Verfahren vorrangig zu beachtende Kindeswohl anbelangt, so wird dieses im Rahmen des nunmehr folgenden Adoptionsverfahrens zu beachten sein. Es ist im Übrigen im Interesse der Kinder, dass in diesem Verfahren insbesondere die zu ihrem Wohl aufgestellten Schutznormen zum Tragen kommen und auch die Eignung der zukünftigen rechtlichen Eltern geprüft wird. 7.5. Die jüngsten Empfehlungen des UNO-Kinderrechtsausschusses führen zu keinem anderen Ergebnis. Der Ausschuss hat der Schweiz empfohlen, sicherzustellen, dass das Leihmutterschaftskind während der Zeit zwischen seiner Ankunft in der Schweiz und der formellen Adoption nicht staatenlos ist und keine Diskriminierung (Art. 2 UN-KRK) zu gewärtigen hat (Committee on the Rights of the Child, Concluding Observations on the combined second to fourth periodic reports of Switzerland, CRC/C/CHE/CO/2-4, vom 4. Februar 2015, Ziff. 46 und 47). Dies ist gemäss den vorstehenden und nachfolgenden Ausführungen garantiert. 7.6. Insgesamt ergibt sich, dass der statusrechtliche Zustand für die Kinder momentan nicht abschliessend geregelt ist und ein hinkendes Rechtsverhältnis besteht. Die Rechtsunsicherheit kann jedoch durch ein inländisches Adoptionsverfahren beseitigt werden und die im Rahmen dieses Verfahrens zu tätigenden Abklärungen sind im Interesse der Kinder. Im Übrigen ist ihr Aufenthalt in der Schweiz bis zum Zeitpunkt, in welchem sie durch Adoption rechtliche Eltern in der Schweiz haben werden, nicht gefährdet. Es wurde ihnen auch von Anfang an ein Vormund bestellt, welcher sie rechtlich vertritt und für die nötigen rechtlichen Schritte sowie allgemein für ihren Schutz besorgt ist. Vor diesem Hintergrund vermag die Tatsache, dass vorübergehend in der Schweiz kein rechtliches Kindesverhältnis besteht, den gemäss den Ausführungen in E. 6 gebotenen Einsatz des Ordre public-Vorbehaltes nicht zurückzudrängen (siehe E. 7 Ingress). 8. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Anerkennung eines in offensichtlicher Umgehung der schweizerischen Gesetzgebung im Ausland mit Hilfe von Leihmutterschaft originär durch Geburt begründeten Kindesverhältnisses ohne genetische Verwandtschaft zwischen Kind und Elternteilen offensichtlich dem schweizerischen Ordre public im Sinn von Art. 27 Abs. 1 IPRG widerspricht und demnach die Eintragung im schweizerischen Personenstandsregister im Sinn von Art. 32 Abs. 2 IPRG zu verweigern ist. Wie bei einer divergierenden Situation (z.B. bei Zuzug von Eltern, die Wohnsitz in einem Staat hatten, welcher die Leihmutterschaft zulässt) oder wie bei einer vergleichbaren Situation, aber zukünftig anderen schweizerischen Gesetzeslage zu entscheiden wäre, ist nicht im Rahmen des vorliegenden Entscheides zu diskutieren. 9. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdegegner ist keine Entschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Abteilung Register und Personenstand, dem Obergericht des Kantons Aargau, 3. Zivilkammer, dem Bezirksgericht W._ und dem Bundesamt für Justiz, Fachbereiche Internationales Privatrecht sowie Eidgenössisches Amt für das Zivilstandswesen, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 14. September 2015 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: von Werdt Der Gerichtsschreiber: Möckli
a7df0ea4-78cc-4c86-a915-ade03a043a04
de
2,011
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. X._ (geb. 1977) stammt aus Kamerun. Sie war vom 14. Juni 1999 bis zum 1. Juli 1999 in Zürich illegal als Prostituierte tätig. Am 8. August 1999 wurde sie in ihre Heimat ausgeschafft und mit einer Einreisesperre bis zum 6. August 2002 belegt. Im Jahr 2001 reiste X._ wiederum illegal in die Schweiz ein, wo sie sich anschliessend bei ihrem Schweizer Freund aufhielt. Am 23. Juni 2003 ersuchte X._ in Kamerun um eine Einreisemöglichkeit in die Schweiz, da sie ihr Kind hier zur Welt bringen wollte. Weil der Kindesvater nicht bereit war, für sie aufzukommen, wurde Y._ am 8. September 2003 in Kamerun geboren. Am 27. Juli 2007 anerkannte der Vater Y._, worauf diese am 3. November 2008 erleichtert eingebürgert wurde (Art. 58c i.V.m. Art. 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts in der Fassung vom 3. Oktober 2003 [BüG; SR 141.0]). B. Im August 2005 lernte X._ in Kamerun den Schweizer Z._ (geb. 1954) kennen, den sie am 19. Mai 2006 in Yaoundé heiratete. Am 19. Februar 2007 reisten X._ und Y._ in die Schweiz ein, wo ihnen je eine bis zum 19. Februar 2008 gültige Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. Ab April 2007 trennte sich X._ von ihrem Mann. Die Ehe wurde am 23. Oktober 2008 geschieden. Am 12. September 2007 informierte die Dienststelle für Bevölkerung und Migration (DBM) des Kantons Wallis X._, dass sie beabsichtige, ihre Aufenthaltsbewilligung zu widerrufen und sie und ihre Tochter aus der Schweiz wegzuweisen. Am 9. Februar 2009 lehnte sie das Gesuch ab, die Aufenthaltsbewilligung von X._ zu verlängern. Der Staatsrat und das Kantonsgericht des Kantons Wallis bestätigten diesen Entscheid auf Beschwerde hin am 9. September 2009 bzw. 26. Februar 2010. Das Kantonsgericht ging davon aus, dass sich X._ in der Schweiz nicht tadellos verhalten habe und ihrem Nachzug "eine geplante rechtsmissbräuchliche Strategie" zugrunde liege. Da die Beschwerden wegen ihres Verhaltens "aus ordnungs- und sicherheitspolizeilichen Gründen" ohne Aussicht auf Erfolg gewesen seien, könne auch dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht entsprochen werden. C. C.a X._ ist hiergegen am 20. April 2010 mit dem Antrag an das Bundesgericht gelangt, den Entscheid des Kantonsgerichts aufzuheben und die Dienststelle für Bevölkerung und Migration anzuweisen, ihre Aufenthaltsbewilligung zu verlängern; allenfalls sei die Sache für weitere Abklärungen an die Vorinstanz zurückzuweisen (Verfahren 2C_327/2010). X._ macht geltend, es sei für sie und ihre Tochter - als Schweizer Bürgerin - nicht zumutbar, nach Kamerun zurückzukehren. C.b Mit separater Eingabe vom gleichen Tag hat Y._ identische Anträge gestellt (Verfahren 2C_328/2010). Die zweite Beschwerde soll - so Y._ - ihre eigenständigen, von der Vorinstanz nicht gewürdigten Interessen unterstreichen. Die Beurteilung der Vorinstanz sei "nur aus dem Blickwinkel der Kindsmutter, nicht aber aus jener des Kindes" erfolgt. C.c Das Kantonsgericht, der Staatsrat und die Dienststelle für Bevölkerung und Migration des Kantons Wallis sowie das Bundesamt für Migration beantragen, die Beschwerde abzuweisen. X._ und ihre Tochter Y._ haben in Kenntnis der Vernehmlassungen am 29. Oktober 2010 an ihren Anträgen und Ausführungen festgehalten. D. Mit Verfügung vom 30. April 2010 hat der Abteilungspräsident den Beschwerden aufschiebende Wirkung beigelegt. X._ und ihre Tochter halten sich heute im Kanton Zürich auf, wo sie am 24. Februar 2009 um einen Kantonswechsel nachgesucht haben. Y._ besucht dort den Kindergarten. Beide beziehen Nothilfe. E. Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung hat den Fall am 19. Mai 2011 an einer öffentlichen Sitzung beraten.
Erwägungen: 1. Den Beschwerden liegt derselbe Sachverhalt zugrunde, sie betreffen den gleichen vorinstanzlichen Entscheid und beziehen sich auf denselben Problemkreis, nämlich die Frage, ob Y._ mit ihrer Mutter nach Kamerun ausreisen muss oder diese im sogenannten "umgekehrten Familiennachzug" (vgl. BGE 135 I 153 ff.) als sorgeberechtigter ausländischer Elternteil mit ihr in der Schweiz verbleiben darf. Es rechtfertigt sich, die Verfahren 2C_327/2010 und 2C_328/2010 zu vereinigen und in einem gemeinsamen Urteil zu erledigen (vgl. BGE 128 V 124 E. 1 S. 126 und 192 E. 1 S. 194, je mit Hinweisen; Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP). 2. 2.1 Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide über ausländerrechtliche Bewilligungen ausgeschlossen, auf deren Erteilung weder das Bundes- noch das Völkerrecht einen Rechtsanspruch einräumen. Die Beschwerdeführerin 2 ist Schweizer Bürgerin und verfügt hier somit über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht. Ihre Mutter übt das Sorgerecht über sie aus. Die Beziehungen zwischen ihnen sind intakt und werden gelebt. Sie haben deshalb aufgrund ihres nach Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 Abs. 1 BV) geschützten Familienlebens beide einen potentiellen Anspruch auf Erteilung bzw. Verlängerung der umstrittenen Bewilligung (vgl. BGE 135 I 143 E. 1.3.2 S. 146). Die Problematik, ob diese im Rahmen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK (bzw. Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 36 BV) zu verweigern ist, bildet nicht Eintretensfrage, sondern Gegenstand der materiellen Beurteilung (vgl. BGE 128 II 145 E. 1.1.5 S. 150). Hieran ändert nichts, dass sich die Beschwerdeführerinnen zurzeit in Zürich aufhalten: Besteht gestützt auf Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV ein potentieller Anspruch auf die umstrittene Bewilligung, gilt dieser für die ganze Schweiz. Er kann nicht dadurch beschränkt werden oder dahinfallen, dass sich die Betroffenen ausserhalb eines Kantons aufhalten bzw. aufhalten müssen, in dem ihnen der (weitere) Verbleib verweigert wird (vgl. Art. 13 i.V.m. Art. 8 EMRK und das Urteil des EGMR Agraw gegen Schweiz vom 29. Juli 2010 [3295/06], Ziff. 44). 2.2 Die Dienststelle für Bevölkerung und Migration des Kantons Wallis hat am 12. September 2007 das Verfahren auf Widerruf der Aufenthaltsbewilligung gegenüber der Beschwerdeführerin 1 eingeleitet, die Nichtverlängerung der umstrittenen, am 19. Februar 2008 ausgelaufenen Aufenthaltsbewilligung jedoch erst am 9. Februar 2009 verfügt. In der Regel ist das bisherige Recht (ANAG) und nicht das am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) anwendbar, wenn ein Widerrufs- oder Ausweisungsverfahren vor Inkrafttreten des neuen Rechts eingeleitet wurde, selbst wenn sich der bisherige Aufenthalt auf eine Ehe stützt, die noch unter dem alten Recht aufgelöst worden ist (vgl. in BGE 137 II 1 ff. nicht publizierte E. 1). Ob dies auch in Fällen wie dem vorliegenden gilt, wo ein altrechtliches Widerrufsverfahren gegenstandslos und durch ein (neurechtliches) Verfahren auf Nichterneuerung abgelöst worden ist, kann dahingestellt bleiben: Die Regelung nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG, wonach der Bewilligungsanspruch des Ehegatten nach Auflösung der Ehe oder Familiengemeinschaft fortbesteht, wenn "wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen", kann im vorliegenden Zusammenhang nicht einschränkender verstanden werden als allfällige sich aus Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV ergebende verfassungsrechtliche bzw. staatsvertragliche Ansprüche auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. 2.3 Zu Recht kritisieren die Beschwerdeführerinnen, die Vorinstanz sei fälschlicherweise von einem Anwendungsfall von Art. 4 ANAG ausgegangen: Das Kantonsgericht hat angenommen, die Verlängerung der umstrittenen Bewilligung habe "im freien Ermessen" der kantonalen Behörden gelegen (E. 8 des angefochtenen Entscheids). Dem ist nicht so, nachdem die Beschwerdeführerinnen - wie dargelegt - über einen potentiellen Bewilligungsanspruch gestützt auf Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV verfügen (E. 9.3 des angefochtenen Entscheids). Die in diesem Rahmen erforderliche Interessenabwägung darf nicht mit einem Ermessensentscheid nach Art. 4 ANAG verwechselt werden (vgl. BGE 135 I 153 E. 2.1 letzter Satz). Den Beschwerdeführerinnen ist aus der unklaren Abgrenzung durch die Vorinstanz indessen kein Nachteil entstanden: Das Kantonsgericht hat die Interessenabwägung des Staatsrats entgegen seinen missverständlichen, allgemeinen Ausführungen im Resultat nicht nur mit einer beschränkten Kognition geprüft, sondern umfassend und dabei auch die neuere, im Rahmen von Art. 8 EMRK ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichts zur umstrittenen Frage berücksichtigt (E. 10-13 des angefochtenen Entscheids). Es liegt deshalb keine formelle Rechtsverweigerung vor (vgl. BGE 131 II 271 E. 11.7.1 S. 303). 3. 3.1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Immerhin prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die Parteistandpunkte; anders verhält es sich bloss, wenn die rechtlichen Mängel des angefochtenen Entscheids geradezu ins Auge springen (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie ihn die Vorinstanz festgestellt hat, falls dieser nicht klarerweise falsch bzw. unvollständig erscheint oder unter Verletzung verfahrensrechtlicher Bestimmungen ermittelt wurde (vgl. Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel können im bundesgerichtlichen Verfahren nur angerufen werden, soweit der angefochtene Entscheid hierzu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Unzulässig sind Tatsachenbehauptungen und Beweise, die bereits im vorinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können und müssen, mit denen nachträglich belegt werden soll, dass die Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig oder die Beweiswürdigung willkürlich vorgenommen worden ist (vgl. BGE 135 V 194 ff.). 3.2 Die Beschwerdeführerinnen kritisieren die Sachverhaltsfeststellungen in verschiedenen (untergeordneten) Punkten ("eigenmächtige" Abmeldung durch den Gatten, Stand des Verfahrens in Zürich, Teilnahme der Tochter am vorinstanzlichen Verfahren usw.). Da diese nicht entscheidwesentlich sind, erübrigt es sich, hierauf im Einzelnen einzugehen (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG). Als unbegründet erweist sich auch die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör: Die Beschwerdeführerinnen konnten im kantonalen Verfahren in die verschiedenen Aktenstücke Einsicht nehmen. Wäre es auch wünschbar gewesen, dass ihnen hierzu ein Aktenverzeichnis zur Verfügung gestanden hätte, war der Umfang der Unterlagen vorliegend doch auch ohne ein solches überblickbar (zur Aktenführungspflicht: BGE 130 II 473 E. 4.1 S. 477; 124 V 372 E. 3b S. 375, 389 E. 3a S. 390). Es ist den kantonalen Behörden jedoch in Erinnerung zu rufen, dass die Akten grundsätzlich von Beginn weg in chronologischer Reihenfolge abgelegt und bei Vorliegen eines Gesuchs um Akteneinsicht bzw. spätestens im Zeitpunkt des Entscheids durchgehend paginiert werden müssen. Sodann ist in der Regel ein Aktenverzeichnis zu erstellen, welches eine chronologische Auflistung sämtlicher in einem Verfahren gemachter Eingaben enthält (vgl. das Urteil 8C_319/2010 vom 15. Dezember 2010 E. 2.2). 3.3 Die verschiedenen Vernehmlassungen, welche ausschliesslich auf die bestehenden Akten Bezug nahmen, wurden den Beschwerdeführerinnen im bundesgerichtlichen Verfahren zugestellt, worauf sie sich am 29. Oktober 2010 zum Streitgegenstand abschliessend äussern konnten (vgl. das EGMR-Urteil i.S. Elles gegen Schweiz vom 16. Dezember 2010 [12573/06], Ziff. 24 ff.). Der Fall ist spruchreif und der Sachverhalt grundsätzlich willkürfrei erstellt (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9). Sollten weitere Abklärungen nötig sein, wäre die Sache hierfür an die kantonalen Instanzen zurückzuweisen. Soweit die Beschwerdeführerinnen Unterlagen aus der Zeit nach dem angefochtenen Urteil eingereicht haben, sind diese, weil nicht hierdurch veranlasst, aus dem Recht zu weisen: Das betrifft einerseits die Unterstützungsbestätigung der Sozialberatung Zürich vom 9. April 2010 und andererseits den Kurzbericht der Schule S._ über die schulische Integration der Beschwerdeführerin 2 vom 11. März 2010. 4.1 4.1.1 Die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert grundsätzlich keinen Anspruch auf Aufenthalt in einem Konventionsstaat (vgl. BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285 f.). Es ergibt sich daraus weder ein Recht auf Einreise noch auf Wahl des für das Familienleben am geeignetsten erscheinenden Orts. Das in Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens kann nur angerufen werden, wenn eine staatliche Entfernungs- oder Fernhaltemassnahme zur Trennung von Familienmitgliedern führt. Selbst dann gilt der Anspruch jedoch nicht absolut. Vielmehr ist nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK ein Eingriff in das durch Ziff. 1 geschützte Rechtsgut statthaft, soweit er eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesellschaft und Moral sowie der Rechte und Pflichten anderer notwendig erscheint. Die Konvention verlangt eine Abwägung der sich gegenüberstehenden individuellen Interessen an der Erteilung der Bewilligung einerseits und der öffentlichen Interessen an deren Verweigerung andererseits; diese müssen jene in dem Sinne überwiegen, dass sich der Eingriff in das Privat- und Familienleben als notwendig erweist (vgl. BGE 135 I 153 E. 2.2.1, E. 2.1; 122 II 1 E. 2 S. 6; 116 Ib 353 E. 3 S. 357 ff.). 4.1.2 Als zulässiges öffentliches Interesse fällt dabei grundsätzlich auch das Durchsetzen einer restriktiven Einwanderungspolitik in Betracht. Eine solche ist im Hinblick auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen schweizerischer und ausländischer Wohnbevölkerung, auf die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Eingliederung der in der Schweiz bereits ansässigen Ausländer und die Verbesserung der Arbeitsmarktstruktur sowie auf eine möglichst ausgeglichene Beschäftigung im Lichte von Art. 8 Ziff. 2 EMRK zulässig (BGE 135 I 153 E. 2.2.1, 143 E. 2.2). Muss ein Ausländer, dem eine ausländerrechtliche Bewilligung verweigert worden ist, das Land verlassen, haben dies seine Angehörigen grundsätzlich hinzunehmen, wenn es ihnen "ohne Schwierigkeiten" möglich ist, mit ihm auszureisen; eine Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK erübrigt sich in diesem Fall. Anders verhält es sich, falls die Ausreise für die Familienangehörigen "nicht von vornherein ohne Weiteres zumutbar" erscheint. In diesem Fall ist immer eine Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK geboten, welche sämtlichen Umständen des Einzelfalls Rechnung trägt (vgl. BGE 135 I 153 E. 2.1 mit Hinweisen). 4.1.2 Als zulässiges öffentliches Interesse fällt dabei grundsätzlich auch das Durchsetzen einer restriktiven Einwanderungspolitik in Betracht. Eine solche ist im Hinblick auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen schweizerischer und ausländischer Wohnbevölkerung, auf die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Eingliederung der in der Schweiz bereits ansässigen Ausländer und die Verbesserung der Arbeitsmarktstruktur sowie auf eine möglichst ausgeglichene Beschäftigung im Lichte von Art. 8 Ziff. 2 EMRK zulässig (BGE 135 I 153 E. 2.2.1, 143 E. 2.2). Muss ein Ausländer, dem eine ausländerrechtliche Bewilligung verweigert worden ist, das Land verlassen, haben dies seine Angehörigen grundsätzlich hinzunehmen, wenn es ihnen "ohne Schwierigkeiten" möglich ist, mit ihm auszureisen; eine Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK erübrigt sich in diesem Fall. Anders verhält es sich, falls die Ausreise für die Familienangehörigen "nicht von vornherein ohne Weiteres zumutbar" erscheint. In diesem Fall ist immer eine Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK geboten, welche sämtlichen Umständen des Einzelfalls Rechnung trägt (vgl. BGE 135 I 153 E. 2.1 mit Hinweisen). 4.2 4.2.1 Das Bundesgericht ist ursprünglich davon ausgegangen, dass es einem schweizerischen Kind, namentlich einem solchen im Kleinkindalter, regelmässig zumutbar ist, das Lebensschicksal des Sorge- bzw. Obhutsberechtigten zu teilen und diesem hierfür gegebenenfalls ins Ausland zu folgen (vgl. BGE 135 I 143 E. 2.2; 127 II 60 E. 2a S. 67; 122 II 289 E. 3c S. 298). In neueren Entscheiden hat es diese Rechtsprechung mit Blick auf die Vorgaben des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (KRK; SR 0.107) sowie die verfassungsrechtlichen Gebote staatsbürgerrechtlicher Natur bei Schweizer Kindern relativiert (BGE 135 I 153 ff.; 136 I 285 ff.; MARTINA CARONI, in: Caroni/Gächter/Thurnherr [Hrsg.], SHK AuG, 2010, N. 62 zu Vorb. Art. 42-52 AuG; PETER UEBERSAX, Die EMRK und das Migrationsrecht aus der Sicht der Schweiz, in: Breitenmoser/Ehrenzeller [Hrsg.], EMRK und die Schweiz, S. 203 ff., dort S. 226 ff.; RUMO-JUNGO/SPESCHA, Kindeswohl, Kindesanhörung und Kindeswille in ausländerrechtlichen Kontexten, in: AJP 2009 S. 1103 ff., dort S. 1112 ff.; MARC SPESCHA, in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli, Migrationsrecht, 2. Aufl. 2009, Nr. 18 N. 19 ff.). Allein die Zumutbarkeit der Ausreise und das öffentliche Interesse, eine restriktive Einwanderungspolitik betreiben zu können, genügen danach nicht mehr dafür, dem sorgeberechtigten Ausländer eines Schweizer Kindes die Anwesenheit mit diesem zu verweigern; es bedarf hierfür jeweils besonderer - namentlich ordnungs- und sicherheitspolizeilicher - Gründe, welche die mit der Ausreise für das Schweizer Kind verbundenen weitreichenden Folgen zusätzlich rechtfertigen (BGE 136 I 285 E. 5.2; 135 I 153 E. 2.2.4 S. 158, 143 E. 3 u. 4 S. 148 ff.). 4.2.2 Liegt gegen den ausländischen, sorgeberechtigten Elternteil eines Schweizer Kindes nichts vor, was ihn als "unerwünschten" Ausländer erscheinen lässt oder auf ein missbräuchliches Vorgehen hinweist, ist davon auszugehen, dass dem hier lebenden Schweizer Kind nicht zugemutet werden soll, dem sorgeberechtigten ausländischen Elternteil in dessen Heimat folgen zu müssen. Der Umstand, dass der ausländische Elternteil, der sich um eine Aufenthaltsbewilligung bemüht, straffällig geworden ist, darf bei der Interessenabwägung mitberücksichtigt werden, doch überwiegt nur eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit von einer gewissen Schwere das Interesse des Schweizer Kindes, mit dem sorgeberechtigten Elternteil hier aufwachsen zu können (BGE 136 I 285 E. 5.2 S. 287; Urteile 2C_660/2009 vom 7. Juni 2010 E. 2.2 und 2.3 [Verurteilung zu 10 Jahren wegen banden- und gewerbsmässiger Widerhandlung gegen das BetmG] sowie 2C_843/2009 vom 14. Juni 2010 E. 3.2 [von der Sozialhilfe abhängige Mutter aus Sierra Leone eines autistischen Schweizer Kindes]). 4.2.3 Grundsätzlich nicht verändert hat sich durch diese Neuausrichtung der Rechtsprechung die Rechtslage bei aufenthaltsberechtigten oder niedergelassenen ausländischen Kindern, da in diesen Fällen keine spezifischen bürgerrechtlichen Überlegungen (Niederlassungsfreiheit, Ausweisungsverbot, späteres Wiedereinreiserecht usw.) zu berücksichtigen sind (Urteil 2C_364/2010 vom 23. September 2010 E. 2.2.6). Hier genügt die Zumutbarkeit der Ausreise des Kindes für eine Bewilligungsverweigerung an den sorge- bzw. obhutsberechtigten Elternteil, wobei die Möglichkeit der Ausübung des Besuchsrechts des in der Schweiz anwesenheitsberechtigten anderen Elternteils sachgerecht mitberücksichtigt werden kann (Urteil 2C_364/2010 vom 23. September 2010 E. 2.2.2). Für die Erteilung der Bewilligung gestützt auf Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV ist in diesem Fall erforderlich, dass eine intensive Beziehung in affektiver und wirtschaftlicher Hinsicht zwischen dem hier anwesenden besuchsberechtigten Elternteil und dem Kind besteht und sich der obhutsberechtigte Elternteil, welcher um die Bewilligung ersucht, seinerseits "tadellos" verhalten hat. Dabei ist mit noch grösserer Zurückhaltung auf eine Pflicht zu schliessen, ihm eine Bewilligung zu erteilen, als im Falle des besuchsberechtigten Ausländers, der selber, im Hinblick auf die Ausübung seines Besuchsrechts, um die Bewilligung nachsucht. Der obhutsberechtigte Elternteil, der die Bewilligung einzig zur Erleichterung der Ausübung des Besuchsrechts zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil erhältlich machen will, soll dies nur bei Vorliegen besonderer Umstände tun können (Urteile 2C_364/2010 vom 23. September 2010 E. 2.2.4; 2C_372/2008 vom 25. September 2008 E. 3.2.1; 2A.508/2005 vom 16. September 2005 E. 2.2.3). 5.1 5.1.1 Der vorliegende Fall wirft die Frage auf, welches negative Verhalten des sorgeberechtigten ausländischen Elternteils geeignet erscheint, das private Interesse des Schweizer Kindes zu überwiegen, mit diesem im Land verbleiben zu dürfen. Das Bundesgericht hat bisher - wie bereits dargelegt - einerseits festgestellt, dass lediglich Beeinträchtigungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit von einer gewissen Schwere ins Gewicht fallen können (BGE 136 I 285 ff.); andererseits hat es ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen als allfälliges öffentliches Interesse bezeichnet, welches gegen die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an den sorgeberechtigten Elternteil sprechen kann (BGE 135 I 153 E. 2.2.4; Urteil 2C_843/2009 vom 14. Juni 2010 E. 3.2 und E. 4.2). Das Verbot des Rechtsmissbrauchs setzt der Ausübung eines Anspruchs, der formal im Einklang mit der Rechtsordnung steht, jedoch treuwidrig und damit unredlich geltend gemacht wird, eine ethisch-materielle Schranke. Es steht der Inanspruchnahme eines Rechtsinstituts zu Zwecken entgegen, welche dieses nicht schützen will (BGE 131 I 166 E. 6.1 S. 177; 128 II 145 E. 2.2 S. 151). Das Rechtsmissbrauchsverbot lässt scheinbares Recht weichen, wo offenbares Unrecht geschaffen würde (BGE 125 III 257 E. 3 S. 261). Nur stossendes, zweckwidriges Verhalten erscheint rechtsmissbräuchlich und soll über das Rechtsmissbrauchsverbot sanktioniert werden. War das ANAG noch vom Grundsatz des freien Ermessens der Behörden (Art. 4 ANAG) und einzelnen offen formulierten Rechtsansprüchen geprägt, was eine breitere Anwendung des Rechtsmissbrauchsverbots rechtfertigte, hat der Gesetzgeber im Ausländergesetz die einzelnen Bewilligungs- bzw. Missbrauchssituationen und die sie prägenden Wertentscheidungen neu und detaillierter gefasst, was es nahelegt, das Rechtsmissbrauchsverbot heute wieder stärker auf seinen Kernbereich zu beschränken, d.h. auf eigentliche Machenschaften, um die Behörden zu täuschen bzw. eine Bewilligung zu erschleichen (Urteil 2C_606/2009 vom 17. März 2010 E. 2.4.1; vgl. PETER UEBERSAX, Der Rechtsmissbrauch im Ausländerrecht, in: Achermann et al. [Hrsg.], Jahrbuch für Migrationsrecht 2005/2006, 2006, S. 3 ff., dort S. 24 ff.; vgl. auch Art. 35 der Richtlinie 2004/38/EG [ABl. L 229 vom 29. Juni 2004 S. 35 ff.]). 5.1.2 Zu denken ist dabei an Lügengebäude und falsche, täuschende Angaben, an Umgehungsanerkennungen bzw. -adoptionen oder Umgehungsehen (auch "Ausländerrechts-" oder "Scheinehen" genannt; vgl. etwa: THOMAS GEISER, Scheinehe, Zwangsehe und Zwangsscheidung aus zivilrechtlicher Sicht, in: ZBJV 2008 S. 817 ff.; Memo/09/311 vom 2. Juli 2009, "Guidelines on free movement and residence rights of EU citizens and their families"; Entschliessung des EG-Rates 97/C 382/01 vom 4. Dezember 1997 über Massnahmen zur Bekämpfung von Scheinehen). Auch in solchen Fällen ist jedoch ausländerrechtlich dem Wohl des Schweizer Kindes im Einzelfall jeweils sachgerecht und nicht schematisierend Rechnung zu tragen; das Kindeswohl muss dem gegenläufigen öffentlichen Interesse der Generalprävention und Missbrauchsbekämpfung (vgl. Art. 118 AuG: Strafbarkeit der rechtsmissbräuchlichen Ehe) gegenübergestellt und sorgfältig abgewogen werden. Beziehungen oder Verwandtschaftsverhältnisse, die ausschliesslich geschlossen oder begründet werden, um der ausländischen Person die Einreise oder den Aufenthalt in der Schweiz zu ermöglichen, verdienen als solche verfassungs- und konventionsrechtlich keinen besonderen Schutz. Der Gesetzgeber hat dies als Ausfluss des allgemeinen Rechtsmissbrauchsverbots inzwischen mit verschiedenen Anpassungen des Zivilgesetzbuchs klargestellt (vgl. Art. 97a, 98 Abs. 4, 99 Abs. 4, 105 Ziff. 4 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 sowie Art. 109 Abs. 3 ZGB). 5.1.3 Obwohl das Eingehen einer Scheinehe ein rechtsmissbräuchliches Verhalten darstellt, soll dem Schweizer Kind ein bloss mutmasslich missbräuchliches Verhalten des sorgeberechtigten Elternteils im Rahmen der ausländerrechtlichen Interessenabwägung nicht entgegengehalten werden, solange sein zivilrechtlicher Status und die daran geknüpften Rechtswirkungen fortbestehen (vgl. Art. 255 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 109 Abs. 3 sowie Art. 105 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 ZGB). Nach Art. 3 Abs. 1 KRK ist das Kindeswohl bei allen staatlichen Massnahmen vorrangig zu berücksichtigen. Gestützt auf Art. 2 Abs. 2 KRK treffen die Vertragsstaaten zudem die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass das Kind vor allen Formen der Diskriminierung oder Bestrafung wegen des Status, der Tätigkeiten, der Meinungsäusserungen oder der Weltanschauung seiner Eltern, seines Vormunds oder seiner Familienangehörigen geschützt wird. Ist die Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung eines ausländischen erziehungsberechtigten Elternteils mit Schweizer Kind zu beurteilen, genügen unerhärtete Hinweise dafür, dass der ausländische Elternteil versucht haben könnte, ein Anwesenheitsrecht zu erwirken, für sich allein regelmässig nicht, um dem Interesse des Schweizer Kindes am Verbleib im Land vorzugehen. Erforderlich sind auch in diesem Fall zusätzlich besondere, namentlich ordnungs- und sicherheitspolizeiliche Gründe, welche die mit der Ausreise für das Schweizer Kind verbundenen weitreichenden Folgen rechtfertigen. Die Interessenabwägung ist bei dieser Ausgangslage mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 KRK zwingend eine andere, als wenn allein der Aufenthalt des ausländischen Partners eines Schweizer Gatten zur Diskussion steht: Einem unmündigen Kind unter der elterlichen Gewalt des ausländischen Ehepartners ist es kaum möglich, allein in der Schweiz zu verbleiben; zudem ist regelmässig auch der Möglichkeit zur Wahrnehmung des Besuchsrechts durch den hiesigen schweizerischen Elternteil Rechnung zu tragen. Der zivilrechtliche Zuteilungsentscheid, der in erster Linie dem Kindeswohl entsprechen muss (vgl. Art. 133 Abs. 2 und 3 ZGB), soll überdies nicht durch - allenfalls unsachgerechte - ausländerrechtliche Motive verfälscht werden. Zudem gilt es schliesslich zu verhindern, dass ein Schweizer Kind ohne gewichtige Gründe hierfür das Land verlassen muss, jedoch nach seiner Volljährigkeit jederzeit in dieses zurückkehren kann und sich dann relativ grossen Integrationsproblemen gegenübersieht. 5.1.3 Obwohl das Eingehen einer Scheinehe ein rechtsmissbräuchliches Verhalten darstellt, soll dem Schweizer Kind ein bloss mutmasslich missbräuchliches Verhalten des sorgeberechtigten Elternteils im Rahmen der ausländerrechtlichen Interessenabwägung nicht entgegengehalten werden, solange sein zivilrechtlicher Status und die daran geknüpften Rechtswirkungen fortbestehen (vgl. Art. 255 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 109 Abs. 3 sowie Art. 105 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 ZGB). Nach Art. 3 Abs. 1 KRK ist das Kindeswohl bei allen staatlichen Massnahmen vorrangig zu berücksichtigen. Gestützt auf Art. 2 Abs. 2 KRK treffen die Vertragsstaaten zudem die geeigneten Massnahmen, um sicherzustellen, dass das Kind vor allen Formen der Diskriminierung oder Bestrafung wegen des Status, der Tätigkeiten, der Meinungsäusserungen oder der Weltanschauung seiner Eltern, seines Vormunds oder seiner Familienangehörigen geschützt wird. Ist die Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung eines ausländischen erziehungsberechtigten Elternteils mit Schweizer Kind zu beurteilen, genügen unerhärtete Hinweise dafür, dass der ausländische Elternteil versucht haben könnte, ein Anwesenheitsrecht zu erwirken, für sich allein regelmässig nicht, um dem Interesse des Schweizer Kindes am Verbleib im Land vorzugehen. Erforderlich sind auch in diesem Fall zusätzlich besondere, namentlich ordnungs- und sicherheitspolizeiliche Gründe, welche die mit der Ausreise für das Schweizer Kind verbundenen weitreichenden Folgen rechtfertigen. Die Interessenabwägung ist bei dieser Ausgangslage mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 KRK zwingend eine andere, als wenn allein der Aufenthalt des ausländischen Partners eines Schweizer Gatten zur Diskussion steht: Einem unmündigen Kind unter der elterlichen Gewalt des ausländischen Ehepartners ist es kaum möglich, allein in der Schweiz zu verbleiben; zudem ist regelmässig auch der Möglichkeit zur Wahrnehmung des Besuchsrechts durch den hiesigen schweizerischen Elternteil Rechnung zu tragen. Der zivilrechtliche Zuteilungsentscheid, der in erster Linie dem Kindeswohl entsprechen muss (vgl. Art. 133 Abs. 2 und 3 ZGB), soll überdies nicht durch - allenfalls unsachgerechte - ausländerrechtliche Motive verfälscht werden. Zudem gilt es schliesslich zu verhindern, dass ein Schweizer Kind ohne gewichtige Gründe hierfür das Land verlassen muss, jedoch nach seiner Volljährigkeit jederzeit in dieses zurückkehren kann und sich dann relativ grossen Integrationsproblemen gegenübersieht. 5.2 5.2.1 Die Vorinstanz ging davon aus, die Beschwerdeführerin 1 sei in der Schweiz wiederholt straffällig geworden; zudem bestünden konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ihr Aufenthalt mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu weiteren Verstössen gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen werde. Ihr Verhalten sei alles andere als korrekt gewesen: Das illegale Einreisen (1999 und 2001 bis 2003), das Erwarten eines Kindes von einem Schweizerbürger, verbunden mit der Absicht, das Kind in der Schweiz zu gebären (2003), sowie die Heirat mit einem anderen Schweizerbürger (2006) und die anschliessende Einreise in die Schweiz (2007) bzw. das Verhalten als Ehefrau (Verlassen des gemeinsamen Haushalts und Aufenthalt in Zürich, Prostitution, Indizien für Scheinehe [BGE 122 II 289 ff.]) liessen darauf schliessen, dass sie mit allen Mitteln versucht habe, in die Schweiz zu gelangen und sich hier längerfristig aufzuhalten. Ihrem Nachzug habe eine "geplante rechtsmissbräuchliche Strategie" zugrunde gelegen. 5.2.2 Entgegen der Ansicht der Vorinstanz überwiegen die nach dem Gesagten vorrangig zu berücksichtigenden Interessen des Schweizer Kinds am Verbleib mit der Mutter im Land indessen diese Aspekte. Die Einschätzung des Kantonsgerichts klammert die Interessen des Schweizer Kindes, auf die es entscheidend ankommt, vollständig aus und hält diesem einseitig das Verhalten der sorgeberechtigten Mutter entgegen. Deren Straffälligkeit ist im Übrigen zu relativieren: Sie wurde 1999, d.h. vor mehr als zehn Jahren, zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 30 Tagen wegen Widerhandlung gegen das ANAG verurteilt und hernach in ihre Heimat ausgeschafft. Am 25. Mai 2007 ist sie wegen der punktuellen Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung und unzulässiger Ausübung der Prostitution vom Stadtrichteramt mit einer Busse von Fr. 500.-- belegt worden. Diese Verurteilungen wiegen nicht derart schwer, dass sie aus sicherheitspolizeilichen Gründen das Recht des Schweizer Kindes überwiegen würden, mit dem sorgeberechtigten Elternteil in seinem Heimatland verbleiben zu dürfen. Der Fall ist diesbezüglich weitgehend mit dem in BGE 136 I 285 ff. beurteilten vergleichbar. Es handelt sich um Bagatelldelikte, welche für sich allein nicht geeignet erscheinen, dem Interesse des Schweizer Kindes vorzugehen. 5.2.3 Zwar weisen die kantonalen Behörden darauf hin, dass Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Beschwerdeführerin 1 eine Scheinehe eingegangen sei, um mit ihrem Kind in der Schweiz leben zu können; sie haben indessen nicht festgestellt, dass dies tatsächlich so gewesen ist. Die Frage wurde weder im zivil- noch im ausländerrechtlichen Verfahren abschliessend geklärt (vgl. das Urteil 2C_697/2008 vom 2. Juni 2009 E. 4.4). Der illegale Aufenthalt 2001 hing mit der längeren Beziehung der Beschwerdeführerin 1 zum Schweizer Vater ihrer Tochter zusammen. Es ist nicht erstellt, dass sie in dieser Zeit illegal hier berufstätig gewesen wäre. Ihr damaliger Schweizer Partner setzte sich im Anschluss hieran dafür ein, dass die Beschwerdeführerin 1 zur Geburt ihrer Tochter nicht in die Schweiz einreisen konnte, da er sein "geordnetes Leben" nicht zerstört wissen wollte. Inzwischen richtet er regelmässige Unterhaltszahlungen für seine Tochter in der Höhe von Fr. 500.-- aus und verbringt nach Angaben der kantonalen Behörden sporadisch - ein- bis zweimal pro Monat - offenbar auch etwas Zeit mit ihr. Seine Vaterschaft und die schweizerische Staatsbürgerschaft der Tochter stehen fest; es ist diesbezüglich von den zivilrechtlichen Vorgaben auszugehen, solange diese nicht auf den dort vorgesehenen Rechtswegen modifiziert wurden. 5.2.4 Tatsächlich heiratete die Beschwerdeführerin 1 am 19. Mai 2006 den 23 Jahre älteren Z._, doch kann aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz trotz der kurzen Dauer der Ehe nicht als erwiesen gelten, dass diese ausschliesslich eingegangen worden ist, um die Bestimmungen über die Zulassung und den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern zu umgehen. Dass die Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsmöglichkeit in der Schweiz gesucht hat und die Ehe schon wenige Wochen nach der Einreise als gescheitert gelten musste, genügt hierfür nicht; es ist aufgrund der Akten und der Feststellungen der Vorinstanz nicht erwiesen, dass von Anfang an bei der Heirat in Kamerun keinerlei Lebensgemeinschaft angestrebt gewesen wäre. 5.2.5 Die Beschwerdeführerin und ihre Tochter leben heute im Kanton Zürich und beziehen dort Nothilfe. Nach Art. 63 Abs. 1 lit. c AuG kann eine Niederlassungsbewilligung widerrufen werden, wenn die Ausländerin oder der Ausländer oder eine Person, für die sie oder er zu sorgen hat, dauerhaft und in erheblichem Mass auf Sozialhilfe angewiesen ist. Das Bundesgericht hat hieraus abgeleitet, dass eine fortgesetzte und erhebliche Sozialhilfeabhängigkeit auch dem Verbleib des sorgeberechtigten Ausländers eines Schweizer Kindes im umgekehrten Familiennachzug entgegenstehen kann, wenn keine Änderung absehbar erscheint (Urteil 2C_697/2008 vom 2. Juni 2009 E. 4.4; differenzierter das Urteil 2C_843/2009 vom 14. Juni 2010 E. 4.2). Die Beschwerdeführerin 1 kann zurzeit mangels einer Bewilligung nicht arbeiten, weshalb sie und ihre Schweizer Tochter nothilfeabhängig wurden. In Kamerun soll sie nach den Angaben ihres ehemaligen Gatten in einem Coiffeursalon tätig gewesen sein. Sollte sie in der Schweiz einer Arbeit nachgehen können, dürfte ihre Bedürftigkeit relativ rasch dahinfallen. Würde sich dies nicht bestätigen, bestünde die Möglichkeit, im Rahmen einer neuen Interessenabwägung - wiederum unter angemessener Berücksichtigung der Interessen der Schweizer Tochter - die Aufenthaltsbewilligung allenfalls zu widerrufen oder nicht mehr zu verlängern, wessen sich die Beschwerdeführerin bei der Gestaltung ihres weiteren Aufenthalts im Land bewusst sein muss. 6. 6.1 Die Beschwerden sind demnach gutzuheissen, soweit darauf eingetreten wird. Das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Wallis vom 26. Februar 2010 wird aufgehoben und die Dienststelle für Bevölkerung und Migration angewiesen, die Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin 1 im umgekehrten Familiennachzug zu verlängern. 6.2 Für die bundesgerichtlichen Verfahren sind keine Kosten geschuldet (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Wallis hat die Beschwerdeführerinnen im Rahmen ihres Obsiegens angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Deren Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird dadurch gegenstandslos. Das Kantonsgericht hat dem Ausgang des vorliegenden Verfahrens entsprechend die kantonale Kosten- und Entschädigungsfrage neu zu regeln (vgl. Art. 107 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 67 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Verfahren 2C_327/2010 und 2C_328/2010 werden vereinigt. 2. Die Beschwerden werden gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der Entscheid des Kantonsgerichts des Kantons Wallis vom 26. Februar 2010 wird aufgehoben. Die Dienststelle für Bevölkerung und Migration des Kantons Wallis wird angewiesen, die Aufenthaltsbewilligung von X._ zu verlängern. 3. 3.1 Es werden keine Kosten erhoben. 3.2 Der Kanton Wallis hat die Beschwerdeführerin im Verfahren 2C_328/2010 für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 3.3 Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege werden als gegenstandslos abgeschrieben. 3.4 Das Kantonsgericht des Kantons Wallis hat über die Kosten- und Entschädigungsfrage bezüglich der kantonalen Verfahren neu zu befinden. 4. Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, der Dienststelle für Bevölkerung und Migration, dem Staatsrat des Kantons Wallis, dem Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 19. Mai 2011 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
a7e1ff44-97a9-438d-b22e-1a85e4c7a6d1
de
2,013
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Am 13. Juli 2012 reichte die L._ AG ein Baugesuch für ein Mehrfamilienhaus auf Parzelle Nr. 3690 in der Dorferweiterungszone D3 der Gemeinde Breil/Brigels ein. Der geplante Neubau umfasst insgesamt sieben Wohnungen und neun Einstellplätze. Zuvor hatte dieselbe Bauherrschaft gleichenorts bereits drei Mehrfamilienhäuser im Rahmen der Ferienresidenz Crestas Sut erstellt. Gegen das Bauvorhaben erhoben mehrere Stockwerkeigentümer der benachbarten Grundstücke Nr. 3687 und Nr. 4148 Einsprache. Sie beriefen sich insbesondere auf die Verletzung der neuen Verfassungsbestimmung über Zweitwohnungen (Art. 75b BV). Mit Bau- und Einspracheentscheid vom 20. August 2012 wies der Gemeindevorstand Breil/Brigels die Einsprache ab und erteilte der Bauherrschaft am 21. August 2012 die Baubewilligung unter Auflagen und Bedingungen. B. Dagegen reichten die Einsprecher Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden ein. Dieses wies die Beschwerde am 12. November 2012 ab. Es ging davon aus, Art. 75b BV und seine Übergangsbestimmungen (Art. 197 Ziff. 9 BV) seien erst auf Baubewilligungen anwendbar, die ab dem 1. Januar 2013 erteilt würden. C. Dagegen haben die im Rubrum genannten Einsprecher am 13. Dezember 2012 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiäre Verfassungsbeschwerde ans Bundesgericht erhoben. Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Erteilung der Baubewilligung sei zu verweigern. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. D. Die Beschwerdegegnerin und das Verwaltungsgericht beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Auch die Gemeinde Breil/Brigels schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) ist der Auffassung, mit der am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Verordnung über Zweitwohnungen vom 22. August 2012 (Zweitwohnungsverordnung; SR 702) sei der Anwendungsbereich von Art. 75b BV klargestellt worden, so dass dieser Artikel jetzt in Verbindung mit der Verordnung angewendet werden könne. Baugesuche für den Neubau einer Zweitwohnung in einer Gemeinde mit mehr als 20 % Zweitwohnungen im Sinne der Verordnung, die nach dem 11. März 2012 eingereicht wurden, könnten danach nur bewilligt werden, wenn die Voraussetzungen von Art. 4 lit. b Zweitwohnungsverordnung erfüllt seien. Dies sei im vorliegenden Fall weder von der Bauherrschaft noch von der Vorinstanz behauptet worden. Im weiteren Schriftenwechsel halten die Parteien an ihren Anträgen fest. E. Mit Verfügung vom 23. Januar 2013 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt. F. Am 22. Mai 2013 hat das Bundesgericht in öffentlicher Sitzung über die Beschwerde beraten.
Erwägungen: 1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über eine Baubewilligung. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und 90 BGG); ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Damit bleibt kein Raum für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 BGG). Die Beschwerdeführer haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und sind als Stockwerkeigentümer von benachbarten Grundstücken zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde ist daher einzutreten. 2. Das Verwaltungsgericht führte aus, dass die neue Verfassungsbestimmung gemäss Art. 195 BV an dem Tag in Kraft getreten sei, an dem sie von Volk und Ständen angenommen wurde, mithin am 11. März 2012. Das Stimmvolk habe jedoch dem in Art. 75b BV angelegten faktischen Baustopp für Zweitwohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 % nur unter Berücksichtigung der übergangsrechtlichen Regelung von Art. 197 Ziff. 9 BV (in den Abstimmungsunterlagen noch Art. 197 Ziff. 8 BV) zugestimmt. Der neue Art. 75b BV dürfe deshalb nur zusammen mit dem neuen Art. 197 Ziff. 9 BV gelesen und verstanden werden. Art. 197 Ziff. 9 Abs. 1 BV räume dem Gesetzgeber bis zur Inkraftsetzung des Ausführungsgesetzes zwei Jahre Zeit ein. Dennoch sei Art. 75b BV nicht so aufzufassen, dass bis zur Inkraftsetzung des entsprechenden Ausführungsrechts das bisherige Recht uneingeschränkt weiter gelten solle: Dessen zeitliche Anwendbarkeit sei vielmehr durch die übergangsrechtliche Bestimmung von Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV geregelt. Danach seien Baubewilligungen für Zweitwohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 % ab dem 1. Januar 2013 bis zum Inkrafttreten des entsprechenden Ausführungsrechts nichtig. Diese intertemporale Bestimmung zu Art. 75b BV sei vom Verwaltungsgericht, aber auch von allen rechtsanwendenden Behörden zu beachten. Auch die Zweitwohnungsverordnung des Bundesrats trete erst auf den 1. Januar 2013 in Kraft. Daraus ergebe sich, dass bis zum 31. Dezember 2012 schweizweit noch das bestehende Recht gelte. Dies habe zur Folge, dass auch in jenen Gemeinden wie Breil/Brigels, welche die kritische Grenze von 20 % Zweitwohnungen überschritten haben, im Jahr 2012 noch Baubewilligungen für Zweitwohnungen erteilt werden durften. Mit Art. 197 Ziff. 9 BV habe das Volk auch eine entsprechende intertemporalrechtliche Norm angenommen. Ohne diese übergangsrechtliche Regelung wäre es möglicherweise zu einem anderen Stimmresultat gekommen. Die Verfasser der Initiative hätten es selbst zu verantworten, dass mit der expliziten Nennung des 1. Januars in den Übergangsbestimmungen ein Baustopp für Zweitwohnungen erst auf den 1. Januar 2013 festgesetzt worden sei. Hätten sie ein Inkraftreten der 20 %-Regel ab dem Tag der Annahme der Initiative durchsetzen wollen, hätten sie ein sofortiges Inkrafttreten im Initiativtext explizit festschreiben oder einfach auf Übergangsbestimmungen verzichten können. 3. Im gleichen Sinne haben auch die verwaltungsgerichtlichen Abteilungen der Kantone Wallis und Waadt entschieden. 3.1. In seinem Urteil A1 12 176 vom 23. Oktober 2012 und in weiteren Entscheiden ging das Walliser Kantonsgericht davon aus, dass der Verfassungsgeber mit der Übergangsbestimmung von Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV die Nichtigkeitsfolge ausdrücklich auf nach dem 1. Januar 2013 erteilte Baubewilligungen beschränkt habe. Damit habe er implizit in Kauf genommen, dass in der Übergangszeit zwischen der Annahme der Initiative und dem 1. Januar 2013 noch Baubewilligungen für Zweitwohnungen rechtmässig erteilt werden könnten. Im Übrigen sei Art. 75b Abs. 1 BV auch nicht unmittelbar anwendbar, sondern bedürfe der Umsetzung durch Gesetz oder Verordnung. 3.2. Auch die verwaltungsrechtliche Abteilung des Kantonsgerichts Waadt kam im Urteil AC.2012.0127 vom 22. November 2012 und weiteren Entscheiden zur Überzeugung, dass Art. 75b BV nicht unabhängig von den übergangsrechtlichen Bestimmungen angewendet werden könne. Aus diesen ergebe sich zunächst, dass Ausführungsbestimmungen zur Umsetzung der Verfassungsnorm notwendig seien; hierfür gewähre Art. 197 Ziff. 9 Abs. 1 BV dem Gesetzgeber eine Frist von zwei Jahren. Damit werde dem Umstand Rechnung getragen, dass Art. 75b BV keine unmittelbar anwendbare Norm darstelle, sondern vom Gesetzgeber konkretisiert werden müsse. Dieser müsse definieren, was eine Zweitwohnung sei; zudem seien vertiefte Abklärungen nötig, um den Anteil an Zweitwohnungen in den verschiedenen Gemeinden zu ermitteln. Der Gesetzgeber müsse schliesslich festlegen, wie sich Art. 75b BV auf den Verkauf, den Umbau, die Nutzungsänderung oder den Wiederaufbau von Zweitwohnungen auswirke und u.U. Anmerkungen im Grundbuch vorsehen. Nach Auffassung des Kantonsgerichts Waadt unterscheidet Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV zwei Zeiträume: denjenigen zwischen der Annahme der Initiative am 11. März 2012 bis zum 31. Dezember 2012 und denjenigen vom 1. Januar 2013 bis zum Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen. Die Rechtsfolge von Art. 75b BV (Nichtigkeit von Baubewilligungen) sei nur für den zweiten Zeitraum ausdrücklich geregelt. Daraus könne geschlossen werden, dass Baubewilligungen, die im ersten Zeitraum erteilt werden, weder anfechtbar noch nichtig seien. Intertemporalrechtlich seien somit unmittelbare Rechtswirkungen der Verfassungsnorm klarerweise auf den Zeitraum ab dem 1. Januar 2013 beschränkt. Mit dieser Regelung habe man vermutlich eine gewisse Flexibilität bei der Umsetzung der Verfassungsnorm einräumen und den Interessen der Eigentümer und der Bauherrn Rechnung tragen wollen, die bereits vor der Abstimmung vom 11. März 2012 Aufwendungen für die Planung von Bauvorhaben getätigt hätten. Es hätte den Initianten freigestanden, einen früheren Zeitpunkt für die Nichtigkeitsfolge vorzusehen, wenn sie eine Lawine von Baugesuchen nach der Abstimmung befürchteten. Art. 75b i.V.m. Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV stehe somit der Erteilung von Baubewilligungen für Zweitwohnungen im Jahre 2012 nicht entgegen. 4. Die Beschwerdeführer machen dagegen geltend, Art. 75b BV sei am 11. März 2012 in Kraft getreten und müsse ab diesem Zeitpunkt auch angewendet werden. Im vorliegenden Fall sei völlig unstreitig, dass es sich beim Bauvorhaben um einen Zweitwohnungsbau handle und dass der Anteil an Zweitwohnungen in Breil/Brigels über 20 % liege; hieran ändere auch die Verordnung des Bundesrates nichts. Die den Initianten der Zweitwohnungsinitiative nahestehende Vereinigung Helvetia Nostra, die Beschwerde gegen zahlreiche Baubewilligungen für Zweitwohnungen erhoben hat, vertritt die Auffassung, dass Art. 75b Abs. 1 BV genügend präzise sei, um unmittelbar angewendet zu werden. Ihres Erachtens kann auf den Zweitwohnungsbegriff abgestellt werden, der seit über zehn Jahren vom Bundesamt für Statistik verwendet werde. Danach handle es sich um eine Zweitwohnung, wenn der Eigentümer seinen Wohnsitz nicht in der Standortgemeinde habe. Diese Definition liege auch Art. 2 Zweitwohnungsverordnung zugrunde, wonach Zweitwohnungen Wohnungen seien, die nicht dauernd genutzt werden, sei es durch Personen mit Wohnsitz in der Gemeinde oder zu Erwerbs- oder Ausbildungszwecken. Dies entspreche überdies Art. 8 RPG und dem in der Bevölkerung verbreiteten Verständnis einer Zweitwohnung. Die Übergangsbestimmung in Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV sehe die Nichtigkeit von Baubewilligungen vor, die nach dem 1. Januar 2013 erteilt werden, d.h. eine besonders strenge, vom üblichen Regime der Anfechtbarkeit rechtswidriger Baubewilligungen abweichende Rechtsfolge. Der Umkehrschluss, dass bis zu diesem Datum Zweitwohnungen nach bisherigem Recht bewilligt werden dürften, sei unzulässig. Aus Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV e contrario ergebe sich lediglich, dass Baubewilligungen, die nach dem 11. März 2012 und vor dem 1. Januar 2013 erteilt worden sind, nicht nichtig, sondern anfechtbar seien. Es sei nicht vorstellbar, dass das Volk mit der Zustimmung zur Initiative die massive und missbräuchliche Erteilung von Baubewilligungen für Zweitwohnungen bis zum 31. Dezember 2012 gewollt habe. Enthalte eine neue Verfassungsbestimmung sowohl unmittelbar anwendbare als auch nicht unmittelbar anwendbare Bestimmungen, gebiete es der Respekt vor dem Volksentscheid, jene Bestimmungen möglichst bald und vollständig in Kraft zu setzen, welche direkt anwendbares Verfassungsrecht statuieren; dies ergebe sich bereits aus dem Bericht der Staatspolitischen Kommission des Ständerates vom 31. März 2003 zur Parlamentarischen Initiative Inkraftsetzung der direkt anwendbaren Bestimmungen der Änderung der Volksrechte vom 4. Oktober 2002 (BBl 2003 3954 ff.). 5. Die Gemeinde Breil/Brigels schliesst sich der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Graubünden an. In Art. 75b Abs. 2 BV und in den Übergangsbestimmungen werde Bezug genommen auf eine Ausführungsgesetzgebung; schon dadurch werde klar zum Ausdruck gebracht, dass die Anwendbarkeit der Zweitwohnungsregelung grundsätzlich ein vom Parlament erlassenes Gesetz voraussetze. Der Verzicht auf die sofortige Anwendbarkeit von Art. 75b BV sei auch in der Sache gerechtfertigt, bedeute die Plafonierung der Zweitwohnungen doch einen schweren Eingriff nicht nur in das Eigentum, sondern auch in die Autonomie der Kantone und Gemeinden. Die Argumentation, wonach Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV nur die Sanktion verschärfe (Nichtigkeit statt Anfechtbarkeit) verkenne, dass die Stimmbürger, die grösstenteils nicht juristisch geschult seien, nicht in der Lage gewesen seien, einen Unterschied zwischen Nichtigkeit und Anfechtbarkeit auszumachen, zumal darauf im Vorfeld der Abstimmung nicht hingewiesen worden sei. Der Übergang zu einem sofortigen Baubewilligungsstopp wäre zudem unverhältnismässig kurz gewesen. Im Übrigen wäre es unbefriedigend und mit der Rechtsgleichheit unvereinbar, wenn die Möglichkeit zur Erstellung von Zweitwohnungen nur vom Verhalten der Nachbarn abhängen würde, also davon, ob diese gegen ein Projekt Einsprache bzw. Beschwerde erheben oder nicht. Art. 75b Abs. 1 BV i.V.m. Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV könne auch nicht erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren angewendet werden. Dem stehe bereits die Spezialregelung in Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV entgegen, die auf den Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung abstelle. Es lägen auch keine zwingenden Gründe für die sofortige Anwendbarkeit des neuen Rechts im hängigen Beschwerdeverfahren vor, zumal das Bundesgericht nicht über eine umfassende Kognition verfüge. 6. In einer ersten Stellungnahme vom 15. März 2012 zur Annahme der Zweitwohnungsinitiative ging das ARE davon aus, dass Art. 75b BV am Tag der Annahme, d.h. am 11. März 2012, in Kraft getreten sei. Baubewilligungen, die vor diesem Datum rechtskräftig erteilt worden seien, blieben weiterhin gültig. Art. 197 Ziff. 8 (heute: Ziff. 9) Abs. 2 BV sehe vor, dass Baubewilligungen für Zweitwohnungen, die zwischen dem 1. Januar 2013 und dem Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen erteilt werden, nichtig seien. Das heisse aber nicht, dass Baugesuche, die nach Annahme des Verfassungsartikels, aber vor Ablauf des Jahres eingereicht werden, ohne Probleme gestützt auf das bisherige Recht erteilt werden könnten, da dies dem Zweck des Verfassungsartikels widersprechen würde. Vielmehr sei die neue Verfassungsbestimmung über Zweitwohnungen auf alle Baugesuche anwendbar, die nach dem 11. März 2012 eingereicht werden. Gebe es Zweifel an der Übereinstimmung mit dem neuen Verfassungsartikel, so seien die Baugesuchsverfahren zu sistieren, bis die Ausführungsgesetzgebung in Kraft sei und das Gesuch beurteilt werden könne. Für die im Zeitpunkt der Annahme der Verfassungsbestimmung bereits hängigen Gesuche sei eine korrekte, pragmatische Lösung zu finden. In seinem Bericht zur Anhörung vom 18. Juni 2012 (Erläuterungen zur Umsetzung von Artikel 75b BV und zu den Normvorschlägen für die Bundesratsverordnung zu dieser Verfassungsbestimmung, S. 12 f. zu Art. 7) führte das ARE aus, dass Art. 75b BV übergangsrechtlich einen gewissen Spielraum eröffne. Aufgrund einer Abwägung der Interessen, die für und gegen die Anwendung des neuen Rechts sprechen, schlug es vor, Baugesuche, die am 11. März 2012 bereits hängig waren, noch nach Massgabe des im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung geltenden Rechts zu beurteilen. Dagegen seien Gesuche, die erst nach dem 11. März 2012 eingereicht werden, nach neuem Recht zu beurteilen. Dies sei in einer Übergangsregelung der bundesrätlichen Verordnung festzuhalten, die auf den 1. September 2012 in Kraft gesetzt werden sollte. Die vom Bundesrat am 22. August 2012 beschlossene Zweitwohnungsverordnung trat jedoch erst am 1. Januar 2013 in Kraft. Dementsprechend beschränken sich die Übergangsbestimmungen (Art. 8) auf Bewilligungen für den Bau von Zweitwohnungen, die nach dem 1. Januar 2013 erteilt werden. Immerhin sieht Art. 8 Abs. 1 lit. a der Verordnung vor, dass Baubewilligungen für neue Zweitwohnungen gestützt auf einen projektbezogenen Sondernutzungsplan nur erteilt werden können, wenn dieser vor dem 11. März 2012 genehmigt worden ist. Auch Art. 3 der Verordnung (Umnutzung bestehender Wohnungen oder Hotels) nennt als Stichdatum den 11. März 2012 und nicht den 1. Januar 2013. In seinem Erläuternden Bericht vom 17. August 2012 (S. 17 f. zu Art. 9) führt das ARE aus, dass Art. 75b BV mindestens teilweise direkt anwendbar sei. Namentlich Art. 75b Abs. 1 BV, wonach der Anteil an Zweitwohnungen am Gesamtbestand der Wohneinheiten und der für Wohnzwecke genutzten Bruttogeschossfläche einer Gemeinde auf 20 % beschränkt sei, lasse sich direkt anwenden, noch bevor das in Art. 75b BV vorgesehene Ausführungsrecht erlassen sei. Die Spielräume bei der Auslegung des Begriffs der Zweitwohnung hinderten die direkte Anwendbarkeit nicht. Zwar nehme die Verordnung bloss auf die Gesamtheit der Wohneinheiten und nicht auch auf die Bruttogeschossfläche Bezug (weil die nötigen Daten für die Bruttogeschossfläche nicht innert nützlicher Frist beschafft werden könnten); die 20 %-Quote sei jedoch bereits erreicht bzw. überschritten, wenn sie auch nur für einen der beiden Parameter, nämlich den Gesamtbestand der Wohnungen, erfüllt sei. 7. In der Literatur werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. 7.1. ERIC BRANDT (Résidences secondaires: premières jurisprudences cantonales, in: Plaidoyer 6/2012 S. 38 ff., insbes. S. 42 f.) hält Art. 75b Abs. 1 BV im Grundsatz für nicht unmittelbar anwendbar: Zum einen könnten die Gemeinden, in denen der Anteil von Zweitwohnungen 20 % der für Wohnzwecke genutzten Bruttogeschossfläche übersteige, aufgrund der heutigen statistischen Grundlagen nicht ermittelt werden; zum anderen präzisiere Art. 75b BV nicht, auf welcher Stufe der raumplanungsrechtlichen Hierarchie (Richtplan, Sachplan, Nutzungsplan, Baubewilligung) er wie umgesetzt werden solle. Dagegen sei die Übergangsbestimmung von Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV sehr viel präziser und sehe die Nichtigkeit von Baubewilligungen vor, die ab dem 1. Januar 2013 erteilt würden. Diese Bestimmung sei dahingehend auszulegen, dass die Nichtigkeitsfolge nur Baubewilligungen für Zweitwohnungen betreffe, die in einer Gemeinde erteilt werden, in denen der 20 %-Anteil bereits überschritten sei. Insoweit werde Art. 75b Abs. 1 BV für direkt anwendbar erklärt, allerdings beschränkt auf den Zeitraum ab dem 1. Januar 2013. Bis zu diesem Zeitpunkt könnten Zweitwohnungen noch nach altem Recht bewilligt werden. Diese Auffassung wird von Yves Jeanrenaud/Timo Sulc (Lex Weber: premiers commentaires de l'ordonnance dans l'attente de la législation d'exécution, in: Not@lex, Revue de droit privé et fiscal du patrimoine 4/2012 S. 165 ff., insbes. S. 185 f.) und Eric Ramel/Marc-Etienne Favre, "Lex Weber": le jour après..., in: Anwaltsrevue 6-7/2012 S. 279 ff., insbes. S. 285 f.) geteilt. Fabian Mösching (Ab welchem Zeitpunkt ist die Zweitwohnungsinitiative anwendbar?, in: Jusletter 10. Dezember 2012 Rz 35 und 41 ff.) geht davon aus, dass das neue Recht frühestens ab 1. Januar 2013 anwendbar sei; allerdings bedürfe auch Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV noch der Ausführung auf Gesetzes- oder Verordnungsstufe, um den Begriff der Zweitwohnung zu konkretisieren (a.a.O. Rz. 25 und 35). GEORG M. GANZ ( Zweitwohnungsinitiative: Verfassungsauftrag und Umsetzung, in: Jusletter 10. Dezember 2012) versteht Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV dahin, dass Bauvorhaben, die erstinstanzlich vor dem 1. Januar 2013 bewilligt worden sind, grundsätzlich noch realisiert werden können (Rz. 33). Allerdings räumt er ein, dass sich die Übergangsbestimmung auch restriktiver auslegen liesse mit der Folge, dass nur 2012 rechtskräftig gewordene Baubewilligungen Gültigkeit hätten; hier bestehe deshalb ein dringender Regelungsbedarf (Rz. 37). Roland Norer (Zum Geltungsbereich der Zweitwohnungsverordnung, in: Roland Norer/Bernhard Rütsche (Hrsg.), Rechtliche Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative, Bern 2013, S. 11 ff., insbes. S. 36 f.), hält zwar den Umkehrschluss aus Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV für problematisch. Er kommt jedoch, unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben und der Rechtssicherheit, ebenfalls zum Ergebnis, dass für die nicht ausdrücklich geregelte Zeit vor dem 1. Januar 2013 noch das alte Recht Geltung entfalten solle. In ersten Stellungnahmen nach der Abstimmung (ohne vertiefte Begründung) gingen auch ALAIN GRIFFEL ( NZZ Nr. 66 vom 19. März 2012 S. 8), FELIX UHLMANN ( NZZ Nr. 61 vom 13. März 2012 S. 9) und TOBIAS JAAG ( NZZ Nr. 103 vom 4. Mai 2012 S. 13) davon aus, dass 2012 noch Baubewilligungen nach altem Recht erteilt werden könnten. RENÉ RHINOW ( Die Südostschweiz vom 27. März 2012 S. 4) befürwortete immerhin eine Sistierung von Baugesuchen, die "in letzter Minute" eingereicht worden seien. 7.2. BERNHARD WALDMANN (Die Zweitwohnungsverordnung, in: Jusletter 10. Dezember 2012 [im Folgenden: Zweitwohnungsverordnung]; DERSELBE, Zweitwohnungen - vom Umgang mit einer sperrigen Verfassungsnorm, in: Schweizerische Baurechtstagung Freiburg 2013, S. 123 ff. [im Folgenden: Zweitwohnungen]) teilt den Ansatz des Verwaltungsgerichts Graubünden, kommt aber zu einem anderen Ergebnis für Baubewilligungen, die am 1. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig geworden sind. Er ist der Auffassung, dass Art. 75b BV primär einen Gesetzgebungsauftrag enthalte mit dem Ziel, die Obergrenze des Zweitwohnungsanteils in allen Gemeinden einzuhalten, d.h. auch in solchen, in denen der Anteil heute bereits überschritten sei (Zweitwohnungen, S. 136). Um zu verhindern, dass bis zum Inkrafttreten der Ausführungsgesetzgebung die Zielsetzungen der neuen Verfassungsnorm unterlaufen werden, statuiere Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV ein vorsorgliches Baubewilligungsverbot für Zweitwohnungen (Zweitwohnungen, S. 140). Nur dieses vorübergehende Verbot entfalte unmittelbare Rechtswirkungen; sein Geltungsbereich und Inhalt würden durch die vom Bundesrat erlassene Zweitwohnungsverordnung konkretisiert (Zweitwohnungsverordnung, Rz. 6 und 7; Zweitwohnungen, S. 140 ff.). Der Bundesrat habe das Inkrafttreten der Verordnung und damit auch den Geltungsbereich des vorsorglichen Baubewilligungsverbots auf den 1. Januar 2013 angesetzt. Dieser Entscheid sei angesichts des Wortlauts von Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV vertretbar: Zwar betreffe dieser auf den ersten Blick nur die Rechtsfolge der Bewilligungserteilung (Nichtigkeit) und nicht den zeitlichen Geltungsbereich des Bewilligungsverbots; es sei jedoch zweifelhaft, ob eine durch eine Volksinitiative eingereichte Vorlage auf einer solchen spitzfindigen Begrifflichkeit beruhe. Jedenfalls erscheine die vom Bundesrat gewählte Lösung als vernünftiges und praktikables Ergebnis einer verfassungsmässigen Auslegung (Zweitwohnungen, S. 142/143; Zweitwohnungsverordnung, Rz. 21). Vor diesem Hintergrund blieben Baubewilligungen für Zweitwohnungen, die vor dem 31. Dezember 2012 rechtskräftig geworden seien, gültig, und könnten auch in Zukunft als Zweitwohnung genutzt werden. Dagegen komme das neue Recht für alle Baubewilligungen zur Anwendung, die am 1. Januar 2013 noch nicht rechtskräftig geworden seien. Die Zweitwohnungsinitiative sei Ausdruck eines erheblichen öffentlichen Interesses, das eine unmittelbare Anwendung im Beschwerdeverfahren gegen Verfügungen finden müsse, die noch unter dem alten Recht erlassen worden seien (Zweitwohnungsverordnung, Rz. 23 f.; Zweitwohnungen, S. 143). Nach der von WALDMANN vertretenen Auffassung hätte somit das Verwaltungsgericht (das noch 2012 entschied) die vorliegend streitige Baubewilligung zu Recht nach altem Recht bestätigt; das Bundesgericht, das nach dem 1. Januar 2013 entscheidet, müsste sie jedoch in Anwendung von Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 für nichtig erklären. 7.3. JACQUES DUBEY (La Suisse: son territoire, sa démocratie et son fédéralisme, Le point sur les résidences secondaires et la révision de la LAT, in: Journées suisses du droit de la construction, Fribourg 2013, S. 93 ff.) vertritt einen ähnlichen Ansatz wie Waldmann. Auch er hält Art. 75b Abs. 1 BV nicht für unmittelbar anwendbar; insbesondere sei die Norm zu unbestimmt, um eine gesetzliche Grundlage für schwerwiegende Eingriffe in die Eigentumsgarantie und die Niederlassungsfreiheit darzustellen (a.a.O., S. 108 f.). Auch seines Erachtens enthält jedoch Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV ein unmittelbar anwendbares Moratorium für die Bewilligung von Zweitwohnungen; damit werde dem neuen Recht negative Vorwirkung ab dem 1. Januar 2013 bis zum Inkrafttreten der Ausführungsgesetzgebung (bzw. einer Ausführungsverordnung des Bundesrats gemäss Art. 197 Ziff. 9 Abs. 1 BV) zugesprochen (a.a.O., S. 112 ff.). Im Unterschied zu Waldmann ist Dubey jedoch der Auffassung, dass dieses Moratorium für sämtliche ab dem 1. Januar 2013 erteilte Bewilligungen für Zweitwohnungen gilt; diese seien nichtig, unabhängig vom Zweitwohnungsanteil in der betreffenden Gemeinde (a.a.O. S. 113 f.). Allerdings hält Dubey diesen weiten Anwendungsbereich selbst für unverhältnismässig, weshalb der Bundesrat befugt gewesen sei, den Anwendungsbereich des Moratoriums per Polizeiverordnung einzuschränken (a.a.O., S. 124). Für Baubewilligungen, die vor dem 1. Januar 2013 erteilt wurden, bleibt es nach Auffassung von Dubey bei der Anwendbarkeit des bisherigen Rechts. Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV enthalte insoweit eine intertemporale Regelung, die dem Vertrauensschutz und der Rechtssicherheit diene (a.a.O., S. 112). Grundsätzlich sei auch im Rechtsmittelverfahren auf das im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung geltende Recht abzustellen, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Beschränkung des Zweitwohnungsbaus würde die sofortige Anwendung des neuen Rechts auf am 1. Januar 2013 hängige Beschwerdeverfahren gebieten. Diese Frage verdiene eine sorgfältige Prüfung, da die Beurteilung sämtlicher Verfahren nach bisherigem Recht die negativen Effekte des Zweitwohnungsbaus auf Landschaft, Infrastrukturen und Tourismus, welche die Initiative bekämpfen wollte, im Gegenteil verstärken würde (a.a.O., S. 126). 7.4. Andere Autoren teilen die Auffassung des ARE, wonach Art. 75b Abs. 1 BV seit dem 11. März 2012 unmittelbar anwendbar sei und jedenfalls die Bewilligung von Baugesuchen verbiete, die nach diesem Datum eingereicht wurden. ARNOLD MARTI (Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative - ungelöste Rätsel und des Pudels Kern, in: ZBl 113/2012 S. 281 f.) meint, dass Art. 75b Abs. 1 BV den Zweitwohnungsanteil im Sinne einer grundsätzlich direkt anwendbaren Bestimmung auf 20 % pro Gemeinde beschränken wolle. Zwar enthalte Art. 75b Abs. 2 BV einen Gesetzgebungsauftrag für die Schaffung von Erstwohnungsanteilsplänen, doch könne Abs. 1 auch ohne solche Pläne durch Erhebung des Zweitwohnungsanteils im konkreten Fall angewendet werden. Aus der Übergangsbestimmung (Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV) könne nicht abgeleitet werden, dass Bewilligungen bis zum 1. Januar 2013 noch nach altem Recht erteilt werden könnten: Dies stünde in diametralem Gegensatz zu dem schon im Titel der Initiative imperativ zum Ausdruck gebrachten Anliegen der Initianten und dem von ihnen ausdrücklich geforderten Baustopp. Naheliegend sei die Auslegung, dass zumindest Baubewilligungen, um die erst nach dem 11. März 2012 nachgesucht worden sei, auf Anfechtung hin wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben werden müssten. Für nach Annahme der Initiative eingereichte Baugesuche bestehe in der Regel kein überwiegendes Interesse am Schutz des Vertrauens zugunsten des Weiterbestands des bisherigen Rechts. Eine solche Auslegung hätte den Vorteil, dass zwischen den verschiedenen in Betracht fallenden Auslegungselementen und Werten eine praktische Konkordanz hergestellt werden könnte. Sie würde insofern ein Entgegenkommen bedeuten, als neues Recht sonst auch auf hängige Baugesuche und im Umweltrecht gar auf pendente Rechtsmittelverfahren angewandt werde. Im gleichen Sinne äussert sich MICHEL ROSSINELLI ( Résidences secondaires: l'illusion des cantons alpins, in: Le Temps, 31. August 2012). Es wäre stossend und würde Sinn und Zweck der von Volk und Ständen angenommenen Initiative widersprechen, in wenigen Monaten mehr Zweitwohnungen zu bewilligen als in allen Jahren zuvor. Die Inkraftsetzung der Verordnung durch den Bundesrat auf den 1. Januar 2013 ändere nichts an der sofortigen Anwendbarkeit von Art. 75b Abs. 1 BV auf alle seit dem 11. März 2012 gestellten Baugesuche. Der Begriff des Wohnsitzes - und damit e contrario auch der Zweitwohnung - sei im ZGB geregelt und sei Gegenstand zahlreicher Gerichtsentscheide. Wie die im Anhang zur Verordnung des Bundesrats enthaltene Liste belege, sei es durchaus möglich, diejenigen Gemeinden zu identifizieren, in denen der Zweitwohnungsanteil über 20 % liege. Insofern sei die Verfassungsbestimmung auch ohne eine Präzisierung auf Verordnungs- oder Gesetzesebene anwendbar. Auch LORENZO ANASTASI, FLAVIO CANONICA und GIOVANNI MOLO gehen von der Anwendbarkeit der neuen Verfassungsbestimmungen ab deren Inkrafttreten am 11. März 2012 aus; der Umkehrschluss aus Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV sei nicht zulässig (Reflessioni sulla limitazione delle residenze secondarie, Dalla Costituzione al progetto di ordinanza, in: Jusletter 2. Juli 2012, Rz. 3). EMANUEL DETTWILER (Die Zweitwohnungsverordnung. Eine Übersicht mit ausgewählten Schwerpunkten, in: SJZ 109/2013 S. 89 ff.) verweist auf das bis zur Annahme der Initiative einhellige Verständnis von Befürwortern wie Gegnern, dass die Annahme der Initiative zu einem umgehenden Baustopp führen würde (a.a.O., S. 90). Daran ändere auch die eher unglücklich formulierte Übergangsbestimmung von Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV nichts: Der Umkehrschluss sei mangels qualifizierten Schweigens des Erlasses unzulässig. Art. 75b Abs. 1 BV verbiete somit seit dem 11. März 2012 die Erteilung von Baubewilligungen für Zweitwohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 %; solche Bewilligungen seien zwar nicht nichtig, wohl aber anfechtbar. Dem Eigentümer müsse es allerdings möglich sein, in Analogie zu Art. 4 lit. b Ziff. 1 Zweitwohnungsverordnung nachzuweisen, dass die in dieser Periode bewilligten Wohnungen qualifiziert touristisch bewirtschaftet würden (a.a.O., S. 98). Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei es zudem gerechtfertigt, zum Zeitpunkt der Annahme der Initiative bereits eingereichte Baugesuche noch zu bewilligen (a.a.O., S. 90). 8. Gemäss Art. 195 BV und Art. 15 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte (BPR, SR 161.1) treten Änderungen der Bundesverfassung mit der Annahme durch Volk und Stände in Kraft, sofern die Vorlage nichts anderes bestimmt, und zwar unabhängig vom Datum ihrer Publikation in der Amtlichen Sammlung (vgl. Botschaft vom 22. Oktober 2003 zum Publikationsgesetz, BBl 2003 7729). Art. 75b BV und seine Übergangsbestimmungen sind daher am 11. März 2012 in Kraft getreten. Verfassungsbestimmungen können genügend bestimmt sein, um mit ihrem Inkrafttreten ohne ausführende Gesetzgebung (ganz oder teilweise) mit Wirkungen auch für Private unmittelbare Anwendung zu finden (vgl. Yvo Hangartner, Unmittelbare Anwendbarkeit völker- und verfassungsrechtlicher Normen, in: ZSR 126/2007 I S. 154 ff.). Ob dies der Fall ist, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln (BGE 139 I 16 E. 4.2.3 S. 25 f. mit Hinweisen). Verfassungsbestimmungen sind grundsätzlich nach denselben Regeln auszulegen wie Normen des einfachen Gesetzesrechts (BGE 131 I 74 E. 4.1 S. 80; 128 I 327 E. 2.1 S. 330 mit Hinweisen; René Rhinow/ Markus Schefer, Schweizerisches Verfassungsrecht, 2. Aufl., Rz. 527 S. 109); allerdings ist gewissen verfassungsrechtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen (vgl. dazu BGE 139 I 16 E. 4.2 S. 24 ff. mit Hinweisen). Auszurichten ist die Auslegung auf die ratio legis, die zu ermitteln dem Gericht allerdings nicht nach seinen eigenen, subjektiven Wertvorstellungen, sondern nach den Vorgaben des Gesetz- bzw. Verfassungsgebers aufgegeben ist (BGE 128 I 34 E. 3b S. 40 f.). Beruht eine Verfassungsbestimmung auf einer Volksinitiative, ist das subjektive Verständnis der Initianten nicht massgeblich. Dagegen können die Begründung der Initiative sowie Argumente und Stellungnahmen der Initianten, wie auch der Initiativgegner und der Behörden, im Vorfeld der Abstimmung im Rahmen der historischen Auslegung berücksichtigt werden (BGE 130 I 134 nicht publ. E. 1.4; 129 I 392 E. 2.2 S. 395). 9. Ausgangspunkt der Auslegung ist der Text der Verfassungsbestimmung. Dieser lautet: Art. 75b Zweitwohnungen 1 Der Anteil von Zweitwohnungen am Gesamtbestand der Wohneinheiten und der für Wohnzwecke genutzten Bruttogeschossfläche einer Gemeinde ist auf höchstens 20 Prozent beschränkt. 2 Das Gesetz verpflichtet die Gemeinden, ihren Erstwohnungsanteilplan und den detaillierten Stand seines Vollzugs alljährlich zu veröffentlichen. Art. 197 [...] 9.Übergangsbestimmungen zu Art. 75b (Zweitwohnungen) 1 Tritt die entsprechende Gesetzgebung nach Annahme von Artikel 75b nicht innerhalb von zwei Jahren in Kraft, so erlässt der Bundesrat die nötigen Ausführungsbestimmungen über Erstellung, Verkauf und Registrierung im Grundbuch durch Verordnung. 2 Baubewilligungen für Zweitwohnungen, die zwischen dem 1. Januar des auf die Annahme von Artikel 75b folgenden Jahres und dem Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen erteilt werden, sind nichtig. 9.1. Art. 75b Abs. 1 BV setzt einen Höchstanteil von 20 % für Zweitwohnungen fest. Dieser gilt sowohl für den Gesamtbestand der Wohneinheiten als auch für die für Wohnzwecke genutzte Bruttogeschossfläche einer Gemeinde. Die Verfassungsbestimmung enthält damit eine präzise Vorgabe zum Zweitwohnungsanteil, die grundsätzlich einer direkten Anwendung zugänglich erscheint (anders als der in Art. 8 Abs. 2 RPG verwendete unbestimmte Begriff des "ausgewogenen Verhältnisses" von Erst- und Zweitwohnungen). Auch die Formulierung "ist ... beschränkt" deutet darauf hin, dass es sich um eine unmittelbar verbindliche Vorgabe handelt. Art. 75b Abs. 2 BV enthält dagegen klarerweise einen Gesetzgebungsauftrag, um die Veröffentlichung von Erstwohnungsanteilplänen und den Vollzug durch die Gemeinden sicherzustellen. Auch Art. 197 Ziff. 9 Abs. 1 BV geht davon aus, dass es für die Umsetzung von Art. 75b Abs. 1 BV weiterer Ausführungsbestimmungen bedarf, insbesondere "über Erstellung, Verkauf und Registrierung im Grundbuch". Hierfür wird dem Gesetzgeber eine Frist von zwei Jahren eingeräumt, ansonsten der Bundesrat befugt ist, die nötigen Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Immerhin lässt sich Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV entnehmen, dass die neue Verfassungsbestimmung schon vor Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen gewisse Rechtswirkungen entfalten soll, insoweit also direkt anwendbar ist. Nach dieser Bestimmung sind Baubewilligungen für Zweitwohnungen, die zwischen dem 1. Januar 2013 und dem Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen erteilt werden, nichtig. Würde man diese Bestimmung isoliert anwenden, wären ab diesem Datum alle Baubewilligungen für Zweitwohnungen in der ganzen Schweiz nichtig, unabhängig vom Zweitwohnungsanteil der Gemeinde; dies kann nicht gemeint sein. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV auf Art. 75b Abs. 1 BV verweist, d.h. der Grundbestimmung zu entnehmen ist, welche Baubewilligungen bis zum Inkrafttreten der Ausführungsgesetzgebung unzulässig bzw. nichtig sind (so auch Waldmann, Zweitwohnungen, S. 140). Art. 75b Abs. 1 BV begrenzt den Anteil von Zweitwohnungen pro Gemeinde auf höchstens 20 %. Ist dieser Anteil (sei es am Gesamtbestand der Wohneinheiten, sei es an der für Wohnzwecke genutzten Bruttogeschossfläche) in einer Gemeinde bereits erreicht oder überschritten, so ergibt sich grundsätzlich unmittelbar aus der Verfassung, dass keine weiteren Baubewilligungen für Zweitwohnungen erteilt werden dürfen (so auch ARE, Erläuternder Bericht, S. 17 f.). Umgekehrt dürfen in Gemeinden, die den Plafond noch nicht erreicht haben, neue Zweitwohnungen weiterhin bewilligt werden (vorbehältlich restriktiverer Bestimmungen des kantonalen oder kommunalen Baurechts). Dementsprechend beschränkt sich auch das in Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV enthaltene Bewilligungsverbot für Zweitwohnungen auf Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von 20% und mehr. Das Baubewilligungsverbot nach Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV gilt bis zum Inkrafttreten der Ausführungsgesetzgebung und soll verhindern, dass die angestrebte Plafonierung von Zweitwohnungen auf 20 % negativ präjudiziert wird, indem bereits in der Übergangszeit Baubewilligungen für Zweitwohnungen erteilt werden. Es handelt sich somit um ein vorläufiges Verbot, das im Ergebnis einem Baustopp bzw. einer Planungszone gleichkommt, in allen Gemeinden, in denen der 20 %-Anteil erreicht oder überschritten ist. 9.2. Diese Auslegung kann sich auf den Titel der Initiative ("Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen") und die Materialien stützen: So ging der Bundesrat in seiner Botschaft zur eidgenössischen Volksinitiative "Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen!" vom 29. Oktober 2008 (BBl 2008 8757 ff., insbes. Ziff. 4.2 S. 8766 f.; im Folgenden: Botschaft) wie auch in den Erläuterungen zur Volksabstimmung vom 11. März 2012 S. 12 (im Folgenden: Abstimmungserläuterungen") davon aus, dass die Initiative zu einem "Baustopp" für Zweitwohnungen in Tourismusorten führen werde (vgl. die Zitate unten E. 11.4). 9.3. Davon gehen im Grundsatz auch die kantonalen Verwaltungsgerichte (oben E. 2 und 3) und die Literatur (oben E. 7) aus. Streitig ist jedoch, ob dieses Baubewilligungsverbot auf Zweitwohnungsbauten Anwendung findet, die zwischen dem 11. März und dem 31. Dezember 2012 bewilligt worden sind. Dagegen werden im Wesentlichen zwei Einwände erhoben: - Zum einen wird geltend gemacht, dass die Verfassungsbestimmungen zu unbestimmt seien, um sie unmittelbar anzuwenden, weshalb sie zunächst noch durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber konkretisiert werden müssten. Die Zweitwohnungsverordnung sei jedoch erst am 1. Januar 2013 in Kraft getreten und könne somit auf den streitigen Zeitraum nicht angewendet werden (vgl. dazu im Folgenden, E. 10). - Zum anderen wird aus Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV e contrario geschlossen, dass bis zum 1. Januar 2013 noch das alte Recht anwendbar sei (vgl. dazu unten, E. 11). 10. Die unmittelbare Anwendbarkeit einer Verfassungsbestimmung setzt voraus, dass Tatbestand und Rechtsfolgen genügend genau formuliert sind: Das Legalitätsprinzip verlangt eine hinreichende und angemessene Bestimmtheit der anzuwendenden Rechtssätze im Dienste des Gesetzesvorbehalts, der Rechtssicherheit und der rechtsgleichen Rechtsanwendung (BGE 135 I 169 E. 5.4.1 S. 173; 132 I 49 E. 6.2 S. 58 f.; je mit Hinweisen). Der Grad der erforderlichen Bestimmtheit lässt sich nicht abstrakt festlegen. Er hängt unter anderem von der Vielfalt der zu ordnenden Sachverhalte, von der Komplexität und der Vorhersehbarkeit der im Einzelfall erforderlichen Entscheidungen, von den Normadressaten, von der Schwere des Eingriffs in Verfassungsrechte und von der erst bei der Konkretisierung im Einzelfall möglichen und sachgerechten Entscheidung ab (BGE 136 I 87 E. 3.1 S. 90 f. mit Hinweisen). Im Folgenden ist zu prüfen, ob insbesondere der Begriff der Zweitwohnung, der sowohl in Art. 75b Abs. 1 BV als auch in Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV verwendet wird, hinreichend bestimmt ist, um den Anwendungsbereich des Baubewilligungsverbots bis zur gesetzlichen Konkretisierung umreissen zu können. 10.1. Der Begriff der Zweitwohnung wird nicht nur in Art. 75b BV, sondern auch in anderen Gesetzen und Verordnungen verwendet: In Art. 8 Abs. 2 RPG (in der Fassung vom 17. Dezember 2010, in Kraft seit 1. Juli 2011) werden die Kantone verpflichtet, in ihren Richtplänen Gebiete zu bezeichnen, in denen besondere Massnahmen ergriffen werden müssen, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Erst- und Zweitwohnungen sicherzustellen. Der Begriff der Zweitwohnung wird weder im Gesetz noch in der Verordnung definiert. In seiner Planungshilfe für die kantonale Richtplanung "Zweitwohnungen" vom Juni 2010 (Ziff. 3 S. 8) geht das ARE davon aus, dass Zweitwohnung jede Wohnung ist, die keine Erst- oder Hauptwohnung ist. Als Erst- oder Hauptwohnung gelten Wohnungen, die entweder von Ortsansässigen genutzt werden (als Eigentümer oder in Miete), d.h. von Personen mit zivilrechtlichem Wohnsitz nach Art. 23 ZGB, oder die von Personen bewohnt werden, die am Ort oder in der Region berufstätig sind bzw. in Ausbildung stehen und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erstreckt sich die verfassungsmässig vorgesehene Wohneigentumsförderung (Art. 108 BV) nur auf Erst- und nicht auf Zweitwohnungen (BGE 132 I 157 E. 5.3 S. 165 mit Hinweisen). Dementsprechend schliessen Art. 2 Abs. 3 des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes vom 4. Oktober 1974 (WEG; SR 843) und Art. 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 21. März 2003 über die Förderung von preisgünstigem Wohnraum (Wohnraumförderungsgesetz, WFG; SR 842) Zweit- und Ferienwohnungen von ihrem Anwendungsbereich aus. Die Nutzung einer geförderten Wohnung als Zweitwohnung stellt eine Zweckentfremdung dar (Art. 15 Abs. 1 der Verordnung vom 30. November 1981 zum WEG [VWEG; SR 843.1]). Art. 4 Abs. 1 der Verordnung vom 3. Oktober 1994 über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge (WEFV; SR 831.411) verlangt, dass die Wohnnutzung am Wohnsitz oder am gewöhnlichen Aufenthalt der versicherten Person erfolgen muss. Das Bundesgesetz vom 16. Dezember 1983 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG; SR 211.412.41) unterscheidet zwischen Haupt-, Zweit- und Ferienwohnungen. Art. 2 Abs. 2 lit. b BewG i.V.m. Art. 5 der dazugehörigen Verordnung vom 1. Oktober 1984 (BewV; SR 211.412.411) definiert nur die Hauptwohnung, die sich am Ort des rechtmässigen und tatsächlichen Wohnsitzes des Erwerbers befinden muss. Während der Erwerb einer Hauptwohnung bewilligungsfrei ist, kann der Erwerb einer Zweitwohnung bewilligt werden, wenn der Erwerber zum Ort aussergewöhnlich enge, schutzwürdige Beziehungen unterhält (Art. 9 Abs. 1 lit. c BewG i.V.m. Art. 6 BewV). Dagegen kann der Erwerb einer Ferienwohnung in einem Fremdenverkehrsort nur im Rahmen des kantonalen Kontingents bewilligt werden (Art. 9 Abs. 2 BewG). An den Zweitwohnungsbegriff knüpfen zudem zahlreiche kommunale Vorschriften über Quoten, Kontingente oder Lenkungsabgaben für Zweitwohnungen an (vgl. z.B. BGE 136 I 142 ff. betr. Samnaun; BGE 135 I 233 ff. betr. Chermignon; BGE 117 Ia 141 ff. betr. Sils; BGE 116 Ia 207 ff. und Urteil 1P.415/1998 vom 1. Juni 1999, in: RDAT 2000 I Nr. 23 S. 397, beide betr. Paradiso; 1P.404/1997 vom 9. November 1998, in: RDAT 1999 I Nr. 20 S. 76 betr. Minusio; BGE 112 Ia 65 ff. betr. Bever). In der Regel stellen diese Bestimmungen auf den Wohnsitz der Eigentümer bzw. Mieter ab; z.T. genügt (für eine Hauptwohnung) auch ein längerer Aufenthalt zu Studien- oder beruflichen Zwecken (vgl. BGE 116 Ia 207 E. 3c S. 212 betr. Paradiso). Im Urteil 1P.666/1996 vom 23. Januar 1998 (E. 5c) äusserte sich das Bundesgericht zur Regelung der Stadt Zürich, wonach Zweitwohnungen nicht auf den Mindestwohnanteil anzurechnen seien. Die Bestimmung definierte den Zweitwohnungsbegriff nicht; die Stadt wollte hierfür auf den gewöhnlichen Aufenthalt bzw. auf den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse abstellen. Den Parteien, welche die Unklarheit des Begriffs der Zweitwohnung beanstandet hatten, hielt das Bundesgericht entgegen, dass es auch in anderen Rechtsgebieten (Steuerrecht, Internationales Privatrecht) üblich sei, für die Ermittlung der örtlichen Zugehörigkeit einer Person auf den gewöhnlichen Aufenthalt oder den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse abzustellen und sich diese Begriffe als praktisch handhabbar erwiesen hätten; insofern dürfte ihre Anwendung im vorliegenden Zusammenhang nicht zu grösseren Abgrenzungsschwierigkeiten führen. 10.2. Auch nach allgemeinem Sprachgebrauch steht die "Zweitwohnung" im Gegensatz zur "Erstwohnung" oder "Hauptwohnung". Diese befindet sich am Wohnsitz oder am gewöhnlichen Aufenthaltsort einer Person, an dem sie sich ständig oder über längere Zeit aufhält und i.d.R. auch steuerpflichtig und stimmberechtigt ist. Zweitwohnungen sind demnach grundsätzlich alle Wohnungen, die keine Erstwohnung sind. Dieses Verständnis liegt der Umschreibung der Zweitwohnung in Art. 2 lit. a Zweitwohnungsverordnung zugrunde. Danach sind Zweitwohnungen Wohnungen, die nicht dauernd durch Personen mit Wohnsitz in der Gemeinde genutzt werden. Art. 2 lit. b Zweitwohnungsverordnung stellt den Erstwohnungen die Wohnungen gleich, die dauernd durch Personen zu Erwerbs- oder Ausbildungszwecken genutzt werden (lit. b; vgl. dazu Erläuternder Bericht S. 6). Dies entspricht grundsätzlich dem Verständnis der Initianten: In ihrem Argumentarium auf der Internetseite des Initiativkomitees, auf die auch in den Abstimmungserläuterungen verwiesen wurde, führten sie aus, dass eine Zweitwohnung eine zweite Wohnung sei, die von Privatpersonen während des Jahres nur zeitweise zu Ferienzwecken genutzt werde, unter Ausschluss von Nebenwohnsitzen für Schul- und Arbeitszwecke (S. 26; vgl. allerdings unten E. 10.4 zu den "warmen Betten"). 10.3. Legt man den Zweitwohnungsbegriff im oben skizzierten Sinne aus, so lässt sich auch der Zweitwohnungsanteil der Gemeinden relativ leicht ermitteln. Wie das ARE im Erläuternden Bericht (S. 4. f.) darlegt, kann hierfür - zumindest annäherungsweise - auf das eidgenössische Gebäude- und Wohnungsregister abgestellt werden, indem als potenzielle Zweitwohnung jede Wohnung betrachtet wird, der keine Person mit Niederlassung zugeordnet ist (vgl. Art. 3 lit. b des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der Einwohnerregister und anderer amtlicher Personenregister vom 23. Juni 2006 [RHG; SR 431.02]; kritisch wegen der Miterfassung leer stehender Wohnungen Jeanrenaud/Sulc, a.a.O., S. 170 f.). Hilfsweise kann auf den Anteil der zeitweise bewohnten Wohnungen gemäss Volkszählung 2000 abgestellt werden (so auch Botschaft, Ziff. 2.2 S. 8761 und Ziff. 4.2 S. 8766). Gestützt auf diese statistischen Grundlagen hat der Bundesrat im Anhang der Zweitwohnungsverordnung die Gemeinden aufgelistet, von denen zu vermuten ist, dass der Anteil der Zweitwohnungen am Gesamtbestand an Wohnungen über 20 % liegt. Diese Vermutung kann von den Gemeinden widerlegt werden (Art. 1 Abs. 3 Zweitwohnungsverordnung). Es ist davon auszugehen, dass auch Private im Einzelfall eine Überprüfung des Zweitwohnungsanteils einer Gemeinde herbeiführen können, z.B. im Baubewilligungs- oder Beschwerdeverfahren. Ist schon die 20 %-Grenze für den Gesamtbestand an Wohnungen überschritten, so kann auf eine Ermittlung des Bruttogeschossflächenanteils der Zweitwohnungen verzichtet werden (so auch Waldmann, Zweitwohnungen, S. 134; a.A. Jeanrenaud/Sulc, a.a.O., S. 168, die beide Kriterien kumulativ anwenden wollen). 10.4. Gegen den oben umschriebenen Begriff der Zweitwohnung kann allerdings eingewendet werden, dass sich die Initiative "Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen" vor allem gegen sogenannte "kalte Betten" und nicht gegen "warme Betten" richtete. In ihrem Argumentarium (S. 26) gingen die Initianten davon aus, dass Ferienwohnungen, die kommerziell vermietet werden (Parahotellerie), keine Zweitwohnungen seien, weil sie viel stärker genutzt würden (durchschnittlich 200 Nächte gegenüber 30 bis 60 Nächten/Jahr bei Zweitwohnungen). Dementsprechend geht Art. 4 lit. b Zweitwohnungsverordnung davon aus, dass qualifiziert touristisch bewirtschaftete Zweitwohnungen weiterhin bewilligt werden dürfen (vgl. Erläuternder Bericht S. 11 f.; WALDMANN, Zweitwohnungsverordnung, Rz. 34). Voraussetzung ist, dass die Wohnungen nicht individuell ausgestaltet sind sowie dauerhaft und ausschliesslich zur kurzzeitigen Nutzung durch Gäste zu marktüblichen Bedingungen angeboten werden, sei es im Rahmen strukturierter Beherbergungsformen (Ziff. 1), oder durch den oder die im selben Haus wohnenden Eigentümer oder Eigentümerin (Ziff. 2). Es wird letztlich Aufgabe des Gesetzgebers sein, diese Fragen zu regeln. 10.5. Unter dem Blickwinkel des Legalitätsprinzips ergibt sich somit Folgendes: Soweit Art. 75b Abs. 1 BV eine absolute Grenze von 20 % am Gesamtwohnungsbestand und an der Wohnnutzfläche jeder Gemeinde festschreibt, besteht Klarheit und Bestimmtheit des Tatbestands und der Rechtsfolge hinsichtlich derjenigen neuen Wohnnutzungen, die unzweifelhaft unter den Zweitwohnungsbegriff fallen und in einer Gemeinde mit eindeutig überschiessendem Zweitwohnungsanteil beabsichtigt sind. Die so erfassten Sachverhalte ("kalte Betten") sind relativ einfach abzugrenzen und nicht komplex. Die mögliche Rechtsänderung wurde schon lange im Voraus publik und das sich daraus ergebende Verbot wurde breit diskutiert; die insoweit betroffenen Normadressaten waren bekannt. Der sofortigen Anwendbarkeit dieses "harten Kerns" der neuen, speziellen Verfassungsnorm steht daher nichts entgegen, auch wenn sie eine nicht unerhebliche Beschränkung der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) bedeutet. Art. 75b BV bedarf aber in weiten Teilen der Konkretisierung durch Ausführungsvorschriften. Dies gilt einerseits für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen in den betroffenen Gemeinden noch Baubewilligungen für bestimmte, besonders intensiv genutzte Arten von Zweitwohnungen ("warme Betten") erteilt werden dürfen. Andererseits ist klärungsbedürftig, ob und inwieweit die Umnutzung von Erst- zu Zweitwohnungen bzw. die Erweiterung und der Ersatz bestehender Zweitwohnungen zulässig ist. Soweit Ausführungsrecht unabdingbar ist, um den Anwendungsbereich und die Rechtswirkungen der Verfassungsnorm definitiv und exakt bestimmen zu können, beschränkt sich die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 75b Abs. 1 i.V.m. Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV auf ein vorsorgliches Baubewilligungsverbot für Zweitwohnungen in den betroffenen Gemeinden bis zum Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen. Im Ergebnis kommt dieses vorsorgliche Verbot einer Planungszone gleich. Es ist weit auszulegen, um dem Gesetzgeber nicht vorzugreifen und eine Präjudizierung der künftigen Ausführungsbestimmungen zu vermeiden. Es handelt sich insoweit um eine bloss vorübergehende Einschränkung der Eigentumsgarantie zwischen dem Abstimmungstermin und dem Erlass der Ausführungsbestimmungen. Dieser soll innerhalb von zwei Jahren nach dem Abstimmungstermin erfolgen (Art. 197 Ziff. 9 Abs. 1 BV). Für derartige vorsorgliche und zeitlich beschränkte Massnahmen sind keine hohen Anforderungen an die Bestimmtheit der Norm zu stellen. 10.6. Namentlich in diesem Punkt unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von demjenigen, der dem Urteil BGE 139 I 16 zugrunde lag: Die unmittelbare Anwendung der Art. 121 Abs. 3-6 BV (Ausschaffungsinitiative) würde zu gravierenden Eingriffen in die Grundrechte der betroffenen Ausländer führen, mit einschneidenden, i.d.R. nicht wieder gutzumachenden Nachteilen für sie und ihre Familien; dabei stellen sich heikle völkerrechtliche Probleme. In dieser Situation verbieten es die Grundsätze der Legalität und der Gewaltenteilung, die neuen Verfassungsbestimmungen (ganz oder teilweise) direkt anzuwenden, bevor der in Abs. 4 ausdrücklich damit beauftragte Gesetzgeber die erforderliche Konkretisierung und Feinabstimmung vorgenommen hat (vgl. BGE 139 I 16 E. 4.3.4 S. 27 f.). Im Übrigen richtet sich auch die Übergangsbestimmung zu Art. 121 BV (Art. 197 Ziff. 8 BV) ausschliesslich an den Gesetzgeber und sieht - anders als Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV - keine unmittelbaren Rechtsfolgen vor. 10.7. Die vorliegend zu beurteilende Rechtslage ist dagegen mit derjenigen nach Annahme der Rothenthurm-Initiative am 6. Dezember 1987 vergleichbar. Damals wurde Art. 24sexies Abs. 5 mit folgendem Wortlaut in die damalige Bundesverfassung (aBV) eingefügt: 5 Moore und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung sind Schutzobjekte. Es dürfen darin weder Anlagen gebaut noch Bodenveränderungen irgendwelcher Art vorgenommen werden. Ausgenommen sind Einrichtungen, die der Aufrechterhaltung des Schutzzweckes und der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung dienen. Die Übergangsbestimmung sah vor, dass schutzzweckwidrige Anlagen, Bauten und Bodenveränderungen, die nach dem 1. Juni 1983 erstellt worden waren, zu Lasten der Ersteller abgebrochen und rückgängig gemacht werden müssten. Sie entfaltete somit (ähnlich Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV) direkte Rechtsfolgen für Private und Gemeinwesen. Rechtsprechung und Literatur gingen übereinstimmend davon aus, dass Art. 24sexies Abs. 5 aBV ein unmittelbar anwendbares, eigentümerverbindliches, absolutes Veränderungsverbot enthalte (BGE 117 Ib 237 E. 2b S. 246 f.; 118 Ib 11 E. 2e S. 15; 123 II 248 E. 3a/aa S. 251; 127 II 184 E. 5b/aa S. 192; Urteil 1A.178/1991 vom 17. Dezember 1992 E. 2a in: ZBl 94/1993 S. 522; Urteil 1A.42/1994 vom 29. November 1994 E. 1a, in: ZBl 97/1996 S. 122, URP 1996 S. 364 und RDAF 1997 I S. 459 und 505; Thomas Fleiner-Gerster, Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Stand Oktober 1989, Art. 24sexies Rz. 47; Bernhard Waldmann, Der Schutz von Mooren und Moorlandschaften, Freiburg 1997, S. 70 ff.; Jean-Baptiste Zufferey, in: Keller/Zufferey/Fahrländer, Kommentar NHG, Zürich 1997, Allg. Teil, 2. Kap., Rz. 91 f.). Allerdings mussten die Moorbiotope und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und nationaler Bedeutung erst noch durch ein Inventar des Bundes bezeichnet und von den Kantonen parzellenscharf abgegrenzt werden. Art. 24sexies Abs. 5 aBV wurde daher - bis zur definitiven Festlegung der Schutzobjekte - bei der Prüfung aller Projekte angewandt, die möglicherweise ein Schutzobjekt berühren und den Moor- oder Moorlandschaftsschutz negativ präjudizieren könnten (Urteil 1A.237/1992 vom 21. Dezember 1993 E. 5c mit Hinweisen). Dabei wurde vorläufig - bis zur definitiven Inventarisierung - eine grosszügige Abgrenzung der Moorlandschaften zugrunde gelegt (Urteil 1A.178/1991 vom 17. Dezember 1992 E. 3, in: ZBl 94/1993 S. 522). Später schützte das Bundesgericht eine restriktivere Abgrenzung der fraglichen Moorlandschaft durch Bundesrat und Kanton (BGE 127 II 184 E. 5 S. 190 ff.). 10.8. Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, ist es grundsätzlich möglich, den örtlichen und sachlichen Anwendungsbereich des Baubewilligungsverbots gemäss Art. 75 Abs. 1 BV i.V.m. Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV zu bestimmen, ohne dem Gesetzgeber vorzugreifen und dessen Gestaltungsspielraum unnötig einzuengen. Sofern es um klassische Ferienwohnungen in Tourismusgebieten geht, ist die Qualifikation als Zweitwohnung ohnehin unstreitig. Dies belegt der vorliegende Fall: Bereits das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid festgehalten, dass der Zweitwohnungsanteil der Gemeinde Breil/Brigels über 20 % liege, unabhängig davon, ob ein weiter oder enger Zweitwohnungsbegriff zugrunde gelegt wird. Die streitige Baute soll im Rahmen einer Ferienresidenz erstellt werden. Die Beschwerdegegnerin macht selbst nicht geltend, dass eine touristische Bewirtschaftung der Wohnungen vorgesehen sei. 11. Streitig ist jedoch der zeitliche Anwendungsbereich dieses Baubewilligungsverbots. 11.1. Nach der bundesgerichtlichen Praxis ist die Rechtmässigkeit von Verwaltungsakten (mangels einer anderslautenden übergangsrechtlichen Regelung) grundsätzlich nach der Rechtslage im Zeitpunkt ihres Ergehens zur beurteilen. Später eingetretene Rechtsänderungen sind nur ausnahmsweise zu berücksichtigen, wenn zwingende Gründe für die sofortige Anwendung des neuen Rechts sprechen (BGE 135 II 384 E. 2.3 S. 390; 125 II 591 E. 5e/aa S. 598; je mit Hinweisen; so auch ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl., S. 71 Rz. 327; Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli/Markus Müller Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl., S. 190 f. Rz. 20 f.; PIERRE MOOR/ALEXANDRE FLÜCKIGER/VINCENT MARTENET, Droit administratif, Bd. I, Bern 2012, S. 187 f. und S. 194 f.). Zwingende Gründe für eine sofortige Anwendung des neuen Rechts hat das Bundesgericht insbesondere im Bereich des Gewässer-, Natur-, Heimat- und Umweltschutzrechts als gegeben erachtet (BGE 135 II 384 E. 2.3 S. 390). Art. 75b BV ist am 11. März 2012 in Kraft getreten (Art. 195 BV Art. 15 Abs. 3 BPR). Nach den allgemeinen Grundsätzen ist die Bestimmung (vorbehältlich einer abweichenden Regelung) auf alle Baubewilligungen anwendbar, die ab diesem Datum erteilt worden sind. Dementsprechend ging das Bundesgericht in zwei Urteilen vom 14. Dezember 2012 (1C_215/2012 E. 2.4 und 1C_159/2012 E. 6.2) davon aus, dass Art. 75b BV nicht auf Bauvorhaben anwendbar sei, die vor dem 11. März 2012 kantonal letztinstanzlich beurteilt worden waren; eine erstmalige Anwendung von Art. 75b BV im Verfahren vor Bundesgericht rechtfertige sich nicht. 11.2. Eine rechtswidrige Verfügung ist im Allgemeinen anfechtbar. Eine Baubewilligung, die geltendem Recht widerspricht, wird somit auf Rekurs oder Beschwerde von der zuständigen Rechtsmittelbehörde aufgehoben. Wird sie nicht angefochten, so wird sie rechtskräftig. Der Widerruf einer rechtskräftigen Baubewilligung ist nur ausnahmsweise, unter qualifizierten Voraussetzungen, möglich und kann u.U. Entschädigungsfolgen nach sich ziehen (BGE 115 Ib 152 E. 3a S. 155 mit Hinweisen; Walter Haller/Peter Karlen, Raumplanungs-, Bau- und Umweltrecht, Band I, 3. Aufl., Zürich 1999, S. 225 Rz. 821-826). Von der Anfechtbarkeit zu unterscheiden ist die Nichtigkeit einer Verfügung. Nichtigen Verfügungen geht jede Verbindlichkeit und Rechtswirksamkeit ab. Die Nichtigkeit ist jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von Amtes wegen zu beachten. Nach der Rechtsprechung ist eine Verfügung nur ausnahmsweise nichtig, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer und offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Als Nichtigkeitsgrund fallen hauptsächlich funktionelle und sachliche Unzuständigkeit einer Behörde sowie schwerwiegende Verfahrensfehler in Betracht (BGE 132 II 21 E. 3.1 S. 27 mit Hinweisen). 11.3. Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV bestimmt, dass Baubewilligungen für Zweitwohnungen, die zwischen dem 1. Januar 2013 und dem Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen erteilt werden, nichtig sind. Was mit Baubewilligungen geschehen soll, die nach Inkrafttreten von Art. 75b BV am 11. März 2012, aber vor dem 1. Januar 2013 erteilt wurden, ist nicht ausdrücklich geregelt und deshalb auslegungsbedürftig. Nach den oben dargelegten allgemeinen Grundsätzen führt eine Verletzung von Art. 75b Abs. 1 BV zur Anfechtbarkeit von Baubewilligungen, die seit Inkrafttreten der Norm am 11. März 2012 erteilt worden sind. Vor diesem Hintergrund kann Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV als eine Verschärfung der Rechtsfolge (Nichtigkeit statt Anfechtbarkeit) ab dem 1. Januar 2013 verstanden werden. Für den Zeitraum davor bleibt es bei der Anfechtbarkeit verfassungswidriger Baubewilligungen. Es wird aber auch die Auffassung vertreten, der Verfassungsgeber habe mit dieser Regelung nicht nur die Rechtsfolge verschärfen, sondern auch eine spezielle intertemporale Regelung treffen wollen, wonach Art. 75b Abs. 1 BV erst auf Baubewilligungen anwendbar sei, die ab dem 1. Januar 2013 erteilt werden. Diese Auslegung wurde insbesondere von den Verwaltungsgerichten Graubünden, Wallis und Waadt gewählt (vgl. oben E. 2 und 3). Sie hätte zur Folge, dass Baubewilligungen für Zweitwohnungen bis zum 31. Dezember 2012 noch nach altem Recht erteilt werden durften. 11.4. Die Übergangsbestimmungen der Initiative wurden im Vorfeld der Abstimmung kaum thematisiert (die Ausführungen des Bundesrats in den Abstimmungserläuterungen S. 7 betreffen den indirekten Gegenvorschlag, d.h. die Übergangsbestimmungen zur Änderung des RPG vom 17. Dezember 2010). Allerdings gingen die Bundesbehörden und die Gegner der Initiative übereinstimmend davon aus, dass deren Annahme zu einem sofortigen Baustopp für Zweitwohnungen in zahlreichen Gemeinden führen würde. So schrieb der Bundesrat in den Abstimmungserläuterungen (S. 12; Hervorhebung nicht im Original) : "Die Initiative ist zu starr. Die Beschränkung der Zweitwohnungen auf einen fixen Anteil von 20 Prozent aller Wohnungen würde in zahlreichen Gemeinden zu einem abrupten Baustopp führen". Im Dossier 08.073 der Bundesversammlung "Argumentarien contra" zur Volksinitiative "Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen" (Stand 20. Januar 2012, S. 4 unten) wurde ausgeführt: "Die Initiative würde ein sofortiges Umnutzungsverbot von Erst- in Zweitwohnungen und einen Baustopp für neue Zweitwohnungen bewirken". Ähnlich argumentierte Economiesuisse in ihrer Medienmitteilung vom 24. Februar 2012 (Zweitwohnungsinitiative trifft strukturschwache Regionen ins Mark) : "Der Zweitwohnungsanteil soll in allen Gemeinden der Schweiz auf maximal 20 Prozent beschränkt werden. In Regionen, die vom Tourismus leben, ist der Anteil jedoch weit höher. Ein sofortiger Baustopp würde die Tourismuskantone Wallis, Graubünden, Tessin und Bern empfindlich treffen. 136 der 175 Bündner Gemeinden - davon 80 in strukturschwachen Regionen - dürften keine Zweitwohnungen mehr errichten". Diesen Argumenten widersprachen die Initianten nicht etwa mit Hinweis auf eine Schon- oder Übergangsfrist für die Bewilligung von Zweitwohnungen nach Annahme der Initiative; im Gegenteil: In ihrem Argumentarium (S. 23 und 26 f.) hoben sie hervor, dass die Initiative dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen wirksam entgegentrete und ihre Annahme bedeute, dass in Gemeinden mit über 20 % Zweitwohnungen keine weiteren Zweitwohnungen mehr gebaut oder Erstwohnungen in Zweitwohnungen umgenutzt werden könnten. Unter diesen Umständen mussten die Stimmbürger (auch als juristische Laien) mit der sofortigen Anwendung der Initiative im Falle ihrer Annahme rechnen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Abstimmung ohne die Übergangsbestimmung in Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV anders ausgefallen wäre. 11.5. Für die sofortige Anwendung der neuen Verfassungsbestimmungen sprechen auch Sinn und Zweck der Initiative. Wie bereits ihr Titel ("Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen!") besagt, soll die Zerstörung von Natur und Landschaften durch den Zweitwohnungsbau beendet werden. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn Zweitwohnungen noch während einer Übergangsfrist von bis zu einem Jahr (je nach Festsetzung des Abstimmungsdatums) nach altem Recht erteilt werden dürften. Es war vorhersehbar, dass eine derartige Übergangsfrist zu einer Flut von Baugesuchen und -bewilligungen kurz vor Jahreswechsel führen würde. Die Initianten erhoben denn auch sofort nach der Abstimmung systematisch Einsprache gegen Baubewilligungen für Zweitwohnungen in Tourismusgemeinden. 11.6. Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV keine Übergangsfrist für die Weiteranwendung des bisherigen Rechts enthält, sondern ab dem 1. Januar 2013 bis zum Inkrafttreten der Ausführungsgesetzgebung eine verschärfte Rechtsfolge anordnet (Nichtigkeit statt Anfechtbarkeit). Dadurch wird Druck auf den Gesetzgeber ausgeübt, die Initiative möglichst rasch und wirksam umzusetzen. Würde das Ausführungsgesetz zu viele Ausnahmen zulassen, könnten die Initianten dagegen das Referendum ergreifen, ohne befürchten zu müssen, dass in der Zwischenzeit Baubewilligungen für Zweitwohnungen in den betroffenen Gemeinden erteilt und rechtskräftig werden könnten. Bei dieser Zielsetzung macht es Sinn, die schwerwiegende Nichtigkeitsfolge erst zu einem Zeitpunkt eintreten zu lassen, in dem frühestens ein Ausführungsgesetz vorliegen könnte, d.h. am 1. Januar des auf die Annahme von Art. 75b BV folgenden Jahres. Für den Zeitraum davor bleibt es dagegen bei den normalen Rechtsfolgen: Baubewilligungen, die nach dem 11. März 2012 und vor dem 1. Januar 2013 erteilt wurden, sind anfechtbar. Werden sie nicht angefochten, erwachsen sie in Rechtskraft und können (vorbehältlich ihres Widerrufs) ausgenützt werden. Baubewilligungen, die vor dem 11. März 2012 erstinstanzlich erteilt wurden, fallen nicht unter die neuen Verfassungsbestimmungen und bleiben gültig, unabhängig vom Zeitpunkt, in dem sie rechtskräftig geworden sind. 11.7. Eine andere Auslegung erscheint auch nicht unter den Aspekten von Treu und Glauben und des Vertrauensschutzes geboten. Besonderen Situationen des Vertrauensschutzes kann im Einzelfall im Baubewilligungsverfahren Rechnung getragen werden (vgl. auch BGE 139 II 263). 12. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Art. 75b Abs. 1 BV - entgegen der Auffassung der kantonalen Instanzen - auf den vorliegenden Fall anwendbar ist. Da es sich unstreitig um ein Baugesuch für Zweitwohnungen in einer Gemeinde mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 % handelt, hätte die Baubewilligung nicht erteilt werden dürfen. Dies führt zur Gutheissung der Beschwerde, zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids und zur Verweigerung der Baubewilligung. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die private Beschwerdegegnerin kosten- und entschädigungspflichtig, und zwar sowohl für das bundesgerichtliche Verfahren (Art. 66 und 68 BGG) als auch für das Verfahren vor Verwaltungsgericht (Art. 67 und 68 Abs. 5 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 12. November 2012 sowie der Bau- und Einspracheentscheid des Gemeindevorstands Breil/Brigels vom 20. August 2012 werden aufgehoben. Die Baubewilligung für das Bauvorhaben der Beschwerdegegnerin auf Parzelle Nr. 3690 der Gemeinde Breil/Brigels wird verweigert. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- für das bundesgerichtliche Verfahren und von Fr. 3'371.-- für das verwaltungsgerichtliche Verfahren werden der Beschwerdegegnerin (L._ AG) auferlegt. 3. Die Beschwerdegegnerin (L._ AG) hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche und das verwaltungsgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 8'000-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Breil/Brigels, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 5. Kammer, und dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 22. Mai 2013 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Die Gerichtsschreiberin: Gerber
a8254ad5-f33f-4d26-ae86-fc5008629b80
fr
2,011
CH_BGer_001
Federation
347.0
127.0
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Faits: A. Le 9 avril 2010, X._ a circulé au volant de son véhicule automobile sur l'autoroute A1, à la hauteur de Bellevue, en direction de Genève, à la vitesse de 132 km/h, alors que la vitesse y est limitée à 100 km/h. Par décision du 6 juillet 2010, le Service des contraventions du canton de Genève lui a infligé une amende de 600 francs, pour infraction aux art. 27, 32 et 90 LCR, en relation avec les art. 4a et 5 de l'ordonnance fédérale du 13 novembre 1962 sur la circulation routière (OCR; RS 741.11), ainsi que l'art. 22 de l'ordonnance fédérale du 5 septembre 1979 sur la signalisation routière (OSR; RS 741.21). Cette décision est entrée en force. X._ a payé l'amende. Par décision du 2 septembre 2010, le Service des automobiles et de la navigation du canton de Vaud (ci-après: le SAN) a ordonné le retrait du permis de conduire de X._ pour la durée d'un mois, l'infraction étant qualifiée de moyennement grave. Le 8 octobre 2010, le SAN a rejeté la réclamation que l'intéressé avait formulée à l'encontre de la décision précitée. Par arrêt du 28 janvier 2011, la Cour de droit administratif et public du Tribunal cantonal du canton de Vaud (ci-après: le Tribunal cantonal) a rejeté le recours formé par le prénommé contre cette décision. B. Agissant par la voie du recours en matière de droit public, X._ demande au Tribunal fédéral d'annuler cet arrêt et la décision du SAN du 2 septembre 2010. Le Tribunal cantonal se réfère à l'arrêt attaqué. Le SAN et l'Office fédéral des routes concluent au rejet du recours. Le recourant a répliqué, par courrier du 14 juin 2011.
Considérant en droit: 1. La voie du recours en matière de droit public, au sens des art. 82 ss LTF, est ouverte contre une décision de dernière instance cantonale (art. 86 al. 1 let. d LTF) au sujet d'une mesure administrative de retrait du permis de conduire (art. 82 let. a LTF). Déposé en temps utile (art. 100 al. 1 LTF) par le destinataire de l'arrêt attaqué qui a un intérêt digne de protection à l'annulation de celui-ci (art. 89 al. 1 LTF), le présent recours est en principe recevable. 2. Invoquant l'art. 4 ch. 1 du Protocole additionnel n° 7 à la CEDH, le recourant estime que la mesure administrative prononcée sur la base des mêmes faits que la sanction pénale, violerait le principe "ne bis in idem". Il se réfère à l'interprétation que donne de cet article l'arrêt de la Cour européenne des droits de l'homme Zolotoukhine contre Russie du 10 février 2009 (ci-après: l'arrêt Zolotoukhine). 2.1 Nul ne peut être poursuivi ou puni pénalement par les juridictions du même Etat en raison d'une infraction pour laquelle il a déjà été acquitté ou condamné par un jugement définitif conformément à la loi et à la procédure pénale de cet Etat. Ce droit, exprimé par l'adage "ne bis in idem", est garanti par l'art. 4 ch. 1 du Protocole additionnel n° 7 à la CEDH, conclu à Strasbourg le 22 novembre 1984, et entré en vigueur pour la Suisse le 1er novembre 1988 (RS 0.101.07), ainsi que par l'art. 14 par. 7 du Pacte international relatif aux droits civils et politiques, conclu à New York le 16 décembre 1966 et entré en vigueur pour la Suisse le 18 septembre 1992 (Pacte ONU II; RS 0.103.2). La règle "ne bis in idem" découle en outre implicitement de la Constitution fédérale (ATF 128 II 355 consid. 5.1 p. 367; cf. également ATF 125 II 402 consid. 1b p. 404; 122 I 257 consid. 3 p. 259/260; 119 Ib 311 consid. 3a p. 318, et les arrêts cités). Enfin, sous la note marginale "Interdiction de la double poursuite", l'art. 11 al. 1 du Code de procédure pénale suisse du 5 octobre 2007 (CPP; RS 312.0) prévoit également qu'aucune personne condamnée ou acquittée en Suisse par un jugement entré en force ne peut être poursuivie une nouvelle fois pour la même infraction. 2.2 Il ressort de l'état de fait à la base de l'arrêt Zolotoukhine qu'emmené au poste de police le 4 janvier 2002 pour avoir tenté de faire entrer une femme dans un quartier militaire alors que cela était interdit, Sergueï Zolotoukhine, pris de boisson, injuria les policiers, n'obéit pas à leur injonction de cesser de troubler l'ordre public, puis tenta de s'échapper, au point que les policiers durent l'immobiliser et le menotter; par la suite, le prénommé proféra des insultes, ainsi que des menaces, à l'égard d'autres policiers. Le 4 janvier 2002, à raison de ces faits, le tribunal du district Gribanovski le reconnut coupable d'infraction à l'art. 158 du Code des infractions administratives de la Fédération de Russie, réprimant les actes perturbateurs mineurs, et le condamna à une peine de trois jours de détention administrative. Ce jugement est entré en force. Parallèlement, une procédure pénale a été ouverte contre Sergeï Zolotoukhine, prévenu, selon l'acte d'accusation du 5 avril 2002, d'actes perturbateurs, au sens de l'art. 213 par. 2 let. b du Code pénal de la Fédération de Russie (CPFR), de recours à la violence contre un agent public (art. 318 CPFR) et d'insulte à agent public (art. 319 CPFR). Le 2 décembre 2002, le tribunal du district Gribanovski libéra le prénommé de la prévention d'infraction à l'art. 213 par. 2 let. b CPFR, et le reconnut coupable au regard des art. 318 par. 1 et 319 du CPFR. Ce jugement, confirmé en appel, est entré en force. Par arrêt du 10 février 2009, la Grande Chambre de la Cour européenne des droits de l'homme (ci-après: la Cour européenne) a conclu à la violation du principe "ne bis in idem". Dans son argumentation, la Cour européenne a relevé que la diversité des approches adoptées pour vérifier si l'infraction pour laquelle un requérant a été poursuivi était en fait la même que celle pour laquelle il avait déjà été acquitté ou condamné par un jugement définitif, était source d'une insécurité juridique incompatible avec ce droit fondamental qu'est le droit de ne pas être poursuivi deux fois pour la même infraction. Elle a décidé d'harmoniser l'interprétation de la notion de "même infraction" - l'élément "idem" du principe "ne bis in idem" - aux fins de l'art. 4 du Protocole n° 7 (arrêt précité, § 78). Elle a retenu à cet égard que l'approche qui privilégie la qualification juridique des deux infractions est trop restrictive des droits de la personne, car si la Cour européenne s'en tient au constat que l'intéressé a été poursuivi pour des infractions ayant une qualification juridique différente, elle risque d'affaiblir la garantie consacrée par l'art. 4 du Protocole n° 7 et non de la rendre concrète et effective comme le requiert la CEDH (arrêt précité, § 81). En conséquence, l'art. 4 du Protocole n° 7 doit être compris comme interdisant de poursuivre ou de juger une personne pour une seconde "infraction" pour autant que celle-ci a pour origine des faits identiques ou des faits qui sont en substance les mêmes (arrêt précité, § 82). Il s'agit donc d'adopter une approche fondée strictement sur l'identité des faits matériels et de ne pas retenir la qualification juridique de ces faits comme critère pertinent. 2.3 Le droit suisse prévoit une double procédure pénale et administrative en matière de répression des infractions relatives à la circulation routière: le juge pénal se prononce sur les sanctions pénales (amende, peine pécuniaire, travail d'intérêt général ou peine privative de liberté) prévues par les dispositions pénales de la LCR (art. 90 ss LCR) et par le Code pénal (art. 34 ss, 106 et 107 CP), tandis que les autorités administratives compétentes décident de mesures administratives (avertissement ou retrait de permis) prévues par les art. 16 ss LCR. La question à résoudre en l'espèce est uniquement celle de savoir si la double procédure pénale et administrative prévue par la LCR est conforme à l'interprétation de l'art. 4 ch. 1 du Protocole additionnel n° 7 à la CEDH, telle qu'elle ressort de l'arrêt Zolotoukhine. 2.3.1 Différents auteurs ont donné leur avis quant à la compatibilité d'une sanction pénale et d'une mesure de retrait du permis de conduire, au regard de l'arrêt Zolotoukhine. YVAN JEANNERET défend la thèse que le système instauré par la LCR, qui veut qu'une infraction routière peut faire successivement l'objet d'une sanction pénale (art. 90 ss LCR), puis d'un retrait d'admonestation du permis de conduire (art. 16 ss LCR), sous la seule réserve des cas sanctionnés par une amende d'ordre, contrevient à la règle "ne bis in idem" lorsque les faits à la base de la sanction pénale et de la mesure administrative sont identiques. Cet auteur invite le législateur à mettre fin au système dual, en intégrant le retrait d'admonestation du permis de conduire dans l'arsenal des peines placé à la disposition du juge pénal (YVAN JEANNERET, L'arrêt Zolotoukhine contre Russie ou la fin du retrait administratif du permis de conduire, RDAF 2010 I p. 263 ss). HANSPETER MOCK s'est aussi interrogé sur les conséquences qu'aura la détermination du critère de l'identité des faits sur les ordres juridiques internes des Etats parties à la Convention, en particulier sur le fractionnement des procédures administrative et pénale qui ont cours en matière d'infractions aux règles de la circulation routière. Après avoir relevé que "la Suisse et sans doute d'autres pays pratiquant le fractionnement des procédures pourraient devoir modifier leur approche après l'arrêt [Zolotoukhine]", il a avancé "que des exceptions à l'unicité de la procédure devraient rester possibles, à tout le moins lorsque pour des raisons objectives et fondées, toutes les conséquences d'un acte délictueux ne peuvent pas être jugées ensemble. Ce sera à la jurisprudence à venir préciser ce qui est admissible à cet égard" (HANSPETER MOCK, Ne bis in idem: Strasbourg tranche en faveur de l'identité des faits, RTDH 2009, p. 867 ss, p. 879). Quant à CÉDRIC MIZEL, il plaide en faveur du caractère conventionnel du retrait du permis de conduire suisse. Il est d'avis que les considérants de l'arrêt Zolotoukhine, qui concernent deux procédures sanctionnant un même état de fait, conduites par le même tribunal disposant des mêmes sanctions, ne s'appliquent pas à la double procédure de sanctions des infractions routières en Suisse, dont l'une présente un lien matériel et temporel très étroit avec l'autre sans pour autant que les autorités distinctes qui les conduisent disposent des mêmes compétences ni des mêmes types de sanctions (CÉDRIC MIZEL, Ne bis in idem: l'arrêt Zolotoukhine contre Russie ne s'applique pas au retrait du permis de conduire suisse, Revue interdisciplinaire de la Circulation routière 2011, p. 27 ss, p. 30). 2.3.2 Selon la jurisprudence constante du Tribunal fédéral, la double procédure pénale et administrative prévue en droit suisse pour les infractions relatives à la circulation routière ne viole pas le principe "ne bis in idem". En effet, l'application dudit principe suppose en particulier que le juge de la première procédure ait été mis en mesure d'apprécier l'état de fait sous tous ses aspects juridiques. Cette condition fait défaut en l'espèce en raison des pouvoirs de décision limités de chacune des autorités compétentes. Ainsi, seules les deux autorités prises ensemble peuvent examiner l'état de fait dans son intégralité sous tous ses aspects juridiques (ATF 125 II 402 consid. 1b p. 404 s.). Le Tribunal fédéral a toutefois précisé que l'autorité administrative statuant sur un retrait du permis de conduire ne peut, en principe, pas s'écarter des constatations de fait d'un prononcé pénal entré en force. La sécurité du droit commande en effet d'éviter que l'indépendance du juge pénal et du juge administratif ne conduise à des jugements opposés, rendus sur la base des mêmes faits (ATF 109 Ib 203 consid. 1 p. 204; 96 I 766 consid. 4 p. 774). L'autorité administrative ne peut s'écarter du jugement pénal qu'à certaines conditions (ATF 129 II 312 consid. 2.4 p. 315; 123 II 97 consid. 3c/aa p. 104). 2.3.3 En matière d'infractions aux règles de la circulation routière, la Cour européenne s'est déjà prononcée sur la dualité des procédures administrative et pénale. Après avoir relevé que l'annulation du permis de conduire revêt, par son degré de gravité, un caractère punitif et dissuasif et s'apparente à une sanction pénale, elle a considéré que le retrait du permis de conduire ordonné par une autorité administrative, consécutivement à une condamnation pénale à raison des mêmes faits, n'emporte pas une violation de l'art. 4 du Protocole n° 7, lorsque la mesure administrative découle de manière directe et prévisible de la condamnation, dont elle ne constitue que la conséquence (arrêt Nilsson contre Suède du 13 décembre 2005 n° 73661/01 Recueil CourEDH 2005-XIII p. 333 ss; arrêt R.T. contre Suisse du 30 mai 2000, in: JAAC 64.152). L'étroite connexion entre les deux sanctions a amené la Cour européenne à conclure que la mesure administrative s'apparente à une peine complémentaire à la condamnation pénale, dont elle fait partie intégrante (arrêt Maszni contre Roumanie du 21 septembre 2006 § 69 et les arrêts cités). 2.4 Si l'arrêt Zolotoukhine a clarifié l'application du principe "ne bis in idem" en tranchant en faveur du critère de l'identité des faits, il ne s'est pas prononcé sur le cumul des procédures administrative et pénale en matière d'infractions contre la circulation routière. Ce domaine est particulier à différents titres. D'abord, même si le retrait du permis de conduire présente un caractère pénal (ATF 128 II 173 consid. 3c p. 176 et les arrêts cités), il s'agit d'une sanction administrative indépendante de la sanction pénale, avec une fonction préventive et éducative prépondérante (ATF 128 II 173 consid. 3c p. 177; 125 II 396 consid. 2a/aa p. 399). Son but principal est de garantir le respect des règles de la circulation routière et la sécurité des usagers de la route (voir également Message du 21 septembre 1998 concernant la modification du Code pénal suisse et du Code pénal militaire ainsi qu'une loi fédérale régissant la condition pénale des mineurs, FF 1999 p. 1787 ss, p. 1865). Ensuite, le système dual prévu par la LCR, dans lequel le juge pénal n'est pas compétent pour ordonner le retrait du permis de conduire, mesure qui relève de l'autorité administrative, a pour conséquence que seul le concours des deux autorités permet de subsumer l'état de fait à toutes les règles juridiques. Toutes les conséquences de l'acte délictueux ne pouvant pas être jugées ensemble, deux autorités aux compétences distinctes, ne disposant pas du même type de sanction, poursuivant des buts distincts, sont successivement amenées à statuer sur le même état de fait dans le contexte de deux procédures distinctes. Tel n'est pas le cas du système sanctionné par l'arrêt Zolotoukhine, dont les considérants se rapportent à deux procédures (administrative et pénale) sanctionnant un même état de fait, conduites par le même tribunal disposant des mêmes sanctions. Dans ces circonstances, il est difficile de savoir si, en rendant l'arrêt Zolotoukhine, la Cour européenne a voulu remettre en cause l'arrêt topique Nilsson contre Suède susmentionné, au regard duquel la coexistence des procédures administrative et pénale en matière de répression d'infractions routières ne viole pas le principe "ne bis in idem". On ne peut pas non plus déduire du bref paragraphe 82 de l'arrêt Zolotoukhine (cf. supra consid. 2.2) que toutes les doubles procédures prévues par les systèmes légaux soient à proscrire. De surcroît, ce raisonnement est renforcé par le fait que le législateur fédéral a clairement rejeté la proposition de transférer le retrait d'admonestation au juge pénal. Dans le cadre de la révision de la partie générale du Code pénal, lors de la procédure de consultation, la proposition de transférer le retrait du permis de conduire au juge pénal n'a recueilli l'adhésion que de la moitié des cantons environ et a été rejetée par la quasi-unanimité des organisations et services spécialisés (Message du 21 septembre 1998 précité, p. 1865). Dans la procédure de consultation relative au projet de révision de la LCR, 23 cantons ont souhaité que le conducteur fautif puisse faire l'objet d'une procédure administrative indépendante de la procédure pénale (Message du 21 septembre 1998 précité, p.1865). Dans son Message, le Conseil fédéral a notamment relevé que la pratique suisse était très bien acceptée et que tel qu'il était prévu dans la LCR, le retrait inconditionnel du permis de conduire représentait une mesure d'intérêt public très efficace (Message du 21 septembre 1998 précité, p. 1866). Plus récemment, le Conseil fédéral a décidé que les tribunaux de la circulation - dont la création simplifierait, rationaliserait et unifierait les procédures concernant les infractions aux règles de la circulation routière - ne pouvaient être institués contre la résistance claire de 22 cantons (Message du 20 octobre 2010 concernant Via sicura, le programme d'action de la Confédération visant à renforcer la sécurité routière, FF 2010 p. 7703 ss, p. 7745). Par conséquent, il n'y a pas lieu de s'écarter de la jurisprudence prévalant jusqu'à ce jour. Ce d'autant moins que la procédure pénale fédérale et les procédures administratives cantonales assurent toutes les garanties juridiques au sens des art. 29 à 30 Cst. et 6 CEDH. 3. Il s'ensuit que le recours doit être rejeté. Les frais judiciaires sont mis à la charge du recourant qui succombe (art. 66 al. 1 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 2'000 francs, sont mis à la charge du recourant. 3. Le présent arrêt est communiqué au mandataire du recourant, au Service des automobiles et de la navigation et à la Cour de droit administratif et public du Tribunal cantonal du canton de Vaud, ainsi qu'à l'Office fédéral des routes. Lausanne, le 26 septembre 2011 Au nom de la Ire Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: Fonjallaz La Greffière: Tornay Schaller
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Federation
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Sachverhalt: A. Mit Entscheid vom 9. Juli 2007 trat das Bundesverwaltungsgericht auf die von V._ gegen die rentenablehnende Verfügung der IV-Stelle für Versicherte im Ausland vom 2. Februar 2007 erhobene Beschwerde wegen Fristversäumnisses nicht ein. B. V._ führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag, der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid sei aufzuheben und das Bundesverwaltungsgericht sei zu verpflichten, auf das rechtzeitig erhobene Rechtsmittel einzutreten. Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). 2. Gemäss Art. 60 Abs. 1 ATSG ist die Beschwerde innerhalb von 30 Tagen nach der Eröffnung des Einspracheentscheides oder der Verfügung, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, einzureichen. Diese Frist kann nicht erstreckt werden (Art. 40 Abs. 1 ATSG). Nach Art. 39 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 2 ATSG ist die 30-tägige Frist nur gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim erstinstanzlichen Versicherungsgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben wird. Läuft die Frist unbenützt ab, so erwächst der Verwaltungsentscheid in (formelle) Rechtskraft mit der Wirkung, dass das erstinstanzliche Gericht auf eine verspätet eingereichte Beschwerde nicht eintreten darf (vgl. BGE 124 V 400 E. 1a S. 401). Eine Mitteilung, die nur gegen Unterschrift des Adressaten beziehungsweise der Adressatin oder einer anderen berechtigten Person überbracht wird, gilt laut Art. 38 Abs. 2bis ATSG spätestens am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt. 3. Die einen Rentenanspruch verneinende Verfügung der IV-Stelle vom 2. Februar 2007 wurde unbestrittenermassen am 6. Februar 2007 als Postsendung mit Zustellnachweis an die Adresse des Rechtsvertreters des Versicherten versandt und ging am 7. Februar 2007 bei der Poststelle am Ort des Empfängers (in Y._) ein. Ebenfalls nicht streitig ist die Tatsache, dass die Post die Sendung aufgrund eines Rückbehaltungsauftrags des Rechtsvertreters bis zum 26. Februar 2007 zurückbehielt. Dieser nahm die Verfügung am letztgenannten Datum zusammen mit der übrigen zurückbehaltenen Post am Schalter in Empfang. Aus dem vom Beschwerdeführer eingereichten Schreiben der Schweizerischen Post vom 9. August 2007 ergibt sich überdies, dass - entgegen deren versehentlichen früheren Zustellinformation ("Track & Trace") - mit Bezug auf die streitige Verfügung nie ein (erfolgloser) Zustellversuch an der Adresse des Rechtsvertreters unternommen worden ist. Insofern hat die Vorinstanz auf einen offensichtlich unrichtigen Sachverhalt abgestellt. Dieser Umstand ist indessen, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens nicht entscheidend (vgl. Art. 97 Abs. 1 in fine BGG). 4. Mit dem hievor (E. 2 in fine) zitierten Art. 38 Abs. 2bis ATSG (wie auch mit Art. 44 Abs. 2 BGG und Art. 20 Abs. 2bis VwVG) wurde mit Wirkung ab 1. Januar 2007 die von der Gerichtspraxis für eingeschriebene Sendungen entwickelte Zustellungsfiktion (BGE 127 I 31,123 III 492, 119 II 147 E. 2 S. 149, 119 V 89 E. 4b/aa S. 94, je mit Hinweisen) in Gesetzesrecht überführt, nach dem Wortlaut der Norm allerdings nur hinsichtlich der Fälle eines tatsächlich unternommenen erfolglosen (Briefkasten- oder Postfach-)Zustellungsversuchs (mit entsprechender Abholungseinladung). Im hier zu beurteilenden Fall stellt sich daher die Frage, ob die früher in analoger Anwendung der Rechtsprechung zur Briefkasten- und Postfachzustellung auch beim Postrückbehaltungsauftrag beachtete Fiktion, wonach eine eingeschriebene Sendung spätestens am letzten Tag einer Frist von sieben Tagen ab Eingang bei der Poststelle am Ort des Empfängers als zugestellt zu betrachten ist (BGE 123 III 492), unter neuem Recht - nunmehr in Analogie zu Art. 38 Abs. 2bis ATSG (sowie Art. 44 Abs. 2 BGG und Art. 20 Abs. 2bis VwVG) - weiterhin Geltung beansprucht. Gleichbehandlungs-, Missbrauchs- und Praktikabilitätsüberlegungen gebieten die Bejahung der Frage. Nach wie vor setzt die Zustellungsfiktion immerhin voraus, dass der Adressat mit der fraglichen Zustellung hatte rechnen müssen (BGE 130 III 396 E. 1.2.3 S. 399, 127 I 31 E. 2a/aa S. 34, je mit Hinweisen; Amstutz/ Arnold, Basler Kommentar, N 25 f. zu Art. 44 BGG). Dieser Rechtsauffassung haben sämtliche Abteilungen im Verfahren nach Art. 23 Abs. 2 BGG zugestimmt. 5. Der Rechtsvertreter des Versicherten hatte sich mit Eingaben vom 20. und 29. November 2006 gegen den Vorbescheid der IV-Stelle vom 17. November 2006 gewandt und musste deshalb zweifellos mit der Zustellung der in der Folge erlassenen Verwaltungsverfügung vom 2. Februar 2007 rechnen. Hat nach dem hievor Gesagten als Zustellungsdatum der rentenablehnenden Verfügung der 14. Februar 2007 zu gelten (d.h. der siebte Tag nach Eingang bei der Poststelle am Ort des Rechtsvertreters vom 7. Februar 2007), begann die 30-tägige Beschwerdefrist am 15. Februar 2007 zu laufen (Art. 38 Abs. 1 ATSG) und endete am 16. März 2007. Die unbestrittenermassen erst am 23. März 2007 erhobene Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht war demnach verspätet. 6. Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 7. Januar 2008 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Meyer Attinger
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Sachverhalt: A. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl führt eine Strafuntersuchung gegen X._ wegen qualifizierten Drogendelikten, mehrfachen Diebstahls und weiteren mutmasslichen Straftaten (begangen zwischen 2006 und 2007). Am 23. Januar 2007 wurde er verhaftet und in Untersuchungshaft versetzt. Nachdem der Angeschuldigte am 23. März 2007 aus der Haft entlassen worden war, wurde er am 18. Juni 2007 erneut inhaftiert. Seit dem 2. September 2008 befindet er sich im vorzeitigen Strafvollzug. Am 27. November 2008 stellte er letztmals ein Gesuch um Entlassung aus der strafprozessualen Haft, welches der Haftrichter des Bezirksgerichtes Zürich am 4. Dezember 2008 abwies. B. Gegen die haftrichterliche Verfügung vom 4. Dezember 2008 gelangte X._ mit Beschwerde vom 26. (Posteingang: 30.) Dezember 2008 an das Bundesgericht. Er beantragt in der Hauptsache die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und seine sofortige Haftentlassung. Die Staatsanwaltschaft und der kantonale Haftrichter haben am 5. Januar 2009 auf Vernehmlassungen je ausdrücklich verzichtet.
Erwägungen: 1. Angefochten ist ein strafprozessualer Haftprüfungsentscheid betreffend Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug. Die Eintretenserfordernisse von Art. 78 ff. BGG (vgl. BGE 133 I 270 E. 1.1 S. 272 f. mit Hinweisen) geben hier zu keinen Bemerkungen Anlass. 2. Nach zürcherischem Strafprozessrecht darf vorzeitiger Strafvollzug nur fortgesetzt werden, wenn der Angeschuldigte eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ausserdem konkrete Anhaltspunkte für einen besonderen Haftgrund vorliegen (§ 58 Abs. 1 i.V.m. § 71a StPO/ZH). 2.1 Der Beschwerdeführer bestreitet den dringenden Tatverdacht eines Verbrechens oder Vergehens nicht. Er wendet sich jedoch gegen die Annahme des besonderen Haftgrundes der Fortsetzungsgefahr (§ 58 Abs. 1 Ziff. 3 StPO/ZH). 2.2 Nach der Praxis des Bundesgerichtes kann die Anordnung von Haft wegen Fortsetzungsgefahr dem strafprozessualen Ziel der Beschleunigung dienen, indem verhindert wird, dass sich das Verfahren durch immer neue Delikte kompliziert und in die Länge zieht (BGE 105 Ia 26 E. 3c S. 31; nicht amtl. publ. E. 4a von BGE 126 I 172). Auch die Wahrung des Interesses an der Verhütung weiterer Delikte ist nicht verfassungs- und grundrechtswidrig. Vielmehr anerkennt Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK ausdrücklich die Notwendigkeit, Angeschuldigte an der Begehung strafbarer Handlungen zu hindern, somit Spezialprävention, als Haftgrund (BGE 133 I 270 E. 2.1 S. 275 mit Hinweisen). 2.3 Bei der Annahme, dass der Angeschuldigte weitere Verbrechen oder erhebliche Vergehen begehen könnte, ist allerdings Zurückhaltung geboten. Da Präventivhaft einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht der persönlichen Freiheit darstellt, muss sie auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein (BGE 133 I 270 E. 2.2 S. 276; 123 I 221 E. 4 S. 226). Die Aufrechterhaltung von strafprozessualer Haft wegen Fortsetzungsgefahr ist verhältnismässig, wenn einerseits die Rückfallprognose sehr ungünstig und anderseits die zu befürchtenden Delikte von schwerer Natur sind (BGE 133 I 270 E. 2.2 S. 276; 123 I 268 E. 2e S. 271 ff.). Die rein hypothetische Möglichkeit der Verübung weiterer Delikte sowie die Wahrscheinlichkeit, dass nur geringfügige Straftaten verübt werden, reichen dagegen nicht aus, um eine Präventivhaft zu begründen. Schliesslich gilt auch bei der Präventivhaft - wie bei den übrigen Haftarten - dass sie nur als "ultima ratio" angeordnet oder aufrecht erhalten werden darf. Wo sie durch mildere Massnahmen ersetzt werden kann, muss von der Anordnung oder Fortdauer der Haft abgesehen und an ihrer Stelle eine dieser Ersatzmassnahmen verfügt werden (BGE 133 I 270 E. 2.2 S. 276, E. 3.3 S. 279 f.; 125 I 60 E. 3a S. 62; 124 I 208 E. 5 S. 213; 123 I 268 E. 2c S. 270 f., je mit Hinweisen). 2.4 Nach Zürcher Verfahrensrecht kann strafprozessuale Haft wegen Wiederholungsgefahr nur fortgesetzt werden, wenn aufgrund bestimmter Anhaltspunkte ernsthaft befürchtet werden muss, der Angeschuldigte werde, "nachdem er bereits zahlreiche Verbrechen oder erhebliche Vergehen verübt hat, erneut solche Straftaten begehen" (§ 58 Abs. 1 Ziff. 3 StPO/ZH). Bei untersuchten schweren Verbrechen, die im Deliktskatalog von § 58 Abs. 1 Ziff. 4 StPO/ZH abschliessend aufgezählt werden, besteht hingegen keine Vortaterfordernis (im Sinne von § 58 Abs. 1 Ziff. 3 StPO/ZH). Dazu gehören insbesondere Verbrechen gegen Leib und Leben oder gegen die sexuelle Integrität (sogenannte qualifizierte Wiederholungsgefahr ohne Vortaterfordernis; Urteil des Bundesgerichtes 1B_44/2008 vom 13. März 2008 E. 6.2; vgl. auch Niklaus Schmid, Strafprozessrecht, 4. Aufl., Zürich 2004, Rz. 701c). 2.5 Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2, Art. 31 BV) wegen der Ablehnung eines Haftentlassungsgesuches erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffes die Auslegung und Anwendung des kantonalen Prozessrechtes frei. Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch BGE 132 I 21 E. 3.2.3 S. 24 mit Hinweisen). 2.6 Im vorliegenden Fall bezieht sich der dringende Tatverdacht auf qualifizierte Drogendelikte, mehrere Vermögensdelikte und weitere Straftaten, die nicht unter den Deliktskatalog von § 58 Abs. 1 Ziff. 4 StPO/ZH (qualifizierte Wiederholungsgefahr) fallen. Zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer bereits früher "zahlreiche Verbrechen oder erhebliche Vergehen" verübt hat und ob ernsthaft befürchtet werden muss, er werde erneut solche Straftaten begehen. An den Nachweis entsprechender schwerer Vordelikte und drohender neuer Delinquenz ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich ein strenger Massstab anzulegen (Urteil 1B_44/2008 vom 13. März 2008 E. 6.3; vgl. Andreas Donatsch, in: Donatsch/Schmid [Hrsg.], Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Zürich 1996 ff., § 58 N. 48-53; Schmid, a.a.O., Rz. 701b, je mit weiteren Hinweisen auf die bundesgerichtliche Praxis). 2.7 Zur Begründung der Wiederholungsgefahr verweist die Vorinstanz einerseits auf die Vorstrafen, anderseits auf das Verhalten des Beschwerdeführers während der hängigen Strafuntersuchung, insbesondere auf die mutmassliche neue Delinquenz nach seiner letzten Entlassung aus der Untersuchungshaft am 23. März 2007. 2.8 Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er anlässlich seiner Haftentlassung am 23. März 2007 vom Staatsanwalt ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ihm im Falle weiterer Delinquenz die erneute Inhaftierung drohe. Er räumt auch ein, dass er am 18. Juni 2007 erneutet verhaftet wurde, dass er eingestand, nach seiner Haftentlassung zwei Brillen gestohlen zu haben, und dass am 18. Juni 2007 an seinem Wohnort 9,7 Gramm Heroin beschlagnahmt wurden. Dennoch könne nicht von Wiederholungsgefahr im Sinne der Zürcher Strafprozessordnung ausgegangen werden. Mit seiner am 23. März 2007 zu Protokoll gegebenen Aussage, er habe verstanden, dass die Staatsanwaltschaft bei weiterer Delinquenz seine neuerliche Inhaftierung beantragen werde, habe er diese Intention der Untersuchungsbehörde "nicht etwa gebilligt". Ebenso wenig habe er auf eine am Gesetz und an der Rechtsprechung orientierte Anwendung von § 58 Abs. 1 Ziff. 3 StPO/ZH verzichtet. Es könne ihm keine Verübung von zahlreichen Verbrechen oder erheblichen Vergehen im Sinne des Gesetzes vorgehalten werden. Art. 369 Abs. 7 StGB sehe für Vorstrafen, die aus dem Strafregister entfernt wurden, ein absolutes Verwertungsverbot vor. Die Vorinstanz berufe sich indessen auf zwei Verurteilungen (vom 20. November 1984 und 22. April 1986), welche schon vor etlichen Jahren aus dem Strafregister gelöscht worden seien. Was die (von § 58 Abs. 1 StPO/ZH) zusätzlich verlangte "ernsthafte Befürchtung" betreffe, dass er, der Beschwerdeführer, neuerlich schwere Delikte verüben könnte, seien die restriktiven Voraussetzungen der bundesgerichtlichen Praxis nicht erfüllt. Aber selbst wenn Wiederholungsgefahr vorläge (was bestritten werde), könne dieser mit strafprozessualen Ersatzmassnahmen für Haft (im Sinne von §§ 72-73 i.V.m. § 58 Abs. 4 StPO/ZH) ausreichend begegnet werden. Der angefochtene Entscheid verletze insofern Art. 10 Abs. 2 i.V.m. Art. 31 und Art. 36 Abs. 2-3 BV. 2.9 Was die Vorstrafen des Beschwerdeführers betrifft, verweist der angefochtene Entscheid auf die Erwägungen des Haftprüfungsentscheides vom 23. August 2008. Dort wird festgestellt, dass am 20. November 1984 eine Verurteilung zu 18 Monaten Gefängnis bedingt erfolgt sei, unter anderem wegen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls. Mit Strafurteil vom 22. April 1986 seien gegen den Beschwerdeführer 16 Monate Gefängnis unbedingt ausgefällt worden, erneut wegen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls und weiteren Delikten; gleichzeitig sei der im früheren Urteil gewährte bedingte Strafvollzug widerrufen worden. Trotz Landesverweisung für die Dauer von 10 Jahren habe er mehrfach Verweisungsbruch begangen und 1992 erneut delinquiert. Am 9. September 1993 habe das Obergericht des Kantons Zürich wegen Diebstahls, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruchs, mehrfacher Hehlerei, Ausweisfälschung und ANAG-Delikten eine weitere unbedingte Freiheitsstrafe von 16 Monaten gegen den Beschwerdeführer verhängt. 1998 sei er wegen rechtswidriger Einreise mit einem Monat Gefängnis und Busse bestraft worden, 2002 wegen FiaZ und weiteren SVG-Verstössen mit Busse. 2.10 Gemäss Art. 369 Abs. 1 StGB werden Urteile, die eine Freiheitsstrafe enthalten, von Amtes wegen aus dem Strafregister entfernt, wenn über die gerichtlich zugemessene Strafdauer hinaus die in lit. a-d genannten Fristen verstrichen sind. Die Eintragung darf nach der Entfernung nicht mehr rekonstruierbar sein, und entfernte Urteile dürfen "dem Betroffenen nicht mehr entgegengehalten werden" (Art. 369 Abs. 7 StGB). Die Bestimmungen befinden sich im Dritten Buch: "Einführung und Anwendung des Gesetzes". Ausdrückliches Ziel des Gesetzgebers war es, nach Ablauf der genannten Fristen einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem staatlichen Strafverfolgungsinteresse und dem Bedürfnis nach vollständiger Rehabilitation verurteilter Personen. Gemäss der Botschaft des Bundesrates lasse es sich nicht rechtfertigen, einem Verurteilten noch Jahrzehnte nach der Strafverbüssung die frühere Straffälligkeit vorzuhalten (Botschaft des Bundesrates zur Änderung des StGB vom 23. März 1999, BBl 1999 S. 1977 ff., 2168; vgl. auch Patrick Gruber, in: Basler Kommentar StGB, Bd. II, 2. Aufl., Basel 2007, Art. 369 N. 6; Christian Schwarzenegger/Markus Hug/Daniel Jositsch, Strafrecht II, Strafen und Massnahmen, 8. Aufl., Zürich 2007, S. 306, 311; Günter Stratenwerth/Wolfgang Wohlers, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, Bern 2007, Art. 369 N. 1; Stefan Trechsel/Viktor Lieber, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, Zürich 2008, Art. 369 N. 6). Art. 369 Abs. 7 StGB sieht deshalb im Sinne eines Verwertungsverbotes vor, dass die Strafjustizbehörden an Vorstrafen, die aus dem Strafregister entfernt worden sind, keine Rechtsfolgen mehr knüpfen dürfen (Botschaft, BBl 1999 S. 2168; BGE 6B_538/2008 vom 7. Januar 2009 E. 2.3-2.5; vgl. Angela Augustin, Die Legitimation von Informationen über Strafregistereinträge, in: Cottier/Rüetschi/Sahlfeld [Hrsg.], Information und Recht, Basel 2002, S. 1 ff., 11; Gruber, a.a.O., N. 7; Schwarzenegger/Hug/Jositsch, a.a.O., S. 311; Stratenwerth/Wohlers, a.a.O., N. 4; Trechsel/Lieber, a.a.O., N. 6). Im oben zitierten BGE vom 7. Januar 2009 hat das Bundesgericht entschieden, dass das Strafgericht entfernte (oder nicht eingetragene) Vorstrafen dem Angeschuldigten zwar bei der Strafzumessung nicht entgegen halten darf; dies hindert medizinische Experten jedoch nicht daran, entsprechende (für die Begutachtung relevante) Vorstrafen sachlich mitzuberücksichtigen (vgl. insofern schon nach altem Recht BGE 121 IV 3 E. 1c/dd S. 9). 2.11 Nach dem Gesagten ist Art. 369 StGB auch vom Haftrichter zu beachten mit der Wirkung, dass aus dem Strafregister entfernte Vorstrafen bei der Prüfung des strafprozessualen Haftgrundes der Wiederholungsgefahr grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind. Aus den Materialien ergibt sich, dass nach Ablauf der gesetzlichen Fristen keine für den Verurteilten nachteiligen Rechtswirkungen aus den fraglichen Vorstrafen abgeleitet werden dürfen, weder materiellstrafrechtliche (Strafzumessung usw.), noch strafprozessuale. Für eine kohärente Berücksichtigung des neuen Strafregisterrechts auch im strafprozessualen Haftrecht sprechen neben dem gesetzgeberischen Ziel der vollständigen Rehabilitation von Verurteilten nach langem Zeitablauf auch spezifisch verfahrensrechtliche Gründe. Nach der dargelegten Praxis des Bundesgerichtes ist der strafprozessuale Haftgrund der Wiederholungsgefahr restriktiv zu handhaben (vgl. oben, E. 2.3 und 2.6). Je weiter die Vorstrafen zeitlich zurückliegen, umso schwieriger wird Präventivhaft wegen Wiederholungsgefahr zu begründen sein. Das Strafregisterrecht enthält diesbezüglich gesetzliche Schranken, denen auch im Haftprüfungsverfahren sachgemäss Rechnung zu tragen ist. 2.12 Dem Beschwerdeführer werden qualifizierte Drogendelikte, zwei Einbruchdiebstähle, weitere Diebstähle, die Vorbereitung bzw. Planung eines Raubüberfalles auf einen Geldboten sowie FiaZ zur Last gelegt (alles begangen zwischen 2006 und 2007). Am 9. September 1993 ist er unbestrittenermassen wegen Diebstahls, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruchs, mehrfacher Hehlerei, Ausweisfälschung sowie ANAG-Delikten zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt worden. Wie die Vorinstanz willkürfrei darlegt, ist diese Verurteilung aus dem Strafregister noch nicht entfernt worden. Art. 369 Abs. 1 lit. b StGB bestimmt denn auch, dass eingetragene Freiheitsstrafen von mindestens einem und weniger als fünf Jahren zu entfernen sind, wenn über die gerichtlich zugemessene Strafdauer hinaus 15 Jahre verstrichen sind. Im angefochtenen Entscheid wird im Einklang mit dieser Vorschrift erwogen, dass die Entfernung frühestens am 9. Januar 2010 erfolgen werde. Zwar behauptet der Beschwerdeführer beiläufig, das Urteil werde schon "2009" im Strafregister zu löschen sein. Er begründet diese Ansicht jedoch nicht und setzt sich mit den anderslautenden verfassungskonformen Erwägungen der Vorinstanz nicht auseinander. Wie es sich damit strafregisterrechtlich näher verhält, braucht nicht weiter geprüft zu werden. Der kantonale Haftrichter durfte die (am 4. Dezember 2008 noch nicht entfernte) Vorstrafe vom 9. September 1993 jedenfalls ohne Verletzung der Verfassung mitberücksichtigen. 2.13 Nach dem Gesagten ist es nicht verfassungswidrig, wenn die Vorinstanz davon ausgeht, der Beschwerdeführer habe bereits "zahlreiche Verbrechen oder erhebliche Vergehen" im Sinne von § 58 Abs. 1 Ziff. 3 StPO/ZH begangen. 2.14 Der kantonale Haftrichter stützt die Befürchtung, dass der Beschwerdeführer neuerlich schwerwiegende Delikte (in der Art der untersuchten Straftaten) verüben könnte, nicht nur auf die genannten Vorstrafen, sondern auch auf das Verhalten des Beschwerdeführers während der Strafuntersuchung. Nach den vorliegenden Akten wurde dieser am 23. Januar 2007 (wegen des Verdachts von qualifizierten Drogendelikten und Vermögensdelikten) verhaftet und am 23. März 2007 aus der U-Haft entlassen. Er bestreitet nicht, dass er (anlässlich der Befragung vom 23. März 2007) vom Staatsanwalt ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ihm im Falle weiterer Delinquenz die erneute Inhaftierung drohe, und dass er zu Protokoll gab, dass er das verstanden habe. Am 18. Juni 2007 wurde der Beschwerdeführer erneut verhaftet. Unbestrittenermassen gestand er (am 19. Juni 2007), am 18. Juni 2007 in Zürich zwei Brillen gestohlen zu haben. Zudem musste ihm neu der Diebstahl einer Lederjacke aus einer Boutique sowie FiaZ (begangen am 5. Juni 2007 mit 1,5 Gewichtspromille Blutalkohol) zur Last gelegt werden, und es wurden bei einer Hausdurchsuchung vom 18. Juni 2007 am Wohnort des Beschwerdeführers 9,7 Gramm Heroin beschlagnahmt, die (nach seinen Aussagen) ihm gehörten. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, die Drogen seien zum Eigenkonsum bestimmt gewesen. 2.15 Bei dieser Sachlage bestehen ausreichend konkrete Anhaltspunkte für die Befürchtung, dass der Beschwerdeführer nach einer neuerlichen Haftentlassung erneut in schwerwiegender Weise einschlägig delinquieren könnte. 2.16 Verfassungskonform ist auch die Ansicht des Haftrichters, mit blossen Ersatzmassnahmen für strafprozessuale Haft lasse sich der dargelegten Wiederholungsgefahr im jetzigen Verfahrensstadium nicht ausreichend begegnen. Dabei durfte er mitberücksichtigen, dass weder Vorstrafen, noch eine mehrmonatige Untersuchungshaft, noch ausdrückliche Ermahnungen der Staatsanwaltschaft den Beschwerdeführer nach seiner letzten Haftentlassung offenbar davon abhalten konnten, weiter zu delinquieren. Dieser legt nicht dar, wie mit dem von ihm vorgeschlagenen "Aufenthaltsgebot" in Clarens/VD (wo er eine Stelle als Hilfskoch antreten könne), mit einem nicht näher konkretisierten "Kontaktverbot" oder dem "Verbot, Mobiltelefone und Privatfahrzeuge zu verwenden", die Wiederholungsgefahr (etwa betreffend weitere Einbruchdiebstähle oder Drogendelikte) entscheidend gebannt werden könnte. Auch die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Verletzung der Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 4 BV) hält einer Überprüfung nicht stand. Die Vorinstanz hat sich mit entsprechenden Vorbringen ausreichend befasst. Dass der Haftrichter der Argumentation des Beschwerdeführers nicht folgte, begründet keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. 3. Schliesslich rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes bzw. eine übermässige Haftdauer im Sinne von Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK. Zum einen habe die Untersuchungsbehörde das Strafverfahren verschleppt. Zum anderen sei die bisherige Dauer der strafprozessualen Haft bereits in grosse Nähe der "allenfalls auszufällenden Freiheitsstrafe" gerückt. 3.1 Gemäss Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK hat eine in strafprozessualer Haft gehaltene Person Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist richterlich abgeurteilt oder während des Strafverfahrens aus der Haft entlassen zu werden. Eine übermässige Haftdauer stellt eine unverhältnismässige Beschränkung dieses Grundrechts dar. Sie liegt dann vor, wenn die Haftfrist die mutmassliche Dauer der zu erwartenden freiheitsentziehenden Sanktion übersteigt. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der Haftdauer ist namentlich der Schwere der untersuchten Straftaten Rechnung zu tragen. Der Richter darf die Haft nur so lange erstrecken, als sie nicht in grosse zeitliche Nähe der (im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung) konkret zu erwartenden Dauer der freiheitsentziehenden Sanktion rückt (BGE 133 I 168 E. 4.1 S. 170, 270 E. 3.4.2 S. 281, je mit Hinweisen). Im Weiteren kann eine Haft die zulässige Dauer auch dann überschreiten, wenn das Strafverfahren nicht genügend vorangetrieben wird, wobei sowohl das Verhalten der Justizbehörden als auch dasjenige des Inhaftierten in Betracht gezogen werden müssen. Gemäss der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist die Frage, ob eine Haftdauer als übermässig bezeichnet werden muss, aufgrund der konkreten Verhältnisse des einzelnen Falles zu beurteilen (BGE 133 I 168 E. 4.1 S. 170 f., 270 E. 3.4.2 S. 281; 132 I 21 E. 4.1 S. 27 f., je mit Hinweisen). 3.2 Wie sich aus den Akten ergibt, befindet sich der Beschwerdeführer seit insgesamt 21 Monaten in strafprozessualer Haft. Die Haftdauer ist damit noch nicht in grosse Nähe der Freiheitsstrafe gerückt, die ihm im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung wegen qualifizierten Drogendelikten, diversen Vermögensdelikten und weiteren Straftaten droht. 3.3 Im angefochtenen Entscheid wird dargelegt, dass die Vorinstanz die Staatsanwaltschaft wiederholt zur beförderlichen Untersuchungsführung ermahnt habe (nachdem von Ende Oktober 2008 bis Anfang Dezember 2008 keine weiteren Untersuchungshandlungen im engeren Sinne erfolgt seien). Am 27. November 2008 habe die Kantonspolizei Zürich weitere Einvernahmen (für den Zeitraum Mitte Dezember 2008 bis Mitte Februar 2009) schriftlich in Aussicht gestellt, und am 2. Dezember 2008 sei eine Einvernahme des Beschwerdeführers auf den 15. Dezember 2008 anberaumt worden. Nach Ansicht des Haftrichters weise grundsätzlich nichts darauf hin, dass die Untersuchungsbehörde nicht in der Lage und gewillt wäre, das Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung voranzutreiben. Dabei sei auch zu beachten, dass es sich um eine vielschichtige und umfangreiche Strafuntersuchung handle. Im angefochtenen Entscheid hält die Vorinstanz zuhanden der Staatsanwaltschaft nochmals ausdrücklich fest, es sei "darauf zu drängen, dass die weiteren erforderlichen Untersuchungshandlungen zu einem beförderlichen Abschluss gebracht werden". Der Staatsanwalt habe "die zuständigen Polizeiorgane dazu anzuhalten, die delegierten Einvernahmen bis spätestens Ende Februar 2009 abzuschliessen, oder diese dann selber durchzuführen, so dass die Konfrontationseinvernahme" mit einer Mitangeschuldigten "im März 2009 durchgeführt werden kann, wobei die anstehenden Einvernahmetermine so schnell wie möglich mit den beteiligten Verteidigern abzusprechen sein werden" (angefochtener Entscheid, S. 5-7). Im Dispositiv (Ziffern 2-3) des angefochtenen Entscheides hat der Haftrichter im Übrigen den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass einer Sperrfrist für allfällige neue Haftentlassungsgesuche abgewiesen und festgestellt, dass der Beschwerdeführer beim zuständigen Staatsanwalt jederzeit ein Haftentlassungsgesuch stellen kann. 3.4 Damit hat die Vorinstanz deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Strafverfahren mit der verfassungsrechtlich gebotenen Dringlichkeit voranzutreiben ist. Der kantonale Haftrichter hat der Untersuchungsbehörde diesbezüglich - in Nachachtung der Partei- und Grundrechte des Beschwerdeführers - klare prozessuale Anweisungen gegeben und konkrete Termine gesetzt. Aus den Vorbringen des Beschwerdeführers und den vorliegenden Akten werden keine schweren prozessualen Versäumnisse der kantonalen Behörden ersichtlich, welche eine sofortige Haftentlassung im jetzigen Verfahrensstadium als verfassungsrechtlich geboten erscheinen liessen. 4. Die Beschwerde ist abzuweisen. Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung). Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (und insbesondere die finanzielle Bedürftigkeit des Gesuchstellers ausreichend dargelegt wird), kann dem Begehren entsprochen werden (Art. 64 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 3. Es werden keine Kosten erhoben. 4. Dem Rechtsbeistand des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Claude Hentz, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet. 5. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl und dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 20. Januar 2009 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Féraud Forster
a972ddda-668b-4427-946a-1ad3fad2299f
de
2,011
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
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critical
critical-1
Sachverhalt: A. Y._ reichte am 21. Januar 2008 ein Baugesuch für den Neubau des Seerestaurants Z._ in Beckenried ein. Das Projekt beinhaltet insbesondere die Erstellung einer überdachten Seeterrasse mit maximal 60 Sitzplätzen. Gegen das Bauvorhaben erhob X._ Einsprache. Mit Entscheid vom 26. Mai 2008 erteilte der Gemeinderat Beckenried Y._ unter Bedingungen und Auflagen die Baubewilligung und wies die Einsprache ab. Die von X._ eingereichte Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons Nidwalden mit Beschluss vom 3. Februar 2009 ab, soweit er darauf eintrat. X._ focht diesen Beschluss mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden an, welches die Beschwerde mit Urteil vom 14. September 2009 abwies. B. X._ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht mit den Anträgen, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und die vom Gemeinderat Beckenried erteilte Baubewilligung sei zu verweigern. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Des Weiteren ersucht sie, ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) reicht eine Stellungnahme ein, ohne ausdrücklich Anträge zu stellen. Der Gemeinderat von Beckenried stellt Antrag auf Beschwerdeabweisung. Der Regierungsrat beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Die Beschwerdegegnerin und das Verwaltungsgericht verzichten auf eine Vernehmlassung. Die Beschwerdeführerin hält an ihren Anträgen fest. C. Mit Verfügung vom 15. Juli 2010 erkannte der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu.
Erwägungen: 1. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Ihm liegt ein Beschwerdeverfahren über ein Baubegehren und damit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit zu Grunde. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 lit. a BGG steht auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung (BGE 133 II 249 E. 1.2 S. 251, 400 E. 2.1 S. 404). Ausnahmegründe im Sinne von Art. 83 ff. BGG liegen nicht vor. Die Beschwerdeführerin hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen (Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG). Sie ist als Nachbarin zur Beschwerde grundsätzlich legitimiert (Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG; BGE 133 II 249 E. 1.3.3 S. 253 f.). Dies gilt auch für ihr Vorbringen, die Vorinstanz habe ihre Legitimation zu Unrecht teilweise verneint (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.3.2 S. 253; 133 I 185 E. 6.2 S. 198 ff.). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten. 2. 2.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, indem die Vorinstanz ihre Legitimation teilweise verneint habe, habe sie unter anderem gegen Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG (SR 700), Art. 95 ff. BGG, Art. 111 Abs. 1 BGG und Art. 29 BV verstossen. 2. 2.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, indem die Vorinstanz ihre Legitimation teilweise verneint habe, habe sie unter anderem gegen Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG (SR 700), Art. 95 ff. BGG, Art. 111 Abs. 1 BGG und Art. 29 BV verstossen. 2.2 2.2.1 Gemäss Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG gewährleistet das kantonale Recht gegen Verfügungen betreffend die Raumplanung die Legitimation mindestens im gleichen Umfang wie für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Ferner schreibt Art. 111 BGG in Fortführung von Art. 98a des früheren Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 1943 (OG) die Einheit des Verfahrens vor. Wer zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt ist, muss sich am Verfahren vor allen kantonalen Vorinstanzen als Partei beteiligen können (Art. 111 Abs. 1 BGG). Die unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts muss grundsätzlich mindestens die Rügen nach den Artikeln 95-98 BGG prüfen können (Art. 111 Abs. 3 BGG). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die kantonalen Behörden die Rechtsmittelbefugnis nicht enger fassen dürfen, als dies für die Beschwerde an das Bundesgericht vorgesehen ist. Zur Beurteilung der Frage, ob die Vorinstanz die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin zu Recht teilweise verneint hat, ist daher vorliegend die Beschwerdeberechtigung nach den Grundsätzen von Art. 89 Abs. 1 BGG zu prüfen. 2.2.2 Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht ist gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung besitzt (lit. c). Verlangt ist somit neben der formellen Beschwer, dass die Beschwerdeführerin über eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache verfügt und einen praktischen Nutzen aus der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids zieht. Die Nähe der Beziehung zum Streitgegenstand muss bei Bauprojekten insbesondere in räumlicher Hinsicht gegeben sein. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation der Beschwerdeführerin durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann (vgl. Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4236). 2.2.3 Das Wohnhaus der Beschwerdeführerin befindet sich rund 25 Meter von der Grundstücksgrenze des Baugrundstücks entfernt. Ist die besondere Beziehungsnähe - wie vorliegend - in räumlicher Hinsicht gegeben, braucht das Anfechtungsinteresse nicht mit dem Interesse übereinzustimmen, das durch die von der beschwerdeführenden Person als verletzt bezeichneten Normen geschützt wird (Beusch/Moser/Kneubühler, Ausgewählte prozessrechtliche Fragen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, ZBl 2008 S. 15 f.). Die Nachbarin kann mithin die Überprüfung eines Bauvorhabens im Lichte all jener Rechtssätze verlangen, die sich rechtlich oder tatsächlich in dem Sinne auf ihre Stellung auswirken, dass ihr im Falle des Obsiegens ein praktischer Nutzen entsteht. Nicht zulässig ist hingegen das Vorbringen von Beschwerdegründen, mit denen einzig ein allgemeines öffentliches Interesse an der richtigen Anwendung des Rechts verfolgt wird (BGE 133 II 249 E. 1.3.2 S. 253), ohne dass der Beschwerdeführerin im Falle des Obsiegens ein Vorteil entsteht. Das Element des praktischen tatsächlichen Nutzens bildet somit ein wichtiges Eintretenskriterium, mit welchem ein "Ausufern" der Beschwerdemöglichkeiten verhindert werden kann. 2.3 Die Vorinstanz bejaht die Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin im Grundsatz, geht allerdings von einer rügebezogenen Beurteilung der Legitimation aus, indem sie bei jedem Einwand die Frage des Rechtsschutzinteresses gesondert prüft. Im Ergebnis verneint die Vorinstanz die Legitimation in Bezug auf die erhobenen Rügen der fehlenden Zonenkonformität des Neubaus, der zu geringen Anzahl Parkplätze und der Farb- und Materialwahl des Baus. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Mit ihrer rügespezifischen Beurteilung vermengt die Vorinstanz Beschwerdelegitimation und Beschwerdegründe. Die Beschwerdelegitimation richtet sich ausschliesslich nach Art. 89 BGG. Sind die Voraussetzungen gegeben, ist die Beschwerdeführerin mit sämtlichen der in Art. 95 ff. BGG aufgeführten Rügen zum Verfahren zuzulassen, wenn ihr durch die Gutheissung der Beschwerde ein praktischer Nutzen entstehen würde (vgl. Peter Hänni/Bernhard Waldmann, Besonderheiten der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach dem neuen Bundesgerichtsgesetz im Bereich des Planungs- und Baurechts, Baurecht 2007 S. 161 f.; Etienne Poltier, RDAF, 2008 I 490). Vorliegend ist dies in Bezug auf die genannten Rügen der Beschwerdeführerin ohne Weiteres der Fall. Würde sie mit einer der Rügen durchdringen, könnte das Bauvorhaben nicht wie geplant realisiert werden (vgl. insoweit auch Urteil 1C_236/2010 vom 16. Juli 2010 E. 1.5 mit Hinweisen). 2.4 Die Beschwerdeführerin ist somit im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG von der Erteilung der Baubewilligung besonders betroffen und hat an deren Aufhebung ein schutzwürdiges Interesse. Da die Legitimation der Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren mindestens in gleichem Umfang zu gewähren ist, ist die Vorinstanz zu Unrecht nicht auf die genannten Rügen eingetreten. Die Beschwerde ist deshalb insoweit gutzuheissen. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe in Zusammenhang mit der erhobenen Rüge der Farb- und Materialwahl den Sachverhalt willkürlich festgestellt. 3. 3.1 Die Beschwerdeführerin rügt weiter, die Baubewilligungsbehörde habe zu Unrecht keine Lärmprognose eingeholt. Die Erteilung der Baubewilligung setze eine positive Prognose hinsichtlich der Einhaltung der Planungswerte voraus, wobei weitere Ermittlungen in Form einer Lärmprognose schon dann geboten seien, wenn eine Überschreitung der Planungswerte - wie vorliegend der Fall - zumindest als möglich erscheine. 3.2 Die Vorinstanz führt aus, es handle sich beim geplanten Bauvorhaben um eine neue ortsfeste Anlage, welche den bundesrechtlichen Bestimmungen über den Lärmschutz unterliege. Eine Lärmprognose sei jedoch nicht zwingend einzuholen, sondern nur dann, wenn die Behörde Grund zur Annahme habe, dass die Belastungsgrenzwerte überschritten sein könnten. Unter Hinweis auf die erstinstanzlichen Erwägungen hält die Vorinstanz fest, die fraglichen Parzellen seien gemäss Zonenplan der Lärmempfindlichkeitsstufe II zugeordnet. Da die Grundstücke jedoch an die Kantonsstrasse grenzten und somit lärmvorbelastet seien, habe eine Aufstufung zu erfolgen. Die für den Strassenverkehrslärm geltenden Immissionsgrenzwerte der Lärmempfindlichkeitsstufe III würden tags knapp überschritten und nachts knapp unterschritten. Diese nicht unerhebliche Lärmvorbelastung durch die Kantonsstrasse führe dazu, dass die vom Gaststättenbetrieb herrührende Geräuschkulisse durch den Strassenlärm teilweise absorbiert werde. Sodann sei die Beschwerdegegnerin von der Umweltfachstelle verpflichtet worden, den Planungswert sowie weitere Bedingungen und Auflagen einzuhalten. Es sei zusammenfassend nicht zu erwarten, dass der strittige Betrieb bei bestimmungsgemässer Nutzung zu mehr als nur geringfügig störenden Immissionen führen werde. Weitere detaillierte lärmtechnische Überprüfungen hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen seien damit nicht erforderlich und von der Einholung einer Lärmprognose könne abgesehen werden. 3.3 Nach Art. 11 Abs. 2 USG (SR 814.01) sind Emissionen im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist (vorsorgliche Emissionsbegrenzung). Gemäss Art. 11 Abs. 3 USG werden die Emissionsbegrenzungen verschärft, wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden (verschärfte Emissionsbegrenzung). Für die Beurteilung der schädlichen oder lästigen Einwirkungen legt der Bundesrat Immissionsgrenzwerte fest (Art. 13 USG). Diese sind so festzulegen, dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen unterhalb dieser Werte die Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden nicht erheblich stören (Art. 15 USG). Neue ortsfeste Anlagen dürfen nur errichtet werden, wenn die durch diese Anlagen allein erzeugten Lärmimmissionen die Planungswerte in der Umgebung nicht überschreiten (Art. 25 Abs. 1 USG). Diese liegen unter dem Immissionsgrenzwert (Art. 23 USG). Der Regierungsrat hat im Beschluss vom 3. Februar 2009 eingehend dargelegt, dass es sich beim Bauvorhaben mit neuer überdachter Seeterrasse mit bis zu 60 Sitzplätzen um eine Neuanlage im Sinn von Art. 25 USG bzw. von Art. 7 der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) handelt, da im Zeitpunkt des Inkrafttretens des USG am 1. Januar 1985 ein Gartenbuffet weder erstellt noch bewilligt gewesen ist. Die Vorinstanz hat diese Beurteilung zu Recht geschützt. Nach Art. 7 LSV müssen die Lärmemissionen einer neuen ortsfesten Anlage nach den Anforderungen der Vollzugsbehörde so weit begrenzt werden als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist und dass die von der Anlage allein erzeugten Lärmimmissionen die Planungswerte nicht überschreiten (Art. 7 Abs. 1 lit. a und b LSV). Die vom Projekt verursachten Lärmimmissionen müssen somit sowohl die Planungswerte der jeweils massgebenden Empfindlichkeitsstufen einhalten als auch der Vorsorge (Art. 11 Abs. 2 USG) genügen. Fehlen Belastungsgrenzwerte, so beurteilt die Vollzugsbehörde die Lärmimmissionen nach Art. 15 USG, unter Berücksichtigung der Art. 19 und 23 USG (Art. 40 Abs. 3 LSV), wobei bei der vorliegenden Neuanlage die Planungswerte gemäss Art. 25 USG massgeblich sind. 3.4 In seiner Rechtsprechung zum Problem der schädlichen Einwirkungen, die von öffentlichen Einrichtungen ausgehen, hat das Bundesgericht unter dem Blickwinkel von Art. 25 Abs. 1 USG festgehalten, dass der durch die Kundschaft eines Betriebs verursachte Lärm während der Nacht grundsätzlich höchstens geringfügige Störung verursachen dürfe (BGE 130 II 32 E. 2.2 S. 36 mit zahlreichen Hinweisen). Im Rahmen dieser Einzelfallbeurteilung sind der Charakter des Lärms, Zeitpunkt und Häufigkeit seines Auftretens sowie die Lärmempfindlichkeit bzw. Lärmvorbelastung zu berücksichtigen. Unter Umständen können fachlich genügend abgestützte private Richtlinien wie namentlich die von der Vereinigung kantonaler Lärmschutzfachleute ("Cercle Bruit") herausgegebene Vollzugshilfe zur Ermittlung und Beurteilung der Lärmbelastung im Zusammenhang mit dem Betrieb öffentlicher Lokale eine Entscheidungshilfe bieten (vgl. Urteil 1A.180/2006 vom 9. August 2007 E. 5.4 und 5.8). Die Frage, ob Grund zur Annahme besteht, dass die Belastungsgrenzwerte überschritten werden (Art. 36 Abs. 1 LSV), verlangt eine vorweggenommene Würdigung der Lärmsituation. Ist diese Frage zu bejahen, so ist die Behörde zur Durchführung eines Beweis- und Ermittlungsverfahrens nach den Art. 36 ff. LSV und den Anhängen 2-7 LSV verpflichtet, ohne dass ihr insoweit noch ein Ermessensspielraum zustünde. Dabei dürfen keine hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer Überschreitung der Planungswerte gestellt werden. Dies gilt jedenfalls im Kontext von Art. 25 Abs. 1 USG: Setzt die Erteilung der Baubewilligung eine positive Prognose hinsichtlich der Einhaltung der Planungswerte voraus, so sind weitere Ermittlungen in Form einer Lärmprognose (i.S.v. Art. 25 Abs. 2 Satz 1 und Art. 36 ff. LSV) schon dann geboten, wenn eine Überschreitung der Planungswerte möglich erscheint, d.h. beim aktuellen Kenntnisstand nicht ausgeschlossen werden kann (Urteil 1A.180/2006 vom 9. August 2007 E. 5.5). 3.5 Das BAFU hält in seiner Stellungnahme fest, die Vollzugshilfe des "Cercle Bruit" zur Ermittlung und Beurteilung der Lärmbelastung im Zusammenhang mit dem Betrieb öffentlicher Lokale sei geeignet, um den vorliegend zu erwartenden Lärm zu beurteilen. Die Vollzugshilfe empfiehlt Grenzwerte für den Luftschall von neuen Anlagen (Vollzugshilfe S. 4 Tabelle 2). Für die Zeit zwischen 07.00 und 19.00 Uhr beträgt der Grenzwert 50 dB (A), für die Zeit zwischen 19.00 und 22.00 Uhr 45 dB (A) und für die Zeit von 22.00 bis 07.00 Uhr 40 dB (A). Sind diese Werte eingehalten, so ist von einer höchstens geringfügigen Störung auszugehen. Nach der Auffassung des BAFU führt eine Hochrechnung der zu erwartenden Lärmimmissionen vorliegend zu folgenden Ergebnissen: Der energieäquivalente Schallleistungspegel pro Person bei Unterhaltung in normaler Lautstärke mit häufigen Servicegeräuschen betrage rund 63 dB (A). Bei 60 geplanten Sitzplätzen betrage die Gesamtemission der neuen Anlage rund 80 dB (A), bei einem Abstand des Gebäudes der Beschwerdeführerin von ca. 25 Metern ergebe dies einen Immissionspegel von 44 dB (A). Für die Beurteilung der Lärmbelastung sind nach der Vollzugshilfe des "Cercle Bruit" zu diesem Wert rund 6 dB (A) zu addieren, um den Bestandteilen Ton und Rhythmus oder den deutlich hörbaren Stimmen Rechnung zu tragen. Der mutmassliche Wert beträgt damit gemäss BAFU insgesamt 50 dB (A). Das BAFU folgert, insbesondere in der Zeit ab 19.00 Uhr könne eine Überschreitung der massgebenden Grenzwerte von 45 dB (A) respektive 40 dB (A) durch das geplante Vorhaben nicht ausgeschlossen werden. Das BAFU kommt deshalb zum Schluss, dass ein Lärmgutachten hätte erstellt werden müssen. 3.6 Die Einschätzung des BAFU überzeugt. Die Bezugnahme auf die Vollzugshilfe des "Cercle Bruit" ist sachgerecht. Diese Richtlinie ist nicht nur auf öffentliche Lokale mit Musikerzeugung zugeschnitten, sondern umfasst alle Lärmimmissionen von Gaststätten, einschliesslich Kundenverkehr, Parkplatzlärm und durch Verkehr erzeugten Lärm (Ziff. 3.1.2 S9, S10 und S11). Die Vorgaben des "Cercle Bruit" können damit dem Gericht als Entscheidhilfe bei der Beurteilung der zu erwartenden Lärmsituation dienen. In Verbindung mit einer Lärmprognose ist wesentlich klarer abzuschätzen, ob das umstrittene Projekt den bundesrechtlichen Anforderungen zu genügen vermag. An der Schlussfolgerung, dass das Bauvorhaben die massgebenden Grenzwerte überschreiten könnte, ändert die bestehende Lärmvorbelastung durch die Kantonsstrasse nichts Entscheidendes. Dieser Lärmvorbelastung wurde bereits mit der Aufstufung in die Lärmempfindlichkeitsstufe III Rechnung getragen. Die Vorinstanz hat nach dem Gesagten zu Unrecht auf die Einholung einer Lärmprognose verzichtet. 3.7 In BGE 130 II 32 hat das Bundesgericht in Bezug auf ein Jugend- und Kulturzentrum, an dessen Betrieb ein wichtiges öffentliches Interesse bestand, ergänzend auf die Möglichkeit hingewiesen, Erleichterungen i.S.v. Art. 25 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 2 LSV zu gewähren, wenn die Einhaltung der Planungswerte zu einer unverhältnismässigen Belastung für das Projekt führen würde. Auch diese Normen verlangen, dass die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden. Erscheint es also unverhältnismässig, Betriebseinschränkungen festzulegen, die geeignet wären, jegliche Störung der Nachbarn während der Nacht zu verhindern, so darf es dennoch nicht zu empfindlichen Beeinträchtigungen kommen (vgl. BGE 130 II 32 E. 2.2 S. 36 f.). Beim zu beurteilenden Projekt für den Neubau eines Restaurants erscheint es sehr fraglich, ob ein vergleichbares überwiegendes öffentliches Interesse an diesem Vorhaben besteht. Da das Bauvorhaben noch nie unter diesem Aspekt geprüft worden ist, kann diese Frage aber letztlich offen bleiben. 4. Die Beschwerde ist damit gutzuheissen und das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. September 2009 aufzuheben. Die Sache ist zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die Rüge der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe ihr das rechtliche Gehör verweigert, was bei der Kostenverlegung im bundesgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen sei. Der Beschwerdegegnerin, welche ausdrücklich auf das Einreichen einer Vernehmlassung verzichtet hat, werden aufgrund der besonderen Umstände keine Gerichtskosten auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Hingegen hat sie die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden vom 14. September 2009 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- zu bezahlen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Beckenried, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung, sowie dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 25. Januar 2011 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Fonjallaz Stohner
a98dd74f-35a6-4e90-b2e9-c8572c84dfbe
de
2,007
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation führt ein Strafverfahren gegen X._ wegen Betrugs und Vertrauensmissbrauchs zum Nachteil der Firma A._ und wegen Geldwäscherei. Mit Meldung vom 13. September 2006 ersuchte Interpol Moskau gestützt auf einen Haftbefehl des Gerichts Basmanny vom 3. Mai 2006 um Verhaftung von X._ zwecks Auslieferung. Am 22. Dezember 2006 wurde X._ in der Schweiz verhaftet und in provisorische Auslieferungshaft versetzt. Nachdem er sich mit seiner vereinfachten Auslieferung an die Russische Föderation nicht einverstanden erklärt hatte, erliess das Bundesamt für Justiz am 28. Dezember 2006 einen Auslieferungshaftbefehl. Die von X._ dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht (I. Beschwerdekammer) am 25. Januar 2007 ab. Hiergegen führte X._ Beschwerde beim Bundesgericht. Dieses wies die Beschwerde am 30. März 2007 ab (1A.37/2007). B. Mit Note vom 4. Januar 2007 übermittelte die Botschaft der Russischen Föderation dem Bundesamt das Auslieferungsersuchen der russischen Generalstaatsanwaltschaft vom 25. Dezember 2006. Dem Ersuchen liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die hauptsächliche Geschäftstätigkeit der Firma A._ sei der Gütertransport auf dem Meer sowie der Bau von Schiffen und deren Vermietung. Eigentümerin aller Aktien der Firma A._ sei die Russische Föderation. Der Firma A._ gehörten 35 Tanker und Transportschiffe, zehn Massengutfrachter und zwei Passagierschiffe. Der Gesamtwert der Schiffe betrage 2 Milliarden US-Dollar. Die Firma A._ sei eine Anlagegesellschaft. Sie kontrolliere Tochtergesellschaften mit Sitz in Liberia, Grossbritannien, der Schweiz und Zypern. Die hauptsächlichen Tochtergesellschaften seien die B._ S.A. in Genf, die sich mit der Verfrachtung der Tankertonnage beschäftige; die C._ Ltd. in London, die sich mit der Befrachtung der Massengutflotte sowie dem Kauf und Verkauf von Schiffen beschäftige; die Firma D._ in Liberia, welche die Aufträge für den Schiffsbau erteile und Bankkredite garantiere; sowie die E._ Ltd. in Zypern, die sich mit dem Management und den Schiffsbesatzungen beschäftige. Der Generaldirektor der Firma A._ werde vom Regierungspräsidenten der Russischen Föderation ernannt; die Leiter der im Ausland ansässigen Tochtergesellschaften vom Generaldirektor der Firma A._. Bis zum 7. Februar 2004 sei Y._ Generaldirektor der Firma A._ gewesen. An dessen Stelle sei W._ ernannt worden. X._ sei von 1997 bis zum 10. Januar 2005 Generaldirektor der C._ Ltd. gewesen. Er habe zwischen 2000 und 2004 durch Betrug und Vertrauensmissbrauch mit Off-Shore-Gesellschaften, die auf den britischen Jungferninseln eingetragen seien, wissentlich für die Firma A._ und die C._ Ltd. nachteilige Geschäfte geschlossen. Diese hätten bei der Firma A._ und der C._ Ltd. zu einem Schaden von 150 Millionen US-Dollar geführt. Bei den auf den Jungferninseln eingetragenen Gesellschaften handle es sich um die Firma F._, die Firma G._, die H._ Ltd. und die Firma I._. Diese Gesellschaften habe der russische Staatsbürger Z._ gegründet, der sie auch leite und kontrolliere. Der von der Firma A._ und ihren Tochtergesellschaften erlittene Schaden entspreche dem Gewinn der von Z._ kontrollierten Gesellschaften. Beim Wechsel der Leitung der Firma A._ Ende 2004/Anfang 2005 sei die Tätigkeit der ehemaligen Geschäftsleitung überprüft worden. Dabei seien widerrechtliche Handlungen von X._ festgestellt worden. Im Einzelnen habe sich Folgendes ergeben: Im Jahre 2002 hätten Tochtergesellschaften der Firma A._, welche Eigentümer von acht Schiffen gewesen seien, und die Firma F._ "Sale and lease-back Verträge" über diese Schiffe geschlossen. Damit hätten die Tochtergesellschaften die Schiffe der Firma F._ verkauft und gleichzeitig im Bareboat Charter (Schiffsbefrachtung ohne Mannschaft) für eine bestimmte Zeitdauer zurückgeleast. Den Tochtergesellschaften sei auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Leasingdauer ein Rückkaufsrecht zu einem im Voraus bestimmten Preis eingeräumt worden. Der Kaufpreis habe sich auf 130 Millionen US-Dollar belaufen. Davon habe die Firma F._ ca. 82 Millionen US-Dollar fremdfinanziert. In der Folge hätten die Tochtergesellschaften gegenüber der Firma F._ gegen eine Prämie von 20 Millionen US-Dollar auf die Fortsetzung der Rückcharterung und das Rückkaufsrecht verzichtet. Damit habe die Firma F._ die acht Schiffe im Juli 2004 für über 170 Millionen US-Dollar an die griechische Firma K._ verkaufen können. Das Einverständnis zu diesem für die Firma A._ höchst nachteiligen Geschäft habe auf Vorschlag von Z._ und unter Teilnahme von X._ der Generaldirektor der Firma A._, Y._, erteilt. Die Firma F._ habe mit diesem Geschäft einen Gewinn von rund 60 Millionen US-Dollar erzielt. Entsprechend habe die Firma A._ diesen Gewinn nicht selbst realisieren können, was bei Ausübung des Rückkaufsrecht und Weiterverkauf bzw. bei weiterer Eigenbewirtschaftung möglich gewesen wäre. Am 27. Januar 2003 habe die Firma A._ mit der südkoreanischen Werft L._ einen Vorvertrag geschlossen zur Auftragserteilung für den Bau von vier Tankschiffen des Typs "M._" zu Vorzugsbedingungen; dies unter Einräumung einer Option zum Ankauf zweier weiterer Schiffe desselben Typs zum gleichen Preis, nämlich für 45 Millionen US-Dollar pro Schiff. In diesem Zusammenhang habe X._ seitens der Firma A._ als bevollmächtigter Vertreter namens der Firma D._ einen Vertrag mit der Firma F._ geschlossen, wonach das Geschäft betreffend den Bau der vier Tankschiffe mitsamt Option über die Firma F._ abgewickelt werde. Vertraglich sei vorgesehen gewesen, den Auftrag der Firma A._ mit Aufträgen der Firma F._ an die Werft L._ zusammenzulegen, um so einen günstigeren Preis zu erzielen. Zusätzliche Aufträge seitens der Firma F._ seien jedoch nicht erfolgt. Am 3. März 2003 hätten Y._ für die Firma A._ bzw. X._ für die Firma D._ ohne sachlichen Grund auf die Option für den Bau der beiden zusätzlichen Tankschiffe "M._" zugunsten der Firma F._ verzichtet. Damit sei in jenem Zeitpunkt auf einen Gewinn von 6 Millionen US-Dollar pro Schiff (Differenz zwischen dem Marktwert und dem Ankaufspreis bei der Werft) verzichtet worden. Der Gewinnausfall belaufe sich (bis zum Datum des Berichts des Oberuntersuchungsführers vom 20. September 2005) auf 45 Millionen US-Dollar pro Schiff. Mit auf den 14. August 2003 datiertem Vertrag zwischen der Firma A._, handelnd durch den bevollmächtigten X._, und der Firma F._ sei vereinbart worden, dass die Firma A._ gegen eine Prämie von 2 Millionen US-Dollar pro Schiff zugunsten der Firma F._ auf den Bau von zwei der vier bestellten Tankschiffe verzichte. Am 14. August 2003 habe der Marktwert pro Schiff 47 Millionen US-Dollar betragen. Am 6. Januar 2004, als die Firma A._ im Rahmen der Geschäftsrealisierung je Schiff 11 Millionen US-Dollar, inklusiv die 2 Millionen US-Dollar Prämie, als Rückzahlung der Anzahlung erhalten habe, habe der Marktwert eines Schiffes bereits 52 Millionen US-Dollar betragen. Aufgrund des Verzichts auf die Fortsetzung des Baus zweier Schiffe zugunsten der Firma F._ habe die Firma A._ lediglich 5 Millionen US-Dollar pro Schiff erhalten; der entgangene Gewinn betrage 47 Millionen US-Dollar. Da in dieser Phase die Schiffspreise gestiegen seien, habe die Firma F._ im November bzw. Dezember 2004 die beiden Schiffe an eine deutsche Gesellschaft für je 82 Millionen US-Dollar verkauft. Der Verzicht der Firma A._ auf den weiteren Bau der Schiffe lasse sich aus wirtschaftlicher Sicht nicht erklären. Der fragliche Vertrag sei im Dezember 2003 oder Januar 2004 aufgestellt und unterschrieben, jedoch auf den 14. August 2003 rückdatiert worden. Im Dezember 2002 und Mai 2003 hätten Tochtergesellschaften der Firma A._, vertreten durch den dazu bevollmächtigten X._, die Tankschiffe "N._" und "O._" im Time-Charter für je 19'000 US-Dollar pro Tag an die H._ Ltd. übergeben; dies, obwohl der Marktpreis damals 25'000 US-Dollar betragen habe. Als Garantin sei die Firma G._ aufgetreten. Anschliessend seien die beiden Tankschiffe zu Ansätzen von 32'500 bzw. 41'500 US-Dollar pro Tag weiterverchartert worden. Daraus habe sich für die Firma A._ ein entgangener Gewinn von 13'500 bzw. 22'500 US-Dollar pro Tag ergeben. Nach dem gleichen Schema hätten Tochtergesellschaften der Firma A._ der Firma I._ im Jahr 2003 drei weitere Tankschiffe für die Dauer von drei Jahren verchartert. Der gesamte der Firma A._ dadurch entgangene Gewinn belaufe sich auf über 50 Millionen US-Dollar. Diese Operationen seien auf Anweisung von Y._ und unter aktiver Teilnahme von X._ erfolgt. Mit praktisch allen Verträgen sei überdies die Option auf Verlängerung der für die Firma A._ wirtschaftlich ungünstigen Verträge verbunden, was Z._ ermögliche, die Schiffe eine lange Zeit weiter zu bewirtschaften. Auch diese Entscheide seien von Y._ und X._ für die Tochtergesellschaften der Firma A._ getroffen worden; dies entgegen dem Widerspruch des Direktors der B._ S.A., P._. Entsprechend sei am 26. März 2001 von der Firma G._ der Vertrag für 12 Monate zu 18'000.-- US-Dollar pro Tag mit Option auf ein weiteres Jahr verlängert worden. Im Februar 2002 sei im Zusammenhang mit Senkungen von Tarifen im Frachtmarkt der Tagessatz auf 13'250 US-Dollar herabgesetzt worden, obschon die Firma A._ auf dem bisherigen Betrag hätte beharren können. Seit dem 18. August 2003 gelte der Tarif von 14'500 US-Dollar, obgleich der Marktpreis auf bis zu 25'000 US-Dollar pro Tag zugenommen habe. Für einzelne Schiffe würden diese Bedingungen bis zum Jahr 2008 gelten. Die Belastung der Schiffe mit langfristigen Verträgen vermindere ihren Marktwert, was bei der Firma A._ zu einem Schaden führe. Zurzeit seien etwa zehn Prozent der Schiffe der Firma A._ durch Optionen belastet. Die dadurch verursachte Verringerung des Marktwerts der Schiffe betrage mehr als 27 Millionen US-Dollar. In der untersuchten Zeitperiode hätten Gesellschaften der Gruppe der Firma A._ etwa fünfzig Schiffe verkauft und bestellt. Alle diese Operationen seien mit der Auszahlung einer Kommissionsgebühr an den Broker verbunden gewesen, deren Höhe deutlich über dem Marktniveau gelegen habe. Die Höhe der Eigenkommission des Brokers, der Gesellschaft Q._, habe in mehreren Fällen unter einem Prozent gelegen, während die von den Gesellschaften der Firma A._ ausbezahlten Kommissionen 3 bis 5 Prozent des Geschäftsvolumens betragen hätten. X._ und Z._ hätten eine organisierte Gruppe geleitet, die darauf abgezielt habe, der Firma A._ mittels Täuschung und Vertrauensmissbrauch Schaden zuzufügen sowie das so erlangte Geld zu waschen und für eigennützige Zwecke zu verwenden. Mit ihren strafbaren Handlungen hätten Z._ und X._ der Firma A._ in den Jahren 2001 bis 2005 ein Vermögensschaden von mindestens 400 Millionen US-Dollar zugefügt. Es habe festgestellt werden können, dass X._ bedeutende Geldsummen erhalten habe, welche keine Vergütung für seine Arbeit bei der Firma A._ dargestellt hätten. So seien auf sein Privatkonto grosse Geldsummen überwiesen worden, die er für den Kauf einer Liegenschaft in einem Prestigequartier in London verwendet habe. Z._ seinerseits habe in der englischen Grafschaft R._ eine Liegenschaft gekauft, die mehr als 9,5 Millionen Pfund Sterling wert sei. Der deliktisch erlangte Gewinn sei auf Konten von Firmen, welche unter der Kontrolle von Z._ und X._ stünden, bei Schweizer Banken überwiesen worden. Ein Teil dieser Gelder sei auf Konten anderer Firmen, die ebenfalls von Z._ und X._ kontrolliert würden, bei den gleichen Banken verschoben worden. In der Folge hätten Z._ und X._ die deliktisch erlangten Mittel in der Russischen Föderation investiert, unter anderem in St. Petersburg in der Bau- und Ölwirtschaft. Die Investitionen seien direkt sowie in Form von Anleihen und Beteiligungen erfolgt. Die Firmen, in welche investiert worden sei, seien ebenfalls mit Z._ verbunden. Insgesamt seien auf diese Weise rund 200 Millionen US-Dollar gewaschen worden. Alle für die Firma A._ ungünstigen Verträge hätten die Beteiligten ausserhalb Russlands geschlossen. C. Am 9. März 2007 bewilligte das Bundesamt für Justiz die Auslieferung von X._ an Russland für die dem Auslieferungsersuchen vom 25. Dezember 2006 zugrunde liegenden Straftaten; dies unter der Bedingung, dass die zuständigen russischen Behörden folgende Garantie abgeben: "Die Haftbedingungen dürfen nicht unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK sein; die physische und psychische Integrität der ausgelieferten Person muss gewahrt sein (vgl. auch Art. 7, 10 und 17 des UNO-Pakts II). Die Gesundheit des Häftlings muss in angemessener Weise sichergestellt werden, insbesondere mittels Zugang zu genügender medizinischer Versorgung. Die diplomatische Vertretung der Schweiz ist berechtigt, die ausgelieferte Person ohne jegliche Überwachungsmassnahmen zu besuchen. Die ausgelieferte Person hat jederzeit das Recht, sich an diese zu wenden." D. Die von X._ dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht (II. Beschwerdekammer) am 5. Juli 2007 im Sinne der Erwägungen ab. Es ergänzte den Auslieferungsentscheid des Bundesamtes wie folgt: "Es wird keine Auslieferung für den Sachverhaltsteil 'Vordatierung des Vertrages vom 14. August 2003' und für den Sachverhalt 'Kommissionsdifferenz beim Verkauf von ca. 50 Schiffen' gewährt. Die Auslieferung beim Sachverhaltskomplex 'Time-Charter über fünf Tanker' wird nicht gewährt für eine Strafverfolgung wegen Teil 1 § 285 und Teil 1 § 286 des russischen StGB." Überdies wies das Bundesstrafgericht das Bundesamt an, den zuständigen russischen Behörden nach Erhalt des bundesstrafgerichtlichen Entscheids umgehend eine Frist von maximal 30 Tagen für die Abgabe der förmlichen Garantieerklärung gemäss dem Auslieferungsentscheid vom 9. März 2007 anzusetzen. E. Mit Eingabe vom 16. Juli 2007 erhob X._ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der vorliegende Fall sei als besonders bedeutend im Sinne von Art. 84 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) einzustufen; dem Beschwerdeführer sei eine angemessen Frist zur Ergänzung der Beschwerdeschrift gemäss Art. 43 BGG einzuräumen; der Entscheid des Bundesstrafgerichtes in Bezug auf die Zulässigkeit der Auslieferung sowie der Auslieferungsentscheid des Bundesamtes seien aufzuheben; die Auslieferung sei abzulehnen; der Beschwerdeführer sei freizulassen und es sei ihm die freie Ausreise zu gestatten. F. Das Bundesstrafgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Das Bundesamt hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, der vorliegende Fall sei nicht als besonders bedeutend im Sinne von Art. 84 BGG einzustufen. G. X._ hat zur Vernehmlassung des Bundesamtes eine Stellungnahme eingereicht. Darin beantragt er neu eventualiter, dass die Schweiz das strafrechtliche Verfahren gegen ihn durchführe (stellvertretende Strafverfolgung). H. Am 15. August 2007 teilte das Bundesgericht den Parteien mit, dass kein Nichteintretensentscheid im Sinne von Art. 109 Abs. 1 BGG ergehe und der Fall deshalb im ordentlichen Verfahren gemäss Art. 20 BGG behandelt werde. Gleichentags gewährte das Bundesgericht X._ in Anwendung von Art. 43 BGG eine nicht erstreckbare Nachfrist bis zum 5. September 2007 für die Einreichung einer ergänzenden Beschwerdeschrift. I. Am 23. August 2007 ersuchte X._ darum, der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sei aufschiebende Wirkung zu gewähren. Er führte aus, in der Beschwerdeschrift vom 16. Juli 2007 habe er die aufschiebende Wirkung nicht beantragt, da diese seines Erachtens von Gesetzes wegen gegeben sei. In einem Schreiben vom 21. August 2007 an das Bundesstrafgericht vertrete das Bundesamt nun die Auffassung, das Verfahren vor Bundesgericht habe keine aufschiebende Wirkung, da diese vom Bundesgericht nicht von Amtes wegen angeordnet und auch nicht beantragt worden sei; nach Ansicht des Bundesamtes habe das Verfahren vor Bundesgericht gemäss Art. 103 Abs. 2 lit. c BGG "keine automatische aufschiebende Wirkung". Da, soweit ersichtlich, noch keine gefestigte Rechtsprechung zu Art. 103 BGG bestehe und der Beschwerdeführer keinen Nachteil riskieren wolle, stelle er das Gesuch um aufschiebende Wirkung. Mit Verfügung vom 6. September 2007 stellte der bundesgerichtliche Instruktionsrichter fest, dass der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 16. Juli 2007 von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukommt. Zur Begründung verwies der Instruktionsrichter zunächst auf Art. 103 BGG. Danach hat die Beschwerde in der Regel keine aufschiebende Wirkung (Abs. 1). Die Beschwerde hat im Umfang der Begehren aufschiebende Wirkung (...) in Verfahren auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, wenn sie sich gegen eine Schlussverfügung oder gegen jede andere Verfügung richtet, welche die Übermittlung von Auskünften aus dem Geheimbereich oder die Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten bewilligt (Abs. 2 lit. c). Der Instruktionsrichter kann über die aufschiebende Wirkung von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei eine andere Anordnung treffen (Abs. 3). Der Instruktionsrichter erwog, einzuräumen sei, dass Art. 103 Abs. 2 lit. c BGG die Auslieferung nicht erwähne. Art. 21 Abs. 4 lit. a des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) in der Fassung gemäss Bundesgesetz vom 4. Oktober 1996, in Kraft seit 1. Februar 1997, enthalte dazu jedoch eine Sonderbestimmung. Danach komme einer Beschwerde gegen einen Entscheid, der die Auslieferung bewilligt, aufschiebende Wirkung zu. Diese Bestimmung sei mit dem Erlass des Bundesgerichtsgesetzes nicht aufgehoben worden. Bei dieser Sachlage sei nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit Art. 103 Abs. 2 lit. c BGG an der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden gegen Entscheide, die eine Auslieferung bewilligen, etwas habe ändern wollen. Dafür enthielten die Materialien auch keine Anhaltspunkte. Wie das Bundesstrafgericht in der Vernehmlassung zum Gesuch zutreffend darlege, entstünde ein gesetzlicher Wertungswiderspruch, wenn lediglich die Beschwerde gegen eine Verfügung aufschiebende Wirkung hätte, welche die Übermittlung von Auskünften aus dem Geheimbereich oder die Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten bewilligt, nicht aber die Beschwerde gegen einen Entscheid, der die Auslieferung bewilligt. Die Auslieferung stelle den schwereren Eingriff dar. Daher müsse hier die aufschiebende Wirkung von Gesetzes wegen erst recht gegeben sein. Nach dem Sinn und Zweck von Art. 103 Abs. 2 lit. c BGG sollen Auskünfte aus dem Geheimbereich sowie Gegenstände und Vermögenswerte erst dann an den ersuchenden Staat herausgegeben werden, wenn endgültig feststehe, dass Rechtshilfe gewährt werde. Bei Personen könne nichts anderes gelten. J. Am 5. September 2007 reichte X._ dem Bundesgericht die ergänzende Beschwerdeschrift ein. K. Das Bundesstrafgericht hat auf Gegenbemerkungen dazu verzichtet. Das Bundesamt hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. X._ hat zur Vernehmlassung des Bundesamtes eine Replik eingereicht. Das Bundesamt hat auf eine Duplik verzichtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Massgebend ist hier das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1) mitsamt seinen zwei Zusatzprotokollen (SR.353.11 und 12). Soweit diese Staatsverträge eine Frage weder ausdrücklich noch stillschweigend regeln, kommt das schweizerische Landesrecht - das Rechtshilfegesetz mit der dazugehörigen Verordnung (IRSV; SR 351.11) - zur Anwendung. Letzteres gilt ebenso, soweit das schweizerische Landesrecht an die Auslieferung geringere Anforderungen stellt (BGE 129 II 462 E. 1.1 S. 464; 122 II 373 E. 1a S. 375). 1.2 Das Rechtshilfegesetz ist mit dem Bundesgesetz vom 17. Juni 2005, in Kraft seit 1. Januar 2007, geändert worden. Das Bundesamt hat seinen Auslieferungsentscheid nach dem Inkrafttreten dieser Änderung gefällt. Gemäss Art. 110b IRSG richtet sich das vorliegende Verfahren deshalb nach dem neuen Recht. 1.2 Das Rechtshilfegesetz ist mit dem Bundesgesetz vom 17. Juni 2005, in Kraft seit 1. Januar 2007, geändert worden. Das Bundesamt hat seinen Auslieferungsentscheid nach dem Inkrafttreten dieser Änderung gefällt. Gemäss Art. 110b IRSG richtet sich das vorliegende Verfahren deshalb nach dem neuen Recht. 1.3 1.3.1 Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn er unter anderem eine Auslieferung betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2). Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (BGE 133 IV 131 E. 3 S. 132; 133 IV 132 E. 1.3 S. 134). Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (Urteil 1C_138/2007 vom 17. Juli 2007 E. 2.1, mit Hinweis). 1.3.2 Es geht hier um eine Auslieferung und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG möglich ist. Es stellt sich die Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben sei. 1.3.3 Der Beschwerdeführer stellt die Wirksamkeit der von den russischen Behörden einzuholenden Zusicherung in Bezug auf seine menschenrechtskonforme Behandlung in Frage. Er bringt vor, Russland habe sich bereits über derartige Garantien hinweggesetzt. Ein Londoner Gericht habe deshalb eine Auslieferung an Russland abgelehnt, obgleich diplomatische Zusicherungen, wie sie hier verlangt würden, vorgelegen hätten. Das Einholen von diplomatischen Zusicherungen werde von namhaften Organisationen und im Schrifttum kritisiert. Weder das Bundesamt noch die Vorinstanz stellten in Frage, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Auslieferung aufgrund der Zustände im russischen Untersuchungshaft- und Strafvollzug der Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung ausgesetzt wäre. Damit sei entscheidend, ob den diplomatischen Zusicherungen Russlands vertraut werden könne. Dies sei nicht der Fall. Es bestehe Anlass, dass das Bundesgericht auf seine Praxis, Auslieferungen gegen diplomatische Zusicherungen einer menschenrechtskonformen Behandlung zu bewilligen, zurückkomme. Wie unten (E. 6.2) näher darzulegen sein wird, besteht die Gefahr, dass der Beschwerdeführer in russischer Haft einer Art. 3 EMRK verletzenden Behandlung ausgesetzt sein könnte. Er zieht die Wirksamkeit diplomatischer Zusicherungen mit sachlichen Argumenten in Zweifel. Es geht insoweit um Leib und Leben und damit um das höchste Rechtsgut. Aufgrund der Vorbringen des Beschwerdeführers besteht im vorliegenden Fall Anlass zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit der Frage. Hinzu kommt, dass - wie die folgenden Darlegungen (E 6.14) ebenfalls zeigen werden - die von den russischen Behörden einzuholenden Zusicherungen in Präzisierung des Auslieferungsentscheids des Bundesamtes jedenfalls so formuliert werden können, dass der Schutz des Beschwerdeführers vor einer menschenrechtswidrigen Behandlung verstärkt wird. Bereits aus diesen Gründen ist die besondere Bedeutung des vorliegenden Falles im Sinne von Art. 84 BGG zu bejahen. Ob - wie der Beschwerdeführer geltend macht - allenfalls noch weitere Gesichtspunkte dafür sprächen, den Fall an die Hand zu nehmen, kann damit offenbleiben. 1.3.4 Zu unterstreichen ist, dass ein besonders bedeutender Fall auch bei einer Auslieferung nur ausnahmsweise angenommen werden kann. In der Regel stellen sich insoweit keine Rechtsfragen, die der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den Fällen auch sonstwie keine besondere Tragweite zu. 1.4 Der Beschwerdeführer hat vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen. Er ist durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung. Er ist deshalb nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde befugt. 1.5 Gemäss Art. 95 lit. a und b BGG kann der Beschwerdeführer insbesondere die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht rügen. 1.6 Die Möglichkeit, die Beschwerdebegründung nach Art. 43 BGG zu ergänzen, wird nur ausnahmsweise auf begründeten Antrag hin gewährt in aussergewöhnlich umfangreichen oder besonders schwierigen Fällen, in denen die Beschwerdefrist von zehn Tagen nach Art. 100 Abs. 2 lit. b BGG nicht genügt für die vollständige Begründung sämtlicher Rügen. Dabei kommt es nicht so sehr auf den grossen Umfang der Akten an, sondern die Vielzahl und Schwierigkeit der sich stellenden Tat- oder Rechtsfragen (BGE 133 IV 271 E. 2.1 S. 273). Der Beschwerdeführer hat in seiner Eingabe vom 16. Juli 2007 auf 38 Seiten begründet, weshalb seiner Ansicht nach ein besonders bedeutender Fall gegeben sei. Diese Ausführungen sind sachbezogen und trotz ihres erheblichen Umfangs nicht weitschweifig. Er kritisiert insbesondere - mit dem Ziel der Herbeiführung eines bundesgerichtlichen Grundsatzentscheides dazu - eingehend und in Auseinandersetzung mit Stellungnahmen verschiedener Organisationen die Wirksamkeit diplomatischer Garantien. Die weiteren Rügen hat er in der Eingabe vom 16. Juli 2007 auf vier Seiten lediglich summarisch begründet; dies verbunden mit dem Antrag auf Einräumung einer Nachfrist zur Einreichung einer ergänzenden Beschwerdebegründung. Dies kann ihm unter den gegebenen Umständen nicht zum Vorwurf gemacht werden. Er hat innert der Beschwerdefrist von zehn Tagen getan, was von ihm vernünftigerweise erwartet werden konnte. In Anbetracht der Schwierigkeit der sich stellenden Fragen rechtfertigte sich - nachdem das Bundesgericht die Beschwerde als zulässig erachtet hatte - ausnahmsweise die Einräumung einer nicht erstreckbaren Nachfrist zur eingehenden Begründung der Rügen. 1.7 Da der Fristenstillstand gemäss Art. 46 Abs. 2 BGG auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen nicht gilt, ist hier die Beschwerdefrist von zehn Tagen nach Art. 100 Abs. 2 lit. b BGG am 16. Juli 2007 abgelaufen. In der Eingabe vom 16. Juli 2007 hat der Beschwerdeführer keinen Eventualantrag gestellt, die Schweiz solle das Strafverfahren gegen ihn durchführen (stellvertretende Strafverfolgung). Er tat dies erst in der Stellungnahme vom 9. August 2007 zur Vernehmlassung des Bundesamtes; sodann erneut in der ergänzenden Beschwerdebegründung vom 5. September 2007. Der Eventualantrag ist damit verspätet. Mit Anträgen, die der Beschwerdeführer bereits in der Beschwerde hätte erheben können, ist er nach Ablauf der Beschwerdefrist ausgeschlossen (BGE 132 I 42 E. 3.3.4 S. 47, mit Hinweisen). Gemäss Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b BGG ist die Beschwerde gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen innert zehn Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen. Die Beschwerde muss nach Art. 42 Abs. 1 BGG insbesondere die Begehren und deren Begründung enthalten. Art. 43 BGG sieht lediglich die Möglichkeit einer Nachfrist zur Ergänzung der Begründung der Beschwerde vor. Neue Begehren können nicht nachgeschoben werden. Auf den Eventualantrag kann daher nicht eingetreten werden. 2. 2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, das Auslieferungsersuchen enthalte keine Darstellung des wesentlichen Sachverhalts. Es verweise vielmehr auf 184 Seiten Beilagen, welche in Wahrheit 239 Seiten umfassten. Die formellen Erfordernisse von Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe seien damit nicht erfüllt. 2.2 Gemäss Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe ist dem Ersuchen eine Darstellung der Handlungen beizufügen, derentwegen um Auslieferung ersucht wird. Zeit und Ort ihrer Begehung sowie ihre rechtliche Würdigung unter Bezugnahme auf die anwendbaren Gesetzesbestimmungen sind so genau wie möglich anzugeben. Nach Art. 10 Abs. 1 IRSV kann die Sachverhaltsdarstellung im Ersuchen oder in dessen Beilagen enthalten sein. Dass sich hier die Sachverhaltsdarstellung aus den Beilagen des Ersuchens ergibt, steht der Rechtshilfe somit nicht entgegen. Die Rüge ist unbegründet. 3. 3.1 Der Beschwerdeführer wendet ein, die Sachverhaltsschilderung im Auslieferungsersuchen sei unvollständig und in sich widersprüchlich. 3.2 Unter dem Gesichtspunkt des hier massgebenden Art. 12 EAUe reicht es in der Regel aus, wenn die Angaben im Rechtshilfeersuchen sowie in dessen Ergänzungen und Beilagen es den schweizerischen Behörden ermöglichen zu prüfen, ob ausreichende Anhaltspunkte für eine auslieferungsfähige Straftat vorliegen, ob Verweigerungsgründe gegeben sind bzw. für welche mutmasslichen Delikte dem Begehren allenfalls zu entsprechen ist. Der Rechtshilferichter muss namentlich prüfen können, ob die Voraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit erfüllt ist. Es kann hingegen nicht verlangt werden, dass die ersuchende Behörde die Tatvorwürfe bereits abschliessend mit Beweisen belegt. Der Rechtshilferichter hat weder Tat- noch Schuldfragen zu prüfen und grundsätzlich auch keine Beweiswürdigung vorzunehmen. Er ist vielmehr an die Sachverhaltsdarstellung im Ersuchen gebunden, soweit sie nicht durch offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche sofort entkräftet wird (BGE 133 IV 76 E. 2.2; 118 Ib 111 E. 5b; 117 Ib 64 E. 5c, mit Hinweisen). 3.3 Das Bundesgericht hat sich bereits in zwei Urteilen vom 3. Juli 2007, in denen es um die Herausgabe von Bankunterlagen ging, eingehend mit der vorliegenden Rechtshilfesache befasst (Urteil 1A.7/2007 und Urteil 1A.10 und 12/2007). Dort ging es um den gleichen Sachverhalt wie hier; dies mit einer Ausnahme: Eine Vermögensschädigung der Firma A._ im Zusammenhang mit den Aufträgen an die südkoreanische Werft L._ und dem anschliessenden Verzicht auf zwei Optionen bzw. zwei Schiffe wurde im Rechtshilfeersuchen der russischen Generalstaatsanwaltschaft vom 12. Dezember 2005 (ergänzt am 21. April 2006), das zu den Urteilen vom 3. Juli 2007 geführt hat, nicht geschildert. Zu allem anderen hat sich das Bundesgericht in jenen Urteilen bereits geäussert. Es ist insbesondere zum Schluss gekommen, dass das Rechtshilfeersuchen keine offensichtlichen Fehler, Lücken oder Widersprüche enthält, welche den darin dargelegten Sachverhalt sofort entkräften. Zu einer abweichenden Beurteilung besteht hier kein Anlass. Soweit das Auslieferungsersuchen eine Schädigung der Firma A._ im Zusammenhang mit den Aufträgen an die Werft L._ schildert, enthält es ebenfalls keine offensichtlichen Fehler, Lücken oder Widersprüche. Was der Beschwerdeführer einwendet, betrifft Fragen der Beweiswürdigung, die im Rechtshilfeverfahren nicht zu prüfen sind. Die Beschwerde ist im vorliegenden Punkt daher unbehelflich. 4. 4.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, es fehle am Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit. Die ihm im Auslieferungsersuchen angelasteten Handlungen seien weder nach schweizerischem noch russischem Recht strafbar. 4.2 Ausgeliefert wird wegen Handlungen, die sowohl nach dem Recht des ersuchenden als auch nach dem des ersuchten Staates mit einer Freiheitsstrafe oder die Freiheit beschränkenden sichernden Massnahme im Höchstmass von mindestens einem Jahr oder mit einer schwereren Strafe bedroht sind (Art. 2 Ziff 1 EAUe; Art. 35 Abs. 1 lit. a IRSG). Die beidseitige Strafbarkeit muss für jede dem Betroffenen vorgeworfene Handlung getrennt geprüft werden (BGE 125 II 569 E. 6 S. 575; 87 I 195 E. 2 S. 200). Der im Auslieferungsersuchen dargelegte Sachverhalt muss die objektiven Tatbestandsmerkmale einer Strafbestimmung des schweizerischen Rechts erfüllen. Bei der Beurteilung der Strafbarkeit nach schweizerischem Recht werden dessen besonderen Schuldformen und Strafbarkeitsbedingungen nicht berücksichtigt (Art. 35 Abs. 2 IRSG; BGE 124 II 184 E. 4b; 122 II 422 E. 2a; 118 Ib 448 E. 3a, mit Hinweisen). Es ist nicht erforderlich, dass die im Ersuchen geschilderten Handlungen in den Gesetzgebungen der beiden Staaten die gleiche rechtliche Qualifikation erfahren, dass sie denselben Strafbarkeitsvoraussetzungen unterliegen oder mit gleichwertigen Strafen bedroht sind. Es genügt, dass die Handlungen in beiden Staaten Straftaten darstellen, die üblicherweise zu internationaler Zusammenarbeit Anlass geben (BGE 124 II 184 E. 4b/cc; 117 Ib 337 E. 4a; 112 Ib 225 E. 3c mit Hinweisen). Bei der beidseitigen Strafbarkeit beschränkt sich der Rechtshilferichter auf eine Prüfung "prima facie" (BGE 124 II 184 E. 4b/cc S. 188; Urteile 1A.194/2005 vom 18. August 2005 E. 3.3.2 und 1A.132/2005 vom 4. Juli 2005 E. 5.1). 4.3 Die Vorinstanz hat sich einlässlich zum Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit geäussert. Dabei hat sie, wie das die angeführte Rechtsprechung verlangt, jeden der fünf im Auslieferungsersuchen dargelegten Sachverhaltskomplexe einzeln darauf hin geprüft, ob das Erfordernis erfüllt sei (angefochtener Entscheid E. 6.4.1-6.4.5). 4.3.1 Zum "Sale and lease-back"-Geschäft über acht Schiffe und deren Weiterverkauf führt die Vorinstanz insbesondere aus, aus dem Auslieferungsersuchen ergebe sich hinreichend deutlich, dass der Beschwerdeführer insoweit nach Auffassung der ersuchenden Behörde mit Y._ und Z._ "unter einer Decke gesteckt" habe. Das Verhalten das Beschwerdeführers lasse sich als Mittäterschaft, allenfalls Gehilfenschaft, zur ungetreuen Geschäftsbesorgung in Bereicherungsabsicht von Y._ zu Lasten der Firma A._ gemäss Art. 158 Ziff. 1 Abs. 3 StGB qualifizieren. Diese Ausführungen sind bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Sie stehen in der Sache in Einklang mit den Erwägungen des Bundesgerichtes in den Urteilen vom 3. Juli 2007. Dieses hat dort dargelegt, der Einsatz des Beschwerdeführers bei der Leitung von der Firma A._ dafür, dass diese zu ihrem finanziellen Nachteil und zugunsten der Gesellschaften von Z._ Geschäfte abschliesse, genüge prima facie für die Annahme einer ungetreuen Geschäftsbesorgung in Bereicherungsabsicht nach Art. 158 Ziff. 1 Abs. 3 StGB. Dies betreffe insbesondere den "Sale and lease-back"-Vertrag mit anschliessendem Verkauf der acht Schiffe, der bei der Firma A._ zu einem grossen Schaden geführt habe (Urteil 1A.7/2007 E. 6.3; Urteil 1A.10 und 12/2007 E. 4). Auf diese Erwägungen zurückzukommen besteht kein Anlass. 4.3.2 Zum Sachverhaltskomplex des Vertrags betreffend den Bau von Tankern bemerkt die Vorinstanz Folgendes: Eine mögliche Straftat auch nach schweizerischem Recht liege jedenfalls im Verzicht auf die Optionen betreffend zwei Schiffe gegen eine zu tiefe Prämie und im Abtreten zweier Schiffe zu einem zu günstigen Preis, seien doch damit die verzichtenden Gesellschaften entsprechend geschädigt worden. Zwar werde im Auslieferungsbegehren nicht ausdrücklich erklärt, ob der Beschwerdeführer auch insoweit mit Y._ und Z._ deliktisch zusammengearbeitet habe, was als Mittäterschaft, allenfalls Gehilfenschaft des Beschwerdeführers zu ungetreuer Geschäftsbesorgung gemäss Art. 158 Ziff. 1 Abs. 3 StGB zu qualifizieren wäre. Ein Zeuge habe jedoch ausgesagt, Y._, der Beschwerdeführer und Z._ hätten sich darüber geeinigt, auf die Optionen zu verzichten. Sodann finde sich insoweit ein indirekter weiterer Hinweis auf eine gemeinschaftliche Täterschaft, als im Zusammenhang mit diesem Geschäftskomplex ausgeführt werde, Y._ und der Beschwerdeführer hätten oft im Namen von Z._ Anordnungen erteilt. Das Auslieferungsersuchen sei damit bezüglich dieses Sachverhaltskomplexes insofern knapp zureichend, als es eine Qualifikation als ungetreue Geschäftsbesorgung zulasten der Firma A._ durch Y._ und den Beschwerdeführer, durch letzteren begangen in Mittäterschaft bzw. Gehilfenschaft, erlaube. Die Erwägungen der Vorinstanz verletzen auch insoweit kein Bundesrecht. 4.3.3 In Bezug auf den Sachverhaltskomplex der Time-Charter betreffend fünf Schiffe kommt die Vorinstanz erneut zum Schluss, der Sachverhalt lasse sich nach schweizerischem Recht als ungetreue Geschäftsbesorgung gemäss Art. 158 Ziff. 1 StGB seitens von Y._ und in Bezug auf den Beschwerdeführer als Mittäterschaft bzw. Gehilfenschaft dazu qualifizieren. Der angefochtene Entscheid ist auch insoweit bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Die Erwägungen der Vorinstanz decken sich wiederum in der Sache mit jenen des Bundesgerichts in den Urteilen vom 3. Juli 2007 (Urteil 1A.7/2007 E. 6.3; Urteil 1A. 10 und 12/2007 E. 4). 4.3.4 In Bezug auf den Sachverhaltskomplex der Kommissionsdifferenz beim Verkauf von ca. fünfzig Schiffen hat die Vorinstanz die Auslieferung abgelehnt. Sie nimmt an, es fehle insoweit an einem eigentlichen Sachverhaltsbeschrieb, der eine Prüfung der Strafbarkeit nach schweizerischem Recht ermöglichte. Gemäss Art. 107 Abs. 1 BGG darf das Bundesgericht nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen. Im Gegensatz zum alten Recht kennt das Bundesgerichtsgesetz keine Ausnahmen mehr, die das Bundesgericht ermächtigten, zu Ungunsten des Beschwerdeführers zu entscheiden (Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 S. 4345; Hansjörg Seiler/Nicolas von Werdt/Andreas Güngerich, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007, Art. 107 BGG N. 3). Das Bundesgericht hat sich deshalb im vorliegenden Punkt zum angefochtenen Entscheid nicht zu äussern. 4.3.5 Zum Sachverhaltskomplex der Geldwäscherei führt die Vorinstanz aus, die Sachdarstellung im Ersuchen erlaube ohne weiteres eine Subsumtion unter den Tatbestand der Gelwäscherei gemäss Art. 305bis StGB. Bei ungetreuer Geschäftsbesorgung in Bereicherungsabsicht im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 Abs. 3 bzw. Ziff. 2 StGB - den mutmasslichen Vortaten - handle es sich um Verbrechen im Sinne von Art. 10 Abs. 2 StGB. Die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Überweisungen von Vermögenswerten, die aufgrund der dargelegten Straftaten bei von ihm bzw. Z._ kontrollierten Gesellschaften angefallen seien, auf die Konten anderer Gesellschaften und die Reinvestition der Gelder in den legalen Geschäftskreislauf in Russland seien Handlungen, die nach schweizerischem Recht klassisch geeignet seien, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln. Nach der Rechtsprechung könne auch der Vortäter Geldwäscher sein, so dass diesbezüglich die doppelte Strafbarkeit ohne weiteres bejaht werden könne. Diese Ausführungen verletzen ebenso wenig Bundesrecht. Sie decken sich in der Sache erneut mit den bundesgerichtlichen Urteilen vom 3. Juli 2007 (Urteil 1A.7/2007 E. 6.3.; Urteil 1A. 10 und 12/2007 E. 4.). Diese Ausführungen verletzen ebenso wenig Bundesrecht. Sie decken sich in der Sache erneut mit den bundesgerichtlichen Urteilen vom 3. Juli 2007 (Urteil 1A.7/2007 E. 6.3.; Urteil 1A. 10 und 12/2007 E. 4.). 4.4 Der Beschwerdeführer wendet ein, das ihm vorgeworfene Verhalten sei nach Art. 165 des russischen Strafgesetzbuches (im Folgenden: rStGB) straflos. Nach der Rechtsprechung ist der ersuchte Staat mit Rücksicht auf das Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit (Art. 2 EAUe und Art. 35 IRSG) gehalten, aufgrund der im Ersuchen und in den zugehörigen Unterlagen enthaltenen Angaben abzuklären, ob die dem Verfolgten zur Last gelegten Handlungen nach den von der ersuchenden Behörde angeführten Bestimmungen des ausländischen Rechts strafbar sind (Urteil 1A.293/1995 vom 1. März 1996 E. 2). Die Rüge wäre somit an sich zulässig. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass sie der Beschwerdeführer vor Vorinstanz vorgebracht hätte. Entsprechend hat sich die Vorinstanz nicht dazu geäussert. Es braucht nicht vertieft zu werden, ob das neue Vorbringen im bundesgerichtlichen Verfahren zulässig sei, da es ohnehin unbegründet ist. Die russischen Behörden subsumieren alle Sachverhaltskomplexe unter Art. 165 rStGB. Die deutsche Übersetzung dieser Bestimmung liegt dem Auslieferungsersuchen bei. Sie trägt die Überschrift "Vermögensschädigung durch Irreführung oder Veruntreuung". Nach Ziffer 1 ist strafbar die "Vermögensschädigung eines Eigentümers oder eines anderen Inhabers des Vermögens ohne Entwendungsmerkmale". Ziffer 2 enthält einen qualifizierten Tatbestand bei Tatbegehung durch eine Gruppe oder in grossem Ausmass. Ziffer 3 sieht eine weitere Qualifikation vor bei Tatbegehung durch eine organisierte Gruppe und bei Zufügung eines besonders grossen Schadens. Es ist nicht ersichtlich, dass das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verhalten nach Art. 165 rStGB straflos sein sollte. Es wird ihm die Schädigung fremden Vermögens im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit vorgeworfen; dies "ohne Entwendungsmerkmale", wie sie insbesondere bei einem Diebstahl gegeben wären. Damit kann das ihm im Auslieferungsersuchen vorgeworfene Verhalten unter den Tatbestand von Art. 165 rStGB subsumiert werden. Nach dem Wortlaut des Grundtatbestandes von Art. 165 rStGB kann diesem nicht nur der Tatbestand der Veruntreuung gemäss Art. 138 StGB und des Betruges gemäss Art. 146 StGB, sondern auch jener der ungetreuen Geschäftsbesorgung gemäss Art. 158 StGB zugeordnet werden. 4.5 Die Beschwerde ist somit im vorliegenden Punkt unbehelflich. 5. 5.1 Der Beschwerdeführer wendet ein, es fehle an der russischen Strafverfolgungszuständigkeit. Die angeblichen strafbaren Handlungen hätten in England stattgefunden und ein Erfolg wäre dort eingetreten; der Beschwerdeführer sei britischer Staatsbürger und die angebliche geschädigte Firma A._ nicht unmittelbar Geschädigte der angeblichen Straftaten. 5.2 Die Gewährung von Rechtshilfe in Strafsachen setzt grundsätzlich voraus, dass der ersuchende Staat für die Durchführung eines Strafverfahrens zuständig ist, d.h. die dem Rechtshilfeersuchen zugrunde liegende Tat der Strafgewalt des ersuchenden Staates unterliegt. Die Entscheidung über die Grenzen der eigenen Strafgewalt steht grundsätzlich jedem Staat selbst zu, der hierbei allerdings gewisse, vom Völkerrecht gezogene Grenzen nicht verletzen darf. Inhalt und Tragweite dieser völkerrechtlichen Grenzen sind jedoch umstritten. Immerhin gibt es eine Reihe von Anknüpfungspunkten (sog. Prinzipien des internationalen Strafrechts), die international üblich und völkerrechtlich in der Regel unbedenklich sind. Hierzu gehört neben dem Territorialitätsprinzip (Begehungsort auf dem eigenen Staatsgebiet) das Flaggenprinzip (Begehung der Tat an Bord eines im Staat registrierten Schiffes oder Luftfahrzeugs), das aktive Persönlichkeitsprinzip (Staatsangehörigkeit des Täters), das Domizilprinzip (inländischer Wohnsitz des Täters), das Schutzprinzip (Angriff gegen Rechtsgüter/Interessen des Staates) und das Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege; im Grundsatz anerkannt - wenn auch im Einzelnen umstritten - sind auch das passive Personalitätsprinzip (Tat gegen Individualrechtsgüter eines eigenen Staatsangehörigen) und das Weltrechtsprinzip bei Straftaten gegen gewisse übernationale Rechtsgüter (BGE 126 II 212 E. 6b S. 213 f., mit Hinweisen). Ist die strafbare Handlung, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, ausserhalb des Hoheitsgebiets des ersuchenden Staates begangen worden, so kann gemäss Art. 7 Ziff. 2 EAUe die Auslieferung nur abgelehnt werden, wenn die Rechtsvorschriften des ersuchten Staates die Verfolgung einer ausserhalb seines Hoheitsgebietes begangenen strafbaren Handlungen gleicher Art nicht zulassen. 5.3 Nach dem Schreiben der russischen Botschaft an das Bundesamt vom 4. Januar 2007 (act. 49) und dem Auslieferungsersuchen vom 25. Dezember 2006 (act. 49A) wurde der Beschwerdeführer in Moskau geboren und ist russischer Staatsangehöriger. Dem Auslieferungsersuchen ist ein Schreiben der Verwaltung für Fragen der Staatsbürgerschaft des russischen föderalen Migrationsdienstes an den Oberuntersuchungsführer vom 17. Mai 2006 beigelegt. Darin wird zur Frage der russischen Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers und von Z._ gestützt auf die einschlägigen russischen Gesetzesbestimmungen Stellung genommen. Die Verwaltung für Fragen der Staatsbürgerschaft kommt zum Schluss, dass der Beschwerdeführer die russische Staatsbürgerschaft besitzt, da er am Tag des Inkrafttretens des massgeblichen Gesetzes am 6. Februar 1992 in Russland angemeldet war und darauf innerhalb eines Jahres auf die russische Staatsbürgerschaft nicht verzichtet hat. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Darlegungen der Verwaltung für Fragen der Staatsbürgerschaft unzutreffend sein sollen. Zudem ergibt sich aus den Beilagen des Auslieferungsersuchens, dass der Beschwerdeführer am 8. Dezember 2003 die Ausstellung eines russischen Passes verlangt und diesen am 13. Januar 2004 erhalten hat. Damit ist von der russischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers auszugehen. Die russische Zuständigkeit zur Strafverfolgung ist deshalb schon aufgrund des aktiven Personalitätsprinzips zu bejahen. Dieses Prinzip begründet gemäss Art. 7 StGB (Art. 6 aStGB) auch die Strafhoheit der Schweiz (Peter Popp/Patrizia Levante, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Strafrecht I, 2. Aufl., 2007, Art. 7 StGB N. 1 und 3). Art. 7 Ziff. 2 EAUe steht der Auslieferung daher nicht entgegen. Vieles spricht dafür, dass - wie das Bundesamt in der Vernehmlassung annimmt - die Zuständigkeit der russischen Behörden überdies zumindest aufgrund des passiven Personalitätsprinzips gegeben wäre. Wie es sich damit verhält, kann offenbleiben. Die Beschwerde erweist sich demnach auch im vorliegenden Punkt als unbegründet. 6. 6.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, in Russland drohe ihm eine menschenrechtswidrige Behandlung in der Untersuchungshaft und im allfälligen Strafvollzug. Aufgrund einer Erkrankung hätten ihm die Schilddrüsen entfernt werden müssen. Daher sei er auf ständige Medikation angewiesen. Im Falle einer Auslieferung und des damit verbundenen Mangels an einer Therapierung mit den notwendigen Medikamenten könnte er in vergleichsweise kurzer Zeit ins Koma fallen. Es sei unbestritten, dass seine Menschenrechte im Falle einer Auslieferung ernsthaft in Gefahr wären, doch gingen sowohl die Vorinstanz als auch das Bundesamt davon aus, es reiche aus, mittels diplomatischer Garantien die Einhaltung der Menschenrechte durch Russland einzufordern. Dem könne nicht gefolgt werden. Russland halte diplomatische Garantien nicht ein. Diese seien auch in der völkerrechtlichen Diskussion umstritten. Aus einem Bericht von Human Rights Watch zu aus Guantanamo nach Russland ausgelieferten Personen ergebe sich, dass sich Russland über diplomatische Zusicherungen hinweggesetzt habe, welche es den Vereinigten Staaten von Amerika abgegeben habe. Wenn Russland sich schon nicht an diplomatische Zusicherungen gehalten habe, die es gegenüber einem mächtigen Staat wie den Vereinigten Staaten abgegeben habe, sei nicht zu erwarten, dass es sich an diplomatische Garantien halte, die es der Schweiz gegenüber abgebe. Die Chancen, dass der Beschwerdeführer in Russland Misshandlungen erdulden müsste, seinen derart hoch, dass eine Auslieferung abgelehnt werden müsse. Eine umfassende Risikoabwägung habe bisher nicht stattgefunden. 6.2 Wie das Bundesgericht bereits festgestellt hat, lässt die Menschenrechtslage in Russland zu wünschen übrig. Sie gibt sogar - besonders in Tschetschenien - zu schwerer Beunruhigung Anlass (BGE 126 II 324 E. 4e S. 328). Das Bundesgericht hat sich insbesondere mehrfach zu den prekären Verhältnissen in den russischen Untersuchungshaft- und Strafanstalten geäussert (BGE 123 II 161 E. 6e und f S. 168 ff.). Die medizinische Betreuung ist dort im Allgemeinen mangelhaft. Die Sterblichkeitsrate ist hoch (Urteile 1A.17/2005 vom 11. April 2005 E. 3.4; 1A.118/2003 vom 26. Juni 2003 E. 4.2, mit Hinweis). Die Zellen sind stark überbelegt, die hygienischen Verhältnisse in der Regel deplorabel. Es gibt viele Gefangene, die an Tuberkulose leiden oder HIV-positiv sind (Urteil 1A.118/2003 vom 26. Juni 2003 E. 4.3). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in zahlreichen Fällen eine Verletzung von Art. 3 EMRK durch Russland aufgrund der dortigen Verhältnisse im Haftvollzug festgestellt; dies insbesondere wegen der starken Überbelegung der Zellen (Urteil i.S. Frolov gegen Russland vom 29. März 2007, Ziff. 43 ff. mit Hinweisen; Urteil i.S. Benediktov gegen Russland vom 10. Mai 2007, Ziff. 31 ff.; i.S. Mamedova gegen Russland vom 1. Juni 2006, Ziff. 61 ff.), der ungenügenden medizinischen Betreuung (Urteil i.S. Khudobin gegen Russland vom 26. Oktober 2006, Ziff. 90 ff.) und der miserablen sanitären Verhältnisse (Urteil i.S. Kalashnikov gegen Russland vom 15. Juni 2002, Recueil CourEDH 2002-VI S. 135, Ziff. 92 ff.). Wie insbesondere aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes zu schliessen ist, stellen die prekären Bedingungen im russischen Haftvollzug ein strukturelles Problem dar, das nicht nur in einzelnen Anstalten besteht (Urteil 1A.118/2003 vom 26. Juni 2003 E. 4.3). Damit ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Auslieferung der Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstossenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre. Das nimmt zu Recht auch die Vorinstanz an. 6.3 Die Schweiz prüft die Auslieferungsvoraussetzungen des europäischen Auslieferungsübereinkommens auch im Lichte ihrer grundrechtlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen. Nach Völkerrecht - wie auch schweizerischem Landesrecht - sind Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung verboten (Art. 3 EMRK und Art. 7 sowie Art. 10 Ziff. 1 UNO-Pakt II, Art. 10 Abs. 3 BV). Niemand darf in einen Staat ausgeliefert werden, in dem ihm Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht (Art. 25 Abs. 3 BV; BGE 133 IV 76 E. 4.1, mit Hinweisen). Bei heiklen Konstellationen bestehen die schweizerischen Behörden beim ersuchenden Staat regelmässig auf förmliche Garantieerklärungen bezüglich der Einhaltung der Grund- und Menschenrechte. Bei Auslieferungsfällen - auch in solchen, in denen das Europäische Auslieferungsübereinkommen anwendbar ist - kann der ersuchende Staat in einem konkreten Einzelfall zur Einhaltung bestimmter Verfahrensgarantien als Bedingung für eine Auslieferung ausdrücklich verpflichtet werden. Dies gilt namentlich für die Zulassung unangemeldeter Haftbesuche und die Beobachtung des Strafverfahrens durch Vertreter der Botschaft des ersuchten Staates (BGE 133 IV 76 E. 4.5 S. 88 f., mit Hinweisen). 6.4 In Fällen, mit denen sich das Bundesgericht zu befassen hatte, wurden derartige Garantieerklärungen eingeholt namentlich von: Russland (BGE 123 II 161 E. 6f/cc S. 172 f.; Urteile 1A.17/2005 vom 11. April 2005 E. 3.4; 1A.118/2003 vom 26. Juni 2003 E. 4.3; 1A.42/1998 vom 8. April 1998 E. 4; 1A.195/1991 vom 19. März 1992 E. 5e); der Türkei (BGE 133 IV 76 E. 4; 122 II 373 E. 2d S. 380; Urteil 1A.13/2007 vom 9. März 2007 E. 3); Kasachstan (BGE 123 II 511 E. 6c S. 522 f.); Tunesien (BGE 111 Ib 138 E. 6 S. 145 ff.); Georgien (Urteil 1A.172/2006 vom 7. November 2006 E. 5); Serbien und Montenegro (Urteil 1A.4/2005 vom 28. Februar 2005 E. 4); der Bundesrepublik Jugoslawien (Urteil 1A.93/2002 vom 15. Mai 2002 E. 6); Albanien (Urteil 1A.149/2004 vom 20. Juli 2004 E. 4); Mexiko (Urteile 1A.149/1999 vom 9. September 1999 E. 8b; 1A.159/1997 vom 30. Juli 1997 E. 3); Indien (Urteil 1A.184/1997 vom 16. September 1997 E. 4). 6.5 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte berücksichtigt diplomatische Zusicherungen bei der Beurteilung, ob der ersuchte Staat mit der Auslieferung Art. 3 EMRK verletzte. So hat der Gerichtshof im Urteil in Sachen Olaechea gegen Spanien vom 10. August 2006 eine Verletzung von Art. 3 EMRK verneint in einem Fall, in dem Peru als ersuchender Staat unter anderem die Zusicherung abgegeben hatte, der Verfolgte werde weder unmenschlich noch erniedrigend behandelt (Ziff. 30 ff.). Ebenso hat der Gerichtshof (Grosse Kammer) im Urteil in Sachen Mamatkulov und Askarov gegen Türkei vom 4. Februar 2005 (Recueil CourEDH 2005-I S. 225; EuGRZ 2005 S. 357) eine Verletzung von Art. 3 EMRK verneint in einem Fall, in dem die Türkei zwei mutmassliche usbekische Terroristen an Usbekistan ausgeliefert hatte, nachdem sie von den usbekischen Behörden unter anderem die Zusicherung erhalten hatte, dass die Verfolgten keiner schlechten Behandlung und insbesondere keiner Folter unterworfen würden (Ziff. 56 ff.). Im Urteil des Europäischen Gerichtshofes in Sachen Chahal gegen Vereinigtes Königreich vom 15. November 1996 (Recueil CourEDH 1996-V S. 1831) ging es um die Ausweisung eines separatistischen Sikh nach Indien. Die indischen Behörden hatten zugesichert, er werde in Indien keiner schlechten Behandlung unterworfen. Der Gerichtshof kam in Würdigung der konkreten Umstände zum Schluss, die von Indien abgegebenen Garantien stellten keinen hinreichenden Schutz für den Betroffenen dar. Der Gerichtshof stellte deshalb fest, dass eine Ausweisung, falls sie vollzogen würde, Art. 3 EMRK verletzte. Er trug insbesondere dem Umstand Rechnung, dass schwere Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitskräfte in der Provinz Pendjab namentlich gegen bekannte militante Sikhs, wie der Betroffene einer war, häufig waren und die indische Regierung dieses Problem noch nicht bewältigen konnte (Ziff. 72 ff.). 6.6 Die Praxis der Einholung diplomatischer Garantien stösst auf Kritik. 6.6.1 Human Rights Watch vertritt in einem Bericht vom April 2004 die Auffassung, diplomatische Zusicherungen und ein Monitoring nach der Auslieferung stellten keine adäquate Sicherung gegen Folter und andere schlechte Behandlung dar ("Empty Promises": Diplomatic Assurances No Safeguard against Torture, S. 4). In einem gemeinsamen Aufruf vom 2. Dezember 2005 an die Mitglieder des Europarates legen Amnesty International, Human Rights Watch und die International Commission of Jurists dar, der ausliefernde Staat erzwinge mit diplomatischen Zusicherungen eine Ausnahme von der Folterpraxis im Empfängerstaat in einem Einzelfall. Damit werde die Folter von anderen Gefangenen im Empfängerstaat akzeptiert. Wenn ein Staat mit diplomatischen Zusicherungen eine "Insel der Legalität" im Empfängerstaat schaffe, komme das dem Eingeständnis gefährlich nahe, dass er den "Ozean des Missbrauchs", der diese Insel umgebe, akzeptiere. Diplomatische Zusicherungen hätten nicht funktioniert und nichts berechtige zur Annahme, dass die Verbesserung und Perfektionierung solcher Garantien einen adäquaten Schutz gegen Folter und andere menschenrechtswidrige Behandlung herbeiführen könnte (Reject rather than regulate, Call on Council of Europe member states not to establish minimum standards for the use of diplomatic assurances in transfers to risk of torture and other ill-treatment, S. 2). In einem Bericht vom März 2007 (The "Stamp of Guantanamo", The Story of Seven Men Betrayed by Russia's Diplomatic Assurances to the United States) schildert Human Rights Watch das Schicksal von sieben russischen Gefangenen, die in Guantanamo inhaftiert waren und von den Behörden der Vereinigten Staaten an Russland überstellt worden waren. In Russland seien sie in Verletzung der diplomatischen Zusicherungen der russischen Behörden misshandelt worden. Kritisch zu den diplomatischen Garantien geäussert hat sich auch die Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen in einem Vortrag vom 16. Februar 2006. Sie bemerkt insbesondere, es sei schwer anzunehmen, dass eine Regierung, die sich nicht an bindendes Recht wie das Folterverbot halte, sich an rechtlich nicht bindende zweiseitige zwischenstaatliche Abmachungen halte, welche sich einzig auf Vertrauen stützten (Address by Louise Arbour, UN High Commissioner for Human Rights, at Chatham House and the British Institute of International and Comparative Law). 6.6.2 Auch in der schweizerischen Literatur werden diplomatische Garantien teilweise kritisiert. Martina Caroni führt aus, aus menschenrechtlicher Sicht müsse die Tauglichkeit von diplomatischen Zusicherungen als wirksamer Schutz vor Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung und Bestrafung verneint werden. Das Folterverbot gelte absolut. Personen, bei denen stichhaltige Gründe für die Annahme vorlägen, dass sie im Falle einer Auslieferung der tatsächlichen Gefahr von Folter oder unmenschlicher bzw. erniedrigender Behandlung ausgesetzt würden, dürften unter keinen Umständen ausgeliefert werden. Die Staaten könnten sich nicht durch das Einholen diplomatischer Zusicherungen dieser Verantwortlichkeit entziehen. Auch wenn diplomatische Zusicherungen völkerrechtlich bindend seien, sei doch die Möglichkeit eines Staates, auf die Einhaltung der abgegebenen Garantien hinzuwirken, relativ beschränkt. Die Praxis zeige, dass sich die Staaten keineswegs immer an die abgegebenen Versprechen hielten (Menschenrechtliche Wegweisungsverbote: Neuere Praxis, in: Jahrbuch für Migrationsrecht 2006/2007, Bern 2007, S. 59 f.). Peter Popp bemerkt, Art. 2 IRSG, wonach einem Ersuchen zur Zusammenarbeit in Strafsachen nicht entsprochen wird, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass das Verfahren im Ausland den in der EMRK oder im UNO-Pakt II festgelegten Verfahrensgrundsätzen widerspricht, sehe die Verweigerung zwingend vor; es handle sich um keine Kann-Vorschrift. Zwar sei die Gewährung von Rechtshilfe unter Auflagen ein minus in der Perspektive des ersuchenden Staates. Indessen sei ratio legis nicht der schweizerische ordre public, sondern in erster Linie der Schutz des betroffenen Individuums. Diesem gegenüber sei Rechtshilfe selbst unter Auflagen ein maius, für welches eine gesetzliche Grundlage gegeben sein müsste. Die Auflage sei zudem kein taugliches Mittel, die Menschenrechte zu garantieren. Ein Staat nämlich, der zwar die internationalen Menschenrechtspakte ratifiziere, sich aber nicht daran halte - darin liege ja gerade die Gefahr einer Verletzung begründet - , biete keine Gewähr dafür, dass er eine im Rechtshilfeverfahren eingegangene, inhaltlich identische Verpflichtung einhalte (Grundzüge der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, Basel 2001, S. 255 N. 382). Robert Zimmermann stimmt der Praxis der Einholung diplomatischer Zusicherungen demgegenüber offenbar zu. Er bemerkt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, die Einholung genauer und hinreichender Garantien in Bezug auf die Haftbedingungen könne den ersuchten Staat vom Vorwurf einer Verletzung von Art. 3 EMRK schützen (La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 2. Aufl., Bern 2004, S. 458 N. 420, insb. Fn. 657). 6.6.3 In einem Schreiben vom 14. Dezember 2006 ersuchte Human Rights Watch die Schweiz, sich nicht auf diplomatische Zusicherungen zu verlassen und auf dieses Instrument zu verzichten. Am 4. April 2007 antwortete Bundespräsidentin Calmy-Rey Human Rights Watch, der Rückgriff auf diplomatische Garantien gegen die Anwendung von Folter im Rahmen der Überstellung von Personen in andere Länder könne insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz des non-refoulement problematisch sein. Diese Position habe die Schweiz sowohl im Europarat als auch in den Vereinten Nationen vertreten und habe sich nicht geändert. Den Rückgriff auf diplomatische Zusicherungen zur Umgehung des absoluten Folterverbots habe die Schweiz stets verurteilt; dies auch im gegenwärtigen Zusammenhang des Kampfes gegen den Terrorismus. In Bezug auf die schweizerische Praxis müsse unterschieden werden zwischen Fällen der Ausweisung und der Auslieferung. Diplomatische Zusicherungen seien ein angemessenes Mittel nur in Fällen der Auslieferung, da der ersuchende Staat ein starkes Interesse an der Beachtung solcher Zusicherungen habe. Falls dieser eine Zusicherung missachte, würde er die weitere Zusammenarbeit auf diesem Gebiet gefährden. In Fällen der Ausweisung aufgrund der Gesetzgebung über Asyl und Ausländer sei es gesetzlich untersagt, solche Zusicherungen zu verlangen. Eine Auslieferung sei unzulässig, wenn ein besonderes Risiko bestehe, dass eine zwingende Norm des Völkerrechts wie das Verbot der Folter oder anderer unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verletzt werden könnte. Mache der Verfolgte eine solche Gefahr geltend, nähmen die Behörden eine Risikoanalyse vor. In anderen Fällen werde automatisch eine Risikoanalyse vorgenommen, wenn es die besonderen Umstände und die allgemeine Menschenrechtslage im betroffenen Staat als erforderlich erscheinen liessen. Führe die Analyse zum Schluss, dass ein Risiko der Verletzung nicht ausgeschlossen werden könne, so werde die Möglichkeit geprüft, das Risiko durch die Einholung von Garantien zu beseitigen. Diese Garantien würden in gesetzlich bindender Form in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht abgegeben. Die Schweiz ersuche um zusätzliche Garantien, die an sich nicht nötig seien und vom Völkerrecht nicht verlangt würden, nur in Fällen, in denen das Risiko, dass die Grundrechte der Person verletzt werden könnten, minimal sei. Indem die Schweiz in solchen Fällen Garantien verlange, versuche sie klarerweise nicht, das Folterverbot oder den Grundsatz des non-refoulement zu umgehen. Im Gegenteil gehe sie über ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen hinaus. Die Schweiz habe in völliger Transparenz den einzigen Fall offengelegt, in dem der Rückgriff auf diplomatische Garantien erfolglos gewesen sei. Dabei gehe es um die Auslieferung am 3. Oktober 1997 von zwei türkischen Staatsbürgern nach Indien. Es sei hervorzuheben, dass dieser Fall nicht das Folterverbot betroffen habe. Nach diesem Vorfall habe die Schweiz keine Auslieferungsersuchen von Indien mehr genehmigt. Die Schweizer Behörden hätten keine Kenntnis von einem Fall, in dem Folter nach einer von Zusicherungen begleiteten Auslieferung endgültig bewiesen worden sei. 6.7 Bei Ländern mit bewährter Rechtsstaatskultur - insbesondere jenen Westeuropas - bestehen regelmässig keine ernsthaften Gründe für die Annahme, dass der Verfolgte bei einer Auslieferung dem Risiko einer Art. 3 EMRK verletzenden Behandlung ausgesetzt sein könnte. Deshalb wird hier die Auslieferung ohne Auflagen gewährt. Dann gibt es Fälle, in denen zwar ernsthafte Gründe für die Annahme bestehen, dass der Verfolgte im ersuchenden Staat einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt sein könnte, dieses Risiko aber mittels diplomatischer Garantien behoben oder jedenfalls auf ein so geringes Mass herabgesetzt werden kann, dass es als nur noch theoretisch erscheint. Ein solches theoretisches Risiko einer menschenrechtswidrigen Behandlung kann, da es praktisch immer besteht, für die Ablehnung der Auslieferung nicht genügen. Sonst wären Auslieferungen überhaupt nicht mehr möglich und könnten sich Straftäter durch Grenzübertritt vor der Verfolgung schützen. Schliesslich gibt es Fälle, in denen das Risiko einer menschenrechtswidrigen Behandlung auch mit diplomatischen Zusicherungen nicht auf ein Mass herabgesetzt werden kann, dass es als nur noch theoretisch erscheint. Als Beispiel kann auf das (E 6.5) erwähnte Urteil des Europäischen Gerichtshofes in Sachen Chahal gegen Vereinigtes Königreich verwiesen werden. 6.8 Für die Beantwortung der Frage, in welche Kategorie der Einzelfall gehört, ist eine Risikobeurteilung vorzunehmen. Dabei ist zunächst die allgemeine menschenrechtliche Situation im ersuchenden Staat zu würdigen. Sodann - und vor allem - ist zu prüfen, ob der Verfolgte selber aufgrund der konkreten Umstände seines Falles der Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt wäre (BGE 117 Ib 64 E. 5f S. 91; 115 Ib 68 E. 6 S. 87; Urteil 1A.184/1997 vom 16. September 1997 E. 4d). Dabei spielt insbesondere eine Rolle, ob er gegebenenfalls zu einer Personengruppe gehört, die im ersuchenden Staat in besonderem Masse gefährdet ist. 6.9 Wie (E 6.5) gesagt, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wiederholt eine Verletzung von Art. 3 EMRK durch den ausliefernden Staat mit Blick auf diplomatische Zusicherungen des ersuchenden Staates verneint. Der Beschwerdeführer geht somit fehl, wenn er vorbringt, der Gerichtshof kritisiere den Rückgriff auf diplomatische Zusicherungen grundsätzlich. Eine derartige Kritik ist auch im Urteil in Sachen Chahal gegen das Vereinigte Königreich, auf das sich der Beschwerdeführer beruft, nicht enthalten. Zwar hat dort der Gerichtshof befunden, eine Auslieferung, falls sie vollzogen würde, verletzte trotz der diplomatischen Zusicherung der indischen Regierung, den Betroffenen keiner schlechten Behandlung zu unterwerfen, Art. 3 EMRK (Ziff. 105 ff.). Der Gerichtshof hat die Wirksamkeit diplomatischer Garantien aber nicht grundsätzlich, sondern nur im zu beurteilenden Einzelfall aufgrund der gegebenen Umstände verneint. 6.10 Gemäss Art. 37 Abs. 3 IRSG wird die Auslieferung abgelehnt, wenn der ersuchende Staat keine Gewähr bietet, dass (...) der Verfolgte nicht einer Behandlung unterworfen wird, die seine körperliche Integrität beeinträchtigt. Daraus folgt e contrario, dass die Auslieferung zu bewilligen ist, wenn der ersuchende Staat eine als verlässlich zu beurteilende Zusicherung abgibt, dass er die körperliche Integrität des Verfolgten beachten wird (Urteile 1A.172/2006 vom 7. November 2006 E. 5.3; 1A.17/2005 vom 11. April 2005 E. 3.4; 1A.42/1998 vom 8. April 1998 E. 4c; 1A.159/1997 vom 30. Juli 1997 E. 3c). Die Möglichkeit der Gewährung von Rechtshilfe unter Auflagen sieht sodann Art. 80p IRSG ausdrücklich vor. Nach der Rechtsprechung ist diese Bestimmung auch bei der Auslieferung anwendbar (BGE 123 II 511 E. 4a am Schluss; Zimmermann, a.a.O., S. 183). Entgegen der Ansicht von Popp besteht somit eine gesetzliche Grundlage für die Auslieferung unter Einholung diplomatischer Garantien. Art. 11 EAUe sieht die Bewilligung der Auslieferung vor gegen die Zusicherung des ersuchenden Staates, dass er keine Todesstrafe vollstreckt. Ebenso kann gemäss Art. 3 Ziff. 1 Satz 2 des Zweiten Zusatzprotokolls zum EAUe der ersuchte Staat die Auslieferung bewilligen gegen die Zusicherung des ersuchenden Staates, wonach dieser dem in Abwesenheit Verurteilten das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren gewährleistet, in dem die Rechte der Verteidigung gewahrt werden. Die hier anwendbaren internationalen Abkommen sehen somit die Einholung von diplomatischen Zusicherungen vor. Es ist nicht ersichtlich, weshalb Letzteres nicht auch zulässig sein sollte, soweit es um das Verbot der Folter oder anderer unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung geht. 6.11 Die Schweiz hat schon mehrfach Auslieferungen an Russland unter Einholung diplomatischer Garantien bewilligt (oben E. 6.4). Dabei hat sich Russland an die abgegebenen Garantien stets gehalten. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht das Gegenteil. Er beruft sich auf den Fall von sieben Gefangenen, die nach einem Bericht von Human Rights Watch vom März 2007 von Guantanamo nach Russland überstellt und dort entgegen der von den russischen Behörden den Vereinigten Staaten abgegebenen Zusicherung misshandelt worden seien. Wie sich dem Bericht von Human Rights Watch entnehmen lässt, handelt es sich bei den sieben Betroffenen um Moslems, die zunächst von den Streitkräften der Vereinigten Staaten in Afghanistan und Pakistan gefangen gehalten wurden. Dabei ging es um die Bekämpfung des Terrorismus. Ein solcher Hintergrund besteht im vorliegenden Fall nicht. Dem Beschwerdeführer werden gemeinrechtliche Wirtschaftsdelikte vorgeworfen. Dies ist bei der Risikobeurteilung zu berücksichtigen. Eine besondere Menschenrechtsproblematik besteht in Russland im Zusammenhang mit dem Konflikt in Tschetschenien (Urteil 1A.17/2005 vom 11. April 2005 E. 3.3.1). So hat nach dem (E. 6.6.1) erwähnten Bericht von Human Rights Watch vom April 2004 ein Londoner Gericht im Jahr 2003 die Auslieferung eines Gesandten der tschetschenischen Exilregierung an Russland abgelehnt, obwohl diplomatische Zusicherungen in Bezug auf seine menschenrechtskonforme Behandlung vorlagen (S. 29 ff.). Der Fall des Beschwerdeführers steht in keinem Zusammenhang mit dem Konflikt in Tschetschenien. Insoweit ist der Beschwerdeführer daher ebenfalls keinem erhöhten Risiko ausgesetzt. 6.12 Bisher ist lediglich ein Fall bekannt, in dem sich der ersuchende Staat gegenüber der Schweiz nicht an die abgegebenen Zusicherungen gehalten hat. Dabei ging es, wie (E. 6.6.3) dargelegt, um die Auslieferung von zwei türkischen Staatsbürgern am 3. Oktober 1997 nach Indien. In jenem Fall wurde aber nicht das Folterverbot missachtet, sondern das Beschleunigungsgebot (vgl. Group of Specialists on Human Rights and the Fight against Terrorism, Steering Committee for Human Rights, Bericht vom 15. März 2006, S. 43). Im vorliegenden Fall geht es nicht um eine Auslieferung nach Indien. Jenem Fall kommt hier deshalb für die Risikobeurteilung keine besondere Bedeutung zu. 6.13 In Würdigung der gegebenen Umstände lässt sich das Risiko einer menschenrechtswidrigen Behandlung des Beschwerdeführers mittels diplomatischer Zusicherungen Russlands auf ein so geringes Mass herabsetzen, dass es als nur noch theoretisch erscheint. Die Vorinstanzen haben die Auslieferung deshalb grundsätzlich zu Recht bewilligt. 6.14 Die Garantien müssen allerdings so wirksam wie möglich ausgestaltet werden. Die Vorinstanzen verlangen von den zuständigen russischen Behörden die Abgabe folgender Zusicherung: "Die Haftbedingungen dürfen nicht unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK sein; die physische und psychische Integrität der ausgelieferten Person muss gewahrt sein (vgl. auch Art. 7, 10 und 17 des UNO-Pakts II). Die Gesundheit des Häftlings muss in angemessener Weise sichergestellt werden, insbesondere mittels Zugang zu genügender medizinischer Versorgung. Die diplomatische Vertretung der Schweiz ist berechtigt, die ausgelieferte Person ohne jegliche Überwachungsmassnahmen zu besuchen. Die ausgelieferte Person hat jederzeit das Recht, sich an diese zu wenden." Der dadurch gewährte Schutz des Beschwerdeführers kann in verschiedener Hinsicht verstärkt werden. 6.14.1 Nach der von den Vorinstanzen verlangten Zusicherung hat der Beschwerdeführer jederzeit das Recht, sich an die diplomatische Vertretung der Schweiz zu wenden; diese ist berechtigt, den Beschwerdeführer ohne jegliche Überwachungsmassnahmen zu besuchen. In der Zusicherung wird aber nicht ausdrücklich verlangt, dass die diplomatische Vertretung der Schweiz das Recht haben muss, den Beschwerdeführer jederzeit und unangemeldet zu besuchen. Eine solche Zusicherung ist nach der Rechtsprechung erforderlich (BGE 133 IV 76 E. 4.8 S. 91; 123 II 511 E. 6c S. 523; Urteile 1A.4/2005 vom 28. Februar 2005 E. 4.3 und 4.6; 1A.149/2004 vom 20. Juli 2004 E. 4.3; 1A.118/2003 vom 26. Juni 2003 E. 4.4; 1A.75/1993 vom 18. März 1994 E. 5b; 1A.195/1991 vom 19. März 1992 E. 5e). Die von den russischen Behörden einzuholende Zusicherung ist entsprechend zu präzisieren. So kann vermieden werden, dass die schweizerische diplomatische Vertretung gegebenenfalls so lange hingehalten wird, bis Spuren einer menschenrechtswidrigen Behandlung beseitigt sind. 6.14.2 Von den russischen Behörden ist zudem zu verlangen, dass sie der schweizerischen diplomatischen Vertretung den Ort der Inhaftierung des Beschwerdeführers bekannt geben und sie die schweizerische Vertretung über eine allfällige Verlegung des Beschwerdeführers in ein anderes Gefängnis unverzüglich orientieren. Diese Garantie ist von Bedeutung in Anbetracht der Grösse des russischen Staatsgebietes. Die schweizerische diplomatische Vertretung muss jederzeit wissen, wo sie den Beschwerdeführer finden kann. Die Rechtsprechung hat bereits in früheren Fällen eine entsprechende Garantie verlangt (BGE 122 II 373 E. 2d S. 380; Urteile 1A.172/2006 vom 7. November 2006 E. 5.2; 1A.75/1993 vom 18. März 1994 E. 5b). 6.14.3 Im Weiteren ist die Auslieferung von der Zusicherung abhängig zu machen, dass der Beschwerdeführer das Recht hat, mit seinem Wahl- oder Offizialverteidiger uneingeschränkt und unbewacht zu verkehren (ebenso BGE 133 IV 76 E. 4.2 S. 86 und E. 4.7 S. 90 f.; Urteile 1A.13/2007 vom 9. März 2007 E. 3.5; 1A.172/2006 vom 7. November 2006 E. 5.2; 1A.184/1997 vom 16. September 1997 E. 4e und f). 6.14.4 Der Schutz des Beschwerdeführers kann schliesslich dadurch verstärkt werden, dass auch seinen Angehörigen das Recht eingeräumt wird, ihn im russischen Gefängnis zu besuchen (ebenso Urteil 1A.13/2007 vom 9. März 2007 E. 3.5). 6.15 Die von den russischen Behörden einzuholenden Garantien sind in diesem Sinne zu präzisieren. Damit ergibt sich für die Schweiz die Möglichkeit, ihre nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen bestehende Auslieferungspflicht mit dem Verbot der Folter und anderer unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung in Einklang zu bringen. Gemäss Art. 80p Abs. 1 IRSG kann auch die Rechtsmittelinstanz, hier also das Bundesgericht, die Gewährung der Rechtshilfe an Auflagen knüpfen. Das Bundesamt wird der zuständigen russischen Behörde eine angemessene Frist für die Abgabe der präzisierten diplomatischen Zusicherungen anzusetzen haben. In der Folge wird das Bundesamt nach Art. 80p Abs. 3 IRSG zu prüfen haben, ob die Antwort der russischen Behörde den verlangten Auflagen genügt. Die entsprechende Verfügung des Bundesamts kann gemäss Art. 80p Abs. 4 Satz 1 IRSG bei der Vorinstanz angefochten werden. Die Beschwerde dagegen an das Bundesgericht ist ausgeschlossen (Art. 80p Abs. 4 Satz 2 IRSG; BGE 133 IV 134). 6.16 Das Bundesamt wird in enger Zusammenarbeit mit dem Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sicherzustellen haben, dass die schweizerische diplomatische Vertretung die Einhaltung der Garantien durch Russland überwacht (BGE 123 II 511 E. 7c am Schluss S. 525; Urteil 1A.4/2005 vom 28. Februar 2005 E. 4.6). 7. 7.1 Der Beschwerdeführer wendet ein, die russischen Behörden führten das vorliegende Strafverfahren rechtsungleich. Es sei politisch motiviert. Es verhalte sich gleich wie im Fall Yukos. Deshalb sei die Auslieferung zu verweigern. 7.2 Das Bundesgericht hat es in den Urteilen vom 3. Juli 2007 abgelehnt, hier gleich wie in einem Rechtshilfefall, der mit der Angelegenheit "Yukos" in engem Zusammenhang stand, ausnahmsweise von der sonst üblichen Zurückhaltung bei der Prüfung des im Rechtshilfeersuchen dargelegten Sachverhalts abzuweichen. Es verwies auf die Unterschiede zur Angelegenheit "Yukos" und bemerkte insbesondere, anders als in jenem Fall habe sich der Europarat nicht mit der vorliegenden Sache befasst. Dafür, dass es hier den russischen Behörden darum gehen könnte, einen politischen Gegner zu schwächen, bestünden keine Anhaltspunkte. Das in Russland geführte Strafverfahren habe keinen politischen Charakter (Urteil 1A.7/2007 E. 5.3; Urteil 1A.10 und 12/2007 E. 2.3). Auf diese Beurteilung zurückzukommen besteht kein Anlass. Die Beschwerde ist auch im vorliegenden Punkt unbehelflich. 8. 8.1 Der Beschwerdeführer beruft sich auf den Grundsatz der Spezialität. Er bringt vor, sollte das Bundesgericht die Auslieferung als zulässig erachten, sei diesem Grundsatz Rechnung zu tragen und die Auslieferung nur für die vom Bundesgericht als erfüllt betrachteten Delikte zuzulassen. 8.2 Die Begrenzung des Sachverhaltes, für den die Auslieferung bewilligt werden kann, erfolgt nach dem Grundsatz der Spezialität (Art. 14 Ziff. 1 EAUe). Dieser soll sicherstellen, dass der ersuchende Staat im Falle der Auslieferung ausschliesslich jenen Sachverhalt zur Anklage bringt, der gemäss Art. 2 Ziff. 1 EAUe auch nach schweizerischem Strafrecht strafbar wäre. Eine allfällige Ausdehnung des Anklagesachverhaltes wäre nur mit ausdrücklicher Zustimmung der schweizerischen Behörden zulässig (Art. 14 Ziff. 1 lit. a EAUe; BGE 133 IV 76 E. 2.9 S. 84, mit Hinweis). 8.3 Die Vorinstanz hat, wie (E. 4.3) dargelegt, die Voraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit in Bezug auf die fünf in Frage stehenden Sachverhaltskomplexe je getrennt geprüft. Aus ihren Erwägungen, die kein Bundesrecht verletzen, ergibt sich klar, wieweit die Auslieferung bewilligt wird und wieweit nicht. Bei der Übergabe des Betroffenen wird der ersuchende Staat auf die sich aus dem Spezialitätsprinzip ergebende Begrenzung seiner Strafgewalt hingewiesen. Aufgrund der Vermutung der Vertragstreue ist davon auszugehen, dass Russland den Spezialitätsvorbehalt nach Art. 14 EAUe beachten und den Beschwerdeführer nur für diejenigen Delikte verfolgen wird, für welche die Auslieferung bewilligt worden ist. Dem Spezialitätsprinzip wird somit Nachachtung verschafft, weshalb die Beschwerde auch im vorliegenden Punkt unbehelflich ist. 9. Die Beschwerde ist, soweit darauf einzutreten ist, im Sinne der Erwägungen abzuweisen. Da kein Auslieferungshindernis besteht, kommt die Haftentlassung des Beschwerdeführers nicht in Betracht. Der Beschwerdeführer unterliegt. Deshalb trägt er die Kosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Eine Parteientschädigung steht ihm nicht zu (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Sein Gesuch zur Ansetzung einer Frist zwecks Einreichung einer Kostennote ist damit gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, im Sinne der Erwägungen abgewiesen. 2. Die Auslieferung wird von der Bedingung abhängig gemacht, dass die zuständige russische Behörde folgende Garantieerklärung abgibt: "1. Die Haftbedingungen des Ausgelieferten dürfen nicht unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK sein; seine physische und psychische Integrität wird gewahrt (vgl. auch Art. 7, 10 und 17 UNO-Pakt II). 2. Die Gesundheit des Ausgelieferten wird sichergestellt. Der Zugang zu genügender medizinischer Betreuung, insbesondere den notwendigen Medikamenten, wird gewährleistet. 3. Die diplomatische Vertretung der Schweiz ist berechtigt, den Ausgelieferten jederzeit und unangemeldet ohne jegliche Überwachungsmassnahmen zu besuchen. Der Ausgelieferte hat das Recht, sich jederzeit an die diplomatische Vertretung der Schweiz zu wenden. 4. Die russischen Behörden geben der diplomatischen Vertretung der Schweiz den Ort der Inhaftierung des Ausgelieferten bekannt. Wird er in ein anderes Gefängnis verlegt, informieren die russischen Behörden die diplomatische Vertretung der Schweiz unverzüglich über den neuen Ort der Inhaftierung. 5. Der Ausgelieferte hat das Recht, mit seinem Wahl- oder Offizialverteidiger uneingeschränkt und unbewacht zu verkehren. 6. Die Angehörigen des Ausgelieferten haben das Recht, ihn im Gefängnis zu besuchen." 3. Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, II. Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 18. Dezember 2007 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Féraud Härri
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Sachverhalt: A. Gestützt auf das Ergebnis einer ärztlichen Kontrolluntersuchung ordnete das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern am 7. Juli 2011 an, X._ habe sich einer Kontrollfahrt zur Abklärung seiner Fahreignung zu unterziehen. X._ absolvierte die Kontrollfahrt am 23. September 2011. Der Verkehrsexperte A._ beurteilte die Leistung von X._ als ungenügend. Er beanstandete insbesondere eine massiv übersetzte Geschwindigkeit im Quartier, diverse ungenügend vorbereitete Fahrstreifenwechsel und das Übersehen eines Rotlichts. Der Verkehrsexperte behielt den Führerausweis von X._ bei sich. Mit Verfügung vom gleichen Tag entzog das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt X._ den Führerausweis vorsorglich. Einer allfälligen Beschwerde entzog es die aufschiebende Wirkung. X._ reichte am 27. September 2011 Beschwerde gegen diese Verfügung des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts ein. Am 12. Oktober 2011 bestätigte der Präsident der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern (im Folgenden: Rekurskommission) den vorsorglichen Führerausweisentzug und stellte die aufschiebende Wirkung der Beschwerde nicht wieder her. Am 21. Oktober 2011 reichte X._ eine zweite, nunmehr von einem Anwalt verfasste Beschwerde ein. Darauf trat der Präsident der Rekurskommission am 4. November 2011 nicht ein mit der Begründung, sein erster Entscheid in dieser Sache habe die Verfügung des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts vom 23. September 2011 ersetzt, weshalb kein Anfechtungsobjekt mehr bestehe. B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X._, die beiden Präsidialentscheide der Rekurskommission aufzuheben und sie anzuweisen, auf die fristgerecht eingereichten Beschwerdeteile vom 27. September und vom 21. Oktober 2011 als einheitliche Beschwerde einzutreten. C. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt, die Rekurskommission und das Bundesamt für Strassen (ASTRA) beantragen, die Beschwerde abzuweisen. X._ hält in seiner Replik an der Beschwerde fest.
Erwägungen: 1. 1.1 Der Präsident der Rekurskommission hat den vom Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt verfügten vorsorglichen Führerausweisentzug als letzte kantonale Instanz im Ergebnis bestätigt. Nach dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens (BGE 134 II 192 E. 1.3; 133 III 645 E. 2.2. S. 647) ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten dagegen ausgeschlossen, weil sie nach Art. 83 lit. t BGG auch zur Anfechtung der Hauptsache - dem Entscheid über das Ergebnis der Kontrollfahrt - nicht zur Verfügung steht (BGE 136 II 61). Daran ändert nichts, dass im Kanton über den vorsorglichen und den definitiven Ausweisentzug formell in verschiedenen Verfahren mit unterschiedlichem Rechtsmittelzug entschieden wurde bzw. wird. Die Beschwerde ist somit als subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 BGG entgegenzunehmen, sofern die Sachurteilsvoraussetzungen dieses Rechtsmittels erfüllt sind (vgl. BGE 131 I 291 E. 1.3 S. 296). 1.2 Das Verfahren ist mit den beiden in dieser Sache ergangenen Präsidialentscheiden der Rekurskommission nicht abgeschlossen; es handelt sich um Zwischenentscheide, die nach Art. 93 Abs. 1 i.V.m. Art. 117 BGG unter anderem dann anfechtbar sind, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a). Ein solcher Nachteil ist vorliegend zu bejahen, da der Beschwerdeführer während der Dauer des Verfahrens nicht fahrberechtigt ist (vgl. BGE 122 II 359 E. 1b S. 362; Urteil 1C_233/2007 vom 4. Februar 2008 E. 1.1). 1.3 Mit Verfassungsbeschwerde kann der Beschwerdeführer ausschliesslich Verfassungsrügen erheben (Art. 116 BGG). Da es sich bei einem vorsorglichen Führerausweisentzug um eine vorsorgliche Massnahme zur Sicherstellung gefährdeter Interessen bis zum Abschluss des Hauptverfahrens handelt (BGE 125 II 396 E. 3 S. 401; 122 II 359 E. 1a S. 362), wäre dies im Übrigen nach Art. 98 BGG auch nicht anders, wenn die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig wäre. Insofern gereicht es dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil, dass seine Beschwerde als Verfassungsbeschwerde entgegengenommen wird. 1.4 Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten. Allerdings müssen die Rügen in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.2). Der blosse Verweis des Beschwerdeführers auf frühere Rechtsschriften (Beschwerde S. 5 1. Absatz) ist unzulässig. Auf die Beschwerde ist daher nur insoweit einzutreten, als in der Beschwerdeschrift selber begründete Rügen erhoben werden. 2. Der Beschwerdeführer rügt, die Rekurskommission habe sein rechtliches Gehör verletzt, indem sie vor Ablauf der Rechtsmittelfrist entschieden und auf seine zweite, fristgerecht eingereichte Beschwerde vom 21. Oktober 2011 nicht eingetreten sei. Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben, da die in der zweiten Beschwerde an die Rekurskommission neu aufgeworfene Frage, ob die angefochtene Verfügung vom 23. September 2011 nichtig sei, vom Bundesgericht ohnehin von Amtes wegen frei zu prüfen ist (unten E. 3). Eine allfällige Gehörsverweigerung der Rekurskommission durch das Nichteintreten auf die zweite Beschwerde würde dadurch geheilt. 3. Der Beschwerdeführer rügt, die Entzugsverfügung vom 23. September 2011 sei nichtig, weil sie nicht vom zuständigen Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt, sondern vom dafür nicht zuständigen Verkehrsexperten selber erlassen worden sei. 3.1 Fehlerhafte Entscheide sind nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nichtig, wenn der ihnen anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn er offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Inhaltliche Mängel einer Entscheidung führen nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit. Als Nichtigkeitsgründe fallen vorab funktionelle und sachliche Unzuständigkeit der entscheidenden Behörde sowie krasse Verfahrensfehler in Betracht. Die Nichtigkeit eines Entscheids ist von sämtlichen rechtsanwendenden Behörden jederzeit von Amtes wegen zu beachten (BGE 137 I 273 E. 3.1; 133 II 366 E. 3.1 und 3.2; 132 II 342 E. 2.1; 129 I 361 E. 2; je mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). 3.1 Fehlerhafte Entscheide sind nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nichtig, wenn der ihnen anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn er offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Inhaltliche Mängel einer Entscheidung führen nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit. Als Nichtigkeitsgründe fallen vorab funktionelle und sachliche Unzuständigkeit der entscheidenden Behörde sowie krasse Verfahrensfehler in Betracht. Die Nichtigkeit eines Entscheids ist von sämtlichen rechtsanwendenden Behörden jederzeit von Amtes wegen zu beachten (BGE 137 I 273 E. 3.1; 133 II 366 E. 3.1 und 3.2; 132 II 342 E. 2.1; 129 I 361 E. 2; je mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). 3.2 3.2.1 Die eine Seite umfassende Entzugsverfügung des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts vom 23. September 2011 ist nicht unterschrieben. Auf Seite 2 findet sich folgender Text: "Diese Verfügung wurde durch den zuständigen Experten ausgehändigt." Darauf folgt das Datum und die Unterschrift des Experten A._. Nach den Angaben des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts in der Vernehmlassung hat es diese Verfügung im Hinblick auf einen möglichen negativen Ausgang der Kontrollfahrt im voraus verfasst und dem Experten ausgehändigt. Dieser hat, nachdem der Beschwerdeführer die Kontrollfahrt nicht bestanden hatte, das Datum eingesetzt und in der angezeigten Weise die Übergabe an den Beschwerdeführer unterschriftlich bestätigt. 3.2.2 Dies ändert allerdings nichts daran, dass die Entzugsverfügung des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts nicht unterschrieben und damit mit einem Mangel behaftet ist (Art. 52 Abs. 1 lit. g des Berner Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 23. Mai 1989, BSG 155.21). Bei einem auf eine Kontrollfahrt gestützten provisorischen Führerausweisentzug handelt es sich offensichtlich nicht um ein Geschäft der Massenverwaltung, bei dem nach der eben erwähnten Bestimmung auf die Unterschrift verzichtet werden könnte. Abgesehen davon, dass der Verkehrsexperte die Verfügung nicht unterschrieben, sondern nur deren Übergabe unterschriftlich bestätigt hat, wäre er auch gar nicht unterschriftsberechtigt gewesen: Liegt die Verfügungszuständigkeit bei der Abteilung Administrative Verkehrssicherheit (vgl. Art. 18 der Direktionsverordnung über die Delegation von Befugnissen der Polizei- und Militärdirektion vom 28. Februar 2011, BSG 152.221.141.1), so ist deren Abteilungsleiter und sein Stellvertreter unterschriftsberechtigt. Eine Delegation der Unterschriftsberechtigung - z.B. an den für die Kontrollfahrt zuständigen Verkehrsexperten - müsste im Amtsreglement der betreffenden Organisationseinheit festgelegt sein (Art. 21 Abs. 1 und 2 der erwähnten Direktionsverordnung). Dass dem Verkehrsexperten eine solcherart delegierte Unterschriftsberechtigung zukommt, wird von keiner Seite behauptet. 3.2.3 Damit stellt sich nur die Frage, ob die fehlende Unterschrift einen Nichtigkeitsgrund darstellt. Bei erheblichen Bedenken an der Fahreignung eines Lenkers kann ihm der Führerausweis vorsorglich entzogen werden (Art. 30 VZV). Besteht ein Lenker die Kontrollfahrt nicht, muss ihm der Ausweis entzogen werden (Art. 29 Abs. 2 lit. a VZV). Beurteilt der Verkehrsexperte die Kontrollfahrt als nicht bestanden, so bestehen damit jedenfalls per sofort ernsthafte Zweifel an der Fahreignung, auch wenn der Lenker mit dieser Beurteilung nicht einverstanden ist und gegen das Ergebnis der Kontrollfahrt Rechtsmittel ergreift. Damit ist der Führerausweis grundsätzlich unmittelbar nach der missglückten Kontrollfahrt vorsorglich solange einzuziehen, bis deren Ergebnis rechtskräftig feststeht. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Verkehrsexperte den Führerausweis des Beschwerdeführers einbehielt, nachdem er ihm das negative Ergebnis der Kontrollfahrt mündlich erläutert und das Protokoll der Fahrt ausgehändigt hatte. Dem Beschwerdeführer musste somit von Anfang an bewusst sein, dass der vorsorgliche Entzug inhaltlich auf der ihm eröffneten Beurteilung der Kontrollfahrt des Verkehrsexperten beruht und es sich bei der umstrittenen Entzugsverfügung des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts um den reinen Nachvollzug der vom Experten getroffenen Entscheidung handelt. Insofern wiegt der Mangel der fehlenden Unterschrift weniger schwer, als wenn das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt eine in eigener Verantwortung getroffene Verfügung nicht unterschrieben hätte. Zudem erscheint es aus Gründen der Verkehrssicherheit ausgeschlossen, Nichtigkeit anzunehmen mit der Folge, dass dem Beschwerdeführer der Ausweis wieder ausgehändigt werden müsste, bevor feststeht, dass die negative Beurteilung seiner Fahreignung durch den Verkehrsexperten im Rechtsmittelverfahren keinen Bestand hat. Die Rüge, der vorsorgliche Entzug des Führerausweises durch das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt sei mangels Unterschrift nichtig, ist unbegründet. 4. Der Verkehrsexperte hat dem Beschwerdeführer das negative Ergebnis der Kontrollfahrt mündlich eröffnet und erläutert; zudem hat er ihm das Protokoll der Fahrt mit den festgestellten Mängeln (sowie die umstrittene Verfügung des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts über den vorsorglichen Entzug) übergeben. Damit hat er seine verfassungsrechtliche Begründungspflicht erfüllt, auch wenn die mündliche Begründung kurz ausgefallen, erst einige Minuten nach dem Ende der Kontrollfahrt erfolgt oder beim Beschwerdeführer auf Unverständnis gestossen sein mag. Die Gehörsverweigerungsrüge (Beschwerde S. 6) ist unbegründet. 5. Der Beschwerdeführer kritisiert die Beurteilung der Kontrollfahrt durch den Verkehrsexperten zwar scharf, bringt aber nichts vor, was geeignet wäre, sie als von vornherein haltlos nachzuweisen. Diese Kritik in der Sache ist daher im Einspracheverfahren gegen das Ergebnis der Kontrollfahrt zu prüfen. Den vorsorglichen Entzug des Führerausweises für die Dauer dieses Verfahrens vermag sie nicht in Frage zu stellen. 6. Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern sowie dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 20. Juni 2012 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Der Gerichtsschreiber: Störi
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Faits : A. Le 17 mars 2005, la Direction générale des douanes (DGD) est entrée en matière sur une demande d'entraide formée le 23 décembre 2004 par le Procureur de Munich (Leitender Oberstaatsanwalt München II), et a ordonné la saisie, à concurrence de 688'933 Euros, de deux comptes bancaires détenus par la société X._ SA auprès de la Banque A._ de Lausanne et de la Banque B._ de Fribourg. Le montant séquestré correspondait à une créance compensatrice équivalant à une soustraction fiscale en matière de droits de douane. Les montants séquestrés ont ensuite été réduits à 91'329 Euros et 4'419 fr. Le recours de droit administratif formé par X._ SA contre ces décisions a été déclaré irrecevable par arrêt du 23 août 2005 (cause 1A.162/2005), faute de préjudice irréparable. Par décision de clôture du 8 janvier 2007, la DGD a décidé de transmettre les fonds à l'autorité requérante, sous réserve de l'entrée en force d'un jugement de l'autorité pénale allemande portant sur le recouvrement de la créance compensatrice. B. Par arrêt du 10 mai 2007, la IIe Cour des plaintes du Tribunal pénal fédéral a partiellement admis le recours formé par X._ SA et annulé la décision de clôture (ch. 1 du dispositif): la demande d'entraide ne tendait qu'au blocage des fonds, et non à leur remise, de sorte que la DGD avait statué ultra petita. Les mesures de saisie ont en revanche été maintenues (ch. 2): une remise des fonds à titre de créance compensatrice était impossible en vertu de l'art. 74a EIMP, faute notamment de connexité entre les fonds saisis et l'infraction reprochée. Elle n'était pas possible non plus sur la base des art. 94 ss EIMP, en raison du caractère fiscal de l'infraction. Toutefois, elle pouvait être envisagée en application de la Convention 141 relative au blanchiment, au dépistage, à la saisie et à la confiscation des produits du crime (CBl); selon l'art. 13 ch. 1 let. b CBl, il n'était pas exclu que l'Etat requérant demande aux autorités suisses de prononcer une confiscation fondée sur l'art. 71 CP. Conformément à l'obligation de célérité, les autorités allemandes devaient être invitées à formuler une telle demande dans le délai d'une année, faute de quoi les séquestres seraient levés. C. Cet arrêt fait l'objet de deux recours en matière de droit public, tendant à l'annulation du ch. 2 du dispositif de l'arrêt de la Cour des plaintes et à la levée des mesures de séquestre. L'un est formé par X._ SA qui invoque l'absence d'entraide judiciaire en matière fiscale, la violation de la garantie de la propriété et de la présomption d'innocence, et l'inapplicabilité de la CBl; l'autre émane de l'OFJ, agissant pour le Département fédéral de justice et police, qui estime que le droit suisse de l'entraide ne permettrait pas une remise des fonds à titre de créance compensatrice pour une infraction fiscale. La Cour des plaintes s'en rapporte sur la recevabilité des recours et persiste dans les termes de son arrêt. La DGD conclut au rejet des recours.
Le Tribunal fédéral considère en droit: 1. Les recours sont formés contre un même arrêt, pour des motifs semblables. Il convient de les joindre afin qu'il soit statué par un même arrêt. 1. Les recours sont formés contre un même arrêt, pour des motifs semblables. Il convient de les joindre afin qu'il soit statué par un même arrêt. 1.1 Les recours sont dirigés contre un arrêt par lequel la Cour des plaintes a annulé une décision de clôture et de remise de valeurs et a maintenu des mesures de saisie. Il ne s'agit donc pas d'une décision qui met fin à la procédure d'entraide judiciaire, mais d'une décision incidente. Les recours ne sont donc recevables qu'aux conditions de l'art. 93 al. 2 LTF: il doivent porter notamment sur une saisie d'objet ou de valeurs (ce qui est le cas en l'occurrence), et doivent satisfaire aux conditions alternatives posées à l'art. 93 al. 1 let. a et b LTF. Il est douteux que la décision attaquée cause à la recourante X._ SA un préjudice irréparable; le Tribunal fédéral l'a nié dans son arrêt 1A.162/2005 concernant la saisie des comptes par la DGD. Par ailleurs, cette même condition ne saurait s'appliquer au recours formé par l'OFJ. En revanche, il apparaît que l'admission du recours pourrait conduire à une décision finale (par hypothèse de refus de l'entraide) et permettrait d'éviter une procédure longue et coûteuse: l'arrêt attaqué fixe un délai d'une année aux autorités allemandes pour présenter une demande d'entraide, après quoi l'autorité suisse devrait ouvrir une procédure interne tendant au prononcé d'une créance compensatrice. Il n'est pas souhaitable d'attendre la fin de ce processus pour se prononcer sur l'admissibilité des mesures provisoires ordonnées dans cette perspective. Il convient donc d'entrer en matière. 1.2 Selon l'art. 84 LTF (également applicable aux recours dirigés contre une décision incidente (arrêt 1C_144/2007 du 8 juin 2007), le recours en matière de droit public n'est recevable que s'il a pour objet, notamment, une saisie, le transfert d'objets ou de valeurs ou la transmission de renseignements concernant le domaine secret. Il doit en outre s'agir d'un cas particulièrement important. Le cas est particulièrement important notamment lorsqu'il y a des raisons de supposer que la procédure à l'étranger viole des principes fondamentaux ou comporte d'autres vices graves. L'emploi de l'adverbe notamment indique que ces motifs d'entrée en matière ne sont pas exhaustifs. Le Tribunal fédéral peut en effet être appelé à intervenir lorsqu'il s'agit de trancher une question juridique de principe, ou lorsque l'instance précédente s'est écartée de la jurisprudence suivie jusque-là (arrêt 1C_152/2007 du 15 juin 2007). En l'occurrence, la cause porte sur le maintien de mesures de saisie provisoire en vue d'une remise des fonds à l'autorité étrangère, à titre de créance compensatrice en rapport avec une infraction fiscale. La question de savoir si une telle remise est possible, au regard du droit interne et de la CBl, constitue une question juridique de principe justifiant l'intervention du Tribunal fédéral, selon la procédure ordinaire de l'art. 20 LTF. 1.3 L'OFJ a qualité pour recourir (art. 25 al. 3 et 80h let. a EIMP), en tant qu'autorité de surveillance en matière d'entraide judiciaire pénale (art. 3 OEIMP). La recourante a également qualité pour agir, en tant que titulaire des comptes soumis aux mesures provisoires (art. 80h let. b EIMP et 9a let. a OEIMP). 2. La Cour des plaintes a considéré qu'une remise des fonds aux autorités allemandes en tant que créance compensatrice serait impossible en application de l'art. 74a EIMP. D'une part, les fonds n'étaient ni le produit ni l'instrument de l'infraction: il n'y avait aucune connexité entre les valeurs séquestrées et les infractions reprochées. D'autre part, contrairement à ce que prévoit l'art. 71 al. 1 CP, une procédure de recouvrement d'une créance compensatrice fondée sur l'art. 74a EIMP instituerait un privilège en faveur de l'Etat étranger et ne permettrait pas aux autres créanciers de faire valoir leurs droits. Les art. 94 ss EIMP, permettant l'exécution d'un jugement étranger, seraient également inapplicables, l'art. 3 al. 3 EIMP limitant la coopération en matière fiscale à la troisième partie de la loi. Ces considérations, remises en cause par la DGD dans sa réponse aux recours, ne sont pas contestées par les recourants. Ceux-ci estiment en revanche que la CBl ne permettrait pas d'instituer une procédure sui generis en faveur d'un Etat étranger afin de recouvrer une créance d'ordre fiscal. La convention ne serait pas d'application immédiate. Son art. 13 par. 1 imposerait aux Etats parties d'adopter une réglementation permettant l'exécution des décisions de confiscation. Or, les art. 74a et 94 ss EIMP satisferaient à cette exigence, sauf dans le domaine fiscal, expressément exclu par le législateur en vertu de l'art. 3 al. 3 EIMP. La DGD pourrait certes entreprendre une procédure fondée sur l'art. 71 CP, mais il faudrait pour cela qu'il existe une compétence répressive en vertu des art. 3 à 7 CP. Or, l'OFJ indique avoir rejeté, le 17 mars 2006, une demande des autorités allemandes tendant à déléguer à la Suisse la poursuite pénale; ce refus était fondé sur l'art. 3 al. 3 EIMP. De toute manière, l'autorité ne pourrait, dans ce cadre, faire usage des mesures provisoires prévues par l'EIMP. X._ SA soutient en outre que ses représentants n'auraient pas commis d'escroquerie fiscale en participant eux-mêmes à la falsification de documents. Le maintien du séquestre serait disproportionné. Les droits des tiers, soit les établissements bancaires disposant de prétentions sur les fonds, ne seraient pas pris en compte. 2.1 La Convention européenne no 141 relative au blanchiment, au dépistage, à la saisie et à la confiscation des produits du crime (ci-après: CBl ou la Convention 141, RS 0.311.53), entrée en vigueur le 1er septembre 1993 pour la Suisse, vient compléter la CEEJ en améliorant la coopération internationale en matière d'investigations (art. 8 à 10), de séquestre (art. 11 et 12) et de confiscation de valeurs patrimoniales d'origine délictueuse (art. 14 à 17). Elle fixe un standard minimum de mesures à prendre au niveau national (chapitre II) et pose le principe d'une coopération la plus large possible à tous les stades de la procédure pénale (chapitre III). Ces différentes mesures sont ordonnées conformément au droit interne (art. 9 s'agissant des mesures d'investigation, 12 par. 1 s'agissant des mesures provisoires et 14 par. 1 s'agissant de la confiscation), ce dernier étant également applicable lorsqu'il pose des conditions plus favorables à l'entraide (ATF 123 II 268 consid. 2c; 134 consid. 5). Au sens de la Convention, le terme confiscation désigne une peine ou une mesure ordonnée par un tribunal à la suite d'une procédure portant sur une ou des infractions pénales, peine ou mesure aboutissant à la privation permanente du bien (art. 1 let. d). Selon l'art. 13 CBl, l'Etat saisi d'une demande de confiscation de la part de l'Etat requérant peut ou bien exécuter la décision de confiscation émanant d'un tribunal de cet Etat (par. 1 let. a), ou bien engager une procédure indépendante de confiscation selon son droit interne, en vue de la remise à l'Etat requérant (par. 1 let. b et par. 2). Les procédures permettant d'obtenir et d'exécuter la confiscation au sens de cette disposition, sont régies par le droit de l'Etat requis (art. 2 par. 1, 14 par. 1; cf. aussi l'art. 15). La partie requise a ainsi le libre choix entre les deux possibilités prévues par la Convention (Message du 19 août 1992, FF 1992 VI p. 8 ss, 13), mais celle-ci ne contient aucune disposition qui serait d'application directe et qui serait destinée à se substituer au droit national ou à le compléter (idem, p. 32). 2.2 Le droit suisse répond aux exigences de la convention en prévoyant, d'une part, la remise des instruments ou du produit du crime (art. 74a al. 2 EIMP) et, d'autre part, l'exécution des décisions rendues à l'étranger (art. 94 ss EIMP). 2.2.1 Toutefois, le premier mode de coopération est exclu lorsqu'il s'agit d'assurer le paiement d'une créance compensatrice, puisqu'il ne s'agit pas à proprement parler du produit de l'infraction et qu'il n'y a aucune connexité entre les valeurs saisies et l'infraction elle-même (ATF 129 II 453 consid. 4.1 p. 461). Selon certains auteurs, il s'agirait d'une lacune qu'il y aurait lieu de combler par voie jurisprudentielle (Zimmermann, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, Berne 2004 n° 188; Moreillon (éd.), Entraide internationale en matière pénale, Commentaire romand, n° 20 ss ad art. 74a EIMP). La Cour des plaintes, suivant l'avis d'autres auteurs (Harari, Remise internationale d'objets et de valeurs: réflexions à l'occasion de la modification de l'EIMP, Etudes en l'honneur de Dominique Poncet, Genève 1997 p. 180 s et note 64; Lombardini, Banques et blanchiment d'argent, Convention de diligence, ordonnance de la CFB, code pénal et LBA, Zurich 2006 n° 230), a considéré que la remise des fonds pour le paiement d'une créance compensatrice conférerait à l'Etat étranger un privilège injustifié du point de vue du droit des poursuites, dans la mesure où un tel droit de préférence n'existe pas en droit interne (art. 71 al. 3 CP). Cette opinion n'est pas critiquable dans le cas d'une société active en Suisse et susceptible d'y avoir des créanciers: alors que les tiers font l'objet d'une protection spécifique détaillée en ce qui concerne la remise en vue de confiscation ou de restitution (art. 74a al. 4 et 5 EIMP), une remise en vue du paiement d'une créance compensatrice ne permettrait pas d'assurer une protection et une égalité suffisantes des créanciers, comme cela est le cas pour la procédure prévue à l'art. 71 CP. 2.2.2 Quant à l'exécution en Suisse d'un jugement étranger, elle n'est pas non plus envisageable lorsque la procédure étrangère vise comme en l'espèce un acte qui paraît tendre à diminuer les recettes fiscales (art. 3 al. 3 EIMP). L'exception à cette règle - limitée à l'escroquerie fiscale - ne vise que l'entraide au sens de la troisième partie de la loi (art. 3 al. 3 in fine EIMP). L'art. 18 de la Convention 141 énumère, de façon détaillée et exhaustive, les motifs possibles de refus de la coopération, liés notamment à l'ordre public, à la souveraineté, à la sécurité, aux intérêts prépondérants de l'Etat requis; cette disposition prévoit aussi les exceptions tirées notamment du caractère politique ou fiscal de l'infraction (par. 1 let. d). Ce catalogue recouvre les motifs de refus de l'entraide prévus par l'EIMP (Message précité, p. 26). Il apparaît ainsi clairement que la clause d'exclusion liée à la nature fiscale de l'infraction doit être interprétée de la même manière que pour les autres conventions du Conseil de l'Europe dans le domaine pénal, en particulier la CEEJ (message, p. 27; cf aussi le rapport explicatif sur la Convention 141, § 63). Il n'était donc pas nécessaire que les réserves formulées par la Suisse à propos de la convention (RO 1993 p. 2384) portent également sur les délits fiscaux, puisque la faculté de refuser la coopération est déjà réservée dans la Convention elle-même. L'art. 18 CBl ne fait d'ailleurs pas partie des dispositions de la convention susceptibles de faire l'objet d'une réserve (art. 40 CBl). 2.3 Il en résulte que la Convention 141 ne permet pas d'instituer des modes de coopération qui ne seraient pas expressément prévus par le droit national (cf. ATF 130 II 329 consid. 5.2 p. 335/336 concernant également les mesures provisoires), ni de déroger au principe, ancré à l'art. 3 al. 3 EIMP, selon lequel l'entraide judiciaire n'est pas accordée pour les infractions à caractère fiscal. L'entraide judiciaire apparaît donc exclue dans le cas particulier, de sorte que les mesures provisoires fondées sur l'art. 18 EIMP doivent être levées. 3. Les recours doivent par conséquent être admis pour ce motif, sans qu'il y ait à examiner les autres griefs soulevés par la recourante X._ SA. L'arrêt attaqué doit être annulé en tant qu'il maintient les mesures de saisie ordonnées le 17 mars 2005 par la DGD (ch. 2 du dispositif). La demande d'entraide du 23 décembre 2004 doit être rejetée et les mesures de séquestre ordonnées le 17 mars 2005 doivent être annulées. Selon l'art. 67 LTF, si le Tribunal fédéral modifie la décision attaquée, il peut répartir différemment les frais de la procédure antérieure. En l'occurrence, l'admission totale du recours devant la Cour des plaintes aurait dû conduire à renoncer à percevoir des frais judiciaires (art. 63 al. 2 PA, par renvoi de l'art. 30 LTPF). Selon l'art. 68 al. 5 LTF, le Tribunal fédéral peut également fixer lui-même les dépens de l'instance inférieure. Obtenant intégralement gain de cause, la recourante avait droit à une indemnité de dépens non réduite (art. 64 al. 1 PA), qui peut être fixée à 2000 fr. S'agissant de la procédure devant le Tribunal fédéral, conformément à l'art. 66 al. 4 LTF, il n'est pas perçu de frais judiciaires, et une indemnité globale de dépens de 3000 fr. est allouée à X._ SA, pour les deux procédures devant le Tribunal fédéral. Il n'est pas alloué d'autres dépens (art. 68 al. 3 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Les recours sont admis et les ch. 2 à 4 du dispositif de l'arrêt attaqué sont annulés. La demande d'entraide présentée le 23 décembre 2004 par le Leitender Oberstaatsanwalt Münich II est rejetée, et les mesures de séquestre ordonnées par la Direction générale des douanes le 17 mars 2005 sont annulées. 2. Une indemnité globale de 5000 fr. est allouée à X._ SA à titre de dépens (soit 2000 fr. pour la procédure devant la Cour des plaintes et 3000 fr. pour les procédures devant le Tribunal fédéral), à la charge de la Confédération suisse (Direction générale des douanes). 3. Il n'est perçu de frais judiciaires ni pour la procédure devant la Cour des plaintes, ni pour les procédures devant le Tribunal fédéral. 4. Le présent arrêt est communiqué en copie aux recourants, à l'Administration fédérale des douanes et au Tribunal pénal fédéral, IIe Cour des plaintes. Lausanne, le 11 juillet 2007 Au nom de la Ire Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le président: Le greffier:
aaaf85ee-a44a-46f5-bf49-e4752b4db4bd
de
2,010
CH_BGer_004
Federation
null
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null
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nan
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Sachverhalt: A. A._ (Beschwerdegegner) beanspruchte infolge eines Autounfalls von der X._ Versicherungen AG (Beschwerdeführerin) Leistungen aus einer Kollektiv-Krankentaggeldversicherung. B. Nachdem sich die Parteien über die zu erbringenden Leistungen nicht hatten einigen können, klagte der Beschwerdegegner am 23. Juni 2008 beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau gegen die Beschwerdeführerin mit dem Hauptbegehren, es sei die Beschwerdeführerin zur Zahlung von insgesamt Fr. 124'930.32 zu verurteilen, zuzüglich 5 % Zins ab Klageeinreichung. Dem Beschwerdegegner wurde im kantonalen Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege samt Verbeiständung bewilligt. Mit Urteil vom 21. Januar 2010 verpflichtete das Versicherungsgericht des Kantons Aargau die Beschwerdeführerin in teilweiser Gutheissung der Klage, dem Beschwerdegegner Fr. 3'015.95 zuzüglich Zins zu 5 % ab dem 23. Juni 2008 zu bezahlen. Im Übrigen wies es die Klage des Beschwerdegegners ab (Dispositiv-Ziff. 1). Das Versicherungsgericht erhob keine Verfahrenskosten (Dispositiv-Ziff. 2) und sprach auch keine Parteientschädigungen zu (Dispositiv-Ziff. 3). C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, es sei ihr eine Parteientschädigung in Höhe von Fr. 11'424.30, zuzüglich Fr. 456.95 Spesenentschädigung und Fr. 902.95 MWST aus dem Prozess vor dem Versicherungsgericht zuzusprechen. Der Beschwerdegegner beantragt die Abweisung der Beschwerde. Gleichzeitig beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege samt Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. Die Vorinstanz hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
Erwägungen: 1. 1.1 Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung unterliegen nach Art. 12 Abs. 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) dem Versicherungsvertragsgesetz vom 2. April 1908 (VVG; SR 221.229.1). Streitigkeiten aus solchen Versicherungen sind privatrechtlicher Natur, weshalb als Rechtsmittel an das Bundesgericht die Beschwerde in Zivilsachen in Betracht kommt (BGE 133 III 439 E. 2.1 S. 442 mit Hinweis). 1. 1.1 Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung unterliegen nach Art. 12 Abs. 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) dem Versicherungsvertragsgesetz vom 2. April 1908 (VVG; SR 221.229.1). Streitigkeiten aus solchen Versicherungen sind privatrechtlicher Natur, weshalb als Rechtsmittel an das Bundesgericht die Beschwerde in Zivilsachen in Betracht kommt (BGE 133 III 439 E. 2.1 S. 442 mit Hinweis). 1.2 1.2.1 Bei der vorliegenden Streitsache handelt es sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Demnach ist die Beschwerde in Zivilsachen zulässig, sofern der Streitwert mindestens Fr. 30'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht zu beurteilen ist nicht die vor der Vorinstanz in der Hauptsache streitig gebliebene Ausrichtung von Taggeldleistungen, sondern nur noch die vorinstanzliche Festsetzung der als Nebenrecht geltend gemachten Parteientschädigung. Zur Frage, wie der Streitwert zu berechnen ist, wenn nur der Kostenentscheid der Vorinstanz angefochten wird, besteht keine einheitliche Rechtsprechung (vgl. etwa die Urteile 8C_60/2010 vom 4. Mai 2010 E. 1.2; 5A_52/2009 vom 27. Februar 2009 E. 1; 5D_175/2008 vom 6. Februar 2009 E. 1.1; 1C_406/2008 vom 5. Februar 2009 E. 1.1). 1.2.2 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Endentscheid. Der Streitwert bestimmt sich nach den Begehren, die vor der Vorinstanz streitig geblieben sind (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG). Nicht entscheidend für die Streitwertberechnung ist nach der gesetzlichen Regelung das konkrete Interesse der beschwerdeführenden Partei vor Bundesgericht, mithin der vor Bundesgericht noch streitige Betrag (JEAN-MAURICE FRÉSARD, in: Bernard Corboz et al. [Hrsg.], Commentaire de la LTF, 2009, N. 1 und 18 zu Art. 51 BGG; Yves Donzallaz, Loi sur le Tribunal fédéral, 2008, Rz. 1382 ff.; BEAT RUDIN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 22 f. zu Art. 51 BGG; vgl. auch JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. I, 1990, N. 3.6 zu Art. 36 OG, S. 267). Zu beachten ist zudem, dass - wie hier - als Nebenrecht geltend gemachte Parteientschädigungen bei der Berechnung ausser Betracht fallen (Art. 51 Abs. 3 BGG). Die vom Beschwerdegegner bei der Vorinstanz eingeklagten Taggeldleistungen übersteigen die nach Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG vorgesehene Streitwertgrenze von Fr. 30'000.--. Entsprechend ist das Streitwerterfordernis erfüllt, auch wenn mit der Beschwerde einzig die Verweigerung einer Parteientschädigung angefochten und die Zusprechung eines Gesamtbetrags von Fr. 12'784.20 beantragt wird. 1.2.3 Zur Frage der Streitwertberechnung fand zwischen allen betroffenen Abteilungen ein Meinungsaustausch statt (Art. 23 Abs. 2 BGG). Die vorgelegte Rechtsfrage, ob die Beschwerde zulässig ist, wenn die vor der Vorinstanz streitig gebliebenen Begehren den erforderlichen Streitwert erreichen würden, die einzig angefochtene Parteientschädigung jedoch unter diesem Streitwert bleibt, wurde von der Vereinigung der Abteilungen bejaht. 2. Die Beschwerdeführerin erblickt im Umstand, dass die Vorinstanz ihr keine Parteientschädigung zugesprochen hat, eine Verletzung von Art. 85 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG; SR 961.01). 2.1 Die Vorinstanz sprach dem Beschwerdegegner keine Parteientschädigung zulasten der Beschwerdeführerin zu, da er nur in einem sehr geringen Ausmass (entsprechend 2.4 % der eingeklagten Forderung) obsiegte. Hinsichtlich der Parteientschädigung der Beschwerdeführerin hält der angefochtene Entscheid fest, dass diese im Rahmen der Krankentaggeldversicherungen nach VVG Privatversichererin und nicht Sozialversicherungsträgerin sei, weshalb sie bei Obsiegen grundsätzlich Anspruch auf eine Parteientschädigung habe. Einer solchen Entschädigung stehe jedoch der "nach geltendem Recht in allen Sozialversicherungszweigen gesetzlich festgeschriebene Grundsatz der Kostenfreiheit als tragendes Prinzip des Sozialversicherungsprozesses gegenüber". Die in Art. 85 Abs. 3 VAG angeordnete Kostenfreiheit würde nach Ansicht der Vorinstanz weitgehend ihres Gehalts entleert, wenn die versicherte Person im Fall ihres Unterliegens damit rechnen müsste, zwar keine Gerichtskosten, hingegen eine hohe Parteientschädigung an den obsiegenden Privatversicherer zu bezahlen. Es rechtfertige sich daher, den in allen Sozialversicherungszweigen geltenden Grundsatz, wonach der obsiegende Sozialversicherungsträger - ausser bei mutwilliger und leichtsinniger Prozessführung - keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung zu Lasten des Versicherten habe, auch im Verfahren betreffend Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung anzuwenden. Entsprechend sprach die Vorinstanz auch der Beschwerdeführerin keine Parteientschädigung zu. 2.1 Die Vorinstanz sprach dem Beschwerdegegner keine Parteientschädigung zulasten der Beschwerdeführerin zu, da er nur in einem sehr geringen Ausmass (entsprechend 2.4 % der eingeklagten Forderung) obsiegte. Hinsichtlich der Parteientschädigung der Beschwerdeführerin hält der angefochtene Entscheid fest, dass diese im Rahmen der Krankentaggeldversicherungen nach VVG Privatversichererin und nicht Sozialversicherungsträgerin sei, weshalb sie bei Obsiegen grundsätzlich Anspruch auf eine Parteientschädigung habe. Einer solchen Entschädigung stehe jedoch der "nach geltendem Recht in allen Sozialversicherungszweigen gesetzlich festgeschriebene Grundsatz der Kostenfreiheit als tragendes Prinzip des Sozialversicherungsprozesses gegenüber". Die in Art. 85 Abs. 3 VAG angeordnete Kostenfreiheit würde nach Ansicht der Vorinstanz weitgehend ihres Gehalts entleert, wenn die versicherte Person im Fall ihres Unterliegens damit rechnen müsste, zwar keine Gerichtskosten, hingegen eine hohe Parteientschädigung an den obsiegenden Privatversicherer zu bezahlen. Es rechtfertige sich daher, den in allen Sozialversicherungszweigen geltenden Grundsatz, wonach der obsiegende Sozialversicherungsträger - ausser bei mutwilliger und leichtsinniger Prozessführung - keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung zu Lasten des Versicherten habe, auch im Verfahren betreffend Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung anzuwenden. Entsprechend sprach die Vorinstanz auch der Beschwerdeführerin keine Parteientschädigung zu. 2.2 2.2.1 Die Beschwerdeführerin wendet hiergegen zutreffend ein, dass es sich im zu beurteilenden Fall nicht um eine sozialversicherungsrechtliche Angelegenheit, sondern um einen Rechtsstreit privatrechtlicher Natur handle (BGE 133 III 439 E. 2.1 S. 442 mit Hinweisen). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz lässt sich die Verweigerung einer Parteientschädigung nicht auf Art. 85 Abs. 3 VAG stützen. Die in dieser Bestimmung vorgesehene Kostenlosigkeit betrifft nur die Verfahrenskosten in Form von Gerichtskosten und schliesst die Auferlegung einer Parteientschädigung nicht von Bundesrechts wegen aus (Urteil 4A_359/2008 vom 20. August 2008). Bereits unter der Geltung von Art. 47 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1978 betreffend die Aufsicht über die privaten Versicherungseinrichtungen (Versicherungsaufsichtsgesetz, aVAG; AS 1995 1364), dem Art. 85 Abs. 3 VAG inhaltlich entspricht, hatte das Bundesgericht entschieden, aus der Bestimmung gehe sinngemäss hervor, dass bloss keine Gerichtskosten erhoben werden dürften. Dass Parteientschädigungen zugesprochen werden können, folge auch aus einem Vergleich von Art. 47 Abs. 3 Halbsatz 2 aVAG mit Art. 343 Abs. 3 Halbsatz 2 OR, nach welcher Bestimmung eine Parteientschädigung zuzusprechen sei (vgl. Urteile 5C.244/2000 vom 9. Januar 2001 E. 5; 5C.192/1997 vom 7. Mai 1998 E. 4, nicht publ. in: BGE 124 III 229 ff.). Die Ansicht, wonach Art. 85 Abs. 3 VAG einer Parteientschädigung nicht entgegensteht, wird im Übrigen durch die Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit der Einführung der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO; SR 272) bestätigt. Gemäss Art. 114 lit. e ZPO werden bei Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung nach dem KVG im Entscheidverfahren keine Gerichtskosten gesprochen; im Gegenzug wird Art. 85 Abs. 3 VAG aufgehoben. Aus der Formulierung von Art. 114 ZPO ergibt sich, dass die Bestimmung nur Gerichtskosten betrifft, nicht aber die Parteientschädigung an die Gegenpartei (vgl. VIKTOR RÜEGG, in: Basler Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2010, N. 1 zu Art. 114 ZPO). Mit dieser Regelung wird jedoch keine Änderung der Kostenfolgen im Vergleich zum aktuellen Rechtszustand angestrebt, vielmehr entspricht sie dem geltenden Recht (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7300). 2.2.2 Die Vorinstanz hat der Beschwerdeführerin, die im kantonalen Verfahren zu gut 97 % obsiegte, somit zu Unrecht gestützt auf Art. 85 Abs. 3 VAG die Zusprechung einer Parteientschädigung verweigert. Der Einwand des Beschwerdegegners, es liege - selbst wenn der Ansicht der Beschwerdeführerin gefolgt werde und die erwähnte Bestimmung die Parteientschädigung nicht betreffe - keine Bundesrechtsverletzung vor, verfängt nicht. Zwar trifft zu, dass sich die Verteilung der Parteikosten im zu beurteilenden Fall nach kantonalem Prozessrecht richtet. Die Vorinstanz hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung jedoch ausschliesslich gestützt auf Art. 85 Abs. 3 VAG verweigert; kantonales Prozessrecht hat sie nicht angewendet. Es kann der Beschwerdeführerin daher nicht vorgeworfen werden, sie habe die Verweigerung einer Entschädigung durch die Vorinstanz nicht als willkürlich gerügt. 3. Die Beschwerde ist gutzuheissen, Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen Urteils ist aufzuheben und die Sache ist zur neuen Entscheidung hinsichtlich der Parteientschädigung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Gestützt auf Art. 64 Abs. 1 BGG ist dem Beschwerdegegner, dem schon im kantonalen Verfahren die unentgeltliche Prozessführung samt Verbeiständung bewilligt worden war, im Verfahren vor Bundesgericht die unentgeltliche Rechtspflege (Befreiung von Gerichtskosten und Bezeichnung des Rechtsanwalts Stefan Galligani als Rechtsbeistand) zu gewähren. Es wird indessen auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen, wonach die Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später dazu in der Lage ist. Der Beschwerdegegner hat zudem der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG), wovon ihn die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht befreit (THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 28 zu Art. 64 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Dem Beschwerdegegner wird für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und es wird ihm Rechtsanwalt Stefan Galligani als Rechtsvertreter beigegeben. 2. Die Beschwerde wird gutgeheissen, Dispositiv-Ziffer 3 des Urteils des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 26. Januar 2010 wird aufgehoben und die Sache wird zur neuen Entscheidung hinsichtlich der Parteientschädigung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 4. Rechtsanwalt Stefan Galligani wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- ausgerichtet. 5. Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 6. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 17. November 2010 Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: Klett Leemann
aae5a005-3bfa-459f-952d-331e1618d1af
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Sachverhalt: A. A._, wohnhaft in U._ (ZH), war Vorsitzender des "Supervisory Board" (Aufsichtsrat) der lettischen Gesellschaft C._ mit Sitz in V._ (Lettland). Gesellschaft C._ ist Eigentümerin eines Teils des Öltransithafens von V._ und hält Beteiligungen im Transport- und Mediensektor. Im Hafen von V._ nimmt sie Ölprodukte zur Zwischenlagerung und Verladung auf Tankschiffe entgegen. Die B._ SA ist eine vornehmlich im Rohstoffhandel tätige Gesellschaft mit Sitz in W._ (GE). B. Nach einem erfolglos verlaufenen Schlichtungsverfahren verklagte die B._ SA A._ am 10. Juni 2011 beim Bezirksgericht Meilen auf Verletzung ihrer Persönlichkeit. Anlass zur Klage gaben Aussagen, mit denen A._ in Pressemitteilungen der Gesellschaft C._ und auf lettischen Online-Medienportalen zitiert wird. Hintergrund dieser Aussagen waren unter anderem Meinungsverschiedenheiten zwischen der Gesellschaft C._ und B._ SA über den Verbleib von Zahlungen der B._ SA für Dienstleistungen der Gesellschaft C._ und - damit zusammenhängend - über die Weiterführung der Geschäftsbeziehungen. Mit Urteil vom 9. April 2014 stellte das Bezirksgericht Meilen fest, dass A._s Aussagen "B._ uses blackmailing tactics" und "B._ intimidates and uses strong arm tactics vis-à-vis D._" die Persönlichkeitsrechte der B._ SA widerrechtlich verletzen. A._ erhob Berufung beim Obergericht des Kantons Zürich. Dieses wies das Rechtsmittel am 30. Oktober 2014 ab. C. Mit Beschwerde vom 3. Dezember 2014 wendet sich A._ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er verlangt, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Klage der B._ SA (Beschwerdegegnerin) "vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist". Das Bundesgericht hat die Beschwerdegegnerin und das Obergericht zur Vernehmlassung eingeladen. Das Obergericht erklärte am 4. März 2015, darauf zu verzichten. Die Beschwerdegegnerin beantragte mit Schreiben vom 20. März 2015, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Eingaben wurden dem Beschwerdeführer zur Wahrung des rechtlichen Gehörs zur Kenntnis gebracht.
Erwägungen: 1. Das Urteil des Obergerichts betrifft den Schutz der Persönlichkeit (Art. 28 und Art. 28a Abs. 1 ZGB). Das ist eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) nicht vermögensrechtlicher Natur (BGE 127 III 481 E. 1a S. 483). Der angefochtene Entscheid ist kantonal letztinstanzlich (Art. 75 BGG). Er lautet zum Nachteil des Beschwerdeführers (Art. 76 Abs. 1 BGG) und schliesst das Verfahren ab (Art. 90 BGG). Die rechtzeitige (Art. 100 Abs. 1 BGG) Beschwerde erweist sich als zulässig. 2. Im ordentlichen Beschwerdeverfahren sind in rechtlicher Hinsicht alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig. Mit der Beschwerde kann insbesondere gerügt werden, ausländisches Recht sei nicht angewendet worden, wie es das schweizerische internationale Privatrecht vorschreibt (Art. 96 Bst. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und urteilt mit freier Kognition. Es ist allerdings nicht gehalten, wie ein erstinstanzliches Gericht alle sich stellenden rechtlichen Fragen von sich aus zu untersuchen, wenn der Beschwerdeführer diese nicht mehr thematisiert (BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584). Deshalb ist in der Beschwerde in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer muss auf den angefochtenen Entscheid eingehen und aufzeigen, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt; er soll im Schriftsatz mit seiner Kritik an den Erwägungen der Vorinstanz ansetzen, die er als rechtsfehlerhaft erachtet (vgl. BGE 121 III 397 E. 2a S. 400). Allgemein gehaltene Einwände, die ohne aufgezeigten oder erkennbaren Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen vorgebracht werden, genügen nicht. Für Vorbringen betreffend die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gilt ausserdem das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). In tatsächlicher Hinsicht legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer kann die Feststellung des Sachverhalts rügen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252). 3. Gewissermassen vorfrageweise bringt der Beschwerdeführer verschiedene Punkte allgemeiner oder formeller Natur zur Sprache. Darauf ist vorab einzugehen. 3.1. Zunächst klagt der Beschwerdeführer, er werde für Äusserungen verurteilt, die er laut den verbindlichen Feststellungen des Obergerichts "nicht gemacht" hat. Das Prozessthema werde "einzig und allein" von den angeblich von ihm getätigten Äusserungen bestimmt. Ob er (als Aufsichtsratspräsident) allenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, auf die Gesellschaft C._ Einfluss zu nehmen, sei nicht Prozessthema. Schon aus diesem Grund sei die Klage abzuweisen. Der Beschwerdeführer irrt. Zwar stellt die Vorinstanz fest, dass die umstrittene Tatsachenfrage, ob die im Streit liegenden Äusserungen direkt dem Beschwerdeführer zuzuordnen sind, "beweismässig" nicht abgeklärt worden sei. Sie kommt aber zum Schluss, dass es auf die direkte Zuordnung nicht ankomme, und verweist auf den erstinstanzlichen Entscheid, wonach sich die vom Gesetz geforderte Mitwirkung an der Verletzung auch daraus ergeben könne, dass durch passives Verhalten oder Unterlassen ein adäquat kausaler Beitrag zur Verletzung geleistet werde. Das Obergericht folgert, das Bezirksgericht habe eine Mitverantwortung des Beschwerdeführers "gestützt auf dessen unbestrittene Funktion als Verwaltungsratspräsident mit entsprechenden Leitungs- und Kontrollfunktionen nach der massgeblichen schweizerischen Rechtsordnung" annehmen dürfen. Ob der Beschwerdeführer losgelöst von einer unmittelbaren Zuordnung für die streitigen Äusserungen einzustehen hat, war und ist also sehr wohl Prozessthema. 3.2. Der Beschwerdeführer wirft den kantonalen Instanzen vor, fälschlicherweise davon auszugehen, dass es sich vorliegend um irrelevante oder unbedeutende Streitigkeiten "um des Kaisers Bart" zwischen der Beschwerdegegnerin und der Gesellschaft C._ handle. Tatsächlich sei es aber so, dass die der Beschwerdegegnerin vorgeworfenen Handlungen (Blockade des Hafens von V._ sowie der lettischen Eisenbahnen) für die Gesellschaft C._ Kosten in zweistelliger Millionenhöhe zur Folge gehabt hätten. Soweit der Beschwerdeführer damit die Art und Weise kritisiert, wie das Bezirksgericht den Sachverhalt festgestellt hat, kann darauf zum vornherein nicht eingetreten werden. Gegenstand der Beschwerde an das Bundesgericht ist allein das Urteil der letzten kantonalen Instanz (Art. 75 BGG). Im Übrigen räumt der Beschwerdeführer selbst ein, die erwähnten Ausführungen seien bezüglich des vorliegenden Falles "nicht von direkter rechtlicher Bedeutung". Angesichts dessen ist darauf nicht weiter einzugehen, zumal der Beschwerdeführer auch nicht dartut, inwiefern die in seinen Augen korrekte Ermittlung und Würdigung dieser Tatumstände zu einem für ihn günstigeren Urteil geführt hätte (s. E. 2). 3.3. Schliesslich reklamiert der Beschwerdeführer, das Obergericht verkenne den Charakter der Berufung und verschanze sich hinter dem vermeintlichen Ermessensentscheid des Bezirksgerichts. Es behandle die Berufung, ohne dies explizit zu sagen, als kassatorisches Rechtsmittel, für welches das Rügeprinzip gelten soll. Tatsächlich sei die Berufung aber ein vollkommenes Rechtsmittel, das eine vollumfängliche Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils nicht nur erlaube, sondern gebiete. Der Vorwurf läuft ins Leere. Die Pflicht der Berufungsinstanz, sowohl die Feststellung des Sachverhaltes als auch die Rechtsanwendung der ersten Instanz ohne Beschränkung der Kognition zu prüfen (Art. 310 ZPO), gilt - im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben (Art. 311 ZPO) - auch dann, wenn ein Ermessensentscheid zur Diskussion steht. Ob das Obergericht des Kantons Zürich dieser Pflicht zur freien Prüfung nachgelebt hat, lässt sich nicht abstrakt, sondern lediglich im konkreten Fall verifizieren, soweit die Ausübung des Ermessens eben zur Diskussion steht. Eine Verletzung von Bundesrecht (E. 2) ergibt sich nicht bereits daraus, dass die Vorinstanz auf eine Literaturstelle (KURT BLICKENSTORFER, in: DIKE-Kommentar zur ZPO, 2011, N 10 zu Art. 310 ZPO) verweist, die gar nicht einschlägig ist, sondern davon handelt, dass die Berufungsinstanz auch die Verletzung von Völkerrecht zu prüfen habe. Damit ist auch dem vom Beschwerdeführer im gleichen Zusammenhang erhobenen Vorwurf der Boden entzogen, wonach die Vorinstanz seinen Anspruch auf ein neutrales und unparteiisches Gericht verletze. 4. Der Beschwerdeführer besteht darauf, dass auf den Sachverhalt gestützt auf Art. 15 Abs. 1 IPRG insgesamt nicht schweizerisches, sondern lettisches Recht anzuwenden sei. 4.1. Das Obergericht geht von einem internationalen Bezug aus, weil die prozessgegenständlichen Äusserungen in Lettland erfolgt seien und Geschäftsvorgänge in Lettland beträfen. Es prüft, welches Recht nach dem schweizerischen IPRG anwendbar ist. Für die streitigen Ansprüche aus Persönlichkeitsverletzung gälten gemäss Art. 33 Abs. 2 IPRG die Bestimmungen über die unerlaubten Handlungen. Art. 133 Abs. 1 IPRG knüpfe an den gewöhnlichen Aufenthalt von Schädiger und Geschädigtem an; bei Ansprüchen aus Persönlichkeitsverletzungen durch Medien verleihe Art. 139 IPRG dem Geschädigten überdies ein Wahlrecht. Das IPRG stelle also nicht auf einen materiellen Bezug ab, sondern weise dem formalen Kriterium des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts die für die Bestimmung des anwendbaren Rechts massgebliche Bedeutung zu. In der Folge setzt sich die Vorinstanz mit Art. 15 Abs. 1 IPRG auseinander, auf den sich der Beschwerdeführer beruft. Dieser Norm zufolge ist das Recht, auf welches das IPRG verweist, ausnahmsweise nicht anwendbar, wenn nach den gesamten Umständen offensichtlich ist, dass der Sachverhalt mit diesem Recht in nur geringem, mit einem anderen Recht jedoch in viel engerem Zusammenhang steht. Das Obergericht betont, dass die Vorschrift in hohem Masse auf das Ermessen des Richters verweise und ihrem Wortlaut zufolge eine Ausnahmeklausel darstelle, die restriktiv anzuwenden ist. Vorausgesetzt sei, dass auf den Sachverhalt grundsätzlich eine reguläre Kollisionsnorm des schweizerischen Rechts anzuwenden wäre, der fragliche Sachverhalt aber nach den gesamten Umständen offensichtlich nur einen geringen Zusammenhang zur Rechtsordnung aufweist, auf die das IPRG verweist, und einen viel engeren zu einer anderen Rechtsordnung. Mit Blick auf den konkreten Fall pflichtet das Obergericht dem Bezirksgericht bei. Zu Recht habe dieses einen gewichtigen Bezug zum lettischen Recht bejaht, es aber abgelehnt, dem Bezug zur Schweiz eine "offensichtlich nur geringe" Bedeutung im Sinn von Art. 15 IPRG beizumessen. Angesichts des Ausnahmecharakters von Art. 15 IPRG sei dies nicht zu beanstanden: Das IPRG basiere auf dem Domizilprinzip, das im Bereich des Personen-, Familien- und Erbrechts gelte, und räume der Beschwerdegegnerin überdies ein Wahlrecht ein. Ausserdem gelte bei Persönlichkeitsverletzungen grundsätzlich auch der Wohnsitz als Erfolgsort. Der Beschwerdeführer räume selbst ein, dass die behaupteten Äusserungen via Internet zur Kenntnis genommen werden konnten. Dies sowie die Inkorporation der Beschwerdegegnerin in der Schweiz würden es insgesamt nicht als unvertretbar erscheinen lassen, die Anwendbarkeit von Art. 15 IPRG zu verneinen. 4.2. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass er und die Beschwerdegegnerin ihren Wohnsitz bzw. Sitz in der Schweiz haben. Er räumt auch ein, dass die streitigen Ansprüche aus Persönlichkeitsverletzung gemäss den in Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 133 Abs. 1 sowie in Art. 139 IPRG enthaltenen Kollisionsnormen grundsätzlich nach schweizerischem Recht zu beurteilen seien. Seine These, wonach gestützt auf Art. 15 Abs. 1 IPRG trotzdem ausnahmsweise das lettische Recht anwendbar sei, begründet er zusammengefasst damit, dass die streitgegenständlichen Äusserungen von einer lettischen Gesellschaft stammen, aus Lettland verbreitet wurden und sich auf Sachverhalte beziehen, die sich ausschliesslich in Lettland ereignet haben sollen (Blockade des lettischen Hafens in V._ und des lettischen Eisenbahnnetzes). Auch die Beschwerdegegnerin wickle ihre Geschäfte im Ausland ab. 4.3. Zunächst ist klarzustellen, dass sich der Prozess ausschliesslich um den Vorwurf dreht, dass der Beschwerdeführer selbst die Persönlichkeit der Beschwerdegegnerin verletzt habe. Dies verkennt der Beschwerdeführer, soweit er in seinem Schriftsatz unterstellt, es sei das Verhalten der lettischen Gesellschaft C._ zu beurteilen. Verfehlt ist aus demselben Grund auch die These der Beschwerdegegnerin, die Ausnahmeklausel von Art. 15 Abs. 1 IPRG sei gemäss Art. 15 Abs. 2 IPRG gar nicht anwendbar, weil sie, die Beschwerdegegnerin, im erstinstanzlichen Verfahren von ihrer Rechtswahl nach Art. 139 Abs. 1 IPRG Gebrauch gemacht habe. Dieser Norm zufolge kann der Verletzte zwischen mehreren alternativ anwendbaren Rechten wählen, soweit er Ansprüche aus Verletzung der Persönlichkeit durch Medien geltend macht. Nun hat die Beschwerdegegnerin aber nicht die Presse, das Radio, das Fernsehen oder andere Medien ins Recht gefasst, sondern den Beschwerdeführer. Damit entfällt eine Rechtswahl nach Art. 139 IPRG, die der Anwendbarkeit von Art. 15 Abs. 1 IPRG allenfalls entgegenstehen könnte. Was die Anwendung der zuletzt erwähnten Norm angeht, ist an die bundesgerichtliche Praxis zu erinnern, wonach Art. 15 Abs. 1 IPRG voraussetzt, dass die reguläre Kollisionsnorm auf dem kollisionsrechtlichen Grundsatz des engsten Zusammenhangs beruht und der konkrete Sachverhalt so atypisch ist, dass ausnahmsweise das vom Gesetzgeber für die Konkretisierung dieses Grundsatzes gewählte Anknüpfungskriterium diesem Zweck nicht gerecht wird. Hingegen bezweckt Art. 15 Abs. 1 IPRG nicht, ein unerwünschtes Prozessergebnis zu "berichtigen" und aus Billigkeitsüberlegungen im Einzelfall materielle Korrekturen vorzunehmen (Urteil 5A_874/2012 vom 19. März 2013 E. 4.2 mit Hinweisen). Die Ausnahmeklausel ist mit Zurückhaltung anzuwenden (BGE 121 III 246 E. 3c S. 247 mit Hinweis). Im vorliegenden Fall geht es um die Frage nach dem anwendbaren Recht bei unerlaubten Handlungen: Haben Schädiger und Geschädigter ihren gewöhnlichen Aufenthalt im gleichen Staat, so unterstehen Ansprüche aus unerlaubter Handlung dem Recht dieses Staates (Art. 133 Abs. 1 IPRG). Im gewöhnlichen Aufenthalt von Schädiger und Geschädigtem im selben Staat erkennt der Gesetzgeber also den engsten Zusammenhang, nach dem sich das anwendbare Recht in einem Fall, wie er hier vorliegt, bestimmen soll. Mit dieser Anknüpfung nimmt das Gesetz bewusst in Kauf, dass Ansprüche aus unerlaubter Handlung und damit auch solche aus Persönlichkeitsverletzung (Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 133 Abs. 1 IPRG) gerade nicht in jedem Fall dem Recht des Staates unterstehen, in welchem die unerlaubte Handlung oder Persönlichkeitsverletzung geschehen ist. Deshalb ist der blosse Umstand, dass die streitgegenständlichen Äusserungen aus Lettland verbreitet wurden, kein Grund zur Annahme eines geradezu atypischen Sachverhalts. An der Sache vorbei geht auch der Einwand, die eingeklagten Äusserungen bezögen sich auf Sachverhalte, die sich ausschliesslich in Lettland ereignet haben. Worin die unerlaubte Handlung besteht, das heisst mit welchen Aussagen der Schädiger die Persönlichkeit des Geschädigten verletzt hat, spielt für die gesetzliche Anknüpfung am Recht des Staates, in welchem Schädiger und Geschädigter ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (Art. 133 Abs. 1 IPRG), keine Rolle. Entsprechend kann daraus auch keine Atypizität des Sachverhalts hergeleitet werden in dem Sinne, dass das gewählte Kriterium den Zweck einer gerechten Anknüpfung im konkreten Fall nicht erfüllt. Und schliesslich kann es auch nicht als geradezu ungewöhnlich gelten, dass eine Gesellschaft - hier die C._ - ihre Leitungsorgane mit Personen besetzt, die - wie der Beschwerdeführer - ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Land haben, in welchem die Gesellschaft ansässig ist und ihre Geschäftstätigkeit ausübt. Der Beschwerdeführer tut nicht dar, weshalb sein gewöhnlicher Aufenthalt in der Schweiz ein blosser Zufall sein soll. Das Gesagte gilt sinngemäss für die Beschwerdegegnerin: Dass eine Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz Geschäfte im Ausland abwickelt, ist nicht aussergewöhnlich. 4.4. Soweit sich der Beschwerdeführer auf Art. 15 Abs. 1 IPRG beruft, erweist sich die Beschwerde also als unbegründet. Es bleibt gestützt auf Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 133 Abs. 1 IPRG dabei, dass die streitigen Ansprüche aus Persönlichkeitsverletzung dem schweizerischen Recht unterstehen. Das auf die unerlaubte Handlung - bzw. hier auf die Persönlichkeitsverletzung - anwendbare Recht bestimmt insbesondere die Deliktsfähigkeit, die Voraussetzungen und den Umfang der Haftung sowie die Person des Haftpflichtigen (Art. 142 Abs. 1 IPRG). Zu den "Voraussetzungen" der Haftung gehören nach der Rechtsprechung namentlich die Fragen der Widerrechtlichkeit und der Kausalität (Urteil 4A_594/2009 vom 27. Juli 2010 E. 2.3). Auch wer als Haftpflichtiger in Betracht kommt, entscheidet sich herrschender Auffassung zufolge nach dem Deliktsstatut (ANTON HEINI, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N 10 zu Art. 142 IPRG; ROBERT UMBRICHT/RODRIGO RODRIGUEZ/MELANIE KRÜSI, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 2013, N 10 zu Art. 142 IPRG; ANDREA BONOMI, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, N 8 zu Art. 142 IPRG). 5. Umstritten ist die Frage, ob sich die streitigen Äusserungen überhaupt dem Beschwerdeführer zuordnen lassen, dieser also im materiell-rechtlichen Sinne für den Anspruch zuständig ist, den die Beschwerdegegnerin gegen ihn erhebt (Passivlegitimation). 5.1. Dem angefochtenen Entscheid zufolge lässt sich anhand der Parteivorbringen vor erster Instanz nicht schlüssig beantworten, ob die im Streit liegenden Äusserungen direkt dem Beschwerdeführer zuzuordnen sind; eine beweismässige Abklärung dieser umstrittenen Tatsachenfrage sei unterblieben. Das Obergericht ist aber der Meinung, dass es darauf letztlich nicht ankomme. Auch wenn die Äusserungen dem Beschwerdeführer nicht direkt zugeordnet werden könnten, würde bereits das Gewährenlassen der Verletzung seine Passivlegitimation begründen. Mit anderen Worten wirft die Vorinstanz dem Beschwerdeführer vor, nichts unternommen zu haben, um die streitigen Äusserungen zu verhindern oder zu stoppen. Diese "Mitverantwortung" des Beschwerdeführers bejaht sie "gestützt auf dessen unbestrittene Funktion als Verwaltungsratspräsident mit entsprechenden Leitungs- und Kontrollfunktionen nach der massgeblichen schweizerischen Rechtsordnung" (s. auch E. 3.1). Das Obergericht hält dafür, der Beschwerdeführer habe nicht geltend gemacht, dass der Pressedienst der Gesellschaft C._ der generellen Leitung und Kontrolle des Aufsichtsrates entzogen wäre. Im Gegenteil würden seine Ausführungen ausdrücklich seine Leitungs- und Kontrollfunktion innerhalb der Gesellschaft C._ im fraglichen Zeitraum bestätigen. Was den konkreten Fall angeht, stellt das Obergericht fest, der Beschwerdeführer habe nicht behauptet, dass er ausserstande gewesen wäre, auf den Pressedienst der Gesellschaft C._ Einfluss zu nehmen, oder auch nur versucht hätte zu verhindern, dass die unbestrittenen Verlautbarungen in den Medien noch länger zugänglich sind. Den Einwand des Beschwerdeführers, die Tätigkeit der Pressestelle der Gesellschaft C._ falle nicht in den Zuständigkeitsbereich des Supervisory Board oder dessen Vorsitzenden, verwirft die Vorinstanz dementsprechend als "nicht hilfreich". Nachdem die Anwendbarkeit des schweizerischen Rechts nicht zu beanstanden sei, helfe dem Beschwerdeführer auch nicht weiter, wenn er sich wiederum dagegen wehre, "nun einfach schweizerisches Recht anzuwenden". 5.2. Der Beschwerdeführer bestreitet vehement, für die streitigen Äusserungen verantwortlich zu sein. Er habe stets klargestellt, dass ein Mitglied oder der Präsident des Supervisory Board (Aufsichtsrats) einer lettischen Gesellschaft gerade nicht mit dem Tagesgeschäft einer Gesellschaft befasst ist. Die Tätigkeit eines Aufsichtsrats bestehe in der strategischen Führung und Überwachung der Gesellschaft und erstrecke sich nicht auf Tagesaktivitäten wie die Kontrolle der Pressestelle bzw. deren Publikationen. Als willkürlich taxiert der Beschwerdeführer auch die vorinstanzliche Feststellung, wonach die online-Zitate den Schluss zuliessen, diese würden von ihm, dem Beschwerdeführer, stammen bzw. seien mit seiner Bewilligung an die Medien gelangt. Selbst wenn dem so wäre, gehe es nicht an, ihn für die nachweislich nicht von ihm stammende Veröffentlichung verantwortlich zu machen. Immerhin halte die Vorinstanz richtigerweise fest, dass die Zuordnung der fraglichen Äusserungen mit Bezug auf ihn nicht nachgewiesen sei. Zu Recht anerkenne sie auch, dass er die ihm zugeschriebenen Äusserungen stets bestritten habe und nach wie vor bestreite. In der Folge übernehme das Obergericht dann allerdings eine Reihe unbewiesener Behauptungen der Beschwerdegegnerin, die darin gipfelten, dass sogar die Wahrnehmung von Aktionärsrechten seine Verantwortung begründen soll. In rechtlicher Hinsicht reklamiert der Beschwerdeführer, das Obergericht führe eine Kausalhaftung der Organe einer noch dazu ausländischen Aktiengesellschaft für Äusserungen ein, die nicht vom Organ, sondern von der Gesellschaft gemacht wurden. Dies sei weder durch Art. 28 ZGB noch durch Art. 133 und 139 IPRG gedeckt. Die Mitwirkung im Sinne von Art. 28 ZGB setze explizit ein aktives Handeln und nicht, wie ihm vorgeworfen werde, eine Unterlassung voraus. Weiter wirft der Beschwerdeführer dem Obergericht vor, "generell" die Verteilung der Behauptungs- und Beweislast im vorliegenden Verfahren zu verkennen. Gemäss Art. 8 ZGB wäre es an der Beschwerdegegnerin gewesen, die bestrittenen Pflichten des Aufsichtsrats einer lettischen Gesellschaft nicht nur zu behaupten, sondern auch zu beweisen. Beides habe die Beschwerdegegnerin "unstreitig nicht getan". Insbesondere wäre darzulegen gewesen, inwiefern er, der Beschwerdeführer, verpflichtet gewesen wäre, gegen die Mitteilungen der Pressestelle einer Unternehmung einzuschreiten, deren Aufsichtsratsmitglied er war. Dasselbe gelte für den Nachweis, dass er dazu überhaupt die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit gehabt hätte. Auch dass die Pressestelle der Gesellschaft C._ verpflichtet gewesen wäre, ihre Verlautbarungen vorgängig mit dem Aufsichtsratspräsidenten abzusprechen, werde weder von der Vorinstanz begründet noch von der Beschwerdegegnerin behauptet. Schliesslich besteht der Beschwerdeführer darauf, dass das schweizerische Recht auf die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse innerhalb einer Aktiengesellschaft der Republik Lettland "nicht anwendbar sein kann". Die vorinstanzliche Beurteilung, wonach sich die Leitungs- und Kontrollfunktionen mit Bezug auf die lettische Gesellschaft C._ nach der schweizerischen Rechtsordnung richten sollen, erachtet er als gesetzeswidrig. Er beruft sich auf Art. 154 IPRG, der auf das lettische Recht verweise. Die Vorinstanz vermöge ihm keine Pflichtverletzung in seiner Funktion als Präsident des Aufsichtsrates der Gesellschaft C._ unter dem allein massgeblichen lettischen Gesellschaftsrecht vorzuwerfen. Für eine angebliche Interventionspflicht oder auch nur -möglichkeit in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied einer lettischen Gesellschaft gemäss lettischem Gesellschaftsrecht sei sie jede Begründung schuldig geblieben. Insbesondere fehle jeglicher Hinweis auf die anwendbaren Gesetzesbestimmungen, die eine Interventionspflicht statuieren würden. 5.3. Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen (Art. 28 Abs. 1 ZGB). Hier verlangt die Beschwerdegegnerin, die Widerrechtlichkeit einer Verletzung festzustellen, weil sich diese weiterhin störend auswirke (Art. 28a Abs. 1 Ziff. 3 ZGB). Der Streit dreht sich um die Frage, ob der Beschwerdeführer an der behaupteten Persönlichkeitsverletzung mitgewirkt hat. 5.3.1. Art. 28 Abs. 1 ZGB erklärt nicht, was unter Mitwirkung zu verstehen ist. Nach der Rechtsprechung nimmt das Gesetz mit dem Zeitwort "mitwirken" neben dem eigentlichen Urheber der Verletzung jede Person ins Visier, deren Verhalten die Verletzung verursacht, ermöglicht oder begünstigt, wobei nicht vorausgesetzt ist, dass ihr ein Verschulden zur Last fällt. Das blosse Mitwirken führt (objektiv) bereits zu einer Verletzung, selbst wenn der Handelnde sich dessen nicht bewusst ist oder nicht bewusst sein kann (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Persönlichkeitsschutz: Art. 28 ZGB und 49 OR] vom 5. Mai 1982, BBl 1982 II 657). Ins Recht gefasst werden kann also auch, wer zur Übermittlung der streitigen Äusserungen beiträgt, ohne selbst deren direkter Urheber zu sein oder deren Inhalt oder Urheber auch nur zu kennen. Der Verletzte kann gegen jeden vorgehen, der bei der Entstehung oder Verbreitung der Verletzung objektiv betrachtet - von nah oder fern - eine Rolle gespielt hat, sei diese auch nur von zweitrangiger Bedeutung (Urteil 5A_792/2011 vom 14. Januar 2013 E. 6.2 mit Hinweisen). Die Mitwirkung kann sowohl in einem Tun wie auch in einem Unterlassen bestehen (ANDREAS MEILI, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 5. Aufl. 2014, N 40 zu Art. 28 ZGB; Urteil 5C.28/1993 vom 29. Oktober 1993 E. 2a). Ein wie auch immer geartetes Verhalten des Urhebers selbst setzt das Mitwirken aber schon voraus: Eine Haftung für fremdes Verhalten lässt sich aus Art. 28 Abs. 1 ZGB nicht herleiten. So ist beispielsweise auch der Arbeitgeber, dessen Angestellter eine Persönlichkeitsverletzung begeht, nur dann zur Klage nach Art. 28 Abs. 1 ZGB passivlegitimiert, wenn er sich selbst dem Vorwurf eines widerrechtlichen Verhaltens aussetzt, indem er die Verletzung durch seine Hilfsperson begünstigt, erlaubt oder toleriert (PIERRE TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, 1984, S. 118; vgl. auch Botschaft, a.a.O.). Das geschilderte weite Verständnis der Mitwirkung im Sinne von Art. 28 Abs. 1 ZGB ändert mit anderen Worten nichts daran, dass zwischen dem Verhalten desjenigen, der ins Recht gefasst wird, und der Persönlichkeitsverletzung eine Beziehung von Ursache und Wirkung, das heisst ein Kausalzusammenhang bestehen muss. Soll die unerlaubte Handlung - hier die Mitwirkung an einer Persönlichkeitsverletzung - in einem Dulden oder Unterlassen bestehen, so fällt ein solch passives Verhalten nach allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen als Ursache einer Persönlichkeitsverletzung nur dann in Betracht, wenn eine entsprechende Pflicht zum Handeln bestand. Zuerst ist abzuklären, ob den Beklagten eine Pflicht trifft, den Eintritt des Erfolgs - hier die Verletzung der Persönlichkeit - zu verhindern. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob das pflichtgemässe Handeln den Erfolg verhindert hätte. Ist dieser hypothetische Zusammenhang zu bejahen, wird daraus der Schluss gezogen, dass die Unterlassung für den Erfolg kausal war (vgl. BGE 115 II 440 E. 5a S. 447 f.; statt vieler HEINZ REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 3. Aufl. 2003, S. 135 f. mit weiteren Hinweisen). Der Beweis dieses hypothetischen Kausalzusammenhangs obliegt dem Verletzten. Hierfür genügt es, dass nach der Erfahrung des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der Erfolg bei pflichtgemässem Handeln nicht eingetreten wäre (BGE 121 III 358 E. 5 S. 363; 115 II 440 E. 6a S. 449 f.). 5.3.2. Angesichts der vorigen Ausführungen ist der These des Beschwerdeführers, dass die Mitwirkung im Sinne von Art. 28 ZGB ein aktives Handeln voraussetze, der Boden entzogen. Zu einer Verletzung kann sehr wohl auch ein - wie die Vorinstanz sich ausdrückt - "Gewährenlassen" führen. Sodann steht für das Bundesgericht in tatsächlicher Hinsicht verbindlich (E. 2) fest, dass sich die streitgegenständlichen Äusserungen dem Beschwerdeführer nicht im Sinne eines aktiven Tuns zuordnen lassen. Als Mitwirkung im Sinne von Art. 28 Abs. 1 ZGB kommt auch für das Obergericht nur ein Dulden oder Unterlassen in Frage (s. E. 5.1). Unter diesen Umständen durfte sich das Obergericht allerdings nicht mit einem abstrakten Hinweis auf die Position des Beschwerdeführers als Organ der Gesellschaft C._ "mit entsprechenden Leitungs- und Kontrollfunktionen" begnügen, ohne dem Beschwerdeführer ein konkretes Unterlassen vorzuwerfen. Denn damit zieht es den Beschwerdeführer im Ergebnis für fremdes Verhalten zur Rechenschaft, ohne sich Klarheit darüber zu verschaffen, worin denn eigentlich die in Art. 28 Abs. 1 ZGB vorausgesetzte Mitwirkung des Beschwerdeführers selbst besteht. Anders gesagt, kann die vom konkreten Fall losgelöste Erkenntnis, dass der Beschwerdeführer als Aufsichtsrat mit der generellen Leitung und Kontrolle der Gesellschaft C._ befasst war, für sich allein genommen noch kein Verhalten sein, das als Ursache einer Persönlichkeitsverletzung in Frage kommt. Die Position des Beschwerdeführers als Aufsichtsrat ist ein blosser Zustand, der für sich allein nicht zur Folge hat, dass das Verhalten der Gesellschaft dem Organ zugerechnet wird. Ebenso wenig verträgt es sich mit dem Bundesrecht, wenn das Obergericht die Klage mit der Begründung gutheissen will, der Beschwerdeführer habe nicht gehandelt, obwohl er hätte handeln können. Denn mit dieser Argumentation unterstellt das Obergericht, dass der Beschwerdeführer die angeblich persönlichkeitsverletzenden Äusserungen gewollt oder zumindest in Kauf genommen habe. Auf diese Weise bringt es Elemente ins Spiel, die das Verschulden als subjektive Seite eines Verletzungstatbestands betreffen. Wie oben dargelegt, ist das Verschulden des (angeblichen) Verletzers aber gar kein Tatbestandsmerkmal von Art. 28 Abs. 1 ZGB (E. 5.3.1). Die Frage ist nicht, ob der Beschwerdeführer tatsächlich die Möglichkeit gehabt hätte, auf den Pressedienst der Gesellschaft C._ Einfluss zu nehmen, sondern ob er hätte einschreiten müssen, ob ihn also eine entsprechende Rechtspflicht traf. Allein die Tatsachenfeststellung, dass der Pressedienst der Gesellschaft C._ der Leitung und Kontrolle des Beschwerdeführers nicht entzogen ist, bedeutet nach dem oben Ausgeführten nicht, dass ihn im konkreten Fall auch eine Rechtspflicht traf, die angeblich verletzenden Verlautbarungen zu verhindern oder dem Tun und Treiben des Pressedienstes der Gesellschaft C._ ein Ende zu setzen. 5.3.3. Zu Recht beklagt sich der Beschwerdeführer darüber, dass die Vorinstanz ihn verurteile, ohne einschlägige Vorschriften zu nennen oder eine Erklärung dafür zu liefern, inwiefern er in seiner Eigenschaft als Aufsichtsrat der Gesellschaft C._ eine Interventionspflicht verletzt hätte. Ebenso ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, soweit er die Behauptungs- und Beweislast für den Nachweis, dass er als Aufsichtsrat der Gesellschaft C._ gegen die Mitteilungen der Pressestelle hätte einschreiten müssen, der Beschwerdegegnerin aufbürden will. Die Sachumstände, aus denen sich die Persönlichkeitsverletzung ergibt, hat der Kläger als Opfer zu beweisen (BGE 136 III 410 E. 2.3 S. 414). Dazu zählt auch der Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Beklagten und der Verletzung, der sich im Falle einer Mitwirkung durch Dulden oder Unterlassen nach den dargelegten Regeln beurteilt (E. 5.3.1 a.E.). Die Beschwerde erweist sich demnach als begründet. Die Vorinstanz muss sich in einem neuen Entscheid zunächst mit diesen Fragen auseinandersetzen. 5.4. Zu prüfen bleibt, nach dem Recht welchen Staates die Vorinstanz zu beurteilen hat, ob der Beschwerdeführer angesichts der angeblich persönlichkeitsverletzenden Äusserungen aufgrund seiner Stellung als Aufsichtsrat der Gesellschaft C._ hätte tätig werden müssen. 5.4.1. Die Vorinstanz begnügt sich - wie gesehen bundesrechtswidrig (E. 5.3.2) - mit einem Hinweis auf die Funktion des Beschwerdeführers als "Verwaltungsratspräsident" der Gesellschaft C._ und orientiert sich damit ausschliesslich an der schweizerischen Rechtsordnung (E. 5.1). Der Beschwerdeführer will die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse und die Frage einer "Interventionspflicht" gestützt auf Art. 154 IPRG dem lettischen Recht unterstellen (E. 5.2). Zwar sind die streitigen Ansprüche aus Persönlichkeitsverletzung gestützt auf Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 133 Abs. 1 IPRG grundsätzlich nach schweizerischem Recht zu beurteilen. Diese Anknüpfung beruht auf dem gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt von Schädiger und Geschädigtem in der Schweiz, in welchem der Gesetzgeber für diese Konstellation den engsten Zusammenhang erblickt. Das auf die Persönlichkeitsverletzung anwendbare Recht erfasst auch die Fragen der Passivlegitimation und des Kausalzusammenhangs (E. 4.3 und 4.4). Allerdings enthält das IPRG für den Bereich des Gesellschaftsrechts spezielle Vorschriften in einem eigenen Abschnitt. Art. 154 Abs. 1 IPRG bestimmt, dass Gesellschaften dem Recht des Staates unterstehen, nach dessen Vorschriften sie organisiert sind, wenn sie die darin vorgeschriebenen Publizitäts- oder Registrierungsvorschriften dieses Rechts erfüllen oder, falls solche Vorschriften nicht bestehen, wenn sie sich nach dem Recht dieses Staates organisiert haben. Das auf die Gesellschaft anwendbare Recht bestimmt insbesondere die Organisation der Gesellschaft (Art. 155 Bst. e IPRG). 5.4.2. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist der Anwendungsbereich des Deliktsstatuts möglichst umfassend: Der gesamte Haftungskomplex, das heisst jede Frage, die sich im Zusammenhang mit einer unerlaubten Handlung stellt, soll gemäss Art. 142 Abs. 1 IPRG ein und derselben Rechtsordnung unterstellt sein (Botschaft zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht [IPR-Gesetz] vom 10. November 1982, BBl 1983 I 431; Bundesgesetz über das internationale Privatrecht [IPR-Gesetz], Schlussbericht der Expertenkommission zum Gesetzesentwurf, SSIR 13, Zürich 1979, S. 249 f.; vgl. ANTON HEINI, a.a.O., N 11 zu Art. 142 IPRG; ANDREA BONOMI, a.a.O., N 2 zu Art. 142 IPRG). In diesem Sinne hat das Bundesgericht entschieden, dass sich nach dem Deliktsstatut beurteilt, ob ein Geschäftsherr für unerlaubte Handlungen seiner Arbeitnehmer und anderer Hilfspersonen oder ob eine juristische Person für unerlaubte Handlungen ihrer Organe und Hilfspersonen einzustehen hat (Urteil 4A_594/2009 vom 27. Juli 2010 E. 2.3; BGE 110 II 188 E. 3 S. 193). Im Bereich der Haftbarkeit juristischer Personen für ihre Organe wird die Unterstellung unter das Deliktsstatut damit begründet, dass bei Massgeblichkeit des schweizerischen Deliktsrechts eine ausländische juristische Person wie eine schweizerische für die unerlaubten Handlungen ihrer Organe einstehen solle; für den Geschädigten sei es unzumutbar, sich nur an den Organträger halten zu können, wenn ihm nach schweizerischem Recht auch die Klage gegen die Gesellschaft offenstehe. Diese Anknüpfung am Deliktsstatut soll nach herrschender Meinung allerdings nur bei Verletzung allgemeiner deliktischer Normen, nicht aber dann gelten, wenn der Anspruch aus unerlaubter Handlung aus der Verletzung gesellschaftsrechtlicher Vorschriften, zum Beispiel aus der ungerechtfertigten Ausschüttung von Dividenden abgeleitet wird. Diesfalls soll das Gesellschaftsstatut anwendbar sein (FRANK VISCHER, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N 16 f. zu Art. 155 IPRG; ANTON HEINI, a.a.O.; ANDREA BONOMI, a.a.O., N 4 zu Art. 142 IPRG; STEFAN EBERHARD/ANDREAS VON PLANTA, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 2013, N 7 zu Art. 155 IPRG). Vom soeben beschriebenen Szenario unterscheidet sich der vorliegende Fall dadurch, dass hier nicht das Einstehenmüssen der Gesellschaft für eines ihrer Organe (und auch nicht die Haftung eines Organs für das Verhalten der Gesellschaft) zur Diskussion steht, sondern die Frage, ob den beklagten Beschwerdeführer selbst in seiner Funktion als Aufsichtsrat der Gesellschaft C._ der Vorwurf einer unerlaubten Handlung, hier derjenige eines Mitwirkens im Sinne von Art. 28 Abs. 1 ZGB trifft (vgl. E. 5.3.1). Ist aber nicht die "Haftung für fremdes Tun" einer Gesellschaft zu beurteilen, so lässt sich eine umfassende Massgeblichkeit des Deliktsstatuts für alle sich stellenden Fragen auch nicht mit dem Argument begründen, dass Gesellschaften ausländischen und schweizerischen Rechts bezüglich der Zurechnung des Verhaltens ihrer Organe einander gleichgestellt sein sollen, das Organ einer ausländischen Gesellschaft also wie ein Organ im Sinne des schweizerischen Rechts behandelt werden soll. Auf der anderen Seite kann eine Anknüpfung am Gesellschaftsstatut im vorliegenden Fall nicht damit erklärt werden, dass die Beschwerdegegnerin den eingeklagten Anspruch aus der Verletzung gesellschaftsrechtlicher Vorschriften ableitet. Denn mit Art. 28 Abs. 1 ZGB ruft sie als materiell-rechtliches Fundament ihrer Klage eine persönlichkeitsrechtliche Vorschrift an. Der gesellschaftsrechtliche Aspekt, den der Beschwerdeführer dem lettischen Recht unterstellen will, stellt bloss ein Spezialproblem innerhalb des "Haftungskomplexes" der Persönlichkeitsverletzung dar, und zwar im Zusammenhang mit dem Tatbestandselement des "Mitwirkens", in welchem sich die Kausalität der Persönlichkeitsverletzung manifestiert (s. E. 5.3.1). Zu entscheiden ist nun, ob die gesellschaftsrechtliche (Teil-) Frage von der allgemeinen persönlichkeitsrechtlichen (Haupt-) Anknüpfung in Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 133 Abs. 1 IPRG abzuspalten und kollisionsrechtlich gesondert, das heisst hier nach Art. 154 f. IPRG anzuknüpfen ist. 5.4.3. Die Differenzierung zwischen der Verletzung allgemeiner deliktischer und spezifisch gesellschaftsrechtlicher Vorschriften im Bereich der deliktischen Haftbarkeit von Gesellschaften für ihre Organe zeigt Folgendes: Auf der Suche nach einer adäquaten Regelung von Lebenssachverhalten mit Berührung zu mehreren Rechtsordnungen ist im Interesse des kollisionsrechtlichen Ideals eines noch engeren bzw. stärkeren Zusammenhangs auch die Zergliederung eines Rechtsinstituts in Kauf zu nehmen, wenn sie eine "bessere" Anknüpfung ermöglicht. Ergibt die Auslegung einer positiven Kollisionsregel, dass Verweisungsbegriff oder Anknüpfung nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und vor allem nach dem Zweck der Kollisionsregel nicht auf die zu diskutierende Teilfrage passen, steht der Bildung einer Sonderanknüpfung nichts im Weg (IVO SCHWANDER, Einführung in das internationale Privatrecht, 3. Aufl. 2000, S. 142 f.). Mit der Anknüpfung am gewöhnlichen Aufenthalt von Schädiger und Geschädigtem verfolgt Art. 133 Abs. 1 IPRG das Ziel, das anwendbare Recht entsprechend der gemeinsamen sozialen Umwelt von Schädiger und Geschädigtem zu bestimmen. Zum anderen fusst die Anknüpfung an die "lex communis" auf der Idee, dass die Parteien, wenn sie sich nur vorübergehend im Ausland aufhalten, das dortige Recht in aller Regel nicht kennen und ihr Verhalten auch nicht darauf einstellen (Botschaft, a.a.O., S. 425). Diese Anknüpfung erscheint nachvollziehbar, soweit tatsächlich das Rechtsverhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem in Frage steht. Demgegenüber lässt sich mit den dargelegten Überlegungen kaum vernünftig erklären, nach welchem Recht sich bestimmen soll, ob der präsumtive Schädiger seinen Pflichten als Organ einer Gesellschaft nachgekommen ist. Denn für die Rechte und Pflichten des Organs im Verhältnis zu "seiner" Gesellschaft spielt es keine Rolle, welches soziale Umfeld dieses (als Schädiger auftretende) Organ mit dem Geschädigten verbindet. Ebenso wenig kommt es hierfür darauf an, ob Schädiger und Geschädigter mit der Rechtsordnung des Landes vertraut sind, in welchem es zur unerlaubten Handlung kommt. Angesichts des Zwecks von Art. 133 Abs. 1 IPRG erscheint es mithin wenig sachgerecht, diesem Deliktsstatut auch die Teilfrage zu unterstellen, ob der Beschwerdeführer angesichts seiner Stellung als Organ der Gesellschaft C._ die streitgegenständlichen Verlautbarungen hätte verhindern oder stoppen müssen. Für die gesonderte Anknüpfung der besagten Teilfrage sprechen sodann systematische Überlegungen: Stellt das Gesetz in Art. 150 ff. IPRG für das Gesellschaftsrecht schon spezielle Kollisionsregeln auf, so ist nicht einzusehen, weshalb der Richter diese Vorschriften auf der Suche nach der adäquaten Anknüpfung einfach ausser Acht lassen soll, obwohl sie zur Bestimmung des auf die Teilfrage anwendbaren Rechts nicht von vornherein ungeeignet erscheinen: Zur "Organisation", die das auf die Gesellschaft anwendbare Recht bestimmt (Art. 155 Bst. e IPRG), zählen insbesondere die Aufgaben und Funktionen der Gesellschaftsorgane. Das Gesellschaftsstatut entscheidet auch über die Freiheit der Ausgestaltung der Organisation innerhalb des gesetzlichen Typs und definiert den notwendigen und fakultativen Statuteninhalt sowie die Modalitäten für Statutenänderungen (FRANK VISCHER, a.a.O., N 22 zu Art. 155 IPRG; STEFAN EBERHARD/ANDREAS VON PLANTA, a.a.O., N 11 zu Art. 155 IPRG; FLORENCE GUILLAUME, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, N 21 zu Art. 155 IPRG). Schliesslich erscheint es auch unter den Gesichtspunkten der Rechtssicherheit und der Praktikabilität nicht sinnvoll, die erwähnte Teilfrage dem Deliktsstatut gemäss Art. 133 Abs. 1 IPRG zu unterstellen. Denn der präsumtive Schädiger könnte sich über seine Aufgaben und Funktionen als Organ einer Gesellschaft gar nicht Rechenschaft geben, wenn diese von Fall zu Fall dem Recht des einen oder anderen Staates unterstehen, je nachdem, wo der präsumtiv Geschädigte als Prozessgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. 5.4.4. Nach dem Gesagten ist auf die Teilfrage, ob der Beschwerdeführer hinsichtlich der Medienarbeit der Gesellschaft C._ im Zusammenhang mit der Blockade eines Teils des Öltransithafens von V._ durch die Beschwerdegegnerin seinen Pflichten als Aufsichtsrat der Gesellschaft C._ nachgekommen ist, nach Massgabe von Art. 154 Abs. 1 i.V.m. Art. 155 Bst. e IPRG das Gesellschaftsstatut anzuwenden, dem die Gesellschaft C._ untersteht. Dem angefochtenen Entscheid lässt sich bloss entnehmen, dass C._ eine "lettische" Gesellschaft mit Sitz in V._ (Lettland) ist. Mit Blick auf die Ermittlung des auf die Gesellschaft anwendbaren Rechts wird die Vorinstanz zu prüfen haben, nach welchen Vorschriften die Gesellschaft C._ im Sinne von Art. 154 Abs. 1 IPRG organisiert ist. Soweit diese Norm auf ausländisches Recht verweist, richtet sich dessen Feststellung nach Art. 16 IPRG. 6. Die Beschwerde erweist sich also als begründet. Das Obergericht wird sich erneut mit der Frage befassen müssen, ob der Beschwerdeführer zur Klage der Beschwerdegegnerin wegen Verletzung ihrer Persönlichkeit passivlegitimiert ist. Damit erübrigt es sich, auf die umstrittenen Äusserungen im Einzelnen einzugehen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 30. Oktober 2014 ist aufzuheben, die Sache im Sinne der Erwägungen zur weiteren Behandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang unterliegt die Beschwerdegegnerin. Sie hat für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 30. Oktober 2014 wird aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Behandlung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 3. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 9. November 2015 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: von Werdt Der Gerichtsschreiber: V. Monn
ab68de87-8c37-4e30-a761-8b7a0a1167c6
de
2,014
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A._ lenkte am 10. November 2007 sein Fahrzeug in stark alkoholisiertem Zustand (Blutalkoholkonzentration zwischen 2,26 und 2,79 Gewichtspromillen). Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Glarus entzog deshalb A._ am 9. Mai 2008 den Führerausweis auf unbestimmte Zeit und machte die Wiedererteilung von der Einhaltung einer einjährigen kontrollierten Alkoholabstinenz abhängig. Am 7. November 2011 wies die Abteilung Administrativmassnahmen der Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus ein Gesuch um Wiedererteilung des Führerausweises ab. Sie erachtete die Fahreignung angesichts einer nicht konsequent eingehaltenen Alkoholabstinenz und sechs Verurteilungen wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand nicht für gegeben. Am 20. Juli 2012 erteilte die Abteilung Administrativmassnahmen A._ den Führerausweis unter der Auflage wieder, eine ärztlich kontrollierte Alkoholtotalabstinenz zu beachten und deren Einhaltung alle drei Monate durch bestimmte Laborwerte des Bluts und alle sechs Monate durch Haaranalysen auf Ethylglucuronid (EtG) nachzuweisen. Die Haaranalyse, die das Institut für Rechtsmedizin Zürich (IRMZ) am 29. Mai 2013 im Rahmen der vorgesehenen Kontrolle vornahm, ergab einen EtG-Wert von 8 pg/mg. Das Gutachten des IRMZ erklärte, bei diesem Befund und angesichts der früheren Alkoholprobleme könne die Fahreignung von A._ nicht mehr bejaht werden. Die Abteilung Administrativmassnahmen verfügte deshalb am 10. Juni 2013 erneut den Sicherungsentzug auf unbestimmte Zeit. Das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus hob am 25. September 2013 in Gutheissung einer Beschwerde von A._ diese Verfügung auf und lud die Abteilung Administrativmassnahmen ein, diesem den Führerausweis unverzüglich wiederzuerteilen. B. Die Abteilung Administrativmassnahmen beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, das genannte Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben. Der Beschwerdegegner, das Verwaltungsgericht und das ebenfalls zur Vernehmlassung eingeladene Bundesamt für Strassen stellen Antrag auf Abweisung der Beschwerde. C. Der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat am 15. November 2013 ein Gesuch der Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung abgewiesen.
Erwägungen: 1. Nach Art. 24 Abs. 2 lit. a SVG ist die erstinstanzlich verfügende Behörde befugt, Entscheide verwaltungsunabhängiger Beschwerdeinstanzen auf dem Gebiet des Strassenverkehrsrechts anzufechten. Die Abteilung Administrativmassnahmen der Glarner Staats- und Jugendanwaltschaft, die den Sicherungsentzug vom 10. Juni 2013 anordnete, ist daher in der vorliegenden Sache zur Beschwerdeführung legitimiert. Sie beantragt in ihrer Beschwerdeschrift allein die Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Sie erfüllt damit an sich die Voraussetzung von Art. 42 Abs. 1 BGG nicht, wonach die Eingabe an das Bundesgericht einen Antrag in der Sache enthalten muss. Die Rechtsprechung lässt es allerdings genügen, dass ausdrücklich nur ein kassatorisches Begehren gestellt wird, wenn sich aus der Begründung ergibt, was mit der Beschwerde angestrebt wird (BGE 133 II 409 E. 1.4.1 S. 414 f.). Dieser Anforderung genügt die Beschwerdebegründung, denn es geht aus ihr hervor, dass die Beschwerdeführerin die Bestätigung des am 10. Juni 2013 angeordneten Sicherungsentzugs verlangt. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten. 2. Gegenstand des angefochtenen Entscheids ist der Sicherungsentzug vom 10. Juni 2013. Dieser stützt sich auf Art. 17 Abs. 5 SVG. Nach dieser Bestimmung ist der Ausweis zu entziehen, wenn der Inhaber Auflagen missachtet, die bei der Wiedererteilung eines früher entzogenen Führerausweises verfügt worden waren (vgl. Art. 17 Abs. 3 SVG). Dem Beschwerdegegner wurde am 20. Juli 2012 der Führerausweis unter der Auflage wieder erteilt, dass er eine ärztlich kontrollierte Alkoholtotalabstinenz einhalte und die Respektierung dieser Pflicht unter anderem alle sechs Monate durch Haaranalysen auf EtG am IRMZ (erstmals im November 2012) nachweise. Die erwähnte Auflage bezweckt, gewisse Bedenken an der Fahreignung gemäss Art. 16d Abs. 1 SVG auszuräumen, die bei der Wiedererteilung des Führerausweises noch bestanden. Die Vorinstanz erklärt zu Recht, dass der Führerausweis ohne weitere verkehrsmedizinische Abklärungen über das Bestehen einer Suchtkrankheit zu entziehen ist, wenn der Ausweisinhaber eine solche Auflage nicht einhält. Denn in diesem Fall ist davon auszugehen, dass er die bereits früher festgestellte Suchtkrankheit nicht erfolgreich überwunden hat und ihm die Fahreignung weiterhin fehlt. Die Vorinstanz gelangt im Unterschied zur Beschwerdeführerin zum Schluss, dass die vom IRMZ vorgenommene Haaranalyse vom 29. Mai 2013 die Einhaltung der Abstinenz belege und dem Beschwerdegegner deshalb der Führerausweis zu belassen sei. Streitgegenstand bildet demnach allein die Frage, ob der Beschwerdegegner die ihm am 20. Juli 2012 auferlegte Alkoholtotalabstinenz missachtet hat und ihm deshalb der Führerausweis wieder entzogen werden durfte. 3. Der Nachweis, dass eine Alkoholtotalabstinenz eingehalten wird, erfolgt durch Blut- und Haarproben. Die Untersuchung des Bluts auf bestimmte sog. Marker - namentlich CDT, γ-GT, GPT, MCV - erlaubt Rückschlüsse auf den Konsum von Alkohol in dem der Analyse vorangehenden Zeitraum (vgl. BGE 129 II 82 E. 6.2.1 S. 89 f.). Neuerdings findet zum Nachweis der Abstinenz regelmässig auch die Haaranalyse Anwendung. Art. 55 Abs. 7 lit. c SVG erwähnt sie ausdrücklich, doch ist ihre Verwendung vom Bundesrat bisher nicht näher geregelt worden. Im Unterschied zu den Markern im Blut, die lediglich indirekte Indikatoren eines Alkoholkonsums sind, gibt die Haaranalyse darüber direkten Aufschluss. Nach dem Alkoholgenuss wird das Abbauprodukt EtG im Haar eingelagert und erlaubt über ein grösseres Zeitfenster als bei der Blutuntersuchung Aussagen über den erfolgten Konsum. Die festgestellte EtG-Konzentration korreliert mit der aufgenommenen Menge an Trinkalkohol. Allerdings ist ein einmaliger Konsum auch mittels Haaranalyse unter Umständen nicht nachweisbar (vgl. Schweizerische Gesellschaft für Rechtsmedizin, Arbeitsgruppe Haaranalytik, Die forsensisch-toxikologische Haaranalytik, Version 12/2009, Ziff. 2.3.3; dieselbe, Bestimmung von Ethylglucuronid [EtG] in Haarproben, Version 2012, Ziff. 3.1). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung anerkennt die Haaranalyse als geeignetes Mittel sowohl zum Nachweis eines übermässigen Alkoholkonsums als auch der Einhaltung einer Abstinenzverpflichtung (Urteile 6A.8/2007 vom 1. Mai 2007, E. 2; 1C_150/2010 vom 25. November 2010, E. 5; 1C_26/2011 vom 25. Juli 2011, E. 3). Die Vornahme der Haaranalyse ist dafür qualifizierten Labors vorzubehalten. Die von ihnen gefundenen Ergebnisse sind Gutachten, von denen die zuständigen Behörden nicht ohne triftige Gründe abweichen dürfen. Ein Abweichen ist nur zulässig, wenn die Glaubwürdigkeit des Gutachtens durch die Umstände ernsthaft erschüttert ist (BGE 132 II 257 E. 4.4.1 S. 269). 4. Das vom IMRZ am 29. Mai 2013 erstattete Gutachten stellte im Haar des Beschwerdegegners für den Zeitraum von Anfang November 2012 bis Anfang April 2013 einen Wert von 8.0 pg/mg EtG fest. Gestützt auf diesen Befund und die belastete Vorgeschichte gelangte es zum Schluss, der Beschwerdegegner habe die Verpflichtung zur Alkoholtotalabstinenz nicht eingehalten. Die Vorinstanz hat dieses Gutachten als widersprüchlich erachtet und angenommen, der Beschwerdegegner habe die Abstinenzverpflichtung respektiert. Sie hat sich dabei vor allem auf ein neueres Urteil des Bundesgerichts gestützt (1C_20/2012 vom 18. April 2012, E. 2.3), dem ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag. Die Beschwerdeführerin kritisiert die vorinstanzliche Würdigung des Gutachtens und die gestützt darauf getroffene Feststellung, der Beschwerdegegner habe im fraglichen Zeitraum totalabstinent gelebt, als offensichtlich unzutreffend. Sie bringt vor, die Vorinstanz habe das Gutachten des IRMZ falsch verstanden und bezieht sich dabei unter anderem auf eine nach dem Urteil eingeholte Stellungnahme dieses Instituts vom 9. Oktober 2013. Nach dieser ist der erwähnte Entscheid des Bundesgerichts, auf den sich die Vorinstanz stützt, aufgrund der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse überholt. 5. Die Vorinstanz hat zur Interpretation des Gutachtens des IMRZ vom 29. Mai 2013 zu Recht die bereits erwähnten Erläuterungen "Bestimmung von Ethylglucuronid (EtG) in Haarproben" der Arbeitsgruppe Haaranalytik der Schweizerischen Gesellschaft für Rechtsmedizin (Version 2012) herangezogen. Darin werden zunächst das praktische Vorgehen und die Anforderungen der Haaranalytik erörtert (Ziff. 4 und 5). Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass bei der Bestimmung des EtG-Werts im Haar eine Messunsicherheit von +/-25 % bestehe (Ziff. 5.3.4). Weiter finden sich darin Erläuterungen zur Interpretation der gemessenen Werte (Ziff. 6). Die Kritik der Beschwerdeführerin richtet sich einerseits gegen die vorinstanzliche Bestimmung des massgeblichen EtG-Werts und anderseits gegen dessen Interpretation. So hätte von dem beim Beschwerdegegner ermittelten EtG-Wert von 8 pg/mg nicht 25 % abgezogen werden und demnach von lediglich 6 pg/mg ausgegangen werden dürfen. Zudem belege auch ein Wert von 6 pg/mg nicht die Einhaltung einer Alkoholtotalabstinenz. 6. Der vom IRMZ ermittelte EtG-Wert von 8 pg/mg ist wie erwähnt mit einer Messunsicherheit von 25 % behaftet. Das bedeutet, dass sich der wahre Wert in der Spannbreite von 6 bis 10 pg/mg bewegt, aber aus technischen Gründen nicht genau bestimmt werden kann. Eine Messunsicherheit besteht regelmässig auch bei der Ermittlung des Blutalkoholgehalts. Es ist allein möglich, für einen bestimmten Zeitpunkt eine maximale und eine minimale Blutalkoholkonzentration, nicht aber den exakten Wert anzugeben. Nach der Rechtsprechung ist im Strafverfahren wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand auf die ermittelte minimale Blutalkoholkonzentration abzustellen. Denn in diesem Verfahren gilt die Unschuldsvermutung des Beschuldigten (Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK). Gleich verhält es sich beim sog. Warnungsentzug, da dieser eine schuldhafte Verkehrsregelverletzung voraussetzt und deshalb den Charakter einer Strafe aufweist. Demgegenüber findet die Unschuldsvermutung beim sog. Sicherungsentzug keine Anwendung. Diese Massnahme erfolgt nicht wegen eines schuldhaften Verhaltens des Ausweisinhabers, sondern im Interesse der Verkehrssicherheit (BGE 122 II 359 E. 2c S. 363). Das Bundesgericht hat deshalb bei einer Fahrzeuglenkerin, die sich gegen einen vorsorglichen Sicherungsentzug wehrte und bei der zum fraglichen Zeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von maximal 2,9 und minimal 2,3 Promille festgestellt wurde, auf den Mittelwert von 2,6 Promille abgestellt (Urteil 6A.106/2001 vom 26. November 2011, E. 3c/bb). Wie die Beschwerdeführerin zu Recht geltend macht, ist die Messunsicherheit bei Haaranalysen vergleichbar mit jener bei der Blutalkoholbestimmung. Die für die Letztere entwickelte Rechtsprechung ist deshalb bei Haaranalysen ebenfalls anzuwenden. In Verfahren, die einen erneuten Sicherungsentzug wegen Nichteinhaltung einer Alkoholtotalabstinenz zum Gegenstand haben, ist somit auf den ermittelten EtG-Wert abzustellen, da dieser nach unten und nach oben mit der gleichen Messunsicherheit von 25 % behaftet ist. Dieses Vorgehen rechtfertigt sich umso mehr, als nach dem erfolgten Sicherungsentzug nicht der Staat die erneute Alkoholabhängigkeit des Beschwerdegegners belegen muss, sondern gemäss Verfügung vom 20. Juli 2012 der Letztere nachzuweisen hat, dass er die Alkoholtotalabstinenz einhielt. An den Ausführungen in dem von der Vorinstanz zitierten Urteil (1C_20/2012 vom 18. April 2012, E. 2.3), wonach bei einem ermittelten EtG-Wert von 8 pg/mg zugunsten des zur Abstinenz Verpflichteten 25 % abzuziehen seien und damit von 6 pg/mg auszugehen sei, kann im Lichte der bisherigen gefestigten Rechtsprechung nicht festgehalten werden. Aus diesen Gründen ist beim Beschwerdegegner auf den im Gutachten ermittelten EtG-Wert von 8 pg/mg abzustellen. 7. Wie aus den erwähnten Erläuterungen (Ziff. 6) und der nachträglichen Stellungnahme des IRMZ vom 9. Oktober 2013 hervorgeht, sind bei der Interpretation der EtG-Werte drei Grenzwerte zu beachten. Die Nachweisgrenze (Limit of detection, LOD) bezeichnet den minimalen Wert, bis zu dem eine Substanz nachgewiesen werden kann. Sie ist von den verwendeten Analyseverfahren abhängig und kann daher zwischen verschiedenen Laboratorien variieren. Der LOD für EtG liegt beim IRMZ unterhalb von 2 pg/mg. Wenn im Gutachten des IRMZ vom 29. Mai 2012 wie auch in früheren Gutachten erklärt wird, die Nachweisgrenze für Ethylglucuronid im Haar liege bei der verwendeten Analysemethode bei 7 pg/mg, ist das offensichtlich falsch. Neben dem rein technisch bedingten LOD werden zwei Interpretationsgrenzwerte (Cut-Off) verwendet, welche die Bewertung eines Befunds ermöglichen. Der untere Interpretationsgrenzwert liegt als Toleranzgrenzwert bei 7 pg/mg, weil empirisch festgestellt wurde, dass bei Abstinenzlern EtG-Werte bis 7 pg/mg vorkommen. Das heisst, dass bei EtG-Werten von mindestens 2, aber weniger als 7 pg/mg kein regelmässiger relevanter Alkoholkonsum nachgewiesen ist. Werte ab 7 pg/mg, aber unterhalb des zweiten Interpretationsgrenzwerts von 30 pg/mg sprechen für einen moderaten, darüber liegende Werte für einen übermässigen Alkoholkonsum. Die Einhaltung der Abstinenz ist als negative Tatsache im Prinzip nicht beweisbar, auch durch die Haaranalyse nicht, da deren Nachweisgrenze nicht bei Null liegt. Beweisbar ist nur - insbesondere mittels Haaranalyse - der Konsum von Alkohol. Immerhin kann davon ausgegangen werden, dass EtG-Werte unterhalb der Nachweisgrenze die Einhaltung der Totalabstinenz beweisen. Bei Werten zwischen 2 und 7 pg/mg ist es möglich, dass der Proband abstinent gelebt hat, aber nicht erstellt, während bei höheren Werten von einem Bruch der Abstinenzverpflichtung ausgegangen werden kann. Insofern erweist sich die Aussage im Urteil 1C_20/2012 vom 18. April 2012, E. 2.3, bei einem EtG-Wert von 6 pg/mg sei der Nachweis eines Alkoholkonsums nicht erbracht und die untersuchte Person habe als abstinent zu gelten, als zu absolut. Es drängt sich folgende Klarstellung auf: Bei EtG-Werten von unter 2 pg/mg ist die Einhaltung der Abstinenzverpflichtung grundsätzlich zu bejahen, bei Werten über 7 pg/mg ist sie zu verneinen. Werte zwischen 2 und 7 pg/mg sind sowohl mit (mässigem) Alkoholkonsum als auch mit Abstinenz vereinbar. In diesem Bereich ist der EtG-Wert für sich allein nicht schlüssig, weshalb auch die individuelle Gesamtsituation der untersuchten Person mitzuberücksichtigen ist, wie dies vom IRMZ praktiziert wird. Dabei sind - entgegen E. 2.4 im erwähnten Urteil - auch die Aussagen der untersuchten Person über ihren Alkoholkonsum und allfällige weitere Beweismittel zu würdigen. Wer zur Totalabstinenz verpflichtet ist, darf gar keinen Alkohol konsumieren. Ausgenommen bleibt einzig die bestimmungsgemässe Verwendung alkoholhaltiger Produkte zur Körperpflege (Mund- und Haarwasser etc.) und von Arzneimitteln (z.B. Hustensirup). Da EtG-Werte zwischen 2 und 7 pg/mg nach dem Gesagten für sich allein nicht schlüssig sind, müssen die Gutachter allerdings in einer für die Gerichte nachvollziehbaren Weise begründen, weshalb sie zur Auffassung gelangen, dass der Proband die Abstinenzverpflichtung eingehalten hat oder nicht; der Verweis auf den EtG-Wert allein genügt in diesem Bereich nicht. Vorliegend lässt sich den Ausführungen der Gutachter immerhin entnehmen, dass der EtG-Wert des Beschwerdegegners (auch unter Berücksichtigung der Messungenauigkeit) markant höher liegt als bei früheren Abstinenzperioden, was medizinisch offenbar einzig mit dem (pflichtwidrigen) Konsum von Alkohol erklärbar ist. Im Lichte dieser Erwägungen steht bereits aufgrund des festgestellten EtG-Werts von 8 pg/mg fest, dass der Beschwerdegegner die Verpflichtung zur Alkoholtotalabstinenz im fraglichen Zeitraum nicht eingehalten hat. Die gegenteilige Feststellung im angefochtenen Entscheid ist offensichtlich unzutreffend. Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner daher am 10. Juni 2013 zu Recht den Führerausweis erneut entzogen. 8. Der Beschwerdegegner macht geltend, es sei nicht zulässig, ihm gegenüber eine strengere Praxis anzuwenden als im zitierten letzten bundesgerichtlichen Urteil. Dies verletze den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Änderung einer bestehenden Praxis muss sich auf ernsthafte sachliche Gründe stützen, die im Interesse der Rechtssicherheit umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erachtete Rechtsanwendung gehandhabt worden ist (BGE 136 III 6 E. 3 S. 8). Eine in dieser Weise begründete Praxisänderung verstösst grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben. Bei einer Änderung oder Klarstellung der Rechtsprechung zur Auslegung verfahrensrechtlicher Bestimmungen verlangt der Grundsatz des Vertrauensschutzes allerdings, dass sich der Rechtsuchende darauf einstellen kann. Solche Änderungen müssen daher vorgängig angekündigt werden (BGE 135 II 78 E. 3.2 S. 85). Die Vorinstanz liess sich verständlicherweise vom bundesgerichtlichen Urteil vom 18. April 2012 leiten, da ihm in den wesentlichen Punkten ein gleichartiger Sachverhalt vorlag. Gleichwohl kam diesem Urteil keine praxisbildende Funktion zu, da in ihm keine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Frage, wie eine Alkoholtotalabstinenz mittels Haaranalyse nachzuweisen sei, erfolgte. Vielmehr verwies es auf die Widersprüchlichkeit und die unklare Tragweite des damaligen Gutachtens. Zuvor hatte sich das Bundesgericht mit den hier aufgeworfenen Fragen nie näher befasst. Es kann deshalb nicht von einer bestehenden Praxis gesprochen werden. Die vorstehenden Erwägungen sind hingegen eine Klarstellung der Rechtsprechung, und auch eine solche bedarf aus Gründen des Vertrauensschutzes unter Umständen einer Vorankündigung. Die neue Interpretation der gefundenen EtG-Werte im Haar bezieht sich auf die Sachverhaltsfeststellung, nämlich die Frage, ob der Beschwerdegegner im fraglichen Zeitraum die Verpflichtung zur Alkoholtotalabstinenz eingehalten hat. Durch die strengere Beurteilung dieser Frage wird der Beschwerdegegner nicht in seinem Vertrauen getäuscht. Denn er durfte überhaupt keinen Alkohol konsumieren, unabhängig davon, wie die Nachweisgrenze festgesetzt ist. Hingegen hat sich der Beschwerdegegner bei der Prozessführung berechtigterweise auf das bundesgerichtliche Urteil vom 18. April 2012 gestützt. Diesem Umstand ist bei der Festsetzung der Gerichtskosten und Parteientschädigungen Rechnung zu tragen (vgl. zur Publikation bestimmtes Urteil 1B_105/2014 vom 24. April 2014 E. 4.2 und E. 9). 9. Die Beschwerde ist aus diesen Gründen gutzuheissen und Ziff. 1 des Urteilsdispositivs des Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 25. September 2013 aufzuheben. Zugleich ist der durch die Beschwerdeführerin erfolgte Sicherungsentzugs des Führerausweises vom 10. Juni 2013 zu bestätigen. Wie bereits erwähnt konnte sich der Beschwerdegegner aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils vom 18. April 2012 zur Anfechtung des Sicherungsentzugs veranlasst sehen. Es rechtfertigt sich deshalb nicht, die vorinstanzliche Kosten- und Entschädigungsregelung (Ziff. 2 und 3 des Urteilsdispositivs des angefochtenen Entscheids) zu ändern. Für das bundesgerichtliche Verfahren ist angesichts der nötigen Klarstellung der Rechtsprechung von einer Kostenerhebung abzusehen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdegegner ist jedoch für dieses Verfahren keine Parteientschädigung zuzusprechen, da ihm bei seiner Stellungnahme die Erläuterungen des IRMZ vom 9. Oktober 2013 und damit die Grundlagen für die erfolgte Klarstellung der Praxis bekannt waren.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und Ziff. 1 des Dispositivs des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 25. September 2013 aufgehoben. Der Sicherungsentzug des Führerausweises vom 10. Juni 2013 wird bestätigt. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, I. Kammer, und dem Bundesamt für Strassen, Sekretariat Administrativmassnahmen, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 13. Juni 2014 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Der Gerichtsschreiber: Störi
abd00c45-165b-4344-97ef-4f23cebf8d5e
de
2,009
CH_BGer_001
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59.0
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critical
critical-1
Sachverhalt: A. Vom 14. Mai bis 14. Juni 2004 fand in der Stadt Chur die Mitwirkungsauflage zur Gesamtrevision der Stadtplanung statt. Zur öffentlichen Einsichtnahme lagen der Planungs- und Mitwirkungsbericht, die Zonenplan-Änderungen 1:5'000, der neue Zonenplan 2005 (1: 5'000), der Generelle Gestaltungsplan (GGP) 2005 (1:5'000), der Generelle Erschliessungsplan (GEP), Änderungen und Ergänzungen (1:5'000), der Generelle Erschliessungsplan 2005 (neu) 1:5'000, die Gefahrenzonenpläne (1:5'000 und Detailpläne), das Baugesetz 2005 (neu), die Ausführungsverordnung zum Baugesetz, die Parkplatzverordnung und das Reklamereglement auf. Private hatten gemäss Auflagetext die Möglichkeit, bis zum 14. Juni 2004 zur Gesamtrevision schriftlich Stellung zu nehmen. Organisationen, die in der Begleitkommission vertreten waren oder dies bis zum 14. Juni 2004 ankündigten, konnten ihre schriftliche Stellungnahme bis am 9. Juli 2004 einreichen. Am 26. November 2006 nahm die Stimmbevölkerung der Stadt Chur die Totalrevision der Stadtplanung an und verabschiedete sie zuhanden der regierungsrätlichen Genehmigung. Gegenstand des GEP bildet nebst anderem die sogenannte Langsamverkehrsplanung (Fuss- und Fahrradverkehr). Dazu legte die Stadt insbesondere Fuss-/Spazierwege fest, wobei sie zwischen "bestehenden" und "neuen/geplanten" Wegen unterschied. Einen solchen Fuss-/Spazierweg hat die Stadt u.a. im Wohngebiet Loë vorgesehen, um eine neue direkte und gerade Fussgängerverbindung ab der Sonnenbergstrasse in südlicher Richtung über die untere Florastrasse, die Falknisstrasse und die Fusswegparzelle Nr. 1667 bis zur Loëstrasse zu realisieren. Soweit diese neue Verbindung über die untere Florastrasse, die städtische Wegparzelle Nr. 3579, die Falknisstrasse, die Neubruchstrasse und die Wegparzelle Nr. 1667 führt, wurde sie als "bestehend" klassifiziert; im Bereich der Grenzen der Parzellen Nrn. 3378/3603 resp. 3606/244 bzw. 3580/3578 ist sie als "neu/geplant" im GEP verzeichnet. Zweck dieser Fuss- und Spazierwegfestlegung soll sein, den Leuten aus dem weitläufigen Wohnquartier zwischen Loëstrasse und Masanserstrasse eine zusätzliche horizontale Nord-Süd-Fusswegverbindung in Richtung Stadtzentrum zu gewährleisten. Andererseits sollen dadurch die einzelnen Teile des weitläufigen Wohngebietes besser untereinander verbunden werden (Erhöhung der Quartierdurchlässigkeit für Fussgänger). Diese neue Fussgängerverbindung zwischen der unteren Florastrasse, der Falknisstrasse, der Parzelle Nr. 1667 und der Loëstrasse wurde erst nach dem Mitwirkungsverfahren in den GEP aufgenommen. Die u.a. betroffenen Grundeigentümer Ehegatten X._ wurden darüber nach der Volksabstimmung, nämlich am 3. April 2007, von der Stadt in Kenntnis gesetzt. B. Die Ehegatten X._ gelangten hierauf am 4. Mai 2007 mit Planungsbeschwerde an die Regierung, dies mit dem sinngemässen Begehren, die entsprechenden Festlegungen nicht zu genehmigen. Eventualiter stellten sie Antrag, es sei nur das Teilstück über die Wegparzelle Nr. 1667 nicht zu genehmigen. Subeventuell sei die Verbindung auf die Parzelle Nr. 251 zu verlegen. Subsubeventualiter sei die ganze Angelegenheit an die Stadt zur neuen Überarbeitung und Neuentscheidung zurückzuweisen, dies unter Wahrung der Mitwirkungsrechte der Bevölkerung. Die Beschwerdeführer bemängelten insbesondere in formeller Hinsicht, dass bezüglich der angefochtenen Wegfestlegung kein Mitwirkungsverfahren durchgeführt worden war: Der Weg hatte noch nicht Gegenstand des in die Mitwirkungsauflage gegebenen GEP gebildet und eine Neuauflage zur Mitwirkung war auch später nicht nachgeholt worden. C. Die Regierung des Kantons Graubünden wies die Beschwerde am 22. Oktober 2007 ab, soweit sie darauf eintrat. Gleichzeitig genehmigte sie die im GEP 1:5'000 vom 26. November 2006 enthaltene Fuss-/Spazierwegfestlegung im Abschnitt zwischen der Sonnenbergstrasse und Neubruchstrasse (via untere Florastrasse-Falknisstrasse) samt Fortsetzung bis zur Loëstrasse über die Parzelle Nr. 1667. Die Regierung begründete diesen Entscheid im Wesentlichen damit, dass im Planungs- und Mitwirkungsbericht zur Gesamtrevision im Dezember 2006 nicht sämtliche Festlegungen hätten kommentiert werden müssen. Das öffentliche Interesse an der neu geplanten Wegverbindung ohne unnötige Umwege überwiege die privaten Interessen der Beschwerdeführer am Erhalt der Wegparzelle Nr. 1667 im letzten Teilabschnitt. D. Dagegen gelangten die Beschwerdeführer an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Sie argumentierten u.a., die Wegalternative über die unmittelbar im Osten anschliessende Parzelle Nr. 251 (im Eigentum des Kantons) stelle sehr wohl eine realistische und vernünftige Lösung dar. Nach Durchführung eines Augenscheins am 4. Mai 2008 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde am 27. Mai 2008 ab, soweit es darauf eintrat. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 16. Oktober 2008 beantragen die Ehegatten X._ dem Bundesgericht, das vorerwähnte Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben. Das Teilstück über die Parzelle Nr. 1667 des am 26. November 2006 im Rahmen der Gesamtrevision der Stadtplanung beschlossenen "bestehenden/geplanten Fuss-/Spazierweg Sonnhaldenstrasse-Florastrasse-Falknisstrasse-Loëstrasse" im GEP 1:5'000 sei nicht zu genehmigen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz oder die Stadt Chur zurückzuweisen. Die Stadt Chur schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Desgleichen beantragt das kantonale Departement für Volkswirtschaft und Soziales namens der Regierung, die Beschwerde sei abzuweisen. Unter Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid stellt auch das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden Antrag auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. In ihrer Replik halten die Beschwerdeführer sinngemäss an ihren Begehren fest.
Erwägungen: 1. 1.1 Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid (Art. 90 BGG). Gestützt auf Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses Rechtsmittel steht auch auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund. Gemäss Art. 34 Abs. 1 RPG in der Fassung nach Ziff. 64 des Anhangs zum Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG; SR 173.32; vgl. AS 2006 2261) gelten für die Rechtsmittel an die Bundesbehörden die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege (BGE 133 II 249 E. 1.2 S. 251). Der umstrittene Genehmigungs- bzw. Beschwerdeentscheid der kantonalen Regierung betrifft einen Generellen Erschliessungsplan (GEP), der vor Bundesgericht den Regeln über die Anfechtung von Verfügungen im Sinne von Art. 82 lit. a BGG unterworfen ist ( vgl. BGE 133 II 353 E. 3.3 S. 358; vgl. BGE 117 Ia 302 E. 3 S. 305 f.; 116 Ia 207 E. 3b S. 211, je mit Hinweisen). Die Beschwerdeführer haben als Eigentümer der Parzelle Nr. 1667, über welche der streitbetroffene Fuss-/Spazierweg führen soll, ein schützenswertes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsgerichtsurteils und sind zur Beschwerde legitimiert. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist unter dem Vorbehalt der rechtsgenüglichen Begründung (E. 1.2 ff. hienach) einzutreten. 1.2 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Dies setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt. Genügt die Beschwerdeschrift diesen Begründungsanforderungen nicht, so ist darauf nicht einzutreten. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG); dies setzt aber voraus, dass auf die Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, diese also wenigstens die minimalen Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt. Strengere Anforderungen gelten, wenn - wie hier - die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung - BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255) geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Für derartige Rügen gelten die gleichen Begründungsanforderungen, wie sie gestützt auf Art. 90 Abs. 1 lit. b OG für die staatsrechtliche Beschwerde gegolten haben (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen). Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein. Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 mit Hinweisen). 1.3 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Soweit ein Beschwerdeführer die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen beanstandet und eine mangelhafte Sachverhaltsfeststellung für den Ausgang des Verfahrens entscheidend ist, kann er nur geltend machen, die Feststellungen seien offensichtlich unrichtig oder beruhten auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (E. 1.2 hiervor). Vorbehalten bleibt die Sachverhaltsberichtigung von Amtes wegen nach Art. 105 Abs. 2 BGG (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.). 2. Die Beschwerdeführer rügen vorab, dass sich das Verwaltungsgericht mit ihrer Rüge, durch das Vorgehen der Stadt Chur in ihren Informations- und Mitwirkungsrechten verletzt worden zu sein, nicht auseinandergesetzt und damit Art. 29 Abs. 2 BV verletzt zu haben. 2.1 Die Begründungspflicht ist wesentlicher Bestandteil des Anspruchs auf rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und soll dem Betroffenen namentlich ermöglichen, einen Entscheid sachgerecht anzufechten. In der Begründung müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörden haben leiten lassen. Dabei kann sich die Begründung auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 133 I 270 E. 34.1 S. 277). Das Verwaltungsgericht nimmt zwar im angefochtenen Urteil nicht wörtlich Bezug auf den Umstand, dass das streitbetroffene Fusswegstück erst nach dem eigentlichen Mitwirkungsverfahren in den GEP aufgenommen worden ist und dazu keine zweite Anhörung der Bevölkerung stattgefunden hat. Dieser Sachverhalt war denn vor den kantonalen Instanzen auch unbestritten. Aus dem Gesamtzusammenhang des angefochtenen Entscheides ergibt sich sodann, dass das Verwaltungsgericht das Vorgehen der Stadt als rechtsgenüglich erachtet und darin keine Verletzung von Art. 4 RPG erblickt hat. So äussert es sich in E. 3a zum Vorwurf der ungenügenden Informations- und Abklärungspflicht der Stadt und erachtet diesen als nicht gerechtfertigt: Unter Verweis auf das Stadtentwicklungskonzept vom April 2003 und die dort generell formulierten Ziele hält es fest, dass dieses Grobkonzept allen Stadteinwohnern und somit auch den Beschwerdeführern zugestellt worden sei. In der Informationsbroschüre zur Volksabstimmung vom 26. November 2006 sei der GEP mit entsprechender Legende und Farbgebung abgedruckt, und schon dort sei eine durchgezogene Linie als künftig geplanter Fuss-/Spazierweg im Streckenabschnitt "Neubruch/Loë" auf der Wegparzelle Nr. 1667 der Beschwerdeführer eingezeichnet. Vom demokratisch angenommenen GEP 1:5'000 seien die Beschwerdeführer somit nicht überrumpelt oder falsch bzw. ungenügend informiert worden. Diese Ausführungen zeigen, dass sich das Verwaltungsgericht mit den Rügen der Beschwerdeführer zumindest summarisch auseinandergesetzt hat. Im Übrigen zeigen die Vorhalte der Beschwerdeführer, dass letztere durchaus in der Lage waren, diesen Punkt materiell zu rügen. In dieser Hinsicht ist dem Verwaltungsgericht folgerichtig keine Gehörsverletzung vorzuwerfen. 2.2 Gleiches gilt hinsichtlich des Vorwurfs, die Stadt Chur habe mit der Unterlassung der vorgängigen Information das rechtliche Gehör der Beschwerdeführer verletzt. Wenn das Verwaltungsgericht auch nicht weitergehende Erwägungen dazu angestellt hat, so geht aus seinem Urteil doch hervor, dass es diesen Vorhalt als unbegründet erachtet hat. Den Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör hat es auch in diesem Punkt nicht verletzt. 3. Sodann machen die Beschwerdeführer geltend, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt unvollständig festgestellt. Zum einen sei nicht festgehalten worden, dass der Fussweg über ihre Parzelle in der Mitwirkungsauflage nicht enthalten gewesen, sondern erst später in den GEP aufgenommen worden sei. Dass kein zweites Mitwirkungsverfahren durchgeführt worden sei, gehe aus dem Urteil ebenso wenig hervor wie die Tatsache, dass die Beschwerdeführer von der Stadt Chur über die Aufnahme des umstrittenen Planabschnitts in den GEP erstmals am 3. April 2007 - und damit nach dessen Annahme durch das Stimmvolk - informiert worden seien. 3.1 Wie bereits in E. 2.1 hiervor gesehen, ist diese Ausgangslage von den Entscheidinstanzen gar nie bestritten worden. Weder die Stadt Chur noch der Regierungsrat haben diese Tatsache in Abrede gestellt. Im Gegenteil, der Regierungsrat macht die entsprechenden Feststellungen in seinem Beschluss vom 22. Oktober 2007 in E. 2 und bezeichnet es als zutreffend, dass die angefochtene Wegfestlegung in der Mitwirkungsauflage nicht enthalten war. Das Verwaltungsgericht war nicht gehalten, darauf nochmals im Detail einzugehen. Mit seiner Auffassung, die Stadt sei ihren Informationsobliegenheiten u.a. mit der Zustellung der Abstimmungsbroschüre nachgekommen, nimmt es ganz offensichtlich auf diesen Sachverhalt Bezug, so dass es nicht schadet, wenn explizite Ausführungen dazu fehlen. Ein relevanter Mangel in der Sachverhaltsfeststellung liegt nicht vor. 3.2 Eine weitere offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung durch das Verwaltungsgericht stellt nach Meinung der Beschwerdeführer dessen Verweis auf ein noch bevorstehendes, konkretes Baubewilligungsverfahren für den Fussweg dar. Das Verwaltungsgericht führt in E. 3c S. 11 aus, wo ganz genau die Abkürzung im letzten Teilstück (Neubruch-/Loëstrasse) schliesslich verlaufen werde (über die Parzelle Nr. 1667 oder teils auch über GB 152 [recte 251]), sei nicht Thema der nun zur Diskussion stehenden Planungsrevision, sondern müsse später noch Gegenstand eines konkreten Baubewilligungsverfahrens mit eigenständiger Anfechtungsmöglichkeit (nebst eines allfälligen Enteignungsverfahrens) sein. Die Beschwerdeführer wenden gegen diese Behauptung sinngemäss ein, aufgrund des GEP und der Vernehmlassung der Stadt Chur bestehe kein Zweifel daran, dass der Weg ausschliesslich über ihre Parzelle Nr. 1667 geführt werde. Der Umstand, dass mit Blick auf die Parzelle der Beschwerdeführer auf einen bestehenden Weg zurückgegriffen werden kann, sprach für den Regierungsrat denn auch eindeutig für diese Variante, weshalb er das Subeventualbegehren, den Weg ausschliesslich auf die Parzelle Nr. 251 zu verlegen, abgewiesen hat. Den Beschwerdeführern ist darin zuzustimmen, dass nach dem Konzept des GEP die Linienführung über ihr Grundstück vorgegeben ist. Indes sieht Art. 45 Abs. 4 des kantonalen Raumplanungsgesetzes vom 6. Dezember 2004 (KRG/GR; BR 801.100) vor, dass bei der Projektierung geplanter Anlagen geringfügige Abweichungen gegenüber dem GEP zulässig sind, sofern die konzeptionellen Vorgaben gewahrt sind. Insofern sind die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht falsch. Es hat denn auch keine gänzliche Verlegung des Wegs auf die Parzelle Nr. 251 in Betracht gezogen, sondern die Möglichkeit einer teilweisen Beanspruchung des Grundstücks Nr. 251 erwähnt. Von einer eventuellen gänzlichen Befreiung der Beschwerdeführer ist im angefochtenen Urteil nicht die Rede. Weitere Erwägungen hierzu erübrigen sich: Die etwaige Modifikation der Linienführung im weiteren Verlauf des Verfahrens betrifft nicht den heute rechtserheblichen Sachverhalt. Aufgrund der Aktenlage und der Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist erstellt, dass die Parzelle der Beschwerdeführer (zumindest teils) von der vorgesehenen Linienführung betroffen ist. Die Rüge der Beschwerdeführer ist abzuweisen. 4. Die Beschwerdeführer rügen, dass sie über die nachträgliche Änderung des GEP erst nach der Volksabstimmung informiert worden sind. Aus ihrer Sicht hätte ein zweites Mitwirkungsverfahren durchgeführt werden müssen: Sie erblicken im Vorgehen der Behörden sowohl eine Verletzung von Art. 4 RPG als auch von Art. 29 Abs. 2 BV. Zwischen den beiden angerufenen Bestimmungen gilt es jedoch klar zu unterscheiden, da sie unterschiedliche Zielrichtungen verfolgen. 4.1 Art. 4 Abs. 1 RPG sieht vor, dass die mit Planungsaufgaben betrauten Behörden die Bevölkerung über Ziele und Ablauf der Planungen nach dem RPG unterrichten. Sie sorgen dafür, dass die Bevölkerung bei Planungen in geeigneter Weise mitwirken kann (Abs. 2). Den zuständigen Behörden steht bei der Anwendung von Art. 4 Abs. 2 RPG ein weiter Handlungsspielraum zu. Das gilt insbesondere auch für die Bestimmung des Kreises, welcher in ein Mitwirkungsverfahren einzubeziehen ist (BGE 133 II 120 E. 3.2 S. 124). Als Mindestgarantie fordert Art. 4 RPG, dass die Planungsbehörden neben der Freigabe der Entwürfe zur allgemeinen Ansichtsäusserung Vorschläge und Einwände nicht nur entgegennehmen, sondern auch materiell beantworten (BGE 111 Ia 164 E. 2d S. 168). Es genügt allerdings, wenn sich die Behörden materiell mit den Vorschlägen und Einwänden befassen, eine individuelle Beantwortung wird nicht verlangt (BERNHARD WALDMANN/PETER HÄNNI, Kommentar RPG, Bern 2006, Art. 4 N. 13; siehe auch Urteil 1C_101/2007 des Bundesgerichts vom 26. Februar 2008 E. 3.1). 4.1 Art. 4 Abs. 1 RPG sieht vor, dass die mit Planungsaufgaben betrauten Behörden die Bevölkerung über Ziele und Ablauf der Planungen nach dem RPG unterrichten. Sie sorgen dafür, dass die Bevölkerung bei Planungen in geeigneter Weise mitwirken kann (Abs. 2). Den zuständigen Behörden steht bei der Anwendung von Art. 4 Abs. 2 RPG ein weiter Handlungsspielraum zu. Das gilt insbesondere auch für die Bestimmung des Kreises, welcher in ein Mitwirkungsverfahren einzubeziehen ist (BGE 133 II 120 E. 3.2 S. 124). Als Mindestgarantie fordert Art. 4 RPG, dass die Planungsbehörden neben der Freigabe der Entwürfe zur allgemeinen Ansichtsäusserung Vorschläge und Einwände nicht nur entgegennehmen, sondern auch materiell beantworten (BGE 111 Ia 164 E. 2d S. 168). Es genügt allerdings, wenn sich die Behörden materiell mit den Vorschlägen und Einwänden befassen, eine individuelle Beantwortung wird nicht verlangt (BERNHARD WALDMANN/PETER HÄNNI, Kommentar RPG, Bern 2006, Art. 4 N. 13; siehe auch Urteil 1C_101/2007 des Bundesgerichts vom 26. Februar 2008 E. 3.1). 4.2 4.2.1 Der Kanton Graubünden hat diese bundesrechtlichen Vorgaben in Art. 13 der Raumplanungsverordnung vom 24. Mai 2005 (KRVO/GR; BR 801.110) mit der sogenannten "Mitwirkungsauflage" umgesetzt. Danach legt der Gemeindevorstand nach Abschluss des Vorprüfungsverfahrens den Entwurf für die neuen Vorschriften und Pläne zusammen mit dem Planungsbericht, einem allfälligen UVB und eventuellen Gesuchen für Zusatzbewilligungen in der Gemeinde während 30 Tagen öffentlich auf und gibt die Auflage im amtlichen Publikationsorgan der Gemeinde und im Kantonsamtsblatt bekannt (Abs. 1). Während der öffentlichen Auflage kann jedermann beim Gemeindevorstand Vorschläge und Einwendungen einbringen. Dieser prüft die Eingaben und nimmt dazu gegenüber den Mitwirkenden Stellung. Das Ergebnis des Mitwirkungsverfahrens wird zuhanden des beschlussfassenden Organs zusammengefasst (Abs. 2). Wird eine Vorlage nach der Mitwirkungsauflage geändert und erfolgt keine zweite Auflage, gibt der Gemeindevorstand die Änderung in der Publikation des Beschlusses über den Erlass oder die Änderung der Grundordnung bekannt und teilt diese ausserdem dem direkt Betroffenen schriftlich mit (Abs. 3). Da das umstrittene Wegstück im Zeitpunkt der Mitwirkungsauflage noch nicht in der jetzigen Linienführung projektiert war, bestand für die Beschwerdeführer kein Anlass, entsprechende Anregungen und Vorschläge einzubringen. Der regierungsrätlichen Praxis entsprechend sah die Stadt Chur von einer zweiten Mitwirkungsauflage ab, da es sich bei der umstrittenen nachträglichen Änderung des Plans nicht um eine wesentliche Änderung handelte. Über die nachträgliche Änderung wurden die Beschwerdeführer, wie das Art. 13 Abs. 3 KRVO vorsieht, nach der Volksabstimmung informiert. Sie sind allerdings der Auffassung, dass die nachträgliche Änderung eine zweite Mitwirkungsauflage erheischt hätte. Dabei berufen sie sich sowohl auf Art. 13 KRVO (dazu nachfolgend E. 4.2.2) als auch 4 RPG (dazu nachfolgend E. 4.2.3). 4.2.2 Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, Abs. 3 von Art. 13 KRVO/GR müsse restriktiv interpretiert werden und dürfe nur zur Anwendung gelangen, wenn die Planänderung aus einer Einwendung im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens gemäss Abs. 2 resultiere, nicht aber, wenn die Planungsbehörde sie von sich aus vornehme. Aus dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 3 KRVO/GR ergibt sich keine solche Einschränkung. Es ist jedenfalls nicht willkürlich, Art. 13 Abs. 3 KRVO dann anzuwenden, wenn eine Vorlage nachträglich geändert wird und keine zweite Auflage erfolgt, sei es, dass die Änderung auf einer in der Mitwirkungsauflage erfolgten Einwendung beruht, sei es, dass die Planungsbehörde von sich aus handelt. Im Übrigen erwähnt der sehr offen formulierte Art. 13 Abs. 3 KRVO nicht ausdrücklich, unter welchen Voraussetzungen eine zweite Auflage erfolgt. 4.2.3 Die Mitwirkung im Sinne von Art. 4 RPG stellt eine Einflussmöglichkeit dar, die von den Instrumenten der direkten Demokratie und des Rechtsschutzes zu unterscheiden ist. Sie gehört wie das Vernehmlassungsverfahren zu jenen institutionellen Formen, die keine rechtliche Bindung, sondern blosse politische Einflussnahme bewirken. Information und Mitwirkung ermöglichen die notwendige Breite der Interessenabwägung, bilden eine wichtige Grundlage für den sachgerechten Planungsentscheid und tragen damit zu einer qualitativ guten Planung bei. Deshalb verlangt deren Durchführung einen Zeitpunkt, in welchem die abschliessende Interessenabwägung noch offen ist (RUDOLF MUGGLI in: Kommentar zum RPG, Zürich 1999, Art. 4 N. 9; WALDMANN/HÄNNI, a.a.O., Art. 4 N. 1). Berechtigt, sich informieren zu lassen und an der Mitwirkung teilzunehmen, ist "die Bevölkerung", damit weder nur die Stimmberechtigten der planenden Gebietskörperschaft noch nur die Grundeigentümer im Planperimeter oder die im Sinne der Rechtsschutzbestimmungen besonders betroffene Bevölkerung. Ein besonderer Interessennachweis ist nicht verlangt (Waldmann/Hänni, a.a.O., Art. 4 N. 9). Es liegt allerdings nahe, dass die durch die Planung direkt Betroffenen, welche in einem späteren Rechtsmittelverfahren zur Beschwerde legitimiert sind, ihre Interessen bereits im Mitwirkungsverfahren im Sinne von Einwendungen und Anregungen geltend machen (siehe auch Waldmann/Hänni, a.a.O., Art. 4 N. 2). Ob Art. 4 RPG im Falle gewichtiger (nachträglicher) Änderungen eine Wiederholung der Mitwirkungsauflage gebietet, braucht hier nicht abschliessend erörtert zu werden. Bundesrechtlich ist jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn bei mit Blick auf den Gesamtzusammenhang untergeordneten nachträglichen Planänderungen ohne weitergehendes öffentliches Interesse von einer Nachholung des Mitwirkungsverfahrens abgesehen wird (so auch Muggli, a.a.O., Art. 4 N. 25 und Waldmann/Hänni, a.a.O., Art. 4 N. 114, mit Hinweis auf die Regelungen in Art. 58 Abs. 2 des Baugesetzes des Kantons Bern vom 9. Juni 1985 [BSG 721.0] oder in Art. 9 Abs. 3 der Genfer Loi d'application de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire [LaLAT; RS/GE L 1 30]). Damit wird in Kauf genommen, dass Interessierte nicht vorgängig an jedem einzelnen Punkt der Neugestaltung teilnehmen können und namentlich von der Planänderung direkt Betroffene auf den Rechtsmittelweg verwiesen werden, wie das Art. 13 Abs. 3 KRVO vorsieht. Angesichts der Zweckbestimmung des Mitwirkungsrechts, welches höchstens indirekt dem Rechtsschutz dient, in erster Linie aber zur politischen Meinungsbildung einem breiten Personenkreis offen stehen soll, ist diese Praxis mit Art. 4 RPG vereinbar. 4.2.4 Bei der nachträglichen Aufnahme des umstrittenen Fusswegstückes in den GEP handelt es sich - entgegen der Meinung der Beschwerdeführer - um eine geringfügige Änderung des gesamten Erschliessungsplans, und es sind nur verhältnismässig Wenige davon direkt betroffen. Unter diesen Umständen war der Verzicht auf eine Wiederholung des Mitwirkungsverfahrens nicht bundesrechtswidrig. Mit ihrem Vorgehen haben die Behörden weder Art. 13 Abs. 3 KRVO/GR noch Art. 4 RPG verletzt. 5. Die Beschwerdeführer erblicken im Unterlassen der aus ihrer Sicht gebotenen vorgängigen Information über die Planänderung aber auch eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs. 5.1 Das rechtliche Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines solchen Entscheides zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht somit alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (BGE 132 II 485 E. 3.2 S. 494; 127 I 54 E. 2b S. 56; 117 Ia 262 E. 4b S. 268, mit Hinweisen). 5.2 Es gibt eine Reihe von Kantonen, welche bereits die Planentwürfe auflegen und ein förmliches Einspracheverfahren vorsehen (§§ 9 und 16 des solothurnischen Planungs- und Baugesetzes vom 3. Dezember 1978 [PBG/SO; BGS 711.1]; § 24 Abs. 1 und 2 des aargauischen Baugesetzes vom 19. Januar 1993 [BauG/AG; SAR 713.100]; § 109 f. des basel-städtischen Bau- und Planungsgesetzes vom 17. November 1999 [BPG/BS; SG 730.100]). In andern Kantonen wiederum wird das Mitwirkungs- mit dem Planverfahren kombiniert (so etwa im Kanton Zürich, vgl. dazu WALTER HALLER/PETER KARLEN: Raumplanungs-, Bau- und Umweltrecht, Band I, 3. Auflage, Zürich 1999, Rn. 402 S. 112; § 24 Abs. 3 BauG/AG bei Sondernutzungsplanungen und bei Änderungen der Nutzungspläne und Nutzungsvorschriften von untergeordneter Bedeutung; Art. 43 al. 3 de la loi jurassienne sur les constructions et l'aménagement du territoire du 25 juin 1987 [LCAT/JU; RSJU 701.1]). Dagegen sieht der Kanton Graubünden für die Grundordnungsverfahren (Art. 12 ff. KRVO) kein eigentliches Einspracheverfahren vor, so dass sich die Beschwerdeführer hinsichtlich ihrer Einwendungen auf das Rechtsmittelverfahren verwiesen sahen (Art. 13 Abs. 3 KRVO). Verschiedene Autoren halten dafür, dass die bloss nachträgliche Einräumung eines Rechtsmittels gegen einen bereits beschlossenen Nutzungsplan mit dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht vereinbar sei, sondern der durch beabsichtigte Nutzungsplanungen in schutzwürdigen Interessen Betroffene die Möglichkeit haben müsse, bereits von Planentwürfen Kenntnis zu erhalten, sie einzusehen und dagegen Einwendungen zu erheben. Damit wird die Forderung erhoben, das rechtliche Gehör im Nutzungsplanverfahren vor der erstinstanzlichen Beschlussfassung zu gewähren (WALTER Haller, Das rechtliche Gehör bei der Festsetzung von Raumplänen, in: Festschrift für Otto K. Kaufmann zum 75. Geburtstag, Bern 1989, S. 376f.; weitere Hinweise bei Aemisegger/Haag, Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung, N. 11 Fn. 25). Für diese Auffassung könnte sprechen, dass die Gewährung des rechtlichen Gehörs im allgemeinen erheischt, dass Betroffene vor Erlass eines in ihre Rechtsstellung eingreifenden Entscheides durch die zuständige Behörde zum frühestmöglichen Zeitpunkt anzuhören sind. Es ist nicht zu übersehen, dass, wenn wie vorliegend Einwendungen gegen die Planänderung erst nach dem Beschluss über deren Erlass im anschliessenden Rechtsmittelverfahren vorgebracht werden können, deren Adressatin nicht die Planungsbehörde, sondern die Rechtsmittelinstanz ist. Dieser kommt zwar grundsätzlich umfassende Kognition zu (Art. 33 Abs. 3 lit. b RPG), doch respektiert sie das Planungsermessen der lokalen Planungesbehörde (BGE 127 II 238 E. 3b/aa S. 242 mit zahlreichen Verweisungen). Damit geht einher, dass die zur Stellungnahme zu den Einwendungen aufgerufene Planungsbehörde nach durchgeführter Abstimmung nicht mehr in dem Masse frei ist, wie sie es in einem der Abstimmung vorgelagerten Verfahren wäre, weshalb von ihr im Rahmen der Vernehmlassung im Rechtsmittelverfahren keine wirklich unvoreingenommene Prüfung zu erwarten ist, selbst wenn ein Rückkommen noch möglich wäre. Fraglich ist, ob das rechtliche Gehör der Betroffenen mit diesem Vorgehen hinreichend gewahrt wird. 5.3 Im Raumplanungsrecht werden individueller Rechtsschutz und damit die Gewährung des rechtlichen Gehörs in Art. 33 RPG abschliessend konkretisiert: Nutzungspläne werden öffentlich aufgelegt (Abs. 1). Das kantonale Recht sieht wenigstens ein Rechtsmittel vor (Abs. 2) und gewährleistet volle Überprüfung durch wenigstens eine Beschwerdebehörde (Abs. 3 lit. b). Damit erhalten die Legitimierten (Abs. 3 lit. a) Gelegenheit, im Beschwerdeverfahren mit ihren Anliegen zu den sie tangierenden Planänderungen gehört zu werden. Freilich ist es den Kantonen unbenommen, Planentwürfe nicht nur im Sinne der Mitwirkungsauflage, sondern auch zur Eröffnung eines dem individuellen Rechtsschutz dienenden Einspracheverfahrens für die direkt Betroffenen aufzulegen, stellt doch das Bundesrecht in Wahrung der kantonalen Hoheit nur Mindestvorschriften zur Gewährleistung des Rechtsschutzes auf (BGE 114 Ia 233 E. 2bc ff. S. 238 f.). Der in Art. 33 RPG konkretisierte Gehörsanspruch verlangt (nur), dass sich entweder die kommunale oder die kantonale Behörde im Einsprache-, Beschwerde- oder Homologationsverfahren mit den formgerecht und innert Frist erhobenen Einwendungen materiell befassen muss (BGE 107 Ia 273). Verlangt wird in Art. 33 RPG lediglich die Auflage der Nutzungspläne, nicht aber auch der Planentwürfe. Diesem Anspruch genügt ein Verfahren, das die öffentliche Auflage des Nutzungsplanes erst nach dessen Festsetzung durch das zuständige Organ zur Einleitung des Rechtsmittelverfahrens anordnet. Das kantonale Recht, dem das Bundesrecht Rechnung trägt, sieht denn auch vielfach eine Trennung des politischen Willensbildungsprozesses vom Rechtsmittelverfahren in dem Sinne vor, dass die im Dienste des Rechtsschutzes stehende Planauflage erst nach dem Entscheid des zuständigen Organs, in der Regel der Gemeindeversammlung als der Legislative der Gemeinde, erfolgt (BGE 114 Ia 233 E. 2cd S. 239 mit Hinweisen auf damalige kantonale Regelungen im Tessin, Basel-Landschaft und Zürich). Infolgedessen können Einwendungen im Rahmen eines Einsprache- oder Beschwerdeverfahrens vorgebracht werden (BGE 119 Ia 141 E. 5c/bb S. 150). Dabei ist in Kauf zu nehmen, dass sich die Betroffenen je nach Ausgestaltung des kantonalen Verfahrens erst gegenüber der Rechtsmittelinstanz erstmalig rechtlich zur Wehr setzen können und nicht schon gegenüber der Planungsbehörde. Damit geht einher, dass die Rechtsmittelinstanz, die zwar über eine umfassende Sachverhalts- und Rechtskontrolle verfügt, das Planermessen der Planungsbehörde respektiert. Insoweit mag der Standard der Gehörsgewährung im Beschwerdeverfahren jenem der Gehörsgewährung im Einspracheverfahren nicht vollumfänglich zu entsprechen. Dennoch ist der Anspruch auf rechtliches Gehör gewahrt. 6. In materieller Hinsicht schliesslich erachten die Beschwerdeführer das Verhältnismässigkeitsprinzip als verletzt und bemängeln die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts. 6.1 Hinsichtlich des öffentlichen Interesses machen sie geltend, keine Planungsstudie habe je einen Fussweg über ihre Parzelle in Betracht gezogen. Vom umstrittenen Fussweg würden aus ihrer Sicht nur wenige Fussgänger profitieren, nämlich diejenigen, welche von der Falknis- oder Neubruchstrasse über die Loëstrasse in die Altstadt oder zum Coop-Einkaufszentrum gelangen möchten. Fussgänger in Richtung Bahnhof würden nach wie vor die Neubruchstrasse benützen. Seit jeher würden die Passanten Richtung Altstadt den nur 70 m längeren Weg über die Neubruchstrasse hinauf bis zur Loëstrasse benutzen. Das beidseitige Trottoir der Loëstrasse sei 4 m breit und gegen die Fahrbahn hin von Bäumen gesäumt. Dies entspreche insbesondere dem Sicherheitsbedürfnis von Kindern und älteren Leuten. Der einzige Vorteil der umstrittenen Variante bestehe in der Abkürzung um 70 m, wobei die Fussgänger auch in diesem Fall am Schluss auf die Loëstrasse gelangten. Der Behauptung der Behörden, der Fussweg werde dannzumal als Schulweg benützt, widersprechen die Beschwerdeführer. Die Schüler würden die Splügen- und die Neubruchstrasse benützen. Zudem befinde sich auf der kantonseigenen Parzelle Nr. 251 ein Parkplatz mit 45 Parkplätzen. Der neue Fussweg käme auf diese Autoeinfahrt und auf die Einfahrt zur Tiefgarage auf Parzelle Nr. 3402 zu stehen. Schliesslich befänden sich auch im Norden der Parzelle Nr. 1667 drei Parkplätze. Die umstrittene private Hauszugangsparzelle eigne sich darum aus Sicherheitsgründen nicht für einen Fussweg. 6.2 Was ihre tangierten privaten Interessen anbelangt, führen die Beschwerdeführer ins Feld, die Parzelle Nr. 1667 habe seit jeher einzig dem Zugang zum Mehrfamilienhaus auf der Parzelle Nr. 3402 gedient. Die Zugangsparzelle grenze unmittelbar an die Hausfassade an, weshalb Haus und Weg eine untrennbare Einheit bildeten. Beim Eingang an der Loëstrasse 25 weise der Weg eine Breite von lediglich 1.1 m auf. Zudem werde der Hauszugang als Abstellplatz für Fahrräder, Kinderwagen etc. genützt. Von der Wohnungstür gelangten die Hausbewohner direkt auf den Weg. Mit dessen öffentlicher Nutzung würden nebst Fussgängern auch Personen mit Kinderwagen, Hunden, Trottinetts, Rollbrettern und Velos darauf verkehren. Weil die Fenster im Parterre auf einer Höhe von 1.5 m lägen, böten sie Einblick in die Wohnungen. Damit werde die Privatsphäre der Mieter beeinträchtigt, namentlich nachts. Hinzu kämen Lärmimmissionen, einerseits tagsüber, insbesondere aber auch durch heimkehrende "Nachtschwärmer". Die nächtliche Beleuchtung des Wegs nennen die Beschwerdeführer als weitere Immission. 6.3 Art. 33 Abs. 2 RPG verlangt, dass das kantonale Recht wenigstens ein Rechtsmittel gegen Verfügungen und Nutzungspläne vorsieht, die sich auf dieses Gesetz und seine kantonalen und eidgenössischen Ausführungsbestimmungen stützen. Dabei ist eine volle Überprüfung durch wenigstens eine Beschwerdebehörde zu gewährleisten (Art. 33 Abs. 3 lit. b RPG). Volle Überprüfung bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur freie Prüfung des Sachverhalts und der sich stellenden Rechtsfragen, sondern auch eine Ermessenskontrolle. Die Beschwerdebehörde hat zu beurteilen, ob das Planungsermessen richtig und zweckmässig ausgeübt worden ist. Sie hat dabei allerdings im Auge zu behalten, dass sie Rechtsmittel- und nicht Planungsinstanz ist und daher nicht ihr eigenes Planungsermessen anstelle jenes der Planungsbehörde setzen darf. Die Überprüfung hat sich sachlich vor allem dort zurückzuhalten, wo es um lokale Angelegenheiten geht, hingegen so weit auszugreifen, dass die übergeordneten, vom Kanton zu sichernden Interessen einen angemessenen Platz erhalten. Im Rechtsmittelverfahren ist der den Planungsträgern durch Art. 2 Abs. 3 RPG zuerkannte Gestaltungsbereich stets zu beachten. Ein Planungsentscheid ist daher zu schützen, unabhängig davon, ob sich weitere, ebenso zweckmässige Lösungen erkennen lassen (vgl. BGE 127 II 238 E. 3b/aa S. 242 mit zahlreichen Verweisungen). 6.4 Das Verwaltungsgericht hat sich mit der Argumentation der Beschwerdeführer im angefochtenen Urteil - wenn auch nur summarisch - auseinandergesetzt. Es beanstandet nicht, dass die Vorinstanzen die neue Verbindung als den kürzesten, einfachsten und ungefährlichsten Weg für Fussgänger bezeichnet haben. Dazu zieht es in Erwägung, dass die am Augenschein alternativ vorgeschlagenen Wegrouten im Westen (via Masanserstrasse) und im Osten (Neubruchstrasse hoch bis zur Loëstrasse und von dort auf 4 m breitem Trottoir in Richtung Stadtzentrum) qualitativ und quantitativ der von der Stadt favorisierten Streckenführung kaum gleichgestellt oder als ebenbürtig bezeichnet werden könnten. Die Vorteile einer direkten und zusammenhängenden Wegverbindung (ohne unnötige Umwege von rund 100 m inkl. der Überwindung einer Höhendifferenz bis zum Ende der Neubruchstrasse und ohne gefährlichen und immissionsträchtigen Auto-/Motorradverkehr entlang der Masanserstrasse) für die schwächeren Verkehrsteilnehmer wie Schüler, Fussgänger mit Kinderwagen und ältere Menschen überwiegen nach Ansicht des Verwaltungsgerichts die privaten Interessen am uneingeschränkten Erhalt der persönlichen Ruhe und Ordnung sowie der Lärmfreiheit auf der Wegparzelle entlang der Hauseingänge. Die Partikularinteressen der Hausbewohner würden keinen höheren Schutz verdienen als das öffentliche Interesse an der Schaffung von gefahrlosen und einfachen Fusswegen selbst in städtisch dicht besiedelten Kerngebieten. 6.5 Mit Blick auf die in E. 6.3 zitierte Rechtsprechung ist die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts im Rahmen seiner Planüberprüfung nicht zu beanstanden, sondern erscheint nachvollziehbar. Selbst wenn andere Wegvarianten denkbar wären, erweist sich doch die kommunale Lösung nicht als rechtswidrig. Die Beschwerdeführer dringen mit ihrer Rüge zur angeblich mangelhaften Interessenabwägung nicht durch. Dass die vorgesehene Streckenführung unverhältnismässig wäre, ist nicht dargetan. Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht auch zum Vorschlag der Beschwerdeführer, den Weg ganz über die Parzelle Nr. 251 zu führen, Stellung genommen. Es hält dazu fest, dieses Grundstück sei bis heute auf der gesamten Nord-Süd-Ausdehnung durch massive Betonpflöcke samt Gitterdrahtzaun von der Parzelle Nr. 1667 räumlich getrennt. Eine Linienführung darüber hätte einen Abbruch derselben samt Aufhebung der dahinter gelegenen Bepflanzungen und Parkplätze zur Folge, dies alles, um eine Verschiebung des Wegs von 2-3 m nach Osten zu erreichen. Eine zumindest teilweise Verlegung des Fusswegs auf Parzelle Nr. 251 schliesst das Verwaltungsgericht unter Verweis auf das Baubewilligungsverfahren dennoch nicht aus. Dass dies mit Blick auf Art. 45 Abs. 4 KRG/GR möglich ist, wurde bereits aufgezeigt. Eine Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips ist den kantonalen Behörden jedenfalls auch in dieser Hinsicht nicht vorzuwerfen. Daraus ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist. Bei diesem Verfahrensausgang haben die Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 3. Parteientschädigungen werden keine zugesprochen. 4. Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Stadt Chur, der Regierung und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 16. Juni 2009 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: Féraud Scherrer
abecdd73-b187-487a-9268-530314950285
de
2,010
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Am 24. November 2009 beschloss der Kantonsrat des Kantons Zürich eine Teilrevision des kantonalen Richtplans zu den Bereichen Gewässer, Gefahren sowie Ver- und Entsorgung. Im Kapitel 5.3, Materialgewinnung, setzte er unter anderem neu eine Kiesgrube bei Tagelswangen in der Gemeinde Lindau fest. Die Richtplanänderungen wurden im kantonalen Amtsblatt vom 4. Dezember 2009 publiziert. B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, eventuell subsidiärer Verfassungsbeschwerde, vom 11. Januar 2010 beantragt die politische Gemeinde Lindau, der Beschluss des Kantonsrats vom 24. November 2009 sei bezüglich der Festsetzung der Kiesgrube Tagelswangen aufzuheben. C. Der Kantonsrat und der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Verfahrensbeteiligten halten in weiteren Eingaben an ihren Anträgen und deren Begründung fest.
Erwägungen: 1. 1.1 Angefochten ist der Entscheid des Kantonsparlaments über die Änderung des kantonalen Richtplans (Art. 6 ff. RPG; SR 700). Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Die Festsetzung des Richtplans erfolgt durch den Kantonsrat (§ 32 Abs. 1 des kantonalen Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975; PBG/ZH; LS 700.1). Dabei kommen im Wesentlichen die Grundsätze des kantonalen Rechtssetzungsverfahrens zur Anwendung. Der Richtplan unterliegt deshalb der Beschwerde gegen einen kantonalen Erlass im Sinne von Art. 82 lit. b BGG (Regina Kiener, Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, in: Neue Bundesrechtspflege, Berner Tage für die juristische Praxis 2006, S. 240; Heinz Aemisegger/Karin Scherrer, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 39 zu Art. 82 BGG; Heinz Aemisegger, in: Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung, 2010, N. 29 zu Art. 34 RPG). Nach Art. 87 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde unmittelbar gegen den kantonalen Erlass zulässig, sofern kein anderes Rechtsmittel ergriffen werden kann. Das Zürcher Recht sieht kein Rechtsmittel gegen die Richtplanfestsetzung vor. Akte des Kantonsrats sind vom Rekurs an eine kantonale Rechtsmittelinstanz ausdrücklich ausgenommen (§ 19 Abs. 2 lit. b des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959; VRG/ZH; LS 175.2). Ausserdem kommt dem Richtplan insgesamt vorwiegend politischer Charakter zu (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4327). Auch aus diesem Grund kann der Beschluss des Kantonsrats über die Richtplanfestsetzung beim Bundesgericht direkt angefochten werden (Art. 86 Abs. 3 BGG; Urteil des Bundesgerichts 1C_101/2007 vom 26. Februar 2008 E. 1.4). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit grundsätzlich zulässig. Die eventualiter erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde kommt somit nicht zum Zug. 1.2 Richtpläne unterliegen der Genehmigung durch den Bundesrat (Art. 11 RPG). Für den Bund und die Nachbarkantone werden Richtpläne erst mit dieser Genehmigung verbindlich (Art. 11 Abs. 2 RPG). Daraus ergibt sich e contrario, dass die bundesrätliche Genehmigung im Bereich innerkantonaler Fragen deklaratorisch wirkt. Insofern unterscheiden sich die Rechtswirkungen der Genehmigung des Richtplans von jenen der Genehmigung eines Nutzungsplans (vgl. Art. 26 Abs. 3 RPG; BGE 135 II 22 E. 1.2.1 S. 24 mit Hinweisen). Die Kantone können den innerkantonalen Teil des Richtplans schon vor der Genehmigung in Kraft treten lassen (Pierre Tschannen, in: Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung, N. 36 zu Art. 11 RPG und N. 19 zu Art. 10 RPG). Der Festsetzungsbeschluss des Kantonsrats ist für die Gemeinde ungeachtet der Genehmigung des Richtplans durch den Bundesrat rechtlich verbindlich (Art. 9 Abs. 1 RPG und § 32 Abs. 1 PBG/ZH). Es liegt insoweit ein anfechtbarer Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG vor (vgl. Aemisegger/Scherrer, a.a.O., N. 38 zu Art. 82 BGG). 1.3 Richtpläne sind nach Art. 9 Abs. 1 RPG für Behörden verbindlich. Gemeinden, die sich durch einen kantonalen Richtplan in ihrer Autonomie verletzt fühlen, können ihn gestützt auf Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung direkt und unter Umständen auch akzessorisch anfechten (BGE 119 Ia 285 E. 3b S. 290 und E. 4a S. 293 f.; 111 Ia 129 E. 3c, d S. 130 f.; Kiener, a.a.O., S. 240; Aemisegger/Scherrer, a.a.O., N. 38 zu Art. 82 BGG; Aemisegger, a.a.O., N. 28 zu Art. 34). Die Gemeinde wird durch die umstrittene Richtplanfestsetzung insbesondere als Trägerin der kommunalen Richt- und Nutzungsplanung (§§ 31 f. und 45 PBG/ZH) sowie als Baubewilligungsbehörde (§ 318 PBG/ZH) in ihren hoheitlichen Befugnissen betroffen. Damit ist sie nach Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG berechtigt, unter Berufung auf Art. 50 Abs. 1 BV und Art. 85 KV/ZH (SR 131.211) Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie zu erheben (BGE 135 I 302 E. 1.1 S. 304 mit Hinweisen). Ob ihr die beanspruchte Autonomie tatsächlich zukommt, ist eine Frage der materiellen Beurteilung (BGE 135 I 43 E. 1.2 S. 45 mit Hinweisen). 1.4 Zudem kann sich die Beschwerdeführerin auf die allgemeinen Legitimationsbestimmungen von Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG berufen. Dieses allgemeine Beschwerderecht ist grundsätzlich auf Privatpersonen zugeschnitten. Gemeinwesen können es für sich in Anspruch nehmen, wenn sie durch die angefochtene Verfügung gleich oder ähnlich wie Private betroffen sind (BGE 135 I 43 E. 1.3 S. 47; 135 II 156 E. 3.1 S. 157; je mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung kann jedoch ein Gemeinwesen auch zur Beschwerde legitimiert sein, wenn es durch den angefochtenen Entscheid in seinen hoheitlichen Befugnissen und Aufgaben berührt wird. Die Gemeinden sind mithin zur Beschwerdeführung befugt, wenn sie als Gebietskorporationen öffentliche Anliegen wie den Schutz der Einwohner zu vertreten haben und insofern durch Einwirkungen, welche von Bauten und Anlagen ausgehen, in hoheitlichen Befugnissen betroffen werden (vgl. BGE 131 II 753 E. 4.3.3 S. 759 f.; 124 II 293 E. 3b S. 304; 123 II 371 E. 2c S. 374 f.; mit zahlreichen Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall in Bezug auf die Gemeinde Lindau erfüllt. Sie wehrt sich mit ihrer Beschwerde als Trägerin der kommunalen Planungshoheit gegen die unerwünschten Auswirkungen, die sich ihrer Meinung nach aus der angefochtenen Richtplanrevision ergeben. Sie ist direkt durch den angefochtenen Beschluss berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (siehe auch BGE 133 II 120, nicht publ. E. 1.2 in Sachen Kanton Thurgau gegen BAZL). 1.5 Auf die im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde kann eingetreten werden. 2. 2.1 Nach der Rechtsprechung sind Gemeinden in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen oder eidgenössischen Rechts betreffen. Der Schutz der Gemeindeautonomie setzt eine solche nicht in einem ganzen Aufgabengebiet, sondern lediglich im streitigen Bereich voraus. Im Einzelnen ergibt sich der Umfang der kommunalen Autonomie aus dem für den entsprechenden Bereich anwendbaren kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrecht (BGE 135 I 233 E. 2.2 S. 241 f.; 129 I 290 E. 2.1 S. 294; je mit Hinweisen). 2.2 Nach Art. 85 KV/ZH regeln die Gemeinden ihre Angelegenheiten selbstständig. Das kantonale Recht gewährt ihnen möglichst weiten Handlungsspielraum. Der Kanton berücksichtigt die möglichen Auswirkungen seines Handelns auf die Gemeinden, die Städte und auf die Agglomerationen (Art. 85 Abs. 2 KV/ZH). Er hört die Gemeinden rechtzeitig an (Art. 85 Abs. 3 KV/ZH). Verfassungsmässige Schranken bei der Umschreibung der Gemeindeautonomie durch die kantonale Gesetzgebung sind für den hier betroffenen Bereich nicht ersichtlich und auch nicht vorgebracht. Die Autonomie der Beschwerdeführerin reicht deshalb so weit, als dies die kantonale Gesetzgebung zum Planungs- und Baurecht zulässt. Wie das Bundesgericht mehrfach entschieden hat, steht den Zürcher Gemeinden aufgrund von § 2 lit. c und §§ 45 ff. PBG/ZH insbesondere beim Erlass der Ortsplanung ein weiter Gestaltungsspielraum zu; sie sind insoweit grundsätzlich autonom (BGE 119 Ia 285 E. 4b S. 295 mit Hinweisen). Die Kantonsverfassung vom 27. Februar 2005 hat daran nichts geändert (Tobias Jaag, in: Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, 2007, N. 11 zu Art. 85 KV/ZH). 2.3 Eine in ihrer Autonomie betroffene Gemeinde kann unter anderem geltend machen, die kantonale Behörde habe die Tragweite von verfassungsmässigen Rechten missachtet. Sie kann sich auf das Willkürverbot und auf Verfahrensgrundrechte berufen, soweit diese Vorbringen mit der behaupteten Rüge der Autonomieverletzung in engem Zusammenhang stehen. Die Anwendung von eidgenössischem und kantonalem Verfassungsrecht prüft das Bundesgericht mit freier Kognition, die Handhabung von Gesetzes- und Verordnungsrecht unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots. Das Bundesgericht auferlegt sich Zurückhaltung, soweit die Beurteilung der Streitsache von einer Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt, welche die kantonalen Behörden besser überblicken (BGE 135 I 302 E. 1.2 S. 305 mit Hinweisen). 2.4 Im vorliegenden Fall wird die Autonomie der Beschwerdeführerin nicht dadurch tangiert, dass ein kommunaler Erlass im Genehmigungsverfahren oder eine Verfügung der Gemeinde in Anwendung von kommunalem, kantonalem oder eidgenössischem Recht in einem Rechtsmittelverfahren aufgehoben worden wäre. Die Beschränkung beruht vielmehr auf einer im Verfahren der Richtplanung ergangenen Anordnung des Kantonsrats (vgl. BGE 119 Ia 285 E. 4c S. 295 mit Hinweisen). Nach der bundesgerichtlichen Praxis kann der kantonale Gesetzgeber durch Gesetzesänderung die von ihm einmal gezogenen Schranken der Autonomie nachträglich enger ziehen, solange nicht irgendwelche unmittelbar durch die Verfassung gewährleisteten Befugnisse oder Anforderungen berührt werden. Gleiches gilt für Autonomiebeschränkungen, die sich durch Erlass oder Änderung der kantonalen Richtplanung ergeben (BGE 119 Ia 285 E. 4c S. 295 mit Hinweisen). Wird eine Gemeinde in dieser Weise durch eine kantonale Anordnung in ihrer Autonomie eingeschränkt, so kann sie insbesondere verlangen, dass die kantonale Behörde in formeller Hinsicht ihre Befugnisse nicht überschreitet und korrekt vorgeht und dass sie in materieller Hinsicht die kantonal- und bundesrechtlichen Vorschriften im autonomen Bereich nicht verletzt. Sie kann insbesondere vorbringen, der Eingriff in ihre Autonomie sei materiell rechtswidrig, etwa weil die neue richtplanerische Anordnung den gesetzlichen Zweck des Planungsinstrumentes verfehle (BGE 119 Ia 285 E. 4c S. 295 f. mit Hinweisen). 3. In der vorliegenden Angelegenheit ist die Festlegung eines neuen Kiesabbaugebiets auf dem Gebiet der Gemeinde Lindau umstritten. Die Gemeinde wird durch diese Festsetzung in ihrer Planungsfreiheit eingeschränkt. Nach Art. 44a Abs. 1 PBG/ZH werden für jene Flächen, die nach der Richtplanung für Materialgewinnung oder -ablagerung vorgesehen sind, kantonale oder regionale Gestaltungspläne festgesetzt. Die von der Richtplanfestsetzung betroffene Fläche wird somit der Planungshoheit der Gemeinde entzogen. Diese geht auf die kantonalen Behörden über, während den betroffenen Gemeinden ein Anhörungsrecht verbleibt (§ 44a Abs. 4 PBG/ZH). Diese Einschränkung planungsrechtlicher Entscheidungsbefugnisse stellt eine Beschränkung der Gemeindeautonomie, insbesondere der kommunalen Planungshoheit, dar. 3.1 Die Beschwerdeführerin kritisiert in formeller Hinsicht, dass kein genügendes Mitwirkungsverfahren stattgefunden habe. Sie macht geltend, der Kantonsrat gehe aufgrund mangelhafter Sachverhaltsabklärungen fälschlicherweise von einer Abbaudauer von 20 Jahren aus, während richtigerweise mit einer Abbaudauer von 50 Jahren gerechnet werden müsse, wobei darin der Zeitaufwand für die Endgestaltung nach erfolgtem Materialabbau nicht mitberücksichtigt sei. Die Gemeinde habe mehrfach versucht, diesen Sachverhalt darzulegen, sei mit diesem Anliegen vom Kantonsrat jedoch nicht angemessen zur Kenntnis genommen worden. Darin liege eine Verletzung ihres Mitwirkungsanspruchs sowie des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Zudem habe der Kantonsrat nicht berücksichtigt, dass der in der umstrittenen Richtplanfestsetzung verlangte Gleisanschluss nur bis 2016 rechtlich verbindlich gesichert sei. Diesbezüglich fehle die erforderliche Abstimmung der umstrittenen Festlegung im Teilplan Ver- und Entsorgung mit dem Teilplan Verkehr. Aufgrund dieser Umstände sei bei Wegfall der Erschliessung der Kiesgrube mit der Bahn eine Zunahme des Lastwagenverkehrs im kommunalen Siedlungsgebiet zu befürchten. 3.2 Die rechtzeitige Anhörung der Gemeinden in Bereichen, die zu einer Beschränkung der Gemeindeautonomie führen können, wird in Art. 85 Abs. 3 KV/ZH ausdrücklich vorgeschrieben. Der Mitwirkungsanspruch der Gemeinden im Richtplanverfahren ist auch in Art. 10 Abs. 2 RPG erwähnt. Dieser Anspruch geht weiter als die Mitwirkung der Bevölkerung nach Art. 4 Abs. 2 RPG (s. hierzu BGE 135 II 286 E. 4 S. 290 ff. mit Hinweisen). Verlangt wird eine bevorzugte Beteiligung der betroffenen Gemeinden. Soweit Gemeinden wie im Kanton Zürich mit raumwirksamen Aufgaben betraut sind, muss der Kanton mindestens sicherstellen, dass sie ihre Interessen selber formulieren, in den Planungsprozess frühzeitig eingeben und vor den zuständigen kantonalen Behörden selber vertreten können (Pierre Tschannen, a.a.O., N. 7 zu Art. 10 RPG; Bernhard Waldmann/Peter Hänni, Raumplanungsgesetz, 2006, Rz. 5 zu Art. 10 RPG). Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ergibt sich zudem insbesondere das Recht der Betroffenen, sich vor Erlass eines Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht somit alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (BGE 135 II 286 E. 5.1 S. 293; 132 II 485 E. 3.2 S. 494; 127 I 54 E. 2b S. 56; 117 Ia 262 E. 4b S. 268; je mit Hinweisen). Solche Mitwirkungsrechte sind den Gemeinden in Bezug auf Richtplanfestsetzungen, die auf eine Beschränkung ihrer Autonomie in der Raumplanung ausgerichtet sind, umfassend zu gewähren. Die Stellungnahmen sind in einem Zeitpunkt einzuholen, in welchem sie noch in die Entscheidungen einfliessen können. Zwar besteht kein Anspruch der Gemeinden, dass ihre Vorschläge tatsächlich berücksichtigt werden. Die kantonale Behörde hat sich jedoch mit den Vorschlägen der Gemeinden - wie der übrigen Vernehmlassungsteilnehmer - auseinanderzusetzen und zu begründen, weshalb sie nicht berücksichtigt werden (Tobias Jaag, a.a.O., N. 22 f. zu Art. 85 KV/ZH). 3.3 Die umstrittene Richtplanfestsetzung betrifft die Gemeinde konkret in ihrer planerischen Entscheidungsfreiheit und Entwicklungsmöglichkeit. Die Realisierung des Kiesabbaus setzt nach dem Wortlaut der umstrittenen Festsetzung einen Anschluss an die Bahngeleise voraus, welcher nach den Akten mittels Vereinbarung mit den SBB nur bis ins Jahr 2016 gesichert ist. Für den weiteren Kiesabbau, dessen Dauer im Richtplan nicht näher festgelegt wird, steht nicht fest, ob der Gleisanschluss weiterbenutzt werden kann. Insbesondere wurde der Teilplan Verkehr des Richtplans nicht an die hier umstrittene Änderung des Teilplans Ver- und Entsorgung angepasst. Die Gemeinde Lindau macht zu Recht geltend, sie sei zu einer entscheidenden Besprechung des Kantons mit den SBB und dem Kiesabbau-Unternehmen nicht beigezogen worden und sie sei mit ihrem Argument, der Abtransport mit der Bahn sei nach 2016 nicht gesichert, nicht gehört worden. Selbst wenn die Sachverhaltsdarstellung der kantonalen Behörden zutreffen sollte, nach welcher der Kiesabbau 20 und nicht 50 Jahre, d.h. lediglich von 2012 bis ca. 2032 dauern werde, so ergibt sich für die Jahre 2017 bis ca. 2032 in Bezug auf den Gleisanschluss für die Kiesgrube offensichtlich ein Koordinationsbedarf in Bezug auf die Weiterentwicklung der Bahninfrastruktur, welchem der Kantonsrat mit dem angefochtenen Beschluss keine Rechnung trägt. Er hat sich mit dem möglichen Fehlen des Bahnanschlusses während eines erheblichen Teils der Kiesabbaudauer nicht auseinandergesetzt und die diesbezüglichen Einwände der Gemeinde gegen die Festsetzung des Kiesabbaugebiets nicht entkräftet. Darin liegt eine Missachtung der Mitwirkungsrechte der Gemeinde im Richtplanungsverfahren. Die Beschwerde ist somit gutzuheissen und die Richtplanfestsetzung in Bezug auf die umstrittene Kiesgrube aufzuheben. 4. Kantonen, die wie hier in ihrem amtlichen Wirkungskreis tätig werden, sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen, und der obsiegenden Gemeinde ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 66 Abs. 4 und Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, und der Beschluss des Kantonsrats des Kantons Zürich vom 24. November 2009 wird in Bezug auf das in Kapitel 5.3 Materialgewinnung, Punkt 5.3.2 Karteneinträge, Objekt 9, Lindau, Tagelswangen, festgelegte Kiesabbaugebiet aufgehoben. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen. 3. Dieses Urteil wird der Gemeinde Lindau, dem Regierungsrat und dem Kantonsrat des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 27. August 2010 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Féraud Haag
abf6687e-9525-44f9-a1e8-c1eb0a6dc38e
de
2,014
CH_BGer_005
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A._ wurde am 9. November 2013 auf Anordnung von Dr. med. B._ gestützt auf Art. 426 Abs. 1 und Art. 429 Abs. 1 ZGB in die Privatklinik C._ eingewiesen. Am 18. November 2013 hiess das Obergericht des Kantons Bern, Zivilabteilung, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht (nachfolgend: Kindes- und Erwachsenenschutzgericht) die von ihr erhobene Beschwerde gut und ordnete ihre Entlassung an. Es gewährte A._ die unentgeltliche Rechtspflege, bezeichnete Rechtsanwalt X._ als amtlichen Beistand und verpflichtete den Kanton Bern, A._ für das oberinstanzliche Verfahren einen Parteikostenersatz zu bezahlen, der nach Eingang der Kostennote von Rechtsanwalt X._ mit separater Verfügung festgesetzt werde. B. Rechtsanwalt X._ verrechnete insgesamt 10.30 Stunden zu einem Stundensatz von Fr. 230.--, womit sich die Kostenliste unter Berücksichtigung der Auslagen und der Mehrwertsteuer von 8 % auf Fr. 2'743.-- belief. Mit Verfügung vom 26. November 2013 setzte die Referentin des Kindes- und Erwachsenenschutzgerichts die amtliche Entschädigung auf Fr. 1'912.45 fest (amtliche Entschädigung: 8 Stunden zu Fr. 200.-- pro Stunde, Auslagen von Fr. 170.80, Mehrwertsteuer Fr. 141.65). C. Rechtsanwalt X._ hat am 16. Januar 2014 (Postaufgabe) gegen die Verfügung der Referentin des Kindes- und Erwachsenenschutzgerichts beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben. Er beantragt, die angefochtene Verfügung aufzuheben, in Anwendung von Art. 41 des Kantonalen Anwaltsgesetzes vom 28. März 2006 (BSG 168.11; KAG) sowie der Verordnung über die Bemessung des Parteikostenersatzes (BSG 168.811 PKV) einen Stundenansatz von Fr. 230.-- zu berücksichtigen und die Entschädigung anhand des geltend gemachten zeitlichen Aufwandes von 10.30 Stunden festzusetzen. Eventuell sei die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Referentin des Kindes- und Erwachsenenschutzgerichts hat auf Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen: 1. 1.1. Angefochten ist die von der Referentin des Kindes- und Erwachsenenschutzgerichts festgesetzte Entschädigung des amtlichen Rechtsbeistands für die Bemühungen in einem Beschwerdeverfahren nach Art. 439 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB (ärztlich angeordnete fürsorgerische Unterbringung). Die Voraussetzungen von Art. 75 Abs. 1 und 2 sowie Art. 90 BGG sind damit gegeben. Es handelt sich um einen öffentlich-rechtlichen Entscheid, der in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG). Dem Beschwerdeführer ist die Kostenliste für seine Tätigkeit als amtlicher Anwalt gekürzt worden. Er ist somit im Lichte von Art. 76 Abs. 1 lit. a und b BGG zur Beschwerde legitimiert (Urteil 5A_506/2013 vom 10. Dezember 2013; 5A_761/2011 vom 20. Februar 2012 E. 1.3 mit Hinweisen). 1.2. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist eine Zivilsache vermögensrechtlicher Natur (Urteil 5A_761/2011 vom 20. Februar 2012 E. 1.2), deren Streitwert den Betrag von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) nicht erreicht. Die Beschwerde in Zivilsachen ist damit grundsätzlich unzulässig, es sei denn, es stelle sich, wie der Beschwerdeführer behauptet, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG). Die Entschädigung des amtlichen Rechtsbeistandes ist aufgrund kantonalen Rechts festgesetzt worden, dessen Anwendung das Bundesgericht unter dem Gesichtswinkel der Verletzung verfassungsmässiger Rechte, vor allem des Willkürverbots (Art. 9 BV), überprüfen kann (BGE 133 I 201 E. 1 S. 203; 133 II 249 E. 1.2.1 S. 252). Die Überprüfungsbefugnis entspricht somit derjenigen der subsidiären Verfassungsbeschwerde. Nicht anders verhält es sich, soweit der Beschwerdeführer andere verfassungsmässige Rechte anruft, deren Verletzung ebenso mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde vorgetragen und die vom Bundesgericht im Rahmen dieser Beschwerde frei geprüft werden kann. Damit stellt sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. BGE 134 I 184 E. 1.3.3 S. 188). Auf die Beschwerde in Zivilsachen ist nicht einzutreten. 1.3. Die Eintretensvoraussetzungen der subsidiären Verfassungsbeschwerde sind erfüllt. Die Eingabe des Beschwerdeführers ist als solche an die Hand zu nehmen. 2. Strittig ist zunächst die Höhe des zu berücksichtigenden Stundenansatzes. Die Referentin des Kindes- und Erwachsenenschutzgerichts ist trotz Obsiegens der von der fürsorgerischen Unterbringung betroffenen Person vom (reduzierten) Satz für die Entschädigung des amtlich bestellten Anwalts (Fr. 200.--/Std.) ausgegangen, da dieser Satz gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung 6B_151/2013 vom 26. September 2013 (= BGE 139 IV 261) auch bei Obsiegen der amtlich vertretenen Partei zur Anwendung gelange. Unter Berufung auf diverse Lehrmeinungen rügt der Beschwerdeführer sinngemäss die Anwendung der Rechtsprechung der strafrechtlichen Abteilung BGE 139 IV 261 auf den konkreten Fall als mit der Auslegung des anwendbaren kantonalen Rechts nicht vereinbar und damit willkürlich (Art. 9 BV). 2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 138 I 305 E. 4.3 S. 319 mit Hinweis). 2.2. Gemäss der von der Referentin des Kindes- und Erwachsenenschutzgerichts analog angewandten Rechtsprechung der Strafabteilung des Bundesgerichts (BGE 139 IV 261) regelt Art. 135 StPO die Entschädigung der amtlichen Verteidigung unter Hinweis auf die anwendbaren Anwaltstarife des Bundes oder der Kantone. Sehen diese ein reduziertes Honorar vor, gelangt es unabhängig vom Prozessausgang zur Anwendung. In diesem Fall kommt es mit anderen Worten für die Bemessung der Entschädigung nicht darauf an, ob die unter unentgeltlicher Rechtspflege prozessierende Partei obsiegt oder nicht (BGE a.a.O. E. 2). In welcher Höhe die Entschädigung der obsiegenden, im Genuss unentgeltlicher Rechtspflege prozessierenden Partei zu veranschlagen ist, beurteilt sich ausschliesslich anhand der kantonalen bzw. bundesrechtlichen Tarifordnungen. Allein die Anwendung der zitierten Rechtsprechung ohne Prüfung des in der Sache anwendbaren Tarifrechts verletzt somit das Willkürverbot. Im Übrigen erweist sich der Entscheid denn auch im Lichte des massgebenden Rechts als unhaltbar: 2.3. Im Kanton Bern ist der Bereich der fürsorgerischen Unterbringung im Gesetz über den Kindes- und Erwachsenenschutz vom 1. Februar 2012 (BSG 213.316; KESG) geregelt (Art. 27 ff KESG). Mit Bezug auf das Beschwerdeverfahren vor dem Kindes- und Erwachsenenschutzgericht bestimmt Art. 70 Abs. 1 KESG, die Kostenverlegung richte sich grundsätzlich nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege (BSG 155.21; VRPG). Nach Art. 108 Abs. 3 VRPG hat die unterliegende Partei der Gegenpartei die Parteikosten zu ersetzen. Obsiegt die amtlich vertretene Partei, hat ihr die unterliegende Gegenpartei (auch wenn es sich dabei um ein Gemeinwesen handelt) die vollen Anwaltskosten und nicht lediglich eine (reduzierte) Entschädigung nach Art. 42 des Kantonalen Anwaltsgesetzes (BSG 168.11; KAG) zu entrichten ( MARKUS MÜLLER, Bernische Verwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 2011, S. 256; HÄUSLER/FERRARI-VISCA, Der Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand im Verwaltungsverfahren, in: Jusletter vom 24. Oktober 2011, S. 9 Fn. 117; MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, Kommentar über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, 1997, N. 2 zu Art. 113 VRPG). Nach Art. 122 Abs. 2 ZPO, der infolge Verweises in Art. 450f ZGB als ergänzendes (kantonales) Recht (Urteil 5A_327/2013 vom 17. Juli 2013 E. 3.2) zur Anwendung gelangt, wird die unentgeltliche Rechtsbeiständin oder der unentgeltliche Rechtsbeistand vom Kanton angemessen entschädigt, wenn die der obsiegenden unentgeltlich prozessführenden Partei zugesprochene Parteientschädigung bei der Gegenpartei nicht oder voraussichtlich nicht einbringlich ist. Die von der Gegenpartei geschuldete Parteientschädigung ist nach tariflichen Ansätzen zu bemessen, die für frei gewählte Anwaltsmandate gelten. Obsiegt eine unentgeltlich vertretene Partei, ist es willkürlich, die Parteientschädigungsforderung nach den für die staatliche Entschädigung geltenden Tarifregeln zu kürzen (BGE 121 I 113 E. 3d S. 116, ALFRED BÜHLER, Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 62 zu Art. 122 ZPO; vgl. auch DENIS TAPPY, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 14 zu Art. 122 ZPO). 3. 3.1. Der Beschwerdeführer rügt im Weiteren eine unzulässige Praxisänderung (Art. 8 BV) und macht geltend, die Praxis des bernischen Verwaltungsgerichts habe dem mit unentgeltlicher Rechtspflege prozessierenden Beschwerdeführer bei Obsiegen einen Anspruch auf vollen Ersatz seiner Anwaltskosten zugestanden. Er belegt seine Behauptung mit dem Hinweis auf die Entscheide des Obergerichts des Kantons Bern vom 21. März 2011 und 23. Mai 2013, die allesamt Beschwerdeentscheide über fürsorgerische Freiheitsentziehung bzw. fürsorgerische Unterbringung betreffen. Danach wurde das Honorar des amtlichen Beistands aufgrund eines Stundensatzes von Fr. 230.-- berechnet bzw. ihm ein "volles Honorar" zugesprochen. 3.2. Eine Praxisänderung muss sich auf ernsthafte, sachliche Gründe stützen können, die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung als zutreffend erachtet worden ist. Eine Praxisänderung lässt sich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis des Gesetzeszwecks, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht; andernfalls ist die bisherige Praxis beizubehalten (BGE 136 III 6 E. 3; vgl. BGE 132 III 770 E. 4 S. 777; 127 I 49 E. 3c S. 52; 126 I 122 E. 5 S. 129). 3.3. Die zu beurteilende Praxis weicht von der früheren Rechtsprechung in der Sache ab. Es wurden indes keine ernsthaften, sachlichen Gründe vorgetragen, die im Lichte der klaren Gesetzgebung eine Praxisänderung zu rechtfertigen vermöchten. Der Vorwurf der Verletzung von Art. 8 Abs. 1 BV erweist sich insoweit als begründet. 4. Strittig ist sodann die Anzahl der berücksichtigten Stunden. Die Referentin des Kindes- und Erwachsenenschutzgerichts hat erwogen, der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Aufwand von 10.30 Stunden, wovon allein 2.50 Stunden auf die Vorbereitung des Plädoyers entfallen, erscheine zu hoch, zumal sich keine komplexen Fragen stellten und die Beschwerdeverhandlung nicht länger als eine Stunde gedauert habe. Eine Entschädigung von Fr. 1'600.-- entsprechend einem Aufwand von 8 Stunden zu Fr. 200.-- pro Stunde sei angemessen. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der Begründungspflicht und macht geltend, die Vorinstanz beanstande einzig den Zeitaufwand für die Vorbereitung des Plädoyers, kürze jedoch sämtliche Positionen der Kostenliste, ohne sich im Einzelnen mit den verschiedenen verrichteten Tätigkeiten auseinanderzusetzen. 4.1. Das Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Die Verletzung der aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV fliessenden Begründungspflicht führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst grundsätzlich zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung (BGE 132 V 387 E. 5.1 S. 390; 127 V 431 E. 3d/aa S. 437 f.). Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist als Erste zu behandeln. 4.2. Aus Art. 29 Abs. 2 BV ergibt sich die Pflicht der Behörden, ihre Entscheide zu begründen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Parteientschädigung, die auch auf die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands Anwendung findet (Urteile 5D_4/2011 vom 20. April 2011 E. 4.2.2; 5D_45/2009 vom 26. Juni 2009 E. 3.1), muss der Entscheid über die Höhe des anwaltlichen Honorars in der Regel nicht begründet werden. Eine Begründungspflicht wird indes namentlich dann angenommen, wenn das Gericht die Entschädigung abweichend von der Kostennote des Rechtsanwalts auf einen bestimmten, nicht der üblichen, praxisgemäss gewährten Entschädigung entsprechenden Betrag festsetzt. In einem solchen Fall kann nicht mehr davon gesprochen werden, der Anwalt vermöge die Überlegungen, die das Gericht zu einem solchen Entschädigungsentscheid führten, auch ohne Begründung zu erkennen (Urteile 4A_275/2010 vom 11. August 2010 E. 8.2; 2C_832/2008 vom 4. Mai 2009 E. 6.3, in: StR 64/2009 S. 668; I 308/1998 vom 28. Juli 1999 E. 3b, in: Pra 2000 Nr. 109 S. 635). Akzeptiert das Gericht in einem solchen Fall einzelne Posten der Kostennote, setzt es aber andere herab, hat es zu jeder Reduktion zumindest kurz auszuführen, aus welchem Grund die Aufwendungen als unnötig betrachtet werden (Urteil 9C_991/2008 vom 18. Mai 2009 E. 3.1.2, in: SZZP 2009 S. 391; zum Ganzen: Urteil 5D_15/2012 vom 28. März 2012 E. 4.2.2; 5D_178/2012 14. Juni 2013 E. 2.3). 4.3. Die Referentin des Kindes- und Erwachsenenschutzgerichts erwähnt in der Begründung ihrer Verfügung einzig die Vorbereitung des Plädoyers als konkrete Tätigkeit, für die ihrer Ansicht nach zu viel Zeit verrechnet worden ist. Mit Bezug auf die übrigen Punkte der Liste erfolgt einfach eine Kürzung, ohne dass anhand der einzelnen Positionen erörtert würde, inwiefern und in welchem Umfang sich hier eine Kürzung aufdrängt. Der allgemeine Hinweis, es hätten sich keine komplexen Fragen gestellt und die Beschwerdeverhandlung habe nicht länger als eine Stunde gedauert, vermögen daran nichts zu ändern. Die Begründung der angefochtenen Verfügung vermag damit, was die Kürzung der verrechneten Stundenanzahl anbelangt, den Begründungsanforderungen von Art. 29 Abs. 2 BV nicht zu genügen. Damit erübrigt sich die Prüfung der Willkürrüge. 5. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist gutzuheissen und die angefochtene Verfügung aufzuheben. Das Bundesgericht ist mangels ausreichender Sachverhaltsfeststellungen nicht in der Lage, in der Sache selbst zu entscheiden, weshalb diese zur verfassungskonformen Festsetzung der Entschädigung an die Vorinstanz zurückzuweisen ist. Dem Kanton Bern sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Er hat jedoch den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird gutgeheissen und die angefochtene Verfügung aufgehoben. Die Sache wird im Sinn der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Der Kanton Bern hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 12. Mai 2014 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: von Werdt Der Gerichtsschreiber: Zbinden
ac040064-90b8-4f2c-bc7d-2b8ccb85a6f0
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127.0
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critical
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Faits: A. Par jugement du 11 janvier 2008, le Tribunal correctionnel de l'arrondissement de Lausanne a notamment condamné X._ pour vol, vol d'importance mineure, violation de domicile et contravention à la loi fédérale sur les stupéfiants à une peine privative de liberté de quarante jours, avec sursis pendant deux ans (I). Il a suspendu l'exécution de la peine au profit d'un traitement institutionnel à forme de l'article 59 CP (II) et renoncé à révoquer le sursis octroyé à X._ par le Juge d'instruction de l'arrondissement de Lausanne le 24 février 2006 (III). B. Saisie d'un recours du Ministère public, la cour de cassation du Tribunal cantonal vaudois l'a admis partiellement. Le jugement précité a été réformé en ce sens qu'une peine pécuniaire de quarante jours-amende à 5 francs l'un a été prononcée, avec sursis pendant deux ans, la décision de première instance étant confirmée pour le surplus. Il ressort en résumé de cet arrêt et du jugement de première instance, auquel il renvoie, les faits pertinents suivants: X._, née le 28 avril 1969, souffre de troubles psychiatriques (schizophrénie paranoïde, accompagnée d'une polytoxicomanie). Elle est sous tutelle depuis 1999. Elle a notamment fait l'objet d'une mesure d'hospitalisation prononcée par le Tribunal d'accusation du canton de Vaud au mois de mai 2000. Elle a ainsi été placée dans divers foyers dont, depuis l'été 2007, l'EMS Clos-Bercher à Bercher. Elle perçoit une rente de l'assurance-invalidité de 1500 francs par mois ainsi que des prestations complémentaires qui prennent en charge le solde de ses frais de placement. Elle dispose en outre de 240 francs d'argent de poche par mois, somme avec laquelle elle doit également payer ses vêtements. Elle n'a pas de dettes récentes. Son casier judiciaire comporte deux inscriptions soit une condamnation du 12 novembre 2004 à sept jours d'emprisonnement avec sursis pendant deux ans pour contravention à la LStup, vol, violation de domicile et une condamnation du 24 février 2006 pour vol d'importance mineure, à sept jours d'emprisonnement avec sursis pendant un an. C. Le Ministère public du canton de Vaud forme un recours en matière pénale. Il conclut principalement à la réforme de l'arrêt entrepris en ce sens que le montant du jour-amende soit fixé à 10 francs et la peine prononcée ferme. Il conclut à titre subsidiaire à l'annulation de l'arrêt entrepris et au renvoi de la cause à l'autorité cantonale afin qu'elle rende une nouvelle décision au sens des considérants, les frais devant, dans l'une et l'autre hypothèses, être laissés à la charge de l'Etat. Invités à déposer des observations, le Tribunal cantonal y a renoncé en se référant aux considérants de son arrêt, cependant que l'intimée a conclu au rejet du recours, en requérant, par ailleurs, le bénéfice de l'assistance judiciaire.
Considérant en droit: 1. Le recourant ne conteste pas le principe de la peine pécuniaire, mais la quotité du jour-amende, qu'il juge insuffisante. Il reproche aussi à la cour cantonale d'avoir violé l'art. 50 CP, la motivation de l'arrêt entrepris ne permettant pas de comprendre quels critères ont présidé à la fixation du montant de 5 francs. 1.1 Le Tribunal fédéral a exposé de manière détaillée les principes régissant la fixation de la peine pécuniaire, la quotité du jour-amende en particulier, dans l'arrêt publié aux ATF 134 IV 60 consid. 5 et 6 (v. également l'arrêt X. c. Ministère public du canton de Vaud du 13 mai 2008, 6B_541/2007 consid. 6). On peut y renvoyer en soulignant les points suivants. La quotité du jour-amende doit être fixée conformément au principe du revenu net, soit celui que l'auteur réalise en moyenne quotidiennement, quelle qu'en soit la source, ce qui inclut notamment les prestations d'aide sociale. Le principe du revenu net exige que seul le disponible excédant les frais d'acquisition du revenu soit pris en considération, dans les limites de l'abus de droit. Ce qui est dû en vertu de la loi ou ce dont l'auteur ne jouit pas économiquement doit en être soustrait (consid. 6.4.1). Il en va ainsi des obligations d'assistance pour autant que le condamné s'en acquitte effectivement. Des charges financières extraordinaires peuvent conduire à une réduction lorsqu'elles correspondent à des besoins financiers accrus résultant de la situation de l'auteur et indépendantes de sa volonté (consid. 6.4.4). Le revenu net ainsi défini en droit pénal est le point de départ pour fixer la quotité du jour-amende. Dans ce contexte, le minimum vital mentionné à l'art. 34 al. 2 CP constitue un correctif permettant au juge de s'écarter du principe du revenu net et d'arrêter le jour-amende à un niveau sensiblement inférieur. Pour les condamnés qui vivent en-dessous ou au seuil du minimum vital, le jour-amende doit être réduit dans une mesure telle que, d'une part, le caractère sérieux de la sanction soit rendu perceptible par l'atteinte portée au niveau de vie habituel et que, d'autre part, l'atteinte apparaisse supportable au regard de la situation personnelle et économique. Un abattement du revenu net de la moitié au moins apparaît adéquat à titre de valeur indicative. Pour une peine ferme, ce sont avant tout les facilités de paiement accordées par l'autorité d'exécution (art. 35 al. 1 CP) qui doivent permettre de pallier une charge excessive. Lorsque le nombre des jours-amende est considérable - en particulier au-delà de nonante jours-amende - une réduction supplémentaire de 10 à 30% est indiquée car la contrainte économique, partant la pénibilité de la sanction, croît en proportion de la durée de la peine. La situation financière concrète est toujours déterminante. La fixation de la quotité du jour-amende dans le cas concret procède d'un pouvoir d'appréciation exercé avec soin. 1.2 En l'espèce, l'autorité cantonale a constaté que la condamnée percevait une rente de l'assurance-invalidité de 1500 francs par mois, ainsi que des prestations complémentaires, lesquelles prenaient en charge le solde de ses frais de placement. Elle disposait en outre de 240 francs d'argent de poche par mois, somme avec laquelle elle devait également payer ses vêtements. Sur la base de ces informations, la cour cantonale a fixé le jour-amende à 5 francs. 1.3 La première question qui se pose est celle de savoir si, dans le calcul du revenu net, les frais de placement de l'intimée doivent être portés en déduction des rentes et prestations complémentaires qu'elle perçoit, comme l'a implicitement jugé la cour cantonale. 1.3.1 Selon les constatations de fait de l'arrêt entrepris, le placement de l'intimée en EMS est justifié par les affections psychiques dont elle souffre. Bien que sous cet angle ces frais de placement puissent être appréhendés comme des charges spécifiques résultant de la situation de l'auteur, les constatations de l'arrêt cantonal ne permettent pas d'examiner si celles-là sont réellement indépendantes de la volonté de l'intimée. 1.3.2 A cet égard, il convient de relever que l'hospitalisation de l'intimée a été prononcée en application de l'ancien art. 43 ch. 1 al. 1 CP par un arrêt du Tribunal d'accusation du canton de Vaud du 23 mai 2000 (arrêt entrepris, consid. 1, p. 8, premier paragraphe). De plus, par décision du 9 mai 2007, l'Office d'exécution des peines a sommé l'intéressée de rester dans le lieu de vie désigné par l'Office du Tuteur général (arrêt entrepris, consid. 1 p. 10), ce qui suggère que la mesure en cause était toujours en vigueur. Ce point trouve en outre appui dans les pièces du dossier (cf. art. 105 al. 2 LTF), dont il ressort que selon un arrêt du 31 août 2006, le Tribunal d'accusation du canton de Vaud a maintenu la mesure ordonnée le 23 mai 2000 (arrêt du Tribunal d'accusation du 31 août 2006, p. 4). Il s'ensuit que le placement de l'intimée constitue une mesure au sens de l'ancien art. 43 al. 1 ch. 1 CP qui, depuis le 1er janvier 2007, est exécutée conformément aux dispositions du nouveau droit (ch. 2 al. 1 des dispositions finales de la modification du 13 décembre 2002). Or, conformément à l'art. 380 CP, en vigueur depuis le 1er janvier 2007, les frais d'exécution des peines et des mesures sont à la charge des cantons (al. 1). Le condamné est astreint à participer aux frais de l'exécution dans une mesure appropriée: par compensation de ceux-ci avec les prestations de travail dans l'établissement d'exécution des peines et des mesures (al. 2 let. a); proportionnellement à son revenu et à sa fortune, s'il refuse d'exécuter le travail qui lui est attribué, bien qu'il satisfasse aux exigences des art. 81 ou 90, al. 3 (al. 2 let. b); par imputation d'une partie du gain qu'il réalise par une activité dans le cadre de la semi-détention, du travail externe ou du travail et logement externe (al. 2 let. b). Les cantons édictent des dispositions afin de préciser les modalités de la participation du condamné aux frais. En l'espèce, on ignore concrètement si le canton de Vaud a fait usage de cette délégation de compétence. On ignore de même si l'intéressée est susceptible d'être astreinte à un travail au sens de l'art. 380 al. 2 let. b CP, si les travaux effectués en atelier de reliure jusqu'à l'automne 2007 (jugement de première instance, p. 8) constituent une telle activité, partant si et dans quelle mesure une part des frais en cause doit effectivement être laissée à sa charge ou s'il faut admettre que la prise en compte de ces frais n'est pas entièrement indépendante de sa volonté. Il n'est dès lors pas possible de déterminer précisément le revenu net de l'intimée. L'arrêt entrepris viole le droit fédéral sur ce point. 1.4 Il convient ensuite de rappeler que même pour les condamnés vivant au seuil ou au-dessous du minimum vital, le montant du jour-amende ne doit pas être réduit à une valeur symbolique au risque que la peine pécuniaire, que le législateur a placée sur pied d'égalité avec la peine privative de liberté, perde toute signification (ATF 134 IV 60 consid. 6.5.2, p. 72). Cet arrêt ne spécifie cependant pas ce qu'il faut entendre par une valeur symbolique, respectivement par une peine ayant une signification en comparaison d'une peine privative de liberté. Il y a lieu d'examiner cette question dans le cas d'espèce. 1.4.1 La privation de liberté résultant d'une sanction ne peut, par un simple processus de conversion, être comparée à la restriction apportée au standard de vie ainsi qu'aux possibilités de consommation, qui constitue l'essence de la peine pécuniaire (cf. ATF 134 IV 97 consid. 5.2.3 p. 104). Il est donc vain de chercher, dans une démarche comptable, à chiffrer la valeur d'un jour de privation de liberté. Il n'en demeure pas moins que les restrictions d'ordre matériel imposées par la peine pécuniaire, doivent, pour pouvoir être placées sur pied d'égalité avec les effets d'une peine privative de liberté, être tout au moins sensibles. Un tel résultat ne peut être atteint lorsque le montant du jour-amende n'excède pas quelques francs. La peine apparaît alors d'emblée symbolique. Quelle que soit la situation économique du condamné, l'exécution d'une peine aussi minime n'est pas susceptible d'influencer concrètement et de manière sensible son standard de vie et ses possibilités de consommation. Le cas présent, dans lequel le jour-amende, fixé à cinq francs, ne prive en définitive l'intéressée que d'une part de l'argent de poche dont elle dispose pour se vêtir et se divertir (la couverture de ses besoins vitaux étant, par ailleurs, assurée), illustre parfaitement cette problématique. 1.4.2 On ne peut cependant méconnaître non plus que, dans la fourchette des peines dans laquelle entre en considération la peine pécuniaire, soit jusqu'à trois cent soixante jours, l'exécution des peines privatives de liberté correspondantes n'aboutit, en règle générale, qu'à une privation partielle de la liberté (notamment en cas d'exécution sous forme de semi-détention [art. 77bis CP] ou d'arrêts domiciliaires sous surveillance électronique pour les cantons qui connaissent cette institution) et n'entraîne pas non plus, sur le plan économique, les conséquences d'une privation de liberté complète (notamment la perte du revenu d'une activité lucrative ou la suspension des prestations d'assurances sociales qui le remplaçaient [cf. art. 21 al. 5 LPGA; en matière de prévoyance professionnelle: v. Ueli Kieser, ATSG Kommentar, 2e éd. 2009, art. 21 LPGA, n. 107). Pour cette raison, et afin de conserver une juste proportion entre les différents types de sanctions, les exigences permettant de considérer qu'une peine pécuniaire n'est pas symbolique ne doivent pas être excessivement sévères non plus. Tel n'est plus le cas lorsque le montant du jour-amende atteint la somme de dix francs, en ce qui concerne les auteurs les plus démunis. L'arrêt publié aux ATF 134 IV 60, consid. 6.5.2, p. 72, doit être précisé en ce sens. 1.4.3 Il s'ensuit qu'au montant de 5 francs par jour, la quotité du jour-amende arrêtée dans la décision entreprise n'est pas conforme, sous cet angle non plus, aux exigences du droit fédéral. 2. Le recourant conteste ensuite l'octroi du sursis. 2.1 Selon le nouvel article 42 CP, le juge suspend en règle générale l'exécution d'une peine pécuniaire, d'un travail d'intérêt général ou d'une peine privative de liberté de six mois au moins et de deux ans au plus lorsqu'une peine ferme ne paraît pas nécessaire pour détourner l'auteur d'autres crimes ou délits (al. 1). Si, durant les cinq ans qui précèdent l'infraction, l'auteur a été condamné à une peine privative de liberté ferme ou avec sursis de six mois au moins ou à une peine pécuniaire de cent quatre-vingts jours-amende au moins, il ne peut y avoir de sursis à l'exécution de la peine qu'en cas de circonstances particulièrement favorables (al. 2). L'octroi du sursis peut également être refusé lorsque l'auteur a omis de réparer le dommage comme on pouvait raisonnablement l'attendre de lui (al. 3). Le juge peut prononcer, en plus du sursis, une peine pécuniaire sans sursis ou une amende selon l'art. 106 CP (al. 4). Sur le plan subjectif, le juge doit poser, pour l'octroi du sursis, un pronostic quant au comportement futur de l'auteur. La question de savoir si le sursis serait de nature à détourner l'accusé de commettre de nouvelles infractions doit être tranchée sur la base d'une appréciation d'ensemble, tenant compte des circonstances de l'infraction, des antécédents de l'auteur, de sa réputation et de sa situation personnelle au moment du jugement, notamment de l'état d'esprit qu'il manifeste. Le pronostic doit être posé sur la base de tous les éléments propres à éclairer l'ensemble du caractère de l'accusé et ses chances d'amendement. Il n'est pas admissible d'accorder un poids particulier à certains critères et d'en négliger d'autres qui sont pertinents. Le juge doit par ailleurs motiver sa décision de manière suffisante (cf. art. 50 CP). Sa motivation doit permettre de vérifier s'il a tenu compte de tous les éléments pertinents et comment ils ont été appréciés (cf. ATF 134 IV 5 consid. 4.2.1; ATF 128 IV 193 consid. 3a; 118 IV 97 consid. 2b). Le nouveau droit pose des exigences moins élevées quant au pronostic pour l'octroi du sursis. Auparavant, il fallait que le pronostic soit favorable. Le sursis est désormais la règle dont on ne peut s'écarter qu'en présence d'un pronostic défavorable. Il prime en cas d'incertitude (cf. ATF 134 IV 5 consid. 4.4.2). 2.2 Pour toute motivation, le Tribunal de première instance a exposé qu'un pronostic favorable pouvait être posé « en l'état actuel », les conditions objectives étant, par ailleurs, réalisées. Quant à la cour cantonale, elle a confirmé cette appréciation en relevant en substance, en réponse aux griefs du recourant, que les infractions commises par l'intimée dès avril 2006 ne suffisaient pas à justifier un pronostic défavorable. Les infractions antérieures, commises à une époque où l'irresponsabilité pénale de l'intimée était totale ne pouvaient être prises en considération dans le pronostic. Il ressortait d'un rapport d'expertise du 21 décembre 2007 que l'intimée avait complètement rompu avec ses comportements toxicomaniaques. Elle était tout à fait compliante à ses traitements, tant médicamenteux que psychothérapeutique et éducatif. Elle était bien insérée dans son foyer et une peine de prison aurait menacé l'équilibre atteint. Elle rencontrait régulièrement ses enfants, placés dans une famille d'accueil, avec laquelle elle entretenait de bons contacts et le tribunal de première instance avait de surcroît relevé sa prise de conscience. L'ensemble de ces éléments ne permettait pas de motiver un pronostic défavorable. 2.3 En l'espèce, non seulement le sursis a été octroyé, mais une mesure institutionnelle au sens de l'art. 59 CP ordonnée. La décision entreprise va même plus loin. Il résulte de son dispositif, qui ne réforme pas le chiffre II de celui de la décision de première instance, que cette mesure doit suspendre l'exécution de la peine pécuniaire prononcée en deuxième instance. Faute de conclusions, ce point ne fait pas l'objet du recours du Ministère public. Il n'est donc pas nécessaire d'examiner si une telle suspension est conforme au droit fédéral, ce qui est douteux au regard de la formulation de l'art. 57 al. 2 CP, qui ne vise que les peines privatives de liberté (v. en ce sens Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, AT II, 2e éd. 2006, § 9 n. 33; Marianne Heer, Strafrecht I, 2e éd., art. 57, n. 6 et art. 63, n. 2 et 34; v. aussi Killias, Kuhn et al., Précis de droit pénal général, 3e éd. 2008, n. 1506 et la note de pied 20, p. 264, qui proposent de se référer à l'art. 12 al. 1 O-CP-CPM [RS 311.01], sans exclure non plus l'exécution simultanée de la peine pécuniaire et de la mesure). Quoi qu'il en soit, sous l'empire des anciennes dispositions générales du code pénal, il était de jurisprudence constante que l'octroi du sursis (ancien art. 41 CP) n'entrait pas en considération si une mesure de sûreté était ordonnée en application des anciens art. 43 ou 44 CP. Comme le prononcé d'une mesure supposait nécessairement l'existence d'un risque de récidive, il était en effet impossible d'appliquer ces dispositions tout en posant un pronostic favorable permettant l'octroi du sursis (cf. Stefan Trechsel, Kurzkommentar, 2e éd. 1997, art. 41 CP, n. 11). Il n'en va pas différemment en application du nouveau droit. Conformément à l'art. 59 al. 1 let. b CP (qui reprend le principe exprimé par l'art. 56 al. 1 let. a CP) une mesure thérapeutique institutionnelle telle que celle ordonnée en l'espèce ne peut être ordonnée qu'à la condition qu'il soit à prévoir que cette mesure détournera l'auteur de nouvelles infractions en relation avec ce trouble. Il s'ensuit que le prononcé d'une telle mesure, qui suppose un risque de récidive, implique nécessairement un pronostic négatif (Schwarzenegger et al., Strafrecht II, 8e éd. 2007, § 6, n. 2.21, p. 132; Marianne Heer, op. cit., art. 59 n. 118; v. aussi l'arrêt non publié du 2 mars 2009, 6B_268/2008, consid. 6). Par conséquent, le prononcé d'une mesure excluait l'octroi du sursis à l'intimée. 3. L'arrêt entrepris doit ainsi être annulé en tant qu'il fixe à 5 francs le montant du jour-amende et accorde le sursis. La cause est renvoyée à la cour cantonale afin qu'elle fixe à nouveau le montant du jour-amende et prononce une peine sans sursis. Elle déterminera le revenu net de l'intimée, en examinant notamment la mesure dans laquelle les frais de son placement demeurent à sa charge. Elle examinera ensuite, sur cette base, si l'intimée peut bénéficier d'un abattement de son revenu net en fonction de sa situation économique et fixera à nouveau la quotité du jour-amende en veillant à ce que le montant n'en soit pas symbolique, en tenant compte, en tant que de besoin, des possibilités offertes par l'art. 35 al. 1 CP au stade de l'exécution, la peine pécuniaire étant prononcée ferme. 4. Le recourant obtient gain de cause. Il n'y a pas lieu de prélever des frais ni d'allouer des dépens. L'intimée a requis le bénéfice de l'assistance judiciaire. Sa situation patrimoniale, telle qu'elle ressort des considérants qui précèdent, permet de justifier l'insuffisance de ses ressources au sens de l'art. 64 al. 1 LTF. Sa conclusion tendant au rejet du recours n'apparaissait, par ailleurs, pas d'emblée dénuée de chances de succès, le cas présent conduisant à préciser la jurisprudence de la cour de céans. Les difficultés de la cause ainsi que la situation personnelle justifient, enfin, qu'un avocat lui soit désigné pour la sauvegarde de ses intérêts (art. 64 al. 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est admis. L'arrêt entrepris est annulé et la cause renvoyée à l'autorité cantonale pour nouvelle décision au sens des considérants. 2. Il n'est pas prélevé de frais, ni alloué de dépens. 3. La demande d'assistance judiciaire de l'intimée est admise. 4. Me Christian Marquis, avocat à Lausanne, est désigné comme avocat d'office de l'intimée et ses honoraires, fixés à 1000 francs, sont supportés par la caisse du Tribunal fédéral. 5. Le présent arrêt est communiqué aux parties et au Tribunal cantonal du canton de Vaud, Cour de cassation pénale. Lausanne, le 18 juin 2009 Au nom de la Cour de droit pénal du Tribunal fédéral suisse Le Président: Le Greffier: Favre Vallat
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Faits: A. A.a B._ et C._ se sont mariés le 9 juillet 2002, ont mis fin à leur vie commune à la fin de l'année 2008 et ne l'ont pas reprise depuis lors; leur divorce a été prononcé le 14 avril 2010. B._ et X._, ressortissant américain né le 24 juin 1949, marié et père de deux enfants majeurs, ont noué une relation et fait ménage commun de janvier 2009 à janvier 2010. Le 9 mars 2010, B._ a donné naissance à l'enfant A._. A.b B._ n'exerce aucune activité professionnelle et bénéficie des prestations de l'aide sociale depuis le 1er mai 2010. Elle réside avec son fils chez sa mère à Kiev (Ukraine) depuis octobre 2010, mais entend revenir en Suisse dans les plus brefs délais; elle est d'ailleurs toujours locataire d'un appartement à D._, dont le loyer est payé au besoin avec l'aide de son ex-mari C._. X._ a travaillé en tant qu'expatrié de la société E._ SA à F._ à partir du 1er avril 2008; les rapports de travail ont pris fin au 30 décembre 2009 et cette société lui a offert une compensation financière de 100'000 fr., dont à déduire les taxes usuelles. Selon attestation de son employeur, son salaire annuel s'élevait à 321'360 USD en sus d'une rémunération variable, à savoir environ 26'780 USD (23'566 fr.40 au cours de 0.88 du 6 juillet 2011) par mois. Il est à la retraite depuis le 1er février 2010; à teneur d'un document intitulé «Your Social Security Statement» du 7 février 2011, il devait percevoir à partir du 24 juin 2011 - c'est-à-dire à l'âge de 62 ans et s'il arrêtait de travailler - une retraite de 1'776 USD par mois; sa situation financière n'est pas connue pour le surplus. A.c Le 18 mai 2010, la Justice de paix du district de Lavaux-Oron a désigné une curatrice à l'enfant A._, aux fins de le représenter dans l'action en désaveu dirigée contre lui, ainsi que pour ouvrir par la suite action en établissement de paternité et en paiement d'aliments en son nom et pour son compte. Par jugement du 13 octobre 2010 (définitif), le Président du Tribunal civil de l'arrondissement de l'Est vaudois a dit que A._ n'est pas le fils de C._. B. B.a Le 19 novembre 2010, A._, représenté par sa curatrice, a formé une requête de conciliation auprès du Juge de paix du district de Lavaux-Oron, tendant à faire prononcer judiciairement que X._ est son père et qu'il doit contribuer à son entretien; un acte de non-conciliation a été délivré le 1er février 2011. Le 28 février suivant, il a alors ouvert action en paternité et en paiement d'aliments devant le Tribunal civil de l'arrondissement de l'Est vaudois. B.b Statuant le 15 juillet 2011 par voie de mesures provisionnelles, le Président du Tribunal civil de l'arrondissement de l'Est vaudois a, en particulier, astreint X._ à verser à A._ une contribution d'entretien de 3'500 fr. par mois, allocations familiales éventuelles en sus, dès le 9 mars 2010. Par arrêt du 11 octobre 2011, le Juge délégué de la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud a partiellement admis l'appel de X._ et réformé l'ordonnance déférée en ce sens que la pension est réduite à 2'550 fr. par mois, dès le 1er juillet 2010. C. Par acte du 5 décembre 2011, X._ exerce un recours en matière civile au Tribunal fédéral. Il conclut principalement à l'annulation de l'arrêt entrepris et au renvoi de la cause à l'autorité précédente pour «nouvelle décision sur sa compétence» dans le sens des considérants; subsidiairement, il conclut à la réforme de l'arrêt entrepris en ce sens qu'il «doit, dès et y compris le 9 mars 2010, contribuer à l'entretien de A._ par le versement [...] d'une pension mensuelle de 200 fr. [...], sous déduction d'un montant de 54'746 fr.20 déjà prélevé par la mère de l'enfant». Il requiert l'effet suspensif au recours. Alors que l'autorité précédente s'en remet à justice quant à la requête d'effet suspensif, l'intimé conclut au rejet de celle-ci et sollicite l'octroi de l'assistance judiciaire pour la procédure fédérale. Des observations sur le fond n'ont pas été requises. D. Par ordonnance du 28 décembre 2011, la Présidente de la IIe Cour de droit civil a accordé l'effet suspensif quant aux aliments dus jusqu'en novembre 2011 et rejeté la requête pour les contributions dues depuis cette date.
Considérant en droit: 1. 1.1 L'arrêt attaqué, qui porte sur des mesures provisoires ordonnant le versement d'une contribution d'entretien dans le contexte d'une action en paternité et en paiement d'aliments ouverte avant l'entrée en vigueur de Code de procédure civile du 19 décembre 2008 (art. 281 ss aCC, applicables en vertu de l'art. 404 al. 1 CPC), constitue une décision en matière civile au sens de l'art. 72 al. 1 LTF. Il s'agit d'une contestation de nature pécuniaire dont la valeur litigieuse atteint 30'000 fr. (art. 51 al. 1 let. c et al. 4 et art. 74 al. 1 let. b LTF). Le recours, déposé dans le délai (art. 100 al. 1 LTF) et la forme (art. 42 LTF) prévus par la loi, est dirigé contre une décision rendue par une juridiction cantonale de dernière instance ayant statué sur recours (art. 75 LTF). Le recourant, qui a été débouté de ses conclusions par l'autorité précédente, a qualité pour recourir (art. 76 al. 1 LTF). 1.2 Bien que la décision entreprise ne soit pas très claire sur ce point, les mesures provisoires ordonnées dans le cas présent se fondent sur l'art. 283 aCC (= art. 303 al. 2 let. b CPC), aux termes duquel, lorsque la paternité est présumée et le reste après l'administration des preuves immédiatement disponibles, le défendeur doit, sur requête du demandeur, même avant le jugement, contribuer d'une manière équitable à l'entretien de l'enfant. Il ne s'agit pas là de mesures de réglementation - comme les mesures provisionnelles ordonnées en faveur d'un enfant mineur à l'égard duquel le lien de filiation est établi (art. 281 al. 2 aCC; ATF 137 III 586 consid. 1.2, avec les références) -, mais de mesures d'exécution anticipées (HOHL, La réalisation du droit et les procédures rapides, 1994, n° 576 ss, avec les citations): si l'action est admise, les contributions provisionnelles versées «constitueront des à-valoir sur la créance de l'enfant», alors que, dans le cas inverse, «elles devront être remboursées au défendeur» (ATF 136 IV 122 consid. 2.3 et la doctrine citée). La décision qui les ordonne est ainsi une décision incidente au sens de l'art. 93 al. 1 LTF, à l'instar de celle qui est rendue en faveur d'un enfant majeur sur la base de l'art. 281 aCC (ATF 135 III 238). C'est dès lors à juste titre - mais avec une motivation erronée - que le magistrat précédent s'est référé à l'art. 93 al. 1 LTF. Il en va de même du recourant, lorsqu'il discute la recevabilité du recours; avec raison, il ne mentionne pas l'art. 92 LTF, faute de décision sur la compétence notifiée séparément (cf. ATF 135 III 566 consid. 1); d'ailleurs, son chef de conclusions principal semble avoir a priori pour objet de provoquer une telle décision séparée, droit qu'il pourrait le cas échéant faire valoir s'il s'exposait à un préjudice irréparable (sur cette possibilité: UHLMANN, in: Basler Kommentar, BGG, 2e éd., 2011, n° 5 ad art. 92 LTF). 1.3 Selon l'art. 93 al. 1 LTF, les décisions incidentes sont susceptibles de recours si elles peuvent causer un préjudice irréparable (let. a) ou si l'admission du recours peut conduire immédiatement à une décision finale qui permet d'éviter une procédure probatoire longue et coûteuse (let. b). L'hypothèse prévue à l'art. 93 al. 1 let. b LTF étant exclue en l'occurrence (ATF 137 III 589 consid. 1.2.3), il y a lieu d'examiner si la décision attaquée cause un préjudice irréparable, comme le prétend le recourant. 1.3.1 Le «préjudice irréparable» au sens de la disposition précitée doit être de nature juridique et ne pas pouvoir être réparé ultérieurement par une décision finale favorable au recourant (ATF 137 III 324 consid. 1.1; 137 V 314 consid. 2.2.1 et les arrêts cités). De jurisprudence constante, le fait d'être exposé au paiement d'une somme d'argent n'entraîne, en principe, aucun préjudice de cette nature (ATF 137 III 637 consid. 1.2 et l'arrêt cité). 1.3.2 En l'espèce, le recourant allègue que, privé de revenu hormis sa retraite de 1'776 USD par mois, il sera contraint de vendre l'immeuble qu'il possède aux États-Unis, détériorant ainsi gravement sa situation financière. Au surplus, vu la situation financière précaire de la mère de l'enfant, il est exposé à ne pas pouvoir recouvrer les montants payés à tort en cas d'issue favorable du procès. Ce faisant, le recourant se contente d'exposer son propre point de vue en s'appuyant sur certains éléments isolés du dossier. Par exemple, il ne ressort pas de la décision déférée qu'il ne disposerait plus d'aucune fortune; cette décision retient en outre qu'il a perçu un salaire particulièrement confortable en Suisse, ainsi qu'une compensation financière de 100'000 fr. (dont à déduire les taxes usuelles), avant de quitter son employeur à fin décembre 2009. De surcroît, le juge précédent relève que deux témoins - entendus à l'audience de mesures provisionnelles du 5 juillet 2011 - ont déclaré «que [le recourant] menait un très grand train de vie et semblait dès lors avoir beaucoup d'argent, s'en vantant même». Or, le recourant ne discute pas ces points, respectivement se contente de relativiser lesdits témoignages; ses allégations quant à la nécessité d'aliéner son bien immobilier et à l'impossibilité de récupérer les pensions versées indûment ne sont ainsi pas de nature à infirmer le principe selon lequel un préjudice purement économique n'est pas irréparable au sens de l'art. 93 al. 1 let. a LTF. 1.4 Il découle de ce qui précède que le recours est irrecevable. 2. Vu l'issue de la procédure, les frais judiciaires incombent au recourant (art. 66 al. 1 LTF); en revanche, il n'y a pas lieu de l'astreindre à payer des dépens à sa partie adverse, qui n'a pas été invitée à se déterminer sur le fond et s'est opposé à tort à l'octroi de l'effet suspensif. Pour le surplus, la requête d'assistance judiciaire de l'intimé doit être admise (art. 64 al. 1 et 2 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est irrecevable. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 1'500 fr., sont mis à la charge du recourant. 3. La requête d'assistance judiciaire est admise; Me Jacques Michod est désigné en tant qu'avocat d'office de l'intimé et une indemnité de 200 fr. lui est allouée à titre d'honoraires. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et au Juge délégué de la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud. Lausanne, le 23 mars 2012 Au nom de la IIe Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente: Hohl Le Greffier: Braconi
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Sachverhalt: A. Mit Gesuch vom 2. April 2007 verlangte Y._ als Willensvollstrecker des Nachlasses von Z._ im Rahmen einer vorsorglichen Beweisführung gemäss Art. 222 ZPO/BE die Herausgabe verschiedener privater und geschäftlicher Unterlagen (Bankauszüge sowie Steuererklärungen und -veranlagungen; Gründungsakten und Bilanzen der Firma; Finanzierungsbelege für Grundstücke). Mit Entscheid vom 6. Juli 2007 gab der Gerichtspräsident 5 des Gerichtskreises II Biel-Nidau diesem Begehren statt. B. Gegen diesen Entscheid hat X._ Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und Abweisung des Gesuchs um vorsorgliche Beweisführung, eventualiter um Rückweisung an die Vorinstanz. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gegen den die vorsorgliche Beweisführung anordnenden Entscheid steht auf kantonaler Ebene kein Rechtsmittel zur Verfügung (Leuch/ Marbach/Kellerhals/Sterchi, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl., Bern 2000, N. 2 zu Art. 227), weshalb sich der angefochtene Entscheid als kantonal letztinstanzlich erweist (Art. 75 Abs. 1 BGG). Er beschlägt eine Zivilsache im Sinn von Art. 72 Abs. 1 BGG. Dem Gesuch liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Erblasser zwischen Mai 2004 und August 2005 unbestrittenermassen die Summe von insgesamt Fr. 900'000.-- abgehoben hat und der Willensvollstrecker geltend macht, der Erblasser habe in derart kurzer Zeit unmöglich einen solchen Betrag für sich verbrauchen können, sondern das Geld zum grössten Teil der Beschwerdeführerin zufliessen lassen. Vor diesem Hintergrund übersteigt der Streitwert für die vorsorgliche Beweismassnahme die bei vermögensrechtlichen Angelegenheiten geltende Schwelle von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG; zur Frage der vermögensrechtlichen Natur von Beweismassnahmen bzw. Auskunftsbegehren im Zusammenhang mit einer Erbteilung vgl. BGE 127 III 396 E. 1b/cc S. 398). Die vorsorgliche Beweisführung ergeht in einem eigenständigen Verfahren (Kummer, Grundriss des Zivilprozessrechts, 4. Aufl., Bern 1984, S. 183), das mit dem angefochtenen Entscheid seinen Abschluss gefunden hat (vgl. angefochtener Entscheid, E. 14); dieser ist folglich ein Endentscheid gemäss Art. 90 BGG. Die Beschwerde in Zivilsachen ist somit vom Grundsatz her zulässig. 2. Bei der vorsorglichen Beweisführung handelt es sich um eine vorsorgliche Massnahme im Sinn von Art. 98 BGG, womit nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann. Die Beschwerdeführerin macht denn auch ausschliesslich eine Verletzung des Prinzips der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV) sowie der Grundrechte der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) und der Privatsphäre (Art. 13 Abs. 1 BV) geltend. Das Bundesgericht wendet das Recht in der Regel von Amtes wegen an (iura novit curia; Art. 106 Abs. 1 BGG). Für bestimmte Vorbringen gilt indes das Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Soweit dieses zum Tragen kommt, gelten die gleichen Begründungsanforderungen, wie sie gestützt auf Art. 90 Abs. 1 lit. b OG für die staatsrechtliche Beschwerde gegolten haben (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Nach den Ausführungen in der Botschaft soll überdies auch der Anwendungsbereich des Rügeprinzips der bisherigen Praxis zur staatsrechtlichen Beschwerde entsprechen (BBl 2001 S. 4344). Entgegen dem strikten Wortlaut von Art. 106 Abs. 2 BGG gilt es deshalb nicht nur für die Grundrechte im eigentlichen Sinn, sondern für die verfassungsmässigen Rechte überhaupt, folglich auch für das Prinzip der derogatorischen Kraft des Bundesrechts, das als verfassungsmässiges Individualrecht anerkannt ist (BGE 123 I 221 E. 3d S. 238). Die Botschaft hält weiter fest, dass bei vorsorglichen Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG - wo das Recht nach dem Gesagten nicht von Amtes wegen angewandt wird, sondern das Rügeprinzip gilt - der Grundsatz von Treu und Glauben verbietet der Vorinstanz, bekannte rechtserhebliche Einwände vorzuenthalten und diese erst nach dem Ergehen eines ungünstigen Entscheides im anschliessenden Rechtsmittelverfahren zu erheben (BBl 2001 S. 4345 oben). Sie verweist damit auf die entsprechende Praxis zur staatsrechtlichen Beschwerde (z.B. BGE 119 Ia 221 E. 5a S. 228 f.; 124 I 121 E. 2 S. 123) und in einem weiteren Sinn auf den Grundsatz, wonach bei dieser nicht nur neue tatsächliche, sondern auch neue rechtliche Vorbringen unzulässig waren (BGE 118 Ia 20 E. 5a S. 26; 128 I 354 E. 6c S. 357). Dieser Grundsatz ergibt sich auch aus dem Erfordernis der Letztinstanzlichkeit des angefochtenen Entscheides (Prinzip der relativen Subsidiarität) und fusst auf dem Gedanken, dass der Instanzenzug nicht nur prozessual durchlaufen, sondern auch materiell erschöpft sein muss. Zwar trat das Bundesgericht ausnahmsweise auf Rügen ein zu Gesichtspunkten, die sich aufdrängten und deshalb von der kantonalen Instanz hätten berücksichtigt werden müssen, oder zu denen erst die Begründung des angefochtenen Entscheides Anlass gab (BGE 99 Ia 113 E. 4a S. 122), ferner im Zusammenhang mit Sachverhaltsabklärungen oder wenn die letzte kantonale Instanz volle Überprüfungsbefugnis besass und das Recht von Amtes wegen anzuwenden hatte (BGE 107 Ia 187 E. 2b S. 191). All diese Ausnahmen standen aber unter dem Vorbehalt - worauf die eingangs zitierte Botschaft verweist -, dass mit den entsprechenden Rügen nicht in gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossender Weise zugewartet wurde (Zitate vorstehend). Dies setzte voraus, dass der Beschwerdeführer den Mangel nicht gekannt hat (zum Ganzen: BGE 128 I 354 E. 6c S. 357 f.; Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., Bern 1994, S. 369 f.). 3. Nach Art. 222 ZPO/BE kann eine Partei jederzeit über Tatsachen, die sie in einem bereits hängigen oder zukünftigen Prozess geltend machen will, vorsorglichen Beweis führen. Das Vorbringen, diese Regelung verstosse einerseits gegen das Prinzip der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV) und andererseits gegen die Grundrechte der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) und der Privatsphäre (Art. 13 Abs. 1 BV), wird erstmals vor Bundesgericht erhoben; es stellt folglich ein rechtliches Novum dar. Die Beschwerdeführerin stellt letztlich das Institut der vorsorglichen Beweisführung in Frage und hält jedenfalls die bernische Regelung als solche für verfassungswidrig. Dies hätte sie nach Treu und Glauben bereits im kantonalen Verfahren vorbringen müssen, zumal sie anwaltlich vertreten ist. Insbesondere lässt sich nicht sagen, erst der angefochtene Entscheid habe zu den nunmehr vorgetragenen Rügen Anlass gegeben, und ebenso wenig handelt es sich um Fragen, die sich aufdrängten und deshalb im kantonalen Verfahren von Amtes wegen hätten aufgegriffen werden müssen, finden sich doch in der Literatur keine Vorbehalte im Sinn der vorgebrachten Rügen; vielmehr trifft das Gegenteil zu: Nach dem einschlägigen Kommentar, der auch im angefochtenen Entscheid zitiert wird, dient das Institut wegen der fehlenden Voraussetzung der Beweisgefährdung u.a. zur Klärung der Prozessaussichten, wovon in der Praxis allerdings wenig Gebrauch gemacht werde (Leuch/Marbach/Kellerhals/Sterchi, a.a.O., N. 1a zu Art. 222 ZPO/BE). Auch an anderen Orten wird ausdrücklich auf diesen Umstand hingewiesen und im Übrigen festgehalten, dass die prozessuale Editionspflicht im Unterschied zur materiellen nicht auf den betreffenden Anwendungsbereich beschränkt ist (Spühler/Vock, Urkundenedition nach den Prozessordnungen der Kantone Zürich und Bern, in: SJZ 1999, S. 41 ff.; Gessler, Informationsbeschaffung mit den Mitteln des Zivilprozessrechts, in: SJZ 2004, S. 433 ff.). Vor diesem Hintergrund verstösst es gegen Treu und Glauben, wenn die Beschwerdeführerin in ihrer kantonalen Vernehmlassung vom 29. Mai 2007 - bei der vorsorglichen Beweisführung handelt es sich um ein kontradiktorisches Zweiparteienverfahren, bei welchem die Gegenpartei gemäss Art. 227 ZPO/BE Widerspruch erheben und geltend machen kann, dass der Beweisführer kein rechtliches Interesse an der Beweisführung habe - lediglich die Aktivlegitimation des Willensvollstreckers angezweifelt, Sicherstellung der Parteikosten im Sinn von Art. 228 ZPO/BE verlangt und die Voraussetzungen für den Durchgriff auf ihre Firma bestritten, jedoch mit ihren grundsätzlichen Vorbringen gegen das Institut der vorsorglichen Beweisführung bzw. gegen deren Regelung in der bernischen Zivilprozessordnung zugewartet und diese erst im Anschluss an den zu ihren Ungunsten ausgefallenen Entscheid erhoben hat. 4. Zusammenfassend ergibt sich, dass auf die Beschwerde in Zivilsachen nicht einzutreten ist. Ebenso wenig ist auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde einzutreten, auf welche die vorstehenden Ausführungen und Grundsätze ebenfalls Anwendung finden (Art. 116 und 117 BGG). Zufolge Nichteintretens ist die Gerichtsgebühr der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenpartei ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Beschwerde in Zivilsachen und auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Gerichtskreis II Biel-Nidau, Gerichtspräsident 5, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 18. September 2007 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Sachverhalt: A. Am 21. Dezember 2009 kam es im Restaurant der Autobahnraststätte Neuenkirch zu einer Aussprache zwischen X._ und A._ wegen eines umstrittenen Leasinggeschäfts. Dieses Gespräch nahm A._ ohne Einwilligung von X._ mit seinem I-Phone auf. Aufgrund dieses Sachverhalts bestrafte ihn der Amtstatthalter Sursee auf Strafantrag von X._ hin mit Strafverfügung vom 26. April 2010 wegen unbefugten Aufnehmens von Gesprächen mit einer bedingt aufgeschobenen Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 40.-, bei einer Probezeit von 2 Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 250.-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage). Auf Einsprache des Beurteilten hin bestätigte der Amtstatthalter Sursee nach Durchführung einer Strafuntersuchung seinen Entscheid mit erneuter Strafverfügung vom 2. November 2010 im Schuldpunkt und setzte die Strafe auf eine Geldstrafe von 18 Tagessätzen zu Fr. 30.--, mit bedingtem Vollzug bei einer Probezeit von 2 Jahren, sowie auf eine Busse von Fr. 200.-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) herab. Auf Einsprache gegen diesen Entscheid verurteilte das Bezirksgericht Willisau A._ mit Urteil vom 22. Juni 2011 wegen unbefugten Aufnehmens von Gesprächen zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 30.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren sowie einer Busse von Fr. 200.-- (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage). Gleichzeitig auferlegte es A._ die Verfahrenskosten von insgesamt Fr. 3'140.-- und verpflichtete ihn, X._ eine Parteientschädigung von Fr. 3'397.35 zu entrichten. Auf Berufung des Beurteilten sprach das Obergericht des Kantons Luzern A._ am 17. November 2011 vom Vorwurf des unbefugten Aufnehmens von Gesprächen frei. Gleichzeitig auferlegte es X._ die erst- und zweitinstanzlichen Verfahrenskosten von Fr. 5'140.-- sowie die Kosten der Verteidigung von A._ in der Höhe von Fr. 7'999.25. B. X._ führt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht, mit der er beantragt, das angefochtene Urteil sei im Kostenpunkt aufzuheben. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner ersucht er um Gewährung der aufschiebenden Wirkung für seine Beschwerde. C. Das Obergericht des Kantons Luzern und A._ haben sich zum Gesuch um aufschiebende Wirkung vernehmen lassen. Mit Verfügung vom 1. März 2012 hat der Präsident der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt. D. Das Obergericht des Kantons Luzern beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Die Oberstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme auf einen Antrag verzichtet. A._ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. X._ hat in seiner Replik zu diesen Vernehmlassungen Stellung genommen.
Erwägungen: 1. Am 1. Januar 2011 ist die Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO; SR 312.0) in Kraft getreten. Soweit ein Entscheid noch vor Inkrafttreten der StPO gefällt worden ist, werden dagegen erhobene Rechtsmittel nach bisherigem Recht und von den bisher zuständigen Behörden beurteilt (Art. 453 Abs. 1 StPO). Für Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Entscheide, die nach dem 31. Dezember 2010 gefällt wurden, gilt das neue Recht (Art. 454 Abs. 1 StPO). Ausschlaggebend für die Anwendbarkeit des alten oder des neuen Prozessrechts ist insofern das Datum des erstinstanzlichen Entscheids (BGE 137 IV 189 E. 1 und 219 E. 1.1 mit Hinweisen). Das Urteil des Bezirksgerichts Willisau datiert vom 22. Juni 2011. Damit findet die StPO Anwendung. Nach Art. 448 Abs. 2 StPO behalten Verfahrenshandlungen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes angeordnet oder durchgeführt worden sind, ihre Gültigkeit. Dies gilt auch für die Frage, ob sich der Beschwerdeführer als Privatkläger konstituiert hat. Nach § 35 Abs. 2 Ziff. 1 des Gesetzes über die Strafprozessordnung des Kantons Luzern vom 3. Juni 1957 (StPO/LU) war zur Privatklage berechtigt, wer nach eidgenössischem oder kantonalem Recht zum Strafantrag befugt ist. Diese Regelung entspricht Art. 118 Abs. 2 StPO, wonach der Strafantrag der Erklärung gleichgestellt ist, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilkläger zu beteiligen. Mit seiner Strafanzeige vom 23. Dezember 2009 hat sich der Beschwerdeführer als Privatkläger konstituiert. 2. Gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat (lit. b). Zur Beschwerde legitimiert ist u.a. die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Ziff. 5; vgl. BGE 137 IV 246 E. 1.3.1). Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der Privatkläger die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache selber getrennt werden können. Nicht zu hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.3.2; 133 I 185 E. 6.2). Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Verfahren Strafantrag gestellt und ist von der Vorinstanz zur Tragung sämtlicher ordentlicher und ausserordentlicher Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens verurteilt worden. Insoweit ist der Beschwerdeführer vom angefochtenen Urteil beschwert und hat ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG (vgl. BGE 136 IV 29 E. 1.9; ferner Urteil des Bundesgerichts 6B_89/2009 vom 29.10.2009 E. 1.2.3). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde in Strafsachen ist einzutreten. 3. 3.1 Die Vorinstanz auferlegt dem Beschwerdeführer aufgrund des Ausgangs des Berufungsverfahrens alle Verfahrenskosten beider kantonaler Instanzen und verurteilt ihn zur Bezahlung einer Parteientschädigung an den Beschwerdegegner 2. Sie stützt sich dabei auf den Umstand, dass die Aufnahme des Gesprächs vom 21. Dezember 2009 durch die Drohungen des Beschwerdeführers provoziert wurden (angefochtenes Urteil S. 17, vgl. auch S. 10 ff.). 3.2 Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, dem Privatkläger könnten bei Antragsdelikten die Verfahrenskosten nur auferlegt werden, wenn er das Verfahren mutwillig oder grob fahrlässig eingeleitet oder dessen Durchführung erschwert hat. Andernfalls wäre die Einreichung einer Strafklage bei Antragsdelikten mit einem nicht abschätzbaren und erheblichen Kostenrisiko verbunden (Beschwerde S. 13 f.). Zudem sei zu berücksichtigen, dass er nach dem im Zeitpunkt der Strafanzeige noch geltenden kantonalen Strafprozessrecht automatisch als Privatkläger galt. Er habe im vorliegenden Verfahren weder eine Zivilforderung noch im Anschluss an das Untersuchungsverfahren irgendwelche Beweisanträge gestellt. Er habe auch nicht an den Verhandlungen vor den kantonalen Instanzen teilgenommen. Dass der Beschwerdegegner 2 von der Staatsanwaltschaft angeklagt und von der ersten Instanz schuldig erklärt worden sei, belege, dass die Strafklage nicht mutwillig oder grob fahrlässig erhoben worden sei. Es sei daher nicht zulässig, ihm die Kosten aller Instanzen aufzuerlegen (Beschwerde S. 14 f.). In Bezug auf die Auferlegung der zweitinstanzlichen Kosten bringt der Beschwerdeführer vor, ob eine Partei obsiege oder unterliege, hänge davon ab, in welchem Ausmass ihre vor dem Berufungsgericht gestellten Anträge gutgeheissen würden. Stelle eine Partei, welche kein Rechtsmittel ergriffen habe, aber zu einer allfälligen Stellungnahme eingeladen worden sei, keine Anträge, so könne sie weder obsiegen noch unterliegen und daher auch nicht kostenpflichtig werden. Da er im zweitinstanzlichen Verfahren keine Anträge gestellt habe, sei er im Verfahren nicht unterlegen, so dass ihm keine Kosten auferlegt werden könnten. Aus demselben Grund habe er auch keine Entschädigung an den Beschwerdegegner 2 zu entrichten (Beschwerde S. 15). Schliesslich rügt der Beschwerdeführer eine willkürliche Feststellung des Sachverhalts, soweit die Vorinstanz annehme, er habe die Aufnahme des Gesprächs durch Drohungen provoziert (Beschwerde S. 16 ff.). 4. Zunächst ist zu prüfen, ob das angefochtene Urteil in Bezug auf die Auferlegung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf den Beschwerdeführer als Antragsteller und Privatkläger vor Bundesrecht standhält. 4.1 Gesetzliche Grundlage bildet Art. 427 StPO. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung können der Privatklägerschaft die Verfahrenskosten, die durch ihre Anträge zum Zivilpunkt verursacht worden sind, auferlegt werden, wenn das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen wird (lit. a), die Privatklägerschaft die Zivilklage vor Abschluss der erstinstanzlichen Hauptverhandlung zurückzieht (lit. b) oder die Zivilklage abgewiesen oder auf den Zivilweg verwiesen wird (lit. c). Voraussetzung ist, dass der Privatkläger einen Antrag oder mehrere Anträge zum Zivilpunkt gestellt hat (Jürg Bähler/Christof Riedo, Kosten kosten - Geld und Nerven, Jusletter 13. Februar 2012 Rz 65). Wird das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen, können gemäss Art. 427 Abs. 2 StPO bei Antragsdelikten die Verfahrenskosten der antragstellenden Person, sofern diese mutwillig oder grob fahrlässig die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat, oder der Privatklägerschaft auferlegt werden, soweit nicht die beschuldigte Person rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat (Art. 427 Abs. 2 lit. b mit Verweisung auf 426 Abs. 2 StPO). 4.1 Gesetzliche Grundlage bildet Art. 427 StPO. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung können der Privatklägerschaft die Verfahrenskosten, die durch ihre Anträge zum Zivilpunkt verursacht worden sind, auferlegt werden, wenn das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen wird (lit. a), die Privatklägerschaft die Zivilklage vor Abschluss der erstinstanzlichen Hauptverhandlung zurückzieht (lit. b) oder die Zivilklage abgewiesen oder auf den Zivilweg verwiesen wird (lit. c). Voraussetzung ist, dass der Privatkläger einen Antrag oder mehrere Anträge zum Zivilpunkt gestellt hat (Jürg Bähler/Christof Riedo, Kosten kosten - Geld und Nerven, Jusletter 13. Februar 2012 Rz 65). Wird das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen, können gemäss Art. 427 Abs. 2 StPO bei Antragsdelikten die Verfahrenskosten der antragstellenden Person, sofern diese mutwillig oder grob fahrlässig die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat, oder der Privatklägerschaft auferlegt werden, soweit nicht die beschuldigte Person rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat (Art. 427 Abs. 2 lit. b mit Verweisung auf 426 Abs. 2 StPO). 4.2 4.2.1 Als Privatklägerschaft gilt nach Art. 118 Abs. 1 StPO die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin bzw. -kläger zu beteiligen (vgl. Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO). Gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung ist der Strafantrag (Art. 30 StGB) dieser Erklärung gleichgestellt. Damit kommt ohne weiteres der antragstellenden Person die prozessuale Stellung einer Privatklägerin zu. Die geschädigte oder die antragsstellende Person kann indes nach Art. 120 Abs. 1 StPO jederzeit erklären, dass sie auf die ihr zustehenden Rechte verzichtet. Dabei gilt der Verzicht auf die Beteiligung als Privatklägerschaft nicht als Rückzug des Strafantrages (MAZZUCHELLI/POSTIZZI, Basler Kommentar, Strafprozessordnung, 2011, Art. 118 N 6 und Art. 120 N 3). 4.2.2 Die Bestimmung von Art. 427 Abs. 2 StPO differenziert hinsichtlich der Kostenauflage zwischen der antragstellenden Person und der Privatklägerschaft. Während der Privatklägerschaft die Verfahrenskosten bei Freisprechung der beschuldigten Person oder Einstellung des Verfahrens ohne Einschränkung auferlegt werden können, ist dies beim Antragsteller, der auf seine Parteistellung verzichtet hat, nur bei mutwilliger oder grob fahrlässiger Einleitung des Verfahrens oder bei Erschwerung der Durchführung desselben zulässig. In diesem Punkt stimmen der deutsche und der italienische Gesetzestext indes mit der französischen Fassung der Bestimmung nicht überein. Nach der französischen Formulierung können die Verfahrenskosten auch der Privatklägerschaft nur auferlegt werden, wenn sie die Einleitung des Verfahrens mutwillig oder grob fahrlässig bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat ("En cas d'infractions poursuivies sur plainte, les frais de procédure peuvent, aux conditions suivantes, être mis à la charge de la partie plaignante ou du plaignant qui, ayant agi de manière téméraire ou par négligence grave, a entravé le bon déroulement de la procédure ou rendu celle-ci plus difficile:..."). 4.2.3 Im bundesrätlichen Entwurf zu einer Schweizerischen Strafprozessordnung vom 21. Dezember 2005 lautete die einschlägige Bestimmung (Art. 434 Abs. 2 E-StPO) folgendermassen: Bei Antragsdelikten können die Verfahrenskosten der Privatklägerschaft auferlegt werden: a) wenn das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen wird; und b) soweit die beschuldigte Person nicht nach Artikel 433 Absatz 2 kostenpflichtig ist. Die geltende Fassung von Art. 427 Abs. 2 StGB geht auf einen dem Antrag seiner vorberatenden Kommission folgenden Beschluss des Ständerates zurück. Mit der vorgenommenen Änderung wollte der Ständerat in Abweichung vom bundesrätlichen Vorschlag (Art. 118 Abs. 3 E-StPO) der geschädigten Person bei Antragsdelikten den Verzicht auf die Beteiligung als Privatkläger ermöglichen, ohne dass damit zwingend der Rückzug des Strafantrags verbunden sein sollte (vgl. AB 2006 S 1011 und 1058 f.; AB 2007 N 952 und 1032; vgl. auch YVONA Griesser, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2010, Art. 427 N 8 f.; THOMAS DOMEISEN, Basler Kommentar, Strafprozessordnung, 2011, Art. 427 StPO N 9; vgl. auch Niklaus Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, Art. 427 N 9). Diese Abänderung des bundesrätlichen Entwurfs erforderte eine Anpassung der Bestimmungen über die Kostenregelung. Danach sollte die antragstellende Person, die als Privatklägerin am Verfahren teilnimmt, grundsätzlich auch das volle Kostenrisiko tragen, während diejenige Person, die nur Strafantrag stellt und sich als Privatklägerin zurückzieht, einzig bei trölerischem Verhalten kostenpflichtig wird. Dass dem Privatkläger bei einem Antragsdelikt die Kosten des Verfahrens uneingeschränkt auferlegt werden können, entspricht daher dem Willen des Gesetzgebers und ergibt sich unmissverständlich aus der Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (BBl 2005 1327 Ziff. 2.10.2), wonach die Bestimmung (Art. 434 E-StPO) der Grundtendenz des Entwurfs folge, die einerseits darin besteht, die Verfahrensrechte der Privatklägerschaft auszudehnen, ihr aber andererseits vermehrt Kostenpflichten aufzuerlegen (a.M. Bähler/Riedo, a.a.O., Rz. 84). 4.2.4 Die Regelung von Art. 427 Abs. 2 StPO ist dispositiver Natur. Das Gericht kann von ihr abweichen, wenn die Sachlage dies rechtfertigt (vgl. auch Botschaft, a.a.O., S. 1327). Die Verfahrenskosten sind damit bei Freispruch oder Einstellung des Verfahrens nicht zwingend von der Privatklägerschaft zu tragen. Über die Gründe, nach welchen sich die Überwälzung der Verfahrenskosten auf die Privatklägerschaft richtet, schweigt sich das Gesetz indes aus. Das Gericht hat also nach Recht und Billigkeit zu entscheiden (Art. 4 ZGB). 4.3 Der Beschwerdeführer erhob am 3. Februar 2010 Strafklage, mit der er beantragte, der Beschwerdegegner sei des unbefugten Aufnehmens von Gesprächen gemäss Art. 179ter StGB schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen und es seien bei ihm und bei seiner Firma Hausdurchsuchungen durchzuführen und sämtliche Mobiltelefone und Audioaufzeichnungen auf EDV-Anlagen sicherzustellen. An der erstinstanzlichen Hauptverhandlung nahm er nicht teil (Akten Bezirksgericht Willisau act. A 20). Mit Schreiben vom 23. Mai 2011 liess er sich lediglich zu den Beweisanträgen des Beschwerdegegners vernehmen, ohne eigene Anträge zu stellen (Akten Bezirksgericht Willisau act. A 16). Er reichte auch keinerlei Beweisanträge ein und forderte weder Schadenersatz noch Genugtuung. 4.3 Der Beschwerdeführer erhob am 3. Februar 2010 Strafklage, mit der er beantragte, der Beschwerdegegner sei des unbefugten Aufnehmens von Gesprächen gemäss Art. 179ter StGB schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen und es seien bei ihm und bei seiner Firma Hausdurchsuchungen durchzuführen und sämtliche Mobiltelefone und Audioaufzeichnungen auf EDV-Anlagen sicherzustellen. An der erstinstanzlichen Hauptverhandlung nahm er nicht teil (Akten Bezirksgericht Willisau act. A 20). Mit Schreiben vom 23. Mai 2011 liess er sich lediglich zu den Beweisanträgen des Beschwerdegegners vernehmen, ohne eigene Anträge zu stellen (Akten Bezirksgericht Willisau act. A 16). Er reichte auch keinerlei Beweisanträge ein und forderte weder Schadenersatz noch Genugtuung. 4.4 4.4.1 Die Verlegung der Kosten richtet sich nach dem Grundsatz, wonach Kosten zu tragen hat, wer sie verursacht. So gründet namentlich die Kostentragungspflicht des Beschuldigten im Falle eines Schuldspruchs auf der Annahme, dass er die Verfahrenskosten als Folge seiner Tat veranlasst hat (DOMEISEN, a.a.O., Art. 426 StPO N 2; Griesser, a.a.O., Art. 426 N 1). Der Beschwerdeführer hat sich - abgesehen von der Erhebung der Strafklage - an dem gegen den Beschwerdegegner geführten Strafverfahren nicht aktiv beteiligt. Insofern hat er keine Kosten verursacht. Es können ihm daher grundsätzlich keine Kosten auferlegt werden. Zwischen ihm, der allein deshalb dem Privatkläger gleichgestellt wird, weil er Strafantrag gestellt hat, und dem Antragsteller, der gemäss Art. 120 Abs. 1 StPO ausdrücklich auf die ihm zustehenden Rechte verzichtet und infolgedessen nur bei mutwilliger oder grob fahrlässiger Einleitung des Verfahrens kostenpflichtig wird (Art. 427 Abs. 2 StPO), besteht im Grunde kein Unterschied. Auch in Bezug auf den Zivilpunkt können der Privatklägerschaft gemäss Art. 427 Abs. 1 StPO bei Freispruch des Beschuldigten Verfahrenskosten nur auferlegt werden, wenn sie diese durch entsprechende Anträge verursacht hat. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb der Strafantrag stellende Privatkläger, der sich nicht aktiv am Verfahren beteiligt, bei Freispruch des Beschuldigten generell kostenpflichtig werden soll, während bei vom Privatkläger angezeigten Offizialdelikten die Kostentragungspflicht auf Verfahrenskosten beschränkt ist, die durch dessen Anträge zum Zivilpunkt verursacht worden sind (vgl. Niklaus Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, Art. 432 N 3 zur Entschädigungspflicht des Privatklägers bei Obsiegen der beschuldigten Person). Im Übrigen verwandeln sich auch im Bereich der Antragsdelikte die aufgrund von Verfahrensanträgen der Privatklägerschaft vorgenommenen Handlungen in behördliche Verfahrenshandlungen, für welche grundsätzlich der Staat verantwortlich ist und daher die Kosten tragen muss (vgl. Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006, S. 1327; DOMEISEN, a.a.O., Art. 427 StPO N 2). Dem Privatkläger, dessen Beteiligung sich auf die Beantragung der Bestrafung (Art. 30 Abs. 1 StGB) beschränkt und auf die ihm zustehenden Verfahrensrechte verzichtet, können daher Kosten nur in besonderen Fällen auferlegt werden (vgl. auch Bähler/Riedo, a.a.O., Rz 77). Ein solcher ist hier nicht ersichtlich. Angesichts des Umstands, dass das Amtstatthalteramt und die erste Instanz zu Schuldsprüchen gelangt sind, lässt sich jedenfalls nicht sagen, dass das Verfahren ohne Anlass und ohne hinreichende Grundlage eingeleitet worden und dessen Durchführung erschwert worden wäre. Die Auferlegung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten verletzt schon aus diesen Gründen Bundesrecht. 4.4.2 Das angefochtene Urteil hält auch insoweit nicht vor Bundesrecht stand, als die Vorinstanz die Kostenverlegung damit begründet, die umstrittene Aufnahme des Gesprächs vom 21. Dezember 2009 sei durch Drohungen des Beschwerdeführers provoziert worden (angefochtenes Urteil S. 17 Ziff. 4.1). Auch wenn der Beschwerdegegner nach Auffassung der Vorinstanz im konkreten Fall befugt war, das Gespräch mit dem Beschwerdeführer ohne dessen Zustimmung aufzunehmen, rechtfertigt dies nicht, die Verfahrenskosten auf Letzteren zu überwälzen. Der Beschwerdegegner wurde von der Staatsanwaltschaft und der ersten Instanz schuldig gesprochen. Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer mit seinem Strafantrag kein zum vorneherein aussichtsloses Strafverfahren angestrengt hat. Dass er als Antragsteller am Verfahren als Privatkläger beteiligt war, lag im Wesentlichen in dem zur Zeit der Antragstellung geltenden kantonalen Strafprozessrecht begründet (vgl. § 35 StPO/LU). Die Interessenlage des Beschwerdeführers präsentierte sich ähnlich wie diejenige einer Person, die ein Offizialdelikt zur Anzeige bringt und die deshalb nur unter den restriktiven Voraussetzungen von Art. 427 Abs. 1 bzw. Art. 417 StPO zur Übernahme der Verfahrenskosten verpflichtet werden kann. Die Vorinstanz verletzt das ihr zustehende Ermessen und damit Art. 427 Abs. 2 StGB, wenn sie dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Bezirksgericht mit dem einzigen Argument auferlegt, dass er durch sein Verhalten den Grund dafür gesetzt hat, dass der Beschwerdegegner das umstrittene Gespräch aufgenommen hat. 5. Zu prüfen ist weiter die Frage, ob die Vorinstanz dem Beschwerdeführer zu Recht die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auferlegt und ihn zur Leistung einer Entschädigung für die Kosten der Verteidigung an den Beschwerdegegner 2 verpflichtet hat. 5.1 Gemäss Art. 428 Abs. 1 StPO tragen die Parteien die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens. Als unterliegend gilt auch diejenige Partei, auf deren Rechtsmittel nicht eingetreten wird oder die das Rechtsmittel zurückzieht. Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin nach Abs. 3 auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung. Nach Art. 432 Abs. 1 StPO hat die obsiegende beschuldigte Person gegenüber der Privatklägerschaft Anspruch auf angemessene Entschädigung für die durch die Anträge zum Zivilpunkt verursachten Aufwendungen. Obsiegt die beschuldigte Person bei Antragsdelikten im Schuldpunkt, so können gemäss Art. 432 Abs. 2 StPO die antragstellende Person, sofern diese mutwillig oder grob fahrlässig die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat, oder die Privatklägerschaft verpflichtet werden, der beschuldigten Person die Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte zu ersetzen. 5.2 Der Beschwerdeführer verzichtete mit Schreiben vom 15. November 2011 auf die Teilnahme an der zweitinstanzlichen Verhandlung (vgl. auch zweitinstanzliches Verhandlungsprotokoll). Mit Eingabe vom 4. Oktober 2011 teilte er zudem mit, dass er weder Anschlussberufung erhebe noch Antrag auf Nichteintreten stelle. 5.3 Das angefochtene Urteil hält auch in Bezug auf die Verlegung der zweitinstanzlichen Kosten und den Anspruch des Beschwerdegegners 2 auf eine Parteientschädigung vor Bundesrecht nicht stand. Ausgangspunkt bildet der Umstand, dass der Beschwerdeführer sich nach Einreichung der Strafklage am Verfahren nicht mehr beteiligt und namentlich keine Anträge gestellt hat. Als private Partei kann im strafrechtlichen Verfahren nur obsiegen oder unterliegen, wer Anträge gestellt hat. Verzichtet sie darauf, können ihr keine Kosten auferlegt werden (DOMEISEN, a.a.O., Art. 428 StPO N 6; Griesser, a.a.O., Art. 428 N 2 mit Hinweis auf die Praxis der zürcherischen Rechtsmittelinstanzen; vgl. für das bundesgerichtliche Verfahren Marc Thommen, Kosten und Entschädigungen in strafrechtlichen Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht, forum poenale 2009, S. 53/54; ferner Urteil 6B_588/2007 vom 11.4.2008 E. 5). Der Beschwerdeführer hat im zweitinstanzlichen Verfahren keine Anträge gestellt. Es können ihm daher keine Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren auferlegt werden. Dieselben Erwägungen gelten, soweit die Vorinstanz den Beschwerdeführer verpflichtet, dem Beschwerdegegner seine Aufwendungen für die angemessene Ausübung seiner Verfahrensrechte zu ersetzen (Art. 432 Abs. 2 StPO), weil diese Entschädigungspflicht ebenfalls an das Unterliegen anknüpft. Im Übrigen ist die Bestimmung über die Verpflichtung zum Ersatz der Aufwendungen der beschuldigten Person ebenso wie die Kostentragungspflicht der Privatklägerschaft gemäss Art. 427 Abs. 2 StPO dispositiver Natur. Die Verpflichtung zur Bezahlung einer Parteientschädigung ist an die pflichtgemässe Ausübung des Ermessens gebunden. Die Erwägungen zur Auferlegung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten (E. 4.4) gelten hier entsprechend. Die Beschwerde erweist sich als begründet. 6. Die Beschwerde ist gutzuheissen. Bei diesem Ausgang wird der Beschwerdegegner, der mit seinem in der Vernehmlassung gestellten Antrag unterliegt, grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG) und hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Entschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdegegner die rechtsfehlerhafte Verlegung der Verfahrens- und Parteikosten durch die Vorinstanz nicht zu verantworten hat, rechtfertigt es sich indes, auf die Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 4 BGG) und dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zulasten des Kantons Luzern zuzusprechen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 17. November 2011 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Der Kanton Luzern hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 26. September 2012 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Mathys Der Gerichtsschreiber: Boog
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2,015
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Federation
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Faits : A. A._ est médecin indépendant à B._; il dispose des titres postgrades de médecine interne générale, d'allergologie et immunologie clinique et de pratique du laboratoire au cabinet médical. S'étant aperçu que la caisse-maladie C._ SA l'avait enlevé de sa liste des "médecins de famille agréés", le médecin l'a invitée à le faire figurer à nouveau sur la liste, par courrier du 27 juin 2013. Le 8 juillet suivant, la caisse-maladie a indiqué à A._ que compte tenu de ses nouvelles conditions d'assurance valables dès le 1 er janvier 2012, elle ne pouvait pas l'agréer comme médecin de premier recours pour ses modèles alternatifs d'assurance de base, vu sa spécialisation en allergologie et immunologie clinique. B. Le 22 juillet 2013, A._ a saisi le Tribunal arbitral de l'assurance-maladie de la République et canton de Neuchâtel d'une demande dirigée contre la société D._ SA. Il a conclu à ce qu'il soit dit que "les soins du Docteur A._ doivent être couverts par D._ pour ses assurés modèle 'médecin de famille' dans la mesure où les honoraires facturés correspondent au tarif des médecins généralistes" et à ce que, en conséquence, D._ SA soit condamnée à faire figurer le médecin sur ses listes de médecin de famille. Proposant qu'elle soit substituée, en tant que partie intimée, à D._ SA, dont les activités se limitaient au seul domaine des assurances complémentaires de droit privé, C._ SA a conclu au rejet du recours. Par jugement du 17 février 2015, le Tribunal arbitral de l'assurance-maladie neuchâtelois a déclaré irrecevable la demande en tant qu'elle est dirigée contre D._ SA, mais recevable en tant qu'elle est dirigée contre C._ SA. Il a ordonné "à celle-ci de faire figurer le Dr A._ dans sa 'liste des médecins de famille agréés' dans son modèle d'assurance de base 'médecin de famille'". C. Agissant par la voie du recours en matière de droit public, C._ SA demande au Tribunal fédéral, principalement, de réformer ce jugement en ce sens que la demande dirigée par le docteur A._ contre la caisse-maladie est déclarée irrecevable, subsidiairement, rejetée, de sorte qu'elle n'est pas tenue de faire figurer le médecin dans sa "liste des médecins de famille agréés" dans son modèle d'assurance de base. A titre subsidiaire, la caisse-maladie demande l'annulation du jugement arbitral et conclut au renvoi de la cause à l'autorité judiciaire de première instance pour nouveau jugement dans le sens des considérants du Tribunal fédéral. A._ conclut au rejet du recours dans la mesure où il est recevable. L'Office fédéral de la santé publique (OFSP) a renoncé à se déterminer.
Considérant en droit : 1. Le recours en matière de droit public peut être formé notamment pour violation du droit fédéral (art. 95 let. a LTF), que le Tribunal fédéral applique d'office (art. 106 al. 1 LTF), n'étant limité ni par les arguments de la partie recourante, ni par la motivation de l'autorité précédente. Le Tribunal fédéral fonde son raisonnement sur les faits retenus par la juridiction de première instance (art. 105 al. 1 LTF) sauf s'ils ont été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). 2. Dans un premier grief, la recourante conteste la compétence ratione materiae du Tribunal arbitral des assurances. Elle soutient que l'OFSP est exclusivement compétent pour approuver les formes particulières d'assurance au sens des art. 41 al. 4 et 62 al. 1 et 3 LAMal, ainsi que le tarif des primes correspondant. L'assureur-maladie qui propose un produit d'assurance avec des primes réduites mais impliquant un choix limité des fournisseurs de prestations pour l'assuré est tenu de soumettre à l'approbation de l'autorité fédérale de surveillance les tarifs des primes et de lui transmettre les conditions d'assurance y relatives. Selon la recourante, en validant les primes correspondant à une forme particulière d'assurance, l'OFSP valide également le modèle d'assurance en question et les conditions d'assurance. Dès lors que tant le modèle d'assurance que les primes y relatives ont été approuvés par l'OFSP, ils ne peuvent être revus par le tribunal arbitral cantonal, à la demande et en faveur d'un tiers. 2.1. Selon l'art. 89 al. 1 LAMal, les litiges entre assureurs et fournisseurs de prestations sont jugés par un tribunal arbitral. La notion de litige susceptible d'être soumis au tribunal arbitral doit être entendue au sens large. Il est nécessaire, cependant, que soient en cause des rapports juridiques qui résultent de la LAMal ou qui ont été établis en vertu de cette loi. Sont ainsi considérées comme litige dans le cadre de la LAMal les contestations portant sur des questions relatives aux honoraires ou aux tarifs. Il doit par ailleurs s'agir d'un litige entre un assureur-maladie et la personne appelée à fournir des prestations, ce qui se détermine en fonction des parties qui s'opposent en réalité. En d'autres termes, le litige doit concerner la position particulière de l'assureur ou du fournisseur de prestations dans le cadre de la LAMal (ATF 132 V 303 consid. 4.1 p. 303 et les arrêts cités). La compétence du tribunal arbitral doit être déterminée au regard des prétentions que fait valoir la partie demanderesse et de leur fondement (arrêt K 5/03 du 15 avril 2004 consid. 2.2, in RAMA 2004 n° KV 285 p. 238). 2.2. Le litige porté par l'intimé devant le Tribunal arbitral de l'assurance-maladie du canton de Neuchâtel oppose un assureur-maladie à un médecin, en sa qualité de fournisseur de prestations (art. 35 al. 1 let. a LAMal). Celui-ci a requis du tribunal qu'il condamne la recourante à le faire figurer sur sa "liste des médecins de famille", dans le cadre de la possibilité dont elle a fait usage de proposer une forme d'assurance impliquant pour l'assuré un choix limité du fournisseur de prestations. 2.3. 2.3.1. Conformément à l'art. 41 al. 1 LAMal, en cas de traitement ambulatoire, l'assuré a le libre choix entre les fournisseurs de prestations admis et aptes à traiter sa maladie. En vertu de l'art. 41 al. 4 LAMal, "l'assuré peut, en accord avec l'assureur, limiter son choix aux fournisseurs de prestations que l'assureur désigne en fonction de leurs prestations plus avantageuses (art. 62, al. 1 et 3). L'assureur ne prend en charge que les coûts des prestations prodiguées ou ordonnées par ces fournisseurs; l'al. 2 est applicable par analogie. Les prestations que la loi rend obligatoires sont en tout cas garanties". Selon l'art. 62 al. 1 LAMal, l'assureur peut réduire les primes d'assurance impliquant un choix limité du fournisseur de prestations d'après l'art. 41 al. 4. Avec l'art. 62 al. 3 LAMal, le législateur a donné au Conseil fédéral la compétence de régler en détail les formes particulières d'assurance, ce que celui-ci a fait notamment en ce qui concerne les assurances impliquant un choix limité des fournisseurs de prestations en édictant les art. 99 à 101a OAMal (RS 832.102), relatifs à l'adhésion et la sortie, ainsi que les primes. 2.3.2. Dans le cadre de l'art. 41 al. 4 LAMal, des formes particulières d'assurance sont admises, comme par exemple les réseaux de soins (Health Maintenance Organizations, HMO) ou le modèle du médecin de famille. Avec ce modèle, les assurés s'engagent à choisir leur médecin de famille parmi un nombre de praticiens généralistes désignés par l'assureur. Les médecins choisis constituent toujours pour les assurés le premier interlocuteur pour les prestations médicales. Ils dispensent les soins médicaux de base à leurs patients et les orientent, sur indication médicale, vers des spécialistes ou des hôpitaux. Hormis en cas d'urgence, les patients doivent nécessairement d'abord se rendre chez leur médecin de famille (arrêt K 58/02 du 6 février 2003 consid. 2.1 et les références, in RAMA 2003 KV n° 241 p. 74). Le sens et le but de la limitation du libre choix du fournisseur de prestations prévue par l'art. 41 al. 4 LAMal consistent à ce que les assureurs puissent, en tant que mesure visant à réduire les coûts, accorder une réduction de primes aux assurés qui sont prêts à restreindre leur choix du fournisseur de prestations (art. 61 al. 1 LAMal). Les assureurs peuvent ainsi passer des conventions avec des fournisseurs de prestations sélectionnés et particulièrement avantageux afin de pouvoir offrir à leurs assurés - qui doivent déclarer se limiter à ces fournisseurs-là - une prime réduite (arrêt K 58/02 cité consid. 2.2; Message du 6 novembre 1991 concernant la révision de l'assurance-maladie, FF 1992 I 77, 111 ch. 222). 2.3.3. La recourante propose à ses assurés une assurance obligatoire des soins avec modèle "médecin de famille", dont le fonctionnement, l'adhésion et la sortie des assurés ressortissent aux art. 41 al. 2 et 4, ainsi que 62 al. 1 et 3 LAMal, et aux art. 99 à 101 OAMal (art. 23.5 des conditions spéciales d'assurance catégorie B - "Basis", dans leur teneur en vigueur à partir du 1er janvier 2012; ci-après: CSA). Selon l'art. 23.1 CSA, "en souscrivant au modèle 'médecin de famille', l'assuré accepte de se conformer aux conditions particulières décrites ci-après sous 23.2 à 23.4". Aux termes de l'art. 23.2 CSA, "sauf cas d'urgence établie, l'assuré s'engage à consulter en premier recours le médecin de famille qu'il aura choisi parmi tout médecin généraliste, interniste sans autre spécialisation ou pédiatre pour les enfants et dont il aura communiqué les coordonnées à D._. Le médecin de famille est l'interlocuteur de référence de l'assuré. Il coordonne toutes les questions médicales. Il décide également s'il peut poursuivre le traitement ou s'il doit recourir à un spécialiste. En cette occurrence, il remet à l'assuré un avis de délégation dûment complété et signé, qui devra être joint à la facture du spécialiste". Les termes "parmi tout médecin généraliste, interniste sans autre spécialisation ou pédiatre pour les enfants" ne figuraient pas à l'art. 23.2 CSA dans sa teneur en vigueur jusqu'au 31 décembre 2011. Les CSA ne prévoient pas une liste de praticiens parmi lesquels l'assuré devrait choisir son médecin de famille, ni ne renvoient à une telle liste. Néanmoins, sur son site Internet (sous http://fr.assura.ch/assurance-maladie/la-liste-des-medecins-de-famille-agrees, consulté le 26 août 2015), parmi les informations données sur le modèle d'assurance "médecin de famille", C._ SA invite les intéressés à consulter la "liste des médecins de famille agréés" par elle et à vérifier que leur médecin de premier recours y figure. Sous le numéro postal xxx (B._), l'intimé ne figure pas dans la liste mise en place par la recourante. 2.4. Au regard des art. 41 al. 4, 62 al. 1 et 3 LAMal, ainsi que des CSA prévues par la recourante, il est manifeste que le litige a pour objet des rapports juridiques résultant de la LAMal. Vu la demande introduite par l'intimé en première instance, est en cause le refus de la caisse-maladie recourante d'admettre le médecin intimé à pratiquer en tant que fournisseur de prestations désigné par l'assureur en fonction de ses prestations plus avantageuses, au sens de l'art. 41 al. 4 LAMal. En tant qu'elle tend à obliger la recourante à accepter l'intimé comme fournisseur de prestations dans le cadre de la forme particulière d'assurance que constitue le modèle "médecin de famille" proposé par C._ SA à ses assurés, la demande du 22 juillet 2013 constitue une action formatrice visant à la création, respectivement au maintien (compte tenu de la modification des CSA à partir du 1 er janvier 2012) d'un rapport de droit fondé sur la LAMal. La situation est ici comparable à celle d'un médecin qui s'était vu refuser son admission sur une liste des "médecins de famille pour les requérants d'asile" et où le Tribunal fédéral avait reconnu la possibilité pour le fournisseur de prestations de s'en plaindre par la voie d'une action formatrice devant le Tribunal arbitral de l'assurance-maladie (cf. arrêts K 66/02 du 17 août 2004 consid. 5 et K 7/07 du 13 juin 2007 consid. 5.2, non publié in ATF 133 V 353). Contrairement à ce que fait valoir la recourante, il ne s'agit pas, en l'occurrence, d'un litige portant sur l'approbation "des formes particulières d'assurance et le tarif des primes y relatives", approbation pour laquelle l'OFSP est compétent (cf. art. 92 al. 1 OAMal). Il n'est pas question ici d'examiner le tarif des primes instauré par la recourante et qu'elle a dû soumettre à l'approbation de l'OFSP (cf. art. 61 al. 5 LAMal), en joignant les conditions d'assurance relatives aux formes particulières d'assurance prévues à l'art. 62 LAMal (art. 92 al. 4 OAMal). Il en va uniquement du rapport entre l'assureur-maladie et l'intimé, qui conteste le refus de la caisse-maladie de l'accepter comme médecin habilité à fournir des prestations à la charge de l'assurance obligatoire des soins, selon les modalités de la forme particulière d'assurance impliquant un choix limité du fournisseur de prestation pour l'assuré au sens des art. 41 al. 4 et 62 al. 1 LAMal. Le Tribunal arbitral cantonal neuchâtelois n'a du reste statué ni sur le modèle d'assurance "médecin de famille" proposé par la recourante, ni sur les primes qu'elle applique dans ce cadre. Mais il s'est prononcé sur le point de savoir si la caisse-maladie était en droit d'exclure l'intimé du cercle des médecins désignés pour fournir des prestations selon ce modèle d'assurance, en y répondant par la négative. 2.5. Il suit de ce qui précède que le grief tiré de l'incompétence du tribunal arbitral cantonal prévu par l'art. 89 LAMal est mal fondé. 3. Dans un motif d'ordre formel, qu'il convient d'examiner préalablement à l'argumentation sur le fond (ATF 137 I 195 consid. 2.2 p. 197), la recourante se plaint à double titre d'une violation de son droit d'être entendue. Elle allègue avoir été privée de la possibilité de se déterminer sur une pièce importante, à savoir la "liste des médecins agréés" disponible sur son site internet. Les juges arbitraux avaient consulté cette liste sans l'interpeller pour lui demander des explications et retenu que celle-ci avait été établie de manière arbitraire. Le jugement attaqué serait ensuite et surtout insuffisamment motivé, parce que le tribunal arbitral n'aurait pas exposé en quoi l'assureur-maladie était tenu de respecter les droits fondamentaux de l'intimé, ni en quoi le modèle du médecin de famille ne serait justifié par aucun intérêt public et l'intimé désavantagé; de plus, la recourante ignorerait par rapport à quels concurrents celui-ci serait désavantagé. 3.1. La jurisprudence a déduit du droit d'être entendu (art. 29 al. 2 Cst.), en particulier, le droit pour le justiciable de s'expliquer avant qu'une décision ne soit prise à son détriment, celui de fournir des preuves quant aux faits de nature à influer sur le sort de la décision, celui d'avoir accès au dossier, celui de participer à l'administration des preuves, d'en prendre connaissance et de se déterminer à leur propos (ATF 135 I 279 consid. 2.3 p. 282; 135 II 286 consid. 5.1 p. 293; 132 V 368 consid. 3.1 p. 370). En tant que les juges arbitraux ont procédé à des constatations de fait relatives aux titres de médecine dont disposaient les praticiens agréés par la recourante comme médecins de famille en consultant la "liste des médecins de famille" (consid. 2.3.3 supra), ils ont fait usage d'un moteur de recherche mis à disposition par la caisse-maladie sur son site internet et accessible à tout intéressé qui se rend à l'adresse électronique correspondante. Leurs constatations reposent donc sur une source établie par la recourante elle-même et dont elle avait, partant, connaissance. Aussi, la juridiction arbitrale pouvait-elle, sans violation du droit d'être entendu, consulter le site internet de la recourante et s'appuyer sur les informations données par ce biais au public, sans requérir d'explication de sa part. L'argumentation de l'assureur-maladie tombe dès lors à faux. 3.2. Sous l'angle de la violation du droit d'être entendu pour défaut de motivation, le grief de la recourante n'est pas davantage fondé. 3.2.1. La jurisprudence a déduit du droit d'être entendu (art. 29 al. 2 Cst.) le devoir pour le juge de motiver sa décision, afin que le justiciable puisse la comprendre, la contester utilement s'il y a lieu et exercer son droit de recours à bon escient. Pour répondre à ces exigences, le juge doit mentionner, au moins brièvement, les motifs qui l'ont guidé et sur lesquels il a fondé sa décision, de manière à ce que l'intéressé puisse se rendre compte de la portée de celle-ci et l'attaquer en connaissance de cause. Il n'a toutefois pas l'obligation d'exposer et de discuter tous les faits, moyens de preuve et griefs invoqués par les parties, mais peut au contraire se limiter à l'examen des questions décisives pour l'issue du litige (ATF 134 I 83 consid. 4.1 p. 88 et les arrêts cités). Dès lors que l'on peut discerner les motifs qui ont guidé la décision de l'autorité, le droit à une décision motivée est respecté même si la motivation présentée est erronée. La motivation peut d'ailleurs être implicite et résulter des différents considérants de la décision (arrêt 2C_23/2009 du 25 mai 2009 consid. 3.1, in RDAF 2009 II p. 434). En revanche, une autorité se rend coupable d'un déni de justice formel prohibé par l'art. 29 al. 2 Cst. si elle omet de se prononcer sur des griefs qui présentent une certaine pertinence ou de prendre en considération des allégués et arguments importants pour la décision à rendre (cf. ATF 133 III 235 consid. 5.2 p. 248; 126 I 97 consid. 2b p. 102; 125 III 440 consid. 2a p. 441). 3.2.2. En l'espèce, la motivation du jugement entrepris permet de comprendre les éléments qui ont été retenus et pourquoi ils l'ont été. En particulier, il ressort de ses considérations que la juridiction arbitrale retient que la caisse-maladie n'a pas traité l'intimé de la même manière que d'autres médecins au bénéfice d'une spécialisation s'ajoutant au titre de médecine interne, qu'elle a agréés en tant que fournisseurs de prestations dans le modèle de médecin de famille. La pratique de la recourante constitue donc, aux yeux des juges arbitres, une intervention dans la concurrence qui n'est pas justifiée par un intérêt public. La référence qu'ils ont ensuite faite à la jurisprudence du Tribunal fédéral sur la liberté économique des médecins dans le cadre de l'assurance-maladie obligatoire (ATF 130 I 26 consid. 4 p. 40 ss) explique, certes de manière implicite, pourquoi la recourante était tenue, selon eux, au respect des droits fondamentaux de l'intimé. 4. La juridiction arbitrale neuchâteloise a examiné le refus de la recourante de reconnaître l'intimé comme médecin de famille dans ce modèle d'assurance, motif pris du titre de spécialiste en allergologie et immunologie clinique s'ajoutant à celui de médecine interne générale, à la lumière de la liberté économique garantie par l'art. 27 Cst. et des conditions d'une restriction à un droit fondamental prévues par l'art. 36 Cst. Retenant que la restriction appliquée par la recourante était fondée sur une base légale (art. 41 al. 4 LAMal) et que le modèle d'assurance en cause revêtait un intérêt public (maîtriser l'augmentation des coûts de la santé et, partant, des primes d'assurance-maladie), elle a considéré que la pratique de la recourante créait une inégalité de traitement inadmissible entre concurrents, dans la mesure où elle constituait une intervention dans la concurrence non justifiée par un intérêt public. En premier lieu, alors que la plupart des assureurs-maladies proposant le modèle de "médecin de famille" n'en excluait pas les médecins généralistes ou internistes titulaires d'une autre spécialité (intégrant l'intimé comme médecin de famille), la recourante appliquait de manière inconstante l'art. 23.2 CSA. Elle admettait comme médecins de famille pour son modèle du même nom certains praticiens généralistes ou internistes au bénéfice de la même spécialisation que l'intimé, alors qu'elle avait exclu celui-ci. En second lieu, toujours selon les juges arbitres, la pertinence du critère retenu par la recourante pour définir les "prestations plus avantageuses" de l'art. 41 al. 4 LAMal était critiquable. La caisse-maladie n'avait en effet pas prouvé, au moyen de données de facturation et de prescription en sa possession, que l'activité professionnelle de l'intimé était plus coûteuse que celle d'autres médecins agissant aussi comme médecins de premier recours. En conséquence, le tribunal arbitral a admis la demande du docteur A._ (en tant qu'elle était dirigée contre C._ SA) et ordonné à la recourante de le faire figurer dans sa "liste des médecins de famille agréés". 5. 5.1. Dans une série de griefs fondés sur les art. 27 et 36 Cst., la recourante soutient tout d'abord qu'elle n'est pas tenue, lorsqu'elle propose le modèle d'assurance "médecin de famille" de respecter les droits fondamentaux de l'intimé. Elle n'agit pas en tant qu'autorité administrative exerçant une tâche de l'Etat et susceptible de rendre une décision administrative, mais propose librement un service qu'elle ne serait pas obligée d'offrir à ses assurés. 5.2. La recourante est une société anonyme, dont l'organisation relève du droit privé. Dans le domaine de l'assurance-maladie obligatoire, une caisse-maladie assume toutefois des tâches étatiques (art. 1a LAMal) et intervient de ce fait comme organe de l'Etat, détenteur de compétences de la puissance publique. Aussi, dans l'exécution de ses tâches publiques, l'assureur-maladie est-il tenu de respecter les droits fondamentaux et de contribuer à leur réalisation (art. 35 al. 2 Cst.; ATF 140 I 338 consid. 6 p. 343 et l'arrêt cité). En particulier, les rapports juridiques entre l'assureur-maladie et le fournisseur de prestations au sens de la LAMal sont en principe soumis au droit public (ATF 139 V 82 consid. 3.1.1 p. 83). L'assureur-maladie intervient à l'égard du fournisseur de prestations également en tant qu'organe d'exécution d'une branche de l'assurance sociale; il lui incombe, par exemple, de vérifier si les prestations effectuées par le fournisseur de prestations sont efficaces, appropriées et économiques au sens de l'art. 32 LAMal. Il est donc tenu dans ses relations avec celui-ci de mettre en oeuvre l'assurance-maladie obligatoire selon les principes et les règles de l'Etat de droit. Ses actes à l'égard du fournisseur de prestations doivent être effectués en conformité avec la Constitution et la loi (EUGSTER, Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher Leistungen mit statistischen Methoden, thèse 2003, ch. 361 p. 136). 5.3. Contrairement à ce que soutient la recourante, la mise en oeuvre des formes particulières d'assurance, dont celle qui limite le libre choix de l'assuré s'agissant des fournisseurs de prestations, constitue une tâche soumise aux règles de la LAMal et du droit public. Le fait que les assureurs-maladies sont libres de proposer ou non les formes particulières d'assurance ne soustrait pas leur activité dans ce cadre au droit public. Les conditions auxquelles ils peuvent convenir avec les assurés d'une forme particulière d'assurance sont prévues en particulier par les art. 41 al. 4 et 62 LAMal, ainsi que les art. 93 ss lOAMal, et l'activité y relative, régie par le droit public, relève de l'exercice d'une tâche publique. A cet égard, la recourante invoque en vain la situation de la Poste par rapport au transport de journaux qui ne sont pas en abonnement - activité qui a été jugée comme faisant partie du domaine des services libres dans lequel l'établissement autonome de droit public n'assume pas une tâche étatique (ATF 129 III 35) - pour tenter d'en tirer un parallèle à sa propre situation. La Poste a certes le choix de fournir ou non le service de transport de journaux qui ne sont pas en abonnement, mais ce service pourrait être fourni par n'importe quel autre entrepreneur particulier (ATF 129 III 35 consid. 5.2 p. 40). Tel n'est pas le cas en l'espèce, où seuls les assureurs-maladie au sens des art. 11 ss LAMal peuvent choisir de proposer les formes particulières d'assurance, et non pas tout entrepreneur particulier. Il n'y a dès lors pas lieu de faire une différence entre ces formes de l'assurance-maladie obligatoire et la forme ordinaire sans limitation du choix du fournisseur de prestations, en fonction de la liberté laissée à l'assureur-maladie d'offrir de telles assurances particulières ou non. L'ensemble de ces formes d'assurance font partie intégrante de l'assurance-maladie obligatoire sur laquelle la Confédération a légiféré en adoptant la LAMal, conformément au mandat constitutionnel prévu à l'art. 117 Cst. La recourante ne peut rien déduire non plus en sa faveur des débats parlementaires relatifs à l'initiative parlementaire "Non-discrimination des médecins spécialistes en médecine interne générale titulaires d'un deuxième titre de spécialiste" (13.433), déposée par le Conseiller national Olivier Feller (BO 2014 CN 1338; Rapport de la Commission de la sécurité sociale et de la santé publique du Conseil national du 13 août 2014). Postérieures à l'adoption de l'art. 41 al. 4 LAMal, ces discussions ne constituent pas l'expression de la volonté du législateur sur laquelle pourrait se fonder une éventuelle interprétation de cette norme. Au demeurant, elles n'ont pas eu d'aboutissement législatif, puisque le Conseil national a décidé de ne pas donner suite à l'initiative en cause (BO 2014 CN 1341). En conséquence, l'argumentation de la recourante tirée de la prétendue absence d'obligation de respecter les droits fondamentaux est mal fondée. 6. Toujours sous l'angle des art. 27 et 36 Cst., la recourante fait ensuite valoir que ses conditions d'assurance et sa pratique ne portent pas une atteinte injustifiée à l'égalité entre concurrents, ni ne violent, partant, la liberté économique de l'intimé. Elle expose que cette garantie constitutionnelle ne donne pas droit à une prestation positive de l'Etat et que l'intimé ne serait qu'indirectement concerné par les conditions d'assurance litigieuse, qui ne constitueraient pas une mesure administrative ou légale. En tout état de cause, les conditions de l'art. 36 Cst. seraient réalisées, dans la mesure, en particulier, où le modèle voulu par le législateur implique une intervention dans la concurrence, dont il appartient à l'assureur-maladie d'établir librement les critères, ceux choisis par la recourante étant, de son avis, objectifs et dénués d'arbitraire. 7. 7.1. Selon l'art. 27 al. 1 Cst., la liberté économique est garantie. Elle comprend notamment le libre choix de la profession, le libre accès à une activité économique lucrative privée et son libre exercice (art. 27 al. 2 Cst.). Cette liberté protège toute activité économique privée, exercée à titre professionnel et tendant à la production d'un gain ou d'un revenu, telle celle de médecin (ATF 130 I 26 consid. 4.1 p. 40 et les références). Toutefois, lorsque la liberté économique est invoquée dans le domaine de l'assurance-maladie obligatoire, il convient de partir du principe que l'admission ou la non-admission en tant que fournisseur de prestations à la charge de l'assurance obligatoire des soins survient dans un domaine qui échappe assez largement à la liberté économique, sur le plan constitutionnel et légal. Si la liberté économique ne confère aucun droit à une prestation positive de l'Etat, elle ne peut pas non plus conduire à accorder aux médecins exerçant à titre privé le droit de fournir des prestations dans la mesure de leur choix à la charge de l'assurance-maladie obligatoire (ATF 132 V 6 consid. 2.5.2 in fine p. 14 et 2.5.3 p. 15; 130 I 26 consid. 4.3 p. 41 et 4.5 p. 43). Ainsi, le Tribunal fédéral a jugé que les médecins concernés par l'interdiction de pratiquer à la charge de l'assurance-maladie obligatoire ("Zulassungsstopp") sont touchés dans leur activité économique privée. Dès lors qu'une grande partie des prestations médicales est prise en charge par l'assurance-maladie obligatoire, un tel refus rend très difficile, en fait sinon en droit, la gestion d'un cabinet indépendant pour les médecins concernés. Aussi, le blocage du personnel médical entre dans le domaine de protection de la liberté économique. Mais compte tenu du fait que l'activité économique privée est exercée dans un système assez largement soustrait à la liberté économique, celle-ci a essentiellement pour rôle d'assurer que les restrictions d'accès soient établies selon des critères objectifs qui prennent en compte les principes de la concurrence de manière appropriée (ATF 130 I 26 consid. 4.5 p. 42 s.). 7.2. D'après le principe de l'égalité de traitement entre personnes appartenant à la même branche économique découlant de l'art. 27 Cst. - lequel offre une protection plus étendue que celle de l'art. 8 Cst. (arrêts 2C_467/2008 du 10 juillet 2009 consid. 7.1 et 2P.94/2005 du 25 octobre 2006 consid. 4.2) -, sont interdites les mesures qui causent une distorsion de la compétition entre concurrents directs, c'est-à-dire celles qui ne sont pas neutres sur le plan de la concurrence. On entend par concurrents directs les membres de la même branche économique qui s'adressent avec les mêmes offres au même public pour satisfaire les mêmes besoins (ATF 132 I 97 consid. 2.1 p. 100). L'égalité de traitement entre concurrents n'est cependant pas absolue et autorise des différences, à condition que celles-ci reposent sur une base légale, qu'elles répondent à des critères objectifs et résultent du système lui-même; il est seulement exigé que les inégalités ainsi instaurées soient réduites au minimum nécessaire pour atteindre le but d'intérêt public poursuivi (ATF 125 I 431 consid. 4b/aa p. 435-436 et la jurisprudence citée; arrêt 9C_219/2010 du 13 septembre 2010 consid. 7.2). 8. 8.1. En tant que la recourante conteste que l'intimé puisse déduire quelque droit que ce soit de la liberté économique, parce qu'accéder à la demande de celui-ci et la contraindre à l'accepter sur sa liste des médecins de famille agréés conduirait à lui accorder une prestation positive de la part de l'Etat, elle ne saurait être suivie. Admettre la demande de l'intimé impliquerait en effet de lever une limitation imposée par l'assureur-maladie à l'intimé, qui est empêché de fournir des prestations à la charge de la recourante en tant que médecin de famille. Il ne s'agirait pas d'obliger l'Etat, singulièrement l'assureur-maladie obligatoire, à prendre une mesure active qui favoriserait le soutien de l'entreprise privée de l'intimé, mais de limiter ses pouvoirs en lui imposant de ne pas restreindre l'exercice de l'activité économique privée du médecin. 8.2. Cela étant, au regard des principes rappelés ci-avant (consid. 7 supra), il apparaît d'emblée que le refus de la recourante d'admettre l'intimé en tant que fournisseur de prestations dans son modèle d'assurance "médecin de famille" ne touche de loin pas le médecin dans l'exercice de son activité économique de la même manière qu'une limitation de l'admission à pratiquer au sens de l'art. 55a LAMal. A la différence de la situation d'un médecin qui ne serait pas admis à pratiquer en tant que fournisseur de prestations au sens de l'art. 25 LAMal, soit d'exercer son activité médicale à la charge de l'assurance-maladie obligatoire, le refus de la recourante n'empêche pas l'intimé de fournir des prestations qui doivent être prises en charge par la caisse-maladie dans le cadre de la forme ordinaire de l'assurance obligatoire des soins. A défaut de toute constatation y relative du tribunal arbitral, on ignore quelle part de son activité médicale l'intimé a consacrée jusqu'au 31 décembre 2011 (date au-delà de laquelle a été applicable la modification de l'art. 23 CSA) à soigner des patients en tant que médecin de famille, dans le cadre de la forme particulière d'assurance proposée par la recourante et, en conséquence, dans quelle mesure il est effectivement touché par le refus de l'assureur-maladie. Selon les propres indications de l'intimé au dossier (fournies le 12 octobre 2011 à une autre caisse-maladie que la recourante), la moitié des patients qu'il prend en charge le consulte à titre de médecin de premier recours. Il n'est pas clair cependant si les 50 % indiqués correspondent à des patients qui auraient tous choisi le modèle de médecin de famille, ni auprès de quelle caisse-maladie ceux-ci seraient assurés. Quoi qu'il en soit, on ne saurait considérer que le refus de la recourante de l'admettre en qualité de médecin de famille rende très difficile la gestion de son cabinet indépendant à titre privé. Les effets de la restriction en cause - dont l'ampleur n'a pas à être examinée plus avant, parce que l'issue du litige n'en serait pas modifiée (consid. 9 infra) - sur la situation effective de l'intimé ne sont en tout cas pas comparables à ceux entraînés par l'interdiction de pratiquer au sens de l'art. 55a LAMal. Dès lors, compte tenu du cadre restreint dans lequel la liberté économique peut être invoquée par un fournisseur de prestations au sens de l'art. 25 LAMal dans le domaine de l'assurance-maladie obligatoire, ainsi que de la portée limitée de la restriction à l'exercice de l'activité économique privée de l'intimé, on peut douter que la mesure en cause, prise par un seul assureur-maladie à son égard, constitue effectivement une atteinte à sa liberté économique. Ce point peut cependant rester indécis pour les raisons qui suivent. 9. Que ce soit sous l'angle de l'interdiction de l'arbitraire, principe auquel est tenue la recourante dans l'exercice de ses tâches étatiques (cf. consid. 5.2 et 5.3 supra) ou celui de l'égalité entre concurrents en tant qu'aspect de la liberté économique (consid. 7.2 supra), on constate que le refus de la recourante de reconnaître l'intimé comme médecin de famille dans le cadre du modèle d'assurance correspondant est contraire au droit. 9.1. Selon l'art. 41 al. 4 LAMal, il appartient à l'assureur-maladie obligatoire, pour la forme particulière d'assurance relative au choix limité du fournisseurs de prestations, de désigner ceux-ci "en fonction de leurs prestations plus avantageuses". La loi prévoit donc un critère de désignation des fournisseurs de prestations pour la forme particulière d'assurance en cause, à savoir les coûts des prestations, qui doivent être plus avantageuses. 9.2. Pour justifier son refus d'admettre l'intimé parmi les "médecins de famille", la recourante a soutenu devant la juridiction arbitrale que l'intimé avait une pratique médicale plus onéreuse que celle des médecins généralistes ou internistes sans autre spécialisation. Le tribunal arbitral a constaté que les factures auxquelles se référait la recourante ne démontraient cependant pas les affirmations de la caisse-maladie, qui manquait ainsi d'apporter la preuve que l'intimé était objectivement plus cher comme médecin de premier recours qu'un médecin généraliste ou interniste sans autre titre de spécialisation. Or la recourante ne remet pas sérieusement ces constatations en cause lorsqu'elle se contente d'affirmer en instance fédérale qu'il est notoire que les prestations des médecins spécialistes sont en moyenne plus chères que celles des médecins généralistes, ce qui vaudrait pour l'intimé. Cet argument n'est pas pertinent au regard du fait que l'intimé a soutenu tout au long de la procédure qu'il appliquait le point tarifaire TARMED relatif à l'activité d'un médecin généraliste lorsqu'il était consulté en tant que médecin de famille. La recourante ne démontre pas le contraire, en affirmant, sans se référer du reste à une preuve concrète de ce qu'elle avance, que deux tiers des prestations effectuées par l'intimé "pour des assurés de la recourante en 2013 ont été facturés au tarif spécialiste". Elle manque également de préciser si les assurés auxquels elle se réfère avaient choisi le modèle d'assurance en cause et s'ils avaient consulté l'intimé à titre de médecin de famille ou comme spécialiste, le cas échéant, sur prescription de celui-ci comme médecin de premier recours. Quant aux montants que la caisse-maladie invoque pour la première fois devant la Cour de céans afin d'illustrer que l'intimé coûterait "plus cher à l'assurance que la moyenne des généralistes", ils ne sont d'aucune utilité puisqu'ils se rapportent apparemment aux factures de l'intimé sans faire de distinction entre les prestations qu'il a effectuées en tant que médecin généraliste et celles relatives à son activité de spécialiste, ni ne reposent sur une pièce au dossier. Quoi qu'en dise ensuite la recourante, qui prétend ne pas avoir à justifier au cas par cas quel médecin spécialiste serait plus cher que tel médecin généraliste, elle ne saurait motiver l'exclusion de l'intimé en invoquant de manière générale les coûts plus élevés des cabinets de spécialiste. Ce motif repose sur une simple allégation et ne suffit pas à rendre vraisemblable que l'intimé fournit concrètement des prestations en tant que médecin généraliste dont les coûts seraient supérieurs ou moins avantageux que ceux de médecin de premier recours dépourvu d'un deuxième titre de spécialisation. La recourante se réfère par ailleurs en vain à des "économies de coûts de surveillance", dont elle bénéficierait en n'ayant pas à vérifier les notes d'honoraires d'un médecin titulaire à la fois d'un titre de généraliste et de spécialiste. En tant qu'organe d'exécution de l'assurance-maladie obligatoire, la caisse-maladie est tenue de s'assurer de manière générale que les prestations effectuées par les fournisseurs de prestations répondent aux conditions de la prise en charge des coûts par l'assurance obligatoire des soins (art. 32 LAMal), ce qui suppose un examen (ponctuel) individuel des factures médicales de sa part. De plus, dans la mesure où la désignation des fournisseurs de prestations au sens de l'art. 41 al. 4 LAMal est fondée sur leurs prestations plus avantageuses, l'assureur-maladie doit connaître la pratique des médecins désignés et vérifier le caractère avantageux de leurs prestations. On ne voit pas en quoi, enfin, le fait de se référer aux codes créanciers RCC attribués à chaque médecin fournissant des prestations à la charge de l'assurance-maladie répondrait à un critère objectif autorisant la différence que fait la recourante entre l'intimé et les médecins généralistes qui ne sont pas titulaires d'une autre spécialisation. La recourante ne prétend pas que l'attribution du code créancier RCC dépend de la structure et de la gestion des coûts du cabinet médical du médecin requérant. 9.3. Il résulte de ce qui précède qu'au vu des motifs justificatifs donnés par la recourante pour refuser l'intimé comme fournisseur de prestations dans le modèle du médecin de famille à partir du 1 er janvier 2012, l'exclusion est entachée d'arbitraire. Elle ne repose pas sur un motif objectif, lié au caractère désavantageux, du point de vue des coûts, des prestations fournies par l'intimé. Il en résulte que sous l'angle du principe de l'égalité entre concurrents - dût-il être appliqué (consid. 8 supra) -, si on peut admettre que la différence entre l'intimé et les médecins généralistes désignés par la recourante repose sur une base légale (art. 41 al. 4 LAMal) et poursuit un intérêt public (maîtrise des coûts de la santé), elle ne répond pas, en l'espèce, à des critères objectifs. 10. Mal fondé, le recours doit être rejeté. 11. Vu l'issue du litige, la recourante supportera les frais judiciaires y afférents (art. 66 al. 1 LTF). L'intimé, qui obtient gain de cause, a droit à une indemnité à titre de dépens, à la charge de la recourante (art. 68 al. 1 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce : 1. Le recours est rejeté. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 3'000 fr., sont mis à la charge de la recourante. 3. La recourante versera à l'intimé la somme de 3'500 fr. à titre de dépens pour la procédure devant le Tribunal fédéral. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties, au Tribunal cantonal de la République et canton de Neuchâtel, Tribunal arbitral de l'assurance-maladie (art. 89 LAMal), et à l'Office fédéral de la santé publique. Lucerne, le 22 septembre 2015 Au nom de la IIe Cour de droit social du Tribunal fédéral suisse La Présidente : Glanzmann La Greffière : Flury
ada8142f-9560-4051-8d09-57e1ffd2db7b
de
2,008
CH_BGer_002
Federation
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critical-1
Sachverhalt: A. Das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL, Vergabestelle) schrieb am 8. April 2005 ein umfangreiches Informatikprojekt der Eidgenössischen Steuerverwaltung ("Beschaffung IT Gesamtsystem der ESTV-INSIEME") im offenen Verfahren öffentlich aus und erteilte am 20. März 2006 der X._ AG den Zuschlag. Nachdem längere Vertragsverhandlungen zu keinem Abschluss mit dieser Bewerberin geführt hatten, widerrief das BBL mit Verfügung vom 28. August 2007 den Zuschlag und publizierte einen Tag später, am 29. August 2007, den Abbruch des Vergabeverfahrens. B. Gegen beide Anordnungen erhob die X._ AG am 14. September 2007 beim Bundesverwaltungsgericht je Beschwerde. Im Verfahren betreffend den Widerruf des Zuschlages stellte sie das Begehren, die Verfügung vom 28. August 2007 aufzuheben und die Rechtswidrigkeit dieser Verfügung, eventuell der Handlungen der Vergabestelle, festzustellen; zudem sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen und die Vergabestelle anzuweisen, alle Vollzugsvorkehrungen mit einem Dritten, namentlich den Vertragsschluss mit einem Dritten sowie die Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens und/oder die Zuschlagserteilung an einen Dritten, bezüglich des streitigen Beschaffungsgegenstandes zu unterlassen. Analoge Begehren stellte die Beschwerdeführerin auch in Bezug auf den Abbruchentscheid. C. Mit Zwischenverfügung vom 30. Januar 2008 vereinigte das Bundesverwaltungsgericht (Abteilung II in 3er-Besetzung) die beiden Verfahren (Ziff. 1) und wies die (superprovisorisch zunächst bewilligten) Gesuche der Beschwerdeführerin um Erteilung der aufschiebenden Wirkung ab (Ziff. 2). Ferner erliess es eine Anweisung an die Vergabestelle bezüglich der Führung der Akten, welche nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet (Ziff. 3). Die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen verwies es in das Hauptverfahren (Ziff. 4). D. Die X._ AG führt hiegegen mit Eingabe vom 3. März 2008 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Begehren, Ziff. 2 der Zwischenverfügung vom 30. Januar 2008 aufzuheben und den vor dem Bundesverwaltungsgericht hängigen Beschwerden die aufschiebende Wirkung zu erteilen, eventuell die Sache mit einer dahingehenden Anweisung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für das Verfahren vor Bundesgericht wird ebenfalls die Gewährung aufschiebender Wirkung beantragt. E. Das Bundesverwaltungsgericht beantragt unter Hinweis auf die Erwägungen seiner Verfügung Abweisung der Beschwerde. Das (anwaltlich vertretene) Bundesamt für Bauten und Logistik stellt den Antrag, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen.
Erwägungen: 1. 1.1 Angefochten ist ein sich auf öffentliches Bundesrecht stützender Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, der nur dann an das Bundesgericht weitergezogen werden kann, wenn die Voraussetzungen für das ordentliche Rechtsmittel der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 ff. BGG erfüllt sind; die subsidiäre Verfassungsbeschwerde steht gegen Entscheide von Bundesbehörden nicht zur Verfügung (Art. 113 BGG). 1.2 Die zu beurteilende Streitigkeit betrifft das Gebiet der öffentlichen Beschaffungen. Das Rechtsmittel der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist daher nur dann zulässig, wenn nicht der Ausschlussgrund gemäss Art. 83 lit. f BGG zum Zuge kommt, d.h. wenn sowohl die Voraussetzung gemäss Ziff. 1 als auch jene gemäss Ziff. 2 dieser Bestimmung erfüllt ist. Der Auftragswert muss den in Ziff. 1 erwähnten Schwellenwert erreichen und es muss sich zugleich, gemäss Ziff. 2, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellen (BGE 133 II 396 E. 2.1 S. 398, mit Hinweisen). 1.3 Der angefochtene Entscheid schliesst das vorinstanzliche Verfahren nicht ab, sondern verweigert den vor dem Bundesverwaltungsgericht erhobenen Beschwerden die aufschiebende Wirkung. Es handelt sich damit um einen Zwischenentscheid. Nach dem Grundsatz der Einheit des Prozesses gilt der in Art. 83 BGG für bestimmte Sachgebiete statuierte Ausschluss der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht nur für Endentscheide, sondern auch für die im betreffenden Verfahren ergehenden Zwischenentscheide (BGE 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.; vgl. Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4202 ff., S. 4408). Das Erfordernis der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bezieht sich nach Sinn und Zweck der Bestimmung von Art. 83 lit. f Ziff. 2 BGG auf den Inhalt der vom Bundesgericht zu beurteilenden Streitsache, d.h. es muss sich um eine Rechtsfrage aus dem Gebiet des öffentlichen Beschaffungsrechts handeln. Ob sich im bundesgerichtlichen Verfahren eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, ergibt sich an sich erst nach Vorliegen eines beschaffungsrechtlichen Sachentscheides sowie einer dagegen erhobenen Beschwerde. Der hier zu beurteilende Zwischenentscheid orientiert sich für die Frage der aufschiebenden Wirkung im Sinne einer prima-facie-Würdigung an der materiellen Rechtslage, weshalb die Zulassungsschranke von Art. 83 lit. f Ziff. 2 BGG insoweit direkt greifen kann. Im Übrigen ist bei der Anfechtung von Zwischenentscheiden, welche nicht bereits selber eine (beschaffungsrechtliche) Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen, für die Handhabung dieser Zulassungsschranke sinnvollerweise auf die Tragweite der im bevorstehenden Endentscheid der Vorinstanz zu beurteilenden Rechtsfragen abzustellen, mit denen sich das Bundesgericht im Falle eines Weiterzuges voraussichtlich ebenfalls zu befassen haben wird. Die Zulassungsvoraussetzung gemäss Art. 83 lit. f Ziff. 1 BGG ist vorliegend offensichtlich erfüllt. Gemäss Feststellung in der angefochtenen Verfügung (E. 3, S. 18) liegt der zu schätzende Auftragswert zwischen 25,8 und 99,4 Mio. Franken und damit klarerweise über dem massgebenden Schwellenwert von Fr. 248'950.-- (Art. 1 lit. a der Verordnung des EVD vom 26. November 2007 über die Anpassung der Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen für das Jahr 2008 [AS 2007 S. 6627; SR 172.056.12] in Verbindung mit Art. 6 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen [BoeB; SR 172.056.1]). Wie es sich mit dem Erfordernis des Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung verhält, wird nachfolgend zu prüfen sein (E. 2.2 und 2.3). 1.4 Zum Zuge kommen zusätzlich die Schranken für die Anfechtung von Zwischenentscheiden. Der vorliegende Entscheid ist nur dann sofort gesondert anfechtbar, wenn der Beschwerdeführerin ein nicht wieder gutzumachender (rechtlicher) Nachteil droht (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Der zugunsten der Beschwerdeführerin ergangene Zuschlag begründet zwar für die Vergabestelle keine Kontrahierungspflicht; diese wird dadurch lediglich zum Abschluss eines Vertrages mit dem betreffenden Bewerber ermächtigt (vgl. mit Bezug auf kantonales Vergaberecht: BGE 129 I 410 E. 3.4 S. 416 f.). Solange der Zuschlag besteht, darf die Vergabestelle aber mit keinem andern Partner für das gleiche Vorhaben einen Vertrag abschliessen oder für das gleiche Vorhaben ein neues Vergebungsverfahren einleiten. Durch die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden gegen den Widerruf des Zuschlages und den Abbruch des Vergabeverfahrens wird die Vergabestelle schon vor einem entsprechenden rechtskräftigen Endentscheid in die Lage versetzt, eine Neuausschreibung des Vorhabens einzuleiten und gegebenenfalls den Auftrag einem Dritten zu erteilen. Auch wenn die Aussichten der Beschwerdeführerin auf Abschluss eines Vertrages mit der Vergabestelle wegen der fehlenden Kontrahierungspflicht heute gering sein mögen, droht ihr doch insoweit ein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil, als durch den angefochtenen Zwischenentscheid der Weg zu einer anderweitigen Durchführung des Beschaffungsvorhabens geöffnet wird und ihr, anstelle einer realen Auftragserfüllung, voraussichtlich nur noch die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen offensteht. Die Voraussetzung gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG für die gesonderte Anfechtbarkeit des Zwischenentscheides ist damit erfüllt. 1.5 Gemäss Art. 98 BGG kann mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen nur die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Zwischenentscheide über die aufschiebende Wirkung fallen unter diese Regelung (vgl. Urteil 1C_155/2007 vom 13. September 2007, E. 1.2 mit Hinweisen). Für entsprechende Einwendungen gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 III 393 E. 6 S. 397). 2. 2.1 Gemäss Art. 28 Abs. 1 BoeB kommt der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen sich auf dieses Gesetz stützende Entscheide, in Abweichung von der Regelung von Art. 55 VwVG (vgl. Art. 26 Abs. 1 BoeB), keine aufschiebende Wirkung zu; das Gericht kann die aufschiebende Wirkung auf Gesuch hin erteilen (Art. 28 Abs. 2 BoeB). Das Bundesverwaltungsgericht verweigerte den Beschwerden die aufschiebende Wirkung gestützt auf eine (einlässliche) prima-facie-Prüfung ihrer Begründetheit (E. 9-11, S. 32-43 des angefochtenen Entscheides). Es bejahte, unter Hinweis auf die Doktrin, die Befugnis der Vergabestelle, aus sachlichen Gründen, so etwa wegen einer wesentlichen Projektänderung, ein Vergabeverfahren abzubrechen und gegebenenfalls auch einen bereits erteilten Zuschlag zu widerrufen; aus dem Zuschlag ergebe sich keine Kontrahierungspflicht. Ob seitens der Vergabestelle ein Verschulden vorliege, könne für die Schadenersatzfrage von Bedeutung sein, nicht aber für die Zulässigkeit von Widerruf und Abbruch (E. 9). Vorliegend hätten die nach dem Zuschlag während längerer Zeit geführten Vertragsverhandlungen zu keinem positiven Ergebnis geführt, u.a. offenbar auch deshalb, weil gewisse Punkte in der Ausschreibung nicht oder ungenügend gewürdigt worden seien (E. 10.1.3). Ein fehlender Wille der Vergabestelle zu seriösen Vertragsverhandlungen sei nicht nachgewiesen (E. 10.1.5). Allfällige Ansprüche aus culpa in contrahendo bildeten nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens (E. 10.1.6). Ein weiterer zulässiger Grund für den Widerruf des Zuschlages und den Abbruch des Verfahrens könne, wenn nicht in der behaupteten (bestrittenen) Weigerung der Beschwerdeführerin, die Gültigkeit ihrer Offerte zu verlängern (E. 10.2), so jedenfalls im Rückzug einer für das Angebot der Beschwerdeführerin zentralen Subunternehmerin erblickt werden (E. 10.3). Sodann erscheine nach den Vorbringen der Vergabestelle glaubhaft, dass das ursprünglich ausgeschriebene Projekt überholt sei und aufgrund der raschen Änderungen der technischen und betrieblichen Anforderungen im Informatikbereich sowie infolge der diesbezüglichen organisatorischen Neuausrichtung des Bundes wesentliche Anpassungen des Leistungsgegenstandes sich aufdrängten (E. 10.4). Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Vergabestelle oder für die beabsichtigte Diskriminierung von Teilnehmern des ursprünglichen Vergabeverfahrens seien nicht ersichtlich. Damit ergebe sich für den Entscheid in der Sache eine negative Prognose, weshalb die anbegehrte aufschiebende Wirkung zu verweigern sei (E. 10.5). Auch bei einer Interessenabwägung würde das Bedürfnis nach sofortiger Vollziehbarkeit der angefochtenen Verfügungen bzw. an einer raschen, den geänderten Umständen angepassten Neuausschreibung das gegenläufige private Interesse der Beschwerdeführerin überwiegen, zumal die Vergabestelle die Kosten einer Verzögerung des neuen Vergabeverfahrens auf 150 bis 200 Mio. Franken pro Jahr beziffere (E. 10.6). 2.2 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Willkürverbotes sowie des rechtlichen Gehörs. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erblickt sie darin, dass es schon beim Entscheid über die aufschiebende Wirkung darum gehe, ob der Abbruch eines Vergabeverfahrens und der Widerruf eines Zuschlages, unter Ausklammerung des Verschuldens und der Treuwidrigkeit der Vergabestelle, aus jedem "letztlich geringfügigen sachlichen Grund" oder aber nur aus einem wichtigen Grund zulässig sei. Durch die dem angefochtenen Zwischenentscheid zugrunde liegende Rechtsauffassung, welche von der bisherigen Praxis der Rekurskommission abweiche, würden die Abbruchs- und Widerrufsvoraussetzungen massiv erleichtert (vgl. S. 8-13 der Beschwerdeschrift). 2.3 Ob und wieweit die Vorinstanz bei ihrer vorläufigen materiellrechtlichen Prüfung des Streitfalles von der Rechtsprechung der Eidgenössischen Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen bewusst abweichen wollte, ist unklar. Auch in drei Entscheiden der Rekurskommission, welche jeweils den Abbruch von Vergabeverfahren vor erfolgtem Zuschlag betrafen, wurde ein solches Vorgehen, sofern es nicht "grundlos" erfolgt und im öffentlichen Interesse liegt, als zulässig erachtet; weitergehende "wichtige Gründe" wurden nicht gefordert (VPB 67/2003 Nr. 67; 66/2002 Nr. 39; 65/2001 Nr. 77). Gewisse Schranken leitete die Rekurskommission allerdings aus dem Gebot von Treu und Glauben ab, indem es ein hinreichendes, den Interessen der Submittenten vorangehendes öffentliches Interesse verlangte und in einem Fall, wo das den Abbruch des Vergabeverfahrens rechtfertigende öffentliche Interesse bereits bei Einleitung des Vergabeverfahrens voraussehbar war, im Hinblick auf Schadenersatzforderungen nach Art. 34 BoeB die Rechtswidrigkeit des Verfahrensabbruches feststellte (VPB 66/2002 Nr. 39). Auf die haftungsrechtliche Problematik ist an dieser Stelle nicht weiter einzugehen; sie wird vom Bundesverwaltungsgericht allenfalls im noch zu fällenden Endentscheid zu prüfen sein. Für die Zulässigkeit des Widerrufes des Zuschlages und des Abbruches des Vergebungsverfahrens an sich, auf die es vorliegend für die Beurteilung der Aussichten auf Beseitigung dieser Anordnungen im Zusammenhang mit den Begehren um aufschiebende Wirkung allein ankommt, spielen die schadenersatzrechtlichen Folgen keine Rolle. Die Vergabestelle kann ein bundesrechtliches Vergabeverfahren definitiv oder zwecks Neuauflage eines geänderten Projektes abbrechen und einen allfällig bereits erfolgten Zuschlag widerrufen, wenn sachliche Gründe dieses Vorgehen rechtfertigen und damit nicht die gezielte Diskriminierung von Bewerbern beabsichtigt ist. Eine weitergehende Bedeutung kommt dem Vorbehalt in Art. XIII Abs. 4 lit. b des internationalen Übereinkommens vom 15. April 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA; SR 0.632.231.422), wonach die Vergabebehörde im "öffentlichen Interesse" auf die Vergebung des Auftrags verzichten darf, nicht zu. Es ist vorab Sache der Vergabestelle, darüber zu befinden, ob sachliche Gründe bestehen, das Vergabeverfahren im öffentlichen Interesse abzubrechen. Ob die den Abbruch rechtfertigenden sachlichen Gründe voraussehbar waren und ob die Vergabestelle hiefür eine Verantwortlichkeit trifft, kann für die Schadenersatzpflicht, nicht aber für die Zulässigkeit des Abbruches eine Rolle spielen (so MARTIN BEYELER, Überlegungen zum Abbruch von Vergabeverfahren, in AJP 2005, S. 784 ff., insbes. S. 790 f.; ders., Öffentliche Beschaffung, Vergaberecht und Schadenersatz, Diss. Freiburg 2004, S. 220 f., 285, 429; MARCO FETZ, Öffentliches Beschaffungsrecht des Bundes, in: Thomas Cottier/Matthias Oesch [Hrsg.], Allgemeines Aussenwirtschafts- und Binnenmarktrecht, 2. Aufl., Basel 2007, S. 549 ff., Rz. 148 ff.; abweichend PETER GALLI/ANDRÉ MOSER/ELISABETH LANG/EVELYNE CLERC, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 2. Aufl., 1. Bd., Zürich 2007, S. 207 ff., Rz. 489-492, welche zwar ihrerseits davon auszugehen scheinen, ein endgültiger Verfahrensabbruch könne nach dem Submissionsrecht des Bundes nicht verhindert und bei voraussehbaren Gründen lediglich durch Schadenersatzfolgen sanktioniert werden, aber bei einem [widerrechtlichen] Abbruch zwecks Neuauflage des Verfahrens die Möglichkeit einer zwangsweisen Fortführung desselben postulieren). Ohne dass hier auf die möglichen verschiedenen Konstellationen bereits näher eingegangen werden müsste, gibt der vorliegende Zwischenentscheid, in dem sich das Bundesverwaltungsgericht für die Frage der aufschiebenden Wirkung an der materiellen Rechtslage orientierte, doch Anlass, die für den Bereich des Bundes geltenden Voraussetzungen für den Abbruch eines Vergabeverfahrens und den Widerruf eines Zuschlages - als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung - im obenerwähnten Sinne klarzustellen. Wieweit der erwähnte Grundsatz auch für die Rechtslage in den Kantonen (vgl. dazu GALLI/MOSER/LANG/CLERC, a.a.O., S. 214 ff., Rz. 501 ff.) Geltung beanspruchen kann, ist hier nicht zu untersuchen. 2.4 Die Vorinstanz hat sich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Beschwerde an bundesrechtskonforme Kriterien gehalten. Sie durfte zulässigerweise davon ausgehen, dass sich die Vergabestelle für den Widerruf des Zuschlages und den Abbruch des Vergabeverfahrens auf hinreichende sachliche Gründe stützen konnte und mit einem diese Anordnungen aufhebenden Endentscheid (klarerweise) nicht zu rechnen war. Sowohl diese Rechtslage wie auch eine Abwägung der Interessen rechtfertigten es alsdann, die Erteilung der aufschiebenden Wirkung zu verweigern. Von einer Verletzung des Willkürverbotes kann nicht die Rede sein; die diesbezüglichen Vorbringen sind weitgehend appellatorisch, weshalb auf sie nicht weiter einzugehen ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Vorinstanz beging entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV), wenn sie die Parteien zu den aufgeworfenen, voraussehbaren Rechtsfragen nicht nochmals speziell anhörte. 3. Die Beschwerde ist damit als unbegründet abzuweisen. Eine förmliche Behandlung des für das bundesgerichtliche Verfahren gestellten Gesuches um aufschiebende Wirkung erübrigt sich damit; es wird mit dem heutigen Sachentscheid hinfällig. Bei diesem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG); für eine ganze oder teilweise Befreiung von Gerichtskosten besteht entgegen ihrer Auffassung (S. 35 f. der Beschwerde) kein Anlass. Das Bundesamt für Bauten und Logistik hat, wiewohl anwaltlich vertreten, keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 29. April 2008 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Merkli Moser
ae07d8ce-0cf8-4dbf-a9b2-1f81f8b11502
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Sachverhalt: A. Die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft führt eine Strafuntersuchung gegen X._ wegen des Verdachts (unter anderem) von Diebstahl und Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage. Am 15. Februar 2011 beauftragte der Beschuldigte einen erbetenen privaten Verteidiger. Mit Verfügung vom 16. März 2011 wies die Staatsanwaltschaft ein Gesuch des erbetenen Verteidigers vom 16. Februar 2011 um Ernennung als amtlichen Verteidiger ab. Eine dagegen erhobene Beschwerde entschied das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, am 7. Juni 2011 abschlägig. B. Mit Schreiben vom 13. Juli 2011 teilte der erbetene Verteidiger der Staatsanwaltschaft mit, dass er (mangels Kostendeckung für seine Bemühungen) gezwungen sei, das private Mandat sofort niederzulegen. Gleichzeitig stellte er erneut das Gesuch, er sei als amtlicher Verteidiger einzusetzen. Am 22. Juli 2011 forderte die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten auf, eine neue Wahlverteidigung zu bestimmen. Mit Schreiben vom 28. Juli 2011 teilte der Beschuldigte der Staatsanwaltschaft mit, dass er seinen bisherigen erbetenen Verteidiger als amtlichen Verteidiger zu bestellen wünsche. Mit Verfügung vom 4. August 2011 ernannte die Staatsanwaltschaft einen anderen Anwalt als amtlichen Verteidiger des Beschuldigten. Eine dagegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht am 24. Oktober 2011 teilweise gut. Es hob die Verfügung vom 4. August 2011 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an die Staatsanwaltschaft zurück. C. Mit Verfügung vom 20. Januar 2012 bestellte die Staatsanwaltschaft erneut den erwähnten anderen Anwalt als amtlichen Verteidiger, mit Wirkung ab diesem Datum. Eine vom Beschuldigten dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, am 10. April 2012 ab. D. Gegen den Beschluss des Kantonsgerichts vom 10. April 2012 gelangte der Beschuldigte mit Beschwerde vom 29. Juni 2012 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Die Staatsanwaltschaft sei zudem anzuweisen, den vom Beschwerdeführer gewünschten Anwalt als (neuen) amtlichen Verteidiger zu bestellen. Die Staatsanwaltschaft, das Kantonsgericht und der amtliche Verteidiger beantragen je die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Der Beschwerdeführer replizierte (nach erstreckter Frist) am 12. September 2012.
Erwägungen: 1. Als oberste rechtsprechende Behörde des Bundes soll sich das Bundesgericht in der Regel nur einmal mit der gleichen Streitsache befassen müssen. Nach ständiger Praxis zu Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist ein Vor- oder Zwischenentscheid mit Beschwerde in Strafsachen nur ausnahmsweise anfechtbar, sofern ein konkreter rechtlicher Nachteil droht, der auch durch einen (für die rechtsuchende Partei günstigen) Endentscheid nachträglich nicht mehr behoben werden könnte (BGE 135 I 261 E. 1.2 S. 263 mit Hinweisen). 1.1. Der blosse Umstand, dass es sich bei einem Offizialverteidiger nicht (oder nicht mehr) um den Wunsch- bzw. Vertrauensanwalt des Beschuldigten handelt, schliesst eine wirksame und ausreichende Verteidigung nicht aus. Die Ablehnung eines Gesuchs des Beschuldigten um Auswechslung des Offizialverteidigers begründet daher in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteil im Sinne des Gesetzes (BGE 135 I 261 E. 1.2 S. 263; 126 I 207 E. 2b S. 211; Urteile 1B_197/2011 vom 14. Juli 2011 E. 1.2; 1B_357/2010 vom 7. Januar 2011 E. 1.2.1-1.2.2; 1B_184/2009 vom 2. Juli 2009 E. 2.1-2.2). Anders liegt der Fall, wenn der amtliche Verteidiger seine Pflichten erheblich vernachlässigt (vgl. BGE 120 Ia 48 E. 2 S. 50 ff.), wenn die Strafjustizbehörden gegen den Willen des Beschuldigten und seines Offizialverteidigers dessen Abberufung anordnen (BGE 133 IV 335 E. 4 S. 339) oder wenn sie dem Beschuldigten verweigern, sich (zusätzlich zur Offizialverteidigung) auch noch durch einen erbetenen Privatverteidiger vertreten zu lassen (BGE 135 I 261 E. 1.2-1.4 S. 264 f.). 1.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die kantonalen Instanzen hätten ihm, entgegen seinem ausdrücklichen Willen, nicht den von ihm vorgeschlagenen, sondern einen ihm fremden Anwalt als amtlichen Verteidiger bestellt. Damit hätten sie sein Vorschlagsrecht nach Art. 133 Abs. 2 StPO missachtet und ihm (in einem Fall der notwendigen Verteidigung) einen nicht erwünschten Rechtsvertreter aufgedrängt. Das Bundesgericht hat im Urteil 1B_74/2008 vom 18. Juni 2008 E. 2 festgehalten, dass sich bereits aus Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK ein Anspruch ergibt, dass die Behörde bei der Ernennung des amtlichen Verteidigers die Wünsche des Angeschuldigten berücksichtigt (vgl. Urteil des EGMR vom 25. September 1992 i.S. Croissant gegen Deutschland, Ziff. 29 = EuGRZ 19 [1992] 542). Diesen Anspruch hat der Bundesgesetzgeber in Art. 133 Abs. 2 StPO ausdrücklich geregelt. Der Bundesrat führt in der Botschaft zur Strafprozessordnung dazu aus, mit einer sachgerechten Auslegung der Bestimmung könne allfälligen Bedenken begegnet werden, wonach die Verfahrensleitung, insbesondere die Staatsanwaltschaft, versucht sein könnte, eine ihr genehme Verteidigung zu bestellen (Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 180). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist nicht auszuschliessen, dass das Ablehnen eines Wunsches des Beschuldigten nach einem bestimmten amtlichen Verteidiger einen nicht wieder gutzumachenden (rechtlichen) Nachteil bewirken kann (Urteil 1B_74/2008 vom 18. Juni 2008 E. 2). In der vorliegenden Angelegenheit ist ein drohender nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil zu bejahen. Er liegt darin, dass dem Wunsch des Beschuldigten nach einem Anwalt seines Vertrauens keine Rechnung getragen würde und damit die Gefahr einer Verletzung des grundrechtlichen Anspruchs des Beschuldigten auf Verteidigung durch einen Rechtsvertreter seiner Wahl (Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK) besteht (vgl. dazu E. 4-5 hiernach). Die Folgen einer Nichtberücksichtigung der Wünsche des Angeschuldigten können im weiteren Strafverfahren kaum mehr korrigiert werden, so dass auch bei einer späteren Einsetzung des Wunschverteidigers eine Verletzung des Vorschlagsrechts nach Art. 133 Abs. 2 StPO bestehen bliebe. Ausserdem würde eine spätere Korrektur einer Verletzung des Anspruchs des Beschuldigten auf Berücksichtigung seiner Wünsche in der Regel zu Verzögerungen des Strafverfahrens führen, die mit dem Beschleunigungsgebot nicht zu vereinbaren sind (Art. 5 StPO). Es liegt somit ein mit Beschwerde in Strafsachen anfechtbarer Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG vor. 1.3. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt und geben zu keinen weiteren Erörterungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 2. Nach den Erwägungen der Vorinstanz ist hier unbestrittenermassen ein Fall der notwendigen Verteidigung (gemäss Art. 130 lit. b StPO) gegeben. Bei der Bestellung des Offizialverteidigers habe die Verfahrensleitung nach Möglichkeit die Wünsche des Beschuldigten zu berücksichtigen. Falls er bereits einen privaten Rechtsvertreter beigezogen habe, sei dieser grundsätzlich als amtlicher Verteidiger zu bestellen. Zwar bestehe kein Anspruch auf einen Offizialverteidiger nach freier Wahl. Es müssten jedoch sachliche Gründe dafür vorliegen, dass die Verfahrensleitung dem Wunsch des Beschuldigten nicht entspreche. Der erbetene Verteidiger habe der Staatsanwaltschaft am 12. Dezember 2011 (zum wiederholten Mal) mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer im damaligen Verfahrensstadium nicht bereit gewesen sei, seine Einkommens- und Vermögenssituation offenzulegen. Der Beschwerdeführer habe im kantonalen Verfahren weder seine finanziellen Verhältnisse offenbart, noch dargelegt, inwiefern eine Ausnahme (von dieser prozessualen Obliegenheit) bestehe. Diese Haltung habe der erbetene Verteidiger auch in der Beschwerdeschrift an die Vorinstanz bekräftigt. Da er dem Beschuldigten von der Offenlegung seiner finanziellen Verhältnisse abgeraten habe (anstatt dem Gesuch um amtliche Verteidigung geeignete Belege betreffend Mittellosigkeit beizulegen), sei ein sachlicher Grund erfüllt, welcher gegen seine Bestellung als amtlicher Verteidiger spreche. 3. Der Beschwerdeführer rügt, die kantonalen Instanzen hätten ihm, entgegen seinem ausdrücklichen Willen, nicht den von ihm vorgeschlagenen erbetenen Privatanwalt als amtlichen Verteidiger bestellt, sondern einen ihm zuvor völlig unbekannten Rechtsvertreter. Damit hätten sie sein gesetzliches Vorschlagsrecht nach Art. 133 Abs. 2 StPO (sowie die Regelung von Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO) missachtet und ihm einen nicht erwünschten Rechtsvertreter aufgedrängt. Zwischen diesem und ihm habe nie ein Vertrauensverhältnis bestanden. Sachliche Gründe für die Missachtung seines Vorschlages würden im angefochtenen Entscheid nicht dargelegt. Dass die Vorinstanz die amtliche Verteidigung im Falle einer notwendigen Verteidigung davon abhängig mache, dass er, der Beschuldigte, mittellos sein und darüber hinaus seine finanziellen Verhältnisse der Staatsanwaltschaft offenlegen müsste, sei gesetzes- und grundrechtswidrig. Ohne Kenntnis des präzisen Tatvorwurfs und der Untersuchungsakten sei er, der Beschwerdeführer, im fraglichen Verfahrensstadium im Übrigen nicht bereit gewesen, seine Einkommens- und Vermögenssituation zu offenbaren und sich dadurch womöglich selber zu belasten. Die Ansicht der Vorinstanz, sein erbetener Verteidiger hätte ihn, den Beschwerdeführer, dazu anhalten müssen, der Staatsanwaltschaft seine finanziellen Verhältnisse darzulegen, um als amtlicher Verteidiger zugelassen zu werden, sei unhaltbar. Jedenfalls bei notwendiger Verteidigung widerspreche der angefochtene Entscheid auch dem strafprozessualen Verbot des Selbstbelastungszwangs (Art. 113 Abs. 1 StPO). Neben den genannten Bestimmungen der StPO verletze der angefochtene Entscheid die (durch Art. 32 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. c EMRK sowie Art. 14 Abs. 3 lit. d UNO-Pakt II) grundrechtlich geschützten Verteidigungsrechte, das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und das Willkürverbot (Art. 9 BV). 4. 4.1. Die beschuldigte Person ist berechtigt, in jedem Strafverfahren und auf jeder Verfahrensstufe einen Rechtsbeistand ihrer Wahl mit der Verteidigung zu betrauen (Art. 129 Abs. 1 StPO). Gemäss Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO ordnet die Verfahrensleitung eine amtliche Verteidigung an, wenn bei notwendiger Verteidigung nach Art. 130 StPO die beschuldigte Person trotz Aufforderung der Verfahrensleitung keine Wahlverteidigung bestimmt oder der Wahlverteidigung das Mandat entzogen wurde oder sie es niedergelegt hat und die beschuldigte Person nicht innert Frist eine neue Wahlverteidigung bestimmt. Ein Fall notwendiger Verteidigung liegt insbesondere vor, wenn der beschuldigten Person eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr oder eine freiheitsentziehende Massnahme droht (Art. 130 lit. b StPO). Nach Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO ordnet die Verfahrensleitung über die Fälle der notwendigen Verteidigung hinaus dann eine amtliche Verteidigung an, wenn die beschuldigte Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Verteidigung zur Wahrung ihrer Interessen geboten ist. 4.2. Die amtliche Verteidigung wird von der im jeweiligen Verfahrensstadium zuständigen Verfahrensleitung bestellt (Art. 133 Abs. 1 StPO). Die Verfahrensleitung berücksichtigt dabei nach Möglichkeit die Wünsche der beschuldigten Person (Art. 133 Abs. 2 StPO). Die amtliche Verteidigung wird nach dem Anwaltstarif desjenigen Kantons entschädigt, in dem das Strafverfahren geführt wurde (Art. 135 Abs. 1 StPO). Die Staatsanwaltschaft oder das urteilende Gericht legen die Entschädigung am Ende des Verfahrens fest (Art. 135 Abs. 2 StPO). Wird die beschuldigte Person zu den Verfahrenskosten verurteilt, so ist sie, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, verpflichtet, dem Kanton die Entschädigung zurückzuzahlen (Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO). 4.3. Mit den gesetzlichen Bestimmungen von Art. 132-133 StPO wurde die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK kodifiziert. Das Vorschlagsrecht des Beschuldigten nach Art. 133 Abs. 2 StPO begründet zwar keine strikte Befolgungs- bzw. Ernennungspflicht zulasten der Verfahrensleitung. Für ein Abweichen vom Vorschlag des Beschuldigten bedarf es jedoch zureichender sachlicher Gründe, wie z.B. Interessenkollisionen, Überlastung, die Ablehnung des Mandates durch den erbetenen Verteidiger, dessen fehlende fachliche Qualifikation oder Berufsausübungsberechtigung oder andere sachliche Hindernisse (vgl. Viktor Lieber, in: Zürcher Kommentar StPO, 2010, Art. 133 N. 4 f.; Niklaus Ruckstuhl, in: Basler Kommentar StPO, 2011, Art. 133 N. 7 f.; Niklaus Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, Art. 133 N. 2; Maurice Harari/Tatiana Aliberti, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale, 2011, Art. 133 N. 25, 29; s. auch Urteil des Bundesgerichts 1B_74/ 2008 vom 18. Juni 2008 E. 2 und 6; EGMR vom 25. September 1992 i.S. Croissant gegen Deutschland, Ziff. 29 = EuGRZ 19 [1992] 542). 5. 5.1. Die Vorinstanz nennt als sachlichen Grund, weshalb hier ausnahmsweise vom Vorschlag des Beschuldigten abgewichen werden dürfe, dass der erbetene Verteidiger nicht dafür gesorgt habe, dass der Beschwerdeführer der Staatsanwaltschaft seine finanzielle Situation offenlegt. Damit vermischt sie in unzulässiger Weise das gesetzliche Vorschlagsrecht des Beschuldigten betreffend die Person des amtlichen Verteidigers (Art. 133 Abs. 2 StPO) mit den materiellen Anspruchsvoraussetzungen für die unentgeltliche (bzw. vom Staat zu bevorschussende) Verteidigung bedürftiger Personen und den damit verbundenen Substanziierungsobliegenheiten (vgl. Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO). Ausserdem verkennt die Vorinstanz die gesetzliche Unterscheidung zwischen amtlicher Verteidigung bei notwendiger Verteidigung (Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO) und den übrigen Fällen der (unentgeltlichen) amtlichen Verteidigung. Nur bei Letzteren verlangt das Gesetz (in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts) für eine staatliche Bevorschussung der Verteidigungskosten den Nachweis, dass die beschuldigte Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO). Bei notwendiger Verteidigung setzt die Bestellung eines Offizialverteidigers, dessen Kosten vom Staat (vorläufig) zu bevorschussen sind, keinen Nachweis der finanziellen Bedürftigkeit des Beschuldigten voraus (Art. 132 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 130 StPO). Falls sich bei einem notwendig durch einen Offizialanwalt verteidigten Beschuldigten herausstellen sollte, dass er nicht (oder nicht mehr) bedürftig ist, kann die Verfahrensleitung (spätestens am Ende des Strafverfahrens) entscheiden, ob und inwieweit die staatlich bevorschussten Verteidigungskosten an den Beschuldigten zu überwälzen sind (Art. 135 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 lit. a StPO). Weder das Gesetz, noch die Bundesgerichtspraxis sehen jedenfalls vor, dass eine amtliche Verteidigung ohne Weiteres zur definitiven Befreiung des Beschuldigten von staatlich bevorschussten Anwaltskosten führen müsste. 5.2. Die Frage der definitiven Auflage von Verteidigungskosten bildet nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheides. Streitig ist, ob die Vorinstanz Art. 133 Abs. 2 StPO verletzte, indem sie vom Vorschlag des Beschwerdeführers auf Ernennung des erbeteten Verteidigers als Offizialverteidiger abwich. Hier war und ist unbestrittenermassen ein Fall der notwendigen Verteidigung (nach Art. 130 lit. b StPO) gegeben. Wenn der Beschuldigte seine finanzielle Bedürftigkeit (noch) nicht ausreichend dargelegt hat, kann dies zwar dazu führen, dass ihm am Ende des Verfahrens die Kosten der (vorläufig vom Staat zu bevorschussenden) Offizialverteidigung auferlegt werden könnten (vgl. Art. 135 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 lit. a StPO). Er verliert damit jedoch nicht sein gesetzlich gewährleistetes Vorschlagsrecht zur Person des Offizialverteidigers bei notwendiger Verteidigung. In dem von der Vorinstanz beanstandeten prozessualen Vorgehen des erbetenen Verteidigers ist weder ein gesetzes- oder standeswidriges Verhalten ersichtlich, noch ein anderer sachlicher Grund im Sinne der dargelegten Lehre und Praxis, weshalb er nicht als amtlicher Verteidiger zu bestellen wäre. Dass die Vorinstanz das gesetzliche Vorschlagsrecht des Beschuldigten bei der Ernennung des Offizialverteidigers davon abhängig macht, dass der Beschuldigte der Staatsanwaltschaft seine finanziellen Verhältnisse offenlegen und der erbetene Verteidiger ihn dazu aktiv anhalten müsse, hält vor dem Bundesrecht nicht stand. Neben den dargelegten Bestimmungen (Art. 132 Abs. 1 lit. a und Art. 133 Abs. 2 StPO) verletzt der angefochtene Entscheid auch das strafprozessuale Verbot des Selbstbelastungszwangs (Art. 113 Abs. 1 StPO). 6. Die Beschwerde ist gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung (im Sinne der obigen Erwägungen) an die Vorinstanz zurückzuweisen. Falls die Vorinstanz keine sachlichen Gründe darlegen kann, weshalb der erbetene Rechtsvertreter als Offizialverteidiger objektiv nicht in Frage kommt, wird der bisherige amtliche Verteidiger durch den erbetenen Verteidiger (im Offizialmandat) zu ersetzen sein. In jedem Fall bleiben alle (rechtmässigen) Verfahrenshandlungen des bisherigen amtlichen Verteidigers rechtswirksam. Da der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer in der Hauptsache obsiegt, hat er Anspruch auf eine angemessene Parteientschädigung (Art. 68 BGG). Aufgrund seines Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege ist dem Rechtsvertreter die Parteientschädigung persönlich zuzusprechen. Da der gesamte Aufwand des Rechtsvertreters über die zugesprochene Parteientschädigung gedeckt werden kann, ist ihm im Rahmen des Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege keine weitere Entschädigung (aus der Bundesgerichtskasse) zuzusprechen (Art. 64 Abs. 2 Satz 2 BGG). Gerichtskosten sind nicht zu erheben (Art. 66 Abs. 4 und Art. 64 Abs. 1 BGG). Mit dem vorliegenden Entscheid wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde hinfällig.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. 2. Der Entscheid vom 10. April 2012 des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, wird aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückgewiesen. 3. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 4. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 5. Der Kanton Basel-Landschaft hat eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- (pauschal, inkl. MWST) an Advokat Alain Joset zu entrichten. 6. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 24. Januar 2013 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Der Gerichtsschreiber: Haag
ae1cd642-2dff-4d40-99ca-ce9d8be25a0a
de
2,013
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die einfache Gesellschaft Obere Rhonetalleitung plant den Bau einer 380/220/132/65 Kilovolt (kV) - Hochspannungsleitung zwischen Bitsch/Massaboden-Filet/Mörel-Ulrichen (sog. Gommerleitung). Mit diesem Projekt soll das im Oberwallis vorhandene 220 kV-Übertragungsnetz durch eine rund 35 km lange 380/220 kV-Doppelleitung ersetzt werden. Zwischen Massaboden und Ulrichen soll ein 132 kV-Leitungsstrang der Schweizerischen Bundesbahnen AG (nachfolgend: SBB) sowie - zwischen dem Kraftwerk Mörel und Ernen sowie dem Kraftwerk Ernen und dem Unterwerk "Zum Loch" - ein 65 kV-Leitungsstrang mitgeführt werden. Durch diesen Neubau können die existierende 220 kV-Leitung zwischen Mörel/Filet und Ulrichen sowie die 65 kV-Leitung zwischen Mörel und Ernen 1 vollständig und die bestehende 65 kV-Leitung zwischen Binnegga und Fiesch weitgehend abgebrochen werden. Die Gommerleitung bildet Teil der wichtigen West-Ost-Verbindung von Mörel/Filet nach Airolo, die zum strategischen Übertragungsnetz der Schweiz gehört. Dasselbe gilt für die SBB-Leitung, die zum Leitungszug Massaboden-Ritom gehört: Sie stellt den Anschluss des Westschweizer SBB-Netzes an das Tessiner und Innerschweizer Bahnnetz her, was die Ringbildung im schweizerischen Bahnnetz ermöglicht und die Versorgungssicherheit erhöht. Beide Leitungen wurden vom Bundesrat am 21. August 2002 unter Festlegung eines Zwischenergebnisses und des massgeblichen Leitungskorridors in den Sachplan Übertragungsleitung (SÜL) aufgenommen (SÜL Objektblätter 101.10 [Mörel/Filet-Fiesch], 101.20 [Fiesch-Ulrichen], 800.10 und 800.20 [SBB]). B. Am 20. Dezember 2007 reichte die einfache Gesellschaft Obere Rhonetalleitung beim Eidgenössischen Starkstrominspektorat (ESTI) ein Plangenehmigungsgesuch für den Bau bzw. Umbau der fraglichen 380/220/132/65 kV-Hochspannungsleitung zwischen Bitsch/Massaboden-Fiesch-Ulrichen ein (L-210201.1). Gegen das Vorhaben gingen zahlreiche Einsprachen ein. Am 9. März 2009 reichte die Gesuchstellerin eine überarbeitete Planvorlage für den Abschnitt Bitsch/Massaboden-Mörel/Filet-Fiesch ein (L-210201.2). Auch gegen dieses Vorhaben wurden Einsprachen erhoben. Am 3. Februar 2011 wurde eine weitere Projektänderung (Grengiols-Süd; L-210201.3) eingereicht, gegen die keine Einsprachen eingingen. Mit Verfügung vom 30. Juni 2011 genehmigte das BFE die Planvorlagen betreffend den Bau bzw. Umbau der 380/220/132/65 kV-Hochspannungsleitung zwischen Bitsch/Massaboden-Mörel/Filet-Ulrichen (L-210201.1, L-210201.2, L-210201.3) im Sinne der Erwägungen mit Auflagen und Bedingungen. Dabei wies es sämtliche Einsprachen ab, soweit es auf diese eintrat, und enteignete die für den Bau sowie Betrieb der genehmigten Hochspannungsleitung erforderlichen Grunddienstbarkeiten. C. Gegen die Plangenehmigungsverfügung erhoben verschiedene Munizipal- und Burgergemeinden des Obergoms sowie Einzelpersonen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. C.a. A._ und B._ und Mitbeteiligte (Beschwerdegegner 1-7) beantragten, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese anordne, die Gommerleitung im Gebiet der Kulturlandschaftskammer "Binnegga-Binnachra-Hockmatta-Hofstatt" in einen Stollen zu verlegen. C.b. Die Munizipal- und Burgergemeinden Blitzingen, Grafschaft, Münster-Geschinen, Niederwald, Reckingen-Gluringen und Ulrichen (im Folgenden: Beschwerdegegnerinnen 8-19) ersuchten das Bundesverwaltungsgericht, die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Angelegenheit zur Prüfung der Verkabelung/Erdverlegung der projektierten Leitung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter habe das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer ergänzenden Beweiserhebung ein Gutachten zur (vollständigen oder teilweisen) Verkabelung/Erdverlegung der strittigen Leitung einzuholen. C.c. N._ und die Erbengemeinschaft O._ (im Folgenden: Beschwerdegegner 20 und 21) beantragten, die Hochspannungsleitung sei im Gebiet Steinhaus-Ernen weiter südlich zu führen. D. Mit Urteil vom 3. Januar 2013 hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden gut, hob die angefochtene Plangenehmigung auf und wies die Angelegenheit zum weiteren Vorgehen im Sinne der Erwägungen an das BFE zurück. Es hielt in den Erwägungen fest, dass dem Beweisantrag der beschwerdeführenden Gemeinden stattzugeben und eine Verkabelungsstudie einzuholen sei. In deren Rahmen sei zunächst die Möglichkeit einer (Teil-) Verkabelung der Gommerleitung auf einem hierfür geeigneten Trassee, losgelöst von dem im Sachplan festgelegten Leitungskorridor, unter Berücksichtigung des aktuellen Stands von Technik und Wissenschaft zu prüfen. Davon ausgehend seien die mit einem solchen Leitungsvorhaben verbundenen Vor- und Nachteile zu bestimmen und mit der bewilligten Freileitung zu vergleichen. Könne aufgrund dieser Gegenüberstellung nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Gommerleitung als Freileitung zu führen sei, so werde in einem weiteren Schritt zu prüfen sein, ob und zu welchen Bedingungen die grundsätzlich als Freileitung zu führende Gommerleitung in den Bereichen, in denen sie kommunale und kantonale Landschaftszonen beeinträchtige, verkabelt werden könne. Schliesslich werde ein Experte zu untersuchen haben, ob und gegebenenfalls inwiefern eine Verkabelung des 132 kV-Leitungsstrangs der SBB möglich sei. Je nach dem Ergebnis der Expertise werde das BFE entweder über das UVEK eine Änderung der bestehenden SÜL-Objektblätter zu erwirken oder abermals über das eingereichte Plangenehmigungsgesuch zu befinden haben. Nach dem Vorliegen der Verkabelungsstudie sei in Betracht zu ziehen, die Eidgenössische Natur- und Heimatsschutzkommission (ENHK) um eine fakultative Begutachtung nach Art. 8 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) zu ersuchen. E. Gegen dieses Urteil hat die einfache Gesellschaft Obere Rhonetalleitung (bzw. 380/132/65 kV-Gommerleitung) bestehend aus verschiedenen Netzgesellschaften sowie aus der SBB, (im Folgenden: die Beschwerdeführerin) am 11. Februar 2013 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und der Plangenehmigungsentscheid des BFE vom 30. Juni 2011 sei zu bestätigen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Behandlung der mit dem angefochtenen Entscheid nicht behandelten Rügen der Beschwerdegegner 1-7 und 20-21 an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen. F. Die Beschwerdegegner 1-7 beantragen, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei sie abzuweisen und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei zu bestätigen. Subeventualiter sei die Angelegenheit zur Behandlung der mit dem angefochtenen Entscheid nicht behandelten Rügen der Beschwerdegegner 1-7 und 20-21 an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen. Die Beschwerdegegnerinnen 8-19 schliessen auf Nichteintreten, eventualiter sei die Beschwerde abzuweisen. Die Beschwerdegegner 20-21 beantragen, im Falle der Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Sache zur Behandlung ihrer Beschwerde vom 1. September 2011 an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen. G. Das BFE unterstützt die Beschwerde, verweist auf seinen Plangenehmigungsentscheid und macht ergänzende Ausführungen zur Beschwerdelegitimation der Gemeinden, zur Verbindlichkeit der sachplanerischen Festsetzung durch den Bundesrat für die Behörden sowie zu verschiedenen Sachverhaltsfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichts. Das ESTI weist in seiner Vernehmlassung darauf hin, dass es um eine 380/220/132/65-kV-Leitung gehe, deren Verkabelung technisch anspruchsvoller wäre als im Fall Riniken (380/220-kV-Leitung). Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) kommt in seiner Stellungnahme zum Ergebnis, dass die Verkabelungsstudie auf das Gebiet "Binnegga-Binnachra-Hockmatta-Hofstatt" beschränkt werden sollte. Das Bundesverwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. H. Die Beteiligten halten im weiteren Schriftenwechsel an ihren Anträgen fest. I. Mit Eingabe vom 23. August 2013 weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die Netzgesellschaften, die bisher Mitglied der einfachen Gesellschaft Rhonetalleitung waren (Alpiq Netz AG, Alpiq Réseau SA, BKW Übertragungsnetz AG, EGL Grid AG, FMV Réseau SA, LENA Lonza Energie Netz AG, Nordostschweizerische Kraftwerke Grid AG), mit Fusionsvertrag vom 26. Juni 2013 in der Swissgrid AG aufgegangen sind.
Erwägungen: 1. Angefochten ist ein Rückweisungsentscheid des Bundesverwaltungsgerichts, d.h. ein Zwischenentscheid i.S.v. Art. 93 Abs. 1 BGG. Dagegen ist die Beschwerde ans Bundesgericht nur zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könnte (lit. a) oder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). 1.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der angefochtene Entscheid habe nicht nur eine erhebliche Verlängerung und Verteuerung des Verfahrens zur Folge, sondern es bestehe auch ein eminentes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Die streitige Übertragungsleitung sei vom Bundesrat in das strategische Netz für die allgemeine Strom- und Bahnstromversorgung sowie die bis 2015 zu realisierenden Leitungsbauprojekte im SÜL festgelegt worden und unterscheide sich in diesem Punkt wesentlich von anderen (gewöhnlichen) Bauvorhaben. Dies rechtfertige die Annahme eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils i.S.v. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Im Übrigen sei die Beschwerde auch nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG zulässig: Würde das Bundesgericht antragsgemäss den angefochtenen Entscheid aufheben und den Plangenehmigungsentscheid des BFE bestätigen, läge ein Endentscheid vor; damit würde sich das vom Bundesverwaltungsgericht angeordnete aufwendige und kostspielige Beweisverfahren (Beauftragung eines Experten mit der Erstellung einer Kabelvariante) erübrigen. 1.2. Die Beschwerdegegner machen dagegen geltend, der einzige Nachteil für die Beschwerdeführerin sei die Verlängerung und Verteuerung des Verfahrens; dies stelle keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur i.S.v. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG dar. Die Gefährdung der Versorgungssicherheit werde nicht hinreichend substanziiert. Die Beschwerdeführerin habe die Verzögerung selbst zu verantworten, weil sie die von den Gemeinden schon im Jahr 2008 verlangte Expertise zur Machbarkeit einer (ganz oder teilweisen) Verkabelung verweigert habe. Die Beschwerdegegner bestreiten zudem, dass ein sofortiger Endentscheid des Bundesgerichts möglich sei: Das Bundesverwaltungsgericht habe die Rügen und Anträge der Beschwerdegegner 1-7 und 20-21 noch nicht beurteilt; selbst bei Gutheissung der Beschwerde könnte das Bundesgericht daher nicht selbst in der Sache entscheiden, sondern müsste die Sache zu neuer Prüfung dieser Rügen an das Bundesverwaltungsgericht zurückweisen. 1.3. Zunächst ist festzuhalten, dass Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht zwingend einen Nachteil rechtlicher Natur erfordert, sondern auch ein rein tatsächlicher Nachteil ausreichen kann (BGE 135 II 30 E. 1.3.4 S. 36 mit Hinweisen). Allerdings genügt die blosse Verteuerung und Verlängerung des Verfahrens in aller Regel nicht. Ausnahmsweise kann das Eintreten jedoch verfassungsrechtlich geboten sein, wenn es rechtsstaatlich unzumutbar wäre, die Beschwerdeführerin in einem komplexen, aufwendigen, viele Beteiligten umfassenden Verfahren auf die Anfechtung des Endentscheids zu verweisen (BGE 136 II 165 E. 1.2 S. 170 f.). Gestützt auf diese Rechtsprechung ist das Bundesgericht bereits im Urteil 1C_487/2012 vom 13. Mai 2013 (E. 1.4) auf Beschwerden gegen den Rückweisungsentscheid des Bundesverwaltungsgerichts betreffend die Hochspannungsleitung Chamoson-Chippis eingetreten, weil es geboten erschien, die Anträge der damaligen Beschwerdeführer auf Durchführung eines Sachplanverfahrens bzw. auf Verkabelung der Leitung zu prüfen, bevor die vom Bundesverwaltungsgericht angeordneten weitreichenden Abklärungen zur Freileitung vorgenommen wurden. Im Urteil 1C_129/2012 vom 12. November 2012 (E. 1.4) trat das Bundesgericht gestützt auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG auf die Beschwerde ein, mit der Begründung, das Plangenehmigungsverfahren wäre zumindest vorläufig abgeschlossen, wenn - wie von den Beschwerdeführern beantragt - ein neuer Planungskorridor im Sachplanverfahren festgesetzt werden müsste. Ausschlaggebend war aber auch in jenem Fall, dass das Eintreten unter dem Blickwinkel der Prozessökonomie und des Beschleunigungsgebots (Art. 29 Abs. 1 BV) geboten war, um das bereits seit vielen Jahren hängige Verfahren nicht unnötig zu verzögern. Diese Gründe sprechen auch im vorliegenden Verfahren dafür, auf die Beschwerde gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG einzutreten, zumal es sich um eine für die Landes- und Bahnversorgung bedeutsame Übertragungsleitung handelt. 1.4. Ob die SBB, die nicht am vorinstanzlichen Verfahren beteiligt war, aber ebenfalls zu den Gesuchstellern im Plangenehmigungsverfahren gehörte, zur Beschwerde befugt ist, kann offen bleiben, weil jedenfalls auf die Beschwerde der Swissgrid AG einzutreten ist. 2. Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, die Vorinstanz sei zu Unrecht auf den Beweisantrag der Gemeinden (heutige Beschwerdegegnerinnen 8-19) eingetreten, für das gesamte Projekt eine Verkabelungsstudie einzuholen. Die Gemeinden seien nicht befugt, an der im Sachplan vom Bundesrat festgelegten Linienführung Kritik zu üben, sondern könnten lediglich das Ausführungsprojekt beanstanden, wobei sie konkret aufzeigen müssten, inwiefern dieses im Bereich ihrer Parzellen bzw. ihres Gemeindegebiets gegen Bundesrecht verstosse. Sie verweist hierfür auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Legitimation im Bereich des Nationalstrassenbaus (BGE 118 Ib 206 E. 8 S. 212 ff.) und im eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsverfahren (BGE 120 Ib 59 E. 1c S. 62 f.). 2.1. Nach dieser Rechtsprechung können Private und Organisationen das vom Bundesrat genehmigte generelle Projekt und die darin festgelegte Linienführung für eine Nationalstrasse nicht direkt anfechten, sondern nur indirekt, sofern sich die behaupteten Mängel im Ausführungsprojekt niedergeschlagen haben. Allerdings verlangte das Bundesgericht, dass der vom Strassenbau betroffene Private konkret aufzeigen müsse, inwiefern das Ausführungsprojekt im Bereich seines Grundstücks gegen Bundesrecht verstosse; auf allgemeine Kritik an der geplanten Linienführung trat es nicht ein (BGE 118 Ib 206 E. 8b S. 214 f. sowie - für den Bahnbau - BGE 120 Ib 59 E. 1b S. 62; je mit Hinweisen). Dieses Erfordernis leitete das Bundesgericht nicht aus den Besonderheiten des National- oder Eisenbahnrechts ab, sondern aus den (damals geltenden) allgemeinen Bestimmungen der Bundesrechtspflege zur Beschwerdebefugnis (insbes. Art. 103 lit. a OG), die eine örtlich nahe Beziehung des Einsprechers zum umstrittenen Projekt verlangten und sein persönliches Betroffensein voraussetzten, da die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht zur Popularbeschwerde werden dürfe (BGE 120 Ib 59 E. 1c S. 63 mit Hinweis). 2.2. Art. 103 lit. a OG wurde am 1. Januar 2007 durch Art. 89 Abs. 1 BGG ersetzt. Diese Bestimmung verlangt neben der formellen Beschwer (lit. a) weiterhin, dass der Beschwerdeführer über eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache verfügt (lit. b) und einen praktischen Nutzen aus der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids zieht (lit. c). Die Nähe der Beziehung zum Streitgegenstand muss bei Bauprojekten insbesondere in räumlicher Hinsicht gegeben sein. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation des Beschwerdeführers durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann (BGE 133 II 409 E. 1.3 S. 413 mit Hinweisen). Insofern gilt auch heute noch, dass ein Beschwerdeführer, der einen Plangenehmigungsentscheid anficht, darlegen muss, inwieweit er durch das bewilligte Projekt in eigenen Interessen betroffen ist und einen Nachteil erleiden könnte; die Popularbeschwerde zur Geltendmachung allgemeiner oder öffentlicher Interessen bleibt (von spezialgesetzlich geregelten Fällen abgesehen) ausgeschlossen. Dagegen hat das Bundesgericht seine Praxis zu den zulässigen Beschwerdegründen seit Inkrafttreten des BGG präzisiert: Ist die besondere Beziehungsnähe in räumlicher Hinsicht gegeben und die Beschwerdebefugnis daher zu bejahen, ist der Beschwerdeführer mit sämtlichen Rügen zum Verfahren zuzulassen, die sich rechtlich oder tatsächlich auf seine Stellung auswirken, d.h. deren Durchdringen dazu führen würde, dass das Bauvorhaben (auch im Bereich des Beschwerdeführers) nicht oder anders realisiert würde als geplant (BGE 138 II 191 E. 5.2 S. 205; 137 II 30 E. 2.3 S. 34). Ohnehin gilt im Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht (wie auch im Verfahren der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor Bundesgericht) nicht das Rügeprinzip, sondern das Bundesrecht ist grundsätzlich von Amtes wegen anzuwenden (Art. 106 Abs. 1 BGG). 2.3. Plangenehmigungen für elektrische Leitungen umfassen meist eine grössere Strecke (hier: rund 30 km). Innerhalb des Planungsperimeters können die Einsprecher die Notwendigkeit des Aus- und Neubaus sowie die Linienführung (einschliesslich deren ober- oder unterirdischen Führung) rügen und diesbezügliche Anträge stellen, soweit ihnen dies im Obsiegensfall einen praktischen Vorteil verschaffen würde (so auch Urteil 1C_297/2010 vom 1. Dezember 2010 E. 3.2 betr. Baulinienfestsetzung). Der gerügte Mangel muss somit nicht den Leitungsabschnitt im Bereich ihrer Grundstücke betreffen; es genügt, wenn er zu einer Aufhebung oder Änderung der Linienführung im Nahbereich der Einsprecher führen könnte. Ob dies der Fall ist, muss anhand der Umstände des jeweiligen Falles beurteilt werden. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn eine Gemeinde gestützt auf Art. 12 Abs. 1 lit. a NHG Beschwerde führt. Zwar ist ihre Beschwerde insoweit mit einer ideellen Verbandsbeschwerde vergleichbar, als es um die parteimässige Durchsetzung öffentlicher Interessen geht ( VERA MARANTELLI-SONANINI/SAID HUBER, in: Bernhard Waldmann/Philippe Weissenberger, Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2009, Art. 48 N. 37). Art. 12 NHG berechtigt die Gemeinden dazu, im Interesse des Natur- und Heimatschutzes und zur Wahrung des heimatlichen Landschafts- und Ortsbilds Beschwerde zu führen (grundlegend BGE 109 Ib 341 E. 2b S. 342 f.; bestätigt in BGE 118 Ib 614 E. 1c S. 616 f.). Vorausgesetzt wird jedoch, dass die Verfügung ein Vorhaben betrifft, das auf ihrem kommunalen Hoheitsgebiet ausgeführt werden soll oder sich jedenfalls auf dieses auswirkt ( PETER M. KELLER, in: Keller/Zufferey/Fahrländer, Kommentar NHG, Zürich 1997, Art. 12 N. 6). Insofern können die Gemeinden die Überprüfung eines Projekts und die Erarbeitung von Varianten nur insofern verlangen, als dies (zumindest auch) zu einer Verbesserung des Projekts bzw. einer Verminderung seiner Auswirkungen aus Sicht von Natur und Landschaft auf ihrem Hoheitsgebiet führt. 2.4. Im Folgenden ist die Zulässigkeit des Beweisantrags der Gemeinden anhand dieser Kriterien zu prüfen. Der Leitungsabschnitt im Obergoms, zwischen Mast Nr. 550 (Ulrichen) und 484/485 (Niederwald), liegt vollständig auf dem Gebiet der Beschwerdegegnerinnen 8-19, weshalb sie ohne Weiteres befugt sind, (Beweis-) Anträge zur Verkabelung dieser Strecke zu stellen. Der daran anschliessende Abschnitt durchquert den Landschaftspark Binntal, der das Gebiet der Gemeinden Binn, Ernen, Grengiols, Bister, Niederwald und Blitzingen umfasst. In diesem Bereich ist der Verlauf der Freileitung besonders umstritten; die Beschwerdegegner 1-7 wie auch das BAFU haben für die Landschaftskammer "Binnegga-Binnachra-Hockmatta-Hofstatt" eine Verkabelungsstudie beantragt. Würde die Leitung im Obergoms in die Erde verlegt, müsste daher zwangsläufig auch eine Verkabelung im anschliessenden Bereich Binntal geprüft werden. Deren Verlauf hätte zudem einen Einfluss auf den anschliessenden Abschnitt im Obergoms. Dies rechtfertigt es, den Beweisantrag auch für diesen Leitungsabschnitt zuzulassen. Dagegen ist für die noch weiter talabwärts liegenden Strecken, in den Gemeinden Mörel-Filet, Termen, Bitsch und Naters, nicht dargetan, inwieweit ihre Verkabelung sich auf die Linienführung im Obergoms, d.h. im Bereich der am Verfahren beteiligten Burger- und Munzipalgemeinden, auswirken könnte; dies ist auch nicht ohne Weiteres ersichtlich. Die Beschwerde ist daher zumindest insoweit gutzuheissen, als die Rückweisung auch zur Prüfung der Verkabelung im unteren Goms erfolgt ist. 3. Die Beschwerdeführerin macht überdies geltend, der Antrag sei verspätet gewesen, weil die betroffenen Gemeinden die Möglichkeit gehabt hätten, im Sachplanverfahren eine Verkabelungsstudie zu beantragen. Das Sachplanverfahren werde obsolet, wenn die vom Leitungsprojekt betroffenen Gemeinden grundsätzliche Einwände gegen das Projekt erst auf Stufe Plangenehmigungsverfahren erheben dürften. Auch wenn einzig die Gemeinden Blitzingen, Reckingen und Ulrichen an der Begleitgruppe zum SÜL mitgewirkt hätten, seien doch alle Gemeinden vom Kanton Wallis angehört und im Sachplanverfahren vertreten worden. Im Übrigen habe sich auch die Region Goms als öffentlich-rechtliche Körperschaft der 21 Regionsgemeinden bezeichnet. Weder der Kanton noch die Region hätten im SÜL-Verfahren Verkabelungsstudien beantragt. 3.1. Art. 19 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV; SR 700.1) sieht vor, dass der Entwurf eines Konzepts oder Sachplans des Bundes den betroffenen Kantonen zugestellt wird; die kantonale Fachstelle für Raumplanung hört die interessierten kantonalen, regionalen und kommunalen Stellen an und sorgt dafür, dass die Bevölkerung in geeigneter Weise mitwirken kann. Zudem verlangt Art. 18 RPV i.V.m. Art. 13 Abs. 2 RPG eine Zusammenarbeit mit anderen Planungsträgern und insbesondere mit den Kantonen. Der Sachplan ist für die Behörden, und damit auch für die Gemeinden, verbindlich (Art. 22 Abs. 1 RPV). Im Allgemeinen bedeutet dies, dass Kanton und Gemeinden verpflichtet sind, die Konzepte und Sachpläne bei ihren raumwirksamen Tätigkeiten zu berücksichtigen; kommt dem Bund dagegen (wie im Bereich des SÜL) eine umfassende Zuständigkeit zu und werden im Sachplan konkrete räumliche Aussagen gemacht (hier: Festsetzung eines Korridors für eine Freileitung), so bindet dies Kantone und Gemeinden direkt ( BERNHARD WALDMANN/PETER HÄNNI, Handkommentar Raumplanungsgesetz, 2006, N. 30 zu Art. 13 RPG; LUKAS BÜHLMANN, in: Aemisegger/Moor/Ruch/Tschannen [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung, N. 48 zu Art. 13 RPG). Die SÜL-Festsetzungen können daher schwerwiegende Auswirkungen auf die planerische Entscheidungsfreiheit und Entwicklungsmöglichkeiten der betroffenen Gemeinden haben. Insofern steht diesen ein Mitwirkungsrecht zu, das über das allgemeine Mitwirkungsrecht der Bevölkerung gemäss Art. 4 Abs. 2 RPG hinausgeht und insbesondere das Recht umfasst, Beweisanträge zu stellen und alternative Linienführungen bzw. Kabelvarianten zu beantragen. Die Rechtslage ist insofern derjenigen im Richtplanverfahren vergleichbar (vgl. BGE 136 I 265 E. 3.2 S. 272 mit Hinweisen). Die Gemeinden können und müssen daher grundsätzliche Einwände gegen die Linienführung bereits im Sachplanverfahren vorbringen. 3.2. Vorliegend wurde das SÜL-Dossier für die Gommerleitung allen betroffenen Gemeinden zugestellt. Diese hatten daher grundsätzlich die Möglichkeit, Beweisanträge (via den Kanton oder die Region Goms) zu stellen, auch wenn sie selbst nicht Mitglied der SÜL-Begleitgruppe waren. Die für die Gommerleitung massgeblichen SÜL-Objektblätter (Nrn. 101, 101.10, 101.20, 800.10 und 800.20) datieren allerdings vom 21. August 2002; das Anhörungs- und Mitwirkungsverfahren wurde 1998 und 2000 durchgeführt, mit Konfliktbereinigung 2002. Nach der damaligen Praxis waren Hochspannungsleitungen aus technischen und energiewirtschaftlichen Gründen grundsätzlich als Freileitungen auszuführen; für die Verkabelung einer Hochspannungsleitung wurden, wegen der damit verbundenen technischen und betrieblichen Nachteile und der erheblichen Mehrkosten, hohe Anforderungen an die Schutzwürdigkeit des Gebiets gestellt (BGE 115 Ib 311 E. 5 f-h S. 324 ff.); die Verkabelung fiel praktisch nur in Betracht, wenn ein Bundesinventar-Objekt beeinträchtigt würde. Dies erklärt, weshalb im SÜL-Verfahren weder der Kanton noch die Gemeinden die Prüfung einer Kabelvariante beantragten; ein solcher Antrag hätte damals auch keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Wie im Folgenden darzulegen sein wird (E. 4), haben sich die Verhältnisse seither wesentlich geändert. Soweit dies dazu führt, dass die Bindung an den Sachplan entfällt und im Plangenehmigungsverfahren neue, vom SÜL abweichende Leitungsführungen geprüft werden können bzw. müssen, sind auch die Beschwerdegegnerinnen 8-19 berechtigt, erstmals im Plangenehmigungsverfahren Anträge zur Prüfung von Kabelvarianten zu stellen. 3.3. Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob und inwiefern die Burgergemeinden (Beschwerdegegner 9, 11, 13, 15, 17) am SÜL-Verfahren mitwirken konnten und an den Sachplan gebunden sind. 4. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf die Bindungswirkung des Sachplans: Dieser sei für die Behörden verbindlich, und zwar auch für die Gerichtsbehörden (BGE 129 II 331 E. 4.2 S. 344; WALDMANN/HÄNNI, Handkommentar RPG, Art. 13 N. 21 und 25). Die neuere bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Interessenabwägung im Plangenehmigungsverfahren für Starkstromleitungen habe stets Leitungsprojekte betroffen, die nicht auf einer Sachplanfestsetzung des Bundesrates beruhten, d.h. noch vor Erlass des SÜL erarbeitet bzw. eingeleitet worden seien. Das Bundesverwaltungsgericht habe diese Rechtsprechung zu Unrecht auf ein Projekt angewandt, dessen Leitungsführung bereits vom Bundesrat im SÜL verbindlich festgelegt worden sei. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass der Sachplan (anders als ein kantonaler Richtplan) auch nicht vorfrageweise überprüft werden dürfe. Es handle sich um einen Akt des Bundesrats, dessen Anfechtung gemäss Art. 189 Abs. 4 BV ausgeschlossen sei und der auch im Plangenehmigungsverfahren nur eingeschränkt überprüft werden dürfe. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sei er einzig dann nicht verbindlich, wenn der Bundesrat bei der Festsetzung Interessen von Verfassungsrang schlicht ausser Acht gelassen habe (BGE 128 II 1 E. 3d S. 11 f.). Dabei sei auf den Zeitpunkt der Sachplanfestsetzung abzustellen. Im vorliegenden Fall habe der Bundesrat im SÜL-Verfahren eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen und habe dabei insbesondere auch den Aspekt des Landschaftsschutzes umfassend berücksichtigt. Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass sich die Verhältnisse in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht seither erheblich geändert hätten. Die in BGE 137 II 266 vorgenommene Praxisänderung könne für sich allein nicht dazu führen, in Abweichung vom verbindlichen Sachplan Verkabelungsstudien für Schutzgebiete bei allen noch hängigen Leitungsprojekten zu verlangen. Andernfalls würde das durchgeführte SÜL-Verfahren obsolet. Dies würde die zwingend notwendige Modernisierung sowie den Ausbau des Übertragungsnetzes zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit der Schweiz ernsthaft gefährden. Diese Auffassung wird vom BFE geteilt: Es müsse auch in Zukunft möglich sein, in einem bestimmten Zeitpunkt der Planung gewisse Lösungen endgültig auszuschliessen, auf Grund der in diesem Zeitpunkt vorhandenen und dem Planungsstand angemessenen Unterlagen. Dies betreffe nicht nur den in Anspruch zu nehmenden Raum (z.B. rechte oder linke Tal- oder Seeseite), sondern auch den Entscheid über die Technologie (Kabel- oder Freileitung). Sei dies nicht mehr gewährleistet, müssten vorsorglich alle möglichen Optionen und Varianten bis zur Genehmigungsreife entwickelt werden, um dem Vorwurf der unvollständigen Sachverhaltsabklärung zuvorzukommen. Dies hätte zur Folge, dass auf absehbare Zeit keine Leitungsprojekte mehr realisiert werden könnten. 4.1. Art. 189 Abs. 4 BV schliesst lediglich die direkte (selbstständige) Anfechtung von Akten des Bundesrats aus, nicht aber ihre vorfrageweise Überprüfung (Art. 190 BV e contrario; vgl. Walter Haller, in: St. Galler BV-Kommentar, 2. Aufl., N. 56 zu Art. 189). Insofern können Verordnungen des Bundesrates wie auch bundesrätliche Inventare (vgl. BGE 138 II 281 E. 5.4 S. 289 mit Hinweis) im Anwendungsfall auf ihre Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit hin überprüft werden. Gleiches muss für Sachpläne des Bundesrates gelten, da ansonsten der nach Art. 29a BV und Art. 6 EMRK gebotene wirksame Rechtsschutz gegen die Bewilligung von Projekten, die sich auf einen bundesrätlichen Sachplan stützen, nicht gewährleistet wäre. Die Aussage, wonach auch Gerichtsbehörden an den Sachplan gebunden sind, ist daher zu relativieren: Privaten können die (nur behördenverbindlichen) Sachplanfestsetzungen nicht entgegen gehalten werden, auch nicht über den Umweg einer gerichtlichen Bindung an den Sachplan. Auf Beschwerde von Privaten müssen die Gerichte die Sachplanfestsetzungen somit frei auf ihre Bundesrechtskonformität überprüfen können (so schon BGE 128 II 331 E. 4.2 S. 344 in fine). Selbstverständlich ist ein dem Bundesrat zustehender Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zu respektieren. Gemeinden sind zwar als Behörden grundsätzlich an Sachpläne gebunden. Wurde dieser jedoch vom Bundesrat erlassen, so können sie ihn (anders als einen kantonalen Richtplan) nicht direkt anfechten. Insofern müssen auch sie die Möglichkeit haben, den Sachplan im Plangenehmigungsverfahren vorfrageweise überprüfen zu lassen. 4.2. Im Übrigen ist die Bindungswirkung von Sachplänen auch für andere Behörden nicht absolut. Gemäss Art. 22 Abs. 3 RPV reicht die Bindung einer Festsetzung nur soweit, als sich die damit verbundenen Auswirkungen auf Raum und Umwelt anhand der Sachplangrundlagen und des Standes der Planungen von Bund und Kantonen im Zeitpunkt der Festsetzung beurteilen lassen. Dies setzt voraus, dass sich die Sachplanbehörde mit einem Interessenkonflikt im Sachplan ausdrücklich auseinandergesetzt hat und sich klar für den Vorrang des einen oder anderen Interesses entschieden hat (vgl. BGE 128 II 1 E. 3d S. 11 f.). Sodann sind Sachpläne gemäss Art. 17 Abs. 4 RPV zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, wenn sich die Verhältnisse geändert haben, sich neue Aufgaben stellen oder eine gesamthaft bessere Lösung möglich ist. Wie beim kantonalen Richtplan, besteht auch die Funktion des Sachplans nicht allein in der Festschreibung bestimmter Zustände, sondern ebenso sehr in der Steuerung und Leitung künftiger Planungsprozesse, weshalb die nachgeordnete Ebene (hier: des Plangenehmigungsverfahrens) auf die vorgeordnete Stufe der Sachplanung zurückwirken kann (vgl. BGE 119 Ia 362 E. 4a S. 367 f. mit Hinweisen zum Richtplan). Veränderte Verhältnisse oder andere gewichtige Gründe können daher ein Abweichen vom Sachplan im Bewilligungsverfahren rechtfertigen ( WALDMANN/HÄNNI, Handkommentar RPG, Art. 13 N. 26 und 32; BÜHLMANN, RPG-Kommentar, Art. 13 N. 35 und 47). Ob dies einer Bewilligung des Vorhabens vor Anpassung des Sachplans entgegensteht, oder im Bewilligungsverfahren ohne förmliche Änderung des Sachplans von diesem abgewichen werden kann, hängt von der jeweiligen Rechtsmaterie sowie von Umfang und Gewicht der Abweichungen ab. Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass die Fachbehörde nicht leichthin eine ihr als gesamthaft besser erscheinende Lösung in Abweichung des Sachplans bewilligen darf. Das Sachplanerfordernis will gerade sicherstellen, dass die gebotene Interessenabwägung auf Stufe Bundesrat erfolgt, der über die erforderliche Distanz verfügt und befähigt ist, die Interessen auf übergeordneter Stufe in einer Gesamtschau abzuwägen, während die Fachbehörden dazu neigen, ihre fachspezifischen Interessen in den Vordergrund zu stellen (BGE 128 II 1 E. 3d S. 11). Die Bindung an den Sachplan darf aber auch nicht dazu führen, dass an Lösungen festgehalten wird, die aufgrund veränderter Verhältnisse (neue Erkenntnisse, Methoden, Technologien, etc.) überholt sind. Massgeblich für die Bewilligung eines Projekts ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Plangenehmigungsverfügung (hier: am 30. Juni 2011) und nicht der Zeitpunkt der Sachplanfestsetzung (hier: am 21. August 2002). 4.3. Wie das Bundesgericht in BGE 137 II 266 vom 5. April 2011 (d.h. vor der Erteilung der Plangenehmigung im vorliegenden Verfahren) dargelegt hat, sind Kabelanlagen aufgrund des technischen Fortschritts leistungsfähiger, zuverlässiger und kostengünstiger geworden; dies mindert das Gewicht der gegen eine (Teil) Verkabelung sprechenden Gründe und kann dazu führen, dass das Interesse an der ungeschmälerten Erhaltung einer Landschaft von mittlerer bzw. nur lokaler Bedeutung im Einzelfall überwiegen kann. In diesem Zusammenhang ist auch die zunehmende Verbauung der Schweiz zu berücksichtigen, mit der Folge, dass unbeeinträchtigte Landschaften immer seltener werden und das Interesse an ihrer Erhaltung zunimmt (E. 4.2 S. 276 f.). Hinzu kommt, dass seit Erlass des Sachplans die Kategorie der Regionalpärke von nationaler Bedeutung eingeführt worden ist (Teilrevision des NHG vom 6. Oktober 2006, in Kraft seit 1. Dez. 2007). Diese schützen grössere, teilweise besiedelte Gebiete, die sich durch ihre natur- und kulturlandschaftlichen Eigenschaften besonders auszeichnen (Art. 23g Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz [NHG; SR 451]), insbesondere durch die Vielfalt und Seltenheit der einheimischen Tier- und Pflanzenarten sowie ihrer Lebensräume, die besondere Schönheit und die Eigenart der Landschaft, einen geringen Grad an Beeinträchtigungen der Lebensräume sowie des Landschafts- und Ortsbildes durch Bauten, Anlagen und Nutzungen, sowie die Einzigartigkeit und besondere Qualität der Kulturlandschaft (Art 15 der Verordnung vom 7. November 2007 über die Pärke von nationaler Bedeutung [Pärkeverordnung, PäV; SR 451.36]). Die Qualität von Natur und Landschaft in Regionalparks soll erhalten und aufgewertet werden (Art. 23g Abs. 2 lit. a NHG). Bei neuen Bauten, Anlagen und Nutzungen ist der Charakter des Landschafts- und Ortsbildes zu wahren und zu stärken (Art. 20 lit. c PäV); bestehende Beeinträchtigungen des Landschafts- und Ortsbildes durch Bauten, Anlagen und Nutzungen sind bei sich bietender Gelegenheit zu vermindern oder zu beheben (Art. 20 lit. d PäV). Dies gilt insbesondere auch beim Ersatz, der Änderung oder dem Neubau von Starkstromleitungen. Zu den Regionalparks von nationaler Bedeutung gehört auch der Landschaftspark Binntal. Dieser wurde im Dezember 2008 (d.h. nach Erlass der SÜL-Objektblätter) als kantonaler Naturpark gegründet. Das Parklabel, d.h. die Anerkennung als regionaler Naturpark von nationaler Bedeutung, wurde ihm zwar erst mit Verfügung des BAFU vom 20. September 2011 erteilt; das Anerkennungsverfahren wurde jedoch schon am 5. Januar 2011 eingeleitet und war damit bei Erlass der Plangenehmigungsverfügung hängig. Wie sich aus dem SÜL-Objektblättern und den dazugehörigen Erläuterungen ergibt, wurde die Möglichkeit einer unterirdischen Leitungsführung zur Schonung der kantonalen und kommunalen Schutzgebiete und namentlich des Gebiets des heutigen Regionalen Naturparks Binn im Sachplanverfahren nicht geprüft. Es erfolgte daher auch keine Abwägung mit den einer Verkabelung entgegenstehenden Interessen. Wie das Bundesverwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, sind die zuständigen Planungs- und Bewilligungsbehörden deshalb befugt, diese Prüfung im Plangenehmigungsverfahren nachzuholen und sind insofern nicht an die in den SÜL-Objektblättern 101.1, 101.2, 800.1 und 800.2 enthaltenen Festsetzungen gebunden. Dies gilt ohnehin, soweit Private (wie die Beschwerdegegner 1-7) Anträge auf die Prüfung von Verkabelungsvarianten stellen: Da sie nicht an den Sachplan gebunden sind, müssen die Behörden ihren Beweisanträgen stattgeben, soweit diese nicht in antizipierter Beweiswürdigung abgewiesen werden können. 5. Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob das BFE aufgrund der im Plangenehmigungsverfahren erfolgten Abklärungen zum Ergebnis kommen durfte, die Freileitung sei gegenüber einer - vollständigen oder teilweisen - Verkabelung der Leitung die beste Lösung. Wäre dies zu bejahen, hätte das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden der Beschwerdegegner 1-19 abweisen müssen. 5.1. Das Bundesverwaltungsgericht ging davon aus, dass die im Umweltverträglichkeitsbericht vom 20. Dezember 2007 (nachfolgend: UVB 2007) sowie im Anhang 3.5 zum Umweltverträglichkeitsbericht vom 9. März 2009 (nachfolgend: UVB 2009) erfolgten Abklärungen unzureichend seien, um die mit einer Verkabelung der Gommerleitung verbundenen Vor- und Nachteile gegenüber jenen der Freileitung zu beurteilen. Die Ausführungen des UVB 2007 seien nicht auf die besonderen Verhältnisse im Goms zugeschnitten, sondern äusserten sich in allgemeiner Weise zu den bei einer Verkabelung von Hochspannungsleitungen in Gebirgsregionen auftretenden Schwierigkeiten. Im Gegensatz dazu nehme der Anhang 3.5 UVB 2009 (pag. 4270 ff.) zwar Bezug auf die topografischen Verhältnisse des Goms, ohne jedoch einen für die Verkabelung des strittigen Bauvorhabens geeigneten Leitungskorridor zu definieren, die mit dem Bau sowie Betrieb einer solchen Leitung verbundenen Kosten zu beziffern und die hiermit verbundenen Vor- und Nachteile den in Betracht gezogenen Freileitungsvarianten gegenüber zu stellen. Das Gewicht der fraglichen Ausführungen werde überdies dadurch gemindert, dass das BAFU die Richtigkeit etlicher Feststellungen anzweifle, die Schlussfolgerungen des UVB 2009 in Bezug auf die Querung Binna nicht teile und diesen im Übrigen nur unter der Annahme zustimme, an das im SÜL-Verfahren festgelegte Leitungstrassee gebunden zu sein. Werde ein anderer Leitungskorridor gewählt, so könne aufgrund der fraglichen Untersuchungen weder beurteilt werden, ob sich die Gommerleitung natur- und landschaftsverträglich verkabeln lasse, noch ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der 132-kV-Leitungsstrang der SBB in ein solches Projekt integriert werden könnte. Die Vorinstanz räumte ein, dass sie im Urteil A-5374/2010 vom 15. August 2012 (betr. die Leitung Chamoson-Chippis) eine Verkabelung von SBB-Leitungen auf langen Strecken aufgrund der damit verbundenen Resonanzproblematik grundsätzlich als ausgeschlossen erachtet habe (E. 13.8.2 und 13.8.3). Jedoch ergebe sich aus dem in den Akten liegenden Bericht "Resonanzproblematik im SBB-Energienetz" von Martin Aeberhard, René Vollenwyder, Christine Haag und Benedikt Aeberhardt (im Folgenden: Bericht Resonanzproblematik) vom 15. Mai 2012 (Korrigenda S. 18, 19, 20, Tabelle Kabelstrecken in Betrieb), dass die SBB zwischen Massaboden-Brig und Südportale Iselle di Trasquera insgesamt 40.4 km ihres Stromnetzes verkabelt und in Betrieb genommen habe. Dies deute darauf hin, dass auch eine Verkabelung des sich hieran anschlies-senden Leitungsstrangs der SBB von Bitsch/Massaboden bis Ulrichen möglich sei. Fest stehe ausserdem, dass zurzeit noch gewisse Abschnitte des SBB-Stromnetzes verkabelt werden könnten, ohne dass deswegen mit Betriebsstörungen und Zugsverspätungen zu rechnen sei. Dass die SBB dieses Potenzial für andere Teilabschnitte nutzen wolle, sei solange nicht entscheidend, als hierüber nicht in Form einer rechtskräftigen Plangenehmigungsverfügung entschieden worden sei. Dies treffe auf 43.1 km der insgesamt geplanten 91 km geplanten Kabelstrecken zu. Im Übrigen sei es immer noch denkbar, dass der Bundesrat auf seinen Bündelungsentscheid zurückkomme und sich für eine getrennte Führung des 132 kV-Leitungsstrangs der SBB entscheide. Es gehe daher nicht an, die ganze oder teilweise Verkabelung der Gommerleitung von vornherein in antizipierter Beweiswürdigung abzulehnen, weil eine Verkabelung des mitgeführten SBB-Leitungsstranges für grössere Strecken zu technischen Schwierigkeiten führe und möglicherweise nur zu Lasten anderer sich in Planung befindlicher Verkabelungsprojekte realisiert werden könnte. 5.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass die neue Leitungsführung kantonale und kommunale Schutzgebiete beeinträchtigt: Tatsächlich führe die neue Linienführung und der Abbruch der bestehenden 220-kV-Leitung in weiten Bereichen (insbes. zwischen Bister und Steinhaus sowie Blitzingen, Ritzingen und Gluringen) zu einer Entlastung; dies belege der Bericht des Büros für Natur und Landschaft AG ARNAL vom 25. November 2010 zur Bewertung der Ausgleichsmassnahmen nach dem "N+L Punktekonto" (im Folgenden: ARNAL-Bericht). Das BFE habe im Plangenehmigungsentscheid (E. 5.4.3.4) einlässlich dargelegt, weshalb die gewählte Linienführung die beste Lösung sei. Mit diesen Erwägungen habe sich das Bundesverwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt und damit das rechtliche Gehör verletzt. Es habe zudem die Stellungnahmen des BAFU vom 5. Januar 2012 willkürlich herangezogen: Das BAFU habe eine Prüfung der Verkabelung einzig für das Gebiet "Binnegga-Binnachra-Hockmatt-Hofstatt" für erforderlich gehalten und im Übrigen die Schlussfolgerungen des UVB und des Plangenehmigungsentscheids bestätigt. Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die Verkabelung der SBB-Leitung auf einer Länge von 30 km bereits aufgrund der Resonanzproblematik ausgeschlossen sei: Aus den Akten ergebe sich eindeutig, dass eine Verkabelung von Strecken, die über einige Kilometer hinausgehen, zu Problemen im SBB-Netz führe. Der der SBB zur Verfügung stehende Handlungsspielraum sei schon durch die bis ins Jahr 2025 geplanten (wenn auch noch nicht bewilligten) Kabelabschnitte überschritten. 5.3. Das BFE erachtet die Sachverhaltsrügen der Beschwerdeführerin als begründet, insbesondere auch zur Resonanzproblematik. Es verweist auf die Notwendigkeit, die neue SBB-Leitung im Zeitpunkt der Eröffnung des Gotthardtunnels 2016/2017 in Betrieb zu nehmen. Die Bündelung von Leitungen sei ein zentrales Element bei der Festlegung vom Planungskorridoren im Sachplanverfahren und entspreche dem Grundsatz der haushälterischen Bodennutzung. Das bewilligte Projekt trage diesem Aspekt Rechnung und bündle die Leitungen fern vom Siedlungsgebiet und von landwirtschaftlich nutzbarem Boden in der Talflanke. Da eine Kabelleitung in den steilen, stark bewaldeten Talflanken nicht bewilligungsfähig wäre, müsste sie zwingend im Talgrund geführt werden, was auch aus raumplanerischen Überlegungen bisher verworfen worden sei. 5.4. Die Beschwerdegegner weisen darauf hin, dass die neue Hochspannungsleitung massiv grösser sei als die bestehende Leitung (dreimal höhere Masten, breitere Ausladung); sie stelle deshalb offenkundig eine Beeinträchtigung des einzigartigen Hochtals Goms sowie der Kulturlandschaftskammer Binnega-Binnachra-Hockmatt-Hofstatt dar. Es sei Aufgabe der angeordneten Verkabelungsstudie zu klären, ob bzw. inwieweit es eine Resonanzproblematik im Zusammenhang mit der Verkabelung der SBB-Leitung für das Bahnstromnetz geben könnte. Das Gutachten Brakelmann/Fröhlich/Püttken vom 14. April 2011 ("Infrastructures de transport d'énergie électrique à haute tension dans le canton du Valais - Ligne à haute tension Chamoson - Chippis") habe sich auf eine konventionelle erdverlegte Leitung bezogen; im Übrigen sei der darin enthaltene Abschnitt zur Resonanzproblematik ohne eigene Abklärungen von der SBB übernommen worden. Die Beschwerdegegner 1-7 machen geltend, sie hätten für den Abschnitt im Landschaftspark Binn die Verlegung in einem Stollen verlangt; bei dieser Lösung seien die Kabel - vergleichbar einer Freileitung - von Luft und nicht von Beton und Erde umgeben. Es sei zu erwarten, dass sich bei dieser Variante kaum Resonanzprobleme ergeben bzw. diese durch geeignete Massnahmen reduziert werden könnten, wie im Lötschberg-Basistunnel geschehen. Es sei Aufgabe der SBB, die Problematik der Resonanz anzugehen, anstatt mit Hinweis darauf jegliche Erdverlegung zu verweigern. 6. Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht zitierten Bericht zur Resonanzproblematik ergibt sich, dass ein physikalisches Zusammenspiel zwischen den Triebfahrzeugen einerseits und dem Bahnstromnetz andererseits besteht, das ein Aufschwingen des Bahnstromnetzes (Resonanz) bewirken und bei geringer Dämpfung zu massiven Überspannungen führen könne, die wiederum Betriebsstörungen oder sogar Schäden an Triebfahrzeugen und Infrastruktur auslösen könnten. Ob problematische Resonanzen auftreten, sei von vielen Faktoren abhängig, insbesondere von der Anzahl Fahrzeuge, deren Aufenthaltsort, dem Fahrzeugtyp, dem Schaltzustand des Bahnstromnetzes, den momentan eingesetzten Kraftwerken, aber auch vom Verkabelungsanteil des Bahnstromnetzes (und zwar unabhängig davon, ob sich die Kabelstrecke in der Nähe einer Bahnschienenstrecke befindet oder nicht). Der Verkabelungsanteil habe einen grossen und ungünstigen Einfluss auf das Resonanzverhalten: Je höher der Kabelanteil im Bahnstromnetz sei, desto tiefer sinke die Resonanzfrequenz; tiefere Resonanzfrequenzen würden weniger (durch Eisen- und Wirbelstromverluste in den Kupferleitungen) gedämpft. Für einen stabilen Betrieb müsse die Resonanzfrequenz oberhalb von 103 Hz bleiben. Bereits mit den bis zum Jahr 2025 geplanten Verkabelungen von ca. 190 km werde diese Grenze erreicht. Im Bericht wird ausgeführt, dass die SBB Massnahmen vorantreiben, um das Resonanzproblem einzugrenzen (insbesondere durch Eliminierung/Vermeidung von anregenden Elementen bei den Fahrzeugen und Optimierung der Netzstruktur), um einen grösseren Handlungsspielraum für Verkabelungen zu gewinnen. Möglich sei auch der Einsatz von Generatoren als dämpfende Elemente; jedoch eigne sich diese Massnahme nur für Teilnetze (wie den Bereich Lötschberg-Simplon) und lediglich für planbare ausserordentliche Netzzustände. Als lokale Massnahme hätten sich sodann Dämpfungsglieder zur passiven Dämpfung im Lötschberg-Simplon-Korridor bewährt; auch diese eigneten sich jedoch nicht für einen flächendeckenden Einsatz. Zur Zeit werde auch die Möglichkeit untersucht, Frequenzumformer als aktive Dämpfungsglieder einzusetzen, was bereits bei Windparks realisiert worden sei. Trotz dieser Forschungsarbeiten müsse jedoch in absehbarer Zeit darauf geachtet werden, dass der kritische Kabelanteil nicht überschritten werde; hierfür sei eine schweizweite Koordination der diversen Verkabelungs-Projekte nötig. 6.1. Bei diesem Bericht handelt es sich um ein Gutachten, das von der SBB in Auftrag gegeben wurde, d.h. um ein Parteigutachten. Die vollständige Fassung des Berichts wurde den Beschwerdegegnern erst am 22. Januar 2013 zugestellt, d.h. nach Ergehen des angefochtenen Entscheids, verbunden mit dem Verbot, ihn Drittpersonen auszuhändigen oder zu publizieren, weshalb die Beschwerdegegner den Bericht nicht durch eigene Fachleute überprüfen lassen konnten. Eine unabhängige Studie zur Resonanzproblematik liegt bislang nicht vor. 6.2. Dennoch ist das Problem ernst zu nehmen. Bereits im Schlussbericht der Arbeitsgruppe Leitungen und Versorgungssicherheit (AG LVS) vom 28. Februar 2007 wurde festgehalten, dass Netzstabilitätsgründe der Verkabelung im Bahnstromnetz enge Grenzen setzten und deshalb empfohlen, die Erdverlegung von Leitungen im 16.7 Hz-Hochspannungsnetz der SBB nur bei hohen Beeinträchtigungen (spezielle Schutzkriterien der Landschaft, des Bodens, des Grundwassers, des Waldes und der NISV) in Betracht zu ziehen, wobei die technischen Randbedingungen (Netzresonanz und begrenzt zulässiger Verkabelungsanteil) zwingend zu berücksichtigen seien (Ziff. 3.2.1.1 und 3.2.1.2 S. 29 f.). Zwar besteht - wie das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat - noch etwas Spielraum, wenn nur die bereits genehmigten Projekte berücksichtigt werden; dieser muss jedoch haushälterisch genutzt werden, um der SBB die Möglichkeit von Verkabelungen in Bereichen offen zu halten, in denen eine Freileitung (z.B. aus immissionsschutzrechtlichen Gründen) ausscheidet. Die bereits erfolgte Verkabelung von insgesamt 40.4 km zwischen dem Nordportal (Brig) und dem Südportal (Iselle) betrifft den Simplontunnel und damit eine spezielle Situation; daraus kann nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass auch die Anschlussstrecke Bitsch/Massaboden bis Ulrichen vollständig verkabelt werden kann. Es trifft zu, dass diese Fragen grundsätzlich im SÜL- bzw. im Plangenehmigungsverfahren abgeklärt werden müssen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Realisierung der vorliegend streitigen Leitungen dringlich ist: Sie gehören zum strategischen Übertragungsnetz der Schweiz, das grundsätzlich bis 2015 realisiert werden soll. Der Neubau der 132 kV-Leitung der SBB muss laut BFE spätestens bei Eröffnung des Gotthard-Basistunnels Ende 2016/Anfang 2017 in Betrieb genommen werden können. Auch die AG LVS ging in ihrem Schlussbericht davon aus, dass der Neubau der 132 kV-Leitung der SBB zur Bildung eines ringförmigen, tragfähigen Bahnstrom-Verbundnetzes zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit unerlässlich sei (Ziff. 3.1.1 und 3.1.2 S. 23 ff.). Zwar ist die lange Dauer des Verfahrens nicht den Beschwerdegegnern anzulasten. Dies ändert aber nichts an dem nunmehr bestehenden Zeitdruck. Unter diesen Umständen müssen Rückweisungen auf das absolut Gebotene reduziert werden, d.h. auf Teilstrecken, in denen sich die Interessenabwägung des BFE als bundesrechtswidrig erweist, eine Verkabelung zwingend geprüft werden muss und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch realisiert werden kann. 7. Im Folgenden ist der angefochtene Plangenehmigungsentscheid unter diesem Blickwinkel zu überprüfen. 7.1. Das BFE ging davon aus, dass der festgesetzte Korridor im Wald und am Talhang sich nicht für eine Kabelanlage eigne und hierfür ein Trassee im Talgrund gesucht werden müsste, einerseits um Wald- und Schutzgebiete zu meiden, andererseits um nicht die vielen Wildbäche am Talhang queren zu müssen. Im relativ schmalen Talboden befänden sich die Siedlungsgebiete, deren Umfahrung (zur Einhaltung der NIS-Grenzwerte) eine grosse Herausforderung darstellen würde. Entlang der nördlichen Seite der Rhone befänden sich Dörfer und Weiler zwischen Bister und Steinhaus. Zudem seien in diesem Gebiet Gasleitungen vorhanden, auf welche ebenfalls Rücksicht genommen werden müsse. Für die Entwicklung der Dörfer sowie für die Land-wirtschaft wäre eine Linienführung in Siedlungsnähe nachteilig, da im Bereich der Kabelanlage nicht gebaut werden dürfe und kein Tiefpflügen möglich sei. Für eine Linienführung entlang der Rhone ergäben sich aus Sicherheitsgründen und im Hinblick auf die dritte Rhonekorrektur Konflikte. Zudem befänden sich entlang der Rhone drei Auengebiete, welche nicht tangiert werden dürften. Demgegenüber erachtete das BFE den Korridor für die Freileitung als optimal, sowohl für die Siedlungsgebiete als auch für die Landschaft. Die Leitungsbündelung ermögliche, dass die 220 kV-Leitung zwischen Mörel und Ulrichen auf der gesamten Länge und die 65 kV-Leitungen Ernen-Ulrichen und Heiligkreuz-Fiesch teilweise abgebrochen werden. Für die Dörfer zwischen Bister und Steinhaus sowie für Blitzingen, Ritzingen und Gluringen, die von der Linienführung der 220 kV-Leitung betroffen waren, ergebe sich eine erhebliche Verbesserung. Durch die zusätzliche Verlegung der Leitung an den südlichen Talhang könne nahezu der gesamte Talboden von störenden Leitungen entlastet werden. Das BFE ging deshalb davon aus, dass das Leitungsprojekt (Leitungsbündelung und Verlegung der Leitung an den südlichen Talhang) dem Landschaftsbild und den kommunalen Interessen genügend Rechnung trage, zumal fraglich erscheine, ob für eine Kabelanlage überhaupt ein geeigneter Korridor gefunden werden könnte. 7.2. Das BAFU hält diese Interessenabwägung in seiner Vernehmlassung vor Bundesverwaltungsgericht wie auch vor Bundesgericht im Bereich Obergoms für bundesrechtskonform (anders als im Bereich der Querung der Binna; vgl. dazu unten, E. 7.4). Zwar handle es sich um eine intakte, hochgelegene Berglandschaft der Inneralpen mit kompakten und gut erhaltenen Siedlungsgebieten, die wenig durch Infrastrukturanlagen vorbelastet seien. Die Gemeinden hätten allerdings in ihrer bisherigen Nutzungsplanung kaum auf die besondere Naturschönheit von Flusslandschaft, Landwirtschaftsgebiet und Dorfsiedlungen reagiert; so fehlten gerade im Bereich der Siedlungen und der siedlungsnahen Talböden vielerorts entsprechende Schutzzonen. Grössere kommunale Landschaftsschutzgebiete seien vorab auf der linken Talseite im Bereich der bewaldeten Talflanke ausgewiesen worden. In diesem Bereich berühre die Freileitung die kommunalen Schutzgebiete von Reckingen-Gluringen (zwischen Mast 502 und 508 auf einer Länge von ca. 2.2 km), Münster-Geschinen (Mast 513 und 516 auf einer Länge von ca. 1 km) und Ulrichen (zwischen Mast 519 und 551 bzw. 549 auf einer Länge von ca. 1 km). Diese dienten vor allem der Erhaltung der heutigen forst- und landwirtschaftlichen Nutzung. Das BAFU geht davon aus, dass diese Schutzziele durch die genehmigte Freileitung nicht schwerwiegend beeinträchtigt werden. Das gewählte Leitungstrassee befinde sich auf der Schattenseite, über dem Wald, und entspreche mit der vorgesehenen Bündelung der verschiedenen Leitungen auf einem Gestänge grundsätzlich dem Schonungsgebot gemäss Art. 3 NHG und von Art. 20 PäV. Sollte in diesem Streckenabschnitt eine Kabelvariante im Talboden weiterverfolgt werden, so sei zu bedenken, dass je nach Linienführung ebenfalls verschiedene Schutzgebiete betroffen wären. Neben zwei kleineren kantonalen Landschaftsschutzgebieten befänden sich in dieser Gegend insbesondere auch kommunale und kantonale Naturschutzgebiete sowie Objekte aus dem Aueninventar von nationaler Bedeutung. Das BAFU geht davon aus, dass der landschaftliche Gewinn einer allfälligen Verkabelung eher gering ausfallen und die voraussichtlich unverhältnismässigen Kosten (aufgrund der anspruchsvollen Topografie und der erwähnten Schutzgebiete) nicht überwiegen würde. 7.3. Diese Ausführungen sind aus Sicht des Bundesrechts nicht zu beanstanden. 7.3.1. Zunächst ist klarzustellen, dass nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht nur Landschaften von nationaler Bedeutung, sondern auch solche von regionaler oder lokaler Bedeutung die Prüfung einer Verkabelungsvariante rechtfertigen können. Dies bedeutet aber nicht, dass zwingend eine Machbarkeitsstudie für eine Verkabelung geboten ist, sobald ein kommunales Schutzgebiet berührt wird; vielmehr hängt dies von der Intensität der Beeinträchtigung und den Vor- und Nachteilen möglicher Alternativen ab. Die Behörde ist nur verpflichtet, ernsthaft in Betracht fallende Varianten näher zu prüfen (Urteil 1C_560/2010 vom 14. Juni 2011 E. 7, in: URP 2012 S. 27); andere Varianten können bereits aufgrund einer summarischen Prüfung ausgeschieden werden. 7.3.2. Vorliegend hat das BFE im Plangenehmigungsentscheid dargelegt, dass eine erdverlegte Leitung im relativ engen Talgrund verlaufen müsste, und diese Variante aufgrund einer summarischen Prüfung der damit verbundenen Nachteile für Siedlungsgebiete, Landwirtschaft und Schutzgebiete als nachteiliger bewertet als die projektierte Freileitung über dem Wald, auf der Schattenseite des Tals. Tatsächlich verläuft die projektierte Freileitung auf dem ganzen Abschnitt im Obergoms am Hang im Wald, wodurch sie nur mittlere Fernwirkung und keine Nahwirkung hat. Der Wald gehört nicht zum touristisch erschlossenen und genutzten Gebiet. Der ARNAL-Bericht (S. 11 f.) geht daher für die Strecke Ulrichen bis Niederwald von einer mittleren Wirkung (Wirkungsfaktor 0.5) in einer Landschaft mit mittlerem Erholungswert (Erholungswert 1.4) aus; im Gebiet des Regionalen Naturparks Binn (Ärnerwald) steigt der Erholungswert der Landschaft auf 1.6, dagegen bleibt es (wegen der Leitungsführung über dem Wald) bei einem mittleren Wirkungsfaktor (0.6) (ARNAL-Bericht S. 12 f.). Ähnlich ist der Verlauf im Bereich Grengiols Süd: Dort sollte die Freileitung ursprünglich am Waldrand verlaufen. Mit der bewilligten Projektänderung vom Januar 2011 wurde das Trassee auf ca. 4.25 km um 100 bis 500 m in Richtung Süden-Südosten verschoben und verläuft nunmehr auch hier vollständig am Hang im Waldareal (Masten 2443 - 2430). 7.3.3. Allerdings muss der Wald unter der Freileitung niedergehalten werden. Wie sich aus den Dossiers zu den Niederhalteservituten vom 13. Dezember 2007 und vom 28. Januar 2011 ergibt, führt das Einrichten des Niederhalteservituts durch das Ausholzen des Leitungstrassees zu einer vorübergehenden Schwächung der Bestände. Das Risiko von Windwurf und Lawinenanrissen steigt an, kann allerdings durch diverse Massnahmen (etappenweises Ausholzen, Erhalt eines stufigen Bestandesaufbaus, Stehenlassen der Stöcke der gefällten Bäume) verringert werden. Zum Teil wird die Holzernte (insbesondere mit Seilkrananlagen) erschwert. Insgesamt ist jedoch davon auszugehen, dass die projektierte Freileitung - zumindest längerfristig - keine starke Beeinträchtigung des Waldes und der darin enthaltenen drei kommunalen Schutzgebiete darstellt. Dies bestätigen auch die Vernehmlassungen des BAFU als Fachstelle des Bundes in Sachen Wald, Natur und Landschaft. Zwar werden die breit ausladenden Masten und die Leitungen über dem Wald sichtbar sein; dies gilt namentlich im Bereich von Gebirgsbächen und Lawinenschneisen. Ein Kabeltrassee würde jedoch den Wald sehr viel stärker beeinträchtigen (massive Aushubarbeiten; Belastung mit Baumaschinen, dauerhafte Rodungsschneise, Übergangsbauwerke). Es ist daher nachvollziehbar, dass das Kabeltrassee im relativ engen Talgrund verlaufen müsste, in dem die Siedlungsgebiete, die touristische Infrastruktur (insbes. Loipen) und technische Infrastruktur (Bahnlinie, Gasleitung, usw.) konzentriert sind und sich zudem Naturschutzgebiete befinden (u.a. Auengebiete von nationaler Bedeutung). Es ist daher völlig offen, ob und wo im Talgrund ein zweckmässiges Leitungstrassee für eine Kabelvariante gefunden werden könnte; weder die Beschwerdegegner 8-19 noch das Bundesverwaltungsgericht haben sich zu dieser Frage geäussert. 7.4. Anders liegen die Verhältnisse im Bereich Binnegga-Binnachra-Hockmatta-Hofstatt. Die neue Leitung überquert hier die Binna und die beidseits davon gelegenen Landwirtschaftsflächen (Binnegga und Hockmatte), die zu kantonalen bzw. kommunalen Schutzgebieten gehören (vgl. UVB 2009 Anh. 3.1, Übersichtskarten 1: 10'000, Landschafts- und Naturschutzgebiete). Das gesamte Gebiet ist Teil des Regionalen Naturparks Binn; es handelt sich um eine wertvolle Kulturlandschaft mit hohem Erholungswert. Im ARNAL-Bericht wird von einer sehr starken Auswirkung (Wirkungsfaktor 0.8) ausgegangen, u.a. wegen der Exponiertheit der Leitung auf der Kuppe bei Binnegga und der Herableitung ins Binntal sowie der Kreuzung von Offenland im Bereich Hockmatte (S. 7 unten, 13 und 14). Das BAFU führt in seiner Vernehmlassung aus, dass der Verlauf der Freileitung aufgrund seiner Anträge bereits stark verbessert und das Landschaftsbild im Vergleich zur vorbestehenden Situation verbessert worden sei; dennoch sei weiterhin von einer schweren Beeinträchtigung des kantonalen Landschaftsschutzgebiets Binnachern/Binnegga und des Regionalen Naturparks Binn auszugehen. Es hält daher eine Machbarkeitsstudie zur Verkabelung für erforderlich, in der auch die allfällige Resonanzproblematik für das SBB-Stromnetz zu prüfen sei. Für dieses Gebiet wird im Plangenehmigungsentscheid (S. 48 oben) lediglich ausgeführt, dass sich ein Kabel aufgrund der schwierigen geologischen Verhältnisse und zum Schutz des Parks nur in einem bergmännischen Stollen verlegen liesse, der aufwendig gesichert werden müsste (Gefahr von Rutschungen und Sackungen), ohne diese Variante jedoch weiter zu prüfen: Weder wurde ein geeigneter Leitungskorridor definiert, noch die damit verbundenen Vor- und Nachteile denjenigen der projektierten Freileitung gegenübergestellt, noch die damit verbundenen Kosten geschätzt. Die Interessenabwägung ist für diesen Leitungsabschnitt daher unzureichend, weshalb das Bundesverwaltungsgericht die Sache zu Recht zur Prüfung der Machbarkeit einer (Teil-) Verkabelung zurückgewiesen hat. Wird die Rückweisung auf dieses Teilgebiet beschränkt, hält sich der zeitliche und verfahrensmässige Aufwand in Grenzen, muss das Plangenehmigungsverfahren doch nur für diesen Abschnitt neu aufgerollt werden und kann u.U. auf eine Wiederholung des SÜL-Verfahrens verzichtet werden. Allfällige Resonanzprobleme im SBB-Netz und Möglichkeiten ihrer Dämpfung auf der relativ kurzen Strecke werden im Plangenehmigungsverfahren zu prüfen sein, ebenso wie die Möglichkeit einer getrennten Führung der SBB-Leitung in diesem Abschnitt. Die übrige Leitungsstrecke ist insoweit einzubeziehen, als dies für die optimale Linienführung und landschaftsverträgliche Übergangswerke einer Verkabelungsvariante im Gebiet "Binnegga-Binnachra-Hockmatta-Hofstatt" notwendig ist. 8. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben, soweit er den Plangenehmigungsentscheid aufhebt und die Sache zur Prüfung von Verkabelungsmöglichkeiten ausserhalb des Gebiets "Binnegga-Binnachra-Hockmatta-Hofstatt" an das BFE zurückweist. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens unterliegen die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegner 8-19 teilweise. Allerdings sind den beschwerdeführenden Munizipalgemeinden keine Kosten aufzuerlegen und praxisgemäss auch keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 66 Abs. 4, Art. 68 Abs. 3 BGG), weshalb von den Beschwerdegegnern 8-19 nur die Burgergemeinden kostenpflichtig sind. Dagegen obsiegen die Beschwerdegegner 1-7, deren Antrag sich von vornherein auf die Strecke "Binnegga-Binnachra-Hockmatta-Hofstatt" beschränkt hatte. Sie tragen daher keine Gerichtskosten und haben (weil vor Bundesgericht anwaltlich vertreten) Anspruch auf eine Parteientschädigung zulasten der Beschwerdeführerin. Da der Antrag der Beschwerdegegner 20 und 21 vom Bundesverwaltungsgericht noch nicht beurteilt worden ist, ist die Sache insoweit an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es rechtfertigt sich, ihnen keine Gerichtskosten aufzuerlegen. Da ihr Anwalt auch in eigener Sache tätig war und sich seine Vernehmlassung auf wenige Zeilen beschränkt, ist ihnen keine Parteientschädigung zuzusprechen. Muss sich das Bundesverwaltungsgericht ohnehin noch einmal mit der Sache befassen, rechtfertigt es sich, ihm auch die Abänderung des Kostenentscheids für das vorinstanzliche Verfahren zu überlassen.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 3. Januar 2013 aufgehoben, soweit die Aufhebung der Plangenehmigung und die Rückweisung der Sache an das Bundesamt für Energie über das Gebiet "Binnegga-Binnachra-Hockmatta-Hofstatt" hinausgeht. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. Die Sache wird zur Prüfung der Anträge der Beschwerdegegner 20 und 21 sowie zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 9'000.-- werden der Beschwerdeführerin zu einem Drittel (ausmachend Fr. 3'000.--) und den Beschwerdegegnern 9, 11, 13, 15, 17 und 19 zu zwei Dritteln (ausmachend Fr. 6'000.--) auferlegt. 3. Die Beschwerdegegner 8-19 haben die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 1'500-- zu entschädigen. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegner 1-7 für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 5'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesamt für Energie (BFE), dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und dem Eidgenössischen Starkstrominspektorat (EStI) schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 11. September 2013 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Die Gerichtsschreiberin: Gerber
aeae20cb-83f7-4738-b47d-cf769b4cf7ec
fr
2,008
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Faits: A. A._ est domicilié dans le canton de Genève, où il exerce l'activité de régisseur dans une agence immobilière exploitée en raison individuelle; il est à ce titre astreint à tenir une comptabilité. Dans sa déclaration fiscale 2001, il a fait état d'une fortune nette imposable, après déduction des dettes, d'un montant de 1'130'293 fr. Il a notamment déclaré des biens immobiliers relevant de sa fortune commerciale, dont un immeuble locatif; ce bien a été annoncé au fisc à sa valeur comptable au 31 décembre 2001, correspondant à son prix d'acquisition d'un montant de 1'805'700 fr. Le 26 janvier 2004, l'Administration fiscale cantonale du canton de Genève (ci-après: l'Administration cantonale ou le fisc) a fait parvenir à A._ un bordereau de taxation pour les impôts cantonaux et communaux 2001. Il ressort de ce bordereau que l'immeuble susmentionné a été porté à la fortune du contribuable pour un montant de 1'965'706 fr., soit 160'006 fr. de plus que sa valeur comptable au 31 décembre 2001. A la suite d'une réclamation de A._ contre ce point du bordereau, l'Administration cantonale a maintenu sa taxation par décision du 16 décembre 2004. Le contribuable a recouru contre cette décision sur réclamation, en faisant valoir que l'immeuble litigieux devait, comme élément de sa fortune commerciale, être imposé à la valeur figurant au bilan de sa société. La Commission cantonale de recours en matière d'impôts du canton de Genève (ci-après: la Commission de recours) l'a débouté de ses conclusions par décision du 7 mai 2007. En bref, elle a jugé que l'immeuble litigieux devait, selon le droit cantonal applicable, être estimé à la valeur capitalisée de l'état locatif annuel selon un taux déterminé chaque année par le Conseil d'Etat. B. A._ a recouru contre la décision de la Commission de recours. Il a soutenu que, du moment qu'il tenait une comptabilité en bonne et due forme et que l'immeuble litigieux faisait partie de sa fortune commerciale, l'imposition de ce bien au titre de la fortune devait se faire sur sa valeur au bilan. Par arrêt du 9 octobre 2007, le Tribunal administratif du canton de Genève (ci-après: le Tribunal administratif) a rejeté le recours et confirmé la décision de la Commission de recours. C. A._ forme un recours en matière de droit public contre l'arrêt précité. II soutient, en reprenant pour l'essentiel l'argumentation développée en procédure cantonale, que la solution consacrée par le Tribunal administratif viole le droit fédéral et cantonal pertinent et porte atteinte aux principes de l'égalité entre concurrents directs et de l'interdiction de l'arbitraire. Il conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué sous suite de dépens et au renvoi de la cause à l'Administration cantonale pour qu'elle émette un nouveau bordereau imposant l'immeuble litigieux à sa valeur comptable. L'Administration cantonale conclut au rejet du recours sous suite de frais, tandis que l'Administration fédérale des contributions renonce à présenter des observations. Le Tribunal administratif déclare persister dans les motifs et le dispositif de son arrêt.
Considérant en droit: 1. Le présent recours est dirigé contre une décision en matière fiscale rendue en dernière instance cantonale sur la base du droit public fédéral et cantonal; il est dès lors en principe recevable comme recours en matière de droit public au sens des art. 82 ss LTF (cf. en particulier les art. 82 let. a et 86 al. 1 let. d LTF), aucune des exceptions prévues à l'art. 83 LTF n'étant réalisée. La contestation porte sur un objet réglé au titre 2, chapitre 4 de la loi fédérale du 14 décembre 1990 sur l'harmonisation des impôts directs des cantons et des communes (LHID; RS 642.14; ci-après: loi fédérale sur l'harmonisation fiscale; cf. infra consid. 3.4), soit l'une des matières visées par l'art. 73 al. 1 LHID; le recours est dès lors également recevable comme recours en matière de droit public en vertu de la disposition précitée (sur le rapport entre la loi sur le Tribunal fédéral et l'art. 73 al. 1 LHID, cf. arrêt 2C_637/2007 du 4 avril 2008, consid. 1.3 destiné à la publication). 1.1 Le recourant a manifestement qualité pour recourir (cf. art. 89 al. 1 LTF et 73 al. 2 LHID). Dans la mesure où il demande le renvoi de la cause au fisc pour nouvelle décision, ses conclusions ont un caractère réformatoire. Le Tribunal fédéral a toutefois jugé que de telles conclusions sont recevables, car l'art. 73 al. 3 LHID doit céder le pas devant l'art. 107 al. 2 LTF, qui confère au Tribunal fédéral un pouvoir général de réforme quel que soit le recours interjeté devant lui (cf. arrêt précité destiné à la publication 2C_637/2007, consid. 1.5). Pour le surplus, formé en temps utile (cf. art. 100 al. 1 LTF) et dans les formes requises (cf. art. 42 LTF), le recours est recevable. 2. Sous l'empire de l'ancienne loi d'organisation judiciaire (OJ; RO 3 521), les décisions cantonales de dernière instance portant sur une matière réglée dans les titres 2 à 5 et 6, chap. 1 de la loi fédérale d'harmonisation fiscale (soit le droit cantonal harmonisé) pouvaient faire l'objet d'un recours de droit administratif au sens des art. 97 ss OJ, en vertu de l'art. 73 al. 1 LHID dans sa teneur en vigueur jusqu'au 31 décembre 2006 (RO 1991 1256; cf. arrêt précité destiné à la publication 2C_637/2007, consid. 1.3). Dans ce cadre, le Tribunal fédéral pouvait en principe examiner librement si le droit cantonal harmonisé et son application par les instances cantonales étaient conformes aux dispositions de la loi fédérale sur l'harmonisation fiscale. Cependant, si le recours portait sur un point où cette loi laissait une certaine marge de manoeuvre aux cantons, l'interprétation de la loi cantonale n'était examinée que sous l'angle restreint de l'arbitraire, comme en matière de recours de droit public au sens des art. 90 ss OJ (cf. ATF 131 II 710 consid. 1.2 p. 713; 130 II 202 consid. 3.1, p. 205 ss; 128 II 56 consid. 2b p. 60). Les mêmes principes demeurent applicables pour le recours en matière de droit public au sens des art. 82 ss LTF. En effet, l'art. 73 LHID constitue, aujourd'hui comme hier, une norme spéciale destinée à permettre au Tribunal fédéral non seulement de vérifier avec un plein pouvoir d'examen la conformité de la législation cantonale à la loi fédérale d'harmonisation fiscale, comme le permet d'ailleurs l'art. 95 LTF, mais encore de revoir librement l'application du droit cantonal dans les domaines harmonisés, de manière à assurer la concordance entre les droits cantonaux et la loi fédérale du 14 décembre 1990 sur l'impôt fédéral direct (LIFD; RS 642.11). Ce n'est que dans les matières que le législateur fédéral a laissées à l'appréciation des cantons que le pouvoir d'examen du Tribunal fédéral se limite à l'arbitraire. Il appartient alors au recourant d'invoquer et de motiver ses griefs conformément à l'art. 106 al. 2 LTF, c'est-à-dire d'établir en quoi l'application du droit cantonal viole le droit fédéral, qui comprend également le droit constitutionnel. 3. 3.1 Le litige porte sur l'estimation fiscale, au titre de l'impôt sur la fortune des personnes physiques de l'année 2001, d'un immeuble appartenant à la fortune commerciale du recourant qui exerce l'activité de régisseur dans une agence immobilière exploitée en raison individuelle (sur la notion de fortune commerciale, cf. art. 8 al. 2 LHID; ATF 133 II 420 consid. 3 p. 421 ss et les références citées). 3.2 Le recourant soutient que la valeur comptable de l'immeuble litigieux au 31 décembre 2001 est seule déterminante. Il invoque pêle-mêle toutes sortes de dispositions du droit cantonal et fédéral dont on peine, pour certaines d'entre elles, à cerner la pertinence par rapport à l'objet de la démonstration. En particulier, il est sans importance que la détermination du bénéfice net imposable des contribuables tenant une comptabilité en bonne et due forme doive s'effectuer, en vertu de l'art. 3 al. 4 de la loi cantonale du 22 septembre 2000 sur l'imposition des personnes physiques - impôt sur le revenu (LIPP-IV; RS GE D 3 14), selon les règles applicables aux personnes morales, qui renvoient notamment au compte de pertes et profits et à la notion "d'usage commercial" (cf. art. 12 let. a, e et g de la loi cantonale du 23 septembre 1994 sur l'imposition des personnes morales [LIPM; RS GE D 3 15]). Ce renvoi à des normes comptables se limite en effet clairement, à teneur de la lettre de la loi cantonale précitée, à la détermination du bénéfice net imposable des personnes physiques tenant une comptabilité. La taxation des indépendants suppose en effet, selon la loi fédérale sur l'harmonisation fiscale, de distinguer les revenus provenant de la fortune commerciale des revenus provenant de la fortune privée qui suivent des règles d'imposition différentes (cf. art. 7 al. 4 let. b, art. 8 al. 1 et 2, art. 10 al. 1 let. c LHID). Mais une telle distinction n'existe pas pour l'imposition de la fortune immobilière des indépendants (sur ce point, cf. infra consid. 3.5). Le recourant ne peut donc rien déduire en sa faveur de l'art. 3 al. 4 LIPP-IV et des autres normes cantonales qui concernent l'imposition du revenu auxquelles il renvoie (cf. art. 3 al. 2 LIPP-IV; art. 12 let. j LIPM). 3.3 L'argument principal du recourant se résume ainsi : comme personne physique tenue d'être inscrite au registre du commerce au sens de l'art. 934 al. 1 CO, il a l'obligation, en vertu de l'art. 957 CO, de tenir correctement sa comptabilité, dont il estime qu'elle lie le fisc. Or, l'art. 665 CO lui interdirait d'inscrire au bilan un immeuble pour une valeur supérieure à son prix d'acquisition. Aussi l'immeuble litigieux devrait-il être imposé à sa valeur au bilan au 31 décembre 2001, de 1'805'700 fr., celle-ci correspondant au prix d'acquisition de l'immeuble. Il est exact qu'en l'absence de lacune matérielle ou d'irrégularité formelle permettant de mettre en doute la force probante d'une comptabilité, celle-ci bénéficie, en principe, d'une présomption d'exactitude à l'égard du fisc selon la jurisprudence (cf. ATF 106 Ib 311 consid. 3c et 3d p. 315 ss). Cette exigence de conformité aux règles comptables n'est toutefois à elle seule pas suffisante pour lier l'autorité fiscale dans un cas d'espèce. Il faut encore que la loi fiscale renvoie expressément aux valeurs comptables, comme c'est en principe le cas pour estimer le bénéfice imposable des personnes morales (cf. ATF 119 Ib 111 consid. 2c p. 114 s.; arrêt précité 2A.458/2002 du 15 octobre 2004, consid. 4.1; arrêt 2A.157/2001 du 11 mars 2002, in: StE 2002 B 72.13.1 no 3, consid. 2b) et - sous certaines réserves (cf. art. 3 al. 4 in fine LIPP-IV) - des indépendants (cf. ATF 132 I 175 consid. 2.2 p. 177 s.; 106 Ib 311 consid. 3c et 3d p. 315 ss). Il convient dès lors d'examiner à la lumière du droit fédéral et cantonal pertinent si un tel renvoi existe aussi en matière d'imposition de la fortune immobilière des indépendants. 3.4 Réglé aux art. 13 et 14 LHID (titre 2, chapitre 4 de la loi), l'impôt sur la fortune des personnes physiques a pour objet l'ensemble de la fortune nette (art. 13 al. 1 LHID) qui se détermine selon les règles d'évaluation prévues à l'art. 14 LHID; cette disposition a la teneur suivante : 1 La fortune est estimée à la valeur vénale. Toutefois, la valeur de rendement peut être prise en considération de façon appropriée. 2 Les immeubles affectés à l'agriculture ou à la sylviculture sont estimés à leur valeur de rendement (...). 3 Les biens immatériels et la fortune mobilière (à l'exception des papiers-valeurs) qui font partie de la fortune commerciale du contribuable sont estimés à la valeur déterminante pour l'impôt sur le revenu. 3.5 Selon la jurisprudence, les exceptions à la règle prévue à l'art. 14 al. 1 LHID sont énumérées de manière exhaustive à l'art. 14 al. 2 et 3 LHID (cf. ATF 128 I 240 consid. 3.1.1 p. 248; voir aussi rapport du groupe d'experts Cagianut sur l'harmonisation fiscale, in: Publications de la Chambre fiduciaire, Zurich 1994, vol. 128, p. 93). Par conséquent, les immeubles non affectés à l'agriculture ou à la sylviculture doivent impérativement être estimés à leur valeur vénale/de rendement au sens de l'art. 14 al. 1 LHID (art. 14 al. 2 LHID a contrario; cf. Barbara Sramek, in: Marianne Klöti-Weber/Dave Siegrist/Dieter Weber, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 2ème éd., Berne 2004, n. 1 ad § 51), même s'ils appartiennent à la fortune commerciale du contribuable (art. 14 al. 3 LHID a contrario; cf. Rainer Zigerlig/Guido Jud, in: Martin Zweifel/Peter Athanas, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, vol. I/1, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern in der Kantone und Gemeinden (StHG), 2ème éd., Zurich 2002, n. 3 ad art. 14; Sramek, op. cit., n. 2 § 48 in fine). Autrement dit, qu'un bien immobilier relève de la fortune privée ou commerciale d'une personne physique est sans importance pour son estimation sous l'angle de l'impôt sur la fortune (cf. Felix Richner/Walter Frei/Stefan Kaufmann/Hans Ulrich Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, Zurich 2006, n. 50 ad § 39; implicitement en ce sens, cf. Xavier Oberson, Droit fiscal suisse, 3ème éd., Bâle 2007, n. 15 ss ad § 8; Sramek, op. cit., n. 5 ad § 51; Heinz Weidmann/Benno Grossmann/Rainer Zigerlig, Wegweiser durch das St. gallische Steuerrecht, 6ème éd. Berne 1999, p. 214; Walter Ryser/Bernard Rolli, Précis de droit fiscal suisse (impôts directs), 4ème éd., Berne 2002, p. 405 s.). Cette conséquence ne procède pas d'un oubli du législateur fédéral; il s'agit au contraire d'un silence qualifié de sa part (cf. Zigerlig/Jud, loc. cit.; Jean-Marc Rivier, Droit fiscal suisse, L'imposition du revenu et de la fortune, Lausanne 1998, p. 508). Ce point est confirmé par la récente réforme de l'imposition des entreprises approuvée en votation populaire le 24 février 2008: parmi les nouveautés introduites pour alléger la fiscalité des entreprises de personnes, le législateur n'a en effet modifié les règles d'évaluation de la fortune que sur un point particulier portant sur l'art. 14 al. 3 LHID; il a ainsi décidé que tous les biens mobiliers faisant partie de la fortune commerciale d'un contribuable, y compris les papiers-valeurs, seraient à l'avenir estimés à la valeur déterminante pour l'impôt sur le revenu, soit à leur valeur comptable, en raison "de leur lien fonctionnel avec l'activité commerciale de l'entreprise" (cf. Message du 22 juin 2005 concernant la loi fédérale sur l'amélioration des conditions fiscales applicables aux activités entrepreneuriales et aux investissements [loi sur la réforme des entreprises II], in FF 2005 4469, p. 4585). En revanche, le législateur a écarté l'idée d'étendre une telle règle d'évaluation aux biens immobiliers faisant partie de la fortune commerciale d'un contribuable pour les motifs suivants: "En raison des règles cantonales particulières régissant l'évaluation des immeubles, le maintien de l'application de l'art. 14 al. 1 LHID dans le cadre de l'évaluation des immeubles commerciaux se justifie pleinement. Les dispositions cantonales d'évaluation des immeubles commerciaux prennent en compte l'affectation de ces immeubles ainsi que l'ensemble des circonstances influant sur la valeur immobilière" (Message précité, p. 4554). Il découle de ce qui précède que, nonobstant son appartenance à la fortune commerciale d'un contribuable, un bien immobilier doit être estimé conformément à l'art. 14 al. 1 LHID, disposition qui ne comporte aucun renvoi à la valeur comptable. Cette règle d'évaluation fiscale l'emporte donc sur les valeurs déterminées selon les normes comptables reconnues. Contrairement à l'opinion du recourant, l'autorité fiscale n'est dès lors pas liée par la valeur au bilan de l'immeuble litigieux (cf. supra consid. 3.3). Il reste à examiner si la valeur vénale/de rendement de cet immeuble retenue par l'autorité cantonale est conforme à l'art. 14 al. 1 LHID. 3.6 La loi fédérale sur l'harmonisation fiscale ne prescrit pas au législateur cantonal une méthode d'évaluation précise pour déterminer cette valeur. Les cantons disposent donc en la matière d'une marge de manoeuvre importante pour élaborer et appliquer leur réglementation, aussi bien dans le choix de la méthode de calcul applicable que pour déterminer, vu le caractère potestatif de l'art. 14 al. 1 2ème phrase LHID, dans quelle mesure le rendement doit être pris en considération dans l'estimation. Il faut cependant préciser qu'à l'exception des immeubles affectés à l'agriculture ou à la sylviculture (cf. art. 14 al. 2 LHID), l'évaluation ne saurait se faire à l'aune du seul critère du rendement, sans prise en compte de la valeur vénale du bien considéré (cf. ATF 128 I 240 consid. 3.1.1 p. 248). Par ailleurs, la valeur de rendement ne peut, le cas échéant, être prise en considération que de manière appropriée; elle ne saurait justifier n'importe quel écart avec la valeur vénale (cf. ATF 124 I 145 consid. 6b p. 159 s.). Les cantons ne peuvent ainsi pas prévoir des règles d'évaluation tendant de manière générale à une sur- ou sous-estimation des immeubles, par exemple en instituant un abattement automatique de leur valeur vénale pour en déterminer la valeur fiscale, ou en fondant l'imposition sur un pour-cent de la valeur vénale (cf. ATF 131 I 291 consid. 3.2.2 p. 307 s.; 128 I 240 consid. 3.2.3 et 3.2.4 p. 249 s.; 124 I 145 consid. 6b et 6c p. 159 s.). 3.7 Le canton de Genève a concrétisé ces principes dans la loi sur l'imposition des personnes physiques - Impôt sur la fortune (LIPP-III; RS GE D 3 13). L'art. 4 LIPP-III précise que la fortune mobilière et immobilière, établie au 31 décembre de l'année pour laquelle l'impôt est dû (al. 1), est en règle générale estimée à sa valeur vénale (al. 2), sous réserve - outre les marchandises (al. 4) - des biens immatériels et de la fortune mobilière (à l'exception des papiers-valeurs) qui sont estimés à la valeur déterminante pour l'impôt sur le revenu s'ils font partie de la fortune commerciale du contribuable (al. 3). Les immeubles situés dans le canton sont estimés d'après l'art. 7 LIPP-III qui pose des principes d'évaluation différents selon le type d'immeuble considéré (immeuble locatif [let. a]; immeuble servant exclusivement et directement à l'exploitation d'un commerce [let. b]; immeuble servant à l'exploitation agricole et sylvicole [let. c]; etc...). Aux termes de l'art. 7 let. a LIPP-III, la valeur des immeubles locatifs est calculée en capitalisant l'état locatif annuel aux taux fixés chaque année par le Conseil d'Etat, sur proposition d'une commission d'experts composée paritairement de représentants de l'administration fiscale et de personnes spécialement qualifiées en matière de propriétés immobilières et désignées par le département. Les taux de capitalisation applicables sont établis sur la base des transactions constatées sur le marché immobilier entre le 1er janvier de l'année précédent l'année fiscale et le 30 juin de l'année fiscale (art. 3 al. 1 du règlement d'application du 19 décembre 2001 de la loi sur l'imposition des personnes physiques - impôt sur la fortune; RIPP-III), sous réserve d'exceptions ne concernant pas le cas d'espèce (cf. art. 3 al. 2 RIPP-III). Les taux ainsi déterminés sont énoncés à l'art. 4 RIPP-III pour chaque catégorie d'immeubles visée; il est également tenu compte de l'âge des immeubles qui servent de logements (cf. art. 4 let. a et b RIPP-III). 3.8 Il apparaît ainsi que le principe général prévu à l'art. 14 al. 1 LHID (estimation de la fortune à la valeur vénale/de rendement) a été transposé à l'art. 4 al. 2 LIPP-III, le droit cantonal réservant en outre, dans la ligne des exceptions énumérées à l'art. 14 al. 2 et 3 LHID, des règles fondées sur d'autres principes d'évaluation pour les biens immatériels et la fortune mobilière (à l'exception des papiers-valeurs) relevant de la fortune commerciale (art. 4 al. 3 et 4 LIPP-III) ainsi que pour les immeubles servant à l'exploitation agricole et sylvicole (art. 7 let. c LIPP-III). En revanche, le législateur cantonal n'a pas fait de distinction, à l'art. 7 LIPP-III, entre l'estimation des immeubles selon que ceux-ci relèvent de la fortune commerciale ou privée d'un contribuable. On ne saurait lui en faire grief puisqu'une telle distinction n'est justement pas prévue par la loi fédérale sur l'harmonisation fiscale qui contient un silence qualifié sur ce point (cf. supra consid. 3.4-3.5). Le recourant y voit cependant une violation du principe d'égalité entre concurrents directs déduit de la liberté économique (art. 27 Cst.). Il estime en effet qu'une personne exerçant une activité indépendante en raison individuelle, comme lui, est désavantagée en matière d'impôt sur la fortune par rapport à une personne ayant choisi d'exercer la même activité comme salarié au sein d'une société anonyme qui détiendrait les immeubles en son nom et dont elle serait le propriétaire économique. L'argument tombe à faux, la différence de traitement dénoncée étant précisément justifiée par le fait que les contribuables visés ne se trouvent pas dans la même situation: la forme juridique qui encadre leur activité est différente et emporte, en matière d'imposition, des avantages et des inconvénients propres à chaque situation et difficilement comparables; en particulier, au contraire du recourant, l'actionnaire unique d'une société anonyme fait l'objet d'une double imposition économique (cf. Oberson, op. cit., n. 26 ss ad § 10). Pour le reste, la règle spécifique prévue par le droit cantonal pour évaluer les immeubles locatifs s'insère dans le cadre défini - largement - par l'art. 14 al. 1 LHID: le principe de la capitalisation de l'état locatif inscrit à l'art. 7 let. a LIPP-III renvoie en effet à la valeur de rendement, tandis que la prise en considération, pour déterminer le taux de capitalisation applicable, des transactions constatées sur le marché ou de l'âge des logements (cf. art. 7 let. a LIPP-III en liaison avec l'art. 3 al. 1 et 4 let. a et b RIPP-III) se réfère à des critères qui relèvent plus particulièrement de la valeur vénale. 3.9 En résumé, telle qu'appliquée par les autorités précédentes, la législation cantonale pertinente pour le cas d'espèce est conforme aux exigences posées par la loi fédérale sur l'harmonisation fiscale, au contraire de l'interprétation qu'en propose le recourant, qui ne trouve du reste aucun appui véritable dans le texte de la loi. Pour le surplus, le recourant ne démontre ni même ne prétend que le calcul effectué par le fisc serait entaché d'erreur ou que la valeur fiscale finalement retenue serait objectivement supérieure à la valeur vénale de l'immeuble au sens de l'art. 14 al. 1 LHID. 4. Il s'ensuit que le recours, entièrement mal fondé, doit être rejeté. Succombant, le recourant doit supporter les frais judiciaires (cf. art. 65 al. 1 à 3 et 66 al. 1 LTF) et n'a pas droit à des dépens (cf. art. 68 al. 1 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 2'000 fr., sont mis à la charge du recourant. 3. Le présent arrêt est communiqué au mandataire du recourant, à l'Administration fiscale cantonale et au Tribunal administratif du canton de , ainsi qu'à l'Administration fédérale des contributions, Division juridique impôt fédéral direct. Lausanne, le 15 mai 2008 Au nom de la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: Le Greffier: Merkli Addy
aeae2c48-8daa-4cf3-bb4e-374d49dcd664
de
2,014
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Der Bahnhof Oberrieden See verfügt über zwei Perrons mit einer Gesamtlänge von je 320 m. Der Perron von Gleis 1 (auf dem i.d.R. die Züge nach Thalwil/Zürich verkehren) liegt in Richtung Dorf (hangseitig), der Perron von Gleis 2 in Richtung See (mit Zugverkehr in Richtung Horgen/Pfäffikon). Am 6. November 2002 bewilligte das Bundesamt für Verkehr (BAV) die Erhöhung der Perrons sowie die Sanierung der Publikumsanlagen des Bahnhofs im vereinfachten eisenbahnrechtlichen Genehmigungsverfahren). Die Beleuchtung wurde entsprechend dem Programm RV05 der SBB ("Facelifting Stationen") umgestaltet. Am Dach des bergseitigen Perrons befinden sich 22, am seeseitigen Perron 32 Leuchten des Typs Sydney. Die unüberdeckten Perronbereiche werden mit je 16 Kombiständern (Leuchten Typ Lucento) in einem Abstand von maximal 18 m ausgestattet. Jeder Perron verfügt über eine gläserne Wartehalle (Typ RV05) mit 2 Einbauleuchten Typ Murten. Vor dem Aufnahmegebäude steht eine Lichtstele (Railbeam). Zudem befinden sich am Zugang zur Bahn 3 Kombiständer mit Leuchten Typ Lucento im Abstand von ca. 26 m. Während der Betriebszeiten (Montag bis Freitag von 04.30 Uhr bis 01.00 Uhr; Samstag und Sonntag durchgehend) sind alle Leuchten in Betrieb; ausserhalb dieser Zeiten bleiben je 6 Perrondachleuchten eingeschaltet. B. X._ und Y._ sind Eigentümer der Wohnliegenschaft Fachstrasse "..." in Oberrieden, die in rund 80 m Entfernung am Hang, oberhalb des Bahnhofs Oberrieden See liegt. Sie ersuchten die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) um Massnahmen zur Reduzierung der aus ihrer Sicht übermässigen Beleuchtung des Bahnhofs Oberrieden See. Am 28. April 2009 erhoben sie "Beschwerde" an das Bundesamt für Verkehr (BAV). Dieses eröffnete ein Anstandsverfahren i.S.v. Art. 40 Abs. 1 lit. b des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG, SR 742.101) und holte Fachberichte zur Immissionsbelastung beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) sowie beim Bundesamt für Metrologie (METAS) ein. Am 15. April 2010 führte es einen (Nacht-) Augenschein mit Einigungsverhandlung durch. Es wurde vereinbart, die Nachtbeleuchtung beim seeseitigen Perron versuchsweise von sechs auf vier Leuchten zu reduzieren und einen Test mit einer grösseren Abschirmung der Perrondachleuchten durchzuführen. Mit Eingabe vom 28. Juni 2010 erklärten sich die SBB zu verschiedenen Massnahmen bereit. Insbesondere würden die drei Perrondachleuchten vor dem Werbeplakat mittels spezieller Leuchtenreflektoren seitlich gegen den Hang abgeschirmt und die Lichtfarben von weiss auf warmweiss umgestellt. Bereits im April/Mai 2008 hatten sie die einsehbaren Kombiständerleuchten des bergseitigen Perrons mit einer Halbschale gegen den Hang abgedeckt und auf dem seeseitigen Perron ein Wabengitter zum Schutz vor Blendung angebracht. Am 12. Mai 2011 hiess das BAV die Beschwerde insoweit gut, als die SBB anlässlich des durchgeführten Augenscheins einzelne Rechtsbegehren der Beschwerdeführer ausdrücklich anerkannt hatten. Es ordnete folgende Auflagen zur Emissionsreduktion an: "2.1 Die SBB haben bei den Perrondachleuchten auf dem Perron Seeseite bei der Plakatwand die Ganznachtleuchten gemäss der erfolgten Zusage mit sofortiger Wirkung auf vier zu reduzieren. Die Leuchte vor dem Werbeplakat ist dementsprechend spätestens um 22.00 Uhr abzuschalten. 2.2 Die SBB haben einen lichtundurchlässigen Blendeneinsatz in Hangrichtung auch bei der Kombiständerleuchte Richtung Horgen einzusetzen. 2.3 Die SBB haben die fünfte Leuchte in Richtung Horgen auf die Lichtfarbe warmweiss umzustellen." Im Übrigen wies das BAV die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintrat. C. Dagegen gelangten X._ und Y._ am 14. Juni 2011 an das Bundesverwaltungsgericht mit dem Antrag auf weitere Emissionsreduktion. Die SBB stellten ihrerseits den Antrag, die Auflage Ziff. 2.1 sei aufzuheben, weil sie der Abschaltung während den Betriebszeiten nicht zugestimmt habe. Das BAV räumte ein Versehen ein und teilte mit, es habe den Parteien am 25. August 2011 eine entsprechende Wiedererwägungsverfügung eröffnet, verbunden mit dem Antrag an die Beschwerdeinstanz auf Aufhebung der von der SBB beanstandeten Auflage 2.1. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 23. Januar 2012 eine Begehung vor Ort durch. Mit Urteil vom 23. Oktober 2012 trat es auf die Beschwerde hinsichtlich der Beleuchtung im nordwestlichen Bahnhofsbereich (Richtung Thalwil) nicht ein, weil es insofern an der erforderlichen räumlichen Beziehung der Beschwerdeführer zur Streitsache fehle. Es hielt fest, dass der frühere Park-and-Ride-Parkplatz, auf dem sich zwei der streitigen Kombiständerleuchten befinden, schon per 1. Januar 2010, d.h. vor Erlass der Verfügung des BAV, an Private verkauft worden sei und nicht mehr für den Bahnbetrieb genutzt werde; insofern fehle es dem BAV an der Zuständigkeit. Ziff. 2.2 der angefochtenen Verfügung (betreffend die Beleuchtung des Parkplatzes) wurde daher für nichtig erklärt. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. In den Urteilserwägungen wies es den Antrag der SBB und des BAV auf Aufhebung von Auflage Ziff. 2.1 ab und hielt fest, dass die vom BAV während des hängigen Rechtsmittelverfahrens erlassene Wiedererwägungsverfügung nichtig sei. D. Gegen diesen Entscheid haben X._ und Y._ am 23. November 2012 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben. Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Es sei festzustellen, dass Ziff. 2.1 der Verfügung des BAV vom 12. Mai 2011 gültig sei. Zudem seien folgende Massnahmen zur Reduktion der Lichtemissionen beim Bahnhof Oberrieden See anzuordnen: "a) Die Lichtstele (Railbeam) vor dem Bahnhof mit Reklame der Marke SBB sei jeden Tag zwischen 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr abzuschalten. b) Sämtliche Kombiständerleuchten seien mit Rundumabschirmungen zu versehen oder so einzustellen, dass sie nicht in den oberen Halbraum blenden. c) Alle Perrondachleuchten seien auf beiden Längsseiten mit lichtundurchlässigen Blenden gegen Licht nach oben abzuschirmen. Zudem sei eine direkte Anstrahlung der Reklameplakate zu vermeiden. Dies betrifft vorab die zwei Perrondachleuchten vor dem Plakat Richtung Horgen. d) Wartehallen: Die Beleuchtung im Innern sei nachts nur über einen Bewegungsmelder einzuschalten. e) Allgemein sei die gesamte Bahnhofsbeleuchtung während der Nachtphase, d.h. zwischen 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr, vermehrt zu reduzieren (Abschaltung einzelner Leuchten, Dimmung des Lichts etc.)." Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. E. Das Bundesverwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das BAV und die SBB schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das BAFU kommt in seiner Vernehmlassung zum Ergebnis, dass der angefochtene Entscheid im Einklang mit der Umweltgesetzgebung des Bundes stehe. F. In ihrer Replik lassen die Beschwerdeführer ihren Antrag auf Feststellung, dass Ziff. 2.1 der Verfügung des BAV vom 12. Mai 2011 gültig sei, fallen; im Übrigen halten sie an ihren Begehren fest. Mit Schreiben vom 28. Mai 2013 machte das BAFU ergänzende Ausführungen zum Konzept der Lichtstelen der SBB und reichte die hierzu ergangene Verfügung des BAV vom 4. März 2004 zu den Akten. G. Am 20. Januar 2014 führte das Bundesgericht einen Augenschein durch. Dabei wurde, in Absprache mit den SBB, die Beleuchtung in Teilbereichen des Bahnhofs für kurze Zeit um ein bzw. zwei Drittel reduziert (Perrondachleuchten, Kombiständerleuchten) bzw. abgeschaltet (Wartehallenbeleuchtung). Der Bahnhof Oberrieden Dorf, der noch nach dem alten Konzept der SBB beleuchtet wird, wurde als Vergleichsobjekt besichtigt.
Erwägungen: 1. Gegen den angefochtenen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. b und 90 BGG). Die Beschwerdeführer sind unstreitig zur Beschwerde gegen die Beleuchtung des südöstlichen Bahnhofsbereichs (Richtung Horgen) befugt, zu dem eine direkte Sichtachse besteht (vgl. unten E. 2.5). Überdies sind sie durch den angefochtenen Entscheid beschwert, soweit ihnen darin die Befugnis zur Anfechtung der Beleuchtung im übrigen Bahnhofsbereich abgesprochen wurde. Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde ist daher einzutreten. 2. Das Bundesverwaltungsgericht verneinte die Beschwerdebefugnis für die Beleuchtung des nordwestlichen Bahnhofbereichs (Richtung Thalwil), der durch die benachbarten Häuser weitestgehend verdeckt werde. Einzig auf dem schmalen Streifen zwischen dem Wohnhaus und dem Nachbargrundstück, welcher den Beschwerdeführern als Verbindungsweg zwischen dem vorderen und hinteren Teil des Gartens diene, sei ein Blick zwischen den Häusern auf den weiter entfernt liegenden Bahnhofsbereich Richtung Thalwil überhaupt möglich. Ausschliesslich von dieser Stelle des Gartens sei insbesondere die Lichtstele auf dem Bahnhofsvorplatz als ferner Lichtstab erkennbar. Den Beschwerdeführern fehle es daher insoweit an der erforderlichen räumlichen Beziehung zur Streitsache. 2.1. Die Beschwerdeführer beanstanden dies als unzulässige "rügebezogene" Legitimationsprüfung. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch nicht nach Rügen, d.h. nach den angerufenen Normen oder Rechtsgrundsätzen, differenziert, sondern räumlich, zwischen verschiedenen Bereichen des Bahnhofs. Dies ist grundsätzlich zulässig: Die Legitimation gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG setzt voraus, dass die Beschwerdeführer über eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache verfügen (lit. b) und einen praktischen Nutzen aus der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids ziehen (lit. c). Die Nähe der Beziehung zum Streitgegenstand muss bei Bauten und Anlagen insbesondere in räumlicher Hinsicht gegeben sein. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation der Beschwerdeführer durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann (BGE 133 II 409 E. 1.3 S. 413 mit Hinweisen). Es ist (insbesondere bei grossen Anlagen) möglich, dass die Beschwerdeführer nur für bestimmte, ihnen zugewandte Anlagenteile über eine genügende Beziehungsnähe verfügen. In diesem Fall darf und muss das Gericht seine Prüfung auf diese Anlagenteile beschränken. Allerdings darf die Legitimation nicht so eng gefasst werden, dass dadurch die Beurteilung funktional zusammenhängender Teile einer Anlage auseinandergerissen wird. Isolierte Massnahmen für einzelne Teilbereiche könnten den Betrieb verkomplizieren oder beeinträchtigen. Insofern sind in der Regel nicht einzelne Leuchten allein für sich zu beurteilen, sondern die Beleuchtung zusammenhängender Betriebsteile. Das Beleuchtungskonzept der SBB unterscheidet zwischen dem überdachten Mittelteil jedes Perrons und den auf beiden Seiten anschliessenden unüberdachten Bereichen (Aussenperron). Gesondert lassen sich die vor dem Eingang stehende Lichtstele sowie die beleuchteten Wartehallen beurteilen. Im Folgenden ist die Legitimation daher für jeden dieser Teile zu beurteilen. 2.2. Die Beschwerdeführer machen geltend, die Lichtstele könne zumindest von Teilen ihrer Liegenschaft aus direkt gesehen werden. Im Übrigen aber dürfe nicht einzig auf das Bestehen einer direkten Sichtachse abgestellt werden. Licht, das als Welle zu betrachten sei, wirke sich wesentlich weiter aus. So sei die Lichtstele bei Bewölkung, Nebel oder Nieselregen als kilometerweit in den Himmel aufstrahlende Lichtsäule wahrnehmbar. Dasselbe gelte für die Bahnhofsbeleuchtung im nordwestlichen Bahnhofsbereich (Richtung Thalwil) : Vom Haus der Beschwerdeführer aus seien zwar die Leuchten dieses Bahnhofteils nicht zu sehen, wohl aber die Raumaufhellung: Über dem Bahnhof schwebe neu ein Lichtteppich, der zu einer massiv wahrnehmbaren Lichtverschmutzung führe. 2.3. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Nachbarn zur Beschwerdeführung gegen ein Bauvorhaben legitimiert, wenn sie mit Sicherheit oder zumindest grosser Wahrscheinlichkeit durch Immissionen (Lärm, Staub, Erschütterungen, Licht oder andere Einwirkungen) betroffen werden, die der Bau oder Betrieb der fraglichen Anlage hervorruft. Bei weiträumigen Einwirkungen kann ein grosser Kreis von Personen zur Beschwerdeführung legitimiert sein, etwa beim Betrieb eines Flughafens oder einer Schiessanlage (BGE 136 II 281 E. 2.3.1 S. 285). Als wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Betroffenheit dient in der Praxis die räumliche Distanz zum Bauvorhaben bzw. zur Anlage. Die Rechtsprechung bejaht in der Regel die Legitimation von Nachbarn, deren Liegenschaften sich in einem Umkreis von bis zu rund 100 m befinden (Urteil 1C_346/2011 vom 1. Februar 2012 E. 2.3, in: URP 2012 S. 692; RDAF 2013 I S. 436 mit Hinweisen). Bei grösseren Entfernungen muss eine Beeinträchtigung aufgrund der konkreten Gegebenheiten glaubhaft gemacht werden (vgl. BGE 133 II 181 E. 3.2.2 S. 188 zum Lärm einer 800-1000 m entfernten Schiessanlage; Urteil 1C_33/2011 vom 12. Juli 2011 E. 2, zusammengefasst in: ZBl 112/ 2011 S. 620 und URP 2012 S. 7, zum Lärm eines 1,2 km entfernten Windparks). Allerdings wurde stets betont, dass nicht schematisch auf einzelne Kriterien (insbesondere Distanzwerte) abgestellt werden dürfe, sondern eine Gesamtwürdigung anhand der konkreten Verhältnisse erforderlich sei (BGE 136 II 274 E. 2.3.2 S. 285 f.). Bei Lärm, der durch eine Anlage oder deren Zubringerverkehr verursacht wird, bejaht das Bundesgericht die Legitimation, wenn die Zunahme deutlich wahrnehmbar ist; dies wird anhand von qualitativen (Art des Verkehrsgeräuschs) und quantitativen Kriterien (Erhöhung des Lärmpegels) beurteilt (vgl. dazu BGE 136 II 281 E. 2.3.2 S. 285 f. mit Hinweisen und E. 2.5.4 S. 289 f.). Im Urteil 1C_405/2008 vom 18. März 2009 E. 2.5 (in: URP 2010 S. 295) verneinte das Bundesgericht die Beschwerdebefugnis gegen ein Spielcasino, weil sich der dadurch induzierte Mehrverkehr kaum einzelnen Strassen oder Strassenabschnitten zuordnen lasse; dessen Immissionen vermischten sich mit dem allgemeinen Strassenlärm in der Innenstadt und seien kaum mehr als eigenständige Belastung wahrnehmbar. Im Urteil 1C_204/ 2012 vom 25. April 2013 (E. 8, in: URP 2013 749) verneinte es die Legitimation des 680 m vom projektierten Stadion mit Einkaufszentrum entfernt wohnenden Beschwerdeführers: Zwar werde das geplante Vorhaben angesichts seiner zentralen Lage Auswirkungen auf das gesamte Strassennetz der Stadt Aarau haben und daher auch auf der angrenzenden (verkehrsberuhigten) Quartierstrasse einen gewissen Mehrverkehr verursachen. Dieser sei jedoch zu gering und zu wenig eindeutig den geplanten Nutzungen zuzurechnen, um eine besondere Betroffenheit des Beschwerdeführers zu begründen. 2.4. Überträgt man diese Rechtsprechung auf Lichtimmissionen, so ist die besondere Betroffenheit in der Regel zu bejahen, wenn eine direkte Sichtverbindung zur Lichtquelle besteht und diese deutlich wahrnehmbar ist. Dies wird in einem Umkreis von 100 m i.d.R. zu bejahen sein, sofern die Beleuchtung eine gewisse Mindeststärke überschreitet (vgl. Urteil 1C_216/2010 vom 28. September 2010 E. 5, in: URP 2010 S. 698; RDAF 2011 I S. 481). Bei Fehlen einer direkten Sichtverbindung bzw. grosser Entfernung trägt die Beleuchtung zur Aufhellung des Nachthimmels bei, die für praktisch alle Bewohner einer Region sichtbar ist. In solchen Fällen müssen spezielle Umstände vorliegen, damit die erforderliche besondere Betroffenheit zu bejahen ist. Ob eine Person deutlich wahrnehmbaren, sie spezifisch treffenden Lichtimmissionen ausgesetzt ist, ist aufgrund qualitativer Kriterien (Art des Lichts) und quantitativer Kriterien (Ausmass der Raumaufhellung) zu beurteilen. Dabei sind insbesondere die Umgebung und die darin vorbestehenden Lichtemissionen zu berücksichtigen. 2.5. Die Liegenschaft der Beschwerdeführer befindet sich ca. 80 m vom Bahnhof Oberrieden See entfernt, in erhöhter Lage am Hang. Von ihren Wohn- und Aufenthaltsräumen aus sind die drei äussersten Perrondachleuchten (vor dem Werbeplakat) sowie die beleuchtete Wartehalle auf dem seeseitigen Perron (Gleis 2) gut sichtbar. Ein direkter Sichtkontakt besteht auch zu den mit Kombiständerlampen beleuchteten Aussenperrons des südöstlichen Bahnhofbereichs (in Richtung Horgen), auch wenn die Kombiständer z.T. von Bäumen verdeckt werden. Dagegen ist der nordwestliche Bahnhofsbereich (Richtung Thalwil) durch die benachbarten Häuser verdeckt. Die hangseitigen Perrondachleuchten (Gleis 1) werden durch das Perrondach und das Aufnahmegebäude verdeckt. Die Beleuchtung der Bahnhofsteile, zu denen kein direkter Sichtkontakt besteht, trägt zwar zur Aufhellung des nächtlichen Himmels bei. Diese ist jedoch im Grossraum Zürich bereits beträchtlich, weshalb die Aufhellung durch die Bahnhofsbeleuchtung nicht besonders ins Gewicht fällt. Insofern hat das Bundesverwaltungsgericht eine besondere Betroffenheit der Beschwerdeführer zu Recht verneint. Der Railbeam (Lichtstele) ist weder von den Wohnräumen noch vom Gartensitzplatz der Beschwerdeführer aus sichtbar. Einzig vom Fussweg aus (etwa auf Höhe der hinteren Hausecke) ist er als schmaler Lichtstreifen erkennbar. Da es sich nicht um einen Aufenthaltsbereich handelt, durfte das Bundesverwaltungsgericht auch insoweit die Legitimation verneinen. Die dadurch bewirkte Erhellung des Nachthimmels ist jedenfalls unter gewöhnlichen Witterungsverhältnissen kaum wahrnehmbar und betrifft die Beschwerdeführer nicht in besonderer Weise. 2.6. Nach dem Gesagten ist das Bundesverwaltungsgericht auf die Beschwerde betreffend die Beleuchtungsanlagen im nordwestlichen Bahnhofsbereich Richtung Thalwil (einschliesslich Railbeam) grundsätzlich zu Recht nicht eingetreten. Die Legitimation ist auch im Folgenden auf den südöstlichen Bahnhofsbereich (Richtung Horgen) zu begrenzen, d.h. auf die dort liegenden Aussenperrons (Gleis 1 und 2), die seeseitige Wartehalle (Gleis 2) und die seeseitige Perrondachbeleuchtung (Gleis 2). 3. Im Folgenden ist zu prüfen, ob der angefochtene Entscheid, soweit er die Bahnhofsbeleuchtung materiell beurteilt hat, vor Bundesrecht standhält. 3.1. Die streitigen Beleuchtungsanlagen wurden in den am 6. November 2002 genehmigten Planunterlagen erwähnt (vgl. Technischer Bericht vom 26. November 2001 Ziff. 1.4.4 und 1.4.7 vom 6. November 2002). Die Beschwerdeführer hatten jedoch im vereinfachten Plangenehmigungsverfahren ohne Publikation und öffentliche Auflage (Art. 18i Abs. 3 EBG) keine Möglichkeit, ihre Interessen mittels Einsprache zu vertreten; im Übrigen hätten sich die Lichtemissionen vor Inbetriebnahme der neuen Beleuchtung auch kaum abschätzen lassen. Mit den Vorinstanzen ist daher davon auszugehen, dass die Rechtskraft der Plangenehmigungsverfügung der Durchführung des vorliegenden Verfahrens nicht entgegensteht. Die Vorinstanzen haben die streitige Beleuchtung somit zu Recht umfassend auf ihre Rechtmässigkeit überprüft. 3.2. Künstliches Licht besteht aus elektromagnetischen Strahlen und gehört daher zu den Einwirkungen i.S.v. Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (SR 814.01; USG), die beim Austritt aus Anlagen als Emissionen, am Ort ihres Einwirkens als Immissionen bezeichnet werden (Art. 7 Abs. 2 USG). Luftverunreinigungen, Lärm, Erschütterungen und Strahlen sind unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist (Art. 11 Abs. 2 USG; Vorsorgeprinzip). Steht fest oder ist zu erwarten, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden, werden die Emissionsbegrenzungen verschärft (Art. 11 Abs. 3 USG). 3.3. Die Verordnung vom 23. Dezember 1999 zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR 814.710); SR 814.710) betrifft nur Emissionen von elektrischen oder magnetischen Feldern im Frequenzbereich von 0 bis 300 Gigahertz und ist damit auf das sichtbare Licht nicht anwendbar. Es gibt für Lichtimmissionen weder Immissionsgrenzwerte (zur Beurteilung der Schädlichkeit bzw. Lästigkeit) noch gelten vorsorgliche Anlagegrenzwerte oder Planungswerte. Die Behörden müssen die Lichtimmissionen daher im Einzelfall beurteilen, unmittelbar gestützt auf die Art. 11 bis 14 USG sowie Art. 16 bis 18 USG (BGE 124 II 219 E. 7a S. 230 mit Hinweis; BGE 140 II 33 E. 4.2 S. 36 f. mit Hinweisen). Dabei kann sich die Vollzugsbehörde auf Angaben von Experten und Fachstellen abstützen. Dazu gehören die vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL; heute BAFU) im Jahr 2005 herausgegebenen Empfehlungen zur Vermeidung von Lichtemissionen (nachfolgend: Empfehlungen BUWAL; BGE 140 II 33 E. 4.3 S. 37 f. und E. 5.4 S. 40 f.). Seit 1. März 2013 gilt die SIA-Norm 491 zur Vermeidung von unnötigen Lichtemissionen im Aussenraum (im Folgenden: SIA 491:2013). Diese verzichtet bewusst auf die Festlegung von Richtwerten, sondern zielt darauf ab, unnötige Lichtemissionen an der Quelle zu vermeiden, in Anwendung des Vorsorgeprinzips und entsprechend dem Stand der Technik (Ziff. 0.3). Sie kann als Äusserung von Fachleuten zu dieser Fragestellung auch in Verfahren herangezogen werden, die - wie hier - schon vor dem 1. März 2013 eingeleitet worden sind (BGE 140 II 33 E. 4.3 S. 38). Als Entscheidungshilfe dienen ferner fachlich genügend abgestützte ausländische Richtlinien, sofern die Kriterien, auf welchen diese Unterlagen beruhen, mit denjenigen des schweizerischen Umweltrechts vereinbar sind (BGE 133 II 292 E. 3.3 S. 297 mit Hinweisen). Dazu gehört insbesondere die Richtlinie 150 der Commission International de l'Eclairage aus dem Jahr 2003 (nachfolgend Richtlinie CIE 150:2003) sowie die "Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen" der deutschen Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft vom 13. September 2012 (im Folgenden: LAI 2012; es handelt sich um die überarbeitete Fassung der LAI 2000; vgl. BGE 140 II 33 E. 4.3 S. 37 mit Hinweis). 3.4. Mit Eingabe vom 14. Februar 2014 hat das BAV zu Recht darauf hingewiesen, dass bei der Beleuchtung von Bahnhöfen auch die technischen Anforderungen an die behindertengerechte Gestaltung des öffentlichen Verkehrs gemäss der gleichnamigen Verordnung des UVEK vom 22. Mai 2006 (VAböV; SR 151.342) beachtet werden müssen (vgl. BGE 139 II 289 E. 2 S. 292 ff.). Art. 2 Abs. 1 VAböV verweist auf die Norm SN 521 500/SIA 500 "Hindernisfreie Bauten" (Ausgabe 2009). Diese bestimmt in Ziff. 4.4 des am 1. Oktober 2013 in Kraft getretenen Korrigendums C3: "Die Beleuchtung muss für Innenräume die Anforderungen gemäss Norm SN EN 124644-1 erfüllen, für Aussenräume die Anforderungen gemäss Norm SN EN 12464-2. Sicherheit, Orientierung, Ablesen und Absehen der Sprechbewegungen ist durch Beleuchtungstärke, Blendungsbegrenzung und Leuchtdichteverteilung zu gewährleisten (vgl. auch Hinweise in Anhang D.1)." In Tabelle 5.12 der Norm SN EN 12464-2 "Licht und Beleuchtung - Beleuchtung von Arbeitsstätten - Teil 2: Arbeitsplätze im Freien" (Ausgabe 2007) werden die Anforderungen an die Beleuchtung und deren Modalitäten für verschiedene Kategorien von Bahn- und Tramanlagen aufgelistet. 4. Zunächst ist zu prüfen, ob die Beleuchtung des Bahnhofs Oberrieden den Anforderungen des Vorsorgeprinzips nach Art. 11 Abs. 2 USG entspricht (E. 4-7). Danach sind die Lichtemissionen unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist. 4.1. Dieser Grundsatz wird durch die bereits erwähnten Empfehlungen des BUWAL und die Norm SIA 491:2013 konkretisiert. Beide zeigen auf, wie sich unnötige Lichtemissionen im Aussenraum vermeiden lassen. Unnötig in diesem Sinne sind Beleuchtungen und Lichtemissionen, die nicht dem Beleuchtungszweck dienen (SIA 491:2013 Ziff. 1.10). Zu beleuchten ist nur, was beleuchtet werden muss, wobei die notwendigen Bedürfnisse mit der geringstmöglichen Gesamtlichtmenge abzudecken sind (SIA 491:2013 Ziff. 2.2.2 und 2.2.4; Empfehlungen BUWAL Ziff. 5.2.3). Zur Vermeidung von Lichtemissionen sollten nur Leuchten verwendet werden, die eine präzise Lichtlenkung aufweisen; wenn dies nicht möglich ist, sind die Leuchtkörper mit einer Abschirmung zu versehen, die Licht nur dorthin strahlen lässt, wo es einem klar definierten Beleuchtungszweck dient (SIA 491:2013 Ziff. 2.6.1; Empfehlungen BUWAL Ziff. 5.2.9 "Abschirmung"). Dabei ist der Lichtstrom von oben nach unten zu richten (SIA 491:2013 Anh. A; Empfehlungen BUWAL Ziff. 5.2.5). Die Aufhellung des Nachthimmels und von Naturräumen und naturnahen Gebieten ist möglichst zu vermeiden (Empfehlung BUWAL Ziff 5.2.9 "Notwendigkeit"). Nach Möglichkeit sollten beleuchtete Flächen keine reflektierenden Anstriche oder Oberflächen aufweisen (Empfehlungen BUWAL Ziff. 5.2.7). Leuchten sind nur in den dafür klar nützlichen Zeiträumen einzuschalten und ansonsten auszuschalten (Zeitschaltuhren; Bewegungsmelder) oder zumindest abzusenken (SIA 491:2013 Ziff. 2.7). Anzustreben ist eine Synchronisation mit dem Nachtruhefenster (wie beim Lärmschutz) von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr (Empfehlungen BUWAL Ziff 5.2.9 "Zeitmanagement"; Leitfaden zur Vermeidung unnötiger Lichtimmissionen des Amts für Umwelt des Kantons Solothurn aus dem Jahre 2011 S. 17 und 30; SIA 491:2013 Ziff. 2.5.5 und 2.7). In diesem Zeitraum sind Zierbeleuchtungen i.d.R. auszuschalten (BGE 140 II 33 E. 5.5 und 5.6 S. 41 f.). Auch die Lichtspektren sind bezüglich ihrer Auswirkungen auf Mensch und Natur anzupassen (vgl. SIA 491:2013 Ziff. 2.6.2; Empfehlung BUWAL Ziff. 5.2.7; Anh. 1 LAI 2012). 4.2. Die Beschwerdeführer werfen dem Bundesverwaltungsgericht vor, das Vorsorgeprinzip falsch angewendet zu haben, indem es darauf abgestellt habe, was ihnen zuzumuten sei. Gemäss Art. 11 Abs. 2 USG seien jedoch Emissionen durch Massnahmen an der Quelle soweit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich sei, unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung. Vorliegend könnten die Lichtemissionen mit geringem Aufwand (Anbringen von Blenden, Zeitmanagement, Bewegungsmelder) vermindert werden, ohne die Sicherheit des Bahnverkehrs zu beeinträchtigen. Tatsächlich ging das Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid (E. 8.1) davon aus, dass Licht im Allgemeinen nicht als unerwünschte Nebenwirkung einer anderen Tätigkeit, sondern gewollt und gezielt erzeugt werde, um einen bestimmten Beleuchtungszweck zu erreichen. Es folgerte daraus, dass bei der Anordnung von emissionsbeschränkenden Massnahmen eine Interessenabwägung zwischen dem Schutzbedürfnis der Anwohnerschaft und dem Interesse an der Beleuchtung als solcher vorgenommen werden müsse. Es ist einzuräumen, dass sich über den Nutzen einer Beleuchtung und die für bestimmte Zwecke erforderliche Lichtmenge z.T. streiten lässt; im Rahmen der Bedürfnisabklärung kann eine Abwägung zwischen dem Nutzen und den Umwelteinwirkungen geboten sein (so auch SIA 491:2013 Ziff. 2.2.3). Steht dagegen fest, dass eine Lichtemission nicht dem angestrebten Beleuchtungszweck dient und insofern unnötig ist (z.B. Abstrahlungen in den Nachthimmel), so muss sie grundsätzlich im Rahmen der Vorsorge vermieden werden, sofern dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist, unabhängig von ihrer Zumutbarkeit für die Nachbarn bzw. von deren Schutzbedürfnis. Das Bundesverwaltungsgericht ging aufgrund seines Augenscheins davon aus, dass die Beleuchtungsanlagen des Bahnhofs Oberrieden See vom erhöhten Standpunkt der Liegenschaft der Beschwerdeführer aus gesehen kaum ins Gewicht fallen, sondern als eine Lichtquelle unter vielen erscheine. Es bewertete daher das Schutzbedürfnis der Beschwerdeführer als gering. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Einschätzung bei der von ihm vorgenommenen Interessenabwägung zu einer Überbewertung des Interesses an der Beleuchtung und damit zu einer Verletzung des Vorsorgeprinzips (Art. 11 Abs. 2 USG) geführt hat. Da sich dies anhand der Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid nicht klären liess, erachtete das Bundesgericht ergänzende Sachverhaltsfeststellungen für notwendig und führte hierfür einen Augenschein durch (Art. 105 Abs. 2 BGG). 5. Im Folgenden ist zunächst zu prüfen, welchem Zweck die Bahnhofsbeleuchtung dient. Anschliessend ist zu fragen, ob für diesen Zweck unnötige Lichtemissionen generiert werden und ob diese mit wirtschaftlich tragbaren und verhältnismässigen Massnahmen vermindert werden könnten (E. 6 und 7). Die Bahnhofsbeleuchtung dient in erster Linie der Sicherheit des Bahnverkehrs. Das Bundesverwaltungsgericht ging überdies davon aus, dass die Beleuchtung des Bahnhofsbereichs das subjektive Sicherheitsgefühl der Reisenden erhöhe. Helle Räume würden von Menschen allgemein als sicherer empfunden, weshalb ein gut beleuchteter Bahnhof dazu beitrage, dass der öffentliche Verkehr auch zu Randzeiten rege genutzt werde. Dieses Interesse wird von den Beschwerdeführern nicht grundsätzlich bestritten; streitig ist lediglich die hierfür erforderliche Beleuchtungsintensität und -dauer sowie die gebotene Lichtführung. Dies wird im Folgenden zu prüfen sein. Schliesslich dient ein Teil der Bahnhofsbeleuchtung auch Werbezwecken. Dies gilt zum einen für die Beleuchtung der Plakatwand, zum anderen für die am Bahnhofseingang angebrachte Lichtstele. Für die Plakatwand ist die Auflage Ziff. 2.1 des BAV zu beachten, die nicht angefochten wurde und daher grundsätzlich rechtskräftig geworden ist (vgl. dazu unten E. 6.3). Die Lichtstele, zu deren Anfechtung die Beschwerdeführer nicht legitimiert sind (vgl. oben, E. 2.5), ist nicht Streitgegenstand. Der Werbezweck der Beleuchtung kann daher hier ausgeklammert werden. 6. Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, dass eine Reduktion der Bahnhofsbeleuchtung in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr möglich wäre, ohne die Sicherheit des Bahnverkehrs oder das Sicherheitsgefühl der Benutzer zu beeinträchtigen. Sie weisen darauf hin, dass es vor 2007 bloss acht Hochlampen auf dem Bahnhof gegeben habe, ohne dass je Probleme entstanden seien. Das Bundesverwaltungsgericht räumte ein, dass es technisch ohne grösseren betrieblichen Aufwand umsetzbar wäre, die Beleuchtung des Bahnhofs ab 22.00 Uhr zu reduzieren, wie dies schon heute ausserhalb der Betriebszeiten praktiziert werde (Abschaltung der Kombiständerleuchten, eines Teil der Perrondachleuchten und der Beleuchtung der Wartehalle). Es ging jedoch davon aus, dass dem überwiegende Sicherheitsinteressen entgegenstehen. Zu Betriebszeiten, d.h. solange die S-Bahnlinien verkehrten, sei die von den Beschwerdeführern angestrebte sehr weitgehende Reduktion der Beleuchtung abzulehnen. 6.1. Diesen Ausführungen ist für den unüberdachten Perronbereich zuzustimmen. Wie der Augenschein ergeben hat, sorgen die Kombiständerlampen für eine gleichmässige Beleuchtung der Perronkante. Die Perrons sind öffentlich zugänglich und werden z.T. auch als Fussweg verwendet. Die Perronkante muss während der gesamten Betriebszeit beleuchtet werden, um zu verhindern, dass Personen auf die Gleise stürzen. Zudem müssen Lokomotivführer die Möglichkeit haben, Personen, die zu dicht am Gleis stehen, zu erkennen und durch ein Pfeifsignal zu warnen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zahlreiche Züge den Bahnhof Oberrieden See mit hoher Geschwindigkeit (rund 100 km/h) durchfahren. Würden Teile der Kombiständerlampen ausgeschaltet, wäre die Perronkante nicht mehr gleichmässig beleuchtet, was insbesondere für sehbehinderte Personen problematisch wäre und nicht den Normen SN 521 500-C3 und SN 12464-2 entspräche. Zwar hat der Augenschein am Bahnhof Oberrieden Dorf gezeigt, dass die Perronaussenbereiche auch mit wenigen Hochlampen gleichmässig beleuchtet werden können. Diese sind jedoch aufgrund ihrer Höhe aufwendiger zu warten und entsprechen nicht mehr dem von den SBB gewünschten Erscheinungsbild. Grundsätzlich ist es Sache der SBB, ihr Beleuchtungskonzept zu bestimmen, solange es den gesetzlichen Anforderungen entspricht. 6.2. Der seeseitig überdachte Perronbereich wird mit einer Doppelreihe von je 16 Lampen des Typs Sydney beleuchtet. Wie der bundesgerichtliche Augenschein gezeigt hat, wirkt dieser zentrale Teil des Bahnhofs aufgrund der grossen Zahl dicht nebeneinander angebrachter Lampen sehr hell. Die Vertreter der SBB erläuterten am Augenschein, dass diese helle Zone in der Mitte des Perrons ihrem Beleuchtungskonzept entspreche. Danach sollen die im Aussenbereich aussteigenden Passagiere durch das Licht in die Kundenzone in der Mitte geführt werden, wo sich auch die Unterführung befindet. Allerdings weist das Perrondach des Bahnhofs Oberrieden See aufgrund der örtlichen Gegebenheiten mehr Lampen auf als beispielsweise jenes des an der gleichen Zuglinie gelegenen Bahnhofs Rüschlikon, wo am Perrondach nur eine Reihe von Leuchten angebracht ist. Bereits aus dem erwähnten Beleuchtungskonzept ergibt sich, dass eine Beleuchtung des überdachten Perronbereichs in der bestehenden Intensität für die Sicherheit beim Ein- und Aussteigen nicht erforderlich ist. Denn in den deutlich weniger beleuchteten unüberdachten Bereichen ist diese ebenfalls gewährleistet. Die am Augenschein vorgenommenen Abschaltungen von einem Drittel bzw. von zwei Dritteln der Perrondachleuchten haben überdies gezeigt, dass das Sicherheits- und Raumgefühl auch bei einer deutlichen Reduktion der Beleuchtung nicht nennenswert beeinträchtigt wird. Ebensowenig stellt sich der sog. Höhleneffekt ein, der mit dem neuen Beleuchtungskonzept vermieden werden soll. Die ohnehin selber leuchtenden Abfahrtsanzeigetafeln sind weiterhin problemlos lesbar. Die SBB legen auch nicht dar und es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Reduktion der Beleuchtung die Anforderungen an die behindertengerechte Ausgestaltung des Bahnhofs (vgl. E. 3.4) nicht mehr eingehalten werden könnten. Es kann an dieser Stelle offenbleiben, ob die bestehende intensive Beleuchtung des überdachten Perronbereichs in den Spitzenverkehrszeiten betrieblich erforderlich ist, da die Reduktion der Beleuchtung von den Beschwerdeführern nur für die Nachtruhezeit von 22.00 bis 06.00 Uhr verlangt wird. Während dieses Zeitintervalls sind die Passagierfrequenzen erfahrungsgemäss eher gering. Umgekehrt ist die betriebliche Erforderlichkeit in diesem Zeitraum angesichts des erhöhten allgemeinen Ruhebedürfnisses nach strengen Massstäben zu beurteilen (vgl. E. 4.1). Aufgrund der erwähnten, am Augenschein getroffenen Feststellungen ist die bestehende intensive Beleuchtung im überdachten Perronbereich - von 22.00 bis 01.00 Uhr sowie von 04.30 bis 06.00 Uhr von Montag bis Freitag bzw. von 22.00 bis 06.00 Uhr am Samstag und Sonntag - zur Sicherheit des Bahnverkehrs, aber auch zur Verwirklichung des neuen Beleuchtungskonzepts, nicht erforderlich. Eine Reduktion ist durch Abschaltung einzelner Lampen technisch ohne weiteres möglich und wirtschaftlich tragbar. Die SBB haben daher gestützt auf Art. 11 Abs. 2 USG die Beleuchtung im überdachten seeseitigen Perronbereich von 22.00 bis 01.00 Uhr und 04.30 bis 06.00 Uhr von Montag bis Freitag sowie von 22.00 bis 06.00 Uhr am Samstag und Sonntag zu reduzieren. 6.3. Bei der Umsetzung dieser Reduktion ist zu berücksichtigen, dass die Perrondachleuchte vor dem Werbeplakat auf der Seeseite nach dem in diesem Punkt rechtskräftigen Entscheid der Vorinstanz abgeschaltet werden muss. Am bundesgerichtlichen Augenschein ergab sich allerdings, dass zwei Lampen das fragliche Plakat anleuchten (die dritte und vierte Lampe von rechts). Weiter konnte am Augenschein festgestellt werden, dass die Anleuchtung des Plakats aufgrund der Reflexion im Schlafzimmer der Beschwerdeführer einen hellen Lichtfleck bewirkt, der sie stark stört. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, die nach dem bereits Ausgeführten ohnehin gebotene Reduktion der Beleuchtung auf beide Lampen vor dem Werbeplakat zu erstrecken, zumal nach den Erkenntnissen am Augenschein dadurch keine Beeinträchtigung der Sicherheit des Bahnverkehrs resultiert. Die SBB haben demnach im Rahmen der erforderlichen Reduktion der Beleuchtung des überdachten seeseitigen Perronbereichs insbesondere die beiden Lampen vor dem Werbeplakat von 22.00 bis 06.00 Uhr abzuschalten. 6.4. Umstritten ist weiter, ob die Dauerbeleuchtung der Wartehalle während der Betriebszeiten (wochentags von 04.30 bis 01.00 Uhr und am Wochenende die ganze Nacht hindurch) betrieblich notwendig ist. Dies ist - entsprechend der beschränkten Legitimation der Beschwerdeführer - nur für die seeseitige Wartehalle (an Gleis 2) zu prüfen. Diese machen geltend, dass es genügen würde, die Wartehalle zu beleuchten, wenn sich tatsächlich dort jemand aufhält, sei es durch den Einbau von Bewegungsmeldern, sei es durch einen Lichtknopf. Ohnehin werde die Wartehalle auf Perron 2 sehr selten benutzt, weil die Pendler nach Zürich am Morgen auf dem dorfseitigen Perron (bei Gleis 1) warteten und am Abend, nach der Ankunft auf Gleis 2, gleich nach Hause gingen. Die SBB wenden ein, dass die Wartehallen für die Reisenden auffindbar und deshalb beleuchtet sein müssten. Wegen Vandalismus und um eine Zweckentfremdung als Notschlafstelle zu verhindern, dürfe die Beleuchtung nicht vor Ort manipulierbar sein, weshalb sich der Einsatz von Bewegungsmeldern nicht eigne. Das Bundesverwaltungsgericht ging davon aus, dass eine beleuchtete Wartehalle wesentlich einladender wirke als eine unbeleuchtete; für das Sicherheitsgefühl der Wartenden sei es entscheidend, dass der Raum schon vor dem Betreten ausreichend beleuchtet sei. Der Versuch mit einer Abschaltung der Beleuchtung am bundesgerichtlichen Augenschein hat diesen Eindruck bestätigt. Während der Betriebszeiten kann deshalb im Interesse des Bahnverkehrs gestützt auf Art. 11 Abs. 2 USG grundsätzlich weder ein Verzicht auf die Beleuchtung der Wartehalle noch deren Steuerung über einen Bewegungsmelder verlangt werden. Daran vermag der Umstand, dass der erste Zug in Richtung Horgen erst rund eine Stunde nach dem Einschalten der Beleuchtung verkehrt, nichts zu ändern. Es ist nicht zu beanstanden, dass die SBB die Beleuchtung nicht für jeden Bahnhofteil exakt auf den Fahrplan abstimmen, zumal der Bahnhof von den Kunden als Ganzes wahrgenommen wird. Die Beleuchtung der Wartehalle ist zudem im Rahmen jener des gesamten überdachten Perronbereichs zu beurteilen, die - wie bereits ausgeführt - zu reduzieren ist. Die SBB haben die Möglichkeit, zur erforderlichen Verringerung der Beleuchtung die Lampen der Wartehalle auszuschalten, sie müssen die Reduktion aber nicht auf diese Weise vornehmen (vgl. sogleich E. 6.5). 6.5. Die aufgrund der vorstehenden Erwägungen gebotene Reduktion der Beleuchtung des überdachten seeseitigen Perronbereichs ist nicht vom Bundesgericht festzulegen, da die SBB dabei über einen gewissen Ermessensspielraum verfügen. So ist es denkbar, die erforderliche Verminderung allein durch Abschalten von Perrondachleuchten zu bewirken oder sie ebenfalls mit dem Verzicht oder allenfalls einer Reduktion der Beleuchtung der Wartehalle zu erzielen. Aufgrund der Ergebnisse des Augenscheins ist die fragliche Beleuchtung während der Betriebszeiten in den Nachtruhestunden in erheblichem Umfang zu reduzieren. Als Richtmass kann die Verminderung dienen, die durch Abschalten der Hälfte der seeseitigen Perrondachleuchten resultiert. 7. Zu prüfen ist schliesslich, ob die Lichtlenkung der Lampen des Bahnhofs Oberrieden See genügend präzise ist bzw. ob die Leuchtkörper mit einer genügenden Abschirmung versehen sind, damit das Licht nur dorthin strahlt, wo es dem Beleuchtungszweck dient. 7.1. Das Bundesverwaltungsgericht und das BAFU gingen davon aus, dass die bereits von den SBB getroffenen Massnahmen dem Vorsorgeprinzip genügten; insbesondere seien die Kombiständer- und Perronleuchten bereits mit perforierten Blenden ausgestattet worden, so dass mit den verlangten lichtundurchlässigen Vorrichtungen nur noch graduelle Verbesserungen erreicht werden könnten. Eine Reduktion der Beleuchtung sei auch nicht aus Gründen der Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV) erforderlich: Die an den Bahnhöfen Opfikon, Meggen und Liestal installierten zusätzlichen Blenden seien auf unterschiedliche örtliche Verhältnisse zurückzuführen; dort stünden die Kombiständerleuchten unmittelbar vor Wohnliegenschaften. 7.2. Diesen Erwägungen ist jedenfalls für die Kombiständerleuchten zuzustimmen. Diese wurden entwickelt, um eine lange Linienbeleuchtung an der Perronkante zu gewährleisten. Sie sind mit einem breiten runden Leuchtendach versehen, das Abstrahlungen nach oben verhindert. Seitliche Abstrahlungen an den Hang sind allerdings (in bestimmten Winkeln) möglich. Zur Reduktion der Blendwirkung wurden daher die bergseitigen Kombiständerleuchten am Bahnhof Oberrieden See zusätzlich mit Halbschalen abgeschirmt, während seeseitig zur Abschirmung Wabengitter angebracht wurden (weil eine bergseitige Halbschale die bezweckte Beleuchtung der Perronkante verhindern würde). Wie am Augenschein festgestellt werden konnte, sind die Leuchten nunmehr vom Hang, insbesondere vom Haus und vom Gartensitzplatz der Beschwerdeführer aus, kaum mehr sichtbar. Weitergehende Massnahmen zur seitlichen Abschirmung (in Richtung Hang) erscheinen daher nicht geboten. 7.3. Die Perrondachleuchten sind am Dachrand angebracht und strahlen Licht nicht nur auf den Perron, sondern auch in die Umgebung ab. Eine gewisse indirekte Beleuchtung des Perrondachs ist am Bahnhof Oberrieden See insofern erwünscht, als dieses aus Gründen des Denkmalschutzes dunkelrot gestrichen ist und durch die Anleuchtung des Dachs ein "Höhleneffekt" verhindert werden kann. Ob dies auch in anderen Bahnhöfen (mit hellerem Dach) zulässig wäre, braucht nicht entschieden zu werden. Unnötig ist dagegen die seitliche Abstrahlung an den Hang in Richtung Dorf. Zwar haben die SBB an den drei äussersten Perrondachleuchten (beim Werbeplakat) lichtundurchlässige Blenden angebracht und die übrigen Perrondachleuchten mit einem seitlich tiefer gezogenen, perforierten Reflektor ausgestattet. Wie am Augenschein festgestellt werden konnte, sind die Leuchtkörper dennoch vom Schlafzimmer der Beschwerdeführer aus gut einsehbar, d.h. die Blenden sind etwas zu kurz. Wie der zuvor durchgeführte "Klebbandtest" belegt (der von allen Beteiligten als erfolgreich beurteilt worden war), wäre es technisch und betrieblich möglich, diese unnötigen Lichtemissionen zu vermeiden. Da diese Abschirmung nicht notwendig ist, um die Beschwerdeführer vor schädlichen oder lästigen Lichtimmissionen zu schützen (vgl. sogleich E. 8), erscheint jedoch eine sofortige Umrüstung der bestehenden Anlage unverhältnismässig. Zwar liegt keine Kostenschätzung vor, jedoch ist davon auszugehen, dass dies eine Spezialanfertigung erfordern und nicht unerhebliche Kosten verursachen würde. Dagegen muss die Anpassung erfolgen, sobald die erste Reihe der seeseitigen Perrondachbeleuchtung erneuert oder ersetzt wird (vgl. SIA 491:2013 Ziff 2.2.5). 8. Zu prüfen ist noch, ob weitergehende Massnahmen zum Schutz der Beschwerdeführer gegen schädliche und lästige Lichtimmissionen erforderlich sind (Art. 11 Abs. 3 USG). 8.1. Diese beschweren sich über Schlafstörungen infolge der Raumaufhellung. Unter der Woche sei es in Oberrieden zwischen 01.00 und 04.30 Uhr stockdunkel. Mit der Einschaltung der Bahnhofsbeleuchtung würden Decke und Wände des Schlafzimmers schlagartig in weisses Flutlicht getaucht. Die Strassenbeleuchtung der Gemeinde werde erst um 05.00 Uhr eingeschaltet. Die Leuchten des Bahnhofs seien so grell, dass infolge der Blendwirkung die Nachtsichtfähigkeit praktisch nicht mehr gegeben sei, insbesondere bei der Begehung des Fusswegs gegen den Bahnhof hinab. Durch die direkte Anstrahlung des Hauses sei der Garten vom Haus aus gesehen "schwarz" geworden und seien Menschen und Tiere darin nicht mehr erkennbar. Das Erleben des Tagesverlaufs werde verunmöglicht. Zudem habe sich die Zahl der Vögel seit der lichtmässigen Aufrüstung des Bahnhofs verringert. Die Beschwerdeführer berufen sich auf Messungen durch den Lichtexperten René L. Kobler. Dieser habe die Beleuchtungsstärke in den Wohnräumen am Fensterinnern gemessen, und zwar zunächst mit voller Perronbeleuchtung. Dabei seien in der Küche 0.07 Lux, im Schlafzimmer 0.09 Lux und im Büro 0.08 Lux gemessen worden. Dagegen sei bei Durchfahrt eines Zuges, der die drei störendsten Perronleuchten abgedeckt habe, in der Küche ein Wert von 0.05 Lux gemessen worden, d.h. die Lichtzunahme durch diese drei Perrondachleuchten allein betrage 0.02 Lux. Die Beschwerdeführer folgern daraus, dass die Aufhellung aufgrund aller 89 Lampen des Bahnhofs um ein Mehrfaches höher liege. Die Grenze von 1 Lux gemäss LAI sei zu hoch. Die Beschwerdeführer verweisen auf die Masterthesis von MARTINA SCHOBESBERGER vom 10. Oktober 2010, Messungen und Beurteilung von Lichtimmissionen im Schlafzimmer, wonach bereits eine Aufhellung von 0.05 Lux die meisten Leute störe (Beispiel S. 29). 8.2. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Beweismittel insofern als mangelhaft, als der Bericht des beauftragten Experten nie ins Recht gelegt worden sei, sondern sich die Beschwerdeführer auf eine kurze Wiedergabe der gewonnenen Messwerte zur Raumaufhellung beschränkt hätten. Auf zusätzliche Messungen durch das METAS insbesondere zur Blendwirkung, wie vom BAFU empfohlen, hätten die Beschwerdeführer bereits im vorinstanzlichen Verfahren ausdrücklich verzichtet. Immerhin aber liessen die von den Beschwerdeführern vorgelegten Messwerte den Schluss zu, dass die Raumaufhellung deutlich unter dem Richtwert von 2 Lux gemäss der Richtlinie CIE 150: 2003 für Wohngebiete in Vororten liege, bzw. von 1 Lux gemäss der Empfehlung LAI 2000 nach 22.00 Uhr für Dorf- oder Wohngebiete. 8.3. Dem Bundesverwaltungsgericht ist zuzustimmen, dass keine zuverlässigen Messungen vorliegen; angesichts des ausdrücklichen Verzichts der Beschwerdeführer auf die vom BAFU vorgeschlagenen Messungen des METAS kann den Vorinstanzen auch keine ungenügende Sachverhaltsabklärung vorgeworfen werden. Unter diesen Umständen erübrigen sich Diskussionen um die Einhaltung der erwähnten Richtwerte. Abzustellen ist vielmehr auf die vorinstanzlichen Feststellungen und jene des bundesgerichtlichen Augenscheins. 8.3.1. Das Bundesverwaltungsgericht hielt fest, dass die Liegenschaft der Beschwerdeführer in einem gewissen Abstand und erhöht zum Bahnhof Oberrieden See liege. Im Sommer böten zudem die vor der Liegenschaft stehenden Laubbäume des Nachbargrundstücks einen Schutz. Von einer erheblichen oder sogar schwerwiegenden Beeinträchtigung könne daher bei objektiver Betrachtung nicht gesprochen werden. Beziehe man ausserdem die bestehende Umgebungsbeleuchtung ein, fielen die Beleuchtungsanlagen des Bahnhofs Oberrieden See - zumindest von der Liegenschaft der Beschwerdeführer aus gesehen - kaum mehr ins Gewicht. Angesichts der deutlich sichtbaren Strassenbeleuchtung sowie der Beleuchtung der umliegenden Privat- und Geschäftsliegenschaften erschienen sie vielmehr als eine Lichtquelle unter vielen. Die Beschwerdeführer wohnten nicht in einem unbebauten, ländlichen Raum, sondern in der Agglomeration Zürich, wo ein gewisses Mass an Lichtimmissionen üblich und hinzunehmen sei. Anlässlich des Augenscheins, der bei Neumond stattfand, sei deutlich zu erkennen gewesen, dass die Lichter der Stadt Zürich und Umgebung zu einer bis nach Oberrieden ausstrahlenden Aufhellung des Nachthimmels führten. Diese Feststellungen konnten am Augenschein des Bundesgerichts grundsätzlich bestätigt werden. 8.3.2. Fraglich ist allenfalls, ob das plötzliche Einschalten der Bahnhofsbeleuchtung um 04.30 Uhr, wenn es rundherum noch dunkel ist, zu einer Störung der Beschwerdeführer führen könnte. Die Frage kann jedoch offen bleiben, weil bereits die vorsorglich angeordneten Emissionsbegrenzungen die Lichtimmissionen bei den Beschwerdeführern reduzieren werden und verhindern sollten, dass diese um 04.30 Uhr morgens aufgeweckt werden: Die von den Beschwerdeführern als besonders störend empfundene Lichtreflexion der Plakatwand in ihrem Schlafzimmer werde in Zukunft entfallen, weil beide Leuchten vor dem Plakat von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr abgeschaltet werden müssen (vgl. E. 6.3). Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass keine weitergehenden Massnahmen erforderlich sind, um die Beschwerdeführer vor schädlichen oder lästigen Lichtimmissionen des Bahnhofs Oberrieden See zu schützen. 9. Zusammenfassend ergibt sich, dass das Bundesverwaltungsgericht zu Recht auf einen Teil der Beschwerde (Bahnhofsbereich Richtung Thalwil, einschliesslich Lichtstele) nicht eingetreten ist (vgl. E. 2.6). Insoweit ist die Beschwerde abzuweisen. Dagegen ist sie teilweise gutzuheissen, soweit die Beschwerdeführer weitergehende vorsorgliche Emissionsbeschränkungen von 22.00 bis 06.00 Uhr verlangen. In diesem Zeitraum ist die Beleuchtung des überdachten seeseitigen Perronbereichs während der Betriebszeiten in einem Umfang zu reduzieren, der ungefähr jenem entspricht, der bei Abschaltung der Hälfte der Perrondachleuchten resultiert (E. 6.2 und 6.5). Insbesondere sind in diesem Zeitraum die beiden Leuchten vor dem Werbeplakat abzuschalten (E. 6.3). Bei einer Erneuerung oder einem Ersatz der seeseitigen Perrondachbeleuchtung ist die näher bei den Gleisen gelegene Reihe von Lampen mit lichtundurchlässigen Blenden zu versehen, die eine seitliche Abstrahlung gegen den Hang verhindern (E. 7.2). Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen. 10. Bei diesem Ausgang obsiegen die Beschwerdeführer teilweise. Es rechtfertigt sich, ihnen die Hälfte der Gerichtskosten aufzuerlegen und ihnen eine reduzierte Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 66 und 68 BGG). Die SBB tragen keine Kosten und haben keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da sie öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen (Art. 66 Abs. 4 und Art. 68 Abs. 3 BGG i.V.m. Art. 2 und 3 des Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen vom 20. März 1998 [SBBG; SR 742.31]; vgl. BGE 126 II 54 E. 8 S. 62; in BGE 139 II 289 nicht publ. E. 5 mit Hinweisen). Die Kosten- und Entschädigungsregelungen der vorinstanzlichen Entscheide sind dementsprechend anzupassen.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 23. Oktober 2012 in den unter Ziff. 2 genannten Punkten aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 2. Die SBB haben im Zeitraum von 22.00 bis 06.00 Uhr die Beleuchtung des überdachten seeseitigen Perronbereichs des Bahnhofs Oberrieden See während der Betriebszeiten in einem Umfang zu reduzieren, der ungefähr jenem entspricht, der bei Abschaltung der Hälfte der Perrondachleuchten resultiert. Sie haben insbesondere die beiden Leuchten vor dem Werbeplakat von 22.00 bis 06.00 Uhr abzuschalten. Sie haben schliesslich bei einer Erneuerung oder einem Ersatz der seeseitigen Perrondachbeleuchtung die näher bei den Gleisen gelegene Reihe von Lampen mit lichtundurchlässigen Blenden zu versehen, die eine seitliche Abstrahlung gegen den Hang verhindern. 3. Die reduzierten Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 1'500.-- und des bundesverwaltungsgerichtlichen Verfahrens von Fr. 750.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 4. Die SBB haben den Beschwerdeführern für das Anstandsverfahren, das bundesverwaltungsgerichtliche und das bundesgerichtliche Verfahren eine reduzierte Parteientschädigung von insgesamt Fr. 15'000.-- zu bezahlen. 5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesamt für Verkehr (BAV), dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, und dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 2. April 2014 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Die Gerichtsschreiberin: Gerber
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de
2,012
CH_BGer_002
Federation
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Sachverhalt: A. Die Landsgemeinde des Kantons Glarus erliess am 2. Mai 2010 ein neues Gesetz über die Kantonale Sachversicherung Glarus (nachfolgend: SachVG), welches das bisherige Sachversicherungsgesetz vom 2. Mai 1993 (nachfolgend: aSachVG) ersetzte. Nach Art. 1 SachVG ist die Kantonale Sachversicherung Glarus (Glarnersach) eine selbständige Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts. Gemäss Art. 2 Abs. 1 SachVG hat sie folgende Aufgaben: a. Versicherung von Gebäuden im Monopol gegen Feuer- und Elementarschäden nach den Vorschriften dieses Gesetzes; b. Versicherung von Sachen und nicht vom Monopol erfassten Gebäuden im Wettbewerb gegen Feuer- und Elementarschäden sowie andere Gefahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes; c. Führung des Kulturschadenfonds nach den Vorschriften dieses Gesetzes; d. Führung der Fachstelle für Brandschutz und Feuerwehr nach den Vorschriften des Brandschutzgesetzes sowie Einzug der Brandschutzabgabe; e. Förderung und Unterstützung von präventiven Massnahmen gegen Feuer- und Elementarschäden sowie andere Gefahren. Die Art. 55-60 SachVG lauten sodann unter dem Titel "VII. Versicherung im Wettbewerb" wie folgt: Art. 55 Umfang 1 Die Glarnersach versichert im Wettbewerb mit den privaten Versicherungsgesellschaften Fahrhabe und Gebäude gegen Feuer- und Elementarschäden sowie weitere Gefahren. 2 Der Verwaltungsrat kann die Glarnersach ermächtigen, weitere Versicherungen anzubieten, sofern diese mit den in Absatz 1 versicherten Sachen in Zusammenhang stehen. 3 Er legt die allgemeinen Versicherungsbedingungen fest, wobei er diesbezüglich die zwingenden Bestimmungen der Bundesgesetzgebung zum Versicherungsvertrag berücksichtigt. Art. 56 Geschäftskreis Der Geschäftskreis erstreckt sich schwergewichtig auf den Kanton. Die Glarnersach kann in den angrenzenden Wirtschaftsräumen und in besonderen Fällen auch in der übrigen Schweiz ihre Dienstleistungen anbieten, sofern ihr daraus keine ausserordentlichen Risiken erwachsen. Art. 57 Versicherungsantrag 1 Wer bei der Glarnersach eine Versicherung im Wettbewerb abschliessen will, hat einen schriftlichen Antrag einzureichen. 2 Die allgemeinen Versicherungsbedingungen sind entweder im Versicherungsantrag aufzuführen oder dem Antragsteller vor der Einreichung des Antrages zu übergeben. 3 Die Glarnersach ist berechtigt, einen Versicherungsantrag innert 14 Tagen abzulehnen oder den Beginn der Versicherung von der Erfüllung von Bedingungen abhängig zu machen. Art. 58 Versicherungsbestätigung Die Glarnersach hat dem Versicherungsnehmer eine Versicherungsbestätigung (Police) auszuhändigen, in der die Rechte und Pflichten der Parteien festgehalten sind. Art. 59 Ergänzendes Recht Im Übrigen gelten für die Versicherung im Wettbewerb ergänzend und sinngemäss die materiellen Bestimmungen der Bundesgesetzgebung über den Versicherungsvertrag. Art. 60 Steuerpflicht Im Rahmen der Versicherung im Wettbewerb ist die Glarnersach steuerpflichtig. Gemäss Art. 74 SachVG tritt das Gesetz am 1. Januar 2011 in Kraft. B. Der Schweizerische Versicherungsverband, die AXA Versicherungen AG, die Helvetia Schweizerische Versicherungsgesellschaft AG, die Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG, die Schweizerische National-Versicherungsgesellschaft AG, die Vaudoise Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft AG, die Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG sowie A._ erhoben am 31. Mai 2010 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, die Art. 2 Abs. 1 lit. b und Art. 55-60 SachVG seien aufzuheben. C. Der Kanton Glarus stellte am 7. Juli 2010 das Gesuch, das Verfahren sei zu sistieren bis zu der nach kantonalem Recht massgeblichen Veröffentlichung des Gesetzes, worauf der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts mit Verfügung vom 13. Juli 2010 das Verfahren bis zu diesem Zeitpunkt sistierte. Im Amtsblatt des Kantons Glarus vom 16. Dezember 2010 wies die Staatskanzlei darauf hin, dass das Gesetz am 1. Januar 2011 in Kraft treten werde, worauf mit Verfügung vom 30. Dezember 2010 das bundesgerichtliche Verfahren wieder aufgenommen und den Beschwerdeführern Frist zur Beschwerdeergänzung gesetzt wurde. Davon machten die Beschwerdeführer mit Eingabe vom 28. Januar 2011 Gebrauch. Darin bestätigten sie den in der Beschwerde gestellten Antrag und beantragten zudem, es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen und es sei dem Kanton Glarus und der Glarnersach zu untersagen, den Umfang der Tätigkeit im Wettbewerb sowie den Geschäftskreis während der Dauer des Verfahrens auszudehnen. Dieses Gesuch wurde mit Verfügung des Präsidenten der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 1. März 2011 abgewiesen. D. Der Kanton Glarus beantragte mit Eingabe vom 5. April 2011, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. E. Die Parteien hielten mit Replik vom 24. Juni 2011 und Duplik vom 29. August 2011 an ihren Anträgen fest. F. Der Instruktionsrichter gab den Beschwerdeführern mit Verfügung vom 20. Oktober 2011 beschränkte Einsicht in die vom Beschwerdegegner als Geschäftsgeheimnis bezeichnete Beschwerdeantwortbeilage Nr. 21 und Gelegenheit, sich dazu zu äussern, wovon die Beschwerdeführer mit Eingabe vom 11. November 2011 Gebrauch machten.
Erwägungen: 1. Eintreten 1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das kantonale Gesetz ist zulässig, da der Kanton Glarus kein Verfahren der abstrakten Normenkontrolle für kantonale Gesetze kennt (Art. 82 lit. b und Art. 87 Abs. 1 BGG). 1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das kantonale Gesetz ist zulässig, da der Kanton Glarus kein Verfahren der abstrakten Normenkontrolle für kantonale Gesetze kennt (Art. 82 lit. b und Art. 87 Abs. 1 BGG). 1.2 1.2.1 Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und lit. c BGG ist zur Anfechtung eines kantonalen Erlasses legitimiert, wer durch den Erlass aktuell oder virtuell besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung hat. Das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein. Virtuelles Berührtsein setzt voraus, dass der Beschwerdeführer von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (BGE 137 I 77 E. 1.4 S. 81 mit Hinweis). 1.2.2 Die Beschwerdeführer 2-7 sind Versicherungsgesellschaften und sind unter anderem auch im Kanton Glarus in denjenigen Bereichen tätig, in welchen gemäss den angefochtenen Bestimmungen die Glarnersach ebenfalls tätig sein kann. Der Beschwerdeführer 1 ist ein Verein im Sinne von Art. 60 ff. ZGB, der gemäss seinen Statuten der Dachverband der privaten Versicherungswirtschaft in der Schweiz ist und dessen Hauptziel die Wahrung und Förderung der gemeinsamen Interessen der Verbandsmitglieder sowie die Verwirklichung optimaler Rahmenbedingungen für den Assekuranz-Standort Schweiz ist. Der Beschwerdeführer 8 hat Wohnsitz im Kanton Glarus und ist nach seinen Angaben hauptberuflich als Aussendienst-Mitarbeiter der Beschwerdeführerin 4 tätig. 1.2.3 Die angefochtenen Gesetzesvorschriften richten sich nicht an die Beschwerdeführer, sondern an die Glarnersach. Die Beschwerdeführer sind insoweit nicht in ihrer eigenen Rechtsstellung betroffen. Das behaupten sie auch nicht, sondern sie beanstanden, dass die Glarnersach als staatliche Anstalt neu in einem Bereich tätig sein kann, in dem sie selber als direkte Konkurrenten tätig sind, und leiten daraus ihre Legitimation ab. 1.2.4 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 127 II 264 E. 2c S. 269; 125 I 7 E. 3d S. 9) sind Konkurrenten nicht schon aufgrund der blossen Befürchtung, einer verstärkten Konkurrenz ausgesetzt zu sein, zur Beschwerde legitimiert; diese Art des Berührtseins liegt vielmehr im Prinzip des freien Wettbewerbs. Erforderlich ist eine schutzwürdige besondere Beziehungsnähe, die sich aus der einschlägigen gesetzlichen Ordnung ergibt. So kann ein schutzwürdiges Interesse für Konkurrenten in Wirtschaftszweigen vorliegen, die durch wirtschaftspolitische oder sonstige spezielle Regelungen in eine solche besondere Beziehungsnähe untereinander versetzt werden (Urteil 2C_694/2009 vom 20. Mai 2010 E. 1.1 nicht publ. in: BGE 136 II 291; vgl. auch BGE 135 II 243 E. 1.2 S. 246 f.). Ferner ist ein Konkurrent zur Beschwerde legitimiert, soweit er geltend macht, andere Konkurrenten würden privilegiert behandelt. Hingegen kann das blosse allgemeine Interesse der Konkurrenten, dass die für alle geltenden Vorschriften gegenüber den anderen Wirtschaftsteilnehmern korrekt angewendet werden, keine Beschwerdelegitimation begründen (BGE 125 I 7 E. 3g/bb S. 11 f.;123 II 376 E. 4b/bb S. 380 f.), und zwar auch nicht zu Gunsten der Konkurrenten, welche befürchten, infolge einer angeblich rechtswidrigen Zulassung neuer Produkte einen Umsatzrückgang zu erleiden (BGE 123 II 376 E. 5b S. 382 ff.; Urteil 2C_348/2011 vom 22. August 2011 E. 2.3). Konkurrenten sind sodann nicht legitimiert, wenn sie nicht eine Dritten zugestandene Begünstigung rügen, sondern im Gegenteil verhindern wollen, dass - ohne Vorliegen einer Schutznorm im genannten Sinne - Dritten das zugestanden wird, was ihnen auch zusteht (BGE 131 I 198 E. 2.6 S. 203 ff.). 1.2.5 Die Beschwerdeführer begründen ihre Legitimation nicht mit der blossen Tatsache, dass sie Konkurrenten der Glarnersach sind und diese aufgrund der angefochtenen Gesetzesbestimmungen die gleiche Tätigkeit ausführen darf wie sie, wodurch ihr eigener Umsatz zurückgehen könnte. In vertretbarer Weise erblicken sie vielmehr darin einen Verstoss gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, dass der Glarnersach als staatlicher Anstalt mit Teilmonopol erlaubt wird, ausserhalb ihrer Monopoltätigkeit im Wettbewerb tätig zu sein. Ebenso machen sie geltend, die Glarnersach werde in wettbewerbsverzerrender und verfassungswidriger Weise privilegiert. Damit besteht ein schutzwürdiges Interesse privater Konkurrenten an einer Anfechtung dieser Bestimmungen (vgl. auch BGE 136 I 49 E. 2.1 S. 53 f.; 133 I 206 E. 2.1 - 2.3 S. 210 f.; 124 I 145 E. 1c S. 149; 124 I 159 E. 1c S. 162). 1.2.6 Die Beschwerdeführerinnen 2-7 sind unter diesen Umständen zur Beschwerde legitimiert, ebenso der Beschwerdeführer 1 (sog. egoistische Verbandsbeschwerde, BGE 136 II 539 E. 1.1 S. 542 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer 8 kann seine Legitimation (anders als im Rahmen einer Stimmrechtsbeschwerde, Art. 89 Abs. 3 BGG) nicht schon mit seiner Stimmberechtigung im Kanton Glarus begründen. Ob er als Mitarbeiter der Beschwerdeführerin 4 in eigenem Namen legitimiert ist, kann offen bleiben, da jedenfalls die Beschwerde der übrigen Beschwerdeführer zulässig ist. 1.3 Nach Art. 101 BGG ist die Beschwerde gegen einen Erlass innert 30 Tagen nach der gemäss kantonalem Recht massgebenden Veröffentlichung des Erlasses beim Bundesgericht einzureichen. Zu frühe Einreichung schadet nicht und führt nicht zum Nichteintreten auf die Beschwerde, sondern in der Regel lediglich zu einer Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens (BGE 136 I 17 E. 1.2 S. 20). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten. 1.4 Die angefochtenen Bestimmungen stimmen teilweise mit entsprechenden Bestimmungen des aSachVG überein. Da es sich um eine Totalrevision des Gesetzes handelt, können jedoch auch diese Bestimmungen uneingeschränkt überprüft werden (BGE 135 I 28 E. 3.1.1 S. 31). 2. Kognition 2.1 Mit der Beschwerde an das Bundesgericht kann die Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht, kantonalen verfassungsmässigen Rechten, kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung und über Volkswahlen und -abstimmungen sowie von interkantonalem Recht gerügt werden (Art. 95 BGG). Abgesehen von den genannten Ausnahmen (verfassungsmässige Rechte und Bestimmungen über politische Rechte, Art. 95 lit. c und lit. d BGG) kann das Bundesgericht die Verletzung von kantonalem Recht (mit Einschluss von kantonalem Verfassungsrecht, BGE 136 I 241 E. 2.5.2 S. 250) als solche nicht überprüfen, sondern nur insoweit, als darin zugleich eine Verletzung von Bundesrecht liegt, namentlich wenn kantonales Recht willkürlich angewendet wird (BGE 136 I 241 E. 2.4 S. 249). 2.2 Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft aber die Verletzung von Grundrechten (mit Einschluss des Willkürverbots) und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK haben die Parteien eines Gerichtsverfahrens Anspruch auf rechtliches Gehör. Diese Garantie umfasst auch das Recht, von den beim Gericht eingereichten Stellungnahmen der Gegenpartei Kenntnis zu erhalten und sich dazu äussern zu können (sog. Replikrecht: BGE 137 I 195 E. 2.3.1 S. 197; 133 I 98 E. 2.1 S. 99). Soweit das Bundesgericht keinen zweiten Schriftenwechsel oder eigene Beweiserhebungen angeordnet hat, erlaubt es das Replikrecht jedoch nicht, nach Ablauf der Beschwerdefrist neue Begründungen oder Beweismittel einzureichen (vgl. Urteil 2C_586/2010 vom 24. März 2011 E. 2 in fine). Ausgenommen hiervon ist der Hinweis auf gerichts- oder allgemeinnotorische Umstände, wozu auch neu erschienene amtliche Publikationen gehören. 2.3 Bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines kantonalen Erlasses im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ist nach der Rechtsprechung massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn beigemessen werden kann, der sie mit den angerufenen Verfassungsgarantien vereinbar erscheinen lässt. Das Bundesgericht hebt eine kantonale Norm nur auf, wenn sie sich jeder bundesrechtskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich bleibt (BGE 133 I 77 E. 2 S. 79; 133 I 286 E. 4.3 S. 295, je mit Hinweisen). Für die Beurteilung dieser Frage sind die Tragweite des Rechtseingriffs sowie die Möglichkeit von Bedeutung, im Rahmen der Anwendung im Einzelfall einen hinreichenden Rechtsschutz zu erhalten. Es ist deshalb zu beachten, unter welchen Umständen die betreffende Bestimmung zur Anwendung gelangen wird. Der Verfassungsrichter hat die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung nicht nur abstrakt zu untersuchen, sondern auch die Wahrscheinlichkeit verfassungstreuer Anwendung miteinzubeziehen. Erscheint eine generell-abstrakte Regelung unter normalen Verhältnissen, wie sie der Gesetzgeber voraussetzen durfte, als verfassungsrechtlich zulässig, so vermag die ungewisse Möglichkeit, dass sie sich in besonders gelagerten Einzelfällen als verfassungswidrig auswirken könnte, ein Eingreifen des Verfassungsrichters im Stadium der abstrakten Normenkontrolle im Allgemeinen noch nicht zu rechtfertigen. Dabei dürfen die Erklärungen der kantonalen Behörden über die künftige Anwendung der Vorschrift mitberücksichtigt werden (BGE 134 I 293 E. 2 S. 295; 130 I 82 E. 2.1 S. 86; 129 I 12 E. 3.2 S. 15; 125 I 369 E. 2 S. 374). 3. Sachverhalt Nach bisherigem Recht bestand im Kanton Glarus eine obligatorische staatliche Gebäudeversicherung gegen Feuer- und Elementarschäden für alle im Kanton gelegenen Gebäude mit Ausnahme von Industrie- und Hotelbauten. Gebäude, welche nicht unter das Versicherungsmonopol fielen, wurden im freien Wettbewerb zwischen Privatversicherern und der kantonalen Sachversicherung versichert (Art. 15 aSachVG; dazu BGE 124 I 25). Daneben konnte die kantonale Sachversicherung Gebäudezusatzversicherungen, Haushaltversicherungen, Landwirtschaftsversicherungen und Geschäftsversicherungen abschliessen; die Verwaltungskommission konnte die Sachversicherung ermächtigen, für weitere Gefahren Deckung zu gewähren (Art. 46 aSachVG). Darunter fiel vor allem auch die Versicherung für Fahrhabe, die obligatorisch, aber nicht monopolisiert war (Art. 45 aSachVG). Mit dem neuen Gesetz wird der Monopolbereich der Glarnersach beibehalten (Art. 18 ff. SachVG), ihr aber daneben ermöglicht, im Wettbewerb mit privaten Versicherungsgesellschaften weitere Gefahren zu versichern, sofern diese Versicherungen mit Fahrhabe und Gebäuden in Zusammenhang stehen (Art. 2 Abs. 1 lit. b und Art. 55 Abs. 2 SachVG), ohne dass dies auf bestimmte Arten von Versicherungen eingeschränkt wäre. Zudem kann sie gemäss Art. 56 SachVG ihre Dienstleistungen auch ausserhalb des Kantons in den angrenzenden Wirtschaftsräumen und in besonderen Fällen auch in der übrigen Schweiz anbieten, sofern ihr daraus keine ausserordentlichen Risiken erwachsen. Nach dem Memorial für die Landsgemeinde des Kantons Glarus 2010 soll damit der Glarnersach unternehmerischer Spielraum zugestanden werden und namentlich auch eine Betriebsunterbruchversicherung möglich sein. Nach der unwidersprochenen Darstellung der Beschwerdeführer bietet die Glarnersach auch Spezialversicherungen (wie Maschinenversicherung, Transportversicherung und EDV-Allgemeine technische Anlageversicherung), Haftpflichtversicherungen, Motorfahrzeugversicherungen, Vermögensversicherungen und Rechtsschutzversicherungen an. Ferner bietet sie nach Darstellung der Beschwerdeführer eine Jugendversicherung für den gesamten Hausrat gegen Feuer-, Elementar- und Wasserschäden sowie Diebstahl mit Deckung in der ganzen Schweiz und teilweise im Ausland an. Nach Darstellung des Beschwerdegegners akquiriert die Glarnersach diesbezüglich nur im Kanton Glarus, deckt jedoch auch Hausratschäden, die ausserhalb des Kantons eingetreten sind; zudem kann die Versicherung nach Wegzug aus dem Kanton Glarus beibehalten werden. Inzwischen hat der Verwaltungsrat der Glarnersach ein Vollzugsreglement zum Gesetz erlassen (Amtsblatt des Kantons Glarus vom 24. Februar 2011), worin in Art. 17 der sachliche Umfang und in Art. 18 der geographische Geschäftskreis näher umschrieben wird. 4. Rügen Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit, indem die Glarnersach durch die angefochtenen Bestimmungen ohne hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage, ohne öffentliches Interesse und in unverhältnismässiger und wettbewerbsverzerrender Weise zu einer unternehmerischen Tätigkeit ausserhalb ihres Monopolbereichs ermächtigt werde (hinten E. 6 - E. 9). Durch die offene und unklare Formulierung der Art. 55 und 56 des Gesetzes würden zudem das Legalitätsprinzip und die Gewaltenteilung verletzt (hinten E. 7). Sodann werde das Abkommen vom 10. Oktober 1989 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft betreffend die Direktversicherung mit Ausnahme der Lebensversicherung (Versicherungsabkommen Schweiz-EU; SR 0.961.1) verletzt (hinten E. 10). Schliesslich verstosse das SachVG gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV in Verbindung mit dem Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen [Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG; SR 961.01] und dem Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag [Versicherungsvertragsgesetz, VVG; SR 221.229.1]; hinten E. 11). 5. Art. 48 der Verfassung des Kantons Glarus 5.1 Der Beschwerdegegner macht zunächst geltend, aufgrund des von der Bundesversammlung gewährleisteten Art. 48 der Verfassung des Kantons Glarus vom 1. Mai 1988 (KV/GL) sei das angefochtene Gesetz nicht überprüfbar. Diese Bestimmung sieht vor, dass der Kanton eine Anstalt für die Gebäudeversicherung betreibt (Abs. 1) und dass die Anstalt nach Gesetz weitere Sachversicherungen führen kann (Abs. 2). 5.2 Art. 189 Abs. 4 BV bestimmt, dass Akte der Bundesversammlung nicht beim Bundesgericht angefochten werden können. Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung unterliegt deshalb eine von der Bundesversammlung gewährleistete Kantonsverfassung (Art. 51 Abs. 2 und Art. 172 Abs. 2 BV) nicht der bundesgerichtlichen Kontrolle, soweit sich eine Rechtswidrigkeit nicht aus einer nachträglichen Änderung des höherrangigen Rechts ergeben hat (BGE 131 I 85 E. 2.4 S. 89; 131 I 126 E. 3.1 S. 130). Dabei erstreckt sich diese Unüberprüfbarkeit auch auf die Anwendungsakte der gewährleisteten Verfassungen (vgl. BGE 131 I 85 E. 2.3 S. 88) und damit auch auf die kantonalen Gesetze, soweit diese inhaltlich mit den gewährleisteten Verfassungsbestimmungen übereinstimmen (zum Verhältnis von Bundesgesetz einerseits und Verordnung oder kantonalem Recht andererseits in Bezug auf die Massgeblichkeit gemäss Art. 190 BV vgl. BGE 131 II 735 E. 4.1 S. 740; 132 I 68 E. 4.3.2 S. 79; 135 V 172 E. 5 S. 173 f.). 5.3 Art. 48 KV/GL wurde am 4. Dezember 1989 von der Bundesversammlung gewährleistet (BBl 1989 III 1723). Ausgehend von der obig aufgezeigten bundesgerichtlichen Rechtsprechung könnte die Regelung, dass die Glarnersach neben der Gebäudeversicherung auch weitere Sachversicherungen führen kann, vom Bundesgericht grundsätzlich nicht daraufhin überprüft werden, ob sie mit der Wirtschaftsfreiheit vereinbar ist. Indessen wurde diese Rechtsprechung von der Lehre z.T. stark kritisiert (vgl. BGE 131 I 85 E. 2.4 S. 89 mit Hinweis). Ob daran festgehalten werden kann oder ob die bundesgerichtliche Praxis aufgegeben oder gelockert werden müsste, kann im vorliegenden Fall offen bleiben: Auch wenn die im kantonalen Verfassungsrecht verankerte Grundsatzregelung betreffend die Glarnersach nicht überprüfbar wäre, würde damit freilich nicht ausgeschlossen, dass die Art und Weise, wie der verfassungsrechtliche Grundsatz im kantonalen Gesetz umgesetzt wird, auf ihre Bundesrechtskonformität hin überprüft werden kann, namentlich soweit geltend gemacht wird, der Inhalt der gesetzlichen Regelung gehe über das in der Kantonsverfassung Vorgegebene und mit ihr Gewährleistete hinaus. Eine Überprüfung kann sodann in jedem Fall bezüglich das erst nach der Gewährleistung in Kraft getretene Versicherungsabkommen Schweiz-EU vorgenommen werden (hinten E. 10). 5.4 Soweit die Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung hingegen beiläufig kritisieren, das angefochtene Gesetz verstosse gegen Art. 48 KV/GL, indem es der Glarnersach erlaube, auch andere als Sachversicherungen zu betreiben, ist darauf nicht einzugehen: Diese Bestimmung stellt kein kantonales verfassungsmässiges Recht im Sinne von Art. 95 lit. c BGG dar (zu diesem Begriff vgl. BGE 137 I 77 E. 1.3.1 S. 79; 131 I 366 E. 2.2 S. 367) und die Beschwerdeführer machen nicht rechtsgenüglich geltend, inwiefern das Gesetz in willkürlicher Weise gegen Art. 48 KV/GL verstossen soll (vorne E. 2.1 und 2.2). 6. Wirtschaftsfreiheit 6.1 Art. 27 BV gewährleistet die Wirtschaftsfreiheit, insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung. Gemäss Art. 94 Abs. 1 BV halten sich Bund und Kantone an den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit. Abweichungen von diesem Grundsatz, insbesondere Massnahmen, die sich gegen den Wettbewerb richten, sind nur zulässig, wenn sie in der Bundesverfassung vorgesehen oder durch kantonale Regalrechte begründet sind (Art. 94 Abs. 4 BV). Art. 27 BV schützt damit den individualrechtlichen Gehalt, Art. 94 BV als grundlegendes Ordnungsprinzip einer auf marktwirtschaftlichen Prinzipien beruhenden Wirtschaftsordnung die systembezogene oder institutionelle Dimension der Wirtschaftsfreiheit, wobei diese beiden Aspekte freilich eng aufeinander bezogen sind und nicht isoliert betrachtet werden können (Botschaft zur Reform der Bundesverfassung, BBl 1997 I 1 S. 175 ff., 293, 296; GIOVANNI BIAGGINI, BV-Kommentar, 2007, N 1 zu Art. 94; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/UHLMANN, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2011, S. 69). Eine Scharnierfunktion kommt besonders dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen und der staatlichen Wettbewerbsneutralität zu (BBl 1997 I 177 Anm. 266; VALLENDER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die schweizerische Bundesverfassung - Kommentar, 2. Aufl. 2008, N 26 f. zu Art. 27). 6.2 Der Beschwerdegegner bestreitet das Vorliegen eines Eingriffs in die Wirtschaftsfreiheit, da das Gesetz die Ausübung der privatwirtschaftlichen Tätigkeit durch die Beschwerdeführer nicht tangiere. 6.2.1 Wie hiervor ausgeführt, kann trotz der Gewährleistung der Glarner Kantonsverfassung durch die Bundesversammlung jedenfalls die Umsetzung bzw. die konkrete Ausgestaltung der Sachversicherung im kantonalen Gesetzesrecht auf ihre Bundesrechtskonformität - insbesondere auf ihre Verfassungsmässigkeit - überprüft werden (vorne E. 5.3). Im Übrigen ist die Vereinbarkeit mit der Wirtschaftsfreiheit auch insoweit zu prüfen, als die Glarnersach nebst der in der Kantonsverfassung genannten Sachversicherung auch Vermögensversicherungen anbietet (vorne E. 3). 6.2.2 Eine Einschränkung (im Sinne von Art. 36 BV) des in Art. 27 BV gewährleisteten Individualrechts liegt grundsätzlich nur vor, wenn die Stellung des Wirtschaftssubjekts durch staatliche Rechtsakte oder allenfalls hoheitliches Realhandeln rechtlich eingeschränkt wird (BGE 132 V 6 E. 2.5.2 S. 14 f.; 125 I 182 E. 5b S. 198 f.). In der älteren Lehre wurde teilweise angenommen, dass die privatwirtschaftliche Tätigkeit des Gemeinwesens ein Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit sei (HANS MARTI, Die Handels- und Gewerbefreiheit, 1950, S. 215 f.; LEO SCHÜRMANN, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 3. Aufl. 1994, S. 34 Anm. 16). Die Rechtsprechung hat indessen staatliche Massnahmen, welche bloss faktisch Auswirkungen auf das wirtschaftliche Handeln haben, nur zurückhaltend als Grundrechtseingriff qualifiziert, so wenn sie geradezu prohibitiv sind oder die Betroffenen im Ergebnis ähnlich beeinträchtigen wie ein rechtliches Verbot (BGE 135 I 130 E. 4.2 S. 135 f.; 132 V 6 E. 2.5.3 S. 15; 130 I 26 E. 4.4 S. 42; 125 I 182 E. 5b S. 198; BIAGGINI/GÄCHTER/KIENER [HRSG.], Staatsrecht, 2011, S. 432, 490 f.). Sodann kann auch eine faktische Massnahme gegen den in Art. 27 BV enthaltenen Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen verstossen (BGE 136 I 1 E. 5.5.2 S. 16; 130 I 26 E. 4.4 S. 42; 125 I 182 E. 5e S. 200 f.; MARKUS SCHOTT, Staat und Wettbewerb, 2010, S. 442 Rz. 732). Die individualrechtliche Komponente der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) gibt hingegen dem Einzelnen keinen Schutz vor Konkurrenz. Tritt ein staatliches Unternehmen mit gleichen Rechten und Pflichten wie ein privater Unternehmer und im Wettbewerb zu diesem auf, so entsteht den Privaten bloss ein weiterer Konkurrent, was keine Einschränkung der individualrechtlichen Wirtschaftsfreiheit darstellt (Urteil 2P.67/2004 vom 23. September 2004 E. 1.5 in: ZBl 106/2005 S. 424; BIAGGINI, a.a.O., N 17 zu Art. 27; BEAT KRÄHENMANN, Privatwirtschaftliche Tätigkeit des Gemeinwesens, 1987, S. 161, 209; ANDREAS LIENHARD, Staats- und verwaltungsrechtliche Grundlagen für das New Public Management in der Schweiz, 2005, S. 168; ETIENNE POLTIER, Les entreprises d'économie mixte, 1983, S. 254; JOHANNES REICH, Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit, 2011, S. 487 f.; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/UHLMANN, a.a.O., S. 335 Rz. 57, S. 338 Rz. 68; ELIANE SCHLATTER, Grundrechtsgeltung beim wirtschaftlichen Staatshandeln, 2009, S. 31; LISBETH SIDLER, Aspekte einer gewinnstrebigen Staatstätigkeit, in: Gesetzgebung heute, 1994, Heft 3, S. 11 ff., 16; FELIX UHLMANN, Gewinnorientiertes Staatshandeln, 1997, S. 176 f.; STEFAN VOGEL, Der Staat als Marktteilnehmer, 2000, S. 102 f., 120). Dies gilt jedenfalls solange, als das private Angebot durch die staatliche Massnahme nicht geradezu verdrängt wird (BLAISE KNAPP, Les limites à l'intervention de l'Etat dans l'économie, in: ZBl 91/1990 S. 241 ff., 261; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/UHLMANN, a.a.O., S. 339 Rz. 71; VOGEL, a.a.O., S. 103). PAUL RICHLI (Zweck und Aufgaben der Eidgenossenschaft im Lichte des Subsidiaritätsprinzips, in: ZSR 1998 II 139 ff., 296) vertritt zwar die Ansicht, staatliche Wirtschaftstätigkeit sei eine faktische Grundrechtsbeeinträchtigung, legt allerdings das Schwergewicht eher auf die Wettbewerbsneutralität (dazu hinten E. 9). GIOVANNI BIAGGINI (Von der Handels- und Gewerbefreiheit zur Wirtschaftsfreiheit, in: ZBl 102/2001, S. 240 ff., 243) spricht von einem "bedingten" Anspruch auf Schutz vor staatlicher Konkurrenz, meint damit aber bloss die prozessuale Möglichkeit, staatliche Wirtschaftstätigkeit verfassungsrichterlich überprüfen zu lassen, was ohnehin erfüllt ist (vgl. E. 6.2.3 hiernach). 6.2.3 Die angefochtenen Gesetzesbestimmungen schränken nicht die rechtliche Befugnis der Beschwerdeführer ein, Versicherungen anzubieten, sondern erlauben es der Glarnersach, in bestimmten Bereichen gleich wie die Beschwerdeführer tätig zu sein. Die Glarnersach tritt damit bloss als zusätzliche Konkurrentin auf dem Markt auf, was nach dem Gesagten unter Vorbehalt einer Verletzung der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen (vgl. hinten E. 9) keine Einschränkung von Art. 27 BV darstellt. Anders als bei der früheren staatsrechtlichen Beschwerde setzt die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten aber keine Beeinträchtigung in einer (individuellen) Rechtsposition voraus; es kann mit ihr auch die Verletzung objektiv-rechtlicher Normen gerügt und in diesem Zusammenhang auch eingewendet werden, durch die staatliche Wirtschaftstätigkeit werde Art. 94 BV verletzt, unabhängig davon, ob eine Einschränkung der individualrechtlichen Komponente (Art. 27 BV) vorliegt. 6.3 Art. 94 BV schützt insbesondere das Bestehen einer Wettbewerbswirtschaft. Indessen äussert sich diese Bestimmung nicht ausdrücklich dazu, ob eine unternehmerische Tätigkeit des Staates zulässig ist. 6.3.1 Nach der Botschaft zur Reform der Bundesverfassung spricht sich die Verfassung mit der Gewährleistung der Handels- und Gewerbefreiheit für eine grundsätzlich staatsfreie Wirtschaftsordnung aus, die auf dem Gedanken der Privatautonomie beruht und sich an marktwirtschaftlichen Prinzipien orientiert (BBl 1997 I 1, S. 174, 290). Wie sich aus dem Kontext ergibt, ist damit in erster Linie gemeint, dass die private Wirtschaft nicht ohne Rechtfertigung durch den Staat beschränkt wird; daneben wird wie in der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 125 I 431 E. 4b/aa S. 435; 121 I 279 E. 4a S. 285) der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität des staatlichen Handelns betont (BBl 1997 I 292, 294, 296). Dazu, ob der Staat unternehmerisch oder privatwirtschaftlich in Konkurrenz zu Privaten tätig sein kann, äussern sich die Materialien zur Bundesverfassung nicht ausdrücklich. In der parlamentarischen Beratung wurden zwar im Zusammenhang mit dem heutigen Art. 94 Abs. 4 BV die kantonalen Monopol-Gebäudeversicherungen diskutiert (Amtl. Bull. S 1998 238 ff.), aber nicht die Frage, ob sie oder andere Monopolbetriebe ausser im monopolisierten Bereich auch privatwirtschaftlich tätig sein können. Immerhin wurde im Zusammenhang mit dem heutigen Art. 92 BV (Post- und Fernmeldewesen) in der Botschaft ausgeführt, es sei Sache des Gesetzgebers, Monopol- und Wettbewerbsbereich näher zu konkretisieren (BBl 1997 I 271). 6.3.2 Die herrschende Lehre nimmt an, dass die Bundesverfassung einen Grundsatzentscheid für eine privatwirtschaftliche Wirtschaftsordnung enthält in dem Sinne, dass die wirtschaftliche Tätigkeit grundsätzlich den Privaten vorbehalten ist (AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, vol. II, 2. Aufl. 2006, S. 426; GIOVANNI BIAGGINI, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung, Rapports suisses présentés au XVème congrès international de droit comparé, 1998, S. 67 ff., 77; KRÄHENMANN, a.a.O., S. 161 f.; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/UHLMANN, a.a.O., S. 69 Rz. 63, S. 70 Rz. 69; KLAUS A. VALLENDER, Wirtschaftsfreiheit, in: Handbuch der Grundrechte VII/2, Grundrechte in der Schweiz und in Liechtenstein, 2007, S. 568 Rz. 47, S. 581 f.; VALLENDER/HETTICH/LEHNE, Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung, 4. Aufl. 2006, S. 188 f.; VOGEL, a.a.O., S. 108 f.) oder jedenfalls vom Staat nur zurückhaltend ausgeübt werden soll (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, S. 295; SCHLATTER, a.a.O., S. 30; PAUL RICHLI, Grundriss des schweizerischen Wirtschaftsverfassungsrechts, 2007, S. 55 Rz. 179; VALLENDER/HETTICH/LEHNE, a.a.O., S. 191 Rz. 179; VALLENDER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], a.a.O., N 6 zu Art. 94), dass aber eine unternehmerische Tätigkeit des Staates trotzdem grundsätzlich zulässig ist (BIAGGINI, a.a.O. [1998], S. 77; YVO HANGARTNER, Der Staat als Unternehmer, in: Festschrift 25 Jahre juristische Abschlüsse an der Universität St. Gallen [HSG], 2007, S. 237 ff., 240; BLAISE KNAPP, L'intervention de l'Etat dans l'économie, in: Festschrift Morand, 2001, S. 519 ff., 534, 536; KRÄHENMANN, a.a.O., S. 161; RHINOW, Kommentar [a]BV, Rz. 109 zu Art. 31; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/UHLMANN, a.a.O., S. 335; SCHLATTER, a.a.O., S. 30; SIDLER, a.a.O., S. 16; REICH, a.a.O., S. 487 f.; VOGEL, a.a.O., S. 128; a.M. SCHOTT, a.a.O., S. 442 f. Rz. 733 f.). Vorausgesetzt für unternehmerisches Handeln des Staates wird nach der Lehre eine formell-gesetzliche Grundlage (HANGARTNER, a.a.O., S. 241; KRÄHENMANN, a.a.O., S. 203 ff.; REICH, a.a.O., S. 486 f.; RICHLI, a.a.O. [2007], S. 55 Rz. 180; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/UHLMANN, a.a.O., S. 337; SCHLATTER, a.a.O., S. 32 f.; VOGEL, a.a.O., S. 138 ff.), was sich unabhängig vom Vorliegen eines Grundrechtseingriffs im Sinne von Art. 36 BV schon aus staatsorganisationsrechtlichen Gründen ergibt (RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/UHLMANN, a.a.O., S. 337 f.; VOGEL, a.a.O., S. 135 f.; vgl. E. 7 hiernach). Die privatwirtschaftliche Tätigkeit des Staates muss sodann im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein (Art. 5 Abs. 2 BV; HANGARTNER, a.a.O., S. 242 f.; KRÄHENMANN, a.a.O., S. 172 f.; LIENHARD, a.a.O., S. 168 f.; REICH, a.a.O., S. 486 f.; RICHLI, a.a.O. [2007], S. 55 Rz. 180; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/ UHLMANN, a.a.O., S. 340 ff.; SCHLATTER, a.a.O., S. 33 ff.; VOGEL, a.a.O., S. 145 ff.; vgl. E. 8 hiernach). Zudem soll sie wettbewerbsneutral bzw. nicht wettbewerbsverzerrend sein (Art. 94 BV; HANGARTNER, a.a.O., S. 240, 244 ff., KRÄHENMANN, a.a.O., S. 195 ff.; RICHLI, a.a.O. [2007], S. 55 f. Rz. 181; SCHOTT, a.a.O., S. 441 f.; SCHLATTER, a.a.O., S. 36, 38 ff.; UHLMANN, a.a.O., S. 192 ff.; VALLENDER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], a.a.O., N 6 zu Art. 94; VOGEL, a.a.O., S. 122 ff.). Sie muss deshalb den gleichen Wettbewerbsbedingungen unterworfen sein wie ein entsprechendes privates Unternehmen (BGE 130 I 96 E. 3.7 S. 104; 129 III 35 E. 5.3 S. 41; HANGARTNER, a.a.O., S. 245; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/UHLMANN, a.a.O., S. 348 Rz. 106; KNAPP, a.a.O. [2001], S. 534 f.; PATRICK SCHÖNBÄCHLER, Wettbewerbsneutralität staatlicher Massnahmen, 1998, S. 219; vgl. E. 9 hiernach). 6.3.3 Die grundsätzliche Zulässigkeit einer unternehmerischen Tätigkeit des Staates entspricht der gelebten Verfassungspraxis, was sich auch in der erwähnten Gewährleistung von Art. 48 KV/GL durch die Bundesversammlung ausdrückt (vgl. E. 5.3 hiervor). Sodann ist es allgemein- und gerichtsnotorisch, dass zahlreiche Kantone und Gemeinden seit jeher Unternehmen in Konkurrenz zu privatwirtschaftlich betriebenen Unternehmen besitzen oder betreiben (Spitäler und Heime, Gast-, Land- und Forstwirtschaftsbetriebe, Weingüter, Kellereien, touristische Anlagen, Sportanlagen, Banken usw.; vgl. KNAPP, a.a.O. [2001], S. 528 f.). Die Zulässigkeit gewerblicher Betriebe der öffentlichen Hand wird in Art. 61 Abs. 2 OR seit jeher vorausgesetzt (vgl. BGE 113 II 424 E. 1a S. 426). Hätte der Verfassungsgeber solche Tätigkeiten verbieten wollen, so hätte er dies angesichts der entgegenstehenden Rechtstradition ausdrücklich sagen müssen. Sodann sehen auch zahlreiche neuere Bundesgesetze vor, dass staatliche Unternehmen neben einem allfälligen Monopol- oder service-public-Bereich in Konkurrenz zur Privatwirtschaft weitere Tätigkeiten ausüben können (z.B. Art. 1 lit. g und Art. 14 des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum [IGEG; SR 172.010.31]; Art. 10 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über die Eidgenössischen Technischen Hochschulen [ETH-G; SR 414.110]; Art. 4 des Bundesgesetzes vom 18. Juni 1999 über die Meteorologie und Klimatologie [MetG; SR 429.1; vgl. dazu Urteil 2A.251/2005 vom 19. November 2005 E. 2.3 publ. in: sic! 2006 S. 260]; Art. 19 des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 2007 über Geoinformation [GeoIG; SR 510.62]; Art. 4 und Art. 9 des Postgesetzes vom 30. April 1997 [PG; SR 783.0; vgl. dazu BGE 129 III 35 E. 4 und E. 5 S. 37 ff.; Urteil 2P.154/2005 vom 14. Februar 2006 publ. in: StR 61/2006 S. 446] bzw. neu Art. 19 des Postgesetzes vom 17. Dezember 2010 [noch nicht in Kraft]; Art. 17a des Bundesgesetzes vom 9. Juni 1977 über das Messwesen [SR 941.20]; Bundesgesetz vom 10. Oktober 1997 über die Rüstungsunternehmen des Bundes [BGRB; SR 934.21]). Auch das Kartellrecht sieht ausdrücklich vor, dass es Unternehmen des öffentlichen Rechts gibt, die im Wettbewerb zu privaten Unternehmen stehen (Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen [Kartellgesetz, KG; SR 251]; vgl. BGE 137 II 199 E. 3.1 S. 205 f.; 129 II 497 E. 3.3.1 S. 515), und setzt damit die grundsätzliche Zulässigkeit solcher Unternehmen voraus. Die meisten dieser Gesetze wurden wenige Jahre vor oder nach der Beratung der Bundesverfassung verabschiedet; es ist nicht anzunehmen, dass die Bundesversammlung solche Gesetze erlassen hätte, wenn sie mit der etwa zeitgleich erlassenen Bundesverfassung unternehmerische Tätigkeiten des Staates hätte verbieten wollen. 7. Die gesetzliche Grundlage im Besondern Die Beschwerdeführer rügen eine ungenügende gesetzliche Grundlage und damit neben der Wirtschaftsfreiheit eine Verletzung des Legalitätsprinzips und der Gewaltenteilung, indem das angefochtene Gesetz den Tätigkeitsbereich der Glarnersach ungenügend präzis umschreibe. 7.1 Das Bundesgericht hat seit jeher das durch sämtliche Kantonsverfassungen explizit oder implizit garantierte Prinzip der Gewaltenteilung, welches die Einhaltung der verfassungsmässigen Zuständigkeitsordnung schützt, als verfassungsmässiges Individualrecht anerkannt. Dessen Inhalt ergibt sich in erster Linie aus dem kantonalen Recht. Für den Bereich der Rechtsetzung bedeutet der Grundsatz, dass generell-abstrakte Normen vom zuständigen Organ in der dafür vorgesehenen Form zu erlassen sind. In diesem Sinne sind nach Art. 73 KV/GL die gesetzgebende, die vollziehende und die richterliche Gewalt dem Grundsatz nach getrennt. Weder die Gewaltenteilung noch das Legalitätsprinzip verlangen aber, dass alle Regelungen im formellen Gesetz selber enthalten sind. Im Bund sind gemäss Art. 164 BV alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in Form des Bundesgesetzes zu erlassen (zu den dafür massgebenden Kriterien s. BGE 134 I 322 E. 2.6.3 S. 330; 133 II 331 E. 7.2.1 S. 347). Auch nach Art. 69 Abs. 1 KV/GL sind alle grundlegenden und wichtigen Bestimmungen durch die Landsgemeinde in der Form eines Gesetzes zu erlassen, sodass es sich rechtfertigt, die analogen Grundsätze wie zu Art. 164 BV anzuwenden (vgl. Urteil 2P.304/2005 vom 14. März 2006 E. 4.5 publ. in: ZBl 107/2006 S. 539). 7.2 Unbestritten ist der angefochtene Erlass ein formelles Gesetz. Umstritten ist dagegen, ob er die Versicherungen, welche die Glarnersach anbieten darf, genügend präzis bezeichnet. Das Legalitätsprinzip verlangt im Interesse der Rechtssicherheit und der rechtsgleichen Rechtsanwendung eine hinreichende und angemessene Bestimmtheit der anzuwendenden Rechtssätze. Dieses Gebot kann indes nicht in absoluter Weise verstanden werden und erlaubt, dass der Gesetzgeber allgemeine und vergleichsweise vage Begriffe verwendet, deren Auslegung und Anwendung der Praxis überlassen werden muss. Der Grad der erforderlichen Bestimmtheit lässt sich nicht abstrakt festlegen. Er hängt unter anderem von der Vielfalt der zu ordnenden Sachverhalte, von der Komplexität und der Vorhersehbarkeit der im Einzelfall erforderlichen Entscheidung, von den Normadressaten, von der Schwere des Eingriffs in Verfassungsrechte und von der erst bei der Konkretisierung im Einzelfall möglichen und sachgerechten Entscheidung ab (BGE 136 I 87 E. 3.1 S. 90 f.; 132 I 49 E. 6.2 S. 58 f.; 131 II 13 E. 6.5.1 S. 29). Die Anforderungen an die Bestimmtheit der formell-gesetzlichen Grundlage sind geringer, wenn es um den Bereich der Leistungsverwaltung oder um Tätigkeiten geht, die nach marktwirtschaftlichen Prinzipien geregelt werden (BGE 125 I 182 E. 4a S. 193; 121 I 230 E. 3g/aa S. 238). Insbesondere im Bereich der wirtschaftlichen Tätigkeit des Staates kann die gesetzliche Grundlage nicht zu detailliert sein, um die unternehmerische Tätigkeit nicht zu behindern, namentlich dann, wenn damit eine unabhängige staatliche Anstalt betraut wird (BGE 124 I 11 E. 7c S. 22; REICH, a.a.O., S. 487 Anm. 2387; SCHLATTER, a.a.O., S. 32, 38; VOGEL, a.a.O., S. 136). Die gesetzliche Grundlage muss aber zumindest den Sachbereich umschreiben, in welchem die Tätigkeit erfolgen soll (Spezialitätsprinzip; BIAGGINI, a.a.O. [2001], S. 241; REICH, a.a.O., S. 486 f.; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/ UHLMANN, a.a.O., S. 350 f.; SCHLATTER, a.a.O., S. 32 f., UHLMANN, a.a.O., S. 245 ff.; VOGEL, a.a.O., S. 140, 162 ff.). 7.3 Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Gesetz: Es legt für den Wettbewerbsbereich in Art. 55 Abs. 1 SachVG präzis die Haupttätigkeit der Glarnersach fest und ermächtigt sie in Absatz 2 derselben Bestimmung, weitere Versicherungen anzubieten, sofern diese mit den in Absatz 1 versicherten Sachen in Zusammenhang stehen. Dass innerhalb dieser Vorgaben die einzelnen anzubietenden Versicherungen vom Verwaltungsrat der Glarnersach selber festgesetzt werden können (Art. 55 Abs. 2 SachVG), liegt im Rahmen einer zulässigen unternehmerischen Flexibilität. Das Spezialitätsprinzip ist ohne Weiteres erfüllt. 8. Öffentliches Interesse und Verhältnismässigkeit im Besondern 8.1 Die Beschwerdeführer bestreiten das Vorliegen eines hinreichenden öffentlichen Interesses an einer staatlichen Versicherung, da die privaten Versicherungen den Bedarf nach Versicherungsleistungen ohne Weiteres abdecken könnten. Der ursprüngliche Grund für die Tätigkeit der Glarnersach im Nichtmonopolbereich habe darin bestanden, dass die Fahrhabeversicherung im Kanton Glarus obligatorisch, aber nicht monopolisiert gewesen sei, und sich früher die Privatassekuranz offenbar geweigert habe, solche Risiken zu decken, sodass hier die Glarnersach eingesprungen sei; nachdem mit dem neuen SachVG das Versicherungsobligatorium für Fahrhabe aufgehoben worden sei, bestehe diesbezüglich aber kein öffentliches Interesse mehr. Es fehle insbesondere an einem sozialpolitischen Interesse, weil die Glarnersach kaum niedrigere Prämien anbieten könne als die Privatassekuranz. Für die Tätigkeit im Nichtmonopolbereich liessen sich einzig finanzielle Interessen der Glarnersach erkennen, was kein ausreichendes öffentliches Interesse sei. Jedenfalls sei die Tätigkeit der Glarnersach im Nichtmonopolbereich nicht verhältnismässig, weil sie aus den genannten Gründen nicht erforderlich sei. 8.2 Da es vorliegend nicht um einen Eingriff in die individualrechtliche Wirtschaftsfreiheit geht (vgl. E. 6.2.3 hiervor), beurteilen sich das öffentliche Interesse und die Verhältnismässigkeit nicht nach Art. 36 Abs. 2 und Abs. 3 BV, sondern nach Art. 5 Abs. 2 BV. Dies hat materiellrechtliche und prozessuale Konsequenzen: Im Bereich von Grundrechtseinschränkungen muss das öffentliche Interesse das entgegenstehende Grundrechtsinteresse überwiegen, was vom Bundesgericht im Beschwerdefall - ebenso wie die Verhältnismässigkeit - frei überprüft wird (BGE 128 II 259 E. 3.3 S. 269 f.). Demgegenüber genügt nach Art. 5 Abs. 2 BV grundsätzlich jedes öffentliche Interesse; verlangt wird nur, dass die staatliche Tätigkeit nicht ausschliesslich privaten Interessen dient (BIAGGINI, a.a.O. [2007], N 15 zu Art. 5; HANGARTNER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], a.a.O., N 30 zu Art. 5). Zudem wird die Einhaltung der Grundsätze von Art. 5 Abs. 2 BV ausserhalb von Grundrechtseingriffen im Zusammenhang mit kantonalem Recht vom Bundesgericht nur auf Willkür hin überprüft (BGE 135 V 172 E. 7.3.2 S. 182; 134 I 153 E. 4 S. 156 ff.). 8.3 Die Auffassungen darüber, was im öffentlichen Interesse liegt, sind wandelbar und unterliegen einer politischen Wertung. Die Konkretisierung der massgeblichen öffentlichen Interessen obliegt daher in erster Linie dem politischen Prozess bzw. dem zuständigen Gesetzgeber (Urteil 2P.67/2004 vom 23. September 2004 E. 1.6, AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, a.a.O., S. 99 f.; BIAGGINI, a.a.O. [2007], N 18 zu Art. 5; FELIX HAFNER, Staatsaufgaben und öffentliche Interessen - ein (un)geklärtes Verhältnis? BJM 2004 S. 281 ff., 293 f., 296; PIERRE MOOR, Principes de l'activité étatique et responsabilité de l'Etat, in: Thürer/ Aubert/Müller [Hrsg.], Verfassungsrecht der Schweiz, 2001, S. 265 ff., S. 273 f. Rz. 42; REICH, a.a.O., S. 487; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/UHLMANN, a.a.O., S. 340 f. Rz. 76; UHLMANN, a.a.O., S. 225 f.; VOGEL, a.a.O., S. 144 ff.; RAINER SCHWEIZER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], a.a.O., N 20 zu Art. 36; MARTIN PHILIPP WYSS, Öffentliche Interessen - Interessen der Öffentlichkeit?, 2001, S. 148 ff.). Es gibt keinen positiven numerus clausus zulässiger öffentlicher Interessen, sondern nur negativ bestimmte Interessen, die unzulässig sind, weil sie der Verfassung zuwiderlaufen (KRÄHENMANN, a.a.O., S. 179 f.; PIERRE MOOR, Droit administratif, vol. III, 1992, S. 333; UHLMANN, a.a.O., S. 181; VOGEL, a.a.O., S. 146; WYSS, a.a.O., S. 262 ff.). Hat das Gesetz eine staatliche Aufgabe festgelegt, so ist diese im demokratischen Prozess als öffentliches Interesse bestimmt worden. Es ist alsdann nicht Sache des Bundesgerichts, diese Entscheidung als unzulässig zu erklären (vgl. Art. 3, 43 und 47 BV), solange das Gesetz nicht Interessen verfolgt, die verfassungsrechtlich nicht zulässig oder geradezu willkürlich sind. So wäre es mit Art. 94 BV unvereinbar und deshalb unzulässig, vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abzuweichen, ohne dass die Voraussetzungen von Art. 94 Abs. 4 BV erfüllt wären, das heisst wirtschafts- oder standespolitische Massnahmen zu treffen, welche den freien Wettbewerb behindern, um gewisse Gewerbezweige oder Bewirtschaftungsformen zu sichern oder zu begünstigen oder die privatwirtschaftliche Tätigkeit oder die Wettbewerbsordnung auszuschalten (BGE 131 I 223 E. 4.2 S. 231; MOOR, a.a.O. [2001], S. 273 Rz. 41; VOGEL, a.a.O., S. 150 f.; WYSS, a.a.O., S. 277 f.). 8.4 In der Lehre wird teilweise ein Subsidiaritätsprinzip postuliert in dem Sinne, dass eine staatliche unternehmerische Tätigkeit nur zulässig sei, wenn ein Marktversagen vorliegt oder die Privatwirtschaft nicht in der Lage ist, die Bedürfnisse der Bevölkerung abzudecken (BIAGGINI, a.a.O. [1998], S. 77 ff.; RICHLI, a.a.O. [1998], S. 260 ff., 295 f; ANDREAS LIENHARD, Deregulierung - Leitmotiv im Wirtschaftsverwaltungsrecht?, 1995, S. 138, 142 f.; PHILIPPE MASTRONARDI, Strukturprinzipien der Bundesverfassung? Beiheft 7 zur ZSR, 1988, S. 75 ff.; LEO SCHÜRMANN, Das Recht der gemischtwirtschaftlichen und öffentlichen Unternehmungen mit privatwirtschaftlicher Organisation, ZSR 1953 II 101a ff., 138a f.; ähnlich auch BEAT KLEINER, Legitimation des Staates zur Betätigung in Handel und Gewerbe, Fs. Hangartner, 1998, S. 831 ff., 836, 843 f.). Zwar mag zutreffen, dass staatliche Wirtschaftsunternehmen vor allem dort gegründet wurden und werden, wo Private ein Bedürfnis nicht abzudecken vermögen. Dass dies Voraussetzung für wirtschaftliches Handeln des Staates wäre, ergibt sich aber weder aus dem Wortlaut noch den Materialien zu Art. 94 BV (vgl. E. 6.3.1 hiervor) und stünde in Widerspruch zur gelebten Verfassungswirklichkeit (vgl. E. 6.3.3 hiervor). Es wäre zudem auch widersprüchlich, einerseits zu postulieren, dass unternehmerisches Staatshandeln unter gleichen Bedingungen erfolgen soll wie entsprechende Tätigkeiten Privater (vorne E. 6.3.2 in fine), andererseits aber staatliche Tätigkeit nur dann zuzulassen, wenn kein genügendes privates Angebot besteht: Mit dem Postulat der gleich langen Spiesse wird eine Konkurrenzsituation zwischen staatlichen und privaten Unternehmen vorausgesetzt, die nur dann bestehen kann, wenn neben dem staatlichen auch private Unternehmen am betreffenden Markt teilnehmen. Insgesamt ist das Subsidiaritätsprinzip im genannten Sinne eher ein wirtschaftspolitisches Leitbild als eine justiziable Rechtsregel (VOGEL, a.a.O., S. 28 f., 119 f.; KRÄHENMANN, a.a.O., S. 153 f.; POLTIER, a.a.O., S. 254; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/UHLMANN, a.a.O., S. 336 Rz. 60; PETER UEBERSAX, Privatisierung der Verwaltung, in: ZBl 2001 S. 393 ff., 401 f.; UHLMANN, a.a.O., S. 188 f.). Auch der am 28. November 2004 aufgenommene neue Art. 5a BV, dessen Verletzung von den Beschwerdeführern gar nicht gerügt wird, ist kaum mehr als eine staatspolitische Maxime (BIAGGINI, a.a.O. [2007], N 13 f. zu Art. 5a; SCHWEIZER/MÜLLER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/ Schweizer/Vallender [Hrsg.], a.a.O., N 15 zu Art. 5a; vgl. auch HEINRICH KOLLER, Subsidiarität als Verfassungsprinzip, Fs. Hangartner, 1998, S. 675 ff., 688, 693 f.) und bezieht sich zudem nach seiner Entstehungsgeschichte und Konzeption in erster Linie auf das Verhältnis zwischen den verschiedenen Staatsebenen, nicht auf das Verhältnis zwischen Staat und Privatwirtschaft (BIAGGINI, a.a.O. [2007], N. 1 ff. zu Art. 5a; SCHWEIZER/MÜLLER, a.a.O., passim). 8.5 Vorliegend hat der demokratisch legitimierte Gesetzgeber des Kantons Glarus mit dem angefochtenen Gesetz zum Ausdruck gebracht, dass er die schon bisher neben dem Monopolbereich ausgeübten Tätigkeiten der staatlichen Gebäudeversicherung (vgl. E. 3 hiervor) ausdehnen will, um die Geschäftstätigkeit zu vergrössern und Risiken und Kosten besser zu verteilen (Memorial für die Landsgemeinde des Kantons Glarus 2010, S. 31), was betriebswirtschaftlich sinnvoll sein kann und ohne Weiteres ein sachlich haltbares Ziel ist. Der Kanton will damit die Wettbewerbswirtschaft weder allgemein noch im Bereich der streitigen Versicherungen ausschalten, sondern unterstellt - im Gegenteil - die entsprechende Tätigkeit der Glarnersach dem Wettbewerb und (vorbehältlich bundesrechtlich vorgegebener Ausnahmen, vgl. E. 9.5 hiernach) den gleichen Regeln wie die private Konkurrenz (hinten E. 9). Die Beschwerdeführer machen auch nicht geltend, diese Tätigkeit würde dazu führen, dass im Kanton Glarus die entsprechenden Versicherungen auf privater Basis faktisch gar nicht mehr angeboten werden könnten, und solches ist auch nicht zu erwarten. Der blosse Umstand, dass der Kanton eine staatliche Versicherung wünscht bzw. deren Geschäftstätigkeit ausdehnt, steht deshalb gemäss dem vorne Gesagten (E. 6.3, E. 8.4) nicht im Widerspruch zur Wirtschaftsfreiheit und es ist dies auch nicht sachlich unhaltbar oder sinn- und zwecklos. Dass die Gründe für die kantonale Versicherung heute andere sein mögen als im 19. Jahrhundert, als die Glarnersach gegründet wurde, macht die heutigen Motive nicht verfassungswidrig. Dies ergibt sich auch nicht daraus, dass - wie von den Beschwerdeführern geltend gemacht - die Glarnersach angesichts ihrer Kostenstruktur kaum günstigere Prämien anbieten könne als die Privatassekuranz, sodass es an einem haltbaren sozialpolitischen Interesse fehle: Wenn nämlich das Angebot der Glarnersach nicht konkurrenzfähig ist, wird es im Wettbewerbsbereich von selber aus dem Markt verschwinden, sodass eine Aushöhlung der Privatwirtschaft erst recht nicht erfolgt. Es kann insoweit sogar von einem gewissen "Wettbewerb der Systeme" (zwischen Staats- und Privatunternehmen) gesprochen werden, der allenfalls eine wettbewerblich erwünschte disziplinierende Wirkung entfalten kann (vgl. in Bezug auf das Verhältnis zwischen Monopol- und Wettbewerbssystem: Vorabklärung des Sekretariats der Wettbewerbskommission zur Gebäudeversicherung in den liberalisierten Kantonen, RPW 2003/4 S. 741 ff., S. 752 Rz. 47). 8.6 Die Beschwerdeführer rügen, mit der streitigen Tätigkeit würden einzig finanzielle Interessen verfolgt, was ein unzulässiger Zweck sei. 8.6.1 Fiskalische Interessen bzw. das Interesse an staatlicher Mittelbeschaffung sind nur sehr beschränkt hinreichende Motive für die Einschränkung (individueller) Grundrechte (vgl. BGE 131 I 1 E. 3.3 S. 5; 118 Ia 410 E. 4a S. 413 f.; eingehend WYSS, a.a.O., S. 358 ff.), namentlich auch der Wirtschaftsfreiheit (BGE 128 I 3 E. 3a S. 9 f.; 124 I 11 E. 3b S. 15 f.; 119 Ia 41 E. 4c S. 44; 95 I 144 E. 4b S. 150 f.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., S. 127; UHLMANN, a.a.O., S. 233 f.). Im Übrigen stellen fiskalische Interessen aber ein zulässiges öffentliches Interesse im Sinne von Art. 5 Abs. 2 BV dar (BIAGGINI, a.a.O. [2007], N 16 zu Art. 5; HANGARTNER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], a.a.O., N 32 zu Art. 5; UHLMANN, a.a.O., S. 232 f.). Darüber, ob auch unternehmerisches Staatshandeln aus fiskalischen Gründen zulässig ist, besteht in der Literatur Uneinigkeit: Nach herrschender Lehre darf das öffentliche Interesse zwar nicht rein fiskalischer Natur sein, doch ist Gewinnorientierung als Nebenzweck staatlicher Wirtschaftstätigkeit zulässig (ETIENNE GRISEL, Liberté économique, 2006, S. 137 Rz. 287; PHILIPP HÄSLER, Geltung der Grundrechte für öffentliche Unternehmen, 2005, S. 33 f.; RICHLI, a.a.O. [2007], S. 56 Rz. 182; RHINOW/SCHMID/BIAGGINI/UHLMANN, a.a.O., S. 340 f.; KRÄHENMANN, a.a.O., S. 187 f.; MOOR, a.a.O. [1992], S. 334; SCHLATTER, a.a.O., S. 34 f.; SIDLER, a.a.O., S. 33; VOGEL, a.a.O., S. 155 f.). Eine andere Meinung folgert aus dem Grundsatz, dass dem privatwirtschaftlich tätigen staatlichen Unternehmen die gleichen Rechte und Pflichten zustehen sollen wie einem privaten, dass ein staatliches Unternehmen wie ein privates auch einen Gewinn soll erzielen können (HANGARTNER, a.a.O. [2007], S. 243; KRÄHENMANN, a.a.O., S. 186; SCHLATTER, a.a.O., S. 39 f.; UHLMANN, a.a.O., S. 193 ff.; im Ergebnis auch KNAPP, a.a.O. [1990], S. 261 f.). Die Rechtsprechung hat sich bisher zu fiskalischen Interessen im Zusammenhang mit Monopolen und anderen rechtlichen Einschränkungen der Wirtschaftsfreiheit geäussert (BGE 128 I 3 E. 3a S. 9 f.; 124 I 11 E. 4 f. S. 17 ff. mit Hinweisen), nicht aber im Zusammenhang mit privatwirtschaftlicher Tätigkeit im Wettbewerbsbereich (offen gelassen in BGE 120 II 321 E. 2d S. 326). 8.6.2 Die Frage, ob ein rein fiskalisches Interesse zulässig bzw. ausreichend ist, kann an dieser Stelle offen bleiben: Wie hiervor aufgezeigt, hat die Ausweitung der Geschäftstätigkeit der Glarnersach nicht zum Zweck, staatliche Mittel zu beschaffen, sondern sie erfolgt aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen (vgl. E. 8.5 am Anfang). Da die Glarnersach im Übrigen als selbständige juristische Person ein eigenes Vermögen hat (vgl. Art. 2 Abs. 3 SachVG) und das angefochtene Gesetz eine Gewinnablieferung an den Kanton nicht vorsieht (mit Ausnahme der statuierten Steuerpflicht im Bereich der Tätigkeit im Wettbewerb), kann im vorliegenden Fall von einem rein fiskalischen Interesse nicht gesprochen werden. Der blosse Umstand, dass die Glarnersach wie eine private Versicherung einen Gewinn anstrebt, macht ihre Tätigkeit jedenfalls nicht unzulässig. 8.7 Auch die Verhältnismässigkeit kann ausserhalb von Grundrechtseingriffen bzw. der Eingriffsverwaltung nicht die gleiche Tragweite haben wie im Rahmen von Art. 36 Abs. 3 BV (RENÉ RHINOW, Die Bundesverfassung 2000, S. 174; AUBERT/MAHON, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999, 2003, N 13 zu Art. 5; HANGARTNER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], a.a.O., N 35 zu Art. 5). Massgebend ist, ob die staatliche Wirtschaftstätigkeit den objektivrechtlichen Gehalt der Wirtschaftsfreiheit beeinträchtigt (UHLMANN, a.a.O., S. 175 f.; VOGEL, a.a.O., S. 159 f.). Diese könnte dann verletzt sein, wenn der Kanton ohne zwingendes öffentliches Interesse einen wesentlichen Teil der Wirtschaft mit staatlichen Unternehmen kontrollieren würde, weil damit der verfassungsrechtliche Grundsatzentscheid für eine private Wirtschaft unterlaufen und diese ausgehöhlt würde (HANGARTNER, a.a.O. [2007], S. 243; YVO HANGARTNER, Das Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit, in: recht 2002 S. 53 ff., 55; KRÄHENMANN, a.a.O., S. 162; vgl. in Bezug auf die Eigentumsgarantie: Urteil des Bundesgerichts vom 17. Juni 1959, publ. in: ZBl 1960 S. 281, E. 6b). Solches wird aber von den Beschwerdeführern nicht vorgebracht. In der Beschwerde wird im Gegenteil sogar ins Feld geführt, die Glarnersach könne nicht günstigere Prämien anbieten als die Privatassekuranz. Wenn es sich so verhält, wäre ohnehin nicht damit zu rechnen, dass die Glarnersach die privaten Versicherer aus dem Markt verdrängen könnte. 9. Wettbewerbsneutralität 9.1 Die herrschende Lehre leitet aus der Wirtschaftsfreiheit bzw. dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität ab, dass öffentliche Unternehmen, die teilweise in einem Monopolbereich, teilweise im Wettbewerbsbereich tätig sind, diese beiden Bereiche kalkulatorisch trennen müssen und systematische Quersubventionierungen des Wettbewerbsbereichs aus dem Monopolbereich unzulässig sind (HANGARTNER, a.a.O. [2007], S. 245, [2002], S. 55; REICH, a.a.O., S. 464 Rz. 871; UHLMANN, a.a.O., S. 213 f., 217, 222; VALLENDER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], a.a.O., N 6 zu Art. 94; VOGEL, a.a.O., S. 211). Diese Auffassung überzeugt. Die Wirtschaftsfreiheit schützt zwar nicht vor Konkurrenz, und der private Wettbewerbsteilnehmer kann sich deshalb nicht dagegen zur Wehr setzen, dass der Staat selber unternehmerisch tätig wird und zu ihm in Konkurrenz tritt. Das gilt jedoch nur, wenn der Staat dabei den gleichen Regeln wie die privaten Wettbewerbsteilnehmer unterworfen ist, er also bei seiner wettbewerblichen Tätigkeit keine Sonderrechte beansprucht. Diese Voraussetzung ist bei Quersubventionierungen zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereich eines Staatsbetriebs nicht erfüllt. Eine Quersubventionierung ist deshalb unzulässig, soweit sie in systematischer Weise erfolgt und daher geeignet ist, den freien Wettbewerb zu verfälschen. Von dieser verfassungsrechtlichen Beurteilung gehen auch neuere Bundesgesetze aus, die eine unternehmerische Staatstätigkeit vorsehen, aber ausdrückliche Bestimmungen enthalten, wonach Quersubventionierungen unzulässig sind bzw. der Wettbewerb nicht verfälscht werden darf (Art. 10 Abs. 2 ETH-G; Art. 4 Abs. 3 MetG; Art. 9 Abs. 4 PG; Art. 19 Abs. 3 GeoIG; Art. 17a Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 9. Juni 1977 über das Messwesen [SR 941.20]). Im Nachfolgenden ist daher zu prüfen, ob das Verbot der Quersubventionierung hier beachtet worden ist. 9.2 Die Beschwerdeführer sind der Meinung, zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und Quersubventionierungen müsse der Nichtmonopolbereich der Glarnersach in eine selbständige (Tochter-) Gesellschaft ausgelagert werden. Dies wäre zwar eine denkbare Lösung, doch ist ein solches Vorgehen jedenfalls nicht verfassungsrechtlich vorgeschrieben, da die finanzielle Trennung von Geschäftsbereichen auch innerhalb ein und derselben juristischen Person möglich ist. Das ist bei der Glarnersach der Fall: Ein Verbot der Quersubventionierung vom Monopol- zum Wettbewerbsbereich ist zwar im Gesetz nicht ausdrücklich festgelegt. Nach Art. 11 Abs. 1 SachVG wird aber die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage getrennt nach den Aufgabengebieten dargelegt. Nach den Materialien und den Ausführungen des Beschwerdegegners, auf denen dieser zu behaften ist, wird damit ein Verbot der Quersubventionierung gemeint. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass diese Trennung in der Praxis missachtet würde. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass die Glarnersach nach Art. 2 Abs. 3 SachVG für ihre Verbindlichkeiten mit ihrem Vermögen haftet. Dies könnte zwar theoretisch dazu führen, dass bei einer Unterdeckung des Wettbewerbsbereichs dessen Verluste aus dem Monopolbereich gedeckt werden müssten, falls die Reserven des Wettbewerbsbereichs erschöpft wären. Die blosse Befürchtung, dass sich eine solche Haftung der Glarnersach realisieren könnte, stellt jedoch noch keine systematische Quersubventionierung dar. 9.3 Die Beschwerdeführer machen geltend, eine Quersubventionierung liege vor, weil die Personal- und Sachkosten der Glarnersach nicht gemäss effektivem Aufwand dem Monopol- und dem Wettbewerbsbereich zugewiesen würden. 9.3.1 Der Beschwerdegegner hat in seiner Vernehmlassung dargelegt, die Kosten würden nach einem bestimmten Schlüssel sachgerecht auf die beiden Bereiche verlegt. Er hat dazu den am 25. August 2010 angepassten "FIBU-Aufteilungsschlüssel" vorgelegt, diesen aber als Geschäftsgeheimnis bezeichnet. Die Beschwerdeführer haben in der Replik die Herausgabe dieser Unterlagen beantragt, was der Beschwerdegegner in der Duplik abgelehnt hat. Das Bundesgericht hat den Beschwerdeführern gestützt auf Art. 56 Abs. 2 und Abs. 3 BGG die Einsicht in diese Akten verweigert, ihnen aber den wesentlichen Inhalt mitgeteilt. 9.3.2 Aus diesem Aufteilungsschlüssel geht hervor, dass der Wettbewerbsbereich per 1. Januar 2009 in den Sparten Feuer und Elementar-Versicherung nur 12,7 % des gesamten Versicherungskapitals der Glarnersach umfasst, in der Sparte Erdbebenversicherung nur 2,6 %. Der Schadenaufwand (Feuer und Elementar) beträgt im Wettbewerbsbereich über einen Zeitraum von 10 Jahren gemittelt 16,6 % des gesamten Schadenaufwands. In Bezug auf die Finanzbuchungen beträgt der Anteil des Wettbewerbsbereichs 37,4 %, in Bezug auf die Schadenfälle 57,0 % und in Bezug auf den Policen- und Dossierbestand 28,5 %. Die Personalkosten werden zu 45,5 % dem Wettbewerbsbereich zugeordnet, die Mietkosten zu 45,0 %. Die Beschwerdeführer machen in ihrer Eingabe vom 11. November 2011 geltend, diese Zusammenstellung bestätige, dass eine scharfe verursachergerechte Zuteilung der Kosten nicht möglich sei, sodass auf das Hilfsmittel eines Kostenverteilschlüssels zurückgegriffen werde, der zudem jederzeit abgeändert werden könne und so eine Quersubventionierung nicht verlässlich ausschliesse, zumal die Schadenanteile relativ volatil seien. 9.3.3 Es mag zutreffen, dass die Kostenanteile von Monopol- bzw. Wettbewerbsbereich nicht ganz genau verursachergerecht festgelegt werden können. Die zitierten Zahlen lassen aber erkennen, dass die Glarnersach sich bemüht, nach besten verfügbaren Schätzungen die Kostenanteile zu bestimmen. Indem der Kostenanteil des Wettbewerbsbereichs auf rund 45 % festgelegt wurde, obwohl dieser Bereich in den meisten anderen Kennzahlen einen bedeutend tieferen Anteil hat, erscheint eine unzulässige Quersubventionierung zugunsten des Wettbewerbsbereichs jedenfalls als wenig plausibel, selbst wenn hier pro Police oder Schadenfall allenfalls höhere Kosten anfallen als im Monopolbereich. Im Übrigen ist es Sache der Aufsichts- oder Wettbewerbsbehörden, mit den ihnen zustehenden gesetzlichen Mitteln (Art. 14 f. SachVG; Art, 7 KG) eine korrekte Kostenverteilung zu überprüfen und allenfalls zu erzwingen (vgl. E. 9.4 hiernach). Die blosse theoretische Möglichkeit einer Quersubventionierung genügt jedenfalls im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle nicht, um das Gesetz aufzuheben (vgl. E. 2.3 hiervor). 9.4 Die Verbindung von Monopol- oder Hoheitsverwaltung einerseits und Wettbewerbstätigkeit andererseits kann auch in anderer als rein finanzieller Hinsicht die Gefahr einer gewissen Wettbewerbsverzerrung in sich bergen, etwa wenn das staatliche Unternehmen aufgrund seiner Monopoltätigkeit im Verkehr mit den Kunden einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz hat (BIAGGINI/GÄCHTER/KIENER, a.a.O., S. 489 Rz. 7; vgl. Urteil 2P.436/1997 vom 5. Februar 1999 E. 3d und E. 3e publ. in: ZBl 101/2000 S. 383). Namentlich mag die Glarnersach faktisch einen gewissen Wettbewerbsvorteil haben, indem sie infolge ihres Monopols für die Gebäudeversicherung (ausgenommen Fabrik- und Hotelliegenschaften; Art. 19 Abs. 2 SachVG) bereits von Gesetzes wegen mit allen Gebäudeeigentümern im Kontakt steht und deshalb bei der Akquisition für andere Versicherungszweige gegebenenfalls bereits vorhandene Daten nutzen oder Kombiprodukte anbieten kann (VOGEL, a.a.O., S. 211, 242 f.; vgl. die zitierte Vorabklärung des Sekretariats der Wettbewerbskommission, Ziff. 166). Eine rechtliche Bevorzugung der Glarnersach besteht in dieser Hinsicht freilich nicht. Die faktische Bevorzugung dürfte zudem bescheiden sein, da sie sich auf den Anfangskontakt beschränkt. Eine ins Gewicht fallende Wettbewerbsverzerrung ist unter diesen Umständen nicht zu erwarten. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass die Glarnersach im Wettbewerbsbereich uneingeschränkt dem Wettbewerbsrecht und insbesondere der Kartellgesetzgebung untersteht (Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 [e contrario] KG; vgl. BGE 137 II 199 E. 3.1 S. 205 f.; 129 II 497 E. 3.3 S. 514 ff.). Sollte die Glarnersach durch ihre Geschäftstätigkeit gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen verstossen, so könnte ein solches Verhalten mit den dafür vorgesehenen Mitteln des Kartellgesetzes geahndet werden, wie dies die bereits erwähnte Vorabklärung des Sekretariats der Wettbewerbskommission betreffend die Gebäudeversicherung Bern (GVB) zeigt. Dass die Glarner Regelung nicht in allen Punkten der von der GVB abgegebenen Verpflichtungserklärung (Ziff. 167 der Vorabklärung) entspricht (z.B. nicht getrennte Leitungsorgane), bedeutet nicht automatisch, dass sie wettbewerbsrechtswidrig ist, sodass jedenfalls im Rahmen der vorliegenden abstrakten Normenkontrolle kein Grund besteht, sie aufzuheben (vgl. vorne E. 2.3). 9.5 Sodann erblicken die Beschwerdeführer eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsneutralität auch im Umstand, dass die Glarnersach nicht der Versicherungsaufsicht gemäss dem Versicherungsaufsichtsgesetz unterstellt sei und dementsprechend nicht die damit verbundenen Kosten tragen müsse. Namentlich müsse sie im Unterschied zu den Privatversicherern nicht die strengen Eigenkapitalvorschriften gemäss Art. 9 VAG bzw. Art. 21 ff. der Verordnung vom 9. November 2005 über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen (Aufsichtsverordnung, AVO; SR 961.011) beachten. Die eidgenössische Versicherungsaufsicht bezieht sich - auch wenn das im VAG im Unterschied zu Art. 1 des aufgehobenen Bundesgesetz vom 23. Juni 1978 betreffend die Aufsicht über die privaten Versicherungseinrichtungen (aVAG; AS 1978 1836; in Kraft gewesen bis zum 31. Dezember 2005) nicht mehr ausdrücklich gesagt wird - nur auf die Privatversicherung (Art. 98 Abs. 3 BV; Botschaft zum VAG, BBl 2003 3807 f.) und somit nicht auf die öffentlichen Versicherungen (WEBER/UMBACH, Versicherungsaufsichtsrecht, 2006, S. 42 Rz. 6, S. 53 Rz. 3 f.; VALLENDER/HETTICH/LEHNE, a.a.O., S. 617). Zwar ist fraglich, ob sich diese Einschränkung auf das Versicherungsunternehmen bzw. dessen Trägerschaft oder auf die Natur des Versicherungsverhältnisses bezieht. Diese Unterscheidung wirkt sich namentlich dann aus, wenn eine öffentliche Anstalt - wie im vorliegenden Fall - auch Versicherungen anbietet, welche nicht auf öffentlichem Recht, sondern auf einem privatrechtlichen Versicherungsvertrag beruhen. Indessen erscheint eine geteilte Aufsicht über dasselbe Versicherungsunternehmen, wie sie mit einer Anknüpfung an die Natur des konkreten Versicherungsverhältnisses verbunden wäre, nicht als sinnvoll. Sachgerecht ist es vielmehr, im Zusammenhang mit der Unterscheidung zwischen Privatversicherung und öffentlichen Versicherungen auf den Träger der Versicherung abzustellen. Als Folge hiervon untersteht die Glarnersach auch im Wettbewerbsbereich nicht der Aufsicht gemäss VAG. Sie unterliegt hingegen gemäss Art. 11 Abs. 2 SachVG einer externen Revision, welche die Geschäftstätigkeit auf Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, der anerkannten Standards und der versicherungstechnischen Grundsätze überprüft. Zudem unterliegt sie gemäss Art. 14 und Art. 15 SachVG der Aufsicht durch den Regierungsrat und der Oberaufsicht durch den Landrat des Kantons Glarus. Der Regierungsrat hat am 8. Februar 2011 die Verordnung über die Aufsicht des Regierungsrates bei der Kantonalen Sachversicherung (VAGL) erlassen, die am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist (Amtsblatt des Kantons Glarus vom 17. Februar 2011). Gemäss Art. 4 VAGL prüft die beauftragte Revisionsstelle für jeden Aufgabenbereich getrennt die Einhaltung der versicherungstechnischen Grundsätze; die Prüfung umfasst das Vorhandensein von genügend Kapital, Rückstellungen und Reserven. Die Festlegung dieser Werte richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen der Bundesgesetzgebung zur Versicherungsaufsicht, insbesondere zum Schweizer Solvenztest als ergänzendes kantonales Recht (Art. 4 Abs. 3 VAGL). Damit ist die aufsichtsrechtliche Regelung der Glarnersach mit jener über die Privatversicherung vergleichbar und es besteht insoweit keine Wettbewerbsverzerrung. 9.6 Auch in anderer Hinsicht besteht keine Privilegierung der Glarnersach: Nach Art. 60 SachVG ist die Glarnersach im Rahmen der Versicherung im Wettbewerb steuerpflichtig und damit der privaten Konkurrenz gleichgestellt. Wenn die Beschwerdeführer geltend machen, die Glarnersach könne im Rahmen des Gesetzes selber bestimmen, welche zusätzlichen Versicherungen sie anbieten wolle, so trifft das zwar zu, stellt aber keine Wettbewerbsverzerrung dar, denn dasselbe gilt auch für die privaten Konkurrenten der Glarnersach. 9.7 Insgesamt verstossen die angefochtenen Gesetzesbestimmungen nicht gegen die Wirtschaftsfreiheit. 10. Versicherungsabkommen Schweiz-EU 10.1 Gemäss Art. 3 i.V.m. Anhang 2 Bst. D Ziff. 1 lit. g des Versicherungsabkommens fällt (u.a.) die Kantonale Sachversicherung Glarus nicht unter das Abkommen, sofern ihre durch die Satzung festgelegte (territoriale und sachliche) Zuständigkeit nicht geändert wird. Die Beschwerdeführer bringen vor, die Glarnersach habe durch das neue Gesetz ihre sachliche und territoriale Zuständigkeit verändert, falle daher unter das Abkommen und müsse folglich eine Rechtsform gemäss dessen Art. 9 i.V.m. Anhang 3 aufweisen (Aktiengesellschaft oder Genossenschaft) und die Solvabilitätsvoraussetzungen gemäss Art. 16 ff. des Abkommens erfüllen. Der Beschwerdegegner bestreitet demgegenüber, dass die Tätigkeit der Glarnersach durch das angefochtene Gesetz ausgedehnt wird. Die Frage kann aus den nachfolgenden Gründen offen bleiben. 10.2 Das Versicherungsabkommen hat nach seinem Art. 1 zum Ziel, auf der Grundlage der Gegenseitigkeit die Bedingungen zu regeln, die erforderlich und hinreichend sind, um Agenturen und Zweigniederlassungen von Unternehmen, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei haben und sich im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei niederlassen wollen oder dort bereits niedergelassen sind, die Aufnahme oder Ausübung der selbständigen Tätigkeit der Direktversicherung, mit Ausnahme der Lebensversicherung, zu ermöglichen (vgl. auch Botschaft zum Abkommen, BBl 1991 IV 1, S. 7 f., 11, 13 f.). Aus dieser Zielsetzung folgt, dass das ganze Abkommen einzig die grenzüberschreitende Tätigkeit der Versicherungen regelt; innerstaatliche Sachverhalte sind nur im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Aspekt erfasst, soweit nicht der schweizerische Gesetzgeber unabhängig von dieser Zielsetzung parallel analoge Bestimmungen erlässt (vgl. BBl 1991 IV 15). Der Umstand, dass die in Anhang 2 Bst. D genannten Versicherungen nicht unter das Abkommen fallen, bedeutet demnach, dass diese Monopolversicherungen weiterhin auch im Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU zulässig sind und die entsprechenden Versicherungsbereiche mithin den Versicherungsunternehmen aus der jeweils anderen Vertragspartei nicht zugänglich sind. Dadurch wird nicht ausgeschlossen, dass die genannten Versicherungen ihre Tätigkeitsbereiche im Wettbewerb - und damit in Konkurrenz auch zu den Versicherungsunternehmen aus der EU - erweitern. Sie unterstehen den Anforderungen des Abkommens einzig soweit sie in der EU tätig sein wollen. Wenn die Glarnersach die Anforderungen des Abkommens (z.B. bezüglich Rechtsform [Art. 9 und Anhang 3 Bst. A] oder Solvabilitätsspanne [Art. 16 und Protokoll Nr. 1]) nicht einhält, hat das mithin bloss zur Folge, dass sie allenfalls in der EU nicht zugelassen wird. Es hat dies aber keine Bedeutung für ihre Tätigkeit innerhalb der Schweiz. 11. Derogatorische Kraft des Bundesrechts Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts in zweierlei Hinsicht: 11.1 Einerseits machen sie geltend, indem der kantonale Gesetzgeber einer staatlichen Unternehmung erlaube, Versicherungen im Wettbewerb anzubieten, ohne die Vorschriften des VAG einzuhalten, würden dieses Gesetz sowie Art. 98 Abs. 3 BV verletzt. Wie dargelegt (vgl. E. 9.5 hiervor), ist jedoch das VAG gemäss Art. 98 Abs. 3 BV auf die kantonalen Versicherungen nicht anwendbar, sodass der Kanton kein Bundesrecht verletzt, wenn er seine Versicherung nicht diesem Gesetz unterstellt. 11.2 Andererseits führen die Beschwerdeführer ins Feld, die von der Glarnersach im Wettbewerbsbereich abgeschlossenen Versicherungsverträge würden dem Versicherungsvertragsgesetz unterliegen. Art. 59 SachVG trage diesem Umstand nicht Rechnung, indem diese Bestimmung vorsehe, dass das VVG nicht direkt als Bundesrecht, sondern nur als ergänzendes kantonales Recht zur Anwendung komme, was Bundesrecht verletze. 11.2.1 Tritt eine kantonale Unternehmung als Privatrechtssubjekt und im Wettbewerb zu Privaten auf, so hat sie sich aus Gründen der Wettbewerbsneutralität wie auch wegen des Vorrangs des Bundesrechts grundsätzlich der Formen des Bundesprivatrechts zu bedienen (Art. 61 Abs. 2 OR; BGE 120 II 321 E. 2h S. 329; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., S. 62 Rz. 283 f.; KNAPP, a.a.O. [2001], S. 535; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 380 f. Rz. 5 und Rz. 7; VOGEL, a.a.O., S. 213 f.; vgl. auch BGE 129 III 35 E. 5.3 und E. 6 S. 41 ff.), soweit dieses nicht (wie z.B. bezüglich der Rechtsform, Art. 59 ZGB) einen Vorbehalt zu Gunsten des kantonalen Rechts enthält. 11.2.2 Nach dem Wortlaut von Art. 59 SachVG gelten "im Übrigen" für die Versicherung im Wettbewerb "ergänzend und sinngemäss" die materiellen Bestimmungen der Bundesgesetzgebung über den Versicherungsvertrag. Wie sich aus den vom Beschwerdegegner dargelegten Materialien ergibt, war im Vernehmlassungsentwurf ursprünglich vorgesehen gewesen, das Verhältnis zwischen der Glarnersach und den Versicherungsnehmern auch im Wettbewerbsbereich öffentlich-rechtlich zu regeln und das Versicherungsvertragsgesetz nur als subsidiäres kantonales Recht für anwendbar zu erklären; diese Formulierung wurde aber in der Folge verändert, um zum Ausdruck zu bringen, dass der Vertrag dem (Bundes)Zivilrecht untersteht. Das wird dadurch bekräftigt, dass gemäss Art. 70 SachVG die Forderungen aus Versicherung im Wettbewerb im zivilrechtlichen Verfahren geltend zu machen sind. Art. 59 SachVG kann ohne Weiteres in dem Sinne verfassungskonform (vgl. E. 2.3 hiervor) ausgelegt werden, dass der Vertrag nicht nur sinngemäss, sondern direkt dem VVG unterstellt ist. Missverständlich mag allenfalls erscheinen, dass - vermutlich als Relikt aus der ursprünglich vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Konstruktion - nach wie vor in Art. 57 SachVG der Versicherungsantrag und in Art. 58 SachVG die Versicherungsbestätigung (Police) geregelt werden. Da diese Fragen bereits im Versicherungsvertragsgesetz geregelt sind (Art. 1 ff. und Art. 11 ff. VVG), ist eine entsprechende Regelung im kantonalen Gesetz überflüssig. Die Beschwerdeführer rügen aber nicht in rechtsgenüglicher Form die Bundesrechtswidrigkeit dieser beiden Bestimmungen, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist. Zudem sind diese beiden Artikel zwar weniger detailliert als die entsprechenden Bestimmungen im VVG, enthalten aber nichts, was zu diesen im Widerspruch stünde, sodass ein Rechtsanwendungskonflikt ohnehin nicht zu erwarten ist. 12. Kosten- und Entschädigungsfolgen Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde unbegründet und somit abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang tragen die Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten unter solidarischer Haftbarkeit (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Der Kanton Glarus, welcher in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegte, hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). Zwar lässt das Gesetz diesbezüglich Raum für eine ausnahmsweise Zusprechung von Parteientschädigungen, doch ist von dieser Möglichkeit nur zurückhaltend Gebrauch zu machen, so etwa im Falle mutwilliger oder querulatorischer Prozessführung (BGE 126 V 143 E. 4b S. 150 f.; GEISER, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], Bundesgerichtsgesetz - Basler Kommentar, 2. Aufl. 2011, N 21 zu Art. 68). Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 20'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 3. Juli 2012 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Zähndler
af7bbe46-f443-49f4-ae52-5a10ddfbeda6
de
2,011
CH_BGer_001
Federation
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nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Mit Beschluss vom 10. Mai 2010 verabschiedete der Kantonsrat des Kantons Zürich das kantonale Gesetz über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess (GOG/ZH; LS 211.1). Mit demselben Beschluss hob er das Gerichtsverfassungsgesetz des Kantons Zürich vom 13. Juni 1976 (GVG/ZH; LS 211.1) auf. Nach unbenütztem Ablauf der Referendumsfrist wurde die Rechtskraft des Beschlusses vom 10. Mai 2010 im Amtsblatt des Kantons Zürich vom 30. Juli 2010 publiziert. In § 36 Abs. 3 GOG/ZH wird die Wählbarkeit der Handelsrichter wie folgt geregelt: "Wählbar ist, wer in einem Unternehmen als Inhaberin oder Inhaber oder in leitender Stellung tätig ist oder während mindestens zehn Jahren eine solche Stellung bekleidet hat." B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 14. September 2010 beantragen Markus Bischoff, Kaspar Bütikofer und Judith Stofer, § 36 Abs. 3 GOG/ZH sei aufzuheben. Sie rügen die Verletzung von Art. 40 Abs. 1 der Zürcher Kantonsverfassung (KV/ZH; SR 131.211) sowie des Wahlrechts (politische Rechte). C. Die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich stellt namens des Regierungsrats des Kantons Zürich den Antrag, die Beschwerde sei abzuweisen. In weiteren Eingaben halten die Beschwerdeführenden sowie die Direktion der Justiz und des Innern an ihren Anträgen und deren Begründung fest. D. Mit Verfügung vom 7. Dezember 2010 wurde ein Gesuch der Beschwerdeführenden um aufschiebende Wirkung abgewiesen.
Erwägungen: 1. 1.1 Angefochten ist die Bestimmung über die Wählbarkeit der Handelsrichter in § 36 Abs. 3 GOG/ZH. Es handelt sich dabei um einen kantonalen Erlass über das passive Wahlrecht zu einer sogenannten indirekten Wahl durch das Parlament. In diesen Fällen steht nicht die Beschwerde wegen Verletzung politischer Rechte zur Verfügung, da diese lediglich bei Volkswahlen in Betracht fällt (Art. 82 lit. c BGG; BGE 131 I 366 E. 2.1; 119 Ia 167 E. 1a; GEROLD STEINMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 82, 87 zu Art. 82 BGG). Die kritisierte Gesetzesbestimmung unterliegt der Beschwerde gegen kantonale Erlasse im Sinne von Art. 82 lit. b BGG. 1.2 Gemäss dem umstrittenen § 36 Abs. 3 GOG/ZH sollen dieselben Wählbarkeitsvoraussetzungen wie bereits früher nach § 59 Abs. 2 GVG/ZH gelten. Das GOG/ZH ersetzt das GVG/ZH vollständig. Es liegt somit eine Totalrevision dieses Gesetzes vor, weshalb jede Bestimmung des neuen Gesetzes der abstrakten Normenkontrolle unterzogen werden kann (BGE 135 I 28 E. 3.1.1 S. 31 mit Hinweisen). Im Gesetzgebungsverfahren wurde überdies die Zulässigkeit der Wählbarkeitsvoraussetzungen diskutiert und von einer Mehrheit der Mitglieder des Kantonsrats bejaht. Es liegt somit ein neuer Beschluss über die Wählbarkeitsvoraussetzungen vor, der im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle auch überpüft werden könnte, wenn keine Totalrevision vorläge (vgl. BGE 135 I 28 E. 3.1.2 S. 31 f. mit Hinweisen). 1.3 Die Beschwerdeführenden beanstanden eine Verletzung von § 40 Abs. 1 KV/ZH, welcher unter anderem die Wählbarkeit in die obersten kantonalen Gerichte regelt. Nach Art. 95 lit. c BGG kann mit der Beschwerde die Verletzung von kantonalen verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. 1.3.1 Weder die Bundesverfassung noch das Bundesgerichtsgesetz umschreiben im Einzelnen, was unter verfassungsmässigen Rechten zu verstehen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, dem die Konkretisierung dieses Begriffes obliegt, gelten als verfassungsmässige Rechte Verfassungsbestimmungen, die dem Bürger einen Schutzbereich gegen staatliche Eingriffe sichern wollen oder welche, obwohl vorwiegend im öffentlichen Interesse erlassen, daneben auch noch individuelle Interessen schützen. Bei der Bestimmung des Vorliegens von verfassungsmässigen Rechten stellt das Bundesgericht insbesondere auf das Rechtsschutzbedürfnis und die Justiziabilität ab (BGE 131 I 366 E. 2.2 S. 367 f. mit Hinweisen). Nach der Doktrin gelten als verfassungsmässige Rechte justiziable Rechtsansprüche, die nicht ausschliesslich öffentliche Interessen, sondern auch Interessen und Schutzbedürfnisse des Einzelnen betreffen und deren Gewicht so gross ist, dass sie nach dem Willen des demokratischen Verfassungsgebers verfassungsrechtlichen Schutzes bedürfen. Zu den verfassungsmässigen Rechten in diesem Sinne gehören solche gemäss Bundesverfassungsrecht, Europäischer Menschenrechtskonvention und andern Menschenrechtspakten wie auch die durch die Kantonsverfassungen gewährleisteten Rechte. Vorschriften organisatorischer Natur oder Bestimmungen mit bloss programmatischem Charakter erfüllen diese Anforderungen nicht (BGE 131 I 366 E. 2.2 S. 367 f.; 103 Ia 394 E. 2a S. 298 f.; je mit Hinweisen; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl. 1994, S. 67; Botschaft zur neuen Bundesverfassung, BBl 1997 I S. 425; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER/HELEN KELLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. Aufl. 2008, Rz. 1972 ff.; WALTER HALLER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 2. Aufl. 2008, Rz. 43 ff. zu Art. 189 BV; MARKUS SCHOTT, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 56 zu Art. 95; GIOVANNI BIAGGINI, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 27 zu Art. 116 BGG). 1.3.2 Nach Art. 40 Abs. 1 KV/ZH kann in den Kantonsrat, den Regierungsrat, die obersten kantonalen Gerichte und den Ständerat gewählt werden, wer in kantonalen Angelegenheiten stimmberechtigt ist. Wer in die übrigen Behörden gewählt werden kann, bestimmt das Gesetz. Der Gehalt dieser Verfassungsbestimmung ist nach den üblichen Auslegungsregeln zu ermitteln (BGE 131 I 366 E. 2.3 S. 368; 131 II 697 E. 4.1 S. 702 f.; HÄFELIN/HALLER/KELLER, a.a.O., N. 91 ff.). Aus dem Wortlaut von Satz 1 der Bestimmung ergibt sich klar, dass in die obersten kantonalen Gerichte gewählt werden kann, wer in kantonalen Angelegenheiten stimmberechtigt ist. Die obersten kantonalen Gerichte sind nach § 74 Abs. 2 KV/ZH das Kassationsgericht, das Obergericht, das Verwaltungsgericht und das Sozialversicherungsgericht. Das Handelsgericht ist Teil des Obergerichts. Es besteht aus Mitgliedern des Obergerichts sowie den Handelsrichterinnen und -richtern (§ 38 Abs. 1 Satz 2 GOG/ZH) und entscheidet in Zivilsachen als einzige obere kantonale Instanz (Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG; BGE 136 I 207 E. 3.5.2 S. 214 mit Hinweisen; 136 III 437 E. 1.1 S. 440). Art. 40 Abs. 1 KV/ZH garantiert somit grundsätzlich die Wählbarkeit der in kantonalen Angelegenheiten Stimmberechtigten in das Amt eines Oberrichters oder Handelsrichters. Diese Verfassungsbestimmung umfasst auch den Anspruch, für eines der genannten Ämter zu kandidieren. Die Frage, ob diese Garantie durch zusätzliche gesetzliche Regelungen eingeschränkt werden darf, ist justiziabel. Es handelt sich bei Art. 40 Abs. 1 KV/ZH nicht um eine Bestimmung rein organisatorischer Natur oder mit bloss programmatischem Charakter (s. dazu BGE 131 I 366 E. 2.4 S. 369). Zudem besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, dass die Bestellung der Gerichte rechtmässig erfolgt (Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK; BGE 136 I 207 E. 3 S. 210 ff. und E. 5.6 S. 218 f.; Urteil des Bundesgerichts 4A_25/2010 vom 12. April 2010 E. 3; je mit Hinweisen). Die Berufung auf Art. 40 Abs. 1 KV/ZH ist somit im Rahmen der vorliegenden Beschwerde zulässig (Art. 95 lit. c BGG). 1.4 Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG ist zur Anfechtung eines kantonalen Erlasses legitimiert, wer durch den Erlass aktuell oder virtuell besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung hat. Das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein. Virtuelles Berührtsein setzt voraus, dass der Beschwerdeführer von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (BGE 136 I 17 E. 2.1 S. 21 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführer sind in kantonalen Angelegenheiten stimmberechtigt. Sie erfüllen jedoch nach eigenen unbestrittenen Angaben nicht die Anforderungen, welche nach § 36 Abs. 3 GOG/ZH für die Wählbarkeit zum Handelsrichter zusätzlich gelten sollen, da sie nicht Inhaber eines Unternehmens oder in leitender Stellung in einem solchen tätig sind oder während mindestens zehn Jahren eine solche Stellung bekleidet haben. Sie machen geltend, sie würden durch § 36 Abs. 3 GOG/ZH von einer Wahl zum Handelsrichter entgegen dem Wortlaut von Art. 40 Abs. 1 KV/ZH ausgeschlossen. Damit sind sie durch die angefochtene Bestimmung zumindest virtuell betroffen und somit zur Beschwerde berechtigt. 1.5 Nach Art. 101 BGG ist die Beschwerde gegen einen Erlass innert 30 Tagen nach der nach dem kantonalen Recht massgebenden Veröffentlichung des Erlasses beim Bundesgericht einzureichen. Zu frühe Einreichung schadet grundsätzlich nicht und führt nicht zum Nichteintreten auf die Beschwerde, sondern in der Regel lediglich zu einer Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens (BGE 136 I 17 E. 1.2 S. 20 mit Hinweisen). Das am 10. Mai 2010 beschlossene GOG/ZH wurde im Amtsblatt des Kantons Zürich vom 21. Mai 2010 veröffentlicht. Nach unbenütztem Ablauf der Referendumsfrist wurde die Rechtskraft des Beschlusses im Amtsblatt des Kantons Zürich vom 30. Juli 2010 publiziert. Mit Eingabe vom 14. September 2010 erhoben die Beschwerdeführer ihre Beschwerde rechtzeitig (Art. 101 BGG i.V.m. Art. 46 BGG). 1.6 Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten. 2. Bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines kantonalen Erlasses im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn beigemessen werden kann, der sich mit den angerufenen Verfassungsgarantien vereinbaren lässt. Das Bundesgericht hebt eine kantonale Norm nur auf, wenn sie sich jeder verfassungskonformen (bzw. mit dem höherstufigen Bundesrecht vereinbaren) Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich bleibt (BGE 134 I 293 E. 2 S. 295; 133 I 77 E. 2 S. 79, 286 E. 4.3 S. 295; je mit Hinweisen). Erscheint eine generell-abstrakte Regelung unter normalen Verhältnissen, wie sie der Gesetzgeber voraussetzen durfte, als verfassungsrechtlich zulässig, so vermag die ungewisse Möglichkeit, dass sie sich in besonders gelagerten Einzelfällen als verfassungswidrig erweisen könnte, ein Eingreifen des Verfassungsrichters im Stadium der abstrakten Normenkontrolle im Allgemeinen noch nicht zu rechtfertigen; den Betroffenen verbleibt die Möglichkeit, eine allfällige Verfassungswidrigkeit bei der Anwendung im Einzelfall geltend zu machen (BGE 134 I 293 E. 2 S. 295). 3. 3.1 Wie bereits in E. 1.3.2 dargelegt, garantiert Art. 40 Abs. 1 KV/ZH grundsätzlich die Wählbarkeit der in kantonalen Angelegenheiten Stimmberechtigten in das Amt eines Oberrichters oder Handelsrichters. Die Kantonsverfassung verlangt für die Wählbarkeit in ein oberstes Gericht keine besondere juristische Befähigung. Diese Regelung ist das Resultat einer engagierten Diskussion im Verfassungsrat über die Einführung von Wählbarkeitsvoraussetzungen für Richterinnen und Richter in der Gesetzgebung. Eine entsprechende Bestimmung wurde vor allem deswegen abgelehnt, weil sie alle Gerichte erfasst hätte und einzelne Votanten die Mitwirkung von Laienrichtern an den Bezirksgerichten als gefährdet ansahen (WALTER HALLER, in: Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, N. 7 zu Art. 40 KV/ZH). 3.2 Die kantonalen Behörden weisen darauf hin, dass die Mehrheit des Verfassungsrats mit der Formulierung von Art. 40 Abs. 1 KV/ZH eine Abschaffung des Laienrichtertums, namentlich an den Bezirksgerichten, vermeiden wollte. Das Handelsgericht als Spezialgericht mit Fachrichtern sei in seiner Ausgestaltung und insbesondere auch in Bezug auf die Wählbarkeitsvoraussetzungen unbestritten gewesen. Die im bundesgerichtlichen Verfahren umstrittenen Wählbarkeitsvoraussetzungen hätten schon nach § 59 Abs. 2 GVG/ZH, das mit dem GOG/ZH abgelöst werde, mit gleichem Wortlaut gegolten. Weiter sei zu berücksichtigen, dass das Bundesrecht die kantonalen Handelsgerichte im Sinne einer Ausnahme vom Grundsatz der "double instance" zulasse (Art. 6 Abs. 1 ZPO und Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG). Eine solche Ausnahme sei nur gerechtfertigt, wenn eine besondere fachliche Kompetenz dieser Spezialgerichte gewährleistet sei (vgl. DOMINIK VOCK, in: Basler Kommentar zur schweizerischen Zivilprozessordnung, N. 1 zu Art. 6 ZPO). Dass die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach § 36 Abs. 3 GOG/ZH dazu führten, dass nur noch ein kleiner Teil der Stimmberechtigten zu Handelsrichtern gewählt werden könne, sei angesichts der bei den Handelsrichtern verlangten Fachkompetenz hinzunehmen. Daran ändere nichts, dass in der Kantonsratsdebatte auf die Verfassungswidrigkeit der umstrittenen Gesetzesbestimmung hingewiesen worden sei. Die gesetzlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen dienten der Qualität der Justiz und der Transparenz der Richterwahlen. 3.2 Die kantonalen Behörden weisen darauf hin, dass die Mehrheit des Verfassungsrats mit der Formulierung von Art. 40 Abs. 1 KV/ZH eine Abschaffung des Laienrichtertums, namentlich an den Bezirksgerichten, vermeiden wollte. Das Handelsgericht als Spezialgericht mit Fachrichtern sei in seiner Ausgestaltung und insbesondere auch in Bezug auf die Wählbarkeitsvoraussetzungen unbestritten gewesen. Die im bundesgerichtlichen Verfahren umstrittenen Wählbarkeitsvoraussetzungen hätten schon nach § 59 Abs. 2 GVG/ZH, das mit dem GOG/ZH abgelöst werde, mit gleichem Wortlaut gegolten. Weiter sei zu berücksichtigen, dass das Bundesrecht die kantonalen Handelsgerichte im Sinne einer Ausnahme vom Grundsatz der "double instance" zulasse (Art. 6 Abs. 1 ZPO und Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG). Eine solche Ausnahme sei nur gerechtfertigt, wenn eine besondere fachliche Kompetenz dieser Spezialgerichte gewährleistet sei (vgl. DOMINIK VOCK, in: Basler Kommentar zur schweizerischen Zivilprozessordnung, N. 1 zu Art. 6 ZPO). Dass die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach § 36 Abs. 3 GOG/ZH dazu führten, dass nur noch ein kleiner Teil der Stimmberechtigten zu Handelsrichtern gewählt werden könne, sei angesichts der bei den Handelsrichtern verlangten Fachkompetenz hinzunehmen. Daran ändere nichts, dass in der Kantonsratsdebatte auf die Verfassungswidrigkeit der umstrittenen Gesetzesbestimmung hingewiesen worden sei. Die gesetzlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen dienten der Qualität der Justiz und der Transparenz der Richterwahlen. 3.3 3.3.1 Das Zürcher Handelsgericht als Teil des Obergerichts beruht neu auf den §§ 34 ff. GOG/ZH. Es entscheidet als einzige Instanz Streitigkeiten gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a-e und h ZPO (§ 44 lit. a GOG/ZH). Ebenfalls als einzige Instanz entscheidet es über Streitigkeiten gemäss Art. 6 Abs. 2, 3 und 4 lit. b ZPO, deren Streitwert mindestens 30'000 Franken beträgt (§ 44 lit. b GOG/ZH). In bestimmten anderen Fällen entscheidet das Präsidium des Handelsgerichts oder ein von diesem bezeichnetes Mitglied des Handelsgerichts als einzige Instanz und als Einzelgericht (§ 45 GOG/ZH). Das Zürcher Handelsgericht ist ein auf Gesetz beruhendes Spezialgericht. Solche Spezialgerichte sind im Lichte von Art. 6 Abs. 1 ZPO und Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG zulässig. Sie stellen keine verfassungs- bzw. konventionswidrigen Ausnahmegerichte dar (vgl. BGE 136 I 207 E. 3.5 S. 213 mit Hinweisen). 3.3.2 Art. 40 Abs. 1 KV/ZH nennt als einzige Voraussetzung für die Wahl in die höchsten Ämter im Kanton (Kantonsrat, Regierungsrat, Richter an einem obersten kantonalen Gericht) die Stimmberechtigung in kantonalen Angelegenheiten. Von diesem klaren Wortlaut der Verfassungsbestimmung darf nur abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass er nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche triftige Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte, aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift und aus dem Zusammenhang mit anderen Gesetzesbestimmungen ergeben (BGE 131 II 217 E. 2.3 S. 221 mit Hinweisen). Die zusätzlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen für Handelsrichter gemäss § 36 Abs. 3 GOG/ZH sind in der Kantonsverfassung nicht vorgesehen. Die in der Gesetzesbestimmung enthaltene Beschränkung der Wählbarkeit auf Personen, die in einem Unternehmen als Inhaberin oder Inhaber oder in leitender Stellung tätig sind oder während mindestens zehn Jahren eine solche Stellung bekleidet haben, schränkt den Kreis wählbarer Personen erheblich ein. Aus der Kantonsverfassung ergibt sich nicht, dass die Wählbarkeit zum Handelsrichter abweichend von der Wählbarkeit zu einem Mitglied eines anderen höchsten Gerichts geregelt werden sollte. 3.3.3 Die beschriebene Beschränkung der Wählbarkeit soll die fachliche Qualität der Handelsrichter gewährleisten. Die fachliche Qualität bei Mitgliedern eines Fachgerichts hat besonderes Gewicht. Das Erfordernis eines grossen Fachwissens gilt indessen nicht nur für die Handelsrichter, sondern auch für die anderen hohen Ämter im Kanton, für welche weder das Gesetz noch die Kantonsverfassung zusätzliche Wählbarkeitsvoraussetzungen enthalten. Ohne spezielle Wählbarkeitsvoraussetzungen gewählt werden im Kanton Zürich unter anderen die Mitglieder der übrigen obersten kantonalen Gerichte. Dazu gehören nach Art. 74 Abs. 2 KV/ZH das Obergericht, das Verwaltungsgericht und das Sozialversicherungsgericht. Die Kantonsverfassung enthält wie erwähnt keinen Vorbehalt, wonach für die Handelsrichter strengere Wählbarkeitsvoraussetzungen als für die übrigen höchsten Richter im Kanton gelten sollten. Insbesondere sind sie aufgrund ihrer Stellung und Zuständigkeit innerhalb des Obergerichts nicht den "übrigen Behörden" im Sinne von Art. 40 Abs. 1 Satz 2 KV/ZH gleichzusetzen, für welche das Gesetz die Wählbarkeitsvoraussetzungen bestimmt. 3.3.4 Aus den Materialien zur Kantonsverfassung ergibt sich, dass der Kantonsrat bewusst darauf verzichtete, Wählbarkeitsvoraussetzungen für die obersten Gerichte zu formulieren (vgl. Hinweise bei WALTER HALLER, a.a.O., N. 7 zu Art. 40 KV/ZH). Auch wenn der Verfassungsrat, wie die kantonalen Behörden darlegen, mit diesem generellen Verzicht auf Wählbarkeitsvoraussetzungen auf Verfassungsstufe primär die Erhaltung des Laienrichtertums an den Bezirksgerichten beabsichtigte, hat er für die Wählbarkeit zum Handelsrichter doch auf eine Sonderregelung in der Verfassung verzichtet und eine solche auch nicht der Gesetzgebung vorbehalten. Dies im Gegensatz zu den "übrigen Behörden" im Sinne von Art. 40 Abs. 1 Satz 2 KV/ZH (s. hierzu WALTER HALLER, a.a.O., N. 8 ff. zu Art. 40 KV/ZH). Sollte nach dem Willen des kantonalen Verfassungsgebers die Wählbarkeit zum Handelsrichter im Verhältnis zu Art. 40 Abs. 1 Satz 1 KV/ZH derart stark eingeschränkt werden, wie dies in § 36 Abs. 3 GOG/ZH vorgesehen ist, so müsste sich die Zulässigkeit einer entsprechenden Einschränkung aus dem Verfassungstext ergeben. Dies hätte nach dem Vorbild von Art. 40 Abs. 1 Satz 2 KV/ZH mit einer Verweisung auf die Gesetzgebung oder mit einer Umschreibung abweichender Wahlvoraussetzung in der Ver-fassung selbst geschehen können. Indem der Verfassungsgeber auf entsprechende Einschränkungsmöglichkeiten verzichtet hat, hat er die Wahlvoraussetzungen für sämtliche Mitglieder der höchsten kantonalen Gerichte gleich umschrieben und dem Gesetzgeber keinen Raum für Einschränkungen der Wählbarkeit im Sinne von § 36 Abs. 3 GOG/ZH belassen. 3.3.5 Die Qualität der Handelsrichter muss wie bei den übrigen Mitgliedern der Gerichte primär mit einem sorgfältigen, möglichst professionellen Auswahlverfahren gesichert werden. Die an diesem Verfahren beteiligten Akteure (politische Parteien, interfraktionelle Konferenz, kantonsrätliche Kommission) haben darauf zu achten, dass nur fachlich und menschlich qualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten in ein Richteramt gewählt werden (vgl. WALTER HALLER, a.a.O., N. 7 zu Art. 40 KV/ZH). Die fachliche Qualifikation zum Handelsrichter kann sich dabei nicht nur aus den in § 36 Abs. 3 GOG/ZH enthaltenen Kriterien ergeben. Die Wählbarkeitsvoraussetzungen gemäss § 36 Abs. 3 GOG/ZH würden zahlreiche qualifizierte Personen trotz ausgewiesenem Sachverstand und grosser Erfahrung von der Tätigkeit als Handelsrichter ausschliessen, was im Lichte von Art. 40 Abs. 1 KV/ZH nicht zulässig ist. 3.4 Aus diesen Erwägungen ergibt sich zusammenfassend, dass die Wählbarkeitsvoraussetzungen für Handelsrichter gemäss § 36 Abs. 3 GOG/ZH mit Art. 40 Abs. 1 KV/ZH nicht vereinbar sind. Die Beschwerde ist somit gutzuheissen und § 36 Abs. 3 GOG/ZH aufzuheben. 4. Dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens entsprechend sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführern eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. § 36 Abs. 3 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 10. Mai 2010 über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess (GOG/ZH; LS 211.1) wird aufgehoben. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 3'000.-- zu bezahlen. 4. Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern sowie dem Kantonsrat und dem Regierungsrat des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 2. Februar 2011 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Fonjallaz Haag
af92891b-a596-482c-8e33-34ff786d499b
fr
2,009
CH_BGer_002
Federation
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Faits: A. En l'an 2000, A.X._, domiciliée à Genève depuis 1959, a fait don à la fondation bâloise "A.X._" (ci-après la fondation) d'un montant de 37'368'947 fr. Cette donation n'a pas été déclarée aux autorités genevoises. A.X._ est décédée le 30 juin 2007 en laissant deux héritières réservataires. L'une des héritières a demandé un inventaire successoral, qui a été établi les 13 et 18 mars 2008 par Me Y._, notaire. Celui-ci a révélé l'existence de la donation soumise à rapport dans la succession. Le 11 avril 2008, le Conseiller d'Etat en charge du Département genevois des finances a accordé à la fondation une exonération de 50 % des droits de succession, conformément à un arrêté de portée générale du Conseil d'Etat du 10 mars 2008 prévoyant une réduction de 50 % des droits de succession et d'enregistrement sur les donations à des institutions d'utilité publique situées dans d'autres cantons suisses sans convention de réciprocité. Le 28 juillet 2008, Me Y._ a déposé, pour la fondation, une demande d'exonération totale des droits d'enregistrement et/ou de succession pour la donation effectuée en 2000. Dans un arrêté du 7 janvier 2009, le Conseil d'Etat a indiqué qu'en raison notamment des attributions régulières faites par la fondation depuis 2005 à la Faculté de médecine de l'Université de Genève, l'omission d'enregistrer la donation dans les délais n'entraînerait la perception d'aucune amende. En revanche, il ne se justifiait pas de déroger exceptionnellement à l'arrêté du Conseil d'Etat du 10 mars 2008 fixant la quotité de la réduction accordée aux institutions d'utilité publique, philanthropiques ou de charité. Par conséquent, l'autorité exécutive cantonale a confirmé la décision du Conseiller d'Etat chargé du Département des finances du 11 avril 2008 et a indiqué que l'arrêté du 10 mars 2008 était applicable à la soulte de la donation de 37'368'947 fr. faite en 2000 par feue A.X._ à la fondation, après déduction de la réserve des héritières légales. Le montant dû porterait intérêt au taux légal dès le 1er janvier 2001. B. A l'encontre de l'arrêté du Conseil d'Etat du 7 janvier 2009, la fondation interjette un recours en matière de droit public au Tribunal fédéral, dans lequel elle conclut à la recevabilité du recours, à l'annulation de l'arrêté attaqué et au renvoi du dossier au Conseil d'Etat pour nouvelle décision dans le sens des considérants, sous suite de frais et dépens. Le Département cantonal des finances conclut, pour l'Etat de Genève, au rejet du recours.
Considérant en droit: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office sa compétence (art. 29 al. 1 LTF). Il contrôle librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (ATF 135 II 94 consid. 1 p. 96). 1.1 Bien qu'il s'intitule "arrêté", l'acte entrepris est une mesure individuelle et concrète par laquelle l'autorité a refusé d'accorder l'exonération complète des droits de succession et d'enregistrement requise par la recourante en relation avec la donation effectuée en 2000 et confirmé la décision du Conseiller d'Etat du 11 avril 2008. Il s'agit donc d'une décision (cf. PIERRE MOOR, Droit administratif, vol. II, 2e éd., 2002, p. 156 ss; en droit genevois, voir l'art. 4 al. 1. de la loi genevoise du 12 septembre 1985 sur la procédure administrative - LPA - RS/GE E 5/10). Cette décision doit être qualifiée de finale (cf. art. 90 LTF), dès lors qu'elle fixe définitivement l'étendue des droits de succession et d'enregistrement dus. 1.2 La décision attaquée a été prise en application de la loi genevoise du 26 novembre 1960 sur les droits de succession (RS/GE D 3 25) et de la loi genevoise du 9 octobre 1969 sur les droits d'enregistrement (LDE; RS/GE D 3 30). Le litige concerne donc l'exonération de la recourante de contributions relevant du droit cantonal. Contrairement aux décisions en matière de remise d'impôts (cf. art. 83 let. m LTF), les litiges portant sur l'exonération, en particulier de personnes morales poursuivant des buts d'intérêt public, peuvent en principe faire l'objet d'un recours en matière de droit public au Tribunal fédéral (cf. art. 82 let. a LTF; voir par exemple arrêts 2C_592/2008 du 2 février 2009 et 2C_664/2007 du 6 mars 2008). 1.3 La loi sur le Tribunal fédéral impose aux cantons, à l'art. 86 al. 2 LTF, d'instituer des tribunaux supérieurs qui statuent comme autorités précédant immédiatement le Tribunal fédéral, sauf dans les cas où une autre loi fédérale prévoit qu'une décision d'une autre autorité judiciaire peut faire l'objet d'un recours au Tribunal de céans. Cette règle correspond à la garantie d'accès au juge prévue à l'art. 29a Cst., disposition qui permet toutefois des dérogations dans des cas exceptionnels (HANSJÖRG SEILER, in Bundesgerichtsgesetz, 2007, nos 13 et 20 ad art. 86 LTF). La loi sur le Tribunal fédéral prévoit une telle exception en cas de recours contre les actes normatifs cantonaux (art. 87 LTF), pour les décisions qui concernent les droits politiques (art. 88 LTF) et pour les décisions revêtant un caractère politique prépondérant (art. 86 al. 3 LTF). Cette dernière disposition autorise, mais n'oblige pas les cantons à instituer une autorité de recours autre qu'un tribunal (ALAIN WURZBURGER, in Commentaire de la LTF, 2009, no 24 ad art. 86 LTF; ESTHER TOPHINKE, in Commentaire bâlois, Bundesgerichtsgesetz, 2008, no 25 ad art. 86 LTF). 1.4 En vertu de l'art. 130 al. 3 LTF, les cantons disposaient d'un délai de deux ans à compter de l'entrée en vigueur de la loi sur le Tribunal fédéral au 1er janvier 2007 pour adapter les dispositions d'exécution relatives notamment à l'organisation des autorités précédentes au sens des art. 86 al. 2 et 3 LTF. La décision attaquée a été rendue le 7 janvier 2009, soit passé le délai de l'art. 130 al. 3 LTF, de sorte que l'art. 86 al. 2 et 3 LTF est applicable (cf. ATF 135 II 94 consid. 3.1 et 3.2 p. 96 s.). Dès lors que l'acte attaqué émane du Conseil d'Etat, soit du pouvoir exécutif, il ne remplit pas les exigences de l'art. 86 al. 2 LTF. Il convient donc de déterminer si l'on se trouve en présence d'une décision revêtant un caractère politique prépondérant au sens de l'art. 86 al. 3 LTF qui justifierait de déroger à la garantie de l'accès au juge. 1.5 La notion juridique de "décision revêtant un caractère politique prépondérant" est en elle-même indéterminée (YVES DONZALLAZ, Loi sur le Tribunal fédéral, 2008, no 3015; TOPHINKE, op. cit., no 19 ad art. 86 LTF; SEILER, op. cit., no 21 ad art. 86 LTF). 1.5.1 La jurisprudence ne s'est pas encore prononcée sur la portée à donner à l'art. 86 al. 3 LTF, mais a statué de cas en cas. Elle a ainsi exclu le caractère politique prépondérant d'une décision concernant la détention en vue de l'expulsion (ATF 135 II 94 consid. 3.4 p. 97) et le retrait de permis de circulation (arrêt 1C_346/2009 du 6 novembre 2009 consid. 4.1). En revanche, une décision du pouvoir exécutif cantonal relative à l'autorisation d'ouvrir une enquête pénale à l'encontre d'un juge a été considérée comme revêtant un caractère politique prépondérant, au motif que l'acte attaqué échappait aux critères relevant purement du droit pénal (cf. ATF 135 I 113 consid. 1 p. 116). 1.5.2 En introduisant l'art. 86 al. 3 LTF (art. 80 al. 3 du projet), le Conseil fédéral n'a pas précisé ce qu'il entendait par "décision revêtant un caractère public prépondérant", mais il a souligné l'aspect exceptionnel de la dérogation au contrôle juridictionnel cantonal des actes de cette nature. A titre d'exemple, il a mentionné l'adoption d'un plan directeur cantonal (cf. Message du 28 février 2001 concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, FF 2001 4027, 4122, 4124). 1.5.3 Selon la doctrine, l'accès au juge découlant de l'art. 29a Cst. ne doit être exclu que de manière exceptionnelle (JEAN-CLAUDE LUGON/ ETIENNE POLTIER/THIERRY TANQUEREL, Les conséquences de la réforme de la justice fédérale pour les cantons, in Les nouveaux recours fédéraux en droit public, 2006, p. 108). Il en découle que l'art. 86 al. 3 LTF, qui fait partie des exceptions à la garantie constitutionnelle précitée (ANDREAS KLEY, in Die Schweizerische Bundesverfassung - Kommentar, 2e éd., 2008, no 20 ad art. 29a Cst.; JEAN-FRANÇOIS AUBERT/PASCAL MAHON, Petit commentaire de la Constitution fédérale suisse, 2003, no 6 ad art. 29a Cst.), trouve seulement application si l'aspect politique prévaut sans discussion (WURZBURGER, op. cit., no 25 ad art. 86 LTF; KARL SPÜHLER, in Kurzkommentar, 2006, no 7 ad art. 86 LTF; ETIENNE POLTIER, Le recours en matière de droit public, in La nouvelle loi sur le Tribunal fédéral, 2007, p. 155 s.). La vérification par le juge ne doit pas apparaître admissible (TOPHINKE, op. cit., no 19 ad. art. 86 LTF). Le fait que la décision émane d'une autorité politique est un indice de son caractère politique, mais n'est pas toujours déterminant. Ainsi, iI n'y a pas décision à caractère politique prépondérant, lorsque le gouvernement rend une décision qui porte une atteinte individuelle à des droits privés (cf. WURZBURGER, op. cit., no 25 ad art. 86 LTF p. 846; SEILER, op. cit., no 22 ad art. 86 LTF). Certains auteurs considèrent que, lorsque des intérêts particuliers sont touchés, l'accès au juge n'est exclu que si les considérations politiques l'emportent clairement (TOPHINKE, op. cit., no 19 ad. art. 86 LTF; SPÜHLER, op. cit., no 7 ad art. 86; en ce sens également DONZALLAZ, op. cit., no 3016). A titre d'exemples de décisions à caractère politique prépondérant, les plans directeurs cantonaux et la grâce sont régulièrement mentionnés (TOPHINKE, op. cit., no 22 ad. art. 86 LTF; SEILER, op. cit., no 22 ad art. 86 LTF; KLEY, op. cit., no 24 ad art. 29a Cst.), alors que le caractère politique prépondérant des décisions concernant la remise ou l'ajournement d'impôts est exclu (TOPHINKE, op. cit., no 19 ad. art. 86 LTF; LUGON/POLTIER/TANQUEREL, op. cit., p. 118; cf. également MICHAEL BEUSCH, Auswirkungen der Rechtsweggarantie von Art. 29a BV auf den Rechtsschutz im Steuerrecht, Archives 73 p. 741 ss, selon lequel toutes les décisions en matière fiscale doivent bénéficier de l'accès au juge). 1.5.4 L'interprétation restrictive de l'exception figurant à l'art. 86 al. 3 LTF, qui ressort tant des travaux préparatoires que de la doctrine, doit être privilégiée. En effet, l'accès au juge étant garanti par la Constitution (art. 29a), il convient d'interpréter l'art. 86 al. 3 LTF, qui déroge à cette garantie, de manière stricte. Le texte de l'art. 86 al. 3 LTF, par l'exigence du caractère politique "prépondérant" ("vorwiegend"; "prevalentemente"), indique du reste que seules les situations revêtant à l'évidence un caractère politique sont visées. Il ne suffit donc pas que la cause ait une connotation politique, encore faut-il que celle-ci s'impose de manière indubitable et relègue à l'arrière-plan les éventuels intérêts privés en jeu. 1.6 En l'espèce, la décision attaquée concerne une demande d'exonération des droits d'enregistrement et/ou de succession pour une donation dont a bénéficié la fondation recourante. Elle met donc en jeu les intérêts financiers de cette dernière. Certes, cette cause revêt aussi un intérêt politique, dès lors que la fondation en cause est une institution d'utilité publique qui, depuis 2005, fait des attributions régulières à la Faculté de médecine de l'Université de Genève. L'intérêt politique à favoriser la recourante sur le plan financier n'est cependant qu'accessoire par rapport aux intérêts privés de la fondation à obtenir une exonération fiscale. Par conséquent, on ne se trouve pas dans une situation où l'intérêt politique serait prépondérant, de sorte que l'exception de l'art. 86 al. 3 LTF n'est pas réalisée. 1.7 La recourante se prévaut d'un arrêt du Tribunal fédéral du 8 mars 2007 (cause 2P.157/2006 et 2P.297/2006). Dans cette affaire, qui concernait aussi une demande d'exonération fiscale tranchée définitivement par le Conseil d'Etat, le Tribunal fédéral avait rejeté un recours dans lequel était remis en cause le système genevois, qui excluait tout recours au Tribunal administratif cantonal à l'encontre de telles décisions. Il s'agissait cependant d'un recours de droit public rendu sous l'empire de la loi fédérale d'organisation judiciaire du 16 décembre 1943 (abrogée avec effet au 1er janvier 2007) et non pas en application de l'art. 86 al. 2 et 3 LTF; en outre, l'art. 29a Cst. garantissant l'accès au juge n'était pas encore en vigueur, ce que l'arrêt du 8 mars 2007 a expressément souligné, précisant qu'en conséquence, un recours à une autorité judiciaire sur la base de cette disposition ne s'imposait pas (consid. 4.4). La recourante ne saurait donc déduire de cette jurisprudence qu'elle dispose, en vertu de l'art. 86 al. 3 LTF, d'un droit de recourir au Tribunal fédéral à l'encontre de la décision du Conseil d'Etat du 7 janvier 2009. Le recours doit donc être déclaré irrecevable, dès lors que la décision attaquée n'émane pas d'une autorité judiciaire (cf. ATF 135 II 94 consid. 6.4 p. 104). 2. Dans un tel cas, le Tribunal fédéral, s'il parvient à déterminer l'autorité judiciaire cantonale compétente, lui transmet directement la cause pour qu'elle statue sur le recours (cf. ATF 135 II 94 consid. 6.2 p. 102 s.). En vertu de l'art. 56A de la loi genevoise du 22 novembre 1941 sur l'organisation judiciaire (LOJ; RS/GE E 2 05), le Tribunal administratif est l'autorité supérieure ordinaire de recours en matière administrative. Cette autorité est donc au bénéfice d'une clause générale de compétence (arrêt 2C_138/2009 du 3 novembre 2009 consid. 3.4 et la référence citée). L'art. 56A al. 2 LOJ prévoit que le recours au Tribunal administratif est ouvert contre les décisions des autorités et juridictions administratives, au nombre desquelles figure le Conseil d'Etat (cf. art. 5 let. a et 6 let. c LPA). Jusqu'au 31 décembre 2008, les art. 6 al. 3 de la loi genevoise sur les droits de succession et 28 al. 3 LDE prévoyaient qu'en matière d'exemptions, le Conseil d'Etat statuait de manière définitive sur chaque cas particulier; l'exclusion du recours au Tribunal administratif était ainsi expressément prévue (cf. arrêt du 8 mars 2007 précité consid. 4.3). Ces dispositions ont été supprimées par une modification du 1er juin 2008 entrée en vigueur le 1er janvier 2009 (Recueil des lois 2008 p. 386 s.), qui doit être prise en compte en l'espèce, puisque, selon un principe général, le nouveau droit de procédure est applicable dès son entrée en force (cf. ATF 129 V 113 consid. 2.2 p. 115, sous réserve d'exceptions non réalisées en l'espèce, s'agissant notamment de la compétence de l'autorité judiciaire saisie [voir ATF 130 V 90 consid. 3.2 p. 93; arrêt 2C_138/2009 du 3 novembre 2009 consid. 4.2]). Rien ne s'oppose dès lors à ce que la cause soit transmise au Tribunal administratif, afin qu'il statue sur le présent recours comme objet de sa compétence (cf. ATF 135 II 94 consid. 6.2 p. 102 s.). 3. L'irrecevabilité et le renvoi procèdent d'une situation procédurale peu claire sur le plan cantonal, de sorte qu'il sera statué sans frais (cf. art. 66 al. 1 LTF). Il ne se justifie pas d'allouer des dépens à la recourante, qui succombe s'agissant de ses conclusions quant à la recevabilité du recours (cf. art. 68 al. 1 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est déclaré irrecevable. 2. La cause est transmise au Tribunal administratif genevois comme objet de sa compétence. 3. Il n'est pas perçu de frais judiciaires ni alloué de dépens. 4. Le présent arrêt est communiqué aux mandataires de la recourante, au Conseil d'Etat et au Tribunal administratif du canton de Genève. Lausanne, le 14 décembre 2009 Au nom de la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: Müller Le Greffier: Vianin
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Faits: A. Le 17 avril 2010, C._ et D._ circulaient dans un véhicule volé sur l'autoroute A1 en direction de Payerne. A l'appel de leurs collègues fribourgeois, les gendarmes vaudois E._ et F._ installèrent un barrage dans le tunnel routier de Sévaz. A l'arrivée du véhicule, E._ tira plusieurs coups de feu en visant la partie inférieure de la calandre. Le premier coup atteignit mortellement D._. Le 10 juin 2011, le Ministère public fribourgeois a classé la plainte formée contre E._ par A._ (frère jumeau de D._) et par la famille de la victime, ainsi que la plainte formée par C._ pour meurtre, homicide par négligence ou mise en danger de la vie d'autrui. Il a refusé d'entrer en matière sur la plainte pour complicité dirigée contre F._. Il a considéré que le barrage avait été correctement installé et que l'usage de l'arme à feu était justifié et proportionné. Il n'y avait pas d'intention meurtrière. Une condamnation de E._ n'apparaissait "tout simplement pas possible". Cette décision a été confirmée par arrêt du 27 octobre 2011 de la Chambre pénale du Tribunal cantonal fribourgeois. B. Par arrêt du 27 mars 2012, le Tribunal fédéral a admis les recours formés par A._ et par C._, a annulé l'arrêt de la Chambre pénale et l'ordonnance de classement - à l'exception de la décision de non-entrée en matière concernant F._, non contestée. Ces décisions retenaient que le véhicule volé arrivait en empiétant sur la voie de droite, occupée par le policier, raison pour laquelle celui-ci pouvait légitimement se sentir menacé. Ce fait n'était toutefois pas définitivement établi. La cause soulevait par ailleurs de nombreuses questions de fait (vitesse et trajectoire du véhicule, nombre et direction des tirs) et de droit (légitime défense, proportionnalité de l'intervention). Compte tenu également de la gravité des faits, le principe "in dubio pro duriore" imposait un renvoi en jugement. La cause a été renvoyée au Ministère public du canton de Fribourg afin qu'il engage l'accusation après avoir le cas échéant complété l'instruction. C. Le 4 avril 2012, A._ a requis la récusation du Procureur général B._, en charge du dossier depuis le 1er mai 2011. Il estimait que les précédentes prises de position de ce magistrat permettaient de craindre que l'acte d'accusation ne soit pas rédigé dans une perspective de condamnation, en omettant des faits à charge. Le 5 avril 2012, le Procureur refusa de se récuser en relevant qu'aucun grief concret n'était soulevé à son encontre. Par arrêt du 25 avril 2012, la Chambre pénale a rejeté la demande de récusation. L'allégation d'un manque d'indépendance des tribunaux pénaux face à la police n'était pas un motif de récusation. L'ordonnance de classement annulée par le Tribunal fédéral ne constituait pas une grave erreur de procédure ou d'appréciation justifiant une récusation, et rien ne permettait de redouter que l'acte d'accusation soit incomplet. D. Par acte du 7 mai 2012, A._ forme un recours en matière pénale par lequel il demande l'annulation de l'arrêt de la Chambre pénale du 25 avril 2012, l'admission de sa demande de récusation et le renvoi du dossier au Tribunal cantonal pour la suite de la procédure. Il requiert l'assistance judiciaire. La Chambre pénale a renoncé à présenter des observations. Le Procureur général conclut au rejet du recours dans la mesure où il est recevable.
Considérant en droit: 1. Conformément aux art. 78 et 92 al. 1 LTF, une décision relative à la récusation d'un magistrat dans la procédure pénale peut faire immédiatement l'objet d'un recours en matière pénale. 1.1 L'auteur de la demande de récusation a qualité pour agir (art. 81 al. 1 LTF). Le recourant a agi dans le délai de trente jours prescrit à l'art. 100 al. 1 LTF. La décision attaquée est rendue en dernière instance cantonale, au sens de l'art. 80 LTF. 1.2 Le Ministère public conteste la recevabilité d'arguments non développés dans la demande initiale de récusation. Dans la mesure où il s'agit de moyens de fait nouveaux, ils sont effectivement irrecevables en application de l'art. 99 al. 1 LTF. En revanche, le recourant peut en principe modifier son argumentation juridique pour autant qu'il n'en résulte pas une modification de l'objet du litige ou de ses conclusions (art. 99 al. 1 et 106 LTF). Dans cette mesure, les griefs soulevés, fondés sur des faits figurant déjà au dossier, sont recevables. 2. Le recourant estime que le procureur aurait déjà manifesté sa conviction non seulement dans son ordonnance de classement, estimant impossible une condamnation du prévenu, mais aussi dans ses observations précédentes au Tribunal fédéral, dans lesquelles il se déclarait "convaincu de l'innocence du prévenu". Ces déclarations permettraient de redouter que l'acte d'accusation ne soit pas rédigé dans la perspective d'une condamnation, et que le Procureur ne soutienne pas activement l'accusation. Le recourant estime aussi que les plaintes dirigées contre la police devraient être examinées par des tribunaux indépendants. L'argument selon lequel les policiers mis en cause seraient en l'occurrence vaudois serait irrelevant, car ceux-ci sont également témoins à charge dans le procès dirigé contre le recourant pour mise en danger de la vie d'autrui. 2.1 Le recourant ne se prévaut pas du motif de récusation figurant à l'art. 56 let. b CPP, disposition qui impose la récusation d'une personne ayant agi à un autre titre dans la même cause. Il ne conteste pas en effet que le Procureur est intervenu au même titre dans les différentes étapes de la procédure. Le recourant invoque la lettre f de l'art. 56 CPP, disposition selon laquelle un magistrat est récusable "lorsque d'autres motifs, notamment un rapport d'amitié étroit ou d'inimitié avec une partie ou son conseil, sont de nature à le rendre suspect de prévention". Cette disposition a la portée d'une clause générale recouvrant tous les motifs de récusation non expressément prévus aux lettres précédentes (arrêt 1B_131/ 2011 du 2 mai 2011 consid. 3.1). Elle correspond à la garantie d'un tribunal indépendant et impartial instituée par les art. 30 Cst. et 6 CEDH qui permet d'exiger la récusation d'un magistrat dont la situation ou le comportement est de nature à faire naître un doute sur son impartialité (ATF 126 I 68 consid. 3a p. 73). Elle n'impose pas la récusation seulement lorsqu'une prévention effective du juge est établie, car une disposition interne de sa part ne peut guère être prouvée. Il suffit que les circonstances donnent l'apparence de la prévention et fassent redouter une activité partiale du magistrat. Seules les circonstances constatées objectivement doivent être prises en considération. Les impressions purement individuelles d'une des parties au procès ne sont pas décisives (ATF 138 I 1 consid. 2.2 p. 3; 137 I 227 consid. 2.1 p. 229; 136 III 605 consid. 3.2.1 p. 608; 134 I 20 consid. 4.2 p. 21; 131 I 24 consid. 1.1 p. 25). 2.2 S'agissant plus spécifiquement de la récusation du ministère public, il y a lieu de distinguer à quel stade de la procédure celle-ci est demandée. En effet, selon l'art. 16 al. 2 CPP, il incombe à cette autorité de conduire la procédure préliminaire et de poursuivre les infractions dans le cadre de l'instruction d'une part, et de dresser l'acte d'accusation et de soutenir l'accusation d'autre part. 2.2.1 Dans la phase de l'enquête préliminaire et de l'instruction, les principes applicables à la récusation sont ceux qui ont été dégagés à l'égard des juges d'instruction, avant l'introduction du CPP. Selon l'art. 61 CPP, le ministère public est l'autorité investie de la direction de la procédure jusqu'à la mise en accusation. A ce titre, il doit veiller au bon déroulement et à la légalité de la procédure (art. 62 ss CPP). Durant l'instruction il doit établir, d'office et avec un soin égal, les faits à charge et à décharge (art. 6 CPP); il doit statuer sur les réquisitions de preuves et peut rendre des décisions quant à la suite de la procédure (classement ou mise en accusation), voire rendre une ordonnance pénale pour laquelle il assume une fonction juridictionnelle (ATF 124 I 76 consid. 2; 112 Ia 142 consid. 2b p. 144 ss). Dans ce cadre, le ministère public est tenu à une certaine impartialité même s'il peut être amené, provisoirement du moins, à adopter une attitude plus orientée à l'égard du prévenu ou à faire état de ses convictions à un moment donné de l'enquête. Tout en disposant, dans le cadre de ses investigations, d'une certaine liberté, le magistrat reste tenu à un devoir de réserve. Il doit s'abstenir de tout procédé déloyal, instruire tant à charge qu'à décharge et ne point avantager une partie au détriment d'une autre (arrêt 1P.334/2002 du 3 mars 2002, publié in SJ 2003 I p. 174). 2.2.2 En revanche, après la rédaction de l'acte d'accusation, le ministère public devient une partie aux débats, au même titre que le prévenu ou la partie plaignante (art. 104 al. 1 let. c CPP). Par définition, il n'est plus tenu à l'impartialité et il lui appartient en principe de soutenir l'accusation (art. 16 al. 2 in fine CPP; arrêt 1B_415/2011 du 25 octobre 2011; VERNIORY, Commentaire Romand CPP, note 64 ad art. 56). Dans ce cadre, ni les art. 29 et 30 Cst., ni l'art. 6 par. 1 CEDH ne confèrent au prévenu une protection particulière lui permettant de se plaindre de l'attitude du ministère public et des opinions exprimées par celui-ci durant les débats (ATF 124 I 76 consid. 2 p. 77 ss; 118 Ia 95 consid. 3b p. 98; 112 Ia 142 consid. 2a p. 143 s. et les arrêts cités). La partie plaignante ne saurait, elle non plus, faire grief au ministère public d'exprimer ses convictions lors des débats, voire même de renoncer à l'accusation s'il estime que celle-ci ne repose plus sur des éléments suffisants. Le ministère public représente en effet des intérêts distincts de ceux de la partie plaignante, qu'il n'a pas vocation à défendre. 2.3 Comme le relève la cour cantonale, on ne saurait admettre systématiquement la récusation d'un procureur au motif qu'il aurait déjà rendu dans la même cause une ordonnance de non-entrée en matière ou de classement annulée par l'autorité de recours. D'une part en effet, des décisions ou des actes de procédure qui se révèlent par la suite erronés ne fondent pas en soi une apparence objective de prévention; seules des erreurs particulièrement lourdes ou répétées, constitutives de violations graves des devoirs du magistrat, peuvent fonder une suspicion de partialité, pour autant que les circonstances dénotent que le juge est prévenu ou justifient à tout le moins objectivement l'apparence de prévention (ATF 116 Ia 14 consid. 5a p. 19, 135 consid. 3a p. 138; 114 Ia 153 consid. 3b/bb p. 158; 113 Ia 407 consid. 2b p. 409/410; 111 Ia 259 consid. 3b/aa in fine p. 264). D'autre part, la jurisprudence considère que le magistrat appelé à statuer à nouveau après l'annulation d'une de ses décisions est en général à même de tenir compte de l'avis exprimé par l'instance supérieure et de s'adapter aux injonctions qui lui sont faites (ATF 113 Ia 407 consid. 2b p. 410). Seules des circonstances exceptionnelles permettent dès lors de justifier une récusation dans de tels cas, lorsque, par son attitude et ses déclarations précédentes, le magistrat a clairement fait apparaître qu'il ne sera pas capable de revoir sa position et de reprendre la cause en faisant abstraction des opinions qu'il a précédemment émises. 2.4 Dans son arrêt du 27 mars 2012, le Tribunal fédéral a annulé l'ordonnance de classement, et renvoyé la cause au Ministère public afin qu'il engage l'accusation après avoir, le cas échéant, complété l'instruction. Le Tribunal fédéral a notamment considéré qu'il appartiendrait au Ministère public de statuer sur les offres de preuves de la partie plaignante. A ce stade de la procédure, le Procureur n'intervient donc pas comme simple partie, mais encore comme autorité d'instruction. Il est donc tenu aux exigences de réserve et d'impartialité rappelées ci-dessus. Or, l'ordonnance de classement du 10 juin 2011, longue de 44 pages, comporte un exposé des faits très détaillé. Sur plusieurs points (vitesse et trajectoire du véhicule, volonté du prévenu), elle retient la version la plus favorable au prévenu. En droit, le Procureur général a écarté les préventions de meurtre - y compris par dol éventuel -, d'homicide par négligence et de mise en danger de la vie d'autrui, en considérant qu'il n'y avait aucune sorte d'intention et que l'intervention était justifiée par un état de légitime défense. La motivation très péremptoire de cette ordonnance fait ressortir l'absence de tout doute au sujet de l'innocence du prévenu. Le procureur en a conclu qu'une condamnation de l'agent de police ne semblait "tout simplement pas possible". Lors de la procédure de recours devant le Tribunal fédéral, il a encore précisé, dans ses déterminations du 19 janvier 2012, qu'il était "difficile d'imaginer un Procureur, convaincu de l'innocence du prévenu, le déférer au tribunal par acte d'accusation pour ensuite demander sa libération". Le magistrat explique s'être ainsi exprimé de manière abstraite, mais, sous l'angle de l'apparence tout au moins, le recourant pouvait légitimement redouter que le Procureur ne soit pas enclin à modifier un point de vue qu'il a longuement exposé et fermement maintenu devant les instances de recours. Il ressort aussi de la décision de classement que le procureur a écarté pas moins de 17 offres de preuves (notamment des expertises sur le dispositif mis en place et sur l'engagement de l'arme, une détermination de la chronologie des faits et une expertise balistique), en détaillant les motifs de ces refus, fondés sur une appréciation anticipée. Compte tenu de ces refus d'instruire, des motifs retenus dans l'ordonnance de classement et des déclarations faites ultérieurement, la partie plaignante pouvait à juste titre se plaindre d'une apparence de prévention dans la perspective d'un éventuel complément d'instruction. Le recours doit dès lors être admis pour ce motif. 2.5 Le recourant fait aussi valoir que les procédures dirigées contre des membres de la police devraient être menées par des autorités indépendantes: les procureurs seraient tributaires de la collaboration de la police, et cette dernière pourrait exercer des pressions. Le recourant se fonde sur une recommandation du Comité des Nations-Unies contre la torture, du mois de juin 2005, qui préconise l'institution d'un mécanisme indépendant pour les plaintes contre les agents de police, ainsi qu'un rapport d'Amnesty International du mois de juin 2007 allant dans le même sens. L'argument doit être écarté, sans qu'il y ait à examiner en détail les réserves mentionnées par le recourant. En effet, comme le relève avec raison la cour cantonale, l'enquête est en l'espèce diligentée par les autorités fribourgeoises contre un policier du canton de Vaud. Même si les autorités de différents cantons peuvent être amenées à collaborer, il n'y a pas de relation directe entre un procureur d'un canton et la police d'un autre. L'autorité d'instruction ordinaire dispose dès lors manifestement d'une indépendance suffisante. 2.6 L'admission de la demande de récusation, pour les motifs évoqués ci-dessus, implique la désignation d'un autre magistrat. Cela dispense d'examiner l'argument tiré de la participation du procureur à l'enquête dirigée contre le recourant. 3. Sur le vu de ce qui précède, le recours doit être admis. La demande de récusation est également admise et la cause est renvoyée à la cour cantonale afin qu'un autre procureur soit désigné pour la suite de la procédure. Conformément à l'art. 68 al. 2 LTF, une indemnité de dépens est allouée au recourant, à la charge du canton de Fribourg. Cela rend sans objet la demande d'assistance judiciaire. Selon l'art. 66 al. 4 LTF, il n'est pas perçu de frais judiciaires. Il appartiendra aussi à la cour cantonale de statuer à nouveau sur les frais et, le cas échéant, les dépens (indemnités de procédure) de la procédure cantonale (art. 68 al. 5 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est admis; la décision attaquée est annulée et la demande de récusation du Procureur B._ est admise. La cause est renvoyée à la Chambre pénale pour désignation d'un autre procureur et pour nouvelle décision sur les frais et dépens. 2. Une indemnité de dépens de 2'000 fr. est allouée à Me Jean-Pierre Garbade, à la charge du canton de Fribourg. La demande d'assistance judiciaire est sans objet. 3. Il n'est pas perçu de frais judiciaires. 4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et au Tribunal cantonal du canton de Fribourg, Chambre pénale. Lausanne, le 8 juin 2012 Au nom de la Ire Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: Fonjallaz Le Greffier: Kurz
b001710b-1e6d-4063-ad94-2d63ba8e1c17
de
2,009
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Der kosovarische Staatsangehörige X._, geb. 1986, heiratete am 6. Januar 2005 im Kosovo seine in der Schweiz niederlassungsberechtigte Landsfrau Y._. Gestützt auf diese Eheschliessung durfte X._ am 8. April 2005 in die Schweiz einreisen. Er erhielt hier eine Aufenthaltsbewilligung, welche letztmals bis 8. April 2008 verlängert wurde. Am 25. Februar 2008 ersuchte X._ erneut um Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Auf dem entsprechenden Formular deklarierte er erstmals, dass seine Ehefrau und er mittlerweile in separaten Haushalten wohnten. Aufgrund dieser Deklaration lehnte das Amt für Migration des Kantons Luzern das Verlängerungsgesuch mit Verfügung vom 3. Juli 2008 ab. Die Behörde hielt fest, dass X._ nach Aufgabe des gemeinsamen ehelichen Wohnsitzes kein Aufenthaltsrecht in der Schweiz mehr zustehe. B. Hiergegen beschwerte sich X._ beim Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern, welches die Angelegenheit zuständigkeitshalber an das kantonale Verwaltungsgericht weiterleitete. Dieses wies die Beschwerde in seinem Urteil vom 8. April 2009 ab. C. Mit Eingabe vom 12. Mai 2009 führt X._ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Er beantragt, die Entscheide der Vorinstanzen seien aufzuheben und es sei seine Aufenthaltsbewilligung angemessen zu verlängern. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung ans Verwaltungsgericht des Kantons Luzern zurückzuweisen. Unabhängig vom Verfahrensausgang seien sämtliche Kosten den Vorinstanzen zu überbinden. Das Amt für Migration und das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern sowie das Bundesamt für Migration (BFM) schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen: 1. 1.1 Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG schliesst die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide über ausländerrechtliche Bewilligungen aus, auf deren Erteilung weder nach dem Bundes- noch dem Völkerrecht ein Rechtsanspruch besteht. Der ausländische Ehegatte einer in der Schweiz niedergelassenen Person hat nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft u.a. dann weiterhin einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht (Art. 50 Abs. 1 lit. a des auf den 1. Januar 2008 in Kraft getretenen, hier anwendbaren Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG; SR 142.20] i.V.m. Art. 43 Abs. 1 AuG). Auf diese Anspruchsgrundlage beruft sich der Beschwerdeführer und behauptet, die Voraussetzungen hierfür seien erfüllt. Diese Behauptung ist nicht offensichtlich unzutreffend (vgl. Urteil 2C_465/2009 vom 6. November 2009, E. 2.3) und bedarf näherer Prüfung, weshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist. In welchem Sinne Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG auszulegen ist, und ob die in dieser Bestimmung statuierten Voraussetzungen für eine Bewilligungsverlängerung erfüllt sind, bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung. 1.2 Das angefochtene Urteil stellt einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid dar. Der Beschwerdeführer ist gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert; auf das frist- und formgerecht eingereichte Rechtsmittel kann daher grundsätzlich eingetreten werden. Nicht eingetreten werden kann auf die Beschwerde, soweit die Aufhebung der Verfügung des Amtes für Migration beantragt wird. Diese ist durch das Urteil des Verwaltungsgerichts ersetzt worden (Devolutiveffekt) und gilt inhaltlich als mitangefochten (BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144). 1.3 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist daher weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400). 2. Der Beschwerdeführer rügt vorab, dass das Verwaltungsgericht seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen sei: Es habe sich zu Unrecht darauf beschränkt, in pauschaler Weise festzustellen, dass den Akten "verschiedene Hinweise" zu entnehmen seien, wonach er nicht drei Jahre mit seiner Ehefrau in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt habe. Korrekterweise hätte die Vorinstanz diese "verschiedenen Hinweise" einzeln auflisten und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen näher erläutern müssen. Durch das Vorgehen des Verwaltungsgerichts sieht der Beschwerdeführer seinen verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt. Der Rüge ist nicht zu folgen: Wie der Urteilsbegründung der Vorinstanz zu entnehmen ist, hat das Verwaltungsgericht aus dem Grund auf eine genauere Bezeichnung und Würdigung der erwähnten Hinweise verzichtet, weil es ohnehin von einem Rechtsmissbrauch seitens des Beschwerdeführers ausgegangen ist (vgl. E. 3.1 hiernach). Dies erscheint insoweit folgerichtig, als es sich tatsächlich erübrigt, das Nichtvorliegen der Anspruchsvoraussetzungen detailliert aufzuzeigen, wenn die Anrufung einer Anspruchsgrundlage von vornherein als rechtsmissbräuchlich erachtet wird. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist deshalb nicht zu erkennen. Ob die Argumentation des Verwaltungsgerichts inhaltlich zutrifft und der Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beschwerdeführers zulässig war, bleibt dagegen im Folgenden zu prüfen. 3. 3.1 Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer einen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung seit der Aufgabe des gemeinsamen Wohnsitzes nicht mehr aus Art. 43 Abs. 1 AuG herleiten kann. Diese Bestimmung setzt grundsätzlich voraus, dass der ausländische Ehegatte einer niederlassungsberechtigten Ausländerin mit dieser zusammenwohnt (hier nicht behauptete Konstellationen im Sinne von Art. 49 AuG ausgenommen). Fraglich und mithin zu prüfen ist einzig, ob dem Beschwerdeführer ein Anspruch gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG zusteht (vgl. E. 1.1). Wie bereits ausgeführt, hat das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang erwogen, dass den Akten verschiedene Hinweise zu entnehmen seien, dass der Beschwerdeführer nicht drei Jahre seit Erhalt der Aufenthaltsbewilligung mit seiner Ehefrau in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt habe. Letztlich könne dies indes offen bleiben, zumal der streitige Anspruch in jedem Fall unter Vorbehalt des Rechtsmissbrauchsverbotes stehe (Art. 51 Abs. 2 lit. a AuG). Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Beschwerdeführers liege hier vor: Mit dem einzigen Ziel, sich die Aufenthaltsbewilligung zu sichern, berufe er sich auf eine inhaltsleere, nur noch formell bestehende Ehe. Der Beschwerdeführer bestreitet demgegenüber die Rechtsmissbräuchlichkeit seines Verhaltens. Er habe länger als seine Ehefrau mental an der Ehe festgehalten. Im Frühjahr 2008 habe er sich jedoch eingestehen müssen, dass man in getrennten Haushalten lebe, was er dann gegenüber dem Amt für Migration auch korrekt deklariert habe. In der Folge sei im Kosovo ein Scheidungsverfahren eingeleitet und am 24. Oktober 2008 die Scheidung ausgesprochen worden. Die Ehe habe demzufolge über dreieinhalb Jahre Bestand gehabt, weshalb das Fristerfordernis von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG erfüllt sei. Die Vorinstanz interpretiere das Gesetz falsch, wenn sie hierfür voraussetze, dass er, der Beschwerdeführer, drei Jahre seit Erhalt der Aufenthaltsbewilligung mit seiner Ehefrau in einer Hausgemeinschaft gelebt haben müsse. 3.2 Dem Verwaltungsgericht kann insofern nicht gefolgt werden, als es einzig unter Hinweis auf das Scheitern der Ehe bereits von Rechtsmissbrauch ausgeht: Vielmehr kommen die in Art. 50 AuG statuierten Ansprüche überhaupt erst nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft zum Tragen, d.h. sie setzen zumindest das faktische Ende der Beziehung notwendigerweise voraus. Im vorliegenden Fall kann demzufolge nicht ohne weiteres ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beschwerdeführers angenommen werden. Die bundesgerichtliche Praxis zur Rechtsmissbräuchlichkeit der Berufung auf eine inhaltsleere, nur noch formell bestehende Ehe hatte ihren Ursprung in der Regelung von Art. 7 Abs. 1 des bis zum 31. Dezember 2007 in Kraft gewesenen Bundesgesetzes vom 26. Mai 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG): Gemäss dieser Bestimmung war bereits der formelle Bestand der Ehe hinreichend, um dem ausländischen Ehegatten eines Schweizer Bürgers einen Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu vermitteln. Das neue Ausländerrecht verlangt demgegenüber bezüglich einem aus der Ehe abgeleiteten Bewilligungsanspruch grundsätzlich das Zusammenwohnen der Ehegatten (Art. 42 Abs. 1 und Art. 43 Abs. 1 AuG; vgl. E. 3.1); bei getrennten Wohnorten müssen dafür wichtige Gründe bestehen (Art. 49 AuG). Zwar stehen auch die vom AuG gewährleisteten Rechtsansprüche unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchsverbotes (vgl. Art. 51 Abs. 1 lit. a und Art. 51 Abs. 2 lit. a AuG). Jedoch beschränkt sich dessen Anwendung - aufgrund der veränderten Anspruchsvoraussetzungen - im Wesentlichen auf solche Fälle, in denen Ehepartner nur zum Schein zusammenwohnen. Fehlt es dagegen an einem Zusammenwohnen, so scheitert der Bewilligungsanspruch bereits an den gesetzlichen Voraussetzungen und die Frage des Rechtsmissbrauchs erübrigt sich. Gleiches gilt bezüglich dem hier streitigen Fortbestehen eines Bewilligungsanspruchs trotz Auflösung der Ehegemeinschaft: Bevor ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beschwerdeführers in Betracht zu ziehen ist, sind die Anspruchsvoraussetzungen von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG zu prüfen (vgl. E. 3.3 hiernach), d.h. es ist abzuklären, ob die eheliche Gemeinschaft zwischen der ausländischen Person und dem Niedergelassenen oder schweizerischen Staatsangehörigen rückblickend überhaupt drei Jahre Bestand gehabt hat. Nur wenn dies der Fall ist, kann sich - bei Vorliegen entsprechender Indizien - die Frage stellen, ob die Eheleute lediglich der Form halber zusammenwohnten und die Dauer der Wohngemeinschaft deshalb - in Beachtung des Rechtsmissbrauchsverbotes - nicht bzw. nicht vollumfänglich berücksichtigt werden kann. Massgeblicher Zeitpunkt für die retrospektive Berechnung der Dauer der ehelichen Gemeinschaft ist in der Regel die Aufgabe der Haushaltsgemeinschaft: Wie bereits ausgeführt, kann sich die ausländische Person ab diesem Moment grundsätzlich nicht mehr auf ihre bisherigen Ansprüche gemäss Art. 42 Abs. 1 und Art. 43 Abs. 1 AuG stützen. Nicht relevant ist demgegenüber, bis zu welchem Zeitpunkt die Ehe nach Beendigung des ehelichen Zusammenlebens formell noch weiter bestanden hat (vgl. Urteil 2C_416/2009 vom 8. September 2009 E. 2.1.2). 3.3 Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer seine Ehefrau am 6. Januar 2005 im Kosovo geheiratet. Am 8. April 2005 konnte er in die Schweiz einreisen. Ausgehend von der Deklaration des Beschwerdeführers vom 25. Februar 2008, wonach die eheliche Gemeinschaft an diesem Tag bereits nicht mehr bestanden hat, wird ersichtlich, dass die in Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG enthaltene Dreijahresfrist zu diesem Zeitpunkt nur dann bereits verstrichen war, wenn der Zeitraum zwischen der Eheschliessung im Kosovo und der Einreise in die Schweiz mitgerechnet wird. Es stellt sich somit die Frage, ob die genannte Gesetzesbestimmung verlangt, dass die Ehegemeinschaft während drei Jahren in der Schweiz gelebt wurde. Von der Lehre wird dies teilweise ohne nähere Begründung verneint (Marc Spescha in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli, Migrationsrecht, 2. Auflage 2009, S. 121, Rz. 4 zu Art. 50 AuG; Thomas Geiser/Marc Busslinger, Ausländische Personen als Ehepartner und registrierte Partnerinnen, in: Uebersax et al., Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, Rz. 14.55). Das Bundesgericht hat sich dazu bisher noch nicht geäussert. Wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen, kann diesen Lehrmeinungen indes nicht gefolgt werden: 3.3.1 Die Botschaft des Bundesrates sah den heute in Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG statuierten, schematischen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach dreijähriger Ehegemeinschaft und bei guter Integration noch nicht vor. Vielmehr beschränkte sich der Gesetzesentwurf darauf, den Weiterbestand des Aufenthaltsrechts eines ausländischen Ehegatten nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft dann zu gewährleisten, wenn wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 49 des Gesetzesentwurfes; entspricht Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG). Die beschlossene Fassung des Gesetzeswortlautes geht auf den Mehrheitsantrag der vorbereitenden parlamentarischen Kommission zurück (AB 2004 N 1060). Ob die eidgenössischen Räte bezüglich der Dreijahresfrist davon ausgingen, dass die Ehegemeinschaft während dieser Dauer in der Schweiz bestanden haben muss, lässt sich den Wortprotokollen nicht unmittelbar entnehmen. Hingegen geht daraus hervor, dass sich die getroffene Regelung an der damaligen Bewilligungspraxis vieler Kantone, namentlich jener des Kantons Zürich, orientierte (Votum Nationalrat Beck für die Kommission, AB 2004 N 1064; Votum Bundesrat Blocher, AB 2004 N 1064). Diese (langjährige) Praxis der Zürcher Verwaltungsbehörden verlangte für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung eines ausländischen Ehegatten nach Aufgabe des ehelichen Zusammenlebens das mindestens dreijährige Bestehen der ehelichen Gemeinschaft in der Schweiz (vgl. Beschluss des Regierungsrates des Kantons Zürich RRB Nr. 702/2008 vom 21. Mai 2008 E. 5.b). Dies leuchtet ein: Vor dem Inkrafttreten des AuG stand ein solcher Verlängerungsentscheid im Ermessen der kantonalen Behörden (Art. 7 Abs. 1 ANAG e contrario bzw. Art. 17 Abs. 2 ANAG e contrario, jeweils in Verbindung mit Art. 4 ANAG). Bei der Ausübung ihres Ermessens stellten die Kantone auf die Weisungen und Erläuterungen über Einreise, Aufenthalt und Arbeitsmarkt (ANAG-Weisungen; 2. Aufl. 2004) des damaligen Bundesamtes für Zuwanderung, Integration und Auswanderung (IMES) ab, welche in Ziff. 654 insbesondere die Dauer der Anwesenheit als massgeblich bezeichneten (vgl. hierzu die Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 19. September 2007 E. 2.2 sowie vom 16. November 1998, in: GVP 1998 Nr. 22). Es ging mithin um den gemeinsamen Aufenthalt im Inland. Die Entstehungsgeschichte von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG weist demnach darauf hin, dass ein Bewilligungsanspruch gemäss dieser Bestimmung eine dreijährige Ehegemeinschaft in der Schweiz voraussetzt. 3.3.2 Zum gleichen Schluss führt auch die systematische Auslegung von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG: Der Gesetzeswortlaut spricht von einem "Weiterbestehen" der Ansprüche nach Art. 42 Abs. 1 und Art. 43 Abs. 1 AuG. Diese sind im Gesetz unter dem Titel "Familiennachzug" aufgeführt und erlangen erst dann Bedeutung, wenn die nachzugsberechtigte Person mit ihrem nachzuziehenden Angehörigen in der Schweiz zusammenleben möchte. Der Bestand und die Qualität einer ehelichen Verbindung vor diesem Zeitpunkt sind im Rahmen der Prüfung dieser Ansprüche nicht zu berücksichtigen. Sinngemäss gleich verhält es sich mit dem Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung: Auch dort kommt es auf die Aufenthaltsdauer in der Schweiz an; ob zuvor bereits im Ausland ein eheliches bzw. familiäres Zusammenleben stattgefunden hat, ist demgegenüber nicht relevant (Art. 42 Abs. 3 und Art. 43 Abs. 2 AuG). Warum dies bei den Anspruchsvoraussetzungen von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG anders sein sollte, ist nicht einzusehen. 3.3.3 Die Dreijahresfrist von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG darf sodann nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist stets im Zusammenhang mit der zweiten Anspruchsvoraussetzung dieser Bestimmung, d.h. dem Erfordernis einer erfolgreichen Integration, zu sehen. Beide Kriterien, Fristablauf und Integration, müssen kumulativ vorliegen, damit ein Rechtsanspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung besteht. Eine erfolgreiche Integration in der Schweiz setzt jedoch zwangsläufig voraus, dass sich die ausländische Person hier während einer gewissen Mindestdauer aufgehalten hat; bei einer Anwesenheit von weniger als drei Jahren lässt sich die Frage der Integration wohl zumeist nicht schlüssig beantworten, da in diesen Fällen kaum schon von gefestigten beruflichen und persönlichen Bindungen zur Schweiz die Rede sein kann. Dieser Umstand spricht ebenfalls dafür, das zeitliche Erfordernis von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG im Sinne einer ehelichen Gemeinschaft im Inland zu verstehen. 3.3.4 Bei der Rechtsanwendung ist schliesslich ein Auslegungsergebnis anzustreben, das praktikabel ist (BGE 96 I 602 E. 4 S. 605, mit Hinweisen). Zumindest darf dieses in der Praxis nicht untauglich sein. Dies bedeutet, dass im Zweifelsfall eine Lösung zu bevorzugen ist, welche den Anforderungen der Realität gerecht wird (Hans Peter Walter, "Die Praxis hat damit keine Mühe...oder worin unterscheidet sich die pragmatische Rechtsanwendung von der doktrinären Gesetzesauslegung - wenn überhaupt?" in: ZBJV, Band 144 / 2008, S. 126 ff. insb. S. 140). Es erhellt ohne weiteres, dass sich Angaben über im Ausland gelebte Ehegemeinschaften oftmals nur unzureichend oder sogar überhaupt nicht verifizieren lassen. Wäre die gemeinsam im Ausland verbrachte Zeit im Rahmen der Dreijahresfrist von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG mitzuberücksichtigen, müssten die kantonalen Bewilligungsbehörden diesbezüglich oft auf die blossen Behauptungen der Gesuchsteller vertrauen. Eine solche Lösung wäre kaum praktikabel, zumal einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten auf diese Weise nicht entgegen gewirkt werden könnte. 3.3.5 Aus den obenstehenden Erwägungen ergibt sich somit, dass Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG (nebst einer erfolgreichen Integration) eine dreijährige Ehegemeinschaft in der Schweiz verlangt. Mit dieser Auslegung in Einklang stehen im Übrigen auch die aktuellen Weisungen des BFM (Fassung vom 1. Juli 2009; Ziff. 6.1.8 und Ziff. 6.15.1). 3.4 Selbst wenn auf die Angaben des Beschwerdeführers abgestellt wird, dauerte das eheliche Zusammenleben in der Schweiz zwischen ihm und seiner Gattin keine drei Jahre (vom 8. April 2005 bis längstens zum 25. Februar 2008), womit es bereits an der ersten Anspruchsvoraussetzung von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG fehlt. Ob sich der Beschwerdeführer in der Schweiz erfolgreich integriert hat, muss daher nicht mehr geprüft werden. Ebenso kann offen bleiben, ob die eheliche Gemeinschaft bereits per 1. Mai 2006 aufgelöst wurde, wie dies das Amt für Migration in seiner Verfügung vom 3. Juli 2008 festgehalten hat. So oder anders steht dem Beschwerdeführer kein Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung zu. Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden. 4. Nach dem Ausgeführten erweist sich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Gründe, die Kosten anders zu verteilen, liegen entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht vor. Eine Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art. 68 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration und dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 9. Dezember 2009 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Müller Zähndler
b038ea01-8efa-401d-b28b-344367479f86
de
2,011
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die Parteien sind beide Anbieter von Mobiltelefondienstleistungen. Die Beschwerdeführerin schloss nach ihrer Darstellung am 18. Juli 2008 mit der Beschwerdegegnerin ein Roaming Agreement mit einer Laufzeit bis zum 3. März 2014 ab (Vertrag), das es der Beschwerdeführerin ermögliche, Mobiltelefonkunden zu bedienen, d.h. ihnen Mobilfunkverbindungen zur Verfügung zu stellen. Die Beschwerdegegnerin habe den Vertrag mit Schreiben vom 27. April 2011 vorzeitig auf den 30. August 2011 gekündigt. Das Kündigungsdatum sei einvernehmlich bis zum 30. September 2011 verlängert worden. Nach der Kündigung seien zwischen den Parteien Gespräche im Rahmen eines vertraglich vorgesehenen Streitbeilegungsverfahrens geführt worden. B. Die Beschwerdeführerin gelangte am 16. September 2011 an das Handelsgericht des Kantons Zürich und beantragte (zusammengefasst), dass der Beschwerdegegnerin vorsorglich verboten werde, die Folgen der Kündigung des Vertrags ab 1. Oktober 2011 eintreten zu lassen. Sie verlangte nicht ausdrücklich die Anordnung einer superprovisorischen Massnahme, stellte aber den Antrag, das Verbot sei bis spätestens am 30. September 2011 auszusprechen. Der Einzelrichter nahm das Begehren als Dringlichkeitsbegehren entgegen. Mit Entscheid vom 19. September 2011 verneinte er, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer superprovisorischen Anordnung erfüllt seien, und wies das Dringlichkeitsbegehren ab (Dispositiv Ziffer 1). Weiter stellte er ein Doppel des Massnahmengesuchs der Beschwerdegegnerin zu (Ziffer 2), setzte Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses an (Ziffer 3) und kündigte an, weitere Anordnungen erfolgten später (Ziffer 4). C. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Entscheid am 20./21. September 2011 Beschwerde in Zivilsachen. Sie beantragt, die Ziffer 1 der Verfügung vom 19. September 2011 aufzuheben und der Beschwerdegegnerin unter Strafandrohung im Widerhandlungsfall vorsorglich zu verbieten, ab dem 1. Oktober 2011 und bis zur Einreichung einer Klage durch die Beschwerdeführerin betreffend Vertragsverletzung und während des anschliessenden Verfahrens und bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheids in der Hauptsache gemäss ihrem Kündigungsschreiben vom 27. April 2011 zu handeln und/oder dieses umzusetzen und insbesondere ihre sämtlichen Leistungen gemäss dem Vertrag gegenüber der Beschwerdeführerin einzustellen. Diese Massnahme sei superprovisorisch und ohne Anhörung der Beschwerdegegnerin vor dem 30. September 2011 anzuordnen. Eventuell sei die Vorinstanz anzuweisen, im beantragten Sinn zu verfügen. Mit Präsidialverfügung vom 23. September 2011 wurde das Gesuch um Erlass einer superprovisorischen Anordnung nach Art. 104 BGG abgewiesen. Auf die Einholung von Vernehmlassungen zur Beschwerde wurde verzichtet.
Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 136 II 101 E. 1 S. 103, 470 E. 1 S. 472; 135 III 212 E. 1). 1.1 Angefochten ist die Weigerung der Vorinstanz, eine vorsorgliche Massnahme (im Sinne von Art. 265 ZPO, d.h. ohne Anhörung der Gegenpartei) vor dem 30. September 2011 zu erlassen. Nach Ablauf dieses Datums kann diesem Antrag nicht mehr entsprochen werden, auch wenn die vorliegende Beschwerde gutgeheissen würde. Es fragt sich daher, ob im heutigen Zeitpunkt auf die Beschwerde schon deshalb nicht einzutreten ist, weil es an einem aktuellen Rechtsschutzinteresse fehlt. Die Frage kann allerdings offenbleiben, da die Zulässigkeit der Beschwerde schon aus anderen Gründen zu verneinen ist. 1.2 Das Bundesgericht tritt auf Rechtsmittel gegen Entscheide über superprovisorische Massnahmen grundsätzlich nicht ein, weil es in solchen Fällen an der Beschwerdevoraussetzung der Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs mangelt (vgl. zu Art. 86 Abs. 1 und Art. 87 aOG: BGE 120 Ia 61 E. 1a S. 62; 87 I 100 E. 3, je mit Hinweisen; zu Art. 75 Abs. 1 BGG: Urteile 5A_473/2010 vom 23. Juli 2010 E. 1.1 und 4A_335/2007 vom 13. September 2007 E. 3, je mit Hinweisen; vgl. dazu FABIENNE HOHL, Procédure civile, Tome II, 2. Aufl. 2010, Rz. 3082; FRANÇOIS BOHNET, in: François Bohnet und andere [Hrsg.], Code de procédure civile commenté, 2011, N. 16 zu Art. 265). Kantonal letztinstanzlich ist ein Entscheid nämlich nur, wenn für die gegen diesen erhobenen Rügen kein kantonales Rechtsmittel mehr offen steht (Art. 75 Abs. 1 BGG; BGE 134 III 524 E. 1.3 S. 527). Der Begriff des Rechtsmittels in diesem Sinne ist nach langjähriger Praxis weit zu verstehen und umfasst jeden Rechtsbehelf, der dem Beschwerdeführer einen Anspruch auf einen Entscheid der angerufenen Behörde gibt und geeignet ist, den behaupteten rechtlichen Nachteil zu beseitigen (BGE 120 Ia 61 E. 1a S. 62; 110 Ia 136 E. 2a S. 137; 81 I 61 f.; 78 I 250 f., je mit Hinweisen). Deshalb wird vom Beschwerdeführer vor der Ergreifung eines Rechtsmittels an das Bundesgericht verlangt, dass er das kontradiktorische Verfahren vor dem Massnahmerichter (seit Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung gemäss Art. 261 ff. ZPO) durchläuft, in dem er den angestrebten vorläufigen Rechtsschutz erwirken kann. Diese Rechtsprechung wurde auch auf einen Fall angewendet, in dem die kantonale Behörde die Anordnung einer superprovisorischen Massnahme abgelehnt hatte bzw. auf das entsprechende Gesuch nicht eingetreten war (Urteil 5A_473/2010 vom 23. Juli 2010 E. 1.1). Zu beachten ist ferner, dass der Rechtsuchende bei Weiterverfolgung des Massnahmeverfahrens nach Art. 261 ff. ZPO in aller Regel rascher zum Ziel kommt als mit einem anderen Rechtsmittel, dessen Ergreifung zudem zu Doppelspurigkeiten führen würde. Es entspricht dem System des Massnahmeverfahrens, auf das die Vorschriften über das summarische Verfahren Anwendung finden (Art. 248 lit. d. ZPO), dass dieses rasch vorangetrieben und abgeschlossen wird. Die Regel des Art. 265 Abs. 2 ZPO, wonach das Gericht bei erfolgter superprovisorischer Anordnung einer Massnahme die Gegenpartei unverzüglich anzuhören und danach ebenso unverzüglich zu entscheiden hat, ist grundsätzlich auch zu berücksichtigen, wenn das beantragte Superprovisorium verweigert wird (Urteil 4A_242/2011 vom 13. Mai 2011 E. 1.4). 1.3 Damit harmoniert, dass in der ZPO kein Rechtsmittel gegen kantonal erstinstanzliche Entscheide über superprovisorische Massnahmen vorgesehen ist, wobei auch für den Fall der Ablehnung einer superprovisorischen Anordnung keine Ausnahme gemacht wurde (vgl. Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221 ff., S. 7356). Diese Lösung ist in der Lehre auf breite Zustimmung gestossen (DOMINIK GASSER/BRIGITTE RICKLI, Kurzkommentar zur ZPO, 2010, N. 3 zu Art. 265 ZPO sowie THOMAS SPRECHER, in: Basler Kommentar, Zivilprozessordnung, 2010, N. 32 zu Art. 265 ZPO [ausdrücklich auch für den Fall, dass die superprovisorische Verfügung abgelehnt wird]; ferner: MICHAEL TREIS, in: Baker & McKenzie [Hrsg.], Handkommentar zur ZPO, 2010, N. 8 f. zu Art. 265 ZPO; BEAT MATHYS, in: Baker & McKenzie [Hrsg.], Handkommentar zur ZPO, 2010, N. 19 zu Art. 308 ZPO; JOHANN ZÜRCHER, in: Alexander Brunner und andere [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, N. 12 zu Art. 265 ZPO; KURT BLICKENSTORFER, in: Alexander Brunner und andere [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, N. 20 zu Art. 308 ZPO; SABINE KOFMEL EHRENZELLER, in: Paul Oberhammer [Hrsg.], Kurzkommentar zur ZPO, 2010, N. 6 zu Art. 265 ZPO; LUCIUS HUBER, in: Thomas Sutter-Somm und andere [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 2010, N. 20 zu Art. 265 ZPO; HOHL, a.a.O., Rz. 2343; a.M. für den Fall der Verweigerung einer superprovisorischen Massnahme dagegen PETER REETZ/STEFANIE THEILER, in: Thomas Sutter-Somm und andere [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 2010, N. 34 zu Art. 308 ZPO, die namentlich fordern, dass der Gegenpartei bei Vereitelungsgefahr erst nach dem zweitinstanzlichen Massnahmenentscheid vom ablehnenden superprovisorischen Entscheid der Erstinstanz Kenntnis zu geben sei; ferner FRANÇOIS BOHNET, a.a.O., N. 16 zu Art. 265; BENEDIKT SEILER, Die Berufung nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2011, S. 144 Rz. 360 in fine, der sich zu Unrecht auf den Bericht der Expertenkommission vom Juni 2003 zum VE-ZPO, S. 133, beruft). 1.4 Gegen die Ablehnung des Erlasses einer superprovisorischen Massnahme ist grundsätzlich auch deshalb keine Beschwerde an das Bundesgericht zulässig, weil es in aller Regel an einem Rechtsschutzinteresse fehlt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Ein solches besteht nur, wenn der behauptete Nachteil durch einen günstigen Beschwerdeentscheid vermieden werden könnte. Dies ist bei einer Anfechtung der Verweigerung eines Superprovisoriums nicht der Fall, weil ein Beschwerdeverfahren im Allgemeinen nicht rechtzeitig abgeschlossen werden kann, um der behaupteten Dringlichkeit Rechnung zu tragen. Das erforderliche Rechtsschutzinteresse kann auch nicht darin erblickt werden, dass der Beschwerdeführer beim Bundesgericht den Erlass einer superprovisorischen Anordnung (Art. 104 BGG) verlangen könnte, um zu erhalten, was er vor der Vorinstanz nicht erreicht hat. Denn eine solche Anordnung müsste regelmässig abgelehnt werden; einerseits würde damit der Entscheid über die Beschwerde selbst, die sich gerade gegen die Verweigerung einer solchen Anordnung richtet, vorweggenommen; andererseits ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, von der Vorinstanz noch nicht geprüfte Voraussetzungen für eine (superprovisorische) Massnahme nach Art. 261 f. ZPO als erste Instanz anstelle des zuständigen Massnahmerichters zu prüfen. 2. Nach dem Ausgeführten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da keine Beschwerdeantwort eingeholt wurde, ist keine Parteientschädigungen zu sprechen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 8'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 4. Oktober 2011 Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Klett Der Gerichtsschreiber: Widmer
b072dd8a-2305-4246-86b5-9ae83327099f
de
2,009
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Der Schweizer Bürger B._, geb. 1937, heiratete am 7. September 2001 die Kolumbianerin C._, geb. 1963. Diese erhielt in der Folge die Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei ihrem Ehemann. Im November 2007 wurde sie erleichtert eingebürgert. B. Das Ehepaar blieb ungewollt kinderlos. Im Jahr 2003 zogen die Ehegatten ein Gesuch um Adoption eines Kindes wegen Aussichtslosigkeit aufgrund des Alters des Ehemannes zurück. In der Folge beschlossen sie zusammen mit der Schwester der Ehefrau, A._, geb. 1966, dass diese durch künstliche Befruchtung (Insemination) ein Kind vom Ehemann empfangen und alle zusammen in einer Familiengemeinschaft leben sollten. Am 30. März 2005 kam D._, künstlich gezeugte Tochter der A._ und des B._, in Kolumbien zur Welt. Am 25. Mai 2005 anerkannte B._ die Vaterschaft von D._. C. Im Juni 2005 ersuchte B._ um eine Einreiseerlaubnis für A._ und die gemeinsame Tochter D._ zwecks Besuchaufenthalts. Später, nach deren Einreise, beantragte er beim Amt für Migration des Kantons Luzern (nachfolgend: kantonales Amt) die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an die beiden. Zur Abklärung der familiären Situation befragte das kantonale Amt in der Folge die beteiligten drei erwachsenen Personen. D. Am 13. Juli 2007 verstarb B._. Am 6. September 2007 wies das kantonale Amt das Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an A._ und D._ ab. Diese erhoben dagegen Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Luzern. Mit Entscheid des Bundesamts für Migration vom 11. Dezember 2007 wurde das Kind D._ erleichtert eingebürgert. E. Mit Urteil vom 13. August 2008 wies das Verwaltungsgericht die bei ihm hängige Beschwerde ab. In der Urteilsbegründung hielt es dazu fest, das Beschwerdeverfahren sei hinsichtlich des Kindes D._ nach dessen Einbürgerung gegenstandslos geworden, weshalb es insoweit als erledigt erklärt werden könne, ohne dass dies allerdings im Urteilsdispositiv seinen Niederschlag fand. Im Übrigen befasst sich die Urteilsbegründung einzig mit der Frage der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an die Mutter A._. Im Wesentlichen wird dazu ausgeführt, diese habe zwar gestützt auf die Europäische Menschenrechtskonvention einen Anspruch auf eine Anwesenheitsbewilligung in der Schweiz, die Verweigerung derselben lasse sich aber insbesondere gestützt auf eine umfassende Interessenabwägung rechtfertigen. Ergänzend hielt das Verwaltungsgericht fest, das kantonale Amt habe nicht geprüft, ob A._ allenfalls eine Aufenthaltsbewilligung nach Ermessen erteilt werden könne, weshalb es ihr offen stehe, ein entsprechendes Begehren einzureichen. Ein solches Gesuch wies das kantonale Amt jedoch am 8. September 2008 ab. F. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 22. September 2008 an das Bundesgericht beantragt A._, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 24. Juli 2008 aufzuheben und das Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gutzuheissen. In prozessualer Hinsicht ersucht sie um Erteilung der aufschiebenden Wirkung sowie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. G. Das Amt für Migration und das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern sowie das Bundesamt für Migration schliessen auf Abweisung der Beschwerde. H. Mit Verfügung vom 3. Oktober 2008 erteilte der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde die aufschiebende Wirkung.
Erwägungen: 1. 1.1 Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts über Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. 1.2 Am 1. Januar 2008 ist das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 16. Dezember 2005 (AuG; SR 142.20) in Kraft getreten. Nach Art. 126 AuG bleibt das alte Recht anwendbar auf Gesuche, die vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes eingereicht worden sind. Das Verfahren richtet sich jedoch nach dem neuen Recht. Im vorliegenden Verfahren ist in materiell-rechtlicher Hinsicht auf das alte Recht abzustellen, da das Bewilligungsgesuch noch vor dem 1. Januar 2008 eingereicht wurde. Aber auch verfahrensrechtlich bleibt das alte Recht nicht ohne Belang, da die an sich prozessuale Frage, ob ein Anspruch auf eine Bewilligung besteht, sich nach dem materiellen Recht richtet. Für die anspruchsabhängige Zulässigkeit eines Rechtsmittels, wie dies bei der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht zutrifft, ist mithin anhand des alten Rechts zu prüfen, ob ein Anspruch auf Bewilligung besteht (Urteil des Bundesgerichts 2C_372/2008 vom 25. September 2008 E. 1.2 mit Hinweis). 1.3 Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführerin kein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Anwesenheitsbewilligung in der Schweiz zusteht. Hingegen beruft sie sich mit Blick auf ihr Verhältnis zur minderjährigen Tochter auf Art. 8 EMRK. 1.3.1 Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 BV) garantiert zwar kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Es kann aber das in Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzen, wenn einem Ausländer, dessen Familienangehörige hier weilen, die Anwesenheit untersagt und damit das Familienleben vereitelt wird. Der sich hier aufhaltende Familienangehörige muss nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung seinerseits über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügen, was praxisgemäss der Fall ist, wenn er das Schweizer Bürgerrecht besitzt, ihm die Niederlassungsbewilligung gewährt wurde oder er über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, die ihrerseits auf einem gefestigten Rechtsanspruch beruht (BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285 f.). 1.3.2 Die Beschwerdeführerin hat keinen selbständigen Anspruch auf eine Anwesenheitsbewilligung in der Schweiz. Art. 8 EMRK schützt im Zusammenhang mit der Bewilligung der Anwesenheit in der Schweiz in erster Linie die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern (vgl. BGE 129 II 11 E. 2 S. 14). Da die Tochter der Beschwerdeführerin über das Schweizer Bürgerrecht und damit über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht in der Schweiz verfügt, kommt der Beschwerdeführerin gestützt darauf ein Anspruch auf Anwesenheitsbewilligung zu, weshalb sie sich auf Art. 8 EMRK berufen kann (so genannter "umgekehrter Familiennachzug"; vgl. BGE 122 II 289 E. 1c S. 292 ff.; Urteil 2C_372/2008 vom 25. September 2008 E. 1.4 mit Hinweisen). Damit erweist sich die Beschwerde grundsätzlich als zulässig. 1.4 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht - inklusive Bundesverfassungsrecht -, Völkerrecht sowie kantonale verfassungsmässige Rechte (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt bzw. vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 1.5 Die Beschwerdeführerin reichte vor dem Bundesgericht neue Unterlagen, insbesondere zur Absolvierung von Sprach- und Integrationskursen, ein. Sie macht dazu geltend, erst das verwaltungsgerichtliche Urteil habe dazu Anlass gegeben, weil der Integrationsgrad vorher keine wesentliche Rolle im Verfahren gespielt habe. In der Tat äussert sich die bei der Vorinstanz angefochtene Verfügung des kantonalen Amtes vom 6. September 2007 nicht näher zur Integration der Beschwerdeführerin in der Schweiz. Erst das Urteil des Verwaltungsgerichts stellte ausdrücklich auch auf diesen Umstand ab, weshalb die Nachreichung entsprechender ergänzender Unterlagen im bundesgerichtlichen Verfahren nicht ausgeschlossen ist. 2. 2.1 Kann sich die Beschwerdeführerin auf Art. 8 EMRK berufen, kommt die Verweigerung einer Anwesenheitsbewilligung einem Eingriff in den darin gewährleisteten Anspruch auf Achtung des Familienlebens gleich. Dieser Anspruch gilt jedoch nicht absolut. Vielmehr ist nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK ein Eingriff in das durch Ziff. 1 geschützte Rechtsgut statthaft, soweit er eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesellschaft und Moral sowie der Rechte und Pflichten anderer notwendig ist. Die Konvention verlangt insofern eine Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen an der Erteilung der Bewilligung und der öffentlichen Interessen an deren Verweigerung, wobei letztere in dem Sinne überwiegen müssen, dass sich der Eingriff als notwendig erweist (vgl. BGE 122 II 1 E. 2 S. 6 mit Hinweis; 116 Ib 353 E. 3 S. 357 ff.). Analoge Voraussetzungen ergeben sich aus Art. 36 BV im Hinblick auf einen Eingriff in Art. 13 BV. 2.2 Als zulässiges öffentliches Interesse fällt insbesondere das Durchsetzen einer restriktiven Einwanderungspolitik in Betracht. Eine solche ist im Hinblick auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen schweizerischer und ausländischer Wohnbevölkerung, die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Eingliederung der in der Schweiz fest ansässigen Ausländer und die Verbesserung der Arbeitsmarktstruktur sowie eine möglichst ausgeglichene Beschäftigung im Lichte von Art. 8 Ziff. 2 EMRK zulässig (BGE 120 Ib 1 E. 4b S. 5, 22 E. 4a S. 25). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine Verletzung von Art. 8 EMRK nicht vor, wenn es (auch) den fest anwesenheitsberechtigten Familienmitgliedern zumutbar ist, ihr Familienleben im Ausland zu führen. Grundsätzlich hat dabei auch ein schweizerisches Kind, namentlich ein solches im Kleinkindalter, als Konsequenz der in einem Eheschutz- oder Scheidungsverfahren getroffenen Regelung das Lebensschicksal des sorge- bzw. obhutsberechtigten Elternteils zu teilen und ihm gegebenenfalls ins Ausland zu folgen (vgl. BGE 127 II 60 E. 2a S. 67; 122 II 289 E. 3c S. 298; Urteil 2C_372/2008 vom 25. September 2008 E. 3.1 mit Hinweisen). 2.3 Diese Rechtsprechung wurde im Schrifttum verschiedentlich kritisiert, unter anderem mit dem Argument, es sei sowohl den Integrationschancen als auch dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention, KRK; SR 0.107) und damit dem Kindeswohl ein grösseres Gewicht beizumessen (so in jüngerer Zeit etwa ALBERTO ACHERMANN/MARTINA CARONI, Einfluss der völkerrechtlichen Praxis auf das schweizerische Migrationsrecht, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl., Basel 2009, Rz. 6.35; RÉMY KAMMERMANN, Du renvoi des enfants suisses, in: plädoyer 5/2008, S. 52 ff.; MARC SPESCHA/HANSPETER THÜR/ANDREAS ZÜND/PETER BOLZLI, Migrationsrecht, Zürich 2008, Nr. 18, Rz. 18 f.). Ob unter der Geltung des neuen Ausländergesetzes, das, im Unterschied zum hier grundsätzlich noch massgeblichen alten Recht (vgl. E. 1.2), vermehrt auf die Integrationschancen abstellt, eine neue Wertung vorzunehmen ist, hat das Bundesgericht noch nicht entschieden (vgl. das Urteil 2C_372/2008 vom 25. September 2008 E. 3.3.2). Das kann auch hier offen bleiben. Hingegen rechtfertigt es sich, mit Blick auf die Kinderrechtskonvention das Kindesinteresse vermehrt zu berücksichtigen. 3. 3.1 Auszugehen ist von den persönlichen und familiären Verhältnissen der Beschwerdeführerin. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht bei der Anwendung von Art. 8 EMRK von einem weiten, flexiblen und inhaltlich nicht genau umrissenen Familienbegriff aus. Geschützt wird nicht in erster Linie rechtlich begründetes, sondern tatsächlich gelebtes Familienleben. Neben der eigentlichen Kernfamilie werden auch weitere familiäre Verhältnisse erfasst, sofern eine genügend nahe, echte und tatsächlich gelebte Beziehung besteht. Hinweise für solche Beziehungen sind das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt, eine finanzielle Abhängigkeit, speziell enge familiäre Bande, regelmässige Kontakte oder die Übernahme von Verantwortung für eine andere Person. Bei hinreichender Intensität sind auch Beziehungen zwischen nahen Verwandten wie Geschwistern oder Tanten und Nichten wesentlich (vgl. dazu ACHERMANN/CARONI, a.a.O., Rz. 6.27; MARTIN BERTSCHI/THOMAS GÄCHTER, Der Anwesenheitsanspruch aufgrund der Garantie des Privat- und Familienlebens, in: ZBl 104/2003, S. 234 ff.; STEPHAN BREITENMOSER, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen/Basel/Genf 2008, Rz. 24 zu Art. 13 BV; CHRISTOPH GRABENWARTER, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl., München/Basel/Wien 2008, S. 197 ff.; DANIEL THYM, Menschenrecht auf Legalisierung des Aufenthalts?, in: EuGRZ 33/2006, S. 542). 3.2 Nach den insoweit verbindlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts bilden die Beschwerdeführerin und ihre Schwester für das Kind zwei gleichwertige Bezugs- und Betreuungspersonen. Insbesondere lebt die Beschwerdeführerin in Familiengemeinschaft mit ihrer Schwester und ihrer Tochter. Diese wurden als Ehefrau (gemäss Art. 27 BüG) bzw. aussereheliche anerkannte Tochter eines Schweizers (nach Art. 58c Abs. 1 BüG) erleichtert eingebürgert. Die Familiengemeinschaft geht letztlich auf die Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin, ihrer Schwester und deren seither verstorbenen Ehemann zurück, dass die Beschwerdeführerin durch künstliche Befruchtung ein Kind ihres Schwagers empfangen solle. Rechtlich steht die elterliche Sorge der Beschwerdeführerin zu. Gemäss einer privaten Vereinbarung zwischen den beteiligten drei Erwachsenen verpflichteten sich jedoch der Vater und dessen Ehefrau, für den Unterhalt und die Ausbildung des Kindes bis zur Volljährigkeit zu sorgen, und zwar auch nach einer Scheidung und über den allfälligen Tod einer Partei hinaus. Die Beschwerdeführerin hätte gemäss der Abmachung den gemeinsamen Haushalt verlassen können, doch wollte sie sich nicht von ihrem Kind trennen. Die beiden Schwestern leben daher seit der Einreise in die Schweiz im August 2005 in Lebensgemeinschaft mit dem Kind, zu der bis zu seinem Tod im Juli 2007 auch dessen Vater gehörte. Während es sich bei der Beschwerdeführerin um die leibliche Mutter des Kindes handelt, nimmt ihre Schwester genau genommen die Stellung einer Tante und gleichzeitig als Ehefrau des Vaters einer Stiefmutter ein. Sie wird vom Kind aber auch als Mutter wahrgenommen und offenbar ebenfalls mit "Mama" angesprochen. 3.3 Bei den beiden Schwestern und dem Kind handelt es sich um nahe Verwandte. Ihre Lebensgemeinschaft beruht auf dem Kinderwunsch von Schwester und Schwager der Beschwerdeführerin, der sich weder durch natürliche Zeugung noch durch Adoption erfüllen liess. Die speziellen Verhältnisse der Verwirklichung dieses Kinderwunsches unter Einbezug der Beschwerdeführerin begründen eine besondere Intensität der familiären Bindungen. Die beiden Schwestern sorgen nicht nur gegenseitig für sich, sondern auch gemeinsam für das Kind. Dieses wiederum unterhält eine spezielle Beziehung zu den zwei Frauen, die sie beide als Mütter betrachtet. Durch den Tod des Ehemannes bzw. Schwagers und Vaters dürfte die Beziehung zwischen den hinterbliebenen Angehörigen noch intensiver geworden sein. Aufgrund dieser besonders engen familiären Bande und der gegenseitigen Übernahme von Verantwortung handelt es sich um eine faktische Familieneinheit. Die Beziehungen zwischen den Beteiligten gehen über normale, gefühlsmässige Verbindungen hinaus und dienen insbesondere dem Kindeswohl. Da die Beschwerdeführerin in ihrer Heimat für ihren Unterhalt selbst aufzukommen vermochte, besteht an sich keine finanzielle Abhängigkeit von ihrer Schwester. Hingegen sind die besonderen emotionalen Verbindungen aufgrund der speziellen familiären Situation bei der Interessenabwägung als massgebliches Familienleben zu berücksichtigen. 3.4 Der Einwand des kantonalen Amts in der Vernehmlassung an das Bundesgericht, die Lebensverhältnisse könnten sich durch neue Partnerschaften wieder verändern, ist zwar nicht gänzlich von der Hand zu weisen, ist aber im heutigen Zeitpunkt rein spekulativ und kann daher keine entscheidende Rolle spielen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kommt andrerseits auch dem Verhältnis der Beteiligten zur in der Schweiz lebenden Halbschwester des Kindes der Beschwerdeführerin aus erster Ehe des Vaters keine derartige Bedeutung zu, dass dies unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 EMRK wesentlich wäre. Dabei kann offen bleiben, ob es sich insoweit nicht ohnehin um ein unzulässiges neues Vorbringen handelt. 4. 4.1 Das Kind der Beschwerdeführerin ist noch nicht ganz vier Jahre alt, lebt nunmehr aber seit mehr als drei Jahren in der Schweiz. Die Schwester der Beschwerdeführerin weilt seit rund sieben Jahren hier. Falls die Beschwerdeführerin keine Anwesenheitsbewilligung in der Schweiz erhält, bedeutet dies, dass zwei Schweizer Bürgerinnen, das Kind und die Schwester der Beschwerdeführerin, gezwungen werden, ins Ausland auszureisen, um das bisherige Familienleben weiterführen zu können. Eine solche Konsequenz darf nicht leichthin in Kauf genommen werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass dies im vorliegenden Fall letztlich die Folge des Todes des schweizerischen Kindsvaters ist. Die Ausreise des schweizerischen Kindes aus der Schweiz darf nur schon aus Gründen der Pietät nicht ohne weiteres durch ausländerrechtliche Massnahmen erzwungen werden. In die gleiche Richtung weisen mit Blick auf Art. 24 und 25 Abs. 1 BV aber auch verfassungsrechtliche Gründe. Vom Kind zu verlangen, die Schweiz zu verlassen, steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Niederlassungsfreiheit sowie zum Verbot der Ausweisung von Schweizer Bürgern (vgl. KAMMERMANN, a.a.O., S. 53 f.). Ein solcher Zwang zur Ausreise setzt daher nebst der Zumutbarkeit der Ausreise für alle Beteiligten besondere, namentlich ordnungs- oder sicherheitspolizeiliche, Gründe voraus, welche die entsprechenden weitreichenden Folgen rechtfertigen könnten. 4.2 Grundsätzlich wäre eine Rückkehr in die Heimat der Beschwerdeführerin zumutbar. Sie hat in Kolumbien die meiste Zeit ihres Lebens verbracht und kennt die dortigen Lebensverhältnisse. Weniger eindeutig ist die Zumutbarkeit einer Rückkehr nach Kolumbien für die Schwester und die Tochter der Beschwerdeführerin. Zwar ist davon auszugehen, dass eine Rückkehr rechtlich möglich wäre und dass die dortigen Verhältnisse auch der Schwester der Beschwerdeführerin noch geläufig sind. Ursprünglich schlossen die drei beteiligten Erwachsenen sogar nicht aus, im Bedarfsfall nach der Geburt des Kindes gemeinsam in Kolumbien zu leben. Die schwere Krebserkrankung des Schwagers der Beschwerdeführerin und die entsprechend besseren Behandlungsmöglichkeiten in der Schweiz lassen die Wahl der Schweiz als Wohnsitz jedoch als nachvollziehbar erscheinen. Inzwischen hat sich die Ausgangslage aufgrund der nachmaligen Einbürgerung von Ehefrau und Tochter überdies wesentlich verändert. Die Einbürgerung der ersten setzte im Übrigen deren Integration in die hiesigen Verhältnisse voraus (vgl. Art. 26 Abs. 1 BüG). Gemäss der ausdrücklichen Feststellung des Verwaltungsgerichts hat sich ebenfalls die Beschwerdeführerin während ihres bisherigen Aufenthalts in der Schweiz tadellos verhalten. Sie bemüht sich, wie sich ergänzend aus den dem Bundesgericht nachgereichten Unterlagen ergibt, um eine sprachliche und auch sonstige Integration. Finanziell sind die Verhältnisse knapp; der Lebensunterhalt kann kaum aus den gewährten Renten bestritten werden. Die Schwester der Beschwerdeführerin musste denn auch schon Ergänzungs- bzw. Unterstützungsleistungen beziehen, ohne bisher allerdings offenbar auf öffentliche Sozialhilfe angewiesen gewesen zu sein. Ihren Verbindlichkeiten sind die Beteiligten bis heute aber, soweit bekannt, nachgekommen. Allerdings sind bislang weder die Beschwerdeführerin noch ihre Schwester einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Der ersten war dies mangels entsprechender Bewilligung verwehrt; die zweite hat sich vorwiegend der Pflege des kranken Ehemannes und der Familie gewidmet. Würde der Beschwerdeführerin die Erwerbstätigkeit erlaubt, könnte sie zu den Lebenshaltungskosten beitragen. Ohnehin möglich wäre die Aufnahme einer Arbeit, seit sie eingebürgert ist, der Schwester der Beschwerdeführerin. Unabhängig davon, wie sich die Beteiligten organisieren, bestehen damit gewisse Möglichkeiten, den Aufwand für den Lebensunterhalt der Familie selbst zu tragen. 4.3 Die Tochter der Beschwerdeführerin hat ein offenkundiges Interesse daran, in der Schweiz zu leben, um von den hiesigen Ausbildungsmöglichkeiten und den allgemeinen Lebensbedingungen zu profitieren. Dazu zählt auch die bessere Sicherheitslage in der Schweiz im Vergleich zu Kolumbien. Als Schweizerin würde sie spätestens bei Volljährigkeit selbständig hierher zurückkehren können. Müsste sie die Schweiz heute verlassen, wäre bei einer solchen späteren Rückkehr vermehrt mit Integrationsschwierigkeiten zu rechnen als wenn sie hier aufwächst. Das liegt nicht im öffentlichen Interesse. 4.4 Entscheidend ist, dass sich alle Beteiligten nie etwas Nachteiliges haben zuschulden kommen lassen. Es besteht damit keine ordnungs- oder sicherheitspolizeiliche Rechtfertigung dafür, der Beschwerdeführerin die Anwesenheit in der Schweiz zu verweigern, die über die allgemeinen ausländerrechtlichen Gründe wie der Verfolgung einer restriktiven Einwanderungspolitik hinausgeht. Insbesondere gibt es keine Hinweise dafür, dass dem Nachzug der Beschwerdeführerin eine geplante rechtsmissbräuchliche Strategie zugrunde liegt. Die Vorinstanzen sind auch nicht von einem solchen Zusammenhang ausgegangen, sondern haben der Beschwerdeführerin und ihren Angehörigen in allen Verfahrensstadien zulässige Motive und korrektes Verhalten zugestanden. Die öffentlichen Interessen an einer Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung erweisen sich damit zwar als nicht unbedeutend, aber auch nicht als allzu ausgeprägt. Dem steht das Interesse aller Beteiligten gegenüber, ihr Familienleben zusammen in der Schweiz leben zu können. Angesichts dessen, dass die drei verbliebenen Angehörigen eine aussergewöhnliche Schicksalsgemeinschaft bilden, dass zwei der drei Beteiligten über das Schweizer Bürgerrecht verfügen und dass sich alle bisher klaglos verhalten haben, überwiegen angesichts der besonderen Ausgangslage des vorliegenden Falles die privaten Anliegen die entgegenstehenden öffentlichen Interessen der allgemeinen Ausländerpolitik. Dies gilt selbst dann, wenn den drei Angehörigen eine Ausreise nach Kolumbien grundsätzlich zumutbar wäre. 4.5 Der angefochtene Entscheid verstösst mithin gegen Art. 8 EMRK. 5. 5.1 Demnach erweist sich die Beschwerde als begründet und ist gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid muss aufgehoben werden, und das kantonale Amt ist anzuweisen, der Beschwerdeführerin die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Da der Beschwerdeführerin wegen der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege durch das Verwaltungsgericht keine Kosten für das vorinstanzliche Verfahren auferlegt worden sind, ist auf die damalige Kostenregelung nicht zurückzukommen. Hingegen ist nicht ausgeschlossen, dass ihr als obsiegender Partei eine höhere Entschädigung zugestanden wäre als sie gestützt auf die ihr gewährte unentgeltliche Verbeiständung erhalten hat. Das Verwaltungsgericht wird daher über die Entschädigungsfolge nochmals neu zu befinden haben. 5.2 Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Hingegen hat der Kanton Luzern die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 BGG). Damit wird das Gesuch um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern, verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 13. August 2008 wird aufgehoben. 2. Das Amt für Migration des Kantons Luzern wird angewiesen, der Beschwerdeführerin die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. 3. Die Akten gehen an das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern zu neuem Entscheid über die Entschädigung im vorinstanzlichen Verfahren. 4. Es werden keine Kosten erhoben. 5. Der Kanton Luzern hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 6. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung wird als gegenstandslos abgeschrieben. 7. Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Amt für Migration und dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 2. Februar 2009 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Müller Uebersax
b141fd81-c41a-4778-88c5-0b39746c96f0
de
2,013
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. X._ (geb. 1969) stammt aus der Mongolei. Sie reiste am 8. Oktober 2005 in die Schweiz ein und heiratete am 2. Februar 2006 den im Kanton Zürich niedergelassenen portugiesischen Staatsangehörigen Y._ (geb. 1963). Ihr wurde im Familiennachzug eine Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA erteilt. Aus der Ehe ging am 26. Oktober 2006 die Tochter A.X._ hervor, die über eine Niederlassungsbewilligung EG/EFTA verfügt. Am 9. April 2007 zog X._ ihren Sohn aus einer früheren Beziehung, B.X._ (geb. 1994), in die Schweiz nach; diesem wurde eine bis zum 1. Februar 2011 gültige Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA ausgestellt. B. Am 30. April 2010 widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich die Aufenthaltsbewilligungen von X._ und ihrem Sohn B.X._, da sich das Ehepaar X.Y._ getrennt habe und die eheliche Beziehung nur noch formell und ohne Aussicht auf Wiedervereinigung fortdauere. Ein von der Ehe losgelöster nachehelicher Bewilligungsanspruch bestehe nicht; der hier niederlassungsberechtigten Tochter, die sich noch in einem anpassungsfähigen Alter befinde und zu welcher der Vater keinerlei Beziehung mehr unterhalte, sei es zumutbar, mit der sorgeberechtigten Mutter und dem Stiefbruder auszureisen. Die kantonalen Rechtsmittelinstanzen bestätigten die Nichtverlängerung der (inzwischen abgelaufenen) umstrittenen Aufenthaltsbewilligungen am 4. Mai (Regierungsrat) bzw. 30. November 2011 (Verwaltungsgericht). Beide unterstrichen, dass X._ nicht als integriert gelten könne, da sie und ihre Familie in erheblicher Weise von der öffentlichen Fürsorge hätten unterstützt werden müssen. Eine Wiedereingliederung in der Heimat falle ihr und ihren Kindern sicher nicht leicht, doch liege mit Blick auf die Dauer der Anwesenheit und die familiären Beziehungen kein Grund vor, der einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich mache. Die trennungsbedingten psychischen Probleme von X._ könnten in deren Heimat sachgerecht behandelt werden. C. X._ und ihre beiden Kinder beantragen vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und das Migrationsamt des Kantons Zürich anzuweisen, ihre Aufenthaltsbewilligungen zu verlängern. Eventuell sei das Migrationsamt zu verpflichten, die Angelegenheit dem Bundesamt für Migration zur Prüfung einer vorläufigen Aufnahme zu unterbreiten. Für das regierungsrätliche Verfahren sei ihnen die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung zu gewähren. X._ und ihre Kinder machen geltend, die Vorinstanzen hätten das Freizügigkeitsrecht falsch angewandt; im Übrigen liege ein nachehelicher Härtefall vor, da eine Rückkehr und eine soziale Wiedereingliederung aus familiären und medizinischen Gründen nicht möglich seien. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde bezüglich der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung im Verfahren vor dem Regierungsrat als gegenstandslos abzuschreiben, da es den entsprechenden Antrag am 30. Januar 2012 erläuterungsweise gutgeheissen habe; im Übrigen sei die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Die Staatskanzlei ersucht im Namen des Regierungsrats des Kantons Zürich, die Beschwerde abzuweisen. Denselben Antrag stellt das Bundesamt für Migration. D. Der Abteilungspräsident legte der Beschwerde am 30. Januar 2012 aufschiebende Wirkung bei. E. Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 22. März 2013 öffentlich beraten.
Erwägungen: 1. 1.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide ausgeschlossen, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Für das Eintreten genügt, wenn die betroffene Person in vertretbarer Weise dartut, dass potenziell ein solcher Anspruch besteht (BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179 f., 497 E. 3.3 S. 500 f.). Die Beschwerdeführer berufen sich in einer nicht zum Vornherein aussichtslosen Weise als Angehörige eines EU-Bürgers (bzw. als portugiesisch-mongolische Doppelbürgerin [A.X._]) auf Rechtsansprüche aus dem Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681). Sie machen zudem in ausreichend begründeter Weise (vgl. Art. 42 BGG) geltend, es liege bei ihnen aufgrund der besonderen Umstände ein nachehelicher Härtefall vor (Art. 50 AuG; SR 142.20). Ob die jeweiligen Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, bildet praxisgemäss eine Frage der materiellen Beurteilung. 1.2. Auf die frist- und grundsätzlich auch formgerecht eingereichte Eingabe ist mit folgenden Vorbehalten einzutreten: 1.2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unzulässig in Bezug auf die vorläufige Aufnahme, die Wegweisung sowie gegen Entscheide über Abweichungen von den ausländerrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen (Art. 83 lit. c Ziff. 3 - 5 BGG). In diesen Punkten kann gegen letztinstanzliche kantonale Urteile ausschliesslich mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gelangt werden, wobei eine qualifizierte Begründungspflicht zu beachten ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 II 305 E. 3.3 S. 310). Soweit die Beschwerdeführer den angefochtenen Entscheid in diesen Punkten beanstanden, ohne im Einzelnen darzulegen, dass und inwiefern sie diesbezüglich über ein rechtlich geschütztes Interesse verfügen bzw. der angefochtene Entscheid besondere Grundrechte verletzen würde, ist auf ihre Anträge und unzulässigen appellatorischen Darlegungen mangels einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Begründung nicht weiter einzugehen (vgl. BGE 137 II 305 E. 3 mit Hinweisen). 1.2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss berichtigen oder ergänzen, falls er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführer kritisieren die Sachverhaltsfeststellung und die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, legen indessen nicht dar, dass und inwiefern diese klar und eindeutig mangelhaft wären. Es ist im Folgenden deshalb von den Vorgaben im angefochtenen Entscheid auszugehen. Soweit die Beschwerdeführer am 16. Februar 2012 zusätzliche Unterlagen (Ärztlicher Bericht vom 7. Februar 2012 bzw. Stellungnahme des Sozialzentrums Q._ vom 20. Januar 2012) nachgereicht haben, können diese nicht berücksichtigt werden. Es handelt sich dabei um im bundesgerichtlichen Verfahren unzulässige echte Noven (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 133 IV 342 E. 2 S. 343 f.). Dasselbe gilt für den vom Migrationsamt des Kantons Zürich am 25. Oktober 2012 übermittelten Strafbefehl gegen die Beschwerdeführerin 1 vom 13. September 2012. 1.2.3. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat am 1. Februar 2012 seinen Entscheid vom 30. November 2011 insofern ergänzt, als es das Gesuch der Beschwerdeführer um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung auch für das Rekursverfahren vor dem Regierungsrat guthiess. Die entsprechende Problematik bildet deshalb nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. 2. 2.1. Die Beschwerdeführerin 1 hat als Ehegattin eines EU-Bürgers gestützt auf das Freizügigkeitsrecht grundsätzlich einen (abgeleiteten) Anspruch auf die Verlängerung ihrer Bewilligung, solange die Ehe formell fortdauert (Art. 7 lit. d FZA i.V.m. Art. 3 Anhang I FZA; Urteil des EuGH vom 13. Februar 1985 C-267/83 Diatta, Rec. 1985 S. 567; BGE 130 II 113 E. 8 S. 127 ff.). Dieses Recht steht unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs (BGE 130 II 113 E. 9 S. 129 ff.); fehlt der Wille zur Gemeinschaft und dient das formelle Eheband ausschliesslich (noch) dazu, die ausländerrechtlichen Zulassungsvorschriften zu umgehen, fällt der Anspruch dahin (Urteil 2A.557/2002 vom 3. Juni 2004 E. 5; vgl. auch Art. 35 der RL 2004/38/EG [Unionsbürgerrichtlinie], ABl. L 229 vom 29. Juni 2004 S. 35 ff.). Die vom originär anwesenheitsberechtigten EU-Bürger abgeleitete Bewilligung des Drittstaatsangehörigen kann in diesem Fall mangels Fortdauerns der Bewilligungsvoraussetzungen gestützt auf Art. 23 Abs. 1 VEP (SR 142.203) i.V.m. Art. 62 lit. d AuG (Nichteinhalten einer mit der Verfügung verbundenen Bedingung) widerrufen oder nicht (mehr) verlängert werden, da das Freizügigkeitsabkommen diesbezüglich keine eigenen abweichenden Bestimmungen enthält (vgl. Art. 2 Abs. 2 AuG; vgl. die Urteile 2A.569/2004 vom 7. Oktober 2004 E. 2.2; 2C_886/2011 vom 28. Februar 2012 E. 3 u. 4 sowie 2C_13/2012 vom 8. Januar 2013 E. 2.1). 2.2. Die Beschwerdeführerin 1 und ihr portugiesischer Ehemann haben sich nach zwei Jahren und neun Monaten Ehe im Dezember 2008 definitiv getrennt. Auch wenn der Gatte sein Hab und Gut erst im März 2009 aus der gemeinsamen Wohnung abgeholt haben sollte, war die Ehe bereits vorher ihres Inhalts entleert. Die Beschwerdeführerin 1 hat wiederholt erklärt, dass sie und die gemeinsame Tochter ihren Gatten bzw. Vater ab Dezember 2008 nicht mehr gesehen hätten. Auch dieser hat bestätigt, dass die Trennung im Dezember 2008 erfolgt und eine Wiederaufnahme der Beziehung nicht infrage gekommen sei. Unter diesen Umständen durfte das Migrationsamt am 30. April 2010 davon ausgehen, dass sich die Beschwerdeführerin 1 auf eine inhaltsleere, nur noch formell bestehende Ehe berief, um ihr Anwesenheitsrecht zu sichern. Hierzu dient die freizügigkeitsrechtliche Nachzugsregelung für Drittstaatsangehörige nicht. Nur wenn die Voraussetzungen eines Verbleiberechts (vgl. Art. 4 des Anhangs 1 FZA und die Verordnung EWG Nr. 1251/70 vom 29. Juni 1970 [ABl. Nr. L 142 vom 30. Juni 1970 S. 24 ff.] sowie die Richtlinie 75/34/EWG vom 17. Dezember 1974 [ABl. Nr. L 014 vom 20. Januar 1975 S. 10 ff.]) oder eines eigenständigen Anwesenheitsrechts erfüllt sind, gilt freizügigkeitsrechtlich ein entsprechender Anspruch fort (vgl. das Urteil 2C_13/2012 vom 8. Januar 2013 E. 2.2). 3. 3.1. Die Beschwerdeführer berufen sich in diesem Zusammenhang auf Art. 3 Abs. 6 Anhang I FZA. Danach dürfen die Kinder eines Staatsangehörigen einer Vertragspartei unabhängig davon, ob dieser im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei eine Erwerbstätigkeit ausübt, eine solche ausgeübt hat oder erwerbslos ist, unter den gleichen Bedingungen am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen wie die Staatsangehörigen des Aufnahmestaates. Die Regelung ist Art. 12 der von der Schweiz als Acquis communautaire übernommenen Verordnung Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257 vom 19. Oktober 1968 S. 2 ff.) nachgebildet und stimmt mit dieser fast wörtlich überein. 3.2. Im Urteil Baumbast gegen das Vereinigte Königreich (Rs C-413/99) vom 17. September 2002 (Slg. 2002 I-7091) hat der EuGH in Auslegung dieser Bestimmung entschieden, dass die Kinder eines EU-Bürgers, die in einem Mitgliedstaat seit einem Zeitpunkt wohnen, zu dem jener ein Aufenthaltsrecht als Wanderarbeitnehmer hatte, sich dort weiter aufhalten dürfen, um am allgemeinen Unterricht teilnehmen zu können; dabei sei nicht von Belang, ob die Eltern der Kinder inzwischen geschieden wurden, nur einer von ihnen Bürger der Europäischen Union sei oder der Wanderarbeitnehmer seinerseits das Land verlassen habe bzw. die Kinder selber nicht über die EU-Bürgerschaft verfügten (Randnr. 63). Könnten die Kinder ein entsprechendes Aufenthaltsrecht geltend machen, erlaube Art. 12 der Verordnung Nr. 1612/68 auch dem die Sorge ausübenden Elternteil - losgelöst von dessen Staatsangehörigkeit - sich bei diesen aufzuhalten, um ihnen zu ermöglichen, ihr Recht auf Bildung wahrzunehmen (Randnr. 75). 3.3. In zwei Urteilen vom 23. Februar 2010 hat der EuGH diese Rechtsprechung bestätigt und präzisiert, dass dem Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ein Anspruch auf Aufenthalt in Anwendung von Art. 12 der Verordnung Nr. 1612/68 zukommt, ohne dass dieser von ausreichenden Existenzmitteln abhängig gemacht werden dürfte und der Bezug von Sozialhilfeleistungen ausgeschlossen wäre (Urteile vom 23. Februar 2010 Ibrahim [C-310/08] und Teixeira [C-480/08] gegen Vereinigtes Königreich, Randnr. 25 ff. bzw. Randnr. 34 ff.; FERDINAND WOLLENSCHLÄGER, Aktuelle Fragen der EU-Personenfreizügigkeit, in: Achermann et al. [Hrsg.], Jahrbuch für Migrationsrecht 2009/2010, S. 3 ff., dort 23 ff.). Das abgeleitete Anwesenheitsrecht des die Sorge tatsächlich wahrnehmenden Elternteils ende mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes, sofern dieses nicht weiterhin der Anwesenheit und Fürsorge des betreuenden Elternteils bedürfe, um seine Ausbildung fortsetzen bzw. abschliessen zu können (Urteil Teixeira, a.a.O., Randnr. 76 ff.; vgl. auch das Urteil 2A.475/2004 vom 25. Mai 2005 E. 4). 4. 4.1. 4.1.1. Das Freizügigkeitsabkommen ist gestützt auf die völkerrechtliche Methodik nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen (vgl. Art. 31 ff. des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 [SR 0.111]; vgl. ASTRID EPINEY, Freizügigkeitsabkommen Schweiz - EU: Erfahrungen, Herausforderungen und Perspektiven, in: Achermann et al. [Hrsg.], Jahrbuch für Migrationsrecht 2011/2012, 2012, S. 81 ff., dort 83 ff. mit weiteren Hinweisen). Gemäss Art. 16 Abs. 2 FZA ist für die Anwendung des Freizügigkeitsabkommens die einschlägige Rechtsprechung des EuGH vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung (21. Juni 1999) massgebend. Da es Ziel des Abkommens ist, die Freizügigkeit auf der Grundlage der in der Europäischen Gemeinschaft geltenden Bestimmungen zu verwirklichen (Präambel) und die Vertragsstaaten übereingekommen sind, in den vom Abkommen erfassten Bereichen alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, damit in ihren Beziehungen eine möglichst parallele Rechtslage besteht (Art. 16 Abs. 1 FZA), weicht das Bundesgericht praxisgemäss von der Auslegung abkommensrelevanter unionsrechtlicher Bestimmungen durch den EuGH nicht leichthin, sondern nur beim Vorliegen "triftiger" Gründe ab (BGE 136 II 65 E. 3.1 S. 70 f., 5 E. 3.4 S. 12 f. mit Hinweisen auf die Doktrin). Bezüglich "neuer" Entwicklungen besteht gestützt auf Art. 16 Abs. 2 FZA keine Befolgungspflicht, sondern höchstens ein Beachtungsgebot in dem Sinn, dass diese nicht ohne sachliche Gründe unbeachtet bleiben sollen, aber aus der Sicht der Vertragspartner auch nicht zu einer nachträglichen Änderung des Vertragsinhalts führen dürfen. Für eine solche sind die Verfahren nach Art. 17 (Entwicklung des Rechts) und Art. 18 (Revision) FZA vorgesehen. Der Schweizer Richter muss die Tragweite der neuen Rechtsprechung des EuGH jeweils auf dem Stand des 1999 übernommenen "Acquis communautaire" würdigen und auslegungsweise klären, ob deren Gehalt (noch) dem Regelungsgegenstand des an sich statisch ausgestalteten FZA entspricht oder ausschliesslich Teil der dynamischen Weiterbildung des Unionsrechts seit dem 21. Juni 1999 bildet und jenen damit sprengt. 4.1.2. Nicht anwendbar sind in der Regel nach dem Stichdatum ergangene Entscheide, soweit die Ausführungen des Gerichtshofs sich auf die Bestimmungen über die Unionsbürgerschaft und deren Kernbereich beziehen ("Kernbereichsdoktrin"; vgl. Art. 20 ff. AEUV; vgl. die Urteile vom 8. März 2011 C-34/09 Zambrano, vom 5. Mai 2011 oder vom 15. November 2011 C-256/11 Dereci; HAILBRONNER/THYM, Ruiz Zambrano - Die Entdeckung des Kernbereichs der Unionsbürgerschaft, in: NJW 2011 S. 2008 ff.; VÉRONIQUE BOILLET, La détermination du champ d'application de l'Accord sur la libre circulation des personnes au regard de la jurisprudence de la Cour européenne de justice: les implications des arrêts Zambrano et McCarthy, AJP 2012 S. 49 ff., S. 53 ff.; NATHALIE CHRISTEN, Le développement du regroupement familial inversé par la jurisprudence suisse et européenne, in: Amarelle/Christen/Nguyen [Hrsg.], Migrations et regroupement familial, 2012, S. 71 ff., dort 90; Florence Aubry Girardin, L'interprétation et l'application de l'Accord sur la libre circulation des personnes du point de vue de la jurisprudence, in: Epiney/Metz/Mosters [Hrsg.], Das Personenfreizügigkeitsabkommen Schweiz-EU: Auslegung und Anwendung in der Praxis, 2011, S. 29 ff., dort 41 ff.); dasselbe gilt für mit der Richtlinie 2004/38/EG neu eingeführte Rechte für die Unionsbürger wie etwa den bedingungslosen Anspruch auf Daueranwesenheit nach ununterbrochenem fünfjährigem (rechtmässigem) Aufenthalt (Art. 16 der RL 2004/38/EG) oder das voraussetzungslose Aufenthaltsrecht von bis zu drei Monaten (vgl. Art. 6 der Richtlinie 2004/38/EG; vgl. BGE 136 II 65 E. 4.2 S. 74 mit Hinweisen; Urteil 2C_487/2012 vom 2. April 2013 E. 4.4). 4.2. 4.2.1. In der Doktrin wird mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass - obwohl nach dem 21. Juni 1999 ergangen - sowohl das Urteil Baumbast wie die entsprechenden, die Praxis präzisierenden Entscheide Ibrahim und Teixeira im Rahmen des FZA zu übernehmen seien (vgl. MARC SPESCHA, in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli [Hrsg.], Migrationsrecht, 3. Aufl. 2012, N. 20 zu Art. 3 und N. 7 zu Art. 4 FZA; ASTRID EPINEY, Zur schweizerischen Rechtsprechung zum Personenfreizügigkeitsabkommen, in: Achermann et al. [Hrsg.], Jahrbuch für Migrationsrecht 2011/2012, 2012, S. 223 ff., dort 246 mit weiteren Hinweisen; SARAH PROGIN-THEURKAUF, Aufenthaltsrecht für Eltern von Kindern in Ausbildung, in: Asyl 4/10, S. 25 f.; Christina Schnell, Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Schweiz, 2010, S. 173 f.). Wie es sich damit verhält, braucht hier nicht abschliessend entschieden zu werden. Aufgrund der spezifischen Umstände besteht im vorliegenden Fall - so oder anders - kein entsprechender Anspruch. 4.2.2. Sinn und Zweck des in Art. 3 Abs. 6 des Anhangs I zum FZA übernommenen selbständigen Anwesenheitsrechts für Kinder von Bürgern aus EU- oder EFTA-Staaten bzw. deren Partnern ist es, über die Teilnahme am allgemeinen Unterricht die Integration in der Aufnahmegesellschaft zu fördern (vgl. das EuGH-Urteil Baumbast, a.a.O. Randnr. 60), was voraussetzt, dass die Kinder tatsächlich über diesen (bzw. anschliessend während der Lehrlings- und Berufsausbildung) bei (noch) intakter Familiengemeinschaft bereits in nennenswerter Weise begonnen haben, sich zu integrieren bzw. massgebliche Beziehungen ausserhalb der Kernfamilie auszubilden. Das ist bei Kleinkindern, die noch in erster Linie auf den familiären Bereich bezogen leben, nicht der Fall, auch wenn sie - wie die Beschwerdeführerin 3 - in eine Tageskrippe oder allenfalls in den Kindergarten gehen. 4.2.3. Der entsprechende Unterricht (Kindergarten) kann ohne Beeinträchtigung der freizügigkeitsrechtlichen Ansprüche (vgl. EuGH-Urteil Baumbast, a.a.O., Randnr. 62) im Drittstaat erfolgen, wenn das Sorgerecht über das Kind - wie hier - dem Drittstaatsangehörigen zugesprochen worden ist (Urteile 2A.130/2005 vom 12. April 2005 E. 1.2.1; 2A.475/2004 vom 25. Mai 2005 E. 4.7; LAURENT MERZ, Le droit de séjour selon l'ALCP et la jurisprudence du Tribunal fédéral, RDAF 2009 I S. 293). Mit der Abmeldung ins Ausland bzw. dem Ablauf von sechs Monaten nach der Ausreise mit dem sorgeberechtigten Elternteil fällt die gestützt auf den Familiennachzug im Rahmen des FZA an das Kind erteilte Niederlassungsbewilligung dahin (vgl. die Urteile 2C_656/2011 vom 8. Mai 2012 E. 3 und 2C_830/2010 vom 10. Juni 2011 E. 4). Das unmündige Kind teilt aus familienrechtlichen Gründen (Art. 25 Abs. 1 und Art. 301 Abs. 3 ZGB; Urteil 2C_31/2007 vom 27. Juli 2007 E. 2.5) das ausländerrechtliche Schicksal des sorgeberechtigten Elternteils und hat gegebenenfalls mit diesem das Land zu verlassen, wenn jener seinerseits sein vom freizügigkeitsberechtigten Arbeitnehmer abgeleitetes (derivatives) Anwesenheitsrecht verloren (vgl. das Urteil 2C_930/2012 vom 10. Januar 2013 E. 4.4.4) und kein eigenständiges Aufenthalts- oder Verbleiberecht erworben hat. Dies ist bei der Beschwerdeführerin 3 trotz ihrer EU-Bürgerschaft nicht der Fall, da sie über keine ausreichenden finanziellen Mittel verfügt, welche es ihr erlauben würden, sich als Freizügigkeitsberechtigte ohne Erwerbstätigkeit in der Schweiz aufzuhalten (vgl. Art. 24 FZA); sie kann auch keine Verbleiberechtssituation geltend machen (vgl. Art. 4 Anhang I FZA i.V.m. Art. 3 und 2 der Verordnung [EWG] Nr. 1251/70 [ABl Nr. L 142 vom 30. Juni 1970, S. 24 ff.]). 4.2.4. Der Beschwerdeführer 2 verfügt seinerseits nicht über die Staatsbürgerschaft eines EU-/EFTA-Staats. Er ist zwar im Familiennachzug des portugiesischen Freizügigkeitsberechtigten gestützt auf Art. 3 Abs. 2 lit. a FZA in die Schweiz eingereist. Mit seinem hier lebenden und arbeitenden (Stief-) Vater hat er aber kaum zusammengelebt. Im Zeitpunkt, als er seine Ausbildung als Elektriker begann, war die eheliche Gemeinschaft längst aufgelöst und bestand zwischen seiner Mutter und dem Stiefvater nur noch das formelle Eheband fort, dessen Anrufung ohne jegliche Aussicht auf eine Wiederannäherung als rechtsmissbräuchlich zu gelten hatte. Er könnte sich für den weiteren Aufenthalt, um seine Ausbildung abzuschliessen, allenfalls dann auf Art. 3 Abs. 6 des Anhangs I FZA in der Auslegung des EuGH zu Art. 12 der Verordnung Nr. 1612/68 berufen, wenn ihm die Rückkehr in die Heimat nicht zuzumuten wäre (Urteil des EuGH vom 15. März 1989 C-389/87 / C-390/87 Echternach und Moritz, Randnr. 23) und es darum ginge, eine vor dem Dahinfallen der das abgeleitete Anwesenheitsrecht begründenden Familiengemeinschaft begonnene Ausbildung (noch) abzuschliessen. Dem ist hier nicht so: Der Beschwerdeführer 2 hat bis zum 9. April 2007 in der mongolischen Grossfamilie in Ulaanbaatar gelebt. Die Eheleute haben sich im Dezember 2008 getrennt. Seine Ausbildung begann er, nachdem er den Haushalt seiner (sorgeberechtigten) Mutter im April 2010 verlassen hatte und sich - so oder anders - nicht mehr als Stiefsohn eines EU-Bürgers auf sein (über die Mutter zweifach) abgeleitetes freizügigkeitsrechtliches Aufenthaltsrecht berufen konnte. 4.2.5. Ein aus dem Anwesenheitsrecht des Kindes, welches diesem zum Zwecke des Abschlusses der Ausbildung eingeräumt wird, abgeleitetes Anwesenheitsrecht eines Elternteils setzt voraus, dass dieser das Sorgerecht tatsächlich wahrnimmt. Vorliegend fehlt es - wie dargelegt - bereits am Anwesenheitsrecht des Kindes; im Übrigen nimmt die Beschwerdeführerin 1 das Sorgerecht über ihren Sohn nicht mehr wahr. Wegen zahlreicher Spannungen hat dieser den elterlichen Haushalt Mitte April 2010 verlassen. Er lebt in einem Lehrlingsheim in I._, wo er betreut wird; durch dessen Vermittlung hat er im August 2011 schliesslich eine Lehrstelle gefunden. Die Beschwerdeführerin 1 kann sich deshalb für ihren weiteren Verbleib nicht auf einen (allenfalls von ihrem Sohn) abgeleiteten Anspruch aus Art. 3 Abs. 6 des Anhangs I FZA berufen, da sie sich - entgegen der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 12 der Verordnung Nr.1612/68 - nicht mehr um diesen kümmert, selbst wenn er über einen Aufenthaltsanspruch verfügen würde. Die EuGH-Rechtsprechung i.S. Zhu und Chen (C-200/02 vom 19. Oktober 2004) fände auf sie im Rahmen von Art. 24 Anhang I FZA keine Anwendung, da weder ihre Kinder noch sie selber hinreichende finanzielle Mittel besitzen, um für die Familie in der Schweiz aufkommen zu können. Auch aus dem freizügigkeitsrechtlichen Diskriminierungsverbot von Art. 2 FZA ergibt sich nichts anderes: Verfügt keines der Kinder über ein freizügigkeitsrechtliches Aufenthaltsrecht in der Schweiz, kann sich die Frage einer Ungleichbehandlung vom sorgeberechtigten Drittstaatsangehörigen im umgekehrten Familiennachzug (zu Schweizer Kindern) nicht stellen; im Übrigen bleibt diesbezüglich regelmässig ebenfalls eine fortgesetzte und erhebliche Sozialhilfeabhängigkeit vorbehalten (Urteile 2C_234/2010 vom 11. Juli 2011 E. 2.4.3; 2C_54/2011 vom 16. Juni 2011 E. 2.2; 2C_327/2010 / 2C_328/2010 vom 19. Mai 2011 E. 5.2.5). 5. 5.1. Auch aus Art. 8 Ziff. 1 EMRK ergibt sich für die Beschwerdeführer kein Aufenthaltsanspruch. Keiner von ihnen verfügt nach dem Gesagten über ein gefestigtes freizügigkeits- oder nationalrechtliches Anwesenheitsrecht; sie haben das Land gemeinsam zu verlassen und können ihr Familienleben in der gemeinsamen Heimat pflegen (vgl. BGE 122 II 289 E. 3b S. 297). Ein konventionsrechtlicher Anwesenheitsanspruch setzt eine tatsächlich gelebte familiäre Beziehung voraus: Zwischen Mutter und Sohn, der inzwischen auch volljährig geworden ist, besteht keine solche mehr, auch ist kein Abhängigkeitsverhältnis ersichtlich. Die in der Schweiz geborene Beschwerdeführerin 3 ist erst sechs Jahre alt. Sie befindet sich noch in einem anpassungsfähigen Alter (vgl. BGE 122 II 289 E. 3c S. 298) und hat noch keine über die engeren Familienbande reichenden sozialen Kontakte geknüpft, die eigenständig im Rahmen des Schutzes des Privatlebens von Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV ins Gewicht fallen würden. Sie teilt ausländerrechtlich das Schicksal ihrer sorgeberechtigten Mutter. 5.2. 5.2.1. Die Beschwerdeführerin 1 lebt erst seit rund sieben Jahren im Land. Sie ist im Alter von 27 Jahren in die Schweiz eingereist und mit den Verhältnissen in ihrer Heimat, wo sie aufgewachsen und sozialisiert worden ist, vertraut. Sie hat dort als Künstlerin, Schauspielerin und Synchronsprecherin gearbeitet und vor der Ausreise in die Schweiz über eine eigene Wohnung verfügt, die sie verkauft hat. In Ulaanbaatar halten sich weitere Angehörige (Mutter/Geschwister) auf, welche ihr beistehen und Halt bieten können. Zwar ist sie durch das Scheitern der Ehe und wegen ihrer unsicheren Zukunft zurzeit psychisch beeinträchtigt; wie die Vorinstanz für das Bundesgericht indessen verbindlich (vgl. Art. 105 Abs. 2 BGG) festgestellt hat, ist ihre medizinische Behandlung auch in der Mongolei sichergestellt. Es bestehen dort neben 35 ambulanten Kliniken, 7 Tageskliniken, 21 stationäre Einrichtungen und ein Spital für psychische Krankheiten. Diverse Psychopharmaka und Antidepressiva sind ebenfalls erhältlich (vgl. das Urteil des BVGer. D-4257/2008 vom 5. Oktober 2009 E. 6.3). 5.2.2. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin mittelgradig depressiv ist und im Zusammenhang mit ihrer Rückkehr zurzeit Selbstmordgedanken hegt, begründet für sich allein keinen Anspruch auf einen weiteren Verbleib im Land. Die schweizerischen Behörden sind gehalten, im Rahmen der konkreten Rückkehrmassnahmen alles ihnen Zumutbare vorzukehren, um medizinisch bzw. betreuungsweise sicherzustellen, dass das Leben und die Gesundheit der Beschwerdeführerin und ihrer Kinder nicht beeinträchtigt werden; sie sind indessen nicht verpflichtet, im Hinblick auf die momentan kritische Situation in Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben dem Ansinnen der Beschwerdeführerin 1 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (und den damit verbundenen weiteren Fürsorgeleistungen) im Rahmen von Art. 8 EMRK zu entsprechen. 6. Bei dieser Ausgangslage können sich die Beschwerdeführer auch nicht auf einen nachehelichen Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG berufen: Danach besteht der Bewilligungsanspruch nach einer gescheiterten Ehe bzw. Familiengemeinschaft fort, falls wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt der ausländischen Familienmitglieder in der Schweiz erforderlich machen (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2 S. 348 ff.). Entscheidend ist, ob die persönliche, berufliche und familiäre Eingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer Rückkehr in ihre Heimat als stark gefährdet zu gelten hätte, und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre und - aus welchen Gründen auch immer - vorgezogen würde (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350). Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der gesamten Umstände eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben voraus, die mit der Lebenssituation nach dem Dahinfallen der abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sein muss (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350). Zwar mag der Beschwerdeführerin 1 aufgrund ihrer derzeitigen gesundheitlichen Probleme die Pflicht schwerfallen, das Land verlassen zu müssen. Der blosse Umstand, dass das Gesundheits- oder Sozialversicherungswesen in einem anderen Staat nicht mit jenem in der Schweiz vergleichbar ist und die hiesige medizinische Versorgung einem höheren Standard entspricht, hat jedoch nicht bereits die Unzumutbarkeit einer Rückkehr in die früheren Verhältnisse zur Folge (vgl. das Urteil 2C_833/2011 vom 6. Juni 2012 E. 3.3.2; BGE 128 II 200 E. 5.3). Es handelt sich hierbei um keinen wichtigen persönlichen Grund, der einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen würde. Auch wenn die Beschwerdeführerin heute etwas Deutsch spricht und punktuell Reinigungsarbeiten nachgeht bzw. nachgegangen ist, liegen keine persönlichen Umstände vor, welche einen nachehelichen Härtefall begründen; dies auch dann nicht, wenn die Situation der Kinder mitberücksichtigt wird. 7. 7.1. Die Beschwerdeführer verfügen über keinen Rechtsanspruch auf die beantragte weitere Anwesenheit in der Schweiz. Ob und wieweit ihnen oder einem Teil von ihnen gestützt auf Art. 30 Abs. 1 lit. b AuG allenfalls eine allgemeine Härtefallbewilligung erteilt werden könnte, wofür gewisse Gründe sprechen mögen (begonnene Ausbildung des Beschwerdeführers 2 usw.), kann das Bundesgericht nicht prüfen, da sich seine Zuständigkeit auf Anspruchsbewilligungen beschränkt (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG und Art. 96 AuG; vgl. oben E. 1.2.1). Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen, soweit sie nicht gegenstandslos geworden ist (vgl. E. 1.2.3) und darauf eingetreten werden kann. 7.2. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend würden die Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da ihre Eingabe jedoch nicht zum Vornherein aussichtslos war, ist dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu entsprechen (Art. 64 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten und sie nicht gegenstandslos geworden ist. 2. Den Beschwerdeführern wird die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gewährt. 2.1. Es werden keine Kosten erhoben. 2.2. Rechtsanwältin Antonia Kerland, wird als unentgeltliche Rechtsbeiständin der Beschwerdeführer bestellt und aus der Gerichtskasse mit Fr. 3'000.-- entschädigt. 3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 22. März 2013 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
b1df77f2-7193-4dee-886c-aa75dfd9bee5
de
2,007
CH_BGer_009
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: Sachverhalt: A. A.a Mit Beschluss vom 16. Dezember 1997 nahm der Regierungsrat des Kantons Zug unter anderem die von der Klinik X._ AG betriebene Klinik X._ "mit 50 Betten, zuzüglich Säuglings- und Spezialbetten" in die Spitalliste auf. Im beigefügten Antrag der Sanitätsdirektion wurde ausgeführt, die Aufnahme sei an die Bedingung geknüpft, dass nur 50 Betten betrieben würden; entsprechend laute auch das Gesuch. Am 1. März 1998 nahm die Klinik ihren Betrieb auf und unterhielt in der Folge 52 Betten, was weder vom Regierungsrat noch von den Krankenversicherern beanstandet wurde. Im Jahr 1999 kam es zwischen dem Zentralschweizer Krankenversicherer-Verband (ZKV) und der Klinik X._ AG zu Tarifstreitigkeiten. Nachdem die Tarifverhandlungen zu keiner Einigung geführt hatten, legte der Regierungsrat am 30. Januar 2001 nach Art. 47 KVG die Tarife fest. Dagegen führten sowohl santésuisse (als Rechtsnachfolgerin des ZKV) als auch die Klinik X._ AG Beschwerde beim Bundesrat. Im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens äusserte sich das Bundesamt für Justiz am 24. Dezember 2002 in einem an den Rechtsvertreter der Klinik X._ AG gerichteten Schreiben dahingehend, dass eine Überprüfung der von der Klinik geltend gemachten Kosten für die Anlagennutzung nur mittels einer Expertise möglich wäre, deren Anordnung indessen unverhältnismässig sei. Stattdessen biete sich ein - von der Klinik akzeptierter - Vergleich mit der von der Zentralstelle für Medizinaltarife UVG vorgenommenen Berechnung der normativen Investitions- und Grundstückskosten an, welche zwar erst ab 2000 (auf der Grundlage von 66 Betten) vorliege, aber auch für das Jahr 1999 (in welchem Jahr die Klinik nur über 52 Betten verfügt habe) herangezogen werden könne. Die Klinik X._ AG machte von der ihr eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme am 27. Januar 2003 Gebrauch und führte unter anderem zur Bettenzahl aus, dass sie grundsätzlich 52 durchschnittlich betriebene, KVG-relevante Betten (gemäss Spitalliste) habe und effektiv 66 Betten im Haus seien, um die saisonalen Schwankungen auffangen und auf den wechselnden Patientenmix in der Versicherungsklasse (Einbettzimmer, welche auch als Zweibettzimmer genutzt werden können) flexibel reagieren zu können; für die Berechnung der Anlagennutzungskosten seien daher die effektiven Betten massgebend. Diese Stellungnahme wurde in der Folge den übrigen Verfahrensparteien (Regierungsrat sowie santésuisse) zugestellt. Mit Eingabe vom 18. Februar 2003 an das Bundesamt für Justiz vertrat die Gesundheitsdirektion die Auffassung, es sei nicht haltbar, die Planbettenzahl gemäss Spitalliste nach Gutdünken der Klinik auf 66 aufzustocken. Der Rechtsvertreter von santésuisse wies mit Schreiben vom 24. Februar 2003 "mit allem Nachdruck" darauf hin, dass bloss 50 Betten in die Spitalliste aufgenommen worden seien, weshalb sich das Berechnungsmodell nicht auf eine höhere Bettenzahl beziehen dürfe. Ob effektiv 66 Betten im Haus seien, sei nicht von Bedeutung. Diese Auffassung bekräftigte er mit Eingabe vom 13. März 2003. Mit Entscheid vom 2. Juli 2003 hiess der Bundesrat die beiden Beschwerden teilweise gut und legte die Tagespauschale für die allgemeine Abteilung neu fest. Dabei ging er für die Berechnung der Anlagennutzungskosten von einer bereits seit 1998 bestehenden Bettenzahl von 66 aus mit der Begründung, für die Tarifberechnung sei von den effektiven Verhältnissen auszugehen, auch wenn sie der Spitalliste klar widersprächen. A.b Anlässlich des Antrittsbesuchs des neuen Direktors der Klinik X._ am 13. März 2003 konfrontierte die Gesundheitsdirektion die Vertreter der Klinik mit der Aussage betreffend die effektive Bettenzahl gemäss Rechtsschrift vom 27. Januar 2003. Am 9. April 2003 richtete die Gesundheitsdirektion sodann ein Schreiben an die Klinik X._ AG, in welchem sie unter Bezugnahme auf die erwähnte Rechtsschrift vom 27. Januar 2003, die seitherigen Gespräche sowie einen Artikel in der Neuen Zuger Zeitung vom 3. April 2003 ausführte, dass sie sich veranlasst sehe, ein Verfahren betreffend Bettenzahl einzuleiten. In ihrem Antwortschreiben vom 28. April 2003 stellte sich die Klinik X._ AG auf den Standpunkt, es sei bereits seit längerem bekannt, dass sie 66 Betten betreibe, und verwies dazu unter anderem auf einen Artikel in der Neuen Zuger Zeitung vom 15. Mai 2001, in welchem bereits von 66 Betten zu Spitzenzeiten (durchschnittlich 52 Betten) die Rede war. Die Spitalplanung beziehe sich nur auf Betten der Allgemeinabteilung; der Kanton sei nicht befugt, die Bettenzahl auf den Zusatzversicherungsabteilungen zahlenmässig zu beschränken. Sie habe die KVG-relevante Auslastungsgrenze von Betten in all den Jahren ihres Bestehens nie überschritten. Am 5. Mai 2003 reichte sie eine Jahresstatistik nach, gemäss welcher sie in den Jahren von 1998-2003 in Bezug auf die Zahl von 50 Betten eine Auslastung von 39.36-76.02 % erzielt habe. Am 27. Mai 2003 beschloss der Regierungsrat, gemäss rechtskräftiger Spitalliste dürfe die Klinik X._ maximal 50 Krankenbetten für Erwachsene, zuzüglich Säuglings- und Spezialbetten, betreiben, was für alle Versicherungsklassen gelte; die Klinik wurde aufgefordert, den Kapazitätsbeschränkungen innert vier Monaten uneingeschränkt Beachtung zu schenken. Gegen diesen Beschluss erhob die Klinik X._ AG am 1. Juli 2003 Beschwerde an den Bundesrat. Darin führte sie aus, sie betreibe, was seit langem bekannt sei, 66 Betten. Die Spitalplanung und die darin festgelegte Bettenzahl gelte nicht für die Zusatzversicherungsbetten. Zudem überschreite sie die festgelegte Zahl von 50 Betten nicht, da es sich bei 17 ihrer Betten um Spezialbetten handle, welche zusätzlich zu den 50 Betten zulässig seien. Der Bundesrat folgte der Auffassung der Klinik X._ AG, wonach im Bereich der Zusatzversicherungsbetten keine Planungshoheit bestehe, nicht und wies die Beschwerde mit Entscheid vom 13. April 2005 ab. Auf die von der Klinik X._ AG hiergegen eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde trat das damalige Eidgenössische Versicherungsgericht (seit 1. Januar 2007: Bundesgericht) mit Urteil K 71/05 vom 28. Dezember 2005 (publiziert in BGE 132 V 6) nicht ein. A.c Mit Schreiben vom 18. Juli 2003 verlangte santésuisse Zentralschweiz von der Klinik X._ AG eine Rückforderung ungerechtfertigt erbrachter Leistungen im Umfang von Fr. 11'437'541.-, weil gemäss Darstellung der Klinik X._ AG im Tariffestsetzungsverfahren vor dem Bundesrat entgegen der Spitalliste 66 statt 50 Betten betrieben worden seien. A.c Mit Schreiben vom 18. Juli 2003 verlangte santésuisse Zentralschweiz von der Klinik X._ AG eine Rückforderung ungerechtfertigt erbrachter Leistungen im Umfang von Fr. 11'437'541.-, weil gemäss Darstellung der Klinik X._ AG im Tariffestsetzungsverfahren vor dem Bundesrat entgegen der Spitalliste 66 statt 50 Betten betrieben worden seien. B. Am 31. März 2004 erhoben die im Rubrum erwähnten Krankenversicherer, vertreten durch santésuisse Zentralschweiz, Klage beim Verwaltungsgericht des Kantons Zug als Schiedsgericht nach Art. 89 KVG mit dem Rechtsbegehren, es sei der Rückforderungsbetrag, welchen die Klinik X._ AG als Beklagte wegen Verstosses gegen die Spitalliste für die Jahre 1998 bis 2003 rückzuerstatten habe, zu ermitteln, und die Beklagte zu verpflichten, diesen Betrag nebst 5 % Zins seit 1. Januar 2001 zurückzuerstatten. Den Klägern sei Gelegenheit zu geben, ihre Ansprüche nach Abschluss des Beweisverfahrens zu präzisieren; unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Beklagten. Die Klinik X._ AG beantragte die Abweisung der Klage, soweit darauf einzutreten sei. Sie bestritt bezüglich einiger Klägerinnen die sachliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts, da das vertraglich vereinbarte Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt worden sei. Des Weitern machte sie Verwirkung der Forderung geltend. Replicando erweiterten die Kläger ihr Rückforderungsbegehren auf das Jahr 2004; die Klinik X._ AG beantragte duplicando Nichteintreten auf die Klageerweiterung und hielt im Übrigen an den in der Klageantwort gestellten Anträgen fest. Mit Entscheid vom 19. April 2006 wies das Schiedsgericht die Klage ab, soweit es darauf eintrat. Zur Zuständigkeit führte es aus, ein lediglich vertraglich vereinbartes Vermittlungsverfahren schliesse die direkte Einreichung einer Klage beim Schiedsgericht nicht aus; ohnehin habe im Zeitpunkt der Klageeinreichung keine entsprechende Vereinbarung mehr bestanden. In der Sache erwog es, spätestens mit der Zustellung der Eingabe der Beklagten vom 27. Januar 2003 hätten die Kläger Kenntnis erhalten, dass die Beklagte 66 Betten betreibe. Die am 31. März 2004 eingereichte Klage sei demnach verwirkt. Zudem könnten in Kenntnis der Unrechtmässigkeit vorbehaltlos ausgerichtete Leistungen nicht mehr zurückgefordert werden, was mindestens für die ab Anfang Februar 2003 geleisteten Zahlungen zutreffe. Die Frage nach der Zulässigkeit der Klageerweiterung für die Leistungen des Jahres 2004 sei unter diesen Umständen nicht mehr von entscheidender Bedeutung. Da das Schiedsgericht in seiner Praxis die Klageerweiterung nicht zulasse, stelle sich einzig die Frage, ob das Gericht nicht gehalten gewesen wäre, die Kläger auf die Unzulässigkeit der Klageerweiterung hinzuweisen; selbst wenn man dies annähme, wäre aber die Rückforderung der in Kenntnis der Unrechtmässigkeit erbrachten Leistungen ausgeschlossen. Mit Entscheid vom 19. April 2006 wies das Schiedsgericht die Klage ab, soweit es darauf eintrat. Zur Zuständigkeit führte es aus, ein lediglich vertraglich vereinbartes Vermittlungsverfahren schliesse die direkte Einreichung einer Klage beim Schiedsgericht nicht aus; ohnehin habe im Zeitpunkt der Klageeinreichung keine entsprechende Vereinbarung mehr bestanden. In der Sache erwog es, spätestens mit der Zustellung der Eingabe der Beklagten vom 27. Januar 2003 hätten die Kläger Kenntnis erhalten, dass die Beklagte 66 Betten betreibe. Die am 31. März 2004 eingereichte Klage sei demnach verwirkt. Zudem könnten in Kenntnis der Unrechtmässigkeit vorbehaltlos ausgerichtete Leistungen nicht mehr zurückgefordert werden, was mindestens für die ab Anfang Februar 2003 geleisteten Zahlungen zutreffe. Die Frage nach der Zulässigkeit der Klageerweiterung für die Leistungen des Jahres 2004 sei unter diesen Umständen nicht mehr von entscheidender Bedeutung. Da das Schiedsgericht in seiner Praxis die Klageerweiterung nicht zulasse, stelle sich einzig die Frage, ob das Gericht nicht gehalten gewesen wäre, die Kläger auf die Unzulässigkeit der Klageerweiterung hinzuweisen; selbst wenn man dies annähme, wäre aber die Rückforderung der in Kenntnis der Unrechtmässigkeit erbrachten Leistungen ausgeschlossen. C. Die im Rubrum erwähnten Krankenversicherer erheben Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei der Entscheid des Schiedsgerichts aufzuheben und die Sache zur Ermittlung der Rückforderungssumme an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Klinik X._ AG schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die Klinik X._ AG schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. D. Die Beschwerdeführer reichten am 10. November 2006 Gegenbemerkungen zur Vernehmlassung ein, zu welchen die Beschwerdegegnerin am 1. Dezember 2006 Stellung nahm.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Mit diesem Gesetz ist die bisherige organisatorische Selbstständigkeit des Eidgenössischen Versicherungsgerichts aufgehoben und dieses mit dem Bundesgericht fusioniert worden (Seiler/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum BGG, Bern 2007, Art. 1 N 4 und Art. 132 N 15). Weil der angefochtene Entscheid jedoch vor dem 1. Januar 2007 ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach dem bis zum 31. Dezember 2006 in Kraft gewesenen Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; Art. 131 Abs. 1 und Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). 1.2 Für den Streit über die Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Leistungen der Krankenversicherer ist das in Art. 89 KVG vorgesehene Schiedsgericht zuständig (Urteil K 119/04 vom 6. Oktober 2005, E. 2.2 und 4.1), dessen Entscheid beim Bundesgericht (bis Ende 2006: Eidgenössisches Versicherungsgericht) angefochten werden kann (Art. 91 KVG). Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist mithin zulässig. 1.3 Beim Rückforderungsstreit zwischen Krankenversicherern und Leistungserbringern geht es nicht um Versicherungsleistungen im Sinne von Art. 132 OG (BGE 119 V 448 E. 1 S. 449; RKUV 2003 Nr. KV 250 S. 216 E. 4.1 [Urteil K 9/00 vom 24. April 2003]). Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 1.3 Beim Rückforderungsstreit zwischen Krankenversicherern und Leistungserbringern geht es nicht um Versicherungsleistungen im Sinne von Art. 132 OG (BGE 119 V 448 E. 1 S. 449; RKUV 2003 Nr. KV 250 S. 216 E. 4.1 [Urteil K 9/00 vom 24. April 2003]). Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 2. Die Beschwerdegegnerin macht in ihrer Vernehmlassung wie im kantonalen Verfahren geltend, die Vorinstanz hätte auf die Klage in Bezug auf einige der Beschwerdeführer wegen vertraglicher Schiedsabreden nicht eintreten dürfen. 2.1 Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen, ob die Vorinstanz zu Recht auf eine Klage eingetreten ist (BGE 128 V 89 E. 2a S. 89 f.). Die Frage ist daher zu prüfen, auch wenn die Beschwerdegegnerin selber kein Rechtsmittel eingelegt hat. 2.2 Nach Art. 25 Abs. 4 des bis Ende 1995 in Kraft gewesenen Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 13. Juni 1911 (KUVG) hatte der Klage vor dem Schiedsgericht ein Vermittlungsverfahren vorauszugehen, sofern nicht schon eine vertraglich eingesetzte Vermittlungsinstanz geamtet hatte. Art. 89 KVG hat diese Regelung nicht übernommen, so dass das Bundesrecht kein Vermittlungsverfahren mehr vorschreibt (RKUV 2005 Nr. KV 318 S. 71 E. 5.1 [Urteil K 97/04 vom 22. Dezember 2004]). Das (damalige) Eidgenössische Versicherungsgericht hat in RKUV 2004 Nr. KV 289 S. 309 E. 8 (Urteil K 143/03 vom 30. April 2004) entschieden, es sei unter der Herrschaft von Art. 89 KVG bundesrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Kantone weiterhin ein Schiedsgerichtsverfahren vorsehen, welchem ein Schlichtungs- oder Vermittlungsverfahren voranzugehen hat (vgl. auch RKUV 2005 Nr. KV 318 S. 71 E. 5 [Urteil K 97/04 vom 22. Dezember 2004]). Es hat aber ausdrücklich offen gelassen, wie vorzugehen ist, wenn das Erfordernis, ein Vermittlungsverfahren zu durchlaufen, nicht mehr im kantonalen Recht verankert ist, wie das im Kanton Zug unbestrittenermassen der Fall ist. 2.3 Die Beschwerdegegnerin hat auszugsweise Verträge mit einigen der beschwerdeführenden Krankenversicherern vorgelegt, in welchen als Schlichtungsinstanz eine paritätische Ad-hoc-Kommission vorgesehen ist. Aus den eingereichten Vertragsauszügen ergibt sich jedoch nur, dass die Parteien eine solche Schlichtungsinstanz anrufen, nicht aber, dass vor der Klage beim Schiedsgericht zwingend an diese Instanz zu gelangen wäre. 2.4 Im Unterschied zum Privatrecht, wo aufgrund der Privatautonomie eine Schieds- oder auch eine Gerichtsstandsvereinbarung möglich ist, wird im öffentlichen Recht die Zuständigkeit der Gerichte grundsätzlich zwingend durch das Gesetz festgelegt (vgl. Art. 7 VwVG; Benoît Bovay, Procédure administrative, Bern 2000, S. 88, 94; Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 80; Kölz/Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, S. 85 Rz. 231). Die Zulässigkeit von gesetzlich nicht vorgesehenen, rein vertraglich vereinbarten Schiedsgerichten ist daher im öffentlichen Recht fraglich und umstritten und jedenfalls nicht ohne weiteres zu bejahen (vgl. Urteil 2A.269/1988 vom 14. Dezember 1989, E. 1b; Kölz/Häner, a.a.O., S. 85 Rz. 231; Adrian Staehelin, Das öffentlich-rechtliche Schiedsgericht, in: Privatrecht/Öffentliches Recht/ Strafrecht, Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1985, Basel 1985, S. 381 ff.; Thibault Blanchard, Le partage du contentieux administratif entre le juge civil et le juge administratif, Lausanne 2005, S. 125 ff.; Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Bern, Bern 1997, N 11 zu Art. 3; Kölz/Bosshard/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, N 2 zu § 5). Zumindest muss aber im Hinblick auf die zwingende Natur der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung verlangt werden, dass nur mit einer unzweideutigen vertraglichen Regelung ein zwingendes Schiedsgericht vereinbart werden kann. Dem genügen die vorgelegten Vertragsklauseln nicht, soweit ein Schieds- oder Schlichtungsverfahren im massgeblichen (Art. 89 Abs. 5 KVG) kantonalen Recht nicht vorgesehen ist. Sie regeln eine Schlichtungsinstanz, die ohne weiteres im beidseitigen Einvernehmen der Parteien angerufen werden kann. Doch kann gestützt darauf einer Partei nicht das Recht verwehrt werden, direkt das staatliche Gericht anzurufen. Die Vorinstanz ist daher mit Recht auf die Klage eingetreten. 2.4 Im Unterschied zum Privatrecht, wo aufgrund der Privatautonomie eine Schieds- oder auch eine Gerichtsstandsvereinbarung möglich ist, wird im öffentlichen Recht die Zuständigkeit der Gerichte grundsätzlich zwingend durch das Gesetz festgelegt (vgl. Art. 7 VwVG; Benoît Bovay, Procédure administrative, Bern 2000, S. 88, 94; Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 80; Kölz/Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, S. 85 Rz. 231). Die Zulässigkeit von gesetzlich nicht vorgesehenen, rein vertraglich vereinbarten Schiedsgerichten ist daher im öffentlichen Recht fraglich und umstritten und jedenfalls nicht ohne weiteres zu bejahen (vgl. Urteil 2A.269/1988 vom 14. Dezember 1989, E. 1b; Kölz/Häner, a.a.O., S. 85 Rz. 231; Adrian Staehelin, Das öffentlich-rechtliche Schiedsgericht, in: Privatrecht/Öffentliches Recht/ Strafrecht, Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1985, Basel 1985, S. 381 ff.; Thibault Blanchard, Le partage du contentieux administratif entre le juge civil et le juge administratif, Lausanne 2005, S. 125 ff.; Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Bern, Bern 1997, N 11 zu Art. 3; Kölz/Bosshard/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, N 2 zu § 5). Zumindest muss aber im Hinblick auf die zwingende Natur der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung verlangt werden, dass nur mit einer unzweideutigen vertraglichen Regelung ein zwingendes Schiedsgericht vereinbart werden kann. Dem genügen die vorgelegten Vertragsklauseln nicht, soweit ein Schieds- oder Schlichtungsverfahren im massgeblichen (Art. 89 Abs. 5 KVG) kantonalen Recht nicht vorgesehen ist. Sie regeln eine Schlichtungsinstanz, die ohne weiteres im beidseitigen Einvernehmen der Parteien angerufen werden kann. Doch kann gestützt darauf einer Partei nicht das Recht verwehrt werden, direkt das staatliche Gericht anzurufen. Die Vorinstanz ist daher mit Recht auf die Klage eingetreten. 3. 3.1 Die Vorinstanz hat erwogen, grundsätzlich könnten die Krankenversicherer gemäss Art. 25 ATSG (in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 KVG) bzw. nach dem in der Krankenversicherung vor Inkrafttreten des ATSG analog anwendbaren aArt. 47 AHVG (in Kraft bis 31. Dezember 2002; vgl. BGE 126 V 23 E. 4a; zur zeitlichen Anwendbarkeit dieser beiden Bestimmungen: BGE 130 V 318) Leistungen zurückverlangen, soweit die Beschwerdegegnerin mehr Patienten zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung behandelt habe, als in der Spitalliste Betten zugelassen waren. 3.2 Die obligatorische Krankenpflegeversicherung vergütet nur Leistungen, welche von zugelassenen Leistungserbringern erbracht werden (Art. 35 ff. sowie Art. 41 Abs. 1 KVG; Gebhard Eugster, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel 2007, S. 652 f. Rz. 772). Werden Vergütungen an nicht zugelassene Leistungserbringer ausgerichtet, sind sie unrechtmässig erbracht und deshalb gemäss Art. 25 ATSG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 KVG zurückzuerstatten. Dies entsprach auch bereits der Rechtsprechung des damaligen Eidgenössischen Versicherungsgerichts vor Inkrafttreten des ATSG in analoger Anwendung von aArt. 47 AHVG (RKUV 1993 Nr. K 924 S. 172 E. 3 und 4 [Urteil K 84/92 vom 25. August 1993]; Urteil K 170/97 vom 23. Juni 1999, E. 5; vgl. auch Urteil K 119/04 vom 6. Oktober 2005, E. 5). 3.3 Dieser Grundsatz gilt auch für Spitäler: Wird ein Spital nicht in die Spitalliste (Art. 39 Abs. 1 lit. e KVG) aufgenommen oder widerspricht es der kantonalen Planung, so hat es keinen Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (BGE 132 V 6 E. 2.4.1 S. 11 f., 125 V 448 E. 3b S. 453 f.; Eugster, a.a.O., S. 648 f. Rz. 762 f. und S. 652 f. Rz. 772; Alfred Maurer, Das neue Krankenversicherungsrecht, Basel 1996, S. 69; Thomas Mattig, Grenzen der Spitalplanung aus verfassungsrechtlicher Sicht, Zürich 2003, S. 38; Paul Richli, Die Spitalliste - Ein Planungsinstrument mit staats- und verwaltungsrechtlichen Geburtsgebrechen?, in: Das Recht in Raum und Zeit, Festschrift für Martin Lendi, Zürich 1998, S. 407 ff., 411; kritisch dazu Jean-Louis Duc, Révisions de la LAMal, in: Bettina Kahil-Wolff [Hrsg.], Les assurances sociales en révision, Lausanne 2002, S. 157 ff., 179 ff., mit der Argumentation, die Versicherten würden mit dieser Konsequenz ihres in Art. 41 KVG statuierten Rechts auf freie Wahl der Leistungserbringer beraubt, wobei er aber übersieht, dass Art. 41 KVG dieses Recht ausdrücklich nur in Bezug auf die zugelassenen Leistungserbringer festhält). Werden trotzdem solche Leistungen ausbezahlt, erfolgen diese unrechtmässig und sind nach Art. 25 ATSG zurückzuerstatten. 3.4 Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Patienten, welche im planungswidrigen Spital behandelt worden sind, eine Behandlung erhalten haben, die sie sonst in einem anderen Spital (ebenfalls zu Lasten der Krankenversicherung) erhalten hätten. Denn die Spitalplanung bezweckt unter anderem eine Eindämmung der Kosten, indem der Gesetzgeber davon ausgeht, dass ein Überangebot an Betten tendenziell zu einer vermehrten Inanspruchnahme von Leistungen führt (BBl 1992 I 166 f.; BGE 132 V 6 E. 2.4.1 S. 12, 125 V 448 E. 3b S. 453 f.; E. II.3.1 des in RKUV 1997 Nr. KV 2 S. 1 publizierten Entscheids des Bundesrates vom 2. Dezember 1996; Eugster, a.a.O., S. 642 f., S. 706 Rz. 914; Maurer, a.a.O., S. 69; Richli, a.a.O., S. 411). Der Grundsatz, dass nur die in der Spitalliste enthaltenen Spitäler zugelassene Leistungserbringer sein können, dient damit auch dem Wirtschaftlichkeitsziel (Art. 32 KVG), dessen Verletzung durch Art. 56 KVG sanktioniert wird. Wurde eine Vergütung an ein nicht auf der Liste aufgeführtes Spital bezahlt, erfolgte diese zu Unrecht; die erbrachte Leistung kann aufgrund von Art. 56 Abs. 2 KVG, dessen Wortlaut nicht etwa bloss von Ärzten, sondern generell von Leistungserbringern (und damit auch von Spitälern) spricht, zurückverlangt werden. 3.5 Im angefochtenen Entscheid wird daher mit Recht von einer grundsätzlich bestehenden Rückerstattungspflicht ausgegangen. 3.5 Im angefochtenen Entscheid wird daher mit Recht von einer grundsätzlich bestehenden Rückerstattungspflicht ausgegangen. 4. Das kantonale Schiedsgericht hat indessen erwogen, die Beschwerdeführer hätten spätestens mit der Zustellung der Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 27. Januar 2003 (Ende Januar oder Anfang Februar 2003) gewusst, dass diese mehr Spitalbetten betrieb als gemäss Spitalliste zugelassen. Die erst am 31. März 2004 erhobene Klage sei daher gemäss Art. 25 Abs. 2 ATSG bzw. aArt. 47 Abs. 2 AHVG verwirkt. 4.1 Nach Art. 25 Abs. 2 Satz 1 ATSG erlischt der Rückforderungsanspruch mit dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Jahren nach Entrichtung der einzelnen Leistung. Dasselbe galt nach aArt. 47 Abs. 2 Satz 1 AHVG, in welcher Bestimmung zwar von einer Verjährungsfrist die Rede war, welche aber vom Eidgenössischen Versicherungsgericht in ständiger Praxis als Verwirkungsfrist betrachtet wurde (BGE 119 V 431 E. 3a S. 433). Die gleiche Verwirkungsfrist findet auch Anwendung, soweit der Rückforderungsanspruch statt auf Art. 25 ATSG auf Art. 56 Abs. 2 KVG gestützt wird (vgl. zum Verhältnis zwischen dieser Bestimmung und Art. 25 ATSG bzw. aArt. 47 AHVG: RKUV 2002 Nr. KV 230 S. 468 E. 2.2 [Urteil K 25/02 vom 23. September 2002]), weil rechtsprechungsgemäss auch auf die dort geregelte Rückforderung die Verwirkungsfrist von aArt. 47 Abs. 2 AHVG (bzw. neu Art. 25 Abs. 2 ATSG) analog angewendet wird (RKUV 2003 Nr. KV 250 S. 216 E. 2.1 [Urteil K 9/00 vom 24. April 2003]). 4.2 Die Beschwerdeführer machen in ihrer Replik geltend, es sei nicht die Frist von Art. 25 Abs. 2 ATSG massgebend, sondern eine zehnjährige Frist, da der Betrieb von zu vielen Betten eine Verletzung des Tarifvertrags (Art. 49 KVG) darstelle und somit vertragsrechtliche Verjährungsfristen anwendbar seien. Dieser Betrachtung kann nicht gefolgt werden: Das (damalige) Eidgenössische Versicherungsgericht hat bereits entschieden, dass Rückforderungen zu Unrecht erbachter Leistungen auch dann nach aArt. 47 AHVG zu beurteilen sind und der dort enthaltenen Verwirkungsregelung unterstehen, wenn es um Rückforderungen aufgrund eines Tarifvertrags geht (RKUV 1993 Nr. K 924 S. 172 E. 3b [Urteil K 84/92 vom 25. August 1993]). Dies muss auch in Bezug auf die heute in Kraft stehende Bestimmung von Art. 25 ATSG gelten. Die Beschwerdeführer setzen sich mit dieser Rechtsprechung nicht auseinander. Es besteht kein Anlass, sie zu überprüfen, zumal die Beschwerdeführer ihren Rückforderungsanspruch daraus herleiten, dass die Beschwerdegegnerin zu viele Betten betrieben habe, die Anzahl der zugelassenen Betten jedoch nicht im Tarifvertrag, sondern in der vom Kanton erlassenen Spitalliste geregelt ist, so dass ohnehin keine Vertragsverletzung zur Diskussion steht (abgesehen davon, dass ab Juli 2000 ein vertragsloser Zustand bestand). 4.3 Die Beschwerdeführer stellen sich in ihrer Replik sodann auf den Standpunkt, bereits mit dem Schreiben vom 18. Juli 2003 sei die Frist gewahrt worden. 4.3.1 Im Privatrecht kann die Verjährung nur durch die in Art. 135 OR genannten Handlungen unterbrochen werden, wobei der dort enthaltene Begriff der Klageanhebung analog für die Wahrung einer Verwirkungsfrist gilt (BGE 110 II 387 E. 2b S. 389 f.). Im öffentlichen Recht genügen demgegenüber für die Unterbrechung der Verjährung bzw. Wahrung einer Verwirkungsfrist neben den in Art. 135 OR genannten Handlungen alle Akte, namentlich einfache schriftliche Erklärungen, mit denen die Forderung gegenüber dem Schuldner in geeigneter Weise geltend gemacht wird (BGE 87 I 411 E. 2 S. 413 ff., 85 I 180 E. 3 S. 183 f.; Urteile 1A.15/1997 vom 25. August 1997, E. 3 [ZBl 99/1998 S. 489]; 1A.315/1995 vom 10. September 1996, E. 3b [ZBl 98/1997 S. 524]; 2C.3/2005 vom 10. Januar 2007, E. 4.2, 5.4 und 5.7; 2A.553/2002 vom 22. August 2003, E. 4.7 und 4.8; SVR 2007 BVG Nr. 18 S. 61 E. 4.2.3 [Urteil B 55/05 vom 16. Oktober 2006]; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich 2006, S. 165 N 777; Attilio Gadola, Verjährung und Verwirkung im öffentlichen Recht, AJP 1995 S. 47 ff., 54; André Grisel, Traité de droit administratif, Bd. II, Neuchâtel 1984, S. 666 f.; Andrea Braconi, Prescription et péremption dans l'assurance sociale, in: Droit privé et assurances sociales, Fribourg 1990, S. 215 ff., 232; Pierre Moor, Droit administratif, Bd. II, 2. Aufl., Bern 2002, S. 86 f.), ausser wenn das anwendbare Gesetz etwas anderes (Klage usw.) vorsieht (vgl. Urteil 1A.127/1999 vom 22. Dezember 1999, E. 5b und c). Das gilt grundsätzlich auch für die Unterbrechung von Verjährungsfristen bzw. die Wahrung von Verwirkungsfristen im Sozialversicherungsrecht, insbesondere für die Geltendmachung von Leistungen, wo bereits die - auch formlose bzw. fehlerhafte - Anmeldung im Sinne von Art. 29 ATSG zur Fristwahrung ausreicht (BGE 111 V 261 E. 3b S. 264 f., 103 V 69 E. 1a S. 70; André Pierre Holzer, Verjährung und Verwirkung der Leistungsansprüche im Sozialversicherungsrecht, Zürich 2005, S. 73; Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl., Bern 2003, S. 277; Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, Zürich 2003, N 13 f. zu Art. 24, N 27 zu Art. 29). Im Beitragsrecht wird freilich zur Fristwahrung eine Verfügung verlangt (BGE 119 V 431 E. 3c S. 434). Dasselbe gilt im Bereich der Arbeitgeberhaftpflicht nach Art. 52 AHVG (BGE 119 V 89 E. 4c S. 96), wo sich dieses Erfordernis ausdrücklich aus aArt. 82 AHVV (in Kraft bis 31. Dezember 2002) ergab. In der Invalidenversicherung hat allerdings das (damalige) Eidgenössische Versicherungsgericht erkannt, dass unter der Herrschaft des Vorbescheidverfahrens bereits der Vorbescheid die Frist wahrt (BGE 119 V 431 E. 3c S. 434). Im Bereich der beruflichen Vorsorge kann demgegenüber die Frist nur mit einer der in Art. 135 OR genannten Handlungen gewahrt werden; dies wird damit begründet, dass erstens die Rückforderung sich dort nach Art. 62 ff. OR richtet, so dass das Privatrecht anwendbar ist, zweitens die Vorsorgeeinrichtungen keine Verfügungen erlassen können, sondern den Klageweg einzuschlagen haben, und drittens das BVG in aArt. 41 Abs. 1 BVG (in der bis 31. Dezember 2004 in Kraft gestandenen Fassung, welche Bestimmung mit Wirkung ab 1. Januar 2005 zu Art. 41 Abs. 2 BVG wurde) ausdrücklich auf Art. 129-142 OR verweist (SVR 2007 BVG Nr. 18 S. 61 E. 4.2.3 [Urteil B 55/05 vom 16. Oktober 2006]). 4.3.2 In der Krankenversicherung wird nach bisheriger Rechtsprechung die Verwirkungsfrist für die Rückerstattung einer vom Versicherten zu Unrecht erhaltenen Leistung durch ein formloses Schreiben der rückerstattungsberechtigten Kasse gewahrt; dies wird damit begründet, dass die Krankenversicherer nicht verpflichtet sind, die Leistungen in jedem Fall mittels Verfügung festzulegen (Art. 80 KVG; RKUV 1998 Nr. K 990 S. 251 E. 2 [Urteil K 4/97 vom 6. Februar 1998], 1990 Nr. K 835 S. 80 E. 2b [Urteil K 22/89 vom 18. Januar 1990]). In der Lehre wird allerdings die Auffassung vertreten, dass bei der Rückerstattung gemäss Art. 25 ATSG eine formlose Rückforderung nicht mehr genüge (Eugster, a.a.O., S. 616 Rz. 655; Kieser, a.a.O., N 30 zu Art. 25 ATSG). Dies lässt sich im Verhältnis zwischen Versicherer und versicherter Person allenfalls damit begründen, dass gemäss Art. 3 Abs. 1 ATSV die Rückforderung verfügt werden muss. 4.3.3 Gegenüber den Leistungserbringern kann indessen der Krankenversicherer - anders als die Versicherungsträger in anderen Bereichen der Sozialversicherung - die Rückerstattung zu viel erbrachter Leistungen nicht durch Verfügung, sondern nur durch Klage beim Schiedsgericht geltend machen (Art. 89 KVG; Urteil K 119/04 vom 6. Oktober 2005, E. 2.2 und 4.1). Auch fehlt - anders als in der beruflichen Vorsorge - ein Verweis auf privatrechtliche Bestimmungen. Die Überlegungen, welche dazu geführt haben, in einzelnen Bereichen der Sozialversicherung in Abweichung vom allgemeinen Verwaltungsrecht eine formlose Rückforderung nicht als fristwahrend gelten zu lassen, sind insoweit nicht massgebend. 4.3.4 Im Bereich der Rückerstattung von Leistungen der Krankenversicherung wegen Überarztung gemäss Art. 56 KVG bzw. Art. 23 KUVG hat das damalige Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 103 V 145 E. 4 S. 154 erkannt, dass die "Verjährungsfrist" rechtsgültig unterbrochen wird mit dem an die Paritätische Vertrauenskommission gerichteten Gesuch, die Rechnung eines Arztes zu überprüfen und zu kürzen. In der späteren Rechtsprechung wurde jeweils unter Berufung auf diesen Entscheid ausgeführt, zur Fristwahrung müsse das Rückforderungsbegehren bei einer vertraglichen Schlichtungsinstanz oder der gesetzlichen Vermittlungsbehörde oder direkt beim Schiedsgericht eingereicht werden (RKUV 2003 Nr. KV 250 S. 216 E. 2.2.1 [Urteil K 9/00 vom 24. April 2003]; Urteile K 50/00 vom 30. Juli 2001, E. 3a, und K 39/95 vom 11. Juli 1996, E. 5g; in RSKV 1982 Nr. 505 S. 201 auszugsweise publiziertes Urteil K 73/80 vom 4. Februar 1982, E. 4b). Im nicht publizierten Urteil K 167/04 vom 18. März 2005, E. 4.2.2, hat das damalige Eidgenössische Versicherungsgericht erkannt, eine formlose Rückerstattungsforderung sei nicht fristwahrend. 4.3.5 Die Frage nach der fristwahrenden Wirkung anderer Handlungsweisen ist entgegen dem zuletzt genannten Entscheid dort zu bejahen, wo - wie vorliegend - kein obligatorisches Schiedsverfahren besteht. Denn dies entspricht einerseits dem im öffentlichen Recht Üblichen (vgl. vorne E. 4.3.1) und ergibt sich andererseits aus folgender Überlegung: Die Gesetzgebung geht offensichtlich davon aus, dass es dem Gläubiger möglich sein soll, die Frist durch Handlungen zu wahren, die kein grosses Kostenrisiko enthalten. So kann nach Privatrecht die Frist nicht nur durch Klage, sondern auch bereits durch Schuldbetreibung oder Ladung zu einem Sühneversuch gewahrt werden (Art. 135 Ziff. 2 OR). Soweit der Rückerstattungsberechtigte eine Verfügung erlassen kann, ist auch dies für ihn ohne erhebliches Kostenrisiko. Dasselbe gilt im Bereich der Krankenversicherung, soweit eine fristwahrende Anrufung einer obligatorischen Schlichtungsinstanz möglich ist. Wenn hingegen die Frist nur durch Klage gewahrt werden könnte, wäre der Rückerstattungsberechtigte gehalten, bereits zur Fristwahrung ein Verfahren einzuleiten, welches regelmässig ein erhebliches Kostenrisiko mit sich bringt. Das erscheint im Lichte der in den einschlägigen gesetzlichen Regelungen enthaltenen Wertungen als unzumutbar. Zudem wäre die im Interesse des Rechtsfriedens und der Prozessökonomie anzustrebende und zu fördernde gütliche Regelung erheblich erschwert, wenn zwingend innert der relativ kurzen einjährigen Frist eine Klage eingereicht werden müsste; dabei ist zu berücksichtigen, dass angesichts des Verwirkungscharakters der Frist auch keine Verjährungsverzichtsvereinbarung möglich ist, wie sie sonst im Hinblick auf aussergerichtliche Vergleichsverhandlungen üblich ist. Aus diesen Gründen ist in denjenigen Fällen, in denen kein obligatorisches Schlichtungsverfahren besteht und demzufolge direkt Klage beim Gericht zu erheben ist, bereits ein vorangehender Akt, mit welchem der Gläubiger seine Forderung gegenüber dem Schuldner in geeigneter Form geltend macht, als fristwahrend zu betrachten. 4.4 Mit Schreiben vom 18. Juli 2003 haben die Beschwerdeführer von der Beschwerdegegnerin eine Rückforderung im Betrag von Fr. 11'437'541.- verlangt mit der Begründung, die Beschwerdegegnerin habe gemäss ihren eigenen Angaben 66 Betten betrieben; die Krankenversicherer hätten daher für Spitalbehandlungen Leistungen ausgerichtet, für welche teilweise die gesetzlichen Voraussetzungen fehlten. Die Beschwerdeführer haben damit ihre Forderung unmissverständlich geltend gemacht. Bei dieser Sachlage ist die einjährige Verwirkungsfrist mithin gewahrt, sofern sie nicht vor dem 19. Juli 2002 zu laufen begonnen hat. 4.4 Mit Schreiben vom 18. Juli 2003 haben die Beschwerdeführer von der Beschwerdegegnerin eine Rückforderung im Betrag von Fr. 11'437'541.- verlangt mit der Begründung, die Beschwerdegegnerin habe gemäss ihren eigenen Angaben 66 Betten betrieben; die Krankenversicherer hätten daher für Spitalbehandlungen Leistungen ausgerichtet, für welche teilweise die gesetzlichen Voraussetzungen fehlten. Die Beschwerdeführer haben damit ihre Forderung unmissverständlich geltend gemacht. Bei dieser Sachlage ist die einjährige Verwirkungsfrist mithin gewahrt, sofern sie nicht vor dem 19. Juli 2002 zu laufen begonnen hat. 5. Zu prüfen ist somit der Fristbeginn. 5.1 Im Unterschied etwa zur Regelung von Art. 67 OR beginnt die einjährige Verwirkungsfrist gemäss Art. 25 Abs. 2 ATSG bzw. aArt. 47 Abs. 2 AHVG nicht erst mit der tatsächlichen Kenntnis. Massgebend für die Auslösung der einjährigen Verwirkungsfrist ist vielmehr der Zeitpunkt, in dem der Gläubiger bei Beachtung der ihm zumutbaren Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass die Voraussetzungen für eine Rückforderung gegeben waren (BGE 124 V 380 E. 1 S. 383, 122 V 270 E. 5a S. 274 f., 119 V 431 E. 3a S. 433, 110 V 304 E. 2b S. 305 ff.). Dies ist der Fall, wenn alle im konkreten Einzelfall erheblichen Umstände zugänglich sind, aus deren Kenntnis sich der Rückforderungsanspruch dem Grundsatz nach und in seinem Ausmass gegenüber einem bestimmten Rückerstattungspflichtigen ergibt. Es genügt nicht, dass bloss Umstände bekannt sind, die möglicherweise zu einem Rückforderungsanspruch führen können, oder dass der Anspruch nur dem Grundsatz nach, nicht aber in masslicher Hinsicht feststeht (BGE 128 V 10 E. 5a S. 12 f., 112 V 180 E. 4a S. 181 f.). Verfügt die Kasse über hinreichende, aber noch unvollständige Hinweise auf einen möglichen Rückforderungsanspruch, hat sie allenfalls noch erforderliche Abklärungen innert angemessener Zeit vorzunehmen. Unterlässt sie dies, ist der Beginn der Verwirkungsfrist auf den Zeitpunkt festzusetzen, in welchem die Verwaltung ihre unvollständige Kenntnis mit dem erforderlichen und zumutbaren Einsatz so zu ergänzen im Stande war, dass der Rückforderungsanspruch hätte geltend gemacht werden können (BGE 112 V 180 E. 4b S. 182; SVR 2001 IV Nr. 30 S. 93 E. 2e [Urteil I 609/98 vom 19. Oktober 2000]). Ergibt sich jedoch aus den vorliegenden Akten bereits die Unrechtmässigkeit der Leistungserbringung, beginnt die einjährige Frist, ohne dass Zeit für eine weitere Abklärung zugestanden würde (BGE 119 V 431 E. 3b S. 433 f.; Ulrich Meyer-Blaser, Die Rückerstattung von Sozialversicherungsleistungen, ZBJV 131/1995 S. 473 ff., 480; vgl. auch für das Privatrecht BGE 127 III 421 E. 4b S. 427 f.). Bei der Rückforderung von Leistungen gegenüber Ärzten (Art. 56 Abs. 2 KVG) ist nach der Rechtsprechung der fristauslösende Zeitpunkt die Kenntnis der Behandlungsfall-Statistik des Konkordates der Schweizerischen Krankenkassen (KSK-Statistik [heute: Rechnungsstellerstatistik der santésuisse]), weil dies eine genügende Grundlage für die geltend gemachte Rückforderung darstellt (BGE 103 V 145 E. 4 S. 154; RKUV 2003 Nr. KV 250 S. 216 E. 2.2.1 m.H. [Urteil K 9/00 vom 24. April 2003]). Ob der Vorwurf unwirtschaftlicher Behandlung effektiv auch gerechtfertigt ist und in welchem Umfang gegebenenfalls die Rückerstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen verlangt werden kann, ist alsdann Gegenstand des (schiedsgerichtlichen) Beweisverfahrens (Urteil K 39/95 vom 11. Juli 1996, E. 5b; vgl. BGE 116 II 215 E. 4a S. 219). 5.2 Die streitige Rückforderung wird damit begründet, dass die Beschwerdegegnerin mehr Betten als gemäss Spitalliste zulässig betrieben habe. Da der Rückforderungsanspruch nicht nur in grundsätzlicher, sondern auch in masslicher Hinsicht hinreichend gewiss sein muss (vorne E. 5.1), ist somit für den Fristbeginn entscheidend, in welchem Zeitpunkt die Beschwerdeführer hinreichend gewisse Kenntnis davon hatten oder zumutbarerweise hätten haben können, dass und in welchem Umfang die Beschwerdegegnerin zu viele Betten betrieb. 5.3 Die Vorinstanz erwog, bereits im Jahre 2001 hätten erste Anzeichen dafür vorgelegen, dass die Beschwerdegegnerin zumindest zeitweilig mehr als 50 Betten betrieb. So habe die Beschwerdegegnerin im Jahresbericht 2000 eine durchschnittliche Bettenauslastung von 106,6 % bei 52 betriebenen Betten ausgewiesen, was denn auch die Gesundheitsdirektion zu entsprechenden Rückfragen veranlasst habe. Es seien jedoch keine weiteren Schritte unternommen worden, obwohl am 15. Mai 2001 auch in einem Zeitungsartikel, von dem die Beschwerdeführer zumindest hätten Kenntnis nehmen können, berichtet worden sei, dass der Beschwerdegegnerin in Spitzenzeiten 66 Betten zur Verfügung stünden. Auch in den Folgejahren seien regelmässig Bettenauslastungen von über 100 % ausgewiesen worden. Zwar sei damit der Sachverhalt noch nicht klar erstellt gewesen, doch hätten die vorhandenen Anzeichen die Beschwerdeführer immerhin zu entsprechenden Nachforschungen veranlassen müssen. Spätestens mit Kenntnisnahme der Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 27. Januar 2003 (Ende Januar bzw. Anfang Februar 2003) hätten die Beschwerdeführer hinreichend sichere Kenntnis gehabt, dass die Beschwerdegegnerin statt der gemäss Spitalliste bewilligten Betten deren 66 betrieben habe. Auch die Beschwerdegegnerin macht geltend, sie habe die tatsächliche Bettenzahl schon immer offen gelegt. Die Beschwerdeführer hätten bereits vor der besagten Eingabe von der Zahl der effektiv betriebenen Betten Kenntnis gehabt, spätestens aber seit Erhalt der Kopie des im Rahmen des Tariffestsetzungsverfahrens an die Beschwerdegegnerin gerichteten Schreibens des Bundesamtes für Justiz vom 24. Dezember 2002. 5.4 Die Feststellungen einer gerichtlichen Vorinstanz, was die Parteien in einem bestimmten Zeitpunkt gewusst oder nicht gewusst haben, sind tatsächlicher Natur (BGE 130 IV 58 E. 8.5 S. 62, 124 III 182 E. 3 S. 184) und werden vom Bundesgericht nur im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG überprüft (vorne E. 1.3). Rechtsfragen sind hingegen Folgerungen, die ausschliesslich - losgelöst vom konkreten Sachverhalt - auf die allgemeine Lebenserfahrung gestützt werden (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; Urteil I 708/06 vom 23. November 2006, E. 3.1 und 3.2; Peter Münch, Berufung und zivilrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde, in: Geiser/Münch [Hrsg.], Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl., Basel 1998, S. 135 f. Rz. 4.43; Fabienne Hohl, Procédure civile, Bd. 2, Bern 2002, S. 297 Rz. 3227), oder die Frage, ob aus festgestellten Tatsachen oder Indizien mit Recht auf bestimmte Umstände oder Rechtsfolgen geschlossen worden ist (BGE 130 IV 58 E. 8.5 S. 62, 125 III 435 E. 2a/aa S. 436 f.; Urteile 5P.199/2006 vom 13. Juli 2006, E. 4.1; 2A.545/1999 vom 31. Januar 2000, E. 2b). Rechtsfrage ist namentlich auch, wie weit eine bestimmte Sorgfaltspflicht geht (Urteil 4C.307/2005 vom 25. Januar 2006, E. 4.3). 5.5 Die Vorinstanz stellte nicht etwa fest, die Beschwerdeführer hätten vor dem Januar 2003 bereits hinreichende Kenntnis über die Voraussetzungen der Rückforderung gehabt, sondern ging davon aus, dass sie aufgrund der vorhandenen Anzeichen weitere Nachforschungen hätten anstellen müssen. Sie begründet dies einerseits mit dem Zeitungsbericht vom 15. Mai 2001, andererseits damit, dass eine Bettenbelegung von mehr als 100 % ausgewiesen worden sei. Die Beschwerdeführer bestreiten indessen, dass sie Kenntnis vom Zeitungsbericht gehabt haben; Entsprechendes wird auch von der Vorinstanz nicht festgestellt. Sodann muss entgegen der Annahme der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin aus einer Auslastung von mehr als 100 % nicht geschlossen werden, dass mehr als 52 Betten betrieben werden. Denn wie die Vertreter der Beschwerdegegnerin im Strafverfahren ausgeführt haben (vgl. Einstellungsverfügung des Untersuchungsrichteramts Zug vom 24. Januar 2006), werden bei der von der Beschwerdegegnerin angewendeten Berechnungsmethode sowohl der Eintritts- als auch der Austrittstag als Pflegetag erfasst, weshalb ein Kalendertag in der Statistik als zwei Pflegetage erscheinen kann und somit ein Auslastungsgrad von mehr als 100 % durchaus möglich ist. Die Krankenversicherer, denen diese Berechnungsmethode bekannt war, mussten daher aus einer Bettenbelegung von mehr als 100 % nicht auf eine zu hohe Bettenzahl schliessen. Freilich ersuchte die Gesundheitsdirektion die Beschwerdegegnerin am 28. Februar 2001 um schriftliche Stellungnahme zur durchschnittlichen Bettenauslastung von 106,6 %, weil zu vermuten sei, dass mehr als die in der kantonalen Spitalplanung vorgesehenen 52 Betten im Einsatz seien. In der Folge war dies offenbar ein Diskussionspunkt innerhalb der Gesundheitsdirektion (vgl. Einstellungsverfügung des Untersuchungsrichteramts Zug vom 24. Januar 2006). Daraus folgt aber nicht, dass auch die Beschwerdeführer entsprechende Abklärungen hätten treffen müssen. Dazu gab auch die Beschwerdegegnerin keinen Anlass: Sie wies nur in einer ersten Version der Patientenstatistik für das Jahr 1999 für einige Monate bis zu 60 Betten aus. In der später korrigierten Fassung wie auch in den Statistiken der Folgejahre waren immer bloss 52 Betten aufgeführt. In den von der Gesundheitsdirektion herausgegebenen gesamtkantonalen Patientenstatistiken 1999-2002 sind für die Beschwerdegegnerin ebenfalls durchwegs 52 Betten angegeben, ebenso in den Jahresberichten der Beschwerdegegnerin für die Jahre 1998-2002. Die Beschwerdegegnerin hat übrigens in ihrer vorinstanzlichen Klageantwort vom 23. September 2004 selber ausgeführt, die scheinbaren Widersprüche in ihren Angaben seien auf unterschiedliche Berechnungsmethoden zurückzuführen; auch aus der Aufstellung über die Parkplatzerweiterung lasse sich nicht ableiten, wie viele Betten sie ab 2002 tatsächlich betrieben habe. Auch die kantonale Gesundheitsdirektion war offenbar bis zur Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 27. Januar 2003 der Meinung, es würden nur 52 Betten betrieben (Vernehmlassung an den Bundesrat vom 12. September 2003). 5.6 Insgesamt hatten somit die Beschwerdeführer jedenfalls bis im Jahr 2002 nicht nur keine hinreichende Kenntnis von Bestand und Umfang des Rückerstattungsanspruchs, sondern auch keinen begründeten Anlass für weitere Abklärungen. Mit der Eingabe vom 18. Juli 2003 war somit die einjährige Verwirkungsfrist gewahrt. 5.6 Insgesamt hatten somit die Beschwerdeführer jedenfalls bis im Jahr 2002 nicht nur keine hinreichende Kenntnis von Bestand und Umfang des Rückerstattungsanspruchs, sondern auch keinen begründeten Anlass für weitere Abklärungen. Mit der Eingabe vom 18. Juli 2003 war somit die einjährige Verwirkungsfrist gewahrt. 6. 6.1 Gemäss Art. 25 Abs. 2 Satz 1 ATSG verwirkt der Rückerstattungsanspruch spätestens mit dem Ablauf von fünf Jahren nach der Entrichtung der einzelnen Leistung. Da die Frist mit der Eingabe vom 18. Juli 2003 gewahrt wurde, können somit grundsätzlich die ab 19. Juli 1998 erbrachten Leistungen zurückverlangt werden. Wird der Rückerstattungsanspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährung vorsieht, ist gemäss Art. 25 Abs. 2 Satz 2 ATSG (analog Art. 60 Abs. 2 OR und ähnlichen Gesetzesbestimmungen) diese längere Frist massgebend. Eine Rückforderung der vor dem 19. Juli 1998 erbrachten Leistungen ist somit nur möglich, wenn - wie die Beschwerdeführer geltend machen - die längere strafrechtliche Frist zum Tragen kommt. 6.2 Die längere strafrechtliche Frist gilt auch für die Haftung der juristischen Person, deren Organe die strafbare Handlung begangen haben (BGE 125 III 339 E. 3b S. 341, 122 III 225 E. 4a S. 226 f., 118 V 193 E. 4b S. 199, 112 II 172 E. II.2c S. 190). Die Parteien stellen nicht in Abrede, dass die Personen, deren Handeln zur Diskussion steht, als Organe der Beschwerdegegnerin zu betrachten sind. Umstritten ist aber, ob für die Anwendung der längeren strafrechtlichen Verjährungsfristen nur die objektiven oder auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sein müssen. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage war lange Zeit schwankend (siehe dazu die Übersicht in BGE 106 II 213 E. 4a S. 217 f.; vgl. auch 112 II 172 E. II.2b S. 188 f.). Demgegenüber setzt nach der Rechtsprechung des (ehemaligen) Eidgenössischen Versicherungsgerichts zu aArt. 82 Abs. 2 AHVV (in Kraft gewesen bis 31. Dezember 2002) die Anwendbarkeit der längeren strafrechtlichen Verjährungsfrist die Erfüllung sowohl der objektiven als auch der subjektiven Tatbestandselemente voraus (BGE 118 V 193 E. 4a S. 197 f., 113 V 256 E. 4a S. 258 f.). Der gleichen Auffassung ist auch die neuere zivilrechtliche Rechtsprechung (BGE 121 III 204 E. 2c S. 209; in SJ 2006 I S. 221 veröffentlichtes Urteil 4C.156/2005 vom 28. September 2005, E. 3.3; Urteil 4P.105/2005 vom 31. August 2005, E. 4). Erforderlich ist zudem, dass die strafbare Handlung für den eingetretenen Schaden natürlich und adäquat kausal ist (BGE 122 III 5 E. 2c S. 8; Urteil 4C.156/2005 vom 28. September 2005, E. 3.3). 6.3 Gemäss Einstellungsverfügung des Untersuchungsrichteramts Zug vom 24. Januar 2006 wurde das gegen die verantwortlichen Personen der Beschwerdegegnerin betreffend Betrug (Art. 146 StGB) sowie unwahre Angaben über kaufmännische Gewerbe (Art. 152 StGB) eingeleitete Verfahren mangels Erfüllung des subjektiven Tatbestands eingestellt, weil den betreffenden Personen kein Vorsatz zur Last gelegt werden konnte. Zum Vorliegen des objektiven Tatbestands äussert sich die Einstellungsverfügung nicht. 6.4 Das Gericht, welches über den Haftungs- bzw. Rückerstattungsanspruch entscheidet, muss grundsätzlich vorfrageweise darüber befinden, ob eine strafbare Handlung vorliegt. Dabei gelten die gleichen beweisrechtlichen Anforderungen wie im Strafverfahren, so dass der sonst im Sozialversicherungsrecht geltende Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht anwendbar ist (BGE 113 V 256 E. 4a S. 259). Liegt bereits ein verurteilendes oder freisprechendes Strafurteil vor, so ist das über den Haftungsanspruch urteilende Gericht daran gebunden. Dasselbe gilt für eine Einstellungsverfügung der zuständigen strafrechtlichen Untersuchungsbehörden, wenn sie die gleiche definitive Wirkung wie ein freisprechendes Urteil hat (BGE 118 V 193 E. 4a S. 197 f., 106 II 213 E. 3 S. 216; in SJ 2000 I S. 421 veröffentlichtes Urteil 4C.234/1999 vom 12. Januar 2000, E. 5c/aa). 6.5 Ob dies für die zugerische Einstellungsverfügung zutrifft, kann offen bleiben: Denn auch eine freie Sachverhaltswürdigung der aktenkundigen Umstände führt zum Ergebnis, dass eine Arglist im Sinne von Art. 146 StGB (Betrug) oder Art. 151 StGB (arglistige Vermögensschädigung) oder eine Absicht im Sinne von Art. 251 StGB (Urkundenfälschung) nicht vorliegt. Auch sind die Angaben der Beschwerdegegnerin zur Bettenzahl zwar nicht durchwegs konsistent und klar, ohne dass jedoch der Nachweis einer vorsätzlich unwahren oder unvollständigen Angabe im Sinne von Art. 152 StGB (unwahre Angaben über kaufmännische Gewerbe) erbracht ist. 6.6 Die Beschwerdeführer machen sodann eine Verletzung der Strafbestimmungen von Art. 92-93a KVG geltend, welche in der Einstellungsverfügung nicht geprüft wurden. Selbst wenn diese Straftatbestände als erwiesen betrachtet würden, änderte dies aber an der fünfjährigen Verwirkungsfrist nichts: Die Delikte von Art. 93 und 93a KVG verjähren in längstens drei Jahren (Art. 109 und 333 StGB; Art. 11 VStrR). Für die Delikte nach Art. 92 KVG gilt seit 1. Oktober 2002 eine Verfolgungsverjährung von siebeneinhalb Jahren (aArt. 333 Abs. 5 lit. a StGB [in der Fassung vom 22. März 2002, in Kraft gewesen vom 1. Oktober 2002 bis 31. Dezember 2006] i.V.m. aArt. 70 Abs. 3 StGB [in Kraft gewesen bis 30. September 2002]; vgl. BGE 129 IV 49 E. 5.5.1 S. 52 f.). Vor diesem Zeitpunkt galt eine Verjährungsfrist von fünf Jahren (Art. 70 StGB in der ursprünglichen Fassung). Diese Frist gilt als lex mitior (Art. 2 Abs. 2 StGB) auch für die vor dem 1. Oktober 2002 begangenen Handlungen (aArt. 337 StGB; BGE 129 IV 49 E. 5.1 S. 50 f.; Urteil 6P.184/2004 vom 9. März 2005, E. 8.1). Da die längere strafrechtliche Frist mit der Begehung der Tat beginnt (Art. 98, aArt. 71 StGB; BGE 126 III 382 E. 4a/bb S. 384), die ihrerseits für den eingetretenen Schaden natürlich und adäquat kausal sein muss (BGE 122 III 5 E. 2c S. 8; in SJ 2006 I S. 221 veröffentlichtes Urteil 4C.156/2005 vom 28. September 2005, E. 3.3), können in Bezug auf den vor dem 19. Juli 1998 entstandenen Schaden höchstens die bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten allfälligen Verletzungen von Art. 92 lit. b KVG massgeblich sein; denn spätere falsche Angaben können nicht dazu geführt haben, dass die Beschwerdegegnerin vorher ihr nicht zukommende Leistungen erwirkt hat. Für diese Handlungen gilt aber - wie ausgeführt - auch strafrechtlich noch die fünfjährige Verjährungsfrist. 6.7 Die Rückforderung der vor dem 19. Juli 1998 erbrachten Leistungen ist demnach verwirkt. 6.7 Die Rückforderung der vor dem 19. Juli 1998 erbrachten Leistungen ist demnach verwirkt. 7. Die Vorinstanz hat sodann erwogen, die Beschwerdeführer hätten auch nach Kenntnis des Rückforderungstatbestandes ab Februar 2003 weiterhin vorbehaltlos die Rechnungen der Beschwerdegegnerin beglichen. Insoweit sei die Rückforderung deshalb unzulässig, weil in Kenntnis des Rückforderungsrechts vorbehaltlos ausgerichtete Leistungen nicht der Rückforderungspflicht unterlägen. Sie stützt ihre Auffassung auf Art. 63 OR sowie BGE 118 V 214 E. 3b S. 219 ff. 7.1 Nach Art. 63 Abs. 1 OR kann, wer eine Nichtschuld freiwillig bezahlt, das Geleistete nur dann zurückfordern, wenn er nachzuweisen vermag, dass er sich über die Schuldpflicht im Irrtum befunden hat. Das (damalige) Eidgenössische Versicherungsgericht hat diese Bestimmung auf Rückforderungsansprüche im Rahmen der beruflichen Vorsorge angewendet, weil sich hier die Rückforderung ungerechtfertigt bezogener Leistungen vor dem Inkrafttreten von Art. 35a BVG generell nach Art. 62 ff. OR richtete (BGE 128 V 236 E. 2 S. 239 f.). 7.2 In der Invalidenversicherung müssen diejenigen Rentenleistungen nicht zurückerstattet werden, welche die Verwaltung zu Unrecht ausgerichtet hat, obwohl die versicherte Person die ihr obliegenden Meldungen betreffend Änderung der Anspruchsvoraussetzungen korrekt erstattet hat. Der Grund liegt aber nicht in einer analogen Anwendung von Art. 63 OR, sondern darin, dass Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV für die rückwirkende Aufhebung oder Herabsetzung einer Rente klar eine Kausalität zwischen einer Meldepflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden (unrechtmässiger Bezug von Versicherungsleistungen) voraussetzt; eine rückwirkende Aufhebung der Rente scheidet daher für die Zeit nach erfolgter Meldung aus (BGE 118 V 214 E. 3b S. 219 ff., 119 V 431 E. 4 S. 434 f.). 7.3 Demgegenüber schliesst die im Bereich der Krankenversicherung geltende Rückerstattungsordnung von aArt. 47 AHVG bzw. Art. 25 ATSG die Berufung auf Art. 62 ff. OR, namentlich auch auf Art. 63 OR, aus (RKUV 1993 Nr. K 924 S. 172 E. 4a [Urteil K 84/92 vom 25. August 1993]). Des Weitern besteht im Bereich der Krankenversicherung keine mit Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV vergleichbare Sonderregelung. In der Rechtsprechung wurde die Pflicht zur Rückerstattung von Leistungen, welche ein Krankenversicherer freiwillig oder irrtümlich erbracht hatte, allenfalls unter dem Blickwinkel von Treu und Glauben (Art. 9 BV bzw. Art. 4 aBV) verneint (RKUV 1999 Nr. KV 97 S. 521 E. 5 [Urteil K 19/99 vom 17. September 1999]; Urteil K 181/93 vom 11. August 1994, E. 4). Die Voraussetzungen dafür liegen hier jedoch klarerweise nicht vor, wie sich aus dem Folgenden ergibt: 7.3.1 Im System des tiers payant sind die Krankenversicherer grundsätzlich verpflichtet, die vom Leistungserbringer ausgestellten Rechnungen zu vergüten. Gemäss dem zwischen dem Kantonalverband Zugerischer Krankenversicherer und der Beschwerdegegnerin geschlossenen Tarifvertrag vom 9. März 1998 (der zwar in der Folge wegen Nichteinigung in Bezug auf die Tarifhöhe gekündigt wurde, wobei jedoch eine Übergangsregelung vereinbart wurde) muss der Krankenversicherer die einzelnen Rechnungen innert dreissig Tagen begleichen, wenn er sie nicht innert derselben Frist beanstandet. Diese Beanstandungsmöglichkeit bezieht sich zwangsläufig auf die einzelnen Patientenrechnungen. Vorliegend werfen die Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin jedoch nicht vor, für einzelne Patienten überhöhte Rechnungen gestellt zu haben, sondern zu viele Betten betrieben bzw. zu viele Patienten behandelt zu haben. In dieser Situation konnte es nicht in Frage kommen, einen Teil der gestellten Rechnungen nicht zu begleichen, weil ja nicht festgestellt werden kann, welche Patienten in den nicht bewilligten Betten liegen. 7.3.2 Hinzu kommt, dass auch im Nachgang zur Eröffnung des Verfahrens betreffend Bettenzahl noch lange Zeit keine Klarheit über die genaue Zahl der betriebenen Betten bestand: In der Eingabe vom 28. April 2003 stellte sich zwar die Beschwerdegegnerin auf den Standpunkt, es sei seit längerem bekannt, dass sie 66 Betten betreibe. Hauptsächlich vertrat sie darin aber die Auffassung, die Spitalplanungskompetenz der Kantone beziehe sich nicht auf die Zusatzversicherungsbetten. Eine klare Aussage, wie viele Betten unter welchen rechtlichen Annahmen betrieben werden, findet sich in dieser Stellungnahme nicht. Am 5. Mai 2003 reichte die Beschwerdegegnerin - basierend auf dieser Rechtsauffassung - der Gesundheitsdirektion eine Jahresstatistik für die Jahre 1998-2003 ein, gemäss welcher sie betreffend KVG-Betten, auf 50 Betten bezogen, eine Auslastung von weit unter 100 % (zwischen 39,36 und 76,02 %) hatte; die gesamte Bettenzahl oder Auslastung ist nicht angegeben. Mit Schreiben vom 19. Mai 2003 übermittelte sie sodann eine Patientenstatistik für das erste Quartal 2003, in welcher 52 E-Betten und 20 S-Betten, total 72 Betten, ausgewiesen wurden. In der Beschwerde vom 1. Juli 2003 an den Bundesrat führte sie einerseits aus, es sei bereits im Jahr 2001 bekannt gewesen, dass sie zu Spitzenzeiten 66 Betten betreibe. Andererseits machte sie geltend, dass sie selbst beim heutigen Betrieb mit 66 Betten die vom Regierungsrat (damaliger Beschwerdegegner) als massgeblich angesehene Bettenzahl nicht überschreite, weil sie neben den maximal 50 OKP-Betten noch Spezialbetten führen könne, wobei es sich bei 17 ihrer Betten um solche handle. Insgesamt sind die Angaben der Beschwerdegegnerin im Nachgang zur Eingabe vom 27. Januar 2003 widersprüchlich und nicht geeignet, Klarheit zu schaffen. Es stand immer fest, dass die Spezialbetten zusätzlich zu den 50 bewilligten Betten zulässig waren. Die früher gemachten Angaben bezogen sich denn offensichtlich immer auf die Nicht-Spezialbetten, hier jedoch nicht bloss auf die Betten für Allgemeinversicherte, sondern auf die Betten über alle Kategorien. Dies ergibt sich unter anderem auch aus dem Gesuch vom 10. Oktober 2002 um Erhöhung der "in der Spitalliste festgelegte[n] Bettenzahl" auf 97 Betten. Zur Begründung wurde darin angeführt, die Klinik sei mit 50 Betten in die Spitalplanung aufgenommen worden und nun immer öfters damit konfrontiert, dass sie Patienten nicht aufnehmen könne, weil die Bettenzahl nicht ausreiche. Offensichtlich seien im Kanton Zug nicht "genügend Spitalbetten mit freier Arztwahl" vorhanden. Zwecks Wahrung einer bedarfsgerechten Spitalversorgung beantrage sie daher eine Erhöhung der "durchschnittlich betriebenen Betten von 52 auf 97 Betten". Die Zahl von 50 bzw. 97 Betten musste sich dabei offensichtlich auf die Betten sämtlicher Kategorien beziehen, denn es wäre sinnlos gewesen, die Bettenzahl ausschliesslich für Allgemeinversicherte auf über 50 zu erhöhen, wenn dafür die Auslastung deutlich unter 100 % lag. In diesem Kontext musste sich auch die Angabe der Beschwerdegegnerin in der Stellungnahme vom 27. Januar 2003, sie betreibe durchschnittlich 52 Betten, effektiv aber bis zu 66, auf die Erwachsenen-Betten sämtlicher Kategorien beziehen, ebenso die 52 deklarierten Betten gemäss Eingabe vom 19. Mai 2003. Wenn nun die Beschwerdegegnerin in diesem Zusammenhang in der Beschwerde vom 1. Juli 2003 an den Bundesrat plötzlich ausführte, von den 66 effektiv betriebenen Betten seien deren 17 Spezialbetten (die klarerweise immer zusätzlich zu den 50 Betten, welche Streitthema gebildet hatten, zulässig waren), weshalb sie auch die vom Regierungsrat (als Beschwerdegegner) als massgeblich betrachtete Bettenanzahl gar nicht überschreite, dann konnte dies nach Treu und Glauben nur so verstanden werden, dass die Beschwerdegegnerin förmlich bestritt, mehr als die auch nach Auffassung des Regierungsrates zulässige Bettenzahl zu betreiben. Insgesamt waren somit die Stellungnahmen der Beschwerdegegnerin nicht darauf ausgerichtet, die Zweifel und Fragen, die nach dem 27. Januar 2003 auftauchten, zu klären. Über die effektiv betriebene Bettenzahl und das Ausmass der Rückforderung konnte nicht einmal Mitte 2003 hinreichende Gewissheit bestehen. 7.3.3 Dass die Beschwerdeführer mit ihrem Schreiben vom 18. Juli 2003 an die Beschwerdegegnerin eine Quantifizierung des Rückforderungsanspruchs vornahmen, ändert daran nichts. Die Beschwerdegegnerin hat denn auch in ihrer Klageantwort vom 23. September 2004 diesen Rückforderungsanspruch im Quantitativ bestritten. Diese Bestreitung ist insoweit berechtigt, als die Rückerstattung entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht so berechnet werden kann, dass die Anzahl der zu Unrecht betriebenen Betten (Differenz zwischen 66 und 52, d.h. 14) mit der durchschnittlichen Auslastung multipliziert wird. Umgekehrt ist auch die auf die durchschnittliche Gesamtauslastung abstellende Methode der Beschwerdegegnerin nicht richtig. Wenn die Beschwerdegegnerin 50 beziehungsweise - wie offenbar von den Behörden und den Beschwerdeführern zugestanden - 52 Betten betreiben durfte, so sind nur, aber immerhin, für diejenigen Tage, an welchen mehr als 52 Betten belegt waren, Patiententage zu Unrecht in Rechnung gestellt worden und dies nur in dem Umfang, in welchem die Zahl der belegten Betten 52 überschritt. Indessen konnte diese (korrekte) Berechnung aufgrund der damals bekannten Informationen nicht angestellt werden. Wenn die Beschwerdeführer unter diesen Umständen die Rechnungen vorderhand gemäss der vertraglichen Regelung weiterhin bezahlt haben, kann ihnen daraus kein Vorwurf gemacht werden, zumal sie mit der Eingabe vom 18. Juli 2003 der Beschwerdegegnerin ihre Rückforderungsabsicht klar zum Ausdruck gebracht haben. Nach Treu und Glauben musste unter diesen Umständen vielmehr die Beschwerdegegnerin erkennen, dass die Beschwerdeführer ihre Zahlungen nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung leisteten, auch wenn im Schreiben vom 18. Juli 2003 ein solcher Vorbehalt für die künftigen Leistungen nicht ausdrücklich enthalten war. 7.4 Der angefochtene Entscheid ist daher auch in Bezug auf die Rückforderung für die ab Februar 2003 erbrachten Leistungen aufzuheben. 7.4 Der angefochtene Entscheid ist daher auch in Bezug auf die Rückforderung für die ab Februar 2003 erbrachten Leistungen aufzuheben. 8. 8.1 Die Beschwerdeführer beantragten in der an die Vorinstanz gerichteten Klage die Rückerstattung für die Jahre 1998-2003 und dehnten das Begehren in der Replik vom 6. Dezember 2004 auf das Jahr 2004 aus. Die Beschwerdegegnerin bestritt in der Duplik vom 31. Januar 2005 die Zulässigkeit einer solchen Klageänderung. Die Vorinstanz erwog, die Frage nach der Zulässigkeit der Klageerweiterung sei nicht mehr von entscheidender Bedeutung, weil die Leistungen für das Jahr 2004 in Kenntnis des Rückforderungstatbestandes vorbehaltlos erbracht worden seien, weshalb eine Rückforderung derselben ohnehin nicht in Betracht falle. Das kantonale Recht enthalte zwar keine einschlägige Bestimmung, doch sei eine Klageerweiterung nach der Praxis des Schiedsgerichts nicht möglich, so dass an sich auf die Klage, soweit sei das Jahr 2004 betreffe, nicht einzutreten wäre. Es könne sich allerdings die Frage stellen, ob das Verwaltungsgericht nicht gehalten gewesen wäre, die Klägerinnen auf die Unzulässigkeit der Erweiterung hinzuweisen und ihnen die Möglichkeit zur separaten Klageeinreichung zu geben. Dieser Schritt habe aber unterbleiben können, nachdem festgestellt worden sei, dass eine Rückforderung der in Kenntnis der Unrechtmässigkeit weiterhin erbrachten Leistungen ohnehin nicht mehr möglich sei. - Im Dispositiv des angefochtenen Entscheids wies die Vorinstanz sodann die gesamte Klage ab, soweit sie darauf eintrat. Dabei geht nicht eindeutig hervor, ob sie auf die Klage in Bezug auf die Forderungen für das Jahr 2004 nicht eingetreten ist oder diese abgewiesen hat. 8.2 Im Verfahren der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege ist es zulässig, die Frage des Eintretens auf eine Beschwerde offen zu lassen mit der Begründung, das Rechtsmittel sei ohnehin materiell abzuweisen. Denn es besteht hier ein angefochtener Entscheid, welcher rechtskräftig wird, unabhängig davon, ob auf die dagegen erhobene Beschwerde nicht eingetreten oder diese abgewiesen wird. Im Klageverfahren verhält es sich anders: Die Kläger haben Anspruch darauf, dass über ihr Begehren klar entweder mit einem Sach- oder einem Nichteintretensentscheid befunden wird, denn je nachdem ergeht ein rechtskraftfähiger Entscheid, welcher eine erneute Klage ausschliesst (res iudicata), oder es wird kein Sachentscheid gefällt mit der Folge, dass der geltend gemachte Anspruch erneut eingeklagt werden kann. Die Vorinstanz hat daher zu Unrecht offen gelassen, ob auf die Klageerweiterung einzutreten ist, weshalb ihr Entscheid auch in dieser Hinsicht aufzuheben ist. 8.3 Nach dem vorne in E. 7 Gesagten ist zudem festzuhalten, dass die blosse Tatsache, dass die Beschwerdeführer auch im Jahre 2004 noch Leistungen erbracht haben, die Rückerstattung nicht ausschliesst. 8.3 Nach dem vorne in E. 7 Gesagten ist zudem festzuhalten, dass die blosse Tatsache, dass die Beschwerdeführer auch im Jahre 2004 noch Leistungen erbracht haben, die Rückerstattung nicht ausschliesst. 9. Insgesamt ergibt sich, dass die Rückforderung für die ab 19. Juli 1998 erbrachten Leistungen nicht verwirkt ist. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie materiell über den Rückforderungsanspruch entscheidet. 9. Insgesamt ergibt sich, dass die Rückforderung für die ab 19. Juli 1998 erbrachten Leistungen nicht verwirkt ist. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie materiell über den Rückforderungsanspruch entscheidet. 10. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Die unterliegende Beschwerdegegnerin trägt die Gerichtskosten (Art. 156 OG) und hat den obsiegenden Beschwerdeführern eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 OG). Die Beschwerdeführer unterlagen zwar in Bezug auf die strafrechtliche Verjährung (vorne E. 6), doch betrifft dies nur einen sehr untergeordneten Anteil der in Frage kommenden Leistungen, so dass sich eine Aufteilung nicht rechtfertigt.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug als Schiedsgericht gemäss Art. 89 KVG vom 19. April 2006 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen über die Klage entscheide. 1. In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug als Schiedsgericht gemäss Art. 89 KVG vom 19. April 2006 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen über die Klage entscheide. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 50'000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 50'000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 3. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 50'000.- wird den Beschwerdeführern zurückerstattet. 3. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 50'000.- wird den Beschwerdeführern zurückerstattet. 4. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführern für das Verfahren vor dem Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 15'000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 4. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführern für das Verfahren vor dem Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 15'000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug als Schiedsgericht gemäss Art. 89 KVG und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt. Luzern, 30. Juli 2007 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
b20fa808-e267-40dc-afce-c27323b7ef6a
fr
2,013
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
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critical
critical-1
Faits: A. X._ SA est propriétaire d'un groupe de quatre immeubles sis 29, 31, 33 et 35, rue ..., à ..., qui appartenaient précédemment à la SI A._ SA et à la SI B._ SA. Construit au début des années soixante, cet ensemble comprend 96 appartements totalisant 354 pièces. C._ est locataire d'un appartement de 4,5 pièces dans l'immeuble sis 31, rue .... Depuis le 1 er juillet 1995, le loyer annuel est fixé à 9'048 fr.; le taux hypothécaire de référence était alors de 6,5% et l'indice suisse des prix à la consommation (ISPC) était fixé à 135.7 points. En 2007, la SI A._ SA et la SI B._ SA se sont vu accorder une autorisation de construire portant sur la réfection des façades et de la toiture avec isolation extérieure, sur le remplacement des fenêtres et des garde-corps, ainsi que sur la mise en conformité des canalisations. A l'époque, l'enveloppe des bâtiments était vétuste et ne correspondait pas aux exigences en matière d'économie d'énergie et d'isolation phonique et thermique; les vitrages étaient en mauvais état, les volets roulant en bois se trouvaient dans un état de décrépitude avancé et les caissons des stores n'étaient pas isolés; les parapets des balcons étaient attaqués par endroits par la carbonatation, les garde-corps des balcons étaient dans un état pitoyable et pouvaient présenter des débuts de descellement; enfin, la toiture devait être mise aux normes et présentait un risque d'obstruction des évacuations d'eaux pluviales. Les travaux ont été exécutés en 2008. Ils comprenaient la mise en séparatif des canalisations, le traitement de la carbonatation, les travaux d'étanchéité, d'isolation, de ferblanterie et de ventilation, ainsi que les travaux de menuiserie extérieure, d'isolation thermique et de peinture extérieure (remplacement des fenêtres, des stores, des mains courantes et des garde-corps). Le coût des travaux s'est élevé à 3'792'000 fr. Par avis officiel du 6 août 2009 adressé à C._, la SI A._ SA a porté le loyer annuel à 11'736 fr. dès le 1 er juillet 2010; l'augmentation de 224 fr. par mois était motivée par des prestations supplémentaires (travaux à plus-value) au sens des art. 269a let. b CO et 14 OBLF. Dans la lettre recommandée accompagnant l'avis de majoration, il était précisé que "le calcul de répercussion sur [le] loyer des travaux à plus-value permet[tait] une augmentation de 590 fr.60 par pièce." B. C._ a contesté la hausse de loyer devant la Commission de conciliation en matière de baux et loyers. La tentative de conciliation a échoué. X._ SA, devenue entre-temps la bailleresse, a porté l'affaire devant le Tribunal des baux et loyers du canton de Genève. Elle concluait à ce que le loyer annuel soit fixé à 10'032 fr. depuis le 1 er juillet 2010, ce qui correspondait à une hausse mensuelle de 82 fr., obtenue selon le calcul suivant: - Coûts liés à l'investissement à plus-value pouvant être répercutés sur les loyers de l'immeuble entier 109'494 fr. - Hausse annuelle admissible par pièce (109'494 fr. : 180) 608 fr.30 - Hausse admissible par mois appartement C._ ([4,5 x 608 fr.30] : 12) 228 fr. - Réduction par mois liée à la baisse du taux hypothécaire compensée partiellement par la hausse de l'ISPC - 146 fr. Prétention en augmentation du loyer mensuel 82 fr. Par jugement du 20 juin 2011, le Tribunal des baux et loyers a débouté la bailleresse de ses conclusions. Il a fixé à 88'638 fr. le montant pouvant être répercuté annuellement sur les loyers de tout l'immeuble. Il a ensuite rapporté ce montant à l'état locatif avant travaux, qui s'élevait à 592'464 fr., pour aboutir à une hausse de loyer de 14,96% en raison des travaux à plus-value. Par ailleurs, la diminution du taux hypothécaire de référence depuis la dernière fixation de loyer justifiait une réduction du loyer de 27,54%, compensée à raison de 9,4% par la hausse de l'ISPC. La baisse de loyer de 18,14% étant supérieure à la hausse liée aux travaux à plus-value, la prétention en augmentation de loyer de la bailleresse n'était pas fondée. La bailleresse a interjeté appel. Elle concluait désormais à la fixation du loyer annuel à 9'660 fr. depuis le 1er juillet 2012, ce qui représentait une augmentation de 612 fr. par an, soit 51 fr. par mois. Elle critiquait uniquement la clé adoptée par les premiers juges pour répartir le coût des travaux à plus-value entre les locataires de l'immeuble. Statuant le 5 novembre 2012, la Chambre des baux et loyers de la Cour de justice du canton de Genève a confirmé le jugement querellé. En substance, elle a jugé que le Tribunal des baux et loyers n'avait pas outrepassé son large pouvoir d'appréciation en choisissant de répartir les coûts entre locataires au prorata des loyers - système usuel et admis à plusieurs reprises par le Tribunal fédéral -, plutôt que d'appliquer la clé de répartition en fonction du nombre de pièces, préconisée par la bailleresse. C. X._ SA interjette un recours en matière civile et un recours constitutionnel subsidiaire. Dans les deux recours, elle prend les conclusions principales suivantes: " I. La hausse de loyer du 6 août 2009 n'est pas abusive. II. Le loyer annuel est fixé à 9' 660 fr. (...) depuis le 1 er juillet 2012. III. Les nouveaux critères du loyer sont: - taux hypothécaire à 3% - IPC à 114.9 (base mai 1993). " A titre subsidiaire, la recourante demande le renvoi de la cause à la cour cantonale pour nouvelle décision. C._ propose le rejet des deux recours. La réponse a été suivie d'une ultime prise de position de la recourante.
Considérant en droit: 1. 1.1. Comme devant le Tribunal fédéral, la recourante a conclu devant la cour cantonale, à la fois, à ce que la hausse de loyer du 6 août 2009 - portant le loyer annuel à 11'736 fr. - soit déclarée non abusive et à la fixation du loyer à 9'660 fr. par an. Ces deux chefs de conclusions ne sont guère compatibles. Il faut comprendre par là que la recourante a réduit en appel ses conclusions en hausse de loyer, ce qu'elle reconnaît du reste implicitement dans son recours en matière civile en se référant au calcul de la valeur litigieuse effectué par la Chambre des baux et loyers, fondé sur un loyer annuel de 9'660 fr. 1.2. Dans le droit du bail à loyer, le recours en matière civile n'est ouvert en principe que si la valeur litigieuse atteint au moins 15'000 fr. (art. 74 al. 1 let. a LTF). Devant l'autorité précédente, la hausse de loyer litigieuse s'élevait à 612 fr. par an (art. 51 al. 1 let. a LTF). Multiplié par vingt (art. 51 al. 4 LTF; ATF 137 III 580 consid. 1.1 p. 582), ce chiffre donne un total de 12'240 fr. Le recours n'est pas recevable ratione valoris. Lorsque la valeur litigieuse requise n'est pas atteinte, le recours sera tout de même ouvert si la contestation soulève une question juridique de principe (art. 74 al. 2 let. a LTF). La recourante explique de manière précise en quoi la condition posée par cette disposition est réalisée dans le cas présent; elle respecte ainsi l'exigence de l'art. 42 al. 2, 2 ème phrase, LTF. Selon la jurisprudence, la contestation soulève une question juridique de principe lorsqu'il est nécessaire, pour résoudre le cas d'espèce, de trancher une question juridique qui donne lieu à une incertitude caractérisée, laquelle appelle de manière pressante un éclaircissement de la part du Tribunal fédéral, en tant qu'autorité judiciaire suprême chargée de dégager une interprétation uniforme du droit fédéral (ATF 137 III 580 consid. 1.1 p. 583; 135 III 397 consid. 1.2 p. 399). La recourante fait valoir tout d'abord que le Tribunal fédéral n'a jamais tranché la question de savoir selon quelle clé le coût des améliorations énergétiques doit être réparti entre les différents locataires dans un immeuble locatif. Il y aurait ainsi une insécurité du droit, que le Tribunal fédéral devrait dissiper en instaurant une pratique uniforme au niveau fédéral pour les mesures d'économie d'énergie découlant de l'art. 73 Cst. Au préalable, il convient de relever que les travaux en cause dans le cas particulier ne tendaient pas exclusivement à l'amélioration énergétique du bâtiment. Selon le Tribunal des baux et loyers, non critiqué sur ce point en appel, l'immeuble a fait l'objet d'importantes réparations, dont les frais, à raison de 50%, devaient être considérés comme des investissements à plus-value en application de l'art. 14 al. 1, 2 ème phrase, de l'ordonnance sur le bail à loyer et le bail à ferme d'habitations et de locaux commerciaux (OBLF; RS 221.213.11). Cela étant, aucune norme fédérale ne prescrit de règles en matière de répartition, entre les locataires, des coûts de travaux à plus-value concernant l'immeuble entier (cf. ATF 125 III 421 consid. 2d p. 424; BERNARD CORBOZ, Les travaux de transformation et de rénovation de la chose louée entrepris par le bailleur et leur répercussion sur les loyers, in 12 e Séminaire sur le droit du bail, Neuchâtel 2002, p. 22; PETER HIGI, Remarques ad ATF 125 III 421, PJA 2000 p. 489). Par conséquent, la présente affaire ne saurait poser une question mettant en cause l'application uniforme du droit fédéral dans le choix de la clé de répartition. Du reste, lorsqu'elle s'en prend au mode de répartition entre les locataires du coût des prestations supplémentaires au sens de l'art. 269a let. b CO, la recourante ne conteste pas vraiment, en tant que telle, la clé appliquée par les instances cantonales - répartition des frais au prorata des loyers - mais soutient que le juge ne pouvait s'écarter de la méthode adoptée par la bailleresse - répartition en fonction du nombre de pièces - que si cette clé-ci était insoutenable, ce qui ne serait pas le cas en l'espèce. Il est vrai que, dans ce domaine, plusieurs méthodes sont envisageables, la ventilation pouvant s'opérer selon la clé de répartition applicable à la propriété par étages (cf. ATF 116 II 184 consid. 3a p. 186 s.), selon la surface des appartements (cf. ATF 116 II 184 consid. 3b p. 189), selon leur volume (cf. ATF 120 II 100 consid. 6c p. 105), au prorata du nombre de pièces par logement (cf. ATF 116 II 184 consid. 3b p. 189; DAVID LACHAT, Le bail à loyer, 2008, p. 427 et p. 485) ou encore en fonction du pourcentage que représente l'investissement à plus-value par rapport à l'état locatif avant la hausse (ATF 118 II 415 consid. 3c/cc p. 421). Dans l'arrêt 4A_470/2009 du 18 février 2010 (extrait in mp 2010 p. 183), le Tribunal fédéral a relevé que le juge disposait d'un pouvoir d'appréciation dans le choix du système de répartition (consid. 7). Dans l'arrêt publié aux ATF 125 III 421, il précisait toutefois que le droit fédéral ne pouvait être violé que si la clé de répartition adoptée par le propriétaire était à ce point insoutenable qu'elle contredise l'esprit de l'art. 269 CO (consid. 2d p. 424). Ces deux arrêts peuvent paraître contradictoires. En tous les cas, l'étendue du pouvoir du juge en la matière ne ressort pas clairement de la jurisprudence. Le juge peut-il librement opter pour une clé de répartition ou son pouvoir se limite-t-il à examiner si la méthode choisie par le bailleur est équitable? Il existe à ce sujet une incertitude caractérisée qu'il se justifie de lever dans la mesure où cette question est manifestement susceptible de se poser à nouveau. La condition de l'art. 74 al. 2 let. a LTF est réalisée en l'espèce, de sorte que le recours en matière civile est recevable sans égard à la valeur litigieuse. Il s'ensuit que le recours constitutionnel, en raison de sa nature subsidiaire, est irrecevable (art. 113 LTF). 1.3. Le recours en matière civile est interjeté par la partie qui a succombé en instance cantonale (art. 76 al. 1 LTF). Il est dirigé contre un arrêt final (art. 90 LTF) rendu en matière civile (art. 72 al. 1 LTF) par une autorité cantonale de dernière instance (art. 75 LTF). Déposé dans le délai (art. 45 al. 1 et art. 100 al. 1 LTF) et la forme (art. 42 LTF) prévus par la loi, le recours est en principe recevable. 1.4. Le recours peut être interjeté pour violation du droit, tel qu'il est délimité par les art. 95 et 96 LTF. Le Tribunal fédéral applique le droit d'office (art. 106 al. 1 LTF). Il n'est donc limité ni par les arguments soulevés dans le recours, ni par la motivation retenue par l'autorité précédente; il peut admettre un recours pour un autre motif que ceux qui ont été invoqués et il peut rejeter un recours en adoptant une argumentation différente de celle de l'autorité précédente (ATF 138 II 331 consid. 1.3 p. 336; 137 II 313 consid. 4 p. 317 s.; 135 III 397 consid. 1.4 p. 400). Compte tenu de l'exigence de motivation contenue à l'art. 42 al. 1 et 2 LTF, sous peine d'irrecevabilité (art. 108 al. 1 let. b LTF), le Tribunal fédéral n'examine en principe que les griefs invoqués; il n'est pas tenu de traiter, comme le ferait une autorité de première instance, toutes les questions juridiques qui se posent, lorsque celles-ci ne sont plus discutées devant lui (ATF 137 III 580 consid. 1.3 p. 584; 135 II 384 consid. 2.2.1 p. 389; 135 III 397 consid. 1.4 p. 400). Par exception à la règle selon laquelle il applique le droit d'office, le Tribunal fédéral ne peut entrer en matière sur la violation d'un droit constitutionnel ou sur une question relevant du droit cantonal ou intercantonal que si le grief a été invoqué et motivé de manière précise par la partie recourante (art. 106 al. 2 LTF; ATF 135 III 397 consid. 1.4 in fine). 1.5. Le Tribunal fédéral conduit son raisonnement juridique sur la base des faits établis par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF). Il ne peut s'en écarter que si les faits ont été établis de façon manifestement inexacte - ce qui correspond à la notion d'arbitraire au sens de l'art. 9 Cst. (ATF 137 I 58 consid. 4.1.2 p. 62; 137 II 353 consid. 5.1 p. 356) - ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). La partie recourante qui entend remettre en cause les constatations de l'autorité précédente doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions d'une exception prévue par l'art. 105 al. 2 LTF seraient réalisées, faute de quoi il n'est pas possible de tenir compte d'un état de fait qui diverge de celui contenu dans la décision attaquée (ATF 137 II 353 consid. 5.1 p. 356; 136 I 184 consid. 1.2 p. 187). Une rectification de l'état de fait ne peut être demandée que si elle est de nature à influer sur le sort de la cause (art. 97 al. 1 LTF). 1.6. Aucun fait nouveau ni preuve nouvelle ne peut être présenté à moins de résulter de la décision de l'autorité précédente (art. 99 al. 1 LTF). Toute conclusion nouvelle est irrecevable (art. 99 al. 2 LTF). 1.7. Le mémoire de réponse au Tribunal fédéral est signé, pour l'intimée, par Me François Zutter, en qualité d'avocat. Devant les instances cantonales, la locataire était défendue par l'ASLOCA, pour laquelle le même François Zutter agissait. Dans une telle constellation, l'avocat ne satisfait pas à l'exigence légale d'indépendance et la partie n'est donc pas valablement représentée (arrêt 4A_38/2013 du 12 avril 2013 consid. 1 destiné à la publication). 2. 2.1. La hausse de loyer litigieuse est fondée sur des investissements créant des plus-values et sur des améliorations énergétiques (cf. art. 269a let. b CO et art. 14 OBLF). Ces prestations supplémentaires ont été fournies à la suite de travaux effectués dans tout l'immeuble (réfection des façades et de la toiture avec isolation, remplacement des fenêtres, stores, mains courantes et garde-corps, etc.). Comme déjà relevé, aucune disposition du droit fédéral ne prescrit comment répartir les coûts en question entre les appartements de l'immeuble. Il est admis que plusieurs méthodes entrent en ligne de compte (consid. 1.2 supra). Selon un principe déduit de l'art. 269 CO, le caractère admissible d'un loyer s'apprécie pour le local loué, et non en fonction du rendement de l'immeuble entier (cf. ATF 116 II 184 consid. 3a p. 186). La clé de répartition appliquée doit ainsi refléter la mesure dans laquelle chaque objet loué profite de la rénovation ( LACHAT, op. cit., p. 486; CORBOZ, op. cit., p. 22; HIGI, Zürcher Kommentar, 4 e éd. 1998, n° 391 ad art. 269a CO). Etant donné qu'aucune clé de répartition ne s'impose a priori, il faut en déduire que le choix de la méthode appartient d'abord au bailleur ( CORBOZ, op. cit., p. 22; HIGI, op. cit., PJA 2000 p. 489). Si la clé de répartition ne ressort pas explicitement du calcul de hausse effectué par le bailleur, le système appliqué sera alors celui que le juge tiendra pour équitable ( HIGI, op. cit., PJA 2000 p. 489). Il en ira de même lorsque la clé de répartition adoptée par le bailleur se révèle insoutenable (cf. ATF 125 III 421 consid. 2d p. 424), notamment parce qu'elle ne répercute pas les frais concernant la chose louée ( CORBOZ, op. cit., p. 22) ou qu'elle tient compte de particularités personnelles des locataires (cf. LACHAT, op. cit., p. 427). Il s'ensuit que le juge ne peut pas répartir entre les locataires les coûts liés à des prestations supplémentaires selon son bon vouloir. En particulier, il ne peut pas, comme le Tribunal des baux et loyers dans le cas présent, écarter sans autre le système appliqué par le bailleur au profit d'une répartition en fonction des loyers avant la hausse, en arguant du caractère "plus équitable et plus favorable à la locataire" de ce modèle. Cette affirmation est du reste sujette à caution dans la mesure où aucune clé de répartition ne favorise en soi les locataires, mais bénéficie nécessairement à certains plutôt qu'à d'autres. Au demeurant, il ne s'agit pas d'adopter un modèle favorable au locataire engagé dans une procédure judiciaire, mais bien de retenir une méthode équitable qui ne conduise pas, dans un cas donné, à la fixation d'un loyer abusif. Le juge n'interviendra que si la méthode appliquée par le bailleur est insoutenable. Si tel n'est pas le cas, il n'y a pas lieu de modifier la clé de répartition choisie, ce qui évitera également de créer une distorsion entre les locataires qui contestent la hausse de loyer et les autres, en appliquant deux systèmes de répartition des coûts de travaux à plus-value profitant à tous les locataires de l'immeuble. 2.2. En l'espèce, la bailleresse a varié dans sa prétention en augmentation du loyer mensuel, passant de 224 fr. dans l'avis officiel du 6 août 2009 à 82 fr. dans ses conclusions de première instance, puis à 51 fr. en appel et devant le Tribunal fédéral. En revanche, elle a toujours indiqué qu'elle se fondait sur une hausse admissible par pièce. Les prestations supplémentaires ici en cause concernaient tous les logements de l'immeuble. S'agissant d'importantes rénovations relatives essentiellement à l'enveloppe du bâtiment (façades, fenêtres, balcons, toiture), une répartition des coûts selon le nombre de pièces par appartement apparaît appropriée à la mesure dans laquelle chaque logement profite de la rénovation; elle n'est en rien insoutenable. Le Tribunal des baux et loyers, suivi par la cour cantonale, n'était dès lors pas habilité à modifier le système de répartition des coûts appliqué par la recourante. En procédant à une répartition au prorata des loyers dans les circonstances de l'espèce, il a outrepassé son pouvoir d'appréciation et la Chambre des baux et loyers aurait dû le constater. Sur le vu de ce qui précède, le recours doit être admis. La cour de céans ne dispose pas des éléments nécessaires à un nouveau calcul du loyer. L'arrêt attaqué sera donc annulé et la cause renvoyée à la cour cantonale afin d'établir, sur la base de la clé de répartition appliquée par la recourante, la hausse de loyer admissible en rapport avec les prestations supplémentaires de la bailleresse, puis de déterminer si, après la prise en compte éventuelle d'autres facteurs, le loyer peut être augmenté et, le cas échéant, dans quelle mesure (art. 107 al. 2 LTF). 3. Les frais judiciaires seront mis à la charge de l'intimée, qui succombe (art. 66 al. 1 LTF). Cette dernière versera en outre des dépens à la recourante (art. 68 al. 1 et 2 LTF); le montant des dépens sera légèrement réduit pour tenir compte du fait que la recourante a déposé des écritures similaires dans plusieurs affaires posant le même problème juridique.
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours constitutionnel subsidiaire est irrecevable. 2. Le recours en matière civile est admis, l'arrêt attaqué est annulé et la cause est renvoyée à la cour cantonale pour nouvelle décision. 3. Les frais judiciaires, arrêtés à 1'000 fr., sont mis à la charge de l'intimée. 4. L'intimée versera à la recourante une indemnité de 1'000 fr. à titre de dépens. 5. Le présent arrêt est communiqué au mandataire de la recourante, à l'intimée et à la Chambre des baux et loyers de la Cour de justice du canton de Genève, ainsi que, pour information, à Me François Zutter. Lausanne, le 21 mai 2013 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente: Klett La Greffière: Godat Zimmermann
b2a1d78f-f3f0-45ca-b686-3397455386da
fr
2,015
CH_BGer_009
Federation
null
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social_law
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Faits : A. Par courrier du 11 juillet 2013, A._, bénéficiaire d'une rente extraordinaire de l'assurance-invalidité, d'une allocation pour impotent de l'assurance-invalidité de degré moyen et de prestations complémentaires à l'assurance-invalidité, a interpellé la Caisse de compensation du canton du Valais afin de connaître ce qu'il adviendrait de ses prestations d'assurance en cas de départ de la Suisse pour l'étranger. Après avoir informé l'assurée par écrit des conséquences d'un éventuel départ à l'étranger, la Caisse de compensation du Valais a, à la demande de l'assurée, constaté formellement que les prestations actuellement allouées ne lui seraient plus versées en cas de départ à l'étranger ou de domicile partagé (six mois en Suisse et six mois à l'étranger; décision du 2 mai 2014, confirmée sur opposition le 23 mai 2014). B. Par jugement du 30 avril 2015, la Cour des assurances sociales du Tribunal cantonal du Valais a rejeté le recours formé par l'assurée contre cette décision. C. A._ interjette un recours en matière de droit public contre ce jugement. Elle conclut à la réforme du jugement attaqué, en ce sens qu'il soit constaté qu'elle a droit à la poursuite du versement de la rente extraordinaire de l'assurance-invalidité et de l'allocation pour impotent de l'assurance-invalidité de degré moyen qui lui sont actuellement allouées en cas de départ à l'étranger. Elle assortit son recours d'une requête d'assistance judiciaire.
Considérant en droit : 1. Le Tribunal fédéral examine d'office et librement les conditions de recevabilité du recours, sans égard aux conclusions ou aux arguments des parties. Il vérifie de même si les conditions de recevabilité étaient réunies devant l'instance précédente et si, partant, c'est à bon droit que celle-ci est entrée en matière (ATF 140 V 22 consid. 4 p. 26 et les références). 1.1. En principe, l'objet d'une demande en justice ne peut porter que sur des questions juridiques actuelles dont les conséquences touchent concrètement le justiciable. Il est cependant admis qu'une autorité puisse rendre une décision en constatation si le requérant a un intérêt digne de protection à la constatation immédiate d'un rapport de droit litigieux (art. 49 al. 2 LPGA; voir également l'art. 25 al. 2 PA en corrélation avec l'art. 5 al. 1 let. b PA). Selon la jurisprudence, un tel intérêt n'existe que lorsque le requérant a un intérêt actuel, de droit ou de fait, à la constatation immédiate d'un droit, sans que s'y opposent de notables intérêts publics ou privés, et à condition que cet intérêt digne de protection ne puisse pas être préservé au moyen d'une décision formatrice, c'est-à-dire constitutive de droits et d'obligations (ATF 132 V 257 consid. 1 p. 259 et les références). Le juge retiendra un intérêt pour agir lorsqu'une incertitude plane sur les relations juridiques des parties et qu'une constatation judiciaire sur l'existence de l'objet du rapport pourrait l'éliminer. Une incertitude quelconque ne suffit cependant pas. Il faut bien plus qu'en se prolongeant, elle empêche le demandeur de prendre ses décisions et qu'elle lui soit, de ce fait, insupportable (ATF 122 III 279 consid. 3a p. 282, 120 II 20 consid. 3 p. 22). 1.2. Il n'est pas contestable que la recourante a, au travers des démarches qu'elle a entreprises auprès de la Caisse de compensation du canton du Valais, cherché à clarifier une question de droit avant de prendre une décision pouvant être pour elle lourde de conséquences sur le plan financier. Il convient d'admettre que la recourante disposait d'un intérêt digne de protection à procéder de la sorte. En effet, le maintien de l'incertitude sur la poursuite du versement des prestations dont elle est actuellement la bénéficiaire ne pouvait que l'entraver dans sa liberté de décision, singulièrement dans son choix de quitter ou non la Suisse. Il semble par ailleurs difficilement concevable d'exiger de sa part qu'elle quitte la Suisse, pour provoquer la suppression de ses prestations et, partant, lui permettre de contester le bien-fondé de la suppression devant le juge. C'est par conséquent à bon droit que la caisse intimée et la juridiction cantonale ont toutes deux considéré, de manière implicite, que la recourante disposait d'un intérêt digne de protection à faire constater l'existence de son droit au versement des prestations litigieuses en cas de départ à l'étranger. 2. Le recours en matière de droit public peut être formé pour violation du droit, tel qu'il est délimité par les art. 95 et 96 LTF. Le Tribunal fédéral applique le droit d'office (art. 106 al. 1 LTF), sans être limité par les arguments du recourant ou par la motivation de l'autorité précédente. Le Tribunal fédéral n'examine en principe que les griefs invoqués, compte tenu de l'exigence de motivation prévue à l'art. 42 al. 2 LTF, et ne peut aller au-delà des conclusions des parties (art. 107 al. 1 LTF). Il fonde son raisonnement sur les faits retenus par la juridiction de première instance (art. 105 al. 1 LTF) sauf s'ils ont été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). Le recourant qui entend s'écarter des faits constatés doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions de l'art. 105 al. 2 LTF sont réalisées sinon un état de fait divergent ne peut être pris en considération (cf. art. 97 al. 2 LTF). 3. Le litige a pour objet la question de savoir si les prestations de la sécurité sociale suisse que sont la rente extraordinaire de l'assurance-invalidité et l'allocation pour impotent - prestations soumises à une clause de résidence en vertu de la législation suisse (art. 39 al. 1 LAI [en corrélation avec l'art. 42 al. 1 LAVS] et art. 42 al. 1 LAI) - sont soumises au principe de l'exportation, tel qu'il est défini à l'art. 7 du Règlement (CE) n° 883/2004 du Parlement européen et du Conseil du 29 avril 2004 portant sur la coordination des systèmes de sécurité sociales (RS 0.831.109.268.1; ci-après: règlement n° 883/2004), applicable en vertu de l'art. 1 par. 1 de l'annexe II à l'Accord du 21 juin 1999 entre la Confédération suisse, d'une part, et la Communauté européenne et ses Etats membres, d'autre part, sur la libre circulation des personnes (ALCP; RS 0.142.112.681). 4. 4.1. La juridiction cantonale a constaté, en se référant principalement à l'art. 70 du règlement n° 883/2004 et à l'annexe X du règlement n° 883/2004, ainsi qu'au chapitre II du Protocole à l'annexe II à l'ALCP, que la recourante ne pourrait plus prétendre au versement de la rente extraordinaire de l'assurance-invalidité et de l'allocation pour impotent en cas de départ pour l'étranger ou en cas de partage de son domicile entre la Suisse et son pays d'origine. 4.2. La recourante reproche à la juridiction cantonale d'avoir violé le droit fédéral. Se référant à un avis doctrinal récent (PATRICIA USINGER-EGGER, Die Verordnung [EG] Nr. 883/2004 und deren Durchführungsverordnung, JaSo 2013 p. 95 ss), elle soutient que la rente extraordinaire de l'assurance-invalidité et l'allocation pour impotent ne constituent pas ou plus des prestations spéciales à caractère non contributif au sens de l'art. 70 du règlement n° 883/2004 et, partant, doivent être soumises au principe de l'exportation des prestations de sécurité sociale. Le fait que la Suisse a décidé d'inscrire la rente extraordinaire de l'assurance-invalidité dans l'Annexe X du règlement n° 883/2004 et l'allocation pour impotent dans le chapitre II du Protocole à l'annexe II à l'ALCP n'était à cet égard pas décisif au regard de la jurisprudence de la Cour de justice de l'Union européenne (arrêt de la CJCE du 8 mars 2001 C-43/99 Jauch, Rec. 2001 I-4265). 5. Dans un arrêt 9C_283/2015 du 11 septembre 2015 destiné à la publication, le Tribunal fédéral a constaté que la rente extraordinaire de l'assurance-invalidité, conformément à la mention qui en est faite à la let. d de l'inscription de la Suisse à l'Annexe X du règlement n° 883/2004 (cf. décision n° 1/2012 du 31 mars 2012 du Comité mixte [institué par l'accord entre la Communauté européenne et ses Etats membres, d'une part, et la Confédération suisse, d'autre part, sur la libre circulation des personnes] remplaçant l'annexe II dudit accord sur la coordination des systèmes de sécurité sociale [RO 2012 2345 et JO L 103/51 du 13 avril 2012]), est une prestation spéciale en espèces à caractère non contributif au sens de l'art. 70 par. 2 let. a point i du règlement n° 883/2004, qui n'est pas soumise au principe de l'exportation des prestations tel qu'il est défini à l'art. 7 du règlement n° 883/2004. Financée exclusivement par la Confédération suisse, la rente extraordinaire de l'assurance-invalidité remplit tous les critères pour qu'elle puisse être considérée comme telle: dans la mesure où elle n'est allouée que lorsque le droit à une rente ordinaire de l'assurance-invalidité n'est pas ouvert faute pour la condition de la durée minimale de cotisation d'être remplie, elle couvre, à titre de remplacement, le risque de l'invalidité (art. 3 par. 1 let. c du règlement n° 883/2004), en permettant d'assurer, pour des considérations de nature économique et sociale, un revenu minimum aux personnes invalides de naissance ou depuis l'enfance qui n'ont jamais eu l'occasion de verser des cotisations jusqu'à l'ouverture du droit à la rente (consid. 7.3.3 et 7.4.2). 6. Il convient d'examiner ce qu'il en est en matière d'allocation pour impotent. 6.1. 6.1.1. Sous le titre "Levée des clauses de résidence", l'art. 7 du règlement n° 883/2004 prévoit que les prestations en espèces dues en vertu de la législation d'un ou de plusieurs Etats membres ou du règlement ne peuvent faire l'objet, à moins que ledit règlement n'en dispose autrement, d'aucune réduction, modification, suspension, suppression ou confiscation du fait que le bénéficiaire ou les membres de sa famille résident dans un Etat membre autre que celui où se trouve l'institution débitrice. 6.1.2. Cette disposition correspond en substance à l'art. 10 par. 1 du Règlement (CEE) n° 1408/71 du Conseil du 14 juin 1971 relatif à l'application des régimes de sécurité sociale aux travailleurs salariés, aux travailleurs non salariés et aux membres de leur famille qui se déplacent à l'intérieur de la Communauté (ci-après: règlement n° 1408/71), lequel était applicable jusqu'au 31 mars 2012 dans les relations entre la Suisse et les Etats membres de l'Union européenne (cf. ATF 138 V 533 consid. 2.1 p. 535). Selon l'interprétation qu'a donnée la Cour de justice des Communautés européennes (CJCE, devenue entre-temps la Cour de justice de l'Union européenne [CJUE]) de l'art. 10 par. 1 du règlement n° 1408/71, le principe de la levée des clauses de résidence implique non seulement que la personne intéressée conserve le droit de bénéficier des pensions, rentes et allocations acquises en vertu de la législation de l'un ou de plusieurs Etats membres même après avoir fixé sa résidence dans un autre Etat membre, mais également qu'on ne puisse lui refuser l'acquisition d'un tel droit pour la seule raison qu'elle ne réside pas sur le territoire de l'Etat où se trouve l'institution débitrice (p. ex. arrêts de la CJCE du 10 juin 1982 92/81 Camera, Rec. 1982 p. 2214 point 14; du 20 juin 1991 C-356/89 Newton, Rec. 1991 I-3035 point 23; du 6 juillet 2000 C-73/99 Movrin, Rec. 2000 I-5636 point 32 s.). Le Tribunal fédéral a précisé que la levée des clauses de résidence prévue par le droit communautaire conduit dans son résultat à mettre sur un pied d'égalité les territoires des Etats membres en ce qui concerne le droit aux prestations (ATF 130 V 145 consid. 4.1 p. 147). En vertu de ce principe, les prestations en espèces doivent par conséquent être exportées dans l'Etat (membre de l'Union européenne) où réside le bénéficiaire ou les membres de sa famille (GÄCHTER/BURCH, Nationale und internationale Rechtsquellen, in Recht der sozialen Sicherheit, 2014, ch. 1.108 p. 37). 6.2. 6.2.1. Selon l'art. 70 par. 1 et 3 du règlement n° 883/2004, l'art. 7 du règlement n° 883/2004 et les autres chapitres du titre III du règlement n° 883/2004 ne s'appliquent pas aux "prestations spéciales en espèces à caractère non contributif" relevant d'une législation qui, de par son champ d'application personnel, ses objectifs et/ou ses conditions d'éligibilité, possède les caractéristiques à la fois de la législation en matière de sécurité sociale (art. 3 par. 1 du règlement n° 883/2004) et d'une assistance sociale. En vertu de l'art. 70 par. 4 du règlement n° 883/2004, ces prestations sont octroyées exclusivement dans l'Etat membre dans lequel la personne intéressée réside et conformément à sa législation; ces prestations sont servies par l'institution du lieu de résidence et à sa charge. 6.2.2. Aux termes de l'art. 70 par. 2 du règlement n° 883/2004, on entend par "prestations spéciales en espèces à caractère non contributif" les prestations: a) qui sont destinées: i) soit à couvrir à titre complémentaire, subsidiaire ou de remplace- ment, les risques correspondant aux branches de sécurité sociale visées à l'art. 3, par. 1, et à garantir aux intéressés un revenu minimal de subsistance eu égard à l'environnement économique et social dans l'Etat membre concerné, ii) soit uniquement à assurer la protection spécifique des personnes handicapées, étroitement liées à l'environnement social de ces personnes dans l'Etat membre concerné; et b) qui sont financées exclusivement par des contributions fiscales obligatoires destinées à couvrir des dépenses publiques générales et dont les conditions d'attribution et modalités de calcul ne sont pas fonction d'une quelconque contribution pour ce qui concerne leurs bénéficiaires. Les prestations versées à titre de complément d'une prestation contributive ne sont toutefois pas considérées, pour ce seul motif, comme des prestations contributives; et c) qui sont énumérées à l'annexe X. 6.2.3. Cette définition des prestations spéciales en espèces à caractère non contributif correspond à l'art. 4 par. 2 bis du règlement n° 1408/71, tel qu'il avait été modifié par le Règlement (CE) n° 647/2005 du Parlement européen et du Conseil du 13 avril 2005 modifiant le règlement n° 1408/71 (JO L 117/1 du 4 mai 2005), et tient compte des principes posés en la matière par la CJCE dans ses arrêts rendus dans les affaires Friedrich Jauch contre Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter (arrêt de la CJCE du 8 mars 2001 C-215/99, Rec. 2001 I-1901) et Ghislain Leclere et Alina Deaconescu contre Caisse nationale des prestations familiales (arrêt de la CJCE du 31 mai 2001 C-43/99, Rec. 2001 I-4265). La CJCE était arrivée à la conclusion que l'art. 10 bis du règlement n° 1408/71, disposition qui permettait sous l'ancien droit de déroger au principe de l'exportation des prestations de sécurité sociale, devait être interprété "strictement", cette disposition ne pouvant viser que les prestations qui satisfaisaient aux conditions fixées à l'art. 4 par. 2 bis du même règlement, à savoir les prestations qui présentaient un caractère à la fois spécial et non contributif et qui étaient mentionnées à l'Annexe II bis dudit règlement (arrêt Jauch précité, point 21; cf. également ATF 132 V 423 consid. 9.4.2 p. 439; sur le développement de la jurisprudence de la CJCE relative à l'art. 4 bis du règlement n° 1408/71, voir JÜRGEN BESCHORNER, Die beitragsunabhängigen Geldleistungen im Sinne von Art. 4 Abs. 2a VO [EWG] Nr. 1408/71 in der Rechtsprechung des EuGH, ZESAR 2009 p. 321 ss). 6.3. 6.3.1. A teneur du Protocole à l'Annexe II à l'ALCP et de la let. a1 de l'inscription de la Suisse à l'Annexe II bis du règlement n° 1408/71 (introduite avec effet rétroactif au 1er juin 2002 par la décision n° 2/2003 du Comité mixte UE-Suisse du 15 juillet 2003 portant modification de l'Annexe II [sécurité sociale] de l'accord entre la Communauté européenne et ses Etats membres et la Confédération suisse sur la libre circulation des personnes [RO 2004 1277 et JO L 187/55 du 26 juillet 2003]; voir également ATF 132 V 423 consid. 7.2 et 7.3 p. 433), les allocations pour impotent (au sens de la LAI et de la LAVS) constituaient des prestations spéciales à caractère non contributif. 6.3.2. Dans l'arrêt du 8 mars 2001 C-215/99 Jauch précité, la CJCE a considéré que la prestation servie au titre de la loi autrichienne sur l'allocation de soins - à laquelle pouvait être assimilée l'allocation pour impotent du droit suisse (ATF 132 V 423 consid. 6.3.2 p. 429) - constituait une prestation de maladie en espèces au sens de l'art. 4 par. 1 let. a du règlement n° 1408/71 et ne relevait pas de l'art. 4 par 2 bis du règlement n° 1408/71 relatif aux prestations spéciales à caractère non contributif; l'art. 10 bis du règlement n° 1408/71 n'était par conséquent pas applicable et la prestation devait être servie quel que soit l'Etat membre dans lequel résidait la personne dépendante remplissant les autres conditions pour en bénéficier. 6.3.3. Invité à examiner si cette jurisprudence était directement applicable à la Suisse, le Tribunal fédéral des assurances a - tout en laissant ouverte la question de savoir si l'allocation pour impotent était effectivement une prestation spéciale à caractère non contributif (ATF 132 V 423 consid. 9.5.6 p. 442) - constaté, d'une part, que l'arrêt Jauch constituait une jurisprudence nouvelle et postérieure au 21 juin 1999 dont il n'y avait pas lieu de tenir compte en application de l'art. 16 al. 2 ALCP (ATF 132 V 423 consid. 9.4.3 p. 439) et, d'autre part, qu'il n'y avait pas lieu de s'écarter de la teneur claire du Protocole à l'Annexe II à l'ALCP et de la décision n° 2/2003 du Comité mixte UE-Suisse du 15 juillet 2003, lesquels avaient été adoptés en pleine connaissance de la jurisprudence Jauch (ATF 132 V 423 consid. 9.5.3 et 9.5.4 p. 441). 6.4. La mention des allocations pour impotent au titre de prestations spéciales en espèces à caractère non contributif ne figure plus dans l'annexe correspondante du règlement n° 883/2004 (Annexe X). Dans le cadre de la mise à jour de l'Annexe II à l'ALCP destinée à intégrer le système modernisé de coordination des systèmes de sécurité sociale applicable au sein de l'Union européenne (à savoir principalement le règlement n° 883/2004 et le Règlement [CE] n° 987/2009 du Parlement européen et du Conseil du 16 septembre 2009 fixant les modalités d'application du Règlement [CE] n° 883/2004 portant sur la coordination des systèmes de sécurité sociale [RS 0.831.109.268.11]), il a été constaté que les allocations pour impotent ne remplissaient pas les conditions plus restrictives définies depuis le règlement n° 647/2005 (cf. supra consid. 6.2.3), car celles-ci ne revêtaient pas un caractère spécial au sens de la jurisprudence de la CJUE (cf. BETTINA KAHIL-WOLFF, La nouvelle coordination sociale européenne [Règlements 883/2004 et 987/2009]: répercussions sur la sécurité sociale en Suisse, in Journées du droit de la circulation routière 2010, p. 109 s.; PATRICIA USINGER-EGGER, Sozialrechtliche Qualifizierung der Hilflosenentschädigung, RSAS 2012 p. 244 s.). 6.5. Contrairement à l'opinion exprimée par une partie de la doctrine (PATRICIA USINGER-EGGER, Die Verordnung [EG] Nr. 883/2004 und deren Durchführungsverordnung, JaSo 2013 p. 101 s.; voir également EDGAR IMHOF, Das Freizügigkeitsabkommen EG-Schweiz und seine Auslegungsmethode - Sind die Urteile Bosman, Kohll und Jauch bei der Auslegung zu berücksichtigen?, ZESAR 2007 p. 228), la suppression des allocations pour impotent de la liste des prestations spéciales à caractère non contributif ne modifie en rien la situation qui a prévalu jusqu'à ce jour. 6.5.1. Partant du constat que la Communauté européenne et la Suisse avaient convenu plusieurs années avant l'entrée en vigueur du règlement n° 647/2005 de faire figurer l'allocation pour impotent dans le liste de l'Annexe II bis du règlement n° 1408/71, que la Suisse avait demandé le statu quo en ce qui concernait cette allocation eu égard à la nature statique de l'ALCP et que la Suisse acceptait, de manière générale, les conditions plus strictes concernant l'Annexe X du règlement n° 883/2004, la Commission européenne a proposé au Conseil de l'Union européenne de traiter la question de la non-exportation de l'allocation pour impotent en tant que point distinct dans le protocole de cet accord. Selon le ch. II du Protocole à l'annexe II de l'ALCP, tel qu'il a été adopté par la décision n° 1/2012 du 31 mars 2012 du Comité mixte précitée, les allocations pour impotent prévues par la LAI et par la LAVS sont versées uniquement si la personne réside en Suisse (voir la proposition de la Commission européenne, du 28 juin 2010, de décision du Conseil relative à la position à adopter au nom de l'Union européenne au sein du comité mixte institué par l'accord du 21 juin 1999 entre la Communauté européenne et ses Etats membres, d'une part, et la Confédération suisse, d'autre part, sur la libre circulation des personnes en ce qui concerne le remplacement de l'annexe II sur la coordination des systèmes de sécurité sociale, p. 13 et 28 [n° CELEX 52010PC0333], entérinée par le Conseil de l'Union européenne le 6 décembre 2010 [JO L 209/1 du 17 août 2011]). 6.5.2. Il n'y a par ailleurs pas lieu de déroger aux principes exposés au consid. 9 de l'ATF 132 V 423, lesquels conservent aujourd'hui encore toute leur pertinence. La prise en compte par la Cour de céans de la jurisprudence Jauch (cf. supra consid. 6.2.3), singulièrement l'application du principe de l'exportation des prestations de sécurité sociale à l'allocation pour impotent auraient pour effet d'entraîner l'abrogation par la voie judiciaire d'une partie de l'Annexe II à l'ALCP. Une décision du Tribunal fédéral en ce sens contreviendrait ainsi à la volonté clairement exprimée (cf. supra consid. 6.3.3 et 6.5.1) des parties contractantes de ne pas soumettre l'allocation pour impotent au principe de l'exportation des prestations de sécurité sociale. Ceci reviendrait également à remettre en cause la nature en soi statique de l'ALCP (art. 16 al. 2 ALCP; ATF 139 II 393 consid. 4.1.1 in fine p. 398) et faire fi, au mépris du principe de respect des traités ( pacta sunt servanda; art. 26 de la Convention de Vienne sur le droit des traités du 23 mai 1969 [RS 0.111]), des règles de compétence et de procédure définies par les parties contractantes pour procéder à la révision de l'accord et de ses annexes (art. 18 ALCP; ATF 132 V 423 consid. 9.5.5. p. 442). 7. 7.1. Mal fondé, le recours doit être rejeté. 7.2. Les frais afférents à la présente procédure seront supportés par la recourante qui succombe (art. 66 al. 1 LTF). Elle a cependant déposé une demande d'assistance judiciaire visant à la dispense des frais judiciaires et à la désignation d'un avocat d'office. Les conditions d'octroi étant réalisées (art. 64 al. 1 et 2 LTF), l'assistance judiciaire lui est accordée. Elle est toutefois rendue attentive au fait qu'elle devra rembourser la Caisse du Tribunal fédéral, si elle retrouve ultérieurement une situation financière lui permettant de le faire (art. 64 al. 4 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce : 1. Le recours est rejeté. 2. L'assistance judiciaire est accordée. Me Jean-Marie Agier est désigné comme avocat d'office de la recourante. 3. Les frais judiciaires, arrêtés à 800 fr., sont mis à la charge de la recourante. Ils sont toutefois supportés provisoirement par la Caisse du Tribunal fédéral. 4. Une indemnité de 2'800 fr. est allouée à l'avocat de la recourante à titre d'honoraires à payer par la Caisse du Tribunal fédéral. 5. Le présent arrêt est communiqué aux parties, au Tribunal cantonal du Valais, Cour des assurances sociales, et à l'Office fédéral des assurances sociales. Lucerne, le 17 décembre 2015 Au nom de la IIe Cour de droit social du Tribunal fédéral suisse La Présidente : Glanzmann Le Greffier : Piguet
b2c1fff3-1237-4088-af74-c86b7998a6d7
de
2,015
CH_BGer_002
Federation
null
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public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A.a. Mit als "Gesuch um Verwaltungsmassnahmen/Anzeige" bezeichneter Eingabe vom 4. März 2011 wandte sich die PharmaSuisse (Schweizerischer Apothekerverband) an das Departement für Finanzen und Soziales des Kantons Thurgau. Sie beantragte insbesondere, der Zur Rose Suisse AG sei der Versand von nicht rezeptpflichtigen Medikamenten an Personen zu untersagen, die nicht unmittelbar persönlich von einem Arzt untersucht wurden und die über kein ärztliches Rezept verfügten. A.b. Am 31. Mai 2011 nahm das Departement die Eingabe vom 4. März 2011 als Anzeige entgegen und stellte unter anderem fest, dass der PharmaSuisse keine Parteistellung zukomme. Eine von der Pharmasuisse gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau am 18. Januar 2012 gut. Der Entscheid des Departements wurde aufgehoben und die Streitsache zur Neubeurteilung an dieses zurückgewiesen. Auf eine dagegen eingereichte Beschwerde der Zur Rose Suisse AG trat das Bundesgericht mit Urteil 2C_215/2012 vom 17. März 2012 nicht ein. A.c. Mit Zwischenentscheid vom 31. Juli 2012 stellte das Departement fest, dass es der PharmaSuisse jederzeit frei stehe, sämtliche Verfahrensakten einzusehen. Insofern die PharmaSuisse darüber hinaus Akteneinsicht begehre, insbesondere in die Geschäftsgeheimnisse der Zur Rose Suisse AG, wurde das Begehren abgewiesen. Der Antrag der PharmaSuisse, der Kantonsapotheker sei wegen Befangenheit in den Ausstand zu versetzen, wurde ebenso abgelehnt wie das Begehren um Übertragung des Verfahrens an eine unabhängige Instanz. Am 20. März 2013 wies das Verwaltungsgericht die gegen den Zwischenentscheid vom 31. Juli 2012 erhobene Beschwerde der PharmaSuisse ab, soweit es darauf eintrat. Der Entscheid wurde nicht angefochten. A.d. Am 28. August 2013 wies das Departement das ursprüngliche Gesuch der PharmaSuisse vom 4. März 2011 um Erlass von Verwaltungsmassnahmen ab, soweit darauf eingetreten wurde. Das Departement trat auf die Anträge der PharmaSuisse betreffend unzulässiger Werbung aufgrund von Unzuständigkeit nicht ein. Hinsichtlich der Vorbringen zu einem behaupteterweise unzulässigen Versandhandel führte das Departement aus, die Zur Rose Suisse AG verfüge seit über zehn Jahren über eine entsprechende Bewilligung und habe keinerlei Anlass zu Beanstandungen gegeben. Vor diesem Hintergrund bestehe kein Anlass, Verwaltungsmassnahmen zu ergreifen. B. B.a. Mit Eingabe vom 9. September 2013 erhob die Swissmedic beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau Beschwerde und beantragte, den Entscheid des Departements vom 28. August 2013 aufzuheben. Sie machte in ihrer Eingabe insbesondere geltend, es sei unklar, wie hoch der Anteil Arzneimittelbestellungen sei, die ohne ein Rezept eingehen würden bzw. wie viele und welche Ärzte im Auftrag der Zur Rose Suisse AG nach Erhalt der Fragebogen Rezepte ausgestellt hätten. Ebenso sei unklar, wie viele solcher ärztlicher Rezepte gestützt auf den Fragebogen jährlich und pro Arzt ausgestellt worden seien bzw. wie viele telefonische Rückfragen der zuständigen Ärzte bei den Bestellern erfolgt seien. Angesichts dessen, dass der Versandhandel grundsätzlich untersagt sei, müssten die gesetzlichen Grundlagen hierzu eng ausgelegt und eine ausreichende ärztliche Fachberatung und Überwachung sichergestellt werden. Die Praxis der Zur Rose Suisse AG verstosse gegen zentrale Bestimmungen der Heilmittelgesetzgebung. B.b. Mit Eingabe vom 19. September 2013 erhob auch die PharmaSuisse gegen den Departementsentscheid vom 28. August 2013 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau. Sie beantragte namentlich, der Zur Rose Suisse AG sei der Versand von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln an Personen zu untersagen, die nicht unmittelbar-persönlich durch einen Arzt untersucht worden seien und über kein ärztliches Rezept verfügten. Andernfalls sei der Zur Rose Suisse AG die Bewilligung zum Versandhandel zu widerrufen. Sodann sei die Swissmedic über die unzulässige Werbung der Zur Rose Suisse AG zu informieren. B.c. Das Verwaltungsgericht Thurgau hat die Beschwerden der Swissmedic und der PharmaSuisse vereinigt und mit Urteil vom 27. August 2014 abgewiesen. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 18. September 2014 beantragt die Swissmedic dem Bundesgericht, das Urteil vom 27. August 2014 sei aufzuheben und die Streitsache zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Mit Eingabe vom 9. Oktober 2014 beantragt die PharmaSuisse, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. August 2014 aufzuheben sei. Sodann sei festzustellen, dass der von der Zur Rose Suisse AG betriebene Versand mit nicht rezeptpflichtigen Heilmitteln gegen Art. 26 und Art. 27 des Heilmittelgesetzes verstosse; eventuell sei die Streitsache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Departement für Finanzen und Soziales und das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau beantragen, die Beschwerden seien abzuweisen. Die Zur Rose Suisse AG beantragt, auf die Beschwerden sei nicht einzutreten, eventualiter seien sie abzuweisen. Das Bundesamt für Gesundheit beantragt, die Beschwerden gutzuheissen, soweit darauf einzutreten sei. D. Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 29. September 2015 öffentlich beraten.
Erwägungen: 1. 1.1. Mit zwei verschiedenen Beschwerdeschriften wird dasselbe Urteil des Verwaltungsgerichts Thurgau vom 27. August 2014 angefochten. Das Bundesgericht hat zwei Verfahren eröffnet (2C_853/2014 und 2C_934/2014). In beiden Verfahren geht es weitgehend um übereinstimmende Sachverhalte und Rechtsfragen mit identischen Betroffenen, und unter den gegebenen Umständen sind dieselben rechtlichen Grundsätze für die bundesgerichtliche Entscheidfindung massgeblich. Es rechtfertigt sich deshalb, die beiden Verfahren zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 24 BZP in Verbindung mit Art. 71 BGG; BGE 131 V 59 E. 1 S. 60 f. und 461 E. 1.2 S. 465). 1.2. Der in Anwendung von öffentlichem Recht ergangene, kantonal letztinstanzliche Endentscheid (Art. 90 BGG) kann mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG). Die Swissmedic ist gestützt auf Art. 84 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Arzneimittel und Medizinalprodukte [Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21] in Verbindung mit Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG zur Beschwerde berechtigt (Urteile 2C_733/2010 vom 16. Februar 2011 E. 1.1; 2C_254/2007 vom 4. Februar 2008 E. 1.2; vgl. [in anderem Zusammenhang] auch Urteil 2C_969/2013 vom 19. Juli 2014 E. 5.1.1). 1.3. Die Zur Rose Suisse AG bringt vor, das Beschwerdebegehren der Swissmedic sei nicht hinreichend bestimmt. Diese stellt wie bereits vor der Vorinstanz ein reines Rückweisungsbegehren. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist ein reformatorisches Rechtsmittel (Art. 107 Abs. 2 BGG). Daher darf sich die beschwerdeführende Partei grundsätzlich nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu beantragen, sondern muss einen Antrag in der Sache stellen (BGE 137 II 313 E. 1.3 S. 317; 134 III 379 E. 1.3 S. 383; 133 III 489 E. 3.1 S. 489 f.); zulässig ist immerhin ein Antrag auf Rückweisung, wenn das Bundesgericht ohnehin nicht in der Lage wäre, reformatorisch zu entscheiden, weil die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen fehlen (BGE 133 III 489 E. 3.1 S. 489 f.). Rechtsbegehren sind jedoch nach Treu und Glauben auszulegen (BGE 136 V 131 E. 1.2 S. 136; 115 Ia 107 E. 2b S. 109; 105 II 149 E. 2a S. 152; Urteil 4A_46/2015 vom 27. März 2015 E. 3, nicht publ. in: BGE 141 III 155 ff.). Geht aus der Beschwerdebegründung zweifelsfrei hervor, was die Beschwerdeführerin anstrebt, und wie nach erfolgter Rückweisung vorzugehen wäre, liegt ein Antrag in der Sache vor (BGE 137 II 313 E. 1.3 S. 317; 133 II 409 E. 1.4.1 S. 415; Urteile 2C_123/2015 vom 30. September 2015 E. 1.2; 1C_786/2013 vom 8. Oktober 2014 E. 1.2, nicht publiziert in BGE 140 II 509 ff.). Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich mit hinreichender Klarheit, dass die Swissmedic den Versandhandel der Zur Rose Suisse AG als Verstoss gegen das Heilmittelgesetz wertet und anstrebt, diesen zu unterbinden. Auf ihre Beschwerde ist einzutreten. 1.4. Zu prüfen ist die Beschwerdelegitimation der PharmaSuisse. Diese verfügt über kein Verbandsbeschwerderecht gemäss Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG und dem Heilmittelgesetz. Es stellt sich die Frage, ob eine Beschwerdeberechtigung nach Art. 89 Abs. 1 BGG besteht. 1.4.1. Die Beschwerdebefugnis gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG soll die Popularbeschwerde ausschliessen und den Charakter des allgemeinen Beschwerderechts als Instrument des Individualrechtsschutzes unterstreichen. Die PharmaSuisse oder ihre Mitglieder (s. sogleich E. 1.4.2) müssen unter diesem Gesichtswinkel durch den angefochtenen Entscheid stärker als ein beliebiger Dritter betroffen sein und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Neben der spezifischen Beziehungsnähe zur Streitsache müssen sie einen praktischen Nutzen aus einer allfälligen Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids ziehen, d.h. ihre Situation muss durch den Ausgang des Verfahrens in relevanter Weise beeinflusst werden können. Das schutzwürdige Interesse besteht darin, einen materiellen oder ideellen Nachteil zu vermeiden, den der angefochtene Entscheid mit sich bringen würde. Ein bloss mittelbares oder ausschliesslich allgemeines öffentliches Interesse begründet - ohne die erforderliche Beziehungsnähe zur Streitsache selber - keine Parteistellung (BGE 139 II 279 E. 2.2 S. 282; 135 II 172 E. 2.1 S. 174 f., 145 E. 6.1 S. 150 f.; 133 II 249 E. 1.3.1 S. 252 f.; 131 II 587 E. 2.1 und 3 S. 588 ff.). In diesem Zusammenhang gibt es keine rechtslogisch stringente, sondern nur eine praktisch vernünftige Abgrenzung zur Popularbeschwerde; wo die Grenze verläuft, ist jeweils für jedes Rechtsgebiet und anhand der konkreten Umstände gesondert zu beurteilen (BGE 139 II 279 E. 2.3 S. 283; 123 II 376 E. 5b/bb S. 383 mit Hinweisen). 1.4.2. Ein Verband, der als juristische Person konstituiert ist, kann zur Wahrung der eigenen Interessen Beschwerde führen (BGE 137 II 40 E. 2.6.4 S. 46; 136 II 539 E. 1.1 S. 542 mit Hinweisen). Ein Verband kann aber auch die Interessen der Mehrheit oder einer Grosszahl seiner Mitglieder mit Beschwerde geltend machen, soweit deren Wahrung zu seinen statutarischen Aufgaben gehört und eine Vielzahl seiner Mitglieder ihrerseits beschwerdebefugt wären (BGE 137 II 40 E. 2.6.4 S. 46 f.; 136 II 539 E. 1.1 S. 542; 131 I 198 E. 2.1 S. 200; 130 II 514 E. 2.3.3 S. 519; sog. "egoistische Verbandsbeschwerde"). Über ein schützenswertes Interesse im Sinne von Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG verfügt der Verband namentlich, wenn eine Grosszahl seiner Mitglieder als Konkurrenten zur Beschwerde legitimiert wären. Konkurrenten sind berechtigt, sich gegen staatliche Wettbewerbsverzerrungen unter Anrufung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zur Wehr zu setzen (vgl. BGE 138 I 378 E. 6.1 S. 385; 136 I 1 E. 5.5 S. 16 f.; 125 I 431 E. 4b/aa S. 435). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Beschwerdebefugnis allerdings nicht schon aufgrund der blossen Befürchtung gegeben, einer verstärkten Konkurrenz ausgesetzt zu sein; diese Art des Berührtseins liegt im Prinzip des freien Wettbewerbs und kann deshalb für sich alleine kein schutzwürdiges Interesse an einem gerichtlichen Rechtsschutz begründen (BGE 141 II 262 E. 7.1 S. 279; Urteil 2C_485/2010 vom 3. Juli 2012 E. 1.2.4, nicht publ. in: BGE 138 I 378 ff., mit Hinweis auf BGE 127 II 264 E. 2c S. 269; 125 I 7 E. 3d S. 9). Erforderlich ist vielmehr eine schutzwürdige besondere Beziehungsnähe, die sich aus der einschlägigen gesetzlichen Ordnung ergibt. So kann ein schutzwürdiges Interesse für Konkurrenten in Wirtschaftszweigen vorliegen, in welchen sie durch wirtschaftspolitische oder sonstige spezielle Regelungen in eine solche besondere Beziehungsnähe untereinander versetzt werden (BGE 139 II 328 E. 3.3 S. 333; Urteil 2C_694/2009 vom 20. Mai 2010 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 136 II 291 ff.; vgl. auch BGE 135 II 243 E. 1.2 S. 246 f.; MOOR/POLTIER, Droit administratif, Bd. 2, 3. Aufl., 2011, S. 740). Ein Konkurrent kann sodann beschwerdebefugt sein, soweit er geltend macht, andere Konkurrenten würden privilegiert behandelt (vgl. BGE 139 II 328 E. 3.3 S. 333; 125 I 7 E. 3 f. S. 8 ff.; 123 I 279 E. 3d S. 281 f.; 101 Ib 178 E. 4b S. 186). 1.4.3. Zunächst ist zu prüfen, ob die PharmaSuisse selbst - als Berufsverband - über ein schützenswertes Interesse zur Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids verfügt (vgl. hiervor eingangs E. 1.4.2). Die PharmaSuisse bringt im Rahmen ihrer Begründung des Anfechtungsinteresses unter anderem sinngemäss vor, dass die Vorinstanz vom gesetzlich vorgesehenen System der Berufsausübung der Apotheker im Bereich des Versandhandels nunmehr vollständig abweichen möchte. PharmaSuisse bezweckt unter anderem, eine kompetente Berufsausübung der Apotheker zu fördern und das Vertrauen in die Beziehung zum Patienten zu stärken, das Ansehen des Berufs zu wahren, ein standeswürdiges Verhalten zu definieren sowie die Qualität der pharmazeutischen Tätigkeit sicherzustellen (Standesordnung des Schweizerischen Apothekerverbandes vom November 2009 Ziff. 2 S. 5). Die vom Verband geförderten Berufspflichten umschreiben im Bereich des Heilmittelrechts eine spezifische Funktion des Apothekers, die dazu beitragen soll, eine qualitativ hochstehende und zuverlässige medizinische Versorgung der Bevölkerung zu sichern (vgl. insoweit auch angefochtenes Urteil E. 1.2). Vor diesem Hintergrund fragt sich, ob die Vorinstanz die Heilmittelgesetzgebung des Bundes in einer Weise anwendet, die den Wert und die Funktion des von der PharmaSuisse vertretenen Berufsstandes und der von ihr geförderten Berufspflichten namentlich hinsichtlich der Kontrolle und Indikation beim Arzneimittelbezug nicht hinreichend berücksichtigt. Die Ausführungen zu den Voraussetzungen, nach welchen das Verwaltungsgericht nunmehr Ausnahmebewilligungen nach dem Heilmittelgesetz zum Versandhandel zulassen möchte, berühren insofern in qualifizierter Weise die spezifischen Interessen des Berufsstandes selbst (vgl. in diesem Sinne BGE 135 II 243 E. 1.2 S. 246 f.). Die PharmaSuisse macht in zulässiger Weise geltend, mit dem angefochtenen Entscheid werde das Berufsbild, das der Verband schützen will, und die Berufsreglementierung als solche in Frage gestellt. Demnach beruft sie sich auf schutzwürdige Interessen des Verbands im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG. Somit erübrigt sich die Prüfung, ob der Verband seine Beschwerdeberechtigung auf das Beschwerderecht einer Vielzahl seiner Mitglieder stützen könnte (vgl. hiervor E. 1.4.2). 1.4.4. Die Beschwerdebefugnis setzt die Parteifähigkeit der Beschwerdeführenden voraus (Art. 89 BGG; FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in: Corboz/Wurzburger/Ferrari/Frésard/Aubry Girardin (Hrsg.), Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 6 zu Art. 89 BGG). PharmaSuisse ist eine Vereinigung im Sinne von Art. 60 Abs. 1 ZGB und somit eine juristische Person. Sie ist zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 2. 2.1. Das Heilmittelgesetz soll zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier gewährleisten, dass nur qualitativ hochstehende, sichere und wirksame Heilmittel in Verkehr gebracht werden (Art. 1 Abs. 1 HMG). Es soll auch dazu beitragen, dass die in Verkehr gebrachten Heilmittel ihrem Zweck entsprechend und massvoll verwendet werden (Art. 1 Abs. 2 lit. b HMG). Gemäss Art. 30 Abs. 1 HMG benötigt eine kantonale Bewilligung, wer in Apotheken, Drogerien und anderen Detailhandelsgeschäften Arzneimittel abgibt (Detailhandelsbewilligung). Während das Bundesrecht Abgabe als "die entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung oder Überlassung eines verwendungsfertigen Heilmittels für die Verwendung durch den Erwerber oder die Erwerberin" versteht (Art. 4 Abs. 1 lit. f HMG; "Abgeben"), wird der Begriff der Verschreibung vom Bundesgesetzgeber nicht (näher) definiert. Gemäss der Lehre folgt die Verschreibung dem Erstellen der therapeutischen Vereinbarung und wird der individuellen Situation des Patienten angepasst (Dosis, Anzahl, Intervalle, Art der Applikation; GIGER/SAXER/WILDI/FRITZ, Arzneimittelrecht, 2013, S. 12 f.). Nach Art. 26 Abs. 2 HMG darf ein Arzneimittel nur verschrieben werden, wenn der Gesundheitszustand der Konsumentin oder des Konsumenten bzw. der Patientin oder des Patienten bekannt ist. Die Lehre folgert daraus, dass die Vitaldaten des Patienten, sein Gesundheitszustand, Allergien, Arzneimittelunverträglichkeiten sowie das Interaktionspotential mit anderen Wirkstoffen aus Arznei- oder Nahrungsmitteln dem verschreibenden Arzt bekannt sein müssen (vgl. GIGER/SAXER/WILDI/FRITZ, a.a.O., S. 12 f.; URS JAISLI, in: Basler Kommentar in: Basler Kommentar, Heilmittelgesetz [nachfolgend: Basler Kommentar HMG], 2006, N. 47 zu Art. 31; vgl. auch Arzneimittelpolitik FMH, verabschiedet vom Zentralvorstand FMH am 17. März 2004, S. 1). Die Ausführung einer ärztlichen Verschreibung durch eine dazu berechtigte Person führt zur Abgabe des Heilmittels (BGE 140 II 520 E. 3.2 S. 524 f.; Botschaft vom 1. März 1999 zu einem Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte [Heilmittelgesetz, HMG], BBl 1999 3453 ff., S. 3491). 2.2. Bei der Verschreibung und der Abgabe von Arzneimitteln müssen die anerkannten Regeln der medizinischen und der pharmazeutischen Wissenschaften beachtet werden (Art. 26 Abs. 1 HMG; BGE 134 IV 175 E. 4.1 S. 179 f.; BGE 133 I 58 E. 4.1.2 S. 61; Urteile 2C_92/2011 vom 12. April 2012 E. 3.9.1; 9C_397/2009 vom 16. Oktober 2009 E. 4.3). Das Abgabesystem des Heilmittelgesetzes beruht im Interesse der Arzneimittelsicherheit und des Patientenschutzes auf einer Fachberatung durch entsprechende Hinweise im Rahmen der Verschreibung und der Abgabe (Botschaft HMG, a.a.O., S. 3513, vgl. auch die Erläuterungen zu den allgemeinen "Leitprinzipien der Medikamentenabgabe", S. 3514 f.); die Abgabe an die Konsumenten soll - abgesehen von Fällen der Selbstdispensation, der Abgabe in Notfällen und der Anwendung am Patienten während der Behandlung (vgl. BGE 131 I 198 E. 2.6 S. 204; Urteile 2C_53/2009 vom 23. September 2011 E. 4.2; 6B_444/2010 vom 16. September 2010 E. 4.1.2) - erst nach zweifacher Kontrolle durch Fachpersonen in Anwendung ihrer jeweiligen anerkannten Wissenschaften erfolgen. Dabei hat der Apotheker grundsätzlich nach den Vorgaben der ärztlichen Verschreibung zu handeln. Er hat sich indessen bei der das Rezept ausstellenden Person über die Richtigkeit zu vergewissern, wenn er nach den Umständen an der medizinischen Indikation des verschriebenen Arzneimittels zweifeln muss. In diesem Sinne sieht Art. 26 Abs. 1 HMG vor, dass der Apotheker die ärztliche Verschreibung kontrollieren und allfällige Unstimmigkeiten in Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt bereinigen muss (vgl. BGE 140 II 520 E. 3.2 S. 525; Urteil 9C_397/ 2009 vom 16. Oktober 2009 E. 4.3; HEIDI BÜRGI, in: Basler Kommentar HMG, a.a.O., N. 11 zu Art. 24 und N. 10 ff. zu Art. 26 HMG; GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl., 2007, S. 337 ff., N. 723 S. 635). 2.3. Der Bundesrat hat die Arzneimittel nach Massgabe der enthaltenen Wirkstoffe (gemäss entsprechenden Stofflisten der Swissmedic) eingeteilt in die verschreibungspflichtigen Abgabekategorien A und B (Art. 23 und Art. 24 VAM), sowie die Kategorien ohne Verschreibungspflicht C (Abgabe nach Fachberatung durch Medizinalpersonen und weitere dazu besonders ermächtigte Personen; Art. 25 VAM) und D (Abgabe nach Fachberatung; Art. 26 VAM) sowie die frei verkäuflichen Arzneimittel (Kategorie E; Art. 27 VAM). Swissmedic ordnet jedes von ihr zugelassene Heilmittel einer Kategorie zu, womit eine gesamtschweizerisch einheitliche Abgabe sichergestellt werden soll (Urteil 2C_767/2009 vom 4. Oktober 2010 3.1 und 3.2). In Art. 25 Abs. 1 HMG werden diejenigen Personen genannt, die nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel abgeben dürfen. Das sind neben den Personen, die verschreibungspflichtige Arzneimittel abgeben dürfen (lit. a; Ärzte, Apotheker), eidgenössisch diplomierte Drogisten im Rahmen ihrer Abgabekompetenz (lit. b), weitere Personen, die über eine angemessene Ausbildung verfügen, ebenfalls im Rahmen ihrer Abgabekompetenz (lit. c), und entsprechend ausgebildete Fachpersonen unter der Kontrolle von Personen nach lit. a und b (lit. d; Urteil 2C_767/2009 vom 4. Oktober 2010 E. 3.1 und 3.2). 2.4. Der Versandhandel mit Medikamenten ist eine besondere Form der Medikamentenabgabe. Er ist im Grundsatz untersagt (Art. 27 Abs. 1 HMG; BGE 140 II 520 E. 3.3 S. 525 f.; Urteil 2C_622/2013 vom 11. April 2014 E. 2.4.1; Botschaft HMG, a.a.O., S. 3514) und kann nur bewilligt werden, wenn zusätzliche Erfordernisse der Qualitätskontrolle erfüllt werden (Art. 27 Abs. 2 HMG). Nach dem Verordnungswortlaut sollen nur öffentliche Apotheken, die im Besitz einer Detailhandelsbewilligung sind, eine Bewilligung für den Versandhandel beantragen können (Art. 29 Abs. 1 VAM). Analog zur persönlichen Abgabe muss beim Versandhandel namentlich die Beratung durch eine Fachperson und die ärztliche Überwachung gesichert sein (Art. 29 Abs. 2 lit. f und g VAM; Botschaft HMG, a.a.O., S. 3515; Urteil 2P.169/2006 vom 20. September 2007 E. 2.2). Die Bestimmungen zur Qualitätssicherung verlangen für Arzneimittel, die über den Versandhandel bezogen werden, eine ärztliche Verschreibung (Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG; Art. 29 Abs. 2 VAM). Da die Vorschriften zum Versandhandel gemäss Art. 27 HMG für Arzneimittel der Abgabekategorien A bis D einschlägig sind (Art. 23 Abs. 2 HMG; Art. 23-25 und 26 VAM), wird eine ärztliche Verschreibung nach dem Wortlaut auch für Medikamentenkategorien vorausgesetzt, deren Bezug (bei einer Offizinapotheke oder einer Drogerie) an sich keine ärztliche Verschreibung erforderte (Urteil 2C_622/2013 vom 11. April 2014 E. 2.4.1; vgl. Botschaft HMG, a.a.O., S. 3515). Allein der Versandhandel mit Arzneimitteln der - keiner Fachberatung unterliegenden - Abgabekategorie E ist bewilligungslos möglich (vgl. Art. 23 Abs. 2 HMG; Art. 27 VAM; Botschaft HMG, a.a.O., S. 3515). Nichts anderes ergibt sich aus Art. 20 Abs. 2 HMG: Diese Bestimmung betrifft nicht den hier streitigen Versandhandel mit den Arzneimittelkategorien C und D, sondern lediglich die Einfuhr nicht zugelassener verwendungsfertiger Arzneimittel durch Einzelpersonen in kleinen Mengen für den Eigengebrauch (Art. 20 Abs. 2 lit. a HMG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 1 der Verordnung über die Bewilligungen im Arzneimittelbereich [Arzneimittel-Bewilligungsverordnung, AMBV] vom 17. Oktober 2001; vgl. auch Botschaft HMG, a.a.O., S. 3508). 3. Strittig ist vorliegend, ob der durch die Zur Rose AG praktizierte Versandhandel von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln (Abgabekategorien C und D) die heilmittelrechtlichen Gesetzesgrundlagen des Bundes zur Verschreibung und Abgabe einhält. 3.1. Beim Versandhandel der Zur Rose AG erfolgt gegenüber dem regulären Therapieprozess mit dem typischen Verlauf Kontaktaufnahme mit dem Arzt, Verschreibung gestützt auf eine Beurteilung des Arztes und Bezug des Arzneimittels beim Apotheker eine Umkehr: Erst nachdem das Arzneimittel bestellt wurde, findet die Verschreibung durch einen von der Zur Rose AG beauftragten, in der Schweiz zugelassenen Arzt statt. Der Arzt prüft jeweils unmittelbar vor dem Versand der Arzneimittel den von den Patienten ausgefüllten Fragebogen und stellt sodann - in der Regel ohne persönlichen Kontakt zum Kunden der Zur Rose AG - eine Verschreibung für diesen aus. Gestützt auf gespeicherte Informationen überprüft der Arzt nach der Darstellung der zur Rose AG namentlich, ob aufgrund allfälliger vorbestehender Krankheiten die bestellten Arzneimittel die Gesundheit des Kunden gefährden könnten (Unverträglichkeit und Wechselwirkungen). Bei Bedarf könne der Arzt telefonisch oder elektronisch mit dem Kunden Kontakt aufnehmen oder aber Apotheker der Zur Rose AG mit Rückfragen beim Kunden beauftragen. Der Entscheid, ob und wie er mit dem Kunden Kontakt aufnehmen wolle, obliege dabei im Wesentlichen (nach Angaben der Zur Rose AG "alleine"; vgl. angefochtenes Urteil E. 3.3.2 S. 20) dem Arzt. Auch die Kunden könnten mit dem verschreibenden Arzt Kontakt aufnehmen, sofern dies aus ihrer Sicht geboten sei. Lasse sich "die Bestellung aus medizinischen Gründen verantworten", fertige der verschreibende Arzt das Rezept aus, welches im Patientendossier der Zur Rose AG hinterlegt werde. 3.2. Die Vorinstanz kommt im angefochtenen Entscheid zum Schluss, dass mit dem Verschreibungsmodell der Zur Rose AG eine "genügende ärztliche Interaktion mit dem Kunden/Patienten stattfindet bzw. stattfinden kann, um dessen gesundheitliche Situation zu ermitteln". Eine Verletzung von Art. 27 Abs. 2 HMG liege damit nicht vor. Im Gegensatz zur Situation, die vom Bundesgericht im Urteil 2C_901/2012 vom 30. Januar 2013 zu beurteilen war, stünde es dem Arzt beim vorliegenden Versandhandel im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht frei, bei Unklarheiten mit dem Kunden/Patienten direkt oder über die Zur Rose AG Kontakt aufzunehmen. Die Vorinstanz erachtet es dabei als nicht relevant, dass der Name des Arztes, der die Verschreibung ausstelle, dem bestellenden Kunden/Patienten "nicht bekannt" und die Richtigkeit der Angaben auf dem Fragebogen "nur schwer überprüfbar" seien. Es gebe auch keine Hinweise, dass im strittigen Versandhandel verschreibende Ärzte "ihre Sorgfaltspflichten in zeitlicher Hinsicht nicht einhalten" könnten. 3.3. Swissmedic und die PharmaSuisse machen demgegenüber geltend, die Anforderung an eine ärztliche Verschreibung im Sinne von Art. 27 Abs. 2 HMG werde beim Versandhandel der Zur Rose AG nicht eingehalten. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedürfe es im Versandhandel auch bei nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln der Abgabekategorien C und D einer vorgängigen Diagnose des Arztes; das Formular der Zur Rose AG ("Gesundheitsfragebogen") genüge als Grundlage der Verschreibung den Anforderungen nicht. Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts sei die Zur Rose AG des Weiteren selbst verantwortlich, dass diese Voraussetzungen eingehalten würden. Die Anforderungen des Heilmittelrechts beim Versandhandel liessen sich nicht unter Bezugnahme auf allgemeine Ausführungen zum Gefährdungspotenzial bestimmter Arzneimittel aufheben, wie dies die Vorinstanz ausführe. PharmaSuisse macht überdies geltend, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt ohne weitere eigene Abklärungen auf die Darlegungen der Zur Rose AG bzw. der Erstinstanz gestützt. Bei verschiedenen von ihr verdeckt getätigten Testkäufen seien indessen Arzneimittel ohne Verschreibung sowie miteinander unverträgliche Heilmittel zeitgleich zugestellt worden. Die Zur Rose AG macht ihrerseits geltend, sie verletze die heilmittelrechtlichen Bestimmungen des Bundes nicht. Die aktuellen Beratungen zur Revision des Heilmittelgesetzes würden namentlich darauf hindeuten, dass die Verschreibungen nach dem Willen des Gesetzgebers "offensichtlich nicht... bereits vor der Bestellung... vorliegen müssten". 4. Zu prüfen ist, ob die Interpretation der Bestimmung von Art. 27 Abs. 2 HMG durch die Vorinstanz zulässig sein kann oder aber Bundesrecht verletzt, wie dies Swissmedic und die PharmaSuisse vorbringen. 4.1. Ausgangspunkt der Auslegung der strittigen Bestimmungen zum Versandhandel bildet der Wortlaut des Gesetzes. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich von Sinn und Zweck sowie der dem Text zugrunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf dann abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben (BGE 140 II 289 E. 3.2 S. 291 f.; 140 II 129 E. 3.2 S. 131; 139 V 66 E. 2.2 S. 68; 138 V 86 E. 5.1 S. 94). 4.2. Die Vorinstanz führt aus, die einschlägigen Vorschriften für den Versandhandel nach Art. 27 HMG würden eine ärztliche Verschreibung auch für Medikamentenkategorien voraussetzen, deren Bezug (bei einer Offizinapotheke oder einer Drogerie) an sich keine ärztliche Verschreibung erfordere. Gleichwohl sei dem verfassungsmässigen Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen. An den Erwerb nicht verschreibungspflichtiger Medikamente dürften daher "keine unverhältnismässig hohen Anforderungen" gestellt werden. Da bei den nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vorgängig keine ärztliche Diagnose gestellt werde, habe ein vorgängiger Kontakt zwischen Arzt und Patient "nicht zwingend zu erfolgen" (angefochtenes Urteil E. 3.3.4 S. 22). 4.2.1. Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG hält fest, "eine Bewilligung [für den Versandhandel] wird nur erteilt, wenn: für das betreffende Arzneimittel eine ärztliche Verschreibung vorliegt" (vgl. auch den italienischen Wortlaut: "L'autorizzazione è concessa soltanto se: per il medicamento in questione vi è una prescrizione medica"). Der Wortlaut der einschlägigen Bestimmung sieht demnach - für alle Abgabekategorien von Arzneimitteln - ein vorgängiges ärztliches Rezept für den Versandhandel mit Medikamenten vor (vgl. hiervor E. 2.4). Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG steht in engstem Bezug zu Art. 27 Abs. 1 HMG, wo der Gesetzgeber ein grundsätzliches Verbot des Versandhandels statuiert, von dem nur in Ausnahmefällen (Art. 27 Abs. 2 HMG) abgewichen werden darf (BGE 140 II 520 E. 3.3 S. 525 f.; vgl. hiervor E. 2.4); und die Botschaft statuiert für die ausnahmsweise Zulässigkeit des Versandhandels als "Wichtigste Ausnahmevoraussetzung [...] - auch im Falle von an sich nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln - das Vorliegen einer ärztlichen Verschreibung" (Botschaft HMG, a.a.O., S. 3453, 3515). Selbst wenn der französische Wortlaut in zeitlicher Hinsicht etwas offener formuliert ist ("le médicament fait l'objet d'une ordonnance médicale"), ergeben sich keine Hinweise, dass der Sinn der Regelung von Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG in Abweichung von der deutschen und italienischen Fassung verstanden werden müsste. 4.2.2. Auch dem Vorbringen der Zur Rose AG, das Votum von Kommissionssprecherin Maury Pasquier lege nahe, dass die Verschreibung nicht bereits vor der Bestellung vorliegen müsse, kann nicht gefolgt werden: Der Gesetzgeber hat im Rahmen der hängigen Revision des Heilmittelgesetzes diskutiert, ob die bestehende Regelung von Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG dahin gehend formuliert werden soll, dass "für das betreffende Arzneimittel vor der Bestellung eine ärztliche Verschreibung vorliegt". Der Nationalrat ist dem Vorstoss gefolgt, der diesen ausdrücklich als den bereits im Jahr 2000 intendierten, "nach wie vor sehr aktuellen" Schutzzweck beim Versandhandel mit Arzneiprodukten versteht. Mit der neuen Formulierung komme dieser jedoch besser zum Ausdruck und dem Schutzzweck könne so mehr Durchsetzungskraft verliehen werden (Vorstoss Nationalrätin Gilli; AB 2014 N 695; vgl. auch AB 2015 N 610). Der aktuell etwas offenere französische Wortlaut war für Ständerätin Maury Pasquier Anlass, diesem Vorstoss zu folgen. Eine Mehrheit des Ständerats sprach sich demgegenüber gegen eine Präzisierung aus, aber - entgegen der Darstellung der Zur Rose AG - nicht einer Änderung des Gesetzeszwecks, sondern Gründen folgend, dass der Wortlaut des bestehenden Gesetzes bereits hinreichend klar sei ("Das Gesetz ist hier klar, und wir sollten es nur dort ändern, wo es nicht klar ist. Im heutigen Artikel 27 Absatz 2 heisst es klar und deutlich: "Eine Bewilligung wird nur erteilt, wenn a. für das betreffende Arzneimittel eine ärztliche Verschreibung vorliegt". Jetzt kann man diese Bestimmung durch die Formulierung "vor der Bestellung" noch deutlicher machen. Aber dazu muss ich Ihnen sagen: Wenn die Verschreibung vorliegt, liegt sie vor - (...). Deshalb bitte ich Sie, der Mehrheit zu folgen"; Ständerätin Egerszegi-Obrist [AB 2014 S 1156]). Die aktuellen Beratungen gehen demnach entgegen den Vorbringen der Zur Rose AG davon aus, dass nach der in Kraft stehenden Regelung eine Verschreibung bei der Bestellung vorliegt. 4.2.3. Gesetzes- und Verordnungsgeber stellen in Art. 27 HMG (und Art. 29 Abs. 2 VAM) demnach bewusst höhere Anforderungen an den Versandhandel. Sie fordern für eine Ausnahmebewilligung gezielt eine vorliegende ärztliche Verschreibung, auch im Falle von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (vgl. bereits Urteil 2C_622/2013 vom 11. April 2014 E. 2.4.1). Es ergeben sich demnach weder aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung noch aus den parlamentarischen Beratungen hinreichende Gründe, um vom Wortlaut von Art. 27 Abs. 2 HMG im Sinne der Interpretation durch die Beschwerdegegnerin abzuweichen (hiervor E. 4.1; vgl. BGE 140 II 289 E. 3.2 S. 291 f.; 140 II 129 E. 3.2 S. 131; 139 V 66 E. 2.2 S. 68; 138 V 86 E. 5.1 S. 94). 5. Strittig ist sodann, in welcher Form eine "vorgängige Verschreibung" zu erfolgen hat und welche Abklärungen der eine Verschreibung ausstellende Arzt für Arzneimittel im Versandhandel treffen muss. 5.1. Die Vorinstanz geht davon aus, diesbezüglich bestünden gesetzlich keine hohen Anforderungen. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel könnten "erfahrungsgemäss sehr leicht und ohne Gesundheitsangaben für sich selbst oder Dritte in einer Apotheke besorgt werden"; bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bedürfe es daher im Rahmen des Versandhandels keiner ärztlichen Diagnose oder Überwachung, sondern - sofern spezifische Umstände wie Unverträglichkeiten zu erwarten seien - einer Fachberatung. Dem setzen Swissmedic und die PharmaSuisse entgegen, bei nicht verschreibungsplichtigen Arzneimitteln der Kategorie C und D werde eine Beratung vorausgesetzt. 5.2. Entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts kann eine faktische Betrachtung der Bezugsmöglichkeiten nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel die Auslegung und Prüfung der gesetzlichen Anforderungen an den Medikamentenversandhandel von vornherein nicht ersetzen. Die Arzneimittel der Abgabekategorien C und D sind - in Abgrenzung zur Kategorie E - nicht frei verkäuflich, sondern dürfen nur mit Fachberatung abgegeben werden (Art. 25 und 26 VAM; vgl. dazu hiervor E. 2.3); in Apotheken und Drogerien dürfen sie auch nicht zur Selbstbedienung angeboten werden (vgl. Art. 19 Abs. 3 der Verordnung über die Arzneimittelwerbung [Arzneimittel-Werbeverordnung; AWV]; SR 812.212.5). Analog zur persönlichen Abgabe muss beim Versandhandel die Beratung durch eine Fachperson gesichert sein (Art. 27 Abs. 2 lit. c HMG; Art. 29 Abs. 2 lit. g VAM; vgl. BGE 140 II 520 E. 3.3 S. 526; 125 I 474 E. 4 d und e S. 487 ff.; Urteil K 158/05 vom 5. September 2006 E. 6.4; Botschaft HMG, a.a.O., S. 3515). Das generelle Erfordernis einer nicht freien Verkäuflichkeit und der Fachberatung ergibt sich für Arzneimittel der Abgabekategorien C und D demnach direkt aus dem Gesetz (Art. 27 Abs. 2 lit. c HMG; Art. 25 und 26 VAM). Dieses Erfordernis reduziert sich auch nicht auf spezifische Anwendungsfälle, wie dies die Vorinstanz annimmt ("wenn wesentliche Anwendungseinschränkungen oder wichtige unerwünschte Arzneimittelwirkungen bekannt sind oder erwartet werden müssen"; angefochtenes Urteil E. 3.3.4 S. 22). 5.3. Aus der Sicht des Gesetzgebers sind Arzneimittel demnach "keine gewöhnlichen Konsumartikel" (Botschaft HMG, a.a.O., S. 3514). Beim Versandhandel fehlt der persönliche Kontakt zur Fachperson des Apothekers bei der Arzneimittelabgabe. Um dies zu kompensieren, hat der Gesetzgeber als Surrogat den persönlichen Kontakt zumindest zum Arzt vorgesehen, und zwar über das Instrument der Verschreibung (Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG). Die Lösung des schweizerischen Gesetzgebers geht somit dahin, den fehlenden persönlichen Kontakt mit der Fachperson des Apothekers im Medikamentenversandhandel mit einer anderen Fachperson, nämlich derjenigen des Arztes zu ersetzen (vgl. hiervor E. 4.2.1). Der Kontakt mit der Fachperson hat auch den Sinn, dafür zu sorgen, dass die in Verkehr gebrachten Heilmittel ihrem Zweck entsprechend und massvoll verwendet werden (Art. 1 Abs. 2 lit. b HMG und Art. 26 Abs. 1 HMG; vgl. hiervor E. 2.1). Arzneimittel sollen nicht, sobald sich "die Bestellung aus medizinischen Gründen verantworten" lasse (angefochtenen Urteil E. 3.3.2 S. 20), verkauft werden, sondern erst, wenn ihre Verwendung indiziert ist (Art. 1 Abs. 2 lit. b HMG; vgl. Art. 2 f. Standesordnung FMH vom 12. Dezember 1996; vgl. diesbezüglich auch etwa Ziff. 50 des Code de déontologie des médecins von Québec, Canada, abrufbar unter http://www2.public ationsduquebec.gouv.qc.ca/dynamicSearch/telecharge.php?type=3&fil e=/M_9/M9R17.HTM: "Le médecin ne doit fournir un soin ou émettre une ordonnance que si ceux-ci sont médicalement nécessaires"; besucht am 3. November 2015). 5.4. Eine Verschreibung darf der Arzt nur ausstellen, wenn er den Gesundheitszustand des Kunden kennt (Art. 26 Abs. 2 HMG; vgl. Urteile 2C_410/2014 vom 22. Januar 2015 E. 4.1; 2C_901/2012 vom 30. Januar 2013 E. 4.3.2; vgl. Botschaft HMG, a.a.O., S. 3514; unter Bezugnahmen auf die Leitprinzipien der Medikamentenabgabe in Art. 26 Abs. 1 HMG; hiervor E. 2.1 f.). Das Gesetz stellt demnach als Anforderung an den Versandhandel nicht nur ein vorgängiges Ausstellen des Rezepts (Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG; Art. 29 Abs. 2 lit. a VAM), sondern verlangt auch, dass dem verschreibenden Arzt der Gesundheitszustand des Patienten als Grundlage zur Ausstellung des Rezepts bekannt und das Heilmittel medizinisch indiziert ist. Der Arzt muss sich sorgfältig und in der hierfür erforderlichen Zeit ein Bild machen, was dem Patienten fehlt, und welche Therapieformen geeignet sind (vgl. Art. 2 f. der Standesordnung der FMH; vgl. auch Conseil National de l'Ordre des Médecins [CNOM], Art. 33 Code de déontologique de déontologie médicale, Conseil National de l`ordre [Frankreich], vom November 2012 "Le médecin doit toujours élaborer son diagnostic avec le plus grand soin, en y consacrant le temps nécessaire, en s'aidant dans toute la mesure du possible des méthodes scientifiques les mieux adaptées et, s'il y a lieu, de concours appropriés"; vgl. auch Les commentaires du code de déontologie médicale; commentaire ad Art. 7, 33; abrufbar unter: http://www. conseilnational.medecin.fr/article/le-code-de-deontologiemedicale-915; besucht am 3. November 2015. 5.5. Es stellt sich die Frage, ob die in E. 5.2 bis 5.4 genannten Voraussetzungen beim Versandhandel der Zur Rose AG eingehalten werden. 5.5.1. Die Beschwerdegegnerin bringt vor, bei ihr sei die sachgemässe ärztliche Beratung und korrekte Verschreibung namentlich durch einen "Gesundheitsfragebogen" sichergestellt. Sodann könne sich ein Patient bei Bedarf an einen Apotheker wenden und eine Fachberatung verlangen, worauf er bei der Bestellung hingewiesen werde. Die Zur Rose AG nehme sodann eine pharmazeutische Plausibilitätsprüfung sowie eine Interaktionskontrolle vor. Die ärztliche Fachberatung sodann sei dadurch sichergestellt, dass der Patient in seinen Unterlagen "sowohl seine E-Mail-Adresse als auch seine Telefonnummer anzugeben" habe. 5.5.2. Im Urteil 2C_901/2012 hat es das Bundesgericht bereits als "sehr fraglich" bezeichnet, ob sich alleine durch das Ausfüllen eines Gesundheitsfragebogens ("d.h. namentlich ohne vorbestehende Kontakte oder weitere Kommunikationskanäle") überhaupt je hinreichende Informationen über die gesundheitliche Situation eines Betroffenen bzw. über die Indikation eines spezifischen Medikaments vermitteln liessen (Urteil 2C_901/2012 vom 30. Januar 2013 E. 4.3.2). Es führte aus, mangels Interaktion zwischen dem Patienten und dem Arzt habe letzterer - anders als etwa bei einem Gespräch (genannt wird beispielhaft auch ein Telefongespräch) - keine Möglichkeit, die Angaben des Patienten kritisch zu hinterfragen bzw. allfällige Ergänzungsfragen zu stellen, und auch der Patient habe keine Mittel, allenfalls bestehende Unsicherheiten oder Unklarheiten bei der Fragestellung zu besprechen. Eine ausschliesslich auf einem Fragebogen basierende Verschreibung habe mithin zur Folge, dass der Arzt vollumfänglich auf die Richtigkeit der Angaben des Patienten vertrauen müsse (beginnend schon bei dessen Identität), was die Diagnosestellung erschwere (Urteil 2C_901/2012 vom 30. Januar 2013 E. 4.3.2). 5.5.3. Der der Verschreibung hier zu Grunde liegende Fragebogen enthält Angaben zu Personalien, Alter, Körpergrösse, Gewicht, Geschlecht, Gesundheitszustand sowie (teilweise) aktuelle Medikation. Die Verschreibungsgrundlage ist, wie dies Swissmedic korrekt darlegt, im Vergleich zu einem Gespräch rudimentär: Dem Patienten fehlt es an der Möglichkeit festzustellen, welcher Arzt das Rezept ausgestellt hat; er kann mangels Kenntnis des eingebundenen Arztes keine Rückfragen stellen, und die auf dem Gesundheitsfragebogen gemachten Angaben können vom Arzt nicht überprüft werden. Im Fragebogen gibt es sodann keine Angaben zum Grund des Arzneimittelbezugs (Bedarfsabklärung). Der Arzt kennt den Patienten nicht, und infolge des fehlenden persönlichen Kontakts mit dem Patienten ist auch nicht ersichtlich, wie sichergestellt wird, dass die Person, die den Gesundheitsfragebogen ausfüllt und auf die dann das Rezept ausgestellt wird, identisch ist mit derjenigen Person, die das Arzneimittel letztlich entgegennimmt (vgl. Art. 29 Abs. 2 lit. a und e VAM). Wie die Vorinstanz ebenfalls festgestellt hat, ist die Überprüfung der Richtigkeit der Angaben zur gesundheitlichen Situation eines Patienten bei blosser Konsultation des Fragebogens erschwert, und eine Untersuchung ist nicht möglich. Insofern ergeben sich wesentliche Unterschiede zu einem persönlichen Kontakt der Fachperson mit dem Patienten. Die Angaben auf dem Fragebogen sind für die Ermittlung des Gesundheitszustandes vor diesem Hintergrund ungenügend (Art. 26 Abs. 2 und 27 Abs. 2 lit. a HMG; Art. 29 Abs. 2 lit. a VAM; Urteil 2C_901/2012 vom 30. Januar 2013 E. 4.3.2). 5.5.4. Die Zur Rose AG macht geltend, es bestehe gestützt auf die gespeicherten Unterlagen jedenfalls vonseiten des Arztes die Möglichkeit, Kontakt zum Patienten aufzunehmen, und dieser habe die Gelegenheit, für eine Fachberatung die "Hotline" anzurufen. Indessen kann der Umstand, dass es aufgrund der Kontaktangaben im Gesundheitsfragebogen möglich wäre, zum Patienten Kontakt aufzunehmen, nicht als Erfüllung der Verschreibungs- und Beratungserfordernisse angesehen werden: Die Kenntnis des Gesundheitszustandes und die Beratung müssen von Gesetzes wegen eingehalten sein (vgl. hiervor E. 2.1), dies lässt sich nicht durch eine Kompensationsmöglichkeit der "Kontaktierung des Patienten, sofern erforderlich" heilen. Einer Arzneimittelabgabe geht vielmehr eine Verschreibung voraus, die auf einer ärztlichen Beratung unter Berücksichtigung des Anliegens des Patienten, der Indikation und seines Gesundheitszustands beruht; damit wird die Fachberatung im Hinblick auf die Bestellung sichergestellt (Art. 26 Abs. 2 HMG; vgl. hiervor E. 2.1; Vernehmlassung des BAG S. 2; vgl. GIGER/SAXER/WILDI/FRITZ, Arzneimittelrecht, 2013, S. 13). Das Gesetz sieht sodann keine unterschiedliche Arten von Verschreibungen je nach Medikamentenkategorien vor (Art. 27 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit Art. 23 ff. HMG), und bei den hier strittigen Arzneimittelkategorien geht es in keiner Weise bloss um bewährte Hausmittel, sondern um Wirkstoffe von Hydrocortison- und Codeinformeln, Strychninpräparate, Omeprazol oder Paracetamol [vgl. die Stoffliste der Swissmedic; https://www.swissmedic.ch/arzneimittel/00156/00221/ 00222/00223/00232; besucht am 5. November 2015]. Insofern richtet sich ein Rezept auch im Versandhandel von einem bestimmten Arzt an einen bestimmten Patienten: Erst wenn sich der Arzt und der Patient kennen oder zumindest vorgängigen persönlichen Kontakt hatten, ergibt sich die vorauszusetzende Interaktion für die Verschreibung. Dies entspricht dem Recht des Patienten, der von Beginn der Behandlung an in geeigneter Weise über Risiken und Folgen der Medikamenteneinnahme in Kenntnis zu setzen ist (vgl. etwa § 33 des Gesundheitsgesetzes des Kantons Thurgau vom 5. Juni 1985). 5.5.5. Art. 27 Abs. 2 lit. d HMG verpflichtet die Zur Rose AG sodann sicherzustellen, dass eine ausreichende ärztliche Überwachung der Wirkung der abgegebenen Arzneimittel stattfindet. Mit der Bezugnahme der Verordnungsbestimmung auf die Wirkung wird auch deutlich, dass eine individuelle Überwachung entsprechend der Medikation erfolgen soll. Es trifft zwar zu, dass die Überwachung der Wirkung je nach Medikament unterschiedlich intensiv sein kann. Eine Versandhandelstätigkeit, die in der Regel keinen Kontakt zwischen Arzt und Patient vorsieht, ist jedoch prinzipiell nicht geeignet, eine Überwachung der Wirkung sicherzustellen (Art. 27 Abs. 2 lit. d HMG). Die gesetzlich vorgesehenen Schutzfunktionen des ärztlichen Rezepts und der ärztlichen Überwachung sind demnach beim Versandhandel der Zur Rose AG insgesamt ausser Kraft gesetzt. Die Verschreibung durch die von der Zur Rose AG herangezogenen Ärzte aufgrund des Gesundheitsfragebogens stellt keine solche im Sinne des Gesetzes dar: Der Versandhandel der Zur Rose AG läuft sowohl dem Gesetzeszweck von Art. 27 Abs. 2 lit. a und d HMG für den Versandhandel als auch der guten ärztlichen Praxis zuwider (Art. 26 Abs. 1 und 2 HMG; vgl. auch GIGER/SAXER/WILDI/FRITZ, a.a.O., S. 13). 5.6. Dies führt schliesslich auch nicht dazu, dass der Argumentation des Verwaltungsgerichts und der Zur Rose AG gefolgt werden könnte, wonach die Verantwortung, ärztliche Sorgfaltspflichten einzuhalten, ohnehin nicht der Beschwerdegegnerin, sondern vielmehr dem die Verschreibung ausstellenden Arzt obliege. 5.6.1. Unklar bleibt in diesem Zusammenhang zunächst, in welchem Verhältnis gegenüber der Zur Rose AG die Ärzte bei der Rezeptausstellung stehen. Während die Vorinstanz von "beauftragten" Ärztinnen und Ärzten spricht, stellt sich die Zur Rose AG - ohne weitere Substanziierung - auf den Standpunkt, die verschreibenden Ärztinnen und Ärzte seien von ihr rechtlich und wirtschaftlich unabhängig; weder bestünden vertragliche Beziehungen zur Zur Rose AG, noch nähmen sie Entschädigungen für das Ausstellen der Verschreibungen entgegen (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen BGE 140 II 520 ff. E. 5 S. 529 ff.). Die Zur Rose AG rügt daher, wenn es der verschreibende Arzt zu Unrecht unterlasse, "die in einem konkreten Einzelfall gebotenen" Abklärungen vorzunehmen, so treffe sie kein Verschulden an der Sorgfaltspflichtverletzung des Arztes. 5.6.2. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Geschäftsbeziehung ist zunächst festzuhalten, dass der hier strittige Versandhandel in einem Spannungsverhältnis zu den Berufspflichten der Ärzte und Apotheker steht, die im Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe verankert sind (Medizinalberufegesetz, MedBG; SR 811.11). Dazu gehört, die Rechte der Patientinnen und Patienten zu wahren (Art. 2 Abs. 1 lit. a, d und Art. 40 lit. c MedBG) und unabhängig von finanziellen Vorteilen zu handeln (Art. 40 lit. e MedBG). Eine systematische Zusammenarbeit zwischen Apothekern und Ärzten, bei der anstelle der Patienten die Apotheke sich an den Arzt wendet, um ein Rezept zu erhalten, steht zu diesen Bestimmungen im Widerspruch. Hinsichtlich der im Streit stehenden Frage zu den Pflichten der Beschwerdegegnerin wird übersehen, dass das Heilmittelgesetz die Fachberatung als Voraussetzung für die Bewilligung des Versandhandels statuiert. Die Versandhändlerin hat sich an diese Anforderungen zu halten und ihre Geschäftsabläufe darauf auszurichten. Sie darf Heilmittel der hier strittigen Kategorien erst gestützt auf ein ärztliches Rezept versenden (Art. 27 Abs. 2 HMG). Die Ausführungen der Vorinstanz und der Zur Rose AG, allfällige Sorgfaltspflichtverletzungen wären gegebenenfalls in einem Aufsichtsverfahren gegen den das Rezept ausstellenden Arzt zu prüfen, gehen demnach wiederum an Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes vorbei: Dass einen Arzt (auch) eigene Berufspflichten bei der Abklärung eines Gesundheitszustands treffen, entbindet die Zur Rose AG nicht von der Wahrnehmung der ihr obliegenden Verpflichtungen nach Art. 27 Abs. 2 HMG. 6. 6.1. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz die sich aus Art. 26 Abs. 2 und Art. 27 Abs. 2 lit. a, c und d HMG (sowie Art. 29 Abs. 2 VAM) ergebenden ärztlichen Sorgfaltspflichten rechtsfehlerhaft umschreibt und den von der Zur Rose AG getätigten Versandhandel zu Unrecht als mit den genannten heilmittelrechtlichen Bestimmungen des Bundes als vereinbar erachtet. Die Beschwerden erweisen sich damit als begründet und sind im Sinne der Erwägungen gutzuheissen. Inwieweit das Verwaltungsgericht den Sachverhalt gestützt auf die Vorbringen der PharmaSuisse zu Lieferungen unverträglicher Arzneimittel oder zu Lieferungsversprechen in zeitlicher Hinsicht weiter hätte abklären müssen bzw. ob ihre diesbezügliche Begründung eine willkürliche antizipierte Beweiswürdigung darstellt, kann vor diesem Hintergrund offenbleiben (Art. 29 Abs. 2 BV). Die Frage sodann, ob einzelne Heilmittel zu Recht oder zu Unrecht in die Arzneimittelkategorien C und D eingestuft worden sind, bildet nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. 6.2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 27. August 2014 wird aufgehoben. Die von der Swissmedic verlangte Rückweisung der Sache an die Vorinstanz erscheint aufgrund der klaren Rechtslage nicht erforderlich (Art. 107 Abs. 2 BGG; vgl. hiervor E. 1.3; vgl. auch MEYER/DORMANN, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], Bundesgerichtsgesetz, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2011, N. 3 zu Art. 107; BERNARD CORBOZ, in: Corboz/Wurzburger/Ferrari/Frésard/Aubry Girardin, Commentaire de la LTF, a.a.O., N. 14 zu Art. 107). Der Zur Rose Suisse AG wird untersagt, Arzneimittel der Kategorien C und D auf dem Wege des Versandhandels zu vertreiben, wenn keine ärztliche Verschreibung im Sinne der Erwägungen vorliegt. Es erübrigt sich vor diesem Hintergrund, die Zulässigkeit der weiteren Anträge zu überprüfen. Ohnehin tritt das Feststellungsbegehren der PharmaSuisse hinter das Gestaltungsurteil zurück (vgl. BGE 137 II 199 E. 6.5 S. 218 f.; 126 II 300 E. 2c S. 303). Dem Verfahrensausgang entsprechend hat die unterliegende Zur Rose AG die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der obsiegenden Swissmedic steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). Die Zur Rose AG hat die PharmaSuisse angemessen zu entschädigen. Über die Kosten- und Entschädigungsfrage im vorinstanzlichen Verfahren hat das Verwaltungsgericht neu zu befinden (Art. 67 und 68 Abs. 5 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Verfahren 2C_853/2014 und 2C_934/2014 werden vereinigt. 2. Die Beschwerden werden gutgeheissen, und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 27. August 2014 wird aufgehoben. Der Zur Rose Suisse AG wird untersagt, auf dem Wege des Versandhandels Arzneimittel der Kategorien C und D zu vertreiben, wenn keine ärztliche Verschreibung vorliegt, die auf einem persönlichen Kontakt im Sinne der Erwägungen beruht. 3. Die Gerichtskosten von Fr. 12'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 4. Die Beschwerdegegnerin hat der PharmaSuisse eine Parteientschädigung von Fr. 15'000.-- zu bezahlen. 5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 29. September 2015 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Die Gerichtsschreiberin: Hänni
b31704f5-2715-4ac9-944f-98d63f3b04fe
de
2,012
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Das Bausekretariat der Gemeinde Arth stellte am 28. Juni 2010 fest, dass im Gewerbegebäude an der Gotthardstrasse "..." in Goldau/SZ (KTN 3040) unbewilligte Nutzungsänderungen bzw. Umbauarbeiten vorgenommen wurden. Mit Schreiben vom 1. Juli 2010 wurde die X._ AG aufgefordert, ein Baugesuch einzureichen. Am 25. Oktober 2010 ersuchte die X._ AG um die Bewilligung für die Umbauarbeiten und Nutzungsänderungen auf dem Grundstück KTN 3040. Mit Beschluss vom 16. Mai 2011 entschied der Gemeinderat Arth, dem nachträglichen Baugesuch im Sinne der Erwägungen zu entsprechen und die Baubewilligung zu erteilen. Abgewiesen wurde dagegen das Gesuch um Einbau eines Wohnateliers; dieses sei innert einer Frist von vier Monaten ab Rechtskraft des Beschlusses aufzuheben und dürfe nicht weiter zum Wohnen benützt werden. B. Die X._ AG focht den Beschluss des Gemeinderates Arth beim Regierungsrat des Kantons Schwyz an, welcher die Beschwerde am 2. November 2011 abwies, soweit er darauf eintrat. Das von der X._ AG hierauf angerufene Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies die Beschwerde mit Entscheid vom 18. Januar 2012 ab, soweit es darauf eintrat. C. Dagegen führt die X._ AG beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. Januar 2012 sowie den Beschluss des Regierungsrates vom 2. November 2011 vollumfänglich aufzuheben. Der Beschluss des Gemeinderates Arth vom 16. Mai 2011 sei bezüglich Ziffer 2 und 3 aufzuheben. Die nachträgliche Baubewilligung für den Einbau des Wohnateliers im 2. Obergeschoss des Gewerbegebäudes an der Gotthardstrasse "..." in Goldau sei zu erteilen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht oder an den Gemeinderat zurückzuweisen. D. Der Regierungsrat und das Verwaltungsgericht beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Amt für Raumentwicklung des Kantons Schwyz hat Verzicht auf eine Vernehmlassung erklärt. Der Gemeinderat Arth liess sich nicht vernehmen. In der Replik hält die Beschwerdeführerin an ihren Rechtsbegehren fest. E. Mit Verfügung vom 2. April 2012 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt. F. Gestützt auf Art. 23 Abs. 1 BGG hat die Vereinigung sämtlicher Abteilungen des Bundesgerichts am 30. November 2012 über die Rechtsfrage entschieden, ob es im schriftlichen gerichtlichen Verfahren grundsätzlich geboten sei, Eingaben den Parteien, die durch einen Anwalt vertreten sind, unter Ansetzung einer Frist zur allfälligen Stellungnahme zuzustellen. Die Frage wurde im Sinne der nachstehenden Erwägungen (E. 2) entschieden.
Erwägungen: 1. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Ihm liegt ein Beschwerdeverfahren über eine Wiederherstellungsverfügung und damit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit zugrunde. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 lit. a BGG steht auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung (BGE 133 II 249 E. 1.2 S. 251, 400 E. 2.1 S. 404); Ausnahmegründe im Sinne von Art. 83 ff. BGG liegen nicht vor. Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten. 1.1 Unzulässig sind allerdings die Anträge, auch den Beschluss des Regierungsrates vom 2. November 2011 sowie Ziffer 2 und 3 des Beschlusses des Gemeinderates Arth vom 16. Mai 2011 aufzuheben. Diese sind durch das Urteil des Verwaltungsgerichts ersetzt worden (Devolutiveffekt) und gelten als inhaltlich mitangefochten (BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144 mit Hinweis). Falls sich die Beschwerde als begründet erweist, entscheidet das Bundesgericht in der Sache selbst oder weist diese zu neuer Beurteilung an eine Vorinstanz zurück (Art. 107 Abs. 2 BGG). 1.2 Die Verletzung von Grundrechten - einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem und kommunalem Recht - wird vom Bundesgericht nicht von Amtes wegen geprüft, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Für derartige Rügen gelten qualifizierte Begründungsanforderungen (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft nur klare und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 42 Abs. 2 BGG). 1.3 Das Bundesgericht ist an den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt gebunden, soweit dieser nicht offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 BGG beruht (Art. 105 und Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel können nur so weit vorgebracht werden, als der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 2. Die Beschwerdeführerin rügt zunächst eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil ihr das Verwaltungsgericht die Vernehmlassungen des Sicherheitsdepartements und des Gemeinderates Arth lediglich zur Kenntnis zugestellt habe, ohne ihr eine Frist zur Stellungnahme anzusetzen. Die Vorinstanz habe sodann rasch entschieden, so dass die Beschwerdeführerin keine Gelegenheit mehr gehabt habe, sich zu den falschen bzw. unvollständigen Äusserungen des Departements und des Gemeinderates zu äussern, welche für den vorliegenden Entscheid wesentlich gewesen seien. 2.1 Gemäss Art. 29 Abs. 1 und 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK (in Bezug auf zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen und strafrechtliche Anklagen) haben die Parteien eines Gerichtsverfahrens Anspruch auf rechtliches Gehör und auf ein faires Gerichtsverfahren, unter Beachtung des Grundsatzes der Waffengleichheit. Diese Garantien umfassen das Recht, von allen bei Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten und sich dazu äussern zu können, unabhängig davon, ob die Eingaben neue und/oder wesentliche Vorbringen enthalten (BGE 137 I 195 E. 2.3.1 S. 197; 133 I 100 E. 4.3-4-7 S. 102 ff.). Es ist Sache der Parteien zu beurteilen, ob eine Entgegnung erforderlich ist oder nicht (Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [EGMR] Nideröst-Huber gegen Schweiz vom 18. Februar 1997, Recueil CourEDH 1997-I S. 101 § 29). 2.2 Nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht dieses Replikrecht unabhängig davon, ob ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet, eine Frist zur Stellungnahme angesetzt oder die Eingabe lediglich zur Kenntnisnahme oder zur Orientierung zugestellt worden ist (BGE 132 I 42 E. 3.3.3 und 3.3.4 S. 47; 133 I 98 E. 2.2 S. 99). Dabei wird erwartet, dass eine Partei, die eine Eingabe ohne Fristansetzung erhält und dazu Stellung nehmen will, dies umgehend tut oder zumindest beantragt; ansonsten wird angenommen, sie habe auf eine weitere Eingabe verzichtet (BGE 133 I 100 E. 4.8 S. 105 mit Hinweisen; vgl. zuletzt Urteil 5A_42/2011 vom 21. März 2011 E. 2.2.2 mit Hinweisen, in: Pra 2011 Nr. 92 S. 657). 2.3 Die Beschwerdeführerin ist allerdings der Auffassung, die Vernehmlassungen hätten ihr mit einer Frist zur Stellungnahme und nicht lediglich mit dem Vermerk "zur Kenntnisnahme" zugestellt werden dürfen. Sie beruft sich hierfür auf das Urteil des EGMR i.S. Schaller-Bossert gegen Schweiz vom 28. Oktober 2010 § 42 (in: AJP 2011 S. 554). In diesem Urteil bejahte der EGMR eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK, weil die Beschwerdeführerin nicht effektiv in der Lage gewesen sei, auf die ihr zur Kenntnisnahme zugestellte Vernehmlassung spontan zu replizieren. Ausschlaggebend war der Umstand, dass der bundesgerichtliche Entscheid i.S. Schaller-Bossert gefällt worden war, bevor die neue bundesgerichtliche Praxis zum unbedingten Replikrecht der Parteien amtlich publiziert wurde. Zudem war die Beschwerdeführerin weder rechtskundig noch wurde sie im bundesgerichtlichen Verfahren anwaltlich vertreten. Dagegen verneinte der EGMR eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK im Urteil Joos gegen Schweiz vom 15. November 2012 (insb. §§ 30-32). Er betonte, dass es Aufgabe der nationalen Gerichte sei sicherzustellen, dass die "minimal standards" i.S.v. Art. 6 Ziff. 1 EMRK in jedem Einzelfall respektiert werden. Im konkreten Fall sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer Anwalt sei und von ihm erwartet werden könne, die publizierte bundesgerichtliche Praxis zum unbedingten Replikrecht zu kennen und sich entsprechend zu verhalten. Der Gerichtshof räumte ein, dass die Zustellung neuer Eingaben zur Kenntnisnahme, ohne Ansetzung einer Frist, zu Unsicherheit führen könne, weil die Partei nicht wisse, wie viel Zeit ihr für eine allfällige Eingabe zur Verfügung stehe. Diese Unsicherheit werde jedoch durch die Möglichkeit aufgewogen, eine Stellungnahme (mit Fristansetzung) zu beantragen. Das Bundesgericht habe nach Zustellung der zweiseitigen Vernehmlassung mehr als drei Wochen zugewartet. Der Beschwerdeführer habe somit genug Zeit gehabt, um den Inhalt der Vernehmlassung zu prüfen, zu entscheiden, ob er dazu Stellung nehmen wolle, und - wenn ja - eine Stellungnahme (mit Fristansetzung) zu beantragen. 2.4 Die zitierten Urteile des EGMR zu Art. 6 Ziff. 1 EMRK, wie auch die oben referierte bundesgerichtliche Praxis zu Art. 29 BV, gehen somit davon aus, dass es Aufgabe des Gerichts ist, in jedem Einzelfall ein effektives Replikrecht der Parteien zu gewährleisten (vgl. auch MARKUS LANTER, Formeller Charakter des Replikrechts - Herkunft und Folgen, ZBl 2012, S. 167 ff., insbes. S. 175 f.). Hierzu kann das Gericht einen zweiten Schriftenwechsel anordnen oder den Parteien Frist für eine allfällige Stellungnahme ansetzen (so grundsätzlich die Praxis des Bundesgericht; vgl. Urteil 5A_779/2010 vom 1. April 2011 E. 2.2, in Pra 2012 Nr. 1 S. 1). Es kann Eingaben aber auch lediglich zu Kenntnisnahme zustellen, wenn von den Parteien erwartet werden kann, dass sie umgehend unaufgefordert Stellung nehmen oder eine Stellungnahme beantragen. 2.5 Vorliegend war die Beschwerdeführerin vor Verwaltungsgericht anwaltlich vertreten. Ihr Rechtsvertreter musste die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Replikrecht kennen und somit wissen, dass ihm auch bei der blossen Zustellung zur Kenntnisnahme ein Replikrecht zustand, das er innert angemessener Frist einzufordern hatte, ansonsten Verzicht angenommen würde. Das Verwaltungsgericht stellte die dreiseitige Vernehmlassung des Sicherheitsdepartements und die zweiseitige Vernehmlassung der Gemeinde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Dezember 2011 zur Kenntnisnahme zu. Das vorinstanzliche Urteil erging am 18. Januar 2012. Insofern stand der Beschwerdeführerin rund ein Monat zur Verfügung, um eine Stellungnahme einzureichen oder zumindest um die Ansetzung einer Frist zur Stellungnahme zu ersuchen. In ihrer Replik behauptet die Beschwerdeführerin zwar, dass dieser Zeitraum durch die Weihnachtsgerichtsferien verkürzt worden sei. Sie belegt dies aber nicht anhand des kantonalen Rechts (gemäss § 157 Abs. 2 der Justizverordnung des Kantons Schwyz vom 18. November 2009 gelten die Gerichtsferien bei Rechtsmittelverfahren in Planungs- und Bausachen nicht). Im Übrigen hätten die Gerichtsferien am 7. Januar 2012 geendet, d.h. der Beschwerdeführerin hätten noch 11 Tage bis zur Urteilsfällung am 18. Januar 2012 zur Verfügung gestanden. Schliesslich erfolgte auch im Zeitraum bis zum Versand des Urteils am 2. Februar 2012 keine Stellungnahme der Beschwerdeführerin. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz den Schluss ziehen, die Beschwerdeführerin habe auf ihr Replikrecht verzichtet. 2.6 Die Rüge der Verletzung des Replikrechts erweist sich daher als nicht stichhaltig. 3. Die Beschwerdeführerin erblickt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs auch darin, dass das Verwaltungsgericht auf die Durchführung eines Augenscheins verzichtete. In ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde hatte sie einen Augenschein insbesondere zum Nachweis beantragt, dass in der näheren Umgebung mehrfache Wohnnutzungen von der Vorinstanz bewilligt worden seien. Der Gemeinderat Arth nahm in seiner Stellungnahme vom 15. Dezember 2011 gestützt auf die jeweiligen Baubewilligungsakten detailliert Bezug auf die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde von 29. November 2011 erwähnten Wohnnutzungen und listete auf, wann und wieviele Wohnungen von ihm genehmigt worden seien. Er machte geltend, die Bewilligungen lägen fast Jahrzehnte zurück und widerlegten die Aussage der Beschwerdeführerin, dass die Gemeinde in letzter Zeit mehrere Wohnungen in Gewerbegebäuden bewilligt habe. Diese Frage hätte nicht durch einen Augenschein, sondern nur durch den Beizug der jeweiligen Baubewilligungsakten überprüft werden können, der jedoch von der Beschwerdeführerin nicht beantragt worden war. Er drängte sich auch nicht auf, weil das Verwaltungsgericht davon ausging, der Gemeinderat habe eine allenfalls baurechtswidrige Praxis aufgegeben und werde sie auf jeden Fall inskünftig nicht mehr berücksichtigen (vgl. angefochtenen Entscheid E. 3.6.3 sowie unten E. 5). Auch insoweit ist daher eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu verneinen. 4. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe Art. 34 Abs. 1 BauR willkürlich ausgelegt und damit Art. 9 BV verletzt. Art. 34 Abs. 1 BauR hat folgenden Wortlaut: "Die Gewerbezone ist für gewerbliche, industrielle und der Dienstleistung dienende Betriebe, die höchstens mässig stören, bestimmt. Wohnbauten sind nur für den Betriebsinhaber oder für betriebsnotwendig an den Standort gebundenes Personal zulässig." 4.1 Die Vorinstanz legte dar, die vom Gemeinderat Arth und vom Regierungsrat bestätigte Auslegung von Art. 34 Abs. 1 BauR, wonach grundsätzlich nur eine Wohnung pro Gewerbegebäude zulässig sei, könne nicht als rechtsfehlerhaft oder willkürlich qualifiziert werden. Der Wortlaut der Bestimmung schliesse zwar bei einem Gewerbegebäude mit mehreren Betrieben die Schaffung mehrerer Wohnungen grundsätzlich nicht aus, stehe indessen einer Beschränkung auf nur eine Wohnung pro Gewerbegebäude auch nicht entgegen. Die im Rahmen der Gesamtrevision 2009 des kommunalen Baureglements vorgesehene Neuformulierung von Art. 34 Abs. 2 BauR sehe vor, dass pro Gewerbegebäude nur eine Wohnung erstellt werden dürfe; dies könne insofern eine Auslegungshilfe darstellen, als der Reglementsgeber damit den Wortlaut der Norm mit der Praxis zu einer bisher unscharf formulierten Norm in Übereinstimmung bringen wolle. Diese Sichtweise werde durch den Kommentar zu den im Rahmen der Gesamtrevision 2009 vorgesehenen Änderungen und Ergänzungen gestützt, wonach dank der neuen Formulierung "Diskussionen betreffend den Anteil von Wohnungen für betriebsnotwendig an den Standort gebundenes Personal" entfallen sollen. Auf jeden Fall sei es nicht zu beanstanden, wenn ein Betrieb im Sinne von Art. 34 Abs. 1 BauR mit einem Betriebs- bzw. Gewerbegebäude gleichgesetzt werde. Ob das Gebäude in Stockwerkeigentum aufgeteilt sei oder nicht, sei somit unerheblich. Systematische Argumente stünden der Auslegung von Art. 34 Abs. 1 BauR durch den Gemeinderat Arth und den Regierungsrat nicht entgegen. Dies gelte erst recht für die teleologische Auslegung, wofür auf den Entscheid des Schwyzer Verwaltungsgerichts vom 16. Juni 2011 (VGE II 2010 48) verwiesen werden könne. Die von der Beschwerdeführerin ins Feld geführte zeitgemässe Auslegung von Art. 34 Abs. 1 BauR könne auf dem Hintergrund der vorgesehenen (präzisierenden) Neuformulierung dieser Bestimmung nicht verfangen, auch wenn die Revision des BauR noch der Genehmigung durch die Gemeindeversammlung und durch den Regierungsrat bedürfe. Was den Sinn und Zweck der Ausscheidung von Gewerbe- und Industriezonen anbelange, falle zudem ins Gewicht, dass Wohnraum in diesen Zonen unweigerlich zu einem (starken) Anstieg der Baulandpreise führen würde. Dadurch würde die durch die Nutzungsplanung angestrebte Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen gefährdet. Mithin sei eine restriktive Zulassung von Wohnnutzung in einer Gewerbezone geboten. Für die Kombination von Wohnen und Arbeiten seien grundsätzlich die kombinierten (gemischten) Wohn- und Gewerbezonen vorgesehen. 4.2 Die Beschwerdeführerin bringt vor, nach keiner Auslegungsmethode könne man ohne Willkür zur Auslegung der Vorinstanz gelangen. Nach dem Wortlaut von Art. 34 Abs. 1 BauR seien Wohnbauten für den Betriebsinhaber oder für betriebsnotwendig an den Standort gebundenes Personal zulässig. Der Mieter des Wohnateliers sei einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der am 29. September 2011 ins Handelsregister des Kantons Schwyz eingetragenen Y._ GmbH mit Sitz an der Gotthardstr. "..." in Goldau; er sei als Betriebsinhaber zur Wohnnutzung in der Gewerbezone berechtigt. Die Vorinstanz nehme eine unzulässige positive Vorwirkung vor, indem sie bei der Auslegung den noch nicht aufgelegten Entwurf von Art. 34 Abs. 2 BauR berücksichtige. Eine solche Auslegung habe die Vorinstanz in ihrem Entscheid VGE II 2011 48 vom 16. Juni 2011 noch ausdrücklich abgelehnt. Das Verhalten der Vorinstanz verstosse somit gegen die eigene Rechtsprechung. Einem solch willkürlichen Zickzackkurs sei Einhalt zu gebieten. Die Vorinstanz habe sich nicht mit den Vorbringen der Beschwerdeführerin zur systematischen Auslegung, unter Berücksichtigung von Art. 35 Abs. 1 BauR (für die Industriezone), auseinandergesetzt. Daraus ergebe sich, dass in der Gewerbezone sowohl für den Betriebsinhaber als auch für das an den Standort gebundene weitere Personal je eine Wohnnutzung in demselben Gebäude zulässig sei. Auch bei der teleologischen Auslegung setze sich die Vorinstanz nicht mit den Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinander, sondern verweise lediglich allgemein auf VGE III 2011 48, ohne Prüfung des Einzelfalls. Es sei Sinn und Zweck von Art. 34 Abs. 1 BauR, einerseits Wohnzonen vor Immissionen zu schützen und andererseits Industriebetrieben eine möglichst ungehinderte Entfaltung bei intensiver baulicher Nutzung zu gewährleisten. Betriebsinhaber, die sich freiwillig den Immissionen aussetzten, müssten vor solchen nicht geschützt werden. Die Vorinstanz verkenne zudem die spezielle Gewerbeform des Wohnateliers, die eher einem 24-Stunden-Gewerbe als einer 24-Stunden-Wohnung entspreche. 4.3 Strittig ist vorliegend die Auslegung und Anwendung von Art. 34 Abs. 2 BauR, einer kommunalen Norm. Steht (wie vorliegend) kein besonders schwerer Grundrechtseingriff in Frage, überprüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung des kantonalen und kommunalen Rechts nur unter dem Blickwinkel der Willkür (BGE 132 I 68 E. 1.1 S. 69 f. mit Hinweisen; speziell zur Zonenkonformität [ausserhalb von Gemeindeautonomiebeschwerden] vgl. Urteil 1C_262/2007 vom 31. Januar 2009 E. 4.3 mit Hinweisen). Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5 mit Hinweisen). 4.3.1 Der Wortlaut einer Bestimmung ist zwar Ausgangspunkt der Auslegung; ist der Text jedoch nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach der wahren Tragweite der Bestimmung gesucht werden, wobei alle Auslegungselemente zu berücksichtigen sind (Methodenpluralismus). Vorliegend schliesst der Wortlaut von Art. 34 Abs. 1 BauR bei einem Gewerbegebäude mit mehreren Betrieben die Schaffung mehrerer Wohnungen grundsätzlich nicht aus. Das allein bedeutet aber nicht, dass die Reduktion auf eine Wohnung pro Gewerbegebäude geradezu willkürlich wäre, sofern daraus nicht dem Normzweck offensichtlich zuwiderlaufende Ergebnisse resultieren. 4.3.2 Der Normzweck liegt darin, dass einerseits Konflikte zwischen der Wohnnutzung und der Industrie- und Gewerbenutzung möglichst vermieden werden sollen (vgl. Art. 32 Abs. 1 BauR; Art. 3 Abs. 3 lit. b RPG), andererseits soll Industrie- und Gewerbebetrieben eine möglichst ungehinderte Entfaltung bei intensiver baulicher Ausnutzung gewährleistet werden. Art. 3 Abs. 3 lit. a RPG sieht vor, dass Wohn- und Arbeitsgebiete einander zweckmässig zugeordnet sein sollen. Zwar verlangt dieser Grundsatz keine strikte Trennung von Wohn- und Arbeitsgebieten; abzusetzen sind indessen solche Arbeitsstätten, die unvermeidbar störende Immissionen bewirken und deshalb mit der Wohnnutzung unverträglich sind. Dies verlangt auch Art. 3 Abs. 3 lit. b RPG, wonach Wohngebiete vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen wie Luftverschmutzung, Lärm und Erschütterungen möglichst verschont werden sollen (BGE 127 I 103 E. 7c S. 110). Wohnungen sollten nur an Standorten erstellt werden, die sich aufgrund der Immissionsbelastung für diese Nutzung eignen, weshalb grundsätzlich ein öffentliches Interesse daran besteht, den Wohnanteil in der Gewerbezone möglichst gering zu halten. Insofern ist die vorinstanzliche Betrachtungsweise, wonach beim Bestehen verschiedener Gewerbebetriebe in einem Gebäude nicht für jeden Betrieb eine Wohnung für den Betriebsinhaber oder das für diesen betriebsnotwendige Personal erstellt werden kann, nicht vom Normzweck ausgeschlossen. Zu Recht hat die Vorinstanz darauf hingewiesen, dass für die Kombination von Wohnen und Arbeiten grundsätzlich die (gemischten) Wohn- und Gewerbezonen vorgesehen seien und eine betriebsbedingte Standortgebundenheit der Wohnung des Inhabers einer IT-Unternehmung an dessen Betrieb nicht zu erkennen sei. Sodann hat das Verwaltungsgericht erwogen, dass die Schaffung von Wohnraum in dieser Zone unweigerlich zu einem (starken) Anstieg der Baulandpreise führen würde, wodurch die durch die Nutzungsplanung angestrebte Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen gefährdet würde. Soweit die Beschwerdeführerin dies bestreitet, lässt sie es bei einer appellatorischen Kritik am vorinstanzlichen Urteil bewenden und bringt nichts vor, was geeignet wäre, die verwaltungsgerichtlichen Erwägungen verfassungswidrig erscheinen zu lassen. 4.3.3 Die systematische Auslegung ergibt kein eindeutiges Ergebnis: Zwar lässt Art. 34 BauR in der Gewerbezone die Wohnnutzung für betriebsnotwendig an den Standort gebundenes Personal oder für Betriebsinhaber zu und ist damit weiter gefasst als Art. 35 BauR für die Industriezone (in der nur betriebsnotwendig an den Standort gebundenes Personal wohnen darf). Dies lässt aber keinen zwingenden Schluss auf die Anzahl von Wohnungen innerhalb eines Gewerbegebäudes zu. 4.3.4 Soweit die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe eine Vorwirkung vorgenommen, indem sie den noch nicht aufgelegten Entwurf von Art. 34 Abs. 2 BauR zur Auslegung herangezogen habe, ist ihr entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht den Entwurf lediglich als mögliche Auslegungshilfe mitberücksichtigt hat. Da die Neuformulierung nach Auffassung der Gemeindeorgane keine materielle Änderung, sondern eine Präzisierung des bisher unklaren Wortlauts der Bestimmung darstellt, durfte sie vom Verwaltungsgericht willkürfrei als Bestätigung der von den Vorinstanzen vorgenommenen Auslegung des geltenden Art. 34 Abs. 2 BauR berücksichtigt werden. Unbehelflich ist auch die Berufung der Beschwerdeführerin auf den Entscheid VGE III 2011 48 vom 16. Juni 2011: Schon im damaligen Entscheid kam das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass (nach der geltenden kommunalen Zonenbestimmung) nur eine Wohnung je Gewerbegebäude zulässig sei (E. 5.2 S. 10). 4.4 Vor diesem Hintergrund kann nicht gesagt werden, die vorinstanzliche Auslegung von Art. 34 Abs. 1 BauR sei willkürlich. Die betreffende Rüge der Beschwerdeführerin erweist sich damit als unbegründet. 5. Die Beschwerdeführerin rügt weiter eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes, des Willkürverbotes, des Legalitätsprinzips, der Eigentumsgarantie nach Art. 26 BV und der Wirtschaftsfreiheit nach Art. 27 BV, weil in anderen Gewerbegebäuden in der näheren Umgebung zwei oder mehr Wohnnutzungen zugelassen worden seien. 5.1 Das Verwaltungsgericht verneinte einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Der Gemeinderat Arth habe ausgeführt, die von der Beschwerdeführerin angeführten Bewilligungen lägen "fast Jahrzehnte" zurück und widerlegten die Aussage, die Gemeinde wende eine grosszügige Praxis an und habe in letzter Zeit mehrere Wohnungen in Gewerbegebäuden bewilligt. Mithin sei davon auszugehen, dass der Gemeinderat Arth eine allenfalls baurechtswidrige Praxis aufgegeben habe. Insbesondere lege die beabsichtigte Neuformulierung von Art. 34 Abs. 1 BauR nahe, dass eine entsprechende (rechtswidrige) Praxis auf jeden Fall inskünftig nicht mehr berücksichtigt werde. Zudem weise das Sicherheitsdepartement zutreffend darauf hin, dass das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Bauvorschriften gegenüber dem Anspruch auf eine gesetzeswidrige Begünstigung überwiege. 5.2 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung geht der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung in der Regel der Rücksicht auf die gleichmässige Rechtsanwendung vor. Der Umstand, dass das Gesetz in anderen Fällen nicht oder nicht richtig angewendet worden ist, gibt den Bürgern grundsätzlich keinen Anspruch darauf, ebenfalls abweichend vom Gesetz behandelt zu werden. Ausnahmsweise und unter strengen Bedingungen wird jedoch im Rahmen des verfassungsmässig verbürgten Gleichheitssatzes ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht anerkannt (Art. 8 Abs. 1 BV). Dies setzt voraus, dass die zu beurteilenden Fälle in den tatbestandserheblichen Sachverhaltselementen übereinstimmen, dass dieselbe Behörde in ständiger Praxis vom Gesetz abweicht und zudem zu erkennen gibt, auch inskünftig nicht gesetzeskonform entscheiden zu wollen. Schliesslich dürfen keine überwiegenden Gesetzmässigkeitsinteressen oder Interessen Dritter bestehen (vgl. BGE 136 I 65 E. 5.6 S. 78 mit Hinweisen). 5.3 Die Beschwerdeführerin beruft sich vor Bundesgericht erstmals darauf, dass neben den vom Gemeinderat Arth anerkannten mehrfachen Wohnnutzungen in den Gebäuden Chräbelstrasse "...", Gotthardstrasse "..." und Gotthardstrasse "..." in Goldau noch weitere mehrfache Wohnnutzungen bestünden, so an der Gotthardstrasse "..." und "...". Sie reicht diesbezüglich eine Fotodokumentation ein. Sofern es sich überhaupt um zulässige Noven im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG handelt (vgl. dazu vorstehende Erwägung 1.3), belegen diese Eingaben lediglich, dass es weitere unzulässige Wohnnutzungen in der Gewerbezone gibt. Dagegen lässt sich den Fotos nicht entnehmen, dass diese von der Gemeinde bewilligt oder bewusst toleriert worden sind. Wie die beabsichtigte Präzisierung von Art. 34 Abs. 2 BauR zeigt, will die Gemeinde mehrfache Wohnnutzungen in Gewerbegebäuden in der Gewerbezone inskünftig generell unterbinden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sie nicht gewillt sei, dieses Verbot gleichmässig und unabhängig von der Identität des Baugesuchstellers anzuwenden und (bei Zuwiderhandlungen) auch durchzusetzen. Insofern besteht kein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gleichbehandlung im Unrecht. Immerhin wird es Aufgabe der Gemeinde sein, den von der Beschwerdeführerin dokumentierten Fällen nachzugehen und gegebenenfalls, sofern es sich tatsächlich um rechtswidrige Wohnnutzungen handelt, die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands anzuordnen (sofern keine Gründe des Vertrauensschutzes oder der Verhältnismässigkeit entgegenstehen). 5.4 Zur Begründung der Verletzung der Eigentumsgarantie, des Willkürverbotes, der Wirtschaftsfreiheit nach Art. 27 BV sowie des Legalitätsprinzips bringt die Beschwerdeführerin nichts vor, was sie nicht auch zur Begründung der Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes geltend gemacht hat, soweit sie diese Rügen überhaupt rechtsgenüglich begründet. Es erübrigt sich somit, darauf näher einzugehen. 6. Demzufolge ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin für die bundesgerichtlichen Kosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 4. Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Gemeinderat Arth, dem Amt für Raumentwicklung des Kantons Schwyz, dem Regierungsrat des Kantons Schwyz und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 18. Dezember 2012 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Die Gerichtsschreiberin: Gerber
b358f405-7365-43ff-8566-02272ea88d8a
de
2,012
CH_BGer_009
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Dem seit 10. Januar 1995 verwitweten M._ wurde ab Januar 1997 eine ordentliche Witwerrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung ausgerichtet, nachdem diese Leistung im Rahmen der 10. AHV-Revision neu eingeführt worden war (Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Zürich vom 13. Juni 1997 [nachfolgend: Ausgleichskasse]). Im Februar 2009 teilte die Gemeindeverwaltung X._ den AHV-Behörden mit, dass sich der Versicherte bereits am 15. Juni 2001 wieder verheiratet hatte. Daraufhin verfügte die Ausgleichskasse am 14. April 2009 die rückwirkende Aufhebung der Witwerrente ab Juli 2001 und forderte gleichzeitig die unrechtmässig bezogenen Rentenbetreffnisse ab Mai 2004 im Gesamtbetrag von Fr. 20'192.- von M._ zurück. Dieser stellte am 19. April 2009 ein Gesuch um Erlass der Rückforderung. Er verwies auf die Kopie eines vom 7. Februar 2002 datierten Schreibens an die Ausgleichskasse, worin die Wiederverheiratung angezeigt wird. Mit Verfügung vom 25. Januar 2010 und Einspracheentscheid vom 28. Juni 2010 lehnte die Kasse das Erlassgesuch mangels guten Glaubens beim Bezug der zu Unrecht ausgerichteten Witwerrente ab. Weder sei das geltend gemachte Schreiben vom 7. Februar 2002 bei der Ausgleichskasse aktenkundig, noch habe M._ einen diesbezüglichen Versandnachweis vorgelegt, weshalb von einer (zumindest) grobfahrlässigen Verletzung der Meldepflicht auszugehen sei. B. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 2. November 2011 gut, bejahte den guten Glauben und wies die Sache zur Prüfung der weiteren Erlassvoraussetzung der grossen Härte an die Ausgleichskasse zurück. C. Die Ausgleichskasse führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids. M._ schliesst sinngemäss auf Abweisung der Beschwerde. Kantonales Gericht und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen: 1. Weil die Ausgleichskasse - bei Bejahung der grossen (wirtschaftlichen) Härte - zufolge des kantonalen Rückweisungsentscheids gezwungen wäre, eine ihres Erachtens rechtswidrige Verfügung zu treffen (Erlass der Rückforderung), hat der vorinstanzliche (Zwischen-)Entscheid für sie rechtsprechungsgemäss einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zur Folge und ist deshalb seitens der Verwaltung selbständig anfechtbar (BGE 133 V 477; BGE 8C_190/2011 vom 13. Februar 2012 E. 3 und 8C_312/2010 vom 15. Dezember 2011 E. 1). 2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 3. Unter den Verfahrensbeteiligten ist zu Recht unbestritten, dass der Anspruch des Beschwerdegegners auf die bisher bezogene Witwerrente mit dessen Wiederverheiratung vom 15. Juni 2001 erloschen ist (Art. 23 Abs. 4 lit. a AHVG). Mit rechtskräftiger Verfügung vom 14. April 2009 hat denn auch die Ausgleichskasse die Rückerstattung der noch nicht verwirkten (Art. 25 Abs. 2 erster Satz ATSG [SR 830.1]), ab 1. Mai 2004 unrechtmässig bezogenen Rentenbetreffnisse angeordnet (Abs. 1 erster Satz der genannten Gesetzesbestimmung). Streitig und nachfolgend zu prüfen ist, ob diese Rückforderung über Fr. 20'192.- zu erlassen ist. 4. Wer Leistungen in gutem Glauben empfangen hat, muss sie nicht zurückerstatten, wenn eine grosse Härte vorliegt (Art. 25 Abs. 1 zweiter Satz ATSG; vgl. auch Art. 4 Abs. 1 der Verordnung vom 11. September 2002 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSV; SR 830.11]). Wie das kantonale Gericht zutreffend dargelegt hat, ist der gute Glaube als Erlassvoraussetzung nicht schon mit der Unkenntnis des Rechtsmangels gegeben. Der Leistungsempfänger darf sich vielmehr nicht nur keiner böswilligen Absicht, sondern auch keiner groben Nachlässigkeit schuldig gemacht haben. Der gute Glaube entfällt somit einerseits von vornherein, wenn die zu Unrecht erfolgte Leistungsausrichtung auf eine arglistige oder grobfahrlässige Melde- oder Auskunftspflichtverletzung zurückzuführen ist. Anderseits kann sich die rückerstattungspflichtige Person auf den guten Glauben berufen, wenn ihr fehlerhaftes Verhalten nur leicht fahrlässig war (BGE 112 V 97 E. 2c S. 103). Wie in anderen Bereichen beurteilt sich das Mass der erforderlichen Sorgfalt nach einem objektiven Massstab, wobei aber das den Betroffenen in ihrer Subjektivität Mögliche und Zumutbare (Urteilsfähigkeit, Gesundheitszustand, Bildungsgrad usw.) nicht ausgeblendet werden darf (SVR 2008 AHV Nr. 13 S. 41, 9C_14/2007 E. 4.1 mit Hinweis). 5. Dass der Beschwerdegegner nach Art. 31 Abs. 1 ATSG und Art. 70bis Abs. 1 der Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV; SR 831.101) verpflichtet war, die Änderung im Zivilstand vom 15. Juni 2001 zu melden, steht ausser Frage (vgl. auch den diesbezüglichen Hinweis in der Rentenverfügung vom 13. Juni 1997). Er macht denn auch geltend, er sei - auf Veranlassung seines Steuerberaters - der ihm obliegenden Meldepflicht mit Schreiben an die Ausgleichskasse vom 7. Februar 2002 nachgekommen. Eine entsprechende Mitteilung findet sich indessen im von der Kasse geführten Aktendossier des Versicherten nicht. Ebenso wenig vermag der Beschwerdegegner einen Versandnachweis für die geltend gemachte uneingeschriebene Postsendung vorzulegen. 6. Der Sozialversicherungsprozess ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Danach hat das Gericht von Amtes wegen für die richtige und vollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes zu sorgen. Die Verwaltung als verfügende Instanz und - im Beschwerdefall - das Gericht dürfen eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem Bestehen überzeugt sind. Im Sozialversicherungsrecht hat das Gericht seinen Entscheid, sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen. Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen nicht. Der Richter und die Richterin haben vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die sie von allen möglichen Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste würdigen (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360; 125 V 193 E. 2 S. 195; je mit Hinweisen; vgl. BGE 130 III 321 E. 3.2 und 3.3 S. 324 f.; SVR 2011 UV Nr. 11 S. 39, 8C_693/2010 E. 10). Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Beweislast im Sinne der Beweisführungslast begriffsnotwendig aus, da es Sache des Sozialversicherungsgerichts (oder der verfügenden Verwaltungsstelle) ist, für die Zusammentragung des Beweismaterials besorgt zu sein. Im Sozialversicherungsprozess tragen mithin die Parteien in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes aufgrund einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 117 V 261 E. 3b S. 264 mit Hinweisen; Urteil 8C_663/2009 vom 27. April 2010 E. 2.2). 7. Angesichts der geschilderten Aktenlage (vorstehende E. 5 in fine) hat die Vorinstanz festgestellt, es sei einerseits möglich, dass der Beschwerdegegner mittels geltend gemachtem (in Kopie vorgelegtem) Schreiben vom 7. Februar 2002 seiner Meldepflicht tatsächlich nachgekommen sei. Anderseits sei es jedoch ebenso möglich, dass das genannte Schreiben nicht zum Zeitpunkt des angegebenen Datums erstellt, nie versandt, bei der Ausgleichskasse nicht angekommen oder aber bei ihr in Verstoss geraten sei. Keiner dieser möglichen Tatbestände sei zum heutigen Zeitpunkt mit geeigneten Beweismitteln rechtsgenüglich zu erhärten oder könne für sich beanspruchen, überwiegend wahrscheinlich zu sein. Diese vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach hinsichtlich einer Meldung der erneuten Eheschliessung Beweislosigkeit herrsche, ist für das Bundesgericht verbindlich (E. 2 hievor). Gemäss dargelegter Rechtsprechung müsste mithin der Entscheid zu Ungunsten des Beschwerdegegners ausfallen, weil dieser seine Gutgläubigkeit beim unrechtmässigen Weiterbezug der Witwerrente auf die streitige, unbewiesen gebliebene Meldung an die Ausgleichskasse stützt. Das kantonale Gericht gelangt indessen zu einem andern Ergebnis: Aufgrund verschiedener, im angefochtenen Entscheid dargelegter Umstände schliesst es auf eine unvollständige Aktenführung durch die Ausgleichskasse und leitet daraus letztlich eine Umkehr der Beweislast ab. Im Folgenden ist deshalb zu prüfen, was es mit dieser vorinstanzlichen Betrachtungsweise auf sich hat. 8.1 8.1.1 Das Bundesgericht hat verschiedentlich festgehalten, dass eine Umkehr der Beweislast ausnahmsweise dann eintritt, wenn eine Partei einen Beweis aus Gründen nicht erbringen kann, welche nicht von ihr, sondern von der Behörde zu verantworten sind (BGE 92 I 253 E. 3 S. 257; SVR 2011 UV Nr. 11 S. 39, 8C_693/2010 E. 12; Pra 1999 Nr. 170 S. 886, 2A.635/1998 E. 3b/bb; Urteil 4P.197/2003 vom 16. Januar 2004 E. 3.2). Einen derartigen Fall von Beweislastumkehr erblickt die Rechtsprechung etwa bei der Beweislosigkeit der Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels, welche darauf zurückzuführen ist, dass die Verwaltung oder Behörde den Briefumschlag, in welchem das an sie gerichtete Rechtsmittel (uneingeschrieben) verschickt wurde, in Verletzung ihrer Aktenführungspflicht nicht zu den Akten genommen und damit die Beweiserbringung für die Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels verunmöglicht hat (BGE 124 V 372 E. 3b S. 375; SVR 2011 UV Nr. 11 S. 39, 8C_693/2010 E. 12; 2007 AHV Nr. 8 S. 22, H 131/06 E. 3.2; Pra 1999 Nr. 170 S. 886, 2A.635/1998 E. 4; RKUV 1999 Nr. U 344 S. 416, U 344/98 E. 2 und 3). 8.1.2 Die erwähnte Aktenführungspflicht von Verwaltung und Behörden bildet das Gegenstück zum (aus Art. 29 Abs. 2 BV fliessenden) Akteneinsichts- und Beweisführungsrecht, indem die Wahrnehmung des Akteneinsichtsrechts durch die versicherte Person eine Aktenführungspflicht der Verwaltung voraussetzt (BGE 130 II 473 E. 4.1 S. 477; 124 V 372 E. 3b S. 375 f., 389 E. 3a S. 390). Die Behörde ist verpflichtet, ein vollständiges Aktendossier über das Verfahren zu führen, um gegebenenfalls ordnungsgemäss Akteneinsicht gewähren und bei einem Weiterzug diese Unterlagen an die Rechtsmittelinstanz weiterleiten zu können. Die Behörde hat alles in den Akten festzuhalten, was zur Sache gehört (BGE 124 V 372 E. 3b S. 376; 115 Ia 97 E. 4c S. 99; Pra 1999 Nr. 170 S. 886, 2A.635/1998 E. 4a). Der verfassungsmässige Anspruch auf eine geordnete und übersichtliche Aktenführung verpflichtet die Behörden und Gerichte, die Vollständigkeit der im Verfahren eingebrachten und erstellten Akten sicherzustellen (SVR 2011 IV Nr. 44 S. 131, 8C_319/2010 E. 2.2.1; Urteil 5A_341/2009 vom 30. Juni 2009 E. 5.2). Für die dem Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts unterstellten Versicherer wurde in Art. 46 ATSG die Aktenführungspflicht auf Gesetzesstufe konkretisiert. Danach sind für jedes Sozialversicherungsverfahren alle Unterlagen, die massgeblich sein können, vom Versicherungsträger systematisch zu erfassen. 8.2 Nach vorinstanzlicher Auffassung kann die Ausgleichskasse "keinen Anspruch auf vollständige Aktenführung erheben", weil bei Durchsicht der Kassenakten aufgefallen sei, dass die sog. Rentensteuerausweise betreffend die Waisenrente für den 1992 geborenen Sohn des Beschwerdegegners bis auf diejenigen für die Jahre 2001 und 2009 fehlten. Ebenso wenig seien Belege für die periodischen Erhöhungen der Waisenrente vorhanden, während hinsichtlich der Witwerrente lediglich die Erhöhungsblätter für 2005 und 2007 in den Akten lägen. Auffallend sei schliesslich, dass das Aktendossier des Beschwerdegegners unter der Bezeichnung "Firma Y._" geführt werde. Die Ausgleichskasse wehrt sich in ihrer Beschwerde ans Bundesgericht gegen den vorinstanzlichen Vorwurf nicht ordnungsgemässer Aktenführung. Ihre Einwendungen sind zu hören, weil erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gab (Art. 99 Abs. 1 BGG). Zuvor wurde nämlich von keiner Seite geltend gemacht, die Art der Aktenführung durch die Kasse habe dem Beschwerdegegner die Beweisführung verunmöglicht. Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass die Rentensteuerausweise für die Waisenrente keineswegs fehlten, sondern grundsätzlich im Aktendossier des Sohnes des Beschwerdegegners gespeichert würden, wobei nicht mehr eruiert werden könne, weshalb sich dennoch zwei dieser Ausweise (für die Jahre 2001 und 2009) im Dossier des Vaters befänden. Weiter führt die Kasse aus, dass sich die Beträge der in der Regel alle zwei Jahre der Lohn- und Preisentwicklung angepassten Renten den jeweiligen (für den Beschwerdegegner und dessen Sohn getrennt angelegten) sog. Historienblättern entnehmen liessen, welche vom elektronischen System automatisch per Ende Jahr oder bei einer manuellen Änderung erstellt würden (und alle lückenlos vorlägen). Weshalb die entsprechenden Rentenerhöhungsblätter nicht ebenfalls vollständig im elektronischen Archiv abgespeichert worden seien, lasse sich nicht nachvollziehen. Zur Aktenführung unter der Bezeichnung "Firma Y._" wendet die Ausgleichskasse ein, dass der Beschwerdegegner sowohl unter seiner neuen als auch unter der alten AHV-Nummer sowie zusätzlich unter der Abrechnungsnummer seiner Arbeitgeberin erfasst sei. Aus systemimmanenten Gründen übersteuere die letztgenannte Nummer die beiden andern, weshalb das Dossierdeckblatt mit der Kundenbezeichnung "Firma Y._" überschrieben werde, was sich jeweils nur manuell korrigieren lasse. 8.3 Im Lichte vorstehender, von keiner Seite in Zweifel gezogenen Darlegung der Ausgleichskasse ist die vorinstanzliche Annahme, in den elektronisch verwalteten Unterlagen des Beschwerdegegners und seines Sohnes würden bestimmte massgebende, von der Kasse selbst zu verfertigende Belege gänzlich fehlen, offensichtlich unrichtig und ist demzufolge vom Bundesgericht zu korrigieren. Wohl sind zwei Kopien der dem Beschwerdegegner zuhanden der Steuerbehörden ausgestellten Rentensteuerausweise fälschlicherweise nicht im zutreffenden Dossier des Sohnes als Waisenrentenberechtigtem, sondern in demjenigen des Vaters abgelegt worden. Ferner werden die periodischen Anpassungen der Hinterlassenenrenten an die Lohn- und Preisentwicklung nur (aber immerhin) durch die jeweiligen Historienblätter lückenlos belegt, wogegen zusätzliche Rentenerhöhungsblätter im elektronischen Archiv nur zum Teil abgespeichert wurden. Diese geringfügigen Unzulänglichkeiten bei der Dossierverwaltung und das erwähnte Programmierungsproblem im Zusammenhang mit der Dossieranschrift rechtfertigen indessen keineswegs die vorinstanzliche - als Rechtsfrage frei überprüfbare - Schlussfolgerung, wonach die Ausgleichskasse der ihr obliegenden Aktenführungspflicht im Falle des Beschwerdegegners nicht ordnungsgemäss und vollständig nachgekommen sei und deshalb mit Bezug auf die in den Unterlagen fehlende Anzeige der Wiederverheiratung eine Umkehr der Beweislast eintrete. Bei den vorliegenden Gegebenheiten anders zu entscheiden hiesse, weit überhöhte Anforderungen an die Aktenführungspflicht der Versicherungsträger zu stellen. 9. Trägt nach dem Gesagten der Beschwerdegegner die Beweislast, wirkt sich die Beweislosigkeit der von ihm geltend gemachten Mitteilung vom 7. Februar 2002 zu seinen Ungunsten aus: Es ist davon auszugehen, dass er seiner Meldepflicht hinsichtlich der neuerlichen Heirat nicht nachgekommen ist, obwohl ihn sein Steuerberater zur Mitteilung an die AHV-Behörden aufgefordert hat (vgl. E. 5 hievor). Unter diesen Umständen muss eine zumindest grobfahrlässige Meldepflichtverletzung angenommen werden, welche den guten Glauben als Erlassvoraussetzung von vornherein ausschliesst (in vorstehender E. 4 wiedergegebene Rechtsprechung). Entgegen der Auffassung des kantonalen Gerichts könnte auch nicht als bloss leichte Fahrlässigkeit gewertet werden, wenn der Beschwerdegegner das geltend gemachte Schreiben vom 7. Februar 2002 zwar verfasst, versehentlich aber gar nicht der Post übergeben oder an eine falsche Adresse versandt hätte (obwohl die eingereichte Kopie des fraglichen Schreibens selber die zutreffende Anschrift der Ausgleichskasse trägt). 10. Im Übrigen änderte sich an diesem Ergebnis selbst dann nichts, wenn der Brief vom 7. Februar 2002 seine bestimmungsgemässe Empfängerin gefunden haben sollte, d.h. wenn der Meldepflicht hinsichtlich der Zivilstandsänderung seinerzeit nachgelebt worden wäre: Man kann als wiederum Verheirateter nicht gutgläubig über Jahre hinweg weiterhin eine Witwerrente beziehen, ohne bei der Ausgleichskasse je nachgefragt zu haben, ob die Anzeige der neuerlichen Eheschliessung eingegangen und die Weiterausrichtung der Rente tatsächlich rechtens sei. Für jedermann ist nämlich einsichtig, dass der neue Zivilstand den alten ersetzt, an welchen der Bezug der Witwerrente, allein schon dem Namen nach, gebunden war (vgl. RDAT 1999 I Nr. 70 S. 275, H 183/98 E. 4a). Es verhält sich nicht wesentlich anders als bei der auch nach dem Tod des Ehemannes (und der damit verbundenen Erhöhung des AHV-Rentenanspruchs) unverändert ausgerichteten Ergänzungsleistung (EL). In diesem Zusammenhang hat die Rechtsprechung den guten Glauben der nunmehr verwitweten Ehefrau beim unrechtmässigen Bezug der zu hohen EL-Betreffnisse ebenfalls verneint (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts P 18/75 vom 30. August 1976 E. 3, nicht publ. in: BGE 102 V 245). 11. Fällt bereits der gute Glaube ausser Betracht, braucht das weitere Erlasserfordernis der grossen wirtschaftlichen Härte nicht geprüft zu werden. Dies führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Rückweisungsentscheids. Es muss mit der von der Ausgleichskasse verfügten Ablehnung des Erlassgesuchs sein Bewenden haben. 12. Umständehalber werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 2. November 2011 wird aufgehoben. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 26. April 2012 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Meyer Der Gerichtsschreiber: Attinger
b43a85e1-5457-4b05-903b-26e7f18872b7
de
2,015
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. C.D._ (geb. 2001) besuchte im Schuljahr 2013/2014 die 6. Klasse im Schulhaus X._ in St. Margrethen. Am ersten Schultag nach den Sommerferien erschien sie ein islamisches Kopftuch tragend, welches das Haar und den Hals bedeckt (Hijab), in Begleitung ihrer Mutter in der Schule. Sie erklärte, sie werde den Unterricht inskünftig mit dem Hijab besuchen. Die Schulleiterin wies auf die Schulordnung der Schulgemeinde St. Margrethen hin, die das Tragen von Kopfbedeckungen jeglicher Art während des Unterrichts untersagt. Daraufhin verliessen C.D._ und ihre Mutter die Schule wieder. Anlässlich eines am Abend desselben Tages zwischen dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und dem Sekretär des Schulrats sowie dem Vater von C.D._ geführten Gesprächs wurde Letzterem eine Verfügung ausgehändigt, in welcher festgehalten wurde, für C.D._ gelte keine Ausnahme vom Kopfbedeckungsverbot. In der Folge beharrten einerseits die Eltern auf dem Anspruch ihrer Tochter, mit dem Kopftuch am Unterricht teilnehmen zu dürfen, und andererseits die Schulleitung auf der Durchsetzung des Kopfbedeckungsverbots. C.D._ nahm am Unterricht nicht mehr teil und erarbeitete den Schulstoff zu Hause. B. Die Eltern von C.D._ erhoben in der Folge beim Bildungsdepartement des Kantons St. Gallen Rekurs. Das Gesuch, bis zum Abschluss des Verfahrens mit dem islamischen Kopftuch am Unterricht teilnehmen zu dürfen, wies das Bildungsdepartement ab. Eine hiergegen gerichtete Beschwerde hiess der Präsident des Verwaltungsgerichts am 7. November 2013 gut. C.D._ nimmt seit dem 12. November 2013 - mittlerweile in der Realklasse des Oberstufenzentrums - das islamische Kopftuch tragend am Unterricht teil. Am 12. März 2014 wies das Bildungsdepartement den Rekurs in der Sache ab. Eine hiergegen geführte Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 11. November 2014 gut. Es hob den Entscheid des Bildungsdepartements vom 12. März 2014 auf und erlaubte C.D._, das islamische Kopftuch im Unterricht zu tragen. C. Mit Eingabe vom 2. Februar 2015 beantragt der Schulrat St. Margrethen dem Bundesgericht, das Urteil vom 11. November 2014 aufzuheben und die Verfügung des Schulrats zu bestätigen. Das Bildungsdepartement des Kantons St. Gallen beantragt, die Beschwerde sei gutzuheissen. Die Beschwerdegegner und das Verwaltungsgericht beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. D. Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 11. Dezember 2015 öffentlich beraten.
Erwägungen: 1. 1.1. Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften sind nach Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt. Art. 50 Abs. 1 BV sowie Art. 89 Abs. 1 und 2 Kantonsverfassung des Kantons St. Gallen (KV/SG; SR 131.225) gewähren die Gemeindeautonomie. Für das Eintreten ist allein entscheidend, dass die beschwerdeführende Gemeinde in ihrer Eigenschaft als Trägerin hoheitlicher Gewalt berührt ist und eine Verletzung ihrer Autonomie geltend macht (BGE 135 I 43 E. 1.2 S. 45 f.; 129 I 410 E. 1.1 S. 412; Urteil 5C_2/2009 vom 5. November 2009 E. 3.1; je mit Hinweisen). Die Schulgemeinde St. Margrethen hat Ordnungsvorschriften für Schülerinnen und Schüler erlassen. Die Vorinstanz hat eine hierauf gestützte Verfügung für ungültig erklärt. Die Gemeinde ist in ihren Hoheitsbefugnissen betroffen. Sie ist deshalb zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert (vgl. BGE 129 I 313 E. 4.2 S. 319; Urteile 1C_362/2011 vom 14. Februar 2012 E. 2.1; 1C_523/2009 vom 12. März 2010 E. 2.1). Als oberstes Exekutivorgan ist der Schulrat der Gemeinde zu deren Vertretung ermächtigt (vgl. Art. 89 Abs. 1 und 3 sowie Art. 90 Abs. 1 lit. b des Gemeindegesetzes des Kantons St. Gallen vom 21. April 2009 [GG/SG]). Ob die behauptete Autonomie und eine Verletzung derselben besteht, ist eine Frage des materiellen Rechts. 1.2. Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG muss ein Rechtsmittel die Begehren und deren Begründung mit Angabe der Beweismittel enthalten. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (vgl. BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f.; 137 III 580 E. 1.3 S. 584; 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.; 134 V 53 E. 3.3 S. 60; Urteil 5A_754/2011 vom 2. Juli 2012 E. 1.3.1, nicht publ. in: BGE 138 III 520 ff.). Strengere Anforderungen an die Rügepflicht gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht geltend gemacht wird. Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten und kantonalem Recht nur insoweit, als eine entsprechende Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 176; 138 I 225 E. 3.1 und 3.2 S. 227 f.; 136 II 489 E. 2.8 S. 494; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 130 I 258 E. 1.3 S. 261 mit Hinweisen). 1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 49 E. 7.1 S. 51). Der Betroffene muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der festgestellte Sachverhalt in diesem Sinne mangelhaft erscheint und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 137 II 353 E. 5.1 S. 356; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; Urteil 4A_275/2011 vom 20. Oktober 2011 E. 3.2, nicht publ. in: BGE 137 III 539 ff.). 2. Es stellt sich die Frage, ob Autonomie der Schulgemeinde für den Erlass und die Anwendung einer Regelung besteht, die das Tragen von Kopfbedeckungen jeglicher Art während des Unterrichts untersagt. 2.1. Nach der Rechtsprechung sind Gemeinden in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale (oder eidgenössische) Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheiteinräumt (BGE 141 I 36 E. 5.3 S. 42 f.; 139 I 169 E. 6.1 S. 173 f.; 138 I 242 E. 5.2 S. 244 f.). Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen oder eidgenössischen Rechts betreffen. Der Schutz der Gemeindeautonomie setzt eine Entscheidungsfreiheit nicht in einem ganzen Aufgabengebiet, sondern lediglich im streitigen Bereich voraus. Im Einzelnen ergibt sich der Umfang der kommunalen Autonomie aus dem für den entsprechenden Bereich anwendbaren kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrecht (BGE 141 I 36 E. 5.3 S. 42 f.; 138 I 242 E. 5.2 S. 244 f.; 139 I 169 E. 6.1 S. 173 f.; je mit Hinweisen). Besteht in diesem Sinne Autonomie, kann sich die Gemeinde dagegen zur Wehr setzen, dass eine kantonale Behörde im Rechtsmittelverfahren die den betreffenden Sachbereich ordnenden kommunalen, kantonalen oder bundesrechtlichen Normen falsch anwendet oder ihre Prüfungsbefugnis überschreitet. Die Gemeinden können in diesem Rahmen auch geltend machen, die kantonalen Instanzen hätten die Tragweite eines Grundrechts verkannt und dieses zu Unrecht als verletzt erachtet (BGE 128 I 3 E. 2b S. 9; 126 I 133 E. 2 S. 137; 114 Ia 168 E. 2a S. 170; 112 Ia 59 E. 3a S. 63; Urteil 1D_2/2012 vom 13. Mai 2013 E. 7). Bei Beschwerden wegen Verletzung der Gemeindeautonomie beurteilt das Bundesgericht, ob die Vorinstanz bei der Anwendung kommunaler oder kantonaler Vorschriften gegen das Willkürverbot verstösst oder, soweit kantonales oder eidgenössisches Verfassungsrecht in Frage steht, dieses unrichtig auslegt und anwendet. Die Anwendung von kantonalen verfassungsmässigen Rechten und eidgenössischem Verfassungsrecht prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (Art. 95 lit. a und c BGG; vgl. BGE 134 I 204 E. 2.2 S. 206; 131 I 91 E. 1 S. 93; 129 I 410 E. 2.3 S. 414, je mit Hinweisen). Ebenso beurteilt das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung von Bundesrecht mit freier Kognition (Urteil 1C_328/2007 vom 18. Dezember 2012 E. 2; vgl. auch BGE 141 I 36 E. 5.4 S. 43; 136 I 395 E. 2 S. 397; Urteil 2C_239/2011 vom 21. Februar 2012 E. 2, nicht publ. in: BGE 138 II 111 ff.). 2.2. Der hier infrage stehende Bereich des Schulwesens fällt grundsätzlich in die kantonale Zuständigkeit (vgl. Art. 62 Abs. 1 BV). Im Rahmen, den das kantonale Recht zulässt, können die Gemeinden ihre Angelegenheiten selbst regeln und hierzu eigenes Recht erlassen (Art. 89 Abs. 1 KV/SG). In der Rechtsetzung hat die Gemeinde Entscheidungsfreiheit, wenn das kantonale Gesetz keine abschliessende Regelung trifft oder die Gemeinde ausdrücklich zur Rechtsetzung ermächtigt (Art. 89 Abs. 2 KV/SG). Die Schulgemeinde kommt als öffentlich-rechtliche Gebietskorporation mit eigener Rechtspersönlichkeit als Trägerin der verfassungsrechtlich geschützten Autonomie in Betracht (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. b und Art. 2 Abs. 1 lit. a GG/SG und Art. 88 Abs. 2 lit. b KV/SG). 2.3. Der Kanton St. Gallen hat zwar im Bereich der Volksschule ein dichtes Regelwerk erlassen, das Bestimmungen zur Schulorganisation und zum Unterricht umfasst (Art. 17 ff. des Volksschulgesetzes des Kantons St. Gallen vom 13. Januar 1983 [VSG/SG]), ebenso geregelt werden die Aufgaben des Schulrats der Schulgemeinden (Art. 111 ff. VSG/SG), das Verhalten der Schülerinnen und Schüler (Art. 54 ff. VSG/SG; inkl. Disziplinarmassnahmen) sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern (Art. 92 ff. VSG/SG). Die Schulgemeinde und die kommunale Schulleitung sind im Rahmen der genannten Vorgaben indessen ausdrücklich zum Erlass der Schulordnung ermächtigt (Art. 33 Abs. 3 VSG/SG; Art. 89 Abs. 2 KV/SG); die Schulordnung enthält "ergänzende Vorschriften über den örtlichen Schulbetrieb sowie über Rechte und Pflichten der am Schulbetrieb Beteiligten" (Art. 33 Abs. 1 VSG/SG). Die Gemeinde ist - wie dies auch die Vorinstanz anerkennt - kompetent, ihre lokalen Verhältnisse zu regeln und darf in diesem Rahmen auch Ordnungsvorschriften vorsehen. Inhaltlich verbleibt eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit für das Gemeindeorgan (Schulrat). Dieser Bereich der Gestaltung ist durch die Gemeindeautonomie geschützt. 3. 3.1. Die Schulgemeinde wirft dem Verwaltungsgericht vor, es habe die Tragweite der Glaubens- und Gewissensfreiheit verkannt und diese zu Unrecht als durch das erlassene allgemeine Kopfbedeckungsverbot verletzt erachtet. Die Beschwerdeführerin sei unter den gegebenen Voraussetzungen berechtigt gewesen, in die Grundrechte der Schülerin einzugreifen (Art. 15 und 36 Abs. 1-4 BV; Art. 5 KV/SG). Zu prüfen ist vor diesem Hintergrund, ob die Vorinstanz die Glaubens- und Gewissensfreiheit im Autonomiebereich der Schulgemeinde in korrekter Weise angewendet hat. 3.2. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit gehört zu den ältesten Grundrechten; Zeugnisse des Toleranzgedankens finden sich bereits im vierten Jahrhundert (vgl. Mailänder Edikt von 313; QUINTUS AURELIUS SYMMACHUS, TRE [theol. Realenzyklopädie], Ausgabe 2002, Bd. 33, S. 648), und die Vorläufer der Religionsfreiheit als Individualrecht reichen bis ins 16. und 17. Jahrhundert zurück (vgl. etwa JOHN LOCKE, Epistola de tolerantia, 1689). Gleichwohl herrschte bis Ende des 18. Jahrhunderts in den Ständen und Untertanengebieten der Schweiz mehrheitlich Zwang zur Glaubenseinheit (MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 2008, S. 251). Die Glaubens- und Gewissensfreiheit als individuelles Grundrecht fand erst 1874 Eingang in die Bundesverfassung (RENÉ PAHUD DE MORTANGES, in Basler Kommentar BV, 2015, N. 1 zu Art. 15; vgl. zur Entwicklung ALFRED KÖLZ, Neuere Schweizerische Verfassungsgeschichte, Bd. 2, 2004, S. 619 ff., 623); die Bestimmung war eine Reaktion auf die konfessionellen Auseinandersetzungen im 19. Jahrhundert und sah die Möglichkeit von polizeilichen Eingriffen des Bundes oder der Kantone zum Schutz des konfessionellen Friedens vor (vgl. MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 251 f.; KIENER/ KÄLIN, Grundrechte, 2. Aufl., 2013, S. 313). Nach heutigem Verständnis hat die Glaubens- und Gewissensfreiheit im Wesentlichen drei Funktionen zu erfüllen: Zum einen soll sie den religiösen Frieden sichern ( Toleranzgebot; BGE 117 Ia 311 E. 4a S. 317; 119 Ia 178 E. 7a S. 190; 123 I 296 E. 4b/bb S. 310; 125 I 347 ff.; KIENER/KÄLIN, a.a.O., S. 313; PETER KARLEN, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in der Schweiz, 1982, S. 51 f.). Sodann soll sie garantieren, dass alle Menschen "allein und in der Gemeinschaft ihre tiefsten Überzeugungen zu transzendentalen Fragen bewahren, ausdrücken, und im Alltag leben dürfen" ( Freiheitsschutz; KIENER/KÄLIN, a.a.O., S. 313; vgl. BGE 139 I 280 E. 4.1 S. 282 f.; 134 I 49 E. 2.3 S. 52; Urteil 2C_1079/2012 vom 11. April 2013 E. 3.1). Schliesslich soll die Glaubens- und Gewissensfreiheit auch die Ausgrenzung religiöser Minderheiten verhindern und die Integration aller Menschen ungeachtet ihres Glaubens im Gemeinwesen erleichtern ( Integrationsfunktion; BGE 119 Ia 178 E. 7e S. 193 und E. 8a S. 194; KIENER/KÄLIN, a.a.O., S. 313). Die Integrationsfunktion stützt sich auf ein religiös-pluralistisches Gesellschaftsverständnis (vgl. BGE 125 I 369 E. 1b S. 372; 123 I 296 E. 4b/bb S. 309). 3.3. Die Sicherstellung der religiösen Toleranz, Freiheit und Integration der Menschen wird in den meisten Verfassungsstaaten westlicher Prägung durch das Prinzip der weltanschaulichen und religiösen Neutralität des Staates umgesetzt (vgl. dazu Urteil 2C_897/2012 vom 14. Februar 2013 E. 3.2; EGMR Grosse Kammer Lautsi gegen Italien vom 18. März 2011, Nr. 30814/06, § 60 ff., in: EuGRZ 2011 S. 677 ff.; Dogru gegen Frankreich, Nr. 27058/05, Urteil vom 4. Dezember 2008, § 62; KIENER/KÄLIN, Grundrechte, a.a.O., S. 313; vgl. auch MÜLLER/ SCHEFER, a.a.O., S. 269 ff.; SIMON M. SCHÄDLER, Der Schutz des religiösen Friedens als Staatsaufgabe, 2014, S. 51). Die Pflicht des Staates zu Neutralität und Toleranz ergibt sich aus der Religionsfreiheit und dem Gebot, Personen nicht wegen ihrer weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung zu diskriminieren (Art. 8 Abs. 2 BV; BGE 139 I 292 E. 8.2 S. 303 ff.; 139 I 169 E. 7.2.1 S. 174; BGE 138 I 305 E. 3.3 S. 316 f.; BGE 135 I 49 E. 4.1 S. 53 f.; MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 269). Die religiös-weltanschauliche staatliche Neutralität ist nicht erst dann gegeben, wenn eine strikte Trennung von Staat und Religion realisiert ist (laizistische Staatstradition), sondern auch, wenn ihr eine für verschiedene Weltanschauungen und Glaubensbekenntnisse gleichermassen offene Haltung zugrunde liegt (staatliche Neutralität). Im kantonalen Staatsrecht der Schweiz finden sich sowohl konfessionell-neutral geprägte als (vereinzelt) auch laizistisch orientierte Traditionen (vgl. z.B. Art. 3 Abs. 1 und 193 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Genf vom 14. Oktober 2012 [SR 131.234]; Art. 1 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Neuenburg vom 24. September 2000 [SR 131.233]). 3.4. Die in den angeführten Ideen verankerte Glaubens- und Gewissensfreiheit wird (ebenso wie durch Art. 9 EMRK, Art. 18 UNO-Pakt II und Art. 2 lit. i KV/SG) durch Art. 15 BV gewährleistet (Abs. 1). Sie räumt jeder Person das Recht ein, ihre Religion und ihre weltanschauliche Überzeugung frei zu wählen und allein oder in Gemeinschaft mit anderen zu bekennen (Abs. 2). Jede Person hat das Recht, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören und religiösem Unterricht zu folgen (Abs. 3; sog. positive Glaubens- und Gewissensfreiheit). Umgekehrt darf niemand gezwungen werden, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören, eine religiöse Handlung vorzunehmen oder religiösem Unterricht zu folgen (Abs. 4; sog. negative Glaubens- und Gewissensfreiheit). Die Religionsfreiheit umfasst demnach sowohl die innere Freiheit, zu glauben, nicht zu glauben oder seine religiösen Anschauungen zu ändern, wie auch die äussere Freiheit, entsprechende Überzeugungen innerhalb gewisser Schranken zu äussern, zu praktizieren und zu verbreiten - oder sie nicht zu teilen (BGE 139 I 280 E. 4.1 S. 282; 123 I 296 E. 2b/aa S. 300; 119 Ia 178 E. 4c S. 184; Urteil 2C_897/2012 vom 14. Februar 2013 E. 4.2). Sie enthält den Anspruch des Einzelnen darauf, sein Verhalten grundsätzlich nach den Lehren des Glaubens auszurichten und den Glaubensüberzeugungen gemäss zu handeln - oder aber Glaubensinhalten nicht zu folgen. Alle natürlichen Personen sind Träger der (positiven und negativen) Glaubens- und Gewissensfreiheit, unter ihrem Schutz stehen namentlich alle Religionen, unabhängig von ihrer quantitativen Verbreitung in der Schweiz, aber auch atheistische Weltanschauungen (BGE 134 I 56 E. 4.3 S. 60, 49 E. 2.3 S. 51; 123 I 296 E. 2b/aa S. 300 f.; 119 Ia 178 E. 4b S. 184). 3.5. Aus dem soeben erwähnten Art. 15 Abs. 4 BV leitet sich der Grundsatz her, dass niemand gezwungen werden darf, "religiösem Unterricht zu folgen". Der Unterricht an öffentlichen Schulen ist religiös neutral zu gestalten; öffentliche Schulen müssen "ohne Beeinträchtigung" der Glaubens- und Gewissensfreiheit besucht werden können (BGE 125 I 347 E. 4b und d S. 355 ff.). Daraus folgt das Verbot des obligatorischen Religionsunterrichts (BGE 123 I 296 E. 4b/bb S. 309; vgl. auch EGMR Grzeleak gegen Polen, Nr. 7710/02 vom 15. Juni 2010, § 49 ff., 84 ff.; vgl. zum Ganzen CAVELTI/KLEY, in: St. Galler Kommentar, Die Schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl., 2014, N. 14 zu Art. 15). Leistet der Staat finanzielle Unterstützung für religiöse Schulen, muss er dies für alle Religionen gleichermassen tun (BGE 125 I 347 E. 5a S. 358 f.). Die Neutralitätspflicht verbietet insofern generell eine Parteinahme des Staates zugunsten oder zuungunsten einer bestimmten Religion und mithin jede Sonderbehandlung von Angehörigen einer Religion, die einen spezifischen Bezug zu deren Glaubensüberzeugung aufweist (BGE 139 I 292 E. 8.2.3 S. 304; MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 276, 735; vgl. bereits hiervor E. 3.3). Auch ein System mit konfessionell getrennten öffentlichen Schulen wäre verfassungswidrig (BGE 125 I 347 E. 4e S. 357). 3.6. Die von Art. 15 Abs. 2 und 3 BV gewährleistete Religionsausübung schützt über den Neutralitätsgrundsatz und kultische Handlungen hinaus die Beachtung religiöser Gebräuche und Gebote sowie andere Äusserungen des religiösen Lebens, soweit solche Verhaltensweisen Ausdruck der religiösen Überzeugung bilden (BGE 123 I 296 E. 2b/aa S. 300; 119 Ia 178 E. 4c S. 184). Das gilt auch für Religionsbekenntnisse, welche die auf den Glauben gestützten Verhaltensweisen sowohl auf das geistig-religiöse Leben wie auch auf weitere Bereiche des alltäglichen Lebens beziehen (BGE 119 Ia 178 E. 4c S. 185); auch religiös motivierte Bekleidungsvorschriften sind vom Schutz von Art. 15 BV erfasst (BGE 139 I 280 E. 4.1 S. 281 f.; 134 I 56 E. 4.3 S. 60 f., 49 E. 2.3 S. 51 f.; 123 I 296 E. 2b/aa S. 300; 119 Ia 178 E. 4c S. 184). Das aus Art. 15 Abs. 4 BV abgeleitete Gleichbehandlungsgebot umfasst folgerichtig auch Bekleidung, die mit Religionen in Verbindung gebracht wird, wie neben dem Kopftuch etwa die jüdische Kippa oder das Habit christlicher Ordensschwestern und -brüder oder Symbole wie sichtbar getragene Kreuze (vgl. BGE 139 I 292 E. 8.2.3 S. 304; vgl. MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 276, 735; vgl. auch deutsches Bundesverfassungsgericht 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10, Beschluss vom 27. Januar 2015, Rz. 115, abgedruckt in: EuGRZ 2015 S. 181 ff., 191; Urteilstext auch abrufbar unter www.bundesverfassungsgericht.de). 4. 4.1. Die Schule nimmt die ihr von Verfassung und vom Kanton St. Gallen übertragenen öffentlichen Aufgaben wahr (Art. 62 BV; Art. 10 KV/SG); sie ist an die Grundrechte gebunden (Art. 35 Abs. 2 BV). Insbesondere im Kontext der öffentlichen Schule und ihrer Neutralitätspflicht haben die von der Glaubens- und Gewissensfreiheit geschützten Verhaltensweisen und Bekleidungsvorschriften - sowohl im nationalen als auch im internationalen Bereich - zu einer vielfältigen Rechtsprechung geführt. In Bezug auf die Schülerschaft betrifft dies zunächst Streitfragen zur Dispensation von einzelnen Unterrichtsfächern infolge religiöser Verhaltensweisen oder zur Verwendung von religiösen Symbolen. Weiter befasste sich die Rechtsprechung mit der Ausstattung der Räume öffentlicher Schulen mit religiösen Symbolen und mit dem Tragen entsprechender Symbole durch die Lehrerschaft. Dabei hat das Bundesgericht die Zulässigkeit von Einschränkungen gegenüber der Schülerschaft stets von solchen gegenüber der Lehrerschaft unterschieden. Als Überblick werden die wichtigsten bisher im Kontext der öffentlichen Schule behandelten Fallkonstellationen zu religiösen Verhaltensweisen der Schüler dargestellt (hiernach E. 4.2 und 4.3); anschliessend diejenige zum Verwenden religiöser Symbole durch die Schule selbst (hiernach E. 4.4). Sodann erfolgt ein Überblick insbesondere über die Rechtsprechung des EGMR und einzelner ausländischer Gerichte zu den religiösen Insignien (hiernach E. 4.5). 4.2. Reich ist zunächst die nationale Rechtsprechung zu von Schülern aus religiösen Gründen erbetenen Unterrichtsdispensationen. Während das Bundesgericht 1993 einem muslimischen Mädchen die Befreiung vom obligatorischen Schwimmunterricht aus religiösen Gründen zugestand (BGE 119 Ia 178 E. 4 S. 183 ff.), wies es die Gesuche zweier muslimischer Knaben zurück, sie seien vom Schwimmunterricht zu dispensieren, weil ihnen der Anblick von aus der Sicht ihres Glaubens nicht hinreichend bekleideten Mädchen im Schwimmunterricht und der damit einhergehende Bruch mit ihrer Religion nicht zuzumuten sei (BGE 135 I 79 E. 7.2 S. 89 f.). Das Bundesgericht erkannte zwar einen Eingriff in den Schutzbereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit der beiden Beschwerdeführer. Indessen erachtete es das öffentliche Interesse und die Aufgabe der Schule, den sozialen Einbindungsprozess durch die Teilnahme an den Unterrichtsfächern inklusive Sportunterricht durchzusetzen, als höherrangig (BGE 135 I 79 E. 7.2 S. 89 f.). Das Bundesgericht bestätigte diese Praxis mit Urteil 2C_666/2011 vom 7. März 2012, welches den gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht von zwei neun- bzw. siebenjährigen Mädchen zum Gegenstand hatte. Sodann erachtete es die Rechtsprechung als zulässig, eine Schülerin muslimischen Glaubens zur Teilnahme am getrenntgeschlechtlichen Schwimmunterricht in einem nicht eng anliegenden, Arme und Beine abdeckenden Badegewand mit integrierter Kopfbedeckung zu verpflichten (2C_1079/2012 vom 11. April 2013 E. 3.4 bis 3.6; sog. Burkini). Kindern von Angehörigen der palmarianisch-katholischen Kirche war das Singen von christlich geprägten Liedern sowie die Teilnahme an Schulausflügen auch an religiös konnotierte Stätten zumutbar, solange entsprechende Tätigkeiten nicht als bekenntnishafte Akte erschienen. So hielt das Bundesgericht fest, Kinder dürften vor Weihnachten oder zu Ostern zwar nicht verpflichtet werden, religiöse Lieder zu singen, wenn dies einem glaubensmässigen Akt gleichkomme; hingegen verleihe Art. 15 BV grundsätzlich keinen Anspruch darauf, nicht mit den religiösen Handlungen anderer - auch religiösen Gesängen - konfrontiert zu werden (Urteil 2C_724/2011 vom 11. April 2012 E. 3.1 f.; vgl. in anderem Kontext auch 1C_322/2011 vom 19. Dezember 2011 E. 3.4). 4.3. Die Durchführung von Yoga-Entspannungsübungen im Kindergartenunterricht erachtete das Bundesgericht als einen Eingriff in die negative Religionsfreiheit der sich als gläubige Christen bezeichnenden Eltern des Kindes. Da die Übungen indessen motorisch-akrobatisch praktiziert wurden und von keiner Vermittlung von religiösen Glaubensinhalten begleitet waren, waren sie - auch unter Berücksichtigung der Gestaltungsfreiheit der Lehrperson für den Unterricht - von den Eltern hinzunehmen (Urteil 2C_897/2012 vom 14. Februar 2013 E. 4.2 und 4.3). Die Verpflichtung zur Teilnahme an einem reaktiv angelegten Aufklärungsunterricht in der öffentlichen Schule (Primarschule und Kindergarten) bedeutete sodann zwar einen Eingriff in die Glaubens- und Gewissensfreiheit der Eltern, war indessen mit den damit verfolgten öffentlichen Interessen (u.a. Gesundheitsschutz, Prävention vor sexuellen Übergriffen bzw. Schutz der Persönlichkeit) zu rechtfertigen (Urteil 2C_132/2014 vom 15. November 2014 E. 5, publ. in: EuGRZ 2015 S. 299). Im Fall einer Schülerin, der von einer Schule des Kantons Thurgau untersagt worden war, während des Unterrichts aus religiösen Gründen ein Kopftuch zu tragen, stellte das Bundesgericht bereits wegen einer fehlenden gesetzlichen Grundlage einen Verstoss gegen die Verfassung fest (BGE 139 I 280 ff. E. 5 S. 283 ff.). Im Kontext der öffentlichen Schule bestätigte das Bundesgericht sodann wiederholt, dass Schülern an religiösen Feiertagen, etwa an Ostern oder am Sabbat, ein Freitag zu gewähren sei (BGE 134 I 114 E. 2 ff. S. 116 ff. [Chiesa cristiana avventista]; 129 I 74 E. 5.1 S. 81 f.; 117 Ia 311 E. 5 S. 319 ff.; vgl. auch Erziehungsdirektion des Kantons Bern, 5. Februar 1992, in: ZBl 93/1992 S. 281 [Religionsgemeinschaft der Baha'i]); ebenso sei für Prüfungen an einem religiösen Feiertag ein Wiederholungstermin anzubieten (BGE 134 I 114 E. 6.2 S. 120 f.). Gleichzeitig bewertete das Bundesgericht das öffentliche Interesse am Schulbesuch und der Integration der Schülerinnen und Schüler stets als von besonderer Wichtigkeit, sodass Ersuchen um eine generelle Unterrichtsbefreiung von einzelnen Fächern aus religiösen Gründen insbesondere in neuerer Zeit in der Regel abgelehnt wurden (Urteile 2C_132/2014 vom 15. November 2014 E. 5.3 bis 5.5 betreffend Aufklärungsunterricht; 2C_724/2011 vom 11. April 2012 E. 3.5 betreffend Lieder singen und Schulausflüge; 2C_897/2012 vom 14. Februar 2013 E. 4.3.2 betreffend Yoga-Übungen; anders noch BGE 119 Ia 178 E. 4 S. 183 ff. betreffend Schwimmunterricht). 4.4. Hinsichtlich der Verwendung von Insignien durch die Schule bzw. der Lehrpersonen hat das Bundesgericht im Jahr 1990 das Anbringen eines Kruzifixes im Schulzimmer einer Primarschule als im Widerspruch zur staatlichen Neutralitätspflicht stehend gewertet. Es begründete dies damit, das Symbol könne - insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Schüler religiös noch nicht mündig waren - den Eindruck erwecken, die Lerninhalte würden durch die Schule christlich geprägt vermittelt (Art. 27 Abs. 3 aBV; BGE 116 Ia 252 E. 7 und 8 S. 261 ff. mit Verweis auf die Rechtsprechung des Supreme Court der Vereinigten Staaten und dessen Urteil Stone vs. Graham [per curiam], 449 US 39/1980; E. 7b S. 262 f.; zum Verbot eines Kreuzzeichens im Kontext des Gerichtssaals vgl. BGE 121 I 42 E. 3 S. 48 [Nichteintreten]). Der EGMR hat in einer Beschwerde gegen Italien befunden, dass das Kruzifix in Schulzimmern - insbesondere aufgrund des Umstands, dass die italienischen Schulen eine sehr grosse Offenheit gegenüber anderen Religionen zeigten - mit Art. 9 EMRK vereinbar sei. Die Beurteilung der Frage sei im Wesentlichen den Vertragsstaaten überlassen (EGMR Lautsi gegen Italien vom 18. März 2011, a.a.O., § 29 ff., 68 ff.; 74 [zu Art. 9 EMRK und Art. 2 des Protokolls I zur EMRK]; EuGRZ 2011 S. 677 ff.). Unter dem Gesichtswinkel der Neutralität hat das Bundesgericht sodann - in ausdrücklicher Parallele zum Kruzifix-Fall - sowie unter Bezugnahme auf die laizistische Tradition des Kantons Genf einer zum Islam konvertierten Primarlehrerin untersagt, während des Unterrichts ein Kopftuch zu tragen (BGE 123 I 296 E. 3 und 4 S. 303 ff.). Die Lehrerin gelangte mit dieser Streitsache erfolglos an den EGMR (Entscheid Dahlab gegen die Schweiz vom 15. Februar 2001, Nr. 42393/98; ECHR 2001-V, in: VPB 65.140 [Nichtzulassung]). 4.5. Auch der EGMR und andere ausländische höchste Verfassungsgerichte haben sich verschiedentlich mit der Verwendung von religiösen Symbolen wie dem Kopftuch im Allgemeinen sowie mit religiösen Insignien in der Schule und dem Tragen von religiösen Symbolen durch die Schülerschaft auseinandergesetzt. 4.5.1. Die neuere Rechtsprechung des EGMR zu den religiösen Symbolen betrifft öffentliche Einrichtungen, teilweise aber auch die horizontale Drittwirkung der Glaubens- und Gewissensfreiheit in Rechtsverhältnissen zwischen Privatpersonen ( Eweida und andere gegen Grossbritannien; Nr. 48420/10, 59842/10, 51671/10 und 36516/10 vom 15. Januar 2013). Der Gerichtshof betont, dass eine intakte demokratische Gesellschaft Vielfalt und Pluralismus aushalten und unterstützen muss; auch aufgrund des Rechts, das dem Einzelnen zusteht, seine Religion als zentrales Anliegen seines Lebens zu betrachten und dies auch anderen gegenüber zu kommunizieren ( Eweida und andere gegen Grossbritannien, a.a.O., § 94; vgl. die Freiheitsfunktion; hiervor E. 3.2). So wurde es als unzulässig erachtet, dass eine Angestellte einer privaten Fluggesellschaft eine Kette mit christlichem Kreuz beim Tragen der Arbeitsuniform zu verbergen habe, während anderen Angestellten, die mit Kopfbedeckungen der Sikhs oder muslimischen Kopftüchern bekleidet waren, das Tragen dieser religiösen Symbole freigestellt war und hieraus auch keinerlei negative Auswirkungen feststellbar waren ( Eweida und andere gegen Grossbritannien, a.a.O., § 89 ff., 94). Demgegenüber sah es der EGMR aus Gründen des Gesundheitsschutzes der Patienten als gerechtfertigt an, die Glaubens- und Gewissensfreiheit einer Angestellten eines öffentlichen Krankenhauses einzuschränken, die Schmuck mit einem frei beweglichen christlichen Kreuz trug (Infektionsrisiko; Eweida und andere gegen Grossbritannien, a.a.O., § 99 ff.). Bei einer Zivilstandsbeamtin, die sich unter Berufung auf eine christliche Weltsicht weigerte, gleichgeschlechtliche Paare ins Zivilstandsregister einzutragen, wurde der Eingriff in ihre Glaubens- und Gewissensfreiheit gestützt auf Grundrechte Dritter durch den EGMR als rechtmässig erachtet. Der Gerichtshof betonte das Subsidiaritätsprinzip und den Beurteilungsspielraum des Mitgliedstaates Grossbritannien und sah in der Abweisung der Diskriminierungsbeschwerde keine Verletzung der Konvention ( Eweida und andere gegen Grossbritannien, a.a.O., § 106; vgl. auch das vom Bundesrat zur Ratifikation beantragte Zusatzprotokoll Nr. 15 zur EMRK; Sammlung der Europaratsverträge [SEV] Nr. 213). Einer orthodoxen Christin schliesslich, die als Paartherapeutin bei einem privaten Arbeitgeber angestellt war, wurde die Auflage, im Rahmen ihrer Anstellung auch gleichgeschlechtliche Paare zu behandeln, als zumutbar angesehen. Der EGMR anerkannte die Rechtfertigung des privaten Unternehmens, diskriminierungsfreie Dienstleistungen anzubieten ( Eweida und andere gegen Grossbritannien, a.a.O., § 109 f.). 4.5.2. In der Vergangenheit hat der EGMR die Beschwerden von Einzelpersonen, die durch die Mitgliedstaaten am Tragen von religiösen Symbolen gehindert wurden - unter spezifischen Rechtfertigungsgründen und Bezugnahmen auf Verfassungstraditionen (vgl. im Folgenden und auch Refah Partisi und andere gegen die Türkei vom 13. Februar 2003, Nr. 41340/98, § 92; EGMR Lautsi gegen Italien, a.a.O., § 68 ff.) sowie angesichts der konkreten Umstände - abgelehnt. Im Urteil Sahin gegen die Türkei (Grosse Kammer; Nr. 44774/98 vom 10. November 2005 § 157 ff.) schützte der EGMR ein allgemeines Kopftuchverbot für Studentinnen an türkischen Universitäten unter Bezugnahme auf die Tradition des Laizismus (Kemalismus). In den Urteilen Kervanci gegen Frankreich und Dogru gegen Frankreich, erachtete der Gerichtshof - ebenfalls unter Bezugnahme auf das Verfassungsprinzip des Laizismus in Frankreich sowie des Gesundheitsschutzes - ein Kopftuchverbot für Schülerinnen während des Turnunterrichts sowie die Disziplinarmassnahmen wegen Widerhandlung gegen dasselbe als unter dem Gesichtswinkel von Art. 9 EMRK gerechtfertigt (Urteile Nr. 31645/04, § 47 ff., 72 ff. bzw. Nr. 27058/05, § 33 ff., 72 [Laizismus], 74 [Gesundheitsschutz]; vom 4. Dezember 2008; vgl. auch Köse und andere gegen die Türkei vom 24. Januar 2006, Nr. 36594/97 [Nichtzulassung]). In einem Nichtzulassungsentscheid betreffend Frankreich führte der EGMR aus, das Tragen von sichtbaren religiösen Symbolen in öffentlichen Ausbildungsstätten könne unter Rückgriff auf den Verfassungsgrundsatz der Laizität in konventionskonformer Weise eingeschränkt werden, auch wenn es nicht bloss den Turnunterricht betreffe (Entscheid Aktas gegen Frankreich vom 30. Juni 2009, Nr. 43563/08, § 2 in fine). Der EGMR gelangte in einer Entscheidung vom 26. November 2015 sodann zum Schluss, dass sich die Neutralitätspflicht auch auf weitere Angestellte des Staates, etwa in einem öffentlichen Spital, beziehen könne. So rechtfertigten die Bestimmungen zu Neutralität und Laizität Frankreichs, einer Person am Empfang eines öffentlichen Spitals zu verbieten, ein muslimisches Kopftuch zu tragen (Urteil Ebrahimian gegen Frankreich vom 26. November 2015, Nr. 64846/11, § 61 ff.). Demgegenüber sah es der UNO-Menschenrechtsausschuss aufgrund von Art. 18 UNO-Pakt II als unzulässig an, einer usbekischen Universitätsstudentin das Tragen des Kopftuchs generell zu verbieten ( Hudoyberganova gegen Uzbekistan, communication no. 931/2000, 18. Januar 2005, Ziff. 6.2; vgl. mit ähnlicher Argumentation für die Zulässigkeit des Tragens religiöser Insignien durch Volksschüler in Schweden die Swedish National Agency for Education, Decision 52-2006:689 vom 22. Mai 2006). 4.5.3. Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hiess in neuester Zeit sodann eine Beschwerde einer Verkäuferin gut, die mit dem Tragen des Kopftuchs nicht dem "Stil des Hauses" eines Modekonzerns entsprochen haben soll. Der Gerichtshof erachtete als diskriminierend, dass das Kopftuch ein "motivierender Faktor" für die Entscheidung der Modekette war, die Verkäuferin nicht einzustellen; ohne Bedeutung blieb, dass die Unternehmung über deren Religionszugehörigkeit nicht explizit informiert war (Supreme Court of the United States, 575 U.S. [2015] vom 1. Juni 2015 S. 3). In einem jüngsten Urteil erachtete das deutsche Bundesverfassungsgericht ein generelles Kopftuchverbot für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen - jedenfalls dann, wenn das äussere Erscheinungsbild von Lehrkräften nicht zu einer hinreichend konkreten Gefährdung oder Störung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität führe oder wesentlich dazu beitrage - als verfassungswidrig (1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10, a.a.O., Rz. 113). Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorschrift darüber hinaus als problematisch vor dem Hintergrund einer mittelbaren Diskriminierung von - vermehrt durch religiöse Kleidervorschriften betroffenen - Erzieherinnen angesehen (1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10, a.a.O., Rz. 96). Der EGMR schliesslich hat ein Verbot der vollständigen Verhüllung im Ganzkörperschleier mit Sichtfenster im öffentlichen Raum im Mitgliedstaat Frankreich - wiederum unter spezifischer Bezugnahme auf dessen laizistische Tradition, aber auch unter Bezugnahme auf den Umstand, dass eine solche vollständige Verschleierung zwischenmenschliche Kontakte massgeblich erschwere - als in Einklang mit der Konvention verstanden (Urteil der Grossen Kammer des EGMR S.A.S. gegen Frankreich vom 1. Juli 2014, Nr. 43835/11 § 132 ff., [sog. Burkaverbot]; ein entsprechendes Verbot existiert im Kanton Tessin, gewährleistet durch die Bundesversammlung am 11. März 2015; BBl 2015 3035 f.). 4.5.4. Insgesamt zeigt sich im kurzen Überblick - zumindest ausserhalb von Staaten mit laizistischer Verfassungstradition und mit Ausnahme der Ganzkörperverschleierungen - eine weitgehende Zulässigkeit des Tragens religiöser Symbole, die sich prinzipiell auch auf Ausbildungsstätten erstreckt. Dabei bleiben punktuelle Einschränkungen - etwa im Rahmen der Erfüllung des Bildungsauftrags und der Verpflichtung zu Neutralität des Staates und seiner Repräsentanten - grundsätzlich möglich. Den Mitgliedstaaten der EMRK verbleibt ein relativ weiter Beurteilungsspielraum, um Streitfragen um das Tragen religiöser Symbole gestützt auf die eigene Verfassungstradition und die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung zu lösen. 4.6. Das hier infrage stehende Verbot des Tragens religiöser Insignien durch eine Schülerin an einer öffentlichen Schule ist bisher durch das Bundesgericht - in materieller Hinsicht - nicht beurteilt worden. 5. Strittig ist vorliegend zunächst der Schutzbereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit. 5.1. Die Beschwerdegegner bringen vor, dass ihre Tochter das Kopftuch aus religiösen Gründen trage. Daraus erwachse ihr das Recht, auch in der Schule auf diese Weise gekleidet zu sein. Die beschwerdeführende Schulgemeinde geht demgegenüber davon aus, die Berufung auf religiöse Pflichten sei "vorgeschoben" und ziele bei der Schülerin und ihren Eltern darauf, eine "besondere Behandlung" zu erwirken. Sowohl die Schülerin als auch die Eltern verhielten sich religiös "nicht kohärent", indem sie Gebetspflichten nicht beachteten. Die Mehrheit der Anhängerinnen des islamischen Glaubens in der Schweiz trage sodann ohnehin kein Kopftuch. Insofern könnten weder die Eltern noch die Schülerin spezifische Rechte aus der Glaubens- und Gewissensfreiheit für sich ableiten. 5.2. Staatliche Organe üben Zurückhaltung bei der Prüfung von Glaubensinhalten; sie haben von der Überzeugung auszugehen, welche die religiösen Normen für die Betroffenen haben (BGE 135 I 79 E. 4.4 S. 84; 134 I 56 E. 5.2 S. 63; 125 I 369 E. 7 S. 384 f. [Scientology Kirche]). Entscheidend für die Annahme eines Eingriffs in den Schutzbereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit ist, dass die von der Schülerin bzw. ihren Eltern angerufenen Verhaltensweisen einen unmittelbaren Ausdruck ihrer religiösen Überzeugung bilden und dass sie dies glaubhaft darlegen (vgl. BGE 135 I 79 E. 4.4 S. 84; 134 I 56 E. 5.2 S. 63; Urteil 2C_897/2012 vom 14. Februar 2013 E. 4.2; vgl. auch EGMR, Eweida und Mitbeteiligte gegen Grossbritannien, a.a.O., § 82; YVO HANGARTNER, Religionsfreiheit, AJP 2010, S. 441 ff.; KELLER/ BÜRLI, Religionsfreiheit in der multikulturellen Schulrealität, recht 2009, S. 100 ff., 102 f.; CAVELTI/KLEY, in: St. Galler Kommentar BV, a.a.O., N. 11 zu Art. 15 BV; KARLEN, a.a.O., S. 203 ff.). Der Schutzbereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit bestimmt sich somit im Kern nach subjektiven Gesichtspunkten. Daher ist es für die Prüfung des Eingriffs nicht relevant, ob und inwieweit die Beschwerdegegner und ihr Kind andere der Schulbehörde bekannte Praktiken verfolgen oder nicht (vgl. bereits Urteil 2C_794/2012 vom 11. Juli 2013 E. 3.3, nicht publ. in: BGE 139 I 280 ff.). Es kann für den Eingriff in den Schutzbereich des Grundrechts nicht auf die Vorbringen ankommen, dass die Mehrheit der Anhängerinnen des islamischen Glaubens in der Schweiz keine Kopfbedeckung trage, und der Eingriff kann auch nicht aufgrund des Umstands ausgeschlossen werden, dass die Frage, inwieweit die Regeln des islamischen Glaubens die Verschleierung für Frauen überhaupt gebieten oder nicht, selbst umstritten ist. 5.3. Zu beachten ist, dass minderjährige Kinder in ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit geschützt sind (Art. 11 Abs. 2 BV; Art. 18 Abs. 4 UNO-Pakt II; Art. 3 und 14 Abs. 1 des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes UNO-Kinderrechtekonvention [KRK; SR 0.107]). Art. 14 Abs. 1 KRK hält die Vertragsstaaten an, das Recht des Kindes auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit zu achten. Die Vertragsstaaten wahren sodann die Rechte und Pflichten der Eltern, das Kind bei der Ausübung dieses Rechts in einer seiner Entwicklung entsprechenden Weise zu leiten (Art. 14 Abs. 2 KRK). Die Rechte minderjähriger Kinder werden durch die Eltern wahrgenommen (Art. 304 Abs. 1 ZGB). Den Eltern kommt auch das Recht zu, über die religiöse Erziehung ihrer Kinder bis zum Ende des 16. Altersjahrs zu bestimmen (Art. 303 Abs. 1 und 3 ZGB; vgl. auch Art. 18 Abs. 4 UNO Pakt II); dieses Recht ist seinerseits Bestandteil der Glaubens- und Gewissensfreiheit der Eltern (BGE 129 III 689 E. 1.2 S. 691 f.). Neben dem Gesichtswinkel der religiösen Erziehung ist indessen auch ein innerer, persönlicher Bereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit zu achten, der bei jedem urteilsfähigen Kind mitzuberücksichtigen ist (Art. 11 BV; Art. 14 Abs. 1 KRK; vgl. MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 264 mit Hinweis auf das Urteil 5C.146/2003 vom 23. September 2003 E. 3.1 und 4, nicht publ. in: BGE 129 III 689 ff.). 5.4. Die Schülerin war zum massgeblichen Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils (und ist auch heute) weniger als 16 Jahre alt. Die Beschwerdegegner und die Schülerin legen dar, dass diese das Kopftuch aus religiösen Gründen trage; das Tragen des Kopftuches der Schülerin als (heranwachsende) Frau, die sich zum Islam bekennt, steht demnach - entgegen der beschwerdeführerischen Vorbringen - als Ausdruck eines religiösen Bekenntnisses unter dem Schutz der Religionsfreiheit gemäss Art. 15 BV (BGE 139 I 280 E. 4.1 S. 282; 134 I 56 E. 4.3 S. 60 f., 49 E. 2.3 S. 51 f.; 123 I 296 E. 2b/aa S. 300; 119 Ia 178 E. 4c S. 184; vgl. auch 119 IV 260 E. 3b/aa S. 263; vgl. auch Urteile des EGMR Dogru gegen Frankreich, a.a.O., § 47; Sahin gegen die Türkei, a.a.O., § 78). Das Verbot des Tragens des Kopftuches bewirkt einen Eingriff in den Schutzbereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit der Schülerin bzw. ihrer Eltern als Erziehungsberechtigte. 6. Eingriffe in die Glaubens- und Gewissensfreiheit und Beeinträchtigungen von religiösen Gepflogenheiten sind nur zulässig, wenn sie die Voraussetzungen zur Einschränkung von Grundrechten erfüllen (Art. 36 Abs. 1-3 BV; BGE 139 I 280 E. 4.2 S. 282 f.; 134 I 56 E. 4.3 S. 60 f., 49 E. 2.3 S. 51 f.; 123 I 296; 119 IV 260). Sie müssen auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, durch ein öffentliches Interesse oder den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt und verhältnismässig sein (Art. 36 Abs. 1-3 BV). Schwere Eingriffe in Freiheitsrechte bedürfen einer klaren und ausdrücklichen Regelung in einem formellen Gesetz (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV; BGE 139 I 280 E. 5.1 S. 284; 137 II 371 E. 6.2 S. 381; 130 I 65 E. 3.3 S. 68). Der Kerngehalt der Glaubens- und Gewissensfreiheit ist unantastbar (Art. 36 Abs. 4 BV). Den nicht antastbaren Kernbereich dieses Grundrechts betrifft das Tragen eines Kopftuchs aus religiösen Gründen allerdings nicht. Es darf unter den Voraussetzungen von Art. 36 BV eingeschränkt werden (BGE 123 I 296 E. 2 b/cc S. 301 f.; vgl. auch BGE 134 I 56 E. 4.3 S. 60 f. mit Hinweisen; Urteil 2C_1079/2012 vom 11. April 2013 E. 3.2). 7. Zu prüfen ist zunächst, ob eine hinreichende gesetzliche Grundlage vorliegt, wie dies die Schulgemeinde vorbringt (Art. 36 Abs. 1 BV). Die Beschwerdeführerin macht geltend, es liege durch das Verbot, eine Kopfbedeckung zu tragen, jedenfalls vorliegend kein schwerer Eingriff in die Glaubens- und Gewissensfreiheit der Schülerin vor. So oder anders hält die Beschwerdeführerin dafür, dass eine formell-gesetzliche Grundlage gegeben sei. 7.1. Ob ein Grundrechtseingriff schwer ist, beurteilt sich grundsätzlich nach objektiven Kriterien (BGE 141 I 211 E. 3.2 S. 214 f.; 139 I 280 E. 5.2 S. 285; 130 I 65 E. 3.3 S. 68; 128 II 259 E. 3.3 S. 269; 120 Ia 147 E. 2b S. 150). Im Bereich der Glaubens- und Gewissensfreiheit ist dies insofern schwierig, als religiöse Empfindungen und Überzeugungen stets subjektiv begründet sind; staatliche Organe haben von der Überzeugung auszugehen, welche die religiösen Normen für die Betroffenen haben (BGE 135 I 79 E. 4.4 S. 84; BGE 134 I 56 E. 5.2 S. 63; hiervor E. 5.2). Anordnungen, welche die Ausübung ihrer religiösen Überzeugung beeinträchtigen, werden Betroffene meist als schwer empfinden (vgl. BGE 119 Ia 178 E. 6a S. 188). Entscheidend ist demnach für die Bestimmung der Schwere des Eingriffs, ob die Betroffenen die konkrete Beeinträchtigung substanziiert als wesentliches Element bzw. als eine wichtige Verhaltensregel einer bestimmten Form religiöser Betätigung darlegen können, die sich herausgebildet hat, sodass die Schwere des Eingriffs objektiv nachvollziehbar wird und sich an äusseren Lebensumständen zeigt (BGE 139 I 280 E. 5.2 S. 285 f.; 135 I 79 E. 4.4 S. 84; BGE 134 I 56 E. 5.2 S. 63; vgl. Urteil 2C_897/2012 vom 14. Februar 2013 E. 4.2; vgl. WALTER KÄLIN, Grundrechte im Kulturkonflikt, 2000, S. 39; KARLEN, a.a.O., S. 294 f.). 7.2. Die Beschwerdegegner und die Schülerin bringen vor, dass diese das Kopftuch in der Öffentlichkeit aus eigener religiöser Überzeugung trage. Das eigene Recht auf Religionsfreiheit der Schülerin ist zu gewichten (Art. 3 und 14 Abs. 1 KRK); ihren Eltern kommt jedoch - wie dargelegt - das Recht zu, über deren religiöse Erziehung zu bestimmen (Art. 303 Abs. 1 und 3 ZGB, Art. 11 Abs. 2 BV, Art. 5 und 14 Abs. 2 KRK; hiervor E. 5.3). Sie haben denn auch das kantonale Verfahren angestrengt. Ein Kopftuchverbot an der Schule brächte die Schülerin in den Konflikt, entweder einem staatlichen oder aber einem religiösen, durch ihre Herkunft und die Familie vermittelten Gebot zuwiderhandeln zu müssen. Solche Spannungen können die betroffenen Kinder stark belasten und dem Kindeswohl entgegenstehen (Art. 3 KRK; BGE 139 I 280 E. 5.2 S. 285; 119 Ia 178 E. 8a S. 194; 117 Ia 311 E. 4b S. 318; 114 Ia 129 E. 5b S. 137 f.; mit Hinweisen). Das generelle Verbot, das Kopftuch auf dem Schulareal zu tragen, wirkt sich zudem - entsprechend der täglichen Präsenz in der Schule - massgeblich auf den Lebensalltag der Schülerin aus. Nach der Rechtsprechung stellt daher ein generelles Verbot gegenüber einer Schülerin, das Kopftuch während des Unterrichts zu tragen, einen schweren Eingriff in das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit dar (vgl. BGE 139 I 280 E. 5.2 S. 285 f.; vgl. bereits BGE 114 Ia 129 E. 5b S. 137 f.; vgl. für Lehrpersonen auch deutsches Bundesverfassungsgericht 1 BvR 471/10 und 11181/10, a.a.O., Rz. 95). 7.3. Das verfügte Verbot bedurfte nach dem Gesagten einer Grundlage in einem formellen Gesetz. Die Vorinstanz erachtet die Grundlage von Art. 14 Abs. 2 der Schulordnung der Schulgemeinde St. Margrethen als formell-gesetzliche Grundlage, weil sie dem fakultativen Referendum unterstand (vgl. Urteil 2C_365/2012 vom 11. Februar 2013 E. 5.1; Art. 23 Abs. 1 lit. a und d GG/SG; anders referendumsfreie Akte der Exekutive; BGE 139 I 280 E. 5.3 f. S. 280 ff.). Auch die Beschwerdegegner anerkennen Art. 14 Abs. 2 des Schulreglements als dem Referendum unterstehende gesetzliche Grundlage an (vgl. hiervor E. 1.2). Eine hinreichende gesetzliche Grundlage liegt vor. 8. Die Einschränkung der Glaubens- und Gewissensfreiheit der Schülerin muss sodann durch ein öffentliches Interesse oder den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein (Art. 36 Abs. 2 BV). 8.1. Der Begriff des öffentlichen Interesses ist zeitlich und örtlich variabel und umfasst zunächst die Polizeigüter (Ordnung, Sicherheit, Gesundheit, öffentliche Ruhe etc.), aber auch kulturelle, ökologische sowie soziale Werte wie sie namentlich in den Staatsaufgaben zum Ausdruck kommen (Botschaft für eine neue Bundesverfassung vom 20. Oktober 1996, BBl 1997 I 1 ff., 195 f.). Die öffentlichen Interessen konkretisieren sich in der Regel im politischen Prozess der demokratischen Rechtsetzung, die indessen nicht in einer politischen Beliebigkeit erfolgt, sondern im Lichte des Wertesystems der Gesamtrechtsordnung (vgl. BGE 138 I 378 E. 8.3 S. 393 mit Hinweisen; PIERRE MOOR, Droit Administratif, Bd. 1, 2012, S. 756 f.; vgl. auch MARTIN PHILIPP WYSS, Öffentliche Interessen - Interessen der Öffentlichkeit, 2001, S. 202). Öffentliche Interessen müssen zudem ein zulässiges Eingriffskriterium für den in Frage stehenden Grundrechtseingriff darstellen können; darf das einschlägige Grundrecht nicht aus den vom Gemeinwesen angeführten Gründen eingeschränkt werden, so fallen diese nicht als (gerechtfertigte) öffentliche Interessen in Betracht ("intérêt public pertinent"; vgl. BGE 135 I 233 E. 8.2 S. 253; 131 I 333 E. 2.1 S. 336). 8.2. Es stellt sich die Frage, welche von der Beschwerdeführerin herangezogenen Interessen als zulässige Eingriffsgründe in Frage kommen. 8.2.1. Die Beschwerdeführerin begründet das öffentliche Interesse am umstrittenen Kopfbedeckungsverbot mit einem qualifizierten Bedarf nach Ordnung und Störungsfreiheit zur Erfüllung ihres Bildungsauftrags. Wie die Beschwerdeführerin anführt, erbringt die Schule ihre Leistungen im Interesse der Schüler selbst. Die verfolgten Ziele bilden in diesem Sinne Faktoren des unter dem Schutz von Art. 11 BV stehenden Kindeswohls sowie des Bildungsauftrags (vgl. BGE 129 I 12 E. 8.4 S. 23; 119 Ia 178 E. 7 d S. 192; 118 Ia 427 E. 6 c S. 438). Die Förderung dieser Interessen der Schüler bildet ein öffentliches Interesse. Die Schüler sind vor diesem Hintergrund gehalten, die Anordnungen der Schulbehörde und der Lehrerschaft zu befolgen; sie haben Rücksicht zu nehmen und Beeinträchtigungen des Schulbetriebs zu unterlassen (vgl. BGE 129 I 12 E. 8.3 S. 22 f.). Vor diesem Hintergrund kann eine Schule von Schülern auch verlangen, irritierende oder anstössige Kleidung zu vermeiden. Gleichwohl wird der Beweggrund, religiöse Symbole zu tragen, in der Regel nicht darin liegen, irritierende Kleidung zu tragen, sondern sich religionskonform zu kleiden. Bloss insoweit das allgemeine Verbot, während des Unterrichts eine Kopfbedeckung zu tragen, eine allgemeine Anstandsregel gegen irritierende oder anstössige Kleidung darstellen soll, und nicht spezifisch oder gezielt auf eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern ausgerichtet ist, die religiös motivierte Bekleidungsvorschriften einhalten möchten, fällt es als öffentliches Interesse an einem störungsfreien Schulbetrieb in Betracht (vgl. bereits BGE 117 Ia 311 E. 4a S. 317; 114 Ia 133 E. 3a S. 133; vgl. auch JEAN-FRANÇOIS AUBERT, L'Islam à l'école publique, in: FS Hangartner, 1998, S. 479 ff., dort 483 f.). 8.2.2. Die beschwerdeführende Gemeinde führt als öffentliches Interesse sodann die Wahrung des Religionsfriedens und den Schutz von Grundrechten Dritter an. Das Tragen religiöser Symbole eröffnet die Möglichkeit einer Beeinflussung der Schulkinder und von Konflikten mit Eltern, was zu einer Störung des Schulfriedens führen und die Erfüllung des Bildungsauftrags der Schule gefährden kann. So kann die Grundrechtsausübung der Schülerin der negativen Religionsfreiheit ihrer Mitschüler und deren Eltern entgegenstehen, welche die Freiheit beinhaltet, einem nicht geteilten Glauben fernzubleiben (Art. 15 Abs. 4 BV, vgl. hiervor E. 3.4). Daher ergibt sich namentlich kein Anspruch, von Andersgläubigen die Einhaltung der eigenen Glaubensgebote einzufordern (BGE 135 I 79 E. 7.2 S. 89 f.; hiervor E. 4.2). Insofern besteht ein öffentliches Interesse daran, dass vom Tragen religiöser Symbole einzelner Schüler kein Druck auf Mitschülerinnen und Mitschüler entsteht, solche ebenfalls zu tragen. Umgekehrt reicht der Grundrechtsschutz gegenüber Dritten jedoch nicht so weit, dass er einen Anspruch vermitteln könnte, mit keinen fremden Glaubensbekenntnissen konfrontiert zu werden (Art. 15 Abs. 4 BV; vgl. hiervor E. 4.2 mit Hinweisen; s. bereits BGE 49 I 138 E. 4e S. 154; vgl. unter dem Gesichtswinkel der Versammlungsfreiheit bereits BGE 12 93 E. 5 S. 108 f.). Unter diesen einschränkenden Voraussetzungen sind die geltend gemachten Grundrechte Dritter als zulässige Eingriffsmotive anzuerkennen (Art. 36 Abs. 2 BV). 8.2.3. Die Gemeinde beruft sich weiter auf die öffentlichen Interessen der Integrationsfunktion und Neutralität der Schule (Art. 15 Abs. 4 BV). Sie bringt vor, sie könne die Chancengleichheit und die spätere berufliche Integration der Schülerin in einem religionsneutralen Schulumfeld besser gewährleisten. Die Beschwerdeführerin stützt sich auch auf den Gleichstellungsauftrag (Art. 8 Abs. 3 BV) und sieht darin ein massgebendes öffentliches Interesse an einem allgemeinen Kopfbedeckungsverbot. Soweit die Schule die Schülerinnen und Schüler optimal fördern und auf den Berufsalltag vorbereiten möchte, ist dies als öffentliches Interesse anzuerkennen. Dasselbe gilt für das öffentliche Interesse, die Neutralität der Schule zu wahren: Die Neutralität richtet sich zwar primär an die Behörden (vgl. sogleich E. 9.2), umfasst jedoch auch, alle Schüler in ihren weltanschaulichen oder religiösen Ansichten gleich zu behandeln (Art. 15 Abs. 4 BV; BGE 123 I 296 E. 4a S. 305); insofern besteht ein öffentliches Interesse an einem konfessionell neutralen Bildungsauftrag der Schulen (vgl. hiervor E. 3.5). Soweit die staatliche Neutralitätspflicht einer öffentlichen Schule dem Religionsfrieden dienen soll, kommt sie als öffentliches Interesse für eine Einschränkung des Tragens religiöser Symbole in Betracht (vgl. Art. 15 Abs. 4 BV; BGE 123 I 296 E. 4a S. 305). Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein weiteres gewichtiges öffentliches Interesse und erstreckt sich auf sämtliche Belange des Zusammenlebens (Art. 8 Abs. 3 BV), auch auf religiöse Praktiken. Gleichzeitig ist das Spektrum zu beachten, gestützt auf welches das Kopftuch als religiöses Symbol getragen wird. Manche fundamentalistische religiöse Strömungen stehen in erheblichem Gegensatz zum Frauen- und Männerbild bzw. dem Gleichstellungsauftrag der Verfassung. Für gewisse Frauen bildet das Tragen des islamischen Kopftuchs Ausdruck, auf die Tradition der Eltern und ihrer Heimat Rücksicht zu nehmen, für zahlreiche andere Trägerinnen ist das Kopftuch Symbol der eigenen religiösen Identität und Selbstbestimmung; auch gibt es noch immer vereinzelt matriarchalische Gesellschaftsformen, die dem muslimischen Glauben nachleben und deren Angehörige den Hijab tragen. Da das Tragen des islamischen Kopftuches eine selbstbestimmte und gleichberechtigte Rolle der Frau in der Gesellschaft und in der Familie jedenfalls nicht von vornherein ausschliesst, rechtfertigen die Vorbringen der Beschwerdeführerin keine ausnahmslose Durchsetzung des Kopfbedeckungsverbots (vgl. BGE 134 I 49 E. 3.2 S. 54; 134 I 56 E. 5.2 S. 63). Vielmehr ist das öffentliche Interesse an der Gleichstellung anhand der konkreten Umstände des Eingriffs in die Glaubens- und Gewissensfreiheit zu gewichten (dazu hiernach E. 9.6). 9. Zu prüfen ist vor diesem Hintergrund, ob die in Betracht fallenden öffentlichen Interessen den Grundrechtseingriff zu rechtfertigen vermögen. 9.1. Das Gebot der Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 2 BV, 36 Abs. 3 BV, Art. 9 Ziff. 2 EMRK) verlangt, dass eine behördliche Massnahme für das Erreichen des im öffentlichen oder privaten Interesse liegenden Zieles geeignet und erforderlich ist und sich für die Betroffenen in Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung als zumutbar erweist. Der Eingriff darf in sachlicher, räumlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht nicht einschneidender sein als erforderlich (BGE 140 I 2 E. 9.2.2 S. 24; 138 I 331 E. 7.4.3.1 S. 346; 137 I 131 E. 7.5.2 S. 53; 136 I 87 S. 91 f.; 133 I 77 E. 4.1 S. 81; 132 I 49 E. 7.2 S. 62; 128 II 292 E. 5.1 S. 298 mit Hinweisen). Die entgegenstehenden privaten und öffentlichen Interessen sind dabei anhand der gegebenen Umstände bzw. des aktuellen sozialen Hintergrunds objektiv zu würdigen und zueinander in Bezug zu setzen (vgl. BGE 127 I 164 E. 3b S. 170; 111 Ia 322 f.; 107 Ia 226 E. 5b und E. 5d S. 232 f.). 9.2. Die Beschwerdeführerin bringt unter Bezugnahme auf die öffentlichen Interessen an der staatlichen Neutralität vor, im Jahr 1997 habe es das Bundesgericht als für die Wahrung des Religionsfriedens geboten und verhältnismässig erachtet, einer Lehrerin in einer öffentlichen Schule das Tragen des Kopftuchs zu verbieten (BGE 123 I 296 E. 3 und 4b/bb S. 304 f. und 308 ff.; vgl. auch den Entscheid des EGMR Lucia Dahlab gegen die Schweiz, a.a.O.). Es stellt sich zunächst die Frage, ob das Kopftuchverbot gegenüber der Schülerin geeignet ist, die staatliche Neutralität der Schule zu gewährleisten. Wie das Bundesgericht bereits kürzlich festgehalten hat, wurde die Regelung im Kanton Genf vor dem Hintergrund einer laizistischen Tradition beurteilt (BGE 139 I 280 E. 5.5 S. 289 f.); einem solchen Staatsverständnis folgt der sich zu christlich-humanistischen Grundsätzen bekennende Kanton St. Gallen nicht (vgl. Art. 1 Abs. 2 KV/SG; Art. 3 Abs. 1 VSG/SG). Die Regelung im Kanton Genf war zudem ausschliesslich auf die Lehrpersonen ausgerichtet. Nicht von der Bestimmung betroffen waren insofern die Schülerinnen oder Studentinnen, deren religiöse Überzeugung nach dem Genfer Gesetz gerade geschützt werden sollte (BGE 123 I 296 E. 3 S. 304; Art. 164 ff.; vgl. auch TRISTAN ZIMMERMANN, La laïcité et la République et Canton de Genève, SJ 2011 II S. 29 ff., a.a.O., S. 73). Die Glaubens- und Gewissensfreiheit enthält zwar die Verpflichtung des Staates zu religiöser und konfessioneller Neutralität (Art. 15 Abs. 4 BV; BGE 139 I 280 E. 5.5.2 S. 290; 135 I 79 E. 7.2 S. 89; 125 I 347 E. 3 S. 354 ff.). Mit dem Auftrag an die öffentlichen Schulen, die für sie handelnden Lehrpersonen zu Neutralität und konfessioneller Gleichbehandlung anzuhalten, geht jedoch nicht (auch) eine entsprechende Verpflichtung der Benutzer einher: Schülerinnen und Schüler sind - jedenfalls solange sie durch ihre Grundrechtsausübung die Grundrechte Dritter nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigen (vgl. hiernach E. 9.4) - keiner Neutralitätspflicht unterworfen. Mit der Zulassung des Tragens eines religiösen Symbols durch eine Schülerin ist namentlich keine Identifizierung der öffentlichen Schule bzw. des Staates mit einem bestimmten Glauben verbunden (vgl. BGE 123 I 296 E. 2a und 4b/aa S. 300 und 308 mit Verweis auf BGE 119 Ia 178 E. 7a S. 190; vgl. KIENER/KÄLIN, a.a.O., S. 270 f.; KARLEN, a.a.O., S. 322 f.; MÜLLER/ SCHEFER, a.a.O., 2008, S. 277). Die Neutralitätspflicht der Behörden ist nicht geeignet, ein allgemeines Kopfbedeckungsverbot für Schülerinnen und Schüler zu begründen. 9.3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Kopftuchverbot könne bereits aufgrund des Sonderstatus der Schülerinnen und Schüler durchgesetzt werden. Die Schüler sind gehalten, die Anordnungen der Schulbehörde und der Lehrerschaft zu befolgen, die sich aus dem Anstaltszweck ergeben, und insofern - aus Interesse an einem geordneten Schulbetrieb - auch zu einem anständigen und rücksichtsvollen Verhalten verpflichtet (vgl. Art. 54 und 55 VSG/SG [Disziplinarmassnahmen]). Ein solches Interesse am geordneten Schulbetrieb kann die privaten Interessen der Schülerinnen und Schüler einschränken (vgl. hierzu BGE 135 I 79 E. 6.5 S. 86; 129 I 12 E. 8.3 S. 22; Urteile 2C_724/2011 vom 11. April 2012 E. 3.1 f.; vgl. auch MARKUS MÜLLER, Das besondere Rechtsverhältnis, 2003, S. 63; TOBIAS JAAG, Rechtsfragen der Volksschule, insbesondere im Kanton Zürich, ZBl 1997 S. 537 ff., 544). Indessen stellt das Tragen des Kopftuches als verpflichtend empfundenes religiöses Bedeckungsgebot als solches kein "rücksichtsloses Verhalten" dar, und Personengruppen, die in einer besonders engen Rechtsbeziehung stehen, sind ebenfalls in ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit geschützt (vgl. BGE 139 I 280 E. 5.3 f. S. 286 f.; 135 I 79 E. 6.2 S. 85; 129 I 12 E. 8.5 S. 24). Mit einer das Gesicht nicht verhüllenden Kopfbedeckung (Hijab) ist auch die Kommunikation der Schülerin mit den Lehrpersonen in keiner Weise beeinträchtigt. Insofern ist das Kopftuchverbot nicht geeignet, den Pflichten aus dem Sonderstatus - das kooperative und rücksichtsvolle Verhalten der Schülerin zur Erfüllung des Bildungsauftrags - zu erreichen (recte: Nachachtung zu verschaffen). 9.4. Die Beschwerdeführerin begründet die Durchsetzung des Verbots religiös begründeter Kopfbedeckungen des Weiteren mit Grundrechten Dritter. So beeinträchtige die Präsenz religiöse Symbole tragender Schüler die negative Religionsfreiheit der Mitschüler. Dass sich die Mitschülerinnen und Mitschüler, nicht aber die Kopftuchträgerin an die Kopfbedeckungsverbote halten müssten, stelle eine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 8 BV dar. 9.4.1. Es ist zutreffend, dass die Glaubens- und Gewissensfreiheit die Freiheit gewährleistet, kultischen Handlungen eines nicht geteilten Glaubens fernzubleiben; dies bezieht sich auch auf Verhaltensweisen und Symbole, in denen sich eine Religion darstellt (vgl. hiervor E. 8.2.2; Urteil 2C_897/2012 vom 14. Februar 2013 E. 4.2). Die Ausübung der eigenen Glaubens- und Gewissensfreiheit wird insofern von der Religionsfreiheit der andern begrenzt. In dieser Hinsicht mag sich ein Verbot des Tragens religiöser Symbole grundsätzlich eignen, die negative Religionsfreiheit zu schützen. 9.4.2. Vorliegend ergeben sich indessen keine Hinweise, dass die Beschwerdegegner und die Schülerin verbal für ihre Position oder für ihren Glauben werben und die Schülerinnen und Schüler zu beeinflussen versuchen würden. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern ein Verbot der religiösen Kopfbedeckungen erforderlich wäre, um die Glaubensfreiheit der Mitschülerinnen und Mitschüler zu wahren: Ebenso, wie ein gläubiger Schüler nicht verlangen kann, dass die Mitschülerinnen und Mitschüler anderen Glaubens ihren Körper entsprechend seinen religiösen Bekleidungsvorschriften verhüllen (vgl. BGE 135 I 79 E. 7.2 S. 90), ist es Mitschülern zuzumuten, das Tragen von religiösen Symbolen durch die Mitschülerin hinzunehmen. Durch die Wahrnehmung anderer Glaubensbekenntnisse oder anderer Weltanschauungen werden individuelle Glaubensbekenntnisse in aller Regel relativiert und ausgeglichen. Das Recht zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht liegt sodann bei den Eltern der Schüler (Art. 303 Abs. 1 ZGB; vgl. hiervor E. 5.3). Es ist Aufgabe der Eltern, ihren Kindern diejenigen Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln, die sie für richtig halten (vgl. Urteil 2C_132/2014 vom 15. November 2014 E. 5.3.2 und 5.5.4), umgekehrt können sie ihre Kinder von Glaubensüberzeugungen fernhalten, die ihnen unrichtig erscheinen. Die schulische Neutralität im Sinne eines für verschiedene Bekenntnisse offenen Umfelds stützt sich hierauf, ebenso die im Bildungsauftrag enthaltene Aufgabe der Integration aller Kinder in die Vermittlung der Lerninhalte (vgl. BGE 135 I 79 E. 7.2 S. 89; vgl. hiervor E. 3.2). Ein Zwang für andere Schüler, in eine religiöse Handlung einbezogen zu werden, liegt durch das Tragen eines Kopftuchs durch eine Mitschülerin nicht vor (Art. 15 Abs. 4 BV; vgl. hiervor E. 3.4). Die Grundrechte der Mitschüler und Eltern erfordern gestützt auf die vorgebrachten Umstände kein allgemeines Kopfbedeckungsverbot. 9.4.3. Kopfbedeckungen, die keinem religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis entsprechen, sind nicht vom Schutzbereich von Art. 15 BV erfasst (vgl. hiervor E. 5.4). Die Verfassungsbestimmung kann daher - ohne eine Rechtsungleichheit zu begründen - das Tragen religiöser Symbole schützen, auch wenn modische Caps oder Wollmützen ohne entsprechende Konnotation untersagt bleiben (vgl. BGE 141 I 153 E. 5.1 S. 157; 140 I 77 E. 5.1 S. 80; 134 I 23 E. 9.1 S. 42; je mit Hinweisen). Vor diesem Hintergrund liegt durch das Tragen des religiösen Symbols - zumal keine Hinweise auf andere Schüler vorgebracht werden, denen das Tragen eines religiösen Symbols ebenfalls verweigert worden sein soll - weder eine Ungleichbehandlung noch eine unzumutbare Beeinträchtigung der Mitschüler vor. 9.5. Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Aspekt der Disziplin in der Schule weiter vor, das Kopftuch sei "nur die Spitze des Eisbergs" und Ausdruck einer weit gehenden "Verweigerungshaltung". Mit der Gestattung des Kopftuchs würde einhergehen, dass sich die Beschwerdegegner auch dagegen wehrten, die Schülerin am Schwimmunterricht teilnehmen zu lassen. Ebenso würden sie sich weigern, dass sie und auch ihr Bruder das Schullager besuchten. Der Unterricht sei ohne Kopfbedeckungsverbot faktisch nicht mehr durchführbar. 9.5.1. In der Rechtsprechung ist ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Dispensation vom obligatorischen Schulunterricht vor allem für einzelne Tage gewährt worden, um die Einhaltung religiöser Ruhetage oder die Teilnahme an religiösen Festen zu ermöglichen (BGE 134 I 114 E. 6.1 ff. S. 120 ff.; 117 Ia 311 E. 3 ff. S. 316 ff.; 114 Ia 129 E. 5 S. 136 ff.). Dagegen gewährt die Rechtsprechung nur mit grosser Zurückhaltung Dispensationen von einzelnen Unterrichtsfächern; Ersuchen um eine generelle Unterrichtsbefreiung von einzelnen Fächern sind in der Rechtsprechung regelmässig abgelehnt worden (vgl. hiervor E. 4.2 und 4.3). Die in den Fächern verfolgten Ziele bilden Faktoren des Bildungsauftrags und des Kindeswohls, weshalb der Schulbesuch prinzipiell auch gegen den Willen der Eltern durchgesetzt werden kann (BGE 129 I 12 E. 8.4 S. 23). Nach der Rechtsprechung verleiht die Religionsfreiheit den Beschwerdegegnern keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine generelle Dispensation von Fächern oder schulischen Ausflügen (vgl. Urteil 2C_724/2011 vom 11. April 2012 E. 3.4.2 und 3.5). 9.5.2. Aus dem Umstand, dass die Rechtsprechung nur sehr zurückhaltend Dispensationen von Fächern gewährt, lässt sich indessen kein generelles Kopftuchverbot herleiten. Hierfür wäre von der Beschwerdeführerin vielmehr aufzuzeigen, inwiefern erst ein generelles Kopfbedeckungsverbot die Teilnahme am Unterricht ermöglichte. Lerninhalte zu vermitteln ist nicht an das Ablegen eines religiösen Symbols durch die Schülerin gekoppelt; auch ist nicht dargetan, inwiefern die Teilnahme an einem Schullager nur ohne religiöse Kopfbedeckung möglich wäre. Selbst der Schwimmunterricht lässt sich durch eine religionskonforme Bekleidung oder andere Mittel als - gegenüber einem allgemeinen Kopfbedeckungsverbot - mildere Massnahmen durchführen (vgl. Urteil 2C_1079/2012 vom 11. April 2013 E. 3). Insofern ist nicht ersichtlich, dass die Schülerin erst durch ein generelles Verbot religiöser Kopfbedeckung den Unterricht besuchen könnte und sich dies nicht durch andere, geeignetere und mit Art. 15 BV in Einklang stehende Massnahmen realisieren liesse. Es kann nicht davon ausgegangen werden, die Durchführung des Unterrichts erfordere, auf das Tragen religiöser Symbole vollumfänglich zu verzichten. 9.6. Die Beschwerdeführerin bringt schliesslich vor, die Schülerin sei mit aller Konsequenz vor einer "patriarchalisch geprägten Rechtsvorstellung" ihres Vaters zu schützen, um ihre Chancen zu verbessern, gleichberechtigt in die Gesellschaft integriert zu werden. Ihr werde vermittelt, die (durch ihre Familie interpretierte) Scharia stehe über der schweizerischen Rechtsordnung, was sich auch daran zeige, dass ihr Vater infolge seiner Strenggläubigkeit keiner Arbeit nachgehen könne. Das Tragen des Kopftuches gehe einher mit einer fundamentalen Auslegung des Islams und ihr Vater stehe radikalisierten Kreisen nahe. Es sei vor diesem Hintergrund unklar, wie sich die Schülerin mit dem Tragen des Kopftuchs werde in den Arbeitsalltag integrieren können. 9.6.1. Durch die Glaubens- und Gewissensfreiheit geschützte Gebote sind nicht übergeordnet und können, wie die Beschwerdeführerin in korrekter Weise vorbringt, mit dem Gleichstellungsauftrag von Art. 8 Abs. 3 BV kollidieren (vgl. hiervor E. 8.2.3; vgl. hierzu auch JUDITH WYTTENBACH, Religionsfreiheit, Diskriminierungsverbot und Gleichstellungsauftrag, in: Eidgenössische Kommission für Frauenfragen, 1/2.2010, S. 32 ff.). Es ist zutreffend, dass die Schulbehörde dabei verpflichtet ist, die Gleichstellung von Mädchen und Knaben zu fördern (BGE 135 I 79 E. 7.1 S. 86 f.; 119 Ia 178 E. 7c S. 191 f.; Urteil 2C_132/2014 vom 15. November 2014 E. 5.4). Der Gleichstellungsauftrag von Art. 8 Abs. 3 BV beinhaltet sodann nicht nur die rechtliche Gleichheit, sondern auch eine tatsächliche gesellschaftliche Gleichstellung der Geschlechter (BIGLER-EGGENBERGER/KÄGI-DIENER, in: St. Galler Kommentar BV, a.a.O., N. 103. zu Art. 8 BV; YVO HANGARTNER, AJP 1998, S. 599 ff., dort S. 603), die von den Behörden zu verwirklichen ist. Indessen ist die Motivation muslimischer Frauen, ein Kopftuch zu tragen, sehr heterogen. Sie reicht von Zwang und Rücksichtnahme auf patriarchalische Gesellschaftsstrukturen, deren Frauen- (und Männer-) Bild mit Art. 8 Abs. 3 BV unvereinbar wäre, bis hin zu einem hiervon gänzlich unabhängigen Bekenntnis zur eigenen religiösen Identität oder kulturellen Herkunft (vgl. hiervor E. 8.2.3 und BGE 139 I 292 E. 8.4 S. 305; vgl. DOMINIC MCGOLDRICK, Human Rights and Religion - the Islamic Headscarf Debate in Europe, 2006, S. 13 ff.: vgl. auch etwa die soziologisch-empirischen Studien von YASEMIN KARAKASOGLU, Die "Kopftuch-Frage" an deutschen Schulen und Hochschulen, 2002, S. 1 ff.; 22; vgl. 2 BvR 1436/02; BVerfGE 108, 282, insb. Rz. 52 ff.). Insofern konnte das Bundesgericht bereits wiederholt feststellen, dass das Tragen des Kopftuchs als solches nicht im Widerspruch zur Verfassung steht und eine entsprechende Sicht, die von einem bloss erzwungenen Verwenden des religiösen Symbols ausgeht, zu wenig differenziert ist (BGE 134 I 49 E. 3.2 S. 54; 134 I 56 E. 5.2 S. 63; vgl. auch BGE 135 I 79 E. 7.2 S. 90; BGE 139 I 292 E. 8.4 S. 304 f.; anders noch BGE 123 I 286 E. 4b/cc S. 312). 9.6.2. Vorliegend ergeben sich namentlich keine Hinweise, dass die Schülerin die Kleidervorschriften selbst anders verstehen würde oder einem entsprechenden Zwang durch ihren Vater oder ihre erziehungsberechtigten Eltern ausgesetzt wäre. Auch die Kinderärztin spricht in einem Zeugnis von einer für das Alter "sehr reifen" Persönlichkeit und einem eigenständigen Entscheid der Schülerin. Sie habe "niemals den Eindruck gehabt, dass sie von Seiten ihrer Eltern unter Druck gesetzt wurde". Für die vorliegende Situation besteht kein Widerstreit von Art. 15 BV und Art. 8 Abs. 3 BV in der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Form. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Schülerin bei Erreichen der religiösen Mündigkeit selbst zu entscheiden hat, ob sie das Kopftuch weiter tragen möchte (vgl. hiervor E. 5.3). Es erscheint unter dem Gesichtswinkel sowohl der Gleichbehandlung als auch der Integration weder geboten noch erforderlich, den weiteren Zugang zum Unterricht für die Schülerin vom Verzicht auf ein religiöses Symbol abhängig zu machen. Vielmehr ist wichtig, die Teilnahme am Unterricht auch einer religiösen Schülerin zu ermöglichen, um die von der Schulgemeinde selbst angeführten Interessen der Chancengleichheit und Integration für sie zu verwirklichen. 9.6.3. Dass der Vater der Beschwerdegegnerin nach den Vorbringen der Beschwerdeführerin schliesslich in erheblichem Umfang von der öffentlichen Hand unterstützt wird und er selbst - ebenfalls behaupteterweise - infolge Strenggläubigkeit keiner Arbeitstätigkeit nachgehen soll, mag gegebenenfalls Gegenstand eines anderen Verfahrens sein. Allerdings kann dies nicht als Rechtfertigung der Einschränkung der Glaubens- und Gewissensfreiheit der Tochter herangezogen werden, und noch weniger als Begründung eines Ausschlusses derselben von der Schule. 10. 10.1. Insgesamt zeigt sich demnach, dass das Freiheitsrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit die Schülerin schützt, ihrem religiösen Bekenntnis Ausdruck zu verleihen. In langer verfassungsrechtlicher Tradition besteht dabei kein Anspruch darauf, von der Wahrnehmung anderer religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse verschont zu bleiben (vgl. BGE 135 I 79 E. 7.2 S. 90; Urteil 2C_897/2012 vom 14. Februar 2013 E. 4.3; 2C_724/2011 vom 11. April 2012 E. 3.1 f.; vgl. bereits BGE 49 I 138 E. 4e S. 154; 12 93 E. 5 S. 108 f.). Massnahmen, welche die Durchführung einer religiösen Handlung als solche verunmöglichen oder wesentlich erschweren, können vor diesem Hintergrund im Einzelfall nur verfügt werden, wenn öffentliche Interessen oder Rechte Dritter eindringlich bedroht oder aber beeinträchtigt werden, was anhand des aktuellen gesellschaftlichen Hintergrunds zu prüfen ist (vgl. hiervor E. 9.1; BGE 127 I 164 E. 3b S. 170). 10.2. Ein von der Schülerin ausgehender Druck, dass andere Schülerinnen ebenfalls ein Kopftuch bzw. andere religiöse Insignien tragen, ist vorliegend nicht glaubhaft dargelegt. Vom Tragen der Kopfbedeckung allein - und dies gilt entsprechend auch für andere religiöse Symbole, wie die jüdische Kippa, das Habit christlicher Ordensschwestern und -brüder oder das Kreuz, das sichtbar getragen wird - geht noch kein werbender oder gar missionierender Effekt aus. Insbesondere ist ein Verbot des Tragens des muslimischen Kopftuchs nicht erforderlich, um die für die Wahrung der Chancengleichheit so wichtigen Lerninhalte zu vermitteln oder einen effizienten Schulbetrieb aufrechtzuerhalten. Schliesslich ergeben sich keine Hinweise, dass die Schülerin das religiöse Symbol aus Zwang der Eltern oder einer religiösen Gemeinde tragen würde, der dem Kindeswohl in einer Weise entgegenstünde, die einen Eingriff in die Erziehungsberechtigung der Eltern überhaupt in Betracht kommen liesse. Mit Blick auf alle geltend gemachten öffentlichen und privaten Interessen ist der Schülerin der Eingriff, auf das als verpflichtend empfundene religiöse Bedeckungsgebot zu verzichten, nicht zuzumuten. In einer öffentlichen Schule, die für atheistische, aber auch verschiedene religiöse Bekenntnisse offen ist, erweist sich das Kopftuchverbot - wie die Vorinstanz zu Recht festhält - als unverhältnismässig. 11. 11.1. Die Beschwerdeführerin vermag demnach nicht darzutun, das Verwaltungsgericht habe die Tragweite ihrer Regelungskompetenz verkannt und die Glaubens- und Gewissensfreiheit zu Unrecht als verletzt erachtet (BGE 128 I 3 E. 2b S. 9; 126 I 133 E. 2 S. 137; 114 Ia 168 E. 2a S. 170; 112 Ia 59 E. 3a S. 63). Eine Verletzung der Autonomie der Schulgemeinde besteht - infolge korrekter Erfassung und Darstellung der Tragweite des Grundrechts der Glaubens- und Gewissensfreiheit durch die Vorinstanz - nicht. Die Beschwerde ist demnach als unbegründet abzuweisen. 11.2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegnern für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegner mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 11. Dezember 2015 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Die Gerichtsschreiberin: Hänni
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Sachverhalt: A. Der am 10. März 1998 geborene A._ ist von einer Trisomie 21 (Down-Syndrom) betroffen. Die Invalidenversicherung sprach ihm Leistungen für medizinische Massnahmen und eine heilpädagogische Abklärung zu, richtete Pflegebeiträge aus und übernahm die Kosten für eine heilpädagogische Früherziehung in der Stiftung S._. Diese Institution ersuchte im Juni 2001 um Abgabe eines "B.A.Bar"-Geräts zuhanden des Versicherten. Dabei handelt es sich um einen Apparat, durch welchen Tonaufnahmen mit Hilfe von auf Gegenständen oder Bildern angebrachten Strichcodes abgerufen werden können. Die IV-Stelle des Kantons Aargau lehnte den Anspruch gestützt auf eine Stellungnahme des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) ab (Verfügung vom 29. Oktober 2001). B. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 25. Februar 2003 ab. C. Die Eltern von A._ lassen Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Hauptbegehren, es sei ihrem Sohn, in Aufhebung von angefochtenem Entscheid und strittiger Verfügung, ein B.A.Bar-Gerät zuzusprechen. Vorfrageweise sei die Verfassungs- und Gesetzmässigkeit von Art. 2 Abs. 1 der Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI) und Ziffer 15.02 des Anhanges zur HVI zu prüfen. Die IV-Stelle und das BSV schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Bereich der Invalidenversicherung geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 29. Oktober 2001) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar (BGE 129 V 4 Erw. 1.2). Entsprechendes gilt für die auf den 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Bestimmungen gemäss der Änderung des IVG vom 21. März 2003 (4. IV-Revision). 2. 2.1 Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 IVG haben Invalide oder von einer Invalidität unmittelbar bedrohte Versicherte Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit diese notwendig und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit wieder herzustellen, zu verbessern, zu erhalten oder ihre Verwertung zu fördern. Gemäss Art. 8 Abs. 2 IVG besteht der Leistungsanspruch nach Massgabe der Artikel 13 (medizinische Massnahmen bei Geburtsgebrechen), 19 (Sonderschulung), 20 (Pflegebeiträge für hilflose Minderjährige) und 21 (Hilfsmittel) unabhängig von der Möglichkeit einer Eingliederung ins Erwerbsleben. 2.2 Zu beurteilen ist, ob ein Anspruch auf Abgabe des B.A.Bar-Gerätes durch die Invalidenversicherung besteht. Der Apparat kommt u.a. bei Personen mit Autismus, Trisomie 21 und gewissen Sprachstörungen (so bei Aphasie) zum Einsatz. Nach Angaben der Stiftung für elektronische Hilfsmittel (Fondation Suisse pour les Téléthèses, FST) schafft das Gerät eine Verbindung zwischen einem auf einer Klebeetikette befindlichen Strichcode, der auf einen Gegenstand angebracht werden kann, und einer digitalen Tonaufnahme. Die beliebig repetierbare Wiedergabe ermögliche es, die pädagogisch-therapeutische Tätigkeit einer Fachperson selbstständig oder unter Anleitung von Angehörigen fortzusetzen. 2.3 Die Stiftung S._ führte im Leistungsgesuch vom 9. Juni 2001 aus, das beantragte Gerät werde beim Versicherten zum Aufbau des passiven und aktiven Wortschatzes eingesetzt. So hätten Bezugspersonen Ordner mit Fotos von Alltagsgegenständen sowie von Personen angelegt und mit Codes versehen; das Kind höre die entsprechenden Informationen mit Hilfe des B.A.Bar-Geräts selbstständig und mit guter Konzentration ab. Es handle sich um eine ideale Ergänzung der logopädischen Therapie. Das BSV, welchem die Sache zur Stellungnahme unterbreitet wurde, teilte der IV-Stelle mit Schreiben vom 23. August 2001 mit, das B.A.Bar-Gerät könne grundsätzlich als Hilfsmittel abgegeben werden, sofern es als direkte Kommunikationshilfe eingesetzt werde. Vorliegend aber diene das Gerät erklärtermassen als "Stimulierung zum Erlernen der Sprache im Sinne eines 'elektronischen Lehrers'"; für diesen Anwendungsbereich könne es nicht übernommen werden. 3. Verwaltung und Vorinstanz haben den strittigen Anspruch ausschliesslich unter dem Rechtstitel der Abgabe von Hilfsmitteln (Art. 21 IVG) geprüft. 3.1 Nach Art. 21 Abs. 2 IVG hat der Versicherte, der infolge seiner Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedarf, im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel. In Ausführung dieser Grundsatznorm und gestützt auf eine Subdelegation (Art. 14 IVV) erliess das Eidgenössische Departement des Innern die Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI). Die dort angefügte Liste sieht die Abgabe von elektrischen und elektronischen Kommunikationsgeräten für sprech- und schreibunfähige Versicherte vor, die zur Pflege des täglichen Kontakts mit der Umwelt auf ein solches Gerät angewiesen sind und über die notwendigen intellektuellen und motorischen Fähigkeiten zu seiner Verwendung verfügen (Ziff. 15.02 HVI Anhang). 3.2 Der Beschwerdeführer lässt geltend machen, der "restriktive" Wortlaut der Verordnung sehe die Abgabe von Kommunikationsgeräten für sprech- und schreibunfähige Versicherte nur vor, wenn diese Geräte zur Pflege des täglichen Kontakts mit der Umwelt notwendig seien. Die Kommunikationsfähigkeit als solche müsse demnach bereits gegeben sein. Es widerspreche aber Sinn und Zweck des Gesetzes, die Abgabe von Hilfsmitteln auszuschliessen, sofern diese für das Erlernen der Kommunikation eingesetzt würden. Die Zweckbestimmung der von Ziff. 15.02 des Anhangs zur HVI erfassten Geräte sei daher auf die Aneignung der Sprechfähigkeit auszudehnen. Dies erscheine auch aufgrund des verfassungsmässigen Diskriminierungsverbotes (Art. 8 Abs. 2 BV) und der Gesetzgebung zur Gleichstellung Behinderter geboten. 3.3 Praxisgemäss ist unter einem Hilfsmittel im Sinne des IVG ein Gegenstand zu verstehen, dessen Gebrauch den Ausfall gewisser Teile oder Funktionen des menschlichen Körpers zu ersetzen vermag (BGE 115 V 194 Erw. 2c). Beim Einsatz des B.A.Bar-Kommunikationsgeräts geht es nicht hauptsächlich darum, ein behinderungsbedingt bleibendes Defizit auszugleichen; vielmehr soll der wegen Trisomie 21 erschwerte - insbesondere verzögerte - Prozess des Spracherwerbs begünstigt werden. Diese Anwendung ist nicht mit dem beschriebenen Begriff des Hilfsmittels zu vereinbaren. Insoweit besteht kein Spielraum, die in Ziff. 15.02 HVI Anhang umschriebenen Einsatzzwecke im beschwerdeweise beantragten Sinne zu erweitern. Im Zusammenhang mit anderen Indikationen (so als Kommunikationshilfe bei Autismus oder Aphasie) kann demselben Gerät dagegen durchaus Hilfsmittelcharakter zukommen (vgl. das Schreiben des BSV vom 23. August 2001 [Erw. 2.3 hievor]). 3.4 Zu prüfen bleibt, ob übergeordnetes Recht erfordert, dass in vorliegender Konstellation ein weiter gefasster Hilfsmittelbegriff zur Anwendung kommt. Nach der Rechtsprechung kann das Eidgenössische Versicherungsgericht Verordnungen des Bundesrates (oder - im Rahmen zulässiger Subdelegation - des Departementes) grundsätzlich auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. 3.4.1 Bei unselbstständigen (nicht direkt auf die Verfassung abgestützten) Verordnungen geht es in erster Linie darum zu beurteilen, ob sie sich im Rahmen der Delegationsnorm halten. Besteht ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsebene, muss sich das Gericht auf die Prüfung beschränken, ob die umstrittenen Vorschriften offensichtlich aus dem Rahmen der im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen oder aus andern Gründen gesetzes- oder verfassungswidrig sind. Es kann jedoch sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates oder Departementes setzen, und es hat auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen (BGE 126 V 71 Erw. 4a, 125 V 30 Erw. 6a, 124 II 245 Erw. 3). 3.4.2 Art. 21 IVG beschränkt den Leistungsanspruch ausdrücklich auf Hilfsmittel, die in der entsprechenden Liste enthalten sind. Der Gesetzgeber hat dem Bundesrat damit die Kompetenz übertragen, in der aufzustellenden Liste aus der Vielzahl zweckmässiger Hilfsmittel eine Auswahl zu treffen. Dabei nahm er in Kauf, dass mit einer solchen Aufzählung nicht sämtliche sich stellenden Bedürfnisse gedeckt werden. Der Bundesrat oder das Departement sind daher durch das Gesetz nicht verpflichtet, sämtliche Hilfsmittel, derer ein Invalider zur Eingliederung bedarf, in die Hilfsmittelliste aufzunehmen. Vielmehr kann der Verordnungsgeber eine Auswahl treffen und die Zahl der Hilfsmittel beschränken; dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu, da das Gesetz keine weiterführenden Auswahlkriterien enthält. Die Liste der von der Invalidenversicherung abzugebenden Hilfsmittel ist insofern abschliessend, als sie die in Frage kommenden Hilfsmittelkategorien aufzählt; dagegen ist innerhalb der einzelnen Kategorien jeweils zu prüfen, ob die Aufzählung der einzelnen Hilfsmittel ebenfalls abschliessend oder bloss exemplifikatorisch ist. Lässt sich ein Hilfsmittel keiner der im HVI Anhang aufgeführten Kategorien zuordnen, ist es nicht zulässig, den Anspruch auf Kostenübernahme durch die Invalidenversicherung direkt aus der Zielsetzung des Gesetzes abzuleiten, da damit das dem Bundesrat bzw. dem Departement eingeräumte Auswahlermessen durch dasjenige der Verwaltung und des Gerichts ersetzt würde (SVR 1996 IV Nr. 90 S. 269 f. Erw. 2b und 3b; Urteil B. vom 15. Januar 2001, I 267/00, Erw. 4c). 3.4.3 Liegt die Nichtaufnahme eines bestimmten Behelfs im Einzelfall nicht offensichtlich ausserhalb des Rahmens der delegierten Kompetenzen und ist auch keine andere Gesetzeswidrigkeit gegeben, die auch unter Berücksichtigung des sehr weiten Spielraums des Verordnungsgebers in der Auswahl der Hilfsmittel und in der Ausgestaltung der Hilfsmittelliste nicht mehr hinzunehmen ist, so darf das Gericht nur dann eine schwerwiegende, durch richterliches Eingreifen auszufüllende Lücke der HVI annehmen, wenn die Nichtaufnahme der fraglichen Massnahmen in die Hilfsmittelliste das Willkürverbot (Art. 9 BV), das Gebot der rechtsgleichen Behandlung (Art. 8 Abs. 1 BV) oder das Diskriminierungsverbot (Art. 8 Abs. 2 BV) und dadurch die Bundesverfassung verletzt. Willkür liegt vor, soweit die Ausgestaltung der Hilfsmittelliste sinn- oder zwecklos erscheint oder sich das Fehlen der beantragten Massnahmen nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt. Ein Eingreifen ist danach zulässig und geboten, wenn die Nichtaufnahme eines bestimmten Behelfs das Erreichen der gesetzlichen Eingliederungsziele in einem bestimmten Bereich in schlechthin unannehmbarer, stossender und innerlich unbegründeter Weise in Frage stellt (SVR 1996 IV Nr. 90 S. 270 Erw. 3c; vgl. BGE 117 V 183 Erw. 3c). Rechtsungleiche Behandlung ist gegeben, wenn der Verordnungsgeber sich aufdrängende Unterscheidungen unterlässt oder aber Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt (vgl. BGE 126 V 52 f. Erw. 3b, 124 I 299 Erw. 3b; RKUV 1999 Nr. KV 94 S. 501 f. Erw. 3a). Dies ist der Fall, wenn das Departement durch die Nichtaufnahme der fraglichen Massnahmen in die Hilfsmittelliste sachlich unbegründete Unterscheidungen getroffen oder sonstwie unhaltbare, nicht auf ernsthaften Gründen beruhende Kriterien aufgestellt hat (BGE 117 V 182 Erw. 3b; SVR 1996 IV Nr. 90 S. 270 Erw. 3b). Die Diskriminierung schliesslich stellt eine qualifizierte Art der Ungleichbehandlung von Personen in vergleichbarer Lage dar; sie entspricht einer Benachteiligung, die als Herabwürdigung oder Ausgrenzung einzustufen ist, weil auf ein Unterscheidungsmerkmal (Herkunft, Geschlecht, Alter, Behinderung etc.) abgestellt wird, das einen wesentlichen und nicht oder nur schwer aufgebbaren Bestandteil der Identität der betreffenden Person bildet (vgl. etwa Jörg Paul Müller, Grundrechte in der Schweiz, Bern 1999, S. 418 ff.). Dem Diskriminierungsverbot zufolge sind in der Hilfsmittelliste getroffene Leistungsabgrenzungen, die an entsprechende Eigenschaften anknüpfen, nur zulässig, wenn sie mit besonders qualifizierten Gründen gerechtfertigt werden können (BGE 126 II 392 f. Erw. 6, 126 V 73 f. Erw. 4c, je mit Hinweisen). 3.5 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Ausgestaltung von Ziff. 15.02 HVI Anhang verletze das Diskriminierungsverbot, das Gebot der rechtsgleichen Behandlung und das "Grundrecht auf Kommunikation". 3.5.1 Nach Art. 8 Abs. 2 BV darf niemand (u.a.) wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung diskriminiert werden. 3.5.1.1 Es erscheint fraglich, ob der Umstand, dass Massnahmen zum Spracherwerb nicht als Hilfsmittel anerkannt sind, den Schutzbereich dieser grundrechtlichen Garantie überhaupt tangiert: Die Umschreibung des Kreises von Leistungsadressaten und die Eingrenzung zu gewährender Leistungen in Ziff. 15.02 HVI Anhang erfolgt nicht in direkter Weise aufgrund eines "verpönten" Kriteriums im Sinne der in Art. 8 Abs. 2 BV exemplarisch aufgezählten Unterscheidungsmerkmale; die Behinderung wird nicht als leistungsausschliessendes Merkmal herangezogen. Zu diskutieren wäre allenfalls, ob der Ausschluss des Spracherwerbs als Hilfsmittelzweck auf eine mittelbare Diskriminierung hinauslaufen könnte, weil von dieser Regelung faktisch vorab Minderjährige betroffen sind. Die Frage kann indes offen bleiben, weil das Gefüge erwerbsunabhängiger Leistungen zugunsten von Kindern und Jugendlichen dem Anliegen des Beschwerdeführers nach grundsätzlicher Bereitstellung von Förderungsmassnahmen im Zusammenhang mit dem Spracherwerb geistig behinderter Kinder auch ohne die beantragte Ausdehnung der Abgabevoraussetzungen für Kommunikationsgeräte insgesamt gerecht zu werden vermag, da auch die Massnahmen für die Sonderschulung (Art. 19 IVG) miteinzubeziehen sind (vgl. Erw. 5 hienach). 3.5.1.2 Das Diskriminierungsverbot wird durch einen Förderungsauftrag zugunsten von Behinderten, und erst recht behinderten Kindern, ergänzt (Art. 8 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 sowie Art. 41 Abs. 1 lit. f und g BV). Diese Verfassungsnormen enthalten indes einen Gesetzgebungsauftrag oder weisen (bloss) programmatischen Gehalt auf, weshalb aus ihnen auf gerichtlichem Wege direkt keine Ansprüche abgeleitet werden können (vgl. Meyer-Blaser/Gächter, Der Sozialstaatsgedanke, in: Thürer/Aubert/Müller [Hrsg.], Verfassungsrecht der Schweiz, Zürich 2001, § 34 Rz 21 ff.). Dennoch sind sie im Rahmen der verfassungskonformen oder verfassungsbezogenen Auslegung (vgl. Ernst Höhn, Die Bedeutung der Verfassung für die Auslegung der Gesetze, in: Festschrift für Ulrich Häfelin, Zürich 1989, S. 262) beachtlich. Soweit eine sachbezügliche Gesetzgebung vorliegt, ist diese als (zusätzliche) Auslegungsrichtlinie heranzuziehen im Rahmen der Entscheidung, ob die in der IVV vorgesehenen Arten von Fördermassnahmen im Hinblick auf den Eingliederungszweck (Ermöglichung des Kontaktes mit der Umwelt und Zugang zur Schulbildung) hinreichend sind. 3.5.1.3 Am 1. Januar 2004 ist gestützt auf Art. 8 Abs. 4 BV das Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG) grossenteils in Kraft getreten. Dessen Bestimmungen sind auf den vorliegenden Fall aus geltungszeitlichen Gründen nicht direkt anwendbar (vgl. Erw. 1 hievor). Zu prüfen bleibt, ob der im BehiG verfolgte Zweck bei der Auslegung und Konkretisierung des Diskriminierungsverbotes im Sinne einer Vorwirkung zu berücksichtigen sei, wie beschwerdeweise geltend gemacht wird. Nach Art. 1 Abs. 2 BehiG sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es Menschen mit Behinderungen erleichtern, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und insbesondere selbstständig soziale Kontakte zu pflegen, sich aus- und fortzubilden und eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Eine nach Art. 1 Abs. 1 BehiG zu verhindernde, zu verringernde oder zu beseitigende Benachteiligung liegt auch dann vor, wenn eine unterschiedliche Behandlung Behinderter fehlt, die zur tatsächlichen Gleichstellung mit nicht Behinderten notwendig ist (Art. 2 Abs. 2 in fine; vgl. auch Art. 5 Abs. 2). Bei der Inanspruchnahme von Aus- und Weiterbildung ist eine Benachteiligung u.a. gegeben, wenn die Verwendung behindertenspezifischer Hilfsmittel oder der Beizug notwendiger persönlicher Assistenz erschwert wird (Art. 2 Abs. 5 lit. a; vgl. auch Art. 3 lit. f). Direkt durchsetzbare Rechtsansprüche ergeben sich aus dem BehiG indes im Wesentlichen im Zusammenhang mit baulichen Gegebenheiten, mit dem öffentlichen Verkehr oder mit Dienstleistungen (Art. 7 f.). Ansonsten enthält das Gesetz lediglich Kompetenzzuweisungen und andere Rahmenbestimmungen (Art. 13 ff.). Die Frage, ob das BehiG grundsätzlich Anhaltspunkte für die Auslegung des Hilfsmittelbegriffs bzw. der einschlägigen Bestimmungen von IVG und HVI zu bieten vermag, kann offen bleiben, weil das spezifische Eingliederungsanliegen des Beschwerdeführers unter einem andern Anspruchstitel erfasst wird (vgl. Erw. 3.5.3 und Erw. 5 hienach). 3.5.2 Der Grad der Hilfsmittelversorgung für Kinder mit Trisomie 21 unterscheidet sich im Hinblick auf deren verzögerte Sprachentwicklung nicht von den Leistungen, die an Versicherte mit vergleichbaren Behinderungen ausgerichtet werden. Somit erfolgt gegenüber weiteren Gruppen von Behinderten keine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 BV. Auch diesen stehen nicht alle denkbaren, an sich wünschenswerten Hilfsmittel zur Verfügung. 3.5.3 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird zu Recht hervorgehoben, dass die spätere Ausübung des Kontaktes mit der Umwelt massgeblich von einer rechtzeitigen Förderung der kommunikativen Fertigkeiten abhängt. Nach dem Gesagten fallen auf diesen Zweck hin gerichtete Vorkehren aber nicht unter den gesetzlichen Hilfsmittelbegriff (Erw. 3.3 hievor). Das beschwerdeweise angesprochene menschliche Grundbedürfnis, in seinem sozialen Kontext zu kommunizieren, kommt im Sinne einer Ausprägung der persönlichen Freiheit - als elementare Erscheinung der Persönlichkeitsentfaltung - und letztlich im Rahmen der Menschenwürde (Art. 7 BV) zum Tragen. Es kann aber nicht die Rede davon sein, die beanstandete Ausgestaltung der Hilfsmittelliste - oder letztlich der Hilfsmittelbegriff - verletze den Kerngehalt dieser grundrechtlichen Garantien, soweit ein Lernförderungsmittel von der Invalidenversicherung nicht übernommen wird. Dies folgt bereits daraus, dass die Massnahmen für die Sonderschulung (Art. 19 IVG und Art. 8 ff. IVV) diesbezüglich eine komplementäre Funktion übernehmen (Erw. 5 hienach). Insoweit ist die Rüge, die strittige Verfügung verletze das "verfassungsmässige Recht auf Kommunikation", unbegründet. 3.6 Vorgebracht wird schliesslich, das B.A.Bar-Gerät werde nicht allein zu Lernzwecken, sondern auch zur Überbrückung von behinderungsbedingten Lücken im Ausdrucksvermögen und zur Umsetzung von Mitteilungsbedürfnissen - so hinsichtlich von Erlebnissen in der Spielgruppe - eingesetzt. Hierbei gehe es um die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt im Sinne von Art. 21 Abs. 2 IVG. 3.6.1 Selbst eine solche zusätzliche Funktion des Gerätes führt aber nicht ohne weiteres zum Schluss, damit sei unter dem Rechtstitel des Hilfsmittels ein Anspruch begründet. Dieser erstreckt sich nur auf Vorkehren, die für den Kontakt mit der Umwelt notwendig sind (Art. 2 Abs. 1 HVI). Das Erfordernis ergibt sich aus dem allgemein für Eingliederungsmassnahmen geltenden Grundsatz, dass die versicherte Person in der Regel nur Anspruch auf die dem jeweiligen Eingliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen hat, nicht aber auf die nach den gegebenen Umständen bestmöglichen Vorkehren (vgl. Art. 8 Abs. 1 IVG). Das Gesetz will die Eingliederung lediglich so weit sicherstellen, als diese im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist (BGE 124 V 110 Erw. 2a, 122 V 214 f. Erw. 2c, je mit Hinweisen). 3.6.2 Der Einsatz des hier beantragten Geräts erscheint im Zusammenhang mit der Kontaktnahme mit der Umwelt zwar als wünschenswertes, weil nützliches Mittel. Im Rahmen dieser Zielsetzung ist es aber bei einem Kind, das wegen Trisomie 21 im Vergleich mit nichtbehinderten Altersgenossen einen Entwicklungsrückstand hinsichtlich Wortschatz und Artikulationsfähigkeit aufweist, nicht im Sinne der anwendbaren Bestimmungen notwendig: Auch nichtbehinderte Kleinkinder haben bloss beschränkte verbale Möglichkeiten zur Kommunikation. Die Auseinandersetzung mit der Umwelt erfolgt - gerade bei kleinen Kindern - nicht allein auf der verbalen Ebene. Die Sprache ist hierzu nur ein, wenn auch ein wichtiges Mittel. Hinzu kommt, dass mit dem beantragten Gerät nur vordefinierte und eigens programmierte Wörter und Sätze wiedergegeben werden können. Die Kontaktherstellung mit der Umwelt und damit der Eingliederungserfolg bedingt aber eine Form der Kommunikation, die es dem Kind ermöglicht, sich spontan und situationsbezogen auszudrücken. Das B.A.Bar-Gerät ist zufolge der in Erw. 2.2 hievor beschriebenen Einsatzmöglichkeiten zwar ein geeignetes Instrument, um gewisse standardisierte Informationen zum Ausdruck zu bringen. Ganz im Vordergrund steht jedoch die Verfestigung logopädisch vermittelter (Wort-)Kenntnisse und Fähigkeiten; das Gerät erweist sich damit als sinnvolle Ergänzung zu therapeutischen Anstrengungen. Dagegen kommt ihm bei der eigentlichen Kommunikation im Alltag keine wesentliche selbstständige Bedeutung zu. Wichtige Aspekte kommunikativer Fähigkeiten - so die assoziative Verknüpfung von Begriffen - können nur mit Hilfe einer Betreuungsperson erschlossen werden. Dasselbe gilt auch für die Vermittlung der emotionalen Dimension einer Mitteilung, deren Bedeutung für die Speicherung der entsprechenden Wörter und Wendungen nicht zu unterschätzen ist. Fördernde und motivierende Elemente wie Anerkennung und Bestätigung können ebenfalls nur im Rahmen unvermittelter zwischenmenschlicher Auseinandersetzung zum Tragen kommen. Auf diesem Weg besteht am ehesten Gewähr, dass sich beim Kind wegen der behinderungsbedingt eingeschränkten Möglichkeiten der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit nicht Frustrationen einstellen, die zu einer Rückzugstendenz führen könnten. Angesichts der grossen Bedeutung unmittelbarer Zuwendung ist schliesslich die immanente Gefahr eines allzu starken Abstellens auf mechanisierte, statische Kommunikationsformen mitsamt den sich daraus möglicherweise ergebenden kontraproduktiven Effekten im Auge zu behalten. 3.7 Der Beschwerdeführer wendet unter Berufung auf das Gebot rechtsgleicher Behandlung (Art. 8 Abs. 1 BV) und von Treu und Glauben (Art. 9 BV) ein, in einem anderen, fast identischen Fall habe die IV-Stelle das Vorliegen der Abgabevoraussetzungen bejaht. Nach der Rechtsprechung geht der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung in der Regel der Rücksicht auf die gleichmässige Rechtsanwendung vor. Der Umstand, dass das Gesetz in andern Fällen nicht oder nicht richtig angewendet worden ist, gibt dem Bürger und der Bürgerin grundsätzlich keinen Anspruch darauf, ebenfalls abweichend vom Gesetz behandelt zu werden. Das gilt jedoch nur, wenn lediglich in einem einzigen oder in einigen wenigen Fällen eine abweichende Behandlung dargetan ist. Wenn dagegen die Behörden die Aufgabe der in andern Fällen geübten, gesetzwidrigen Praxis ablehnen, können der Bürger oder die Bürgerin verlangen, dass die gesetzwidrige Begünstigung, die Dritten zuteil wird, auch ihnen gewährt werde (BGE 126 V 392 Erw. 6a, 122 II 451 Erw. 4a, je mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung). Vorliegend ist keine konstant rechtswidrige Verwaltungspraxis feststellbar. Demgemäss fehlt ein Anlass, dem Beschwerdeführer gestützt auf Art. 8 Abs. 1 BV eine Leistung ohne Rechtsgrundlage auszurichten. 4. Erfüllt der Behelf nach dem Gesagten den Hilfsmittelbegriff nicht, so ist weiter zu prüfen, ob im Rahmen medizinischer Massnahmen nach Art. 12 oder 13 IVG ein Anspruch gegenüber der Invalidenversicherung besteht (Meyer-Blaser, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung, Zürich 1997, S. 158). 4.1 Bei Trisomie 21 handelt es sich nicht um ein in der Verordnung über Geburtsgebrechen (GgV) aufgeführtes Leiden, denn die zugrunde liegende chromosomale Irregularität ist als solche nicht behandelbar. Eine Übernahme nach Art. 13 IVG scheidet somit aus (BGE 114 V 26 Erw. 2c; nicht veröffentlichte Urteile K. vom 22. Februar 1994, I 257/93, Erw. 2b, und J. vom 30. Dezember 1994, I 196/94, Erw. 1a). 4.2 Nach Art. 12 IVG und Art. 2 Abs. 1 IVV besteht ein Anspruch auf Übernahme medizinischer Massnahmen durch die Invalidenversicherung, wenn durch diese Vorkehr stabile oder wenigstens relativ stabilisierte Folgezustände von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall - im Einzelnen: Beeinträchtigungen der Körperbewegung, der Sinneswahrnehmung oder der Kontaktfähigkeit - behoben oder gemildert werden, um die Erwerbsfähigkeit dauernd und wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher Beeinträchtigung zu bewahren (BGE 120 V 279 Erw. 3a; AHI 2003 S. 104 Erw. 2; SVR 1995 IV Nr. 34 S. 89 f. Erw. 1a; Rüedi, Die medizinischen Massnahmen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung, Diss. Bern 1974, S. 83 ff.). Vom strikten Erfordernis der Korrektur stabiler Funktionsausfälle oder Defekte ist im Falle von Minderjährigen gegebenenfalls abzusehen (vgl. Art. 5 Abs. 2 IVG; vgl. fortan auch Art. 8 Abs. 2 ATSG). Hier können medizinische Vorkehren schon dann überwiegend der beruflichen Eingliederung dienen und trotz des einstweilen noch labilen Charakters des Leidens von der Invalidenversicherung übernommen werden, wenn ohne diese Vorkehren eine Heilung mit Defekt oder ein anderer stabilisierter Zustand einträte, welcher die Berufsbildung oder die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich beeinträchtigen würde. Die entsprechenden Kosten werden bei Minderjährigen also von der Invalidenversicherung getragen, wenn das Leiden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem schwer korrigierbaren, die spätere Ausbildung und Erwerbsfähigkeit erheblich behindernden stabilen pathologischen Zustand führen würde (AHI 2000 S. 64 Erw. 1; BGE 105 V 19 f.; ZAK 1981 S. 548 Erw. 3a). 4.3 Vorliegend indes fällt ein Anspruch nach Art. 12 IVG ausser Betracht. Zunächst erweisen sich die Einschränkungen im sprachlichen Ausdruck zufolge von Trisomie 21 nicht als Folgezustand von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall. Im Weitern kann der Einsatz des im Streit stehenden Geräts zwar zu einer Beschleunigung des Spracherwerbs führen, womit das behinderungsbedingt erreichbare Mass an Sprachkompetenz zu einem früheren Zeitpunkt erfüllt wird. Nach Lage der Akten scheint aber klar, dass die entsprechenden Kapazitäten nicht signifikant erweitert werden. Schliesslich trägt die beantragte Vorkehr - im Gegensatz etwa zu chirurgischen, physiotherapeutischen und psychotherapeutischen Vorkehren (Art. 2 Abs. 1 IVV) - nicht den Charakter einer medizinischen Massnahme. Die mit dem Einsatz des B.A.Bar-Geräts bezweckte Unterstützung der behinderungsbedingt erschwerten bzw. verzögerten Lernfähigkeit entspricht allenfalls einer pädagogisch-therapeutischen Massnahme im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. c IVG und Art. 8ter Abs. 2 lit. c bzw. Art. 10 Abs. 2 lit. c IVV (vgl. sogleich Erw. 5). 5. Art. 19 IVG sieht Massnahmen für die Sonderschulung bildungsfähiger Versicherter vor. Unter diesem Rechtstitel werden Versicherten, die das 20. Altersjahr noch nicht vollendet haben und denen infolge Invalidität der Besuch der Volksschule nicht möglich oder nicht zumutbar ist, Beiträge gewährt. Anders als bei den medizinischen Massnahmen (Art. 12 ff. IVG), die als Naturalleistung erbracht werden, beschränkt sich die Rolle der Invalidenversicherung im Bereich der Sonderschulung auf die - nicht notwendigerweise kostendeckende - Subventionierung (BGE 114 V 26 f. Erw. 2d). 5.1 Zur Sonderschulung gehört die eigentliche Schulausbildung sowie, falls ein Unterricht in den Elementarfächern nicht oder nur beschränkt möglich ist, die Förderung in manuellen Belangen, in den Verrichtungen des täglichen Lebens und der Fähigkeit des Kontaktes mit der Umwelt (Art. 19 Abs. 1 IVG). Ausgerichtet werden unter anderem Entschädigungen für zusätzlich zum Sonderschulunterricht notwendige Massnahmen pädagogisch-therapeutischer Art, wie Sprachheilbehandlung für schwer Sprachgebrechliche, Hörtraining und Ableseunterricht für Gehörgeschädigte sowie Sondergymnastik zur Förderung gestörter Motorik für Sinnesbehinderte und hochgradig geistig Behinderte (Abs. 2 lit. c). 5.1 Zur Sonderschulung gehört die eigentliche Schulausbildung sowie, falls ein Unterricht in den Elementarfächern nicht oder nur beschränkt möglich ist, die Förderung in manuellen Belangen, in den Verrichtungen des täglichen Lebens und der Fähigkeit des Kontaktes mit der Umwelt (Art. 19 Abs. 1 IVG). Ausgerichtet werden unter anderem Entschädigungen für zusätzlich zum Sonderschulunterricht notwendige Massnahmen pädagogisch-therapeutischer Art, wie Sprachheilbehandlung für schwer Sprachgebrechliche, Hörtraining und Ableseunterricht für Gehörgeschädigte sowie Sondergymnastik zur Förderung gestörter Motorik für Sinnesbehinderte und hochgradig geistig Behinderte (Abs. 2 lit. c). 5.2 5.2.1 Nach der Rechtsprechung sind heilpädagogische Massnahmen bei Trisomie 21 unabhängig von einem Mindestalter ab jenem Zeitpunkt zu gewähren, in dem angenommen werden kann, dass sie im Einzelfall nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis eine angemessene Förderung des Behinderten nach der Zielsetzung der Sonderschulung erwarten lassen. Aufgrund der vergleichbaren Natur der medizinischen und pädagogisch-therapeutischen Massnahmen ist Art. 2 Abs. 1 in fine IVV, wonach die Massnahmen gemäss bewährter Erkenntnis der (medizinischen) Wissenschaften angezeigt sein (und überdies den Eingliederungserfolg in einfacher und zweckmässiger Weise anstreben) müssen, sinngemäss anwendbar (BGE 114 V 26 Erw. 2c). Massgebend ist dabei nicht der Begriff der medizinischen, sondern der pädagogischen Wissenschaften; pädagogischer Art sind Vorkehren, bei denen der Aspekt der Erziehung im Sinne der günstigen Beeinflussung des Verhaltens und der anlagemässig gegebenen Möglichkeiten im Vordergrund steht und gegenüber dem medizinischen Moment überwiegt. Sie dienen nicht unmittelbar der Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten in schulischen Belangen, sondern sind hauptsächlich darauf ausgerichtet, die Schulung beeinträchtigende Auswirkungen der Invalidität zu mildern oder zu beseitigen. Wie die in Art. 19 Abs. 2 lit. c IVG aufgezählten Massnahmen zeigen (Sprachheilbehandlung für schwer Sprachgebrechliche, Hörtraining und Ableseunterricht für Gehörgeschädigte, Sondergymnastik zur Förderung gestörter Motorik für Sinnesbehinderte und hochgradig geistig Behinderte), geht es dabei vornehmlich um die Verbesserung gewisser körperlicher oder psychischer Funktionen im Hinblick auf den Sonderschulunterricht (BGE 114 V 25 f. Erw. 2c und 27 Erw. 3a). 5.2.2 Fraglich ist, ob eine Apparatur wie das hier beantragte B.A.Bar-Gerät in grundsätzlicher Weise unter den Begriff der pädagogisch-therapeutischen Massnahmen gefasst werden darf. 5.2.2.1 Die mit Bezug auf medizinische Massnahmen für Minderjährige (nach Art. 13 oder Art. 12 IVG; vgl. Erw. 4.2 hievor) geltenden Anspruchsvorgaben können, wie hinsichtlich des Erfordernisses der Wissenschaftlichkeit bereits ausgeführt (Erw. 5.2.1 hievor), sinngemäss auf den Bereich pädagogischer Vorkehren übertragen werden, soweit die beiden Leistungsarten ihrer Natur und Wirkung nach vergleichbar sind. Was die medizinischen Massnahmen angeht, so schliessen diese auch den Anspruch auf die erforderlichen Behandlungsgeräte mit ein, wenn Letztere zu deren Durchführung notwendig sind, mithin in einem engen, unmittelbaren Zusammenhang mit der von der Invalidenversicherung übernommenen medizinischen Vorkehr stehen (SVR 1996 IV Nr. 91 S. 273 mit Hinweis; Urteil D. vom 16. Dezember 2003, I 514/02, Erw. 2 Ingress und Erw. 2.1.1). In gleicher Weise sind Geräte unter dem Rechtstitel pädagogisch-therapeutischer Massnahmen von der Invalidenversicherung zu übernehmen, wenn ihr Gebrauch gewissermassen als Bestandteil einer einschlägigen Therapie erscheint und alle übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. 5.2.2.2 Vorliegend wird das B.A.Bar-Gerät im Rahmen der in der Stiftung S._ durchgeführten heilpädagogischen Früherziehung sowie einer logopädischen Behandlung verwendet, so dass es grundsätzlich als Teil einer in den Zuständigkeitsbereich der Invalidenversicherung fallenden pädagogisch-therapeutischen Massnahme zu betrachten ist. 5.2.2.2 Vorliegend wird das B.A.Bar-Gerät im Rahmen der in der Stiftung S._ durchgeführten heilpädagogischen Früherziehung sowie einer logopädischen Behandlung verwendet, so dass es grundsätzlich als Teil einer in den Zuständigkeitsbereich der Invalidenversicherung fallenden pädagogisch-therapeutischen Massnahme zu betrachten ist. 5.3 5.3.1 Nach Art. 19 Abs. 3 IVG bezeichnet der Bundesrat die Voraussetzungen für die Gewährung von Beiträgen und setzt deren Höhe fest. Ausserdem erlässt er u.a. Vorschriften über die Gewährung von Beiträgen an Massnahmen für invalide Kinder im vorschulpflichtigen Alter. Gemäss Art. 8ter Abs. 1 IVV (in der Fassung vom 25. November 1996, in Kraft seit 1. Januar 1997) übernimmt die Invalidenversicherung die Kosten für Massnahmen pädagogisch-therapeutischer Art, die zusätzlich zum Sonderschulunterricht notwendig sind. Darunter fallen nach Art. 8ter Abs. 2 lit. c IVV Massnahmen zum Spracherwerb und Sprachaufbau für geistig behinderte Versicherte, deren Intelligenzquotient nicht mehr als 75 beträgt. Diese spezifische Leistungskategorie fehlt im Katalog des Art. 10 IVV, welcher die Vorkehren pädagogisch-therapeutischer Art nennt, die - bei Notwendigkeit - zur Vorbereitung auf den Besuch des Sonder- oder Volksschulunterrichts, also im vorschulpflichtigen Alter, zu erbringen sind. 5.3.2 Mit Blick auf den im Verfügungszeitpunkt dreieinhalbjährigen Versicherten fragt sich damit, ob Massnahmen zum Spracherwerb und Sprachaufbau für vorschulpflichtige Kinder als heilpädagogische Früherziehung gemäss Art. 10 Abs. 2 lit.c IVV zu gelten haben. 5.3.2.1 Für die Bestimmung der grundsätzlich als heilpädagogische Früherziehung im Sinne von Art. 10 Abs. 2 lit. c IVV zu anerkennenden Leistungen ist ein weiter Begriff der Erziehung heranzuziehen: Der Adressatenkreis umfasst sämtliche Gruppen von Versicherten, die für Massnahmen der Sonderschulung in Frage kommen (Art. 8 Abs. 4 lit. a-g IVV). Der Umstand, dass sich darunter etwa auch blinde und sehbehinderte sowie gehörlose und hörbehinderte Versicherte befinden, schliesst ein enges Verständnis des Begriffes der heilpädagogischen Früherziehung aus; diese beschränkt sich mithin nicht auf verhaltenstherapeutische und andere auf die Schaffung günstiger Sozialisierungsvoraussetzungen gerichtete Vorkehren bei verhaltensauffälligen Versicherten. Die Rechtsprechung zu den pädagogisch-therapeutischen Massnahmen verwendet denn auch einen Erziehungsbegriff, der die günstige Beeinflussung anlagemässig gegebener Möglichkeiten mit umfasst (Erw. 5.2.1 hievor), und schreibt eine umfassende Würdigung der im Einzelfall gegebenen Bedürfnisse des Kindes vor (BGE 126 V 283 Erw. 4b). Auch nach den einschlägigen Verwaltungsweisungen des BSV wird unter heilpädagogischer Früherziehung "eine gezielte, familienorientierte und ganzheitliche Förderung der Gesamtpersönlichkeit behinderter Kinder in ihrem sozialen Umfeld verstanden. Die heilpädagogische Früherziehung hat zum Ziel, nicht nur die Fertigkeiten und Funktionen in Wahrnehmung, Motorik und Sprache, sondern auch die Entwicklung von Selbstwertgefühl, Kreativität, Handlungs- und Kontaktfähigkeit zu fördern. (...) Nicht zur heilpädagogischen Früherziehung gehören die im Rahmen des Unterrichts im Kindergarten und in der Schule durchgeführten heilpädagogischen Stütz- und Fördermassnahmen (...). Hingegen gehören die Massnahmen zum Spracherwerb (Sprachanbahnung) und Sprachaufbau bei Geistigbehinderten zur heilpädagogischen Früherziehung" (IV-Rundschreiben Nr. 136 vom 28. April 1998). 5.3.2.2 Was den (rechtzeitigen) Erwerb des sprachlichen Rüstzeuges angeht, so ist dieser für die Eingliederungszwecke der Invalidenversicherung, namentlich für die soziale Kontaktfähigkeit schlechthin und jede spätere Schulung, von grundlegender Bedeutung. Vermutungsweise ist die Wirkung einer Massnahme dabei umso nachhaltiger, je früher sie einsetzt. Auch ist in Betracht zu ziehen, dass ein beschleunigter Abbau des behinderungsbedingten Rückstandes in der sprachlichen Entwicklung zu einer besseren Ausschöpfung des anlagemässig vorhandenen Bildungspotentials führen kann (vgl. ZAK 1989 S. 43). Die Ergebnisse einer von der FST im Juni 2001 durchgeführten Evaluation des B.A.Bar-Geräts bringen die im Versuchszeitraum bei 93 % der Kinder mit Trisomie 21 verzeichnete spürbare Verbesserung der Aussprache mit der "Echofunktion" des Apparats in Verbindung. Zudem weisen die Resultate auf mögliche Zusammenhänge zwischen der Förderung kommunikativer Fähigkeiten und einer Verbesserung des Verhaltens hin. 5.3.2.3 Nach dem Gesagten ist nicht auszuschliessen, dass das beantragte Gerät mit der Zielsetzung des Spracherwerbs und -aufbaus eine Massnahme der heilpädagogischen Früherziehung im Sinne von Art. 10 Abs. 2 lit. c IVV darstellen könnte. 5.3.2.3 Nach dem Gesagten ist nicht auszuschliessen, dass das beantragte Gerät mit der Zielsetzung des Spracherwerbs und -aufbaus eine Massnahme der heilpädagogischen Früherziehung im Sinne von Art. 10 Abs. 2 lit. c IVV darstellen könnte. 5.4 5.4.1 Im bisherigen Verfahren wurde der strittige Anspruch nicht unter dem Titel des Art. 19 IVG und der Art. 8 ff. IVV behandelt. Die beteiligten Parteien haben Anspruch auf vorgängige Anhörung, wenn eine Behörde ihren Entscheid mit einem Rechtssatz oder einem Rechtstitel zu begründen beabsichtigt, der im bisherigen Verfahren nicht herangezogen wurde, auf den sich die Parteien nicht berufen haben und mit dessen Erheblichkeit im konkreten Fall sie nicht rechnen konnten (BGE 128 V 278 Erw. 5b/bb). Angesichts des verbleibenden Abklärungsbedarfs ist die Angelegenheit stattdessen an die Verwaltung zurückzuweisen, damit sie - nach Einholung einer Stellungnahme des BSV - über die Sache unter dem Aspekt des Anspruchs auf Massnahmen der Sonderschulung neu befinde. 5.4.2 Zu klären sein wird zunächst, ob der Einsatz des B.A.Bar-Geräts, der im Rahmen einer heilpädagogischen Früherziehung und einer logopädischen Therapie erfolgt, grundsätzlich unter Art. 10 IVV subsumierbar ist. Massgebend für den Leistungsentscheid wird sodann namentlich auch das Kriterium der pädagogischen Wissenschaftlichkeit sein. Zu beurteilen bleibt schliesslich die Notwendigkeit einer entsprechenden Vorkehr. In Erw. 3.6.2 hievor wurde zwar festgestellt, die Abgabe eines B.A.Bar-Geräts erweise sich, soweit geltend gemacht werde, der Versicherte sei zur Pflege des täglichen Kontakts mit der Umwelt auf ein solches Hilfsmittel angewiesen, nicht als notwendig im Sinne von Art. 2 Abs. 1 HVI und Ziff. 15.02 HVI Anhang. Dieser Schluss ist indes nicht von vornherein auf den hiesigen Zusammenhang übertragbar; der Begriff der Notwendigkeit muss anhand der unterschiedlichen Zielsetzungen der Hilfsmittelabgabe sowie der (vorbereitenden) Massnahmen für die Sonderschulung - hier namentlich der heilpädagogischen Früherziehung - gesondert interpretiert werden.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 25. Februar 2003 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Aargau vom 29. Oktober 2001 aufgehoben werden und die Sache an die Verwaltung zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Anspruch neu verfüge. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Die IV-Stelle des Kantons Aargau hat dem Beschwerdeführer für das gesamte Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, der Ausgleichskasse des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. Luzern, 30. September 2004 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Präsident der I. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
b46681b5-3d25-41c5-a97c-07a3b48bded5
de
2,007
CH_BGer_005
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die Einwohnergemeinde Luzern ist Eigentümerin der Liegenschaft Geissensteinring 41 in Luzern. Sie hat dem Verein "IKU Boa" im Jahr 1995 einen Teil des darauf liegenden Gebäudes im Rahmen eines Leihvertrages zum Gebrauch überlassen. Der Verein "IKU Boa" betreibt das alternative Kulturzentrum Boa mit Veranstaltungen verschiedener Kultursparten, Disco und Barbetrieb. B. Mit Gesuch vom 30. Dezember 2006 beantragten verschiedene Nachbarn (Eigentümer, Stockwerkeigentümer und Mieter), es sei der Einwohnergemeinde Luzern zu verbieten, in den Räumlichkeiten der Boa zwischen 23 und 7 Uhr Konzerte, Veranstaltungen mit Discomusik und Veranstaltungen mit Barbetrieb selber durchzuführen oder durch Dritte durchführen zu lassen. Mit Entscheid vom 25. Mai 2007 sprach der Amtsgerichtspräsident III von Luzern-Stadt ein entsprechendes Verbot aus. Den dagegen erhobenen Rekurs der Einwohnergemeinde Luzern wies das Obergericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 20. Juli 2007 ab. C. Gegen diesen Entscheid hat die Einwohnergemeinde Luzern am 23. August 2007 Beschwerde in Zivilsachen erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und um Feststellung, dass die Besitzesschutzklage verwirkt sei, eventualiter um Rückweisung der Sache an das Obergericht wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs. In ihrer Vernehmlassung vom 5. September 2007 verlangen die Nachbarn die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerde in Zivilsachen richtet sich gegen einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid (Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Besitzesrechtsstreitigkeiten sind - wie Sachenrechte überhaupt (vgl. etwa BGE 52 II 292 E. 1 betr. Immissionen; BGE 113 II 15 E. 1 betr. Stockwerkeigentum; BGE 109 II 491 E. 1 betr. Dienstbarkeit) - vermögensrechtlicher Natur, weshalb der Streitwert mindestens Fr. 30'000.-- betragen muss (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerdeführerin behauptet weder eine Werteinbusse ihres Grundstückes noch entgehenden Gewinn infolge eingeschränkter Nutzungsmöglichkeit; vielmehr macht sie geltend, die Boa habe mögliche Schadenersatzforderungen für entgehende Einnahmen (Barbetrieb, Eintritte, etc.) von mindestens Fr. 48'200.-- in Aussicht gestellt. Ob solche Ansprüche gestützt auf den Leihvertrag überhaupt erhoben werden könnten, erscheint zweifelhaft, haftet doch der Verleiher dem Entlehner im Rahmen einer positiven Vertragsverletzung lediglich für Sachmängel u.ä. (vgl. Honsell, Schweizerisches Obligationenrecht, 8. Aufl., Bern 2006, S. 254); abgesehen davon legt die Beschwerdeführerin diesbezüglich nicht mehr als ein Schreiben der Boa vom 17. August 2007 ins Recht, in welchem lose auf mögliche Schadenersatzansprüche hingewiesen wird. Ob vor diesem Hintergrund mit Bezug auf die Besitzesschutzklage tatsächlich von einem Fr. 30'000.-- übersteigenden Streitwert auszugehen ist, kann aber letztlich offen bleiben, weil der Beschwerde ohnehin auch in der Sache kein Erfolg beschieden sein kann. 2. Die Besitzesschutzklage zielt auf die Wiederherstellung oder die Aufrechterhaltung des früheren Zustandes. Unter Vorbehalt des Spezialfalles von Art. 927 Abs. 2 ZGB, wo das bessere Recht nachzuweisen ist, wird im Urteil nicht über die materielle Rechtszuständigkeit entschieden; vielmehr wird dem Gesuchsteller vorläufiger Rechtsschutz gewährt (BGE 94 II 348 E. 3 S. 353; 113 II 243 E. 1b S. 244 oben). Beim Besitzesschutz handelt es sich folglich - was auch in der Botschaft so festgehalten wurde (BBl 2001 S. 4336) - um eine vorsorgliche Massnahme im Sinn von Art. 98 BGG, womit nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann und überdies das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG). Unzulässig ist demnach das Vorbringen, in Verletzung von Art. 929 Abs. 2 ZGB habe das Obergericht eine Dauerstörung und damit die Verjährung der Besitzesschutzansprüche verneint. Dasselbe gilt für das Vorbringen, das Obergericht habe Art. 8 ZGB verletzt, handelt es sich doch auch bei der Regelung der Beweislast um materielles Bundesrecht und nicht um ein verfassungsmässiges Recht. Die Beschwerdeführerin müsste wenn schon aufzeigen, dass und inwiefern das Obergericht diese Normen willkürlich angewandt hätte; bloss appellatorische Ausführungen vermögen jedoch den für Willkürrügen geltenden Substanziierungsanforderungen nicht zu genügen (BGE 125 I 492 E. 1b S. 495; 130 I 258 E. 1.3 S. 262). Als unzulässig erweisen sich sodann die neuen Tatsachenvorbringen und Beweismittel (Strafurteile etc.), zeigt doch die Beschwerdeführerin nicht auf, inwiefern erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gegeben hätte (Art. 99 BGG). 3. Die Beschwerdeführerin macht im Übrigen geltend, im Befehlsverfahren nach § 226 ZPO/LU müssten für den Erlass eines richterlichen Befehls nicht streitige oder sofort feststellbare tatsächliche Verhältnisse vorliegen. Mit dem Erfordernis der sofortigen Feststellbarkeit, d.h. der Liquidität der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, sei es streng zu nehmen. Es wäre Sache der Nachbarn gewesen, ihre behaupteten Besitzesrechtsansprüche strikt zu beweisen, während sie ihre Einwendungen bloss glaubhaft zu machen habe. Der Amtsgerichtspräsident und das Obergericht hätten sich darauf gestützt, dass die Polizei im Zeitraum von Januar bis Mitte August 2005 insgesamt 19 Mal wegen Nachtruhestörung habe ausrücken müssen. Damit hätten es die kantonalen Gerichte als erwiesen angesehen, dass auch im heutigen Zeitpunkt noch übermässige Immissionen vorlägen. In diesem Zusammenhang sei ihr rechtliches Gehör verletzt, weil der von ihr als Gegenbeweis beantragte Augenschein nicht zugelassen worden sei. Das Obergericht hat nicht nur auf das wiederholte Ausrücken der Polizei verwiesen, sondern zusätzlich angeführt, diese Tatsache sei im Stadtratsbeschluss Nr. 1012 ausdrücklich erwähnt und die Notwendigkeit der polizeilichen Interventionen sei dabei nicht in Zweifel gezogen worden. Vielmehr habe der Stadtrat eingeräumt, die Situation in der Umgebung der Boa sei für die Anwohner sehr schwierig geworden, weshalb ein weiterer Betrieb des Kulturzentrums mittel- und langfristig kaum mehr möglich und sinnvoll sei. Es hat sodann festgehalten, die Beschwerdeführerin bestreite dies nicht, und ebenso wenig, dass die Boa die Verpflichtungen und Auflagen wiederholt missachtet habe und seither bis heute keine zusätzlichen Massnahmen zum Schutz der Anwohner vereinbart oder ergriffen worden seien. Hat das Obergericht den Beweisantrag auf Durchführung eines Augenscheins mit unveränderten und damit nach wie vor unhaltbaren Verhältnissen verneint, so liegt mit Bezug auf den abgelehnten Augenschein eine antizipierte Beweiswürdigung vor. In deren Rahmen kann der Richter weitere Beweismassnahmen ablehnen, wenn er aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und zur Auffassung gelangen durfte, dass weitere Beweisvorkehren an der Sachlage bzw. an der Würdigung der bereits abgenommenen Beweise voraussichtlich nichts mehr ändern würden (BGE 124 I 208 E. 4a S. 211; 130 II 425 E. 2.1 S. 429). Die antizipierte Beweiswürdigung ist ein Teil der Beweiswürdigung, die vom Bundesgericht nur auf Willkür hin überprüft werden kann, was entsprechend substanziierte Willkürrügen voraussetzt (BGE 117 Ia 10 E. 4b S. 11 f.; 130 I 258 E. 1.3 S. 262). Erweist sich die antizipierte Beweiswürdigung als willkürfrei, liegt in ihr keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (BGE 115 Ia 97 E. 5b S. 101; 131 I 153 E. 3 S. 157). Weder ruft die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der (antizipierten) Beweiswürdigung durch das Obergericht eine Verletzung des Willkürverbots an noch finden sich substanziierte Ausführungen, inwiefern der angefochtene Entscheid diesbezüglich unhaltbar und damit willkürlich sein soll. Insbesondere legt sie nicht dar, dass und inwiefern sie in der Zwischenzeit Massnahmen zur Lärmreduktion oder zur zeitlichen Beschränkung des Boa-Betriebes getroffen hätte bzw. die gegenteilige Aussage des Obergerichts qualifiziert unrichtig sein soll. Ist aber mangels Willkürrügen davon auszugehen, dass das Obergericht von einer anhaltenden Besitzesstörung ausgehen und willkürfrei von der Durchführung eines Augenscheins absehen durfte, bleibt für die Gehörsrüge nach dem Gesagten kein Raum. 4. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. Damit wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Rekursinstanz, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 3. Oktober 2007 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
b4682a24-555e-49b9-b619-cf5eb16bd80f
de
2,015
CH_BGer_004
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A.a. Der 1980 geborene A._ (Kläger, Beschwerdeführer) hat mit der Versicherung B._ AG (Beklagte, Beschwerdegegnerin) eine Einzel-Krankentaggeldversicherung nach VVG abgeschlossen. A.b. Am 25. Dezember 2009 erlitt A._ bei einer tätlichen Auseinandersetzung Kopf- und Gesichtsverletzungen. In der Folge wurde ihm eine Arbeitsunfähigkeit zu 100 % attestiert. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) erbrachte die gesetzlichen Versicherungsleistungen (Übernahme der Heilbehandlungskosten, Taggelder). A.c. Am 21. September 2010 meldete sich A._ bei der Eidgenössischen Invalidenversicherung (IV) zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 27. Januar 2014 verneinte die IV-Stelle Aargau einen invalidisierenden Gesundheitsschaden und entschied, A._ habe keinen Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung. Die dagegen erhobene Beschwerde von A._ wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 16. Oktober 2014 ab. A.d. Mit Verfügung vom 31. August 2011 stellte die SUVA ihre Leistungen per 30. September 2011 ein mit der Begründung, die aktuell noch geltend gemachten Beschwerden seien organisch als Folge des Unfalls nicht erklärbar, weshalb die adäquate Kausalität zu verneinen sei. Mit Einspracheentscheid vom 12. Oktober 2011 hielt die SUVA an der Leistungseinstellung fest. Dagegen erhob A._ Beschwerde, woraufhin sowohl das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 16. August 2012 als auch das Bundesgericht mit Urteil 8C_833/2012 vom 29. November 2012 die Leistungseinstellung bestätigten. Beide Instanzen kamen zum Schluss, bei A._ lägen keine organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen mehr vor, welche die über den 30. September 2011 hinaus beklagten Beschwerden erklären würden. A.e. Mit Schadenanzeige vom 14. Oktober 2011 meldete sich A._ bei der Versicherung B._ AG zum Bezug von Leistungen aus der Einzel-Krankentaggeldversicherung an. Im Auftrag der Versicherung B._ AG verfasste Dr. med. C._, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, auf der Grundlage der medizinischen Vorakten und einer Untersuchung von A._ ein psychiatrisch-psychotherapeutisches Gutachten vom 1. Februar 2012. Gestützt auf dieses Gutachten verneinte die Versicherung B._ AG mit Schreiben vom 21. Februar 2012 und vom 19. Juni 2012 einen Leistungsanspruch von A._. A.f. Am 26. November 2013 verlangte A._ von der Versicherung B._ AG erneut die Zahlung von Krankentaggeldern und verwies dabei auf ein interdisziplinäres Gutachten des Zentrums D._ vom 1. August 2013. Die Versicherung B._ AG hielt mit Stellungnahme vom 13. Februar 2014 daran fest, dass kein Leistungsanspruch bestehe. B. Am 14. März 2014 erhob A._ Klage beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau und beantragte, die Versicherung B._ AG sei zur Zahlung von Fr. 91'000.-- an ihn (bzw. an die Gemeinde Wettingen im Rahmen der Drittauszahlungsermächtigung) zu verurteilen. Mit Urteil vom 17. Februar 2015 wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau die Klage ab. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 25. März 2015 beantragt A._ dem Bundesgericht, das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau sei aufzuheben und die Versicherung B._ AG sei zur Zahlung von Fr. 91'000.-- an ihn (bzw. an die Gemeinde Wettingen im Rahmen der Drittauszahlungsermächtigung) zu verurteilen. Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen: 1. Zu beurteilen ist die Leistungspflicht aus einer Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung. Derartige Zusatzversicherungen unterstehen gemäss Art. 12 Abs. 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) dem Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (VVG; SR 221.229.1). Streitigkeiten aus solchen Versicherungen sind privatrechtlicher Natur, womit als Rechtsmittel an das Bundesgericht die Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 72 ff. BGG in Betracht kommt (BGE 138 III 2 E. 1.1 S. 3; 133 III 439 E. 2.1 S. 441 f. mit Hinweis). Die Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG). Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau hat als einzige kantonale Instanz im Sinne von Art. 7 ZPO und Art. 75 Abs. 2 lit. a BGG entschieden, weshalb die Beschwerde in vermögensrechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG unabhängig vom Erreichen der Streitwertgrenze nach Art. 74 Abs. 1 BGG zulässig ist (vgl. BGE 138 III 2 E. 1.2.2 S. 4 ff., 799 E. 1.1 S. 800). Die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist unter Vorbehalt rechtsgenügend begründeter Rügen auf die Beschwerde einzutreten. 2. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe zu Unrecht auf das von Dr. med. C._ erstellte Parteigutachten der Beschwerdegegnerin abgestellt und gestützt darauf als überwiegend wahrscheinlich erachtet, dass ab 1. Oktober 2011 keine relevante Arbeitsunfähigkeit mehr bestanden habe. 2.1. Der Vorinstanz lagen vier ärztliche Beurteilungen des gesundheitlichen Zustands des Beschwerdeführers und dessen Arbeits (un) fähigkeit vor. Dr. med. C._ verfasste ein Gutachten im Auftrag der Beschwerdegegnerin. Darin kam er zum Schluss, eine relevante Arbeitsunfähigkeit lasse sich aus rein psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht nicht begründen. Pract. med. E._ behandelte den Beschwerdeführer ab dem 17. Mai 2011 und hielt in einem Bericht vom 16. Mai 2012 fest, es sei dem Beschwerdeführer zumutbar, mit einem Arbeitsversuch von ein bis zwei Stunden in einer angepassten Tätigkeit im geschützten, ruhigen Rahmen zu beginnen und den zeitlichen Umfang langsam zu steigern. Das Zentrum D._ verfasste ein interdisziplinäres Gutachten vom 1. August 2013. Darin attestiert der psychiatrische Gutachter Dr. med. F._ aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung seit Dezember 2009 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit. Die IV-Stelle Aargau unterbreitete die Akten Dr. med. G._. Dieser kam in einer konsiliarischen Aktenbeurteilung vom 13. November 2013 zum Schluss, der Beschwerdeführer weise eine Arbeitsfähigkeit von rund 40-50 % auf. Die Vorinstanz würdigte die vorliegenden Gutachten und den Bericht. Sie erachtete als nachvollziehbar, dass Dr. med. C._ beim Beschwerdeführer keine relevante Arbeitsunfähigkeit für gegeben erachtet habe. Darauf sei abzustützen; dies auch in Würdigung des Umstands, dass es sich dabei um ein Parteigutachten handle. In dieser Hinsicht stützte sich die Vorinstanz auf BGE 125 V 351 E. 3b/dd S. 353, wonach der Umstand allein, dass eine ärztliche Stellungnahme von einer Partei eingeholt und in das Verfahren eingebracht werde, nicht Zweifel an ihrem Beweiswert rechtfertige. Die Vorinstanz stellte somit auf das Gutachten von Dr. med. C._ ab und erachtete es als überwiegend wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer ab 1. Oktober 2011 keine relevante Arbeitsunfähigkeit aufgewiesen habe. Damit habe dieser keinen Anspruch auf Leistung von Krankentaggeldern. 2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, beim Gutachten von Dr. med. C._ handle es sich nicht um ein neutrales Gutachten, sondern um ein Parteigutachten. Ein solches gelte zivilprozessual als blosse Parteibehauptung, nicht aber als Beweismittel, was das Bundesgericht in BGE 132 III 83 E. 3.4 festgehalten habe. Die von der Vorinstanz zitierte sozialversicherungsrechtliche Rechtsprechung sei weder direkt noch analog anwendbar, weil die Beschwerdegegnerin nicht als eine mit hoheitlicher Gewalt ausgestattete Verwaltungsbehörde zur Neutralität verpflichtet sei und den notwendigen Sachverhalt auch nicht von Amtes wegen abzuklären habe. Vielmehr nehme sie als Privatversicherin schon bei der Sachverhaltsermittlung ihre Parteiinteressen wahr. Es sei offensichtlich unhaltbar, dass sich die Vorinstanz auf eine blosse Parteibehauptung ohne Beweiswert stütze. Die Beschwerdegegnerin macht demgegenüber geltend, die Vorinstanz habe richtig festgehalten, dass am Beweiswert des Privatgutachtens nicht allein deshalb zu zweifeln sei, weil es von einer Partei eingeholt worden sei. Die Beschwerdegegnerin verweist auf das Urteil des Bundesgerichts 4A_505/2012 vom 6. Dezember 2012, das auch auf (den vorinstanzlich zitierten) BGE 125 V 351 hinweise. 2.3. In BGE 125 V 351 hat das Bundesgericht was folgt ausgeführt: Was Parteigutachten anbelangt, rechtfertigt der Umstand allein, dass eine ärztliche Stellungnahme von einer Partei eingeholt und in das Verfahren eingebracht wird, nicht Zweifel an ihrem Beweiswert (E. 3b/dd S. 353). Auch ein Parteigutachten enthält mithin Äusserungen eines Sachverständigen, welche zur Feststellung eines medizinischen Sachverhalts beweismässig beitragen können (E. 3c S. 354). Daraus folgt indessen nicht, dass ein solches Gutachten den gleichen Rang wie ein vom Gericht oder von einem Unfallversicherer nach dem vorgegebenen Verfahrensrecht eingeholtes Gutachten besitzt. Es verpflichtet indessen - wie jede substanziiert vorgetragene Einwendung gegen ein solches Gutachten - den Richter, den von der Rechtsprechung aufgestellten Richtlinien für die Beweiswürdigung folgend, zu prüfen, ob es in rechtserheblichen Fragen die Auffassungen und Schlussfolgerungen des vom Gericht oder vom Unfallversicherer förmlich bestellten Gutachters derart zu erschüttern vermag, dass davon abzuweichen ist. Diese Rechtsprechung hat ihren Ursprung beim (damaligen) Eidgenössischen Versicherungsgericht (vgl. LUCREZIA GLANZMANN, Der Beweiswert medizinischer Erhebungen im Zivil-, Straf- und Sozialversicherungsprozess, AJP 2005 S. 77). Die in BGE 125 V 351 enthaltenen Erwägungen wurden bis heute denn auch primär in Urteilen der beiden sozialversicherungsrechtlichen Abteilungen bestätigt (vgl. etwa Urteile 9C_49/2014 vom 29. Oktober 2014 E. 4.1; 8C_892/2013 vom 27. März 2014 E. 5.3.2), fanden aber auch Eingang in Urteile anderer Abteilungen (vgl. etwa BGE 137 II 266 E. 3.2 S. 270 f.; Urteil 4A_505/2012 vom 6. Dezember 2012 E. 3.6). Gleichzeitig hat das Bundesgericht immer wieder bestätigt, dass Parteigutachten nicht die Qualität von Beweismitteln, sondern von blossen Parteibehauptungen beizumessen ist (BGE 140 III 24 E. 3.3.3 S. 29; 140 III 16 E. 2.5 S. 24; 139 III 305 E. 5.2.5 S. 319; 135 III 670 E. 3.3.1 S. 677; 132 III 83 E. 3.6 S. 88 f.). 2.4. Die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin stützen sich auf BGE 125 V 351 und erachten das Abstützen auf das von der Beschwerdegegnerin eingeholte Privatgutachten von Dr. med. C._ als zulässig, während der Beschwerdeführer mit Hinweis auf die ebenfalls publizierte Rechtsprechung, wonach Parteigutachten blosse Parteibehauptungen seien, das Vorgehen der Vorinstanz als unzulässig erachtet. Es besteht daher Anlass zur Klarstellung, was in Verfahren nach der ZPO gilt, die für Streitigkeiten aus der Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung (auch vor den Versicherungsgerichten) die massgebliche Verfahrensordnung bildet (BGE 138 III 558 E. 3.2 S. 561). 2.5. 2.5.1. Nach Art. 168 Abs. 1 ZPO sind als Beweismittel zulässig: Zeugnis (lit. a), Urkunde (lit. b), Augenschein (lit. c), Gutachten (lit. d), schriftliche Auskunft (lit. e) sowie Parteibefragung und Beweisaussage (lit. f). Diese Aufzählung ist abschliessend; im Zivilprozessrecht besteht insofern ein numerus clausus der Beweismittel (Urteil 5A_957/2012 vom 28. Mai 2013 E. 2; Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7320 Ziff. 5.10.3). Vorbehalten bleiben nach Art. 168 Abs. 2 ZPO lediglich die Bestimmungen über Kinderbelange in familienrechtlichen Angelegenheiten. In seiner Botschaft zur ZPO gesteht der Bundesrat zu, dass eine abschliessende Aufzählung zulässiger Beweismittel auf den ersten Blick den Kernprinzipien des Beweisrechts (Recht auf Beweis, freie Beweiswürdigung nach Art. 157 ZPO) zu widersprechen scheint; die Rechtssicherheit und das Gebot eines fairen Verfahrens gebieten jedoch eine klare Aussage des Gesetzes darüber, wie, wann und mit welchen Mitteln Beweis zu führen sei (Botschaft zur ZPO, BBl 2006 7320 Ziff. 5.10.3). 2.5.2. Aus dem Begriff "Gutachten" (Art. 168 Abs. 1 lit. d ZPO) alleine lässt sich noch nicht ableiten, ob darunter auch ein Privatgutachten zu subsumieren ist. Systematisch sind indessen Art. 183 ff. ZPO zu berücksichtigen, die das Gutachten als Beweismittel näher regeln. Nach Art. 183 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Gericht auf Antrag einer Partei oder von Amtes wegen bei einer oder mehreren sachverständigen Personen ein Gutachten einholen (Hervorhebung hinzugefügt). Aus der Gesetzessystematik wird mithin klar, dass Art. 168 Abs. 1 lit. d ZPO einzig vom Gericht eingeholte Gutachten als Beweismittel zulässt. Diese Auslegung wird gestützt von den Materialien. Neben dem gerichtlich bestellten Gutachten (Art. 168 Abs. 1 lit. d ZPO) sah der Vorentwurf explizit auch das Privatgutachten vor (Art. 182 des Vorentwurfs von 2003 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung). Aufgrund der Kritik in der Vernehmlassung wurde in der Folge auf dieses Beweismittel verzichtet; Privatgutachten bleiben nach der Botschaft zwar zulässig, aber nicht als Beweismittel, sondern nur als Parteibehauptungen (Botschaft zur ZPO, BBl 2006 7325 Art. 180-185). 2.5.3. Nach einem Teil der Lehre sollen Privatgutachten dem Gericht als Urkunden i.S.v. Art. 168 Abs. 1 lit. b und Art. 177 ff. ZPO eingereicht werden dürfen (ANDREAS BINDER/ROMAN S. GUTZWILER, Das Privatgutachten - eine Urkunde gemäss Art. 177 ZPO, ZZZ 2013 S. 171 ff.; DAVID HOFMANN/CHRISTIAN LÜSCHER, Le Code de procédure civile, 2. Aufl. 2015, S. 149; THOMAS WEIBEL, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 3 f. zu Art. 177 ZPO; wohl auch HANS SCHMID, Kurzkommentar ZPO, 2. Aufl. 2014, N. 18 zu Art. 183 ZPO). Entgegen dieser Ansicht ist es nicht möglich, ein Privatgutachten unter dem Titel der Urkunde doch noch als Beweismittel für die inhaltliche Richtigkeit der im Gutachten enthaltenen Aussagen in das Verfahren einzubringen. Denn der Gesetzgeber lehnte das Privatgutachten als Beweismittel i.S.v. Art. 168 Abs. 1 ZPO allgemein und nicht nur als Gutachten i.S.v. Art. 168 Abs. 1 lit. d ZPO ab (in diesem Sinn auch DAVID RÜETSCHI, Das Parteigutachten unter der neuen ZPO, Unter Berücksichtigung der geografischen Marke, in: Festschrift für J. David Meisser zum 65. Geburtstag, 2012, S. 16 f.; SVEN RÜETSCHI, in: Berner Kommentar, 2012, N. 35 zu Art. 183 ZPO; FRANZ MÜLLER/SIMON ZINGG, Der Beizug von Sachverständigen im Zivilprozess aus anwaltlicher Sicht, in: ZBJV 2009, S. 651 Fn. 87; vgl. auch ANNETTE DOLGE, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 12 zu Art. 177 ZPO; KILIAN PERROULAZ, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 4 zu Art. 183 ZPO; differenzierend PHILIPPE SCHWEIZER, in: Code de procédure civile commenté, 2011, N. 4 zu Art. 177 ZPO). 2.6. Im Zivilprozess stellt ein Privatgutachten somit kein Beweismittel dar. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin gilt mithin die sozialversicherungsrechtliche Rechtsprechung nach BGE 125 V 351 unter dem Anwendungsbereich der ZPO nicht. Vielmehr ist die vom Beschwerdeführer angerufene Rechtsprechung anwendbar, wonach Parteigutachten nicht die Qualität von Beweismitteln, sondern von blossen Parteibehauptungen beizumessen ist (BGE 140 III 24 E. 3.3.3 S. 29; 140 III 16 E. 2.5 S. 24; 139 III 305 E. 5.2.5 S. 319; 135 III 670 E. 3.3.1 S. 677; 132 III 83 E. 3.6 S. 88 f.). Allerdings ist zu beachten, dass nur Tatsachenbehauptungen bewiesen werden müssen, die ausdrücklich bestritten sind. Bestreitungen sind so konkret zu halten, dass sich bestimmen lässt, welche einzelnen Behauptungen des Klägers damit bestritten werden (BGE 117 II 113 E. 2 S. 113); die Bestreitung muss ihrem Zweck entsprechend so konkret sein, dass die Gegenpartei weiss, welche einzelne Tatsachenbehauptung sie beweisen muss (BGE 115 II 1 E. 4 S. 2). Der Grad der Substanziierung einer Behauptung beeinflusst insofern den erforderlichen Grad an Substanziierung einer Bestreitung; je detaillierter einzelne Tatsachen eines gesamten Sachverhalts behauptet werden, desto konkreter muss die Gegenpartei erklären, welche dieser einzelnen Tatsachen sie bestreitet. Je detaillierter mithin ein Parteivortrag ist, desto höher sind die Anforderungen an eine substanziierte Bestreitung. Diese sind zwar tiefer als die Anforderungen an die Substanziierung einer Behauptung (vgl. BGE 117 II 113 E. 2 S. 113 f.; HANS PETER WALTER, in: Berner Kommentar, 2012, N. 204 zu Art. 8 ZGB; JÜRGEN BRÖNNIMANN, in: Berner Kommentar, 2012, N. 15 zu Art. 150 ZPO); pauschale Bestreitungen reichen indessen nicht aus. Erforderlich ist eine klare Äusserung, dass der Wahrheitsgehalt einer bestimmten und konkreten gegnerischen Behauptung infrage gestellt wird (HANS PETER WALTER, a.a.O., N. 191 zu Art. 8 ZGB). Parteibehauptungen, denen ein Privatgutachten zugrunde liegt, werden meist besonders substanziiert sein. Entsprechend genügt eine pauschale Bestreitung nicht; die Gegenpartei ist vielmehr gehalten zu substanziieren, welche einzelnen Tatsachen sie konkret bestreitet. Wird jedoch eine Tatsachenbehauptung von der Gegenpartei substanziiert bestritten, so vermögen Parteigutachten als reine Parteibehauptungen diese allein nicht zu beweisen (vgl. BGE 132 III 83 E. 3.5 S. 88). Als Parteibehauptungen mögen sie allenfalls zusammen mit - durch Beweismittel nachgewiesenen - Indizien den Beweis zu erbringen. Werden sie aber nicht durch Indizien gestützt, so dürfen sie als bestrittene Behauptungen nicht als erwiesen erachtet werden. Dies hat die Vorinstanz verkannt, wenn sie vorliegend ein Privatgutachten als Beweismittel zugelassen und einzig gestützt auf dieses Gutachten als bewiesen erachtet hat, dass der Beschwerdeführer im zu beurteilenden Zeitraum arbeitsfähig gewesen sei. Damit hat sie nach dem Gesagten Art. 168 Abs. 1 ZPO verletzt. Die Rüge des Beschwerdeführers erweist sich mithin als begründet. 3. Das vorinstanzliche Urteil enthält auch eine Eventualbegründung. Nachdem die Hauptbegründung der Überprüfung nicht standhält, ist nachfolgend daher auf die Rügen einzugehen, die der Beschwerdeführer gegen die Eventualbegründung vorbringt. Die Vorinstanz hat im Rahmen dieser Eventualbegründung ausgeführt, der Beschwerdeführer hätte auch bei Bejahung einer weiterhin bestehenden Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf Taggeldleistungen, weil er seine Schadenminderungspflicht nach Ziff. 3.7 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und Art. 61 VVG verletzt habe. 3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs. Er habe nicht ahnen können, dass die Vorinstanz die Klage schliesslich mit dem Vorwurf der Verletzung der Schadenminderungspflicht abweisen würde. Gerade weil die Beschwerdegegnerin in der Duplik keine konkreten Vorwürfe hinsichtlich der Mitwirkung an der Behandlung erhoben habe, sei es für den Beschwerdeführer auch nach Erhalt der Duplik nicht vorhersehbar gewesen, dass sich die Vorinstanz auf diesen Standpunkt stellen könnte. Die Vorinstanz begründe mithin die Klageabweisung gestützt auf einen Sachverhalt, der im vorangegangenen Verfahren nicht zur Sprache gekommen sei, auf den sich keine Partei berufen habe und dessen Erheblichkeit die Parteien im konkreten Fall auch nicht hätten voraussehen können. Deshalb wäre die Vorinstanz verpflichtet gewesen, vor Erlass des Urteils den Parteien Gelegenheit zu geben, zum Vorwurf, der Beschwerdeführer habe sich der zumutbaren Behandlung entzogen und habe dadurch seine Heilung verzögert, Stellung zu nehmen. 3.2. Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 53 Abs. 1 ZPO). Dieser Anspruch ist auch grundrechtlich gewährleistet (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK); er dient der Sachaufklärung und garantiert den Verfahrensbeteiligten ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht (BGE 140 I 99 E. 3.4 S. 102; 137 II 266 E. 3.2 S. 270). Sie haben insbesondere Anspruch auf Äusserung zur Sache vor Fällung des Entscheids, auf Abnahme ihrer erheblichen, rechtzeitig und formrichtig angebotenen Beweise und auf Mitwirkung an der Erhebung von Beweisen oder zumindest auf Stellungnahme zum Beweisergebnis (BGE 140 I 99 E. 3.4 S. 102 f.; 135 II 286 E. 5.1 S. 293; 134 I 140 E. 5.3 S. 148). Voraussetzung dafür sind genügende Kenntnisse über den Verfahrensverlauf, weshalb die Parteien in geeigneter Weise über die entscheidwesentlichen Vorgänge und Grundlagen vorweg orientiert werden müssen (BGE 140 I 99 E. 3.4 S. 103). Die Parteien eines Verfahrens haben das Recht, sich zu rechtserheblichen Sachverhaltsvorbringen zu äussern, auf welche zu ihrem Nachteil abgestellt wird (BGE 139 II 489 E. 3.3 S. 496; 137 IV 33 E. 9.2 S. 48 f.; 136 V 351 E. 4.4 S. 355 f.). 3.3. Die Beschwerdegegnerin hat - erst in der Duplik - Art. 61 VVG und das (theoretische) Bestehen einer Schadenminderungspflicht zwar erwähnt. Dies geschah indes unter dem Titel "Zum Begriff der Arbeitsunfähigkeit" und diente der Begründung dafür, dass die Praxis zur Überwindbarkeit chronischer Schmerzstörungen vorliegend anwendbar sei. Wie der Beschwerdeführer zu Recht vorbringt, hat die Beschwerdegegnerin keine konkreten Vorwürfe hinsichtlich der Mitwirkung an der Behandlung erhoben. Selbst die Beschwerdegegnerin gibt in ihrer Vernehmlassung sinngemäss an, dass die Schadenminderungspflicht insofern kein Thema gewesen sei, als sie einen Leistungsanspruch mangels Arbeitsunfähigkeit verneint habe. Es habe für sie folglich keine Veranlassung gegeben, den Beschwerdeführer zur Einhaltung seiner Schadenminderungspflicht anzuhalten. Da eine Verletzung der Schadenminderungspflicht des Beschwerdeführers somit im vorinstanzlichen Verfahren nicht erwogen wurde und die Parteien keinen Anlass hatten, sich dazu zu äussern, wäre vor der Abweisung der Klage mit dieser (Eventual-) Begründung eine vorgängige Anhörung der Parteien und insbesondere des Beschwerdeführers angezeigt gewesen. Indem die Vorinstanz dies unterliess, verletzte sie das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers. Eine Heilung dieser Gehörsverletzung kommt im bundesgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.3.2 S. 197 f. und E. 2.7 S. 199 mit Hinweisen). 4. Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen, das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 17. Februar 2015aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Vorinstanz hat dabei entweder die Beweiswürdigung erneut vorzunehmen unter Berücksichtigung der zum Privatgutachten dargelegten Grundsätze (Hauptbegründung) oder sie hat den Parteien das rechtliche Gehör zur Frage der Verletzung der Schadenminderungspflicht zu gewähren (Eventualbegründung). Der Beschwerdeführer dringt mit seinen Begehren nur teilweise durch. Da zum jetzigen Zeitpunkt zudem noch ungewiss ist, in welchem Umfang er in der Sache obsiegen wird, erscheint es gerechtfertigt, die Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer eine reduzierte Parteientschädigung auszurichten; da die Beschwerdegegnerin nicht anwaltlich vertreten ist, hat sie keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 133 III 439 E. 4 S. 446 mit Hinweis).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 17. Februar 2015 wird aufgehoben. Die Sache wird zur Ergänzung des Sachverhalts und neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'500.-- werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt. 3. Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 11. September 2015 Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Kiss Die Gerichtsschreiberin: Marti-Schreier
b49b2a15-b9c7-4e72-96fa-fd9f0effe616
de
2,012
CH_BGer_008
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. S._ ist bei der Bundesverwaltung angestellt. Für seinen 1989 geborenen Sohn, welcher am 19. Juni 2009 die Matura abgeschlossen (Schuljahresende per 31. August 2009) und anschliessend die Rekrutenschule (29. Juni bis 20. November 2009) besucht hatte, bezog er eine Ausbildungszulage bis und mit August 2009. Am 24. Oktober 2009 ersuchte er um Ausbildungszulagen u.a. für seinen Sohn. Dieser absolvierte vom 8. März 2010 bis 31. März 2011 ein Praktikum, um danach die Lehre als Tierpfleger zu beginnen. Die Eidgenössische Ausgleichskasse (nachfolgend: EAK) sprach S._ mit Verfügung vom 12. November 2010 für seinen Sohn ab dem 1. März 2010 eine Ausbildungszulage zu, verneinte jedoch einen Anspruch für die Zeit vom 1. September 2009 bis 28. Februar 2010. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 4. Januar 2011 fest. B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 21. Juli 2011 ab. C. S._ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und es seien ihm für seinen Sohn für die Zeit vom 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 Ausbildungszulagen auszurichten. Die EAK schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung. D. Mit Eingabe vom 25. April 2012 hält S._ an seinem Begehren fest.
Erwägungen: 1. 1.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 1.2 Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Abs. 2). Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge nach Art. 97 Abs. 1 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes wegen nach Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um die Frage geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt. Entsprechende Beanstandungen sind vergleichbar mit den in Art. 106 Abs. 2 BGG genannten Rügen. Demzufolge genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr ist in der Beschwerdeschrift nach den erwähnten gesetzlichen Erfordernissen darzulegen, inwiefern diese Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung einer verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind. Andernfalls können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden. Vorbehalten bleiben offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG, die dem Richter geradezu in die Augen springen (BGE 133 IV 286 E. 6.2 S. 288; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255). 1.3 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 135 V 194). Solche Umstände können namentlich in formellrechtlichen Mängeln des angefochtenen Entscheides liegen, mit denen die Partei nicht rechnete und nach Treu und Glauben nicht zu rechnen brauchte, oder darin, dass die Vorinstanz materiell in einer Weise urteilt, dass bestimmte Sachumstände neu und erstmals rechtserheblich werden. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können. Das Vorbringen von Tatsachen, die sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereigneten oder entstanden (echte Noven), ist vor Bundesgericht unzulässig (Urteil 8C_1007/2010 vom 9. Mai 2011 E. 2 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer stützt sich in seiner Beschwerde an das Bundesgericht massgeblich auf das Schreiben des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes, Erziehungsdirektion des Kantons Bern, vom 28. Juli 2011, welches erst nach Erlass des vorinstanzlichen Entscheids erstellt wurde. Die Frage, ob es sich dabei um ein zulässiges Novum im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG handelt, kann offen bleiben, da - wie nachfolgend gezeigt wird - selbst unter Berücksichtigung dieses Schreibens sich am Ergebnis nichts ändert (E. 4). 2. Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über das zeitlich massgebende Recht (BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220), die Voraussetzungen der Ausrichtung einer Ausbildungszulage (Art. 3 Abs. 1 lit. b FamZG; Art. 1 Abs. 1 FamZV in Verbindung mit Art. 25 Abs. 5 AHVG) und die zum Begriff der Ausbildung im Sinne von Art. 25 Abs. 5 AHVG ergangene Rechtsprechung (AHI 2003 S. 289 [I 176/01]; SVR 2011 IV Nr. 45 S. 137 [9C_283/2010], 2010 IV Nr. 1 S. 1 [9C_674/2008]) zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die fehlende Verbindlichkeit von Verwaltungsweisungen für das Gericht (BGE 133 V 257 E. 3.2 S. 258, 132 V 121 E. 4.4 S. 125). Darauf wird verwiesen. 3. Streitig ist, ob dem Sohn des Beschwerdeführers auch der Zeitraum vom 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 als Ausbildungszeit anzuerkennen ist und demnach ein Anspruch auf eine Ausbildungszulage besteht. 4. 4.1 Nach Art. 3 Abs. 1 lit. b FamZG werden Ausbildungszulagen ab Ende des Monats, in welchem das Kind das 16. Altersjahr vollendet, bis zum Abschluss der Ausbildung ausgerichtet, längstens jedoch bis zum Ende des Monats, in welchem das Kind das 25. Altersjahr vollendet. Sowohl im Parlament wie zuvor auch schon in den Kommissionen gab es zum Begriff der Ausbildung in Art. 3 Abs. 1 FamZG keine einlässlichen Diskussionen (vgl. etwa AB 2005 N 288 und AB 2005 S 714; Protokoll der nationalrätlichen Kommission vom 30. Juni bis 2. Juli 2004, S. 14 und der ständerätlichen Kommission vom 2./3. Mai 2005, S. 25). Aus den Materialien zum FamZG ergeben sich demnach keine Hinweise auf eine selbstständige Auslegung des Begriffs Ausbildung und deren Unterbrechung oder Beendigung. 4.2 Art. 1 Abs. 1 FamZV statuiert, dass ein Anspruch auf eine Ausbildungszulage für jene Kinder besteht, die eine Ausbildung im Sinne des Art. 25 Abs. 5 AHVG absolvieren. 4.2.1 Art. 25 Abs. 5 Satz 2 AHVG beauftragt den Bundesrat, den Begriff der Ausbildung zu regeln, was dieser mit den auf den 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Art. 49bis und 49ter AHVV getan hat. Entgegen der Darlegung im vorinstanzlichen Entscheid kommen daher Art. 49bis und 49ter AHVV nicht zur Anwendung, da sie im massgebenden Zeitpunkt (September 2009 bis Februar 2010) noch nicht in Kraft standen. Gleichwohl können die Materialien zu Art. 49bis und 49ter AHVV beigezogen werden, da sie vornehmlich den zuvor von Verwaltungs- und Gerichtspraxis entwickelten allgemeinen Grundsätzen entsprechen. Das BSV hat in seinen Erläuterungen zu diesen beiden neuen Verordnungsnormen festgehalten, angesichts des heute doch beachtlichen Erwerbsersatzes, den bereits Rekruten während ihres Dienstes erhalten, rechtfertige es sich, während Ausbildungsunterbrüchen wegen Zivil- oder Militärdienstes grundsätzlich keine Waisen- und Kinderrenten mehr fliessen zu lassen; eine Ausnahme sei nur dann zuzulassen, wenn die Dienstzeit in die unterrichtsfreie Zeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten gelegt werde, so dass eine am Stück absolvierte Rekrutenschule nur noch ausnahmsweise als Ausbildungszeit gelte. Abschliessend wird festgehalten, Art. 49ter AHVV begrenze die Leistungspflicht auf objektiv notwendige Ausbildungsunterbrüche, was grundsätzlich der bisherigen Praxis entspreche. 4.2.2 Es kann somit für die nähere Bestimmung des Begriffes Ausbildung sowie deren Unterbrechung und Beendigung auf die Gerichts- und Verwaltungspraxis, namentlich die Weisungen des BSV (hier: Wegleitung zum Bundesgesetz über die Familienzulagen FamZG [FamZWL] in Verbindung mit der Wegleitung über die Renten in der Eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, [RWL]) abgestellt werden (vgl. dazu auch Ueli Kieser/Marco Reichmuth, Bundesgesetz über die Familienzulagen, 2010, N. 36 zu Art. 3 FamZG). Danach gelten Personen, welche während der Ausbildung Militär- oder Zivildienst leisten, weiterhin als in Ausbildung begriffen, wenn sie sich bis zum Eintritt in den Militär- oder Zivildienst in Ausbildung befanden und diese nach dem geleisteten Dienst bei nächstmöglicher Gelegenheit fortsetzen (Rz. 3370 RWL in der von 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung). So liegt keine Unterbrechung der Ausbildung vor, wenn ein Maturand das Hochschulstudium infolge Absolvierung des obligatorischen Militärdienstes hinausschiebt, weil die Ausbildung mit der Matura in der Regel nicht abgeschlossen wird; dies gilt selbst für den Fall der Aufnahme einer lückenfüllenden Erwerbstätigkeit (BGE 100 V 164). Die Rechtsprechung hat auch zwischen Unterbruch einer Ausbildung und Abbruch einer Ausbildung mit Aufnahme einer anderen Ausbildung unterschieden, wobei nur in solchen Fällen der Anspruch nicht verloren ging, in welchen die begonnene Ausbildung wieder aufgenommen oder zumindest durch eine solche abgelöst wurde, welche eine normale Fortsetzung der Ausbildung darstellte (BGE 102 V 208 E. 3 in fine S. 211, auch in: ZAK 1977 S. 265). 4.2.3 Das BSV hat sich auch in seinen Erläuterungen zur Verordnung über die Familienzulagen vom 31. Oktober 2007 zum Begriff der Ausbildung in Zusammenhang mit den Ausbildungszulagen geäussert. Unter den Begriff der Ausbildung fallen danach ordentliche Lehrverhältnisse sowie Tätigkeiten zum Erwerb von Vorkenntnissen für ein Lehrverhältnis, aber auch Kurs- und Schulbesuche, wenn sie der berufsbezogenen Vorbereitung auf eine Ausbildung oder der späteren Berufsausübung dienen. Bei Kurs- und Schulbesuchen sind Art der Lehranstalt und Ausbildungsziel unerheblich, soweit diese im Rahmen eines ordnungsgemässen, (faktisch oder rechtlich) anerkannten Lehrganges eine systematische Vorbereitung auf das jeweilige Ziel bieten. Danach gilt nur als Bestandteil der Ausbildung, wenn zwischen diesem und dem Berufsziel ein Zusammenhang besteht. 4.3 Mit der Erlangung der Matura ist in der Regel die Ausbildung nicht abgeschlossen, sondern sie ist ein erster Schritt auf dem Weg zu einem Hochschulstudium (vgl. dazu etwa BGE 100 V 164; Urteil der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 13. Juli 1993, in: SVR 1994 KZ Nr. 5 S. 9 oder Urteil 9C_910/2008 vom 28. Januar 2009). Wird nach der Matura kein Studium aufgenommen, sondern eine Berufslehre absolviert, so kann die Matura insofern als erster Schritt einer kontinuierlichen Ausbildung betrachtet werden, wenn sie im Rahmen der weiteren Ausbildung wenigstens eine gewisse Anerkennung findet. Dies trifft zu, wenn sie auf die weitere Ausbildung einen konkreten Einfluss hat. Somit liegt ein Unterbruch in der Ausbildung vor, wenn sich die Matura als erster Schritt einer planmässigen Ausbildung auf diese auswirkt, etwa indem sie anstelle einer bereits abgeschlossenen ersten Berufslehre Voraussetzung für den Beginn eines Ausbildungsziels ist (z.B. bei Berufen in Gesundheitswesen oder Hotellerie) oder wenn sich die Ausbildungsdauer infolge der Matura verkürzt; hingegen liegen ein Abbruch und eine Wiederaufnahme der Ausbildung vor, wenn die Matura, welche zwar ein gute Allgemeinbildung vermittelt, keinen Niederschlag im Ablauf oder in der Dauer der Ausbildung findet. 4.4 Die ordentliche Lehre als Tierpfleger setzt eine abgeschlossene Grundschule voraus und dauert drei Jahre, wobei nebst der praktischen Ausbildung im Lehrbetrieb der Besuch der Berufsfachschule sowie von überbetrieblichen Kursen obligatorisch ist. Eine verkürzte Lehre von ein bis zwei Jahren ist möglich, sofern die auszubildende Person über einen Abschluss in einem verwandten Beruf verfügt. Bei "Quereinsteigern" beträgt die Ausbildungsdauer ein bis drei Jahre, wobei die praktische Ausbildung im Rahmen eines Praktikums oder in einem Lehrbetrieb absolviert wird und der Besuch der Berufsfachschule sowie der überbetrieblichen Kurse freiwillig erfolgt; Voraussetzung für "Quereinsteiger" sind ein Berufsabschluss (Lehre oder Matura), fünf Jahre Berufserfahrung (einschliesslich der Lehre) sowie drei Jahre Erfahrung in der Tierpflege im Zeitpunkt der Abschlussprüfung. 4.5 Für die hier vorzunehmende Abgrenzung zwischen Unterbruch einer (kontinuierlichen) Ausbildung einerseits und Abbruch einer Ausbildung und Aufnahme einer neuen Ausbildung andererseits spielt der Grund der "Lücke" in der Ausbildung keine Rolle. Insofern ist unerheblich, ob diese "Lücke" durch die Absolvierung der Rekrutenschule entsteht oder aus anderen Gründen. Denn ein Leistungsanspruch während der Absolvierung von Militär- oder Zivildienst besteht nach konstanter Praxis nicht grundsätzlich, sondern nur, wenn die begonnene Ausbildung nach Leistung des Militär- oder Zivildienstes bei der nächstmöglichen Gelegenheit fortgesetzt wird (vgl. etwa Urteil 9C_283/2010 vom 17. Dezember 2010 E. 3.2 mit Verweis auf ZAK 1967 S. 550). Dabei ist unbeachtlich, ob die Ausbildung nach der Matura mit einem Hochschulstudium oder einem anderen Lehrgang fortgesetzt wird; massgebend ist jedoch, dass es sich insgesamt um eine kontinuierliche Ausbildung handelt (vgl. E. 4.3 sowie Urteil 9C_910/2008 vom 28. Januar 2009 E. 3, wo von der "erforderlichen Kontinuität der Ausbildung" die Rede ist). 5. Die vom Sohn des Beschwerdeführers begonnene Lehre als Tierpfleger dauert drei Jahre und umfasst nebst der praktischen Tätigkeit im Lehrbetrieb auch den Besuch der berufsspezifischen Fächer der Berufsschule; hingegen ist er vom Besuch der allgemeinbildenden Fächer angesichts der bestandenen Matura dispensiert. Somit profitiert der Sohn des Beschwerdeführers von seiner Matura insofern, als ihm ein Teil der schulischen Ausbildung während der Lehre erlassen wird. An der gesamten Ausbildungszeit ändert sich jedoch nichts, da er - zusätzlich zu einem einjährigen Praktikum - die ordentliche Zeit von drei Jahren Lehre absolviert. Demnach unterscheidet sich seine Lehre nicht wesentlich von der ordentlichen Lehre zum Tierpfleger einer Person, die lediglich über einen Grundschulabschluss verfügt, und es kann nicht gesagt werden, er habe von seiner Vorbildung (Matura) erheblich profitiert, etwa durch eine Verkürzung der Ausbildungsdauer, wie es angesichts der anwendbaren Bestimmungen grundsätzlich möglich und unter Berücksichtigung des einjährigen Praktikums im Lehrbetrieb vor Antritt der Lehre auch bezüglich der notwendigen praktischen Voraussetzungen zu erwarten wäre. Damit stellen die Matura und die Lehre zum Tierpfleger keine kontinuierliche Ausbildung dar, sondern es liegt ein Abbruch der Ausbildung mit Aufnahme einer neuen Ausbildung nach Absolvierung der Rekrutenschule vor. Dies wird denn auch dadurch bestätigt, dass der Beschwerdeführer in seinem Leistungsgesuch vom 24. Oktober 2009 kein Ausbildungsziel für seinen Sohn angeben konnte. Das Dahinfallen des Anspruchs auf Familienzulage ist denn auch nicht durch die Absolvierung des Militärdienstes begründet, sondern in der fehlenden Kontinuität der Ausbildung. Vorinstanz und Verwaltung haben demnach zu Recht einen Anspruch auf Ausbildungszulagen für die Zeit vom September 2009 bis Februar 2010 verneint. 6. Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 16. Juli 2012 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Ursprung Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold
b5828600-8b55-4d1d-b8f9-a1f153c2cef1
de
2,012
CH_BGer_009
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Sachverhalt: A. Mit Verfügung vom 21. Dezember 2009 sprach die IV-Stelle des Kantons St. Gallen dem 1947 geborenen O._ eine Viertelsrente der Invalidenversicherung ab 1. Juni 2007 zu, dies in Berücksichtigung u.a. der Gutachten des Dr. med. K._, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 27. Mai 2008 und des Zentrums A._ vom 20. Juni 2008. B. In Gutheissung der Beschwerde des O._ hob das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 19. März 2012 die Verfügung vom 21. Dezember 2009 auf und sprach dem Versicherten eine halbe Rente ab dem 1. September 2006 zu. C. Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 19. März 2012 sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass O._ keinen Rentenanspruch hat. O._ beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Versicherungsgericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 135 II 94 E. 1 S. 96; Urteil 9C_959/2009 vom 19. Februar 2010 E. 2.1). 2. Der angefochtene Entscheid spricht dem Beschwerdegegner eine halbe Rente der Invalidenversicherung ab 1. September 2006 zu. Die Beschwerde führende IV-Stelle beantragt, es sei festzustellen, dass kein Rentenanspruch bestehe. Im selben Sinne hatte sie sich schon in der vorinstanzlichen Vernehmlassung geäussert, nachdem sie mit der angefochtenen Verfügung den Anspruch auf eine Viertelsrente ab 1. Juni 2007 bejaht hatte. 2.1 Gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Auf diese in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnittene Beschwerdebefugnis kann sich auch eine Behörde berufen, sofern sie nicht nur ein öffentliches Interesse an der richtigen Durchführung des Bundesrechts, sondern wie ein Privater ein bestimmtes, eigenes finanzielles Interesse verfolgt oder aber in schutzwürdigen eigenen hoheitlichen Interessen berührt ist (BGE 133 V 188 E. 4.3.2 S. 192 mit Hinweisen). Dazu reicht der Umstand allein nicht aus, im Rechtsmittelverfahren unterlegen zu sein (BGE 134 II 45 E. 2.2.1 S. 47 mit Hinweisen). Heisst ein kantonales Versicherungsgericht die Beschwerde gegen die Verfügung einer IV-Stelle gut, indem es einen Rentenanspruch bejaht oder eine höhere Rente zuspricht, kann diese den betreffenden Entscheid mangels eines schutzwürdigen Interesses im Sinne von Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG daher nicht ans Bundesgericht weiterziehen. Der Beschwerdeführerin kann somit nicht gestützt auf diese Bestimmung die Rechtsmittelbefugnis zuerkannt werden. 2.2 Nach Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG sind ferner zur Beschwerde berechtigt Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt. 2.3 Nach Art. 62 ATSG kann gegen Entscheide der kantonalen Versicherungsgerichte nach Massgabe des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Abs. 1). Der Bundesrat regelt das Beschwerderecht der Durchführungsorgane der einzelnen Sozialversicherungen vor dem Bundesgericht (Abs. 1bis). Gemäss Art. 57 IVG gehört zu den Aufgaben der IV-Stellen u.a. der Erlass der Verfügungen über die Leistungen der Invalidenversicherung (Abs. 1 lit. g). Der Bundesrat kann ihnen weitere Aufgaben zuweisen (Abs. 2). Der gestützt auf diese Delegationsnorm erlassene Art. 41 IVV nennt namentlich die Stellungnahme in Beschwerdefällen und die Erhebung von Beschwerden beim Bundesgericht (Abs. 1 lit. i). Diese Regelung stellt eine hinreichende gesetzliche Grundlage im Sinne von Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG dar (BGE 134 V 53 E. 2.2 S. 56 f.). Danach kommt derjenigen IV-Stelle, welche die Verfügung erlassen und am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat, Rechtsmittelbefugnis zu (vgl. auch Art. 201 Abs. 1 Satz 1 AHVV in Verbindung mit Art. 89 IVV; BGE 130 V 514 E. 4.1 S. 516; BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2. Aufl. 2011, N 64 in fine und Fn. 277 zu Art. 89 BGG). Die Beschwerdeführerin war somit grundsätzlich berechtigt, den vorinstanzlichen Entscheid, der ihre Verfügung über eine Viertelsrente aufhebt und dem Versicherten eine halbe Rente zuspricht, beim Bundesgericht anzufechten. 2.3.1 Das spezialgesetzliche Beschwerderecht nach Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG bedarf nicht des Nachweises der Voraussetzungen gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG, insbesondere ist kein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids erforderlich (BGE 134 V 53 E. 2.2.2 in fine S. 57; 106 V 139 E. 1 S. 141 vgl. WALDMANN, a.a.O., N 45 und N 64a zu Art. 89 BGG; ALAIN WURZBURGER, Commentaire de la LTF [Loi sur le Tribunal fédéral], 2009, N 43 zu Art. 98 BGG). Da die IV-Stelle im Beschwerdeverfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht die Stellung einer Partei mit allen Rechten und Pflichten (BGE 105 V 188; ISABELLE HÄNER, Die Beteiligten im Verwaltungsverfahren, 2000, S. 155 f.; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 1983, S. 177 und 179) hat, setzt auch ihre Rechtsmittelbefugnis indessen voraus, dass sie durch den Entscheid beschwert ist (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 199/06 vom 30. Oktober 2006 E. 2.2 mit Hinweisen zu dem insoweit gleichen Art. 103 lit. c aOG [SEILER/VON WERDT/GÜNGERICH, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz (BGG), 2007, N 60 zu Art. 89 BGG; WURZBURGER, a.a.O., N 17 zu Art. 89 BGG]). Beschwert ist die IV-Stelle, wenn sie mit ihren Anträgen nicht oder nur teilweise durchgedrungen ist (SVR 2006 IV Nr. 48 S. 176, I 586/04 E. 1.2; vgl. auch BGE 123 II 115 E. 2a S. 117 und Urteil 2C_769/2009 vom 22. Juni 2010 E. 2.1). Dies trifft vorliegend zu. Die Beschwerdeführerin hatte in der vorinstanzlichen Vernehmlassung beantragt, es sei festzustellen, dass kein Rentenanspruch bestehe; das kantonale Versicherungsgericht sprach dem Versicherten indessen eine halbe Rente (ab 1. September 2006) zu. 2.3.2 Es fragt sich, wie im Kontext der Umstand zu werten ist, dass die am Recht stehende IV-Stelle mit der vorinstanzlich angefochtenen Verfügung einen Rentenanspruch nicht verneint, sondern eine Viertelsrente (ab 1. Juni 2007) zugesprochen hatte. 2.3.2.1 Nach Art. 61 lit. d ATSG ist das Versicherungsgericht nicht an die Begehren der Parteien gebunden (Satz 1). Es kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid zu Ungunsten der Beschwerde führenden Person ändern oder dieser mehr zusprechen, als sie verlangt hat, wobei den Parteien vorher Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zum Rückzug der Beschwerde zu geben ist (Satz 2). Danach ist es zulässig, wenn eine IV-Stelle, wie im vorliegenden Fall, im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren weniger beantragt (kein Rentenanspruch), als sie selber mit der angefochtenen Verfügung zugesprochen hat (Viertelsrente; vgl. SVR 2002 IV Nr. 40 S. 125, I 730/01 E. 3). 2.3.2.2 Mit der in Satz 1 von Art. 61 lit. d ATSG statuierten fehlenden Bindung an die Parteibegehren wird die Verwirklichung des objektiven Rechts über das subjektive Rechtsschutzinteresse gestellt (BGE 137 V 314 E. 3.2.2 S. 319 mit Hinweisen). Diese Entscheidung des Bundesgesetzgebers für das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht muss im Prozess vor Bundesgericht berücksichtigt werden. Ein bereits erstinstanzlich gestelltes Begehren der IV-Stelle, selbst wenn es eine Verschlechterung gegenüber dem Verfügten bedeutet, ist daher auch letztinstanzlich zulässig (in diesem Sinne Urteil 9C_959/2009 vom 19. Februar 2010 E. 2.2; vgl. auch SVR 2006 IV Nr. 13 S. 47, I 628/01; anders und nach dem Gesagten abzulehnen SVR 2002 IV Nr. 40 S. 125, I 730/01 E. 3). Ebenfalls für diese Lösung spricht, dass in Konstellationen wie der vorliegenden auf die Beschwerde der IV-Stelle ohnehin einzutreten wäre, soweit der angefochtene Entscheid mehr zuspricht, als sie verfügt hat. Satz 2 von Art. 61 lit. d ATSG gibt zu keiner anderen Betrachtungsweise Anlass. Durch diese Vorschrift wird zwar die prozessrechtliche Stellung der Beschwerde führenden Person verstärkt, indem bei einem Rückzug des Rechtsmittels die angefochtene Verfügung formell rechtskräftig wird (BGE 109 V 278 E. 2 S. 280; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N 95 zu Art. 61 ATSG). Sie macht indessen die Interessenabwägung zugunsten der Verwirklichung des objektiven Rechts in Satz 1 nicht wieder rückgängig. Nur ist auch Art. 61 lit. d Satz 2 ATSG letztinstanzlich zu berücksichtigen. Erachtet das Bundesgericht, anders als das kantonale Versicherungsgericht, die eine Rente zusprechende Verfügung der IV-Stelle als gesetzwidrig, ist der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Sache an dieses zurückzuweisen, damit es der versicherten Person Gelegenheit zum Rückzug der Beschwerde gibt, sofern nicht schon die Vorinstanz das Verfahren nach Art. 61 lit. d Satz 2 ATSG durchgeführt hat. 2.3.3 Unzulässig ist, wenn die IV-Stelle erstmals vor Bundesgericht weniger beantragt, als sie verfügt oder im kantonalen Verfahren anbegehrt hat (Art. 99 Abs. 2 BGG; BGE 136 V 362 E. 4.2 S. 367). 2.4 Nach dem Gesagten ist die auch den weiteren formellen Anforderungen genügende Beschwerde zulässig, und es ist darauf einzutreten. 3. Die Vorinstanz hat festgestellt, gemäss dem schlüssigen Gutachten des Zentrums A._ vom 20. Juni 2008, in welchem die nachvollziehbare Beurteilung aus psychiatrischer Sicht des Dr. med. K._ vom 27. Mai 2008 Eingang gefunden habe, bestehe eine Arbeitsfähigkeit von 50 % in einer leichten wechselbelastenden, adaptierten Tätigkeit. Davon ausgehend hat sie durch Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1 IVG) in Form des Prozentvergleichs (vgl. dazu Urteil 9C_882/2010 vom 25. Januar 2011 E. 7.1) einen Invaliditätsgrad von 57,5 % (100 % - 50 % x 0,85 [Abzug von 15 % gemäss BGE 126 V 75]) ermittelt, was Anspruch auf eine halbe Rente ab 1. September 2006 (Ablauf der Wartezeit [aArt. 29 Abs. 1 lit. b IVG, in Kraft gestanden bis Ende 2007] in diesem Monat) gab (Art. 28 Abs. 2 IVG). 4. Die Beschwerde führende IV-Stelle rügt in erster Linie, die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt, indem sie das Vorliegen einer invalidisierenden psychischen Gesundheitsschädigung bejaht habe. 4.1 Dr. med. K._ stellte folgende Diagnosen: Mittelgradige depressive Episode mit somatischen Symptomen (ICD-10 F32.11), Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.4) und Verdacht auf somatoforme autonome Funktionsstörung des kardiovaskulären Systems (ICD-10 F45. 30). Die IV-Stelle bringt richtig vor, dass bei einem solchen Krankheitsbild die Frage, inwieweit eine Arbeitsunfähigkeit aus medizinisch-psychiatrischer Sicht als invalidisierend im rechtlichen Sinne (Art. 4 Abs. 1 IVG sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 ATSG) anzuerkennen ist, sich nach der mit BGE 130 V 352 begründeten Rechtsprechung beurteilt (vgl. BGE 136 V 279 E. 3.2.3 S. 283). Daran ändert nichts, dass gemäss dem Gutachten des Zentrums A._ vom 20. Juni 2008 auch verschiedene somatische Befunde und Beschwerden bestehen. Diese begründen für sich allein eine Einschränkung von maximal 20 % in einer körperlich leichten wechselbelastenden Tätigkeit in Form eines erhöhten Pausenbedarfs. Aus den Verdachtsdiagnosen ergibt sich kein zusätzlicher Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit (vgl. SVR 2012 IV Nr.1 S. 1, 9C_1040/2010 E. 3.3). 4.2 4.2.1 Nach der Rechtsprechung kommt einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10 F45.4) ebenso wie grundsätzlich sämtlichen pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage (BGE 136 V 279 E. 3.2.3 S. 283) nur ausnahmsweise invalidisierender, d.h. einen Rentenanspruch begründender Charakter zu (Art. 4 Abs. 1 IVG sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 ATSG; grundlegend BGE 130 V 352). Entscheidend ist, ob und inwiefern die versicherte Person über psychische Ressourcen verfügt, die es ihr erlauben, trotz den subjektiv erlebten Schmerzen einer Arbeit nachzugehen (BGE 130 V 352 E. 2.2.4 S. 355; 127 V 294 E. 4b/cc in fine und E. 5a S. 299 unten). Umstände, die bei Vorliegen eines solchen Krankheitsbildes die Verwertung der verbliebenen Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt als unzumutbar erscheinen lassen können, sind: Eine Komorbidität im Sinne eines vom Schmerzgeschehen losgelösten eigenständigen psychischen Leidens von erheblicher Schwere, Intensität, Ausprägung und Dauer, chronische körperliche Begleiterkrankungen mit mehrjährigem Krankheitsverlauf bei unveränderter oder progredienter Symptomatik ohne längerfristige Remission, sozialer Rückzug, ein verfestigter, therapeutisch nicht mehr angehbarer innerseelischer Verlauf einer an sich missglückten, psychisch aber entlastenden Konfliktbewältigung (primärer Krankheitsgewinn), unbefriedigende Ergebnisse von konsequent durchgeführten Behandlungen (auch mit unterschiedlichem therapeutischem Ansatz) und gescheiterte Rehabilitationsmassnahmen bei vorhandener Motivation und Eigenanstrengung der versicherten Person (BGE 132 V 65 E. 4.2.2 S. 71; 130 V 352 E 2.2.3 S. 353 ff.; Urteil 9C_1061/2009 vom 11. März 2010 E. 5.4.3.1.1). Umgekehrt sprechen u.a. eine erhebliche Diskrepanz zwischen den geschilderten Schmerzen und dem gezeigten Verhalten oder der Anamnese, die Angabe intensiver in der Umschreibung vager Schmerzen oder behauptete schwere Einschränkungen im Alltag bei weitgehend intaktem psychosozialen Umfeld gegen das Vorliegen eines invalidisierenden Gesundheitsschadens (BGE 131 V 49 E. 2.1 S. 51; Urteil 9C_736/2011 vom 7. Februar 2012 E. 1.1). 4.2.2 Unabdingbare Grundlage für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob und gegebenenfalls inwieweit einer versicherten Person unter Aufbringung allen guten Willens die Überwindung ihrer Schmerzen und die Verwertung ihrer verbleibenden Arbeitskraft zumutbar ist oder nicht, bilden die fachärztlichen Stellungnahmen zum psychischen Gesundheitszustand und zu dem aus medizinischer Sicht (objektiv) vorhandenen Leistungspotenzial (BGE 130 V 352 E. 2.2.5 S. 355). Bei ihrer Einschätzung der psychischen Ressourcen des Exploranden, mit den Schmerzen umzugehen, haben die begutachtenden Ärzte notwendigerweise auch die in E. 4.2.1 hievor genannten Kriterien zu beachten (BGE 135 V 201 E. 7.1.3 S. 213; 130 V 352 E. 2.2.4 S. 355) und sich daran zu orientieren (Ulrich Meyer, Die Rechtsprechung zur Arbeitsunfähigkeitsschätzung bei somatoformen Schmerzstörungen, in: Medizin und Sozialversicherung im Gespräch, 2006, S. 221). Insbesondere haben sie sich dazu zu äussern, ob eine psychische Komorbidität gegeben ist oder weitere Umstände vorliegen, welche die Schmerzbewältigung behindern (SVR 2008 IV Nr. 23 S. 71, I 683/06 E. 2.2). Nicht erforderlich ist, dass sich eine psychiatrische Expertise in jedem Fall über jedes einzelne der genannten Kriterien ausspricht; massgeblich ist eine Gesamtwürdigung der Situation (SVR 2005 IV Nr. 6 S. 21, I 457/02 E. 7.4 mit Hinweis, nicht publ. in: BGE 130 V 396). Gestützt darauf haben die rechtsanwendenden Behörden zu prüfen, ob eine festgestellte psychische Komorbidität hinreichend erheblich ist und ob einzelne oder mehrere der festgestellten weiteren Kriterien in genügender Intensität und Konstanz vorliegen, um gesamthaft den Schluss auf eine im Hinblick auf eine erwerbliche Tätigkeit nicht mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbare Schmerzstörung zu erlauben (Urteil 9C_482/2010 vom 21. September 2010 E. 4.3). Die Prüfung schliesst die Beurteilung der Frage ein, inwiefern die ärztliche Einschätzung der psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeit invaliditätsfremde Gesichtspunkte (insbesondere psychosoziale und soziokulturelle Belastungsfaktoren) mitberücksichtigt (Urteil 9C_651/2009 vom 7. Mai 2010 E. 5.1; Urteil 9C_1040/2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.4.1; vgl. auch Jörg Jeger, Tatfrage oder Rechtsfrage? Abgrenzungsprobleme zwischen Medizin und Recht bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit in der Invalidenversicherung. Ein Diskussionsbeitrag aus der Sicht eines Mediziners [2. Teil], SZS 2011 S. 580 ff.; Urteil 9C_936/2011 vom 21. März 2012 E. 1.2). Der Beschwerdegegner scheint die Rechtsprechung zur Abgrenzung von Tat- und Rechtsfrage bei der Beurteilung des invalidisierenden Charakters einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung bzw. allgemein pathogenetisch-ätiologisch unklarer syndromaler Beschwerdebilder ohne nachweisbare organische Grundlage bestreiten zu wollen. Er bringt jedoch nichts zur Begründung vor, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist (Art. 41 Abs. 2 BGG; vgl. im Übrigen auch SVR 2012 IV Nr. 32 S. 127, 9C_776/2010). 4.3 4.3.1 Dr. med. K._ wurden "entsprechend dem BGE I 689/03 [BGE 130 V 352], Absatz 2.2.3", folgende Zusatzfragen gestellt: - "Liegt aus gutachterlicher Sicht die Grundsatzvariante der zumutbaren Schmerzüberwindung vor oder eine der beiden Ausnahmen mit Unzumutbarkeit (spezifizierte psychische Komorbidität und andere qualifizierende Kriterien)?" - "Ist es dem Versicherten bei Aufwendung der zumutbaren Willensanstrengung möglich, die Schmerzen zu überwinden und eine höhere Arbeitsleistung zu erbringen?". Der Gutachter beantwortete die Fragen wie folgt: "Beim Versicherten besteht offensichtlich eine psychische Komorbidität, wobei aus psychiatrischer Sicht die Grundsatzvariante der zumutbaren Schmerzüberwindung doch teilweise vorhanden ist. Dem Versicherten ist es bei Aufwendung der zumutbaren Willensanstrengung möglich, die Schmerzen zu überwinden und eine 50%ige Arbeitsleistung zu erbringen". 4.3.2 Damit hat sich nach Auffassung der Vorinstanz Dr. med. K._ mit der Frage der invalidisierenden Wirkung des psychischen Gesundheitsschadens (mittelgradige depressive Episode mit somatischen Symptomen [ICD-10 F32.11], Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörung [ICD-10 F45.4] und Verdacht auf somatoforme autonome Funktionsstörung des kardiovaskulären Systems [ICD-10 F45. 30]; vorne E. 4.1) auseinandergesetzt und den rechtlichen Rahmenbedingungen Rechnung getragen. Die IV-Stelle könne sich nicht darüber hinwegsetzen und die ärztliche Stellungnahme zur Arbeitsfähigkeit durch eigene Arbeitsfähigkeitsschätzungen ersetzen. Dieser Argumentation zufolge ist somit aufgrund der Beurteilung des psychiatrischen Experten (auch) die rechtlich massgebende erhebliche Schwere, Intensität, Ausprägung und Dauer der mittelgradigen depressiven Episode zu bejahen (vorne E. 4.2.1 und 4.2.2). Dagegen wendet die IV-Stelle zu Recht ein, dass gemäss Dr. med. K._ die Fixierung auf die Thoraxschmerzen, welche nach dem im Mai 2005 erlittenen Herzinfarkt auftraten, zur Entwicklung der depressiven und anhaltenden somatoformen Schmerzstörung geführt habe. Dies wirft die Frage auf, ob die mittelgradige depressive Episode als eigenständige Krankheit zu betrachten ist, oder ob darin nicht in erster Linie eine (reaktive) Begleiterkrankung zum Schmerzsyndrom zu sehen ist, was gegen das Vorliegen einer psychischen Komorbidität spräche (vorne E. 4.2.1). Sodann weist die IV-Stelle richtig darauf hin, dass mittelgradige depressive Episoden grundsätzlich keine von depressiven Verstimmungszuständen klar unterscheidbare andauernde Depression im Sinne eines verselbständigten Gesundheitsschadens darstellen, die es der betroffenen Person verunmöglichten, die Folgen der Schmerzstörung zu überwinden (SVR 2011 IV Nr. 57 S. 171, 8C_958/2010 E. 6.2.2.2; Urteil 8C_369/2011 vom 9. August 2011 E. 4.3.2 mit Hinweisen). Leichte bis höchstens mittelschwere psychische Störungen aus dem depressiven Formenkreis gelten auch grundsätzlich als therapeutisch angehbar (vgl. Habermeyer/venzlaff, Affektive Störungen, in: Psychiatrische Begutachtung, 5. Aufl. 2009, S. 193; SVR 2012 IV Nr. 18 S. 81, 9C_418/2010 E. 5.3.4; Urteil 9C_736/2011 vom 7. Februar 2012 E. 4.2.2.1). 4.3.3 Aufgrund des Vorstehenden kann eine auch rechtlich bedeutsame Einschränkung der Arbeitsfähigkeit aus psychischen Gründen nur bejaht werden, wenn weitere der diesbezüglich massgebenden Kriterien (vorne E. 4.2.1) gegeben sind. Die Vorinstanz hat dazu keine Feststellungen getroffen. Die IV-Stelle hat in der Beschwerde einlässlich begründet, dass die Frage zu verneinen ist. Insbesondere seien die therapeutischen Möglichkeiten (noch) nicht ausgeschöpft. Der Beschwerdegegner bringt nichts dagegen vor. Unter diesen Umständen ist eine psychisch bedingte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit zu verneinen. 5. Weiter bestreitet die IV-Stelle die von der Vorinstanz vorgenommene Kürzung des dem Invalideneinkommen entsprechenden Prozentsatzes um 15 % (vorne E. 3). Dieser Punkt kann offenbleiben. Gemäss dem Gutachten des Zentrums A._ vom 20. Juni 2008 besteht aus somatischer Sicht eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit von 20 %. Daraus resultiert bei im Übrigen unveränderter Invaliditätsbemessung ein Invaliditätsgrad von 32 % (100 % - 80 % x 0,85), was für den Anspruch auf eine Rente nicht ausreicht (Art. 28 Abs. 2 IVG). 6. Damit wird der Beschwerdegegner schlechter gestellt, als er es aufgrund der Verfügung vom 21. Dezember 2009 (Viertelsinvalidenrente) war. Die Sache ist daher zur Durchführung des Verfahrens nach Art. 61 lit. d ATSG an die Vorinstanz zurückzuweisen (vgl. E. 2.3.2.2). Sollte der Beschwerdegegner die vorinstanzliche Beschwerde zurückziehen, ist die IV-Stelle daran zu erinnern, dass eine Aufhebung der Verfügung vom 21. Dezember 2009 betreffend Viertelsrente, vorbehältlich der Revision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG, nur nach Art. 53 Abs. 2 ATSG in Betracht fiele, wobei die Wiedererwägungsvoraussetzungen in Anbetracht des in E. 3 und 4 Gesagten kaum erfüllt sein dürften (vgl. statt vieler BGE 131 V 414 E. 2 S. 417 mit Hinweis; SVR 2011 IV Nr. 71 S. 213, 9C_994/2010 E. 3.2.1). 7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten grundsätzlich dem Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann jedoch entsprochen werden (Art. 64 BGG; BGE 125 V 201 E. 4a S. 202). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen, wonach er der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn er später dazu in der Lage ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 19. März 2012 wird aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie im Sinne von E. 6 verfahre. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird dem Beschwerdegegner Rechtsanwalt Jürg Grämiger als Rechtsbeistand beigegeben. 3. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt, indes einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. 4. Rechtsanwalt Jürg Grämiger wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet. 5. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hat die Gerichtskosten und die Parteientschädigung für das vorangegangene Verfahren neu festzusetzen und über das Gesuch des Beschwerdegegners um unentgeltliche Rechtspflege zu befinden. 6. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, der Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 13. August 2012 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Meyer Der Gerichtsschreiber: Fessler
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Faits: A. Par jugement du 16 mars 2011, le Tribunal des baux et loyers du canton de Genève a déclaré irrecevable la requête que le bailleur X._ avait déposée le 13 janvier 2011 en vue d'obtenir l'expulsion de la Banque Y._ SA, locataire, d'un appartement pris à bail dans un immeuble sis à Genève. Saisie d'un appel du bailleur, la Chambre des baux et loyers de la Cour de justice (ci-après: la Chambre des baux et loyers) a confirmé ledit jugement par arrêt du 18 juin 2012. B. Le 27 juin 2012, X._, par l'entremise de son conseil, a adressé à la Chambre des baux et loyers une demande de récusation dirigée contre le juge assesseur A._, l'un des cinq membres de la juridiction d'appel ayant rendu l'arrêt précité. Par lettre du 2 juillet 2012, la Chambre des baux et loyers lui a répondu qu'elle n'était plus saisie du dossier depuis qu'elle avait prononcé son arrêt dans la cause en litige. Relancée par l'intéressé, la cour cantonale lui a confirmé, dans un courrier du 5 juillet 2012, qu'elle était dessaisie de la procédure en question. Elle lui a indiqué que la voie d'un recours au Tribunal fédéral restait ouverte. C. Le 16 juillet 2012, X._ (ci-après: le recourant) a formé simultanément un recours en matière civile et un recours constitutionnel subsidiaire, assortis d'une requête d'effet suspensif, aux fins d'obtenir l'annulation de l'arrêt du 18 juin 2012 et des décisions des 2 et 5 juillet 2012. Il y invite le Tribunal fédéral, à titre principal, à ordonner à la cour cantonale de traiter sa demande de récusation du 27 juin 2012 et, subsidiairement, à prononcer la récusation du juge assesseur A._. En tout état de cause, le recourant conclut à ce que le canton de Genève soit condamné à lui verser une équitable indemnité de procédure. L'intimée Banque Y._ SA a renoncé à se déterminer sur le recours. La Chambre des baux et loyers se réfère, quant à elle, aux considérants de son arrêt. L'effet suspensif a été accordé au recours par ordonnance présidentielle du 15 août 2012. En annexe à un courrier du 11 octobre 2012, le recourant a communiqué au Tribunal fédéral une copie, caviardée, d'un arrêt du 8 octobre 2012. La Cour de justice genevoise a admis, dans cet arrêt, une demande de récusation visant A._ en sa qualité de juge assesseur dans une autre procédure à laquelle le recourant se réfère dans son mémoire.
Considérant en droit: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (ATF 137 III 417 consid. 1 et les arrêts cités). 1.1. Le recours en matière civile et le recours constitutionnel subsidiaire soumis au Tribunal fédéral visent trois décisions distinctes. La première est l'arrêt du 18 juin 2012 par lequel la Chambre des baux et loyers a confirmé le jugement du Tribunal des baux et loyers du 16 mars 2011 déclarant irrecevable la requête d'expulsion déposée par le recourant à l'encontre de l'intimée. Il s'agit d'une décision finale (art. 90 LTF) rendue en matière civile (art. 72 al. 1 LTF) par une autorité cantonale de dernière instance (art. 75 al. 1 LTF). La deuxième décision consiste dans le refus, signifié le 2 juillet 2012 au recourant par la cour cantonale, d'entrer en matière sur sa demande de récusation du 27 juin 2012 dirigée contre le juge assesseur A._. Du fait qu'elle est intervenue après la notification de la décision finale du 18 juin 2012, on peut hésiter à la qualifier de décision incidente au sens de l'art. 92 LTF. Cela étant, que ce soit sur la base de cette disposition ou de l'art. 90 LTF, cette décision pouvait faire l'objet d'un recours au Tribunal fédéral. Il en va également ainsi, pour la même raison, de la troisième décision, datée du 5 juillet 2012, dans laquelle la Chambre des baux et loyers s'est bornée à confirmer la décision qu'elle avait prise trois jours plus tôt. L'autorité intimée a fixé correctement la valeur litigieuse de la cause au fond à 46'800 fr. Cette valeur litigieuse, applicable aux trois décisions attaquées (art. 51 let. a et c LTF), atteint le seuil fixé à l'art. 74 al. 1 let. a LTF pour la recevabilité du recours en matière civile dans les affaires pécuniaires concernant le droit du bail à loyer. En vertu de l'art. 113 LTF, le recours constitutionnel subsidiaire formé simultanément par le recourant est, dès lors, irrecevable. 1.2. Le recourant a pris part à la procédure devant l'autorité précédente. Débouté tant de sa demande au fond que de sa double requête de récusation, il est particulièrement touché par les décisions attaquées et a donc un intérêt digne de protection à l'annulation de celles-ci. Aussi sa qualité pour recourir n'est-elle pas sujette à caution (art. 76 al. 1 LTF). Déposé dans le délai (art. 100 al. 1 LTF) et la forme (art. 42 LTF) prévus par la loi, le présent recours en matière civile est donc recevable. Demeure réservé l'examen ultérieur de certaines conditions de recevabilité propres au recours ayant pour objet l'arrêt du 18 juin 2012 (cf. consid. 3.1 ci-après). 1.3. Le recours est ouvert pour violation du droit fédéral (art. 95 let. a LTF). Le Tribunal fédéral applique ce droit d'office (art. 106 al. 1 LTF). Il n'est pas lié par l'argumentation des parties, apprécie librement la portée juridique des faits, mais s'en tient, d'ordinaire, aux questions juridiques soulevées dans le mémoire de recours (art. 42 al. 2 LTF; ATF 135 III 397 consid. 1.4 p. 400; 133 II 249 consid. 1.4.1 p. 254); il ne se prononce sur la violation de droits fondamentaux que si le grief correspondant a été invoqué et motivé par le recourant (art. 106 al. 2 LTF; ATF 134 I 83 consid. 3.2 p. 88; 134 II 244 consid. 2.2 p. 246; 133 II 249 consid. 1.4.2). 2. En vertu de l'adage lata sententia iudex desinit esse iudex, le juge est dessaisi de la cause à partir du moment où il a rendu son jugement. Sous réserve de diverses exceptions, il voit alors sa compétence s'éteindre relativement à la cause jugée (arrêt 4A_14/2012 du 2 mai 2012 consid. 3.1.1 et les références; FABIENNE HOHL, Procédure civile, tome I, 2001, n° s 1265 à 1268). En particulier, il n'est plus habilité à statuer sur une demande de récusation formulée ultérieurement dans le cadre de la même procédure (arrêt 4A_451/2012 du 1er novembre 2012 consid. 2). Conformément à l'art. 51 al. 3 CPC, si un motif de récusation n'est découvert qu'après la clôture de la procédure, les dispositions sur la révision (art. 328 ss CPC) sont applicables. En refusant d'entrer en matière sur la demande de récusation que le recourant lui avait soumise le 2 juillet 2012, postérieurement à la notification de l'arrêt du 18 juin 2012, et qu'il avait renouvelée le 5 juillet 2012, la Chambre des baux et loyers a fait une application correcte du principe ainsi codifié. Il suit de là que le recours en matière civile doit être rejeté dans la mesure où il a trait aux décisions prises les 2 et 5 juillet 2012 par l'autorité intimée. Partant, ces deux décisions ne seront pas annulées et la Chambre des baux et loyers ne sera pas invitée à traiter la demande de récusation du 27 juin 2012. 3. Le présent recours porte encore sur l'arrêt rendu le 18 juin 2012 par la Chambre des baux et loyers. Avant d'examiner ses mérites, il sied d'apporter quelques précisions quant à sa recevabilité. 3.1. 3.1.1. Selon l'art. 75 al. 1 LTF, le recours est recevable contre les décisions rendues par les autorités cantonales de dernière instance, ce qui implique que les griefs soulevés en instance fédérale ne soient pas susceptibles d'un recours au niveau cantonal (ATF 138 III 130 consid. 2.1). L'art. 51 al. 3 CPC, on l'a vu, déclare applicables les dispositions sur la révision si un motif de récusation n'est découvert qu'après la clôture de la procédure. En vertu de l'art. 328 al. 1 CPC, seule une décision "entrée en force" peut faire l'objet d'une demande de révision auprès du tribunal qui a statué en dernière instance. A contrario, si le motif de récusation est découvert après la clôture de la procédure (i.e. une fois la décision attaquable rendue) mais avant l'écoulement du délai de recours, autrement dit avant que la décision litigieuse soit revêtue de la force de chose jugée formelle, il doit être invoqué dans le cadre de ce recours (ATF 138 III 702 consid. 3.4 p. 704; DENIS TAPPY, in Code de procédure civile commenté, 2011, n° 16 ad art. 51 CPC; Mark Livschitz, in Schweizerische Zivilprozessordnung, (ZPO), Baker & M c Kenzie [éd.], 2010, n° 6 ad art. 51 CPC; Stephan Wullschleger, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), Sutter-Somm/ Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2010, n° 10 ad art. 51 CPC; David Rüetschi, in Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, n° 8 ad art. 51 CPC). En l'espèce, le recourant a découvert le motif de révision à réception de l'arrêt du 18 juin 2012. Partant, c'est à juste titre qu'il l'invoque dans son recours en matière civile. Quoi qu'il en soit, le Tribunal fédéral a jugé récemment, dans une cause comparable, que, pour admettre la recevabilité d'un tel recours formé devant lui, il n'était pas nécessaire que la partie recourante ait fait usage de la possibilité de demander la révision du jugement attaqué (arrêt 4A_733/2011 du 16 juillet 2012 consid. 1.2 et les arrêts cités). Force est d'admettre, dans ces conditions, que l'arrêt déféré constitue une décision prise par une autorité cantonale de dernière instance, au sens de l'art. 75 al. 1 LTF. 3.1.2. Dans un recours au Tribunal fédéral, aucun fait nouveau ni preuve nouvelle ne peut être présenté à moins de résulter de la décision de l'autorité précédente (art. 99 al. 1 LTF). L'exclusion des faits et moyens de preuve nouveaux est la règle. Aussi bien, le Tribunal fédéral est juge du droit, et non du fait. Cette règle connaît une exception lorsque c'est la décision de l'autorité précédente qui, pour la première fois, a rendu pertinents ces faits ou moyens de preuve. Il peut s'agir, notamment, de faits et moyens de preuve qui se rapportent à la procédure conduite devant l'instance précédente, telle une prétendue irrégularité affectant la composition de l'autorité ayant rendu la décision querellée (arrêt 4A_18/2010 du 15 mars 2010 consid. 2.1). En revanche, le Tribunal fédéral ne peut pas tenir compte de faits ou moyens de preuve survenus postérieurement au prononcé de la décision entreprise, c'est-à-dire de véritables nova (ATF 133 IV 342 consid. 2.1 et les arrêts cités). Il appartient, le cas échéant, au recourant d'exposer les raisons pour lesquelles il considère être en droit de présenter exceptionnellement des faits ou des moyens de preuve nouveaux (ATF 133 III 393 consid. 3). Sans être contredit, le recourant soutient qu'il n'a appris qu'à la lecture de l'arrêt du 18 juin 2012 que le juge A._ faisait partie de la composition de la Cour ayant statué sur son appel alors que, selon lui, ce magistrat aurait dû se récuser. Comme c'est l'arrêt cantonal qui justifie de présenter, pour la première fois, les faits et moyens de preuve nouveaux concernant le juge A._, ceux-ci sont recevables. Tel n'est pas le cas, en revanche, s'agissant d'un véritable novum, de la copie caviardée de l'arrêt du 8 octobre 2012. Abstraction sera donc faite, ci-après, de ce moyen de preuve. 3.2. Le recourant soutient que, du fait de la présence en son sein du juge assesseur A._, l'autorité intimée ne constituait pas un tribunal indépendant et impartial. 3.2.1. La garantie minimale d'un tribunal indépendant et impartial, telle qu'elle résulte des art. 30 al. 1 Cst. et 6 ch. 1 CEDH - lesquels ont, de ce point de vue, la même portée - permet, indépendamment du droit de procédure (en l'occurrence l'art. 47 CPC), de demander la récusation d'un juge dont la situation ou le comportement est de nature à susciter des doutes quant à son impartialité. Elle vise à éviter que des circonstances extérieures à l'affaire puissent influencer le jugement en faveur ou au détriment d'une partie. Elle n'impose pas la récusation seulement lorsqu'une prévention effective est établie, parce qu'une disposition relevant du for intérieur ne peut guère être prouvée; il suffit que les circonstances donnent l'apparence d'une prévention et fassent redouter une activité partiale du magistrat. Cependant, seules les circonstances objectivement constatées doivent être prises en compte, les impressions purement subjectives de la partie qui demande la récusation n'étant pas décisives (ATF 138 I 1 consid. 2.2 et les arrêts cités). L'avocat qui exerce les fonctions de juge apparaît objectivement partial non seulement lorsque, dans le cadre d'une autre procédure, il représente ou a représenté l'une des parties à la procédure dans laquelle il siège, mais également lorsqu'il représente ou a représenté récemment la partie adverse de cette partie (ATF 135 I 14 consid. 4.1-4.3 confirmé par l'ATF 138 I 406 consid. 5.4). Selon un principe général, la partie qui a connaissance d'un motif de récusation doit l'invoquer aussitôt, sous peine d'être déchue du droit de s'en prévaloir ultérieurement (ATF 138 I 1 consid. 2.2 p. 4 et les arrêts cités; voir aussi l'art. 49 al. 1 CPC). Il est, en effet, contraire aux règles de la bonne foi de garder en réserve le moyen tiré de la composition irrégulière du tribunal pour ne l'invoquer qu'en cas d'issue défavorable de la procédure (ATF 136 III 605 consid. 3.2.2). Cela ne signifie toutefois pas que l'identité des juges appelés à statuer doive nécessairement être communiquée de manière expresse au justiciable; il suffit que le nom de ceux-ci ressorte d'une publication générale facilement accessible, par exemple l'annuaire officiel. La partie assistée d'un avocat est en tout cas présumée connaître la composition régulière du tribunal. En revanche, un motif de prévention concernant un juge suppléant peut, en principe, encore être valablement soulevé dans le cadre d'une procédure de recours, car le justiciable pouvait partir de l'idée que la juridiction inférieure statuerait dans sa composition ordinaire. Cette jurisprudence au sujet des juges suppléants doit s'appliquer de la même manière quand il s'agit d'examiner si un justiciable devait ou non s'attendre à la présence d'un assesseur qui est appelé à fonctionner, de cas en cas, dans la composition du tribunal saisi de l'affaire (ATF 128 V 82 consid. 2b et les références). 3.2.2. En l'espèce, le recourant n'a appris qu'à réception de l'arrêt attaqué, rendu le 18 juin 2012 par la Chambre d'appel des baux et loyers, que l'avocat A._ avait statué sur son appel, conjointement avec quatre autres juges, en tant que juge assesseur représentant les groupements de locataires, conformément à l'art. 121 al. 1 de la loi genevoise sur l'organisation judiciaire du 26 septembre 2010 (LOJ; RS E 2 05). Il s'est prévalu sans tarder, dans le cadre de sa double demande de récusation, puis dans ses recours simultanés au Tribunal fédéral, de la composition irrégulière de la juridiction d'appel cantonale, en raison de la participation du juge assesseur prénommé. Dès lors, son droit d'invoquer pareil moyen n'est pas périmé. Sans être contredit ni par la cour cantonale ni par l'intimée, le recourant allègue et prouve par pièces que le juge assesseur A._ est intervenu, en 2010, comme conseil des parties adverses dans deux autres procédures contentieuses non connexes auxquelles lui, le recourant, est partie et qui sont toujours pendantes, l'une devant la Chambre des baux et loyers, l'autre devant le Tribunal des baux et loyers. Selon la jurisprudence susmentionnée (cf. consid. 3.2.1, 2e §), de telles circonstances sont objectivement de nature à susciter des doutes quant à l'impartialité du juge assesseur en question à l'égard du recourant. L'expérience enseigne, en effet, qu'une partie à un procès reporte souvent ses sentiments négatifs contre sa partie adverse sur l'avocat de celle-ci au point de le considérer comme un adversaire, à l'égal de cette partie. Aussi est-il compréhensible qu'une partie n'attende pas d'un juge assesseur qu'il se comporte soudainement en toute impartialité envers elle, alors qu'il la combat ou l'a combattue dans une autre procédure en sa qualité de représentant de sa partie adverse (ATF 135 I 14 consid. 4.3 p. 18). L'apparence de prévention était si évidente, en l'occurrence, que le juge assesseur A._ aurait dû se récuser spontanément (cf. art. 48 CPC). Partant, le moyen tiré de la violation de la garantie d'un tribunal indépendant et impartial s'avère fondé. Cette garantie revêtant un caractère formel, sa violation doit entraîner l'annulation de la décision attaquée, indépendamment des chances de succès de la thèse que le recourant soutient dans la procédure au fond (consid. 6, non publié, de l'ATF 138 I 406). En conclusion, il y a lieu d'admettre partiellement le recours en matière civile, d'annuler l'arrêt attaqué et de renvoyer la cause à la Chambre des baux et loyers pour qu'elle statue à nouveau sur l'appel du recourant sans la participation du juge assesseur A._. 4. 4.1. En procédure civile, un principe de base veut que les frais et dépens soient répartis d'après le sort des conclusions. Suivant ce principe, la LTF prévoit qu'en règle générale, la partie qui succombe supporte les frais judiciaires et verse une indemnité de dépens à la partie ayant obtenu gain de cause (cf. art. 66 al. 1 et art. 68 al. 1 et 2 LTF). La partie qui succombe est celle dont les conclusions devant le Tribunal fédéral sont écartées ou rejetées. Dans certains cas, une partie qui s'abstient de prendre position peut être considérée comme la partie perdante dès lors que la décision attaquée est modifiée à son détriment (arrêt 4A_518/2012 du 8 janvier 2013 consid. 3.1 et les références). 4.2. En l'espèce, le recourant obtient gain de cause puisque l'arrêt attaqué par lui est annulé. Quant à l'intimée, ayant renoncé à se déterminer sur le recours, elle ne saurait être considérée comme la partie qui succombe. La décision entreprise n'a du reste pas été modifiée à son détriment, car son annulation a pour origine une circonstance étrangère à cette partie et sur laquelle celle-ci n'avait pas de prise. En vertu de l'art. 66 al. 4 LTF, le canton de Genève, dont dépend l'autorité intimée, ne peut se voir imposer de frais judiciaires. Aussi convient-il de renoncer à en percevoir. Conformément à l'art. 68 al. 1 LTF, le recourant a droit à des dépens. Il appartiendra au canton de Genève de les lui verser, dès lors que c'est l'un de ses tribunaux qui, en ne s'avisant pas de sa composition irrégulière, a donné lieu à l'annulation de l'arrêt dont est recours.
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours constitutionnel subsidiaire est irrecevable. 2. Le recours en matière civile est partiellement admis. En conséquence, l'arrêt attaqué est annulé et la cause est renvoyée à la Chambre des baux et loyers de la Cour de justice du canton de Genève pour qu'elle statue à nouveau sur l'appel du recourant sans la participation du juge assesseur A._. 3. Il n'est pas perçu de frais judiciaires. 4. Le canton de Genève versera au recourant une indemnité de 3'500 fr. à titre de dépens. 5. Le présent arrêt est communiqué aux mandataires des parties et à la Chambre des baux et loyers de la Cour de justice du canton de Genève. Lausanne, le 26 février 2013 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente: Klett Le Greffier: Carruzzo
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Sachverhalt: A. A.a Am 18. Februar 2009 schloss die UBS AG mit dem amerikanischen Justizdepartement (Departement of Justice [DoJ]) einen Vergleich ab (Deferred Prosecution Agreement [DPA]). Sie anerkannte darin, die USA durch gemeinsames Vorgehen mit Bankkunden um Steuereinnahmen betrogen zu haben. Die Bank verpflichtete sich, 780 Millionen Dollar zu bezahlen und künftig auf das grenzüberschreitende Geschäft mit U.S.-Kunden zu verzichten. Die Absprache sah zudem vor, dass die UBS AG gewisse Kundendaten herausgeben würde. Im Gegenzug erklärte das DoJ sich bereit, die laufende Strafverfolgung für mindestens 18 Monate auszusetzen und auf diese definitiv zu verzichten, sollte die UBS AG ihren Verpflichtungen aus dem DPA nachkommen. Der Vergleich hielt fest, dass der Internal Revenue Service (IRS), d.h. die U.S.-Steuerbehörde, im eingeleiteten John-Doe-Summons-Verfahren (JDS-Verfahren) die "enforcement action", d.h. das konkrete Durchsetzungsbegehren, einreichen würde und ein Verstoss gegen eine entsprechende richterliche Anordnung als Verletzung des DPA gelten könnte. A.b Der IRS beantragte tags darauf, die UBS AG zu verpflichten, ihm die Daten von 52'000 U.S.-Kontoinhabern herauszugeben. Am 1. Juli 2009 ermächtigte der Bundesrat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), der UBS AG zu untersagen, schriftlich oder mündlich, direkt oder indirekt, die im John-Doe-Summons-Verfahren geforderten Informationen herauszugeben und die UBS AG gegebenenfalls daran zu hindern, über diese Informationen zu verfügen, sei es durch die Anordnung einer Dokumentenbeschlagnahmung, sei es durch Zugangsbeschränkungen zu den Informatiksystemen ("blocking order"). Am 10. August 2009 hiess der Bundesrat den Entwurf eines Abkommens mit der amerikanischen Regierung über ein Amtshilfegesuch des IRS betreffend die UBS AG gut. Am 19. August 2009 informierten die schweizerischen Behörden die Öffentlichkeit, dass der Vertrag in Kraft getreten sei (AS 2009 5669); die USA würden im Fall UBS ein neues Amtshilfegesuch einreichen und darauf verzichten, die Zivilklage durchzusetzen. Die Schweiz verpflichte sich im Gegenzug, ein rund 4'450 Konten betreffendes Amtshilfeersuchen innert Jahresfrist zu bearbeiten. A.c Mit Urteil vom 21. Januar 2010 stufte das Bundesverwaltungsgericht dieses Abkommen als blosse "Verständigungsvereinbarung" ein, auf deren Grundlage bei fortgesetzter, schwerer Steuerhinterziehung keine Amtshilfe ausserhalb des Abkommens vom 2. Oktober 1996 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen (DBA-USA; SR 0.672.933.61) geleistet werden könne (Urteil A-7789/2009). Am 31. März 2010 unterzeichneten die schweizerischen und die amerikanischen Behörden eine neue Vereinbarung, worin sie klarstellten, dass es sich beim revidierten Doppelbesteuerungsabkommen um einen Staatsvertrag handle, der dem geltenden Recht vorgehe. Das Abkommen wurde ab dem 31. März 2010 vorläufig angewendet und am 17. Juni 2010 durch das Parlament genehmigt (BBl 2010 2965 ff.; AS 2010 2907; SR 0.672.933.612). Mit Urteil vom 15. Juli 2010 (A-4013/2010) bestätigte das Bundesverwaltungsgericht in einem Pilotprozess die Zulässigkeit der steuerrechtlichen Amtshilfe gestützt auf die so ergänzte Absprache. B. B.a Die Eidgenössische Bankenkommission ("EBK"; heute: Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA) erfuhr im Februar/März 2008 von den in den USA gegen die UBS AG erhobenen Vorwürfen und den damit verbundenen möglichen unilateralen Zwangsmassnahmen (z.B. "Subpoena" als Mittel zur Beibringung von Informationen unter Zwangsandrohung). Sie informierte die Eidgenössische Finanzverwaltung, das Bundesamt für Justiz und die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) hierüber. Auf Wunsch der UBS AG übermittelte sie der U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) in dieser Zeit auf dem Amtshilfeweg zahlreiche Unterlagen, die keine Kundendaten enthielten. B.b Am 16. Juli 2008 (mit Ergänzung vom 29. August 2008) ersuchte der IRS die EStV gestützt auf das schweizerisch-amerikanische Doppelbesteuerungsabkommen um Amtshilfe. Am 8. Dezember 2008 teilten die Staatsanwälte des DoJ der UBS AG mit, sie würden umgehend das Verfahren zur Anklageerhebung einleiten, wenn nun nicht rasch Kundendaten übermittelt würden. Am 15. Dezember 2008 informierten Vertreter des DoJ und des U.S. Treasury die Schweizer Regierung, dass das laufende Amtshilfeverfahren zu lange dauere; es werde nunmehr erwartet, dass zeitlich noch um das Ende des Jahres eine signifikante Anzahl Daten ausgehändigt werde. B.c Am 21. Dezember 2008 stellte die EBK fest, dass die UBS AG bei ihrem "Crossborder"-Geschäft in den USA gegen das Gewährs- und Organisationserfordernis des Bankengesetzes verstossen habe, indem einzelne Mitarbeiter in einer beschränkten Zahl von Fällen entgegen ihren Verpflichtungen unter dem "Qualified Intermediary Agreement" (QIA) für Steuerzwecke erstellte Kundendokumentationen als zureichend erachtet hätten, von denen sie wussten oder hätten wissen müssen, dass sie den U.S.-Steuerstatus des Kunden unzutreffend wiedergaben. Die UBS AG habe über eine längere Zeit zudem amerikanische aufsichtsrechtliche Beschränkungen zur grenzüberschreitenden Erbringung von Finanzdienstleistungen missachtet. Die Bankenkommission rügte die UBS "wegen schwerer Verletzung des Gewährs- und Organisationserfordernisses" und verbot ihr, von der Schweiz aus ausserhalb der UBS SFA AG weiterhin das Geschäft mit U.S.-Kunden zu betreiben. Sie wies die Bank an, die Rechts- und Reputationsrisiken bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Finanzdienstleistungen von der Schweiz aus angemessen zu erfassen, zu begrenzen und zu überwachen. C. C.a Am 19./24. Dezember 2008 ersuchte der Bundesrat mit Blick auf den zunehmenden Druck aus den Vereinigten Staaten und deren Absichten, unilateral gegen die UBS AG vorzugehen, die EBK darum, im "Interesse der Stabilität sowohl des schweizerischen als auch des globalen Finanzsystems [...] alle notwendigen Massnahmen zu treffen, um einen solchen Schritt zu verhindern". Das DoJ machte den Abschluss des Vergleichs mit der UBS AG davon abhängig, dass gewisse Kundendaten umgehend übermittelt würden. Am 17. Februar 2009 drohte sie der UBS AG an, sie unverzüglich anzuklagen, sollten die offenzulegenden U.S.-Kundendaten nun nicht sofort ausgehändigt werden. C.b Mit Verfügung vom 18. Februar 2009 ordnete die FINMA an, dass die UBS AG dem Departement of Justice und allenfalls weiteren mit der Verfolgung von Straftatbeständen befassten U.S.-Behörden die unter Ziffer 9 des "Deferred Prosecution Agreement" vom 18. Februar 2009 sowie im Anhang "Account Disclosure Letter" (datiert vom 16. Februar 2009) genannten Daten (285 Dossiers von 255 Kunden) sofort herausgeben müsse. Die UBS AG habe ihr die offenzulegenden Informationen rechtzeitig in elektronischer Form zwecks Weiterleitung an das DoJ zu übergeben; soweit möglich, seien sämtliche Daten offensichtlich unbeteiligter Dritter abzudecken. Die Verfügung werde sofort vollstreckt. Die FINMA begründete ihren Entscheid im Wesentlichen damit, dass die UBS AG in einer "Zwangssituation zwischen widersprechenden Rechtspflichten in den USA und der Schweiz" stehe und selber nicht imstande sei, "die bevorstehende Anklageerhebung und die damit einhergehenden unmittelbaren Bedrohungen ihrer Existenz abzuwenden". Zur Wahrung der Gläubiger- und Anlegerinteressen und zur Sicherung der Stabilität des Schweizer Finanzsystems sei es "zwingend und unausweichlich", geeignete Schutzmassnahmen anzuordnen, "da trotz aller Schritte der Schweizer Behörden keine realistische Aussicht mehr" bestehe, "eine die Existenz gefährdende Anklage abzuwenden". Die der FINMA übergebenen Daten wurden am Abend des 18. Februar 2009 der amerikanischen Botschaft ausgehändigt, nachdem der Vergleich in den USA zuvor richterlich genehmigt worden war. C.c Mit Urteil vom 5. Januar 2010 hiess das Bundesverwaltungsgericht die hiergegen gerichtete Beschwerde der A._ Ltd., der B._ Ltd. und der C._ Corp. gut, soweit es darauf eintrat (Urteil B-1092/2009; auszugsweise publiziert in: ZBl 111/2010 S. 451 ff.). Das Gericht stellte fest, "dass die Ziffern 1 und 2 der angefochtenen Verfügung vom 18. Februar 2009, welche die Herausgabe der Bankkundendaten der Beschwerdeführer an die U.S.-amerikanischen Behörden anordneten, rechtswidrig" seien. Da der Bundesrat in einer von ihm als Notstand bewerteten Situation nicht selber Massnahmen ergriffen habe und die FINMA im Rahmen des konstitutionellen Notrechts nicht delegationsweise habe handeln können, stütze sich die angefochtene Verfügung auf keine für die Einschränkung von Grundrechten genügende gesetzliche Grundlage. Die FINMA habe über keine rechtliche Möglichkeit verfügt, die Herausgabe von Kundendaten ausserhalb der explizit hierfür vorgesehenen Rechts- bzw. Amtshilfeverfahren anzuordnen. Ihre Auffassung, dass sie sich hierzu auf Art. 25 und 26 des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG; SR 952.0; "Massnahmen bei Insolvenzgefahr" [Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 3. Oktober 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004; AS 2004 2767, 2776; BBl 2002 8060]) berufen könne, sei unzutreffend. D. D.a Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA ist am 4./5. Februar 2010 mit dem Antrag an das Bundesgericht gelangt, den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben. Die von ihr angeordnete Herausgabe von Kundendaten sei durch ihre finanzmarktrechtlichen Aufsichtsbefugnisse gedeckt. Zum Zeitpunkt ihrer Verfügung sei sie "angesichts der ernsthaften, schriftlich angezeigten Drohungen" des Departements of Justice betreffend eine Anklage der UBS AG zu Recht davon ausgegangen, dass die Liquidität und letztlich der Weiterbestand der Bank bei einer Anklage schwer, direkt und unmittelbar bedroht gewesen wäre. Es habe eine ernste, unmittelbare und nicht anders abwendbare Gefahr für die Liquidität der UBS und damit für die Gläubiger der UBS sowie das schweizerische Finanzsystem bestanden, dessen Funktionsfähigkeit sie habe schützen müssen. D.b Das Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen (SIF) schloss sich am 28. April 2010 den Ausführungen der FINMA an: Per Ende 2008 sei die UBS wegen ihrer massiv verschlechterten Liquiditätssituation, eines stark erhöhten Abflusses von Kundengeldern, einer unbefriedigenden Ertragsentwicklung und einer problematisch hohen Exponierung in illiquiden Aktiven schwer angeschlagen und verwundbar gewesen. Als das Departement of Justice zum Zweck der Herausgabe der von ihm gewünschten Kundendaten mit einer Anklage der UBS gedroht habe, sei die FINMA davon ausgegangen, dass die Liquidität und letztlich der Fortbestand der UBS schwer und unmittelbar bedroht gewesen sei, was gravierende Auswirkungen auf die schweizerische Volkswirtschaft gehabt hätte. Der Bundesrat habe in dieser Situation davon abgesehen, selber zu handeln, und die FINMA am 19. Dezember 2008 ersucht, alle zur Abwendung der drohenden Gefahren notwendigen Schritte zu unternehmen. Der Bundesrat stelle fest, dass die FINMA mit ihrer Verfügung "ihre Verantwortung wahrgenommen" habe. D.c Die UBS AG beantragt, die Beschwerde gutzuheissen: Bei der umstrittenen Anordnung der FINMA sprächen gewichtige Gründe dafür, die Anforderungen an die Bestimmtheit der gesetzliche Grundlage "wesentlich zu relativieren". Es handle sich dabei um eine einmalige Anordnung, die nur einen begrenzten Personenkreis in mittelbarer Weise betroffen habe. Voraussetzung für die Anordnung von Schutzmassnahmen sei die begründete Besorgnis, dass eine Bank überschuldet erscheine oder ernsthafte Liquiditätsprobleme habe. Bei einer solchen Krisensituation müsse der FINMA ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt werden. Nur die sofortige Datenherausgabe sei geeignet gewesen, eine Anklageerhebung "mit unweigerlich fatalen Folgen" abzuwenden. D.d Die A._ Ltd., die B._ Ltd. und die C._ Corp. reichten am 15. März und 18. Mai 2010 ihre (teilweise als "vorläufig" bezeichneten) Stellungnahmen ein. Sie beantragen, auf die Beschwerde nicht einzutreten, (eventuell) sie abzuweisen; subeventuell sei die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie machen geltend, der angefochtene Entscheid falle unter die Ausschlussgründe von Art. 83 lit. h ("Amtshilfe") bzw. Art. 83 lit. a ("Frage der nationalen Sicherheit") BGG, weshalb dagegen nicht an das Bundesgericht gelangt werden könne. Die FINMA habe ihre Verfahrensrechte schwer verletzt, indem sie "in einer Nacht- und Nebelaktion" ohne jegliche vorgängige Anhörung und trotz hängiger Amtshilfeverfahren die Daten ins Ausland weitergegeben habe. Zudem seien durch sie die Ausstandsregeln missachtet worden, da der Verwaltungsratspräsident der FINMA, Eugen Haltiner, am Erlass der Verfügung vom 18. Februar 2009 massgeblich beteiligt gewesen sei, obwohl er "infolge seiner früheren 32-jährigen Tätigkeit für die UBS AG" nicht neutral und objektiv habe entscheiden können. D.e Das Bundesverwaltungsgericht verweist im Wesentlichen auf die Begründung in seinem Urteil vom 5. Januar 2010. E. Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 15. Juli 2011 öffentlich beraten.
Erwägungen: 1.1 1.1.1 Gegen finanzmarktrechtliche Aufsichtsentscheide des Bundesverwaltungsgerichts kann mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht gelangt werden (Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 54 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 2007 über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht [FINMAG; SR 956.1]). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist indessen ausgeschlossen gegen "Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe" (Art. 83 lit. h BGG). 1.1.2 Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht hat die umstrittenen Daten - entgegen dem Einwand der Beschwerdegegnerinnen - nicht amtshilfeweise, sondern im Rahmen einer Schutzmassnahme im Sinne von Art. 25 f. BankG weitergeleitet. Sie ging davon aus, sie sei hierzu unabhängig von Art. 42 FINMAG (Amtshilfe) bzw. Art. 26 DBA CH-USA kraft ihrer Kompetenzen als bankenrechtliche Aufsichtsbehörde berechtigt gewesen. Ob dies zutrifft, ist von der Problematik zu trennen, ob im Resultat damit die Regeln über die Amtshilfe umgangen wurden. Verfahrensgegenstand bildet nicht die Frage, ob die Voraussetzungen gegeben waren, um den amerikanischen Behörden doppelbesteuerungsrechtlich Amtshilfe zu leisten, sondern ob die FINMA im Rahmen von aufsichtsrechtlichen Schutzmassnahmen befugt erschien, notfalls Kundendaten ins Ausland zu liefern. 1.1.3 Auch der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. a BGG steht der Zuständigkeit des Bundesgerichts nicht entgegen: Danach ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen "Entscheide auf dem Gebiet der inneren oder äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten" ausgeschlossen, "soweit das Völkerrecht nicht einen Anspruch auf eine gerichtliche Beurteilung einräumt". Diese Regelung bezieht sich auf klassische Regierungsakte ("actes de gouvernement"). Der Begriff der "übrigen auswärtigen Angelegenheiten" ist eng zu verstehen und umfasst Anordnungen vorwiegend politischer Natur (BBl 2001 4202 ff., 4322 f.). 1.1.4 Die FINMA hat die umstrittene Verfügung als bankenrechtliche Schutzmassnahme verfügt. Es handelt sich hierbei - trotz der damit verbundenen politischen Konsequenzen, dem Auslandsbezug und der Einbindung des Bundesrats in den Entscheidfindungsprozess - um keine Anordnung im Sinne von Art. 83 lit. a BGG, sondern - in der vorliegenden Form - um eine überprüfbare Verwaltungsmassnahme der Finanzmarktaufsicht. Der Bundesrat hat ausdrücklich davon abgesehen, selber von seiner Kompetenz nach Art. 185 Abs. 3 BV Gebrauch zu machen. Auch die FINMA hat diese Bestimmung, falls sie das überhaupt könnte (vgl. zur Delegationsproblematik BGE 131 II 670 E. 3.2 und 3.3 [SARS-Verordnung]), nicht angerufen, sondern sich auf Art. 25 f. BankG und allenfalls Art. 36 BV gestützt. Handelte es sich beim vorliegenden Streitgegenstand tatsächlich um einen Entscheid im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten, hätte das Bundesverwaltungsgericht im Übrigen seinerseits auf die Beschwerde nicht eintreten dürfen (Art. 32 Abs. 1 lit. a VGG [SR 173.32]) bzw. wäre mit Blick auf einen allfälligen internationalrechtlichen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung heute auch die bundesgerichtliche Zuständigkeit gegeben. 1.1.4 Die FINMA hat die umstrittene Verfügung als bankenrechtliche Schutzmassnahme verfügt. Es handelt sich hierbei - trotz der damit verbundenen politischen Konsequenzen, dem Auslandsbezug und der Einbindung des Bundesrats in den Entscheidfindungsprozess - um keine Anordnung im Sinne von Art. 83 lit. a BGG, sondern - in der vorliegenden Form - um eine überprüfbare Verwaltungsmassnahme der Finanzmarktaufsicht. Der Bundesrat hat ausdrücklich davon abgesehen, selber von seiner Kompetenz nach Art. 185 Abs. 3 BV Gebrauch zu machen. Auch die FINMA hat diese Bestimmung, falls sie das überhaupt könnte (vgl. zur Delegationsproblematik BGE 131 II 670 E. 3.2 und 3.3 [SARS-Verordnung]), nicht angerufen, sondern sich auf Art. 25 f. BankG und allenfalls Art. 36 BV gestützt. Handelte es sich beim vorliegenden Streitgegenstand tatsächlich um einen Entscheid im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten, hätte das Bundesverwaltungsgericht im Übrigen seinerseits auf die Beschwerde nicht eintreten dürfen (Art. 32 Abs. 1 lit. a VGG [SR 173.32]) bzw. wäre mit Blick auf einen allfälligen internationalrechtlichen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung heute auch die bundesgerichtliche Zuständigkeit gegeben. 1.2 1.2.1 Nach Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG sind Personen, Organisationen und Behörden vor Bundesgericht beschwerdeberechtigt, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt. Für die Bankenkommission war dies bis zum 1. Januar 2009 gestützt auf Art. 24 Abs. 1 BankG (in der Fassung vom 1. Januar 2007) der Fall. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht verfügt heute gestützt auf Art. 54 Abs. 2 FINMAG über die gleiche Befugnis. Das Beschwerderecht der FINMA soll den richtigen und rechtsgleichen Vollzug des Bundesverwaltungsrechts in deren Aufsichtsbereich sicherstellen. Die FINMA hat hierüber hinaus kein zusätzliches öffentliches Interesse darzutun (vgl. BGE 129 II 1 E. 1.1 S. 4; 128 II 193 E. 1 S. 195 f., je mit Hinweisen); immerhin muss ein mit Blick auf die einheitliche Anwendung des Bundesrechts in vergleichbaren Fällen zureichendes Interesse an der Beurteilung der aufgeworfenen Problematik (fort-)bestehen (vgl. BGE 135 II 338 E. 1.2.1 S. 342; 134 II 201 E. 1.1; zur EBK: das Urteil 2C_570/2009 vom 1. März 2010 E. 1.1). 1.2.2 Dies ist hier der Fall, obwohl sich die umstrittenen Daten inzwischen im Ausland befinden (vgl. zu einer ähnlichen Situation: BGE 127 II 323 ff.): Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Frage, wieweit die FINMA bei Schutzmassnahmen nach Art. 25 f. BankG gehen darf und wie deren Verhältnis zum Bankkundengeheimnis zu verstehen ist, in anderen Krisensituationen wieder stellt (vgl. BGE 131 II 670 E. 1.2 S. 674 ["SARS"-Verordnung]), wobei es wegen des sofortigen Vollzugs solcher Anordnungen kaum je möglich sein dürfte, die Rechtmässigkeit ihres Vorgehens rechtzeitig zu prüfen. Auf die Beschwerde ist deshalb einzutreten. Hieran ändert nichts, dass inzwischen (weitere) Kundendaten der UBS durch die Steuerverwaltung gestützt auf das ergänzende Abkommen zum DBA CH-USA vom 31. März 2010 herausgegeben wurden und diese Möglichkeit heute allenfalls auch für die am 18. Februar 2010 durch die FINMA ausgehändigten Informationen bestünde. Das ergänzende Abkommen galt weder zum Zeitpunkt der angeordneten Schutzmassnahme noch des Entscheids des Bundesverwaltungsgerichts. 1.3 Die Beschwerdegegnerinnen bestreiten die Parteistellung der UBS, da diese den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts nicht selber angefochten habe. Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben: Die UBS ist auf jeden Fall als weitere Beteiligte in das vorliegende Verfahren einzubeziehen (vgl. Art. 102 Abs. 1 BGG; in BGE 136 II 291 ff. nicht publizierte E. 1.3; 135 II 384 E. 1.2.1 S. 387). Die umstrittene Verfügung erging in ihrem Interesse, richtete sich gegen sie und gestattete ihr indirekt, unter Aufhebung des Bankkundengeheimnisses die von den amerikanischen Behörden einverlangten Kundendaten ins Ausland zu übermitteln. Sie hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse daran, ihren Standpunkt in das vorliegenden Verfahren einbringen zu können, auch wenn sie den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts nicht selber angefochten, sondern dies der FINMA als bankengesetzlicher Aufsichtsbehörde überlassen hat. 1.3 Die Beschwerdegegnerinnen bestreiten die Parteistellung der UBS, da diese den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts nicht selber angefochten habe. Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben: Die UBS ist auf jeden Fall als weitere Beteiligte in das vorliegende Verfahren einzubeziehen (vgl. Art. 102 Abs. 1 BGG; in BGE 136 II 291 ff. nicht publizierte E. 1.3; 135 II 384 E. 1.2.1 S. 387). Die umstrittene Verfügung erging in ihrem Interesse, richtete sich gegen sie und gestattete ihr indirekt, unter Aufhebung des Bankkundengeheimnisses die von den amerikanischen Behörden einverlangten Kundendaten ins Ausland zu übermitteln. Sie hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse daran, ihren Standpunkt in das vorliegenden Verfahren einbringen zu können, auch wenn sie den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts nicht selber angefochten, sondern dies der FINMA als bankengesetzlicher Aufsichtsbehörde überlassen hat. 1.4 1.4.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Von diesem kann nur abgewichen werden, wenn er offensichtlich unrichtig erscheint oder in Verletzung von Verfahrensrechten ermittelt wurde; seine Korrektur muss sich zudem als entscheidwesentlich erweisen. "Offensichtlich unrichtig" heisst "willkürlich" (BGE 133 II 249 E. 1.2.2). Das Bundesgericht kann neue Tatsachen und Beweismittel dabei nur berücksichtigen, wenn erst der Entscheid der Vorinstanz zu diesen Anlass gegeben hat (vgl. Art. 99 BGG). Unzulässig sind Tatsachenbehauptungen und Beweise, die bereits vor der Vorinstanz hätten vorgebracht werden können und müssen, mit denen nachträglich belegt werden soll, dass die Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig ist oder die Vorinstanz die Beweiswürdigung willkürlich vorgenommen hat (BGE 135 V 194 ff.; Urteil 4A_36/2008 vom 18. Februar 2008 E. 4.1). 1.4.2 Die Beschwerdegegnerinnen beantragen neu, den Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen des National- und Ständerats "Die Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA" vom 30. Mai 2010 zu den Akten zu nehmen (BBl 2011 3099 ff.). Aus diesem ergebe sich, (1) dass keine Dringlichkeit für die Verfügung vom 18. Februar 2009 bestanden habe; (2) dass die UBS selber nicht davon ausgegangen sei, dass eine Anklage erhoben werde; (3) dass die UBS AG den "Drohbrief des DoJ" bestellt habe und (4) dass die UBS AG sich im DPA vertraglich zur Datenherausgabe bereit erklärt und die FINMA diese "widerrechtliche vertragliche Verpflichtung" im Nachhinein einfach gebilligt habe. Am 28. Juni 2010 ersuchten sie zudem, zwei Zeitungsartikel vom 17. und 19. Juni 2010 als Noven zuzulassen. Aus diesen ergebe sich gestützt auf den vollständigen Bericht der EBK vom 17. Dezember 2008 zur "Umsetzung des Qualified Intermediary Agreement und zu den grenzüberschreitenden Dienstleistungen in die USA durch die UBS AG", (1) dass Eugen Haltiner als Mitglied des Executive Board der UBS AG im Januar 2002 über die Probleme der UBS AG im Crossborder-Geschäft mit U.S.-Kunden informiert worden sei, (2) dass das Executive Board der UBS AG, dessen Mitglied Eugen Haltiner gewesen sei, eine non-compliance in Kauf genommen habe, (3) dass das Executive Board der UBS AG bewusst die Regeln des 1099-Reportings verletzt habe, (4) dass Eugen Haltiner nur auf Druck des zuständigen Vizedirektors an einer Sitzung am 28. August 2008 erklärt habe, in den Ausstand zu treten, und (5) dass Eugen Haltiner den Untersuchungsbericht der EBK mit den Schlussfolgerungen unterzeichnet habe. Insgesamt belegten die entsprechenden Punkte, dass beim FINMA-Präsidenten der Anschein einer Befangenheit bestanden habe. 1.4.3 Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Entscheid die Frage nach der Dringlichkeit der Intervention der FINMA offengelassen. Immerhin führte es aus, dass es als "erstellt angesehen werden" könne, "dass der Bundesrat die Schweizerische Eidgenossenschaft mit einer Notstandssituation konfrontiert sah" (E. 8.4); die Beurteilung der Situation als notstandsähnlich oder als Notstand für das nationale und allenfalls globale Finanzsystem erscheine "im Hinblick auf das erklärte Ziel, die Beschwerdegegnerin von einer drohenden Illiquidität zu schützen (...) nachvollziehbar und gut fundiert" (E. 10). Die Problematik einer allfälligen Befangenheit von FINMA-Präsident Eugen Haltiner musste die Vorinstanz nicht prüfen, weil sie das Rechtsmittel der Beschwerdegegnerinnen aus einem anderen Grund guthiess. Unter diesen Umständen erscheint zweifelhaft, ob das vorinstanzliche Urteil geeignet erschien, zu den von den Beschwerdegegnerinnen angerufenen neuen Beweismitteln Anlass zu geben. Beim Entscheid über die Zulassung der angerufenen Noven ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Beschwerdegegnerinnen wegen der Vertraulichkeit des Aufsichtsverfahrens gegen die UBS (Art. 14 und Art. 22 Abs. 2 und Abs. 4 FINMAG) nur beschränkt in die vorinstanzlichen Akten Einsicht nehmen konnten, sich bei diesen offenbar nur ein - von der FINMA ausgewählter - Teil der Unterlagen des Gesamtverfahrens befand und den Beschwerdegegnerinnen als Bankkunden im FINMA-Verfahren keine Parteistellung zukam. Die Geschäftsprüfungskommissionen haben den vollen Aktenbestand ihrerseits unabhängig und umfassend sichten können. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht konnten ihre Erkenntnisse jedoch noch nicht angerufen werden. Es rechtfertigt sich deshalb, dem Gesuch der Beschwerdegegnerinnen zu entsprechen und den GPK-Bericht zu den Akten zu nehmen. Da sich die beiden angerufenen Zeitungsartikel ihrerseits offenbar auf den (Gesamt-)Bericht der EBK vom 17. Dezember 2008 stützen, der den Beschwerdegegnerinnen - wegen der schutzwürdigen Interessen der UBS (Geschäftsgeheimnisse) - nur in seiner Kurzfassung vom 18. Februar 2009 zugänglich war, sind die beiden Artikel im vorliegenden Verfahren ebenfalls als Beweismittel zuzulassen. 1.5 1.5.1 Die Beschwerdegegnerinnen ersuchen im bundesgerichtlichen Verfahren erneut um volle Akteneinsicht. Der Instruktionsrichter hat ihr Gesuch am 22. Juli 2010 im Rahmen einer Interessenabwägung nach Art. 56 Abs. 2 und 3 BGG (teilweise) abgelehnt; danach kann das Gericht von einem Beweismittel unter Ausschluss der Parteien Kenntnis nehmen, wo dies zur Wahrung überwiegender öffentlicher oder privater Interessen notwendig erscheint, es den Parteien den für die Sache wesentlichen Inhalt mitteilt und ihnen Gelegenheit gibt, sich dazu zu äussern bzw. Gegenbeweismittel zu bezeichnen. Der GPK-Bericht ist im Vergleich zu den dem Bundesgericht vorliegenden Akten umfassender; es lassen sich daraus materiell alle wesentlichen Inhalte der den Beschwerdegegnerinnen angeblich bisher unbekannten Vorgänge und Unterlagen entnehmen (vgl. Art. 56 Abs. 3 BGG). Er dient dem Gericht im Folgenden soweit nötig als Sachverhaltsgrundlage. Bei den Akten, in die Einsicht verlangt wird, handelt es sich um E-Mail-Verkehr zwischen der UBS und der FINMA als deren Aufsichtsbehörde, der den Beschwerdegegnerinnen nicht zugänglich gemacht werden muss, da er das Aufsichtsverhältnis bzw. die Geschäftsgeheimnisse der UBS betrifft und die entsprechenden Abläufe und Inhalte dem Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen entnommen werden können. Die der Verfügung der FINMA vom 18. Februar 2010 zugrunde liegenden Strategiepapiere und Schreiben wurden von den parlamentarischen Geschäftsprüfungskommissionen aufgearbeitet und soweit möglich offen gelegt; es handelt sich dabei im Wesentlichen um interne Dokumente zur Meinungsbildung des Bundesrats, die als solche der Öffentlichkeit nicht zugänglich und auch den Beschwerdegegnerinnen nicht offenzulegen sind. 1.5.2 Der Instruktionsrichter hat den Beschwerdegegnerinnen Gelegenheit gegeben, aufgrund des Aktenverzeichnisses im Einzelnen und belegt darzutun, weshalb sie zur Begründung ihres Standpunkts auf die ihnen inhaltlich bekannten Aktenstücke im Original angewiesen seien, was sie im Anschluss hieran nicht getan haben. Es ist ihnen eine Kopie des Aktenverzeichnisses zur Verfügung gestellt worden, damit sie konkretisierte Gesuche formulieren konnten; gleichzeitig wurde ihnen in Aussicht gestellt, dass diese spezifisch geprüft würden; schliesslich ist allen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit gegeben worden, sich abschliessend zu äussern. Die Beschwerdegegnerinnen haben an ihren Einsichtsanträgen festgehalten und sich geweigert, in der Sache gestützt auf die Abklärungen der GPK, die sie selber angerufen haben, Stellung zu nehmen bzw. den Sachverhalt, wie er sich dort ergeben hat, allenfalls begründet zu bestreiten oder Gegenbeweise anzubieten. Sie sind damit ihren verfahrensrechtlichen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Anwendung von Art. 56 Abs. 3 BGG nicht nachgekommen. Es rechtfertigt sich deshalb, trotz ihrer Weigerung, sich abschliessend zu äussern, in der Sache zu entscheiden. 2.1 2.1.1 Das Bankkundengeheimnis bezeichnet die durch Straf- und allenfalls aufsichtsrechtliche Sanktionen verstärkte Pflicht einer Bank und ihrer Angehörigen, alle Informationen, die ihnen im Laufe der Geschäftsbeziehung vom Kunden anvertraut werden oder ihnen in diesem Rahmen zur Kenntnis kommen, nach aussen hin geheim zu halten. Es beruht auf der vertraglichen Beziehung zwischen der Bank und dem Kunden einerseits und dessen Persönlichkeitsschutz andererseits (Botschaft vom 18. August 1982 über die Volksinitiative "gegen den Missbrauch des Bankgeheimnisses und der Bankenmacht", BBl 1982 II 1201 ff. Ziff. 73; Rechtsgutachten des BJ vom 4. Dezember 2002 "Bankgeheimnis und Archivierungsgesetz", VPB 67/2003 Nr. 99, dort S. 942; ROLF H. WEBER, Individuelle Geheimhaltung und öffentliche Interessen - ein unüberbrückbares Spannungsfeld?, ZSR 130/2011 I S. 159 ff., dort S. 163 f.; RHINOW ET AL., Öffentliches Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2011, S. 632 ff.; THOMAS MÜLLER, Das Geheimnis um das Bankkundengeheimnis, Jusletter vom 3. Mai 2010, Rz. 19 ff.; CHRISTOPH WINZELER, Rechtsentwicklungen um das Bankkundengeheimnis, AJP 2010 S. 158 ff., dort S. 158 f.; KLEINER/ SCHWOB/WINZELER, in: Bodmer/Kleiner/Lutz [Hrsg.], Kommentar zum BankG, Ausgabe Oktober 2009, N. 3 ff. und N. 403 ff. zu Art. 47 BankG; OLIVER ARTER, Bankenaufsichtsrecht in der Schweiz, 2008, S. 256 ff.; GÜNTER STRATENWERTH, in: Watter/Vogt/Bauer/Winzeler [Hrsg.], BSK Bankengesetz, 2005, N. 1 ff. zu Art. 24 BankG; EMCH/RENZ/ ARPAGAUS, Das schweizerische Bankgeschäft, 6. Aufl. 2004, N. 395; RENATE SCHWOB, in: Boemle et al. [Hrsg.], Geld-, Bank- und Finanzmarkt-Lexikon der Schweiz, 2002, S. 141; ADRIANO MARGIOTTA, Das Bankgeheimnis - Rechtliche Schranke eines bankkonzerninternen Informationsflusses?, 2002, S. 60 ff.; HELENA INGRID GLASER, Amtshilfe und Bankgeheimnis, 1996, S. 80 ff.; AUBERT ET AL., Le secret bancaire suisse, 3. Aufl. 1995, S. 41 ff.). Art. 47 BankG regelt nicht das Bankkundengeheimnis als solches, sondern die (strafrechtliche) Sanktion bei dessen Verletzung (MÜLLER, a.a.O., Rz. 25; GÜNTER STRATENWERTH, Der behördlich erzwungene Verzicht auf das Bankgeheimnis, in: Rudolf v. Graffenried [Hrsg.], Beiträge zum schweizerischen Bankenrecht, 1987, S. 227 ff., dort S. 228). Das Personal und die Organe der FINMA unterstehen ihrerseits nicht dem Bankkunden-, sondern dem Amtsgeheimnis nach Art. 14 FINMAG. Dieses verpflichtet sie, alles geheim zu halten, was weder allgemein bekannt noch zugänglich ist und woran die FINMA oder Dritte, die in einer Rechtsbeziehung zu ihr stehen, ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse haben. In diesem Rahmen hat die Aufsichtsbehörde auch die Geheimhaltungsinteressen der Beaufsichtigten, namentlich deren Geschäfts- bzw. Berufsgeheimnisse, wozu das Bankkundengeheimnis zählt, zu wahren (vgl. Botschaft vom 1. Februar 2006 zum Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht, BBl 2006 2829 ff. Ziff. 2.2.1 S. 2867; KLEINER/SCHWOB/ WINZELER, a.a.O., N. 361 f. zu Art. 47 BankG). 2.1.2 Die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Person gehören zu deren Privatsphäre, die durch Art. 28 ff. ZGB geschützt ist und einen Teilgehalt des Grundrechts auf Schutz der Privatsphäre gemäss Art. 13 BV und Art. 8 EMRK bildet (vgl. auch KLEINER/SCHWOB/WINZELER, a.a.O., N. 3 zu Art. 47 BankG). Dem Bankkundengeheimnis kommt nach der Rechtsprechung nicht der Rang eines eigenständigen geschriebenen oder ungeschriebenen verfassungsmässigen Rechts zu, sodass es bei Kollisionen mit anderen Interessen diesen stets vorgehen würde (BGE 115 Ib 68 E. 4b S. 83). Als Einschränkung des Grundrechts auf Schutz der Privatsphäre dürfen Bankkundendaten unter den Voraussetzungen von Art. 36 BV (bzw. Art. 8 Ziff. 2 EMRK) ins Ausland weitergegeben werden, d.h. falls eine gesetzliche oder staatsvertragliche Grundlage und ein öffentliches Interesse daran besteht und die entsprechende Massnahme zudem dem Gebot der Verhältnismässigkeit entspricht. Art. 8 Ziff. 2 EMRK anerkennt als Rechtfertigungsgründe die Aufrechterhaltung der Ordnung und des wirtschaftlichen Wohls des Landes; der zu deren Wahrung erforderliche Eingriff in die Privatsphäre muss einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und in einer demokratischen Gesellschaft "notwendig" erscheinen (vgl. WEBER, a.a.O., S. 170). Das Bankkundengeheimnis zählt nur insofern zu den "wesentlichen Interessen der Schweiz", als es sich bei der verlangten Auskunft um eine solche handelt, "deren Preisgabe das Bankgeheimnis geradezu aushöhlen oder die der ganzen Wirtschaft Schaden zufügen" würde (BGE 125 II 83 ff.; 123 II 153 E. 7 S. 160 f.; 115 Ib 68 E. 4b S. 83 mit Hinweisen; KLEINER/SCHWOB/WINZELER, a.a.O., N. 172 und 281 zu Art. 47 BankG). Es findet seine Grenzen (1) im Willen des Kunden, (2) in einschlägigen, rechtsgenügend gestalteten rechtlichen Eingriffsgrundlagen oder (3) in überwiegenden eigenen (berechtigten) Interessen der Bank (vgl. GLASER, a.a.O., S. 83; STRATENWERTH, a.a.O., N. 25 ff. zu Art. 47 BGG [Einwilligung des Berechtigten], N. 28 ff. [gesetzliche Pflichtenkollision], N. 43 ff. [Notstand]; siehe auch EMCH/ RENZ/ARPAGAUS, a.a.O., N. 416 ff.; MARGIOTTA, a.a.O., S. 93 ff.). 2.1.2 Die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Person gehören zu deren Privatsphäre, die durch Art. 28 ff. ZGB geschützt ist und einen Teilgehalt des Grundrechts auf Schutz der Privatsphäre gemäss Art. 13 BV und Art. 8 EMRK bildet (vgl. auch KLEINER/SCHWOB/WINZELER, a.a.O., N. 3 zu Art. 47 BankG). Dem Bankkundengeheimnis kommt nach der Rechtsprechung nicht der Rang eines eigenständigen geschriebenen oder ungeschriebenen verfassungsmässigen Rechts zu, sodass es bei Kollisionen mit anderen Interessen diesen stets vorgehen würde (BGE 115 Ib 68 E. 4b S. 83). Als Einschränkung des Grundrechts auf Schutz der Privatsphäre dürfen Bankkundendaten unter den Voraussetzungen von Art. 36 BV (bzw. Art. 8 Ziff. 2 EMRK) ins Ausland weitergegeben werden, d.h. falls eine gesetzliche oder staatsvertragliche Grundlage und ein öffentliches Interesse daran besteht und die entsprechende Massnahme zudem dem Gebot der Verhältnismässigkeit entspricht. Art. 8 Ziff. 2 EMRK anerkennt als Rechtfertigungsgründe die Aufrechterhaltung der Ordnung und des wirtschaftlichen Wohls des Landes; der zu deren Wahrung erforderliche Eingriff in die Privatsphäre muss einem dringenden sozialen Bedürfnis entsprechen und in einer demokratischen Gesellschaft "notwendig" erscheinen (vgl. WEBER, a.a.O., S. 170). Das Bankkundengeheimnis zählt nur insofern zu den "wesentlichen Interessen der Schweiz", als es sich bei der verlangten Auskunft um eine solche handelt, "deren Preisgabe das Bankgeheimnis geradezu aushöhlen oder die der ganzen Wirtschaft Schaden zufügen" würde (BGE 125 II 83 ff.; 123 II 153 E. 7 S. 160 f.; 115 Ib 68 E. 4b S. 83 mit Hinweisen; KLEINER/SCHWOB/WINZELER, a.a.O., N. 172 und 281 zu Art. 47 BankG). Es findet seine Grenzen (1) im Willen des Kunden, (2) in einschlägigen, rechtsgenügend gestalteten rechtlichen Eingriffsgrundlagen oder (3) in überwiegenden eigenen (berechtigten) Interessen der Bank (vgl. GLASER, a.a.O., S. 83; STRATENWERTH, a.a.O., N. 25 ff. zu Art. 47 BGG [Einwilligung des Berechtigten], N. 28 ff. [gesetzliche Pflichtenkollision], N. 43 ff. [Notstand]; siehe auch EMCH/ RENZ/ARPAGAUS, a.a.O., N. 416 ff.; MARGIOTTA, a.a.O., S. 93 ff.). 2.2 2.2.1 Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass nicht die UBS AG die Datensätze den amerikanischen Behörden ausgehändigt hat, sondern die finanzmarktrechtliche Aufsichtsbehörde. Die FINMA ist zwar nicht dem Bankkunden-, jedoch dem Amtsgeheimnis unterstellt (Art. 14 FINMAG); sie hat das Bankkundengeheimnis in diesem Rahmen zu wahren. Zur Rechtfertigung des Eingriffs in dieses bzw. in das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre berief sie sich auf die ihr eingeräumte Möglichkeit, bankenrechtliche Schutzmassnahmen zu treffen. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete dies als unzulässig: Zwar handle es sich bei den entsprechenden Bestimmungen um formelle Gesetzesgrundlagen, doch deckten diese wegen der im Ausland drohenden Nachsteuer- und Strafverfahren einen so weit gehenden aufsichtsrechtlichen Eingriff in die Kundenbeziehung nicht ab. Selbst wenn sie dies täten, genügten Art. 25 und 26 BankG mangels hinreichender Bestimmtheit und Voraussehbarkeit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die gesetzliche Grundlage für den mit der Herausgabe der Daten verbundenen Eingriff in die Privatsphäre nicht. 2.2.2 Entgegen der Ansicht der FINMA verletzt diese Auffassung kein Bundesrecht: Art. 25 BankG sieht vor, dass die FINMA Schutzmassnahmen nach Art. 26 BankG anordnen kann, wenn die "begründete Besorgnis" besteht, dass eine Bank überschuldet ist oder ernsthafte Liquiditätsprobleme hat bzw. sie die Eigenmittelvorschriften nicht fristgerecht erfüllt. Sie kann in diesem Rahmen "namentlich": den Organen der Bank Weisungen erteilen (Abs. 1 lit. a), einen Untersuchungsbeauftragten einsetzen (Abs. 1 lit. b), den Organen die Vertretungsbefugnis entziehen oder sie abberufen (Abs. 1 lit. c), die bankengesetzliche Prüfgesellschaft oder obligationenrechtliche Revisionsstelle abberufen (Abs. 1 lit. d), die Geschäftstätigkeit der Bank einschränken (Abs. 1 lit. e), der Bank verbieten, Auszahlungen zu leisten, Zahlungen entgegenzunehmen oder Effektentransaktionen zu tätigen (Abs. 1 lit. f) oder aber die Bank schliessen (Abs. 1 lit. g) bzw. eine Stundung oder einen Fälligkeitsaufschub anordnen (Abs. 1 lit. h). Art. 26 BankG gibt seinem Wortlaut nach der FINMA keinerlei Befugnis, im Rahmen solcher Massnahmen das Bankkundengeheimnis zu durchbrechen und mit der Herausgabe von vertraulichen Kundendaten an ausländische Steuerbehörden in die Privatsphäre der Kontoinhaber einzugreifen. Die explizit genannten Massnahmen richten sich in erster Linie an die Beaufsichtigten, d.h. die Banken selber, und haben nur indirekte (Reflex-)Wirkungen auf die Kunden bzw. die Gläubiger. In der Doktrin wird darauf hingewiesen, dass es sich bei den Schutzmassnahmen nach Art. 26 BankG mit Ausnahme der Stundung und dem Fälligkeitsaufschub um Massnahmen handle, welche die Aufsichtsbehörde bereits gestützt auf Art. 23ter (in der Fassung vom 11. März 1971) BankG "bei Verletzung des Gesetzes oder sonstigen Missständen" gegen die Beaufsichtigten anordnen könne (vgl. EVA HÜPKES, Neue Aufgaben für die Bankenaufsicht - die Bankenkommission als Konkursbehörde, Insolvenz- und Wirtschaftsrecht (IWIR) 4/2002 S. 125 ff., dort S. 130). 2.2.3 Zwar ist die Aufzählung der möglichen Massnahmen in Art. 26 BankG nicht abschliessend und kann die FINMA gestützt darauf auch andere Anordnungen im Interesse der Gläubiger und des Finanzplatzes zum Schutz der Banken vor nicht erfüllbaren Rückzügen ("bank run") treffen, doch müssen diese den selben Zweck verfolgen wie die in Art. 26 BankG genannten, nämlich die Bank zu retten bzw. zu sanieren (vgl. KARL SPÜHLER, Bankenkonkurs - Bankennachlassstundung - Bankensanierung - gestern und morgen, in: Peter Nobel [Hrsg.], Aktuelle Rechtsprobleme des Finanz- und Börsenplatzes, 2004, S. 79 ff., dort S. 83). Die Schutzmassnahmen nach Art. 25 f. BankG sollen die Bank in die Lage versetzen, weiterhin ihre Tätigkeit auszuüben, sei es mit verbesserten Strukturen, sei es dadurch, dass sie von ihren Gläubigern nicht allzu sehr bedrängt wird (BARBARA SCHAERER, Bankeninsolvenzrecht und Einlegerschutz in Revision, in: Peter Nobel [Hrsg.], Aktuelle Rechtsprobleme des Finanz- und Börsenplatzes Schweiz, 2001, S. 55 ff., dort S. 59). Obwohl der FINMA bei der Anwendung von Art. 25 f. BankG ein relativ weiter Ermessensspielraum zukommt, welcher es ihr erlauben soll, im Einzelfall aufsichtsrechtlich optimalen Schutz vor einer Überschuldung zu gewähren (vgl. den Bericht der Expertenkommission, Bankensanierung, Bankenliquidation und Einlegerschutz, Oktober 2000, Ziff. 10.2.3 [S. 45] sowie S. 54 ff.), entbindet dieser Freiraum sie nicht davon, ihre anderweitigen gesetzlichen Pflichten sowie das Legalitätsprinzip zu beachten. Nicht alles, was zur Abwendung der Insolvenzgefahr einer Bank nützlich und allenfalls sogar verhältnismässig erscheint, kann von ihr als aufsichtsrechtliche Schutzmassnahme verfügt werden. Die Anordnungen müssen qualitativ gleicher Natur sein wie die vom Gesetzgeber in Art. 26 BankG genannten, d.h. sie müssen sich in erster Linie gegen die beaufsichtigte Bank richten und dürfen deren Kunden nur punktuell und indirekt tangieren, andernfalls das Bestimmtheits- und das Voraussehbarkeitsgebot und damit das Legalitätsprinzip verletzt werden (vgl. zu diesen BGE 136 I 87 E. 3.1; 132 I 49 E. 6.2). 2.2.4 Zu Recht verweist das Bundesverwaltungsgericht unter systematischen Gesichtspunkten in diesem Zusammenhang auch auf die in den letzten Jahren geschaffenen bzw. revidierten finanzmarkt- und steuerrechtlichen Amtshilfeverfahren, die ihrerseits dem Schutz der wirtschaftlichen Persönlichkeit der Kunden dienen. Diese regeln den Informationsaustausch mit den ausländischen Behörden abschliessend und können nicht durch die FINMA im Rahmen von Schutzmassnahmen aufsichtsrechtlich übersteuert werden: Nach Art. 42 Abs. 2 FINMAG darf die FINMA ausländischen Finanzmarktaufsichtsbehörden nicht öffentlich zugängliche Auskünfte und Unterlagen nur übermitteln, sofern diese an das Amts- und Berufsgeheimnis gebunden sind, sie die Informationen (lit. a) ausschliesslich zur direkten Beaufsichtigung von ausländischen Instituten verwenden und (lit. b) sie die Informationen nur aufgrund einer generellen Ermächtigung in einem Staatsvertrag oder mit der Zustimmung der FINMA an Behörden und an Organe weiterleiten, die mit im öffentlichen Interesse liegenden Aufsichtsaufgaben betraut sind. Betreffen die Daten einzelne Kunden, so gilt das Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021), was diesen ermöglicht, die gesetzlich vorgesehene amtshilfeweise Durchbrechung des Bankkundengeheimnisses richterlich überprüfen zu lassen. Analoge Bestimmungen bestehen für die steuerrechtlichen Amtshilfeverfahren in den verschiedenen Doppelbesteuerungsabkommen und für die (strafrechtlichen) Rechtshilfeverfahren im Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) bzw. den einschlägigen Staatsverträgen in diesem Bereich. Könnte die FINMA gestützt auf Art. 25 und 26 BankG und - wie von ihr geltend gemacht - unter Ausschluss irgendeiner Beschwerdemöglichkeit der betroffenen Kunden handeln (vgl. Art. 24 Abs. 2 BankG in der Fassung vom 3. Oktober 2003), würden diese Verfahren kurzgeschlossen, der vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollte richterliche Schutz unterlaufen und die Kompetenzen der zuständigen Rechtshilfe- oder Steuerbehörden bzw. die von diesen zu prüfenden, für die amtshilfeweise Aufhebung des Bankkundengeheimnisses erforderlichen Voraussetzungen umgangen. 2.3 Die umstrittene Datenherausgabe konnte sich unter diesen Umständen auch nicht auf Art. 31 FINMAG stützen, wonach die FINMA für die Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes sorgt, falls ein Beaufsichtigter ein Finanzmarktgesetz verletzt oder sonstige Missstände bestehen: Auch in diesem Rahmen muss die FINMA - trotz des ihr eingeräumten technischen Ermessens - gesetzeskonform handeln (vgl. POLEDNA/MARAZZOTTA, in: BSK BankG, a.a.O., N. 4 zu Art. 23ter BankG). Sie kann keine geschützten Kundendaten in Umgehung der entsprechenden Amts- oder Rechtshilfeverfahren ins Ausland liefern. Würden die entsprechenden aufsichtsrechtlichen Befugnisse anders und im Sinne der Ausführungen der FINMA verstanden, beeinträchtigte dies das Gesetzmässigkeitsprinzip dauerhaft, da sie jederzeit im Rahmen des ordentlichen Rechts ausserordentliche, nicht voraussehbare und ihre Aufsichtsbefugnisse nach den einschlägigen Gesetzen sprengende Massnahmen anordnen könnte, was rechtsstaatlich unzulässig ist (vgl. ANDREAS KLEY, Die UBS-Rettung im historischen Kontext des Notrechts, ZSR 130/2011 I S. 123 ff., dort S. 137 f.). 3. 3.1 Zu prüfen bleibt, ob die von der FINMA verfügte Herausgabe der umstrittenen Daten gestützt auf die polizeiliche Generalklausel zur Wahrung überwiegender privater oder öffentlicher Interessen zulässig war. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies mit der Begründung verneint, es erscheine fraglich, ob die möglichen gravierenden Probleme der UBS die öffentliche Ordnung und Sicherheit überhaupt unmittelbar gefährdet hätten; eine Berufung auf die polizeiliche Generalklausel falle schon deshalb ausser Betracht, "weil es sich im vorliegenden Fall nicht um einen unmittelbaren, nicht vorhersehbaren Notfall" gehandelt habe, nachdem die Drohungen der U.S.-Behörden, Anklage zu erheben, bereits einige Zeit vor dem 18. Februar 2009 bekannt gewesen seien. Da der Bundesrat zwei Monate vor Erlass der angefochtenen Verfügung der FINMA die beantragte "Rückendeckung" in Form einer Ermächtigung, Bankkundendaten an die U.S.-Behörden auszuhändigen, nicht gegeben habe, käme - so das Bundesverwaltungsgericht - die Berufung auf die polizeiliche Generalklausel faktisch einer widerrechtlichen "Kompetenzattraktion durch die Vorinstanz gleich". 3. 3.1 Zu prüfen bleibt, ob die von der FINMA verfügte Herausgabe der umstrittenen Daten gestützt auf die polizeiliche Generalklausel zur Wahrung überwiegender privater oder öffentlicher Interessen zulässig war. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies mit der Begründung verneint, es erscheine fraglich, ob die möglichen gravierenden Probleme der UBS die öffentliche Ordnung und Sicherheit überhaupt unmittelbar gefährdet hätten; eine Berufung auf die polizeiliche Generalklausel falle schon deshalb ausser Betracht, "weil es sich im vorliegenden Fall nicht um einen unmittelbaren, nicht vorhersehbaren Notfall" gehandelt habe, nachdem die Drohungen der U.S.-Behörden, Anklage zu erheben, bereits einige Zeit vor dem 18. Februar 2009 bekannt gewesen seien. Da der Bundesrat zwei Monate vor Erlass der angefochtenen Verfügung der FINMA die beantragte "Rückendeckung" in Form einer Ermächtigung, Bankkundendaten an die U.S.-Behörden auszuhändigen, nicht gegeben habe, käme - so das Bundesverwaltungsgericht - die Berufung auf die polizeiliche Generalklausel faktisch einer widerrechtlichen "Kompetenzattraktion durch die Vorinstanz gleich". 3.2 3.2.1 Unter Vorbehalt der Kompetenzen des Parlaments (vgl. Art. 173 Abs. 1 lit. a und b BV; Art. 7c ff. des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 [RVOG] in der Fassung des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 2010 über die Wahrung von Demokratie, Rechtsstaat und Handlungsfähigkeit in ausserordentlichen Lagen) ist nur der Bundesrat befugt, zur Wahrung der Interessen des Landes Verordnungen und Verfügungen zu erlassen (Art. 184 Abs. 3 BV) oder mit solchen eingetretenen oder unmittelbar drohenden schweren Störungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren oder äusseren Sicherheit entgegenzutreten (Art. 185 Abs. 3 BV; vgl. URS SAXER, St. Galler Kommentar, 2. Aufl. 2008, Rz. 35 ff. zu Art. 185 BV; GIOVANNI BIAGGINI, Kommentar BV, 2007, N. 9 ff. zu Art.185 BV). Keine Verwaltungsbehörde kann staatsorganisatorisch an seiner Stelle handeln. Es ist am Bundesrat, zu prüfen, ob die jeweiligen Handlungsvoraussetzungen gegeben sind oder nicht (vgl. PASCAL MAHON, in: Aubert/Mahon, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse, 2003, N. 7 zu Art. 185 BV). Sein entsprechender Entscheid ist grundsätzlich der richterlichen Kontrolle entzogen (vgl. Art. 189 Abs. 4 BV). 3.2.2 Dies schliesst indessen im vorliegenden Zusammenhang, wo FINMA und Bundesrat irrtümlicherweise davon ausgegangen sind, im Rahmen des ordentlichen Rechts handeln zu können, eine (nachträgliche) Berufung auf die polizeiliche Generalklausel nicht aus: Die Regierung hatte der FINMA gegenüber im Vorfeld der umstrittenen Verfügung ihren Entscheid vom 19. Dezember 2007 bestätigt, dass sie diese einlade, "alle notwendigen Massnahmen zu treffen", um eine Anklageerhebung gegen die UBS "im Interesse der Stabilität sowohl des schweizerischen als auch des globalen Finanzsystems" zu verhindern. Der Bundesrat nahm dabei (fälschlicherweise) an, dass dies gestützt auf Art. 25 f. BankG möglich sein würde und nicht auf notrechtliche Kompetenzen zurückgegriffen werden müsste. Sein Beschluss umfasste nötigenfalls auch einen Eingriff in das Bankkundengeheimnis gestützt auf die polizeiliche Generalklausel im Rahmen von Art. 36 BV. Er delegierte damit nicht seine verfassungsmässige Notkompetenz an die FINMA, sondern beauftragte diese, mit allen ihr zur Verfügung stehenden aufsichtsrechtlichen Mitteln, einschliesslich einer allfälligen Datenherausgabe gestützt auf Art. 25 f. BankG bzw. die polizeiliche Generalklausel (Art. 36 BV), zu intervenieren, um nicht in Umgehung des ordentlichen Rechts und einer allfälligen Zuständigkeit der FINMA seine verfassungsmässigen Notkompetenzen anrufen zu müssen (vgl. BBl 2011 3362 ff. und insbesondere S. 3366), was in anderem Zusammenhang massiv kritisiert worden war (vgl. die verschiedenen Hinweise im Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats zur Parlamentarischen Initiative "Wahrung von Demokratie, Rechtsstaat und Handlungsfähigkeit in ausserordentlichen Lagen", BBl 2010 1563 ff., und die Stellungnahme des Bundesrats hierzu, BBl 2010 2803 ff.). 3.2.3 Zwar wäre die FINMA als Verwaltungsbehörde mit Blick auf die mit der Durchbrechung des Bankkundengeheimnisses verbundenen Auswirkungen nicht befugt gewesen, gestützt auf die polizeiliche Generalklausel in ihrem Fachbereich die Dokumentenherausgabe in eigener Verantwortung zu verfügen; sie konnte sich im konkreten Fall aber auf die polizeiliche Generalklausel berufen, weil sie den Bundesrat laufend über die Situation informiert hatte und inhaltlich letztlich gemeinsam mit ihm handelte. Warum der Bundesrat fälschlicherweise angenommen hat, die FINMA könne aufsichtsrechtlich vorgehen, weshalb nicht er, sondern sie gefordert sei, spielt keine Rolle, falls die Voraussetzungen zur Anwendung der polizeilichen Generalklausel, wie von FINMA und Bundesrat angenommen, objektiv tatsächlich gegeben waren. Die FINMA hat mit Wissen bzw. auf Anweisung und Drängen des Bundesrats hin verfügt, wobei dieser die konkret vorgesehene Massnahme - die umstrittene Datenherausgabe - gebilligt hatte (vgl. BBl 2011 3410; zur politischen Einschätzung der Rolle des Bundesrats und den daraus zu ziehenden Lehren: BBl 2011 3407 ff., insbesondere S. 3410). Den Beschwerdegegnerinnen erwuchs hieraus kein Nachteil, da die Verfügung der FINMA ihnen den Rechtsweg öffnete. Für das Handeln der FINMA hätte dann kein notstandsrechtlicher Raum (mehr) bestanden, wenn der Bundesrat bereits zu diesem Zeitpunkt ein verfassungsunmittelbares Editionsverbot erlassen und der UBS AG damit faktisch oder rechtlich verunmöglicht hätte, den amerikanischen Behörden die einverlangten Informationen zu übermitteln (vgl. hierzu MARTIN SCHAUB, Konflikt um Kundendaten: Die Situation der UBS vor dem Abkommen 09, ZSR 130/2011 I S. 209 ff., dort S. 225 ff. unter Hinweis auf den Fall Marc Rich & Co. AG sowie S. 235). Dies hat er indessen erst am 1. Juli 2009 getan (vgl. BBl 2011 3385), als absehbar war, dass die amerikanischen Behörden nach dem ersten - von ihm mitgetragenen - Herausgabeentscheid versucht sein könnten, die schweizerische Rechtsordnung und den Amtshilfeweg im Doppelbesteuerungsabkommen (weiterhin) unilateral zu umgehen (vgl. zum amerikanischen Rechtsverständnis von Amtshilfe und unilateralen Massnahmen: SCHAUB, a.a.O., S. 216 f.). 3.2.3 Zwar wäre die FINMA als Verwaltungsbehörde mit Blick auf die mit der Durchbrechung des Bankkundengeheimnisses verbundenen Auswirkungen nicht befugt gewesen, gestützt auf die polizeiliche Generalklausel in ihrem Fachbereich die Dokumentenherausgabe in eigener Verantwortung zu verfügen; sie konnte sich im konkreten Fall aber auf die polizeiliche Generalklausel berufen, weil sie den Bundesrat laufend über die Situation informiert hatte und inhaltlich letztlich gemeinsam mit ihm handelte. Warum der Bundesrat fälschlicherweise angenommen hat, die FINMA könne aufsichtsrechtlich vorgehen, weshalb nicht er, sondern sie gefordert sei, spielt keine Rolle, falls die Voraussetzungen zur Anwendung der polizeilichen Generalklausel, wie von FINMA und Bundesrat angenommen, objektiv tatsächlich gegeben waren. Die FINMA hat mit Wissen bzw. auf Anweisung und Drängen des Bundesrats hin verfügt, wobei dieser die konkret vorgesehene Massnahme - die umstrittene Datenherausgabe - gebilligt hatte (vgl. BBl 2011 3410; zur politischen Einschätzung der Rolle des Bundesrats und den daraus zu ziehenden Lehren: BBl 2011 3407 ff., insbesondere S. 3410). Den Beschwerdegegnerinnen erwuchs hieraus kein Nachteil, da die Verfügung der FINMA ihnen den Rechtsweg öffnete. Für das Handeln der FINMA hätte dann kein notstandsrechtlicher Raum (mehr) bestanden, wenn der Bundesrat bereits zu diesem Zeitpunkt ein verfassungsunmittelbares Editionsverbot erlassen und der UBS AG damit faktisch oder rechtlich verunmöglicht hätte, den amerikanischen Behörden die einverlangten Informationen zu übermitteln (vgl. hierzu MARTIN SCHAUB, Konflikt um Kundendaten: Die Situation der UBS vor dem Abkommen 09, ZSR 130/2011 I S. 209 ff., dort S. 225 ff. unter Hinweis auf den Fall Marc Rich & Co. AG sowie S. 235). Dies hat er indessen erst am 1. Juli 2009 getan (vgl. BBl 2011 3385), als absehbar war, dass die amerikanischen Behörden nach dem ersten - von ihm mitgetragenen - Herausgabeentscheid versucht sein könnten, die schweizerische Rechtsordnung und den Amtshilfeweg im Doppelbesteuerungsabkommen (weiterhin) unilateral zu umgehen (vgl. zum amerikanischen Rechtsverständnis von Amtshilfe und unilateralen Massnahmen: SCHAUB, a.a.O., S. 216 f.). 3.3 3.3.1 Die polizeiliche Generalklausel kann als konstitutionelles Notrecht im Rahmen von Art. 36 Abs. 1 BV eine fehlende gesetzliche Grundlage ersetzen und - selbst schwerwiegende - Eingriffe in Grundrechte legitimieren, wenn und soweit es gilt, die öffentliche Ordnung und fundamentale Rechtsgüter des Staates oder Privater gegen schwere und zeitlich unmittelbar drohende Gefahren zu schützen. Diese dürfen unter den konkreten Umständen nicht anders als mit gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehenen Mitteln abzuwenden sein (Subsidiarität); die entsprechenden Massnahmen müssen zudem den allgemeinen Prinzipien des Verfassungs- und Verwaltungsrechts - insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit - Rechnung tragen (BGE 126 I 112 E. 4b S. 118; 121 I 22 E. 4b/aa S. 27 f.; 111 Ia 246 E. 2 und 3a mit Hinweisen; vgl. KLEY, a.a.O., S. 124). Zwar hat das Bundesgericht zum Schutz des Legalitätsprinzips und der Gewaltenteilung in jüngerer Zeit regelmässig verlangt, dass der Anwendungsbereich der polizeilichen Generalklausel auf "echte und unvorhersehbare Notfälle" zu beschränken sei und sie nicht angerufen werden könne, wenn typische und erkennbare Gefährdungslagen trotz Kenntnis der Problematik nicht normiert wurden (BGE 130 I 369 E. 7.3 S. 381 ff.; 126 I 112 E. 4b S. 118; vgl. auch HÄFELIN/HALLER/KELLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. Aufl. 2008, N. 312; SCHWEIZER, a.a.O., N. 17 zu Art. 36 BV; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, N. 6 ff. in § 56 S. 517 f.). Dieses Erfordernis ist in der Doktrin indessen als zu einschränkend bzw. zu ungenau kritisiert worden (vgl. TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., N. 8 ff. zu § 56 S. 518 f.; HÄFELIN/ MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 2470; MÜLLER/JENNI, Die polizeiliche Generalklausel, Sicherheit & Recht, 2008, S. 4 ff., dort S. 15 ff.; dieselben, Notrecht... abermals zur polizeilichen Generalklausel, Sicherheit & Recht 2010 S. 101 ff., zum vorliegenden Fall dort S. 104 ff.). 3.3.2 Das Bundesgericht hat in einem neueren Entscheid seine Praxis dementsprechend präzisiert: Danach kann ein Untätigsein des Gesetzgebers den Staat in einer Notsituation nicht zur Hingabe fundamentaler Rechts- bzw. Polizeigüter zwingen, wenn diese Gegenstand staatlicher Schutzpflichten bilden (vgl. das Urteil 2C_166/2009 vom 30. November 2009, ZBl 111/2010 S. 469 ff., dort E. 2.3.2.1). Die polizeiliche Generalklausel bezweckt den Schutz fundamentaler Rechtsgüter, wenn eine sie bedrohende konkrete, schwerwiegende und unmittelbare Gefahr wegen der Dauer des politischen Prozesses nicht auf dem Weg der ordentlichen Gesetzgebung wirksam bekämpft werden kann. Das Erfordernis der Unvorhersehbarkeit bildet im Rahmen der Interessenabwägung nur ein zu berücksichtigendes Element unter anderen. Es ist nicht als Anwendungsvoraussetzung zu verstehen, welches es - losgelöst von der Art und der Dringlichkeit der Gefahr - ausschliesst, die polizeiliche Generalklausel überhaupt anzurufen. 4. 4.1 Der Bundesrat und die FINMA sahen sich vorliegend mit der amerikanischen Drohung, gegen die UBS Anklage zu erheben, einer Gefahr gegenüber, welche wegen der Systemrelevanz der Bank geeignet erschien, den nationalen und internationalen Finanzmarkt zu erschüttern. Mit der damit verbundenen Beeinträchtigung des weltweiten bzw. des schweizerischen Wirtschaftssystems wären unabsehbare Konsequenzen verbunden gewesen, welche wesentliche und existenzielle Interessen des Landes tangiert hätten. Es ging bei der umstrittenen Massnahme mit der wirtschaftlichen Funktionsfähigkeit darum, ein für dieses fundamentales Rechtsgut zu erhalten. In Ausnahmesituationen - wie hier - kann auch die ökonomische Stabilität und der Schutz des Finanzmarkts ein entsprechend schützenswertes polizeiliches Gut darstellen, da beide klassische Polizeigüter wie das Eigentum oder Treu und Glauben im Geschäftsverkehr umfassen, welche bei einem Zusammenbruch des Finanzsystems massiv beeinträchtigt würden (zum Begriff der Polizeigüter: ZÜND/ERRASS, Die polizeiliche Generalklausel, ZBJV 147/2011 261 ff., dort S. 270 f. mit Hinweisen). Da die Gefahrenabwehr und die Funktionsfähigkeit der Märkte bzw. das wirtschaftliche Gleichgewicht eng zusammenhängen, ging es beim finanzmarktrechtlichen Funktionsschutz, wie er von der FINMA mit Zustimmung des Bundesrats wegen der Systemrelevanz der UBS hier wahrgenommen wurde, nicht um eine wirtschaftspolitische, sondern in erster Linie um eine wirtschaftspolizeiliche Massnahme. Es kann darin eine gestützt auf die bestehenden, traditionell anerkannten Polizeigüter (in Abgrenzung zu diesen) erweiterte Polizeiaufgabe gesehen werden (vgl. OTTO K. KAUFMANN, Die revidierten Wirtschaftsartikel der schweizerischen Bundesverfassung und das geltende Wirtschaftsrecht, in: Staat und Wirtschaft, Einsiedeln/ Zürich/Köln 1950, S. 33 ff., dort S. 46; RHINOW ET AL., a.a.O., S. 7 f. Rz. 22, S. 616 ff.; SCHOTT/KÜHNE, An den Grenzen des Rechtsstaats: exekutive Notverordnungs- und Notverfügungsrechte in der Kritik, ZBl 111/2010 409 ff., dort S. 438). 4.2 Die drohende Gefahr war mit Blick auf die möglichen Konsequenzen für das Finanzsystem auch schwer: Die UBS ist für die Schweizer Wirtschaft von systemischer Bedeutung ("too big to fail"; vgl. die Botschaft vom 14. April 2010 zur Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über ein Amtshilfegesuch betreffend UBS AG sowie des Änderungsprotokolls, BBl 2010 2965 ff. Ziff. 1.3; VON DER CRONE/BEELER, Regelung systemrelevanter Banken aus wirtschaftsrechtlicher Sicht - Lösungsansätze zur Too-big-to-fail-Problematik in der Schweiz, ZSR 130/2011 I S. 177 ff.). Ein Drittel der Verbindlichkeiten auf dem inländischen Interbankenmarkt entfällt auf sie. Ihr Ausfall hätte zu einer weitgehenden Lähmung des hiesigen Zahlungssystems geführt und rund 128'000 KMU-Beziehungen und über 3 Millionen Konten betroffen. Die Auszahlung der Löhne von rund einem Viertel der Arbeitnehmenden in der Schweiz wäre tangiert gewesen. Ein beträchtlicher Schaden hätte auch dem übrigen Bankensektor gedroht, da über den Interbankenmarkt andere Geldinstitute erhebliche Verluste auf ihren Forderungen erlitten hätten. Die makroökonomischen Auswirkungen wären ebenfalls tiefgreifend gewesen: Der Ausfall einer Bank in der Grössenordnung der UBS hätte kurzfristig Kosten für die schweizerische Volkswirtschaft in der Höhe von 15-30 % des Bruttoinlandprodukts (BIP) zur Folge gehabt (75-150 Mrd. Fr.); der langfristige Wachstumsverlust wird in einem solchen Fall auf 60-300 % des BIP geschätzt, was 300-1'500 Milliarden Franken entspricht (vgl. die Botschaft des Bundesrats vom 5. November 2008 zu einem Massnahmenpaket zur Stärkung des schweizerischen Finanzsystems, BBl 2008 8943 ff., 8945, Ziff. 1.2 8958 f.). Die Auswirkungen einer Illiquidität der UBS hätten wegen der grenzüberschreitenden finanziellen Verpflichtungen innerhalb der UBS-Gruppe sowie der wirtschaftlichen Verbindungen mit Gegenparteien und Kunden - entgegen den Vorbringen der Beschwerdegegnerinnen - kaum auf den amerikanischen Markt beschränkt werden können. Bei Erlass der beanstandeten Verfügung machten die amerikanischen Geschäftseinheiten einen wichtigen Teil des operativen Geschäfts der UBS aus. 35 % der Belegschaft (27'362) waren am 31. Dezember 2008 in den USA beschäftigt und ca. 40 % der verwalteten Vermögen stammten aus dem U.S.-Wealth-Management-Geschäft (onshore). Der entsprechende Aktivenüberhang hätte es den USA erlaubt, die Mittel zugunsten der lokalen Gläubiger zu verwenden, was bei der Einschätzung der Ernsthaftigkeit der Drohung einer Anklage Anfang 2009 mitberücksichtigt werden durfte. Auf dem Spiel stand bei einem allfälligen Untergang der UBS mitunter das Risiko einer schweren volkswirtschaftlichen Krise. 4.2 Die drohende Gefahr war mit Blick auf die möglichen Konsequenzen für das Finanzsystem auch schwer: Die UBS ist für die Schweizer Wirtschaft von systemischer Bedeutung ("too big to fail"; vgl. die Botschaft vom 14. April 2010 zur Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über ein Amtshilfegesuch betreffend UBS AG sowie des Änderungsprotokolls, BBl 2010 2965 ff. Ziff. 1.3; VON DER CRONE/BEELER, Regelung systemrelevanter Banken aus wirtschaftsrechtlicher Sicht - Lösungsansätze zur Too-big-to-fail-Problematik in der Schweiz, ZSR 130/2011 I S. 177 ff.). Ein Drittel der Verbindlichkeiten auf dem inländischen Interbankenmarkt entfällt auf sie. Ihr Ausfall hätte zu einer weitgehenden Lähmung des hiesigen Zahlungssystems geführt und rund 128'000 KMU-Beziehungen und über 3 Millionen Konten betroffen. Die Auszahlung der Löhne von rund einem Viertel der Arbeitnehmenden in der Schweiz wäre tangiert gewesen. Ein beträchtlicher Schaden hätte auch dem übrigen Bankensektor gedroht, da über den Interbankenmarkt andere Geldinstitute erhebliche Verluste auf ihren Forderungen erlitten hätten. Die makroökonomischen Auswirkungen wären ebenfalls tiefgreifend gewesen: Der Ausfall einer Bank in der Grössenordnung der UBS hätte kurzfristig Kosten für die schweizerische Volkswirtschaft in der Höhe von 15-30 % des Bruttoinlandprodukts (BIP) zur Folge gehabt (75-150 Mrd. Fr.); der langfristige Wachstumsverlust wird in einem solchen Fall auf 60-300 % des BIP geschätzt, was 300-1'500 Milliarden Franken entspricht (vgl. die Botschaft des Bundesrats vom 5. November 2008 zu einem Massnahmenpaket zur Stärkung des schweizerischen Finanzsystems, BBl 2008 8943 ff., 8945, Ziff. 1.2 8958 f.). Die Auswirkungen einer Illiquidität der UBS hätten wegen der grenzüberschreitenden finanziellen Verpflichtungen innerhalb der UBS-Gruppe sowie der wirtschaftlichen Verbindungen mit Gegenparteien und Kunden - entgegen den Vorbringen der Beschwerdegegnerinnen - kaum auf den amerikanischen Markt beschränkt werden können. Bei Erlass der beanstandeten Verfügung machten die amerikanischen Geschäftseinheiten einen wichtigen Teil des operativen Geschäfts der UBS aus. 35 % der Belegschaft (27'362) waren am 31. Dezember 2008 in den USA beschäftigt und ca. 40 % der verwalteten Vermögen stammten aus dem U.S.-Wealth-Management-Geschäft (onshore). Der entsprechende Aktivenüberhang hätte es den USA erlaubt, die Mittel zugunsten der lokalen Gläubiger zu verwenden, was bei der Einschätzung der Ernsthaftigkeit der Drohung einer Anklage Anfang 2009 mitberücksichtigt werden durfte. Auf dem Spiel stand bei einem allfälligen Untergang der UBS mitunter das Risiko einer schweren volkswirtschaftlichen Krise. 4.3 4.3.1 Wäre in den USA tatsächlich Anklage erhoben worden, hätte dies mit hoher Wahrscheinlichkeit für die UBS existenzbedrohende Folgen mit den dargelegten Auswirkungen gehabt: Es ist - wie die FINMA zu Recht geltend macht - hinlänglich bekannt, dass eine Anklageerhebung in den USA unabhängig von ihrem Ausgang für das betroffene Unternehmen zu einem nicht wiedergutzumachenden Reputations- und einem Vermögensverlust führt, der im Bankenbereich verheerende Folgen hat und rasch zu einer Überschuldung führt. Seit 1989 wurden in den USA sechs Finanzinstitute angeklagt, nur eines davon hat dies überlebt (vgl. LUKAS HÄSSIG, Paradies perdu, Hamburg 2010, S. 150 ff.). Selbst die Einleitung eines Anklageerhebungsverfahrens, das sich letztlich als Drohgebärde oder als ungerechtfertigt erweist, gefährdet wegen des damit verbundenen Vertrauensverlustes die Existenz des betroffenen Instituts (BBl 2010 2965 ff., 2971; SCHAUB, a.a.O., S. 212 zum Fall "Arthur Andersen"). Sobald der Markt von den finanziellen Schwierigkeiten oder den bevorstehenden behördlichen Massnahmen erfährt, tritt ein Vertrauensschwund ein, der die Beschaffung von Liquiditäten zu Marktbedingungen erschwert oder verunmöglicht. Das betroffene Bankhaus sieht sich gezwungen, Aktiven zu ungünstigen Bedingungen zu liquidieren und riskiert, dass die dadurch beschaffte Liquidität die fälligen oder die nächstens fällig werdenden Verpflichtungen nicht mehr deckt, was innerhalb kürzester Zeit zur Überschuldung führen kann. Hinzu kommt, dass die professionellen Gegenparteien sowie die Kunden und übrigen Marktteilnehmer ihr Geschäftsgebaren auf einen drohenden Zusammenbruch des angeklagten Betriebes ausrichten und sich entsprechend verhalten. Aufgrund der Ansteckungswirkung pessimistischer Einschätzungen über das Weiterbestehen der Bank verstärken sich die negativen Tendenzen und entwickelt sich eine kaum mehr zu bremsende Eigendynamik (vgl. BBl 2010 2965 ff., 2971). 4.3.2 Über die Frage, ob die amerikanischen Behörden tatsächlich das Risiko eingegangen wären, gegen die UBS Anklage zu erheben und damit den internationalen Finanzmarkt (weiter) zu destabilisieren, kann heute nur spekuliert werden (vgl. SCHAUB, a.a.O., 210; HÄSSIG, a.a.O., S. 152 f. und 159 ff.). Auf jeden Fall bestand ein entsprechendes "nicht zu unterschätzendes" Risikopotential (vgl. WEBER, a.a.O., S. 174). Aufgrund der damaligen Situation, welcher der heutigen Beurteilung der Rechtmässigkeit des Handelns der FINMA zugrunde gelegt werden muss, erschien es aufgrund der verschiedenen Informationen aus mehreren Quellen wahrscheinlich, dass die amerikanischen Behörden ihre Drohungen wahr machen und gegen die UBS mit den damit für den schweizerischen Finanzmarkt verbundenen Konsequenzen tatsächlich Anklage erheben würden (gestützt auf einen Zeitungsartikel anderer Ansicht: SCHAUB, a.a.O., S. 219). Zumindest hielt sich die FINMA im Rahmen ihres technischen Ermessens, wenn sie aufgrund ihrer Erfahrungen und ihrer Kontakte mit in- und ausländischen Behörden die geschilderten Hinweise ernst nahm und mit Blick auf die damit verbundenen Konsequenzen in Abstimmung mit dem Bundesrat, dessen Handeln nicht Verfahrensgegenstand bildet (vgl. Art. 189 Abs. 4 BV), die umstrittene Verfügung erliess, auch wenn im Nachhinein heute aufgrund neuer Umstände Zweifel geäussert werden, ob die amerikanischen Behörden tatsächlich den letzten Schritt gegen die UBS unternommen hätten oder nicht. 4.3.3 Richtig ist, dass die Bankenkommission (bzw. die Finanzmarktaufsicht) - wie das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt hat - die Drohungen der U.S.-Behörden, Anklage gegen die UBS zu erheben, bereits "einige Zeit vor dem 18. Februar 2009" kannte und die EBK sich aufgrund dieser delikaten Situation schon im Jahr 2008 im Austausch mit dem EFD befand. Dies schloss jedoch eine unmittelbare und sofort zu begegnende Gefahr bei Erlass der umstrittenen Verfügung nicht aus: Der Druck auf die Schweizer Behörden stieg Ende 2008 insofern an, als die amerikanischen Instanzen bis Ende Jahr im Amtshilfeverfahren konkrete Resultate sehen wollten, andernfalls sie mit unilateralen Massnahmen und der Anklage der UBS drohten. Während im Jahre 2008 noch darauf vertraut werden durfte, dass die durch das illegale Verhalten von Angestellten der UBS AG ausgelöste Problematik amtshilfeweise gelöst werden könnte (vgl. HÄSSIG, a.a.O., S. 132 f.), häuften sich Ende Jahr die Hinweise, dass die amerikanischen Behörden die Geduld verlieren und gegen die UBS AG unmittelbar Anklage erheben würden (zu den detaillierten Abläufen in dieser Zeitspanne: vgl. BBl 2011 3357 ff. Ziff. 3.5.2). Die entsprechende Gefahr war damit zwar latent voraussehbar, wurde in ihrer Eskalation mit der Anklageerhebung gegen Raoul Weil Anfang 2009 indessen zusehends konkreter und dringender. Bis zu diesem Zeitpunkt schien über eine Beschleunigung der Amtshilfeverfahren und eine entsprechende Information der amerikanischen Behörden eine gesetzeskonforme Lösung für den mit den Auskunftsbegehren verbundenen Eingriff in das Bankkundengeheimnis auf dem Amtshilfeweg möglich. Diese Hoffnung zerschlug sich jedoch, weshalb rasch ausserhalb der zeitlichen Möglichkeiten des Gesetzgebungsprozesses eine geeignete Antwort auf die drohende Anklage und vor allem die mit dieser verbundenen Konsequenzen für den hiesigen Finanzmarkt und die schweizerische Volkswirtschaft gefunden werden musste. Die Tatsache, dass die FINMA vorausschauend verschiedene Optionen geprüft und dem Bundesrat unterbreitet hatte, schloss nicht aus, dass sie am 18. Februar 2009 mit dessen impliziter Zustimmung die polizeiliche Generalklausel anrufen konnte. Diese gilt nicht nur, wenn sich die Behörden durch eine Situation überraschen lassen, sondern auch wenn sie - wie hier - zuvor (erfolglos) alles versuchen, die Gefahr durch andere (gesetzeskonforme) Massnahmen im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips abzuwenden. 4.4 Die von der FINMA verfügte Herausgabe der Kundendossiers war schliesslich auch verhältnismässig: Richtig ist, dass durch die entsprechende Massnahme das ordentliche Amtshilfeverfahren kurzgeschlossen und aufsichtsrechtlich überholt wurde, was die durch das Bankkundengeheimnis und die Amtshilfebestimmungen geschützte materielle und verfahrensrechtliche Rechtsstellung der betroffenen Kunden verkürzte. Der Kundenschutz darf in Normalsituationen - wie dargelegt - nur im Rahmen der vom Gesetzgeber geregelten Ausnahmen durchbrochen werden. Art. 25 und 26 BankG bilden keine Grundlage hierzu, wohl aber - unter Zustimmung des Bundesrats - die polizeiliche Generalklausel in einer aufsichtsrechtlichen Notsituation, wie sie aufgrund der katastrophalen Situation auf den Finanzmärkten und der spezifischen Zwangslage der Schweiz hier bestand. Die schweizerischen Behörden haben versucht, den amtshilferechtlichen Weg einzuhalten und eine diplomatische Verständigung mit den U.S.-Behörden zu erreichen. Erst als diese Bemühungen scheiterten bzw. die amtshilferechtliche Aufarbeitung nicht genügend schnell erfolgen konnte, um die amerikanische Seite von der Effizienz des schweizerischen Vorgehens zu überzeugen, womit sich die Gefahr einschneidender unilateraler Massnahmen mit den geschilderten Folgen für das Wirtschaftssystem konkretisierte, ergriff die FINMA in Abstimmung mit dem Bundesrat die umstrittene finanzmarktrechtliche Notmassnahme. An der Aufrechterhaltung eines funktionierenden Finanzmarktes bestand in diesem Moment ein die Interessen der 255 individuellen Kunden an der Durchführung des Amtshilfeverfahrens und des Interesses an der Wahrung des nicht absolut geltenden Bankkundengeheimnisses überwiegendes Interesse: Dieses wurde nur in einer beschränkten Zahl von Fällen durchbrochen. Bei einem Teil der entsprechenden Bankbeziehungen bestand der begründete Verdacht, dass ein Steuerbetrug unter Beihilfe von UBS-Mitarbeitern vorliegen könnte; in zumindest einem der im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung hängigen Beschwerdeverfahren bezüglich des Amtshilfegesuchs des IRS vom 16. Juli 2008 war das Bundesverwaltungsgericht zudem zum Schluss gekommen, dass die Voraussetzungen zur Gewährung der Amtshilfe nach Art. 26 DBA-USA grundsätzlich gegeben waren (Urteile A-7342/2008 und A-7426/2008). Die von der FINMA angeordnete Herausgabe der Datensätze war geeignet und erforderlich, die mit einer Illiquidität der UBS dem Wirtschaftsstandort Schweiz drohende schwere Gefahr abzuwenden, und verstiess, nachdem die anderen Optionen (Amtshilfe, diplomatische Verhandlungen usw.) ohne Erfolg geblieben waren, nicht gegen das Übermassverbot. Dass die UBS die Notlage letztlich mit ihrem widerrechtlichen Geschäftsgebaren geschaffen hat, hinderte die FINMA und den Bundesrat nicht daran, die Situation im überwiegenden Interesse der Schweiz in einem ganz spezifischen Umfeld (vorübergehend) aufsichtsrechtlich zu bereinigen, zumal die betroffenen Kunden ihrerseits nicht als an den entsprechenden Machenschaften völlig unbeteiligte Dritte gelten konnten. Dass es denkbar gewesen wäre, dass UBS-Angestellte, die einem amerikanischen Editionsbefehl Folge geleistet hätten, aufgrund der Notstandsregeln allenfalls straflos geblieben wären, stand einer Intervention der FINMA in Koordination mit dem Bundesrat nicht entgegen, da auf das staatliche Handeln in einer Notsituation nicht verzichtet werden muss bzw. darf, nur weil die Situation auch durch ein - nach schweizerischem Recht fragwürdiges - Handeln eines Privaten bereinigt werden könnte (vgl. SCHAUB, a.a.O., S. 227 ff. mit weiteren Hinweisen in Fn. 101; anderer Ansicht: URS R. BEHNISCH, Amtshilfe der Schweiz in Steuer(straf)sachen, insbesondere an die USA: Durcheinandertal, ASA 77 S. 737 ff., dort S. 779 f.). Mit gewissen Stimmen in der Doktrin ist davon auszugehen, dass der Fall notrechtlichen Charakter hat und rechtsstaatlich eine Ausnahme bleiben muss, "begründet durch den Sonderfall der existenziellen Bedrohung einer für schweizerische Massstäbe systemrelevanten Bank" (so KLEINER/SCHWOB/WINZELER, a.a.O., N. 301 zu Art. 47 BankG; vgl. auch WINZELER, a.a.O., S. 162 f., und die Botschaft des Bundesrats vom 20. April 2011 zur Änderung des Bankengesetzes [Stärkung der Stabilität im Finanzsektor; too big to fail], BBl 2011 4717 ff.). 5. 5.1 Konnte sich die Verfügung der FINMA entgegen der Annahme des Bundesverwaltungsgerichts auf die polizeiliche Generalklausel stützen, stellt sich noch die von ihm nicht weiter beurteilte Frage, ob der Präsident der FINMA als ehemaliges Kadermitglied der UBS AG in den Ausstand hätte treten müssen. Die Problematik kann im vorliegenden Verfahren behandelt werden, da sich die Sache aufgrund der Akten und der gerichtsnotorischen Tatsachen auch in diesem Punkt als spruchreif erweist (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG). 5.2 Die Ausstandregeln sollen die objektive Prüfung einer Sach- oder Rechtsfrage durch eine unparteiische und unvoreingenommene Behörde gewährleisten. Nach Art. 10 VwVG müssen Personen, die eine Verfügung treffen oder diese vorbereiten, unter anderem dann in den Ausstand treten, wenn sie in der Sache ein persönliches Interesse haben (Abs. 1 lit. a VwVG) oder sie aus anderen Gründen in dieser befangen sein könnten (Abs. 1 lit. d VwVG). Das ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn Umstände bestehen, die das Misstrauen in die Unbefangenheit und damit in die Unparteilichkeit des Amtswalters objektiv rechtfertigen. Auf das subjektive Empfinden der Partei, welche die Befangenheit behauptet, kommt es dabei ebenso wenig an (BGE 111 Ia 259 E. 3a S. 263, 97 I 91 E. 2 S. 94) wie darauf, ob der Betroffene tatsächlich befangen ist (BGE 97 I 91 E. 3 S. 94 f.; 120 IV 226 E. 4b S. 236 f.). Es genügt, dass ein entsprechender Anschein durch objektive Umstände und vernünftige Gründe glaubhaft dargetan erscheint (BGE 133 I 89 E. 3.2 S. 92 mit Hinweisen; vgl. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BGG). Für verwaltungsinterne Verfahren gilt dabei nicht der gleich strenge Massstab wie gemäss Art. 30 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK für unabhängige richterliche Behörden (vgl. BGE 125 I 209 E. 8; 112 Ia 142 E. 2d S. 147); gerade die systembedingten Unzulänglichkeiten des verwaltungsinternen Verfahrens haben zur Schaffung unabhängiger richterlicher Instanzen geführt. Im Interesse einer beförderlichen Rechtspflege sind Ablehnungs- und Ausstandsbegehren gegen nicht richterliche Justizpersonen bzw. gegen Personen, die an einem Verwaltungsentscheid in irgendeiner Form beratend oder instruierend mitwirken, nicht leichthin gutzuheissen (Urteil 1B_22/2007 vom 29. Mai 2007 E. 3.3). Die für den Anschein der Befangenheit sprechenden Umstände müssen jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der Funktion und der Organisation der betroffenen Verwaltungsbehörde gewichtet werden (BGE 127 I 196 E. 2b; BREITENMOSER/SPORI FEDAIL, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], VwVG, Praxiskommentar, 2009, Rz. 8 ff. zu Art. 10 VwVG). 5.2 Die Ausstandregeln sollen die objektive Prüfung einer Sach- oder Rechtsfrage durch eine unparteiische und unvoreingenommene Behörde gewährleisten. Nach Art. 10 VwVG müssen Personen, die eine Verfügung treffen oder diese vorbereiten, unter anderem dann in den Ausstand treten, wenn sie in der Sache ein persönliches Interesse haben (Abs. 1 lit. a VwVG) oder sie aus anderen Gründen in dieser befangen sein könnten (Abs. 1 lit. d VwVG). Das ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn Umstände bestehen, die das Misstrauen in die Unbefangenheit und damit in die Unparteilichkeit des Amtswalters objektiv rechtfertigen. Auf das subjektive Empfinden der Partei, welche die Befangenheit behauptet, kommt es dabei ebenso wenig an (BGE 111 Ia 259 E. 3a S. 263, 97 I 91 E. 2 S. 94) wie darauf, ob der Betroffene tatsächlich befangen ist (BGE 97 I 91 E. 3 S. 94 f.; 120 IV 226 E. 4b S. 236 f.). Es genügt, dass ein entsprechender Anschein durch objektive Umstände und vernünftige Gründe glaubhaft dargetan erscheint (BGE 133 I 89 E. 3.2 S. 92 mit Hinweisen; vgl. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BGG). Für verwaltungsinterne Verfahren gilt dabei nicht der gleich strenge Massstab wie gemäss Art. 30 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK für unabhängige richterliche Behörden (vgl. BGE 125 I 209 E. 8; 112 Ia 142 E. 2d S. 147); gerade die systembedingten Unzulänglichkeiten des verwaltungsinternen Verfahrens haben zur Schaffung unabhängiger richterlicher Instanzen geführt. Im Interesse einer beförderlichen Rechtspflege sind Ablehnungs- und Ausstandsbegehren gegen nicht richterliche Justizpersonen bzw. gegen Personen, die an einem Verwaltungsentscheid in irgendeiner Form beratend oder instruierend mitwirken, nicht leichthin gutzuheissen (Urteil 1B_22/2007 vom 29. Mai 2007 E. 3.3). Die für den Anschein der Befangenheit sprechenden Umstände müssen jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der Funktion und der Organisation der betroffenen Verwaltungsbehörde gewichtet werden (BGE 127 I 196 E. 2b; BREITENMOSER/SPORI FEDAIL, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], VwVG, Praxiskommentar, 2009, Rz. 8 ff. zu Art. 10 VwVG). 5.3 5.3.1 Die Tatsache, dass der ehemalige Präsident der FINMA während Jahrzehnten bei der UBS AG gearbeitet hat, begründet für sich allein noch keinen Anschein einer möglichen Befangenheit: Gemäss Art. 11 Abs. 1 des Reglements vom 18. Dezember 2008 über die Organisation der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA (Organisationsreglement FINMA 2008; publ. in: THÉVENOZ/ZULAUF, BF 2009, Regulierung und Selbstregulierung der Finanzmärkte in der Schweiz, 2009, B-01.01), welches am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, müssen die Mitglieder des Verwaltungsrats der FINMA fachkundig und von den Beaufsichtigten unabhängig sein. Die Aufgaben an der Spitze der Finanzmarktaufsichtsbehörde setzen eingehende Kenntnisse des Banken- und Wirtschaftssystems auch in praktischer Hinsicht voraus, was regelmässig dazu führt, dass die betroffenen Personen entsprechende einschlägige Berufserfahrungen mitbringen. Solche können nicht bereits als Ausstandsgrund gelten, auch wenn ein einzelnes Mitglied seine Karriere - wie hier - weitgehend in der Organisation eines bestimmten beaufsichtigten Unternehmens gemacht hat. 5.3.2 Nach Art. 11 Abs. 5 des Organisationsreglements FINMA 2008 treten die Mitglieder des Verwaltungsrats unter anderem bei Geschäften in den Ausstand betreffend Beaufsichtigte, an denen sie ein anderes unmittelbares persönliches Interesse haben (Abs. 5 lit. c), bzw. bei Geschäften, in denen sie bereits früher aktiv involviert waren (Abs. 5 lit. e) oder in denen sie aus anderen Gründen befangen sein könnten (Abs. 5 lit. f). Eugen Haltiner als ehemaliger Präsident der EBK und der FINMA war zum Zeitpunkt, als das Qualified-Intermediary-Abkommen (QI) eingeführt wurde, Mitglied des Executive Boards der UBS Schweiz, welches über die Umsetzungsprobleme bei diesem und allfällige Lösungsansätze informiert und an gewissen von den amerikanischen Behörden beanstandeten Auslegungen bzw. Entscheiden beteiligt war. Diese Implikation war objektiv geeignet, bei der hier beanstandeten Herausgabeverfügung den Anschein einer Befangenheit zu begründen. Daran ändert nichts, dass er bei der UBS nicht unmittelbar für dieses Geschäft, sondern für die schweizerischen Klein- und Firmenkunden verantwortlich zeichnete. Als ehemaliges Kadermitglied hätte er an den entsprechenden EBK- und FINMA-Geschäften nicht mitwirken dürfen, zumal sein Name 2008 auf einer Liste von Personen aufgetaucht war, deren Verwicklung in das grenzüberschreitende Geschäft der UBS vermutet wurde. 5.3.3 Bereits bei der Übernahme des EBK-Präsidiums durch Eugen Haltiner auf den 1. Februar 2006 war bekannt, dass er in der Group Managing Board der UBS AG und im Executive Board der Divison Global Wealth Management und Business Einsitz hatte, weshalb mit ihm vereinbart worden war, dass er für Geschäfte, welche die UBS betrafen, bis zum 1. Januar 2008 zwar Zugang zu sämtlichen Dokumenten und Exposés erhalten würde, sich jedoch jeweils weder an der Diskussion noch an der Entscheidfindung sollte beteiligen dürfen ("Cooling-off-Period"). Für Geschäfte, welche sich auf die Zeit bezogen, in der er bei der UBS AG tätig gewesen ist, galt diese Ausstandsregelung zeitlich unbeschränkt. Wenn es auch verständlich erscheint, dass die EBK wegen des anwachsenden Drucks aus den USA nicht auf das Fachwissen ihres Präsidenten verzichten wollte und deshalb an ihrer Sitzung vom 18./19. November 2008 beschloss, dessen Ausstand für die Behandlung der umstrittenen UBS-Geschäfte in den USA ab sofort aufzuheben, bestand aufgrund seiner früheren Rolle bei der UBS in der von den amerikanischen Behörden untersuchten Zeitperiode objektiv doch der Anschein einer möglichen Befangenheit. Hieran änderte - entgegen der Ansicht der FINMA - die Tatsache nichts, dass ihr Verwaltungsrat diesen Entscheid Anfang 2009 seinerseits bestätigt hat und die Vorsteher des EFD sowie des EJPD "den Einbezug des Präsidenten in diesem zunehmend schwieriger werdenden Dossier" gewünscht haben. Es bestehen keine Hinweise darauf, dass ohne Mitwirken des Präsidenten der EBK bzw. der FINMA die Aufsichtsbehörde geradezu handlungsunfähig gewesen wäre, d.h. auch diesbezüglich eine unmittelbare Notsituation bestanden hätte. Eine abweichende Organisation oder unterschiedliche Verteilung der Aufgaben hätte rechtzeitig ins Auge gefasst werden können und müssen. Gerade um jeden Anschein von Befangenheit auszuschliessen, war mit Eugen Haltiner vereinbart worden, dass er bei sämtlichen Geschäften, welche den Zeitraum seiner Anstellung bei der UBS betrafen, in den Ausstand treten würde. Auch wenn die laufenden Untersuchungsergebnisse - wie die FINMA geltend macht - "zusehends" ergeben haben sollen, "dass Dr. Haltiner in keiner Weise von dieser Untersuchung betroffen war", galt es doch, jeglichem Anschein von Befangenheit vorzubeugen. Entscheidend ist - wie bereits dargelegt - nicht, ob Eugen Haltiner tatsächlich befangen war, sondern ob objektiv begründete Hinweise bestanden, dass dies möglicherweise der Fall sein könnte. 5.4 Es bleibt zu prüfen, welche Konsequenzen aus der Verletzung der Ausstandspflicht zu ziehen sind: Die umstrittenen Datensätze befinden sich aufgrund der angefochtenen Verfügung heute im Ausland. Der entsprechende Entscheid der FINMA kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Es besteht somit kein aktuelles praktisches Interesse mehr daran, diesen aufzuheben, weil deren Präsident nicht daran hätte mitwirken dürfen. Es ist deshalb in teilweiser Gutheissung der Beschwerde der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Januar 2010 im Sinne der Erwägungen aufzuheben, die Verfügung der FINMA vom 18. Februar 2009 im Resultat inhaltlich zu bestätigen und hinsichtlich der Ausstandsproblematik festzustellen, dass der (damalige) Präsident der FINMA bei Erlass der Verfügung vom 18. Februar 2009 in den Ausstand hätte treten müssen. 6. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend rechtfertigt es sich, keine Kosten zu erheben und keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 3 BGG). Das Bundesverwaltungsgericht wird die Kostenfrage für sein Verfahren neu regeln müssen.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Januar 2010 aufgehoben und die Verfügung der FINMA vom 18. Februar 2009 inhaltlich bestätigt. Es wird festgestellt, dass der Präsident der FINMA bei Erlass der Verfügung vom 18. Februar 2009 hätte in den Ausstand treten sollen. 2. Es werden keine Kosten erhoben und keine Entschädigungen zugesprochen. 3. Zur Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des Verfahrens vor Bundesverwaltungsgericht wird die Sache an dieses zurückgewiesen. 4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, und dem Eidgenössischen Finanzdepartement schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 15. Juli 2011 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
b6660ed6-d6b1-41ca-975a-ee6ecca007fe
de
2,015
CH_BGer_005
Federation
377.0
142.0
27.0
civil_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. A._ und B._ sind die nicht verheirateten Eltern der 2009 geborenen Tochter C._. Im Zeitpunkt der Geburt lebten die Eltern im gleichen Haushalt. Bereits vor der Geburt hatte der Vater C._ als sein Kind anerkannt. Am 22. Juni 2009 schlossen die Eltern eine Vereinbarung, in welcher sie sich u.a. auf die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge einigten. In deren Genehmigung übertrug die Vormundschaftsbehörde S._ mit Beschluss vom 23. Juli 2009 gestützt auf aArt. 298a Abs. 1 ZGB die gemeinsame elterliche Sorge. Wenige Monate später trennten sich die Eltern. Die Mutter zog mit C._ nach T._. Nach weiteren Stationen in U._ und V._ wohnt sie seit Frühsommer 2011 in W._. Laut einer Mitteilung des Bundesamtes für Migration soll sich der Vater per 2. November 2009 ins Ausland abgemeldet haben. Fakt ist jedoch, dass er nie für längere Zeit (landes-) abwesend war und seit der Trennung regelmässig Kontakt zu seiner Tochter pflegt. Seit dem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung verfügt er über keine eigene Wohnung mehr. Er lebt mal hier und mal da, aktuell bei seinem Bruder in S._. Die Kontakte mit der Tochter finden in der Regel bei der Grossmutter väterlicherseits statt, welche im selben Haus wie der Bruder wohnt. B. Am 15. Juli 2011 beantragte die Mutter beim damals zuständigen Bezirksrat X._ die alleinige elterliche Sorge über C._. Auf Ersuchen des Bezirksrats bestellte die Vormundschaftsbehörde W._ C._ für das Verfahren eine Vertretungsbeiständin. Das Jugendsekretariat erstattete am 7. Mai 2012 seinen Bericht; es beantragte, der Mutter die alleinige elterliche Sorge einzuräumen und für C._ eine Beistandschaft im Sinn von Art. 308 ZGB zu errichten. Per 1. Januar 2013 überwies der Bezirksrat das Verfahren zuständigkeitshalber der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Bezirk X._ (KESB). Nach persönlicher Anhörung der Eltern hob die KESB am 21. März 2013 die gemeinsame elterliche Sorge wegen fehlender Kooperationsfähigkeit und Kommunikationsschwierigkeiten gestützt auf aArt. 298a Abs. 2 ZGB auf und übertrug die alleinige elterliche Sorge an die Mutter, unter Regelung des Besuchsrechts des Vaters und Errichtung einer Beistandschaft gemäss Art. 308 ZGB mit konkreten Aufträgen. Dagegen erhob der Vater am 26. April 2013 eine Beschwerde, welche der Bezirksrat X._ mit Entscheid vom 20. März 2014 abwies. Die hiergegen vom Vater erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich nach mündlicher Anhörung der Eltern und der Beiständin von C._ sowie Stellungnahme der Kindesvertreterin mit Urteil vom 15. Oktober 2014 ab. C. Gegen das obergerichtliche Urteil hat A._ am 21. November 2014 beim Bundesgericht eine Beschwerde erhoben mit den Anträgen um dessen Aufhebung und Festhaltung an der gemeinsamen elterlichen Sorge über C._, eventualiter um Rückweisung der Angelegenheit an das Obergericht mit der Auflage, ein Gutachten anzuordnen; ferner verlangt er die unentgeltliche Rechtspflege. Mit Vernehmlassung vom 27. März 2015 hat die Beschwerdeführerin die Abweisung der Beschwerde beantragt; ferner verlangt sie die unentgeltliche Rechtspflege. Am 8. und 23. April 2015 erfolgten Replik und Duplik, am 8. Mai und 9. Juni 2015 Triplik und Quadruplik. Die Kindesvertreterin hatte bereits mit Schreiben vom 25. Februar 2015 auf Stel-lungnahmen verzichtet. Die Sache wurde am 27. August 2015 an einer öffentlichen Sitzung beraten.
Erwägungen: 1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid (Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 ZGB). Der angefochtene Entscheid stützt sich inhaltlich nicht auf Art. 311 ZGB, sondern auf Art. 298d ZGB, weshalb entgegen der Annahme des Beschwerdeführers eine normale Zivilsache im Sinn von Art. 72 Abs. 1 BGG und nicht eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zivilrecht gemäss Art. 72 Abs. 2 Ziff. 6 BGG vorliegt. So oder anders steht die Beschwerde offen. 2. Das Obergericht hat in tatsächlicher Hinsicht festgehalten, dass die Eltern nur kurze Zeit zusammengelebt und C._ im gemeinsamen Haushalt betreut hätten. Seit der Trennung bestünden zwischen ihnen massive Spannungen. Grund für den Antrag der Mutter auf Alleinzuteilung der elterlichen Sorge sei ursprünglich die Tatsache gewesen, dass der Vater keinerlei Unterhaltsbeiträge geleistet habe, und sodann die Angst, dass er zufolge Abmeldung in der Schweiz und des Y._ Passes für C._ diese ins Ausland entführen könnte. Im Zusammenhang mit dem ersten Punkt sei der Vater mit Strafbefehl vom xx.xx.2012 wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten bestraft worden. Abgesehen davon sei er seinen Pflichten immer nachgekommen, indem er sich um die Tochter gekümmert habe und diese regelmässig auf Besuch (tageweise, Wochenenden und Ferien) genommen habe, und sein Verhältnis zu C._ sei gut. Hingegen würden sich die Eltern an der Lebensführung des jeweils anderen stören. Die Mutter beklage sich über das fehlende berufliche Engagement des Vaters und dieser sich über die wiederholten Wohnorts- und Partnerschaftswechsel der Mutter, von welchen er negative Auswirkungen auf C._ befürchte. Im Frühsommer 2012 habe die Taufe von C._ Anlass zu Streit gegeben. Die Mutter habe schliesslich die reformierte Taufe durchgeführt, ohne den Vater darüber auch nur zu informieren. Ein Streitpunkt war z.B. auch, dass die Mutter der Tochter Ohrlöcher stechen liess, wobei der Vater weniger am körperlichen Eingriff an sich, sondern an dessen Lokalität Anstoss nahm, sowie das "Posten" von Bildern von C._ auf Facebook. Im Zusammenhang mit einer durch die Tagesmutter und deren Familie begleiteten Reise von C._ zur Grossmutter in Z._ erstattete der Vater Anzeige bei der Polizei wegen Kindesentführung und gab sich dort unwissend über den Aufenthaltsort des Kindes, obwohl er darüber informiert war, dass C._ die Sommerferien 2013 bei ihrer Grossmutter verbringen und dabei von der Tagesmutter und deren Familie begleitet würde. Umgekehrt sagte die Mutter dem Beschwerdeführer kurzfristig einen seit längerem vereinbarten einwöchigen Ferienaufenthalt von C._ beim Beschwerdeführer ab. Das Obergericht hat weiter festgestellt, dass die Eltern auch sonst in grossen und kleinen Entscheidungsbelangen regelmässig aneinander geraten würden. Der Konflikt habe an Intensität zugenom-men, was beide Elternteile bei der Anhörung bestätigt hätten. Sie würden auch beide einräumen, nicht in der Lage zu sein, gemeinsam zu kommunizieren und sich über grundlegende Fragen zu einigen. Die am 21. März 2013 errichtete Beistandschaft habe keine Verbesserung bewirkt. Die Beiständin spreche von einer hohen Eskalationsstufe, was die Besuchsregelung schwierig mache; das Mandat sei von der Emo-tionalität her fast nicht führbar und sehr aufwändig, die Eltern bräuchten quasi einen Richter, der immer daneben stehe und entscheide, das sei so und dies laufe so. Immerhin sei das Besuchsrecht seit dem Entscheid der KESB vom 21. März 2013 geregelt und funktioniere. In rechtlicher Hinsicht hat das Obergericht ausgeführt, dass seit 1. Juli 2014 das neue Sorgerecht in Kraft stehe und die Abänderung einer bestehenden Regelung unverheirateter Eltern neu in Art. 298d ZGB geregelt sei. Dabei sei zu beachten, dass die gemeinsame elterliche Sorge die Regel und die alleinige die Ausnahme sei. Unbestrittenermassen entspreche die gemeinsame elterliche Sorge dann nicht dem Kindeswohl, wenn bei einem Elternteil ein Entziehungsgrund im Sinn vom Art. 311 Abs. 1 ZGB vorliege. Unter Bezugnahme auf Äusserungen in der parlamentarischen Beratung werde in der Lehre indessen die Auffassung vertreten, dass auch weitere Gründe wie ein Dauerkonflikt zwischen den Eltern oder mangelnde Kooperationsfähigkeit die Alleinzuteilung zur Folge haben könnten, wobei dies der Ausnahmefall bleiben müsse. Ein solcher sei gegeben, wenn die Regelung der Betreuung des Kindes nicht ausreiche, um dem Konflikt zu begegnen und die Alleinsorge den Dauerkonflikt aufhebe oder mildere. Blosse Uneinigkeit der Eltern sei aber allein kein Grund zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Im vorliegenden Fall würden sich die andauernden Auseinandersetzungen der Eltern nachteilig auf C._ auswirken. Im Vordergrund stehe heute weniger ihre Angst vor polizeilichem Einschreiten, welche sie nach den Sommerferien 2013 bedrückt habe, sondern der Loyalitätskonflikt, der sich nach der Beurteilung der Kindesvertreterin bereits abzuzeichnen beginne. In Übereinstimmung mit deren Ansicht sei von einer Gefährdung des Kindeswohls auszugehen, indem angesichts der Fortsetzung der elterlichen Streitigkeiten eine schwerwiegende Beeinträchtigung ihrer gesundheitlichen Verfassung zu befürchten sei. Insgesamt hätten sich die Verhältnisse seit der Festlegung des gemeinsamen Sorgerechts wesentlich und dauerhaft verändert, was eine Anpassung mit den erforderlichen Massnahmen nötig mache. Die Errichtung einer Beistandschaft habe die Konfliktpunkte zwar reduziert, aber die Voraussetzungen einer Kooperationsmöglichkeit zwischen den Eltern nicht zu beeinflussen vermocht. Angesichts des schweren und anhaltenden Elternkonfliktes, insbesondere der fehlenden Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft, und den daraus resultierenden nachteiligen Auswirkungen auf die fünfjährige Tochter sei die Basis für eine gemeinsame elterliche Sorge nicht mehr gegeben. Deren Aufhebung sei jedoch nur gerechtfertigt, wenn damit der Konflikt zumindest gemildert werden könne. Auch wenn eine Prognose selbstredend schwierig sei, dürfe davon ausgegangen werden, dass die Zahl der Streitpunkte bei klarer Zuweisung der Entscheidkompetenzen abnehme. Der Entscheid der KESB erweise sich somit auch nach neuem Recht als zutreffend. 3. Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, es habe auf Sachverhalte abgestellt, welche während des laufenden Verfahrens eingetreten seien; dies sei unzulässig. Der Beschwerdeführer verkennt dabei, dass in Kinderbelangen - unter Berücksichtigung verschiedener Einschränkungen - die Offizialmaxime vom Grundsatz her auch im obergerichtlichen Verfahren zum Tragen kommt (vgl. BGE 137 III 617 E. 4.5.2 S. 620). Vor diesem Hintergrund hat das Obergericht in vorbildlicher Weise die Eltern und die Beiständin selbst angehört und sich damit ein eigenes Bild über die aktuelle Lage gemacht. Sämtliche Erkenntnisse durfte das Obergericht in Anwendung von Art. 296 ZPO verwenden. In übergangsrechtlichem Zusammenhang macht der Beschwerdeführer geltend, der Betreff des obergerichtlichen Urteils "Aufhebung gemeinsame elterliche Sorge nach Art. 298a Abs. 2 ZGB" zeige, dass sich der angefochtene Entscheid noch auf einen Gesetzesartikel stütze, der seit dem 1. Juli 2014 nicht mehr in Kraft sei; das Obergericht habe getan, wie wenn das neue Recht noch gar nicht existieren würde. Diese Ausführungen sind unzutreffend. Das Obergericht hat die per 1. Juli 2014 geänderte Gesetzeslage keineswegs verkannt, sondern ausdrücklich das neue Recht angewandt, was angesichts der intertemporalrechtlichen Regelung in Art. 12 Abs. 1 SchlT ZGB das zutreffende Vorgehen war, und es hat als Grundlage der Abänderung den neuen Art. 298d ZGB angewandt. 4. In rechtlicher Hinsicht geht es um die Auslegung des im Rahmen der Sorgerechtsnovelle (AS 2014 S. 357) per 1. Juli 2014 in Kraft getretenen Art. 298d Abs. 1 ZGB, wonach die Zuteilung der elterlichen Sorge neu zu regeln ist, wenn dies wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse zur Wahrung des Kindeswohls nötig ist. Unbestrittenermassen sind veränderte Verhältnisse gegeben. Zu prüfen ist hingegen die Frage, ob im Zusammenhang mit der Wahrung des Kindeswohls für die Alleinzuteilung des elterlichen Sorgerechts die Messlatte von Art. 311 ZGB gilt. 4.1. Im Entwurf fehlte eine Regelung für veränderte Verhältnisse vollständig. Zwar sah Art. 134 Abs. 1 E ZGB, welcher dem schliesslich verabschiedeten Art. 134 Abs. 2 ZGB entsprach, eine Verweisnorm vor; es fehlte aber an der verwiesenen Norm im achten Titel. Diese Lücke wurde von der ständerätlichen Kommission erkannt und durch Einfügung des Art. 298d ZGB geschlossen (Ständerat AB 2013 S. 12; Zustimmung durch Nationalrat AB 2013 S. 703). Was diese Auslegung von Art. 298d Abs. 1 ZGB anbelangt, ist die Botschaft nicht restlos klar. Im Zusammenhang mit Art. 298 ZGB wird keine Interventionsschwelle für die Alleinzuteilung diskutiert, erst bei Art. 298b ZGB erfolgen Ausführungen. Dabei wird zunächst festgehalten, der Entwurf spreche bewusst von den Interessen - in der verabschiedeten Fassung: Kindeswohl - und nicht vom Schutz des Kindes. Dieser Begriff sei besetzt, indem er im Randtitel von Art. 307 ZGB erscheine und dabei einer Situation zugewiesen sei, die danach verlange, dass die Kindesschutzbehörde von Amtes wegen einschreite. Es gelte zu verhindern, dass ein Konflikt der Eltern untereinander voreilig mit der Notwendigkeit einer solchen Intervention in Zusammenhang gebracht werde. Unmittelbar im nächsten Absatz wird jedoch festgehalten, ungeachtet der vorgeschlagenen Terminologie dürfe einem Elternteil die (gemeinsame) elterliche Sorge nur dann vorenthalten werden, wenn die Kindesschutzbehörde Anlass hätte, sie ihm andernfalls gleich wieder zu entziehen. Der Massstab, den die Kindesschutzbehörde ihrem Entscheid zugrunde legen müsse, decke sich damit neu mit jenem von Art. 311 ZGB (BBl 2011 9105). Ferner wird auch in der einleitenden Übersicht auf Art. 311 ZGB verwiesen und festgehalten, dass dem einen Elternteil die elterliche Sorge unter den gleichen Voraussetzungen vorenthalten werden könne (BBl 2011 9087). 4.2. Die Unschärfe der Botschaft pflanzte sich in den parlamentarischen Beratungen fort. So wurde die Alleinzuteilung des Sorgerechts zur Wahrung des Kindeswohls mit Art. 311 ZGB in Verbindung gebracht bzw. gleichgesetzt (vgl. AB 2012 N 1625 und 1644), aber gleichzeitig von verschiedenen Parlamentariern festgehalten, dass Raum für weitere Fälle bestehe (vgl. AB 2012 N 1644-1646) bzw. diese nicht drastisch sein müssten (vgl. AB 2012 N 1638) bzw. Ausnahmen bei schwierigen Verhältnissen möglich seien (vgl. AB 2012 N 1636; sinngemäss auch AB 2012 N 1627 und 1628 sowie AB 2013 S 5). Die ambivalente Herangehensweise spiegelt sich auch in den bundesrätlichen Ausführungen im Parlament, indem eine Verbindung mit Art. 311 ZGB hergestellt, aber gleichzeitig der Charakter einer Generalklausel betont und festgehalten wurde, auch andere als die Gründe von Art. 311 ZGB könnten eine Alleinzuteilung rechtfertigen (vgl. AB 2012 N 1638 und 1646). 4.3. Insgesamt lässt sich aufgrund der widersprüchlichen Botschaft und der nicht abschliessend klaren Voten in den Beratungen nicht mit letzter Sicherheit eruieren, was der präzise wirkliche Wille des Gesetzgebers war. Immerhin ist die Stossrichtung im Parlament erkennbar, dass das Kindeswohl im Vordergrund stehen soll. Ferner lässt sich der Botschaft entnehmen, dass für Art. 298 Abs. 1 und Art. 298b Abs. 2 ZGB der gleiche Massstab gelte (BBl 2011 9103). Aufgrund der analogen Norminhalte darf davon ausgegangen werden, dass auch Art. 298d Abs. 1 ZGB, welcher erst im Parlament ins Spiel kam und über welchen keine Diskussion stattfand, die gleiche Intensität an Beeinträchtigung des Kindeswohls im Auge hat. Einzig die Ausgangslage ist nicht bei allen drei Normen die gleiche: So ist etwa bei der Scheidung zu berücksichtigen, dass es im Zuge des gerichtlichen Verfahrens naturgemäss zu Streitigkeiten kommen kann, die jedoch in den meisten Fällen mit der Zeit abklingen. Solche einem fast jeden Scheidungsverfahren mehr oder weniger inhärenten Differenzen sind selbstredend kein Grund für eine Alleinzuteilung (dazu unten); erweist sich die Annahme, dass die Konflikte mit der Zeit beigelegt werden können und sich die gemeinsame Ausübung des Sorgerechts einpendelt, im Nachhinein als falsch, können allenfalls veränderte Tatsachen und damit Abänderungsgründe im Sinn von Art. 298d Abs. 1 ZGB gegeben sein. 4.4. Was nun die Frage anbelangt, ob im Zusammenhang mit den drei genannten Normen die Interventionsschwelle von Art. 311 ZGB gilt, geht die Lehre unter Verweis auf die parlamentarische Beratung übereinstimmend - wenn auch in unterschiedlichem Ausmass - davon aus, dass andere bzw. weniger gravierende Gründe die Alleinzuteilung der elterlichen Sorge ebenfalls rechtfertigen können (SCHWENZER/COTTIER, in: Basler Kommentar, N. 14 zu Art. 298 ZGB, N. 10 zu Art. 298b ZGB, N. 4 zu Art. 298d ZGB; MEIER/STETTLER, Droit de la filiation, 5. Aufl., Genf 2014, S. 343 f. und 358 ff.; BUCHER, Elterliche Sorge im schweizerischen und internationalen Kontext, in: Familien in Zeiten grenzüberschreitender Beziehungen, Zürich 2013, S. 10 f.; FELDER/ HAUSHEER/AEBI-MÜLLER/DESCH, Gemeinsame elterliche Sorge und Kindeswohl, in: ZBJV 2014, S. 892 ff., insb. S. 902; BÜCHLER/MARANTA, Das neue Recht der elterlichen Sorge, in: Jusletter vom 11. August 2014, S. 15 ff; GLOOR/SCHWEIGHAUSER, Die Reform des Rechts der elterlichen Sorge - eine Würdigung aus praktischer Sicht, in: FamPra 2014, S. 6 f.; GEISER, Wann ist Alleinsorge anzuordnen und wie ist diese zu regeln?, in: ZKE 2015, S. 240 ff.; HAUSHEER/GEISER/AEBI-MÜLLER, Das Familienrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 5. Aufl., Bern 2014, vgl. Rz. 17.88 und Rz. 17.168, allerdings Rz. 17.128 a.E.). 4.5. Dieser Ansicht ist aus mehreren Gründen zuzustimmen. Zwar ist das rechtliche Ergebnis in beiden Konstellationen der Entzug elterlicher Sorgerechte, was vordergründig eine parallele Auslegung der jeweils einschlägigen Normen als angezeigt erscheinen liesse. Indes ist nicht zu übersehen, dass die Thematik eine völlig andere ist. Dies zeigt sich schon an der sprachlichen Unterscheidung, welche das Gesetz trifft: Während in Art. 298 ff. ZGB durchwegs vom "Kindeswohl" die Rede ist, sprechen Art. 307 ff. ZGB von dessen "Gefährdung". Bei den Kindesschutzmassnahmen geht es nämlich um das von Amtes wegen erfolgende Eingreifen der Kindesschutzbehörde bei einer Gefährdung des Kindes, wobei je nach Gefährdungsgrad eine Stufenfolge vorgesehen ist. Kann der Gefährdung des Kindes nicht anders begegnet werden, d.h. sind Massnahmen nach Art. 307 f. ZGB ungenügend, ist das Kind gemäss Art. 310 ZGB den Eltern wegzunehmen und angemessen unterzubringen (sog. Fremdplatzierung). Wenn selbst diese einschneidende Massnahme zur Wahrung des Kindeswohls nicht ausreicht, kann den Eltern unter den in Art. 311 Abs. 1 ZGB genannten Bedingungen das Sorgerecht entzogen werden. Es handelt sich dabei um eine ultima ratio, welche nur Platz greift, wenn alle anderen Massnahmen keinen Erfolg versprechen (Prinzip der Subsidiarität). In der Regel findet in diesen Fällen nach dem Entzug auch gar kein persönlicher Verkehr zwischen Eltern und Kindern statt, während bei der Alleinzuteilung des Sorgerechtes nach Art. 298 ff. ZGB dem nicht (mehr) sorgeberechtigten Elternteil grundsätzlich (weiterhin) die normalen Besuchsrechte zustehen, so dass das Kind von der rechtlichen Änderung faktisch kaum etwas spüren wird, ausser dass die Eltern nicht mehr über die Entscheidungen streiten können, welche sie vorher gemeinsam zu fällen hatten. Nebst der systematischen Stellung und dem unterschiedlichen Regelungsinhalt ist für die Abgrenzung zwischen der Sorgerechtszuteilung nach Art. 298 ff. ZGB und dem Sorgerechtsentzug gemäss Art. 311 ZGB weiter zu beachten, dass das Gesetz bei den Kindesschutzmassnahmen durchwegs "die Eltern" aufführt (Art. 307 Abs. 1, Art. 308 Abs. 1, Art. 310 Abs. 1 und Art. 311 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ZGB). Zwar ist theoretisch auch der Sorgerechtsentzug gegenüber einem Elternteil möglich, was indirekt aus Art. 311 Abs. 2 ZGB hervorgeht; das Gesetz hat aber als Hauptanwendungsfall das Unvermögen des Elternpaares und mithin den Fall vor Augen, dass die Elternteile mögliche Defizite des anderen nicht gegenseitig auszugleichen vermögen, so dass das Kind insgesamt gefährdet ist. Sodann bedarf es keiner vertieften Erläuterung, dass die Fremdplatzierung eines Kindes gestützt auf Art. 310 ZGB jedenfalls von der Auswirkung her ein ungleich grösserer Eingriff ist als die Alleinzuteilung des Sorgerechtes gestützt auf Art. 298 ff. ZGB. Bei dieser bleibt das Kind in aller Regel beim hauptbetreuenden Elternteil und es wird oft gar nicht wahrnehmen, dass die rechtliche Entscheidzuständigkeit eine Änderung erfahren hat. Wenn aber ein Entzug der elterlichen Sorge gemäss Art. 311 ZGB eine noch entschieden einschneidendere Massnahme ist als die Fremdplatzierung gemäss Art. 310 ZGB, kann für die auf Art. 298 ff. ZGB gestützte Alleinzuteilung der elterlichen Sorge schon allein von der Logik her nicht der gleiche Massstab wie für den Sorgerechtsentzug gemäss Art. 311 ZGB gelten. Das Gleichsetzen der Alleinzuteilung des Sorgerechts mit dem als Kindesschutzmassnahme verfügten Entzug der elterlichen Sorge würde aber auch in praktischer Hinsicht keinen Sinn machen. Eine Massnahme gemäss Art. 311/312 ZGB wird schweizweit rund 50 bis 100 Mal pro Jahr angeordnet (gegenüber rund 1000 Fremdplatzierungen, vgl. Statistik in: Zeitschrift für Kindes- und Erwachsenenschutz 2012, S. 456), was ihren absoluten Ausnahmecharakter deutlich hervortreten lässt. Es wäre nicht sachgerecht und würde auch nicht mit den Voten im Parlament übereinstimmen, wenn die Alleinzuteilung des Sorgerechtes bei Trennung oder Scheidung ebenfalls nur bei ganz krassen Ausnahmefällen erfolgen würde. Im Parlament wurde mehrmals auf den offenen und generalklauselartigen Wortlaut von Art. 298 ff. ZGB hingewiesen, welcher angemessene Lösungen im Sinn des Kindeswohles zulasse. 4.6. Nach dem Gesagten können für die Alleinzuteilung der elterlichen Sorge gemäss Art. 298 ff. ZGB nicht die gleichen Voraussetzungen wie für den auf Art. 311 ZGB gestützten Entzug des Sorgerechts gelten. Vielmehr kann beispielsweise auch ein schwerwiegender elterlicher Dauerkonflikt oder die anhaltende Kommunikationsunfähigkeit eine Alleinzuteilung des Sorgerechts gebieten, wenn sich der Mangel negativ auf das Kindeswohl auswirkt und von einer Alleinzuteilung eine Verbesserung erwartet werden kann. Das gemeinsame elterliche Sorgerecht wird zur inhaltslosen Hülse, wenn ein Zusammenwirken nicht möglich ist, und es liegt in aller Regel nicht im Kindeswohl, wenn die Kindesschutzbehörde oder gar der Richter andauernd die Entscheidungen treffen muss, für welche es bei gemeinsamer Sorge der elterlichen Einigung bedarf. Die bloss formale Aufrechterhaltung der gemeinsamen Sorge über das Kindeswohl zu stellen, liesse sich nicht mit dem Grundgedanken des Kindesrechts vereinbaren und würde auch nicht mit den parlamentarischen Voten übereinstimmen. 4.7. Erforderlich ist aber in jedem Fall eine Erheblichkeit und Chronizität des Konflikts oder der gestörten Kommunikation; punktuelle Auseinandersetzungen oder Meinungsverschiedenheiten, wie sie in allen Familien vorkommen und insbesondere mit einer Trennung oder Scheidung einhergehen können, können angesichts des mit der Gesetzesnovelle klarerweise angestrebten Paradigmenwechsels - der Minderheitsantrag II auf eine freie richterliche Sorgerechtszuteilung (AB 2012 N 1635) wurde verworfen - nicht Anlass für eine Alleinzuteilung des elterlichen Sorgerechts sein. Ist sodann ein Konflikt zwar schwerwiegend, erscheint er aber singulär, ist im Sinn der Subsidiarität zu prüfen, ob nicht ein richterlicher Entscheid über einzelne Inhalte des Sorgerechts bzw. eine richterliche Alleinzuweisung spezifischer Entscheidungsbefugnisse in den betreffenden Angelegenheiten (beispielsweise über die religiöse Erziehung, in schulischen Belangen oder in Bezug auf das in Art. 298 Abs. 2 und Art. 298d Abs. 2 ZGB genannte Aufenthaltsbestimmungsrecht) ausreicht, um Abhilfe zu schaffen. Die Alleinzuteilung des elterlichen Sorgerechts muss eine eng begrenzte Ausnahme bleiben. 5. Im Licht der dargestellten Grundsätze sind die noch verbleibenden Vorbringen des Beschwerdeführers zu prüfen. 5.1. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, das Obergericht schiebe ihm einseitig die Verantwortung zu, obwohl primär die Mutter Urheberin der Konflikte sei, einseitig Entscheidungen treffe und nicht bereit sei, sich auf fachliche Hilfe einzulassen, während er immer kooperations- und kommunikationsbereit gewesen sei. Es gehe nicht an, dass die Verweigerungshaltung der Mutter zum Entzug seiner Elternrechte führe. Im Zusammenhang mit der Sorgerechtsregelung ist nicht die "Schuldfrage" auf Elternebene, sondern das Kindeswohl entscheidend, wie dies auch direkt in Art. 298d Abs. 2 ZGB zum Ausdruck kommt. Geht die Blockade einseitig auf das Konto des einen Elternteils, was in der Praxis eher selten der Fall sein dürfte, aber durchaus vorkommen kann, und ist das Kindeswohl beeinträchtigt, steht die Prüfung der Alleinzuteilung des Sorgerechts an den kooperativen Elternteil im Vordergrund, insbesondere wenn dieser auch eine gute Bindungstoleranz aufweist, während die Kooperations- oder Kommunikationsunfähigkeit des anderen Teils mit der Tendenz einhergeht, das Kind dem anderen Elternteil zu entfremden. Von einer solchen Konstellation kann aber vorliegend nicht die Rede sein, und es mangelt auch an entsprechenden Rechtsbegehren. Zwar erwähnt der Beschwerdeführer eine Alleinzuteilung an sich selbst noch beiläufig, er stellt aber vor Bundesgericht keine entsprechenden Begehren mehr. Sodann widerspricht die Behauptung, ausschliesslich die Mutter sei für die Kooperations- bzw. Kommunikationsunfähigkeit verantwortlich, den für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid, ohne dass in diesem Zusammenhang einer Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht wird (vgl. dazu E. 3). Für die nachfolgenden Ausführungen sind deshalb die obergerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen massgeblich, welche dahin gehen, dass den Parteien in genereller und dauerhafter Weise die Fähigkeit abgeht, in den für die Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts notwendigen Fragen tragfähige Lösungen zu finden. 5.2. Nebst dem anhaltenden Konflikt als solchem hat das Obergericht auch eine konkrete Beeinträchtigung des Kindeswohls festgestellt, indem C._ nach den Aussagen der Beiständin zunehmend in einen Loyalitätskonflikt gerate und durch die fortschreitende Eskalation verunsichert sei. So habe sie beispielsweise im Anschluss an die Anzeige wegen Kindesentführung anlässlich eines Besuchs der Kindesvertreterin besorgt gefragt, ob jetzt die Polizei komme und sie wegnehme. Angesichts des sich zunehmend verfestigenden Streites der Eltern sei eine schwerwiegende Beeinträchtigung der gesundheitlichen Verfassung von C._ zu befürchten. Wenn der Beschwerdeführer behauptet, es bestehe keine konkrete Gefährdung, so wendet er sich wiederum gegen die obergerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen, ohne diesbezüglich eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte zu rügen. Ebenfalls appellatorisch ist die Kritik an der Feststellung eines zunehmenden Loyalitätskonfliktes von C._. Abgesehen davon dürfte, ausgehend von der festgestellten Situation permanenter Uneinigkeit in sämtlichen Lebensbelangen des Kindes und der vom Obergericht als hoch bezeichneten Eskalationsstufe, auch aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung geschlossen werden, dass das jetzt knapp sechsjährige Kind zunehmend in einen Loyalitätskonflikt gerät. Ebenso wenig ist die Annahme des Obergerichts zu beanstanden, dass eine Alleinzuteilung den Konflikt zumindest zu entschärfen vermöchte. Es handelt sich auch hier primär um eine Sachverhaltsprognose, wobei sich die Annahme auf die konkreten Feststellungen stützt: Die Eltern sind primär in den Belangen der Sorgerechtsausübung blockiert, während das Besuchsrecht, welches von der Zuteilungsfrage unberührt bleibt, nach den obergerichtlichen Feststellungen seit dem diesbezüglichen Entscheid der KESB relativ gut funktioniert. Damit stimmt im Übrigen die Ansicht der Beiständin überein, es brauche gewissermassen einen Richter, welcher bei jeder Frage sage, dies sei jetzt so oder so. 5.3. Im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer konkreten Beeinträchtigung des Kindeswohls bringt der Beschwerdeführer ferner vor, während der ganzen dreijährigen Verfahrenszeit sei der Beschwerde nie die Suspensivwirkung entzogen worden. Dies belege klar, dass keine Gefährdung des Kindeswohls gegeben sei. Nach dem in E. 4 Gesagten geht es bei der Frage der Alleinzuteilung gemäss Art. 298 ff. ZGB nicht um die gleiche Interventionsschwelle wie beim Entzug der elterlichen Sorge als Kindesschutzmassnahme. Der Entzug der aufschiebenden Wirkung würde aber nur dann in Frage kommen, wenn eine so akute Gefährdung des Kindeswohls vorliegen würde, dass nicht die Rechtskraft des materiellen Entscheides über das Sorgerecht abgewartet werden könnte. Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung des Kindeswohls schliesslich bemängelt, es sei kein Gutachten angeordnet worden, unterlässt er wiederum Verfassungsrügen; ausserdem zeigt er nicht auf, dass er vor Obergericht einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hätte. 5.4. Es bleibt die Frage nach milderen Mitteln, welche das Obergericht entgegen den Vorwürfen des Beschwerdeführers durchaus geprüft hat. Es ist dabei zum Schluss gekommen, dass unter Mitwirkung der Beiständin einzig das Besuchsrecht klappe, während es sich als unmöglich erwiesen habe, dass sie die Eltern in Bezug auf die Ausübung des Sorgerechts unterstützen könne. Die Alleinzuteilung der elterlichen Sorge sei deshalb unumgänglich. Dieser rechtliche Schluss ist angesichts der Sachverhaltsfeststellung, eine Unterstützung der Eltern in Belangen der gemeinsamen Sorgerechtsausübung durch die Beiständin erweise sich als nicht durchführbar, bundesrechtskonform. Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, das Obergericht hätte die Parteien zu einem Mediationsversuch im Sinn von Art. 314 Abs. 2 ZGB auffordern oder eine solche - bei vermuteter Weigerung der Mutter - gestützt auf Art. 307 Abs. 3 ZGB sogar anordnen können. Er weist jedoch in der Beschwerde selbst darauf hin, dass nicht einmal Vergleichsverhandlungen vor Obergericht möglich waren. Dies bestätigt die grundsätzliche Blockade in Sorgerechtsangelegenheiten, wie sie vom Obergericht festgestellt worden ist. Wenn sich bereits informelle Gespräche während eines laufenden Verfahrens als unmöglich erweisen, so verspricht eine Mediation keinen Erfolg. Der Beschwerdeführer macht denn auch nicht geltend, dass er eine solche im obergerichtlichen Verfahren verlangt hätte. 5.5. Zusammenfassend ergibt sich, dass ein Konflikt mit Ausnahmecharakter vorliegt, welcher in den vergangenen Jahren nicht abgeklungen ist, sondern sich zunehmend verhärtet hat. Wenn das Obergericht in dieser Situation die Alleinzuteilung des Sorgerechts an die hauptbetreuende Mutter geschützt (bzw. aufgrund der während des Rechtsmittelverfahrens eingetretenen Rechtsänderung letztlich angeordnet) hat, so ist damit auch eine gewisse Ermessensausübung verbunden (Art. 4 ZGB), bei deren Überprüfung sich das Bundesgericht Zurückhaltung auferlegt (BGE 132 III 97 E. 1 S. 99; 135 III 121 E. 2 S. 123 f.). Dies muss insbesondere in der vorliegenden Konstellation gelten, wo das Obergericht die Parteien selbst angehört hat und sich mithin ein persönliches Bild von ihnen machen konnte. Insgesamt hält deshalb die Alleinzuteilung vor den in E. 4 dargelegten Kriterien stand und es liegt keine Verletzung von Art. 298d Abs. 2 ZGB vor. 6. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Indes kann die Beschwerde nicht als aussichtslos bezeichnet werden und ist sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege angesichts der offensichtlichen Prozessarmut gutzuheissen (Art. 64 Abs. 1 BGG), unter Verbeiständung des Beschwerdeführers durch die ihn vertretende Rechtsanwältin (Art. 64 Abs. 2 BGG). Die Gegenpartei ist einlassungspflichtig und die Prozessarmut ist ebenfalls zu bejahen, so dass auch das Gesuch der Beschwerdegegnerin um unentgeltliche Rechtspflege gutzuheissen und sie durch den sie vertretenden Rechtsanwalt zu verbeiständen ist. Für die Kindesvertretung ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 2. Die Gesuche des Beschwerdeführers und der Beschwerdegegnerin um unentgeltliche Rechtspflege werden gutgeheissen, unter Beiordnung der sie jeweils vertretenden Rechtsanwälte. 3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, jedoch einstweilen auf die Bundesgerichtskasse genommen. 4. Rechtsanwältin Barbara Fink Winzap und Rechtsanwalt Rolf Müller werden aus der Bundesgerichtskasse mit je Fr. 2'500.-- entschädigt. 5. Dieses Urteil wird den Parteien, der Beiständin des Kindes, der KESB Bezirk X._ und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 27. August 2015 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: von Werdt Der Gerichtsschreiber: Möckli
b6bb4999-09df-4871-ad82-958b1eb3458e
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2,014
CH_BGer_004
Federation
329.0
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24.0
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Faits : A. En 2009, D._ et E._ sont devenus par succession propriétaires chacun d'un immeuble à Lausanne; les deux immeubles sont contigus et comptent quinze, respectivement dix appartements de grandeurs différentes. B._, C._ ainsi que les époux H.A._ et F.A._ sont locataires d'appartements de cinq pièces au 3ème ou au 4ème étage de l'un ou l'autre de ces immeubles; ils occupent ces logements respectivement depuis 1973, 1974 et 2004. Par formules officielles du 19 mai 2010, les bailleurs ont résilié les trois baux pour le 1er octobre 2010; le motif indiqué était: "rénovation, transformation, restructuration"; les autres baux des 3ème, 4ème et 5ème étages ont été résiliés avec la même motivation. Quelques jours plus tard, le gérant des immeubles a confirmé les congés "pour des raisons de restructuration de l'étage"; il a proposé aux locataires concernés une prolongation maximale des baux jusqu'au 1er octobre 2012 pour leur permettre de se reloger. B. H.A._, F.A._, B._ et C._ ont saisi la Commission de conciliation en matière de baux à loyer de la Préfecture de Lausanne; ils concluaient à l'annulation des congés, subsidiairement à une prolongation des baux d'une durée supérieure à celle proposée par les bailleurs. Après avoir constaté l'échec de la conciliation, la Commission de conciliation a annulé les congés par décisions des 21 et 22 décembre 2010. D._ et E._ ont alors déposé auprès du Tribunal des baux du canton de Vaud trois requêtes, qui ont été jointes; ils concluaient à ce qu'il soit dit que les congés étaient valables et à ce qu'il soit octroyé aux locataires une unique prolongation des baux, venant à échéance le 1er octobre 2012. Par jugement du 14 novembre 2011, le Tribunal des baux a annulé les trois congés. Les bailleurs ont interjeté appel. Par arrêt du 6 septembre 2013, la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud a admis l'appel, constaté la validité des trois congés et accordé aux locataires une prolongation unique de leurs baux jusqu'au 1er octobre 2014. Elle a notamment retenu que les bailleurs avaient la volonté réelle de rénover et transformer leurs immeubles, que les travaux projetés avaient, avec une réserve, obtenu en 2013 un préavis favorable du Service cantonal de l'écologie, du logement et du tourisme (SELT) et que le remplacement des ascenseurs, installations électriques, canalisations, installations sanitaires et système de chauffage était justifié au vu de l'état des bâtiments. Elle en a déduit que les congés n'étaient pas abusifs. C. Les locataires (recourants) interjettent un recours en matière civile. Ils concluent principalement à l'annulation des congés. A titre subsidiaire, ils demandent au Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt cantonal et de renvoyer la cause à la Cour d'appel civile pour nouvelle décision dans le sens des considérants. Dans leur réponse, les bailleurs (intimés) proposent le rejet du recours dans la mesure où il est recevable. Par la suite, les recourants ont déposé des observations, suivies d'une ultime détermination des intimés. Dans ce cadre, les locataires requièrent la suspension de la présente procédure jusqu'à la décision sur le permis de construire; les bailleurs s'opposent à cette requête. Pour sa part, la cour cantonale se réfère aux considérants de son arrêt.
Considérant en droit : 1. Les recourants requièrent la suspension de la procédure de recours jusqu'à droit connu sur les demandes de permis de construire des intimés. Comme ces derniers le relèvent à juste titre, la cour de céans ne saurait tenir compte de faits nouveaux survenus après la clôture de la procédure probatoire devant l'instance d'appel (art. 99 al. 1 LTF; art. 317 CPC). Une suspension dans l'attente de décisions sans pertinence pour le sort du litige n'entre dès lors pas en considération. 2. Le recours est dirigé contre un arrêt final (art. 90 LTF) rendu en matière civile (art. 72 al. 1 LTF) par un tribunal supérieur statuant sur recours en dernière instance cantonale (art. 75 LTF). Avec la cour cantonale, il faut admettre que la présente cause atteint la valeur litigieuse de 15'000 fr. ouvrant le recours en matière civile dans les affaires relevant du droit du bail à loyer (art. 74 al. 1 let. a LTF; cf. ATF 137 III 389 consid. 1.1 p. 390; 136 III 196 consid. 1.1 p. 197). Au surplus, le recours est exercé par les parties qui ont succombé dans leurs conclusions tendant à faire annuler les congés et qui ont donc qualité pour recourir (art. 76 al. 1 LTF). Déposé dans le délai (art. 45 al. 1, art. 46 al. 1 let. c et art. 100 al. 1 LTF) et la forme (art. 42 LTF) prévus par la loi, le recours est en principe recevable. 3. Les recourants s'en prennent tout d'abord à l'état de fait retenu dans l'arrêt attaqué. 3.1. Le Tribunal fédéral statue sur la base des faits établis par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF). En tant que cour suprême, il est instance de révision du droit, et non juge du fait. Il peut certes, à titre exceptionnel, rectifier ou compléter les faits s'ils ont été établis de façon manifestement inexacte - ce qui correspond à la notion d'arbitraire au sens de l'art. 9 Cst. (ATF 137 I 58 consid. 4.1.2 p. 62; 137 II 353 consid. 5.1 p. 356) - et pour autant que la correction soit susceptible d'influer sur le sort de la cause (art. 97 al. 1 et art. 105 al. 2 LTF). Cette exception ne permet toutefois pas aux parties de rediscuter dans leurs mémoires les faits de la cause comme si elles plaidaient devant un juge d'appel. La partie recourante qui entend faire rectifier ou compléter un fait doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions d'une telle modification seraient réalisées (ATF 137 II 353 consid. 5.1 p. 356; 136 I 184 consid. 1.2 p. 187), au même titre que la partie qui invoque une violation de l'interdiction constitutionnelle de l'arbitraire dans l'appréciation des preuves et l'établissement des faits (cf. art. 106 al. 2 LTF; ATF 133 II 249 consid. 1.4.3 p. 254 s.). L'arbitraire ne résulte pas du seul fait qu'une autre solution que celle retenue par l'autorité cantonale est concevable, voire préférable; le Tribunal fédéral ne s'écarte de la décision attaquée que lorsque celle-ci est manifestement insoutenable, qu'elle se trouve en contradiction claire avec la situation de fait, qu'elle viole gravement une norme ou un principe juridique indiscuté, ou encore lorsqu'elle heurte de manière choquante le sentiment de la justice et de l'équité (ATF 138 I 49 consid. 7.1 p. 51 et les arrêts cités). En matière d'appréciation des preuves et d'établissement des faits, il y a arbitraire lorsque l'autorité ne prend pas en compte, sans aucune raison sérieuse, un élément de preuve propre à modifier la décision, lorsqu'elle se trompe manifestement sur son sens et sa portée, ou encore lorsque, en se fondant sur les éléments recueillis, elle en tire des constatations insoutenables (ATF 137 I 58 consid. 4.1.2 p. 62; 136 III 552 consid. 4.2 p. 560; 134 V 53 consid. 4.3 p. 62; 129 I 8 consid. 2.1 p. 9). 3.2. Sous le titre "A propos des faits", les recourants présentent de longs développements sur les constatations figurant dans l'arrêt attaqué. Certains faits importants ne seraient pas mentionnés, alors que d'autres faits auraient été retenus à tort à la suite d'une mauvaise lecture du dossier. Il est reproché en outre à la Cour d'appel civile de n'avoir pas tenu compte de pièces nouvelles produites en appel. Les recourants discutent dans le détail les faits retenus et les preuves administrées, donnent leur appréciation et demandent que l'état de fait soit complété et corrigé en conséquence. La cour cantonale a jugé irrecevables les pièces nouvelles antérieures à la date de l'audience de première instance et ne les a donc pas prises en considération. Les locataires ne démontrent pas en quoi cette décision incidente serait erronée; ils ne soutiennent pas non plus se référer à d'autres pièces nouvelles. En tant qu'ils reprochent à la cour cantonale de ne pas avoir pris en compte des pièces nouvelles, les recourants formulent un grief dénué de fondement. Pour le surplus, les critiques relatives à l'état de fait ne satisfont pas aux exigences de motivation rappelées plus haut. En effet, les recourants procèdent à une nouvelle appréciation des preuves et se limitent à donner leur propre version des faits. Il ne sera dès lors pas tenu compte de l'exposé des faits contenu dans le recours. 4. Invoquant la protection contre les congés abusifs, les recourants se plaignent essentiellement d'une violation de l'art. 271 al. 1 CO. 4.1. Les parties au contrat sont libres de résilier un bail de durée indéterminée pour le prochain terme légal ou contractuel; un motif particulier n'est pas exigé (art. 266a al. 1 CO). Le congé est toutefois annulable lorsqu'il contrevient aux règles de la bonne foi (art. 271 al. 1 CO; cf. également art. 271a CO). Tel est le cas lorsqu'il ne répond à aucun intérêt objectif, sérieux et digne de protection et qu'il apparaît ainsi purement chicanier. Le seul fait que la résiliation entraîne des conséquences pénibles pour le locataire n'est pas suffisant; il faut une disproportion crasse entre l'intérêt du preneur au maintien du contrat et l'intérêt du bailleur à y mettre fin. En règle générale, l'absence d'intérêt digne de protection du bailleur est également admise lorsque la motivation du congé, demandée par le locataire, est lacunaire ou fausse. Pour juger de la validité de la résiliation, il faut se placer au moment où celle-ci a été notifiée (ATF 138 III 59 consid. 2.1 p. 61 s. et les arrêts cités). Dans un arrêt de principe rendu en 2008 (ATF 135 III 112), le Tribunal fédéral a jugé qu'une résiliation de bail en vue de vastes travaux d'assainissement de l'objet loué ne contrevient pas aux règles de la bonne foi. Il en va ainsi même si le locataire se dit prêt à rester dans l'appartement durant les travaux et à s'accommoder des inconvénients qui en résultent, car sa présence est propre à entraîner des complications, des coûts supplémentaires ou une prolongation de la durée des travaux. La résiliation est critiquable uniquement s'il apparaît que la présence du locataire ne compliquerait pas les travaux, ou seulement de manière insignifiante, par exemple en cas de réfection des peintures ou lors de travaux extérieurs tels qu'une rénovation de façade ou un agrandissement de balcon. Dans la cause ayant donné lieu à cet arrêt, le bailleur avait détaillé les travaux prévus dans une lettre jointe à l'avis de résiliation (arrêt précité point A et consid. 4.2 p. 119 s.). Par ailleurs, le congé en vue de travaux de transformation ou de rénovation est abusif lorsque le projet du bailleur ne présente pas de réalité tangible ou qu'il apparaît objectivement impossible, notamment parce qu'il est de toute évidence incompatible avec les règles du droit public applicable et que le bailleur n'obtiendra ainsi pas les autorisations nécessaires; la preuve de l'impossibilité objective incombe au locataire. La validité du congé ne suppose pas que le bailleur ait déjà obtenu les autorisations nécessaires, ni même qu'il ait déposé les documents dont elles dépendent (arrêt 4A_210/2014 du 17 juillet 2014 consid. 3.1 et les arrêts cités; cf. également ATF 136 III 190 consid. 4 p. 194 s.). 4.2. 4.2.1. Les recourants soutiennent que les congés sont abusifs au motif que les travaux projetés sont incompatibles avec le droit public, plus précisément avec la loi vaudoise du 4 mars 1985 concernant la démolition, la transformation et la rénovation de maisons d'habitation, ainsi que l'utilisation de logements à d'autres fins que l'habitation (LDTR/VD; RSV 840.15). La LDTR/VD soumet à autorisation la transformation et la rénovation, totales ou partielles, de maisons d'habitation; par rénovation, elle entend tous travaux d'une certaine importance, apportant une plus-value à l'immeuble, à l'exclusion des travaux d'entretien courant (art. 1). En règle générale, l'autorisation est refusée lorsque l'immeuble en cause comprend des logements d'une catégorie où sévit la pénurie (art. 3). L'autorisation est accordée pour des motifs de sécurité, de salubrité ou d'intérêt général; elle peut l'être à titre exceptionnel si d'autres circonstances le commandent impérativement (art. 4 al. 1). Le règlement d'application du 6 mai 1988 (RLDTR/VD; RSV 840.15.1) précise, d'une part, que le propriétaire peut être dispensé de présenter une demande d'autorisation lorsque les travaux envisagés représentent un coût inférieur aux 20% de la valeur à neuf de l'assurance-incendie de l'immeuble (art. 1 al. 2) et, d'autre part, que l'autorisation est accordée en particulier lorsque l'opération envisagée apparaît indispensable ou opportune sur le plan technique (art. 12 al. 1). Les recourants sont d'avis que le RLDTR/VD est en partie (art. 12 al. 1) incompatible avec la LDTR/VD. Ils critiquent longuement la pratique, à leur sens trop large, de l'administration cantonale en la matière et entendent démontrer que le projet des intimés est totalement incompatible avec ce qu'ils estiment être une application correcte de la LDTR/VD. Ce faisant, ils oublient que l'enjeu ne se situe pas là. En effet, le point n'est pas de savoir si l'administration cantonale applique correctement la LDTR/VD ou si le RLDTR/VD se concilie avec la LDTR/VD, questions que le Tribunal fédéral ne pourrait au demeurant revoir que sous l'angle de l'arbitraire; il n'est pas non plus nécessaire de se demander si une législation cantonale aussi restrictive et absolue que l'entendent les locataires serait compatible avec le droit fédéral (cf. ATF 113 Ia 126 consid. 7b/aa p. 134 ss). Dans la présente cause, il s'agit uniquement d'examiner si les congés, motivés par des travaux futurs, contreviennent aux règles de la bonne foi parce que, au moment où ils ont été donnés, l'autorisation, par l'administration cantonale, des travaux envisagés apparaissait de toute évidence exclue. A cet égard, il faut souligner que la législation cantonale accorde un important pouvoir d'appréciation à l'administration pour autoriser des projets, pouvoir dont celle-ci fait largement usage selon ce que les locataires affirment eux-mêmes. En règle générale, il ne devrait donc guère être possible de prédire que l'administration, de toute évidence, refusera une autorisation au sens de la LDTR/VD. En l'espèce, les éléments apportés par les locataires, à qui le fardeau de la preuve incombe, ne sont en tout cas pas à même de démontrer que le projet de rénovation ici en cause est de toute évidence incompatible avec les règles de droit public applicables et que les bailleurs n'obtiendront assurément pas les autorisations nécessaires. Sous cet angle, le grief tiré d'une violation de l'art. 271 al. 1 CO se révèle mal fondé. 4.2.2. Selon les recourants, les résiliations sont également abusives pour une autre raison; au moment où les congés ont été signifiés, les travaux projetés ne seraient pas encore arrivés à maturité et n'auraient pas présenté de réalité tangible. Comme déjà relevé, la résiliation du bail motivée par des travaux futurs n'est pas contraire aux règles de la bonne foi lorsque la présence du locataire serait susceptible d'entraîner des complications, des coûts supplémentaires ou une prolongation de la durée des travaux. Savoir si tel est le cas dépend des travaux envisagés. La validité du congé suppose ainsi qu'au moment de la résiliation du bail, le bailleur dispose d'un projet suffisamment mûr et élaboré pour pouvoir constater concrètement que la présence du locataire entraverait les travaux. C'est pourquoi le Tribunal fédéral a déjà admis qu'un congé en vue d'une rénovation importante contrevient aux règles de la bonne foi lorsqu'il n'est pas possible d'apprécier l'importance des travaux envisagés et de déterminer si ceux-ci nécessitent que le bâtiment soit vidé de ses locataires (arrêt 4A_425/2009 du 11 novembre 2009 consid. 3.2.2; arrêt 4A_518/2010 du 16 décembre 2010 consid. 2.4.2). En outre, faute de renseignements suffisamment précis, le locataire n'est pas en mesure de se faire une idée sur la réalité des intentions du bailleur et sur la gêne que sa présence entraînerait pour l'exécution des travaux envisagés; or, il a le droit d'obtenir du bailleur une motivation qui lui permette d'apprécier ses chances de contester le congé avec succès et de décider en connaissance de cause, dans les trente jours suivant la réception de la résiliation (art. 273 al. 1 CO), s'il entend procéder (art. 271 al. 2 CO). En l'espèce, la motivation donnée par les intimés et le gérant à l'époque de la notification des congés en mai 2010 est succincte et très générale: "rénovation, transformation, restructuration", respectivement "restructuration de l'étage". Sur cette base, les locataires ne pouvaient guère imaginer quels travaux précis les toucheraient individuellement. La Cour d'appel civile a retenu que le gérant avait visité les immeubles en février 2010 et transmis les plans de l'état actuel à l'un des bailleurs, que des plans indiquant les murs à démolir avaient été établis en juin 2010, que le gérant avait rédigé en août 2010 un rapport établissant un diagnostic sommaire destiné à donner une première évaluation de l'état des immeubles et à faire une première estimation des coûts d'une remise en état avant de passer à des études plus approfondies, qu'un architecte avait établi en avril 2011 un rapport sur les travaux à exécuter et que la mise à l'enquête avait commencé le 3 août 2011. A l'exception de la visite des immeubles par le gérant en février 2010, toutes ces opérations sont postérieures à la résiliation des baux. Il ne ressort ainsi pas des faits constatés par la cour cantonale qu'au moment où les congés ont été donnés, les bailleurs disposaient d'un projet un tant soit peu élaboré; rien ne permet même de retenir qu'il existait une simple ébauche des travaux futurs. Or, à elle seule, la ferme intention générale de transformer et rénover les immeubles ne saurait être considérée comme déterminante. Par conséquent, il y a lieu d'admettre que les congés du 19 mai 2010, à tout le moins prématurés, contreviennent aux règles de la bonne foi. 5. Sur le vu de ce qui précède, le recours doit être admis. L'arrêt attaqué sera réformé dans le sens que les résiliations notifiées aux recourants sur formule officielle du 19 mai 2010 sont annulées. Les congés étant annulés, la question d'une éventuelle prolongation des baux ne se pose plus. 6. Les intimés, qui succombent, prendront solidairement à leur charge les frais et dépens de la présente procédure (art. 66 al. 1 et 5, art. 68 al. 1, 2 et 4 LTF). Il appartiendra à la Cour d'appel civile de répartir les frais et fixer les dépens pour la procédure cantonale (cf. art. 67 et 68 al. 5 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce : 1. Le recours est admis et l'arrêt attaqué est annulé. Les résiliations des baux à loyer notifiées aux recourants sur formules officielles du 19 mai 2010 sont annulées. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 5'500 fr., sont mis solidairement à la charge des intimés. 3. Les intimés verseront solidairement aux recourants une indemnité de 6'500 fr. à titre de dépens. 4. La cause est renvoyée à la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud pour nouvelle décision sur les frais et dépens de la procédure cantonale. 5. Le présent arrêt est communiqué aux mandataires des parties et à la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud. Lausanne, le 27 août 2014 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La Présidente : Klett La Greffière : Godat Zimmermann
b75ffdf2-3559-47b3-9d1e-5d1668da461a
de
2,015
CH_BGer_006
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null
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null
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nan
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Sachverhalt: A. A.X._ erstattete gegen seine Schwester B.X._ mit Eingabe vom 28. Juni 2013 Strafanzeige und stellte Strafantrag wegen "aller infrage kommender Tatbestände". Er wirft dieser vor, nach dem Tod ihrer gemeinsamen Mutter am 20. März 2013 in Portugal von deren Konti bei verschiedenen schweizerischen Bankinstituten unrechtmässig Bezüge in der Höhe von insgesamt rund Fr. 9'000.-- getätigt zu haben und mit deren Kreditkarte einen Betrag von Fr. 75.05 beglichen zu haben, womit sie die übrigen Erben geschädigt habe. B. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat verfügte am 25. Oktober 2013 die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung gegen B.X._ wegen Veruntreuung etc., da keine schweizerische Gerichtsbarkeit bestehe. C. Das Obergericht des Kantons Zürich trat am 31. Oktober 2014 auf die Beschwerde von A.X._ gegen die Nichtanhandnahme mangels Beschwerdelegitimation nicht ein. D. A.X._ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Beschluss vom 31. Oktober 2014 sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat sei anzuweisen, eine Strafuntersuchung zu eröffnen. E. Das Obergericht und B.X._ verzichteten auf eine Stellungnahme. Die Staatsanwaltschaft liess sich nicht vernehmen. F. Das Bundesgericht hat das Urteil öffentlich beraten (Art. 58 Abs. 1 BGG).
Erwägungen: 1. 1.1. Die Privatklägerschaft kann mit Beschwerde in Strafsachen ungeachtet der Legitimation in der Sache im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG eine Verletzung ihrer Parteirechte rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Das nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5; 138 IV 78 E. 1.3 S. 79 f.; 136 IV 29 E. 1.9 S. 40). 1.2. Der Beschwerdeführer argumentiert, er sei durch die angezeigten Straftaten seiner Schwester direkt geschädigt. Die Vorinstanz habe ihm die Beschwerdelegitimation zu Unrecht abgesprochen und sei auf seine Beschwerde gegen die rechtswidrige Nichtanhandnahme nicht eingetreten. Damit macht er eine Verletzung von formellen Rechten geltend, die ihm als Geschädigter und Strafantragsteller unabhängig von der Legitimation in der Sache zustünden. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten. 2. 2.1. Die Vorinstanz erwägt, einem einzelnen Erben werde lediglich ausnahmsweise zugestanden, allein für die Erbengemeinschaft zu handeln und ein Rechtsmittel zu deren Schutz zu ergreifen, nämlich wenn sämtliche übrigen Mitglieder Straftaten zum Nachteil der Erbengemeinschaft begangen hätten bzw. hätten begangen haben sollen. Dadurch werde der einzelne Erbe nicht als unmittelbar Geschädigter betrachtet. Es werde ihm nur das Recht zugestanden, ausnahmsweise allein für die Gemeinschaft zu handeln (angefochtener Entscheid E. II.1. S. 5). Die am 20. März 2013 verstorbene Erblasserin habe drei Nachkommen als gesetzliche Erben hinterlassen. Bestehe bzw. habe im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung eine Erbengemeinschaft bestanden, könnten die Erben nur gemeinsam oder in Ausübung eines Vertretungsauftrags für die Gemeinschaft handeln. Der Beschwerdeführer habe indessen allein in seinem eigenen Namen Beschwerde erhoben. Ein Ausnahmefall im Sinne der geschilderten Rechtsprechung liege nicht vor, da der Beschwerdeführer lediglich seiner Schwester und nicht sämtlichen übrigen Mitgliedern der Erbengemeinschaft Straftaten vorwerfe. Seine Beschwerdelegitimation sei daher zu verneinen (angefochtener Entscheid E. II.2. S. 5). 2.2. Das Verfahren bei einer Nichtanhandnahme richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über die Verfahrenseinstellung (Art. 310 Abs. 2 StPO). Die Parteien können die Nichtanhandnahmeverfügung innert 10 Tagen bei der Beschwerdeinstanz anfechten (Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO). Die Privatklägerschaft nimmt am Strafverfahren als Partei teil (Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Der Strafantrag ist dieser Erklärung gleichgestellt (Art. 118 Abs. 2 StPO). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). Geschädigte, die sich nicht als Privatkläger konstituiert haben, können eine Nichtanhandnahme- oder Einstellungsverfügung mangels Parteistellung grundsätzlich nicht anfechten. Diese Einschränkung gilt dann nicht, wenn die geschädigte Person noch keine Gelegenheit hatte, sich zur Frage der Konstituierung zu äussern, so etwa wenn eine Einstellung ergeht, ohne dass die Strafverfolgungsbehörde die geschädigte Person zuvor auf ihr Konstituierungsrecht aufmerksam gemacht hat (vgl. Urteil 1B_298/2012 vom 27. August 2012 E. 2.1 mit Hinweisen). Entscheidend für die Frage, ob ein Erbe ohne Mitwirkung der übrigen Erben gegen eine Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft Beschwerde erheben kann, ist somit, ob dieser unmittelbar geschädigt ist und sich allein als Privatkläger konstituieren kann. Unerheblich ist dabei, ob die Straftat zum Nachteil des Nachlasses von einem Miterben oder einem Dritten begangen wurde. 2.3. 2.3.1. Durch eine Straftat unmittelbar verletzt und damit Geschädigter im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO ist nach ständiger Rechtsprechung, wer Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsgutes ist (BGE 140 IV 155 E. 3.2 S. 157 f.; 138 IV 258 E. 2.3 S. 263). Die geschädigte Person kann sich gemäss Art. 119 Abs. 2 StPO als Straf- und/oder Zivilklägerin am Strafverfahren beteiligen. Strafkläger ist, wer die Verfolgung und Bestrafung der für die Straftat verantwortlichen Person verlangt (Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO), Zivilkläger, wer adhäsionsweise privatrechtliche Ansprüche geltend macht, die aus der Straftat abgeleitet werden (Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO). Die StPO unterscheidet demnach zwischen dem Privatkläger als Strafkläger und demjenigen als Zivilkläger. Dem Geschädigten steht es frei, sich am Strafverfahren lediglich als Strafkläger (Privatkläger im Strafpunkt) zu beteiligen (BGE 139 IV 78 E. 3.3.3 S. 81 f.). Als solcher kann er nach der Rechtsprechung auf kantonaler Ebene Rechtsmittel ergreifen. Die Rechtsmittellegitimation im kantonalen Verfahren (nach Art. 382 Abs. 1 StPO) hängt - anders als die Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen in der Sache an das Bundesgericht (vgl. Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG; BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen) - nicht davon ab, ob der Geschädigte Zivilforderungen hat. Dieser ist als Strafkläger zur Berufung gegen einen Freispruch namentlich auch befugt, wenn er im Strafverfahren keine Zivilforderung angemeldet hat oder wenn er von vornherein keine Zivilforderung hat, sondern nur öffentlich-rechtliche Ansprüche aus Staatshaftung, die nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden können (vgl. BGE 131 I 455 E. 1.2.4 S. 461; 128 IV 188 E. 2.2 f. S. 191 f.; Urteil 6B_1168/2014 vom 13. Februar 2015 E. 1). Geschädigt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO sein kann daher auch, wer selber keine Zivilforderungen geltend machen kann. Zivilforderungen sind mit anderen Worten keine notwendige Voraussetzung für die Rechtsmittellegitimation im kantonalen Verfahren bzw. für die Bejahung der strafrechtlichen Geschädigtenstellung nach Art. 115 Abs. 1 StPO und die Beteiligung am Strafverfahren als Strafkläger (zum Ganzen BGE 139 IV 78 E. 3.3.3 S. 81 f.). 2.3.2. Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft (Art. 602 Abs. 1 ZGB). Sie werden Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände im Sinne von Art. 652 ff. ZGB (Art. 602 Abs. 2 ZGB), wobei die Rechte eines jeden Erben gemäss Art. 652 ZGB auf die ganze Sache gehen. Die Erbengemeinschaft ist - wie die einfache Gesellschaft (Art. 530 ff. OR) - eine Gemeinschaft zur gesamten Hand (vgl. BGE 124 III 505 E. 3b S. 508; J EAN NICOLAS DRUEY, Grundriss des Erbrechts, 5. Aufl. 2002, § 4 N. 9; PAUL-HENRI STEINAUER, Le droit des successions, 2. Aufl. 2015, N. 1194 S. 613; STEPHAN WOLF, in: Berner Kommentar, 2014, N. 42 zu Art. 602 ZGB). Als solche bildet sie eine Rechtsgemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die mangels Rechtsfähigkeit nicht Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann. Träger der Vermögensrechte des Nachlasses sind nach Lehre und Rechtsprechung vielmehr die einzelnen Erben (vgl. WOLF, a.a.O., N. 29 und 43 zu Art. 602 ZGB; PAUL PIOTET, Droit successoral, Traité de droit privé suisse IV, 2. Aufl. 1988, S. 580 f.; Urteile 1P.357/1991 vom 10. Februar 1992 E. 2b; 1P.609/1988 vom 19. April 1989 E. 2a; siehe für die einfache Gesellschaft auch LUKAS HANDSCHIN, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht II, 4. Aufl. 2012, N. 6 zu Art. 530 OR mit Hinweisen; Urteil 1B_323/2008 vom 20. Mai 2009 E. 1.3). Die Erben können unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft nur gemeinsam verfügen (Art. 602 Abs. 2 ZGB). Insofern gilt das Prinzip der Einstimmigkeit (vgl. Art. 653 Abs. 2 ZGB; DRUEY, a.a.O., § 14 N. 23 ff.; WOLF, a.a.O., N. 56 ff. zu Art. 602 ZGB). Einzelne Erben können für den Nachlass daher grundsätzlich nicht handeln. Dies ist in der Regel nur allen Erben gemeinsam oder an deren Stelle einem Erbenvertreter (Art. 602 Abs. 3 ZGB), Willensvollstrecker (Art. 518 ZGB) oder Erbschaftsverwalter (Art. 554 ZGB) möglich. Davon kann nach der Rechtsprechung bloss in dringlichen Fällen abgewichen werden (BGE 125 III 219 E. 1a S. 220 mit Hinweisen). Mit dem Prinzip der gemeinsamen Klageerhebung soll vermieden werden, dass ein einzelner Erbe Klage erhebt ohne Rücksicht auf seine Miterben und diese durch unsorgfältige Prozessführung um ihren Anspruch bringt (BGE 121 III 118 E. 3 S. 121; 119 Ia 342 E. 2a S. 345). Unzulässig sind deshalb nebst den eigentlichen Verfügungen über das Recht all jene Rechtshandlungen, welche die Gefahr einer Benachteiligung der Gemeinschaft oder ihrer Mitglieder mit sich bringen können (BGE 121 III 118 E. 3 S. 121). Eine Ausnahme vom Grundsatz des gemeinsamen Handelns wird nach der Rechtsprechung anerkannt, wenn ein zur Erbschaft gehörender Anspruch gegenüber einzelnen Miterben von allen übrigen Erben geltend gemacht wird, weil in diesem Fall alle Erben Prozesspartei sind und sich über ihre gegenseitigen Rechtsansprüche auseinandersetzen können (BGE 125 III 219 E. 1b S. 220 f.; 119 Ia 342 E. 2a S. 345 f.; 102 Ia 430 E. 3 S. 432; DRUEY, a.a.O., § 14 N. 28). 2.3.3. Da die Erbengemeinschaft selber nicht rechtsfähig ist und somit nicht Trägerin des durch die verletzte Strafnorm geschützten Rechtsgutes sein kann, gelten bei strafbaren Handlungen zum Nachteil der Erbengemeinschaft nach der unter der StPO ergangenen Rechtsprechung und der herrschenden Lehre die einzelnen Erben als Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO (Urteil 1B_348/2012 vom 3. Oktober 2012 E. 1.2.6; MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 34 zu Art. 115 StPO; VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 5 zu Art. 115 StPO; CAMILLE PERRIER, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 18 zu Art. 115 StPO). Die Stellung eines Erben oder auch eines einfachen Gesellschafters kann folglich nicht mit derjenigen eines Aktionärs verglichen werden. Die Aktiengesellschaft ist eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit. Es ist daher zwischen dem Vermögen der Aktiengesellschaft und demjenigen des Aktionärs zu unterscheiden, dessen wirtschaftliche und rechtliche Interessen von denjenigen der Gesellschaft abweichen können. Der Aktionär ist zwar Eigentümer der von ihm gehaltenen Aktien, nicht jedoch des Gesellschaftsvermögens. Bei Vermögensdelikten zum Nachteil des Gesellschaftsvermögens ist die Aktiengesellschaft unmittelbar verletzt, während der Aktionär nur mittelbar betroffen ist und nicht als Geschädigter nach Art. 115 Abs. 1 StPO gilt (zum Ganzen BGE 140 IV 155 E. 3.3.1 S. 158; Urteil 6B_680/2013 vom 6. November 2013 E. 3; je mit Hinweisen). 2.3.4. Zum Strafantrag im Sinne von Art. 30 StGB berechtigt ist, wer durch die Straftat verletzt ist, d.h. wer Träger des unmittelbar betroffenen Rechtsguts ist (BGE 130 IV 97 E. 2.1 S. 98; 128 IV 81 E. 3a S. 84). Der Begriff des Verletzten gemäss Art. 30 Abs. 1 StGB ist insofern identisch mit demjenigen des Geschädigten nach Art. 115 Abs. 1 StPO (vgl. vorne E. 2.3.1). Die Rechtsprechung hat bereits früher entschieden, dass das Strafantragsrecht nicht der Gemeinschaft zur gesamten Hand, sondern jedem Mitglied persönlich zusteht (vgl. BGE 117 IV 437 E. 1c S. 439). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Der besagte Entscheid betrifft die einfache Gesellschaft, gilt für die Erbengemeinschaft aber ebenso. Das Bundesgericht hat sich in BGE 117 IV 437 zwar kurz gefasst. Der Entscheid enthält keine eigentliche Begründung. Er stellt jedoch auf die Lehre ab (vgl. JÖRG REHBERG, Der Strafantrag, ZStR 85/1969 S. 259), die wiederum auf die kantonale Rechtsprechung Bezug nimmt (vgl. Urteil des Obergerichts Zürich vom 3. März 1952, publ. in: SJZ 49/1953 S. 97). Er fand zudem auch im neueren Schrifttum Zustimmung (vgl. etwa CHRISTOF RIEDO, in: Basler Kommentar, Strafgesetzbuch I, 3. Aufl. 2013, N. 83 zu Art. 30 StGB; DERS., Der Strafantrag, 2004, S. 352; TRECHSEL/JEAN-RICHARD, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 1 zu Art. 30 StGB; DANIEL STOLL, in: Commentaire romand, Code pénal I, 2009, N. 31 zu Art. 30 StGB). Das Recht, Strafantrag zu stellen, ist ein höchstpersönliches Recht (vgl. BGE 130 IV 97 E. 2.1 S. 98; 122 IV 207 E. 3c S. 208 mit Hinweisen). Mit dem Strafantrag erklärt der Verletzte seinen bedingungslosen Willen zur Strafverfolgung des Täters (BGE 131 IV 97 E. 3.1 S. 98; 118 IV 167 E. 1b S. 169; 115 IV 1 E. 2a S. 2; je mit Hinweisen). Dass das Strafantragsrecht dem unmittelbar geschädigten Erben persönlich zustehen muss, ist folgerichtig, da damit weder Ansprüche an der Erbschaft geltend gemacht werden noch über das Gemeinschaftsvermögen verfügt wird. Der Strafantrag richtet sich vielmehr gegen den Schädiger, dessen Bestrafung verlangt wird, wobei der Strafanspruch nach ständiger Praxis allein dem Staat zusteht (BGE 136 IV 29 E. 1.7.2 S. 39; 133 IV 228 E. 2.3 S. 231; 128 I 218 E. 1.1 S. 220). Die Rechte und Pflichten der übrigen Erben werden dadurch nicht tangiert. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist mit Art. 602 Abs. 2 und Art. 653 Abs. 2 ZGB daher ohne Weiteres vereinbar. 2.3.5. Der Beschwerdeführer ist durch die behaupteten Straftaten seiner Schwester wie dargelegt unmittelbar geschädigt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO. Da er selber Strafantrag stellen kann und er von diesem Recht Gebrauch gemacht hat, hat er sich im Strafpunkt gültig als Privatkläger konstituiert (vgl. Art. 118 Abs. 1 und 2, Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei den angezeigten Straftaten um Antrags- oder Offizialdelikte handelt, da der Antrag auf Strafverfolgung auch bei Offizialdelikten einer Erklärung im Sinne von Art. 118 Abs. 1 StPO gleichkommt (vgl. Art. 118 Abs. 2 StPO; JEANDIN/MATZ, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 12 f. zu Art. 118 StPO). Als Privatkläger im Strafpunkt ist der Beschwerdeführer Partei im Sinne von Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO, womit er nach Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO zur Beschwerde legitimiert ist. Dies steht im Einklang mit der neueren, wenn auch nicht amtlich publizierten Rechtsprechung des Bundesgerichts. Daraus ergibt sich implizit, dass der geschädigte Erbe, der Strafantrag gestellt und sich als Privatkläger konstituiert hat, zur Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung befugt ist (vgl. Urteil 1B_348/2012 vom 3. Oktober 2012 E. 1.2.6 und 1.2.7). 2.3.6. Sollten die Anschuldigungen des Beschwerdeführers zutreffen, verfügt dieser über eine Forderung aus unerlaubter Handlung (Art. 41 Abs. 1 OR), da er seiner Schwester vorwirft, nach dem Tod ihrer gemeinsamen Mutter unrechtmässig Vermögenswerte der Erbschaft bezogen zu haben. Es handelt sich dabei um eine Forderung aus dem Nachlass, die der Beschwerdeführer nur zusammen mit seinem Bruder geltend machen kann, da zivilrechtliche Ansprüche aus der Erbschaft gegen einen Miterben grundsätzlich nur von allen übrigen Erben gemeinsam eingeklagt werden können (vgl. oben E. 2.3.2). Der Beschwerdeführer kann sich im Strafverfahren gegen seine Schwester folglich nicht allein als Zivilkläger (Privatkläger im Zivilpunkt; Art. 118 Abs. 1, Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO) konstituieren. Dies ändert jedoch nichts daran, dass er als Träger des geschützten Rechtsgutes im strafrechtlichen Sinne geschädigt ist und als Strafkläger persönlich und allein am kantonalen Strafverfahren teilnehmen, eine Bestrafung verlangen sowie Rechtsmittel gegen eine Nichtanhandnahme oder Einstellung des Strafverfahrens ergreifen kann. Dass der einzelne Erbe zivilrechtlich grundsätzlich nicht allein vorgehen kann, wenn er Ansprüche aus dem Nachlass geltend machen will, steht der Beschwerdelegitimation im Sinne von Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO nicht entgegen. 2.4. 2.4.1. Die Vorinstanz beruft sich auf einen Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern vom 4. April 2013 (LGVE 2013 I Nr. 15). Dieses verneinte einem Mitglied einer Erbengemeinschaft unter Bezugnahme auf BGE 119 Ia 342 E. 2a die Legitimation zur Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung. Es geht wie die Vorinstanz davon aus, ein einzelner Erben könne nur dann allein ein Rechtsmittel gegen die Einstellung ergreifen, wenn alle übrigen Mitglieder Straftaten zum Nachteil der Erbengemeinschaft begangen haben bzw. begangen haben sollen (LGVE 2013 I Nr. 15 E. 4.3). 2.4.2. Der zitierte Bundesgerichtsentscheid BGE 119 Ia 342 erging unter der früheren Strafprozessordnung des Kantons Zürich, wobei die Kognition des Bundesgerichts bezüglich der Auslegung von § 395 Abs. 1 Ziff. 2 aStPO/ZH (Rechtsmittellegitimation von Geschädigten) auf Willkür beschränkt war. Das Bundesgericht ging damals mit der kantonalen Rekursinstanz davon aus, der einzelne Gesellschafter sei bei Straftaten zum Nachteil der einfachen Gesellschaft nicht unmittelbar betroffen und damit nicht geschädigt im Sinne von § 395 Abs. 1 Ziff. 1 aStPO/ZH. Die Auffassung im angefochtenen Entscheid, wonach auch bei Straftaten eines Gesellschafters zum Nachteil der einfachen Gesellschaft alle Gesellschafter gemeinsam Rekurs gegen die Einstellung des Strafverfahrens erheben müssen, stufte es als willkürlich ein. Es genüge, wenn das Rechtsmittel gegen den oder die Gesellschafter von den übrigen Gesellschaftern eingelegt werde (BGE, a.a.O., E. 2a S. 345 f.). Da Willkür damals aus anderen Gründen zu bejahen war, fand in BGE 119 Ia 342 keine eigentliche Auseinandersetzung mit der Frage statt, ob bzw. weshalb der einzelne Gesellschafter bei Straftaten zum Nachteil der einfachen Gesellschaft lediglich indirekt geschädigt sein soll. Das Bundesgericht stellte für die Frage der Geschädigtenstellung des einfachen Gesellschafters auf den angefochtenen Entscheid ab, ohne zu prüfen, ob die kantonale Behörde diesen zu Unrecht nicht als geschädigt betrachtete. Es hätte angesichts der Willkürkognition zudem nur einschreiten können, wenn diese ihr kantonales Recht offensichtlich falsch ausgelegt hätte. Der Entscheid kann für die Beurteilung der Rechtslage unter der StPO bereits deshalb nicht vorbehaltlos übernommen werden. Hinzu kommt, dass im betreffenden Fall ein Mitgesellschafter den übrigen einfachen Gesellschaftern Straftaten vorwarf. Die Frage, ob dieser auch gegen einen einzelnen Mitgesellschafter allein hätte vorgehen können, ohne sämtliche übrigen Gesellschafter ins Recht zu fassen, stellte sich daher nicht. 2.4.3. Aus BGE 119 Ia 342 kann für die Rechtslage unter der StPO somit nicht abgeleitet werden, dass bei Straftaten eines Gesamteigentümers zum Nachteil des Gesamthandvermögens Rechtsmittel gegen eine Nichtanhandnahme oder Einstellung des Strafverfahrens von den übrigen Gesamteigentümern gemeinsam erhoben werden müssen. Aus den gleichen Gründen kann auch der Lehre nicht gefolgt werden, die zwar anerkennt, dass der einzelne Gesamteigentümer bei Straftaten zum Nachteil einer Gemeinschaft zur gesamten Hand unmittelbar geschädigt ist, teilweise unter Berufung auf BGE 119 Ia 342 aber dennoch verlangt, dass die (übrigen) Gesamteigentümer gemeinsam gegen den oder die Täter vorgehen (vgl. MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, a.a.O., N. 34 zu Art. 115 StPO; siehe auch PERRIER, a.a.O., N. 18 in fine zu Art. 115 StPO). Entgegen BGE 119 Ia 342 ist der einzelne Erbe bzw. Gesellschafter nach der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre bei Straftaten zum Nachteil der Erbengemeinschaft bzw. der einfachen Gesellschaft unmittelbar geschädigt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO (oben E. 2.3.3). Die Rechtsprechung erkannte dem einzelnen Mitglied einer Gemeinschaft zur gesamten Hand bei Straftaten zum Nachteil der Gemeinschaft zudem bereits früher das Recht zu, Strafantrag zu stellen (oben E. 2.3.4). Der einzelne Erbe kann daher ohne Mitwirkung der übrigen Erben eine Bestrafung verlangen, weshalb er auch berechtigt sein muss, sich allein als Privatkläger im Strafpunkt (Strafkläger) am Strafverfahren zu beteiligen und Rechtsmittel zu ergreifen. 2.5. Der Beschwerdeführer hat sich nach dem Gesagten als Geschädigter und Strafantragsteller im Strafpunkt gültig als Privatkläger konstituiert. Als solcher war er entgegen der Auffassung der Vorinstanz nach Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO im kantonalen Verfahren zur Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme legitimiert. Die Vorinstanz spricht dem Beschwerdeführer die Beschwerdelegitimation zu Unrecht ab. 3. Die Beschwerde ist gutzuheissen. Dem nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, da er keine besonderen Verhältnisse oder Auslagen geltend macht, die eine solche rechtfertigen könnten (vgl. BGE 127 V 205 E. 4b S. 207; 125 II 518 E. 5b S. 519 f.). Der Beschwerdegegnerin 1 sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Die Beschwerdegegnerin 2 hat vor Bundesgericht auf Anträge und eine Stellungnahme verzichtet. Da sie sich am bundesgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt hat, wird sie nicht kostenpflichtig.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 31. Oktober 2014 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben und keine Entschädigungen zugesprochen. 3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 3. September 2015 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Denys Die Gerichtsschreiberin: Unseld
b76a96b1-0cd4-46f1-b068-979037836f94
fr
2,013
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Faits: A. A.a. X._ est domicilié à Genève depuis le 18 janvier 1991. A.b. Le 2 juillet 1991, par l'entremise de son conseil, X._ a informé l'Administration fiscale cantonale genevoise (ci-après: l'Administration cantonale) qu'il allait verser le produit de la vente de deux entreprises dont il était propriétaire à hauteur respectivement de 45 % et de 55 % dans deux trusts. La part de 45 % serait transférée dans un trust bermudien discrétionnaire et irrévocable (A._; ci-après: trust A._), la part de 55 % à un trust révocable (B._; ci-après: trust B._) dont le contribuable et sa famille seraient les bénéficiaires. En septembre 1991, X._ et l'Administration cantonale sont convenus de ce que le trust révocable détenant 55 % du produit de la vente serait transparent, de sorte que son revenu et ses avoirs seraient ajoutés au revenu et à la fortune du contribuable. La dotation du trust irrévocable détenant les 45 % du produit de vente ne serait pas imposée en Suisse et le revenu ainsi que la fortune de ce trust ne seraient pas imposables en Suisse tant qu'ils ne seraient pas distribués à X._ ou à des membres de sa famille. En cas de distribution, les montants seraient soumis à l'impôt sur la fortune et les revenus afférents imposés à Genève. A.c. Dans ses déclarations fiscales 1995 à 2001-B, X._ a mentionné un emprunt auprès du Trust A._ qui lui générait des intérêts oscillant, selon les années fiscales, entre 35'894 fr. et 268'204 fr. pour une dette allant de 0 fr. à 9'208'330 fr. L'intéressé a également indiqué, dans ses déclarations fiscales 1995 à 2000, une participation dans la société C._ SA (ci-après: C._), pour laquelle il a mentionné une valeur de 0 fr. pour les années 1995 et 1996, alors que, dans les quatre déclarations suivantes, il a laissé vide la colonne relative à la valeur de cette participation. Dans sa déclaration 2001-B, X._ n'a signalé ni sa participation dans C._ ni la vente d'une partie de celle-ci. Dans aucune des déclarations fiscales de 1995 à 2001-B, le contribuable n'a mentionné détenir des actions de la Banque D._ (ci-après: la banque D._). A.d. Entre décembre 1995 et mai 1999, X._ s'est vu notifier des bordereaux provisoires et rectificatifs en matière d'ICC pour les années 1995 à 1998, et des bordereaux en matière d'IFD pour les périodes fiscales 1995-1996 et 1997-1998. Certains ont fait l'objet de réclamations. Le 20 décembre 1999, l'Administration cantonale a informé X._ de l'ouverture de procédures de vérification et de soustraction d'impôts pour l'ICC 1998 et l'IFD 1997-1998. Le 19 septembre 2000, ces procédures ont été étendues à l'ICC et à l'IFD des années 1995 à 1998 et, le 16 juillet 2001, à l'ICC et à l'IFD 1999 et 2000. Ces procédures étaient liées en substance aux emprunts auprès du Trust A._, à la valeur des participations dans la société C._ et aux actions de la Banque D._ non déclarées. S'en sont suivies plusieurs années de procédures et de contrôles, ainsi que de multiples échanges de courriers. Diverses décisions de taxation ordinaire et extraordinaire, ainsi que des amendes pour soustraction et tentatives de soustraction fiscale, tant en matière d'ICC que d'IFD relatives aux périodes fiscales allant de 1995 à 2001-B ont été notifiées par l'Administration cantonale à X._, qui a formé des réclamations à leur encontre. B. Par décisions sur réclamation du 27 octobre 2008, l'Administration cantonale a maintenu les rappels d'impôts ICC 1995 et IFD 1995-1996 de même que 1997-1998, ainsi que les taxations ordinaires IFD 2001-B et ICC 2001-B. Elle a modifié en défaveur du contribuable les taxations ICC 1998 à 2000 et IFD 1999-2000, alors qu'elle a rectifié en faveur de l'intéressé les rappels d'impôts ICC 1996 et 1997. Les amendes pour soustraction d'impôts ICC 1995 à 1997 et IFD 1995 à 1998 et pour tentative de soustraction d'impôts ICC 1998 à 2000 et 2001-B, et IFD 1999-2000 et 2001-B ont été maintenues dans leur principe, mais leurs montants ont été modifiés sur la base des nouveaux bordereaux. A l'encontre de ces décisions sur réclamation, X._ a recouru, le 26 novembre 2008, auprès des anciennes commissions cantonales de recours en matière d'impôts et de l'impôt fédéral direct (devenues, dès le 1er janvier 2009, la Commission cantonale de recours en matière administrative et, depuis le 1er janvier 2011, le Tribunal administratif de première instance du canton de Genève; ci-après le TAPI). Le 30 août 2011, X._ a demandé à être personnellement entendu par le TAPI, qui n'a pas donné suite à cette requête. Par jugement du 27 octobre 2011 concernant tant l'IFD que les ICC 1995 à 2001-B, le TAPI a partiellement admis le recours. Il a retenu que la contestation du principe des amendes pour tentative de soustraction fiscale était nouvelle et donc irrecevable. Le rappel d'impôt IFD 1995 et l'amende y relative, ainsi que les amendes pour soustraction consommée concernant l'ICC 1995 à 1997 étaient pour leur part prescrits. Pour le surplus, il a renvoyé le dossier à l'Administration cantonale pour nouvelles décisions dans le sens des considérants. Le 6 décembre 2011, X._ a recouru à l'encontre de ce jugement auprès de la Chambre administrative de la Cour de Justice de la République et canton de Genève (ci-après: la Cour de Justice) en concluant à son annulation et au renvoi de la cause au TAPI pour qu'il procède à son audition. Le contribuable demandait en outre l'annulation des amendes pour tentative de soustraction, des rappels d'impôt et des amendes pour soustraction relatives aux années 1995 à 1997 en lien avec la valeur des actions C._, des amendes pour tentative de soustraction portant sur les années 1998 à 2001-B en relation avec les actions C._, ainsi que du rappel d'impôt et des amendes portant sur les actions de la banque D._. Les reprises des intérêts et de sa dette envers le trust A._ devaient aussi être annulées et, à titre subsidiaire, les distributions du trust A._ déclarées pour les périodes fiscales 1999, 2000 et 2001-B devaient être soustraites du revenu imposable. Par la suite, le contribuable a fait valoir la prescription pour diverses amendes et taxations. Par arrêt du 26 mars 2013, la Cour de Justice a admis partiellement le recours formé par X._ à l'encontre du jugement du 6 décembre 2011. Considérant que les rappels d'impôts IFD 1996 et 1997, ainsi que les amendes ICC 1998 à 2001-B pour tentative de soustraction d'impôts étaient prescrits, elle a annulé le jugement attaqué et les décisions sur réclamations, ainsi que les bordereaux en ce qu'ils concernaient ces rappels et amendes. Elle a également annulé les reprises relatives au prétendu prêt avec le trust A._ contenues dans les rappels d'impôts IFD 1998 et ICC 1995 à 1997, renvoyant le dossier à l'Administration fiscale cantonale pour nouvelles décisions concernant lesdits rappels. Le jugement attaqué a été confirmé pour le surplus. C. A l'encontre de l'arrêt du 26 mars 2013, tant X._ (causes 2C_416 et 2C_417/2013) que l'Administration cantonale (causes 2C_446 et 2C_447/2013) forment un recours en matière de droit public au Tribunal fédéral. C.a. X._ (ci-après: le recourant 1 ou le contribuable) conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué, des rappels d'impôts et des amendes ainsi qu'au renvoi de la cause au TAPI pour qu'il procède à son audition avant de rendre une nouvelle décision s'agissant des rappels d'impôts et des amendes; pour le surplus, il demande le renvoi de la cause à la Cour de Justice pour complément d'instruction et nouvelle décision dans le sens des considérants. La Cour de Justice n'a pas présenté d'observations, s'en rapportant à justice quant à la recevabilité du recours et persistant dans les considérants et le dispositif de son arrêt. Au terme de ses déterminations, l'Administration cantonale propose de rejeter le recours, à l'instar de l'Administration fédérale des contributions (ci-après: l'Administration fédérale). Le recourant 1 a exercé son droit à la réplique, tout en maintenant la position et les conclusions figurant dans son recours. C.b. Au terme de son mémoire de recours, l'Administration cantonale (ci-après: la recourante 2 ou l'Administration cantonale) conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué en tant qu'il juge que le rappel d'impôt IFD 1997 ainsi que l'amende pour tentative de soustraction ICC 2001-B sont prescrits et qu'il annule le rappel d'impôt IFD 1998 en lien avec le prêt accordé par le trust A._. La Cour de Justice n'a pas présenté d'observations, s'en rapportant à justice quant à la recevabilité du recours et persistant dans les considérants et le dispositif de son arrêt. X._ s'est déterminé et a conclu au rejet du recours dans la mesure de sa recevabilité s'agissant de la prescription du rappel d'impôt IFD 1997 et du principe du rappel d'impôt IFD 1997 et 1998 en lien avec les intérêts du prêt accordé par le trust A._. Il s'en rapporte à l'appréciation du Tribunal fédéral s'agissant de la prescription de l'amende pour tentative de soustraction d'impôt pour l'ICC 2001-B et propose le renvoi du dossier à la Cour de Justice pour complément et nouvelle décision sur ce point. L'Administration fédérale a pris position et conclut à l'admission du recours formé par l'Administration cantonale.
Considérant en droit: I. Recevabilité et objet du litige 1. La Cour de Justice a rendu un seul arrêt concernant l'ensemble des périodes fiscales litigieuses et qui porte à la fois sur les rappels d'impôts (IFD 1996 et 1997-1998; ICC 1995 à 1997), les taxations ordinaires (IFD 1999-2000 et 2001-B; ICC 1998 à 2001-B), ainsi que les amendes pour soustraction (IFD 1996 à 1998) et tentative de soustraction fiscale (IFD 1999 à 2001; ICC 1998 à 2001). L'ensemble porte sur des périodes couvertes et non couvertes par le droit harmonisé. En pareilles circonstances, on ne peut reprocher aux parties recourantes d'avoir elles-mêmes formé respectivement un seul recours au Tribunal fédéral (cf. ATF 135 II 260 consid. 1.3.2 p. 263 s.). Par souci d'unification par rapport à d'autres cantons dans lesquels deux décisions sont rendues lorsque l'impôt fédéral direct et l'impôt cantonal et communal sont en jeu, la Cour de céans a toutefois ouvert un dossier pour chacun des impôts concernés (IFD ou ICC) et pour chacune des parties recourantes, à savoir au total quatre dossiers (causes 2C_416/2013-ICC et 2C_417/2013-IFD pour le recourant 1, ainsi que 2C_446/2013-ICC et 2C_447/2013-IFD pour la recourante 2). Comme le complexe de fait est identique, que les questions juridiques soulevées soit se recoupent, totalement ou partiellement, soit dépendent l'une de l'autre, les causes seront jointes et il sera statué dans un seul arrêt (cf. art. 71 LTF et 24 PCF). 2. 2.1. Le litige concerne le droit fiscal. Il relève donc du droit public, sans tomber sous le coup des exceptions prévues à l'art. 83 LTF, de sorte que la voie du recours en matière de droit public est ouverte sur la base de l'art. 82 let. a LTF pour l'ensemble des aspects traités dans l'arrêt attaqué. L'art. 146 de la loi fédérale du 14 décembre 1990 sur l'impôt fédéral direct (LIFD; RS 642.11) confirme du reste l'existence de cette voie de droit pour l'impôt fédéral direct, alors que l'art. 73 al. 1 LHID (RS 642.14) fait de même s'agissant de l'imposition du revenu en matière d'ICC pour les périodes couvertes par cette loi. 2.2. Les deux recours ont été déposés en temps utile (art. 100 al. 1 LTF), y compris celui de la recourante 2 interjeté le 8 mai 2013. Lorsque le recourant 1 met en doute le respect du délai de recours par l'Administration cantonale, il perd de vue que la suspension des délais pendant les féries de Pâques, prévue à l'art. 46 al. 1 let. a LTF, est applicable à la procédure devant le Tribunal fédéral (cf., par exemple, arrêt 2C_834/2012 du 19 avril 2013 consid. 1), même si, devant les instances inférieures, une telle suspension n'existe pas en matière d'IFD (cf. arrêt 2C_628/2010 du 28 juin 2011 consid. 3.1, non publié in ATF 137 II 353 consid. 3.1 mais in RDAF 2011 II 405) ou, selon les cantons, pour l'ICC (arrêt 2C_503/2010 du 11 novembre 2010 consid. 2.3, StE 2011 B 92.8,). Pour le surplus, les recours sont dirigés contre une décision rendue par une autorité cantonale supérieure de dernière instance (cf. art. 86 al. 1 let. d et al. 2 LTF). Les deux recourants ont qualité pour agir: le contribuable destinataire de la décision attaquée a un intérêt digne de protection à son annulation ou sa modification (cf. art. 89 al. 1 LTF); l'Administration cantonale peut pour sa part recourir en application de l'art. 89 al. 2 let. d LTF en relation avec les art. 146 in fine LIFD et 73 al. 2 LHID, étant rappelé que pour l'ICC, elle ne peut pas recourir pour les périodes fiscales antérieures au 1er janvier 2001 (arrêt 2C_620/2012 du 14 février 2013 consid. 1.2, RDAF 2013 II 197). 2.3. Les conclusions du recourant 1 en tant qu'elles visent l'annulation de l'ensemble des amendes qui lui ont été infligées sont partiellement irrecevables, car elles dépassent l'objet du litige dans la mesure où elles portent sur l'annulation des amendes pour tentative de soustraction. En effet, le jugement de première instance a déclaré irrecevables les conclusions du recourant relatives à la contestation du principe même de l'amende pour tentative de soustraction fiscale, le contribuable n'ayant, dans le délai pour recourir, contesté que la quotité de l'amende. L'arrêt attaqué a confirmé cette position. Devant le Tribunal fédéral, le recourant 1 pourrait donc seulement se plaindre du refus d'entrer en matière, mais non du fond (cf. ATF 138 III 46 consid. 1.2 p. 48), ce qu'il ne fait du reste pas. Quant à la recourante 2, elle s'est limitée à des conclusions cassatoires, alors qu'elle aurait aussi pu conclure sur le fond, dès lors que l'art. 107 al. 2 LTF l'emporte sur l'art. 73 al. 3 LHID (ATF 134 II 186 consid. 1.5.3 p. 192, confirmé in ATF 135 II 260 consid. 1.3.2 p. 263). De telles conclusions restent toutefois admissibles dans le cadre d'un recours en matière de droit public (cf. ATF 137 II 313 consid. 1.3 p. 317; 133 II 409 consid. 1.4.1 p. 414 s.), car l'on comprend ce que requiert l'Administration cantonale en concluant à l'annulation de l'arrêt attaqué sur les points contestés, ce qui correspond du reste au résultat auquel était parvenu la juridiction cantonale de première instance. En revanche, l'argumentation présentée par la recourante 2 qui, comme elle l'admet elle-même, porte sur des périodes fiscales qui ne font pas directement l'objet du recours est irrecevable, le Tribunal fédéral n'examinant pas le litige dans son ensemble, mais uniquement la conformité de l'arrêt attaqué avec le droit fédéral. 2.4. D'après l'art. 90 LTF, le recours est recevable contre les décisions qui mettent fin à la procédure (décisions finales). Aux termes de l'art. 91 LTF, il est également recevable contre les décisions partielles qui statuent sur un objet dont le sort est indépendant de celui qui reste en cause (let. a) ou qui mettent fin à la procédure à l'égard d'une partie des consorts (let. b). Un arrêt de renvoi constitue en principe une décision incidente contre laquelle le recours au Tribunal fédéral n'est ouvert qu'aux conditions des art. 92 et 93 LTF (cf. ATF 133 III 629 consid. 2.3.1 p. 632). Un tel arrêt est néanmoins considéré comme final si l'autorité à laquelle l'affaire est renvoyée n'a aucune marge de manoeuvre, notamment lorsqu'il ne lui reste plus qu'à calculer le montant de l'impôt, en appliquant les règles définies dans la décision de renvoi (cf. ATF 138 I 143 consid. 1.2 p. 148). En l'espèce, s'agissant de périodes et d'impôts différents posant des questions juridiques distinctes, on est en présence de décisions partielles. L'arrêt attaqué a annulé les rappels d'impôts IFD 1996-1997, les amendes ICC 1998 à 2001-B pour tentative de soustraction d'impôts en raison de la prescription. Sur ces points, il a rendu une décision finale. Il a également annulé les reprises relatives au trust A._ contenues dans les rappels d'impôts IFD 1998 et ICC 1995 à 1997, renvoyant le dossier à l'Administration fiscale cantonale pour nouvelles décisions conformes aux considérants. Ce renvoi porte sur le calcul du montant du rappel d'impôts, sans la reprise liée au trust A._, et ne laisse donc aucune marge de manoeuvre à l'Administration cantonale. Sur ce point, il s'agit aussi d'une décision finale. Enfin, la cour cantonale a pour le surplus confirmé le jugement du TAPI du 27 octobre 2011. Ce jugement a admis partiellement le recours du contribuable considérant que le droit de procéder au rappel d'impôt pour l'IFD 1995 et l'amende y relatives, ainsi que les amendes ICC 1995 à 1997 étaient prescrits, ce qui n'est plus litigieux. Le TAPI a également déclaré irrecevable la contestation par le contribuable du principe de l'amende pour tentative de soustraction fiscale. Le recourant n'ayant pas remis en cause cet aspect devant la Cour de Justice, ce point est aussi définitivement tranché. Pour le surplus, le jugement de première instance déboute le recourant et renvoie la cause à l'Administration cantonale, lui ordonnant de rectifier les taxations en cause sur les points précis qu'elle avait elle-même admis dans ses écritures (art. 105 al. 2 LTF). Ces renvois ne laissent aucune marge de manoeuvre au fisc. Par conséquent, en confirmant le jugement de première instance, l'arrêt attaqué revêt également les caractéristiques d'une décision finale. Il convient donc d'entrer en matière en vertu des art. 90 et 91 LTF, l'art. 93 LTF n'entrant pas en considération. 3. Saisi d'un recours en matière de droit public, le Tribunal fédéral examine librement la violation du droit fédéral (art. 95 let. a et 106 al. 1 LTF), sous réserve des exigences de motivation figurant à l'art. 106 al. 2 LTF. Il s'en tient cependant, d'ordinaire, aux questions juridiques soulevées dans la motivation du recours (art. 42 al. 2 LTF; ATF 135 III 397 consid. 1.4 p. 400; 133 II 249 consid. 1.4.1 p. 254). Il vérifie les questions de droit en se fondant sur les faits constatés par l'autorité précédente (art. 105 al. 1 LTF), à moins que ces faits n'aient été établis de façon manifestement inexacte - notion qui correspond à celle d'arbitraire (ATF 138 I 49 consid. 7.1 p. 51) - ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (art. 105 al. 2 LTF). Si le recourant entend s'écarter des constatations de fait de l'autorité précédente (cf. art. 97 al. 1 LTF), il doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions d'une exception prévue par l'art. 105 al. 2 LTF seraient réalisées. Sinon, il n'est pas possible de tenir compte d'un état de fait divergeant de celui qui est contenu dans l'acte attaqué (ATF 136 III 455 consid. 2 p. 457; 135 II 313 consid. 5.2.2 p. 322). En particulier, le Tribunal fédéral n'entre pas en matière sur des critiques de type appellatoire portant sur l'état de fait ou sur l'appréciation des preuves (ATF 136 II 101 consid. 3 p. 104; 135 II 313 consid. 5.2.2 p. 322). 4. 4.1. Compte tenu des conclusions des parties et des aspects déjà tranchés définitivement devant les instances inférieures, le litige devant la Cour de céans porte sur les rappels d'impôts IFD 1997-1998 et ICC 1995-1997, sur l'amende pour tentative de soustraction ICC-2001-B, sur le montant des amendes pour tentatives de soustraction IFD 1999-2000 et 2001-B et ICC 2001-B et sur les amendes pour soustraction consommée IFD 1996-1998. 4.2. Les parties contestent ces aspects sur des points différents. L'Administration cantonale s'en prend à l'arrêt attaqué dans la mesure où il déclare prescrits le rappel d'impôt IFD 1997 ainsi que l'amende pour tentative de soustraction fiscale ICC 2001-B et où il refuse la reprise de la dette par rapport au trust A._ en lien avec le rappel d'impôt IFD 1998, voire le rappel d'impôt 1997 si celui-ci n'est pas prescrit. Pour sa part, le contribuable conclut, de manière générale, à l'annulation de l'arrêt attaqué s'agissant des rappels d'impôts et des amendes et au renvoi à la Cour de Justice. Les rappels d'impôts encore à la charge du recourant concernent l'IFD 1998 (voire 1997 si c'est à tort que la Cour de Justice a admis la prescription) et l'ICC 1995 à 1997. Quant aux amendes, il s'agit des amendes pour soustraction consommée en lien avec l'IFD 1996 à 1998 et pour tentative de soustraction en matière d'IFD 1999-2000 et 2001-B, ainsi qu'en matière d'ICC 2001-B (à condition que la prescription ne soit pas atteinte). Il convient de rappeler que le principe même des amendes pour tentative de soustraction ne peut être revu dans le cadre de la présente procédure (cf. supra consid. 2.4). 4.3. Après la détermination du droit applicable et la vérification de la prescription (consid. 5 et 6 infra), il se justifie de commencer par examiner le recours de l'Administration cantonale qui, en tant qu'il conteste la prescription constatée dans l'arrêt attaqué, a une incidence sur l'étendue des périodes fiscales déterminantes. II. Droit applicable et prescription 5. 5.1. En l'absence d'une réglementation expresse contraire, le droit applicable à la taxation est celui en vigueur pendant la période fiscale en cause (cf. arrêts 2C_620/2012 du 14 février 2013 consid. 3.1, RDAF 2013 II 197; 2A.209/2005 du 3 novembre 2005 consid. 3.2, RtiD 2006 I 471). Le rappel d'impôt relevant du droit matériel, le droit applicable obéit aux mêmes règles (cf. arrêts 2C_620/2012 du 14 février 2013 consid. 3.1, RDAF 2013 II 197; 2P.411/1998 du 31 janvier 2000 consid. 10a et 10d/aa). Au niveau du droit fédéral, la LIFD (RS 642.11) est entrée en vigueur le 1er janvier 1995. Elle est par conséquent applicable à la présente procédure en tant qu'elle porte sur l'IFD 1997-1998. Aux termes de l'art. 72 al. 1 LHID, les cantons devaient adapter leur législation à la loi sur l'harmonisation fiscale dans les huit ans qui suivaient l'entrée en vigueur de cette loi, soit jusqu'au 1er janvier 2001, étant donné que la LHID est entrée en vigueur le 1er janvier 1993. Le canton de Genève a adapté sa législation avec effet au 1er janvier 2001. L'amende pour tentative de soustraction d'impôts 2001-B tombe donc sous le coup des dispositions harmonisées, soit - en 2001 - de l'ancienne loi genevoise sur l'imposition des personnes physiques du 22 septembre 2000 (aLIPP/GE). Dans la mesure où les griefs du recourant 1 concernent les rappels d'impôts ICC 1995-1997, l'ancien droit, antérieur à la LHID, est applicable, à savoir l'ancienne loi générale genevoise sur les contributions publiques du 9 novembre 1887, dans sa teneur préalable à la modification du 1er janvier 2001 (aLCP/GE; RS/GE D 3 05; cf. art. 85 de la loi genevoise de procédure fiscale du 4 octobre 2001 (LPFisc/GE; RS/GE D 3 17). 5.2. La prescription ou la péremption sont des questions de droit matériel que le Tribunal fédéral examine d'office lorsqu'elles jouent en faveur du contribuable (cf. ATF 138 II 169 consid. 3.2 p. 171). 5.2.1. Pour ce qui est de la procédure pour soustraction d'impôt consommée IFD 1996, la Cour de Justice a retenu qu'elle n'était pas prescrite (arrêt attaqué, p. 23). Eu égard à la contestation de l'ensemble des amendes par le recourant 1, cette procédure fait aussi l'objet du présent litige. Il convient partant de vérifier ce point. Le 1er octobre 2002, les règles sur la prescription figurant à l'art. 333 du Code pénal ont été modifiées, ce qui a une incidence directe sur les délais de prescription de la LIFD. Lorsque, comme en l'espèce, les actes délictueux ont été commis avant le 1er octobre 2002, les nouvelles règles ne s'appliquent que si elles sont plus favorables en vertu du principe de la lex mitior. Selon le nouvel art. 333 al. 6 let. d CP, jusqu'à l'adaptation des lois fédérales topiques, la prescription de l'action pénale ne court plus si avant son échéance un jugement de première instance a été rendu. Cette nouvelle disposition supprime le risque que l'action pénale se prescrive durant la procédure devant le Tribunal fédéral, ce qui justifiait l'examen d'office de cette question et se révèle donc moins favorable que l'ancien droit. Quant aux délais eux-mêmes, l'art. 184 LIFD s'avère en principe plus favorable et demeure applicable. Ainsi, jusqu'à la modification du 1er octobre 2002, le délai de prescription absolue était de six ans en matière de tentative de soustraction fiscale (cf. art. 184 al. 1 let. a LIFD combiné avec l'art. 184 al. 2 in fine LIFD). Désormais, il est de huit ans sur la base de l'art. 333 al. 6 let. a CP, disposition qui s'applique jusqu'à ce que la LIFD soit adaptée. Quant à la soustraction consommée, le délai de prescription absolu est de 15 ans sous l'ancien droit (art. 184 al. 2 LIFD), alors qu'il est de 20 ans en application de l'art. 333 al. 6 let. a CP. La lex mitior commande donc d'appliquer l'art. 184 LIFD, sans tenir compte du nouvel art. 333 CP (arrêt 2C_724/2010 du 27 juillet 2011 consid. 6.3.1, RDAF 2012 II 37, et les références citées). En l'espèce, l'amende pour soustraction consommée IFD 1996 a trait à la période fiscale 1995-1996. La commission de l'infraction considérée est donc antérieure au 1er octobre 2002, si bien qu'en matière de prescription, le délai figurant à l'art. 184 al. 1 let. b cum al. 2 in fine LIFD trouve à s'appliquer au titre de lex mitior. Or, l'arrêt attaqué a omis de tenir compte du délai de prescription absolu, car la procédure était prescrite depuis le 31 décembre 2011, ce que reconnaît du reste la recourante 2. Il incombe ainsi au Tribunal fédéral de constater d'office ladite prescription et de modifier l'arrêt querellé sur ce point. 5.2.2. Pour le surplus, le présent arrêt a été rendu la même année que l'arrêt attaqué. La Cour de Justice a examiné dans le détail la prescription s'agissant des rappels d'impôts, des taxations, des amendes pour soustraction et tentative de soustraction fiscale, sous l'angle de l'IFD et de l'ICC. Sous réserve de ce qui précède (consid. 5.2.1 supra), il n'y a pas lieu d'y revenir, car il n'apparaît pas que d'autres prétentions que celles admises dans l'arrêt attaqué et au précédent considérant aient été prescrites, de sorte que le contribuable serait défavorisé par l'arrêt attaqué. Au demeurant, la Cour de céans n'a pas à vérifier d'office si le recourant 1 a été favorisé parce que l'arrêt attaqué aurait retenu à tort que la prescription était acquise. Cette question sera en revanche examinée en fonction des griefs soulevés par la recourante 2. III. Recours de la recourante 2 Prescription du rappel d'impôt IFD 1997 6. La recourante 2 reproche à la Cour de Justice d'avoir confondu l'année fiscale et la période fiscale, en violation des art. 40 al. 1 LIFD et 152 al. 3 LIFD, en considérant que le rappel d'impôt IFD 1997 était atteint par la prescription. 6.1. Selon l'art. 152 al. 3 LIFD, le droit de procéder au rappel de l'impôt s'éteint 15 ans après la fin de la période fiscale à laquelle il se rapporte. La version allemande utilise le terme de Steuerperiode, et le texte italien de periodo fiscale. Selon l'art. 40 al. 2 LIFD, applicable avant le 1er janvier 2001 (Xavier Oberson, Droit fiscal suisse, 4e éd., 2012, p. 191 n. 350 et p. 194 n. 361; cf. art. 41 LIFD), la période fiscale comprend deux années civiles consécutives. Elle commence le premier jour des années impaires. L'année fiscale est définie à l'art. 40 al. 3 LIFD et correspond à l'année civile. Il découle ainsi clairement du texte des dispositions applicables que la prescription, pour les périodes fiscales bisannuelles, commence après la fin de la deuxième année concernée, qui sera une année paire. Les commentaires soulignent, sans développement particulier, que le point de départ du délai de l'art. 152 al. 3 LIFD se situe bien à la fin de la période fiscale à laquelle il se rapporte (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2e éd., 2009, art. 152 n. 5; Hugo Casanova, Commentaire romand LIFD, 2008, art. 152 n. 2). Le Tribunal fédéral ne s'est jamais expressément prononcé sur ce point. Il est vrai que, dans des arrêts non publiés aux ATF, il a adopté parfois une position lexicalement peu conséquente, mentionnant la période fiscale, mais tenant compte en réalité de l'année fiscale pour calculer le délai de prescription (cf. arrêts 2C_88/2011 du 3 octobre 2011 consid. 2.3.1, RDAF 2012 II 131; 2C_724/2010 du 27 juillet 2011 consid. 6.1, RF 66/2011 p. 871). En revanche, dans un arrêt récent publié, il a indiqué que, pour l'IFD relatif à la période 1995/96, le délai de 15 ans prévu à l'art. 152 al. 3 LIFD arrivait à expiration le 31 décembre 2011 (ATF 138 II 169 consid. 4 p. 172). Dans un arrêt plus ancien, cette conception avait aussi été suivie (arrêt 2P.92/2005 du 30 janvier 2006 consid. 4.2, RF 61/2006 p. 523). C'est ce mode de calcul, qui correspond à la lettre de la loi, qui doit être appliqué. 6.2. En l'occurrence, la période fiscale litigieuse en matière d'IFD était bisannuelle et allait de 1997 à 1998. Le délai de l'art. 152 al. 3 LIFD arrive ainsi à expiration au 31 décembre 2013, de sorte que c'est à tort que l'arrêt attaqué a considéré que le rappel d'impôt IFD 1997 était prescrit. La recourante 2 obtient donc gain de cause sur ce point et l'arrêt attaqué doit être annulé en ce qu'il constate que le rappel d'impôt IFD 1997 est prescrit et annule le jugement du TAPI sur ce point. Le rappel d'impôt IFD 1997 devra ainsi être calculé sur les mêmes bases que le rappel d'impôt IFD 1998. Prescription de l'amende pour tentative de soustraction ICC 2001-B 7. La recourante 2 reproche à la Cour de Justice d'avoir retenu que l'amende pour tentative de soustraction ICC 2001-B était prescrite, omettant d'appliquer la LHID. Le recourant 1 relève lui-même que ce grief n'est pas dénué de pertinence. 7.1. La Cour de Justice a considéré que l'amende pour tentative de soustraction d'impôt portant sur l'ICC 2001-B était prescrite en application de l'ancien droit cantonal (art. 341 aLCP/GE) et des règles générales du droit pénal. Ce faisant, elle a toutefois perdu de vue que la LHID, en particulier son art. 58, était en principe applicable à cette période fiscale (cf. art. 72 LHID; supra consid. 5.1). Par analogie avec le raisonnement suivi en lien avec l'art. 184 LIFD (cf. consid. 5.2.1 supra), l'art. 58 LHID demeure en effet applicable en tant que lex mitior s'agissant des délais de prescription pour des infractions fiscales commises avant l'entrée en vigueur, le 1er octobre 2002, de l'art. 333 CP. Au demeurant, ce ne sont pas les délais qui sont litigieux ici, mais le dies a quo du délai de prescription. 7.2. En vertu de l'art. 58 al. 1 et al. 3 LHID, la prescription relative à la poursuite de la tentative de soustraction est soumise à un délai de prescription absolu de six ans. Celui-ci ne commence à courir qu'à compter de la clôture définitive de la procédure au cours de laquelle la tentative de soustraction a été commise (cf. arrêt 2C_724/2010 du 27 juillet 2011 consid. 6.4, RF 66/2011 p. 871 et les références citées). En l'occurrence, la procédure relative à l'amende pour tentative de soustraction d'impôt ICC 2001-B fait précisément l'objet du présent recours devant le Tribunal fédéral. Par conséquent, le délai de prescription précité n'a pas encore commencé à courir, de sorte qu'il ne saurait y avoir prescription in casu. Le recours de l'Administration cantonale doit donc également être admis à cet égard. L'arrêt attaqué sera ainsi annulé en tant qu'il constate la prescription de l'amende ICC 2001-B pour tentative de soustraction d'impôts et annule le jugement du TAPI sur ce point. Cette amende devra être traitée, sur le fond, de la même façon que les autres amendes pour tentative de soustraction fiscale IFD, dès lors que la solution mise en place par la LHID est calquée sur la LIFD (cf. arrêt 2C_908/2011 du 23 avril 2012 consid. 4, RDAF 2012 II 324). A ce titre, il sera également rappelé que le principe même d'une telle amende ne peut plus être contesté par le recourant 1 (cf. consid. 2.4 supra). Rappel d'impôt en relation avec le prêt passé avec le trust A._ a. IFD 1997 et 1998 (cf. consid. 6) 8. Selon l'arrêt attaqué, le rappel d'impôt en lien avec un prétendu contrat de prêt passé entre le recourant 1 et le trust A._ n'était pas fondé, au motif que l'Administration cantonale ne disposait, au moment de la taxation, ni du contrat de prêt ni d'un autre document attestant l'existence de ce dernier ou encore d'un prétendu accord entre le recourant 1 et l'Administration cantonale justifiant ces déductions. La recourante 2 conteste ce raisonnement. Elle soutient que les déclarations fiscales établies par le contribuable mentionnaient des intérêts de respectivement 35'894 fr. et 37'694 fr., ainsi qu'une dette de 4'200'000 fr. en relation avec ce prêt. En signant ces déclarations, les contribuables avaient certifié que celles-ci étaient sincères, complètes et conformes à la vérité, de sorte que l'administration pouvait sur cette base déduire les intérêts de la dette et la dette déclarés, sans solliciter de justificatifs sur ces postes. 8.1. D'après l'art. 151 LIFD, lorsque des moyens de preuve ou des faits jusque-là inconnus de l'autorité fiscale lui permettent d'établir qu'une taxation n'a pas été effectuée, alors qu'elle aurait dû l'être, ou qu'une taxation entrée en force est incomplète ou qu'une taxation non effectuée ou incomplète est due à un crime ou à un délit commis contre l'autorité fiscale, cette dernière procède au rappel de l'impôt qui n'a pas été perçu, y compris les intérêts. Le rappel d'impôt n'est soumis qu'à des conditions objectives: il implique qu'une taxation n'a, à tort, pas été établie ou est restée incomplète, de sorte que la collectivité publique a subi une perte fiscale; il suppose aussi l'existence d'un motif de rappel. Ce motif peut résider dans la découverte de faits ou de moyens de preuve inconnus jusque-là, soit des faits ou moyens de preuve qui ne ressortaient pas du dossier dont disposait l'autorité fiscale au moment de la taxation. Il n'est pas nécessaire que le contribuable ait commis une faute (arrêts 2C_104/2008 du 20 juin 2008 consid. 3.3; 2A.300/2006 du 27 février 2007 consid. 3.3 et les références citées, RF 62/2007 p. 369). Le contribuable doit, pour sa part, remplir la formule de déclaration d'impôt de manière conforme à la vérité et complète (cf. art. 124 al. 2 LIFD) et y joindre les annexes, notamment l'état complet des dettes (cf. art. 125 al. 1 let. c LIFD; cf. arrêt 2C_835/2012 du 1er avril 2013 consid. 7.2.3). Lorsque le contribuable se heurte à une incertitude quant à un élément de fait, il ne doit pas la dissimuler, mais bien la signaler dans sa déclaration. Dans tous les cas, il doit décrire les faits de manière complète et objective (arrêt 2C_879/2008 du 20 avril 2009 consid. 5.1 et les arrêts cités, RDAF 2009 II 386). En d'autres termes, l'autorité fiscale ne doit se livrer à des investigations complémentaires au moment de procéder à la taxation que si la déclaration contient indiscutablement des inexactitudes flagrantes. Lorsque l'autorité fiscale aurait dû se rendre compte de l'état de fait incomplet ou inexact, le rapport de causalité adéquate entre la déclaration lacunaire et la taxation insuffisante est interrompu et les conditions pour procéder ultérieurement à un rappel d'impôt font défaut (arrêt 2C_104/2008 du 20 juin 2008 consid. 3.3 et les références citées). En revanche, des inexactitudes qui ne sont que décelables, sans être flagrantes, ne permettent pas de considérer que certains faits ou moyens de preuve étaient déjà connus des autorités au moment de la taxation (arrêt 2C_632/2012 du 28 juin 2013 consid. 3.4). La Cour de céans a récemment souligné que l'autorité fiscale peut en principe considérer que la déclaration d'impôt est conforme à la vérité et complète. Elle n'a pas l'obligation, en l'absence d'indice particulier, de se mettre à la recherche de renseignements supplémentaires. En vertu de la maxime inquisitoriale, l'autorité fiscale doit en revanche procéder à des investigations supplémentaires lorsqu'il ressort de manière évidente du dossier que les éléments de faits déterminants sont incomplets ou peu clairs. Dans tous les cas, la rupture du lien de causalité doit être soumise à des exigences sévères, à savoir une négligence grave imputable à l'autorité fiscale (arrêts 2C_1225/2012 du 7 juin 2013 consid. 3.1; 2C_123/2012 du 8 août 2012 consid. 5.3.4). 8.2. En l'espèce, il n'est pas contesté que le contribuable a fourni une déclaration comprenant des indications apparemment complètes concernant le prêt litigieux et les intérêts. Certes, il n'a pas joint, comme il le devait, les annexes propres à établir en particulier l'état de ses dettes. Dans un tel cas, on ne peut considérer que l'autorité fiscale aurait dû inférer de l'absence d'annexe l'existence d'une inexactitude flagrante empêchant un rappel d'impôts ultérieur en application de l'art. 151 LIFD. Le raisonnement de la Cour de Justice ne peut donc être suivi. Il ressort par ailleurs des faits constatés que les autres conditions au rappel d'impôt sont réunies. Ainsi, c'est à l'occasion des taxations ordinaires, en particulier IFD 1999 à 2001, que l'autorité fiscale s'est aperçue de ce que le contribuable n'était pas en mesure de démontrer l'existence du prêt invoqué en lien avec le trust A._ ni le prétendu accord convenu avec elle-même. Cette incapacité de produire des pièces était propre à démontrer que la taxation IFD 1997-1998 avait à tort pris en compte ce prêt et les intérêts déclarés par le contribuable, faisant ainsi subir à la collectivité publique une perte. La position du recourant 1, qui conteste la reprise sur le fond, ne peut être suivie. Sur ce point, il convient de se référer aux faits retenus dans l'arrêt attaqué à propos du refus de tenir compte des intérêts et du prêt en lien avec les taxations IFD 1999 à 2001. Il a été constaté à cet égard que le dossier ne contenait aucune pièce attestant de l'existence d'un prêt passé entre le contribuable et le trust A._ ni aucun accord avec l'autorité fiscale dont se prévalait le recourant, alors qu'il appartenait à ce dernier d'apporter la preuve de ces éléments, propres à diminuer sa dette fiscale (cf. ATF 121 II 257 consid. 4c/aa p. 266; arrêt 2C_549/2012 du 16 mai 2013 consid. 3.1). Le recourant 1 ne soutient pas que ces faits seraient manifestement inexacts ou arbitraires (cf. art. 97 al. 1 LTF), de sorte qu'il n'y a pas lieu de s'en écarter (cf. art. 105 LTF). Il se contente d'évoquer, de manière appellatoire, un entretien avec la direction de l'administration recourante du 19 avril 1996, ce qui ne saurait suffire. Le contribuable fait également valoir une contradiction entre le refus d'admettre la déductibilité des intérêts liés au prêt avec le trust A._ et l'imposition, à titre de revenu, de toute distribution subséquente du trust au contribuable. Ce faisant, il perd de vue que le principe même de la déduction de ces intérêts n'a pas été exclu par l'autorité fiscale, à condition que ceux-ci correspondent effectivement à un prêt. Or, comme aucun élément ne permet d'établir l'existence de ce prêt, il n'y a pas lieu d'admettre une déduction d'intérêts s'y rapportant, sans que cette conclusion s'avère contraire à l'imposition à titre de revenu des montants distribués au contribuable par le trust A._. Il en découle que le recours de l'Administration cantonale doit aussi être admis sur ce point, et l'arrêt attaqué annulé en tant qu'il annule les reprises relatives au prétendu prêt avec le trust A._ contenues dans les rappels d'impôts IFD 1998. Cette reprise vaut aussi pour 1997, puisque la période fiscale 1997-1998 dans son ensemble n'est pas atteinte par la prescription (cf. consid. 6 supra). Dès lors que les conditions d'une reprise et le bien-fondé de celle-ci doivent être admis sur la base des faits de l'arrêt attaqué, il n'y a pas lieu de renvoyer la cause à la cour cantonale pour complément d'instruction comme le souhaiterait le recourant 1, mais, à l'instar du TAPI dans le jugement de première instance, renvoyer la cause à l'Administration cantonale pour qu'elle fixe le rappel d'impôt IFD 1997-1998 en tenant compte de la reprise litigieuse. b. ICC 1995 à 1997 8.3. Pour ce qui est des impôts cantonaux et communaux, l'Administration cantonale n'a pas qualité pour recourir s'agissant des périodes antérieures à 2001 (cf. arrêt 2C_620/2012 du 14 février 2013 consid. 1.2.1 s.). A juste titre, elle ne remet ainsi pas en cause l'arrêt attaqué qui refuse les reprises relatives au prêt avec le trust A._ s'agissant de l'ICC 1995 à 1997. Ces années n'étant pas couvertes par le droit harmonisé, seul le droit cantonal s'appliquait. La Cour de céans ne revoyant pas ce droit d'office (art. 106 al. 2 LTF; ATF 134 II 207 consid. 2 p. 210; arrêts 2C_620/2012 précité, consid. 2; 2C_734/2008 du 29 janvier 2009 consid. 1.2), il ne lui appartient pas de vérifier si c'est à juste titre que les reprises en cause ont été refusées et les décisions antérieures annulées en lien avec l'ICC 1995 à 1997. IV. Recours du recourant 1 Violation du droit à être entendu personnellement par le juge (amendes IFD et tentative de soustraction fiscale ICC 2001-B considérée à tort comme non prescrite [cf. consid. 7] ) 9. 9.1. Le recourant 1 reproche à la Cour de Justice d'avoir confirmé la position du TAPI selon laquelle il ne devait pas être entendu oralement, malgré la requête formulée le 30 août 2011, au motif qu'il avait pu s'exprimer par écrit à plusieurs reprises. Il y voit une violation de son droit d'être entendu en lien avec l'art. 6 par. 1 CEDH. 9.2. L'art. 6 CEDH ne trouve pas application dans les procédures fiscales qui n'ont pas un caractère pénal (ATF 132 I 140 consid. 2.1 p. 146 et les références citées; cf. Obrist/Gonin, Grundrechte und Steuerrecht: unerwartete Interaktionen?, in Jusletter 12 mars 2012, n. 33). Les procédures en rappel d'impôt n'y sont donc pas soumises (cf. arrêts 2C_76/2009 du 23 juillet 2003 consid. 2.2, RF 64/2009 p. 834; 2P.4/2007 du 23 août 2007 consid. 4.2; 2A.480/2005 du 23 février 2006 consid. 2.2, RF 61/2006 p. 372). En revanche, la procédure réprimant la soustraction fiscale est une procédure à caractère pénal à laquelle l'art. 6 CEDH est applicable (ATF 138 IV 47 consid. 2.6.1 p. 51; 121 II 257 consid. 4 p. 264; arrêt 2C_232/2011 du 25 octobre 2011 consid. 2.2; cf. arrêt de la Cour européenne des droits de l'Homme [ci-après: la Cour EDH] A.P., M.P. et T.P. c. Suisse, du 29 août 1997, req. 19958/92, Rec. 1997-V, par. 40 ss). En ce domaine, le contribuable peut en principe se prévaloir d'un droit à être entendu oralement, ce que le Tribunal fédéral a déjà reconnu dans un arrêt datant de 1993 (ATF 119 Ib 311 consid. 7a p. 331 s.). Cette position correspond du reste à la jurisprudence de la Cour EDH, qui réserve toutefois des circonstances particulières, notamment si la somme en jeu est minime (cf. arrêt Jussila c. Finlande [GC], du 23 novembre 2006, req. 73053/01, Rec. 2006-XIV, par. 40 ss). Cette audition n'est cependant pas automatique, il faut que le contribuable en fasse la demande (arrêt 2C_232/2011 du 25 octobre 2011 consid. 2.2 et les références citées). En outre, le fait que le contribuable ait pu s'expliquer par oral devant les autorités administratives n'est pas déterminant, car le droit à être entendu oralement et en personne découlant de l'art. 6 par. 1 CEDH ne se rapporte qu'à la procédure judiciaire (arrêt 2A.617/1998 du 30 mars 2000 consid. 3a; cf. aussi Jens Meyer-Ladewig, EMRK-Handkommentar, 3e éd., 2011, p. 163 s. n. 169 ss). 9.3. En l'espèce, le recourant 1 a expressément demandé à être entendu devant le TAPI, qui n'y a pas donné suite, ce qu'a confirmé la Cour de Justice. L'amende initiale totale qui était alors en jeu en matière d'IFD dépassait 240'000 fr. (art. 105 al. 2 LTF); au cours de la procédure, ce montant s'est certes réduit dès lors que certaines reprises n'ont pas été admises et qu'une partie des infractions avait été atteinte par la prescription. Bien que le montant définitif doive encore être fixé par l'Administration cantonale, il ne saurait, compte tenu de la somme des impôts dont la soustraction est en jeu, en tous les cas être qualifié de minime, ce qui exclut une dérogation à l'art. 6 par. 1 CEDH. Enfin, la possibilité qu'a eue le contribuable de s'exprimer par oral devant les autorités fiscales ne compense pas l'absence d'audition devant une autorité judiciaire. Il en découle qu'il y a eu violation du droit du recourant 1 à être entendu oralement au sens de l'art. 6 par. 1 CEDH s'agissant des décisions relatives aux infractions fiscalesencore litigieuses. Une telle violation ne peut être réparée devant le Tribunal fédéral, qui ne dispose pas d'une pleine cognition (ATF 137 I 195 consid. 2.7 p. 199 ). Il convient partant d'annuler l'arrêt attaqué s'agissant de ces infractions, sans examiner les chances de succès du recourant sur le fond (cf. ATF 135 I 279 consid. 2.6.1 p. 285). 9.4. Le recourant 1 demande que sa cause soit renvoyée au TAPI au motif que la Cour de Justice, s'agissant de statuer sur les amendes, limite sa cognition au point de savoir si l'instance inférieure a abusé de son pouvoir d'appréciation (recours, p. 11). Une telle position ne peut être suivie. En effet, en procédure administrative genevoise, les autorités de recours, soit aussi bien le TAPI que la Cour de Justice (lorsque la loi prévoit deux instances judiciaires de recours) ont le même pouvoir d'examen. En vertu de l'art. 61 al. 1 de la loi cantonale sur la procédure administrative du 12 septembre 1985 [LPA/GE; RS/GE E 5 10], sur renvoi de l'art. 2 al. 2 de la loi genevoise de procédure fiscale du 4 octobre 2001; RS/GE D 3 17), elles vérifient la violation du droit y compris l'excès et l'abus du pouvoir d'appréciation, ainsi que la constatation inexacte ou incomplète des faits pertinents. Par conséquent, l'on ne voit pas qu'il se justifie de renvoyer la cause au TAPI. Il appartiendra donc à la Cour de Justice d'entendre le recourant avant de statuer à nouveau sur les amendes fiscales. 9.5. Il convient de préciser que l'audition ne doit porter que sur les aspects encore litigieux et ne saurait aboutir à une extension du litige. Partant, les conclusions du recourant 1 remettant en cause le principe même d'une amende pour tentatives de soustraction fiscale ayant été jugées irrecevables, ce qui n'est pas contesté, il ne peut prétendre à être entendu sur cet aspect. 9.6. A juste titre, le recourant 1 limite sa demande à être entendu oralement à la procédure relative aux amendes qui lui ont été infligées et ne l'étend pas aux décisions relatives aux reprises et aux taxations. 9.6.1. Sous l'angle de l'art. 29 al. 2 Cst. qui garantit le droit d'être entendu dans les procédures purement fiscales, dépourvues de connotation pénale, il n'existe pas, de façon générale, un droit d'être entendu oralement (cf. ATF 134 I 140 consid. 5.3 p. 148; 130 II 425 consid. 2.1 p. 428 s.; arrêt 2C_834/2012 du 19 avril 2013 consid. 4.1). 9.6.2. Quant à l'art. 6 par. 1 CEDH, il ne s'applique pas à ces procédures (cf. supra consid. 9.2). Il peut toutefois arriver que des droits garantis par l'art. 6 par. 1 CEDH applicables aux procédures pénales fiscales débordent le seul cadre pénal et interagissent sur les procédures purement fiscales. La Cour EDH l'admet lorsque des éléments portant sur l'imposition proprement dite (exorbitante au champ de l'art. 6 CEDH) et des éléments liés au contentieux des pénalités fiscales (attribués au volet pénal de l'art. 6 CEDH) se trouvent combinés dans une même instance, de sorte qu'il est impossible de distinguer les phases d'une procédure qui portent sur une " accusation en matière pénale " de celles ayant un autre objet, ce qui peut justifier d'examiner l'ensemble de la problématique sous l'angle de l'art. 6 CEDH (Cour EDH, arrêt Jussila c. Finlande [GC], précité, par. 45). Tel est le cas de l'interdiction de s'incriminer soi-même. A ce sujet, la Cour EDH a, dans une affaire récente concernant la Suisse (arrêt Chambaz c. Suisse, du 5 avril 2012, req. 11663/04, par. 40 à 43; cf. aussi arrêt J.B. c. Suisse, du 3 mai 2001, req. 31827/96, Rec. 2001-III, par. 47 s.), estimé contraire à l'art. 6 CEDH le fait pour le fisc d'avoir - dans le contexte d'une reprise d'impôt - infligé des amendes au contribuable au motif qu'il n'avait pas fourni des documents susceptibles de l'incriminer dans une éventuelle procédure pour soustraction d'impôt subséquente. S'agissant du droit d'être entendu oralement au sens de l'art. 6 par. 1 CEDH, la situation n'est pas similaire. Si les procédures en rappel d'impôt et celles relatives à la soustraction fiscale procèdent indéniablement d'un même complexe de faits et sont souvent menées en parallèle, elles donnent lieu à des décisions distinctes qui peuvent être dissociées sans difficulté. De surcroît, on n'est pas en présence d'un cas où le refus d'entendre le contribuable par oral dans le cadre de la détermination d'impôt léserait les garanties de ce même contribuable, tel le droit de ne pas s'auto-incriminer, dont il doit pouvoir bénéficier dans la procédure pénale en soustraction, puisqu'il va en tous les cas pouvoir exprimer sa position oralement en ce qui concerne l'infraction fiscale. C'est du reste essentiellement en lien avec les circonstances personnelles propres à influencer le montant de l'amende que l'audition peut s'avérer utile (cf. art. 175 al. 2, 2e phr., LIFD; arrêt 2C_851/2011 du 15 août 2012 consid. 3.3, RF 67/2012 p. 759). Or, ces circonstances ne sont déterminantes que sur le plan de la procédure pénale. En l'espèce, le recourant 1 souligne d'ailleurs que l'audience qu'il sollicite n'a pas pour objectif principal de discuter du bien-fondé de l'évaluation des impôts, mais d'exposer ses circonstances personnelles. Par conséquent, il n'y a pas lieu d'étendre le droit à une audition orale découlant de l'art. 6 par. 1 CEDH qui s'applique aux décisions concernant les infractions fiscales, aux procédures de taxation menées parallèlement. Reprises en lien avec les actions de la banque D._ 10. Le recourant conteste les reprises qui ont été effectuées en lien avec les actions de la banque D._. Il reproche en substance à la Cour de Justice d'avoir refusé d'admettre qu'il détenait ces titres de manière fiduciaire uniquement. Il se plaint à cet égard d'une violation du droit à la preuve, d'arbitraire dans l'établissement des faits et d'une violation du droit de fond. 10.1. L'arrêt attaqué retient que le contribuable, alors qu'il soutient détenir les actions de la banque D._ pour le compte du trust A._ et de la société E._, ne produit aucun contrat de fiducie écrit. En outre, bien qu'il ait contesté les reprises fiscales liées aux actions D._ depuis sa réclamation du 18 décembre 2001, ce n'est que devant le TAPI qu'il a commencé à fournir des pièces de manière échelonnée tendant à démontrer ses allégations. Ainsi, jusqu'au 30 novembre 2010, le contribuable prétendait détenir lesdites actions pour le seul compte du trust A._ et avait produit, à titre de preuve, une lettre rédigée par lui-même du 10 décembre 1997 et adressée au trustee du trust A._. Dans sa réplique devant le TAPI du 30 novembre 2010, il a modifié sa version des faits et affirmé détenir une partie desdites actions pour le compte d'investisseurs étrangers très puissants souhaitant la plus grande discrétion. Il a alors produit trois documents : un contrat de prêt du 24 novembre 1997 entre la société E._ et F._ d'un montant de 7 millions de francs; une lettre du 17 décembre 1997 rédigée par le recourant 1 et contresignée pour accord par E._ lui donnant le droit d'acquérir 130'000 actions de la banque D._ en échange d'un prix non précisé à verser à F._; une convention du 15 mai 2009 conclue par le contribuable en son nom personnel et pour le compte de F._, avec E._ au sujet d'un différend portant sur les conventions de novembre 1997, selon laquelle E._ recevait 4 millions de francs d'une personne non identifiée. La Cour de Justice, confirmant la position du TAPI, retient que, ni la lettre du 10 décembre 1998, ni ces trois pièces ne permettent d'apporter la preuve évidente d'une relation fiduciaire entre le contribuable et E._, ainsi que le Trust A._. Les juges s'interrogent enfin sur la portée d'une sentence arbitrale du 27 novembre 2012 concernant un litige lié à la convention du 15 mai 2009, que le contribuable a produite devant la Cour de Justice. Ce document mentionne l'existence d'un autre contrat datant du 24 novembre 1997 par lequel F._ a accordé au contribuable un prêt sans intérêt de 9 millions de francs dans le but d'acquérir 169'900 actions au porteur de la banque D._ dont 39'900 sont détenues pour le compte d'un autre fiduciant dont l'identité n'a pas été donnée. La Cour de Justice a souligné que le contribuable n'avait jamais mentionné l'existence de ce contrat, qui n'a été révélée que de manière indirecte, par la production de la sentence arbitrale. Or, ni ce contrat ni la sentence arbitrale qui fondait l'existence du contrat fiduciaire avec E._ sur des déclarations concordantes du contribuable et de la partie adverse ne constituaient des éléments de preuves suffisants pour établir l'existence d'une relation fiduciaire. 10.2. Le recourant 1 estime que la Cour de Justice a méconnu son droit à la preuve, en particulier la maxime inquisitoire, en ne l'invitant pas à produire le contrat de prêt du 24 novembre 1997 mentionné dans la sentence arbitrale tout en lui reprochant de ne pas l'avoir fourni et en ne procédant pas à l'audition de deux témoins. 10.2.1. Au préalable, il convient de souligner que les pièces produites pour la première fois devant le Tribunal fédéral par le contribuable, en particulier le contrat du 24 novembre 1997, sont irrecevables (art. 99 al. 1 LTF). Il en va de même des explications complémentaires de nature appellatoire figurant dans la partie en fait qui concernent la procédure arbitrale (cf. supra consid. 3). 10.2.2. En vertu de la maxime inquisitoire, les autorités fiscales établissent d'office les faits pertinents (cf. arrêt 2C_1201/2012 du 16 mai 2013 consid. 4.5). Cette maxime ne dispense pas pour autant les parties de collaborer à l'établissement des faits (arrêt 2C_84/2012 du 15 décembre 2012 consid. 3.1, non publié in ATF 139 IV 137), notamment le contribuable (arrêt 2C_819/2009 du 28 septembre 2010 consid. 2.2, RDAF 2010 II 605). Il peut arriver que, même après l'instruction menée par l'autorité, un fait déterminant pour la taxation reste incertain. Ce sont alors les règles générales sur le fardeau de la preuve qui s'appliquent pour déterminer qui doit supporter les conséquences de l'échec de la preuve ou de l'absence de preuve d'un tel fait. En droit fiscal, le principe de l'art. 8 CC s'exprime dans le sens où il appartient à l'autorité de démontrer l'existence d'éléments créant ou augmentant la charge fiscale, alors que le contribuable supporte le fardeau de la preuve des éléments qui réduisent ou éteignent son obligation fiscale (arrêt 2C_1201/2012 du 16 mai 2013 consid. 4.6 et les arrêts cités). La jurisprudence a précisé que, lorsqu'il s'agit de questions juridiques complexes liées à des faits de nature à réduire la charge fiscale et qu'il appartient par conséquent au contribuable de prouver, les autorités fiscales ne peuvent se décharger entièrement de leur obligation d'établir les faits d'office, en laissant le soin à ce dernier, sans connaissances juridiques particulières, de produire les pièces nécessaires à cette fin. Pour autant que le contribuable soit disposé à collaborer, il incombe aux autorités fiscales de lui indiquer les documents à fournir dans ce but (arrêts 2C_819/2009 du 28 septembre 2010 consid. 2.2, RDAF 2010 II 605; 2C_566/2008 du 16 décembre 2008 consid. 3.2, StE 2009 B 22.3 n. 99). 10.2.3. Eu égard à ces principes, il appartenait au recourant de produire, déjà devant les autorités fiscales, les pièces propres à démontrer l'existence du contrat de fiducie dont il se prévaut pour ne pas être imposé sur la valeur des actions de la banque D._, dont notamment le contrat du 24 novembre 1997, ce qu'il n'a pas fait. On ne se trouve en outre pas dans des circonstances qui, selon la jurisprudence précitée, auraient imposé aux autorités d'indiquer au recourant les documents à produire. Lorsqu'il soutient l'inverse, le recourant adopte une position confinant à la témérité. En effet, il perd de vue qu'il a toujours été assisté d'un mandataire professionnel dans les procédures de vérification des impôts litigieux (cf. arrêt 2C_402/2013 du 20 août 2013 consid. 4.4.2), qu'il s'est lui-même prévalu, dans sa réclamation du 18 décembre 2001 déjà, du fait qu'il ne détiendrait les actions de la banque D._ qu'à titre fiduciaire et enfin, que les autorités fiscales lui ont réclamé, en octobre 2002 notamment, des renseignements sur ces actions (cf. arrêt attaqué, p. 6 ch. 18). On ne discerne donc aucune violation du droit à la preuve en lien avec le contrat du 24 novembre 1997. Il en va de même s'agissant des deux témoins (G._ et H._) que le recourant reproche à la Cour de Justice de ne pas avoir entendus. En effet, ces deux témoins ont été auditionnés dans le cadre de la procédure arbitrale et le contribuable a produit, le 30 juillet 2012 devant la Cour de Justice, de larges extraits de ces témoignages. Partant, on ne voit pas en quoi les règles sur le fardeau de la preuve ou les dispositions de procédures invoquées par le recourant et qui prévoient en premier lieu la remise de documents écrits (art. 127 à 129 LIFD; art. 32 à 34 LPFisc/GE, art. 20 et 28 LPA/GE) auraient pu imposer aux juges d'entendre spontanément ces deux témoins, ce d'autant que le recourant admet lui-même ne pas avoir sollicité une telle audition auparavant. 10.3. Toujours en lien avec le refus d'admettre un rapport de fiducie en relation avec les actions de la banque D._, le recourant 1 se plaint d'une violation du droit et d'arbitraire dans l'établissement des faits. 10.3.1. Dans la mesure où il reprend, à titre de violations du droit, les reproches déjà examinés aux consid. 10.1 et 10.2, ses critiques sont infondées et il suffit de renvoyer aux considérants précités. 10.3.2. Savoir si un contrat a été conclu et quelle est sa qualification juridique relève du droit. En revanche, déterminer les circonstances propres à établir l'existence d'un contrat relève des faits. En droit fiscal, une transaction juridique conclue en son propre nom est, selon le cours ordinaire des choses, aussi réputée déployer des effets pour le compte de la personne qui agit (cf. arrêts 2C_1120/2012 du 1er mai 2013 consid. 3.2.2; 2C_180/2013 du 5 novembre 2013 consid. 10.2.1). Exceptionnellement, il peut être dérogé à ce principe s'il existe un rapport de fiducie, dont la preuve est à la charge du contribuable (arrêt 2C_387/2007 du 4 mars 2008 consid. 4.2, StE 2008 B 24.1 n. 5). La "Notice: rapports fiduciaires" d'octobre 1967 de l'Administration fédérale (cf. www.estv.admin.ch, Impôt anticipé/Documentation: Notices/S-02.107) précise qu'un rapport fiduciaire ne peut être admis du point de vue fiscal que lorsqu'un contrat écrit, qui décrit les biens sous mandat fiduciaire, a été conclu, prévoit que le fiduciaire n'encourt aucun risque et fixe la rémunération de celui-ci. Selon la jurisprudence, ces conditions ne doivent cependant pas impérativement être remplies, mais une preuve évidente d'un rapport de fiducie doit en tous les cas être apportée (cf. arrêt 2A.72/2006 du 9 juin 2006 consid. 2.2 et les arrêts cités, confirmé notamment in arrêts 2C_1120/2012 du 1er mai 2013 consid. 3.2.2; 2C_499/2011 du 9 juillet 2012 consid. 4.2, RDAF 2012 II 450). L'absence de contrat écrit ne saurait ainsi, pour elle-même, être déterminante, à condition toutefois que d'autres éléments prouvent que la personne a agi pour le compte d'un tiers (arrêt 2C_499/2011 précité, consid. 4.2). Cette preuve vaut tant en matière d'IFD que d'ICC (cf. arrêt 2C_1120/2012 précité, consid. 3 et 3.2.2). 10.3.3. Le recourant 1 reproche à la Cour de Justice d'avoir apprécié arbitrairement la sentence arbitrale du 27 novembre 2012 et les pièces versées à la procédure (dont les extraits des procès-verbaux d'audition des témoins G._ et H._), en concluant que ces éléments ne prouvaient pas l'existence d'un rapport fiduciaire, car ils reposaient sur les déclarations concordantes des intéressés. En l'occurrence, le recourant 1 admet lui-même que ce sont les parties qui ont allégué l'existence d'un rapport fiduciaire devant le Tribunal arbitral, de sorte que l'on ne voit pas qu'en relativisant la portée de la sentence arbitrale pour ce motif, la Cour de Justice serait tombée dans l'arbitraire. Les arguments développés par le recourant 1 ne sont au surplus pas propres à démontrer le caractère insoutenable de cette appréciation. Tout d'abord, il n'appartenait pas au Tribunal cantonal, dans le cadre d'un recours fiscal, de revoir toute la procédure arbitrale et les pièces qui y ont été versées. Le recourant 1 ne peut au demeurant s'en plaindre de manière générale, mais doit démontrer précisément quel élément particulier prouverait l'existence d'un rapport fiduciaire, ce qu'il ne fait nullement. Ainsi, celui-ci se contente de soutenir que les témoins G._ et H._ auraient confirmé un tel accord, mais sans citer le moindre extrait de ces témoignages ni expliquer en quoi ceux-ci auraient été déterminants par rapport aux déclarations des parties elles-mêmes. Une telle argumentation ne suffit pas à démontrer l'arbitraire, de sorte qu'il n'y a pas lieu d'entrer plus avant sur la critique. Il en va de même de l'affirmation selon laquelle " la part des dividendes de la D._ afférente aux actions de E._ avait été systématiquement versée directement à cette entité ". En effet, cette phrase, dépourvue de tout contexte, n'est pas un élément déterminant prouvant l'existence d'un rapport de fiducie avec E._, dès lors qu'elle fait état des actions de E._, mais sans indiquer qu'il s'agirait de titres détenus par le contribuable. Le recourant 1 soutient par ailleurs que de nombreux éléments prouveraient l'existence d'un rapport fiduciaire que la Cour de Justice aurait méconnu. Il présente à cet égard une argumentation appellatoire, exposant son propre point de vue sur la pertinence des éléments invoqués, sans se prononcer sur la position de la Cour de Justice sur ces documents ni a fortiori invoquer l'arbitraire sur ce point. Pourtant, les juges cantonaux ont pris en compte les éléments de preuve produits par le recourant (cf. arrêt attaqué, p. 27 s.), mais ont estimé, après les avoir appréciés, que ni les pièces fournies ni la sentence arbitrale n'apportaient la preuve évidente d'une relation fiduciaire entre le recourant 1 et E._ ou le Trust A._. Il appartenait au recourant 1 de démontrer que cette analyse (cf., pour un résumé de celle-ci, consid. 10.1 supra) procédait d'une appréciation des preuves arbitraire. L'argumentation développée ne répondant pas aux exigences de l'art. 106 al. 2 LTF (cf. consid. 3 supra), il n'y a donc pas lieu d'entrer plus avant sur ces critiques. Le Tribunal fédéral n'a ainsi pas lieu de s'écarter de l'appréciation de la Cour de Justice selon laquelle le recourant 1, n'étant pas parvenu à démontrer que la cour cantonale aurait violé son droit à la preuve ou apprécié les preuves de manière insoutenable en retenant que les pièces produites par le contribuable n'apportaient pas d'éléments de fait suffisants permettant de retenir la preuve de l'existence d'une relation fiduciaire, étant encore rappelé qu'une preuve évidente d'une telle relation est exigée en droit fiscal (cf. consid. 10.3.2 supra). Sur cette base, on ne voit pas que la Cour de Justice aurait violé le droit fédéral ou méconnu le principe de la capacité contributive en procédant à des reprises en vue d'imposer le recourant 1 sur les actions de la banque D._ qu'il détenait en son nom propre et dont il n'a pas été établi qu'il aurait agi à titre fiduciaire. Reprises en lien avec les actions C._ 11. Dans un dernier grief, le recourant 1 se plaint d'une application arbitraire des règles sur le rappel d'impôts en relation avec l'évaluation des actions de la société C._. a. IFD 11.1. Il résulte des faits établis par les précédents juges que, dans ses déclarations fiscales 1995 à 2000, le recourant a indiqué sa participation à la société C._. Dans les deux premières, il a indiqué une valeur de 0 fr. et, dans les quatre déclarations suivantes, il a laissé vide la colonne relative à la valeur de cette participation. Selon la Cour de Justice, aucun élément du dossier ne permettait à l'autorité fiscale de mettre en doute la valeur des actions C._ telle qu'indiquée par le recourant, à savoir 0 fr. En effet, même lorsqu'il a laissé vide la colonne relative à cette participation, celle-ci était prise en compte à hauteur d'une valeur nulle dans l'addition totale incluant tous les titres. Comme le contribuable n'avait pas attiré l'attention des autorités fiscales sur son incapacité à évaluer ces participations et qu'il n'existait pas d'inexactitudes flagrantes, celles-ci n'avaient pas à procéder à des investigations complémentaires. Les rappels d'impôts en lien avec la réévaluation de ces actions étaient donc fondés. 11.2. Les principes régissant le rappel d'impôts en matière d'IFD ont été exposés au consid. 8.1 ci-dessus, auquel on peut se référer. Il n'est cependant pas inutile de rappeler à ce stade que s'il incombe certes à l'autorité fiscale de contrôler la déclaration fiscale et de procéder aux investigations nécessaires, cette dernière peut en principe considérer que la déclaration d'impôt du contribuable est conforme à la vérité et complète. En l'absence d'indice particulier, elle n'a donc pas l'obligation de rechercher des renseignements supplémentaires dans le dossier fiscal du contribuable (cf. arrêt 2A.182/2002 du 25 avril 2003 consid. 3.3.2, RDAF 2003 II 622). 11.3. Compte tenu de ces principes, il convient de se demander si l'indication d'une valeur nulle en lien avec lesdites actions constituait une inexactitude flagrante qui aurait justifié une réaction immédiate de la part des autorités fiscales au stade de la taxation, telle qu'excluant un rappel d'impôt ultérieur. Le recourant se fonde sur l'arrêt 2A.706/2006 du 1er mars 2007 et indique que, comme la société C._ avait fait l'objet d'une évaluation par les autorités fiscales, celles-ci devaient corriger d'office sa déclaration. Une telle position ne peut être suivie. Tout d'abord, il ne ressort pas des constatations cantonales, qui lient le Tribunal fédéral (art. 105 al. 1 LTF), qu'une telle évaluation avait bien été réalisée, qui plus est aux périodes déterminantes. Ensuite, l'arrêt cité concerne un cas où le contribuable avait déclaré sa participation déterminante, assortie d'un revenu inexistant, dans une société dont la valeur fiscale avait été considérée comme nulle par l'autorité fiscale. Cette dernière ayant réévalué par la suite la valeur fiscale de la société, elle a adapté la valeur de la participation dans la fortune imposable du contribuable, mais sans entreprendre des investigations complémentaires en relation avec le revenu (cf. arrêt 2A.706/2006 précité, consid. 3, résumé in arrêt 2C_123/2012 du 8 août 2012 consid. 5.3.2). Le recourant ayant mentionné une valeur nulle des actions dans sa propre déclaration fiscale, sans même signaler à l'autorité qu'il ne savait pas comment évaluer cette valeur, on ne saurait y voir l'existence d'une inexactitude flagrante qui doit être corrigée immédiatement lors de la taxation. Il s'agissait d'une inexactitude seulement décelable, de sorte qu'un rappel d'impôt demeurait admissible. Le grief s'avère donc infondé. b. ICC 11.4. Les principes exposés en matière d'IFD valent également en ce qui concerne l'ICC (cf. art. 42, 46 al. 1 et 3 et 53 LHID; 59 LPFisc/GE et 340 aLCP/GE; arrêt 2C_94/2010 du 10 février 2011 consid. 4.1, RDAF 2012 II 17). On peut donc se référer de manière générale à la jurisprudence exposée au consid. 8.1 ci-dessus. Pour les mêmes motifs que ceux développés au consid. 11.3 ci-dessus (inexactitude décelable mais non patente), il convient d'écarter le grief soulevé par le recourant 1. 12. En résumé, il apparaît que le recours de la recourante 2 doit être admis, dans la mesure où il est recevable, s'agissant de la prescription du rappel d'impôt IFD 1997 et de l'amende ICC 2001-B, ainsi que des reprises liées au prêt avec le trust A._. Pour sa part, le recours du recourant 1 doit être partiellement admis s'agissant du droit d'être entendu en lien avec les seules amendes fiscales. Enfin, la Cour de céans constatera d'office (cf. consid. 5.2.1 supra) que l'amende pour soustraction fiscale IFD 1996 est prescrite. 12.1. Il en découle que l'arrêt attaqué devra ainsi être partiellement annulé en ce qu'il constate que le rappel d'impôts IFD 1997 et l'amende 2001-B pour tentative de soustraction d'impôts sont prescrits. Il devra en aller de même en ce qu'il refuse les reprises relatives au prêt avec le trust A._ s'agissant du rappel d'impôts IFD 1998 et annule le jugement de première instance, les décisions sur réclamation et les bordereaux concernant ces aspects. 12.2. En ce qui concerne les rappels d'impôts (le recourant ne prenant aucune conclusion sur les taxations) et bien que la prescription du droit de taxer en matière d'IFD 1997 soit proche, la Cour de céans n'est pas en mesure de fixer elle-même les montants dus, compte tenu des reprises admises dans le présent arrêt. En effet, ces montants n'ont encore jamais été fixés, tant le jugement de première instance que l'arrêt attaqué renvoyant la cause à l'Administration cantonale pour qu'elle procède aux calculs concrets. Cela étant, il convient de préciser que les bordereaux qui devront ainsi être diligemment établis par l'autorité fiscale ne constitueront que de simples actes d'exécution de l'arrêt rendu par la Cour de céans, l'Administration cantonale devant uniquement concrétiser les décisions définitives des autorités judiciaires, sans plus aucune marge de manoeuvre. En ce sens, le présent arrêt met un terme à la procédure s'agissant du principe même des rappels d'impôt. Le renvoi à l'Administration cantonale ne concerne plus que le calcul concret des montants dus. 12.3. En ce qui concerne les amendes en revanche, il conviendra de renvoyer la cause à la Cour de Justice pour qu'elle statue à nouveau, y compris sur l'amende pour tentative de soustraction fiscale ICC-2001 qu'elle avait considérée à tort comme prescrite, mais pas pour l'amende pour soustraction fiscale IFD 1996, après avoir entendu le recourant 1 sur ces points précis. Il lui appartiendra également de statuer à nouveau sur les frais et dépens de la procédure antérieure (cf. a contrario art. 67 LTF). 13. Compte tenu de l'issue du litige, les frais judiciaires seront répartis à raison de trois quarts à la charge du recourant 1 et d'un quart à la charge de la recourante 2, dont l'intérêt patrimonial est en cause (art. 66 al. 1 et 4 LTF). Le recourant 1 aura droit à des dépens réduits dans la même proportion, à la charge du canton de Genève (art. 68 al. 1 LTF). Aucun dépens ne sera en revanche alloué à la recourante 2 (art. 68 al. 3 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Les causes 2C_416/2013 et 2C_417/2013, ainsi que 2C_446/2013 et 447/2013 sont jointes. 2. Le recours du recourant 1 est partiellement admis dans la mesure où il est recevable. 3. Le recours de la recourante 2 est admis dans la mesure où il est recevable. 4. L'arrêt attaqué est partiellement annulé dans la mesure où il confirme le prononcé des amendes fiscales à l'encontre du recourant 1 et constate que le rappel d'impôts IFD 1997 et l'amende 2001-B pour tentative de soustraction d'impôts sont prescrits. L'arrêt est aussi partiellement annulé en tant qu'il refuse les reprises d'impôt relatives à l'opération de prêt effectuée avec le trust A._ concernant le rappel d'impôts IFD 1998 et annule le jugement de première instance, ainsi que les décisions sur réclamation et les bordereaux relatifs à ces aspects. Il est en outre constaté que l'amende pour soustraction fiscale IFD 1996 est prescrite. L'arrêt est confirmé pour le surplus. 5. La cause est renvoyée à la Cour de Justice pour qu'elle se prononce à nouveau sur les amendes fiscales encore litigieuses, après avoir entendu le recourant 1 et qu'elle détermine les frais et dépens de la procédure antérieure. 6. La cause est renvoyée pour le surplus à l'Administration cantonale pour qu'elle établisse les montants dus par le recourant 1 à titre de l'IFD et de l'ICC, compte tenu du présent arrêt et, dans la mesure où celui-ci est confirmé, compte tenu du renvoi figurant dans l'arrêt attaqué. 7. Les frais judiciaires, arrêtés à 12'000 fr., sont mis à raison de 9'000 fr. à la charge du recourant 1 et de 3'000 fr. à la charge du canton de Genève. 8. Le canton de Genève versera au recourant 1 une indemnité de 4'000 fr. à titre de dépens réduits. 9. Le présent arrêt est communiqué au mandataire du recourant 1, à l'Administration fiscale cantonale du canton de Genève, à la Cour de Justice de la République et canton de Genève, Chambre administrative, 1ère section, ainsi qu'à l'Administration fédérale des contributions. Lausanne, le 5 novembre 2013 Au nom de la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: Zünd Le Greffier: Chatton
b76fda29-ccd8-4f63-b21f-2daba436ab28
de
2,007
CH_BGer_006
Federation
null
null
null
penal_law
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Sachverhalt: A. X._ wurde vom Obergericht des Kantons Bern am 24. Oktober 2002 wegen schwerer Drogendelikte zu 9 1/2 Jahren Zuchthaus und 15 Jahren Landesverweisung unbedingt verurteilt, unter Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft von 453 Tagen. Am 29. Juli 2006 hatte X._ 2/3 der Strafe verbüsst; reguläres Strafende ist der 29. September 2009. Das Amt für Freiheitsentzug und Betreuung des Kantons Bern wies die Gesuche von X._ um bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug am 26. Juli 2006 ab. Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern wies die Beschwerde von X._ gegen die Verweigerung der bedingten Entlassung am 22. September 2006 ab. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die Beschwerde von X._ gegen diesen Entscheid der Polizei- und Militärdirektion am 27. März 2007 ab. B. Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X._, dieses verwaltungsgerichtliche Urteil aufzuheben und ihn unter Auferlegung einer angemessenen Probezeit bedingt aus dem Strafvollzug zu entlassen. Zudem beantragt er, es sei festzustellen, dass im bisherigen Verfahren das Beschleunigungsgebot von Art. 29 Abs. 1 BV verletzt worden sei. X._ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung und eine prioritäre Behandlung seiner Beschwerde. Das Bundesamt für Justiz verzichtet auf Vernehmlassung. Die Polizei- und Militärdirektion und das Verwaltungsgericht beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Angefochten ist ein nach dem 1. Januar 2007 und damit unter der Herrschaft des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ergangener, kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in Strafsachen, gegen den die Beschwerde in Strafsachen zulässig ist (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 Abs. 1, Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist durch die Verweigerung der bedingten Entlassung in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen und damit befugt, sie zu erheben (Art. 81 Abs. 1 BGG). Er macht die Verletzung von Bundesrecht (Art. 86 StGB, Art. 31 Abs. 4 BV) geltend, was zulässig ist (Art. 95 lit. a und b BGG). In tatsächlicher Hinsicht geht das Bundesgericht vom Sachverhalt aus, wie ihn die Vorinstanz festgestellt hat, es sei denn, dieser erweise sich als offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Verletzung von Bundesrecht (Art. 105 Abs. 1 und Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an, wobei es allerdings die Verletzung von Grundrechten nur auf begründete Rüge hin prüft (Art. 106 BGG). An die Parteibegehren ist es gebunden (Art. 107 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt; neue Begehren sind gänzlich ausgeschlossen (Art. 99 BGG). 2. 2.1 Der Beschwerdeführer wurde vor dem In-Kraft-Treten des neuen Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches am 1. Januar 2007 verurteilt, der angefochtene Entscheid erging nachher. Gemäss Art. 388 Abs. 3 StGB sind die Bestimmungen des neuen Rechts - hier Art. 86 StGB - über das Vollzugsregime auch auf Täter anwendbar, die nach bisherigem Recht verurteilt wurden. In Ziff. 1 Abs. 3 der Schlussbestimmungen der Änderung vom 13. Dezember 2002 (BBl 1999 1979; AS 2006 3459), wo für den Bereich des Strafvollzugs die neurechtlichen Bestimmungen aufgeführt werden, welche auch auf Täter anwendbar sind, die nach altem Recht verurteilt wurden, fehlt zwar Art. 86 StGB. Nach der Botschaft des Bundesrates zu dieser Gesetzesänderung fallen die Bestimmungen über die bedingte Entlassung indessen ausdrücklich unter den Begriff des Vollzugsregimes (BBl 1999 2183), weshalb anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber Art. 86 StGB in Ziff.1 Abs. 3 der Schlussbestimmungen versehentlich nicht aufführte. Die Frage der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers ist daher - was ohnehin sachgerecht ist - nach neuem Recht zu beurteilen. 2.2 Nach Art. 86 Abs. 1 StGB ist der Gefangene nach Verbüssung von zwei Dritteln, mindestens aber drei Monaten seiner Strafe bedingt zu entlassen, wenn es sein Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde in Freiheit weitere Verbrechen oder Vergehen begehen. Die zuständige Behörde hat von Amtes wegen zu prüfen, ob der Gefangene bedingt entlassen werden kann; dabei hat sie diesen anzuhören und einen Bericht der Anstaltsleitung einzuholen (Art. 86 Abs. 2 StGB). Liegen ausserordentliche Gründe in der Person des Gefangenen vor, kann die bedingte Entlassung ausnahmsweise bereits nach der Verbüssung der Hälfte der Strafe, frühestens jedoch nach drei Monaten, erfolgen (Art. 86 Abs. 4 StGB). Die Bestimmung über die reguläre bedingte Entlassung wurde somit in Bezug auf die Legalprognose neu gefasst, indem nicht wie bisher positiv verlangt wird, es müsse erwartet werden können, der Täter werde sich in Freiheit bewähren, sondern negativ, dass zu erwarten ist, er werde in Freiheit keine Verbrechen oder Vergehen mehr begehen. Jedenfalls tendenziell wurden mit dieser neuen Formulierung die Anforderungen an die Legalprognose gesenkt; stärker noch als bisher wird man daher davon auszugehen haben, dass die bedingte Entlassung die Regel und deren Verweigerung die Ausnahme darstellt. Abgesehen davon entspricht die neurechtliche Regelung im Wesentlichen der altrechtlichen von Art. 38 Ziff. 1 StGB, weshalb die diesbezügliche Rechtsprechung massgebend bleibt. 2.3 Die bedingte Entlassung stellt somit nach wie vor die vierte und letzte Stufe des Strafvollzuges dar und bildet die Regel, von der nur aus guten Gründen abgewichen werden darf (BGE 119 IV 5 E. 2). In dieser Stufe soll der Entlassene den Umgang mit der Freiheit erlernen, was nur in Freiheit möglich ist. Diesem rein spezialpräventiven Zweck stehen die Schutzbedürfnisse der Allgemeinheit gegenüber, welchen umso höheres Gewicht beizumessen ist, je hochwertiger die gefährdeten Rechtsgüter sind (BGE 125 IV 113 E. 2a S. 116 f.; 124 IV 193 E. 3, 4d/aa). Die Prognose über das künftige Wohlverhalten ist in einer Gesamtwürdigung zu erstellen, welche nebst dem Vorleben, der Persönlichkeit und dem Verhalten des Täters während des Strafvollzugs vor allem dessen neuere Einstellung zu seinen Taten, seine allfällige Besserung und die nach der Entlassung zu erwartenden Lebensverhältnisse berücksichtigt (BGE 124 IV 193 E. 3;119 IV 5 E. 1a/bb). Dabei steht der zuständigen Behörde ein Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift in die Beurteilung der Bewährungsaussicht nur ein, wenn sie ihr Ermessen über- oder unterschritten oder missbraucht und damit Bundesrecht verletzt hat. Eine Ermessensüberschreitung kann etwa darin liegen, auf eine Gesamtwürdigung aller für die Prognose relevanten Umstände zu verzichten und auf die Vorstrafen allein abzustellen (Urteile 6A.86/2002 vom 20. Januar 2003 und 6A.41/2002 vom 25. Juni 2002 E. 3). 3. 3.1 Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid erwogen (E. 3 S. 7 ff.), der Beschwerdeführer habe am 29. Juli 2006 zwei Drittel seiner Strafe verbüsst, womit die zeitliche Voraussetzung von Art. 86 Abs. 1 StGB für eine bedingte Entlassung erfüllt sei. Ebenfalls unstrittig sei, dass sich der Beschwerdeführer im Vollzug tadellos verhalte. Hingegen könne ihm aus folgenden Gründen keine günstige Prognose gestellt werden: Der im Kosovo aufgewachsene Beschwerdeführer sei 1982 erstmals in die Schweiz eingereist und verfüge seit 1983 über eine Aufenthaltsbewilligung B. Während seines mehrjährigen Aufenthaltes in der Schweiz in den achtziger Jahren sei es zu Verurteilungen wegen Veruntreuung, Urkundenfälschung und ausländerrechtlichen Delikten gekommen. 1989 sei er aus der Schweiz ausgeschafft worden. 1994 sei er in Deutschland wegen Betäubungsmittelhandels zu 2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden, 1996 wegen gleichartiger Delikte zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren, wobei die beiden Strafen zu einer Gesamtstrafe vereinigt worden seien. Nach seiner Entlassung aus dem Vollzug sei er 1999 mit gefälschten Papieren in die Schweiz eingereist und habe in der Folge in Bern gelebt. Am 30. März 2000 sei er verhaftet und am 6. März 2002 vorab wegen Betäubungsmitteldelikten zu 9 1/2 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Der Beschwerdeführer habe somit bereits während seines ersten Aufenthaltes in der Schweiz delinquiert. Er sei anschliessend in Deutschland wiederholt wegen Drogendelikten verurteilt worden, wobei sich die Straftaten nah aneinandergereiht hätten; so sei er nach seiner Entlassung im Jahre 1999 bereits am 30. März 2000 wieder verhaftet worden. Die wiederholten Verurteilungen und die ausgesprochenen Strafen zeigten, dass er seine deliktische Tätigkeit laufend fortgeführt und gesteigert habe, was sich für die Prognose ungünstig auswirke. Aufgrund der Akten sei beim Beschwerdeführer von einer unauffälligen Persönlichkeitsentwicklung auszugehen; im Rahmen des letzten Strafverfahrens seien zudem Geständnisbereitschaft, Reue und Einsicht festgestellt worden. Diese Umstände seien in Bezug auf die Legalprognose positiv zu werten. Anderseits habe der selber nicht süchtige Beschwerdeführer durch seine Straftaten aus finanziellen Motiven die Gesundheit anderer Menschen gefährdet; die sich in diesem Verhalten ausdrückende Rücksichts- und Gewissenlosigkeit sprächen gegen eine günstige Prognose. In Bezug auf die zu erwartenden Lebensverhältnisse wolle der Beschwerdeführer in den Kosovo in das Haus seiner verstorbenen Eltern ziehen und sich dort eine neue Existenz aufbauen. Das erscheine nicht unrealistisch und wäre positiv zu werten, könne indessen nicht überprüft werden, da der Beschwerdeführer keine entsprechenden Beweismittel eingereicht habe. Nicht auszuschliessen sei zudem eine illegale Rückkehr in die Schweiz; dies würde sich negativ auf die Legalprognose auswirken. Bei der Gesamtbeurteilung wiege das kriminelle Vorleben des Beschwerdeführers schwer, er habe in zeitlich kurzer Abfolge delinquiert, die ausgesprochenen Strafen seien von 2 auf 9 1/2 Jahre gestiegen; die Verurteilungen und der Strafvollzug hätten ihn von weiterer Delinquenz nicht abhalten können. Hinzu komme, dass er ein grosses Gefährdungspotential für viele Menschen geschaffen habe; mögliche Rückfalltaten wögen daher schwer, sodass auch ein geringes Rückfallrisiko nicht in Kauf genommen werden könne. Die Vorinstanz habe zu Recht eine negative Legalprognose gestellt. Es gebe zwar keine Hinweise dafür, dass nach einer Vollverbüssung der Strafe das Rückfallrisiko geringer sei; anderseits biete die bedingte Entlassung auch keine Vorteile. Eine Überwachung im Kosovo während der Bewährungszeit und eine allfällige Rückversetzung in den Strafvollzug seien Illusion. Damit sei die bedingte Entlassung abzulehnen. 3.2 Der Entscheid über die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers hängt einzig davon ab, ob ihm eine günstige Prognose im Sinne von Art. 86 Abs. 1 StGB gestellt werden kann, die anderen Voraussetzungen sind unbestrittenermassen erfüllt. Gegen eine günstige Prognose spricht das Vorleben des Beschwerdeführers, der sich durch verschiedene strafrechtliche Verurteilungen nicht davon abhalten liess, aus rein finanziellen Motiven weitere und zunehmend schwerwiegendere Delikte zu begehen. Die weiteren Beurteilungsfaktoren sind demgegenüber, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgeht, positiv oder neutral. So wurden dem Beschwerdeführer im letzten Strafverfahren Geständnisbereitschaft, Reue und Einsicht zu Gute gehalten, und sein Benehmen im Strafvollzug gab zu keinerlei Klagen Anlass. Seine Aussichten, im Kosovo eine Existenz aufbauen zu können, erscheinen zudem realistisch, auch wenn dies nicht überprüfbar ist. Insgesamt spricht somit einzig das Vorleben des Beschwerdeführers gegen eine günstige Legalprognose, während sein Verhalten im letzten Strafverfahren und im Strafvollzug Anhaltspunkte dafür sind, dass er eine positive Persönlichkeitsentwicklung durchgemacht haben könnte und nunmehr willens ist, sich von seiner kriminellen Vergangenheit zu verabschieden und sich in seiner Heimat eine legale Existenz aufzubauen. Es ist damit zwar keineswegs gewiss, dass sich der Beschwerdeführer gebessert hat. Soll aber die bedingte Entlassung nach dem klaren Willen des Gesetzgebers die Regel bilden, geht es nicht an, die günstige Legalprognose gestützt allein auf das (Bedenken weckende) Vorleben zu verneinen. Der Beschwerdeführer wurde zudem insbesondere wegen Drogenhandels verurteilt, Delikten somit, die in abstrakter Weise die öffentliche Gesundheit gefährden (BGE 124 IV 97 E. 2c). Auch wenn die Auswirkungen von schweren Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz in keiner Weise zu bagatellisieren sind, so bewirken sie in aller Regel doch keine unmittelbare, konkrete Gefahr für hochwertige Rechtsgüter wie Leib und Leben oder die sexuelle Integrität. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei derartigen Delikten sei das Schutzbedürfnis der Bevölkerung so hoch, dass kaum ein Rückfallrisiko in Kauf genommen dürfe, trifft nicht zu. Gesamthaft ist damit festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht im Ergebnis allein auf das Vorleben des Beschwerdeführers abstellte und das Schutzbedürfnis der Bevölkerung verabsolutierte; mit dieser Argumentation wäre die bedingte Entlassung für jeden einschlägig vorbestraften Drogenhändler von vornherein ausgeschlossen. Das widerspricht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, das Verwaltungsgericht hat seinen Ermessensspielraum überschritten und damit Art. 86 Abs. 1 StGB verletzt. 4. 4.1 Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes von Art. 29 Abs. 1 BV geltend. Er habe am 21. April 2006 um bedingte Entlassung ersucht. Am 23. Mai 2006 sei ihm das rechtliche Gehör gewährt worden, wobei er deutlich gemacht habe, dass er sein Gesuch nicht zurückziehe und einen formellen Entscheid verlange. Daraufhin seien die Behörden untätig geblieben, was die Polizei- und Militärdirektion in ihrem Entscheid vom 22. September 2006 eingeräumt habe. Dies habe zur Folge gehabt, dass der erstinstanzliche Entscheid erst am 26. Juli 2006 - kurz vor Ablauf des "Zwei-Drittel-Termins" vom 29. Juli 2006 - ergangen sei. Das Verfahren vor der Polizei- und Militärdirektion sei unter dem Gesichtspunkt des Beschleunigungsgebotes nicht zu beanstanden. Hingegen habe das Verwaltungsgericht trotz wiederholten Interventionen annähernd ein halbes Jahr gebraucht, bis es am 27. März 2007 entschieden habe. Gründe für diese überlange Dauer des Gerichtsverfahrens seien nicht ersichtlich, habe das Gericht doch weitgehend die Argumentation der Vorinstanz übernommen. 4.2 Nach Art. 29 Abs. 1 BV hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen jedermann Anspruch auf Beurteilung seiner Sache innert angemessener Frist. Die Beurteilung der Verfahrensdauer entzieht sich starren Regeln. Es ist vielmehr in jedem Einzelfall unter Würdigung aller konkreten Umstände zu prüfen, ob sich diese als angemessen erweist (BGE 130 I 312 E. 5.1. S. 331 mit Hinweis auf die Rechtsprechung zu Art. 4 aBV). 4.3 Das Amt für Freiheitsentzug und Betreuung hat über das Gesuch des Beschwerdeführers um bedingte Entlassung am 26. Juli 2006 und damit drei Tage vor dem "Zwei-Drittel-Termin" entschieden. Das ist unter dem Gesichtspunkt des Beschleunigungsgebotes objektiv nicht zu beanstanden. Da der Entscheid über die bedingte Entlassung unter anderem von der persönlichen Entwicklung des Täters und seinem Verhalten im Strafvollzug abhängt, ist die erstinstanzliche Behörde grundsätzlich befugt, den Ablauf des unbedingt zu verbüssenden Strafteils (annähernd) abzuwarten, um ihren Entscheid auf einer möglichst breiten und vor allem aktuellen Grundlage fällen zu können. Schöpft die erstinstanzlich zuständige Behörde diesen Zeitraum aus und entscheidet erst kurz vor dem "Zwei-Drittel-Termin", so sind die kantonalen Rechtsmittelinstanzen gehalten, das Verfahren mit besonderer Beschleunigung voran zu treiben. Es geht nicht an, dass diese die gesetzliche Regelung, wonach das letzte Drittel der Strafe in der Regel zur Bewährung ausgesetzt wird, durch eine schleppende Führung des Verfahrens, während dessen der Beschwerdeführer inhaftiert bleibt, faktisch ausser Kraft setzen. Vorliegend hat der Beschwerdeführer am 11. Oktober 2006 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Das Verwaltungsgericht hat bei der Polizei- und Militärdirektion eine (vom 2. November 2006 datierende) Vernehmlassung eingeholt, indessen keine weiteren Instruktionsmassnahmen getroffen und auf Grund der Akten entschieden. Dafür hat es 5 1/2 Monate und damit klarerweise zu viel Zeit benötigt; es hat dem Umstand, dass der "Zwei-Drittel-Termin" bereits Ende Juli 2006 abgelaufen war, nicht Rechnung getragen und das Verfahren nicht mit der gebotenen Beschleunigung vorangetrieben, die Rüge ist begründet. 5. Damit ist die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2007 aufzuheben. Da es nicht Sache des Bundesgerichts sein kann, die mit der bedingten Entlassung allenfalls zu verbindenden Auflagen zu bestimmen und die Probezeit festzulegen, ist die Sache an das Amt für Freiheitsentzug und Betreuung zurückzuweisen mit der Weisung, den Beschwerdeführer umgehend bedingt zu entlassen und die Modalitäten zu regeln. Zudem ist antragsgemäss festzustellen, dass das Verwaltungsgericht das Beschleunigungsgebot von Art. 29 Abs. 1 BV verletzte. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Bern hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. 1.1 Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 27. März 2007 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen ans Amt für Freiheitsentzug und Betreuung zurückgewiesen. 1.2 Es wird festgestellt, dass das Verwaltungsgericht des Kantons Bern das Beschleunigungsgebot von Art. 29 Abs. 1 BV verletzte. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Der Kanton Bern hat Rechtsanwalt Matthias Brunner, Zürich, für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen. 4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Polizei- und Militärdirektion Bern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, sowie dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 21. Juni 2007 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
b782ccef-85f7-43d4-9425-38ef96ec1d8d
de
2,008
CH_BGer_011
Federation
378.0
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27.0
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critical
critical-1
Sachverhalt: A. Am 15. März 2002 sprach das Obergericht des Kantons Zürich X._ als erste Instanz unter anderem des mehrfachen Raubes schuldig und bestrafte ihn mit 3 3/4 Jahren Gefängnis, unter Anrechnung von 125 Tagen Polizei- und Untersuchungshaft. Ferner ordnete es eine ambulante Massnahme im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB an und schob den Vollzug der Strafe zugunsten der Massnahme auf. Sodann erklärte das Gericht die mit Entscheid der Jugendanwaltschaft Zürich vom 10. September 1997 wegen Raufhandels ausgefällte Strafe von fünf Tagen Einschliessung für vollziehbar und schob den Vollzug ebenfalls zugunsten der Massnahme auf. B. Mit Verfügung vom 27. September 2006 stellte der Bewährungsdienst Zürich IV des Justizvollzugs des Kantons Zürich (nachfolgend als "Bewährungsdienst" bezeichnet) den Vollzug der angeordneten ambulanten Massnahme ein. In der Rechtsmittelbelehrung wurde X._ darauf hingewiesen, dass er gegen diesen Entscheid innert 30 Tagen schriftlich Rekurs bei der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich einreichen könne. Des Weiteren beantragte der Bewährungsdienst dem Obergericht, nach Eintritt der Rechtskraft der Verfügung sei der Vollzug der beiden aufgeschobenen Strafen von 3 3/4 Jahren Gefängnis, abzüglich 125 Tage Polizei- und Untersuchungshaft, und fünf Tagen Einschliessung anzuordnen. C. X._ focht die Verfügung des Bewährungsdiensts vom 27. September 2006 nicht an, so dass diese in Rechtskraft erwuchs. Mit Eingabe vom 12. Februar 2007 an das Obergericht beantragte X._, es sei erneut eine ambulante Massnahme anzuordnen, und der Vollzug der beiden Strafen sei weiterhin aufzuschieben. Eventuell sei eine stationäre Massnahme anzuordnen, und die vorgenannten Strafen seien zu diesem Zweck aufzuschieben. Ferner sei er psychiatrisch zu begutachten. D. Mit Beschluss vom 7. August 2007 ordnete das Obergericht des Kantons Zürich den Vollzug der Strafe von 3 3/4 Jahren Gefängnis, abzüglich 125 Tage Polizei- und Untersuchungshaft, an. Hingegen entschied es, die Strafe von fünf Tagen Einschliessung werde nicht mehr vollzogen. E. X._ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 7. August 2007 sei aufzuheben, und die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf eine Stellungnahme zur Beschwerde verzichtet. Der Bewährungsdienst hat sich in seiner Vernehmlassung dem Antrag des Beschwerdeführers angeschlossen.
Erwägungen: 1. 1.1 Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten, da sie unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von der im Verfahren vor der Vorinstanz mit ihren Anträgen unterliegenden Person (Art. 81 BGG) eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz (Art. 80 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 und 95 BGG) in Strafsachen (Art. 78 Abs. 2 lit. b BGG) richtet. 1.2 Die Vorinstanz hat vorliegend zutreffend die Bestimmungen des neuen Massnahmenrechts (Art. 56-65 StGB) angewendet, obwohl die Taten des Beschwerdeführers vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts begangen und abgeurteilt worden sind (vgl. Art. 2 Abs. 1 der Schlussbestimmungen der Änderung des StGB vom 13. Dezember 2002). 2. 2.1 Die Vorinstanz hat in ihrem Beschluss vom 7. August 2007, mit welchem sie den Vollzug der zugunsten einer ambulanten Massnahme im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB aufgeschobenen Freiheitsstrafe anordnete, erwogen, die bisherige ambulante Massnahme habe ihren Zweck nicht erfüllt (angefochtenes Urteil S. 7). Sie führt aus, zur Beurteilung des Gesundheitszustands des Beschwerdeführers könne weiterhin auf das Gutachten von Dr. med. P._, Spezialarzt FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 16. Oktober 2001 abgestellt werden, denn weder der Beschwerdeführer noch sein Therapeut Dr. med. T._, Spezialarzt FMH Psychiatrie und Psychotherapie, machten geltend, dass sich die damalige Prognose rückblickend als unzutreffend erwiesen habe. Ein Anlass für die Erstellung eines neuen Gutachtens sei daher nicht gegeben. Gemäss dem Gutachten von Dr. med. P._ sei der zeitweise Kokainkonsum des Beschwerdeführers Ausdruck einer adoleszentären Problematik. Der Konsum sei von geringem Ausmass, so dass kein schädlicher Gebrauch und erst recht keine Abhängigkeit vorliege. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Drogenkonsum das deliktische Verhalten begünstigt habe (angefochtenes Urteil S. 8 mit Hinweis auf das Gutachten von Dr. med. P._ vom 16. Oktober 2001). Die Vorinstanz hält sodann fest, da der Beschwerdeführer nicht (mehr) in der Lage gewesen sei, die Termine bei Dr. med. T._ regelmässig wahrzunehmen, wäre die Anordnung einer anderen ambulanten Massnahme kaum erfolgversprechend (angefochtenes Urteil S. 9). Ebenso wenig seien die Voraussetzungen zur nachträglichen Anordnung einer stationären therapeutischen Behandlung von psychischen Störungen im Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB erfüllt, da das beim Beschwerdeführer diagnostizierte Krankheitsbild gemäss Dr. med. P._ nicht in einer psychiatrischen Institution behandelt werden könne. Ferner komme auch eine stationäre Suchtbehandlung gemäss Art. 60 Abs. 1 StGB nicht in Frage, stünden doch die Anlasstaten des Beschwerdeführers nicht in Zusammenhang mit seiner Kokainabhängigkeit. Überdies habe er eine stationäre Massnahme gegenüber der Vollzugsbehörde ausdrücklich abgelehnt. Da für den Beschwerdeführer daher keine Massnahme mehr angeordnet werden könne, sei die mit Urteil vom 15. März 2002 aufgeschobene Strafe von 3 3/4 Jahren Gefängnis, abzüglich 125 Tage Polizei- und Untersuchungshaft, zu vollziehen (angefochtenes Urteil S. 10). 2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die gesetzliche Konzeption des Massnahmenrechts werde vom Grundgedanken beherrscht, dass einem Täter die adäquate Behandlung zur Verhinderung weiterer Straftaten zukommen müsse. Das Scheitern einer ambulanten Massnahme führe daher nicht automatisch zum Vollzug der aufgeschobenen Strafe, sondern könne auch den Wechsel zu einer anderen ambulanten oder einer stationären therapeutischen Massnahme zur Folge haben, falls dies der Verbrechensverhütung besser diene (Beschwerde S. 7). Dieser Entscheid, ob eine aufgeschobene Strafe zu vollziehen oder eine andere Massnahme anzuordnen sei, müsse bei veränderten Verhältnissen auf der Grundlage einer erneuten Begutachtung erfolgen (Beschwerde S. 8 f.). Vorliegend bestünden ernsthafte Anhaltspunkte dafür, dass das Gutachten von Dr. med. P._ nicht mehr aktuell sei. Dieser habe die bereits damals bestehende Drogenproblematik offensichtlich unterschätzt und sich auf die fehlende Persönlichkeitsreifung konzentriert. Der Beschwerdeführer führt aus, seine Persönlichkeit wie auch sein Umfeld hätten sich in den letzten Jahren erheblich verändert, und die zunehmende Kokainabhängigkeit habe sein Verhalten im Verlauf der Zeit immer stärker beeinflusst (Beschwerde S. 11 f.). Die verschärfte Suchtproblematik erkläre auch, weshalb es schliesslich zum Therapieabbruch gekommen sei (Beschwerde S. 13). Sein bisheriger Therapeut, Dr. med. T._, habe bei ihm mit Arztbericht vom 27. November 2006 eine Persönlichkeitsstörung mit unreifen Zügen sowie ein Kokainabhängigkeitssyndrom mit ständigem Substanzgebrauch diagnostiziert und einen Wechsel des Therapeuten als angezeigt erachtet. Der Beschwerdeführer betont, aufgrund des gewachsenen Leidensdrucks sei er in der Zwischenzeit bereit, sich einer stationären Massnahme zu unterziehen (Beschwerde S. 14). Vor diesem Hintergrund aber - so der Beschwerdeführer weiter - hätte die Vorinstanz zwingend seine erneute Begutachtung anordnen müssen, welche mutmasslich ergeben hätte, dass mit einer therapeutischen ambulanten oder stationären Behandlung seiner Drogensucht der Gefahr weiterer Delikte besser begegnet werden könnte als mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe (Beschwerde S. 15). 3. 3.1 Der Beschwerdeführer beantragt somit vorab, an Stelle der gescheiterten ambulanten Psychotherapie zur Behandlung seiner Adoleszentenkrise sei eine ambulante Suchtbehandlung anzuordnen. Die Vorinstanz erachtet den Wechsel zu einer anderen ambulanten Massnahme ebenfalls als grundsätzlich möglich - verwirft dies jedoch im konkreten Fall. Die Rechtslage stellt sich insoweit wie folgt dar: 3.2 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass der Täter nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn er eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht (Art. 63 Abs. 1 lit. a StGB) und zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen (Art. 63 Abs. 1 lit. b StGB). Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe zugunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen (Art. 63 Abs. 2 StGB). Die ambulante Behandlung wird durch die zuständige Behörde namentlich aufgehoben, wenn die Fortführung der Behandlung als aussichtslos erscheint (Art. 63a Abs. 2 lit. b StGB). Ist dies der Fall, ist die aufgeschobene Freiheitsstrafe entweder zu vollziehen (Art. 63b Abs. 2 StGB) oder eine stationäre therapeutische Massnahme nach den Art. 59-61 StGB anzuordnen. Eine stationäre therapeutische Massnahme ist indiziert, wenn zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer, mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen begegnen (Art. 63b Abs. 5 StGB). 3.3 Die Anordnung ambulanter Massnahmen erfolgt mithin durch das urteilende Gericht (Art. 63 Abs. 1 StGB). Alle den Vollzug betreffenden Fragen liegen dagegen in der Kompetenz der Vollzugsbehörde (vgl. BGE 130 IV 49 E. 3.1). Diese bestimmt insbesondere die Person des Therapeuten. Zeigt sich im Laufe der Behandlung die Notwendigkeit einer Anpassung der Massnahme, ist hierfür ebenfalls die Vollzugsbehörde zuständig, soweit die Änderung dem Zweck der ursprünglich angeordneten Massnahme entspricht und sich die neue Massnahme in den Rahmen der Behandlung einfügt, wie er im Strafurteil vorgezeichnet ist (vgl. MARIANNE HEER, Basler Kommentar StGB I, 2. Aufl., 2007, Art. 63b StGB N. 7). Soll hingegen (ausnahmsweise) durch die Anordnung einer anderen ambulanten Massnahme von dem durch das Strafurteil vorgegebenen Rahmen abgewichen werden, so hat hierüber das Gericht zu befinden. Die grundsätzliche Zuständigkeit der Vollzugsbehörde ist deshalb sachgerecht, weil diese in der Regel besser in der Lage ist, zu beurteilen, ob sich eine Modifikation des Vollzugs aufdrängt, als das urteilende Gericht, welches keinen direkten Kontakt mit dem Betroffenen hat. Überdies wäre es mit grossem Aufwand verbunden, wenn bei jeder Anpassung im Vollzug eine Abänderung des Strafurteils erfolgen müsste (BGE 130 IV 49 E. 3.3). Demzufolge sollte die Gerichtsbehörde im Urteilsspruch die angeordnete ambulante Massnahme zwar spezifizieren (HEER, a.a.O., Art. 63 StGB N. 65), den Entscheidungsspielraum der Vollzugsbehörde bei der Umsetzung jedoch nicht unnötig einengen. Namentlich ist eine nähere inhaltliche Ausgestaltung der therapeutischen Behandlung, soweit diese zum ordentlichen Tätigkeitsbereich des Therapeuten gehört, nicht gesondert anzuordnen (vgl. HEER, a.a.O., Art. 63 StGB N. 66). Dieses Konzept liegt insbesondere auch den Art. 4-6 der Richtlinien des Strafvollzugskonkordats der Nordwest- und Innerschweiz für den Vollzug der ambulanten Behandlung vom 4. November 2005 zugrunde. Folgerichtig wird der Therapeutenwechsel implizit als zulässig erachtet, d.h. er wird vom Einverständnis der Vollzugsbehörden abhängig gemacht. Sämtliche Anordnungen, welche die persönliche Freiheit der sich im Massnahmenvollzug befindlichen Person über das übliche Mass des normalen Tagesablaufs hinaus beschränken, sind aus Gründen des Rechtsschutzes in Verfügungsform zu erlassen (vgl. Benjamin F. Brägger, Der neue Allgemeine Teil des Schweizerischen Strafgesetzbuches, in: Schweizerische Zeitschrift für Kriminologie, 1/2008, S. 26-33, 28). Da gerade Änderungen ambulanter Massnahmen für den Betroffenen mit einschneidenden Konsequenzen verbunden sein können und daher dessen Rechte tangieren, sind diese von der Vollzugsbehörde zu verfügen, so dass dem Betroffenen die Möglichkeit offen steht, die Anordnungen auf dem Verwaltungsweg anzufechten. 3.4 Erachtet die Vollzugsbehörde die Fortführung der ambulanten Behandlung als aussichtslos, so stellt sie deren Scheitern mittels anfechtbarer Verfügung fest (vgl. Art. 63a Abs. 2 lit. b StGB). Gegen eine solche Verfügung steht nach Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs die Beschwerde in Strafsachen offen (Art. 78 Abs. 2 lit. b BGG; vgl. zum alten Recht auch BGE 119 IV 190 E. 1). Erwächst die Verfügung in Rechtskraft, hat ein Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde über die Konsequenzen zu befinden (HEER, a.a.O., Art. 63b StGB N. 27). Dem Gericht obliegt es mithin zu entscheiden, ob die aufgeschobene Freiheitsstrafe zu vollziehen (Art. 63b Abs. 2 StGB) oder eine stationäre therapeutische Massnahme nach den Art. 59-61 StGB anzuordnen ist (Art. 63b Abs. 5 StGB). Für das Aussprechen einer anderen ambulanten Massnahme besteht kein Raum (HEER, a.a.O., Art. 63b StGB N. 7 und N. 27; vgl. zum Ganzen auch Christian Schwarzenegger/Markus Hug/Daniel Jositsch, Strafrecht II, Strafen und Massnahmen, 8. Aufl., 2007, S. 246 f.). 3.5 Vorliegend hat der Bewährungsdienst mit Verfügung vom 27. September 2006 den Vollzug der mit dem Urteil des Obergerichts vom 15. März 2002 angeordneten ambulanten Massnahme nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB eingestellt, da diese aufgrund des Therapieverlaufs als gescheitert gelten müsse. Gleichzeitig hat er dem Obergericht beantragt, nach Eintritt der Rechtskraft der Verfügung sei der Vollzug der beiden aufgeschobenen Strafen anzuordnen. Der Beschwerdeführer hat diese Verfügung nicht mittels Rekurs bei der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich angefochten. In einem allfälligen Rekursverfahren hätte er sich insbesondere gegen die Einstellung der ambulanten Massnahme zur Wehr setzen und vorbringen können, die Massnahme könne nicht als gescheitert gelten, sondern sei zugunsten einer ambulanten Suchtbehandlung abzuändern. Im Verfahren vor der Vorinstanz und dementsprechend auch im bundesgerichtlichen Verfahren konnte bzw. kann der Beschwerdeführer diesen rechtskräftig gewordenen Entscheid hingegen nicht mehr zur Diskussion stellen. Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag, es sei eine ambulante Suchtbehandlung durchzuführen, mithin verspätet gestellt, ist doch gemäss Art. 63b Abs. 2 und 5 StGB nach der rechtskräftigen Feststellung des Scheiterns der ambulanten Behandlung einzig noch darüber zu befinden, ob die aufgeschobene Freiheitsstrafe zu vollziehen oder ob stattdessen eine stationäre therapeutische Massnahme nach den Art. 59-61 StGB anzuordnen ist. Auf die Beschwerde kann insoweit nicht eingetreten werden. 4. 4.1 Die Vorinstanz hat ihren Beschluss, die aufgeschobene Freiheitsstrafe sei zu vollziehen, auf das Gutachten von Dr. med. P._ vom 16. Oktober 2001 abgestützt. Der Beschwerdeführer stellt sich, wie dargelegt, auf den Standpunkt, ein solch gewichtiger Entscheid, ob an Stelle des Strafvollzugs eine stationäre therapeutische Massnahme anzuordnen sei, müsse zwingend gestützt auf ein aktuelles Gutachten getroffen werden. Das Gutachten aus dem Jahre 2001 genüge diesen Anforderungen nicht und hätte der Vorinstanz daher nicht als (einzige) Entscheidgrundlage dienen dürfen. 4.2 Gemäss Art. 56 Abs. 3 StGB stützt sich das Gericht namentlich beim Entscheid über die Anordnung einer Massnahme nach den Art. 59-61 und 63 StGB auf eine sachverständige Begutachtung ab. Diese äussert sich über die Notwendigkeit und die Erfolgsaussichten einer Behandlung des Täters (lit. a), die Art und Wahrscheinlichkeit weiterer möglicher Straftaten (lit. b) und die Möglichkeiten des Vollzugs der Massnahme (lit. c). 4.3 Aus Art. 56 Abs. 3 StGB ist zu folgern, dass Änderungsentscheide im Sinne von Art. 63b Abs. 2 und 5 StGB ebenfalls gestützt auf ein Gutachten einer sachverständigen Person zu treffen sind. Berichte des Therapeuten genügen nicht. Wie bei der ursprünglichen Anordnung einer stationären Massnahme sind bei einem Abänderungsentscheid sämtliche Voraussetzungen der Massnahme einer näheren Prüfung zu unterziehen (BGE 128 IV 241 E. 3.3; Heer, a.a.O., Art. 63b StGB N. 4). Die Vorinstanz verkennt diese Rechtslage nicht, hat sie doch bei ihrer Beurteilung des Zustands des Beschwerdeführers ausdrücklich auf das Gutachten von Dr. med. P._ vom 16. Oktober 2001 abgestellt. Umstritten ist jedoch, ob die Vorinstanz gehalten gewesen wäre, den Beschwerdeführer erneut begutachten zu lassen. Zur Beantwortung der Frage, ob ein früheres Gutachten hinreichend aktuell ist, ist nicht primär auf das formelle Kriterium des Alters des Gutachtens abzustellen. Massgeblich ist vielmehr die materielle Frage, ob Gewähr dafür besteht, dass sich die Ausgangslage seit der Erstellung des Gutachtens nicht gewandelt hat. Soweit ein früheres Gutachten mit Ablauf der Zeit und zufolge veränderter Verhältnisse an Aktualität eingebüsst hat, sind neue Abklärungen unabdingbar (BGE 128 IV 241 E. 3.4; Heer, a.a.O., Art. 56 StGB N. 67 ff. und Art. 63b StGB N. 4). Entscheidend ist daher, ob die ärztliche Beurteilung aus dem Jahr 2001 mutmasslich noch immer zutrifft, oder ob die Vorinstanz aufgrund der seitherigen Entwicklung gehalten gewesen wäre, eine neuerliche Begutachtung des Beschwerdeführers anzuordnen. 4.4 Gestützt auf den Bericht des behandelnden Therapeuten Dr. med. T._ an die ärztliche Leitung der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich vom 27. November 2006 leidet der Beschwerdeführer an einer Persönlichkeitsstörung mit unreifen Zügen (ICD-10 F6) und an einem Kokainabhängigkeitssyndrom mit ständigem Substanzgebrauch (ICD-10 F14.25). Dr. med. T._ geht dabei davon aus, dass sich der Kokainkonsum des Beschwerdeführers seit 2005 gesteigert hat, und es diesem daher zunehmend Schwierigkeiten bereitet, den Alltag zu meistern. Dieser ärztliche Befund spricht dafür, dass sich die Suchtproblematik des Beschwerdeführers, wie von ihm behauptet, seit 2001 in der Tat verschärft hat und deshalb - wie vom Bewährungsdienst in seiner Vernehmlassung zur Beschwerde ausgeführt - eine stationäre Therapie nach Art. 60 StGB in einer auf Dualerkrankungen (Suchterkrankung und psychische Probleme) spezialisierten Einrichtung zweckmässig sein könnte. Zudem weist der Beschwerdeführer zutreffend darauf hin, dass das Gutachten von Dr. med. P._ zu einem Zeitpunkt erstellt worden ist, als er sich als junger Erwachsener in einer adoleszentären Krise und damit in einer Phase befunden hat, in welcher die Möglichkeit einer Veränderung der Persönlichkeit besonders ausgeprägt ist. Infolge veränderter Verhältnisse kann das Gutachten von Dr. med. P._ nicht mehr als aktuell bezeichnet und deshalb nicht als (einzige) Entscheidgrundlage zur Beantwortung der Frage herangezogen werden, ob die aufgeschobene Freiheitsstrafe zu vollziehen (Art. 63b Abs. 2 StGB) oder an Stelle des Strafvollzugs eine stationäre therapeutische Massnahme nach den Art. 59-61 anzuordnen ist (Art. 63b Abs. 5 StGB). Die Vorinstanz hat demzufolge Art. 56 Abs. 3 StGB verletzt, indem sie davon abgesehen hat, ein Ergänzungsgutachten respektive ein Zweitgutachten einzuholen. 5. Die Beschwerde ist damit gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 7. August 2007 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Zürich hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG), die seinem Rechtsvertreter zuzusprechen ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 7. August 2007 aufgehoben und die Angelegenheit im Sinne der Erwägungen zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2. Es werden keine Kosten erhoben. 3. Der Kanton Zürich hat Rechtsanwalt Stephan A. Buchli für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 4. Juli 2008 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Schneider Stohner
b793c35b-8342-4599-a958-31ea88643647
de
2,008
CH_BGer_001
Federation
null
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nan
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Sachverhalt: A. Der Gemeinderat Zürich genehmigte am 16. Dezember 2006 den Entwurf zum Budget der laufenden Rechnung und der Investitionsrechnung für das Jahr 2007 und lehnte dabei einen in der Budgetdebatte gestellten Antrag, die Ausgaben für die Sanierung der Hardbrücke nicht zu genehmigen, ab. Mit Beschlüssen vom 20. Dezember 2006 setzte der Stadtrat von Zürich das Instandsetzungsprojekt Hardbrücke fest und bewilligte als neue Ausgabe einen Objektkredit von 1.85 Mio. Franken für den Bau eines kombinierten Rad-/Gehwegs zwischen Hardplatz und Bahnhof Hardbrücke sowie gebundene Ausgaben von insgesamt 88.5 Mio. Franken für die Instandsetzung der Hardbrücke. Diese Finanzbeschlüsse wurden keinem Referendum unterstellt. B. Niklaus Scherr, Bastien Giroud, Richard Rabelbauer, Robert Schönbächler und Markus Zimmermann gelangten gegen die Beschlüsse des Stadtrats mit Stimmrechtsrekurs an den Bezirksrat Zürich, der das Rechtsmittel am 5. Juli 2007 abwies und den für die Instandsetzung der Hardbrücke bewilligten Betrag als gebundene Ausgaben bezeichnete. Einen gegen den Entscheid des Bezirksrats erhobenen Rekurs wies der Regierungsrat des Kantons Zürich mit Beschluss vom 7. November 2007 ab, soweit er darauf eintreten konnte. C. Mit als Stimmrechtsbeschwerde bezeichneter Eingabe vom 14. Dezember 2007 beantragen die im kantonalen Verfahren unterlegenen Rekurrenten im Hauptantrag, der Entscheid des Regierungsrats vom 7. November 2007 sei aufzuheben und die Sache sei zur Fortsetzung des Verfahrens an die Vorinstanzen zurückzuweisen. In einem ersten Eventualantrag verlangen sie im Wesentlichen, der Objektkredit und die Bewilligung gebundener Ausgaben gemäss dem Beschluss des Stadtrats sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass der gesamte Kreditbetrag von 90.35 Mio. Franken nach Art. 10 lit. d der Gemeindeordnung der Stadt Zürich vom 26. April 1970 (GO) dem obligatorischen Referendum unterliege. In einem zweiten Eventualantrag ersuchen sie um die Feststellung, ein Anteil des gesamten Kreditbetrags von über 2 Mio. Franken stelle keine gebundene Ausgabe dar und unterliege deshalb dem fakultativen, allenfalls dem obligatorischen Referendum. Der Stadtrat sei anzuweisen, dem Gemeinderat entsprechend Antrag zu stellen. Die Beschwerdeführer berufen sich auf die Abgrenzung der gebundenen von den neuen Ausgaben gemäss Art. 10 ff. GO. Sie rügen die Verletzung ihres Stimmrechts sowie die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und Begründung des Entscheids (Art. 29 Abs. 2 BV). D. Der Stadtrat Zürich und der Regierungsrat des Kantons Zürich schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. E. Mit Präsidialverfügung vom 18. Januar 2007 wurde ein Gesuch der Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung abgewiesen.
Erwägungen: 1. 1.1 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 lit. c BGG kann die Verletzung politischer Rechte geltend gemacht werden. Dazu zählt die Rüge, ein Finanzbeschluss sei zu Unrecht nicht dem Referendum unterstellt worden. Zur Beschwerde ist gemäss Art. 89 Abs. 3 BGG legitimiert, wer in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist. Dieses Erfordernis erfüllen die Beschwerdeführer. Die Beschwerdefrist von Art. 100 Abs. 1 BGG ist eingehalten. 1.2 Beschwerden betreffend Volksabstimmungen in kantonalen Angelegenheiten sind gegen Akte letzter kantonaler Instanzen zulässig (Art. 88 Abs. 1 lit. a BGG). Die Kantone sehen gegen behördliche Akte, welche die politischen Rechte verletzen können, ein Rechtsmittel vor (Art. 88 Abs. 2 Satz 1 BGG). Diese Pflicht erstreckt sich nicht auf Akte des Parlaments oder der Regierung (Art. 88 Abs. 2 Satz 2 BGG). Vor dem Hintergrund von Art. 29a BV und der Zielsetzungen des Bundesgerichtsgesetzes hat das Bundesgericht entschieden, dass die Kantone als Rechtsmittelinstanz im Sinne von Art. 88 Abs. 2 Satz 1 BGG eine gerichtliche Behörde einsetzen müssen. Diese Pflicht besteht sowohl in kantonalen als auch in kommunalen Stimmrechtsangelegenheiten (Urteile des Bundesgerichts 1P.338/2006 und 1P.582/2006 vom 12. Februar 2007, E. 3.10, ZBl 108/2007 S. 313; 1C_185/2007 vom 6. November 2007 E. 1.2 mit Hinweisen). 1.2.1 Die Kantone sind gemäss Art. 130 Abs. 3 BGG verpflichtet, innert zwei Jahren seit Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes die erforderlichen Ausführungsbestimmungen über die Zuständigkeit, die Organisation und das Verfahren der bundesgerichtlichen Vorinstanzen zu erlassen. § 43 Abs. 1 lit. a des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 (VRG) schliesst die Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht auf dem Gebiet von Wahlen und Abstimmungen grundsätzlich aus (vgl. Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Auflage, Zürich 1999, § 43 N. 5). § 43 Abs. 2 VRG sieht jedoch vor, dass die Beschwerde an das Verwaltungsgericht auch in den Fällen von Abs. 1 zulässig ist, soweit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offensteht oder wenn es sich um eine Angelegenheit gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK handelt. Nach § 5 der Verordnung des Regierungsrats des Kantons Zürich vom 29. November 2006 über die Anpassung des kantonalen Rechts an das Bundesgerichtsgesetz (VO BGG, OS 61,480) ist unter Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht die ordentliche Beschwerde an das Bundesgericht zu verstehen. Diese genannte Verordnung des Regierungsrats trat gleichzeitig wie das Bundesgerichtsgesetz am 1. Januar 2007 in Kraft. Damit hat der Regierungsrat von der ihm in Art. 130 Abs. 4 BGG in Verbindung mit Art. 67 der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 (KV/ZH) eingeräumten Kompetenz Gebrauch gemacht, die Ausführungsbestimmungen in die Form nicht referendumspflichtiger Erlasse zu kleiden, sofern dies zur Einhaltung der Fristen nach den Absätzen 1-3 von Art. 130 BGG notwendig ist. Der Regierungsrat hat in § 5 VO BGG keine Vorbehalte in Bezug auf die früher nicht der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unterlegenen kantonalen Rechtsmittelentscheide und Stimmrechtsangelegenheiten angebracht (Art. 82 lit. a und c BGG). Dass er die zweijährige Übergangsfrist gemäss Art. 130 Abs. 3 BGG nicht ausgeschöpft hat, ist nicht zu beanstanden. 1.2.2 In der vorliegenden Angelegenheit sind kommunale Kreditbeschlüsse umstritten, welche wie erwähnt nach den Vorschriften des Bundesgerichtsgesetzes der ordentlichen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht unterliegen, nachdem ein kantonal letztinstanzlicher Rechtsmittelentscheid vorliegt. Gemäss § 43 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 VRG in Verbindung mit § 5 VO BGG ist in solchen Fällen deshalb die Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht zulässig. Das Verwaltungsgericht ist als einzige richterliche Behörde zur freien Sachverhaltsprüfung und zur Rechtsanwendung von Amtes wegen sowie zur Wahrung der Einheit des Verfahrens verpflichtet (Art. 110 f. BGG). Es ergibt sich, dass mit dem angefochtenen Entscheid des Regierungsrats kein kantonal letztinstanzlicher Entscheid im Sinne von Art. 88 Abs. 1 lit. a BGG vorliegt. 1.3 Das Bundesgericht verzichtet in konstanter Praxis auf das Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges, wenn an der Zulässigkeit eines Rechtsmittels ernsthafte Zweifel bestehen (BGE 132 I 92 E. 1.5 S. 94 mit Hinweisen). Solche Zweifel bestehen nach den vorstehenden Erwägungen nicht. 1.3.1 Unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV) ist zu beachten, dass der angefochtene Entscheid eine Rechtsmittelbelehrung enthält, nach welcher gegen den Regierungsratsentscheid beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden könne. Aus einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung dürfen den Parteien keine Nachteile erwachsen (Art. 49 BGG; Art. 18 Abs. 2 KV/ZH; BGE 132 I 92 E. 1.6 S. 96). Wird aufgrund einer unrichtigen Belehrung ein falsches Rechtsmittel ergriffen, kann die Sache daher von Amtes wegen an die zuständige Instanz überwiesen werden (BGE 123 II 231 E. 8b S. 239 f. mit Hinweisen). Allerdings geniesst nur Vertrauensschutz, wer die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung nicht kennt und sie auch bei gebührender Aufmerksamkeit nicht hätte erkennen können. Rechtsuchende geniessen keinen Vertrauensschutz, wenn der Mangel für sie bzw. ihren Rechtsvertreter allein schon durch Konsultierung der massgeblichen Verfahrensbestimmung ersichtlich ist. Dagegen wird nicht verlangt, dass neben den Gesetzestexten auch noch die einschlägige Rechtsprechung oder Literatur nachgeschlagen wird (vgl. BGE 124 I 255 E. 1a/aa S. 258; 117 Ia 119 E. 3a S. 125, 421 E. 2a, je mit weiteren Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 1P.653/1997 vom 13. Februar 1998, publ. in ZBl 100/1999 S. 80 ff.). 1.3.2 Der angefochtene Beschluss enthält eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung. Es war für die nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer nicht ohne Weiteres erkennbar, dass das Verwaltungsgericht als letzte kantonale Instanz zur Beurteilung der vorliegenden Stimmrechtsangelegenheit zuständig ist, da dies nicht dem Wortlaut von § 5 VO BGG und § 43 Abs. 2 VRG entnommen werden kann, sondern nur im Zusammenhang mit den Neuerungen, die sich aus der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ergeben, ersichtlich ist. Unter diesen Umständen ist die Beschwerde dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zur Behandlung zu überweisen (vgl. BGE 132 I 92 E. 1.6 S. 96; 125 I 313 E. 5 S. 320 mit Hinweis). 2. Zusammenfassend ergibt sich, dass die vorliegende Beschwerde mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs ausgeschlossen ist. Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zur Behandlung überwiesen. Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Eingabe der Beschwerdeführer vom 14. Dezember 2007 wird dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zur Behandlung überwiesen. 2. Das bundesgerichtliche Verfahren 1C_451/2007 wird als gegenstandslos geworden vom Geschäftsverzeichnis abgeschrieben. 3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 4. Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Stadt Zürich und dem Bezirksrat Zürich sowie dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 17. März 2008 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Féraud Haag
b7d2f0b0-694c-4641-b918-55b5ea80cfb4
de
2,009
CH_BGer_002
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A.a Die Implenia AG ist eine Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht mit Sitz in Dietlikon/ZH. Im Frühjahr 2007 hatte sie ein Aktienkapital von Fr. 83'124'000.--, welches in 18'472'000 Namenaktien mit einem Nennwert von Fr. 4.50 aufgeteilt war, die im Hauptsegment der SWX Swiss Exchange (heute: SIX Swiss Exchange AG) gehandelt wurden. A.b Die Laxey Partners Ltd. ist eine Gesellschaft in der Rechtsform einer Private Company Limited by Shares mit Sitz auf der Isle of Man. Sie verwaltet für Dritte Vermögen bzw. Investmentgesellschaften, worunter insbesondere The Value Catalyst Fund Ltd., LP Value Ltd., Laxey Investors Ltd., Altma Sicav Plc. in respect of Gardiner Sub-Fund, Leaf Ltd., Laxey Investors LP, Sprugos Investments XII LLC, Laxey Universal Value LP, LPAlternative LP und The Laxey Investment Trust Plc. Diese Gesellschaften sind auf vielfache Weise im Sinne von General Partnerships und Mutter-Tochter-Firmenverhältnissen miteinander verbunden. B. B.a Am 5. April 2007 informierte die Implenia AG die Eidgenössische Bankenkommission (EBK; nachfolgend: Bankenkommission) darüber, dass Laxey und die mit ihr verbundenen Partner- bzw. Tochtergesellschaften mittels Derivatgeschäften über Dritte ("contracts for difference" [CFD]) ihre Offenlegungspflichten nach Art. 20 des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (BEHG; SR 954.1) verletzt haben könnten. Am 11. April 2007 meldete Laxey, 2'258'468 Implenia-Aktien zu halten, womit sie über 12,226 % der Stimmrechte verfüge. Am 18. April 2007 gab sie bekannt, inzwischen 22,89 % der Stimmrechte zu besitzen (4'228'639 Aktien); sie habe den Grenzwert von 20 % am 16. April 2007 überschritten. B.b Die Bankenkommission behandelte Laxey Partners Ltd. und ihre hier fraglichen Partner- bzw. Tochtergesellschaften als Gruppe im Sinne des schweizerischen Börsengesetzes (nachfolgend: Laxey-Gruppe). Zwischen April und August 2007 holte sie, teilweise im Amtshilfeverfahren, bei verschiedenen Behörden und Unternehmen Auskünfte ein. Dabei handelte es sich insbesondere um die Financial Supervision Commission (Isle of Man), die Financial Services Authority FSA (Vereinigtes Königreich), die Finanzinspektionen (Königreich Schweden), die Netherlands Authority for the Financial Markets NAFM (Königreich der Niederlande) und die Commission bancaire, financière et des assurances CBFA (Königreich Belgien) sowie um die damalige SWX Swiss Exchange, die Bank Lombard Odier Darier Hentsch & Cie, die Bank Clariden Leu, die Zürcher Kantonalbank ZKB, die Neue Zürcher Bank NZB, die Credit Suisse CS und die Bank am Bellevue. B.c Am 19. Oktober 2007 stellte die Laxey-Gruppe bei der Bankenkommission den Antrag, es sei festzustellen, dass sie beim Erwerb ihrer Beteiligung an der Implenia AG die Offenlegungspflichten nicht verletzt habe. Am 2. November 2007 kündigte die Laxey-Tochter LIL Investments No. 4 Limited an, dass sie den Aktionären der Implenia AG ein öffentliches Kaufangebot unterbreiten werde, da sie zusammen mit der Laxey-Gruppe den Grenzwert von 33 1/3 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft überschritten habe, was sie zu einem öffentlichen Übernahmeangebot verpflichte. Dieses scheiterte in der Folge. B.d Am 6. November 2007 beantragte die Implenia AG Parteistellung im Verfahren vor der Bankenkommission. Diese teilte ihr jedoch mit, derzeit laufe noch kein Verwaltungsverfahren, sondern lediglich eine Untersuchung. C. C.a Mit Verfügung vom 12. Dezember 2007 stellte die Übernahmekammer der Bankenkommission in einem Vorabentscheid nach Art. 20 Abs. 6 BEHG fest, dass die Laxey-Gruppe einer börsenrechtlichen Offenlegungspflicht unterliege, wenn sie durch Erwerb bzw. Veräusserung von auf Aktien der Implenia AG lautenden "contracts for difference" (CFD) zusammen mit ihren übrigen offenlegungspflichtigen Positionen meldepflichtige Grenzwerte nach Art. 20 BEHG erreiche, über- oder unterschreite. C.b Dagegen führte die Laxey-Gruppe Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Im Rahmen des Schriftenwechsels reichte unter anderem die Implenia AG eine umfassende Stellungnahme ein. Mit Urteil vom 18. Dezember 2008 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit es sie nicht wegen Gegenstandslosigkeit abschrieb. C.c Dagegen führt die Laxey-Gruppe Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht (Verfahren 2C_78/2008). Sie beantragt, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben und festzustellen, dass die Laxey-Gruppe keiner Offenlegungspflicht gemäss Art. 20 Abs. 2bis BEHG unterliege; eventuell sei die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuem Entscheid an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen. D. D.a Am 24. Januar 2008 eröffnete die Bankenkommission ein formelles Verwaltungsverfahren über die börsenrechtliche Meldepflicht. Am 5. Februar 2008 teilte sie der Laxey-Gruppe mit, der Implenia AG komme Parteistellung zu, weshalb darüber zu entscheiden sei, in welche Aktenstücke Einsicht gegeben werden könne. Nebst Verfahrensanträgen stellte die Laxey-Gruppe am 3. März 2008 das Begehren, es sei festzustellen, dass sie keine Meldepflichten gemäss Art. 20 BEHG verletzt habe. In der Folge wurde der Implenia AG keine Akteneinsicht gewährt mit der Begründung, ihren Begehren werde ohnehin vollumfänglich entsprochen. Mit Verfügung vom 7. März 2008 stellte die Bankenkommission fest, dass die Laxey-Gruppe im Rahmen eines Beteiligungsaufbaus an der Implenia AG ihre Meldepflichten nach Art. 20 BEHG verletzt habe und dass der Implenia AG Parteistellung zukomme, weshalb ihr eine Parteientschädigung zuzusprechen sei. D.b Gegen diesen Entscheid erhob die Laxey-Gruppe Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Dieses bezog in den mehrfachen Schriftenwechsel die Bankenkommission, nicht aber die Implenia AG mit ein. Mit Zwischenverfügung vom 5. August 2008 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, die Implenia AG verfüge über die Parteieigenschaft und habe ein Recht auf Akteneinsicht. Am 10. September 2008 teilte die Bankenkommission dem Bundesverwaltungsgericht mit, der Implenia AG könne aus ihrer Sicht Einsicht in die gesamten Vorakten gewährt werden. D.c Am 15. September 2008 erhob die Laxey-Gruppe Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht gegen die Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. August 2008. Mit Urteil 2C_676/2008 vom 27. November 2008 trat das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht ein, weil der Laxey-Gruppe aus dem angefochtenen Zwischenentscheid kein nicht wiedergutzumachender Nachteil erwachse. Das Verfahren werde durch einen Einbezug der Implenia AG allenfalls aufwendiger, doch bilde dies nur eine faktische und keine rechtlich massgebliche Beeinträchtigung. Behauptete wettbewerbs- oder persönlichkeitsrechtliche Verstösse seien in den entsprechenden Verfahren vorzubringen und hätten keinen Einfluss auf die Frage der börsenrechtlichen Parteistellung bzw. der Akteneinsicht im börsenrechtlichen Verfahren. D.d Ohne der Implenia AG die Akteneinsicht zu geben oder sie zur Vernehmlassung beizuziehen, wies das Bundesverwaltungsgericht am 18. Dezember 2008 die bei ihm hängige Beschwerde gegen den Entscheid der Bankenkommission über die börsenrechtliche Meldepflicht der Laxey-Gruppe ab. D.e Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 2. Februar 2009 an das Bundesgericht beantragt die Laxey-Gruppe ebenfalls die Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts über die börsenrechtliche Meldepflicht (Verfahren 2C_77/2008); zugleich sei festzustellen, dass die Laxey-Gruppe die Vorschriften über die Meldepflicht nicht verletzt habe. Eventuell wird um Rückweisung der Angelegenheit zu ergänzender Sachverhaltsabklärung und neuem Entscheid an das Bundesverwaltungsgericht, subeventuell an die Bankenkommission ersucht. Überdies sei festzustellen, dass die Implenia AG weder im Verfahren vor der Bankenkommission noch in demjenigen vor dem Bundesverwaltungsgericht noch im bundesgerichtlichen Verfahren Parteistellung habe; dementsprechend sei die Implenia AG aus dem Verfahren auszuschliessen, und die Entscheide der unteren Instanzen seien auch insoweit aufzuheben, als der Implenia AG damit die Parteieigenschaft zugesprochen worden sei. Mit separater Eingabe vom 2. Februar 2009 im Verfahren über die börsenrechtliche Meldepflicht stellt die Laxey-Gruppe sodann ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen mit den Anträgen, der Implenia AG sei einstweilen bis zur Fällung eines Vor- bzw. Zwischenentscheides über ihre Parteistellung keine Akteneinsicht zu gewähren; falls der Implenia AG Parteirechte gewährt würden, seien ihr die Akten nicht oder nur nach Vornahme bestimmter Abdeckungen ("Einschwärzungen") gemäss den entsprechenden Vorschlägen der Laxey-Gruppe offenzulegen. E. Am 1. Januar 2009 übernahm die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA; nachfolgend: Finanzmarktaufsicht) unter anderem die hier wesentlichen Aufgaben der Bankenkommission. F. Am 5. März 2009 ordnete der Instruktionsrichter der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts in einer gemeinsamen Verfügung für die beiden bundesgerichtlichen Verfahren 2C_77/2008 (zur börsenrechtlichen Meldepflicht) und 2C_78/2008 (zur börsenrechtlichen Offenlegungspflicht) an, das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen werde der Implenia AG, der Finanzmarktaufsicht und dem Bundesverwaltungsgericht zur Stellungnahme zugestellt; weitere Verfügungen in den beiden Verfahren ergingen später. G. In ihrer Vernehmlassung vom 30. März 2009 an das Bundesgericht stellt die Implenia AG das Begehren, das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne; eventuell sei die Laxey-Gruppe zu verpflichten, jene Aktenstücke, die nach Auffassung des Bundesgerichts nicht oder nur beschränkt offengelegt werden dürften, dem Rechtsvertreter der Implenia AG zu edieren, ohne dieser selbst die Einsicht zu gestatten. Sodann sei gleichzeitig ohne zusätzlichen Vor- oder Zwischenentscheid festzustellen, dass der Implenia AG Parteistellung zukomme; eventuell sei der Implenia AG vor einem weiteren Zwischenentscheid nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Weiter sei die Laxey-Gruppe zu verpflichten, eine allfällige Parteientschädigung sicherzustellen. Schliesslich stellt die Implenia AG den prozessualen Antrag, über das Massnahmegesuch im vereinfachten Verfahren zu entscheiden. Die Finanzmarktaufsicht schliesst auf Abweisung des Gesuchs um vorsorgliche Massnahmen. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtete auf eine Stellungnahme. H. Mit ergänzender Eingabe vom 14. April 2009 stellt die Laxey-Gruppe das zusätzliche Begehren, die Anträge der Implenia AG in ihrer Stellungnahme vom 30. März 2009 seien abzuweisen.
Erwägungen: 1. In den zwei bundesgerichtlichen Verfahren stehen sich dieselben Parteien in den gleichen Rollen gegenüber. Inhaltlich stehen die beiden Verfahren in engem Zusammenhang. Es rechtfertigt sich daher, die Verfahren 2C_77/2009 und 2C_78/2009 zu vereinigen und über die Beschwerden in einem einzigen Urteil zu entscheiden (vgl. Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP; BGE 128 V 192 E. 1 S. 194 mit Hinweisen). 2. 2.1 Am 1. Januar 2009 ist das Bundesgesetz vom 22. Juni 2007 über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finanzmarktaufsichtsgesetz, FINMAG; SR 956.1; AS 2008 5207) in Kraft getreten. Gemäss der Übergangsbestimmung von Art. 58 Abs. 3 FINMAG übernahm die Finanzmarktaufsicht alle Verfahren der Eidgenössischen Bankenkommission. Mit dem Finanzmarktaufsichtsgesetz wurde unter anderem Art. 83 BGG um die lit. u ergänzt, worin ein neuer Ausnahmetatbestand vorgesehen ist; danach ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Kaufangebote (nach Art. 22 ff. des Börsengesetzes) ausgeschlossen. Das Finanzmarktaufsichtsgesetz enthält dazu keine Übergangsregelung. Mit Urteilen 2C_45/2009 und 2C_81/2009 vom 26. Mai 2009, jeweils E. 2.1, entschied das Bundesgericht, dass der neue Ausnahmetatbestand auf die im Vorfeld öffentlicher Kaufangebote geltenden Regeln der Offenlegungs- und Meldepflicht gemäss Art. 20 BEHG nicht durchschlägt. Überdies gilt das neue Verfahrensrecht nach der mangels spezifischer Übergangsregelung analog anwendbaren allgemeinen übergangsrechtlichen Bestimmung von Art. 132 Abs. 1 BGG bei einem Beschwerdeverfahren nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts ergangen ist. Das trifft hier nicht zu, weshalb der neue Ausnahmetatbestand auch aus diesem Grund keine Anwendung findet. 2.2 Nach dem hier also noch anwendbaren alten Verfahrensrecht konnten Entscheide der Eidgenössischen Bankenkommission als Börsenaufsichtsbehörde beim Bundesverwaltungsgericht und hernach uneingeschränkt beim Bundesgericht angefochten werden (vgl. Art. 31, 32 i.V.m. Art. 33 lit. f VGG [SR 172.32] bzw. Art. 82, Art. 83 i.V.m. 86 Abs. 1 lit. a BGG; Urteil 2A.25/2007 vom 6. Juni 2007, E. 1.2, nicht publ. in: BGE 133 II 232; 129 II 183 E. 3.2.1; vgl. auch das im vorliegenden Zusammenhang ergangene Urteil 2C_676/2008 vom 27. November 2008 E. 1.1). Die Beschwerdeführerinnen sind von den angefochtenen Urteilen besonders berührt und als direkte Adressatinnen zur Beschwerde an das Bundesgericht legitimiert (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG). Die beiden hier zu beurteilenden Beschwerden erweisen sich damit als zulässig. 3. 3.1 Wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Aktien oder Erwerbs- oder Veräusserungsrechte bezüglich Aktien einer Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz, deren Beteiligungspapiere mindestens teilweise in der Schweiz kotiert sind, für eigene Rechnung erwirbt oder veräussert und dadurch den Grenzwert von 3, 5, 10, 15, 25, 33 1/3, 50 oder 66 2/3 Prozent der Stimmrechte, ob ausübbar oder nicht, erreicht, unter- oder überschreitet, muss dies gemäss Art. 20 Abs. 1 BEHG der Gesellschaft und den Börsen, an denen die Beteiligungspapiere kotiert sind, melden. Nach Art. 20 Abs. 6 BEHG kann, wer Effekten erwerben will, über Bestand oder Nichtbestand einer Offenlegungspflicht einen Entscheid der Aufsichtsbehörde einholen. Von einer vertraglich oder auf eine andere Weise organisierten Gruppe ist die Meldepflicht gemäss Art. 20 Abs. 3 BEHG als Gruppe zu erfüllen. In Anwendung dieser Bestimmung gingen die Vorinstanzen zu Recht davon aus, die Laxey-Gruppe sei in diesem Sinne als Ganzes in die vorliegenden Verfahren einzubeziehen, was auch von keiner Seite bestritten wird. 3.2 Strittig ist vorerst, ob der Implenia AG im bundesgerichtlichen Verfahren sowie in den Verfahren vor den unteren Instanzen Parteistellung zukommt. Diese haben der Implenia AG die Parteieigenschaft zugesprochen. Mit Urteil 2C_676/2008 vom 27. November 2008 trat das Bundesgericht auf eine Beschwerde gegen den entsprechenden Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts nicht ein. Insoweit ist im vorliegenden Verfahren im Zusammenhang mit dem angefochtenen Endentscheid zu befinden, da sich der fragliche Zwischenentscheid auf dessen Inhalt auswirkte (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG). Die Frage der Parteistellung ist darüber hinaus auch für das bundesgerichtliche Verfahren zu regeln. 3.3 Mit Blick auf das weitere Verfahren und insbesondere der Behandlung des Antrags der Beschwerdeführerinnen, der Implenia AG die Akteneinsicht zu verweigern bzw. nur beschränkt zu gestatten, sowie des Begehrens der Implenia AG, die Beschwerdeführerinnen zur Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung zu verpflichten, rechtfertigt es sich, über die Frage der Parteistellung der Implenia AG in einem separaten Zwischenentscheid zu befinden. Dem entspricht, dass der Instruktionsrichter in seiner verfahrensleitenden Verfügung vom 5. März 2009 festhielt, vor einer weiteren Verfahrensinstruktion sei vorab über die Frage der Parteistellung zu entscheiden. 4. 4.1 Der Begriff der Partei wird im Bundesgerichtsgesetz an verschiedenen Stellen verwendet (so etwa in Art. 39 ff. und 62 ff.). Hier interessiert in erster Linie Art. 102 BGG, wonach das Bundesgericht die Beschwerde der Vorinstanz sowie den allfälligen anderen Parteien, Beteiligten oder zur Beschwerde berechtigten Behörden zustellt und ihnen Frist zur Einreichung einer Vernehmlassung ansetzt. Ebenfalls von Bedeutung ist Art. 56 BGG, wonach die Parteien insbesondere berechtigt sind, der Beweiserhebung beizuwohnen und in die vorgelegten Urkunden Einsicht zu nehmen. Nicht vollumfänglich geklärt ist die Abgrenzung des Begriffs der Partei von demjenigen der weiteren Beteiligten, der etwa die ihre Parteirolle nicht mehr ausübenden Betroffenen im Prozess eines anderen Drittbeschwerdeführers erfassen kann (vgl. ULRICH MEYER, in: Niggli/Uebersax/ Wiprächtiger [Hrsg.], Bundesgerichtsgesetz, Basler Kommentar, 2008, Art. 102, N. 14; URP 2003 693); wie es sich damit darüber hinaus verhält, kann hier offen bleiben. 4.2 Für das Verwaltungsverfahren des Bundes bestimmt Art. 6 VwVG, dass als Parteien Personen gelten, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht. Parteistellung kommt damit den direkten Adressaten einer Verfügung zu, deren Rechte und Pflichten damit geregelt werden sollen, sowie allfälligen Dritten, die durch einen in Aussicht gestellten Verwaltungsakt berührt sein und ein hinreichendes schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung haben können (ISABELLE HÄNER, in: Auer/ Müller/Schindler [Hrsg.], VwVG, Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2008, Art. 6, N. 5 und 6; MARINO LEBER, Parteistellung im Verwaltungsverfahren, in: Häner/Waldmann [Hrsg.], Das erstinstanzliche Verwaltungsverfahren, 2008, S. 22 f.). Im Beschwerdeverfahren des Bundes kommt derjenigen Person Parteistellung zu, die zur Beschwerde berechtigt ist (HÄNER, a.a.O., Art. 6, N. 9). Analog zu den Beteiligten im bundesgerichtlichen Verfahren können als Beigeladene unter anderem solche Personen zum Prozess beigezogen werden, die zwar Parteistellung beanspruchen könnten, bisher aber nicht am Verfahren beteiligt waren (HÄNER, a.a.O., Art. 6, N. 10; vgl. auch MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2008, Rz. 3.1). 4.3 Im vorliegenden Zusammenhang ist somit sowohl für das bundesgerichtliche Verfahren als auch für dasjenige vor den unteren Instanzen wesentlich, ob die Implenia AG selbst über die Beschwerdeberechtigung verfügt hätte, falls sie durch den jeweiligen Entscheid der Bankenkommission bzw. des Bundesverwaltungsgerichts beschwert gewesen wäre. Dafür ist wiederum massgeblich, ob sie ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung der erstinstanzlichen Verfügung bzw. am Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gehabt hätte und davon besonders berührt gewesen wäre (vgl. Art. 6 in Verbindung mit 48 Abs. 1 lit. c VwVG sowie Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG). Trifft das zu, ist der Implenia AG die Parteieigenschaft zuzusprechen, womit auch die Möglichkeit einer Beiladung ausscheidet. 4.4 Zu prüfen ist somit, ob die Implenia AG ein schutzwürdiges Interesse an den fraglichen gegen die Laxey-Gruppe gerichteten Offenlegungs- bzw. Meldeentscheiden gemäss Art. 20 BEHG hat. Nach der Zweckbestimmung von Art. 1 BEHG dient das Börsengesetz dazu, für die Anleger Transparenz und Gleichbehandlung sicherzustellen und den Rahmen zu schaffen, um die Funktionsfähigkeit der Effektenmärkte zu gewährleisten. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, das Gesetz schütze einzig die Interessen der Anleger. An verschiedenen Stellen richtet sich das Gesetz ebenso an die Gesellschaften, mit deren Effekten gehandelt wird. Dabei geht es nicht nur, wie etwa in Art. 21 BEHG, um Pflichten solcher Gesellschaften. Vielmehr werden diese auch als Adressaten und damit Berechtigte von Pflichten Dritter genannt. So sieht insbesondere die hier massgebliche Bestimmung von Art. 20 Abs. 1 BEHG ausdrücklich vor, dass die Meldepflicht bei der Überschreitung bestimmter Grenzwerte beim Erwerb von Effekten einer Gesellschaft auch dieser gegenüber besteht. Die Gesellschaft hat mithin das Recht, über Kaufvorgänge informiert zu werden, welche die Beteiligungsverhältnisse massgeblich zu verändern vermögen. Sie erhält damit wichtige Informationen über ihre Aktionärsstruktur sowie über laufende Veränderungen bei den Beteiligungen. Die Offenlegungs- und Meldepflicht dient in diesem Sinne nicht nur dem Anleger-, sondern auch dem Funktionsschutz und damit der betroffenen Gesellschaft (ROLF H. WEBER, in Watter/Vogt [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Kapitalmarktrecht, 2007, Vorbemerkungen zu Art. 20-21 BEHG N. 1 ff., und Art. 20 BEHG N. 1 ff.). Die bundesrätliche Botschaft zum Börsengesetz hält ausdrücklich fest, die Meldepflicht sei geeignet, die Transparenz für Anleger und Gesellschaften im schweizerischen Wertpapierhandel zu fördern (BBl 1993 1410). Die Meldepflicht kommt demnach auch der betroffenen Gesellschaft zugute. Diese erhält dadurch unter anderem diejenigen Kenntnisse über die Aktionärsstruktur, die sie zur Erfüllung der ihr obliegenden Bekanntgabepflicht (nach Art. 663c OR) benötigt. Die frühzeitige Aufdeckung von Übernahmeabsichten verschafft ihr aber auch die Möglichkeit, angemessen - je nachdem durch unterstützende oder abwehrende Massnahmen - darauf zu reagieren. 4.5 Vorliegend ist zwar gerade strittig, ob die Voraussetzungen der Melde- und Offenlegungspflicht erfüllt sind. Die Implenia AG ist von dieser Frage aber als börsenkotierte Gesellschaft und als Ziel einer allfälligen Übernahme aus Art. 20 BEHG betroffen und kann daraus ein Recht auf Information ableiten. Damit hat sie ein schutzwürdiges Interesse am Ausgang des vorliegenden Verfahrens. Sie ist als betroffene Zielgesellschaft auch mehr berührt als andere Personen oder Unternehmen. Insgesamt verfügt sie demnach über Parteieigenschaft. 4.6 Dem entspricht, dass die Implenia AG im Verfahren betreffend die Offenlegungspflicht (bundesgerichtliches Verfahren 2C_78/2009) vor beiden unteren Instanzen Parteistellung erhielt, ohne dass sich die Laxey-Gruppe dagegen offenbar gewehrt hätte. Die Implenia AG reichte denn auch vor dem Bundesverwaltungsgericht eine umfassende Stellungnahme ein. Weshalb im Meldeverfahren (bundesgerichtliches Verfahren 2C_77/2009) etwas anders gelten sollte, ist nicht ersichtlich. Das trifft um so mehr zu, als in Art. 20 Abs. 6 BEHG, worin die Offenlegung geregelt ist, die betroffene Gesellschaft im Unterschied zu Art. 20 Abs. 1 BEHG nicht einmal erwähnt wird. 4.7 Das Bundesverwaltungsgericht verletzte demnach Bundesrecht nicht, indem es der Implenia AG die Parteistellung zusprach. Diese steht ihr überdies auch im bundesgerichtlichen Verfahren zu. 5. 5.1 Mit dem vorliegenden Zwischenentscheid ist festzustellen, dass der Implenia AG in den Verfahren 2C_77/2009 und 2C_78/2009 Parteistellung zukommt und dass die angefochtenen Entscheide insoweit nicht gegen Bundesrecht verstossen. Die Sache geht mit dieser Vorgabe an den Instruktionsrichter zur weiteren Verfahrensleitung, insbesondere gemäss Art. 102 BGG (Schriftenwechsel) und Art. 104 BGG (vorsorgliche Massnahmen). Im Rahmen der Verfahrensinstruktion ist auch über die Gewährung des Akteneinsichtsrechts nach Art. 56 BGG sowie über die beantragte Sicherstellung der Parteientschädigung gemäss Art. 62 Abs. 2 BGG zu befinden. 5.2 Die Kosten- und Entschädigungsfolgen werden mit dem Hauptentscheid geregelt.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die bundesgerichtlichen Verfahren 2C_77/2009 und 2C_78/2009 werden vereinigt. 2. Es wird festgestellt, dass die Implenia AG über die Parteieigenschaft verfügt und dass die angefochtenen Entscheide Bundesrecht nicht verletzen, indem sie der Implenia AG die Parteistellung zuerkennen. 3. Die Sache geht an den Instruktionsrichter zur weiteren Verfahrensleitung. 4. Dieser Zwischenentscheid wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, der Finanzmarktaufsicht FINMA und der SIX Swiss Exchange schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 2. Juni 2009 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Müller Uebersax
b7fa6875-3875-4d50-b963-12e83cf06718
de
2,014
CH_BGer_008
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die am 28. September 1994 geborene, unter einem Geburtsgebrechen leidende A._ ersuchte am 23. Juli 2012 bei der Invalidenversicherung um Ausrichtung eines Assistenzbeitrags für Minderjährige. In der Folge verfasste die IV-Stelle des Kantons Zürich einen Abklärungsbericht für Hilflosenentschädigung für Erwachsene vom 28. September 2012 und errechnete mittels des standardisierten Abklärungsinstruments FAKT den für die anerkannten Hilfeleistungen benötigten Zeitbedarf. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren sprach die Verwaltung der Versicherten mit Verfügungen vom 19. Dezember 2012 für die Zeit vom 23. Juli 2012 bis zur Volljährigkeit am 30. September 2012 wie auch hernach einen Assistenzbeitrag an tatsächlich erbrachte Assistenzstunden von monatlich durchschnittlich Fr. 959.10 bzw. jährlich maximal Fr. 10'549.85 zu. B. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich in dem Sinne gut, dass es die angefochtenen Verfügungen aufhob und die Sache an die IV-Stelle zurückwies, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und hernach neu verfüge (Entscheid vom 31. Januar 2014). C. Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids; eventualiter sei die Angelegenheit zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die kantonalen Akten wurden eingeholt. Auf die Durchführung eines Schriftenwechsels wurde verzichtet.
Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 138 V 318 E. 6 Ingress S. 320 mit Hinweis). 2. Gemäss Art. 90 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen. Ebenfalls zulässig ist nach Art. 92 Abs. 1 BGG die Beschwerde gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren. Gegen einen sog. anderen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten demgegenüber nur zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a BGG), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Ist die Beschwerde nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, bleibt ein Zwischenentscheid im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, sofern er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG). Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache wie im vorliegenden Fall zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, sind grundsätzlich Zwischenentscheide, die nur unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden können (BGE 138 I 143 E. 1.2 S. 148; 133 V 477 E. 4.2 und 5.1 S. 481 ff.). 3. 3.1. Das kantonale Gericht hat erwogen, dass die Verfügungen der IV-Stelle vom 19. Dezember 2012 den Anforderungen an die sich aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ergebende Begründungspflicht nicht genügten. Eine Verfügung müsse auch ohne professionelle Hilfe wenigstens in den Grundzügen für den Adressaten nachvollziehbar sein, was hier in Bezug auf die Berechnung des Assistenzbeitrags nicht der Fall sei. Dieser Mangel werde auch durch den beiliegenden FAKT-Ausdruck nicht beseitigt, zumal dieser unübersichtlich und nicht selbsterklärend sei. Die beanstandeten Verfügungen seien bereits aus diesem Grund aufzuheben und die Sache sei zur rechtsgenüglichen Begründung an die IV-Behörden zurückzuweisen. Überdies fehle es, ohne dass die Verwaltung hierfür Gründe anführe, an einer gemäss Kreisschreiben des Bundesamtes für Sozialversicherungen über den Assistenzbeitrag (KSAB) erforderlichen Selbstdeklaration des Hilfsbedarfs durch die versicherte Person (Rz. 6011) sowie an einer Abklärung vor Ort (Rz. 6015). Schliesslich sei nicht erkennbar, ob der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin noch bei ihren Eltern wohne, bei den Einstufungen der im Zusammenhang mit der Haushaltführung stehenden Teilbereiche berücksichtigt worden sei. Auch dazu werde sich die Verwaltung in der neu zu erlassenden Verfügung zu äussern haben. 3.2. Dagegen wendet die beschwerdeführende IV-Stelle im Wesentlichen ein, die Feststellung einer Gehörsverletzung im Rückweisungsentscheid erweise sich als nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, der in einem späteren Zeitpunkt nicht mehr berichtigt werden könne. In einem ähnlich gelagerten Fall habe das Bundesgericht erkannt, dass die aus Sicht der im damaligen Prozess beschwerdeführenden Verwaltung rechtswidrige Anweisung des kantonalen Gerichts, ein Vorbescheidverfahren durchzuführen, einen irreparablen Nachteil darstelle (BGE 134 V 97 E. 1.2.3 S. 100 f.). Vorliegend werde sie infolge der beanstandeten Verletzung der Begründungspflicht ebenfalls verpflichtet, erneut einen Vorbescheid zu erlassen. Bereits aus diesem Grund sei die Beschwerde zulässig. Ferner seien entgegen der vorinstanzlichen Betrachtungsweise die massgeblichen Überlegungen und entscheidwesentlichen Rechtsgrundlagen, welche zum betreffenden Abklärungsergebnis geführt hätten, in den Verfügungen vom 19. Dezember 2012 genannt worden. Ebenso habe sie darin zu den im Vorbescheidverfahren erhobenen Einwendungen Stellung genommen. Müsste dem Rückweisungsentscheid ohne Möglichkeit der Anfechtbarkeit ihrerseits nachgelebt werden, wäre sie gehalten, eine ihres Erachtens den Kerngehalt der Begründungspflicht überdehnende Verfügung zu verfassen indem sie nochmals die gesamte, sich indessen bereits aus dem FAKT ergebende Berechnungsbasis darzulegen hätte. Der Nachteil der derart auferlegten übermässigen Begründungsdichte wäre in einem allfälligen späteren gerichtlichen Endentscheid nicht mehr behebbar. Auf die Beschwerde sei deshalb einzutreten. 4. 4.1. Der Eintretensgrund von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt hier ohne weiteres ausser Betracht. 4.2. Mit Blick auf das in Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG festgehaltene Erfordernis des nicht wieder gutzumachenden Nachteils gilt es hinsichtlich der oberinstanzlich entschiedenen Rückweisung folgende Konstellationen zu unterscheiden: Dient die Rückweisung einzig noch der Umsetzung des vom kantonalen Gericht Angeordneten und verbleibt dem Versicherungsträger somit kein Entscheidungsspielraum mehr, handelt es sich materiell nicht - wie bei Rückweisungsentscheiden sonst grundsätzlich der Fall (vgl. E. 2 hievor am Ende) - um einen Zwischenentscheid, gegen den ein Rechtsmittel letztinstanzlich bloss unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG zulässig ist, sondern um einen sowohl von der betroffenen versicherten Person wie auch von der Verwaltung anfechtbaren Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG (Urteil 9C_684/2007 vom 27. Dezember 2007 E. 1.1, in: SVR 2008 IV Nr. 39 S. 131, und seitherige Rechtsprechung [so etwa Urteil 8C_428/2013 vom 20. Dezember 2013 E. 1.2]). Enthält der Rückweisungsentscheid demgegenüber Anordnungen, die den Beurteilungsspielraum der Verwaltung zwar nicht gänzlich, aber doch wesentlich einschränken, stellt er einen Zwischenentscheid dar. Dieser bewirkt in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die rechtsuchende Person ihn später zusammen mit dem neu zu fällenden Endentscheid wird anfechten können (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG). Anders verhält es sich für den Versicherungsträger, da er durch den Entscheid gezwungen wird, eine seines Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen. Während er sich ausserstande sähe, seinen eigenen Rechtsakt anzufechten, wird die versicherte Person im Regelfall kein Interesse haben, einem zu ihren Gunsten lautenden Endentscheid zu opponieren. Der kantonale Rückweisungsentscheid könnte mithin nicht mehr korrigiert werden (BGE 133 V 477 E. 5.2.4 S. 484 f.; Urteil 8C_682/2007 vom 30. Juli 2008 E. 1.2.2, nicht publ. in: BGE 134 V 392, aber in: SVR 2008 UV Nr. 31 S. 115; vgl. auch Urteil 9C_49/2008 vom 28. Juli 2008 E. 1.1 mit Hinweisen). Der irreversible Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG wird in diesen Fällen deshalb regelmässig bejaht (BGE 133 V 477 E. 5.2.4 am Ende S. 485; Urteil 8C_512/2013 vom 13. Januar 2014 E. 3.2 mit Hinweisen). Das gilt aber nur, soweit der Rückweisungsentscheid materiellrechtliche Vorgaben enthält, welche die untere Instanz bei ihrem neuen Entscheid befolgen muss. Erschöpft sich der Rückweisungsentscheid darin, dass eine Frage ungenügend abgeklärt und deshalb näher zu prüfen ist, ohne dass damit materiellrechtliche Anordnungen verbunden sind, so entsteht der Behörde, an die zurückgewiesen wird, kein nicht wieder gutzumachender Nachteil. Die Rückweisung führt lediglich zu einer das Kriterium nicht erfüllenden Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens (BGE 139 V 99 E. 2.4 S. 103 f.; 133 V 477 E. 5.2.2 S. 483; Urteile 8C_512/2013 vom 13. Januar 2014 E. 3.3; 9C_305/2013 vom 2. August 2013 E. 3 und 2C_860/2012 vom 14. Mai 2013 E. 1.3.3). 4.2.1. Die Beschwerdeführerin wird durch den vorinstanzlichen Entscheid angewiesen, die Ermittlung des Assistenzbeitrags verfügungsweise detaillierter aufzuzeigen und dabei auch zu den vom kantonalen Gericht aufgeworfenen Punkten (Würdigung des Umstands, dass die Beschwerdegegnerin noch im Elternhaus wohnt, Notwendigkeit einer Selbstdeklaration des Hilfebedarfs durch die versicherte Person sowie einer Abklärung vor Ort am Arbeitsplatz) Stellung zu nehmen. Die Rechts- und Sachlage präsentiert sich somit nicht als unverrückbar. Der angefochtene Entscheid schränkt, indem er die Angelegenheit zur vertieften Begründung an die Beschwerdeführerin zurückweist, deren Entscheidungsspielraum nicht in einem Masse ein, dass nur noch eine Umsetzung des vom kantonalen Gericht Angeordneten in Frage käme. Auch enthält er keine verbindlichen Anweisungen, in welcher Weise der Fall materiellrechtlich zu behandeln ist. 4.2.2. Eine letztinstanzliche Anhandnahme der Beschwerde rechtfertigt sich in Anbetracht dieser Verhältnisse nicht. Das Bundesgericht hat in seinem kürzlich ergangenen Urteil 8C_512/2013 vom 13. Januar 2014 denn auch in Bekräftigung der einschlägigen Rechtsprechungsgrundsätze erkannt, dass einer IV-Stelle aus der Verpflichtung, im Rahmen der ergänzenden medizinischen Sachverhaltsabklärung eine bundesrechtliche Verfahrensvorschrift zu missachten (im konkreten Fall Rückweisung zur Durchführung eines Einigungsverfahrens zwecks Bestimmung der Gutachterstelle für ein polydisziplinäres Gutachten) kein irreparabler Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG erwächst. Anderweitige nachteilige Konsequenzen, die sich durch eine Anfechtung des Endentscheids (Art. 93 Abs. 3 BGG) letztinstanzlich nicht vollständig beseitigen liessen, sind des Weitern nicht auszumachen, reichen hierzu doch, wie bereits erwähnt (E. 4.2 hievor am Ende), rein tatsächliche Nachteile wie die Verfahrensverlängerung oder -verteuerung nicht aus (vgl. BGE 139 V 99 E. 2.4 S. 104; 137 III 522 E. 1.3 S. 525; 136 II 165 E. 1.2.1 S. 170; je mit Hinweisen; relativierend: BGE 135 II 30 E. 1.3.4 und 1.3.5 S. 36 ff.). Nichts zu Gunsten ihres Standpunktes vermag die Beschwerdeführerin mit ihrem Hinweis auf BGE 134 V 97 (E. 1.2.3 S. 100 f.) zu bewirken. Darin war mit der Begründung, dass die vorinstanzlich angeordnete Rückweisung der Angelegenheit zur (gegebenenfalls erforderlichen) Gewährung des rechtlichen Gehörs im Rahmen eines formellen Vorbescheidverfahrens einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG darstelle, auf die Beschwerde der IV-Stelle eingetreten worden. Da sich der zu beurteilende Fall von der damaligen Konstellation unterscheidet, in der es - anders als hier - explizit um die Durchführung des Vorbescheidverfahrens gegangen war, kann gestützt darauf ein irreversibler Nachteil vorliegend nicht bejaht werden. Ob das Bundesgericht in jenem Prozess das Rechtsmittel zu Recht als zulässig qualifiziert hat, braucht in Anbetracht dieses Ergebnisses nicht abschliessend erörtert zu werden. Aus dem Umstand, dass IV-Organe in Verfahren, in denen sie durch vorinstanzliche Rückweisungsentscheide zur Vornahme weiterer Schritte und zu anschliessender Neuverfügung samt vorangehendem Vorbescheidverfahren verpflichtet werden, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG abzuleiten, hiesse, die in E. 4.2 hievor am Ende zitierte Rechtsprechung grundsätzlich in Frage zu stellen. So könnten die betroffenen Versicherungsträger diesfalls Rückweisungsentscheide doch systematisch, auch in Fällen, in welchen sie ohne materiellrechtliche Vorgaben einzig zur neuen Abklärung und Entscheidung angehalten sind, beim Bundesgericht anfechten. Gründe, weshalb von der mit BGE 133 V 477 E. 5.2 S. 483 ff. eingeleiteten und seitherigen ständigen Praxis abgewichen werden sollte, sind indessen nicht erkennbar und werden auch durch die Beschwerdeführerin nicht dargetan. Ihr Argument, bei einer Nichtanfechtbarkeit des vorinstanzlichen Rückweisungsentscheids sähe sie sich faktisch ausserstande, sich in einem späteren Prozessstadium gegen die vorinstanzliche Sichtweise des Inhalts der Begründungspflicht zu wehren, verfängt nicht. Vielmehr führt die Anweisung des kantonalen Gerichts lediglich zu einer - das Kriterium des irreparablen Nachteils gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht erfüllenden - Verlängerung des Verfahrens. 4.2.3. Soweit die Beschwerde sich zum Kerngehalt der Begründungspflicht als wesentlichem Bestandteil des verfassungsrechtlichen Gehörsanspruchs an sich äussert, kann darauf nicht näher eingegangen werden, wären die entsprechenden Ausführungen doch nur bei einem Eintreten auf das Rechtsmittel zu prüfen. 4.3. Zusammenfassend sind die Voraussetzungen der Anfechtbarkeit nach Art. 93 Abs. 1 BGG zu verneinen. Die Beschwerde erweist sich daher als unzulässig. 5. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten zu tragen (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 12. Mai 2014 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Leuzinger Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl
b8512fb4-a234-4ce3-a841-3f90a3f648f6
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Sachverhalt: A. A.a. Die 1952 geborene B._ hatte sich am 25. Februar 2004 unter Hinweis auf ein erlittenes HWS-Schleudertrauma bei der Invalidenversicherung zum Bezug einer Invalidenrente angemeldet. Nach Abklärungen in medizinischer und erwerblicher Hinsicht verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 17. März 2005 einen Rentenanspruch. Hiegegen liess B._ durch Rechtsanwältin Dr. iur. W._ Einsprache erheben. Nach Einholung eines interdisziplinären Gutachtens beim Zentrum X._ vom 16. Februar 2007 wies die IV-Stelle die Einsprache mit Entscheid vom 14. März 2008 ab. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 11. März 2010 ab. Mit Urteil vom 6. September 2010 hob das Bundesgericht den kantonalen Entscheid vom 11. März 2010 und den Einspracheentscheid vom 14. März 2008 auf und wies die Sache an die IV-Stelle zurück, damit sie eine medizinische Begutachtung und eine neue Haushaltsabklärung anordne und über den Anspruch auf eine Invalidenrente neu entscheide. A.b. Nachdem die IV-Stelle beim Zentrum X._ ein Gutachten in Auftrag gegeben hatte, liess B._ am 17. Oktober 2011 durch Rechtsanwältin Dr. iur. W._ rückwirkend ab 29. September 2010 um unentgeltliche Rechtsverbeiständung im Verwaltungsverfahren ersuchen. Nach Eingang des Gutachtens des Zentrums X._ vom 3. Mai 2012 und weiteren medizinischen Abklärungen verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 22. Oktober 2012 einen Rentenanspruch. Mit Verfügung vom 27. November 2012 bestellte die IV-Stelle sodann Rechtsanwältin Dr. iur. W._ mit Wirkung ab 23. August 2012 bis zum Erlass der materiellen Verwaltungsverfügung vom 22. Oktober 2012 als unentgeltliche Rechtsbeiständin von B._ im Verwaltungsverfahren und setzte die Entschädigung auf Fr. 778.70 fest. Eine gegen die Verfügung vom 22. Oktober 2012 erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 6. August 2013 in dem Sinne gut, als es die Verfügung aufhob und die Sache an die Verwaltung zurückwies, damit diese nach weiteren Abklärungen über den Leistungsanspruch neu verfüge. Das Bundesgericht trat auf die von B._ dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 30. September 2013 nicht ein (8C_668/2013). B. Gegen die Verfügung betreffend unentgeltliche Verbeiständung vom 27. November 2012 erhob Rechtsanwältin Dr. iur. W._ Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und beantragte deren Aufhebung insofern, als sie erst mit Wirkung ab 23. August 2012 statt bereits ab 20. Oktober 2010 als unentgeltliche Rechtsbeiständin von B._ eingesetzt worden sei. Zudem sei ihr statt der zugesprochenen Fr. 778.70 ein angemessenes Honorar in der Höhe von Fr. 5'550.45 zuzusprechen. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde verpflichtete das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die IV-Stelle mit Entscheid vom 13. Juni 2013, Rechtsanwältin Dr. iur. W._ für ihre Bemühungen als unentgeltliche Rechtsvertreterin mit Fr. 1'557.35 zu entschädigen. Im Übrigen trat es auf die Beschwerde nicht ein. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids vom 13. Juni 2013 und die Bestätigung ihrer Verfügung vom 27. November 2012, eventualiter die Rückweisung der Sache zur Begründung an die Vorinstanz. Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
Erwägungen: 1. Gemäss Art. 90 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen. Ebenfalls zulässig ist nach Art. 92 Abs. 1 BGG die Beschwerde gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren. Gegen andere selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - die Beschwerde in Anwendung von Art. 93 Abs. 1 BGG nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). 2. 2.1. Damit der Entscheid einer letzten kantonalen Instanz als Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG qualifiziert werden kann, muss er das Verfahren vor der ersten Instanz abschliessen (Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4202, 4332; Bernard Corboz, in: Commentaire de la LTF, 2009, N. 9 zu Art. 90 BGG). Befindet das kantonale Gericht über einen Zwischenentscheid einer unteren Instanz, so stellt der Rechtsmittelentscheid regelmässig ebenfalls einen Zwischenentscheid dar. Mit einem solchen Entscheid wird nicht über ein Rechtsverhältnis endgültig entschieden, sondern nur über einen einzelnen Schritt auf dem Weg zum Endentscheid (BGE 133 V 477 E. 4.1.3 S. 481, Urteil 8C_243/2013 vom 25. Juni 2013 E. 2.1). Anders wäre lediglich zu entscheiden, wenn durch den Entscheid der letzten kantonalen Instanz ein Zwischenentscheid der ersten Instanz umgestossen und das Verfahren vor erster Instanz damit abgeschlossen würde (in BGE 136 V 156 nicht publizierte E. 1.2 des Urteils 8C_699/2009 vom 22. April 2010). 2.2. Mit Entscheid vom 13. Juni 2013 ist das kantonale Gericht auf die Beschwerde von Rechtsanwältin Dr. iur. W._ betreffend teilweise Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Verbeiständung im Verwaltungsverfahren nicht eingetreten und hat die Beschwerde gegen die Höhe der zugesprochenen Entschädigung teilweise gutgeheissen, indem es die IV-Stelle verpflichtete, Rechtsanwältin Dr. iur. W._ für ihre Bemühungen als unentgeltliche Rechtsvertreterin im vorinstanzlichen Verfahren mit Fr. 1'557.35 zu entschädigen. Dieser Entscheid hat das vor der IV-Stelle hängige Verfahren, in welchem zur Hauptsache die Zusprechung oder Verweigerung von Leistungen der Invalidenversicherung zur Diskussion steht, nicht abgeschlossen. Beurteilt wurde einzig die Höhe der Entschädigung für die unentgeltliche Verbeiständung im Verwaltungsverfahren. Zum materiell streitigen Rechtsverhältnis - einem allfälligen Leistungsanspruch gegenüber der Invalidenversicherung - wurde nicht Stellung genommen. Der vorinstanzliche Entscheid vom 13. Juni 2013 stellt demnach entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keinen Endentscheid, sondern einen Zwischenentscheid dar (vgl. auch BGE 139 V 600 E. 2 S. 601; Urteil 8C_155/2013 vom 9. Dezember 2013 E. 2). 3. Als Zwischenentscheid ist der kantonale Entscheid vom 13. Juni 2013 nur unter den in Art. 93 Abs. 1 lit. a oder b BGG genannten Voraussetzungen (vgl. E. 1 hievor) anfechtbar. 3.1. Eine Berufung auf die in lit. b von Art. 93 Abs. 1 BGG alternativ genannte Prozessvoraussetzung fällt von vornherein ausser Betracht, weil ein bundesgerichtliches Urteil über die Höhe der Entschädigung im Verwaltungsverfahren über den zur Hauptsache streitigen Leistungsanspruch gegenüber der Invalidenversicherung nichts aussagen würde und in diesem Punkt deshalb auch bei einer Beschwerdegutheissung nicht zu einem Endentscheid führen könnte. 3.2. Ein im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht wieder gutzumachender Nachteil ist rechtlicher Natur und auch mit einem für die Beschwerde führende Partei günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behebbar (BGE 133 V 645 E. 2.1 S. 647 mit Hinweisen). Die Kosten- und Entschädigungsregelung in einem Zwischenentscheid bewirkt als solche in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil (vgl. BGE 133 V 477 E. 5.2 S. 483 ff., 133 V 645 E. 2.1. S. 647; Urteil 8C_243/2013 vom 25. Juni 2013, E. 3.2). Ein solcher wird denn auch nicht geltend gemacht. 3.3. Der Zwischenentscheid vom 13. Juni 2013 wird bezüglich der Höhe der zugesprochenen Entschädigung mittels Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar sein (Art. 93 Abs. 3 BGG). Gelangt der Streit nicht mehr vor das kantonale Gericht, etwa weil die IV-Stelle auf Grund der Ergebnisse ihrer weiteren Abklärungen voll zu Gunsten der Versicherten entscheidet, kann gegen deren Verfügung direkt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht erhoben werden und es können dabei die betreffenden Punkte gerügt werden (BGE 133 V 642 E. 5.5 S. 644 mit Hinweis; Urteil 8C_243/2013 vom 25. Juni 2013, E. 3.3 mit Hinweisen). 3.4. Weil keine der Prozessvoraussetzungen nach Art. 93 Abs. 1 lit. a oder b BGG erfüllt ist, kann auf die gegen den kantonalen Gerichtsentscheid vom 13. Juni 2013 erhobene Beschwerde nicht eingetreten werden. 4. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten von der Beschwerdeführerin zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 9. Dezember 2013 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Leuzinger Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch
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Sachverhalt: A. M._, geboren 1951, war seit 1. Januar 1983 für die Regionale Amtsvormundschaft der Bezirke Y._ und X._ sowie der Gemeinden Q._, Z._ und V._ als Amtsvormund tätig. Gemäss dem am 25. Januar/26. Februar 2001 erneuerten Arbeitsvertrag übernahm er zudem die Funktion des Leiters der Regionalen Amtsvormundschaft. Nachdem die Betreuungs- und Beratungsaufgaben und damit verbunden auch die administrative Arbeit massiv zugenommen hatten, wurde im Hinblick auf eine allfällige Reorganisation und Personalaufstockung eine externe Beraterfirma beauftragt, eine Analyse zu erstellen, welche im Bericht vom 22. Juli 2004 verschiedene Massnahmen zur Diskussion stellte. Anlässlich der Sitzung der Verwaltungskommission der Regionalen Amtsvormundschaft vom 9. März 2005 wurde darüber informiert, dass M._ beabsichtige, "ins 2. Glied zurück zu treten" und die Sachbearbeitung sowie die Mandatsführung von "Altersbeistandschaften" zu übernehmen. Dem Wunsch wurde insoweit entsprochen, als M._ neu als Sachbearbeiter mit Mandatsführungsaufgaben bei einem Beschäftigungsgrad von insgesamt 100 Stellenprozent (80 % Sachbearbeiter, 20 % Amtsvormund) angestellt wurde. Sein Antrag, die administrative Leitung innerhalb des Dienstes sowie das Sekretariat der Verwaltungskommission beizubehalten, wurde dagegen abgelehnt. Statt dessen wurde auf den 1. September 2005 ein neuer Amtsvormund mit einem Pensum von 80 Prozent angestellt. Im Verlaufe des Jahres 2006 verschlechterte sich die gesundheitliche Situation des M._ zusehends, so dass er ab Mitte Dezember 2006 die Arbeit wegen eines Burnout-Syndroms aussetzen und auf Veranlassung der Präsidentin der Verwaltungskommission psychologisch betreut werden musste. In dessen Abwesenheit fand am 1. März 2007 eine Sitzung der Regionalen Amtsvormundschaft statt, welche unter anderem seinen krankheitsbedingten Ausfall zum Gegenstand hatte. Die Präsidentin der Verwaltungskommission orientierte Ende des Monats sowohl die behandelnde Psychologin wie auch den Betroffenen selber telefonisch darüber. Am 31. Mai 2007 erfolgte eine Aussprache zwischen M._ und Vertretern der Verwaltungskommission der Regionalen Vormundschaft, und am 19. Juli 2007 konnte dieser zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses Stellung nehmen. Mit Schreiben vom 24. Juli 2007 kündigte die Verwaltungskommission der Regionalen Amtsvormundschaft das Arbeitsverhältnis auf den 30. November 2007, unter sofortiger Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Als Begründung wurde angeführt, gemäss Besprechung vom 31. Mai 2007 und der nachfolgenden Anhörung sei gegenseitig vereinbart worden, dass die Tätigkeit als Sachbearbeiter der Regionalen Amtsvormundschaft nicht mehr durch M._ wahrgenommen werden könne. B. M._ liess beim Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz Klage einreichen und die Zusprechung einer Geldleistung in Höhe von Fr. 112'486.- zuzüglich 5 % Zins ab 30. November 2007 als Abfindung und Entschädigung beantragen. Das kantonale Verwaltungsgericht hiess die Klage mit Entscheid vom 11. Dezember 2008 im Sinne der Erwägungen teilweise gut und verpflichtete die Bezirke X._ und Y._ sowie die Gemeinden Z._, V._ und Q._ unter solidarischer Haftbarkeit zur Zahlung einer Abfindung und - wegen Missachtung von Verfahrensvorschriften - einer zusätzlichen Entschädigung in Höhe von insgesamt Fr. 84'364.50 zuzüglich 5 % Zins ab 1. Dezember 2007. C. Die Bezirke X._ und Y._ sowie die Gemeinden Z._, V._ und Q._ lassen gegen den kantonalgerichtlichen Entscheid beim Bundesgericht Beschwerde erheben. Sie beantragen dessen teilweise Aufhebung, soweit sie damit zur Entrichtung einer Entschädigung in Höhe von Fr. 28'121.50 wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör verpflichtet wurden; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In diesem Umfang sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. M._ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz nimmt in abweisendem Sinne Stellung.
Erwägungen: 1. 1.1 Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 90 BGG), der ein öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis betrifft, und somit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG darstellt. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit, weshalb der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. g BGG nicht gegeben ist. Die Streitwertgrenze von Fr. 15'000.- ist erreicht (Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG). 1.2 Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Die Legitimation von Gemeinwesen zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist im Sinne dieser Bestimmung zu bejahen, wenn diese in gleicher oder zumindest ähnlicher Weise berührt werden wie ein privater Arbeitgeber. Dies ist bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten im Bereich des öffentlichen Dienstrechts grundsätzlich zu bejahen, auch wenn sich das Arbeitsverhältnis nicht nach OR, sondern nach öffentlichem Recht richtet (BGE 134 I 204 E. 2.3 S. 207). Die Beschwerdeführer, die sich gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung wehren, sind damit in gleicher oder zumindest ähnlicher Weise berührt wie ein privater Arbeitgeber. Ihre Legitimation gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde ist daher gegeben. 2. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten können Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95 BGG gerügt werden. Rügen gegen die Sachverhaltsfeststellung sind nur zulässig, wenn diese offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252). Willkür liegt nach der Praxis nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung als die von der Vorinstanz gewählte ebenfalls vertretbar oder gar vorzuziehen wäre, sondern nur dann, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 134 II 124 E. 4.1 S. 133 mit Hinweisen). 3. 3.1 Will die Anstellungsbehörde einem Mitarbeiter kündigen, hat sie ihm laut § 21 Abs. 1 der Personal- und Besoldungsverordnung des Kantons Schwyz vom 26. Juni 1991 (PBV; SRSZ 145.110), welche laut Arbeitsvertrag vom 25. Januar/26. Februar 2001 sinngemäss anwendbar erklärt wurde, zuerst das rechtliche Gehör zu gewähren. Gemäss § 21a Abs. 1 PBV darf die Kündigung durch die Anstellungsbehörde nicht missbräuchlich sein nach den Bestimmungen des Obligationenrechts und setzt einen sachlich zureichenden Grund voraus. Ein solcher liegt nach § 21a Abs. 2 lit. e PBV unter anderem vor, wenn eine Stelle aufgehoben oder in Bezug auf den Aufgaben-, Kompetenz- oder Verantwortungsbereich umgestaltet wird und der Mitarbeiter nicht bereit ist, die umgestaltete Stelle oder eine andere zumutbare Stelle anzunehmen oder wenn es nicht möglich ist, dem Mitarbeiter eine andere zumutbare Stelle anzubieten. § 21f Abs. 2 PBV lautet: Ist eine Kündigung missbräuchlich nach den Bestimmungen des Obligationenrechts, ist eine Kündigung ohne sachlich zureichenden Grund nach § 21a Abs. 2 oder in Missachtung der Verfahrensvorschriften nach § 21 ausgesprochen worden oder ist eine fristlose Entlassung nach § 21c ohne wichtigen Grund erfolgt, entstehen finanzielle Ansprüche nach § 21g, sofern der betroffene Mitarbeiter nicht wiedereingestellt wird. Hingegen kann in diesen Fällen kein Anspruch auf die Fortführung des Arbeitsverhältnisses abgeleitet werden. 3.2 § 21g PBV legt fest, unter welchen Voraussetzungen bzw. in welcher Höhe in solchen Fällen finanzielle Abfindungen und Entschädigungen geschuldet sind. Wird ein Arbeitsverhältnis auf Veranlassung der Anstellungsbehörde im gegenseitigen Einvernehmen beendet, wird ein Mitarbeiter vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder kann einem Mitarbeiter, dessen Stelle aufgehoben wird, keine andere zumutbare Stelle angeboten werden, erhält der betroffene Mitarbeiter eine Abfindung (Abs. 1). Ist eine Kündigung missbräuchlich nach den Bestimmungen des Obligationenrechts, ist eine Kündigung ohne sachlich zureichenden Grund nach § 21a Abs. 2 oder in Missachtung der Verfahrensvorschriften nach § 21 ausgesprochen worden oder ist eine fristlose Entlassung nach § 21c ohne wichtigen Grund erfolgt, hat der betroffene Mitarbeiter Anspruch auf eine Abfindung nach Abs. 2 und auf eine zusätzliche Entschädigung, die höchstens dem letzten halben Jahreslohn entspricht (Abs. 3). 4. 4.1 Das Verwaltungsgericht betrachtete die gestützt auf § 21a Abs. 2 lit. e PBV ausgesprochene Kündigung vom 24. Juli 2007 als sachlich begründet. Hingegen sei im Rahmen der Kündigung der Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt worden. Das kantonale Gericht berief sich dabei einerseits auf § 21 Abs. 1 PBV und anderseits auf Art. 29 Abs. 2 BV. Dabei hat es erwogen, die Verwaltungskommission bzw. deren Präsidentin habe diesen über die ihn betreuende Psychologin ausgerichtet, das Arbeitsverhältnis werde aufgelöst. Die korrekte Vorgehensweise hätte demgegenüber darin bestanden, diesen zuerst zu einem Gespräch über die weitere berufliche Zukunft einzuladen und nach dessen Anhörung über eine allfällige Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu beraten. Die Durchführung der formellen Anhörung vom 19. Juli 2007 vermöge zu keinem andern Ergebnis zu führen. Da die Kündigung somit in Missachtung der Verfahrensvorschriften erfolgt sei, sprach die Vorinstanz dem heutigen Beschwerdegegner gestützt auf § 21g PBV eine Abfindung in der Höhe von sechs Monatsgehälter (vgl. § 21g Abs. 1 und 2 PBV) und eine zusätzliche Entschädigung von drei Monatslöhnen (vgl. § 21 Abs. 3 PBV) zu. 4.2 Die Beschwerde richtet sich einzig gegen die gestützt auf § 21g Abs. 3 PBV zugesprochene Entschädigung in Höhe von Fr. 28'121.50 nebst Zins. Dabei machen die Beschwerdeführer geltend, das Verwaltungsgericht habe kantonales Recht in bundesrechtswidriger Weise angewandt, indem es an den Anspruch auf rechtliches Gehör Anforderungen stelle, welche weder in Art. 29 Abs. 2 BV noch in § 21 PBV eine Stütze finden und sich daher als willkürlich erweisen. Zudem werfen sie dem Verwaltungsgericht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, weil es den Sachverhalt willkürlich und einseitig zu Gunsten des Beschwerdegegners gewürdigt habe. 5. 5.1 Der Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör wird zunächst durch die kantonalen Verfahrensvorschriften umschrieben. Das Bundesgericht prüft deren Auslegung und Anwendung nur unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbotes. Unabhängig vom kantonalen Recht greifen die aus Art. 29 Abs. 2 BV folgenden Verfahrensregeln zur Sicherung des rechtlichen Gehörs Platz (BGE 134 I 159 E. 2.1.1 S. 161). Ob diese Grundsätze eingehalten wurden, prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (BGE 124 I 241 E. 2 S. 242 f. mit Hinweisen). Dass sich aus dem kantonalen Recht ein weitergehender Gehörsanspruch als aus Art. 29 Abs. 2 BV ergeben würde, wird nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. 5.2 Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass des Entscheides zur Sache zu äussern, Einsicht in die Akten zu nehmen und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht somit alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (BGE 132 II 485 E. 3.2 S. 494; 129 II 497 E. 2.2 S. 504 f., je mit Hinweisen). Im einzelnen lässt sich nicht generell, sondern nur unter Würdigung der konkreten Interessenlage beurteilen, wie weit das Äusserungsrecht geht. Wegleitend muss der Gedanke sein, einer Partei zu ermöglichen, ihren Standpunkt wirksam zur Geltung zu bringen (BGE 111 Ia 273 E. 2b S. 274; 105 Ia 193 E. 2b/cc S. 197; Ur- teile 2P.46/2006 vom 7. Juni 2006 E. 4.3, 2P.77/2003 vom 9. Juli 2003 E. 2.1, 2P.241/1996 vom 27. November 1996 E. 2c). Im öffentlichen Dienstrecht können auch relativ informelle Äusserungsgelegenheiten vor der Kündigung dem verfassungsrechtlichen Gehörsanspruch genügen, sofern dem Betroffenen klar war, dass er mit einer solchen Massnahme zu rechnen hatte (Urteile 1C_560/2008 vom 6. April 2009, 1C_103/2007 vom 7. Dezember 2007 E. 5.3, 2P.275/2005 vom 1. März 2006 E. 2.1). Dabei hat der Betroffene nicht bloss die ihm zur Last gelegten Tatsachen zu kennen, sondern er muss darüber hinaus auch wissen, dass gegen ihn eine Verfügung mit bestimmter Stossrichtung in Erwägung gezogen wird (Urteil 2P.241/1996 vom 27. November 1996 E. 2c). 6. 6.1 Das kantonale Gericht ging davon aus, der Entscheid gegen eine Weiterbeschäftigung des Beschwerdegegners habe bereits im März 2007 festgestanden. Sie stützte sich dabei zum einen auf die Aktennotiz der betreuenden Psychologin vom 26. März 2007, in welcher diese festhielt, von der Präsidentin der Regionalen Amtsvormundschaft telefonisch darüber informiert worden zu sein, dass die Verwaltungskommission an ihrer Sitzung vom 1. März 2007 beschlossen habe, dem Beschwerdegegner zu kündigen und zum andern auf das in derselben Aktennotiz sowie im Schreiben des Beschwerdegegners vom 10. April 2007 festgehaltene Telefongespräch zwischen der Präsidentin und dem Beschwerdegegner vom 31. März 2007, anlässlich welchem sie ihm den Beschluss zu kündigen mitgeteilt habe. 6.2 Die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Einwände lassen die vorinstanzliche Würdigung des Sachverhalts nicht als willkürlich erscheinen. Diese bestreiten nicht, dass die Präsidentin der Regionalen Amtsvormundschaft dem Beschwerdegegner im Rahmen des Telefongesprächs vom 31. März 2007 mitteilte, dass die Kündigung beschlossen worden sei. Das Verwaltungsgericht hat überdies unbeanstandet festgehalten, die Präsidentin habe ihre Aussage, wie sie in den an sie adressierten Schreiben des Beschwerdegegners vom 10. und 22. April 2007 wiedergegeben worden sei, nicht remonstriert. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Information sei dahin gegangen, dass die Kündigung beschlossen worden sei, erscheint daher haltbar. Sie wird zudem durch das im angefochtenen Entscheid auszugsweise wiedergegebene Protokoll der Besprechung zwischen dem Beschwerdegegner und Vertretern der Verwaltungskommission der Regionalen Amtsvormundschaft vom 31. Mai 2007 erhärtet. Darin wurde mit Bezug auf die Sitzung von Vertretern der Vormundschaftsbehörden der beteiligten Gemeinwesen und zwei Mandatsträgern der Regionalen Amtsvormundschaft vom 1. März 2007 festgehalten, richtig sei, dass man eine Rückkehr des Beschwerdegegners in die Funktion als Sachbearbeiter nicht sehe und aufgrund der damals vorgelegenen Ressourcen auch keine Möglichkeit gesehen habe, ihn in der Funktion als Amtsvormund anzustellen. Die Präsidentin habe ihn danach im Auftrag der Verwaltungskommission über den Entscheid in Kenntnis gesetzt. Die Verwaltungskommission sei sich bewusst gewesen, dass sie damit die von der Präsidentin vor Krankheitsbeginn gegenüber dem Beschwerdegegner in Aussicht gestellte Möglichkeit, in die Funktion als Amtsvormund zurückversetzt zu werden, nicht habe stützen können. Das Verwaltungsgericht konnte somit ohne Willkür davon ausgehen, es sei bereits im März 2007 festgestanden, dass eine Weiterbeschäftigung des Beschwerdegegners nicht mehr in Frage komme. Dies vor allem auch darum, weil nicht ersichtlich ist, dass der Mitteilung der Präsidentin bloss vorläufiger Charakter hätte zukommen sollen. Gegen eine solche Annahme spricht insbesondere der Hinweis im obigen Protokoll, dass die Verwaltungskommission den Beschwerdegegner hätte freistellen müssen, wenn er im Rahmen der arbeitsrechtlichen Vorgabe seine Arbeitskraft wieder zur Verfügung gestellt hätte. Nach der Vorinstanz hat die Verwaltungskommission den Beschwerdegegner vor der Beschlussfassung vom März 2007 nicht angehört. Die Beschwerdeführer bestreiten dies nicht. 6.3 Soweit die Beschwerdeführer vorbringen, anlässlich der Sitzung vom 1. März 2007 sei die Präsidentin der Verwaltungskommission damit beauftragt worden, mit dem Beschwerdegegner nach Rücksprache mit dem Arzt und der Psychologin das weitere Vorgehen zu besprechen, worauf die Betreuerin das Telefongespräch offenbar zum Anlass genommen habe, dem Beschwerdegegner mitzuteilen, die Verwaltungskommission habe die Kündigung beschlossen, wird damit die telefonische Mitteilung der Präsidentin an den Beschwerdegegner vom 31. März 2007 in keiner Weise relativiert. Auch das Schreiben der Verwaltungskommission an den Beschwerdegegner vom 19. Juni 2007, mit welchem die beabsichtigte Auflösung des Arbeitsverhältnisses als Sachbearbeiter mitgeteilt und dieser zu einer Anhörung eingeladen wurde, vermag das fragliche Gespräch in kein anderes Licht zu rücken und die Feststellungen der Vorinstanz zum Sachverhalt als offensichtlich unrichtig oder auf einer Rechtsverletzung beruhend erscheinen zu lassen. Das erst am 2. April 2007 erstellte Protokoll über die Sitzung vom 1. März 2007 ist äusserst kurz gehalten und enthält überdies keine Angaben, welche die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung als willkürlich erscheinen lassen würden. 6.4 Nicht zu beanstanden ist, dass sich das kantonale Gericht nicht eingehender mit dem Protokoll der Sitzung vom 1. März 2007 und der Aktennotiz der Psychologin über ihr Telefongespräch mit der Präsidentin der Verwaltungskommission auseinandergesetzt hat. Die von ihm wiedergegebenen Überlegungen genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung eines Entscheids (vgl. dazu BGE 126 I 97 E. 2b S. 102). Ob die Beurteilung der Vorinstanz sachlich zu Recht erfolgte, ist nicht eine Frage des rechtlichen Gehörs, sondern der materiellen Beurteilung. 6.5 Der Einwand, mit der Anhörung vor der formellen Kündigung vom 24. Juli 2007 sei das rechtliche Gehör gewahrt worden, ist unbehelflich. Denn die zuständige Behörde darf erst nach Kenntnisnahme der gesamten entscheidrelevanten Sachlage und mithin nach Anhörung des Betroffenen zu einer Entscheidung gelangen (Urteil 2P.241/1996 E. 2d). Daran ändert nichts, dass die Präsidentin der Verwaltungskommission der Regionalen Amtsvormundschaft über keine alleinige Entscheidungsbefugnis verfügte, sondern lediglich Teil der dafür zuständigen Behörde war, die erst am 24. Juli 2007 und somit nach der offiziellen Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 19. Juli 2007 die Kündigung formell ausgesprochen hat. 6.6 Zusammenfassend erweist sich die Annahme der Vorinstanz als vertretbar, wonach die Kündigung bereits im März 2007 festgestanden habe, ohne dass sich der Beschwerdegegner vorgängig dazu habe äussern können. Sie ging daher zu Recht davon aus, bei der Kündigung vom 24. Juli 2007 sei das rechtliche Gehör des Beschwerdegegners verletzt worden. Damit werden die Beschwerdeführer entschädigungspflichtig. Im bundesgerichtlichen Verfahren nicht angefochten ist die Höhe der vom Verwaltungsgericht zugesprochenen Entschädigung von Fr. 28'121.50. Letztinstanzlich nicht streitig ist die Abfindung von sechs Monatsgehältern. 7. Mit diesem Urteil wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 8.1 8.1.1 Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 f. BGG). Nach Art. 66 Abs. 1 BGG werden die Gerichtskosten in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie den mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis und, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist (Art. 66 Abs. 4 BGG). Es stellt sich demnach die Frage, ob den unterliegenden Bezirken und Gemeinden die Gerichtskosten aufzuerlegen sind. 8.1.2 Bereits unter dem alten Recht durften gemäss Art. 156 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (OG) "dem Bund, Kantonen oder Gemeinden, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis und ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen, oder gegen deren Verfügungen in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist", in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden. Nach der Rechtsprechung hatten als Arbeitgeber in ihren Vermögensinteressen betroffene Gemeinden unter der Herrschaft des OG in personalrechtlichen Streitigkeiten grundsätzlich allfällige Gerichtskosten zu tragen (BGE 124 I 223 E. 3 S. 230; 2P.137/2005 vom 17. Oktober 2005 E. 5, 2P.104/2004 vom 14. März 2005 E. 9.1.1, 2P.133/2001 vom 6. September 2001 E. 3). Eine Ausnahme bildete indessen beispielsweise Art. 13 Abs. 5 des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG; SR 151.1), welcher bis 31. Dezember 2006 gültig gewesenen Fassung ausdrücklich Kostenfreiheit vorsah. Kostenfrei waren zudem auch personalrechtliche Streitigkeiten, welche keine vermögensrechtlichen Interessen der Gemeinde tangierten (Urteil 2P.46/2006 vom 7. Juni 2006 E. 5). 8.1.3 Die Grundsätze der Kostentragungspflicht vor Bundesgericht (Art. 66 BGG) sind weitgehend vom bisherigen Recht übernommen worden (Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4202, 4305; BGE 133 V 642 E. 5.3 S. 463). Kostenpflichtig ist gemäss Art. 66 BGG grundsätzlich die unterliegende (Abs. 1) oder die unnötig Kosten verursachende (Abs. 3) Partei. Diese Regel kennt ausdrücklich erwähnte Ausnahmen: Von den Gerichtskosten befreit sind Bund, Kantone und Gemeinden sowie - neu - die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen, sofern sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis handeln und es nicht um ihr Vermögensinteresse geht (Abs. 4). Diese drei Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein (BERNARD CORBOZ, in: Commentaire de la LTF, 2009, N. 23 zu Art. 66 BGG; THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 26 ff. zu Art. 66 BGG; HANSJÖRG SEILER, in: Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 48 zu Art. 66 BGG). Das Bundesgericht kann die Gerichtskosten anders verteilen oder auf die Kostenerhebung verzichten, wenn es die Umstände rechtfertigen (Abs. 1 zweiter Satz). Zudem kann es auf die Erhebung der Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichten, wenn ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt wird (Abs. 2). 8.1.4 Unter der Herrschaft von Art. 66 Abs. 4 BGG ist, soweit ersichtlich, kein Entscheid ergangen, welcher sich ausdrücklich mit der Kostenpflicht der in personalrechtlichen Streitigkeiten in ihren Vermögensinteressen betroffenen Gemeinden befasst hat. Im Ur- teil 1C_183/2007 vom 5. Februar 2008 E. 6, nicht publ. in: BGE 134 I 204, in welchem die Höhe des der Beschwerdegegnerin zugesprochenen Entschädigungsanspruchs zur Diskussion stand, hat das Bundesgericht von einer Erhebung von Gerichtskosten zu Lasten einer unterliegenden, Beschwerde führenden öffentlich-rechtlichen Körperschaft abgesehen, ohne dies jedoch näher zu begründen. Es ist indessen kein sachlicher Grund ersichtlich, der es rechtfertigen würde, bezüglich eines als Arbeitgeber in seinen Vermögensinteressen betroffenen Gemeinwesens von der Auferlegung von Gerichtskosten abzusehen (vgl. in diesem Sinne auch HANSJÖRG SEILER, a.a.O., N. 53 zu Art. 66 BGG). Im vorliegenden Fall haben sich die Beschwerdeführer in einer Sache ans Bundesgericht gewandt, in welcher sie bei Abweisung der Beschwerde dem Beschwerdegegner eine Entschädigung auszurichten haben. Da somit die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes von Art. 66 Abs. 4 BGG nicht erfüllt sind, haben die unterliegenden Beschwerdeführer die Gerichtskosten unter solidarischer Haftung zu tragen (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). 8.2 Die Beschwerdeführer haben dem Beschwerdegegner unter solidarischer Haftung eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1, 2 und 4 in Verbindung mit Art. 66 Abs. 5 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 3. Die Beschwerdeführer haben den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz schriftlich mitgeteilt. Luzern, 2. September 2009 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Ursprung Die Gerichtsschreiberin: Hofer
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Sachverhalt: A. Ende 1984 wurde die Gemeinschaftsstiftung Y._ im Hinblick auf das Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG [SR 831.40]; am 1. Januar 1985) in Anlagestiftung Z._ umbenannt und gleichzeitig die Sammelstiftung X._ gegründet, welche als registrierte Vorsorgeeinrichtung den Zweck der beruflichen Vorsorge übernahm. E._ war an dieser Umstrukturierung beteiligt, indem er die Statuten der Sammelstiftung neu erarbeitete und jene der Anlagestiftung revidierte. Er war zudem von 1984 bis 1995 Stiftungsrat und ab 1991 Vizepräsident der Sammelstiftung X._. Die Aufsichtsbehörde verfügte am 16. Januar 1996 die Auflösung der beiden Stiftungen infolge Überschuldung. Die Stiftung Sicherheitsfonds BVG stellte in der Folge gesetzliche Vorsorgeleistungen der Sammelstiftung X._ in Liquidation sicher. B. Am 30. März 2006 erhob die Stiftung Sicherheitsfonds BVG beim Verwaltungsgericht (heute: Kantonsgericht) des Kantons Freiburg Klage gegen E._ mit dem Rechtsbegehren, der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin 5 Mio. Franken nebst Zins zu 5 % seit 30. Juli 1997 zu bezahlen, unter Vorbehalt der Nachklage. In der Klageantwort vom 5. Februar 2007 beantragte E._ Abweisung der Klage, soweit darauf einzutreten sei, erhob die Einrede der Verjährung und beantragte, das Verfahren sei auf die Frage der Passivlegitimation und der Verjährung zu beschränken. Nach verschiedenen weiteren Stellungnahmen der Parteien wies das Kantonsgericht mit Entscheid vom 16. September 2008 die Klage wegen Verjährung ab. C. Die Stiftung Sicherheitsfonds BVG erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. E._ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig (Art. 82 lit. a BGG; vgl. Art. 73 Abs. 1 lit. c und d BVG). Der Antrag des Beschwerdegegners, auf das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit der eingereichten neuen Beweismittel nicht einzutreten, ist unbegründet; die Zulässigkeit der Noven ist im Rahmen der materiellen Beurteilung zu prüfen. 2. 2.1 Die Vorinstanz hat die Verjährung mit folgender Begründung bejaht: Die Forderung der Beschwerdeführerin stütze sich auf Art. 52 oder Art. 56a Abs. 1 BVG (je in der bis Ende 2004 geltenden Fassung). Die Haftung nach Art. 52 BVG verjähre innert zehn Jahren nach dem Rücktritt aus dem Organ; da der Beschwerdegegner bis 1995 Mitglied des Stiftungsrats der Sammelstiftung X._ gewesen sei, seien die Ansprüche bei Klageeinreichung am 30. März 2006 verjährt gewesen. Die Ansprüche nach Art. 56a Abs. 1 BVG verjährten lückenfüllend innert fünf oder zehn Jahren ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung, was spätestens im Zeitpunkt der Verfügung der Aufsichtsbehörde vom 16. Januar 1996 der Fall gewesen sei. Mithin sei auch ein auf Art. 56a Abs. 1 BVG gestützter Anspruch bei Klageeinreichung verjährt gewesen. Mit dieser Argumentation setzt die Vorinstanz voraus, dass zwischen 1995 (bezüglich der auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche) bzw. 16. Januar 1996 (bezüglich der auf Art. 56a BVG gestützten Ansprüche) und der Klageeinreichung am 30. März 2006 keine verjährungsunterbrechenden Handlungen erfolgt sind. 2.2 Die Beschwerdeführerin reicht im bundesgerichtlichen Verfahren mehrere vom Beschwerdegegner zwischen dem 10. Januar 1997 und dem 27. November 2007 abgegebene Verjährungsverzichtserklärungen ein. Der Beschwerdegegner bestreitet die Zulässigkeit dieser Noven. 2.3 Im Verfahren vor Bundesgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Solche Umstände können namentlich in formellrechtlichen Mängeln des angefochtenen Entscheids liegen, mit denen die Partei nicht rechnete und nach Treu und Glauben nicht zu rechnen brauchte, oder darin, dass die Vorinstanz materiell in einer Weise urteilt, dass bestimmte Sachumstände neu und erstmals rechtserheblich werden (Urteil 4A_36/2008 vom 18. Februar 2008 E. 4.1; Meyer, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 46 und 47 zu Art. 99 BGG). Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne weiteres hätten vorgebracht werden können (BGE 134 V 223 E. 2.2.1 S. 226 f.). 2.4 Die Verjährung wird nicht von Amtes wegen, sondern nur auf Einrede hin berücksichtigt (Art. 142 OR). Dementsprechend braucht der Kläger nicht bereits in der Klage zur Frage der Verjährung Stellung zu nehmen, da er ja noch nicht weiss, ob sich der Beklagte darauf überhaupt berufen wird. Erhebt der Beklagte in der Klageantwort die Einrede der Verjährung, muss daher der Kläger die Möglichkeit erhalten, sich dazu zu äussern (Art. 29 Abs. 2 BV). 2.5 Der Beschwerdegegner hatte in der Klageantwort vom 5. Februar 2007 die Einrede der Verjährung erhoben und diese damit begründet, der Anspruch nach Art. 52 BVG verjähre in jedem Fall in zehn Jahren vom Tag der schädigenden Handlung an gerechnet. Die allenfalls schädigende Handlung (Aufbau der Stiftungskonstruktion) sei in den Jahren 1984/85 erfolgt, entsprechende Ansprüche seien daher verjährt. Auch soweit ihm im Zusammenhang mit dem Anlageverhalten innerhalb der Stiftungskonstruktionen (mithin für die Periode 1986-1995) ein Vorwurf gemacht werden könnte, seien allfällige darauf gestützte Ansprüche verjährt. Er habe zwar gegenüber der Klägerin gelegentlich Verjährungsverzichtserklärungen abgegeben, jedoch immer unter dem Vorbehalt, dass die Verjährung noch nicht eingetreten sei. Am 9. Februar 2007 forderte die Vorinstanz die Klägerin auf, zum Antrag des Beklagten, das Verfahren auf die Fragen der Passivlegitimation und der Verjährung zu beschränken, Stellung zu nehmen. Eine Aufforderung, sich zur Verjährung materiell zu äussern, war damit nicht verbunden. In ihrer Stellungnahme vom 2. März 2007 führte die Klägerin aus, der Beklagte begründe seine Einrede der Verjährung lediglich in Bezug auf die Ansprüche gemäss Art. 52 BVG. In Bezug auf die Ansprüche nach Art. 56a BVG sei die Verjährung offensichtlich nicht eingetreten, so dass eine Beschränkung auf diese Vorfrage bezüglich Art. 52 BVG das Verfahren nicht beenden würde. Es sei naheliegend, dass die Verjährung gemäss Art. 56a BVG nach der gleichen Frist eintrete wie diejenige gemäss Art. 52 BVG, also gemäss der zu dieser Bestimmung (bis Ende 2004) ergangenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung nach zehn Jahren. Sie werfe dem Beklagten vor, dass er bis 1996 schädigende Handlungen vorgenommen habe; in diesem Jahr seien auch die ersten Verjährungsverzichtserklärungen eingeholt worden. 2.6 Somit ist zwar die Frage der Verjährung im vorinstanzlichen Verfahren thematisiert worden. Der Beklagte hat aber selber in seiner Klageantwort das Vorliegen von Verjährungsverzichtserklärungen erwähnt und die Einrede der Verjährung damit begründet, dass die Verjährungsfrist bereits vor Abgabe dieser Erklärungen abgelaufen sei. Auch die am 28. Februar 2008 von der Klägerin eingereichten strafrechtlichen Unterlagen betrafen das Verhalten des Beklagten bis im Januar 1996 und führten - soweit sie sich auf die Verjährung bezogen - aus, dass infolge Tateinheit die strafrechtliche Verjährung für die ab 1985 begangenen Handlungen erst mit der letzten Tathandlung (mithin im Januar 1996) zu laufen begonnen habe. Unter diesen Umständen brauchte die Klägerin nicht damit zu rechnen, dass die Klage mit der Begründung abgewiesen werden könnte, die Verjährung sei zwischen 1996 und der Klageeinreichung eingetreten, mithin während der Gültigkeit der vom Beklagten abgegebenen Verjährungsverzichtserklärungen. Die vorinstanzliche Begründung war überraschend und erlaubt das Vorbringen von Noven. Die Verjährungsverzichtserklärungen sind demnach im Verfahren vor Bundesgericht zu berücksichtigen. 2.7 In der Sache bestreitet der Beschwerdegegner die eingereichten Verjährungsverzichtserklärungen nicht. Diese sind daher als massgeblich zu betrachten. 3. Die Beschwerdeführerin begründet ihren Anspruch einerseits damit, dass ihr die auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche der Sammelstiftung X._ in Liquidation gegen den Beschwerdegegner abgetreten worden seien, andererseits mit Art. 56a Abs. 1 BVG. Die Verjährung ist für diese beiden Rechtsgrundlagen gesondert zu betrachten. 4. 4.1 Art. 52 BVG in der bis Ende 2004 geltenden Fassung lautete wie folgt: "Alle mit der Verwaltung, Geschäftsführung oder Kontrolle der Vorsorgeeinrichtung betrauten Personen sind für den Schaden verantwortlich, den sie ihr absichtlich oder fahrlässig zufügen." Die Frage der Verjährung war in dieser Bestimmung nicht geregelt. Lückenfüllend hat die Rechtsprechung eine zehnjährige Verjährungsfrist (analog Art. 127 OR) angenommen (BGE 131 V 55 E. 3.1 S. 56 f.), beginnend mit der tatsächlichen Aufgabe der Organstellung (ebd., E. 3.2.2 S. 58 f.). Mit dem Hinweis auf Art. 127 OR wird klargestellt, dass es sich dabei um eine Verjährungs- und nicht um eine Verwirkungsfrist handelt. In der 1. BVG-Revision wurde Art. 52 BVG um einen zweiten und dritten Absatz ergänzt. Nach dem neu eingefügten Absatz 2 verjährt die Haftung in fünf Jahren vom Tag an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, auf jeden Fall aber in zehn Jahren vom Tag der schädigenden Handlung an gerechnet. 4.2 Der Beschwerdegegner hat erstmals am 10. Januar 1997 gegenüber der Sammelstiftung X._ in Liquidation erklärt, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, soweit diese am 10. Januar 1997 nicht bereits eingetreten sei. Diese Verzichtserklärung wurde jeweils bis zum Zeitpunkt der Klageeinreichung ununterbrochen verlängert. Der Beschwerdegegner war nach unbestrittener Feststellung der Vorinstanz bis 1995 Mitglied des Stiftungsrates der Sammelstiftung X._; die mit dieser Eigenschaft begründete zehnjährige Verjährungsfrist war demnach bis zum 10. Januar 1997 klarerweise nicht abgelaufen. Infolge der Verzichtserklärungen gilt dies auch für die Folgezeit bis zur Klageeinreichung, so dass unerheblich ist, ob die Frist nach Art. 52 Abs. 2 BVG in der ab 1. Januar 2005 in Kraft stehenden Fassung allenfalls früher enden würde. Die Haftung des Beschwerdegegners gegenüber der Sammelstiftung X._ in Liquidation ist demnach nicht verjährt. 4.3 Im vorinstanzlichen Verfahren hat der Beschwerdegegner die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin für die aus Art. 52 BVG abgeleiteten Ansprüche bestritten mit der Begründung, die Zession sei nicht rechtsgültig. Die Vorinstanz hat sich zu dieser Frage noch nicht geäussert, da sie das Verfahren auf die Fragen der Verjährung und der Passivlegitimation des Beschwerdegegners beschränkt hatte. Auch das Bundesgericht hat deshalb dazu nicht Stellung zu nehmen. Verfahrensgegenstand bildet jedoch die Frage, wie es sich mit der Verjährung des Anspruchs verhält, sofern die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin zu bejahen sein wird. 4.4 Mit der Zession gehen auch die Vorzugs- und Nebenrechte auf den Zessionar über, mit Ausnahme derjenigen, die untrennbar mit der Person des Abtretenden verknüpft sind (Art. 170 Abs. 1 OR). Zu den übergehenden Rechten gehört auch das Recht, die Verjährung zu unterbrechen (Urteil 4C.363/2002 vom 26. Februar 2003 E. 2.2.1). Umgekehrt kann der Schuldner Einreden, die der Forderung des Zedenten entgegenstehen, auch gegen den Zessionar geltend machen, wenn sie schon zur Zeit vorhanden waren, als er von der Abtretung Kenntnis erhielt (Art. 169 Abs. 1 OR). Das gilt insbesondere auch für die Einrede der Verjährung (Urteil 5C.98/2004 vom 6. Oktober 2004 E. 4.2; Flavio Lardelli, Die Einreden des Schuldners bei der Zession, 2008, S. 29; Ingeborg Schwenzer, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. 2006, S. 555 Rz. 90.48; Eugen Spirig, Zürcher Kommentar, 1993, N. 32 zu Art. 169 OR). Dies entspricht dem Grundgedanken der Zession, dass der Schuldner durch die Zession nicht schlechter gestellt werden soll (Lardelli, a.a.O., S. 23; Schwenzer, a.a.O., S. 555). Deshalb ist auch für den Beginn einer Verjährungsfrist, die auf die Kenntnis des Schadens durch den Geschädigten abstellt, die Kenntnis des ursprünglich Geschädigten massgebend, nicht diejenige des Zessionars (Urteil des Bundesgerichts 4C.31/1991 vom 15. August 1991 E. 6b, nicht publ. in: BGE 117 II 315, aber in: SJ 1992 S. 152). Konsequenterweise muss sich dann aber der Zessionar auch auf eine Verjährungsverzichtserklärung berufen können, die der Schuldner dem ursprünglichen Gläubiger abgegeben hat. Denn der Schuldner wird dadurch nicht schlechter gestellt. Die Verzichtserklärungen, die der Beschwerdegegner ab dem 10. Januar 1997 regelmässig gegenüber der Sammelstiftung X._ in Liquidation abgegeben hat, haben daher auch Wirkung im Verhältnis zur Beschwerdeführerin, soweit diese sich auf eine rechtsgültige Zession berufen kann. Unter dieser von der Vorinstanz noch zu prüfenden Voraussetzung sind demnach die auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche der Beschwerdeführerin gegenüber dem Beschwerdegegner nicht verjährt. 5. Zu prüfen ist weiter die Verjährung allfälliger auf Art. 56a BVG gestützter Ansprüche. 5.1 Nach der ursprünglichen, bis 31. Dezember 1996 in Kraft gewesenen Fassung von Art. 56 Abs. 1 lit. b Satz 2 BVG (AS 1983 797) regelte der Bundesrat die Voraussetzungen für die Leistungen des Sicherheitsfonds und das Rückgriffsrecht auf Organe zahlungsunfähiger Vorsorgeeinrichtungen. Gestützt darauf hatte der Bundesrat die Verordnung vom 7. Mai 1986 über die Verwaltung des Sicherheitsfonds BVG (aSFV 2; AS 1986 867; in Kraft bis 30. Juni 1998, AS 1998 1662) erlassen. Nach deren Art. 11 hat der Sicherheitsfonds gegenüber den Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung ein Verschulden trifft, ein Rückgriffsrecht im Umfang der sichergestellten Leistungen. Am 1. Januar 1997 trat Art. 56a Abs. 1 BVG (in der bis 31. Dezember 2004 gültig gewesenen Fassung) in Kraft (AS 1996 3067), wonach der Sicherheitsfonds gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung oder des Versichertenkollektivs ein Verschulden trifft, ein Rückgriffsrecht im Umfang der sichergestellten Leistungen hat. In der seit 1. Januar 2005 geltenden Fassung sieht Art. 56a Abs. 1 BVG vor, dass der Sicherheitsfonds gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung oder des Versichertenkollektivs ein Verschulden trifft, im Zeitpunkt der Sicherstellung im Umfang der sichergestellten Leistungen in die Ansprüche der Vorsorgeeinrichtung eintreten kann. 5.2 Die Beschwerdeführerin leitet ihren Anspruch aus Umständen ab, die sich vor dem 31. Dezember 2004 ereignet haben. Anwendbar ist daher die bis zu diesem Zeitpunkt massgebende Fassung von Art. 56a BVG bzw. Art. 11 aSFV 2 (vgl. SVR 2006 BVG Nr. 30 S. 116, B 97/05 E. 3). Nach dieser Regelung subrogiert der Sicherheitsfonds nicht in die Ansprüche, die der Vorsorgeeinrichtung nach Art. 52 BVG zustehen, sondern hat einen eigenen Anspruch, der sich im Unterschied zur Haftung nach Art. 52 BVG nicht nur gegen Organe der Stiftung richtet, sondern auch gegen andere Personen, die an der Zahlungsunfähigkeit der Stiftung ein Verschulden trifft (BGE 130 V 277 E. 2.1 S. 280 ff.), und zwar gemäss Art. 11 aSFV 2 über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch bereits in der ursprünglichen Fassung (SVR 2008 BVG Nr. 33 S. 135, 9C_92/2007 E. 1.2; 2006 BVG Nr. 34 S. 131, B 10/05 E. 8). Dieser Anspruch kann auch verjährungsrechtlich ein eigenes, von den Ansprüchen nach Art. 52 BVG getrenntes Schicksal haben. Ob die neue, seit 1. Januar 2005 in Kraft stehende Fassung von Art. 56a BVG daran etwas geändert hat, braucht hier nicht geprüft zu werden. Die vom Beschwerdegegner gegenüber der Sammelstiftung X._ in Liquidation abgegebenen Verjährungsverzichtserklärungen haben deshalb in Bezug auf die Ansprüche des Sicherheitsfonds nach Art. 56a BVG keine Wirkung. Ebenso wenig unterbricht die im Januar 1997 von der Sammelstiftung X._ in Liquidation gegen den Beschwerdegegner eingeleitete Betreibung die Verjährung des auf Art. 56a BVG gestützten Anspruchs der Beschwerdeführerin. Gegenüber der Beschwerdeführerin hat der Beschwerdegegner erstmals am 17. März 2004 erklärt, auf die Erhebung der Verjährungseinrede zu verzichten, soweit die Verjährung bis zu diesem Zeitpunkt nicht bereits eingetreten sei. Wie es sich damit verhält, ist im Folgenden zu prüfen. 5.3 Weder Art. 56a BVG noch eine andere Gesetzesnorm regelt die Frage, innert welcher (Verwirkungs- oder Verjährungs-)Frist der Sicherheitsfonds den darin verankerten Haftungs- und Regressanspruch gemäss Abs. 1 geltend zu machen hat, beziehen sich doch die Absätze 2 und 3 auf den davon zu unterscheidenden Rückerstattungsanspruch bei unrechtmässiger Leistungsausrichtung. Es liegt eine echte Gesetzeslücke vor. Denn es fehlen jegliche Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Gesetzgeber bei den Forderungen nach Art. 56a Abs. 1 BVG vom allgemeinen Rechtsgrundsatz der Verjährbarkeit auch öffentlich-rechtlicher Forderungen abweichen wollte (SVR 2006 BVG Nr. 30 S. 116, B 97/05 E. 3). Die Lücke ist nach derjenigen Regel zu schliessen, die der Richter als Gesetzgeber aufstellen würde (Art. 1 Abs. 2 ZGB). Das Bundesgericht hatte bisher nicht zu entscheiden, welche Frist anwendbar ist; in E. 4 des Urteils B 97/05 hat es immerhin ausgeführt, es sei nicht eine ein- oder zweijährige, sondern eine fünf- oder zehnjährige Frist massgebend. Ebenso wenig hatte es sich bisher dazu zu äussern, wann die Verjährungsfrist beginnt. Vorliegend sind die Fragen nach Beginn und Dauer der Verjährungsfrist entscheiderheblich und zu beantworten. 5.4 Nach Auffassung der Vorinstanz beginnt die Verjährungsfrist mit der Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung, weil die Leistungspflicht des Sicherheitsfonds an diese anknüpfe. Von einer Zahlungsunfähigkeit sei spätestens mit der aufsichtsrechtlichen Auflösung der Vorsorgeeinrichtung auszugehen. Das kann nicht überzeugen: Die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung ist zwar notwendige Voraussetzung für die Leistungspflicht des Sicherheitsfonds (Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG). Dessen Rückgriffsrecht knüpft aber nicht bereits an die Zahlungsunfähigkeit an, sondern erst an die Sicherstellung von Leistungen (Art. 56a Abs. 1 BVG). Mit der Zahlungsunfähigkeit steht noch nicht fest, ob und in welchem Umfang der Sicherheitsfonds überhaupt Leistungen sicherzustellen haben wird. Dazu ist zunächst ein Antrag der zahlungsunfähig gewordenen Vorsorgeeinrichtung erforderlich (Art. 24 SFV), worauf der Sicherheitsfonds seine Leistungspflicht prüft und gegebenenfalls Leistungen erbringt oder Vorschüsse bezahlt (Art. 26 SFV). Den Fristbeginn auf den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung festzusetzen, hätte zur Folge, dass die Verjährung bereits läuft, obwohl der Anspruch noch gar nicht besteht. Die Verjährungsfrist kann deshalb jedenfalls unter der bis 31. Dezember 2004 massgebenden Rechtslage erst mit der Leistung des Sicherheitsfonds zu laufen beginnen. 5.5 Für die Dauer der Verjährungsfrist hat die Vorinstanz auf die zehnjährige Frist gemäss BGE 131 V 55 in Verbindung mit Art. 127 OR hingewiesen. Die angemessene Dauer einer Verjährungsfrist kann jedoch nicht unabhängig von der Frage des Fristbeginnes festgelegt werden. In BGE 131 V 55 hat das Bundesgericht zwar für die Ansprüche nach Art. 52 BVG die zehnjährige Frist gemäss Art. 127 OR als anwendbar erachtet, aber zugleich den Beginn der Frist auf die Aufgabe der Organstellung festgesetzt und es ausdrücklich abgelehnt, die Frist mit dem Eintritt des Schadens beginnen zu lassen, da sich der Schaden unter Umständen viel später verwirklicht, wenn das in Pflicht genommene Organ längst aus dem Stiftungsrat ausgetreten ist (BGE 131 V 55 E. 3.2.2 S. 58 f.). Der Zeitpunkt des hier massgeblichen Fristbeginns (Erbringung der Leistungen durch den Sicherheitsfonds, vorne E. 5.4) kann ebenfalls bedeutend später liegen als das anspruchsbegründende Verhalten. Würde nun auch für den Anspruch nach Art. 56a Abs. 1 BVG eine zehnjährige Verjährungsfrist angenommen, so könnten die Schuldner unter Umständen noch viel später in Anspruch genommen werden als nach Ablauf der zehn Jahre seit der Beendigung der schädigenden Handlung, welche Frist sowohl die Rechtsprechung als auch der Gesetzgeber (Art. 52 Abs. 2 BVG in der Fassung gemäss 1. BVG-Revision, in Kraft seit 1. Januar 2005) maximal festgelegt haben. Dies spricht dafür, eine kürzere als die zehnjährige Frist anzunehmen. Es verhält sich ähnlich wie bei der Haftung nach Art. 52 AHVG: Auch dort gilt eine fünfjährige Verjährungsfrist ab Eintritt des Schadens (Art. 52 Abs. 3 Satz 1 AHVG), worunter der Zeitpunkt zu verstehen ist, ab welchem die Ausgleichskasse die Beiträge infolge Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht mehr im ordentlichen Verfahren geltend machen kann (Hinweise bei Marco Reichmuth, Die Haftung des Arbeitgebers und seiner Organe nach Art. 52 AHVG, 2008, S. 86 ff., 206). Auch der Sicherheitsfonds hat Kenntnis von seinem Schaden, sobald er Zahlungen geleistet hat. Es ist ihm ohne weiteres zumutbar, innert fünf Jahren seit diesem Zeitpunkt Klage zu erheben. In Analogie zu Art. 52 Abs. 3 AHVG ist somit eine fünfjährige Verjährungsfrist ab diesem Zeitpunkt anzunehmen (ebenso Kristin M. Lüönd, Der Sicherheitsfonds BVG, 2004, S. 107, sowie Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 27. September 2000 E. 4, in: Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide [LGVE] 2000 II Nr. 40 S. 303). 5.6 Es stellt sich die Frage, ob die Frist mit jeder einzelnen oder gesamthaft mit der letzten Zahlung des Sicherheitsfonds zu laufen beginnt (so zit. Luzerner Entscheid E. 4e S. 307 f.). Zur Beantwortung der Frage ist zu beachten, dass der Sicherheitsfonds bis zum Abschluss des Liquidations- oder Konkursverfahrens Vorschüsse leisten kann (Art. 26 Abs. 1 Satz 2 SFV), was möglicherweise während längerer Zeit der Fall sein kann. Dabei stehen gegensätzliche Interessen in Widerstreit: Einerseits kann dem Sicherheitsfonds kaum zugemutet werden, für jeden einzelnen Teilbetrag seine Forderung separat geltend zu machen. Andererseits wäre es für die Belangten stossend, wenn sie nach unter Umständen langer Zeit für den ganzen Betrag noch in Anspruch genommen werden könnten, bloss weil möglicherweise mit grosser Verzögerung noch eine geringfügige Restzahlung geleistet worden ist. Eine endgültige Antwort auf diese Frage braucht vorliegend aus folgenden Gründen nicht gegeben zu werden: 5.7 Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Klage vom 30. März 2006 ausgeführt, sie habe "bis heute" gemäss Art. 56 BVG Vorsorgeleistungen im Umfang von 62,5 Mio. Franken sichergestellt (Rz. 19); dies sei ihr Schaden im Sinne von Art. 56a BVG (Rz. 597). Wie aus Klagebeilage Nr. 7 hervorgeht, wurde dieser Betrag bereits mit Nachtragsverfügung vom 12. Oktober 1998 zugesprochen, wobei die letzte Tranche von 12,5 Mio. Franken am 12. Oktober 1998 ausbezahlt wurde. Auch in der Beschwerde ans Bundesgericht bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe die letzte Vorschussleistung am 12. Oktober 1998 erbracht, und geht selber davon aus, dass dieses Datum für den Beginn der Verjährungsfrist entscheidend sei. Auch wenn die Liquidation der Sammelstiftung X._ bisher noch nicht abgeschlossen ist und möglicherweise in Zukunft noch weitere Sicherstellungen anfallen könnten, kann jedenfalls bei einem solch langen Unterbruch nicht angenommen werden, dass die Verjährungsfrist erst mit dem endgültigem Abschluss der Liquidation zu laufen beginnt. Die fünfjährige (vorne E. 5.5) Verjährungsfrist hat somit jedenfalls in Bezug auf den geltend gemachten Betrag von 62,5 Mio. Franken am 13. Oktober 1998 zu laufen begonnen und war demnach bei Ausstellung der Verjährungsverzichtserklärung vom 17. März 2004 abgelaufen. 6. Insgesamt ergibt sich, dass die auf Art. 56a BVG gestützten Ansprüche der Beschwerdeführerin gegen den Beschwerdegegner jedenfalls im Umfang des per 12. Oktober 1998 verfügten Betrags von 62,5 Mio. Franken verjährt sind, dass aber in Bezug auf die auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche die Verjährung nicht eingetreten ist, soweit - was bisher nicht geprüft wurde - die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin zu bejahen ist. Die Sache geht an die Vorinstanz zurück, damit sie das Verfahren weiterführe. 7. Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdegegner auferlegt (Art. 65 Abs. 1-3 und Art. 66 Abs. 1 BGG). Da mit dem vorliegenden Urteil über die Sache nicht endgültig entschieden wird, rechtfertigt sich eine Gerichtsgebühr am unteren Rand des Tarifs für Streitigkeiten mit Vermögensinteresse (Art. 65 Abs. 3 lit. b BGG; Art. 1 des Tarifs vom 31. März 2006 für die Gerichtsgebühren im Verfahren vor dem Bundesgericht, SR 173.110.210.1). Nach Art. 68 Abs. 3 BGG wird Behörden oder mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen. Dies gilt auch für die Träger oder Versicherer der beruflichen Vorsorge gemäss BVG (BGE 126 V 143 E. 4a S. 150; Urteil 8C_186/2008 vom 4. November 2008 E. 4.2, nicht publ. in: SVR 2009 UV Nr. 15 S. 60). Vom Grundsatz des fehlenden Parteientschädigungsanspruchs weicht die Rechtsprechung indessen ab, wenn die besondere Art des Prozesses die Zusprechung von Parteikosten rechtfertigt. Eine derartige Ausnahme wird unter anderem in Verfahren um Rückforderungen des Sicherheitsfonds für sichergestellte Leistungen bejaht (SVR 2006 BVG Nr. 34 S. 131, B 10/05 E. 10.2; Urteil B 76/01 vom 11. Juli 2002 E. 5b, nicht publ. in: SZS 2003 S. 524).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg vom 16. September 2008 aufgehoben. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie über die Klage neu entscheide. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 3. Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 8'000.- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg, Sozialversicherungsgerichtshof, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 16. April 2009 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: Meyer Keel Baumann
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Sachverhalt: A. Die Eheleute F.X._ und A.X._, beide pakistanische Staatsangehörige, leben seit dem 25. Mai 1994 zusammen in der Schweiz (seit Oktober 2002 in Erlinsbach AG). Sie haben fünf Kinder: G.X._, B.X._, C.X._, D.X._ und E.X._. Ein von den Eheleuten X._ für sich selbst und ihre Kinder gestelltes Gesuch um ordentliche Einbürgerung wies die Einwohnergemeindeversammlung Erlinsbach am 30. November 2007 ab. B. Am 7. März 2008 reichte A.X._ für sich und die vier Kinder B.X._, C.X._, D.X._ und E.X._ erneut ein Gesuch um ordentliche Einbürgerung ein. Ihr Ehemann ersuchte nicht um Einbürgerung. Der inzwischen mündige älteste Sohn G.X._ stellte am 7. März 2008 für sich selbst ein eigenes Einbürgerungsgesuch, das die Einwohnerversammlung Erlinsbach am 28. November 2008 mit der Zusicherung des Gemeindebürgerrechts beantwortete. Nachdem A.X._ die staatskundliche Prüfung bestanden hatte, fand am 17. April 2009 in Anwesenheit des Gemeindepräsidenten, eines Gemeinderats und einer Gemeindeangestellten (Vorsteherin der Einwohnerkontrolle) ein Gespräch mit A.X._ und den vier Kindern B.X._, C.X._, D.X._ und E.X._ statt. Am 28. April 2009 beschloss der Gemeinderat, der Gemeindeversammlung die Nichtzusicherung des Gemeindebürgerrechts zu beantragen. Der Gemeinderat teilte A.X._ am 1. Mai 2009 seinen Beschluss mit und gab ihr Gelegenheit, ihr Einbürgerungsgesuch zurückzuziehen. Gleichzeitig machte er sie darauf aufmerksam, dass nach seiner Auffassung einer Einbürgerung der Kinder B.X._, C.X._ und D.X._ nichts im Wege stehe. Die Tochter E.X._ erfülle das Wohnsitzerfordernis noch nicht. Bei einem Rückzug hätten die Kinder B.X._, C.X._ und D.X._ die Möglichkeit, selbstständige Einbürgerungsgesuche einzureichen. Diese könnten dann der Gemeindeversammlung vorgelegt werden. Auf eine Beschwerde von A.X._ gegen das Schreiben des Gemeinderats vom 1. Mai 2009 trat das Department Volkswirtschaft und Inneres (DVI) am 3. Juni 2009 nicht ein. C. Nachdem A.X._ an ihrem Einbürgerungsgesuch (mit Einbezug der unmündigen Kinder) festgehalten hatte, verweigerte die Einwohnergemeindeversammlung Erlinsbach am 27. November 2009 die Zusicherung des Gemeindebürgerrechts für sie und die vier Kinder B.X._, C.X._, D.X._ und E.X._. Die von A.X._ für sich selbst und als Vertreterin der vier Kinder B.X._, C.X._, D.X._ und E.X._ gegen den ablehnenden Entscheid erhobene Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons Aargau am 9. Juni 2010 ab. Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau hiess eine gegen den Entscheid des Regierungsrats gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit Urteil vom 6. Dezember 2010 gut. Es hob den Beschluss des Regierungsrats auf und wies die Angelegenheit zur weiteren Behandlung im Sinne der Erwägungen an die Einwohnergemeinde Erlinsbach zurück. Aus den Erwägungen ergibt sich insbesondere, dass die Gemeinde die Sprachkenntnisse von A.X._ unter den vom Verwaltungsgericht aufgestellten materiellen und verfahrensmässigen Anforderungen beurteilen muss. Sollte sich die genannte Beschwerdeführerin über ausreichende Sprachkenntnisse ausweisen und die Gemeinde weiterhin Bedenken hinsichtlich deren Vertrautheit mit den schweizerischen Verhältnissen hegen, so wären entsprechende zusätzliche Untersuchungen durchzuführen oder Gesichtspunkte zu nennen, welche die Annahme einer unzureichenden Integration als haltbar erscheinen lassen. D. Mit Verfassungsbeschwerde vom 31. Januar 2011 an das Bundesgericht beantragt die Einwohnergemeinde Erlinsbach, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und der Beschluss der Gemeindeversammlung Erlinsbach vom 27. November 2009 zu bestätigen. Eventuell sei das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung der Sprachkenntnisse von A.X._ an den Gemeinderat Erlinsbach zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung der Gemeindeautonomie (Art. 50 Abs. 1 BV) sowie die Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und Willkür (Art. 9 BV). Sie beanstandet insbesondere, dass das Verwaltungsgericht ihr vorschreibe, wie sie die Sprachkenntnisse festzustellen habe. E. Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die privaten Beschwerdegegner stellen den Antrag, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Zudem ersuchen sie um unentgeltliche Rechtspflege. Der Regierungsrat schliesst unter Verweisung auf seinen Entscheid vom 9. Juni 2010 auf Gutheissung der Beschwerde.
Erwägungen: 1. 1.1 Beschwerden gegen letztinstanzliche Verfügungen der Kantone richten sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege (Art. 50 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts vom 29. September 1952 [Bürgerrechtsgesetz; BüG; SR 141.0]). Zur Beschwerde berechtigt sind auch die betroffenen Kantone und Gemeinden (Art. 50 Abs. 2 BüG). Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Sinne von Art. 82 BGG ist gemäss Art. 83 lit. b BGG gegen Entscheide über die ordentliche Einbürgerung ausgeschlossen. Eine andere ordentliche Beschwerde fällt nicht in Betracht. Damit ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG im Grundsatz gegeben. Der Entscheid der Vorinstanz kann mit keinem kantonalen Rechtsmittel angefochten werden und ist daher kantonal letztinstanzlich (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG; BGE 135 I 265 E. 1 S. 269). 1.2 Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann nach Art. 116 BGG die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Zur Beschwerde ist gemäss Art. 115 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Die in Art. 115 lit. a BGG genannte Voraussetzung ist erfüllt. Das nach Art. 115 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse kann durch kantonales oder eidgenössisches Gesetzesrecht oder unmittelbar durch ein spezielles Grundrecht oder bundesverfassungsrechtliche Verfahrensgarantien begründet sein (BGE 133 I 185 E. 4 S. 191 und E. 6.2 S. 199; 129 I 217 E. 1 S. 219). Der Entscheid der Vorinstanz trifft die Beschwerdeführerin in hoheitlichen Befugnissen, da ihr Beschluss auf Nichteinbürgerung der privaten Beschwerdegegner aufgehoben und sie angehalten wird, einen neuen Entscheid zu treffen. Die Beschwerdeführerin ist daher legitimiert, eine Verletzung ihrer in Art. 50 Abs. 1 BV garantierten Gemeindeautonomie zu rügen (vgl. Art. 51 Abs. 2 BüG). Ob ihr im hier betroffenen Bereich tatsächlich Autonomie zukommt, ist nicht eine Frage des Eintretens, sondern der materiellen Beurteilung (BGE 135 I 43 E. 1.2 S. 45 f.; 131 I 91 E. 1 S. 93; 129 I 410 E. 1.1 S. 412; je mit Hinweisen). In Verbindung mit der Rüge der Verletzung ihrer Autonomie kann die Gemeinde auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend machen (BGE 136 I 265 E. 3.2 S. 272; 131 I 91 E. 3.1 S. 95). 1.3 Mit dem angefochtenen Entscheid, der die Sache an die Gemeinde zurückweist, wird das Verfahren nicht abgeschlossen, weshalb kein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG vorliegt. Die Beschwerde ist nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG zulässig (vgl. Art. 117 BGG). Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Gemeinde einen Rückweisungsentscheid anfechten, wenn ihr nicht zuzumuten ist, einer von ihr als falsch erachteten Weisung Folge zu leisten, um später ihren eigenen Entscheid anzufechten (BGE 133 II 409 E. 1.2 S. 412 mit Hinweisen). 1.4 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind grundsätzlich erfüllt und geben zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten, soweit die gesetzlichen Begründungsanforderungen erfüllt sind (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). 2. 2.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der Gemeindeautonomie. Sie macht geltend, sie habe das ihr bei der Einbürgerung zustehende Ermessen pflichtgemäss ausgeübt. Im Rahmen des Einbürgerungsgesprächs sei festgestellt worden, dass A.X._ nicht über hinreichende Sprachkenntnisse verfüge. Das Verwaltungsgericht sei nicht berechtigt, dem Gemeinderat Vorgaben für die Feststellung und Beurteilung der Sprachkenntnisse von Einbürgerungswilligen zu machen. Im Übrigen fehle es bei der Gesuchstellerin auch an der für eine Einbürgerung notwendigen Integration. Die Vorinstanz habe sich über die willkürfreie Beurteilung durch die Gemeinde hinweggesetzt und damit die Gemeindeautonomie verletzt. 2.2 Art. 50 Abs. 1 BV gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts. Nach der Rechtsprechung sind Gemeinden in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen oder eidgenössischen Rechts betreffen. Der Schutz der Gemeindeautonomie setzt eine solche nicht in einem ganzen Aufgabengebiet, sondern lediglich im streitigen Bereich voraus. Im Einzelnen ergibt sich der Umfang der kommunalen Autonomie aus dem für den entsprechenden Bereich anwendbaren kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrecht (BGE 136 I 265 E. 2.1 S. 269, 395 E. 3.2.1 S. 398; 135 I 233 E. 2.2 S. 241 f.; je mit Hinweisen). Die Anwendung von eidgenössischem und kantonalem Verfassungsrecht prüft das Bundesgericht mit freier Kognition, die Handhabung von Gesetzes- und Verordnungsrecht unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots (BGE 136 I 265 E. 2.3 S. 270; 135 I 302 E. 1 S. 305). 2.3 Nach § 6 der Aargauer Kantonsverfassung (KV/AG; SR 131.227) regelt der kantonale Gesetzgeber das Kantons- und Gemeindebürgerrecht (vgl. Gesetz des Kantons Aargau über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht vom 22. Dezember 1992 [KBüG/AG; SAR 121.100]). Eine Zuständigkeit der Gemeinden zum Erlass von Bestimmungen über die Einbürgerungsvoraussetzungen besteht nicht (vgl. KURT EICHENBERGER, Verfassung des Kantons Aargau, 1986, N. 1 zu § 6). Für die materiellen Voraussetzungen der Einbürgerung knüpft das kantonale Recht an die bundesrechtlichen Anforderungen an und enthält keine zusätzlichen Erfordernisse. Zuständigkeiten und Verfahren zur Einbürgerung von Ausländern sind in § 11 KBüG/AG geregelt. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung trifft der Gemeinderat die Erhebungen, die für die Beurteilung der Einbürgerungsvoraussetzungen nötig sind, und legt, wenn die Wohnsitzerfordernisse erfüllt sind, das Gesuch der Gemeindeversammlung zur Beschlussfassung über die Zusicherung des Gemeindebürgerrechts vor. Die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung ergibt sich zudem aus § 20 Abs. 2 lit. k des kantonalen Gesetzes über die Einwohnergemeinden (Gemeindegesetz; GG/AG; SAR 171.100). Über die Einbürgerung entscheidet abschliessend die Einbürgerungskommission des Grossen Rats, sofern der Grosse Rat den Entscheid nicht an sich zieht (§ 11 Abs. 5 KBüG/AG). 2.4 Die Verleihung des Gemeindebürgerrechts fällt im Kanton Aargau aufgrund der genannten Bestimmungen in den Autonomiebereich der Gemeinden (vgl. ANDREAS BAUMANN, Aargauisches Gemeinderecht, 3. Aufl. 2005, S. 162). Diese sind bei ihrem Entscheid an die Kriterien gemäss Art. 14 lit. a-d BüG gebunden. Danach ist bei der ordentlichen Einbürgerung vor Erteilung der Einbürgerungsbewilligung zu prüfen, ob der Bewerber zur Einbürgerung geeignet ist, insbesondere ob er in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist, mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist, die schweizerische Rechtsordnung beachtet und die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet. Bei der Beurteilung dieser Voraussetzungen steht den zuständigen Behörden ein weiter Ermessensbereich zu, welchen die Rechtsmittelinstanzen beachten müssen. Sie dürfen einzig eingreifen, wenn die Gemeinde ihr Ermessen nicht pflichtgemäss, das heisst in Widerspruch zum Sinn und Zweck der Bürgerrechtsgesetzgebung, ausübt (vgl. BGE 129 I 232 E. 3.3 S. 237 ff. und E. 3.4.2 S. 240 sowie 129 I 217 E. 2.2 S. 224 ff.; siehe ferner Urteile des Bundesgerichts 1D_5/2010 vom 30. August 2010 E. 3.2.4; 1P.788/2006 vom 22. März 2007 E. 3, in: ZBl 109/2008 S. 161; je mit Hinweisen). 2.5 Nach Art. 50 BüG sind die Kantone verpflichtet, Gerichtsbehörden einzusetzen, die als letzte kantonale Instanzen Beschwerden gegen ablehnende Entscheide über die ordentliche Einbürgerung beurteilen. Diese Gerichtsbehörden haben gestützt auf die Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) eine freie Überprüfung des Sachverhalts sowie der Anwendung des kantonalen und des Bundesrechts vorzunehmen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_310/2009 vom 17. März 2010 E. 2.2.2 mit Hinweisen; Bericht vom 27. Oktober 2005 der Staatspolitischen Kommission des Ständerats, BBl 2005 6953; ANDREAS KLEY, Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, N. 11 zu Art. 29a BV). Eine gerichtliche Kontrolle der Angemessenheit der angefochtenen Entscheide verlangt Art. 29a BV nicht. Zulässig ist auch eine richterliche Zurückhaltung bei der Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe und bei der Beurteilung von technischen Sachverhalten (KLEY, a.a.O.). Damit sind die Gerichte in der Lage, den Handlungsspielraum der zuständigen unterinstanzlichen Behörden zu respektieren. Der eingeschränkten Justiziabilität von Ermessensentscheiden ist durch eine Anpassung des Kontrollumfangs und der Kontrolldichte sowie durch geeignete Beweismassnahmen Rechnung zu tragen (ESTHER TOPHINKE, Bedeutung der Rechtsweggarantie für die Anpassung der kantonalen Gesetzgebung, in: ZBl 107/2006, S. 107 f.; WALTER KÄLIN, Die Bedeutung der Rechtsweggarantie für die kantonale Verwaltungsjustiz, in: ZBl 100/1999, S. 61 f.). Die Rechtsweggarantie verpflichtet die Vorinstanz somit zu einer umfassenden Rechts- und Sachverhaltsprüfung, was nicht ausschliesst, den Gestaltungsbereich der unteren Instanzen und insbesondere der Gemeinden zu wahren. 2.5.1 Das Verwaltungsgericht überprüfte den bei ihm angefochtenen Entscheid im Rahmen der Beschwerdeanträge auf unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts sowie Rechtsverletzungen (§ 48 Abs. 2 und § 55 Abs. 1 des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 4. Dezember 2007; VRPG/AG; SAR 271.200). In tatsächlicher Hinsicht ist die Kognition des Verwaltungsgerichts nicht beschränkt. In rechtlicher Hinsicht bezeichnet das Verwaltungsgericht seine Kognition als eingeschränkt, weil den Gesuchstellern kein Anspruch auf Einbürgerung zustehe und deshalb den zuständigen Behörden sowohl hinsichtlich der Erteilung des Gemeinde- als auch des Kantonsbürgerrechts ein weiter Spielraum zustehe. Praktisch beschränke sich damit die Kognition des Verwaltungsgerichts in rechtlicher Hinsicht auf die Verletzung von Verfassungsrecht einschliesslich des Willkürverbots (Art. 9 BV). 2.5.2 Eine solche Kognitionsbeschränkung in Bezug auf die Rechtsanwendung ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vor dem Hintergrund der Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) nicht zulässig. Der Gestaltungsspielraum der unteren Instanzen und der Gemeinden darf nicht zu einem Verzicht auf die nach der Rechtsweggarantie erforderlichen Rechts- und Sachverhaltsprüfung führen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Anforderungen für eine ordentliche Einbürgerung gemäss Art. 14 BüG. Die freie gerichtliche Prüfung dieser bundesrechtlichen Anforderungen obliegt den in Art. 50 BüG genannten kantonalen Gerichtsbehörden. Damit wird den Anforderungen von Art. 29a BV entsprochen. Das Bundesgericht kann in diesem Bereich wegen des Ausschlusses der ordentlichen Beschwerde (Art. 83 lit. b BGG) in Bezug auf Sachverhalts- und Rechtsfragen lediglich eine Prüfung der Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gewährleisten (Art. 113, 116 und 118 BGG). Ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllt sind, prüft das Verwaltungsgericht somit frei. Es beachtet bei der Prüfung der Rechtsfragen, dass die Gemeinden im Rahmen ihrer Autonomie die im Gesetz verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe selbstständig anwenden. Indessen muss das kantonale Gericht die Rechtsanwendung und namentlich die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe durch die Gemeinde auf die Vereinbarkeit mit den einschlägigen Normen des kantonalen Rechts und des Bundesrechts überprüfen. Dazu gehört neben der Bundesverfassung auch das Bürgerrechtsgesetz. Die freie Prüfung der Anwendung des BüG geht über eine Willkürprüfung hinaus, indem das kantonale Gericht eine Verletzung des BüG zu korrigieren hat und nicht nur dann einschreitet, wenn der bei ihm angefochtene Entscheid im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgrundsatz zuwiderläuft (zum Willkürbegriff vgl. BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4; 133 I 149 E. 3.1 S. 153; 131 I 467 E. 3.1 S. 473 f.; je mit Hinweisen). Das zuständige kantonale Gericht darf auch nicht mit Rücksicht auf die Gemeindeautonomie eine willkürfreie Anwendung des BüG akzeptieren, wenn sich aus diesem Bundesrecht oder anderen Rechtssätzen ergibt, dass eine andere Lösung vorzuziehen wäre. 2.5.3 Die Vorinstanz war somit im Hinblick auf die Anwendung des BüG nicht auf eine Willkürprüfung beschränkt, sondern hatte unter Beachtung des Gestaltungsbereichs der unteren Instanzen eine umfassende Rechts- und Sachverhaltsprüfung vorzunehmen. Diese Aufgabe hat sie, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, wahrgenommen. Dem weiten Gestaltungsbereich der Gemeinde trägt sie Rechnung, indem sie zur Förderung einer rechtsgleichen und willkürfreien Ermittlung und Beurteilung der Sprachkenntnisse die Einhaltung bestimmter Regeln verlangt, welche die nach Art. 50 BüG i.V.m. Art. 29a BV geforderte gerichtliche Überprüfung ermöglichen. Im bundesgerichtlichen Verfahren ist auf Verfassungsbeschwerde hin zu prüfen, ob der angefochtene Entscheid die von der Gemeinde angerufenen verfassungsmässigen Rechte (Gemeindeautonomie, rechtliches Gehör, Willkürverbot) verletzt. 3. 3.1 Die Gemeinde hat im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens zu prüfen, ob ein Bewerber zur Einbürgerung geeignet ist, insbesondere ob er in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist und mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist (Art. 14 lit. a und b BüG). Das in Art. 14 lit. b BüG genannte Kriterium der Vertrautheit mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen setzt gewisse Kenntnisse über das Land und seine Bewohner und insbesondere eine der Landessprachen voraus (vgl. VPB 69 (2005) Nr. 101 S. 1243 f.; CÉLINE GUTZWILLER, Droit de la nationalité et fédéralisme en Suisse, 2008, Rz. 557). Die Fähigkeit, sich in einer Landessprache zu verständigen, soll im neuen Bürgerrechtsgesetz als Integrationskriterium ausdrücklich genannt werden (Art. 12 Abs. 1 lit. c nBüG gemäss Botschaft des Bundesrates vom 4. März 2011 zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das Schweizer Bürgerrecht, BBl 2011 2834 f. Ziff. 1.2.2.5). Fehlende Kenntnisse der vor Ort gesprochenen Landessprache können als Indiz für eine mangelnde Integration gewertet werden (vgl. BGE 134 I 56 E. 3 S. 59). Um als Bürgerin bzw. Bürger im politischen System der Schweiz mitwirken zu können, sind auch Kenntnisse über die Grundlagen der politischen und sozialen Ordnung notwendig. Sprachkenntnisse, Kenntnisse des Landes und seines politischen Systems und die Einbindung in die Lebensverhältnisse müssen so weit gehen, dass anzunehmen ist, dass ein Bewerber nach Verleihung des Staatsbürgerrechts angemessen von seiner Rechtsstellung und insbesondere auch von den damit verliehenen Teilnahmerechten am politischen Prozess Gebrauch machen kann (vgl. Botschaft zur Revision des Bürgerrechtsgesetzes, BBl 2002 1943; EIDG. AUSLÄNDERKOMMISSION EKA, Einbürgerung und Sprachnachweis, Empfehlungen an die Gemeinden, die Kantone und den Bund, 2006, S. 4 ff.). 3.2 Das Verwaltungsgericht hält die Abklärungen der Gemeinde über die Sprachkenntnisse der Beschwerdegegnerin 1 für ungenügend. Es beanstandet zunächst das Fehlen einer Definition des erwarteten Sprachniveaus. Weiter kritisiert es im Hinblick auf das Verfahren, dass keine vorgängige Mitteilung an die Bewerberin über das erwartete Sprachniveau erfolgte, kein definiertes brauchbares Testverfahren angewendet und keine Fachperson oder ein entsprechend geschulter Sachbearbeiter beigezogen worden sei. Zudem fehlten Aufzeichnungen über den Sprachtest, und sei kein individueller Test durchgeführt worden. Die Gemeinde beruft sich auf die in § 11 Abs. 2 KBüG enthaltene Kompetenz, Erhebungen zu treffen, die für die Beurteilung der Einbürgerungsvoraussetzungen nötig sind. Sie leitet daraus ab, die Gemeinden seien bei der Sprachbeurteilung frei, das erforderliche Sprachniveau zu bestimmen und nach den ihr als gut erscheinenden Methoden vorzugehen. 3.3 Bei der Handhabung des Sprachkriteriums stellt sich die Frage nach dem erforderlichen Niveau an Sprachkenntnissen sowie die Frage nach den Methoden zu dessen Ermittlung. Mangels konkreter gesetzlicher Vorgaben stellte das Verwaltungsgericht in seinem Entscheid Grundsätze ("Leitplanken") auf, welche eine willkürfreie und rechtsgleiche Beurteilung der Sprachkenntnisse erlauben sollen. Es ist im Folgenden zu prüfen, ob damit der Beurteilungsspielraum der zuständigen Gemeinde verletzt wurde. 3.3 Bei der Handhabung des Sprachkriteriums stellt sich die Frage nach dem erforderlichen Niveau an Sprachkenntnissen sowie die Frage nach den Methoden zu dessen Ermittlung. Mangels konkreter gesetzlicher Vorgaben stellte das Verwaltungsgericht in seinem Entscheid Grundsätze ("Leitplanken") auf, welche eine willkürfreie und rechtsgleiche Beurteilung der Sprachkenntnisse erlauben sollen. Es ist im Folgenden zu prüfen, ob damit der Beurteilungsspielraum der zuständigen Gemeinde verletzt wurde. 3.4 3.4.1 Das Verwaltungsgericht nimmt im angefochten Entscheid Bezug auf den im Auftrag der Eidg. Ausländerkommission (EKA) erstellten Kurzbericht zu einem Rahmenkonzept für den Nachweis der sprachlichen Kommunikationsfähigkeit im Hinblick auf die Einbürgerung (GÜNTHER SCHNEIDER/STEFANIE NEUNNER-ANFINDSEN/PETER SAUTER/THOMAS STUDER/ LUKAS WERTENSCHLAG/CORINNE WIDMER, Rahmenkonzept für den Nachweis der sprachlichen Kommunikationsfähigkeit im Hinblick auf die Einbürgerung, 2006, publiziert im Internet: http://www.ekm.admin.ch/de/ themen/buergerrecht.php, besucht am 29. März 2011). Dieser Kurzbericht stützt sich bei der Umschreibung des anzustrebenden Sprachniveaus auf den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen des Europarats (GER; Europäisches Sprachenportfolio ESP; abrufbar unter: http://www.coe.int/T/DG4/Portfolio/L=E&M=/main_pages/ levels.html, besucht am 28. März 2011). In der erwähnten Publikation von Günther Schneider et al. wird für die mündlichen Kompetenzen (Sprechen, Hörverstehen) ein Überprüfungsprofil im Bereich der Referenzniveaus B1.1 bis A2.1 als sinnvoll bezeichnet. Die Prüfung von schriftlichen Kompetenzen (Lesen, Schreiben) wird generell nicht empfohlen. Indes wird vorgeschlagen, dass sich die zuständigen Behörden im Falle einer Prüfung schriftlicher Kompetenzen am Referenzniveau A2.2 für das Lesen und A2.1 für das Schreiben orientieren (SCHNEIDER ET AL., a.a.O., S. 21 f. und Anhang D, Sprachkompetenzprofil "Einstieg in die selbständige Sprachverwendung", S. 35). Unter Berücksichtigung dieses Rahmenkonzepts kommt das Verwaltungsgericht zum Schluss, im Regelfall könnten vom Bürgerrechtsbewerber kommunikative Fähigkeiten (Verstehen, Sprechen) von B1 bis B2 (insbesondere soweit es um Begriffe und Themen aus dem Bereich der Staats- und Landeskunde geht) verlangt werden, ohne dass die zuständige Behörde dadurch den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum verletze. Mit Bezug auf die schriftliche Sprachbeherrschung (Schreiben) dürften hingegen die Anforderungen mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Bildungsfähigkeiten der Gesuchsteller das Niveau A2 nicht überschreiten, ansonsten die Diskriminierung bildungsferner Personen drohe. 3.4.2 Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen (GER) hat sich als Bezugsinstrument insbesondere in der Praxis des Fremdsprachenunterrichts etabliert. Er unterscheidet drei Hauptniveaus sprachlicher Kommunikationsfähigkeiten: Die A-Niveaus stehen für eine elementare, die B-Niveaus für eine selbstständige und die C-Niveaus für eine kompetente Sprachverwendung. Innerhalb der verhältnismässig breit angelegten Hauptniveaus A und B werden je zwei Teilniveaus (A1 und A2 sowie B1 und B2 mit weiteren Unterteilungen) unterschieden, was die Genauigkeit des sprachlichen Anforderungsprofils erhöhen soll. Der GER findet auch im Bundesrecht Verwendung. So werden für die vorzeitige Erteilung der Niederlassungsbewilligung Kenntnisse der am Wohnort gesprochenen Landessprache auf dem Niveau A2 des GER verlangt (vgl. Art. 62 Abs. 1 lit. c der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]). Für die Betreuungs- und Lehrtätigkeit (z.B. religiöse Betreuungspersonen oder Lehrkräfte für heimatliche Sprache und Kultur) sind Kenntnisse der am Arbeitsort gesprochenen Landessprache auf dem Sprachniveau B1 des GER erforderlich (Art. 7 der Verordnung vom 24. September 2007 über die Integration von Ausländerinnen und Ausländern [SR 142.205; VlntA]). 3.4.3 Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern das vom Verwaltungsgericht genannte Sprachniveau mit der Gemeindeautonomie nicht vereinbar wäre. Zur näheren Umschreibung der Anforderungen, die ein Einbürgerungswilliger in sprachlicher Hinsicht erfüllen sollte, erscheint der GER aufgrund des Rahmenkonzepts für den Nachweis der sprachlichen Kommunikationsfähigkeit im Hinblick auf die Einbürgerung als gut geeignet. Es geht darum, einen objektivierbaren Massstab für die Einbürgerungsvoraussetzungen gemäss Art. 14 lit. b BüG festzulegen. Damit wird die Grundlage für einen überprüfbaren Entscheid über die Sprachkenntnisse im Einbürgerungsverfahren geschaffen, was der rechtsgleichen und willkürfreien Handhabung des Sprachenkriteriums dient. Die Sprachniveaus wurden vom Verwaltungsgericht nicht als verbindliche Mindestkenntnisse formuliert, sondern es bleibt weiterhin den Gemeinden überlassen, im Rahmen der genannten Kriterien zu entscheiden, ob die Sprachkenntnisse im konkreten Einzelfall für eine Einbürgerung ausreichen. Damit wird der von der Gemeindeautonomie geschützten Entscheidungsfreiheit der Gemeinde hinreichend Rechnung getragen. Auch können die Gemeinden das Verfahren für Personen, welche die sprachlichen Anforderungen aus bestimmten Gründen nicht erfüllen (z.B. wegen einer geistigen Behinderung oder hohen Alters), individuell bestimmen (vgl. BGE 135 I 49). Somit erscheint die Einbürgerung von Personen mit Lern- oder Leistungsschwächen oder Behinderungen durch die Vorgaben des Verwaltungsgerichts nicht ausgeschlossen (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 4. März 2011 zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das Schweizer Bürgerrecht, BBl 2011 2832 Ziff. 1.2.2.2; Bericht des Regierungsrats des Kantons Basel-Stadt vom 26. Oktober 2010 zur kantonalen Volksinitiative "für eine faire Einbürgerung (Sprachinitiative)", S. 11, im Internet: www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100370/000000370752.pdf, besucht am 4. April 2011). 3.5 Soweit das Verwaltungsgericht das in Erlinsbach durchgeführte Verfahren zur Feststellung der Sprachkenntnisse der Beschwerdegegnerin 1 beanstandet, ist ebenfalls nicht ersichtlich, inwiefern damit die Gemeindeautonomie verletzt worden sein soll. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu den genannten Mängeln werden von der Beschwerdeführerin nicht substanziiert in Frage gestellt (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). Das Verwaltungsgericht verlangt im Hinblick auf die rechtsgleiche Handhabung des Spracherfordernisses und die Gewährleistung eines fairen Verfahrens, dass den Bürgerrechtsbewerbern zumindest zu einem frühen Zeitpunkt mitgeteilt wird, welches Sprachniveau bei den verschiedenen sprachlichen Fertigkeiten (Verstehen, Sprechen, Schreiben) erwartet wird. Weiter soll die zuständige Behörde die ausreichende Qualität des Evaluationsverfahrens sicherstellen sowie die Evaluation in Bezug auf den Gesuchsteller bzw. die Gesuchstellerin individuell durchführen und dokumentieren. Diese Mindesterfordernisse dienen im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes der rechtsgleichen Behandlung (Art. 8 BV) sowie der Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Das Verwaltungsgericht hat die Gemeinde nicht auf ein bestimmtes Verfahren zur Ermittlung der Sprachkenntnisse verpflichtet, sondern lediglich die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an das Verfahren bezeichnet. Damit bleibt es der Gemeinde überlassen, innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens über die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens zur Beurteilung der Sprachkenntnisse zu entscheiden. Die Autonomie der Gemeinde wird dadurch gewahrt. Da der Gemeinde nach dem angefochtenen Entscheid innerhalb des bundesrechtlichen Rahmens hinreichende Gestaltungsmöglichkeiten für die Feststellung und Beurteilung der Sprachkenntnisse verbleiben, kann auch dem Eventualantrag der Beschwerdeführerin nicht entsprochen werden. 3.6 Schliesslich hat das Verwaltungsgericht auch darauf hingewiesen, dass die Verneinung einer hinreichenden Integration der Beschwerdegegnerin 1 einer verfassungsrechtlich haltbaren Begründung bedarf. Die entsprechenden Erwägungen der Vorinstanz stimmen mit Art. 15b BüG und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Begründungspflicht von Einbürgerungsentscheiden überein (BGE 135 I 265 E. 4.3.1 S. 276; 132 I 196 E. 3.1; 131 I 18 E. 3 S. 20; 129 I 232 E. 3 S. 234 ff.; je mit Hinweisen). Die Gemeinde hat die Gründe, welche zur Ablehnung der Einbürgerung wegen mangelnder Integration führen, im Einzelnen darzulegen. Dadurch werden sowohl die betroffene Gesuchstellerin als auch die Beschwerdeinstanz in die Lage versetzt, sich mit den genannten Gründen auseinanderzusetzen und diese auf ihre Stichhaltigkeit hin zu prüfen. Das Verwaltungsgericht beanstandete zu Recht, dass die Gemeinde die ausreichende Vertrautheit mit den schweizerischen Verhältnissen im Wesentlichen damit verneine, dass die Beschwerdegegnerin 1 keine Erwerbstätigkeit ausübe. Stattdessen hat sie hier ihre Kinder grossgezogen und begleitet auch heute noch die Entwicklung der jüngeren Kinder. Dass sie - zumindest in beschränktem Rahmen - am Dorfleben teilnimmt, bestreitet die Gemeinde nicht. Unter diesen Umständen gelangte das Verwaltungsgericht ohne Verletzung der Gemeindeautonomie zum Schluss, dass aufgrund der bisherigen Untersuchung des Sachverhalts - vorbehältlich ausreichender Sprachkenntnisse - nicht von einer unzureichenden Vertrautheit mit den hiesigen Verhältnissen ausgegangen werden dürfe. 4. Die Gemeinde bringt weiter vor, der angefochtene Entscheid sei willkürlich und verletze das rechtliche Gehör, weil die Vorinstanz trotz entsprechender zulässiger Beweisanträge die Sprachkenntnisse der Beschwerdegegnerin 1 nicht selbst geprüft habe. Das Verwaltungsgericht lehnt es grundsätzlich zu Recht ab, in Fällen, in welchen es grobe Verfahrensfehler seiner Vorinstanzen wie ungenügende Protokollierung etc. bemängelt, eigene aufwändige Untersuchungen zur Korrektur mangelhafter Sachverhaltsfeststellungen durchzuführen. Hinzu kommt, dass die Ermittlung der Sprachkenntnisse der Gemeinde zusteht und diese Aufgabe durch die Gemeindeautonomie geschützt ist. Es war somit angebracht, dass sich das Verwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren darauf beschränkte, die Gemeinde dazu anzuhalten, die erforderlichen Abklärungen nach Massgabe der bundesrechtlichen Anforderungen selbst vorzunehmen. Es liegt weder Willkür noch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor. 5. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann. In ihrem amtlichen Wirkungskreis unterliegenden Gemeinden werden in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt (Art. 66 Abs. 4 BGG). Die Gemeinde hat den Beschwerdegegnern jedoch eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Die Einwohnergemeinde Erlinsbach hat die privaten Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 13. April 2011 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Der Gerichtsschreiber: Haag
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Sachverhalt: A. A.a Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 3. September 1999 erwarben die Ehegatten A.X._ und B.X._ von der Y._ AG eine 4 1⁄2 Zimmerwohnung und zwei Abstellplätze in S._ zu Miteigentum. Zur Begleichung des Kaufpreises gewährte die Verkäuferin den Käufern kurz zuvor ein Darlehen von Fr. 535'000.--, welches durch zwei Inhaberschuldbriefe gesichert wurde. Für den Fall, dass die Käufer mit den Zins- und Amortisationszahlungen in Rückstand geraten sollten, vereinbarten die Vertragsparteien für die Dauer von 25 Jahren ein Rückkaufsrecht zu Gunsten der Verkäuferin. Am 8. Oktober 2002 übte die Verkäuferin dieses Rückkaufsrecht aus. In der Folge kam es zu einer Reihe von Zivil- und Betreibungsverfahren. A.b Am 25. April 2006 eröffnete der Bezirksrichter von Dielsdorf den Konkurs über A.X._. Er wird im summarischen Verfahren durchgeführt. Die Y._ AG meldete am 30. Oktober 2006 ihre Darlehensforderung von Fr. 517'956.79 nebst Zins sowie weitere Forderungen an, hingegen verlangte sie keine Aussonderung der verkauften Liegenschaft nach Art. 242 SchKG. Mit Schreiben vom 24. November 2006 teilte das Konkursamt dem Vertreter des Gemeinschuldners mit, im Hinblick auf die Verwertung des in die Konkursmasse fallenden Miteigentumsanteils habe eine Einigungsverhandlung stattzufinden. Um in Bezug auf die Verteilung der Pfandhaft bzw. des Verkaufs des Miteigentumsanteils des Konkursiten eine für alle Seiten möglichst einfache Lösung zu finden, sollten die Ehegatten X._ und die Y._ AG an der Sitzung teilnehmen. A.c Nachdem der Präsident des Obergerichts auf das Begehren der Ehegatten X._ um unentgeltliche Prozessführung für das Konkursverfahren nicht eingetreten war, da sich ihr Ansinnen nicht auf einen genau umschriebenen Zivilprozess beziehe, wandte sich deren Vertreter an das Konkursamt. Dort wurde das Gesuch um unentgeltliche Rechtsvertretung für die Ehegatten X._ abgewiesen. Das Bezirksgericht Dielsdorf sowie das Obergericht des Kantons Zürich wiesen die dagegen erhobene Beschwerde am 10. Mai 2007 bzw. den Rekurs am 6. August 2007 ab. B. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 22. August 2007 sind A.X._ und B.X._ an das Bundesgericht gelangt. Sie beantragen die Aufhebung des obergerichtlichen und des bezirksgerichtlichen Beschlusses und die Ernennung ihres Rechtsanwaltes als unentgeltlichen Rechtsbeistand, allenfalls nur für A.X._, für die Einigungsverhandlung vor dem Konkursamt K._. In gleicher Weise sei ihr Rechtsanwalt auch für das Verfahren vor dem Bezirksgericht und dem Obergericht zum unentgeltlichen Rechtsbeistand zu ernennen. Für das bundesgerichtliche Verfahren stellen sie das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Mit Verfügung vom 31. August 2007 gewährte der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung in dem Sinne, dass das Konkursamt bis zum Entscheid über die Beschwerde keine Einigungsverhandlung durchführen darf. In der Sache sind keine Antworten eingeholt worden.
Erwägungen: 1. Der letztinstanzliche Beschluss über ein Gesuch um Ernennung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes stellt einen Zwischenentscheid mit einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil dar (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG;Urteil 5A_108/2007 vom 11. Mai 2007 E. 1.2). Er ist von einer Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen gefällt worden, womit die Beschwerde in Zivilsachen dem Hauptverfahren folgend und unabhängig eines Streitwertes gegeben ist (Art. 72 Abs. 2 lit. a und Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG; BGE 133 III 350 E. 1.2). 2. Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und deren Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Falls es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Grundsätzlich besteht dieser Anspruch für jedes staatliche Verfahren, in welches der Gesuchsteller einbezogen wird oder das zur Wahrung seiner Rechte notwendig ist. Die Rechtsnatur des Verfahrens ist dabei ohne Belang. Entscheidend ist hingegen, ob die Interessen des Gesuchstellers in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen. Droht das in Frage stehende Verfahren besonders stark in die Rechtsposition des Gesuchstellers einzugreifen, ist die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes grundsätzlich geboten, sonst nur dann, wenn zur relativen Schwere des Falles besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen der Gesuchsteller auf sich alleine gestellt nicht gewachsen wäre (BGE 130 I 180 E. 2.2 mit Hinweisen). 2.1 Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Frage nach der Notwendigkeit eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Konkursverfahren. Im Vordergrund stehen dabei die Einigungsverhandlungen des Konkursamtes im Hinblick auf die Verwertung von Miteigentumsanteilen an einer Wohnung und zwei Abstellplätzen. Findet sich in der Konkursmasse ein als Ganzes belastetes Grundstück vor, so hat das Konkursamt nach den Regeln für die Verwertung eines Miteigentumsanteils vorzugehen (Art. 130e VZG). Gemäss dem hierfür massgebenden Art. 73e VZG versucht das Konkursamt vor Ansetzung der Versteigerung, durch Verhandlungen mit den am Grundstück als solchem pfandberechtigten Gläubigern und mit den andern Miteigentümern eine Aufteilung der betreffenden Pfandlasten auf die einzelnen Anteile herbeizuführen und bei solidarischer Verpflichtung des Schuldners mit dem andern Miteigentümer eine Aufteilung der Schuldpflicht zu erreichen. Führen die Verhandlungen zum Erfolg, so sind die erforderlichen Änderungen im Grundbuch vorzunehmen, das Lastenverzeichnis anzupassen und der Anteil des Schuldners auf dieser Grundlage zu versteigern (Abs. 2). Das Konkursamt kann auch versuchen, durch Verhandlungen mit den Beteiligten die Aufhebung des Miteigentums zu erreichen und aus dem Ergebnis die Gläubiger ganz oder teilweise zu befriedigen (Abs. 3). Soweit das Ergebnis der Verhandlungen eine Änderung zivilrechtlicher Verhältnisse nach sich zieht und damit die Mitwirkung des Schuldners erfordert, tritt das Konkursamt an seine Stelle (Abs. 4). 2.2 Das Obergericht hat die Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung für die Einigungsverhandlung verneint. Dabei betonte es die Stellung des Konkursamtes, welches weder als Vertreter des Gläubigers noch des Schuldners auftrete, und sich einer unabhängigen, unparteiischen und jeden Interessenkonflikt vermeidenden Amtsführung zu befleissigen habe. Eine Einigungsverhandlung diene einem besseren Verwertungsergebnis, sofern die Beteiligten zu Zugeständnissen bereit seien, wozu sie jedoch nicht gezwungen werden könnten. Sei dies nicht der Fall, so versuche das Konkursamt dieses Ziel alleine zu erreichen, wogegen die Beteiligten nichts ausrichten könnten. Insoweit bleibe die Einigungsverhandlung letztlich ohne Konsequenz. Andere Gründe, welche einen Rechtsbeistand als notwendig erscheinen lassen, wie die gesundheitliche Verfassung der Gesuchsteller oder ihre Fähigkeit, sich im Verfahren zurechtzufinden, sah das Obergericht nicht gegeben. 2.3 Die Beschwerdeführer werfen dem Obergericht nicht vor, die allgemeinen Voraussetzungen für die Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung falsch umschrieben zu haben. Hingegen rügen sie die im Ergebnis unhaltbare Anwendung von § 16 VRG/ZH und berufen sich auf Art. 29 Abs. 3 BV, ohne jedoch darzutun, dass ihnen das kantonale Recht unter leichteren Bedingungen einen unentgeltlichen Rechtsbeistand verschaffen würde. Die Beschwerde ist damit ausschliesslich unter dem Gesichtswinkel von Art. 29 Abs. 3 BV zu beurteilen, womit das Bundesgericht in rechtlicher Hinsicht frei überprüfen kann, ob der Anspruch auf Gewährung des Armenrechts missachtet worden ist. Auf Willkür beschränkt ist die Prüfungsbefugnis, soweit tatsächliche Feststellungen beanstandet werden (BGE 130 I 180 E. 2.1). 2.4 Nach Ansicht der Beschwerdeführer ist der Kaufvertrag vom 3. September 1999 nichtig, da die darin aufgenommene Rückkaufsklausel einem Eigentumsvorbehalt gleichkomme, den das Immobiliarsachenrecht nicht kenne. Über die zivilrechtlichen Konsequenzen des nichtigen Rechtsgeschäfts liege bis jetzt kein rechtskräftiges Urteil vor, weshalb diese zuerst geprüft werden müssten, damit sie an den Einigungsverhandlungen überhaupt einen Standpunkt zur Aufteilung der Pfandbelastung und allenfalls der Solidarschuld einnehmen könnten. Dabei handle es sich um schwierige Fragen, deren Klärung einen Rechtsbeistand erfordere. 2.5 Mit dieser Sichtweise verkennen die Beschwerdeführer die Bedeutung der Einigungsverhandlungen im Rahmen der Zwangsverwertung von Miteigentumsanteilen. In die Konkursmasse fallen einzig die Anteile des Gemeinschuldners an der Wohnung und den beiden Abstellplätzen. Die Beschwerdeführer haften jedoch als Miteigentümer für die Grundpfandschuld solidarisch, welche Verpflichtung die Eintragung eines Gesamtpfandes ermöglicht hatte. Im Falle einer Verwertung von Miteigentumsanteilen sind diese zuerst mit einem Teilbetrag zu belasten, um ein gesetzlich nicht zulässiges Gesamtpfand zu verhindern (Art. 798 Abs. 1 und 2 ZGB). In diesem Zusammenhang stellt sich konkret die Frage, ob die Beschwerdeführerin die Miteigentumsanteile des Gemeinschuldners erwerben und die darauf lastende Grundpfandschuld übernehmen möchte und kann. Allenfalls drängt sich auch eine Aufteilung des Gesamtpfandes und der damit verbundenen Solidarschuld auf. Es ist Aufgabe des Konkursamtes, hier eine dem konkreten Fall angepasste Lösung aufzuzeigen, um eine bestmögliche Verwertung zu erreichen. Hingegen trifft es im Rahmen von Einigungsverhandlungen keine vollstreckungsrechtlichen Anordnungen und entscheidet nicht über materiell-rechtliche Fragen, deren Beurteilung dem Richter zusteht (vgl. BGE 132 III 539 E. 3.2). Führen diese nicht zum Erfolg, so fährt das Konkursamt mit der Verwertung der Miteigentumsanteile fort. Daraus folgt, dass sich das Konkursamt in keinem Fall über die Gültigkeit des Kaufvertrages auszusprechen hat, auch nicht vorfrageweise. Insoweit gehen die Vorbringen der Beschwerdeführer an der Sache vorbei. Sie haben im Jahre 1999 gemeinsam Grundeigentum erworben und sind damit zusammenhängende Verpflichtungen eingegangen. Durch den Konkurs des Beschwerdeführers gelangen seine Miteigentumsanteile zur Verwertung. Zu den sich nunmehr stellenden Fragen können die Beschwerdeführer sich ebenso ohne unentgeltlichen Rechtsbeistand äussern wie sie für die Verhandlungen zum Abschluss des Kaufvertrags und des Darlehensvertrages keinen solchen benötigt haben. 2.6 Das Obergericht wie auch bereits das Bezirksgericht haben den Beschwerdeführern den unentgeltlichen Rechtsbeistand wegen Aussichtslosigkeit ihrer Begehren verweigert. Sie fechten den Entscheid auch in diesem Punkt an, ohne jedoch ihren Antrag zu begründen. Darauf ist nicht einzutreten. 3. Nach dem Gesagten ist der Beschwerde in Zivilsachen kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann nicht stattgegeben werden, da sie zu den hierfür notwendigen Voraussetzungen mit keinem Wort Stellung nehmen (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 13. Dezember 2007 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Raselli Schett
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Sachverhalt: A. A.a Die Eheleute A._ und B._ sind Stockwerkeigentümer mit Sonderrecht an einer 41⁄2 - Zimmerwohnung. Auch die Ehegatten D._ und C._ sind Stockwerkeigentümer mit Sonderrecht an einer 31⁄2 - Zimmerwohnung. Sie sind alle Mitglieder der Stockwerkeigentümergemeinschaft "E._" in G._. In zwei von der Stockwerkeigentümergemeinschaft "E._" (nachfolgend Beschwerdegegnerin) eingeleiteten Betreibungen auf Grundpfandverwertung gegen A._ (Betreibung Nr. 1) und B._ (Betreibung Nr. 2) stellte die Beschwerdegegnerin am 26. Februar 2010 das Verwertungsbegehren an das Betreibungsamt F._. Zudem bestehen gegen die eingangs erwähnten vier Personen (nachfolgend Beschwerdeführer) mehrere Betreibungen auf Pfändung (von diversen Gläubigern, unter anderem auch der Beschwerdegegnerin). Darunter fallen vier Betreibungen, in denen das Betreibungsamt mit Verfügung vom 25. März 2010 die bereits ausgestellten Verlustscheine wieder aufhob. In diesen vier Betreibungen sowie in den übrigen Betreibungsverfahren pfändete das Betreibungsamt am 21. und 31. Mai 2010 die Stockwerkeigentumsanteile der Beschwerdeführer. Es bildeten sich in der Folge die Gläubigergruppen Nr. 3 (gegen A._), Nr. 4 (gegen D._), Nr. 5 (gegen C._) und Nr. 6 (gegen B._). A.b Mit "beschwerdefähiger Verfügung" vom 22. Juli 2010 kündigte das Betreibungsamt den Beschwerdeführern die Durchführung der Schätzung ihrer Stockwerkeigentumsanteile auf den 26. August 2010, 09.00 Uhr, an. Es hielt fest, die angezeigte "Verkehrswert-Schätzung" betreffe die beiden Betreibungen Nr. 1 und 2 auf Grundpfandverwertung sowie die Betreibungen auf Pfändung der Gläubigergruppen Nr. 3, 4, 5 und 6. B. B.a Gegen diese "beschwerdefähige Verfügung" gelangten die Beschwerdeführer am 2. August 2010 an das Bezirksgericht Dielsdorf als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen und verlangten deren Aufhebung. Zudem beantragten sie die Feststellung, dass gegen sie kein Pfändungs- beziehungsweise Konkursverfahren im Fortsetzungsstadium hängig sei sowie dass sie über kein verwertbares Vermögen verfügten und die Mitteilung des Betreibungsamtes vom 25. März 2010, in der es die vier Verlustscheine aufhob, gegenstandslos sei. B.b Mit Verfügung vom 16. August 2010 forderte das Bezirksgericht das Betreibungsamt zur ("obligatorischen") Vernehmlassung und die Beschwerdegegnerin zur Einreichung einer Beschwerdeantwort auf. Die Beschwerdegegnerin und das Betreibungsamt reichten jeweils am 27. August 2010 eine Beschwerdeantwort beziehungsweise Vernehmlassung ein. B.c In seinem Beschluss vom 7. September 2010 trat das Bezirksgericht auf die Beschwerde nicht ein, da die Ankündigung der Schätzung vom 22. Juli 2010 eine blosse Mitteilung und keine Verfügung darstelle. Es auferlegte den Beschwerdeführern wegen mutwilliger Prozessführung eine Busse von je Fr. 250.-- und eine Gerichtsgebühr von Fr. 500.--, beides unter solidarischer Haftbarkeit. C. Dagegen gelangten die Beschwerdeführer mit Rekurs vom 17. September 2010 an das Obergericht des Kantons Zürich als obere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen. Sie verlangten Einsicht in die Beschwerdeantwort der Beschwerdegegnerin beziehungsweise in die Vernehmlassung des Betreibungsamtes und die Einräumung einer Frist zur Beschwerdeergänzung. Weiter beantragten sie die Aufhebung des Beschlusses des Bezirksgerichts und die Anordnung, wonach ihre Stockwerkeinheiten nicht zu besichtigen und keine Verkehrswertschätzung durchzuführen sei. Zudem sei festzustellen, dass sie über kein verwertbares Vermögen verfügten und das bezirksgerichtliche Verfahren kostenlos sei. Mit Beschluss vom 29. Oktober 2010 hiess das Obergericht den Rekurs teilweise gut und hob den Entscheid des Bezirksgerichts insoweit auf, als es die auferlegte Busse von je Fr. 250.-- ohne solidarische Haftbarkeit der Beschwerdeführer anordnete (Ziff. 1 des Dispositivs). Im Übrigen wies es den Rekurs ab (Ziff. 3 des Dispositivs) und trat auf den Antrag auf Feststellung, wonach die Beschwerdeführer über kein verwertbares Vermögen verfügten, nicht ein (Ziff. 2 des Dispositivs). Es erhob für das Rekursverfahren keine Kosten und sprach keine Entschädigungen zu (Ziff. 4 des Dispositivs). Auf das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege trat es nicht ein und wies das Gesuch um Beiordnung eines Anwalts ab (Ziff. 5 des Dispositivs). D. Dem Bundesgericht beantragen die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerde vom 11. November 2010 die Aufhebung des obergerichtlichen Beschlusses mit Ausnahme der Dispositivziff. 3 sowie die "Kassation" der Verfügung des Betreibungsamtes vom 25. März 2010 betreffend Aufhebung der Verlustscheine. Zudem stellen sie für das bezirksgerichtliche, obergerichtliche und bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um Beiordnung ihres Anwalts als unentgeltlicher Rechtsvertreter und verlangen die Gewährung der aufschiebenden Wirkung für das bundesgerichtliche Verfahren. Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung (Vernehmlassung vom 25. November 2010). Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet und das Betreibungsamt hat sich nicht vernehmen lassen. Mit Verfügung vom 26. November 2010 hat die Abteilungspräsidentin der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. In der Sache haben das Obergericht und das Betreibungsamt auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Beschwerdegegnerin schliesst in ihrer Vernehmlassung vom 21. Februar 2011 sinngemäss auf Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen: 1. 1.1 Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen unabhängig vom Streitwert der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a und Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Der Beschwerdeentscheid, mit dem die obere kantonale Aufsichtsbehörde (Art. 75 Abs. 1 BGG) den Nichteintretensentscheid der ersten Instanz in der Sache bestätigt hat, stellt einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG dar (BGE 133 V 477 E. 4.1.1 S. 480). Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig. 1. 1.1 Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen unabhängig vom Streitwert der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a und Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Der Beschwerdeentscheid, mit dem die obere kantonale Aufsichtsbehörde (Art. 75 Abs. 1 BGG) den Nichteintretensentscheid der ersten Instanz in der Sache bestätigt hat, stellt einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG dar (BGE 133 V 477 E. 4.1.1 S. 480). Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich zulässig. 1.2 1.2.1 Die Beschwerde muss ein Rechtsbegehren enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Da es sich bei der Beschwerde an das Bundesgericht um ein reformatorisches Rechtsmittel handelt (Art. 107 Abs. 2 BGG), muss auch das Rechtsbegehren grundsätzlich reformatorisch gestellt werden. Ausnahmsweise genügt ein blosser Aufhebungsantrag, wenn das Bundesgericht im Falle der Gutheissung in der Sache nicht selbst entscheiden könnte, was regelmässig der Fall ist, wenn die Beschwerdeführer - wie vorliegend (Ziff. 4 - 9 der Beschwerde) - zur Hauptsache eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügen (Urteile 5A_359/2009 vom 4. August 2009 E. 1; 8C_241/2007 vom 9. Juni 2008 E. 1.3.2, in: Plädoyer 3/2009 S. 71 f.). 1.2.2 Die Beschwerdeführer beantragen vor Bundesgericht denn auch die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides mit Ausnahme der Ziff. 3 des Dispositivs. Aus der Beschwerdebegründung, die zur Interpretation der Rechtsbegehren beizuziehen ist (BGE 136 V 131 E. 1.2 S. 136), erhellt, dass die Beschwerdeführer die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides (und die Rückweisung) mit Ausnahme der Ziff. 2 und nicht der Ziff. 3 des obergerichtlichen Dispositivs verlangen. Zudem kommt der Ziff. 4 des obergerichtlichen Dispositivs keine eigenständige Bedeutung zu und erübrigte sich insoweit im Falle der Gutheissung der Beschwerde eine Aufhebung und Rückweisung an das Obergericht (vgl. für die Kostenlosigkeit Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG und für die Parteientschädigung Art. 62 Abs. 2 der Gebührenverordnung vom 23. September 1996 zum SchKG [GebV SchKG; SR 281.35]). Von diesem Antrag auf Aufhebung (und Rückweisung) wäre insbesondere auch das Gesuch der Beschwerdeführer um Beiordnung ihres Anwalts als unentgeltlicher Rechtsbeistand für das kantonale Verfahren umfasst. Soweit sie diesbezüglich vor Bundesgericht (neben dem erwähnten kassatorischen Antrag) reformatorische Anträge stellen, ist darauf nicht einzutreten. 1.3 In der Beschwerde dürfen keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden, es sei denn, erst der Entscheid der Vorinstanz habe dazu Anlass gegeben (Art. 99 Abs. 1 BGG). Neu sind Tatsachen und Beweismittel, die weder im vorangegangenen Verfahren vorgebracht noch von der Vorinstanz festgestellt wurden (BGE 136 V 362 E. 3.3.1 S. 364). Die Beschwerdeführer stützen sich in Ziff. 20 ff. ihrer Beschwerde auf Tatsachen und Beweismittel, die bereits anlässlich des obergerichtlichen Verfahrens Bestand hatten, aber nicht vorgebracht wurden (BGE 136 III 123 E. 4.4.3 S. 129). Diese sind unzulässig und unbeachtlich. Soweit sie in diesem Zusammenhang zudem Beweisanträge stellen, ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, Beweise abzunehmen und Tatsachen festzustellen, über die sich das kantonale Sachgericht nicht ausgesprochen hat (BGE 136 III 209 E. 6.1 S. 214 f.). Darauf ist nicht einzutreten. 2. 2.1 Die Beschwerdeführer rügen hauptsächlich eine Verletzung ihres Replikrechts als Ausfluss ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. 2.2 Das Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Dessen Verletzung führt ungeachtet der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides (BGE 135 I 279 E. 2.6.1 S. 285). Diese Rüge ist deshalb vorweg zu behandeln. 2.2 Das Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Dessen Verletzung führt ungeachtet der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides (BGE 135 I 279 E. 2.6.1 S. 285). Diese Rüge ist deshalb vorweg zu behandeln. 2.3 2.3.1 Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK haben die Parteien eines Gerichtsverfahrens Anspruch auf rechtliches Gehör. Diese Garantie umfasst auch das Recht, von den beim Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten und sich dazu äussern zu können (sog. Replikrecht: BGE 133 I 98 E. 2.1 S. 99). Die Wahrnehmung des Replikrechts setzt voraus, dass die fragliche Eingabe der Partei zugestellt wird. Das Bundesgericht hat wiederholt festgehalten, dass den Verfahrensbeteiligten ein Anspruch auf Zustellung von Vernehmlassungen zusteht, unabhängig davon, ob diese Eingaben neue und erhebliche Gesichtspunkte enthalten. Das Gericht muss vor Erlass seines Urteils eingegangene Vernehmlassungen den Beteiligten zustellen, damit diese sich darüber schlüssig werden können, ob sie sich dazu äussern wollen oder nicht (BGE 133 I 100 E. 4.5 S. 103 f. mit Hinweisen; 133 I 98 E. 2.2 S. 99; 132 I 42 E. 3.3.2 - 3.3.4 S. 46 f.; Urteile 4D_111/2010 vom 19. Januar 2011 E. 2.1; 6B_181/2009 vom 29. September 2009 E. 2; 5A_411/2007 vom 29. November 2007 E. 4.2 f., in: ZBGR 2009 S. 254 f.; vgl. auch die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte Schaller-Bossert gegen Schweiz vom 28. Oktober 2010 § 39 f. und Nideröst-Huber gegen Schweiz vom 18. Februar 1997, Recueil CourEDH 1997-I S. 101 § 24). 2.3.2 Eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs kann ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann. Unter dieser Voraussetzung ist darüber hinaus - im Sinne einer Heilung des Mangels - selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör von einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (vgl. zum Ganzen: BGE 136 V 117 E. 4.2.2.2 S. 126 f.; 133 I 201 E. 2.2 S. 204 f.). 2.4 Das Obergericht hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass das Bezirksgericht die Beschwerdeführer weder über die von der Beschwerdegegnerin eingereichte Beschwerdeantwort noch die Vernehmlassung des Betreibungsamtes orientiert noch ihnen diese beiden Eingaben zugestellt habe. Die Beschwerdeführer hätten damit "aktenkundlich" erst mit dem bezirksgerichtlichen Beschluss vom 7. September 2010 von der Existenz dieser beiden Eingaben erfahren. Gestützt auf diese Tatsachenfeststellungen schloss das Obergericht auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör der Beschwerdeführer durch das Bezirksgericht. Da es selbst aber über die gleiche Kognition wie das Bezirksgericht verfüge, werde dieser nicht besonders schwere Mangel im obergerichtlichen Verfahren geheilt, indem die Beschwerdeführer "umfassend zu hören" seien. Entgegen dem Rekursantrag sei aber die Zustellung der beiden fraglichen Eingaben an die Beschwerdeführer nicht geboten, nachdem sie spätestens mit dem bezirksgerichtlichen Entscheid Kenntnis von den Eingaben erhalten hätten und ihnen stets das Recht auf Akteneinsicht zugestanden habe. 2.5 Die Beschwerdeführer wenden dagegen ein, der vorliegend in Frage stehende Verfahrensfehler sei besonders schwer und damit eine Heilung durch die Rechtsmittelinstanz von vornherein ausgeschlossen. Selbst wenn jedoch eine Heilung durch das Obergericht möglich gewesen wäre, könne diese nicht mit dem blossen Verweis auf das Akteneinsichtsrecht der Beschwerdeführer erfolgen, sondern hätte das Obergericht die fraglichen Eingaben von sich aus zustellen müssen. 2.6 Das Obergericht hat zutreffend auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Bezirksgericht geschlossen, da dieses den Beschwerdeführern die Vernehmlassung des Betreibungsamtes und die Beschwerdeantwort der Beschwerdegegnerin nicht zustellte (obwohl es diese Eingaben zudem in seinem Entscheid ausführlich berücksichtigte). Eine Heilung dieses Mangels durch das Obergericht - das über dieselbe Kognition verfügt wie das Bezirksgericht - hätte nun aber vorausgesetzt, dass diese beiden Eingaben den Beschwerdeführern zugestellt worden wären und sie sich dazu hätten äussern können. Nur so hätte der aus dem Replikrecht fliessende Anspruch auf Zustellung der Vernehmlassungen gewahrt werden können (vgl. E. 2.3.1 oben). Dies war aber vorliegend nicht der Fall. Das Obergericht durfte die festgestellte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör der Beschwerdeführer nicht mit dem reinen Verweis auf die Möglichkeit der Akteneinsicht heilen. Die Argumentation des Obergerichts läuft zudem darauf hinaus, dass die Beschwerdeführer ihr Recht auf Akteneinsicht innerhalb der Rechtsmittelfrist hätten wahrnehmen müssen. Statt einer Replik hätten sie sogleich die Rekursschrift unter Berücksichtigung der Argumente in den beiden Eingaben des Betreibungsamtes und der Beschwerdegegnerin einreichen müssen. Angesichts der Rechtsmittelfrist von zehn Tagen (Art. 18 Abs. 1 SchKG) wären damit den Beschwerdeführern im Ergebnis nur wenige Tage verblieben, um auf die fraglichen Eingaben reagieren zu können, was ohnehin unzureichend wäre (vgl. Urteil 2C_794/2008 vom 14. April 2009 E. 3.5). Indem das Obergericht den Beschwerdeführern die Vernehmlassung und Beschwerdeantwort nicht zustellte, verletzte es (wie bereits das Bezirksgericht) ihren Anspruch auf rechtliches Gehör beziehungsweise hat es die vorangegangene Verletzung durch das Bezirksgericht nicht geheilt. 2.7 Der angefochtene Entscheid (Ziff. 1, 3 und 5 des Dispositivs) ist aus den dargelegten Gründen aufzuheben, ohne dass die von den Beschwerdeführern überdies geltend gemachten Rügen noch zu prüfen wären. Eine Heilung dieses Verfahrensmangels im bundesgerichtlichen Verfahren ist nicht angezeigt. Sofern der Vorinstanz eine Missachtung formeller Verfahrensgarantien vorgeworfen werden muss, bildet die Kassation ihres Entscheides weiterhin die Regel, zumal die Rechtsunterworfenen grundsätzlich Anspruch auf Einhaltung des Instanzenzuges haben (Urteil 8C_241/2007 vom 9. Juni 2008 E. 1.3.2). 3. Die Beschwerde muss gutgeheissen werden, soweit darauf einzutreten ist. Die Dispositivziff. 1, 3 und 5 des angefochtenen Entscheides sind aufzuheben und die Sache wird insoweit zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurückgewiesen. Die Beschwerdeführer obsiegen mit ihrem Hauptantrag. Die Beschwerdegegnerin wird damit kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 BGG). Bei dieser Kosten- und Entschädigungsregelung wird das Gesuch der Beschwerdeführer um Beiordnung ihres Anwalts als unentgeltlicher Rechtsbeistand für das bundesgerichtliche Verfahren gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und die Dispositivziff. 1, 3 und 5 des Urteils des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, vom 29. Oktober 2010 aufgehoben. Die Sache wird insoweit zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurückgewiesen. 2. Das Gesuch der Beschwerdeführer um Beiordnung ihres Anwalts als unentgeltlicher Rechtsvertreter für das bundesgerichtliche Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben. 3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 4. Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Betreibungsamt F._ und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 23. März 2011 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Die Präsidentin: Hohl Der Gerichtsschreiber: Bettler
b9734586-c0a0-4441-b407-73617520f21f
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Sachverhalt: A. Der 1960 geborene, als selbständigerwerbender Garagist tätige Z._ erlitt am 12. Juli 2001 bei der Explosion eines Pressluftzylinders Hand- und Unterschenkelverletzungen. Am 11. September 2002 meldete er sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Bern klärte die medizinischen und erwerblichen Verhältnisse ab und zog die Akten des Unfallversicherers bei. Zudem liess sie die Verhältnisse an Ort und Stelle prüfen (Abklärungsbericht für Selbständigerwerbende vom 21. Mai 2003). Mit Verfügung vom 29. Mai 2003 verneinte sie bei einem ermittelten Invaliditätsgrad von 14 % einen Rentenanspruch. Dagegen liess Z._ Einsprache erheben. Aufgrund der vorgebrachten Einwände ersuchte die IV-Stelle den Verfasser des Abklärungsberichts für Selbständigerwerbende um eine Stellungnahme, welche am 11. August 2003 erging. Dieser stützte sich zu Vergleichszwecken unter anderem auf die vom Schweizerischen Gewerbeverband herausgegebene Gewerbestatistik. Mit Einspracheentscheid vom 24. November 2003 wies die IV-Stelle die Einsprache ab, wobei sie in der Begründung in weiten Teilen die Stellungnahme des Abklärungsdienstes wiedergegeben hat. B. Beschwerdeweise liess Z._ beantragen, es sei ihm eine ganze, eventuell eine halbe Invalidenrente zuzusprechen. Zudem ersuchte er um Edition des Schreibens des Abklärungsdienstes vom 11. August 2003 und der Gewerbestatistik und um Einräumung der Möglichkeit, sich dazu vernehmen zu lassen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern gelangte zur Auffassung, die Verwaltung habe den Anspruch des Versicherten auf rechtliches Gehör verletzt, was einen schwerwiegenden, eine Heilung ausschliessenden Verfahrensmangel darstelle. Es hiess die Beschwerde daher, ohne die materiell streitigen Leistungsansprüche zu prüfen, mit Entscheid vom 16. März 2004 gut, hob den Einspracheentscheid vom 24. November 2003 auf und wies die Sache an die Verwaltung zurück, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und hernach neu verfüge. C. Die IV-Stelle führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Sache an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern zur materiellen Beurteilung zurückzuweisen. D. Z._ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Das kantonale Gericht hat die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 24. November 2003 aus formellen Gründen gutgeheissen. Dabei hat es erwogen, die IV-Stelle habe im Einspracheentscheid im Wesentlichen auf die Stellungnahme ihres Abklärungsdienstes vom 11. August 2003 und auf die Gewerbestatistik 2001/2002 abgestellt. Sie habe somit dem Dossier neue Akten beigefügt und sich bei der Entscheidfindung darauf gestützt, ohne den Versicherten darüber informiert zu haben. In diesem Vorgehen der Verwaltung erblickt die Vorinstanz eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Angesichts der erheblichen Versäumnisse komme eine Heilung der Gehörsverletzung nicht in Betracht. Es hob daher den Einspracheentscheid auf und wies die Sache an die IV-Stelle zurück, damit sie dem Versicherten das rechtliche Gehör gewähre und hernach neu verfüge. 1.2 Die IV-Stelle macht demgegenüber geltend, die Stellungnahme des Abklärungsdienstes habe keine neuen Tatsachen oder Erkenntnisse enthalten. Sie habe lediglich dazu gedient, im Rahmen des internen Entscheidfindungsprozesses die Ergebnisse des Abklärungsberichts vom 21. Mai 2003 zu erläutern. Die Gewerbestatistik sei sodann nur zu Vergleichszwecken herangezogen worden. Sie sei somit für die Entscheidfindung nicht massgebend gewesen. 2. 2.1 Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, welcher in die Rechtsstellung einer Person eingreift. Dazu gehört insbesondere deren Recht, sich vor Erlass des in ihre Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 129 II 504 Erw. 2.2, 127 I 56 Erw. 2b, 127 III 578 Erw. 2c, 126 V 131 Erw. 2b; zu Art. 4 Abs. 1 aBV ergangene, weiterhin geltende Rechtsprechung: BGE 126 I 16 Erw. 2a/aa, 124 V 181 Erw. 1a, 375 Erw. 3b, je mit Hinweisen). 2.2 Das Recht auf Akteneinsicht folgt aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör, der seinerseits aus Art. 29 Abs. 2 BV abgeleitet wird, sofern keine besonderen bundes- oder kantonalrechtlichen Bestimmungen vorgehen (vgl. BGE 115 V 302 Erw. 2e und ZAK 1988 S. 39 Erw. 2a). 3. 3.1 Aus Inhalt und Funktion des Akteneinsichtsrechts als Teil des Anspruchs auf rechtliches Gehör folgt nach der Rechtsprechung, dass grundsätzlich sämtliche beweiserheblichen Akten den Beteiligten gezeigt werden müssen, sofern in der sie unmittelbar betreffenden Verfügung darauf abgestellt wird. Denn es gehört zum Kerngehalt des rechtlichen Gehörs, dass der Verfügungsadressat vor Erlass eines für ihn nachteiligen Verwaltungsaktes zum Beweisergebnis Stellung nehmen kann. Das Akteneinsichtsrecht ist somit eng mit dem Äusserungsrecht verbunden, gleichsam dessen Vorbedingung. Der Versicherte kann sich nur dann wirksam zur Sache äussern und geeignete Beweise führen oder bezeichnen, wenn ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, die Unterlagen einzusehen, auf welche sich die Behörde bei ihrer Verfügung gestützt hat. Das rechtliche Gehör dient in diesem Sinne einerseits der Sachaufklärung und stellt anderseits ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht im Verfahren dar. Daraus ergibt sich, dass der Versicherer, welcher neue Akten beizieht, auf die er sich in seiner Verfügung zu stützen gedenkt, grundsätzlich verpflichtet ist, die Beteiligten über den Aktenbeizug zu informieren (BGE 115 V 302 Erw. 2e). 3.2 Das Akteneinsichtsrecht bezieht sich auf sämtliche verfahrensbezogenen Akten, die geeignet sind, Grundlage des Entscheids zu bilden. Die Akteneinsicht ist demnach auch zu gewähren, wenn die Ausübung des Akteneinsichtsrechts den Entscheid in der Sache nicht zu beeinflussen vermag. Die Einsicht in die Akten, die für ein bestimmtes Verfahren erstellt oder beigezogen wurden, kann demnach nicht mit der Begründung verweigert werden, die fraglichen Akten seien für den Verfahrensausgang belanglos. Es muss vielmehr dem Betroffenen selber überlassen sein, die Relevanz der Akten zu beurteilen (Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 13. August 1996, 2A.444/1995). 4. 4.1 Nach Art. 42 ATSG haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Sie müssen nicht angehört werden vor Verfügungen, die durch Einsprache anfechtbar sind. Spätestens im Einspracheverfahren hat die Verwaltung jedoch die allgemeinen Grundsätze des rechtlichen Gehörs zu wahren und folglich der versicherten Person oder ihrem Vertreter Einsicht in die Akten zu gewähren, auf deren Grundlage sie den Einspracheentscheid abstützt (vgl. RKUV 1992 Nr. U 152 S. 200 Erw. 3b). Wird nach Erhebung einer Einsprache festgestellt, dass die Entscheidungsgrundlagen unvollständig sind, so ist der Sachverhalt unter Wahrung der Parteirechte zu vervollständigen und das Verwaltungsverfahren mit dem Einspracheentscheid abzuschliessen (BGE 131 V 413 Erw. 2.1.2.2). 4.2 Die IV-Stelle hatte dem Versicherten den Abklärungsbericht für Selbständigerwerbende vom 21. Mai 2003 zusammen mit der Verfügung vom 29. Mai 2003 zugestellt. Für den Beschwerdegegner bestand daher kein Anlass, im Verwaltungsverfahren ein Gesuch um Akteneinsicht zu stellen. Die IV-Stelle hätte ihm nach dem in Erw. 4.1 Gesagten die im Einspracheverfahren eingeholte Stellungnahme des Abklärungsdienstes vom 11. August 2003 samt Beilage von sich aus vor Erlass des Einspracheentscheids zur Stellungnahme überlassen müssen. 5. 5.1 Das Recht auf Akteneinsicht ist wie das Recht, angehört zu werden, formeller Natur. Die Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Vorbehalten bleiben praxisgemäss Fälle, in denen die Verletzung des Akteneinsichtsrechts nicht besonders schwer wiegt und dadurch geheilt wird, dass die Partei, deren rechtliches Gehör verletzt wurde, sich vor einer Instanz äussern kann, welche sowohl die Tat- als auch die Rechtsfragen uneingeschränkt überprüft (BGE 115 V 305 Erw. 2h; RKUV 1992 Nr. U 152 S. 199 Erw. 2e). Von einer Rückweisung der Sache zur Gewährung des rechtlichen Gehörs an die Verwaltung ist im Sinne einer Heilung des Mangels selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs dann abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 116 V 187 Erw. 3d). 5.2 Dass die Stellungnahme des Abklärungsdienstes vom 11. August 2003 eine wesentliche Grundlage des Einspracheentscheids bildete, kann nicht zweifelhaft sein. Die IV-Stelle hat deren Argumentation praktisch integral übernommen und bezüglich der einzelnen Einwände des Einsprechers umfassend daraus zitiert. Aus diesem Umstand kann indessen nicht gefolgert werden, die Nichtzustellung dieses Berichts vor Erlass des Einspracheentscheids stelle eine schwere, keiner Heilung zugängliche Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Der Abklärungsdienst bestätigte nämlich in allen wesentlichen Punkten lediglich die der Verfügung vom 29. Mai 2003 zugrunde gelegte Beurteilung. Sein Ergänzungsbericht enthält keine neuen entscheidrelevanten Gesichtspunkte, sondern äussert sich einzig zu den in der Einsprache vorgebrachten Rügen. Selbst wenn eine Gehörsverletzung zu bejahen ist, muss sie mit Blick auf die Verfahrensdauer und das Interesse des Versicherten an einem raschen Abschluss des Verfahrens als leicht bezeichnet werden, so dass trotz der Zurückhaltung, welche sich das Eidgenössische Versicherungsgericht bei der Prüfung der Frage auferlegt, ob eine Vorinstanz einen (festgestellten) Verfahrensmangel zu Recht als unheilbar erachtet hat (vgl. RKUV 1998 Nr. U 309 S. 461 Erw. 3c), die Aufhebung des Einspracheentscheids ohne materielle Beurteilung der Sache Bundesrecht verletzt. 6. 6.1 Der Beschwerdegegner hat im vorinstanzlichen Verfahren denn auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Einsprachebehörde gerügt und keinen Antrag auf Rückweisung der Sache an die Verwaltung gestellt und somit in keiner Weise angezeigt, dass ihm an einem formell richtigen Verfahren mehr liegt als an einer beförderlichen Verfahrenserledigung (vgl. BGE 119 V 218). Vielmehr hat er einzig Aktenedition verlangt, verbunden mit der Möglichkeit, anschliessend dazu Stellung nehmen zu können. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass er zumindest in die von der Verwaltung beigezogenen Akten Einsicht nehmen und sich dazu äussern möchte, bevor das Gericht über die materielle Rechtmässigkeit des Einspracheentscheids befindet. 6.2 Grundsätzlich hat eine Partei ein Gesuch um Akteneinsicht zu stellen, damit überhaupt die Einsichtnahme gewährt oder verweigert werden kann (vgl. SVR 2002 IV Nr. 32 S. 103; Kölz/Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, Rz 298). So kann der Versicherer gemäss Art. 8 Abs. 1 ATSV die Gewährung der Akteneinsicht von einem schriftlichen Gesuch abhängig machen. Allerdings bedingt dies, dass die Beteiligten über den Beizug neuer entscheidwesentlicher Akten informiert werden, welche diese nicht kennen und auch nicht kennen können (Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, N 71 zu § 8; Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Bern, Bern 1997, S. 196; Kieser, ATSG-Kommentar, N 20 zu Art. 47). 6.3 Die Entscheidung über Einsichtsbegehren obliegt in erster Linie derjenigen Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Akten gehören. Da mit der Erhebung einer Beschwerde die Sache aufgrund des Devolutiveffekts in den Zuständigkeitsbereich der Rechtsmittelinstanz übergeht, liegt es in deren Zuständigkeit, die Akteneinsicht zu gewähren, zu verweigern und zu bestimmen, inwieweit Kenntnis zu geben ist, wenn im Beschwerdefall Akteneinsicht verlangt wird (nicht veröffentlichtes Urteil vom 12. Februar 1992, I 230/91; vgl. auch ZAK 1988 S. 38). In der vorinstanzlichen Vernehmlassung vom 6. Februar 2004 hält die IV-Stelle fest, die genannten Unterlagen befänden sich in den Akten und würden auf Gesuch hin ohne weiteres zur Verfügung gestellt. 6.4 Das kantonale Gericht hätte somit über die Akteneinsicht mit der Möglichkeit der betroffenen Partei, sich zu den fraglichen Unterlagen zu äussern, selber befinden müssen und die Sache nicht zu dessen Vollzug an die Verwaltung zurückweisen dürfen.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 1. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 16. Mai 2004 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und über die Beschwerde neu entscheide. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. Luzern, 14. Juli 2006 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Die Präsidentin der I. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
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Faits: A. X._, ressortissant kosovare né en 1967, a épousé une compatriote dans son pays d'origine en décembre 1992. Le 5 septembre 1993, les époux ont émigré en Suisse, où ils ont eu deux enfants, Y._, né le 1er novembre 1993 et Z._, né le 4 mai 1998. Après être retournés au Kosovo avec leurs deux fils le 26 juin 2000, ils ont divorcé dans ce pays le 7 mai 2004; initialement confiée à la mère, la garde des enfants a été transférée au père le 10 mai 2007. Entre-temps, le 1er juin 2004, soit environ un mois après son divorce, X._ est revenu seul en Suisse et y a déposé une demande d'asile qui a été rejetée le 14 juillet 2004. Le 20 août suivant, il a épousé une ressortissante suisse et a de ce fait bénéficié d'une autorisation de séjour au titre du regroupement familial. Le 2 septembre 2009, une autorisation d'établissement lui a été délivrée. Actuellement, il vit avec son épouse à Bex dans un appartement de 1 1/2 pièce et travaille depuis plusieurs années dans une entreprise d'échafaudages pour un salaire mensuel net d'environ 4'200 fr. B. Le 27 avril 2010, X._ a déposé une demande d'autorisation de séjour en faveur de ses fils Y._ et Z._ afin qu'ils puissent le rejoindre en Suisse au titre du regroupement familial. Par décision du 7 septembre 2010, le Service de la population du canton de Vaud (ci-après: le Service cantonal) a rejeté cette demande. C. X._ et ses deux enfants ont recouru contre la décision précitée du Service cantonal. Par arrêt du 24 février 2011, le Tribunal cantonal du canton de Vaud, Cour de droit administratif et public (ci-après: le Tribunal cantonal), a partiellement admis le recours, en ce sens qu'il a annulé la décision attaquée et a renvoyé le dossier au Service cantonal pour instruction complémentaire et nouvelle décision à l'égard de l'enfant Z._; pour le surplus, il a confirmé la décision du 7 septembre 2010 du Service cantonal. En bref, le Tribunal cantonal a estimé que le regroupement familial différé ne pouvait être refusé au plus jeune des deux frères que si cette mesure était manifestement contraire à son intérêt, ce que les éléments au dossier ne permettaient pas de trancher; en revanche, il a jugé que, contrairement à son frère cadet, l'enfant Y._ n'avait, compte tenu de son âge, pas déposé la demande dans le délai légal prévu à cette fin, si bien que seules des raisons familiales majeures étaient de nature à fonder un droit à une autorisation de séjour au titre du regroupement familial en sa faveur; or, de telles raisons faisaient défaut. D. X._ et son fils Y._ forment, dans une seule et même écriture, un recours en matière de droit public au Tribunal fédéral "doublé d'un recours constitutionnel subsidiaire" contre l'arrêt précité du 24 février 2011. Ils se plaignent d'une violation de leur droit d'être entendus (art. 29 al. 2 Cst.), au motif que la Cour cantonale a, sans motiver son choix, statué sans débats, alors qu'ils avaient expressément requis dans leurs conclusions cantonales la tenue de tels débats. Ils se plaignent également d'une mauvaise application de la loi fédérale du 16 décembre 2005 sur les étrangers (LEtr; RS 142.20). Sous suite de frais et dépens, ils concluent à l'annulation de l'arrêt attaqué en tant qu'il concerne l'enfant Y._ et au renvoi de la cause au Tribunal cantonal, principalement pour mise en oeuvre d'un complément d'instruction conformément à ce qui a été ordonné pour le frère cadet du prénommé, subsidiairement pour organisation de débats et, plus subsidiairement, pour motivation de la décision de ne pas organiser des débats et de procéder par voie de circulation. Par ailleurs, ils demandent l'octroi de l'assistance judiciaire. Le Service cantonal renonce à déposer des observations, à l'instar de l'Office fédéral des migrations (ODM) qui propose le rejet du recours. Le Tribunal cantonal renvoie aux considérants de son arrêt. Invités par le Président de la IIe Cour de droit public à déposer les pièces nécessaires à l'examen de leur situation financière, les recourants ont payé l'avance de frais exigée par le tribunal, leur mandataire précisant qu'il se réservait la possibilité de déposer ultérieurement une demande d'assistance judiciaire dès qu'il aura en mains les éléments nécessaires à cette fin (cf. lettre de Me Bonfils du 17 mai 2011).
Considérant en droit: 1. 1.1 Les recourants ont formé, en un seul acte (cf. art. 119 LTF), un recours en matière de droit public et un recours constitutionnel subsidiaire. La recevabilité du premier excluant celle du second (cf. art. 113 LTF), il convient d'examiner en priorité si la voie du recours en matière de droit public est ouverte. 1.2 D'après l'art. 83 let. c ch. 2 LTF, le recours en matière de droit public est irrecevable contre les décisions en matière de droit des étrangers qui concernent une autorisation à laquelle ni le droit fédéral ni le droit international ne donnent droit. Selon la jurisprudence, il suffit, sous l'angle de la recevabilité, qu'il existe un droit potentiel à l'autorisation, étayé par une motivation soutenable, pour que cette clause d'exclusion ne s'applique pas et que la voie du recours en matière de droit public soit ouverte. La question de savoir si les conditions d'un tel droit sont effectivement réunies relève du fond (ATF 136 II 177 consid. 1.1 p. 179). En l'espèce, les recourants se prévalent de l'art. 43 al. 1 LEtr, qui dispose que les enfants étrangers dont l'un des parents est titulaire d'une autorisation d'établissement ont droit, s'ils sont célibataires et âgés de moins de 18 ans, à l'octroi d'une autorisation de séjour et à la prolongation de sa durée de validité, à condition de vivre en ménage commun avec le parent concerné. Dans la mesure où cette disposition est potentiellement de nature à conférer à Y._, né le 1er novembre 1993, le droit à une autorisation de séjour, le recours échappe au motif d'irrecevabilité de l'art. 83 let. c ch. 2 LTF. Partant, la voie du recours en matière de droit public est ouverte, tandis que le recours constitutionnel subsidiaire est irrecevable. 1.3 L'arrêt attaqué, en tant qu'il confirme le refus d'octroyer une autorisation de séjour à Y._, est une décision finale au sens de l'art. 90 LTF, qui émane d'une autorité judiciaire cantonale supérieure de dernière instance (art. 86 al. 1 let. d et al. 2 LTF). Pour le surplus, déposé en temps utile (cf. art. 100 al. 1 LTF) et dans les formes requises (cf. art. 42 LTF) par les destinataires de l'arrêt attaqué qui ont manifestement un intérêt digne de protection à l'annulation ou à la modification de ce prononcé (cf. art. 89 al. 1 LTF), le recours est recevable, sans préjudice des exigences de motivation exposées au considérant suivant. 1.4 Le Tribunal fédéral examine librement la violation du droit fédéral, qui comprend les droits de nature constitutionnelle (cf. art. 95 let. a et 106 al. 1 LTF). En vertu du principe de l'allégation déduit de l'art. 106 al. 2 LTF, il n'examine toutefois que les griefs constitutionnels invoqués et motivés de manière précise dans le recours (cf. ATF 136 I 65 consid. 1.3.1 p. 68; 135 I 313 consid. 1.3 p. 316 et les arrêts cités). Par ailleurs, il fonde son raisonnement juridique sur les faits constatés par l'autorité précédente, dont il ne s'écarte que s'ils ont été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l'art. 95 LTF (cf. art. 105 al. 1 et 2 LTF). Il appartient au recourant d'expliquer de manière circonstanciée, sous peine d'irrecevabilité du grief, en quoi les conditions d'une exception prévue par l'art. 105 al. 2 LTF seraient réalisées. Le Tribunal fédéral n'entre pas en matière sur des critiques de type appellatoire portant sur l'état de fait ou sur l'appréciation des preuves (cf. ATF 136 II 101 consid. 3 p. 104; 135 II 313 consid. 5.2.2 p. 322; 135 III 397 consid 1.4 p. 400; 133 II 249 consid. 1.4 p. 254 s. et les arrêts cités). 2. Dans un grief formel qu'il convient d'examiner en premier lieu, les recourants se plaignent de la violation de leur droit d'être entendus (art. 29 al. 2 Cst.) sous un double aspect. D'une part, ils reprochent aux premiers juges de n'avoir pas motivé le "refus d'ordonner des débats qui avaient été expressément demandés"; d'autre part, ils soutiennent qu'un tel refus constitue en lui-même une violation du droit d'être entendus. 2.1 De jurisprudence constante, le droit d'être entendu ancré à l'art. 29 al. 2 Cst. ne confère pas au justiciable le droit d'être entendu oralement par un tribunal (cf. ATF 134 I 140 consid. 5.3 p. 148; 130 II 425 consid. 2.1 p. 428; arrêt 2C_578/2009 du 23 février 2010 consid. 2.3). Du reste, les recourants fondent toute leur argumentation sur un arrêt 9C_402/2010 du 21 février 2011 qui ne concerne pas l'art. 29 al. 2 Cst, mais les garanties de procédure judiciaire de l'art. 30 Cst. Cette disposition constitutionnelle n'offre cependant pas au justiciable le droit à une audience dans toutes les causes soumises à un contrôle judiciaire en vertu de l'art. 30 al. 1 Cst.; son alinéa 3 se limite à garantir que, lorsqu'il y a lieu de tenir une audience, celle-ci se déroule publiquement, sauf exceptions prévues par la loi (cf. ATF 128 I 288 consid. 2 p. 290; arrêt 2C_578/2009 du 23 février 2010 consid. 2.3 in fine). En réalité, un droit comme tel à des débats publics oraux n'existe, en vertu des garanties constitutionnelles de procédure, que pour les causes bénéficiant de la protection de l'art. 6 § 1 CEDH ou lorsque les règles de procédure le prévoient ou encore lorsque sa nécessité découle des exigences du droit à la preuve (cf. ATF 128 I 288 consid. 2 p. 290). En l'espèce, les procédures de droit des étrangers ne bénéficient pas de la protection de l'art. 6 § 1 CEDH, faute de porter sur des droits ou des obligations de caractère civil ou sur une accusation en matière pénale au sens de la disposition conventionnelle précitée (cf. ATF 137 I 128 consid. 4.4.2 p. 134 s.). Par ailleurs, les recourants n'invoquent aucune norme cantonale de procédure leur conférant un droit à des débats publics devant le Tribunal cantonal; du reste, la procédure vaudoise devant les autorités administratives ou de justice administrative est en principe écrite, même si le Tribunal cantonal "peut" tenir une audience ou ordonner des débats, notamment si les besoins de l'instruction l'exigent (cf. art. 27 al. 1, 2 et 3 de la loi cantonale du 28 octobre 2008 sur la procédure administrative; LPA-VD, RS/VD 173.36). Dans ces conditions, les recourants ne pouvaient réclamer la tenue d'une audience que s'ils en démontraient la nécessité. Or, comme ils l'admettent, ils n'ont aucunement motivé leur demande en procédure cantonale, s'étant contentés de requérir de manière lapidaire, dans leurs conclusions, que des débats soient "ordonnés", sans autre élément d'explication. Par ailleurs, ils ne fournissent pas davantage d'argument valable établissant la nécessité de tels débats dans leur écriture de recours au Tribunal fédéral: ils se bornent en effet à relever que leur avocat, mandaté à brève échéance, n'avait eu que peu de temps à disposition pour déposer un recours au plan cantonal, si bien qu'il était important qu'il "(pût), lors des débats, présenter et développer une argumentation juridique circonstanciée en matière de regroupement familial, question délicate et juridiquement évolutive"; il est douteux qu'une explication aussi vague soit recevable (cf. supra consid. 1.3 in fine), d'autant qu'elle repose sur des faits invoqués pour la première fois en procédure fédérale (cf. art. 99 al. 1 LTF); la question peut demeurer indécise, puisqu'il apparaît que les recourants ont bénéficié d'un second échange d'écritures devant le Tribunal cantonal, si bien que leur mandataire a eu tout loisir de faire valoir leurs arguments par écrit (cf. sa détermination du 25 novembre 2010). Partant, l'absence de débats publics n'a, comme tel, violé ni le droit d'être entendu des recourants, ni les garanties de procédure judiciaire de l'art. 30 Cst. 2.2 La jurisprudence a déduit du droit d'être entendu l'obligation pour l'autorité de motiver sa décision, afin que l'intéressé puisse la comprendre, l'attaquer utilement s'il y a lieu et que l'autorité de recours puisse exercer son contrôle (ATF 135 V 65 consid. 2.6 p. 73; 134 I 83 consid. 4.1 p. 88; 133 III 439 consid. 3.3 p. 445). Dans cette mesure, il aurait certes été souhaitable que le Tribunal cantonal indiquât, même brièvement, les raisons pour lesquelles il ne donnait pas suite à la demande des recourants tendant à ce que des débats soient "ordonnés". Compte tenu des circonstances, son silence n'emporte cependant pas une violation du droit d'être entendu. Comme on l'a vu, aucune garantie constitutionnelle n'imposait la tenue de débats publics et la procédure devant la justice administrative vaudoise est en principe écrite. Or, bien qu'assistés d'un avocat, les recourants, qui ont bénéficié d'un double échange d'écritures, n'ont fourni aucun motif justifiant leur demande. En conséquence, ils ne sauraient reprocher au Tribunal cantonal de n'y avoir pas répondu de manière motivée, mais doivent bien plutôt se laisser opposer le fait qu'en statuant sur le fond de leur cause sans donner formellement suite à leur requête, les premiers juges ont implicitement considéré - ce qui suffit (cf. arrêts 2C_762/2009 du 11 février 2010 consid. 3.3.2 et 2P.148/2006 du 2 octobre 2006 consid. 3.4) - qu'il n'y avait pas de raison de faire exception à la règle de l'art. 27 al. 1 LPA prévoyant que la procédure se déroule par écrit. C'est du reste bien ainsi que l'ont compris les recourants puisqu'ils s'emploient dans leur écriture, même s'ils n'y parviennent pas, à démontrer la prétendue nécessité qu'il y avait à organiser des débats. Le défaut de motivation en cause n'empêche ainsi ni les intéressés de recourir, ni le Tribunal fédéral d'exercer son contrôle. Le moyen doit dès lors être écarté. 2.3 Par conséquent, le grief tiré de la violation du droit d'être entendu - implicitement en lien avec l'art. 30 Cst. - est en tous points mal fondé. 3. 3.1 Hormis les membres de la famille d'un ressortissant suisse titulaires d'une autorisation de séjour durable délivrée par un Etat avec lequel la Suisse a conclu un accord sur la libre circulation des personnes (art. 47 al. 2 LEtr en lien avec l'art. 42 al. 2 LEtr), le regroupement familial doit être demandé dans un délai de cinq ans et, pour les enfants de plus de 12 ans, dans un délai de 12 mois (art. 47 al. 1 LEtr). L'art. 47 al. 3 let. b LEtr précise que, pour les membres de la famille d'étrangers, "les délais commencent à courir" lors de l'octroi de l'autorisation de séjour ou d'établissement ou lors de l'établissement du lien familial. Par ailleurs, au titre des dispositions transitoires, l'art. 126 al. 3 LEtr prévoit que, dans la mesure où l'entrée en Suisse ou l'établissement du lien familial sont antérieurs à l'entrée en vigueur de l'actuelle loi sur les étrangers, les délais de l'art. 47 al. 1 LEtr commencent à courir à cette date. 3.2 Le Tribunal cantonal a constaté qu'à l'entrée en vigueur, le 1er janvier 2008, de la loi sur les étrangers, Y._, né le 1er novembre 1993, était déjà âgé de 14 ans. Il en a déduit que, conformément à la disposition transitoire de l'art. 126 al. 3 LEtr, le délai de 12 mois prévu à l'art. 47 al. 3 let. b LEtr pour présenter une demande de regroupement familial était venu à échéance le 31 décembre 2008. La demande en cause ayant été déposée le 27 avril 2010, les premiers juges ont conclu que le délai de l'art. 47 al. 3 let. b LEtr n'avait pas été respecté, si bien que le regroupement familial différé ne pouvait être accordé qu'en présence de raisons familiales majeures au sens de l'art. 47 al. 4 LEtr. Il n'a pas été tenu compte du fait que le père a obtenu une autorisation d'établissement le 2 septembre 2009. 3.3 A teneur de sa lettre, l'art. 47 al. 3 let. b LEtr ne fait pas de distinction, s'agissant du commencement des délais pour déposer une demande, selon que l'étranger qui veut faire venir sa famille en Suisse bénéficie d'une simple autorisation de séjour ou d'une autorisation d'établissement. Dans les deux cas, les délais commencent à courir dès l'octroi de l'autorisation visée. Pourtant, selon la loi, seuls les enfants (étrangers) du titulaire d'une autorisation d'établissement disposent d'un véritable droit au regroupement familial en vertu de l'art. 43 LEtr. Pour les enfants étrangers du titulaire d'une autorisation de séjour, l'art. 44 LEtr prévoit seulement, selon la volonté du législateur, que l'autorité compétente "peut" leur octroyer une autorisation de séjour au titre du regroupement familial à certaines conditions (énumérées aux let. a à c: vie en ménage commun; logement approprié; non-dépendance à l'aide sociale). Les Chambres fédérales n'ont en effet pas voulu, sous l'impulsion du Conseil des Etats, adhérer sur ce point à la proposition du Conseil fédéral qui prévoyait, à l'art. 43 du projet (FF 2002 3604, p 3614 s.), que le conjoint et les enfants étrangers du titulaire d'une autorisation de séjour avaient, aux mêmes conditions que celles prévues sous les let. a à c de l'actuel art. 44 LEtr, un véritable droit à l'octroi d'une autorisation de séjour, à l'instar de ce que prévoit le droit actuel pour le conjoint et les enfants étrangers du titulaire d'une autorisation d'établissement (pour un aperçu de la procédure parlementaire, cf. MARTINA CARONI, in: Caroni/Gächter/Thurnherr [éd.], Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG), 2010, no 1 ad Art. 44 et les références citées aux Bulletins officiels du Conseil des Etats [BO CE] et du Conseil national [BO CN]). Cette restriction du législateur n'est pas sans conséquence sur l'art. 47 LEtr. Si l'on se réfère aux textes allemand et italien de l'art. 47 al. 1 première phrase LEtr, les délais qui y sont prévus visent en effet les seules situations où il existe un "droit au regroupement familial" ("Anspruch auf Familiennachzug"; "diritto al ricongiungimento familiare"). Dans la mesure où ils n'ont pas de droit à une autorisation de séjour selon le droit interne (les conventions internationales étant réservées), les membres de la famille du titulaire d'une simple autorisation de séjour ne sont donc, à rigueur du texte légal, pas soumis à des délais pour déposer une demande de regroupement familial. Une telle interprétation littérale se heurte toutefois à la volonté du législateur qui, en restreignant les possibilités de regroupement familial pour cette catégorie d'étrangers, n'entendait évidemment nullement les dispenser du respect des délais de l'art. 47 LEtr. Il serait en effet incompréhensible que de tels délais ne soient valables que pour les étrangers qui sont membres de la famille de ressortissants suisses (cf. art. 47 al. 3 let. a LEtr; sous réserve des cas visés à l'art. 42 al. 2 LEtr) ou de ressortissants étrangers établis, mais non pour les membres de la famille étrangers de titulaires d'une autorisation de séjour. En réalité, il s'agit d'une inadvertance du législateur qui, en modifiant l'art. 44 LEtr, a omis d'adapter la rédaction de l'art. 47 al. 1 LEtr (en ce sens, CARONI. op. cit., no 18 ad Art. 47). Afin de corriger cet oubli, le Conseil fédéral a édicté l'art. 73 de l'Ordonnance du 24 octobre 2007 relative à l'admission, au séjour et à l'exercice d'une activité lucrative (OASA; RS 142.201), qui transpose les délais prévus à l'art. 47 LEtr aux membres de la famille étrangers du titulaire d'une autorisation de séjour (cf. Rapport explicatif de mars 2007 de l'ODM, p. 17, consultable sur internet : http://www.bfm.admin.ch/content/dam/data/migration/rechtsgrundlagen/gesetzgebung/asylg-aug/20070328_ber_vzaeaug-f.pdf). On peut se demander si le Conseil fédéral avait la compétence matérielle de décréter de tels délais qui, en raison de leur importance, nécessitaient certainement un ancrage dans une norme primaire ou, du moins, une claire délégation de compétence dans la loi. La question peut toutefois demeurer indécise dans la mesure où l'art. 73 OASA ne fait que corriger une incohérence de la loi qu'une interprétation historique et téléologique de celle-ci impose de toute façon. D'ailleurs, le texte français de l'art. 47, qui parle des "délais pour le regroupement familial", va dans le sens d'une telle interprétation. En raison de la nature potestative ("Kann-Vorschrift") de l'art. 44 LEtr voulue par le législateur, le bénéficiaire d'une autorisation de séjour se trouve désormais dans une situation paradoxale et précaire, puisqu'il est tenu de respecter les stricts délais prévus à l'art. 47 LEtr (en lien avec l'art. 73 OASA) pour faire sa demande de regroupement familial, sans toutefois disposer de droit à cet égard; en cas de refus de l'autorité, sa protection juridique est limitée - il lui est notamment impossible de faire un recours en matière de droit public au Tribunal fédéral (cf. art. 83 al. 1 let. c ch. 2 LTF a contrario; cf. arrêt 2C_711/2010 du 1er avril 2011 consid. 1.2 destiné à la publication) - et il court le risque d'être forclos pour déposer une nouvelle demande si par suite d'un changement dans sa situation personnelle, il bénéficie d'un véritable droit au regroupement familial. Afin de tempérer la rigueur de ce système, il y a dès lors lieu de prévoir que les étrangers ne disposant pas d'un droit au regroupement familial (p. ex. les titulaires d'une simple autorisation de séjour) qui ont sans succès sollicité une première autorisation de séjour en faveur des membres de leur famille peuvent, ultérieurement à la survenance d'une circonstance leur ouvrant un véritable droit au regroupement familial (p. ex. obtention d'un permis d'établissement, naturalisation, mariage avec un ressortissant suisse, etc.), former une nouvelle demande même après l'échéance des délais de l'art. 47 LEtr (art. 73 OASA); il faut toutefois que la première demande infructueuse ait été déposée dans ces délais (incombance) et que la seconde demande intervienne également dans ces délais (allant en ce sens, cf. NICCOLÒ RASELLI/CHRISTINA HAUSAMMANN/URS MÖCKLI/DAVID URWYLER, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [éd], Ausländerrecht, 2ème éd., Zurich 2009, nos 16.11 et 16.21 ad § 16). 3.4 En l'espèce, Y._ était âgé de plus de 12 ans lors de l'entrée en vigueur de la (nouvelle) loi fédérale sur les étrangers, si bien que le délai d'incombance de douze mois de l'art. 47 al. 1 LEtr a commencé à courir le 1er janvier 2008 et est venu à échéance le 31 décembre 2008 en vertu de l'art. 126 al. 3 LEtr (cf. supra consid. 3.1 in fine et 3.2 in initio). Que son père ait bénéficié d'une autorisation d'établissement à partir du 2 septembre 2009 n'est pas de nature à faire renaître un délai à compter de cette date, du moment qu'aucune demande de regroupement familial n'avait été déposée précédemment. Au demeurant, le père de Y._ bénéficiait, depuis son mariage le 20 août 2004 avec une ressortissante suisse, d'un droit de présence assuré dans notre pays lui permettant, sous certaines conditions, de déduire de l'art. 8 § 1 CEDH un véritable droit à une autorisation de séjour en faveur de ses enfants (cf. ATF 135 I 143 consid. 1.3.1 p. 145 s.; 130 II 281 consid. 3.1 p. 285 et les arrêts cités). L'octroi du permis d'établissement ne pouvait donc en toute hypothèse pas repousser le commencement du délai litigieux. Par conséquent, c'est à bon droit que le Tribunal cantonal a estimé que la demande litigieuse, déposée le 27 avril 2010, était tardive, et qu'il a examiné l'éventuel droit des recourants au regroupement familial à l'aune de l'art. 47 al. 4 LEtr. 4. 4.1 Les raisons familiales majeures au sens de l'art. 47 al. 4 LEtr peuvent être invoquées, selon l'art. 75 OASA, lorsque le bien de l'enfant ne peut être garanti que par un regroupement familial en Suisse. Il ressort notamment du chiffre 6 "Regroupement familial" des directives "Domaine des étrangers" de l'Office fédéral des migrations que, dans l'intérêt d'une bonne intégration, il ne sera fait usage de l'art. 47 al. 4 LEtr qu'avec retenue (cf. ch. 6.10.4 p. 14; état au 1er janvier 2011). Examinant les conditions applicables au regroupement familial partiel (ATF 136 II 78 ss), le Tribunal fédéral a jugé que le nouveau droit ne permettait plus de justifier l'application des conditions restrictives posées par la jurisprudence en cas de regroupement familial partiel si celui-ci était demandé dans les délais de l'art. 47 al. 1 LEtr. En revanche, il a précisé que ces conditions pouvaient jouer un rôle en relation avec les "raisons familiales majeures" au sens de l'art. 47 al. 4 LEtr, laissant ainsi subsister, dans ce cas, les principes développés sous l'ancien droit (ATF 136 II 78 consid. 4.7 p. 85). Selon la jurisprudence rendue sous l'empire de la loi fédérale du 26 mars 1931 sur le séjour et l'établissement des étrangers (LSEE; RS 1 113), le regroupement familial partiel différé est soumis à des conditions strictes. Il suppose la survenance d'un changement important de circonstances, notamment d'ordre familial, telle une modification des possibilités de prise en charge éducative de l'enfant à l'étranger (ATF 136 II 78 consid. 4.1 p. 80; 130 II 1 consid. 2 p. 3; 124 II 361 consid. 3a p. 366). Lorsque le regroupement familial est demandé en raison de changements importants des circonstances à l'étranger, notamment dans les rapports de l'enfant avec le parent qui en avait la charge, il convient d'examiner s'il existe des solutions alternatives permettant à l'enfant de rester où il vit; cette exigence est particulièrement importante pour les adolescents (ATF 133 II 6 consid. 3.1.2 p. 11; cf. aussi arrêts 2A.405/2006 du 18 décembre 2006 et 2A.737/2005 du 19 janvier 2007). D'une manière générale, plus le jeune a vécu longtemps à l'étranger et se trouve à un âge proche de la majorité, plus les motifs propres à justifier le déplacement de son centre de vie doivent apparaître sérieux et solidement étayés (cf. arrêt 2A.195/2006 du 7 février 2007 consid. 4.1 et la référence à l'ATF 133 II 6 consid. 3 et 5). Le regroupement familial partiel suppose également de tenir compte de l'intérêt supérieur de l'enfant, comme l'exige l'art. 3 § 1 de la convention du 20 novembre 1989 relative aux droits de l'enfant (CDE; RS 0.107). Enfin, les raisons familiales majeures pour le regroupement familial différé doivent être interprétées d'une manière conforme au droit fondamental au respect de la vie familiale (art. 13 Cst., art. 8 CEDH; cf. arrêts 2C_941/2010 du 10 mai 2011 consid. 2.1 et 2C_687/2010 du 4 avril 2011 consid. 4.1). 4.2 Les recourants se contentent de qualifier d'arbitraires certains faits retenus par les premiers juges qu'ils énumèrent, sans autre élément d'explication. Faute de motivation, une telle critique est clairement irrecevable (cf. supra consid. 1.4) et il sera statué sur la seule base des constatations cantonales. Il ressort de l'arrêt attaqué qu'après le divorce des époux X._, en mai 2004, et l'émigration du père en Suisse, en juin suivant, la garde des enfants a d'abord été confiée à la mère, avant d'être transférée au père en mai 2007; intervenue à la requête commune des parents, cette modification du jugement de divorce ne fait que prendre acte de la volonté des intéressés d'attribuer la garde au père, mais n'établit nullement que la mère n'était dès ce moment plus en mesure d'assumer une telle tâche (cf. arrêt 2A.319/2006 du 16 janvier 2007 consid. 4.3 in fine et la référence citée). Par ailleurs, il apparaît, selon les constatations cantonale, que le père a attendu près de trois ans après avoir obtenu la garde des enfants avant de demander leur regroupement en Suisse le 27 avril 2010, les intéressés ayant, dans l'intervalle, été pris en charge par leurs grands-parents paternels. Dans ces circonstances, seuls les problèmes de santé de la grand-mère paternelle (fracture du col du fémur en janvier 2010) puis son décès (le 7 novembre 2010) peuvent constituer des raisons familiales majeures de nature à fonder la demande litigieuse. Mais c'est uniquement, selon la jurisprudence, s'il n'existe pas de solution alternative acceptable quant à la prise en charge de l'aîné au Kosovo que son déplacement en Suisse peut être envisagé; or, Y._, né le 1er novembre 1993, était déjà âgé de plus de 17 ans au moment où l'arrêt attaqué a été rendu et il est aujourd'hui tout près de sa majorité, de sorte que les solutions de garde doivent être appréciées avec moins de rigueur que s'il s'agissait d'un jeune enfant. A ce sujet, le Tribunal cantonal a constaté que l'intéressé pouvait compter sur une nombreuse famille au Kosovo, notamment un grand-père paternel, des grands-parents maternels, des oncles et, surtout, sa mère; les premiers juges ont estimé que cette dernière devait être en mesure de s'occuper de son fils aîné, car il n'existait aucun élément au dossier permettant d'en douter; il n'y a pas lieu de se départir de cette appréciation, les recourants s'étant bornés, durant la procédure cantonale, à prétendre le contraire, sans donner la moindre raison expliquant un tant soit peu l'inaptitude de la mère; même dans leur écriture au Tribunal fédéral, ils ne prennent nullement la peine de circonstancier leur assertion; à cet égard, ils perdent de vue que la maxime d'office, applicable en matière administrative, est tempérée par le devoir des parties de collaborer à l'établissement des faits; or, ce devoir est particulièrement marqué lorsqu'il s'agit, comme en l'espèce, d'établir des faits que les parties sont mieux à même de connaître que l'autorité, par exemple parce qu'ils ont trait à leur situation personnelle (cf. arrêts 2C_118/2009 du 15 septembre 2009 consid. 4.2; 2A.708/2006 du 14 mai 2007 consid. 3.4; 2A.404/2004 du 18 février 2005 consid. 3.2 non publié in ATF 131 II 265). La possibilité pour la mère d'assurer la prise en charge de son fils aîné fait d'autant moins de doute qu'elle a pu s'occuper de ses deux enfants pendant trois ans, de mai 2004 à mai 2007, alors que ceux-ci étaient plus jeunes; par ailleurs, il apparaît qu'elle peut être secondée dans ses tâches éducatives, puisque les recourants ont eux-mêmes déclaré en procédure cantonale que, depuis le décès de leur grand-mère, ils habitaient dans une maison appartenant à un beau-frère de leur père, qu'ils étaient pris en charge alternativement par des oncles, qui habitaient la région, et que, de temps à temps, leur mère donnait un coup de main. 4.3 Dans ces conditions, au vu de l'âge de Y._ et des possibilités de sa prise en charge sur place au Kosovo, les premiers juges pouvaient, sans violer le droit fédéral, conclure à l'absence de raisons familiales majeures imposant, au sens de l'art. 47 al. 4 LEtr, d'autoriser cet enfant à venir rejoindre son père en Suisse au titre du regroupement familial. 5. Il suit de ce qui précède que le recours, entièrement mal fondé, doit être rejeté. Dans leurs conclusions, les recourants avaient requis le bénéfice de l'assistance judiciaire; ils n'ont toutefois pas fourni les pièces nécessaires à l'examen de leur situation financière, malgré une demande expresse du Tribunal fédéral; par ailleurs, bien qu'ils s'étaient réservé cette possibilité, ils n'ont pas complété leur demande; à supposer que celle-ci soit toujours d'actualité, elle doit dès lors être considérée comme mal fondée et rejetée. Succombant, les recourants supporteront les frais judiciaires solidairement entre eux (art. 65 et 66 al. 1 et 5 LTF) et n'ont pas droit à des dépens (art. art. 68 al. 1 LTF).
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours constitutionnel subsidiaire est irrecevable. 2. Le recours en matière de droit public est rejeté dans la mesure où il est recevable. 3. La demande d'assistance judiciaire est rejetée. 4. Les frais judiciaires, arrêtés à 2'000 fr., sont mis à la charge des recourants, solidairement entre eux. 5. Le présent arrêt est communiqué au représentant des parties, au Service de la population et au Tribunal cantonal du canton de Vaud, Cour de droit administratif et public, ainsi qu'à l'Office fédéral des migrations. Lausanne, le 10 octobre 2011 Au nom de la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral suisse Le Président: Zünd Le Greffier: Addy
ba244384-7ca2-474a-90eb-fb709b048ef7
de
2,008
CH_BGer_005
Federation
null
null
null
civil_law
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critical
critical-1
Sachverhalt: A. X._ (Ehefrau), geb. 1945, und Z._ (Ehemann), geb. 1940, sind beide kinderlos. Nach knapp zehnjährigem Konkubinat heirateten sie am 1. Februar 1996; seit Februar 2000 leben sie getrennt. B. Mit Klage vom 21. November 2005 verlangte der Ehemann die Scheidung der Ehe und die Regelung der Nebenfolgen. In ihrer Klageantwort erklärte sich die Ehefrau mit der Scheidung einverstanden, stellte aber abweichende Anträge zu den Nebenfolgen. In seinem Scheidungsurteil vom 16. November 2007 setzte das Amtsgericht Luzern-Stadt u.a. nachehelichen Unterhalt zugunsten der Ehefrau von Fr. 2'100.-- pro Monat ab Rechtskraft des Urteils bis Februar 2009 (Erreichen des AHV-Alters) fest. In appellatorio verlangte die Ehefrau unbefristeten nachehelichen Unterhalt von Fr. 3'900.--. Das Obergericht wies dieses Begehren mit Urteil vom 11. Juni 2008 ab. C. Gegen das obergerichtliche Urteil hat die Ehefrau am 18. August 2008 Beschwerde in Zivilsachen erhoben mit den Begehren um Zuspruch nachehelichen Unterhalts von Fr. 2'100.-- pro Monat während vier Jahren ab März 2008. Ferner verlangt sie, dem Ehemann seien die gesamten erstinstanzlichen Gerichts- und Parteikosten zu überbinden. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen: 1. Angefochten sind die Fr. 30'000.-- übersteigenden vermögensrechtlichen Folgen eines kantonal letztinstanzlichen Ehescheidungsurteils; auf die Beschwerde ist somit einzutreten (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). 2. Das Obergericht ging von der Sachverhaltsbasis aus, dass beide Ehepartner sowohl während der knapp zehnjährigen Konkubinatszeit als auch während des vierjährigen ehelichen Zusammenlebens voll erwerbstätig waren, und es hielt die von der Gegenseite bestrittene Behauptung der Ehefrau, sie habe den gemeinsamen Haushalt alleine geführt, für unbewiesen. Es erachtete deshalb die Ehe als nicht lebensprägend, woran auch das vorausgegangene Konkubinat nichts zu ändern vermöge, und verneinte eheliche Nachteile im Vergleich zur Lage, wie sie sich für die Ehefrau ohne Eheschluss präsentieren würde. 3. Die Ehefrau kritisiert, dass das Konkubinat, das während fast zehn Jahren dem ehelichen Zusammenleben vorausging, von den kantonalen Instanzen unberücksichtigt geblieben sei. Dies sei umso stossender, als der Ehemann sie angehalten habe, bei der W._ AG zwecks Steueroptimierung einen Lohn von nur Fr. 1'800.-- pro Monat zu beziehen, weshalb sie keine hinreichende Altersvorsorge habe aufbauen können; darüber sei das Obergericht ebenfalls hinweggegangen. Wenn jedoch die Parteien während des Konkubinats und der Ehe aufgrund ihres Zusammenlebens und wegen des gemeinsam betrachtet hohen Einkommens sich entschlossen hätten, die für die Höhe der Rente massgeblichen Beiträge an die Pensionskasse mittels anderweitiger Auszahlungen statt Lohnzahlungen zu minimieren, so stünden ehebedingte Nachteile zur Diskussion und seien diese folglich entscheidrelevant. Insgesamt sei von einer lebensprägenden Ehe auszugehen, wobei sogar im gegenteiligen Fall ein vorübergehender nachehelicher Unterhalt nicht ausgeschlossen wäre. Sie weise in ihrer Bedarfsrechnung ein erhebliches Manko auf (IV-Rente von weniger als Fr. 1'000.-- zuzüglich Vermögensertrag), so dass sie auf nachehelichen Unterhalt angewiesen sei. 4. Ist einem Ehegatten nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt selbst aufkommt, so hat ihm der andere Teil gestützt auf Art. 125 Abs. 1 ZGB angemessenen nachehelichen Unterhalt zu leisten, soweit er hierzu in der Lage ist. Nebst weiteren Kriterien sind dabei insbesondere die Aufgabenteilung während der Ehe, die Dauer der Ehe sowie die Lebensstellung während der Ehe zu berücksichtigen (Art. 125 Abs. 2 Ziff. 1-3 ZGB). 4.1 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum nachehelichen Unterhalt fusst auf der Unterscheidung, ob eine Ehe lebensprägend war oder nicht; bei fehlender Prägung wird an den vorehelichen Verhältnissen angeknüpft (Entscheide 5C.278/2000, E. 3a und 3c; 5C.149/2004, E. 4.3; 5C.49/2005, E. 2.1; 5C.169/2006, E. 2.5; 5C.244/2006, E. 2.4.8; 5C.261/2006, E. 3), während die Partner bei der lebensprägenden Ehe Anspruch auf Fortführung der ehelichen Lebenshaltung haben (BGE 132 III 593 E. 3.2 S. 594 f.). Der Grund hierfür liegt darin, dass das Vertrauen des ansprechenden Ehegatten auf Fortführung der Ehe und auf den Weiterbestand der bisherigen, frei vereinbarten Aufgabenteilung objektiv schutzwürdig ist (Entscheide 5C.169/2006, E. 2.4; 5C.244/2006, E. 2.4.8); für oder gegen die Annahme einer Lebensprägung spielen verschiedene Vermutungen: So wird bei einer Kurzehe von weniger als fünf Jahren vermutet, dass keine Lebensprägung vorliegt, während eine Ehe, die mehr als zehn Jahre gedauert hat, vermutungsweise lebensprägend war (Entscheide 5C.111/2001, E. 2c; 5C.149/2004, E. 4.3; 5C.171/2005, E. 3.1; 5C.308/2005, E. 2.3; 5A_167/2007, E. 4); unabhängig von der Dauer gilt die Ehe in der Regel als lebensprägend, wenn aus ihr gemeinsame Kinder hervorgegangen sind (Entscheide 5C.278/2000, E. 3a; 5C.149/2004, E. 4.3; 5C.171/2005, E. 3.1; 5C.308/2005, E. 2.3; 5C.169/2006, E. 2.4; 5C.261/2006, E. 3; 5C.40/2007, E. 5; 5A_167/2007, E. 4). Dem Eheschluss geht heute häufig ein mehr oder weniger langes Konkubinat voraus. Hat der eine Partner bereits im Rahmen dieser Form des Zusammenlebens seine Erwerbsarbeit aufgegeben, um beispielsweise den gemeinsamen Haushalt zu besorgen oder Kinder zu betreuen, hat die entscheidende Lebensprägung letztlich schon in diesem Stadium stattgefunden oder doch zumindest begonnen, so dass die anschliessende Ehe insoweit nicht mehr im eigentlichen Sinn prägend wirken kann. Wer bereits vor der Ehe in einer stabilen Partnerschaft gelebt und insbesondere gemeinsame voreheliche Kinder hat oder die Kinder des Partners aufzieht, geht aber auf einer anderen (Vertrauens-)Basis in die Ehe und darf von ihr auch anderes erwarten, als derjenige, der erst bei der Heirat das gemeinsame Leben aufnimmt, muss sich doch das eheliche Zusammenleben im letzteren Fall (auch angesichts der relativ leichten Scheidungsmöglichkeiten) erst bewähren, damit sich die in sie gesetzte Hoffnung in berechtigtes Vertrauen wandeln kann. Es stellt sich daher die Frage, ob der vom Institut der Ehe gewährte rechtliche Schutz nicht auch lebensprägende Elemente vorehelichen Zusammenlebens zu berücksichtigen hat - lebensprägende Elemente, die ebenfalls gegenseitiges Vertrauen voraussetzten, auch wenn dieses keinen Rechtsschutz genoss. Eine Anrechnung der Konkubinatszeit auf die Ehedauer könnte sich umso mehr aufdrängen, als nach ständiger (und in der Lehre unbestritten gebliebener) bundesgerichtlicher Rechtsprechung eine langdauernde Trennungsphase für die Berechnung der massgeblichen Ehedauer ausser Acht zu lassen ist (BGE 127 III 136 E. 2c S. 140; 132 III 598 E. 9.2 S. 600). 4.2 Das Parlament hat sich anlässlich der Scheidungsrechtsrevision im gegenteiligen Sinn entschieden. Der betreffende Minderheitsantrag, in Art. 125 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB die "Dauer des Zusammenlebens" (durée de l'union) anstelle der "Dauer der Ehe" als massgebliches Kriterium festzuschreiben, wurde im Nationalrat mit 91 zu 50 Stimmen verworfen (amtl. Bull. NR 1997 S. 2702). In diesem Zusammenhang führte Nationalrätin Lili Nabholz als Berichterstatterin namens der Kommissionsmehrheit aus: "Der Antrag der Minderheit ... kollidiert mit dem Grundproblem, dass wir hier das Scheidungsrecht als Liquidation der ehelichen Gemeinschaft regeln wollen. Dabei geht es um die Auflösung der Ehe - nur um die Auflösung der Ehe - und nicht um die Auflösung irgendeiner Partnerschaft, auch wenn diese noch so lange gedauert haben mag" (amtl. Bull. NR 1997 S. 2700), und Bundesrat Arnold Koller hielt fest, der Minderheitsantrag würde dazu führen, "dass eine blosse Realbeziehung zwischen Partnern nachträglich zur Rechtsbeziehung umfunktioniert wird. Es gibt aber keinen überzeugenden Grund, eine persönliche Beziehung zwischen zwei erwachsenen Menschen, die bewusst ausserhalb der Ehe eingegangen worden ist, im Falle einer späteren Ehe und Scheidung im Rahmen der nachehelichen Unterhaltsregelung von Gesetzes wegen einer Ehe gleichzustellen" (amtl. Bull. NR 1997 S. 2701). Beim verabschiedeten, mit dem bundesrätlichen Vorentwurf übereinstimmenden Gesetzeswortlaut von Art. 125 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB, der ausdrücklich "die Dauer der Ehe" als massgebend erklärt, handelt es sich mithin nicht um eine zufällige oder gar auslegebedürftige Formulierung. Die zitierten Voten zeigen ausserdem, dass sich der Gesetzgeber bei seinem Entscheid von der Überlegung hat leiten lassen, dass das Konkubinat nicht nur jederzeit formlos aufgelöst werden kann, sondern insbesondere auch keine gegenseitige Unterstützungspflicht im Sinn von Art. 163 ZGB und noch weniger ein Unterhaltsanspruch für die Zeit danach begründet, dass es den Partnern mit anderen Worten keine rechtlich geschützte Vertrauensposition verschafft und eine solche auch nicht durch eine nachfolgende Heirat rückwirkend auf den Zeitpunkt der Aufnahme des Zusammenlebens begründet werden soll. 4.3 An diese Wertung des Gesetzgebers ist die rechtsanwendende Gewalt grundsätzlich gebunden, umso mehr als die parlamentarischen Beratungen erst rund zehn Jahre zurückliegen bzw. die Scheidungsrechtsrevision am 1. Januar 2000 in Kraft getreten ist und sich die gesellschaftlichen Verhältnisse seither nicht wesentlich verändert haben. Im Jahr 2003 wurde die Thematik im Zusammenhang mit dem Partnerschaftsgesetz nochmals aufgebracht, der Einbezug des heterosexuellen Konkubinats in die neue Regelung aber abgelehnt; dabei wurde hervorgehoben, dass damit punktuelle Anpassungen für Konkubinatspaare mit Kindern nicht ausgeschlossen würden. Als Beispiel wurde auf die Möglichkeit der gemeinsamen elterlichen Sorge gemäss Art. 298a ZGB hingewiesen, die mit dem revidierten Scheidungsrecht geschaffen wurde (Botschaft zum Partnerschaftsgesetz, BBl. 2003 II 1310, Ziff. 1.6.3; siehe auch BÜCHLER/HERZ/BERTSCHI, FamKommentar zum Partnerschaftsgesetz, Bern 2007, S. 80 N. 11). Es darf in diesem Zusammenhang auch nicht übersehen werden, dass als stossend empfundene Resultate weniger auf der Ausgestaltung des Scheidungsrechts als vielmehr auf dem fehlenden Schutz des finanziell schwächeren Konkubinatspartners beruhen. Dabei ist das Konkubinat, sei es als selbständige Form des Zusammenlebens, sei es als mehr oder weniger lang dauernde Vorstufe der Ehe, in der heutigen Lebenswirklichkeit eine verbreitete Erscheinung. Eine allfällige Korrektur der mitunter als ungerecht empfundenen Rechtslage durch Ausstattung stabiler und lebensprägender Partnerschaften mit angemessenen Rechtswirkungen ist aber Sache des Gesetzgebers. 4.4 Diese Ausgangslage schliesst indes nach der jüngsten Rechtsprechung nicht aus, dass bei besonderen Umständen ("circonstances particulières de l'espèce") ein qualifiziertes Konkubinat bis zu einem gewissen Grad Berücksichtigung finden kann, wenn es nicht bei diesem geblieben, sondern tatsächlich eine Ehe geschlossen worden ist, weil diesfalls die Parteien unter anderen Vorzeichen in den Ehestand getreten sind (dazu E. 4.1). In Präzisierung von BGE 132 III 598, bei welchem zufolge sehr einseitiger Interessenverteilung solche "besonderen Umstände" angenommen worden sind, ist allerdings klarzustellen, dass es entgegen dem Anschein, den dieser Entscheid erwecken mag, nicht darum gehen kann, gleichsam in einer arithmetischen Operation die Konkubinatsjahre aufzuaddieren bzw. zu Ehejahren zu erklären (vgl. dazu HAUSHEER, in: ZBJV 2007, S. 605). Vielmehr ist zu prüfen, ob das Vertrauen in die vor dem Hintergrund des vorangehenden Konkubinats geschlossene Ehe als schutzwürdig und die Ehe in diesem Sinn als lebensprägend anzusehen ist. Das kann dazu führen, dass die Vermutung, wonach eine Kurzehe von weniger als fünf Jahren nicht lebensprägend sei, umgestossen und im konkreten Einzelfall auch eine kürzere Ehe mit vorangegangenem langem Konkubinat als lebensprägend angesehen wird. Wie bereits angesprochen, kann das vorausgegangene Konkubinat freilich nur in eng begrenzten bzw. qualifizierten Ausnahmefällen überhaupt in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Eine unabdingbare Voraussetzung hierfür ist, dass das Konkubinat das Leben der Partner nachhaltig geprägt hat, so dass mit dem Eheschluss hierfür Verantwortung übernommen und bereits begründetes Vertrauen bestätigt worden ist. Dies kann namentlich der Fall sein, wenn der eine Partner auf eine eigene ausserhäusliche Entfaltung verzichtet hat, um sich in den Dienst des anderen zu stellen und dessen wirtschaftliches Fortkommen entscheidend zu fördern bzw. zu ermöglichen oder um die gemeinsamen Kinder aus dem Konkubinat bzw. diejenigen des anderen Partners zu betreuen. Bei der Anerkennung und Würdigung solcher Umstände ist der Richter - wie bei der Bestimmung des nachehelichen Unterhalts überhaupt - auf sein Ermessen verwiesen, von dem zugeschnitten auf den konkreten Einzelfall sachgemässer Gebrauch zu machen ist. Insoweit als er seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen hat (Art. 4 ZGB), lassen sich auch keine starren Regeln aufstellen. 4.5 Im vorliegenden Fall sind beide Ehegatten kinderlos, und sie waren sowohl vor als auch während des Zusammenlebens erwerbstätig. Im Scheidungszeitpunkt war die Ehefrau zwar gesundheitlich schwer beeinträchtigt, so dass sie nunmehr eine halbe Invalidenrente erhält (ab März 2009 wird sie eine AHV-Rente beziehen). Die gesundheitlichen Probleme stehen indes in keinem Zusammenhang mit der Ehe. Vor diesem Hintergrund lässt sich weder sagen, dass die Ehefrau ihre bisherige Lebensstellung aufgegeben hat, um sich fortan dem Wohlergehen und wirtschaftlichen Fortkommen des Partners zu widmen, noch ist anzunehmen, dass ihr Leben durch das bloss vierjährige eheliche Zusammenleben anderweitig eine entscheidende Wende erfahren hat und die Ehe insofern als lebensprägend anzusehen wäre. Vielmehr liegt eine typische Situation vor, auf welche die Vermutung zielt, wonach eine kinderlose Ehe von weniger als fünf Jahren nicht lebensprägend ist. Es bleibt zu prüfen, ob das der Ehe vorangegangene fast zehnjährige Konkubinat geeignet ist, diese Vermutung umzustossen. Die Lebensstellung der Partner scheint während des Konkubinates nicht anders gewesen zu sein als während der Ehe. Nach den kantonalen Sachverhaltsfeststellungen vermochte die Ehefrau die alleinige Haushaltsführung nicht nachzuweisen; dieser Punkt ist aber ohnehin von untergeordneter Bedeutung. Im Vordergrund steht die Tatsache, dass sich die Ehefrau weder um gemeinsame noch um voreheliche Kinder des Ehemannes kümmern musste, sondern vielmehr beide Ehegatten voll berufstätig waren; diese konnten sich mit anderen Worten gleichermassen in ihrem beruflichen Umfeld verwirklichen, und sie profitierten in ökonomischer Hinsicht zu gleichen Teilen von den Vorteilen einer Verbrauchsgemeinschaft. Damit fehlen Elemente, für die mit der Heirat in einer qualifizierten Weise die Verantwortung hätte übernommen werden können, und das Konkubinat hat vor dem geschilderten Hintergrund trotz seiner erheblichen Dauer auch in jeder anderen Hinsicht nicht die Tragweite, welche das kurze eheliche Zusammenleben als prägend im Sinn von E. 4.4 erscheinen lassen könnte. Daran vermag ferner die Tatsache nichts zu ändern, dass die Ehefrau weniger verdient hat als der Ehemann, was nach ihrer Darstellung zur Steueroptimierung so gehandhabt worden sei. Umso weniger kann dieser Umstand für sich genommen eine Lebensprägung im rechtlichen Sinn begründen, als nach ihrer eigenen Darstellung an die Stelle von höheren Lohnzahlungen andere Leistungen traten und diese Handhabung offenbar im gegenseitigen Einvernehmen geschah: Modalitäten in der Ausgestaltung des Arbeitsentgeltes können nicht entscheidend sein für die Frage, ob eine Ehe lebensprägend war oder nicht. 4.6 Wenn die Ehefrau schliesslich geltend macht, selbst bei nicht lebensprägenden Ehen sei ein vorübergehender Unterhaltsanspruch nicht ausgeschlossen, so ist sie darauf hinzuweisen, dass ihr die kantonalen Instanzen bis zum Erreichen ihres AHV-Alters nachehelichen Unterhalt von Fr. 2'100.-- pro Monat zugesprochen haben. Nebst der güterrechtlichen Zahlung von Fr. 370'000.-- und der Freizügigkeitsleistung von Fr. 62'000.-- hat der Ehemann seit der Trennung erhebliche Leistungen an die Ehefrau erbracht und wird dies bis Februar 2009 auch weiterhin tun. So ist er unbestrittenermassen während der ganzen Zeit für die Miete aufgekommen und hat er jedenfalls seit Januar 2005 zusätzlich Unterhaltszahlungen erbracht. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist daher festzuhalten, dass der Ehemann seinen Verpflichtungen aus (nach)ehelicher Solidarität bei einer massgeblichen Ehedauer von vier Jahren nachgekommen ist bzw. bis Februar 2009 nachkommen wird und kein Raum für weitere Unterhaltszahlungen im Sinn von Art. 125 ZGB bleibt. 5. Die Gerichtskosten für die erste Instanz wurden den Parteien hälftig auferlegt und der Ehemann wurde zu einem Parteikostenbeitrag von Fr. 6'000.-- an die Ehefrau verpflichtet. Die Ehefrau erblickt darin eine willkürliche Handhabung von § 119 Abs. 1 ZPO/LU. Das erstinstanzliche Verfahren sei von der vollumfänglich bestrittenen güterrechtlichen Forderung und den diesbezüglichen Abklärungen geprägt gewesen. Darauf seien auch die hohen erstinstanzlichen Gerichtskosten von Fr. 17'000.-- zurückzuführen, und angesichts des Streitwertes belaufe sich das Anwaltshonorar auf Fr. 40'000.--; ohne Streit über das Güterrecht hätten sich die Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 2'000.-- bis 3'000.-- bewegt und das Anwaltshonorar auf Fr. 5'000.-- belaufen. Sämtliche Prozesskosten für das erstinstanzliche Verfahren seien deshalb dem Ehemann zu überbinden, der jegliche güterrechtlichen Ansprüche bestritten habe und im Übrigen generell leistungsfähiger sei. Abweichend vom Grundsatz der Kostenverlegung nach Obsiegen und Unterliegen gemäss § 119 ZPO/LU können die Kosten insbesondere bei familienrechtlichen Streitigkeiten nach Ermessen verlegt werden (§ 121 Abs. 2 lit. c ZPO/LU). Zahlreiche kantonale Zivilprozessordnungen kennen solche Regelungen, wobei oftmals von verhältnismässiger Kostenverteilung oder gar Wettschlagung die Rede ist (z.B. Art. 58 Abs. 2 ZPO/BE). Die Ehefrau hat zwar im Güterrechtspunkt obsiegt, ist jedoch im Unterhaltspunkt, der kapitalisiert einen ähnlichen Streitwert aufweist, weitestgehend unterlegen. Im Scheidungspunkt selbst waren sich die Parteien einig; Gleiches gilt für die Teilung der Austrittsleistung. Vor diesem und dem weiteren Hintergrund, dass nach dem ausdrücklichen Kostendispositiv von den auf Fr. 17'000.-- festgesetzten erstinstanzlichen Gerichtskosten lediglich Fr. 2'320.-- auf Beweiskosten für das Güterrecht (Gutachten) entfallen, ist nicht ersichtlich, inwiefern die kantonale Regelung, wonach der Ehemann der Ehefrau einen Beitrag von Fr. 6'000.-- an die Parteikosten zu leisten hat und die übrigen Kosten halbiert bzw. wettgeschlagen werden, willkürlich sein soll. 6. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde in Zivilsachen abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind folglich der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenpartei ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 3. November 2008 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Raselli Möckli
ba35c8fb-1034-4694-a311-d03f73599d4b
de
2,012
CH_BGer_008
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Der Grosse Rat des Kantons Bern verabschiedete am 24. Januar 2011 eine Änderung des kantonalbernischen Gesetzes über die öffentliche Sozialhilfe (BSG 860.1; Sozialhilfegesetz, SHG). Mit Beschluss vom 29. Juni 2011 stellte der Regierungsrat fest, dass die Referendumsfrist unbenutzt abgelaufen ist. Am 23. November 2011 wurde die Änderung in der Bernischen Amtlichen Gesetzessammlung (BAG) publiziert. Die Änderung umfasst unter anderem folgende Bestimmungen: Art. 8 Sozialhilfegeheimnis und Anzeigepflichten und -rechte 1 Personen, die sich mit dem Vollzug dieses Gesetzes befassen, haben über Angelegenheiten, die ihnen dabei zur Kenntnis gelangen, zu schweigen. 2 Das Sozialhilfegeheimnis entfällt, wenn a. die betroffene Person zur Auskunftserteilung ermächtigt hat, b. die vorgesetzte Stelle zur Auskunftserteilung ermächtigt hat, c. eine Straftat zur Anzeige gebracht wird, oder d. auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung ein Auskunftsrecht oder eine Auskunftspflicht besteht. 3 Personen, die sich mit dem Vollzug dieses Gesetzes befassen, sind zur Mitteilung an die Staatsanwaltschaft verpflichtet, wenn ihnen in ihrer amtlichen Tätigkeit konkrete Verdachtsgründe bekannt werden für a. ein von Amtes wegen zu verfolgendes Verbrechen, b. ein von Amtes wegen zu verfolgendes Vergehen im Zusammenhang mit dem Bezug von Sozialhilfeleistungen, oder c. eine Übertretung im Sinne von Artikel 85, ausser wenn sie offensichtlich ungewollt erfolgte. 4 Die Mitteilungspflichten nach Artikel 48 Absatz 1 des Einführungsgesetzes vom 11. Juni 2009 zur Zivilprozessordnung, zur Strafprozessordnung und zur Jugendstrafprozessordnung (EG ZSJ) und Absatz 3 entfallen, wenn a. die Informationen vom Opfer stammen, b. die Informationen von der Ehegattin oder vom Ehegatten, von der eingetragenen Partnerin oder vom eingetragenen Partner, von der Lebenspartnerin oder vom Lebenspartner, von einem Elternteil, Geschwister oder Kind des Opfers stammen, oder c. das Opfer Ehegattin oder Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner oder Lebenspartnerin oder Lebenspartner, Elternteil, Geschwister oder Kind der vermuteten Täterschaft ist. Art. 8a (neu) Weitergabe von Informationen an Behörden und Privatpersonen 1 Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Personen dürfen Informationen betreffend Angelegenheiten nach Artikel 8 Absatz 1 weitergeben, wenn a. die Informationen nicht personenbezogen sind, b. die Betroffenen dazu ihre ausdrückliche Zustimmung erteilen, c. das Erfüllen der Sozialhilfeaufgaben die Weitergabe zwingend erfordert oder d. eine ausdrückliche Grundlage in einem Gesetz die Weitergabe verlangt oder zulässt. 2 Informationen dürfen gemäss Absatz 1 Buchstabe d insbesondere weitergegeben werden an a. die zuständigen Ausländerbehörden aufgrund einer Anfrage gemäss Artikel 97 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) und unaufgefordert nach Artikel 97 Absatz 3 Buchstabe d AuG gemäss den Ausführungsbestimmungen des Bundesrats, b. die Steuerbehörden des Kantons und der Gemeinden im Rahmen von Artikel 155 des Steuergesetzes vom 21. Mai 2000 (StG), c. die Betreibungs- und Konkursbehörden im Rahmen von Artikel 91 Absatz 5 und Artikel 222 Absatz 5 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG), d. die Vormundschaftsbehörden im Rahmen von Artikel 364 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vom 21. Dezember 1937 (StGB), und von Artikel 25 des Gesetzes vom 28. Mai 1911 betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (EG ZGB), e. die für die Anordnung von Massnahmen nach dem Gesetz vom 22. November 1989 über die fürsorgerische Freiheitsentziehung und andere Massnahmen der persönlichen Fürsorge (FFEG) zuständigen Behörden, f. die Polizeiorgane des Kantons und der Gemeinden nach Artikel 50 Absatz 4 des Polizeigesetzes vom 8. Juni 1997 (PolG) ungeachtet der besonderen Geheimhaltungspflicht, g. die Einrichtungen und Organe der Sozialversicherungen, soweit das Bundesrecht es vorsieht, h. andere mit der individuellen Sozialhilfe im Sinne dieses Gesetzes befasste Behörden des Kantons oder der Gemeinden nach Artikel 2 des Gemeindegesetzes vom 16. März 1998 (GG), i. die mit dem Vollzug der öffentlichen Sozialhilfe befassten Behörden des Bundes und anderer Kantone, sofern die Mitteilungen zur Erfüllung der Sozialhilfeaufgaben zwingend erforderlich sind und die anfragende Behörde aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen zu deren Bearbeitung befugt ist. 3 Informationen dürfen nur weitergegeben werden, wenn die anfragenden Behörden und Privatpersonen den Gegenstand der gewünschten oder verlangten Informationen genau bezeichnen und die Zulässigkeit der Weitergabe nachweisen. 4 Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Personen dürfen, sofern die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt sind, Informationen auch an Behörden und Personen weitergeben, die keiner besonderen Geheimhaltungspflicht unterstehen. 5 Die Einrichtung elektronischer oder automatisierter Abrufverfahren bedarf einer ausdrücklichen Grundlage in einem Gesetz. Art. 8b (neu) Informationsbeschaffung 1 Informationen sind in der Regel im Rahmen der Mitwirkungspflicht nach Artikel 28 bei der betroffenen Person zu beschaffen. 2 Ist dies nicht möglich oder sinnvoll, können die Informationen gestützt auf die nachstehenden Bestimmungen direkt bei Dritten eingeholt werden. 3 Für Informationen, die gestützt auf die nachstehenden Bestimmungen nicht beschafft werden können, holen die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Personen von den betroffenen Personen zum Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs um Gewährung von Sozialhilfe eine Vollmacht ein. Art. 8c (neu) Auskunftspflichten und Mitteilungsrecht 1 Gegenüber den mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Stellen sind zur Erteilung mündlicher und schriftlicher Auskünfte, die für den Vollzug erforderlich sind, verpflichtet: a. die Behörden des Kantons und der Gemeinden nach Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG), b. Personen und Organisationen des öffentlichen oder des privaten Rechts, soweit sie mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben betraut sind, c. Personen, die mit einer Person, die Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe beansprucht oder beantragt, in Hausgemeinschaft leben oder einer solchen Person gegenüber unterhalts- oder unterstützungspflichtig sind, d. die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von Personen, die Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe beanspruchen oder beantragen, e. Vermieterinnen und Vermieter von Wohnraum von Personen, die Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe beanspruchen oder beantragen. 2 Soweit keine besonderen Vorschriften des Bundesrechts entgegenstehen und die Informationen notwendig sind, um die Ansprüche nach diesem Gesetz vollständig abzuklären, sind zur Erteilung von Auskünften insbesondere verpflichtet: a. die Behörden der Einwohnerkontrolle, b. die Ausländerbehörden betreffend den ausländerrechtlichen Status einer Person, die Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe beansprucht, c. die Strassenverkehrsbehörden im Rahmen von Artikel 104 Absatz 5 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958 (SVG), d. die Polizeiorgane des Kantons und der Gemeinden, e. die Steuerbehörden betreffend Steuerdaten derjenigen Personen, die Leistungen der individuellen oder der institutionellen Sozialhilfe beanspruchen, beantragen oder beansprucht haben, f. die Einrichtungen und Organe der Sozialversicherungen. 3 Die in Absatz 1 und 2 genannten Personen und Behörden sind namentlich verpflichtet, Auskünfte zu erteilen zur Abklärung a. der finanziellen und persönlichen Verhältnisse von Personen, die Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe beanspruchen, b. der Ansprüche dieser Personen gegenüber Dritten, c. der Integration der unterstützten Person, d. der Rückerstattungspflicht nach diesem Gesetz oder e. der wirtschaftlichen Verhältnisse von Personen, die Leistungen der institutionellen Sozialhilfe empfangen, sowie von deren Eltern oder deren gesetzlichen Vertretung, soweit dies notwendig ist, um die Kostenbeteiligung der Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger festzusetzen. 4 Die in Absatz 1 und 2 genannten Personen und Behörden können den für den Vollzug dieses Gesetzes zuständigen Behörden von sich aus Informationen zukommen lassen, wenn sie sichere Kenntnis haben, dass die von der Meldung betroffenen Personen Sozialhilfe beziehen und die Informationen für die Abklärung der Ansprüche nach diesem Gesetz zwingend erforderlich sind. Die Änderungen sind am 1. Januar 2012 in Kraft getreten. B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 19. Dezember 2011 fechten die Demokratischen Juristinnen und Juristen Bern DJB, der Verband Avenir Social - Professionelle Soziale Arbeit Schweiz, das Komitee der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen KABBA, die Partei der Arbeit des Kantons Bern, die Grünalternativen GPB-DA sowie R._ und Z._ den kantonalen Erlass an. Sie beantragen, es seien Art. 8 Abs. 2 lit. a - c, Art. 8b Abs. 3 und Art. 8c Abs. 1 lit. c - e der Gesetzesänderung aufzuheben. Zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu gewähren. Der Grosse Rat des Kantons Bern, handelnd durch den Regierungsrat, schliesst in seinen Vernehmlassungen vom 16. Januar resp. 8. Februar 2012 auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne, sowie des Gesuchs um aufschiebende Wirkung. C. Mit Verfügung vom 19. Januar 2012 weist der Präsident der I. sozialrechtlichen Abteilung das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung ab. D. Am 4. September 2012 hat das Bundesgericht eine publikumsöffentliche Beratung durchgeführt. E. Im Anschluss an den Erhalt der Einladung zur öffentlichen Beratung hat die Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern die auf ihrer Homepage aufgeschaltete Mustervollmacht eingereicht, wozu die Beschwerdeführer Stellung nehmen konnten.
Erwägungen: 1. Kantonale Erlasse können unmittelbar beim Bundesgericht angefochten werden, sofern - wie dies hier der Fall ist - kein kantonales Rechtsmittel zur Verfügung steht (Art. 82 lit. b und Art. 87 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde wurde im Übrigen rechtzeitig eingereicht (Art. 101 BGG). 2. 2.1 Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG ist zur Anfechtung eines kantonalen Erlasses legitimiert, wer durch den Erlass aktuell oder virtuell besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung hat. Das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein. Virtuelles Berührtsein setzt voraus, dass der Beschwerdeführer von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (BGE 137 I 77 E. 1.4 S. 81; 136 I 17 E. 2.1 S. 21; 133 I 206 E. 2.1 und 2.3 S. 210 f.). Ein als juristische Person konstituierter Verband kann in diesem Rahmen Beschwerde erheben, soweit er nach den Statuten die entsprechenden Interessen zu wahren hat und die Mehrheit oder zumindest eine Grosszahl der Mitglieder durch den angefochtenen Erlass direkt oder virtuell betroffen wird (sog. "egoistische Verbandsbeschwerde"; Urteil 8C_184/2008 vom 3. Oktober 2010 E. 2.1, nicht publ. in: BGE 134 I 269. aber u.a. in: Pra 2009 Nr. 40 S. 241; BGE 130 I 26 E. 1.2.1 S. 30 mit Hinweisen). 2. 2.1 Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG ist zur Anfechtung eines kantonalen Erlasses legitimiert, wer durch den Erlass aktuell oder virtuell besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung hat. Das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein. Virtuelles Berührtsein setzt voraus, dass der Beschwerdeführer von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (BGE 137 I 77 E. 1.4 S. 81; 136 I 17 E. 2.1 S. 21; 133 I 206 E. 2.1 und 2.3 S. 210 f.). Ein als juristische Person konstituierter Verband kann in diesem Rahmen Beschwerde erheben, soweit er nach den Statuten die entsprechenden Interessen zu wahren hat und die Mehrheit oder zumindest eine Grosszahl der Mitglieder durch den angefochtenen Erlass direkt oder virtuell betroffen wird (sog. "egoistische Verbandsbeschwerde"; Urteil 8C_184/2008 vom 3. Oktober 2010 E. 2.1, nicht publ. in: BGE 134 I 269. aber u.a. in: Pra 2009 Nr. 40 S. 241; BGE 130 I 26 E. 1.2.1 S. 30 mit Hinweisen). 2.2 2.2.1 Die Legitimation der Demokratischen Juristinnen und Juristen zur abstrakten Normanfechtung wurde von der Rechtsprechung verschiedentlich anerkannt (Urteil 1C_179/2008 vom 30. September 2009 E. 1, nicht publ. in: BGE 136 I 87; Urteil 1P.277/1997 vom 2. Dezember 1998 E. 1b, nicht publ. in: 125 I 127; Urteil 1P.71/2006 vom 23. April 2007). Jedoch ging es in diesen Verfahren um die Überprüfung strafprozessualer und polizeirechtlicher Bestimmungen und ergibt sich aus den Entscheiden nicht, inwiefern der Verein dort die Legitimationsvoraussetzungen hinsichtlich seiner Mitglieder substantiierte. Vorliegend ist entscheidend, ob zumindest eine Grosszahl der Vereinsmitglieder Sozialhilfeempfänger sind bzw. werden könnten. Dies ist angesichts des insgesamt tiefen Anteils von Sozialhilfeempfängern an der Wohnbevölkerung und der Tatsache, dass Personen mit einem Abschluss der Tertiärstufe nur einen sehr geringen Prozentsatz der Sozialhilfebezüger ausmachen (Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern, Sozialbericht 2010, Armut im Kanton Bern: Fakten, Zahlen und Analysen [Band 1], S. 59 f., v.a. Tabelle 10) und gerade die juristische Ausbildung zudem vielseitige Berufsmöglichkeiten bietet, jedenfalls nicht offensichtlich. Es wäre daher am Beschwerdeführer gewesen, die konkreten Voraussetzungen näher zu substantiieren (Urteile 1C_531/2008 vom 10. März 2009 E. 3.3 und 8C_825/2010 vom 11. Juli 2011 E. 2.2, je mit Hinweis; BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 36 zu Art. 89 BGG; HANSJÖRG SEILER, in: Seiler/von Werth/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 10 zu Art. 89 BGG). Da er dies unterliess, ist die Legitimation zu verneinen. Zu verneinen ist auch die Legitimation von Avenir Social - Professionelle Soziale Arbeit, der Partei der Arbeit des Kantons Bern und der Grünalternativen GPB-DA. Bei den Mitgliedern des Berufsverbandes Avenir Social kann davon ausgegangen werden, dass es sich ebenfalls um gut ausgebildete und in der Regel von staatlichen Institutionen beschäftigte Personen handelt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein Grossteil davon künftig zu Sozialhilfeempfängern werden könnte. Die Zusammensetzung der Mitglieder der beiden politischen Parteien ist nicht gerichtsnotorisch und die Beschwerdeführer schweigen sich darüber aus. Es kann daher nicht beurteilt werden, ob ein Grossteil davon potentielle Sozialhilfeempfänger sind. Demgegenüber kann davon ausgegangen werden, dass eine grössere Anzahl der Mitglieder des Komitees der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen KABBA vom SHG aktuell oder in Zukunft betroffen sein werden. Die Legitimation des Komitees ist daher zu bejahen. 2.2.2 Da die Beschwerdeführerin Z._ selber Sozialhilfebezügerin ist, ist ihre Legitimation ohne weiteres zu bejahen. Die Beschwerdeführerin R._ bezieht selber keine Sozialhilfe. Dass sie über kein relevantes Vermögen verfügt, genügt nicht, um ihre Legitimation zu begründen. Im Übrigen fehlen Angaben. Insbesondere ihre berufliche Situation wäre aber entscheidend, um beurteilen zu können, inwiefern bei ihr ein Risiko für künftigen Sozialhilfebedarf besteht (vgl. zu den statistischen Angaben bei E. 2.2.1). Mangels Substantiierung der Voraussetzungen ist daher die Legitimation zu verneinen. 3. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Rügen wegen Verletzung von Grundrechten sind gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG im Einzelnen vorzubringen und zu begründen. Die Beschwerdeschrift muss darlegen, welche verfassungsmässigen Rechte inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene Rügen (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Diese Grundsätze gelten auch bei der abstrakten Normenkontrolle (BGE 131 I 291 E. 1.5 S. 297; 125 I 71 E. 1c S. 76; BERNARD CORBOZ, in: Corboz und andere, Commentaire de la LTF, 2009, N. 37 zu Art. 106 BGG). 4. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines Erlasses im Rahmen der abstrakten Normkontrolle massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn zugemessen werden kann, der sie mit den angerufenen Verfassungs- oder EMRK-Garantien vereinbaren lässt. Das Bundesgericht hebt eine kantonale Norm nur auf, sofern sie sich jeglicher verfassungs- und konventionskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich bleibt. Die verfassungs- und konventionskonforme Auslegung wird als zulässig erachtet, wenn die zu überprüfende Norm eine Lücke oder Unbestimmtheit aufweist. Es ist grundsätzlich vom Wortlaut der Norm auszugehen und diese ist nach den üblichen Regeln auszulegen. Es darf nicht über den klaren Sinn einer Norm hinweggegangen werden. Grenze der - verfassungskonformen - Auslegung ist der klare und eindeutige Wortsinn. Für die Beurteilung, ob eine kantonale Norm aufzuheben oder verfassungskonform auszulegen sei, ist auf die Tragweite des Grundrechtseingriffs, die Wahrscheinlichkeit verfassungstreuer Anwendung, die Möglichkeit, bei einer späteren konkreten Normkontrolle einen hinreichenden verfassungsrechtlichen Schutz zu erhalten, die konkreten Umstände, unter denen die Norm zur Anwendung kommt, sowie die Möglichkeit einer Korrektur und die Auswirkungen auf die Rechtssicherheit abzustellen. Dabei dürfen die Erklärungen der kantonalen Behörden über die künftige Anwendung der Vorschrift mitberücksichtigt werden. Allein der Umstand, dass eine Norm in einem der Verfassung widersprechenden Sinne verstanden und in einzelnen Fällen in verfassungswidriger Weise angewendet werden könnte, führt für sich allein noch nicht zu ihrer Aufhebung (BGE 134 I 293 E. 2 S. 295; 133 I 77 E. 2 S. 79; 130 I 82 E. 2.1 S. 86; Urteile 2C_485/2010 vom 3. Juli 2012, nicht zur Publikation vorgesehene E. 2.3 mit Hinweisen; 1C_179/2008 vom 30. September 2009 E. 2, nicht publ. in: BGE 136 I 87). 5. Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung verschiedener verfassungsmässiger Rechte, insbesondere gemäss Art. 13 Abs. 2 BV und Art. 18 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Bern vom 6. Juni 1993 (BSG 101.1; nachfolgend: KV), gemäss Art. 12 BV und schliesslich auch gemäss Art. 14 BV und Art. 8 EMRK sowie gemäss Art. 29 BV. 5.1 Die Bundesverfassung gewährleistet einzelne Gehalte der früher durch ungeschriebenes Verfassungsrecht garantierten persönlichen Freiheit in verschiedenen Verfassungsbestimmungen (vgl. dazu ausführlich BGE 127 I 6 E. 5a S. 10 ff.). Während Art. 10 Abs. 2 BV die verfassungsrechtliche Grundgarantie zum Schutz der Persönlichkeit darstellt und neben dem Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit sowie der Bewegungsfreiheit weiterhin all jene Freiheiten verbrieft, die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung darstellen, schützt Art. 13 BV in besonderer Weise die verschiedene Aspekte umfassende Privatsphäre mit ihren spezifischen Bedrohungsformen. Dazu gehört namentlich der Schutz vor Beeinträchtigungen, die durch die staatliche Bearbeitung von persönlichen Daten entstehen, gemäss Art. 13 Abs. 2 BV. Der verfassungsrechtliche Datenschutz ist somit Teil des Rechts auf eine Privat- und persönliche Geheimsphäre (Art. 13 Abs. 1 BV). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung greifen die Erhebung, Aufbewahrung und Bearbeitung erkennungsdienstlicher Daten in das Recht auf eine persönliche Geheimsphäre ein (BGE 136 I 87 E. 5.1 S. 101 und E. 8.1 S. 112; 133 I 77 E. 3.2 S. 80 f.; 129 I 232 E. 4.3.1 S. 245 f.; 128 II 259 E. 3.2, je mit Hinweisen). Auf die Kritik an dieser Rechtsprechung in dem von der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern in Auftrag gegebenen Gutachten (THOMAS GÄCHTER/PHILIPP EGLI, Informationsaustausch im Umfeld der Sozialhilfe, Rechtsgutachten vom 17. Juni 2009, Rz. 20 i.V.m. Rz. 31 und 35; auch publ. in: Jusletter vom 6. September 2010; nachfolgend: Gutachten) - damit werde der spezifische, informationsorientierte Gehalt des verfassungsrechtlichen Datenschutzes verkannt, Schutzobjekt von Art. 13 Abs. 2 BV seien personenbezogene Daten und nicht die Privatsphäre, der Schutz umfasse folgerichtig sämtliche Personendaten und nicht nur solche, die einen Bezug zur Privatsphäre haben - braucht hier nicht weiter eingegangen zu werden. Denn die hier zu prüfenden Bestimmungen betreffen die Beschaffung und Weitergabe von persönlichkeitsnahen Daten. Selbst wenn Art. 13 Abs. 2 BV der im Gutachten geltend gemachte Schutzbereich zukäme, würden diese Daten jedenfalls durch Art. 13 Abs. 1 BV (allgemeiner Schutz der Privatsphäre) oder Art. 10 Abs. 2 BV (allgemeine persönliche Freiheit) geschützt, deren Schutzbereiche sich überschneiden (MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 138 ff.; GIOVANNI BIAGGINI, BV Kommentar, 2007, N. 17 zu Art. 10 BV; EVA MARIA BELSER, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, 2011, § 6 N. 121, 158 und 164; Gutachten, Rz. 61). Eine genauere Abgrenzung kann daher unterbleiben (vgl. auch Gutachten, Rz. 34). Die Beschwerdeführer begründen im Übrigen nicht (vgl. E. 3), inwiefern Art. 18 Abs. 2 KV einen darüber hinausgehenden Schutzanspruch gewährleisten soll, zumal sie selber darlegen, dass Art. 18 Abs. 2 KV keine subjektiven Rechte vermittelt, sondern sich an den Gesetzgeber richtet. Darauf ist somit nicht weiter einzugehen. 5.2 Der Schutzbereich von Art. 8 Ziff. 1 EMRK ist betroffen, wenn Daten, welche die Privatsphäre betreffen, erhoben, gespeichert oder verarbeitet werden (BGE 133 I 77 E. 3.2 S. 80 f.; 124 I 85 E. 2c S. 87; 122 I 360 E. 5a S. 362; 120 Ia 147 E. 2 S. 149; Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte [EGMR] Wasmuth gegen Deutschland vom 17. Februar 2011, Nr. 12884/03 § 74; Marper gegen Vereinigtes Königreich vom 4. Dezember 2008, Nr. 30562/04 und 30566/04 § 67; Perry gegen Grossbritannien vom 17. Juli 2003, Recueil CourEDH 2003-IX S. 155 §§ 36 ff.; Amann gegen die Schweiz vom 16. Februar 2000, Recueil CourEDH 2000-II, S. 201 § 44 f., auch in: VPB 2000 Nr. 144; BELSER, a.a.O., § 3 N. 10; PHILIPPE MEIER, Protection des données, 2011, Rz. 51 ff., v.a. Rz. 59; FROWEIN/PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl. 2009, N. 16 zu Art. 8 EMRK; GRABENWARTER/PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Aufl. 2012, § 22 Rz. 10). Bei der Frage, ob ein Eingriff im Sinn von Art. 8 Ziff. 2 EMRK vorliegt, berücksichtigt der EGMR die Art der Information, die Form ihrer Verwendung und das Ergebnis, zum dem diese führen kann (Urteile des EGMR Marper gegen Vereinigtes Königreich, a.a.O., § 67; Peck gegen Vereinigtes Königreich vom 28. Januar 2003, Nr. 44647/98 §§ 59-61). Art. 8 EMRK verlangt, dass ein Gesetz mit ausreichender Klarheit die Bedingungen für die Datenverarbeitung festlegen muss, um die Betroffenen gegen eine willkürliche Verwendung durch die Behörde zu schützen. Das Niveau der Präzisierung hängt dabei massgeblich ab vom betroffenen Sachgebiet sowie der Anzahl und der Qualität der Gesetzesanwender. Von Bedeutung ist auch, ob die Datenverarbeitung geheim oder offen erfolgt, denn die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung durch die Behörden ist bedeutend grösser, wenn der Betroffene nichts von der Datenbearbeitung weiss (Urteile des EGMR Marper gegen Vereinigtes Königreich, a.a.O., § 95 f.; Amann gegen die Schweiz, a.a.O., § 56). Die von den Beschwerdeführern zitierten konkreten Anforderungen aus dem Urteil Marper gegen Vereinigtes Königreich (a.a.O., § 98 [richtig:§ 99]) können nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden, denn jene Ausführungen des EGMR beziehen sich ausdrücklich auf die dort streitgegenständlichen Massnahmen (DNA-Profile, Gewebeproben und digitale Fingerabdrücke). Für den EGMR war deren höchst persönlichkeitsgefährdender Charakter (§§ 72, 75, 76, 104) namentlich zufolge deren automatisierter Verwendung (§§ 75, 86) unter sehr vielen verschiedenen Umständen (§ 84) entscheidend. Vergleichbare Verwendungen liegen hier nicht vor. 6. 6.1 Art. 8 Abs. 1 SHG umschreibt das Sozialhilfegeheimnis. Nach Art. 8 Abs. 2 lit. a SHG entfällt das Geheimnis, wenn die betroffene Person zur Auskunfterteilung ermächtigt hat. Letztere Bestimmung ist entgegen den Beschwerdeführern nicht verfassungswidrig. Auf den Grundrechtsschutz kann im Einzelfall - wenigstens bei nicht schwer wiegenden Grundrechtseingriffen - auch verzichtet werden (KIENER/KÄLIN, Grundrechte, 2007, S. 57 f.; MARKUS SCHEFER, Die Beeinträchtigung von Grundrechten, 2006, S. 71 f.; YVO HANGARTNER, Grundzüge des schweizerischen Staatsrechts, Bd. II Grundrechte, 1982, S. 25 f.). Selbst im Gutachten, das von einem weniger individualrechtlichen bzw. einem vor allem institutionellen Schutzgehalt des verfassungsrechtlichen Datenschutzes ausgeht und dementsprechend der Einwilligung eine nur beschränkte Bedeutung zumisst, wurde die Einwilligung im konkreten Einzelfall als grundsätzlich zulässig erachtet (Rz. 58). Und auch Art. 19 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes über den Datenschutz vom 19. Juni 1992 (SR 235.1, DSG) sieht vor, dass die Bekanntgabe von Personendaten im Einzelfall bei entsprechender Einwilligung zulässig ist. Nichts anderes ergibt sich aus der von den Beschwerdeführern angerufenen Lehrmeinung (EPINEY/SCHLEISS, Ausgewählte Aspekte des Art. 19 Abs. 3 DSG [Abrufverfahren], in: Jusletter vom 7. November 2011, Rz. 23), denn die Autorinnen beziehen sich ausdrücklich nur auf die Voraussetzungen beim sog. Abrufverfahren nach Art. 19 Abs. 3 DSG, welches ein automatisiertes Verfahren beinhaltet (a.a.O., Rz. 15). Automatisierte Verfahren bergen aber klar höhere Risiken für Persönlichkeitsverletzungen (vgl. auch Urteil des EGMR Marper gegen Vereinigtes Königreich, a.a.O., §§ 75, 86; MEIER, a.a.O., S. 84). Um ein solches Verfahren geht es hier nicht. Art. 8a Abs. 5 SHG behält für die Einrichtung automatisierter Abrufverfahren eine ausdrückliche Grundlage in einem Gesetz vor. 6.2 Die in Art. 8 Abs. 2 lit. b SHG vorgesehene Möglichkeit, dass das Sozialhilfegeheimnis entfällt, wenn die vorgesetzte Stelle zur Auskunftserteilung ermächtigt hat, war in den Normtextvorschlägen des Gutachtens (Rz. 327) und entsprechend im Antrag des Regierungsrats noch nicht enthalten. Diese Bestimmung fand, wie der ganze Art. 8 Abs. 2 SHG, erstmals Eingang in den Gemeinsamen Antrag des Regierungsrates und der Kommission an den Grossen Rat vom 11. August 2010. Aus den Materialien ergibt sich nichts Genaueres. Als Anwendungsbeispiel wurde die Einvernahme einer Sozialarbeiterin als Zeugin in einem Zivilprozess genannt (vgl. Ausführungen anlässlich einer Informationsveranstaltung der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern im November 2011, S. 2). Die frühere gesetzliche Regelung der sozialhilferechtlichen Schweigepflicht ging nach vorherrschendem Verständnis nicht über den Schutz des allgemeinen Amtsgeheimnisses gemäss Art. 58 Personalgesetz des Kantons Bern vom 16. September 2004 (PG, BSG 153.01) hinaus. Sowohl Art. 58 PG wie aArt. 8 Abs. 1 SHG stellten Angelegenheiten, die ihrer Natur nach oder gemäss besonderer Vorschrift geheim zu halten sind, unter die Schweigepflicht. Da diese offene Formulierung bei den in der Sozialarbeit Tätigen zu Unsicherheiten geführt hatte, wurden die Standardfälle der Datenpreisgabe durch die Sozialhilfebehörden an andere Behörden oder Private in Art. 8a SHG präzisiert (Gutachten, Rz. 317 i.V.m. Rz. 220; Vortrag des Regierungsrats an den Grossen Rat zum Gemeinsamen Antrag des Regierungsrats und der Kommission vom 11. August 2010, S. 5 f.). Art. 8a SHG enthält somit nach der Absicht des Gesetzgebers die materiellen Ausnahmen von der Geheimnispflicht. Bereits Art. 58 Abs. 2 PG sieht zudem vor, dass Angestellte über grundsätzlich der Geheimnispflicht unterstehende Angelegenheiten vor Gerichten und weiteren Instanzen aussagen dürfen, wenn die zuständige Behörde sie dazu ermächtigt. Dabei handelt es sich um eine organisationsrechtliche Norm formeller Natur. Dazu, ob materiell ein Grund für eine Datenfreigabe besteht, ist damit nichts gesagt. Zwar ist der einzelne Angestellte zufolge der Ermächtigung vom Vorwurf einer Amtsgeheimnisverletzung geschützt; es bleibt aber offen, ob die übergeordnete Behörde durch die Ermächtigung nun ihrerseits eine Amtsgeheimnisverletzung begeht (JEAN NICOLAS DRUEY, Information als Gegenstand des Rechts, 1995, S. 417 ff., S. 420; Gutachten, Rz. 214 ff. i.V.m. Rz. 194-196). Art. 8 Abs. 2 lit. b SHG ist somit in dem Sinn von Art. 8a SHG abzugrenzen, dass es sich lediglich um eine formelle Bestimmung analog Art. 58 Abs. 2 PG handelt. Das wird auch bestätigt durch das erwähnte Beispiel (Einvernahme als Zeugin in einem Prozess, vgl. E. 6.2 erster Absatz). Das Amtsgeheimnis - und entsprechend auch das Sozialhilfegeheimnis - begründet ein Mitwirkungsverweigerungsrecht gemäss Art. 166 Abs. 1 lit. c ZPO. Dieses entfällt jedoch, wenn die betroffene Person von ihrer vorgesetzten Stelle zur Aussage ermächtigt worden ist und sich damit auch nicht mehr strafbar macht (Art. 320 Ziff. 2 StGB). Im Hinblick auf die Zeugnispflicht kann also eine Ermächtigung notwendig sein; die Einwilligung des Geheimnisherrn allein genügt nicht (MARKUS BERNI, in: Baker & McKenzie [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 10 zu Art. 166 ZPO). Ob die gerügte explizite Bestimmung im SHG angesichts der allgemeinen Regelung im PG notwendig war, kann hier offenbleiben. Beabsichtigt war offenbar, der Übersichtlichkeit halber auch Regelungen aus andern Gesetzen aufzunehmen (vgl. Ausführungen anlässlich der erwähnten Informationsveranstaltung vom November 2011, S. 2). Art. 8 Abs. 2 lit. b SHG ist somit in dem Sinn von Art. 8a SHG abzugrenzen, dass es sich lediglich um eine formelle Bestimmung analog Art. 58 Abs. 2 PG handelt. Das wird auch bestätigt durch das erwähnte Beispiel (Einvernahme als Zeugin in einem Prozess, vgl. E. 6.2 erster Absatz). Das Amtsgeheimnis - und entsprechend auch das Sozialhilfegeheimnis - begründet ein Mitwirkungsverweigerungsrecht gemäss Art. 166 Abs. 1 lit. c ZPO. Dieses entfällt jedoch, wenn die betroffene Person von ihrer vorgesetzten Stelle zur Aussage ermächtigt worden ist und sich damit auch nicht mehr strafbar macht (Art. 320 Ziff. 2 StGB). Im Hinblick auf die Zeugnispflicht kann also eine Ermächtigung notwendig sein; die Einwilligung des Geheimnisherrn allein genügt nicht (MARKUS BERNI, in: Baker & McKenzie [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 10 zu Art. 166 ZPO). Ob die gerügte explizite Bestimmung im SHG angesichts der allgemeinen Regelung im PG notwendig war, kann hier offenbleiben. Beabsichtigt war offenbar, der Übersichtlichkeit halber auch Regelungen aus andern Gesetzen aufzunehmen (vgl. Ausführungen anlässlich der erwähnten Informationsveranstaltung vom November 2011, S. 2). 6.3 6.3.1 Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, Art. 8 Abs. 3 und 4 SHG regelten in Erfüllung der verfassungsmässigen Anforderungen genau, unter welchen Voraussetzungen im Rahmen der Sozialhilfe angefallene Personendaten zur Erstattung einer Strafanzeige verwendet werden dürften. Diese konkrete gesetzliche Regelung werde unterlaufen, wenn nach Art. 8 Abs. 2 lit. c SHG solche Daten ohnehin immer zur Erstattung einer Anzeige verwendet werden dürften. Art. 8 Abs. 2 lit. c SHG enthalte eine Generalvollmacht und sei daher offensichtlich verfassungswidrig. 6.3.2 Auch diese Rüge ist unbegründet. Nachdem der ursprüngliche Antrag der Regierung lediglich eine Bestimmung zur Befreiung von der Anzeigepflicht (Art. 8 Abs. 2) und eine solche zur Anzeigeberechtigung bei Verdacht auf Widerhandlung gegen Art. 85 SHG enthalten hatte, wurde in der Kommission präzisiert, dass ein Anzeigerecht immer bestehe; die Diskussionen bezogen sich vor allem auf die Abgrenzung der Anzeigepflichten (Kommissionssitzung vom 16. September 2010, S. 11 und 14 f.). Das Anzeigerecht ergebe sich aus der Formulierung, dass in diesem Fall das Sozialhilfegeheimnis entfalle (Kommissionssitzung vom 21. September 2010, S. 3). Die in der Vernehmlassung des Regierungsrats vertretene Auffassung, dass Art. 8 Abs. 3 und 4 SHG lediglich die Anzeigepflichten regelt, bei den davon nicht erfassten Delikten aber grundsätzlich ein Anzeigerecht besteht und sich dieses auf Art. 8 Abs. 2 lit. c SHG stützen lässt, entspricht somit den Materialien. Es ist eine Frage der Verhältnismässigkeit im Einzelfall, ob eine Anzeige berechtigterweise erfolgt ist. Gerade bei Straftaten, die nicht mit dem Bezug der Sozialhilfe zusammenhängen und daher nicht unter Art. 8 Abs. 3 lit. b SHG fallen, namentlich bei Delikten gegen die körperliche oder sexuelle Integrität, kann ohne weiteres das Interesse an der Anzeige der Straftat jenes an der Einhaltung des Sozialhilfegeheimnisses überwiegen. Eine genauere Abgrenzung der Delikte bereits im Gesetz ist nicht möglich, da die Frage, ob vom Anzeigerecht Gebrauch gemacht wird, insbesondere in solchen Fällen von einer Interessenabwägung im Einzelfall abhängt. 7. 7.1 Die Beschwerdeführer rügen sodann, Art. 8b Abs. 3 SHG sei verfassungswidrig. Die darin enthaltene, erst im Rahmen der Beratungen eingefügte Generalvollmacht zur Informationsbeschaffung stehe in eklatantem Widerspruch zu Art. 8c SHG, welcher die Beschaffung von Informationen bei Dritten beschränke und genau umschreibe. Die Generalvollmacht bezwecke, diese Voraussetzungen zu umgehen und ermögliche einen völlig unbegrenzten und unkontrollierten Datenfluss. Da die Vollmacht zudem im Zeitpunkt der Gesuchstellung erteilt werden müsse, könne von einer freiwilligen Vollmacht keine Rede sein. Die Erlangung von Sozialhilfe werde an einen Verzicht auf Grundrechtsschutz geknüpft und damit werde in Fällen, in welchen es sich um existenznotwendige Sozialhilfe handle, auch das Recht auf Nothilfe gemäss Art. 12 BV verletzt. 7.2 Art. 8b SHG enthält eine Stufenfolge der Informationsbeschaffung. In erster Linie sind Informationen im Rahmen der Mitwirkungspflicht (Art. 28 SHG) bei der betroffenen Person zu beschaffen (Abs. 1), in zweiter Linie gestützt auf die gesetzlichen Befugnisse gemäss Art. 8c SHG (Abs. 2) und erst zuletzt - wenn sich die Information auf beiden Wegen nicht beschaffen lässt - kann sich die Sozialhilfebehörde auf die Vollmacht stützen. Entsprechend wurden in den Beratungen zwei Anwendungsbereiche genannt: die Informationsbeschaffung bei privaten Trägern von Berufsgeheimnissen (Ärzte, Anwälte, Banken) und jene Fälle, wo zwar gemäss Art. 8c SHG eine gesetzliche Auskunftspflicht Dritter besteht, diese Dritten dem aber nicht oder nur ungenügend nachkommen (vgl. Tagblatt des Grossen Rates des Kantons Bern, Jg. 2010, Novembersession vom 22. November bis 1. Dezember 2010, S. 12, Votum Studer). Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes ist die Vollmacht im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs einzuholen. Soweit seitens der kantonalen Gesundheits- und Fürsorgedirektion die Auffassung vertreten wurde, die Vollmacht sei erst einzuholen, wenn sich zeige, dass eine betroffene Person ungenügend mitwirke (erwähnte Informationsveranstaltung vom November 2011, S. 8), wäre diese Interpretation der Bestimmung mit dem klaren Gesetzeswortlaut nicht vereinbar. 7.3 Die Beschwerdeführer gehen davon aus, das Erlangen der Sozialhilfe hänge vom Erteilen der Vollmacht ab; die Bestimmung berühre daher auch das Recht auf Nothilfe gemäss Art. 12 BV. Das Erteilen der Vollmacht ist eine besondere Form der Mitwirkung. Da Art. 8b Abs. 3 SHG sich nicht zu den Folgen einer Vollmachtsverweigerung äussert, gelten die allgemeinen Regeln zur Mitwirkungsverweigerung. Nach Art. 36 SHG wird die Hilfe bei Pflichtverletzungen gekürzt. Die Leistungskürzung muss dem Fehlverhalten angemessen sein und darf den absoluten Existenzbedarf nicht berühren. Kommt ein Gesuchsteller seiner Mitwirkungspflicht nicht nach und kann deshalb der Bedarf überhaupt nicht ermittelt werden, mangelt es am Nachweis der Bedürftigkeit. Der Gesuchsteller trägt die Folgen der Beweislosigkeit, die er selbst zu verantworten hat. Das Grundrecht auf Existenzsicherung wird davon nicht berührt, denn beweismässig liegt keine Notlage vor. Kann die Notlage anderweitig eruiert werden, muss die Sozialhilfebehörde die notwendigen Abklärungen treffen. Steht die Notlage trotz mangelnder Mitwirkung fest, ist der Schutzbereich von Art. 12 BV betroffen (CARLO TSCHUDI, Die Auswirkungen des Grundrechts auf Hilfe in Notlagen auf sozialhilferechtliche Sanktionen, in: Carlo Tschudi [Hrsg.], Das Grundrecht auf Hilfe in Notlagen, 2005, S. 117 ff., S. 121; CLAUDIA HÄNZI, Die Richtlinien der schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe, 2011, S. 150). Das bedeutet, dass eine Vollmachtsverweigerung bei Einreichen des Gesuchs nicht zu Nichteintreten führen darf, weil in diesem Zeitpunkt noch unklar ist, ob die Behörde nicht gestützt auf die vom Gesuchsteller selber gelieferten und den allenfalls nach Art. 8c SHG beschafften Daten in der Lage sein wird, den Bedarf zu beurteilen (vgl. auch BGE 131 V 42 E. 3 S. 47 und SVR 2009 UV Nr. 43 S. 150, 8C_770/2008 E. 5.2, je mit Hinweisen, betreffend eine Mitwirkungspflichtverletzung durch Verweigerung der Ermächtigungserteilung nach Art. 55 Abs. 1 UVV). Stellt sich später heraus, dass Bedarf besteht, kann die Sozialhilfe zwar wegen Verletzung der Mitwirkung gekürzt werden. Das Existenzminimum ist jedoch gemäss Art. 36 SHG immer zu beachten. Somit verletzt Art. 8b Abs. 3 SHG das Grundrecht auf Existenzsicherung nicht. 7.4 Ebenso wenig verletzt die Pflicht zur Vollmachterteilung den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Datenschutz: 7.4.1 Das Einverständnis in eine Datenbearbeitung muss grundsätzlich freiwillig sein. Jedoch kann die alleinige Tatsache, dass eine Verweigerung einen Nachteil für die betroffene Person nach sich zieht, die Gültigkeit der Zustimmung nicht beeinträchtigen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn dieser Nachteil keinen Bezug zum Zweck der Bearbeitung hat oder diesem gegenüber unverhältnismässig ist (Botschaft vom 19. Februar 2003 zur Änderung des Bundesgesetzes über den Datenschutz [DSG], BBl 2003 2101 ff., 2127 Ziff. 2.3; MEIER, a.a.O., Rz. 853 ff.; ASTRID EPINEY, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, 2011, § 9 Rz. 18). Diese im Hinblick auf den gesetzlichen Datenschutz genannten Kriterien sind auch massgebliche Gesichtspunkte bei der Prüfung des verfassungsrechtlichen Schutzes. Allein daraus, dass allenfalls später die Hilfe gekürzt wird, wobei die Kürzung nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 36 SHG dem Verschulden angemessen sein muss, können die Beschwerdeführer somit nichts für sich ableiten. 7.4.2 Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, wegen der inhaltlichen Unbestimmtheit handle es sich um eine unzulässige Generalvollmacht, die einen "völlig unbegrenzten und unkontrollierten Datenfluss" ermögliche. 7.4.2.1 Verschiedene kantonale Sozialhilfegesetze ermächtigen die Behörde ex lege, Informationen bei Dritten einzuholen, ohne dies im Einzelnen zu spezifizieren (z.B. § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die öffentliche Sozialhilfe und die soziale Prävention des Kantons Aargau vom 6. März 2001, SAR 851.200: "Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, sind die zuständigen Behörden berechtigt, die für den Vollzug erforderlichen Auskünfte einzuholen"; Art. 16 Abs. 1 lit. b des Sozialhilfegesetzes des Kantons St. Gallen vom 27. September 1998, sGS 381.1: "Wer um finanzielle Nothilfe ersucht ... ermächtigt Amtsstellen und Dritte, Auskünfte zu erteilen"; Art. 12 Abs. 3 der Sozialhilfeverordnung des Kantons Obwalden vom 10. November 1983 [GDB 870.11] i.V.m. Art. 14 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Obwalden vom 23. Oktober 1983, GDB 870.1: "Die in der öffentlichen Sozialhilfe tätigen Personen und Amtsstellen sind berechtigt, nötigenfalls bei Dritten Auskünfte einzuholen"; § 23 Abs. 3 des Gesetzes über die Sozialhilfe im Kanton Zug vom 16. Dezember 1982, BGS 861.4: "Die Sozialbehörden sind berechtigt, nötigenfalls bei Dritten Auskünfte einzuholen, in der Regel nach Orientierung des Betroffenen"; vgl. auch § 18 Abs. 4 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Zürich vom 14. Juni 1981, LS 851.1, in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung: "Die Fürsorgebehörde ist berechtigt, auch ohne Zustimmung des Hilfesuchenden und der weiteren in Abs. 1 genannten Personen Auskünfte bei Dritten einzuholen, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, wenn Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben oder Unterlagen bestehen"). 7.4.2.2 Die (privatautonome) Vollmacht ersetzt eine gesetzliche Ermächtigung. Im einen wie im andern Fall stellt sich die Frage, ob die Grundlage für die Informationsbeschaffung genügend bestimmt ist. Aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 36 Abs. 3 BV) ergibt sich, dass nur jene Daten erhoben werden dürfen, die für die Bearbeitung des Gesuchs notwendig sind. Im Datenschutz wird daraus der Grundsatz der Zweckbindung abgeleitet (BGE 129 I 249 E. 4.2 S. 255 mit Hinweisen; Gutachten, Rz. 100; RAINER J. SCHWEIZER, in: Ehrenzeller und andere [Hrsg.], Die Schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008, N. 44 zu Art. 13 BV; vgl. auch EPINEY, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, a.a.O., § 9 Rz. 29 ff., Rz. 31). In den oben genannten kantonalen Bestimmungen wird diese Zweckbindung mehrheitlich ausdrücklich festgehalten mit Ausdrücken wie "nötigenfalls", "die erforderlichen Auskünfte", "für die Ausübung ihrer Aufgaben benötigt". 7.4.2.3 In Art. 8b Abs. 3 SHG fehlt nach dem Wortlaut eine entsprechend explizite Einschränkung. Eine solche ergibt sich aber aus der Systematik. Dass die zu erhebenden Informationen für den Vollzug erforderlich bzw. notwendig sein müssen, um die Ansprüche nach dem SHG abzuklären, ist ausdrücklich in Art. 8c Abs. 1 und Abs. 2 festgehalten. In Art. 8c Abs. 3 SHG wird schliesslich in einer nicht abschliessenden Aufzählung festgehalten, zu welchen Gegenständen Informationen eingeholt werden können, und damit verdeutlicht, was mit den allgemeinen Begriffen "erforderlich" bzw. "notwendig" gemeint ist. Art. 8b Abs. 3 SHG nimmt gemäss seinem Wortlaut auf diese Bestimmungen Bezug. Der Unterschied zwischen Art. 8b Abs. 3 und Art. 8c ist daher im Wesentlichen, dass Art. 8b Abs. 3 einerseits offenlässt, von welchen Personen Auskünfte eingeholt werden können, und anderseits die Zwecke, zu denen Auskünfte eingeholt werden, nicht spezifiziert. Das bedeutet aber nicht, dass die allgemeine Zweckgebundenheit, nämlich dass nur die für die Gesuchsbearbeitung erforderlichen Daten beschafft werden dürfen (vgl. auch MEIER, a.a.O., Rz. 883; CORRADO RAMPINI, in: Basler Kommentar, Datenschutzgesetz, 2. Aufl. 2006, N. 5 zu Art. 13 DSG), nicht gelten würde. Es geht daher nicht um eine für irgendwelche Zwecke verwendbare Generalvollmacht; vielmehr ermächtigt die Vollmacht nur, die zur Prüfung des Anspruchs nötigen Informationen einzuholen. Damit ist für den Gesuchsteller grundsätzlich erkennbar (vgl. SCHWEIZER, a.a.O., N. 44 zu Art. 13 BV; EPINEY, in: Belser/Epiney/Waldmann, Datenschutzrecht, a.a.O., § 9 Rz. 40), welche Daten über ihn beschafft werden. Es steht auch nichts entgegen, auf der Vollmacht entsprechend festzuhalten, dass nur für den Vollzug notwendige Informationen beschafft werden dürfen, allenfalls auch unter Wiedergabe des entsprechend angepassten Wortlauts von Art. 8c Abs. 3 SHG. 7.4.3 Nach dem Gesagten handelt es sich hier nicht um eine Generalvollmacht, sondern um eine durch ihre Zweckgebundenheit eingeschränkte Vollmacht. Die Frage kann nunmehr einzig sein, ob trotz dieser Einschränkung die Pflicht zur Einreichung einer solchen Vollmacht bei Gesuchseinreichung als verfassungswidrig zu betrachten ist, sei es, weil die Massnahme sich als unverhältnismässig erweist, sei es, weil wegen der noch gegebenen Offenheit der Vollmacht die Gefahr des gesetz- und damit auch verfassungswidrigen Gebrauchs besteht. Die diesbezüglich von den Beschwerdeführern erhobenen Rügen genügen allerdings kaum den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 BGG (vgl. E. 3 hievor). Insbesondere ist unklar, ob der pauschal erhobene Vorwurf der Unverhältnismässigkeit sich nur auf eine völlig unbegrenzte Vollmacht bezieht oder aber auf eine durch die Zweckgebundenheit eingeschränkte Vollmacht, wie sie hier nach dem zuvor Gesagten vorliegt. Diese Frage kann aber offenbleiben, da eine Verfassungswidrigkeit jedenfalls zu verneinen ist, wie die folgenden Ausführungen zeigen. 7.4.3.1 Das Gebot der Verhältnismässigkeit ist unter dem Gesichtswinkel der Einschränkung von Grundrechten nach Art. 36 Abs. 3 BV sowie nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu beachten. Es verlangt, dass eine behördliche Massnahme für das Erreichen des im öffentlichen oder privaten Interesse liegenden Ziels geeignet und erforderlich ist und sich für die Betroffenen in Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung als zumutbar und verhältnismässig erweist. Es muss eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation vorliegen. Eine Massnahme ist unverhältnismässig, wenn das Ziel mit einem weniger schweren Grundrechtseingriff erreicht werden kann (BGE 136 I 87 E. 3.2 S. 91 f. mit Hinweisen; vgl. auch BGE 137 I 31 E. 7.5.2 S. 53). Es besteht unzweifelhaft und auch unbestrittenermassen ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass Sozialhilfe nicht aufgrund tatsachenwidriger oder unvollständiger Information zu Unrecht ausgerichtet wird. Dieses Interesse ist nicht nur auf die sorgsame Verwendung der finanziellen Mittel gerichtet. Es liegt vielmehr im berechtigten Interesse der Öffentlichkeit, dass Sozialhilfe nur gestützt auf verlässliche Entscheidgrundlagen ausgerichtet wird. Der Wahrnehmung einer korrekten Sachverhaltsabklärung bei der Ausrichtung von Sozialhilfeleistungen kommt denn auch in der Öffentlichkeit eine grosse Bedeutung zu. Dabei geht es auch um die Bewahrung des Vertrauens des Bürgers in den Staat (vgl. hiezu BGE 114 Ia 395 E. 6b S. 402; Urteil 1C_11/2009 vom 3. Juni 2009 E. 2). Im Hinblick auf dieses öffentliche Interesse erscheint der mit der Pflicht zur Erteilung der Vollmacht verbundene Eingriff zumutbar, zumal diese innerhalb des dargelegten gesetzlichen Stufensystems erst als letzte Massnahme zum Zuge kommt, nämlich wenn die erforderlichen Informationen weder bei der betroffenen Person noch gestützt auf die gesetzlichen Befugnisse beschafft werden können (E. 7.2 hievor). Zu beachten ist sodann, dass der gesuchstellenden Person bei Erteilung der Vollmacht bewusst gemacht wird, dass diese als - letzte - Informationsmassnahme zur Anwendung gelangen kann. Dies geht insofern weniger weit als die einer Behörde eingeräumten Informationsmöglichkeiten aufgrund einer allgemeinen gesetzlichen Ermächtigung, über deren Bestehen sich die gesuchstellende Person in der Regel kaum Rechenschaft gibt. Unter dem Gesichtswinkel der Geeignetheit ist festzuhalten, dass es nicht möglich ist, jeden möglichen Anwendungsfall für die Vollmacht vorauszusehen und zu beurteilen, ob diese künftig ein geeignetes Mittel zur Informationsgewinnung darstellt. Die Beschwerdeführer haben auch in keiner Weise ausgeführt, wann und inwiefern es an dieser Geeignetheit fehlen soll. Im Rahmen der hier vorzunehmenden abstrakten Normenkontrolle lässt sich die Geeignetheit der Vollmacht daher nicht verneinen. Ebenso fehlt es an substantiierten Ausführungen zur Erforderlichkeit, sodass auch darauf nicht weiter eingegangen werden kann. Die Verhältnismässigkeit der Massnahme ist demnach gegeben. 7.4.3.2 Wie dargelegt (E. 4 hievor) hat der Verfassungsrichter die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung nicht nur abstrakt zu untersuchen, sondern auch die Wahrscheinlichkeit verfassungstreuer Anwendung einzubeziehen. Die abstrakt betrachtet verfassungskonforme Vollmacht erwiese sich als verfassungswidrig, wenn zu befürchten wäre, dass sie entgegen den dargelegten Einschränkungen verwendet würde. Von besonderer Bedeutung ist dabei, namentlich auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK, die Qualität der Gesetzesanwender (vgl. E. 5.2 hievor). Im Bereich Sozialhilfe sind grundsätzlich Personen beschäftigt, welche aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage sind, zwischen für den Sozialhilfeanspruch erforderlichen und nicht erforderlichen Informationen zu differenzieren. Es kann zudem davon ausgegangen werden, dass es sich dabei eher um Personen handelt, welche sich aufgrund eines Interesses an sozialen Themen zu diesem Betätigungsfeld hingezogen fühlen. Das zeigt sich etwa am Berufsbild, welches der Beschwerde führende Verband Avenir Social - Professionelle Soziale Arbeit (www.avenirsocial.ch) vermittelt, und spricht dagegen, dass diese Personen die erteilten Vollmachten sachfremd anwenden. Ausbildungsstand und Interessenlage lassen die Gefahr missbräuchlicher Verwendung solcher Vollmachten daher als sehr gering erscheinen. Dafür spricht im Übrigen die dem Gericht eingereichte Mustervollmacht. Es sind keine anderen Gesichtspunkte geltend gemacht oder sonst ersichtlich, welche auf eine Missbrauchsgefahr hindeuten würden. Schliesslich ist auch von Bedeutung, dass es sich nicht um eine geheime Datenbearbeitung handelt (vgl. E. 5.2 hievor). Auch wenn das SHG nicht vorschreibt, dass die Betroffenen über die - sei es aufgrund der gesetzlichen Ermächtigungen (Art. 8c SHG) oder der Vollmacht - von Dritten eingeholten Daten im Einzelnen informiert werden müssen, haben diese die Möglichkeit, die Bearbeitung ihrer Daten zu kontrollieren. Denn sie haben einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Einsicht in ihre eigenen Akten, ohne ein besonderes schutzwürdiges Interesse nachweisen zu müssen (KIENER/KÄLIN, a.a.O., S. 161 und 163). Damit bleibt ihnen auch die Möglichkeit, im konkreten Einzelfall eine verfassungswidrige bzw. gesetzwidrige Anwendung der Vollmacht zu rügen (vgl. E. 4 hievor). 7.4.4 Art. 8b Abs. 3 SHG ist mithin einer verfassungskonformen Auslegung (vgl. E. 4) zugänglich. Die Bestimmung hat somit Bestand. 8. 8.1 Weiter zu prüfen sind die gerügten Auskunftpflichten privater Dritter gemäss Art. 8c Abs. 1 lit. c - e SHG. Personen, die mit Sozialhilfebezügern bzw. -antragstellern in Hausgemeinschaft leben oder einer solchen Person gegenüber unterhalts- oder unterstützungspflichtig sind (nachfolgend: Familienangehörige), Arbeitgeber und Vermieter sind danach zur Erteilung mündlicher und schriftlicher Auskünfte verpflichtet, die für den Vollzug erforderlich sind. Die Verankerung dieser Möglichkeit wurde als wichtig erachtet, insbesondere in Fällen, in denen die Angaben der Gesuchsteller vertieft überprüft werden sollen, um einen rechtswidrigen Bezug von Sozialhilfe zu verhindern. Der kantonale Gesetzgeber hat im Übrigen darauf verzichtet, in Bezug auf diese Auskunftspflichten eine Sanktionsmöglichkeit im SHG zu verankern. Er hielt vielmehr fest, sollte eine Privatperson die Auskunftspflicht in schwerwiegender Weise verletzen, müsse eine Sanktionierung über Art. 292 StGB - Ungehorsam gegen eine amtliche Verfügung - erfolgen (Vortrag des Regierungsrats an den Grossen Rat, S. 7). 8.2 Die Beschwerdeführer rügen vorerst, bereits die Anfrage bei diesen Dritten führe zu einem erheblichen Grundrechtseingriff. Die Auskunftpflicht sei nämlich nicht denkbar, ohne dass es gleichzeitig zu einer Datenbekanntgabe seitens der Sozialhilfebehörde komme. Mit jeder Anfrage würden die betreffenden Familienangehörigen, Arbeitgeber oder Vermieter darüber informiert, dass die betroffene Person um Unterstützungsleistungen ersucht habe. Das sei weder notwendig noch verhältnismässig. Dass die Bedürftigkeit nicht beurteilt werden kann, wenn zum Beispiel Unklarheit über die Wohnsituation, die Mietkosten oder die Erwerbseinkünfte besteht, liegt auf der Hand. Wie die Beschwerdeführer selber darlegen, beschränkt sich die unumgängliche Information, welche Dritte auf diese Weise erhalten, auf die Tatsache, dass die betreffende Person um Unterstützung ersucht hat. Weitergehende materielle Informationen erhalten sie auf diesem Weg nicht, was der Beschwerdegegner im vorliegenden Verfahren ausdrücklich festhält. Der Grundrechtseingriff durch die Datenbekanntgabe erweist sich somit als im öffentlichen Interesse liegend und angesichts der beschränkten Tragweite auch als verhältnismässig. 8.3 In Bezug auf Art. 8c Abs. 1 lit. c SHG (Auskunftpflichten von Familienangehörigen) machen die Beschwerdeführer sodann geltend, diese Bestimmung verstosse gegen das bundesgesetzlich geregelte Zeugnisverweigerungsrecht (Art. 165 ZPO) sowie gegen Art. 8 EMRK, Art. 14 BV und die Verfahrensgarantien von Art. 29 BV. 8.3.1 Die Schweizerische Zivilprozessordnung regelt das Verfahren vor kantonalen Instanzen für streitige Zivilsachen, gerichtliche Anordnungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, gerichtliche Angelegenheiten des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts und der Schiedsgerichtsbarkeit (Art. 1 ZPO). Sie findet keine Anwendung auf öffentlich-rechtliche Angelegenheiten (DOMINIK VOCK, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 4 zu Art. 1 ZPO). Eine Verletzung der ZPO liegt daher offensichtlich nicht vor. 8.3.2 Die Beschwerdeführer machen insbesondere eine Verletzung des Grundrechts auf Schutz des Familienlebens geltend. Sie berufen sich auf Art. 14 BV, meinen aber offenbar Art. 13 Abs. 1 BV, der den Schutz des Familienlebens garantiert, zumal sie sich auch auf Art. 8 EMRK berufen, welche Bestimmung materiell der Garantie von Art. 13 Abs. 1 BV entspricht (BGE 137 V 334 E. 6.1.1 S. 347; 126 II 377 E. 7 S. 394; Urteil 1C_219/2007 vom 19. Oktober 2007 E. 2.3, u.a. publ. in: Pra 2008 Nr. 12 S. 87). 8.3.2.1 Es ist fraglich, ob sämtliche der von Art. 8c Abs. 1 lit. c SHG genannten Personen unter den Begriff "Familie" im Sinn der Grundrechtsnormen fallen würden; dies gilt insbesondere hinsichtlich Personen, die lediglich eine Unterhalts- oder Unterstützungspflicht trifft oder die nur in einer Wohngemeinschaft zusammenleben (vgl. AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, Vol. II, 2006, S. 190 f. Rz. 392 f.; MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 235; RAINER J. SCHWEIZER, in: Merten/Papier [Hrsg.], Handbuch der Grundrechte, Bd. VII/2, 2007, § 213 N. 35 ff.; PASCAL MAHON, in: Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999, 2003, N. 7 f. zu Art. 13 BV). Eine genaue Abgrenzung kann jedoch unterbleiben, denn eine Grundrechtsverletzung ist ohnehin zu verneinen, wie nachfolgend aufgezeigt wird. 8.3.2.2 Der grundrechtliche Anspruch auf Achtung des Familienlebens schützt dieses insbesondere vor Eingriffen, die darauf abzielen oder dazu führen, dass die Familie getrennt wird oder persönliche Kontakte unterbunden oder beeinträchtigt werden (BGE 137 V 334 E. 6.1.1 S. 347; erwähntes Urteil 1C_219/2007 E. 2.3; MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 236; SCHWEIZER, Handbuch der Grundrechte, a.a.O., § 213 N. 39 und 41; MAHON, a.a.O., N. 8 zu Art. 13 BV; JENS MEYER-LADEWIG, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 3. Aufl. 2011, N. 53 zu Art. 8 EMRK). Er schützt damit ganz allgemein die sozialen, moralischen und kulturellen Beziehungen zwischen Familienmitgliedern, insbesondere bei der Erziehung der Kinder, und auch materielle Interessen, wie Unterhaltsansprüche und erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten (Urteil des EGMR Merger und Cros gegen Frankreich vom 22. Dezember 2004, Nr. 68864/01 Ziff. 46; MEYER-LADEWIG, a.a.O., N. 49 zu Art. 8 EMRK; MAHON, a.a.O., N. 7 zu Art. 13 BV; AUER/ MALINVERNI/HOTTELIER, a.a.O., S. 195 Rz. 403). Hauptsächliche Anwendungsbeispiele sind der ausländerrechtliche Aufenthalt, familienrechtliche Auseinandersetzungen, Kinder- und Jugendschutzmassnahmen, Namensgebung, Erziehungs- und Schulfragen. Wann ein Eingriff in das Familienleben vorliegt, kann zweifelhaft sein. Nicht jede Massnahme, die Rückwirkungen auf das Familienleben hat, bedeutet auch einen Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich beziehungsweise eine Verletzung. So wurde eine solche verneint im Fall einer belgischen Regelung, welche in vom Staat als einsprachig definierten Regionen den Schulunterricht lediglich in dieser Sprache ermöglichte und damit Eltern mit anderer Muttersprache indirekt zwingen konnte, ihre Kinder in einer entfernten Region in die Schule zu schicken (Urteil des EGMR vom 23. Juli 1968, Serie A Nr. 6 Ziff. 7). Ebenso wurde der obligatorische Sexualkundeunterricht an öffentlichen Primarschulen nicht als Eingriff in das Familienleben qualifiziert (Urteil EGMR Kjeldsen, Busk Madsen und Pedersen gegen Dänemark vom 7. Dezember 1976, Serie A Nr. 23 Ziff. 57; vgl. auch FROWEIN/PEUKERT, a.a.O., N. 28 zu Art. 8 EMRK; AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, a.a.O., S. 195 Rz. 403). Dies, obwohl in beiden Fällen zweifellos Rückwirkungen auf das Familienleben bestanden. 8.3.2.3 Die Beschwerdeführer vergleichen die Informationspflicht mit der - fehlenden - Zeugnispflicht von Familienangehörigen. Sie machen geltend, die zivilprozessualen Zeugnisverweigerungsrechte seien Teil der gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Grundrechte der Art. 8 EMRK und Art. 14 (recte: 13 Abs. 1) BV. Zeugnisverweigerungsrechte sollen u.a. einem Zeugen den Konflikt zwischen strafrechtlich sanktionierter Wahrheitspflicht und familiärer Loyalität ersparen (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221 ff., 7317 Ziff. 5.10.2; FRANZ RIKLIN, Das Zeugnisverweigerungsrecht aufgrund familienrechtlicher Beziehungen gemäss schweizerischem Strafprozessrecht, in: Festgabe für Bernhard Schnyder zum 65. Geburtstag, 1995, S. 569 ff., S. 570 f.). Im Hinblick auf Art. 8 EMRK ging der Gerichtshof davon aus, dass die Verhängung einer dreizehntägigen Freiheitsstrafe zur Durchsetzung der Zeugnispflicht einer in gefestigtem Konkubinat lebenden Frau im Strafverfahren gegen ihren Lebenspartner einen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstelle (Urteil des EGMR Van der Heijden gegen Niederlande vom 3. April 2012, Nr. 42857/05 Ziff. 52). Das Zeugnisverweigerungsrecht lässt sich indessen nicht ohne weiteres mit der Informationspflicht gemäss Art. 8c Abs. 1 lit. d SHG vergleichen. Letztere kann zwar die familiären Beziehungen belasten, insbesondere wenn Familienmitglieder Angaben machen, welche aus Sicht des Gesuchstellers als unnötig bzw. zu weitgehend empfunden werden. Jedoch lässt sich nicht sagen, dass die Mitwirkungspflicht von derartigem Gewicht ist, dass sie bei normalen Verhältnissen zu einer eigentlichen Beeinträchtigung der familiären Beziehungen führen müsste. Das moralische Dilemma eines Familienangehörigen, dessen Zeugnis (wie im Entscheid Van der Heijden) mit zu einer langjährigen Gefängnisstrafe beitragen kann, ist von anderer Qualität als die Auskunft gemäss Art. 8c Abs. 1 lit. c SHG, die lediglich gewährleisten soll, dass nicht unrechtmässig staatliche Unterstützung bezogen wird. Im erwähnten Entscheid Van der Heijden war zudem nicht die Zeugnispflicht als solche entscheidend; von Bedeutung war vielmehr, dass die Durchsetzung der Zeugnispflicht zu einer Freiheitsstrafe führte und dies insbesondere gegenüber einer Mutter mit kleinen Kindern (vgl. insbesondere das Votum der Richter Costa, Hajiyev und Malinverni, Ziff. 9 f. und die abweichende Meinung der Richter Tulkens, Vajic, Spielmann, Zupancic und Laffranque, Ziff. 9 und 12). Demgegenüber kann die Nichtbefolgung der Informationsverpflichtung höchstens zu einer Busse wegen Nichtbefolgen einer amtlichen Verfügung führen (Art. 292 StGB), und auch dies nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. E. 8.1) einzig bei schwerwiegenden Verstössen. 8.3.2.4 Demzufolge ergibt sich, dass die Auskunftspflicht zwar gewisse Rückwirkungen auf das Familienleben haben kann, diese aber keinen Eingriff in den grundrechtlich geschützten Anspruch darstellen. 8.3.2.4 Demzufolge ergibt sich, dass die Auskunftspflicht zwar gewisse Rückwirkungen auf das Familienleben haben kann, diese aber keinen Eingriff in den grundrechtlich geschützten Anspruch darstellen. 8.4 8.4.1 Hinsichtlich des Art. 8c Abs. 1 lit. d SHG (Arbeitgeber) rügen die Beschwerdeführer, durch diese Informationspflicht werde Bundesrecht verletzt, indem die Art. 328b und 330a OR unterlaufen würden. Mit diesen Schutzbestimmungen werde auf Bundesebene abschliessend geregelt, welche Daten Arbeitgeber über ihre Angestellten bearbeiten und inwiefern sie diese Daten weitergeben dürften. Die kantonalen Behörden seien in diesem vom Bundesrecht abschliessend geregelten Bereich zum Vornherein nicht zur Gesetzgebung kompetent. Konkret bestimme Art. 328b OR, dass nur Daten bearbeitet werden dürften, welche die Eignung für das Arbeitsverhältnis beträfen oder für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich seien. Und aus Art. 330a OR ergebe sich, dass einzig der Arbeitnehmer darüber entscheide, ob andere Auskünfte als über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses erteilt werden dürften. Demgegenüber sei die Auskunftspflicht der Arbeitgeber gemäss Art. 8c Abs. 3 SHG viel weiter gefasst und umfasse namentlich die "finanziellen und persönlichen Verhältnisse" der Arbeitnehmer, deren "Ansprüche ... gegenüber Dritten" und deren "Integration". 8.4.2 Aufgrund des Wortlauts von Art. 8c Abs. 3 SHG können die erwähnten (E. 8.4.1 i.f.) Informationen von allen in Art. 8c Abs. 1 und 2 SHG genannten Personen und Behörden beschafft werden. Es ist jedoch offensichtlich, dass die Formulierung hier zu wenig zwischen den einzelnen Adressaten differenziert. So ist beispielsweise von vornherein nicht einsichtig, dass ein Arbeitgeber zu den persönlichen Verhältnissen oder zu Ansprüchen seines Angestellten gegenüber Dritten überhaupt Auskunft erteilen könnte. Die vom Arbeitgeber zulässigerweise erfassten Daten sind beschränkt auf solche, welche die Eignung des Arbeitnehmers für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages notwendig sind (Art. 328b OR). Der Beschwerdegegner hielt denn auch im vorliegenden Verfahren fest, der Sozialdienst wolle vom Arbeitgeber Informationen über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, dessen Umfang und Inhalt sowie das damit erzielte Einkommen. Die Auskunftpflicht des Arbeitgebers erfasse somit nicht alle in Art. 8c Abs. 3 SHG aufgezählten Bereiche, sondern sei auf die genannten beschränkt. Die Erklärungen der kantonalen Behörden über die künftige Anwendung einer Vorschrift dürfen im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle mitberücksichtigt werden (vgl. E. 4). Nachfolgend ist daher zu beurteilen, ob eine kantonale Verpflichtung der Arbeitgeber zu Auskünften über Bestehen und Inhalt des Arbeitsverhältnisses (inkl. Lohn) gegen den Vorrang des Bundesrechts verstösst. 8.4.3 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt (Art. 6 Abs. 1 ZGB). Eine gleiche Materie kann indessen sowohl von Regeln des Bundeszivilrechts wie von solchen des kantonalen öffentlichen Rechts erfasst werden. Kantonale Regelungen sind in diesem Fall rechtsprechungsgemäss zulässig, wenn der Bundesgesetzgeber die Materie nicht abschliessend regelt, die kantonale Regelung durch ein schutzwürdiges öffentliches Interesse begründet ist und sie nicht gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstösst oder dessen Durchsetzung beeinträchtigt oder vereitelt. In diesem Rahmen kann jedoch das kantonale öffentliche Recht das Bundesprivatrecht nicht nur ergänzen, sondern auch in seiner Tragweite beeinflussen; Art. 6 ZGB anerkennt insofern eine expansive Kraft des kantonalen öffentlichen Rechts. Auch wenn eine bundesrechtliche Regelung in einem bestimmten Bereich umfassend ist, kann ein kantonales Gesetz im gleichen Bereich Bestand haben, wenn es ein anderes Ziel verfolgt als das vom Bundesrecht verfolgte (BGE 138 III 49 E. 4.4.2 S. 55; 137 I 31 E. 4.1 S. 41; 137 I 135 E. 2.5.2 S. 140; 137 I 167 E. 3.4 S. 174; 133 I 110 E. 4.1 S. 116; 132 III 49 E. 2.2 S. 51 f.; 130 I 82 E. 2.2 S. 86 f.; 130 I 279 E. 2.3.2 S. 284; alle je mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 8C_254/2011 vom 7. Juli 2011 E. 6.1 mit Hinweisen). 8.4.4 Art. 328b OR wurde als besondere Bestimmung des Datenschutzes im Arbeitsrecht geschaffen (vgl. Botschaft vom 23. März 1988 zum Bundesgesetz über den Datenschutz, BBl 1988 II 413 ff., 488 Ziff. 222.1 ["Datenschutz im Arbeitsverhältnis"]). Der Datenschutz ist eine "Querschnittsmaterie" (BGE 126 II 126 E. 4 S. 130; SVR 2009 UV Nr. 42 S. 145, 8C_192/2008 E. 3.3 mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat in BGE 122 I 153 E. 2e S. 157 f. zur nach kantonalem Recht öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung eines Patientenverhältnisses mit einer privaten Klinik und insbesondere zum Verhältnis kantonaler öffentlich-rechtlicher Bestimmungen zum eidgenössischen Datenschutzrecht Folgendes festgehalten: "Es kann auch nicht gesagt werden, diese Ausgestaltung des Patientenverhältnisses stehe mit dem Vorrang des Bundesrechts im Widerspruch und entziehe die Privatklinik (...) in verfassungswidriger Weise dem Anwendungsbereich des privatrechtlichen Teils des eidgenössischen Datenschutzrechtes (...). Das Gesundheitswesen und ganz allgemein die Gesundheitsfürsorge, Krankheitsbekämpfung und Krankenbetreuung fallen traditionsgemäss in die Kompetenz der Kantone. Diese sind befugt, das Gesundheitswesen mit öffentlichrechtlichen Vorschriften umfassend zu ordnen. Da sich in der Sachmaterie des Gesundheitswesens mannigfache persönlichkeitsrelevante Fragen stellen, liegt es auf der Hand, dass die Aspekte des Datenschutzes mitgeregelt werden. Angesichts der Besonderheit des Bundesdatenschutzrechts als Querschnittsmaterie kann nicht leichthin gesagt werden, kantonale öffentlichrechtliche Normen verstiessen gegen Sinn und Geist des eidgenössischen Datenschutzrechts. Der Kanton handelt insofern im Rahmen seiner angestammten Kompetenz ...". Von diesen Grundsätzen ist auch vorliegend auszugehen. Auch die Sozialhilfe ist traditionellerweise eine angestammte kantonale Kompetenz. Soweit geltend gemacht wird, Art. 328b OR enthalte eine abschliessende Regelung, weil es sich gemäss Art. 362 Abs. 1 OR um eine zwingende Vorschrift des Arbeitsrechts handelt (DANIEL KETTIGER, Der Persönlichkeitsschutz im Arbeitsverhältnis im Lichte von Auskunftspflichten des Sozialhilferechts am Beispiel des Kantons Bern, in: Jusletter vom 2. April 2012, Rz. 11), ist dem nicht zu folgen, denn zwingendes Privatrecht bedeutet grundsätzlich nur, dass die betreffende Regelung der Parteidisposition entzogen ist, nicht aber, dass hinsichtlich des betreffenden Lebenssachverhaltes ergänzendes öffentliches Recht ausgeschlossen ist (ARNOLD MARTI, in: Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1998, N. 252 zu Art. 6 ZGB). Art. 328b OR verweist auf das Bundesgesetz über den Datenschutz. Gemäss Art. 13 Abs. 1 DSG ist eine Datenbearbeitung nicht widerrechtlich, wenn sie in einem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Solche gesetzlichen Datenbearbeitungspflichten und -rechte sind recht häufig, unter anderem im Steuerrecht und im Sozialversicherungsrecht (RAMPINI, a.a.O., N. 18 zu Art. 13 DSG; WOLFGANG PORTMANN, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 5. Aufl. 2011, N. 28 zu Art. 328b OR). Aus der Umschreibung des Vorbehalts in Art. 13 Abs. 1 DSG ergibt sich kein Ausschluss kantonaler Vorschriften. Die in Art. 13 Abs. 1 DSG und damit auch Art. 328b OR vorbehaltene gesetzliche Grundlage kann somit auch eine solche des kantonalen öffentlichen Rechts sein (MEIER, a.a.O., Rz. 1601; RAMPINI, a.a.O., N. 17 zu Art. 13 DSG). Damit ist auch ausgeschlossen, dass die kantonale Regelung gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstösst. Auch die weitere Voraussetzung, das Bestehen eines schutzwürdigen öffentlichen Interesses, ist zu bejahen. Zwar sind die Informationen primär von den Gesuchstellern einzuverlangen, und auch die Steuerbehörde ist verpflichtet, die Steuerdaten bekannt zu geben (Art. 8c Abs. 2 lit. e SHG). Daraus folgt jedoch nicht, dass ein schutzwürdiges öffentliches Interesse zu verneinen wäre (a.A. KETTIGER, a.a.O., Rz. 12 und 18), denn die Steuerdaten geben nicht immer die aktuelle Situation wieder und die Auskünfte der Arbeitgeber sind unter Umständen notwendig, um die Angaben der Gesuchsteller überprüfen zu können. 8.5 Gestützt auf Art. 8c Abs. 1 lit. e SHG werden Vermieter zur Auskunft verpflichtet. Soweit diesbezüglich überhaupt genügende Rügen vorliegen, decken sie sich mit den hinsichtlich der Auskunftspflicht der Arbeitgeber vorgebrachten Einwänden. Es wird auf die Ausführungen unter E. 8.4 verwiesen. Die Beschwerde ist somit auch diesbezüglich unbegründet. 9. Dem Verfahrensausgang entsprechend werden die unterliegenden Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 4800.- werden den Beschwerdeführern in solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Grossen Rat des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt. Luzern, 4. September 2012 Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Ursprung Der Gerichtsschreiber: Lanz
ba47014c-1368-4f61-a81e-d274ac2b1c91
de
2,014
CH_BGer_002
Federation
null
null
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critical
critical-1
Sachverhalt: A. A.a. Die AlpTransit Gotthard AG schrieb auf der Internetplattform SIMAP am 21. Mai 2012 für den Abschnitt Ceneri-Basistunnel (CBT), Teilabschnitt Bahntechnik CBT, den Bereich Bahntechnik und Gesamtkoordination im offenen Verfahren aus (SIMAP-Meldungsnummer 736021). Gemäss Ausschreibung umfasste das Beschaffungsobjekt die Planung, Entwicklung, Fabrikation, Lieferung und Montage der bahntechnischen Ausrüstung (Stromversorgung 50 Hz und Kabel, Fahrstrom 16.7 Hz, Telecom Festnetz und Funk) des Ceneri-Basistunnels inklusive der offenen Neubaustrecke Nord und der Bahntechnikgebäude Vigana und Vezia, die Integration, die Inbetriebsetzung und die Erhaltung (bis zur Abnahme des Werkes) sowie die Pflichten bezüglich Gesamtkoordination zwischen allen beteiligten Unternehmern sowie der Vergabestelle. Zum Beschaffungsobjekt gehörten im Weiteren die Planung, Lieferung, der Aufbau, Betrieb und Rückbau der stationären Infrastruktur des Unternehmers Bahntechnik und Gesamtkoordination auf dem Installationsplatz Camorino sowie die Planung, der Aufbau, Betrieb und Rückbau des Installationsplatzes Vezia. Innert Frist reichten vier Anbieter Angebote ein, darunter die ARGE cpc, bestehend aus der Cablex AG, Bern, der Porr Suisse AG, Altdorf, der Società Italiana per Condotte d'Acqua S.p.A., Roma (I), der LGV Bauunternehmung AG, Bellinzona, und der Cossi Costruzioni S.p.A., Sondrio (I) (im Folgenden: ARGE cpc) sowie die Bietergemeinschaft Bahntechnik Ceneri Rhomberg Sersa, bestehend aus der Rhomberg Bahntechnik GmbH, Bregenz (A), und der Sersa Group AG (Schweiz), Zürich (im Folgenden: Rhomberg). A.b. Die Bewertung ergab folgendes Resultat: ARGE cpc Rhomberg Technische Bewertung 217.0 213.5 Finanzielle Bewertung 250.0 55.0 Gesamtbewertung 467.0 268.5 Rang 1 4 Der beträchtliche Punkteunterschied bei der finanziellen Bewertung ergab sich daraus, dass das Angebot der Rhomberg preislich rund 27 % höher lag als dasjenige der ARGE cpc. Im zweiten Rang folgte die Unternehmervariante der ARGE cpc, im dritten Rang ein weiteres Angebot, das indessen ausgeschlossen wurde. Das Angebot der vierten Anbieterin erreichte den fünften Rang. A.c. Am 12. August 2013 erteilte die AlpTransit Gotthard AG den Zuschlag an die ARGE cpc zum Preis von CHF 138'040'732.20. Am 15. August 2013 publizierte sie den Zuschlag auf SIMAP (Meldungsnummer 786683). B. B.a. Gegen diesen Zuschlag erhob die Rhomberg am 2. September 2013 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde (Verfahren B-4904/2013). Sie beantragte, die Zuschlagsverfügung sei aufzuheben, die ARGE cpc sei aus dem Verfahren auszuschliessen und ihr selbst sei der Zuschlag zu erteilen. Eventualiter sei die Zuschlagsverfügung aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vergabestelle zurückzuweisen; subeventuell sei die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsverfügung festzustellen. In prozessualer Hinsicht beantragte sie die Erteilung der aufschiebenden Wirkung. Zur Begründung machte sie einerseits geltend, die von der ARGE cpc eingereichten Referenzen entsprächen teilweise nicht den in der Ausschreibung verlangten Anforderungen, weshalb das Angebot hätte ausgeschlossen werden müssen. Andererseits machte sie geltend, es habe zugunsten des Angebots der ARGE cpc eine versteckte Abgebotsrunde stattgefunden, was unzulässig sei. B.b. Das Bundesverwaltungsgericht erteilte zunächst am 3. September 2013 superprovisorisch und alsdann mit Zwischenentscheid vom 29. Oktober 2013 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung. B.c. Die ARGE cpc beantragte vor dem Bundesverwaltungsgericht, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Zu den Eintretensvoraussetzungen führte sie aus, die Rhomberg sei zur Beschwerde gar nicht legitimiert. Würden die Eignungsanforderungen so ausgelegt, wie die Rhomberg dies verlange, dann würde nämlich sie selbst bzw. die von ihr eingereichten Referenzprojekte die Eignungskriterien nicht erfüllen. Ein Zuschlag an sie sei daher ausgeschlossen, weshalb sie zur Beschwerde nicht legitimiert sei. B.d. Mit Urteil vom 14. März 2014 hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde teilweise gut, hob die angefochtene Zuschlagsverfügung auf und wies die Sache im Sinne der Erwägungen an die Vergabestelle zurück. In den Erwägungen führte das Gericht aus, die in den Ausschreibungsbestimmungen enthaltenen Anforderungen an die Referenzen seien anders auszulegen als die AlpTransit Gotthard AG dies getan habe. Bei richtiger Auslegung habe die ARGE cpc bezüglich der Leistungspakete LP 40 (Stromversorgung 50 Hz) und LP 45 (Schränke) die geforderten Referenzen nicht erbracht. Die Eignungskriterien seien insoweit nicht erfüllt. Es erübrige sich, die weiteren Vorbringen der Rhomberg zu prüfen. Der Zuschlag an die ARGE cpc sei rechtswidrig, da diese mangels Eignung hätte ausgeschlossen werden müssen. Der Zuschlag sei daher aufzuheben. Ferner führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Voraussetzungen für eine reformatorische Zuschlagserteilung an die Rhomberg seien nicht gegeben, da offen und umstritten sei, ob diese ihrerseits bei korrekter Auslegung der Ausschreibungsbestimmungen die Eignungskriterien erfülle. Die Sache sei daher an die Vergabestelle zurückzuweisen. Ein ordnungsgemässer Abbruch sei nicht ausgeschlossen. C. Mit Eingabe vom 22. April 2014 führt die ARGE cpc beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und der Vergabeentscheid der AlpTransit Gotthard AG vom 12. August 2013 sei wieder herzustellen. Zudem beantragte sie Erteilung der aufschiebenden Wirkung. Mit Verfügung des Präsidenten der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 25. April 2014 wurde angeordnet, dass bis zum Entscheid über das Gesuch um aufschiebende Wirkung alle Vollziehungsvorkehrungen zu unterbleiben haben. Mit Verfügung des Instruktionsrichters vom 21. Mai 2014 wurde sodann der Beschwerde insofern aufschiebende Wirkung erteilt, als der Vergabestelle untersagt wurde, den Auftrag während der Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens anderweitig zu vergeben, im Übrigen das Gesuch aber abgewiesen. D. Die AlpTransit Gotthard AG beantragt Gutheissung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf Vernehmlassung. Die Rhomberg beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell auf die Beschwerde nicht einzutreten und die Sache in das Verfahren gemäss Art. 93 Abs. 3 BGG zu verweisen; im Eintretensfall sei die Beschwerde abzuweisen und ihr - der Rhomberg - der Zuschlag zu erteilen; eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Weisung, die Beschwerde der Rhomberg vom 2. September 2013 inklusive Ergänzungen vollständig zu prüfen. Mit Replik und Duplik halten die Parteien an ihren Begehren fest. E. E.a. Mit Verfügung vom 14. April 2014 schloss inzwischen die AlpTransit Gotthard AG in Befolgung des hier angefochtenen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts die ARGE cpc aus dem Vergabeverfahren wegen Nichterfüllens der Eignungskriterien aus; mit Verfügung vom gleichen Tag schloss sie auch die Rhomberg wegen Nichterfüllens der Eignungskriterien aus. In beiden Verfügungen brach sie das Verfahren ab, da kein Anbieter, welcher die Eignungskriterien erfülle, im Verfahren verblieben sei. Gegen diese Verfügungen erhoben wiederum sowohl die ARGE cpc (Verfahren B-2389/2014) als auch die Rhomberg (Verfahren B-2387/2014) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. E.b. Mit Verfügung vom 17. Juni 2014 edierte der Instruktionsrichter des Bundesgerichts die Akten der bundesverwaltungsgerichtlichen Verfahren B-2389/2014 und B-2387/2014.
Erwägungen: 1. 1.1. Gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts ist grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG zulässig. Der angefochtene Entscheid weist zwar die Sache "im Sinne der Erwägungen" an die Vergabestelle zurück und ist damit formal ein Zwischenentscheid; in den Erwägungen hält aber die Vorinstanz unmissverständlich fest, dass die ARGE cpc mangels Eignung hätte ausgeschlossen werden müssen. Der Vergabestelle steht insoweit kein Entscheidungsspielraum mehr offen. Der angefochtene Entscheid schliesst damit die ARGE cpc vom weiteren Verfahren aus und ist für diese ein Endentscheid, der grundsätzlich beim Bundesgericht anfechtbar ist (Art. 90 BGG; BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127). 1.2. Art. 83 lit. f BGG schliesst die Beschwerde gegen Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen aus, wenn der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrages den massgebenden Schwellenwert des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB; SR 172.056.1) oder des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens (SR 0.172.052.68) nicht erreicht sowie wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (BGE 133 II 396 E. 2.1 S. 398). 1.2.1. Die erste Voraussetzung (Auftragswert) ist hier unstreitig und offensichtlich erfüllt. 1.2.2. Zu prüfen ist die zweite Voraussetzung. 1.2.2.1. Bei der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung muss es sich um eine Rechtsfrage aus dem Gebiet des öffentlichen Beschaffungsrechts handeln (BGE 134 II 192 E. 1.3 S. 195). Die Anwendung rechtsprechungsgemässer Prinzipien auf einen Einzelfall stellt keine Grundsatzfrage dar. Der blosse Umstand, dass die aufgeworfene Rechtsfrage noch nie entschieden wurde, genügt nicht. Es muss sich um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann und von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft (Urteil 2C_91/2013 vom 23. Juli 2013 E. 1.1.2, nicht publ. in: BGE 139 II 489; 138 I 143 E. 1.1.2 S. 147; Urteil 2C_559/2008 vom 17. Dezember 2008 E. 1.2, RtiD 2009 II S. 133). Der Beschwerdeführer hat die Erfüllung dieser Voraussetzung darzutun (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 143 E. 1.1.2 S. 147; 137 II 313 E. 1.1.1 S. 316; 133 II 396 E. 2.2 S. 399). 1.2.2.2. Die ARGE cpc unterbreitet dem Bundesgericht als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung: 1. Ist das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, in seinem Verfahren die Vorwürfe der Vergabestelle und der Zuschlagsempfänger zu prüfen, der Beschwerdeführer habe keine genügenden Referenzprojekte eingereicht und sei daher nicht legitimiert, den Zuschlag an sich selber zu verlangen; oder darf es sich darauf beschränken, lediglich die Rügen des Beschwerdeführers zu prüfen und dessen Beschwerdelegitimation aus der blossen Teilnahme am Vergabeverfahren abzuleiten? 2. Unter welchen Voraussetzungen darf das Bundesverwaltungsgericht von der Auslegung einer Klausel der Ausschreibungsunterlagen durch die Vergabestelle abweichen, insbesondere wenn der Inhalt dieser Klausel nicht oder nur vermeintlich klar ist? 1.2.2.3. Bei der ersten Frage geht es um die Anwendung von Art. 48 VwVG in einer spezifisch submissionsrechtlichen Konstellation, nämlich in Bezug auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdelegitimation einer Anbieterin bejahen kann, die selber möglicherweise die Eignungskriterien nicht erfüllt und somit - sofern sich dieser Vorwurf bewahrheiten sollte - vom Verfahren auszuschliessen wäre. Das Bundesgericht hat in BGE 137 II 313 das Vorliegen einer Frage von grundsätzlicher Bedeutung bejaht in einem Fall, in dem es ebenfalls um die Beschwerdelegitimation ging, nämlich darum, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen potenzielle Konkurrenten legitimiert sind, einen Zuschlag im freihändigen Verfahren anzufechten; die Frage sei von grosser praktischer Bedeutung (a.a.O., E. 1.1.2 S. 316). Die hier gestellte Frage ist von vergleichbarer praktischer Bedeutung: Sie beschlägt die Beschwerdelegitimation gegen Vergabeentscheide sowie die Prüfungspflicht der Beschwerdeinstanz im Rahmen des Eintretens. Sie hat erhebliche Auswirkungen auf die Möglichkeit nicht berücksichtigter Anbieter, den Vergabeentscheid anzufechten, und spiegelbildlich auf das Risiko für Zuschlagsempfänger und Vergabebehörden, dass der Vergabeentscheid aufgehoben wird. Die Frage ist zudem in der bisherigen Rechtsprechung nicht beantwortet: Zwar steht fest, dass der nicht berücksichtigte Anbieter grundsätzlich zur Anfechtung legitimiert sein kann, doch bestehen in Lehre und Rechtsprechung Unklarheiten und Uneinigkeiten darüber, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, namentlich ob vorausgesetzt ist, dass der Beschwerdeführer eine realistische Chance auf den Zuschlag hat oder ob die Legitimation schon aus der blossen Teilnahme am Vergabeverfahren fliesst (vgl. hinten E. 3-5). Das Bundesgericht hat sich dazu im Lichte von Art. 115 lit. b BGG (rechtlich geschütztes Interesse) geäussert (Urteile 2D_74/2010 vom 31. Mai 2011 E. 1.2/1.3; 2D_50/2009 vom 25. Februar 2010 E. 1.2), aber nicht zum hier interessierenden Art. 89 Abs. 1 BGG bzw. Art. 48 Abs. 1 VwVG; in BGE 137 II 313 E. 3.3.1 hat es nur darauf hingewiesen, dass die Frage umstritten sei. An der Beantwortung dieser grundlegenden Frage besteht ein erhebliches praktisches Interesse. 1.2.2.4. Ob auch die zweite von der ARGE cpc aufgeworfene Frage von grundlegender Bedeutung ist, kann dahingestellt bleiben: Denn wenn auch nur eine solche Frage vorliegt, tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde ein und prüft diese alsdann nach Massgabe der Art. 95 ff. und 105 ff. BGG umfassend, nicht nur in Bezug auf diejenigen Fragen, die von grundlegender Bedeutung sind (vgl. Urteil 2C_91/2013 vom 23. Juli 2013 E. 1.1.2 und 4, nicht publ. in: BGE 139 II 489; Urteil 2C_347/2012 / 2C_357/2012 vom 28. März 2013 E. 1.4, nicht publ. in: BGE 139 III 209; 137 III 580 E. 1.3 S. 584); dies namentlich auch deshalb, weil die Beantwortung der letzteren von der gesamten Sach- und Rechtslage beeinflusst werden kann. Zudem ist es vorliegend möglich, dass schon die erste Frage für sich allein, wenn sie im Sinne der ARGE cpc beantwortet wird, zur Gutheissung der Beschwerde führt; ergibt sich nämlich, dass die Rhomberg nicht legitimiert gewesen war zur Beschwerde, hätte das Bundesverwaltungsgericht auf die bei ihm erhobene Beschwerde nicht eintreten dürfen und der Vergabeentscheid vom 12. August 2013 wäre rechtskräftig geworden. 1.3. Nach dem soeben Ausgeführten hat die ARGE cpc ein aktuelles und praktisches Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Daran ändert entgegen der Auffassung der Rhomberg nichts, dass die Vergabestelle ihrerseits das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht angefochten und inzwischen mit Verfügungen vom 14. April 2014 sowohl die ARGE cpc als auch die Rhomberg vom Verfahren ausgeschlossen und das Vergabeverfahren abgebrochen hat. Denn diese Verfügungen ergingen aufgrund des hier angefochtenen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts, welches den Vergabeentscheid vom 12./15. August 2013 aufgehoben hat. Dieses Urteil ist aber infolge der dagegen beim Bundesgericht erhobenen Beschwerde nicht rechtskräftig. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht hat Devolutiveffekt (BGE 138 II 169 E. 3.3 S. 171). Nach Einreichung der Beschwerde kann die Vergabestelle grundsätzlich über den Streitgegenstand nicht mehr verfügen; nach der (teilweisen) Abweisung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung konnte sie zwar Massnahmen zur Umsetzung des angefochtenen Urteils treffen, aber nur unter Vorbehalt der späteren bundesgerichtlichen Entscheidung. Heisst das Bundesgericht entsprechend den Anträgen der ARGE cpc die Beschwerde gut, wird damit das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben und der Vergabeentscheid bestätigt und rechtskräftig; dieser kann damit von der Vergabestelle nicht mehr aufgehoben werden; die Verfügungen vom 14. April 2014 würden hinfällig. Entgegen der Auffassung der Rhomberg hat deshalb die ARGE cpc einen praktischen Nutzen aus der Beschwerdeführung und ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). 1.4. Auf die im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde der ARGE cpc ist daher einzutreten. 1.5. Die Rhomberg beantragt, im Eintretensfall sei die Beschwerde abzuweisen und der Zuschlag sei ihr zu erteilen. Das Bundesgericht darf nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen (Art. 107 Abs. 1 BGG). Heisst es eine Beschwerde gut, so entscheidet es in der Sache selber oder weist sie zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz oder eine untere Instanz zurück (Art. 107 Abs. 2 BGG). Sofern das Bundesgericht reformatorisch entscheidet, führt es aufgrund des Devolutiveffekts der Beschwerde das Verfahren weiter, wie es vor der Vorinstanz hängig gewesen ist. Es muss daher die vor der Vorinstanz erhobenen Rügen der Parteien berücksichtigen, soweit sie im Rahmen des Streitgegenstands für einen reformatorischen Entscheid massgeblich sein können, auch wenn sie von der Vorinstanz noch nicht beurteilt wurden. Dasselbe muss auch und insbesondere dann gelten, wenn - wie vorliegend - der angefochtene Entscheid für die eine Partei ein Endentscheid ist, für die andere aber ein Zwischenentscheid, den sie gar nicht selbständig hätte anfechten können (vgl. BGE 138 V 106 E. 2.2 S. 110 f.). In diesem Sinne ist der Antrag der Rhomberg auf Erteilung des Zuschlags zulässig. 1.6. Das Bundesgericht prüft die richtige Anwendung des Bundesrechts frei und von Amtes wegen (Art. 95 lit. a und Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen oder auf entsprechende Rüge hin berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht und wenn zudem die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine Rechtsverletzung im Sinne dieser Bestimmungen liegt auch vor, wenn ein rechtserheblicher Sachverhalt gar nicht festgestellt wurde (Bernard Corboz, Commentaire de la LTF, 2. Aufl., N. 35 zu Art. 97; Markus Schott, Bundesgerichtsgesetz, Kommentar, 2. Aufl., Rz. 19 zu Art. 97; Meyer/Dormann, Bundesgerichtsgesetz, Kommentar, 2. Aufl., Rz. 59 zu Art. 105; Hansjörg Seiler, Bundesgerichtsgesetz, N. 24 zu Art. 97). Das gilt insbesondere dann, wenn die Vorinstanz bestimmte Aspekte nicht festgestellt hat, die aufgrund ihrer Rechtsauffassung nicht rechtserheblich waren, diese Aspekte aber aufgrund der Rechtsbeurteilung durch das Bundesgericht rechtserheblich werden; diesfalls kann - insbesondere aus verfahrensökonomischen Gründen - das Bundesgericht, wenn es reformatorisch entscheidet (E. 1.5), auch die dafür notwendigen Sachverhaltsfeststellungen treffen. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 2. 2.1. Das Vergabeverfahren für Aufträge der AlpTransit Gotthard AG untersteht gemäss Art. 4 der Alpentransit-Verordnung vom 28. Februar 2001 (AtraV; SR 742.104.1) der Bundesgesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen (vgl. Art. 2 Abs. 2 BöB sowie Art. 2a Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit. b der Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen [VöB; SR 172.056.11]). 2.2. Die Auftraggeberin gibt die Eignungskriterien in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen bekannt (Art. 9 Abs. 2 BöB; Art. 16 Abs. 1 sowie Anhang 4 Abs. 1 Ziff. 10 VöB). Zur Überprüfung der Eignung kann sie insbesondere die Einreichung von Referenzen verlangen (Art. 9 Abs. 1 i.V.m. Anhang 3 Ziff. 8 VöB). Sie kann Anbieter, welche die geforderten Eignungskriterien nicht erfüllen, vom Verfahren ausschliessen (Art. 11 lit. a BöB). Erfüllt kein Angebot die Kriterien und technischen Anforderungen, so kann die Auftraggeberin das Vergabeverfahren abbrechen und wiederholen (Art. 30 Abs. 2 lit. a VöB). 2.3. Das Verfahren der öffentlichen Beschaffung richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesverwaltungsrechtspflege, soweit das BöB nichts anderes bestimmt (Art. 26 Abs. 1 BöB). Für die Beschwerdelegitimation enthält das BöB keine Bestimmungen. Diese richtet sich somit nach dem VwVG (BGE 137 II 313 E. 3.2 S. 320). Nach Art. 48 Abs. 1 VwVG ist zur Beschwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Abweichend von der allgemein geltenden Regel (Art. 49 lit. c VwVG i.V.m. Art. 37 VGG), kann im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens vor Bundesverwaltungsgericht die Unangemessenheit nicht gerügt werden (Art. 31 BöB). Zulässig ist nur die Rüge der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens (Art. 49 lit. a VwVG). Greift das Gericht in den technischen Ermessensbereich der Vergabebehörde ein, verletzt es das Recht (vgl. Urteil 2D_52/2011 vom 10. Februar 2012 E. 3.2 [zu Art. 16 IvöB]). 3. 3.1. Gemäss dem angefochtenen Entscheid hatte die Rhomberg vor der Vorinstanz u.a. geltend gemacht, die von der ARGE cpc eingereichten Referenzen würden den in der Ausschreibung enthaltenen Anforderungen nicht entsprechen. Die ARGE cpc brachte dagegen vor, wenn man die Eignungskriterien so auslege, wie die Rhomberg dies verlange, dann würde diese selber bzw. die von ihr eingereichten Referenzobjekte die Eignungskriterien nicht erfüllen, weshalb ein Zuschlag an sie ausgeschlossen sei; deshalb sei die Rhomberg zur Beschwerde nicht legitimiert. Die Vorinstanz erwog, ob die Vergabestelle die Eignungskriterien richtig ausgelegt habe und die erbrachten Nachweise ausreichend seien, sei die materielle Hauptfrage des Verfahrens. Es sei nicht angängig, materielle Hauptfragen zu Vorfragen für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation zu machen; der nicht berücksichtigte Anbieter sei grundsätzlich zur Beschwerde gegen den Zuschlag legitimiert, unabhängig von seinen konkreten Chancen auf den Zuschlag; die Beschwerdelegitimation der Rhomberg ergebe sich aus ihrer Eigenschaft als nicht berücksichtigte Anbieterin, ohne dass (im Rahmen des Eintretens) zu prüfen wäre, ob sie ihrerseits die in den Ausschreibungen verlangten Eignungsanforderungen erfülle oder nicht. 3.2. Die ARGE cpc bringt vor, die Vorinstanz hätte bereits im Rahmen des Eintretens prüfen müssen, ob die Rhomberg ihrerseits die Eignungskriterien erfülle, da ein ungeeigneter Anbieter von vornherein den Zuschlag nicht erlangen könne und daher auch nicht zur Beschwerde legitimiert sei. 3.3. Streitig ist mithin, ob die nicht berücksichtigten Anbieter allein schon aufgrund ihrer Teilnahme am Verfahren zur Beschwerde legitimiert sind (so die Vorinstanz unter Verweis auf ihre eigene Rechtsprechung [Urteil B-504/2009 vom 3. März 2009 E. 1.4, vgl. auch vorne E. 3.1] sowie auf diejenige der früheren Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen [VPB 64.29 E. 1b; 65.78 E. 1b/aa, 66.54 E. 2]), oder ob die Beschwerdelegitimation voraussetzt, dass der Beschwerde führende Anbieter seinerseits überhaupt geeignet wäre, den Zuschlag zu erhalten (so die ARGE cpc). Wie dargelegt (E. 1.2.2.3) hat das Bundesgericht diese Frage im Rahmen von Art. 48 VwVG bisher nicht beantwortet. 4. 4.1. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hatte sich seit dem Inkrafttreten des BGG vor allem im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde mit der Legitimation zu befassen. Das Bundesgericht erwog, das rechtlich geschützte Interesse im Sinne von Art. 115 lit. b BGG sei dann gegeben, wenn der unterlegene Bewerber eine reelle Chance habe, im Falle der Gutheissung seines Rechtsmittels den Zuschlag zu erhalten (Urteile 2C_107/2007 vom 22. Januar 2008 E. 1.2; 2D_22/2008 vom 23. Mai 2008 E. 1.1; 2D_50/2009 vom 25. Februar 2010 E. 1.2; 2D_34/2010 vom 23. Februar 2011 E. 1.1; 2D_74/2010 vom 31. Mai 2011 E. 1.2; 2D_49/2011 vom 25. September 2012 E. 1.3.2). Dies wurde bejaht, wenn der nicht berücksichtigte Anbieter als Zweitplatzierter vernünftige Chancen auf einen Zuschlag gehabt hätte (Urteile 2C_346/2013 vom 20. Januar 2014 E. 1.4.1; 2D_15/2011 vom 31. Oktober 2011 E. 1.3; 2D_22/2008 vom 23. Mai 2008 E. 1.1; 2C_107/2007 vom 22. Januar 2008 E. 1.2), ebenso bei jemandem, der nur knapp hinter dem Zweitplatzierten lag, weil nicht ohne weiteres klar war, dass bei Gutheissung der Beschwerde diese Rangfolge Bestand haben würde (Urteil 2D_50/2009 vom 25. Februar 2010 E. 1.2). Nicht legitimiert war hingegen der Viertplatzierte, der den Ausschluss des Erstplatzierten verlangte, weil er auch im Falle der Gutheissung seines Begehrens als Drittplatzierter den Zuschlag nicht erhalten hätte (Urteil 2D_74/2010 vom 31. Mai 2011 E. 1.3), ausser wenn der Unterschied zum Erstplatzierten relativ und absolut sehr klein war (Urteil 2D_49/2011 vom 25. September 2012 E. 1.3.2). Als zweifelhaft wurde die Legitimation des Drittplatzierten betrachtet (Urteil 2C_549/2011 vom 27. März 2012 E. 1). Legitimiert ist auch, wer seinen Ausschluss vom Verfahren anficht (BGE 130 I 258 E. 1.2; Urteil 2C_634/2008 vom 11. März 2009 E. 2.1; 2D_34/2010 vom 23. Februar 2011 E. 1.1). 4.2. Zur Anwendung von Art. 48 VwVG bzw. Art. 89 BGG hatte sich das Bundesgericht im Zusammenhang mit einer Beschwerde gegen eine freihändige Vergabe zu äussern; es erwog, zu einer solchen Beschwerde seien nur die potenziellen Anbieter des von der Vergabestelle definierten Beschaffungsgegenstandes legitimiert (BGE 137 II 313 E. 3.3.2, 3.4, 3.6.2 S. 321 ff.). Analoges gilt, wenn der Beschwerdeführer geltend macht, ein abgeschlossener Vertrag sei zu Unrecht gar nicht dem Beschaffungsrecht unterstellt worden; auch dazu ist nur legitimiert, wer darlegt, dass er als potenzieller Anbieter entsprechende Leistungen hätte anbieten können (Urteil 2C_484/2008 vom 9. Januar 2009, E. 1.4, nicht publ. in BGE 135 II 49; Urteile 2C_134/2013 vom 6. Juni 2014 E. 2.8.3-2.8.5; 2C_534/2011 vom 23. Februar 2012 E. 1.3.3; FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 34a zu Art. 89). In BGE 139 II 489 ging es um die Beschwerde einer zweitplatzierten Anbieterin, welche deshalb zur Beschwerde legitimiert war (nicht publ. E. 1.2). 4.3. Die Literatur bejaht teilweise ohne nähere Begründung oder mit blossem Hinweis auf die Praxis des Bundesverwaltungsgerichts oder einiger kantonaler Gerichte die Legitimation des übergangenen Anbieters ungeachtet seiner Chancen auf den Zuschlag ( BEUSCH/MOSER/ KNEUBÜHLER, Ausgewählte prozessrechtliche Fragen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, ZBl 2008 S. 14; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, S. 653 Rz. 1927; ISABELLE HÄNER, Kommentar VwVG, 2008, Rz. 16 zu Art. 48; MARANTELLI-SONANINI/HUBER, Praxiskommentar VwVG, 2009, Rz. 28 zu Art. 48; MATTEO CASSINA, Principali aspetti del diritto delle commesse pubbliche nel Cantone Ticino, 2008, S. 63; MARCO FETZ, Öffentliches Beschaffungsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2007, S. 569 Rz. 192). Bisweilen wird dieses Ergebnis mit dem Argument begründet, es wäre für die Rekursbehörde schwierig oder im Widerspruch zum Ermessensspielraum der Vergabestelle, im Eintretensstadium bereits die Chancen zu beurteilen ( CARRON/FOURNIER, La protection juridique dans la passation des marchés publics, 2002, S. 62 f.; POLTIER/CLERC, in: Martenet/Bovet [Hrsg.], Commentaire Romand, Droit de la concurrence, 2. Aufl. 2013, Rz. 95 f. zu Art. 9 BGBM, welche aber immerhin verlangen, dass der Beschwerdeführer durch Aufhebung der Zuschlagsverfügung wieder in das Verfahren integriert wird und damit eine wenn auch geringe Chance erhält [Rz. 95 S. 2119 unten]). Die Mehrheit der Autoren ist jedoch der Auffassung, dass der nicht berücksichtigte Anbieter nur dann ein schutzwürdiges Interesse hat, wenn bei Gutheissung seiner Anträge entweder er selber den Zuschlag erhält oder die Ausschreibung wiederholt werden muss; der weit hinten Rangierte ist somit nicht legitimiert, solange er nicht die Rangierung aller Vorangehenden anficht ( MARTIN BEYELER, Öffentliche Beschaffung, Vergaberecht und Schadenersatz, 2004, S. 314 ff., S. 455 Rz. 590; CHRISTOPH JÄGER, in: Müller/Feller [Hrsg.], Bernisches Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2013, S. 863 f.; DOMINIK KUONEN, Das Einladungsverfahren im öffentlichen Beschaffungsrecht, 2005, S. 225 f.; ALEXIS LEUTHOLD, Offertverhandlungen im öffentlichen Vergabeverfahren, 2009, S. 247 ff.; THOMAS LOCHER, Wirkungen des Zuschlags auf den Vertrag im Vergaberecht, 2013, S. 173; BEAT MESSERLI, Der Planungs- und Gesamtleistungswettbewerb im öffentlichen Beschaffungsrecht, 2. Aufl. 2007, S. 58 ff.; ROBERT WOLF, Die Beschwerde gegen Vergabeentscheide, ZBl 104/2003 S. 1 ff., 11 f.; HANS RUDOLF TRÜEB, Wettbewerbsrecht II, Kommentar, 2011, Rz. 10 zu Art. 27 BöB; JEAN-BAPTISTE ZUFFEREY, in: Zufferey/Maillard/Michel, Droit des marchés publics, 2002, S. 134). Der ausgeschlossene Wettbewerber kann nicht nachträglich noch Beschwerde gegen den Zuschlag erheben ( JACQUES DUBEY, Le concours en droit des marchés publics, 2005, S. 367 f. Rz. 1217). Auch EVELYNE CLERC (L'ouverture des marchés publics. Effectivité et protection juridique, 1997, S. 525 f.) begründet die Legitimation damit, dass der übergangene Bewerber durch die "perte d'une chance de remporter le marché" einen Nachteil erlange und ein praktisches Interesse an der Wiederherstellung seiner Chance habe, scheint also immerhin eine gewisse Zuschlagschance vorauszusetzen. 4.4. Nach dem klaren Wortlaut von Art. 48 Abs. 1 VwVG (in Übereinstimmung mit Art. 89 Abs. 1 BGG) müssen die drei Voraussetzungen gemäss lit. a-c kumulativ erfüllt sein. Die formelle Beschwer (lit. a) ist zwar (in der Regel) notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Legitimation. Zusätzlich ist neben dem Erfordernis des besonderen Berührtseins (lit. b) auch ein schutzwürdiges Interesse erforderlich (lit. c) : Dieses besteht im praktischen Nutzen, der sich ergibt, wenn der Beschwerdeführer mit seinem Anliegen obsiegt und dadurch seine tatsächliche oder rechtliche Situation unmittelbar beeinflusst werden kann (BGE 140 II 214 E. 2.1 S. 218; 139 II 499 E. 2.2 S. 504; 139 II 279 E. 2.2 S. 282; 104 Ib 245 E. 5b S. 249; FRANÇOIS BELLANGER, La qualité pour recourir, in: Bellanger/Tanquerel [Hrsg.], Le contentieux administratif, 2013, S. 119 f.; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, a.a.O., S. 330 Rz. 944). Die Beschwerde dient nicht dazu, abstrakt die objektive Rechtmässigkeit des staatlichen Handelns zu überprüfen, sondern dem Beschwerdeführer einen praktischen Vorteil zu verschaffen. Das blosse Anliegen, dem Prozessgegner einen (behaupteterweise) rechtswidrigen Vorteil zu verwehren, kann nicht zur Legitimation ausreichen, wenn es nicht mit einem eigenen schutzwürdigen Vorteil für den Beschwerdeführer korreliert (vgl. zur Konkurrentenbeschwerde BGE 139 II 328 E. 3.3 S. 333, E. 3.5 S. 334; zur Aufsichtsanzeige BGE 139 II 279 E. 2.2, 2.3 S. 282 f.; zur Drittbeschwerde gegen Bauvorhaben BGE 140 II 214 E. 2.1 S. 218; 137 II 30 E. 2.2.3 S. 33; zum Dritten, der einen Vertrag über ein landwirtschaftliches Gewerbe oder Grundstück in Frage stellt, BGE 139 II 233 E. 5.2 S. 236 ff.; zur Anfechtung eines Teilliquidationsreglements einer Vorsorgeeinrichtung BGE 139 V 72 E. 3.1.4 S. 79 f.). Das schutzwürdige Interesse muss nicht nur bei der Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung aktuell und praktisch sein. Das Bundesgericht verzichtet ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 139 I 206 E. 1.1 S. 208; 136 II 101 E. 1.1 S. 103; 135 I 79 E. 1.1 S. 81). Aber auch dann müssen die Voraussetzungen mit Ausnahme der Aktualität des schutzwürdigen Interesses gegeben sein; hat gar nie ein schutzwürdiges praktisches Interesse bestanden, so kann diese Ausnahme nicht greifen. 4.5. Für das Beschaffungsrecht gilt keine Sonderregelung (vorne E. 2.3). Auch die einschlägigen internationalen Abkommen (Art. XX des Übereinkommens vom 15. April 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen [SR 0.632.231.422]; Art. 5 und Anhang V des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens [SR 0.172.052.68]) sehen zwar eine wirksame Beschwerde der interessierten Lieferanten oder Dienstleistungserbringer vor, regeln aber nicht im Einzelnen, wer legitimiert ist zur Beschwerde und schliessen namentlich das Erfordernis einer reellen Chance als Voraussetzung nicht aus (Urteile 2P.176/2003 vom 6. Februar 2004 E. 3.3; 2P.261/2002 vom 8. August 2003 E. 4.4). Die Legitimation kann somit gemäss der allgemeinen Regel von Art. 48 VwVG nur bejaht werden, wenn dem Beschwerdeführer bei Gutheissung seiner Begehren ein effektiver praktischer Vorteil erwächst ( CLERC, a.a.O., S. 525; BEYELER, a.a.O., S. 312 Rz. 400; STEFAN SUTER, Der Abbruch des Vergabeverfahrens, 2010, S. 197; BGE 125 II 86 E. 5b). Die formelle Beschwer bzw. der Umstand, dass jemand am Offertverfahren teilgenommen hat und nicht berücksichtigt worden ist, kann deshalb entgegen der Auffassung der Vorinstanz zur Legitimation nicht genügen. 4.6. Ein praktisches Rechtsschutzinteresse im Sinne von Art. 48 Abs. 1 lit. c VwVG kann nur in Bezug auf solche Anliegen anerkannt werden, die überhaupt mit der Beschwerde erreicht werden können (BGE 137 II 313 E. 3.3.1 S. 320 f.) und die konkret als Rechtsbegehren gestellt werden (hinten E. 4.7). Das praktische Interesse des nicht berücksichtigten Anbieters ist in der Regel primär darauf gerichtet, anstelle des Zuschlagsempfängers selber den Zuschlag zu erhalten (vgl. BGE 131 I 153 E. 5.6-5.8 S. 561 ff.; LOCHER, a.a.O., S. 123). Sekundär besteht ein Feststellungsanspruch, wenn sich das Rechtsmittel als begründet erweist, aber mit dem Anbieter bereits ein Vertrag abgeschlossen worden ist (Art. 9 Abs. 3 BGBM; BGE 132 I 86 E. 3.2 S. 88 ff.; 130 I 258 E. 1.2 S. 260 f.). Der Feststellungsentscheid eröffnet dem nicht berücksichtigten Anbieter gegebenenfalls einen Schadenersatzanspruch (Art. 34 BöB; 131 I 153 E. 1.2 S. 157 und E. 6 S. 163 ff; 125 II 86 E. 5b S. 97 f.). Dieses Feststellungsinteresse verhindert, dass ein Rechtsmittelverfahren wegen Abschlusses des Vertrags als gegenstandslos abgeschrieben wird (BGE 132 I 86 E. 3.2 S. 88 ff.), setzt aber voraus, dass sich ein Rechtsmittel als begründet erweist, was seinerseits bedingt, dass der Beschwerdeführer nach den einschlägigen Verfahrensbestimmungen dazu legitimiert war (BGE 131 I 153 E. 6.3 S. 164; Urteil 2C_107/2007 vom 22. Januar 2008 E. 1.2). Der Schadenersatzanspruch setzt voraus, dass der Beschwerdeführer ohne den Vertragsabschluss eine reelle Chance auf den Zuschlag gehabt hätte; denn andernfalls kann die Rechtswidrigkeit des Entscheids nicht kausal für den Schaden gewesen sein (Urteile 2D_49/2011 vom 25. September 2012 E. 1.3.2; 2D_74/2010 vom 31. Mai 2011 E. 1.2; 2D_34/2010 vom 23. Februar 2011 E. 1.1; 2D_50/2009 vom 25. Februar 2010 E. 1.2; 2D_22/2008 vom 23. Mai 2008 E. 1.1; 2C_107/2007 vom 22. Januar 2008 E. 1.2; BEYELER, a.a.O., S. 315 Rz. 401, S. 453 ff.). Da für den Primär- und den Sekundärrechtsschutz grundsätzlich die gleichen Legitimationsvoraussetzungen gelten (Urteil 2P.97/2005 vom 28. Juni 2006 E. 1.3), muss die Voraussetzung der reellen Chance auch für den Primärrechtsschutz gelten. 4.7. Die vorne (E. 3.3) zitierte entgegenstehende Praxis des Bundesverwaltungsgerichts steht im Zusammenhang damit, dass dieses die Wirkung einer Gutheissung der Beschwerde auf den Zuschlagsempfänger und den anfechtenden Anbieter beschränkt; diejenigen Anbieter, die den Entscheid nicht angefochten haben, hätten sich damit abgefunden und kämen nicht mehr als Zuschlagsempfänger in Frage; auch der ursprünglich weit hinten Rangierte hat damit bei Gutheissung seiner Beschwerde eine Chance auf den Zuschlag (VPB 62/1998.80 E. 3c; vgl. POLTIER/CLERC, Rz. 96 zu Art. 9 BGBM; WOLF, a.a.O., S. 12), zumindest sofern die vor ihm Rangierten keine Beschwerde erhoben haben. Diese Betrachtungsweise kann jedoch nicht überzeugen: Mit der Zuschlagsverfügung wird in erster Linie entschieden, dass der ausgewählte Anbieter den Zuschlag erhält; damit ist zwar zugleich auch gesagt, dass die anderen Anbieter den Zuschlag nicht erhalten, doch ist das bloss eine Reflexwirkung. Wird bei Gutheissung einer Beschwerde der Zuschlag aufgehoben, so kann die Wirkung eines solchen Entscheids nicht auf die Anfechtenden beschränkt werden, sowenig wie z.B. die Wirkung eines Urteils, welches eine privatrechtsgestaltende Verfügung aufhebt, auf diejenigen Personen beschränkt werden kann, welche Beschwerde erhoben haben: Der Entscheid muss mit ungeteilter Rechtswirkung entweder aufgehoben werden oder nicht. Davon geht auch die bundesgerichtliche Praxis aus, welche die Legitimation des in einem hinteren Rang Platzierten verneint (vorne E. 4.1) und damit voraussetzt, dass dieser den Zuschlag ohnehin nicht erhalten könnte, weil bei Aufhebung des angefochtenen Entscheids die vor ihm Rangierten zum Zuge kämen. Nebst dogmatischen Gründen sprechen dafür auch praktische Überlegungen: Dürfte bei einer Aufhebung des Zuschlags für das weitere Verfahren nur der anfechtende Anbieter berücksichtigt werden, so hätte das unter Umständen zur Folge, dass ein als sehr schlecht qualifiziertes Angebot den Zuschlag erhalten müsste, was den Zielen des Beschaffungsrechts zuwiderläuft ( JÄGER, a.a.O., S. 868 f., KUONEN, a.a.O., S. 236 f.; WOLF, a.a.O., S. 27 f.; MESSERLI, a.a.O., S. 57 f.; LEUTHOLD, a.a.O., S. 256). Im Einzelnen ist zu differenzieren nach den vom Beschwerdeführer gestellten Anträgen und vorgebrachten Rügen: Der Viertplatzierte, der mit seiner Beschwerde den Zuschlag an sich oder die Aufhebung des Verfahrens beantragt, aber einzig die Eignung oder Klassierung des Erstplatzierten kritisiert, ist nicht legitimiert; denn auch wenn seine Kritik begründet wäre, könnten seine Anträge nicht gutgeheissen werden, weil der Zuschlag an den Zweitklassierten ginge (vorne E. 4.1). Legitimiert ist er hingegen, wenn er die Eignung oder Klassierung aller drei vor ihm Rangierten beanstandet. Allerdings kann es nicht in Frage kommen, den Zuschlag einem Angebot zu erteilen, welches die Eignungsvoraussetzungen nicht erfüllt (BGE 139 II 489 E. 2.2.4 S. 494 f.). Wer ein solches Angebot unterbreitet hat, kann deshalb von vornherein kein schutzwürdiges Interesse an einer Aufhebung des Zuschlags haben, zumindest solange er nicht die Aufhebung des ganzen Verfahrens und die Neuausschreibung des Auftrags beantragt, was ihm allenfalls die Möglichkeit eines neuen Angebots eröffnen würde. 4.8. Aus all diesen Gründen ist der Auffassung der Vorzug zu geben, wonach es demjenigen nicht berücksichtigten Anbieter an einem schutzwürdigen Beschwerdeinteresse fehlt, der auch bei Obsiegen seiner Anträge selber den Zuschlag nicht erhalten könnte. Das blosse Anliegen, den (behaupteterweise) rechtswidrigen Zuschlag aufzuheben, kann keine Legitimation begründen für denjenigen, der zwar als Anbieter am Verfahren teilgenommen hat, aber aufgrund seiner Rechtsmittelanträge und Sachvorbringen auch bei Durchdringen seiner Auffassung keinen praktischen Vorteil erzielen könnte. 4.9. Damit erweist sich die Argumentation der Vorinstanz, wonach die materiellen Hauptfragen nicht zu Vorfragen für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation gemacht werden könnten, als nicht richtig (und ergibt sich auch nicht aus der von der Vorinstanz zitierten Stelle von GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 152). Die Vorinstanz durfte daher die Beschwerdelegitimation der Rhomberg nicht schon mit dem Argument bejahen, diese habe am Verfahren teilgenommen, sondern sie hätte - aufgrund der gestellten Anträge und Parteivorbringen (dazu sogleich) - vor der Bejahung der Legitimation zunächst prüfen müssen, ob die Rhomberg überhaupt eine reelle Chance hat, den Zuschlag zu erhalten. 5. 5.1. In der Rechtsprechung gibt es viele Konstellationen, in denen ein und dieselbe Frage als so genannter doppelrelevanter Sachverhalt sowohl Gegenstand der materiellen Beurteilung als auch zugleich vorfrageweise von Bedeutung für das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen ist (Urteil 2C_11/2010 vom 25. November 2011, nicht publ. in BGE 138 II 134 ; aus dem Bereich des öffentlichen Beschaffungsrechts siehe z.B. Urteile 2C_134/2013 vom 6. Juni 2014 E. 2.3; 2C_484/2008 vom 9. Januar 2009 E. 1.3, nicht publ. in BGE 135 II 49), namentlich auch für die Frage der Beschwerdelegitimation (BGE 137 II 313 E. 3.3.3 S. 322; 135 V 373 E. 3.2 S. 377; Kölz/Häner/Bertschi, a.a.O., S. 14 f., 329 f. Rz. 943, S. 528 Rz. 1537, S. 653 f. Rz. 1929). Im genannten Urteil 2C_134/2013 (E. 2.3) hat das Bundesgericht ausgeführt: "L'examen de la recevabilité du recours suppose donc de résoudre une question qui se recoupe avec le fond du litige. Dans un tel cas, il suffit, au stade de la recevabilité, que le recourant rende vraisemblable que, sur la question litigieuse, les conditions fondant la compétence du tribunal sont remplies, le point de savoir si tel est effectivement le cas étant ensuite tranché, pour autant que les autres conditions de recevabilité propres à la matière soient réunies, avec l'examen de la cause au fond (application par analogie de la théorie de la double pertinence)." Wie in E. 4 aufgezeigt, ist im Bereich des öffentlichen Beschaffungsrechts als unterlegener Anbieter zur Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht nur legitimiert, wer eine reelle Chance besitzt, den Zuschlag selber zu erhalten. Diese reelle Chance hat er - was auf der Hand liegt - nur dann, wenn er die vorgegebenen Eignungskriterien erfüllt. Nach der soeben herangezogenen Theorie der doppelrelevanten Tatsachen muss also derjenige, der den Zuschlag an sich beantragt, dem angerufenen Gericht als Legitimationsvoraussetzung glaubhaft machen, dass er selber die Eignungskriterien erfüllen würde. 5.2. Die Rhomberg hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragt, der Zuschlag an die ARGE cpc sei aufzuheben, diese sei aus dem Verfahren auszuschliessen und der Zuschlag sei ihr, der Rhomberg, zu erteilen; eventualiter sei die Sache zu neuem Entscheid an die Vergabestelle zurückzuweisen. Sie hat also nicht etwa die Aufhebung des ganzen Verfahrens und die Neuausschreibung beantragt. Dass und inwiefern sie selber die Eignungskriterien erfüllen würde, hat die Rhomberg vor dem Bundesverwaltungsgericht nie dargelegt, auch nicht nachdem die Vergabestelle und die Zuschlagsempfängerin dies ausdrücklich bestritten haben. Immerhin kann ihren Vorbringen entnommen werden, dass sie implizit davon ausgeht, die Eignungskriterien zu erfüllen, würde sie doch sonst kaum den Zuschlag an sich selber verlangen. Auch mit ihrer Beschwerde gegen die inzwischen ergangene Abbruchverfügung (vorne lit. E.a.) belegt sie, dass sie gerade nicht den Abbruch des Verfahrens anstrebt, sondern - eben gerade weil sie sich für geeignet hält - den Zuschlag an sich. Sie war somit nach dem hier Ausgeführten zur Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht legitimiert, wenn glaubhaft dargelegt ist, dass sie ihrerseits die Eignungskriterien erfüllt, was von der Auslegung der in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen Anforderungen abhängt (hinten E. 6 und 7). Letztlich kann hier offenbleiben, ob die Rhomberg zur Beschwerde legitimiert war: War sie es nicht, so hätte das Bundesverwaltungsgericht auf ihre Beschwerde nicht eintreten dürfen und der angefochtene Entscheid wäre schon aus diesem Grunde aufzuheben. War sie legitimiert, so ist das Bundesverwaltungsgericht mit Recht auf die Beschwerde eingetreten. Es hat diese aber - wie im Folgenden darzulegen ist (hinten E. 8-10) - in der Sache zu Unrecht gutgeheissen. 6. 6.1. In der Ausschreibung wurde bei den Leistungspaketen 40-46, 50-53, 61 und 70 jeweils verlangt: "Es sind 2 [bis max. 3] Referenzen der letzten ... Jahre für Planung und Ausführung ... anzugeben". Die Vergabestelle ging bei ihrem Zuschlagsentscheid davon aus, dass sowohl die ARGE cpc als auch die Rhomberg diese Anforderungen erfüllen. Sie legte dabei die Ausschreibung so aus, dass es genügt, wenn je mindestens eine Referenz für Planung und Ausführung vorliegt. 6.2. Die Vorinstanz erwog demgegenüber, nach objektiver Auslegung der Ausschreibungsunterlagen seien mindestens 2 TU-Referenzen verlangt, d.h. Referenzen für Projekte, bei denen die in Frage stehende Firma sowohl für die Planung als auch für die Ausführung zuständig war (angefochtenes Urteil E. 6.4). Zulässig seien anstelle einer TU-Referenz auch zwei Teilreferenzen für Planung einerseits und Ausführung andererseits (E. 7.5). Unter Planung sei nicht die Ausführungsplanung des Unternehmers (Art. 101 Abs. 1 SIA-Norm 118) zu verstehen, sondern vielmehr eine Art von Planung, die üblicherweise nicht dem Unternehmer, sondern dem Bauherrn bzw. einem von ihm beauftragten Planer oder Totalunternehmer obliegt; die Referenzobjekte für Planung müssten deshalb wesentlich umfangreichere Planungsarbeiten erfassen als die Ausführungsplanung, die jeder ausführende Unternehmer üblicherweise ohnehin zu liefern habe (E. 7.1.2.2). In Anwendung dieser Kriterien schloss die Vorinstanz, die ARGE cpc erfülle die Eignungsanforderungen nicht und sei daher auszuschliessen. Die Beschwerdeführerin rügt diese Schlussfolgerung als bundesrechtswidrig. 7. 7.1. Die im Rahmen der Ausschreibung formulierten Eignungskriterien sind so auszulegen und anzuwenden, wie sie von den Anbietern in guten Treuen verstanden werden konnten und mussten. Auf den subjektiven Willen der Vergabestelle bzw. der dort tätigen Personen kommt es nicht an (Urteil 2C_1101/2012 vom 24. Januar 2013 E. 2.4.1; GALLI/MOSER/LANG/STEINER, a.a.O., S. 242 f.). Doch verfügt die Vergabestelle bei der Formulierung und Anwendung der Eignungskriterien über einen grossen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum, den die Beschwerdeinstanzen - im Rahmen der Sachverhalts- und Rechtskontrolle - nicht unter dem Titel der Auslegung überspielen dürfen (vgl. Art. 16 IVöB; Urteil 2D_52/2011 vom 10. Februar 2012 E. 3.2 mit Hinweis; Galli/Moser/Lang/Steiner, a.a.O., S. 238 Rz. 557, S. 241 f. Rz. 564 f., mit Hinweis auf die Praxis des Bundesverwaltungsgerichts). Von mehreren möglichen Auslegungen hat die gerichtliche Beschwerdeinstanz nicht die ihr zweckmässig scheinende auszuwählen, sondern die Grenzen des rechtlich Zulässigen abzustecken (Urteil 2C_1101/2012 vom 24. Januar 2013 E. 2.4.1). Bei technisch geprägten Begriffen ist zudem dem Verständnis Rechnung zu tragen, wie es in der Fachwelt verbreitet ist oder im Zusammenhang mit dem konkreten Projekt von den Beteiligten verstanden worden ist. 7.2. Der Wortlaut "2 [bis max. 3] Referenzen ... für Planung und Ausführung" in den hier streitigen Anforderungen für die einzelnen Leistungspakete ist entgegen der Vorinstanz nicht klar in dem Sinne, dass je zwei Planungs- und Ausführungsreferenzen gemeint wären. Denn es wurden gerade nicht "je" 2-3 Referenzen für Planung und Ausführung verlangt, dies in auffälligem Gegensatz zu den allgemeinen Anforderungen in Ziff. 3.8 der Ausschreibung, wo verlangt worden war: "je 2 (bis max. 3) Referenzen des Anbieters der letzten ... Jahre über Projekte in Tunnels oder vergleichbar komplexe Projekte mit ähnlichen Anforderungen für ...", wobei sich das "je" auf die Leistungspakete bezieht. Dieser Unterschied im Wortlaut lässt eher darauf schliessen, dass insgesamt pro Leistungspaket 2 (bis 3) Referenzen verlangt wurden, worunter sich Referenzen für Planung und Ausführung befinden müssen, aber nicht zwingend je deren zwei. 7.3. Hinzu kommt, dass die Abgrenzung zwischen Planung und Ausführung nicht immer eindeutig ist. Wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat, bedingt jede Ausführung auch eine Ausführungsplanung (vorne E. 6.2). Ginge man mit der Vorinstanz davon aus, dass unter "Planung" eine über die Ausführungsplanung hinausgehende Planung im Sinne einer TU-Planung gemeint ist, wären bei einigen Leistungspakten die Anforderungen kaum erfüllbar: So bezieht sich die Leistungsumschreibung für das LP 42 (Installation Kraft und Licht) wohl nur auf die Ausführung. Auch für das LP 43 (Beschilderung) ist eine Planung im Umfang einer üblichen TU- oder Bauherrenplanung kaum denkbar. Die verlangte Planung nähert sich wohl eher einer Ausführungsplanung an, die naturgemäss üblicherweise dem gleichen Unternehmer obliegt wie die Ausführung. 7.4. Für eine Auslegung im Sinne der Vergabebehörde spricht schliesslich auch das effektive Verhalten aller Verfahrensbeteiligten: Die Vergabestelle hat die Referenzen als genügend anerkannt, obwohl nicht nur die ARGE cpc, sondern auch die Rhomberg selber teilweise nicht je zwei Planungs- und Ausführungsreferenzen eingereicht hatte (hinten E. 8). Auch die Rhomberg hat somit offensichtlich ursprünglich die Anforderungen nicht so verstanden wie sie es später im Gerichtsverfahren vertreten hat. Zudem hat sie noch in ihrer Beschwerde an die Vorinstanz nicht etwa gerügt, die ARGE cpc habe nicht je zwei Planungs- und Ausführungsreferenzen eingereicht, sondern bloss geltend gemacht, die für die LP 40 (DML Zürich, Torino-Milano, San Bernardino), 44 (DML Zürich, Leittechnik Tunnelentwässerung, weitere Referenz ausserhalb Bahntechnik) und 45 (DML Zürich und Gotthard Basistunnel) eingereichten Referenzen genügten nicht für den Eignungsnachweis, da für die Referenz DML wesentliche Teile der Ausführungsarbeiten erst 2013 begonnen worden seien. Die Installationen Torino-Milano hätte ferner ein Konsortium erstellt, an welchem die Unternehmen der ARGE cpc nicht beteiligt gewesen seien und bei der Referenz San Bernardino sei der Referenzgeber nicht nachgewiesen. Beim LP 45 fehle infolge des Ausscheidens der DML die zwingend erforderliche zweite Referenz. Zudem seien die referenzierten Arbeiten nicht vergleichbar komplex wie die ausgeschriebenen Arbeiten. In der Stellungnahme vom 26. September 2013 (S. 8) führte sie aus, der Wortlaut der Ausschreibungstexte lasse die Interpretation der Vergabestelle nicht zu, wonach nicht Planung und Ausführung, sondern lediglich Planung oder Ausführung verlangt werde, ohne aber ausdrücklich zu verlangen, dass je zwei Planungs- und Ausführungsreferenzen vorgelegt würden. 7.5. Insgesamt scheint die von der Vergabestelle vertretene Auslegung eher zutreffend als diejenige der Vorinstanz. Zumindest ist sie gleichermassen vertretbar, so dass ihr unter Berücksichtigung des der Vergabestelle zustehenden Ermessens- oder Beurteilungsspielraums (E. 7.1) der Vorzug zu geben ist. 8. 8.1. Geht man von der Auslegung der Vergabestelle aus, wonach es genügt, wenn (pro Leistungspaket) insgesamt zwei Referenzen für Planung und Ausführung vorliegen, hat die Rhomberg zwar diese Voraussetzungen erfüllt. Hingegen ist alsdann zu prüfen, ob auch die ARGE cpc die so ausgelegten Voraussetzungen erfüllt; denn bejahendenfalls besteht kein Grund, sie - als Erstplatzierte - aus dem Verfahren auszuschliessen. Die Vorinstanz hat die Referenzen nur bezüglich der Leistungspakete 40 und 45 geprüft; für die Aufhebung des Zuschlags reichte es aus, dass - bei ihrer Auslegung der Anforderungen - bei diesen beiden Leistungspaketen die Anforderungen nicht erfüllt waren. Ob bei diesen und den weiteren Leistungspaketen die im Sinne der Vergabestelle ausgelegten Anforderungen erfüllt sind, wurde noch nicht geprüft, ebenso wenig die übrigen von der Rhomberg vor der Vorinstanz vorgebrachten Rügen. 8.2. Es rechtfertigt sich aus prozessökonomischen Gründen, dass das Bundesgericht diese Prüfung selber vornimmt, anstatt die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, zumal die Kognition des Bundesgerichts insofern nicht enger ist als diejenige des Bundesverwaltungsgerichts, als auch dieses die Angemessenheit nicht überprüfen kann (vorne E. 2.3). Das rechtliche Gehör der Parteien ist gewahrt: Es war ihnen bewusst, dass das Bundesgericht allenfalls reformatorisch entscheiden würde, haben sie doch zumindest im Eventualbegehren einen reformatorischen Antrag gestellt, und sie hatten vor Bundesgericht in einem zweimaligen Schriftenwechsel Gelegenheit, sich zu allen Aspekten zu äussern. Das Bundesgericht hat die vor der Vorinstanz vorgebrachten Rügen der Rhomberg zu beurteilen (vorne E. 1.5). Es kann die dafür noch fehlenden Sachverhaltsfeststellungen anhand der Akten selber treffen (Art. 105 Abs. 2 BGG). Soweit die Vorinstanz entsprechende Feststellungen getroffen hat, ist die Kognition des Bundesgerichts nach Massgabe der Art. 97 Abs. 1 und 105 Abs. 1 BGG beschränkt (vorne E. 1.6). 8.3. Bei der Beurteilung von Offerten besteht ein grosser Ermessensspielraum der Vergabebehörde (vgl. auch vorne E. 7.1), den das selber technisch nicht fachkompetente Gericht zu respektieren hat, soweit nicht frei zu prüfende Rechtsfragen zur Diskussion stehen (vgl. generell zum "technischen Ermessen" BGE 139 II 185 E. 9 S. 196 ff. mit Hinweisen). Das gilt insbesondere auch in Bezug auf die Bewertung von Referenzen (Galli/Moser/Lang/Steiner, a.a.O., S. 241 f.; vgl. Urteil 2D_49/2011 vom 25. September 2012 E. 9). Hat eine fachkundige Vergabebehörde eine Bewertung oder Beurteilung vorgenommen, so genügt es zu deren Infragestellung nicht, sie mit unbelegten Verdächtigungen zu kritisieren, sondern es ist substantiiert darzulegen, inwiefern das - technische - Ermessen überschritten ist. 8.4. 8.4.1. Bei einigen Leistungspaketen hatte die ARGE cpc Referenzen für Arbeiten angegeben, welche erst in Ausführung waren, namentlich die Durchmesserlinie Zürich, was die Vergabebehörde akzeptierte. Vor der Vorinstanz hatte die Rhomberg kritisiert, ein nicht abgeschlossenes Projekt könne nicht als Referenz dienen. Die Vergabestelle wies darauf hin, dass die Rhomberg selber verschiedentlich Referenzen für nicht abgeschlossene Projekte eingereicht hatte, namentlich für verschiedene Leistungspakete ebenfalls die Durchmesserlinie Zürich. 8.4.2. Die Vorinstanz führte aus (E. 7.1.1), die Eignung eines nicht abgeschlossenen Projekts als Referenz könne wohl nicht generell ausgeschlossen werden; bei Bauausschreibungen sei es nicht unüblich, nicht vollständig fertiggestellte Projekte als Referenz zuzulassen. Doch komme bei nicht abgeschlossenen Projekten den Auskünften des Bauherrn eine weit grössere Bedeutung zu; ohne entsprechende Erkundigungen sei es der Vergabestelle nicht möglich zu beurteilen, ob die Leistung erfolgreich erbracht worden sei. In Bezug auf die Durchmesserlinie habe die Vergabebehörde keine Referenzauskunft eingeholt; es sei deshalb rechtsfehlerhaft, diese Referenzen als gültig anzuerkennen. Nur mit einer entsprechenden Referenz des Bauherrn könnte die Referenz als gültig angesehen werden (E. 7.1.3 und 8.1.2). 8.4.3. Vorliegend war in den Ausschreibungsunterlagen nicht verlangt worden, dass die Referenzprojekte abgeschlossen sind. Der Vorinstanz ist deshalb zuzustimmen, dass auch nicht abgeschlossene Referenzprojekte als gültig anerkannt werden können. Referenzen dienen dazu, die Eignung eines Anbieters zu prüfen. In der Bewertung der Referenzen steht der Vergabebehörde ein grosses Ermessen zu (vorne E. 8.3). Im Rahmen dieses Ermessens kann die Tauglichkeit eines Referenzprojekts auch bejaht werden, wenn die referenzierten Arbeiten nicht abgeschlossen sind. Allein schon die Tatsache, dass ein Anbieter für ein anderes Projekt den Zuschlag erhalten hat, kann unter Umständen seine Eignung darlegen. Jedenfalls kann ein Referenzprojekt nicht allein schon deshalb als ungültig betrachtet werden, weil die referenzierte Arbeit nicht abgeschlossen ist. Es müssten andere Gründe vorgebracht werden, die an der Nachweistauglichkeit Zweifel erwecken. 8.4.4. Mit der Anforderung, ein nicht abgeschlossenes Projekt könne nur dann als gültig betrachtet werden, wenn Referenzauskünfte eingeholt worden seien, greift die Vorinstanz in unzulässiger Weise in den Ermessensspielraum der Vergabestelle ein: Die Vergabestelle kann grundsätzlich auf die eingereichten Unterlagen abstellen (BGE 139 II 489 E. 3.2 S. 495 f.). Sie ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Angaben nachzuprüfen. Ob sie dies tut, liegt in ihrem Ermessen, welches nicht überschritten ist, solange nicht konkrete Hinweise bestehen, dass die eingereichten Unterlagen nicht wahr sind (vgl. Urteil 2C_346/2013 vom 20. Januar 2014 E. 1.3.3). Das gilt gleichermassen für Referenzen: Qualifiziert die Vergabestelle die Referenzen als glaubhaft und hinreichend, ist sie nicht verpflichtet, sich durch Nachfrage beim Bauherrn zu erkundigen, ob die Arbeiten zufriedenstellend ausgeführt worden sind. Es ist unerfindlich, weshalb es sich bei nicht abgeschlossenen Referenzprojekten generell anders verhalten soll: Auch bei abgeschlossenen Projekten kann die Vergabestelle nicht aus der Referenzangabe allein beurteilen, ob die Arbeit erfolgreich ausgeführt wurde. Wäre das allein ein Grund, um eine Pflicht zur Nachfrage zu statuieren, müssten alle Referenzangaben durch Nachfragen bei Referenzpersonen überprüft werden, um als tauglich anerkannt zu werden; dies wäre offensichtlich überspitzt formalistisch und unverhältnismässig. Es liegt vielmehr bei abgeschlossenen wie bei noch nicht abgeschlossenen Referenzprojekten im pflichtgemässen Ermessen, sich durch Nachfragen von der Eignung zu vergewissern, wenn daran begründete Zweifel bestehen. 9. Im Folgenden sind die Referenzen der ARGE cpc für die einzelnen Leistungspakete im Lichte der dargelegten Kriterien zu prüfen, soweit sie von der Rhomberg im vorinstanzlichen Verfahren beanstandet worden sind. 9.1. LP 10 (Übergeordnete Gesamtkoordination) 9.1.1. Hier waren 2-3 Referenzprojekte für die Koordination von Grossprojekten anzugeben. Die ARGE cpc hatte drei Referenzen eingereicht, nämlich die Referenz "Hochgeschwindigkeitseisenbahn Torino-Milano, Teilabschnitt Novara-Milano", "TU und Ausbau Breitbandnetz Swisscom" sowie "NBS Erfurt/Halle, Finnetunnel". Die Vergabestelle anerkannte die ersten beiden als Referenz. Streitig sind mithin nur diese beiden. 9.1.2. Bezüglich der Referenz Torino-Milano bringt die Rhomberg wie bereits vor der Vorinstanz vor, kein Mitglied der ARGE cpc könne sich diese Referenz anrechnen lassen. Die Vorinstanz hat diese Frage im Zusammenhang mit dem LP 40 geprüft. Beim LP 10 geht es um die gleiche Thematik, so dass auf die Ausführungen zum LP 40 verwiesen werden kann (hinten E. 9.3.4). Daraus ergibt sich, dass die Referenz der ARGE cpc zugerechnet werden kann. 9.1.3. Bezüglich der Referenz "Breitbandnetz Swisscom" hatte die Rhomberg vor der Vorinstanz ohne weitere Begründung ausgeführt, es handle sich dabei nicht um ein Projekt, sondern um einen geringfügigen Ausbau eines bereits laufenden Betriebs. Die Vergabestelle und die ARGE cpc hatten vor der Vorinstanz ausführlich und belegt dokumentiert, dass es sich dabei um einen TU-Auftrag mit einem Gesamtumfang von 105 Mio. Franken gehandelt habe, so dass die Referenz unter dem Aspekt "Gesamtkoordination" mit den Anforderungen am Monte Ceneri vergleichbar sei. In ihrer Vernehmlassung vor Bundesgericht beschränkt sich die Rhomberg darauf, wie vor der Vorinstanz in zwei Zeilen zu wiederholen, es handle sich nicht um ein Projekt, sondern um einen geringfügigen Ausbau eines bestehenden Betriebs. Mit dieser unsubstantiierten Kritik ist nicht dargetan, inwiefern die Vergabestelle mit der Anerkennung dieser Referenz ihr Ermessen überschritten haben soll. 9.1.4. Damit sind für das LP 10 genügend Referenzen nachgewiesen. 9.2. LP 21 (Logistik Bahntechnik) Die ARGE cpc hatte drei Referenzprojekte eingegeben, welche von der Vergabestelle akzeptiert wurden. Die Rhomberg machte vor der Vorinstanz einzig geltend, alle drei Projekte seien nicht abgeschlossen. Dies allein reicht aber nach dem vorne in E. 8.4 Ausgeführten nicht, um eine Referenz als ungültig zu erklären, solange nicht ernsthafte Zweifel an ihrer Tauglichkeit bestehen; solche Zweifel hat die Rhomberg weder vor der Vorinstanz noch vor Bundesgericht geltend gemacht. Es bestehen daher für das LP 21 genügend Referenzen. 9.3. LP 40 (Stromversorgung 50 Hz) 9.3.1. Verlangt waren 2-3 Referenzen "für Planung und Ausführung". Die ARGE cpc hatte die drei Referenzen "Durchmesserlinie Zürich", "San Bernardino Tunnel" sowie "Hochgeschwindigkeitseisenbahn Torino-Milano, Teilabschnitt Novara-Milano", angegeben, welche die Vergabestelle anerkannte. 9.3.2. Die Vorinstanz, welche dieses Leistungspaket überprüfte (vorne E. 8.1), kam zum Ergebnis, bei der Referenz Durchmesserlinie Zürich sei die ARGE cpc weder als Projektleiterin noch als Planerin erwähnt. Die Referenz sei daher nicht als Planungsreferenz gültig (E. 7.1.2); die Ausführung sei noch nicht abgeschlossen, so dass das Projekt als Ausführungsreferenz nur allenfalls anerkannt werden könnte, wenn eine Referenz der Bauherrin vorliege (E. 7.1.1 und 7.1.3). Beim San Bernardino Tunnel sei die referenzierte Arbeit durch eine Subunternehmerin der ARGE cpc erbracht worden, was gemäss Ausschreibung zulässig sei; die Referenz sei gültig für Planung und Ausführung (E. 7.2). Die Referenz Torino-Milano sei nicht gültig (E. 7.3). Es lägen somit nur eine TU-Referenz (Planung und Ausführung) und (allenfalls) eine Teilreferenz für Ausführung vor, was nicht genüge (E. 7.4 und 7.6). 9.3.3. Dass die Durchmesserlinie Zürich nicht abgeschlossen war, genügt für sich allein nicht, um die Referenz als ungeeignet zu erklären (E. 8.4). Andere Bedenken gegen diese Referenz werden nicht vorgebracht. Die Referenz ist somit mindestens als Ausführungsreferenz gültig. Dass die vorinstanzliche Beurteilung der Referenz San Bernardino Tunnel willkürlich wäre, wird von der Rhomberg nicht dargetan. Mit einer TU- und einer Ausführungsreferenz sind damit die Ausschreibungsanforderungen - bei richtiger Auslegung (vorne E. 7) - erfüllt. 9.3.4. Zudem kann entgegen der Ansicht der Vorinstanz auch die Referenz "Torino-Milano" der ARGE cpc angerechnet werden: 9.3.4.1. Nach dem Formular EA.1 handelte es sich bei diesem Referenzprojekt um die Ausführung als TU (Konzession, Projektierung, Ausführung) von 34 km Hochgeschwindigkeitsbahnlinie. Die Vergabestelle hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, die Società Italiana per Condotte d'Acqua S.p.A. (eines der Konsortialunternehmen der ARGE cpc) sei Mitglied des Konsortiums CavToMi gewesen, welches für dieses Projekt gegenüber dem Bauherren die vertragliche Hauptverantwortung und die fachliche Aufsicht über das Subunternehmerkonsortium Saturno ausübte. Die Vorinstanz führte aus, die Società Italiana per Condotte d'Acqua S.p.A sei zwar Mitglied des Oberkonsortiums CAVToMi gewesen, doch sei die Planung und Ausführung durch das Subkonsortium Consorzio Saturno geleistet worden. Die blosse Untervergabe durch das Oberkonsortium an das Unterkonsortium genüge nicht. Wenn die Vergabestelle aus der Untervergabe des Oberkonsortiums CavToMi an das Subkonsortium Saturno den Schluss ziehen sollte, die Società Italiana per Condotte d'Acqua S.p.A. habe erfolgreich eine vergleichbare Aufgabe ausgeführt, habe sie den ihr zustehenden Ermessensspielraum offensichtlich überschritten (E. 7.3.1). 9.3.4.2. Gemäss den zutreffenden Feststellungen der Vorinstanz wird auf den Formularen EA.1 nach der Referenz bzw. der Aufgabebeschreibung "der Firma/des Subunternehmers" gefragt. Daraus ist zu folgern, dass eine Referenz auch dann gültig erbracht werden kann, wenn der Anbieter für die Durchführung der entsprechenden Arbeiten einen Subunternehmer beigezogen hat. Der Eignungsnachweis kann mithin auch durch einen Subunternehmer erbracht werden (gleicher Meinung ist übrigens auch die Rhomberg in ihrer Beschwerde vom 5. Mai 2014 gegen die Ausschluss- und Abbruchverfügung vom 14. April 2014). 9.3.4.3. Aus den von der ARGE cpc ins Recht gelegten Unterlagen geht hervor, dass das Konsortium CavToMi "Consorzio esecutore" bzw. "sub General Contractor per la progettazione e la realizzazione della parte impiantistica mediante appalto al Consorzio Saturno" war. Das Konsortium CavToMi war "Responsabile dei lavori"; bei ihm lag gegenüber dem Bauherrn die Verantwortung. Weder die Vorinstanz noch die Rhomberg legen dar, inwiefern diese Gestaltung abweichen soll vom normalen und referenztauglichen Verhältnis zwischen Unternehmer und Subunternehmer. Die Vorinstanz begründet auch sonst mit keinem Wort, inwiefern die Vergabestelle ihr Ermessen überschritten haben soll, wenn sie die Referenz als gültig anerkannte. 9.3.5. Insgesamt liegen damit für das LP 40 - bei richtiger Auslegung der Ausschreibungsunterlagen (vorne E. 7) - genügend Referenzen vor. 9.4. LP 41 (Datenverkabelung) Verlangt waren 2-3 Referenzen "für Planung und Ausführung". Die ARGE cpc hatte drei Referenzen eingereicht, welche die Vergabestelle als genügend beurteilte. Die Rhomberg machte vor der Vorinstanz geltend, bei den ersten beiden ("Ausbau Infrastruktur SOB" und "Ausbau Gubristtunnel") handle es sich um eine Verschmelzung mehrerer kleiner Aufträge; die dritte Referenz ("Stationsausbau Scuol RhB") sei eine Ausführungsreferenz mit zu geringem Auftragsvolumen. Die Vergabestelle und die ARGE cpc führten aus, verlangt worden seien Referenzen für "Datenverkabelung in Tunnel oder vergleichbar komplexe Projekte mit ähnlichen Anforderungen"; ein Mindestauftragsvolumen sei nicht verlangt worden. Die drei Referenzen würden Datenverkabelungen in Tunneln und auch in Bahnhöfen nachweisen, was vergleichbar komplex sei. Bei allen sei nicht nur Ausführung, sondern auch Planung zu leisten gewesen. Vor Bundesgericht beschränkt sich die Rhomberg darauf, ihre vor der Vorinstanz geäusserte Kritik zu wiederholen, ohne darzulegen, inwiefern die Vergabestelle mit der Anerkennung dieser Referenzen ihr Ermessen überschritten haben soll. Dies genügt nicht. 9.5. LP 42 (Installation Kraft und Licht) Die ARGE cpc hatte die drei Referenzen "Durchmesserlinie Zürich", "Installation Selbstrettungsmassnahmen BLS Südrampe" sowie "Bahnhof SBB de la Praille" angegeben. Die Rhomberg kritisierte vor der Vorinstanz, die Ausführung der Durchmesserlinie Zürich und der Selbstrettungsmassnahmen sei nicht abgeschlossen; Letztere zähle auch nicht als Planungsreferenz; die Referenz "Bahnhof de la Praille" beziehe sich nicht auf einen Tunnel und habe nur ein kleines, nicht vergleichbares Auftragsvolumen. Die Vergabestelle führte hiezu aus, die Anforderung habe Referenzen für "vergleichbar komplexe Projekte mit ähnlichen Anforderungen" verlangt, was auch in einem Bahnhof erfüllt sei. Bei den beiden Letzteren seien zudem nicht nur Ausführung, sondern auch Planung zu leisten gewesen und die relevanten Arbeiten seien erbracht. Auch hier legt die Rhomberg nicht substantiiert dar, inwiefern die Vergabestelle ihr Ermessen überschritten haben soll, wenn sie die Referenzen als gültig anerkannte. 9.6. LP 43 (Beschilderung) Die ARGE cpc hatte die drei Referenzen "Durchmesserlinie Zürich", "Strada nazionale Biasca-Varenzo" und "Fluchtwegsignalisierung Greng-Löwenberg" angegeben. Die Rhomberg führte vor der Vorinstanz aus, die letzteren beiden könnten bei Dehnung des Ermessens als Ausführungsreferenz gelten, doch liege keine Planungsreferenz vor. Die ARGE cpc führte unter Beilage der Ausschreibungsunterlagen für die Referenzarbeiten 2 und 3 aus, es seien auch die Planungsarbeiten zu erstellen gewesen. Ohne sich damit auseinanderzusetzen, wiederholt die Rhomberg vor Bundesgericht ihre vor der Vorinstanz vorgebrachten Ausführungen. Eine Ermessensüberschreitung der Vergabestelle ist nicht dargetan. 9.7. LP 44 (Leittechnik Stromversorgung 50 Hz) Die ARGE cpc hatte die drei Referenzen "Durchmesserlinie Zürich", "Zimmerbergtunnel" und "SBB-Installationen in Bellinzona und Chiasso" angegeben. Die Rhomberg führte vor der Vorinstanz aus, die Referenz Zimmerbergtunnel könne als Ausführungsreferenz zählen, die Installationen Bellinzona/Chiasso seien aber nicht vergleichbar. Insgesamt liege nur eine Ausführungsreferenz, aber keine Planungsreferenz vor. Aus den von der Vergabestelle vor der Vorinstanz zitierten Projektbeschreibungen auf den Formularen EA.1 geht hervor, dass das Projekt Zimmerbergtunnel u.a. auch Projektleitung und Verantwortung für den Teil LT, Engineering und Systemkonzeption umfasste. Vergabestelle wie auch ARGE cpc führten aus, die Erfüllung dieser Arbeiten bedürfe zwingend der Planung bzw. "Leittechnik ohne Planung" sei begrifflich ausgeschlossen. Auch die Installationen Bellinzona/Chiasso seien von vergleichbarer Komplexität. Ohne sich mit dieser Argumentation auseinanderzusetzen, wiederholt die Rhomberg vor Bundesgericht ihre vor der Vorinstanz vorgebrachten Ausführungen. Eine Ermessensüberschreitung der Vergabestelle ist nicht dargetan. Es liegen damit jedenfalls mindestens zwei Ausführungs- und eine Planungsreferenz vor, was - bei richtiger Auslegung der Ausschreibungsanforderungen (vorne E. 7) - genügt. 9.8. LP 45 (Schränke) 9.8.1. Auch hier waren 2-3 Referenzen für "Planung und Ausführung" verlangt. Die ARGE cpc hatte die zwei Referenzen "Durchmesserlinie Zürich" und "Gotthard Basistunnel" eingereicht, welche von der Vergabestelle anerkannt wurden. 9.8.2. Die Vorinstanz prüfte dieses Leistungspaket und kam bezüglich der Durchmesserlinie Zürich wie beim LP 40 zum Ergebnis, diese beziehe sich nur auf die Ausführung (und unternehmerseitige Ausführungsplanung), nicht auf die Planung (E. 8.1.1). Für die Ausführung sei das Referenzprojekt nicht genügend weit fortgeschritten und könnte nur anerkannt werden, wenn die Vergabestelle eine Referenz der Bauherrin oder vergleichbare Informationen eingeholt hätte (E. 8.1.2). Die Referenz Gotthard Basistunnel sei als Referenz für Planung und Ausführung gültig (E. 8.2). Die ARGE cpc habe somit für das LP 45 lediglich eine gültige TU-Referenz und eine Teilreferenz für die Ausführung erbracht (E. 8.3). 9.8.3. Die Durchmesserlinie Zürich kann nicht schon deswegen als ungültige Ausführungsreferenz betrachtet werden, weil die Ausführung nicht abgeschlossen ist (vorne E. 8.4). Sodann legt die Rhomberg nicht dar, dass die vorinstanzliche Beurteilung der Referenz "Gotthard Basistunnel" offensichtlich unrichtig wäre. Die Anforderungen von insgesamt je einer Planungs- und Ausführungsreferenz sind damit erfüllt. 9.9. LP 50 (Fahrleitung), 51 (Schaltanlagen und Steuerung 16.7 Hz) und 52 (Erdung) Die Rhomberg anerkennt, dass für diese drei Leistungspakete je eine Planungs- und eine Ausführungsreferenz vorliegen. Die Anforderungen sind damit erfüllt. 9.10. LP 61 (Datennetz und Betriebskommunikation) 9.10.1. Die ARGE cpc hatte drei Referenzen angegeben, nämlich ein vertrauliches Projekt für die Eidgenossenschaft, ein Gigabite Ethernet IP/MPLS Netzwerk und eine Voicelösung für zwei Banken. Die Vergabestelle hatte alle drei als Referenz für Planung und Ausführung anerkannt. 9.10.2. Die Rhomberg führte vor der Vorinstanz ohne weitere Substantiierung aus, bei diesen Referenzen handle es sich um Erweiterungen eines laufenden Betriebs, was weder als Planungs- noch als Ausführungsreferenz gelten könne. Zudem sei die Swisscom, welche die Muttergesellschaft der Cablex AG sei, als Subunternehmerin aufgeführt, was nicht plausibel sei. Die Vergabestelle führte unter Hinweis auf die Projektbeschreibungen in den Formularen EA.1 aus, es handle sich um neue Projekte, bei denen sowohl Planung als auch Ausführungen zu leisten gewesen seien, wobei die tatsächliche Leistung durch Subunternehmer erfolgt sei; sie habe dies - wie auch bei den analogen Referenzen der Rhomberg - anerkannt. Es seien somit drei Planungs- und Ausführungsreferenzen vorhanden. Würde man den Massstab der Rhomberg an deren eigenen Referenzen anlegen, so hätte auch diese keine gültige Referenz vorzuweisen. Auch die ARGE cpc machte detaillierte Angaben zum Umfang der Projekte. 9.10.3. Ohne sich mit dieser Argumentation auseinanderzusetzen, wiederholt die Rhomberg vor Bundesgericht ihre vor der Vorinstanz vorbrachten Ausführungen. Eine Ermessensüberschreitung der Vergabestelle ist nicht dargetan. Es liegen genügend gültige Referenzen vor. 9.11. LP 70 (Tunnelfunksystem) 9.11.1. Die ARGE cpc hatte die drei Referenzen "Tunnelfunksystem Lötschberg Basistunnel", "Funk Polycom" sowie "Ausbau GMS und UMTS" eingereicht. Die Vergabestelle anerkannte die Referenzen "Lötschberg Basistunnel" sowie "Ausbau GMS/UMTS", nicht aber die Referenz "Funk Polycom". 9.11.2. Die Rhomberg machte vor der Vorinstanz geltend, die Referenz Lötschberg Basistunnel sei nur eine Ausführungs-, aber keine Planungsreferenz. Beim Ausbau GMS/UMTS handle es sich um eine Erweiterung des laufenden Betriebs und zudem nicht um ein Tunnelfunksystem. Die Vergabestelle führte aus, beim Tunnel Lötschberg habe sie bei der ARGE cpc gleich wie bei der Rhomberg die Referenz anerkannt, und zwar als TU-Referenz auch für Planung, auch wenn die tatsächlichen Leistungen von Subunternehmern erbracht worden seien. Zur dritten Referenz legte sie detailliert und unter belegten Hinweisen auf die von ihr eingeholten Referenzauskünfte dar, dass dafür Arbeiten auch in Tunnels angefallen seien. Beide Referenzen seien daher als Planungs- und Ausführungsreferenzen anzuerkennen. Würde man den von der Rhomberg angelegten Massstab an deren eigene Referenzen anlegen, so wären auch diese allesamt als ungültig zu betrachten. Dasselbe führte auch die ARGE cpc detailliert aus. 9.11.3. Ohne sich mit dieser Argumentation auseinanderzusetzen, wiederholt die Rhomberg vor Bundesgericht ihre vor der Vorinstanz vorgebrachten Ausführungen. Eine Ermessensüberschreitung der Vergabestelle ist nicht dargetan. Es liegen genügend gültige Referenzen vor. 9.12. Insgesamt ergibt sich, dass die Offerte der ARGE cpc die in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen, richtig ausgelegten Anforderungen an die Referenzen erfüllt. Ihr Ausschluss wegen angeblichen Nichterfüllens der Referenzanforderungen bzw. die Folgerung der Vorinstanz, dass sie mangels Eignung hätte ausgeschlossen werden müssen, verletzt damit Bundesrecht. 10. 10.1. Nebst der Bestreitung der Referenzen hatte die Rhomberg vor der Vorinstanz gerügt, das preislich deutlich tiefere Angebot der ARGE cpc erkläre sich damit, dass diese mutmasslich gewisse verlangte Leistungen nicht eingerechnet und evtl. gar nicht angeboten habe; es sei nicht auszuschliessen, dass die Vergabestelle von der ARGE cpc noch erhebliche Anpassungen verlangt habe, was einem unzulässigen versteckten Abgebot gleichkomme. 10.2. Die ARGE cpc hatte vor der Vorinstanz in ihrer Eingabe vom 18. Oktober 2013 wie auch in der Beschwerdeantwort vom 20. November 2013 ausgeführt, diese Vorwürfe seien nicht substantiiert, und bestritt Abgebotsrunden. Auch die Vergabestelle bestritt die Vorwürfe und führte aus, es hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach die ARGE cpc nicht in der Lage sei, den ausgeschriebenen Auftrag korrekt zu erfüllen, zumal sie auch bei den technischen Zuschlagskriterien besser abgeschnitten habe als die Rhomberg. Das Angebot der ARGE cpc sei einzig wegen der Korrektur eines Formelfehlers und der Richtigstellung einer Stückzahl verändert worden; dadurch sei die unbereinigte Eingabesumme von Fr. 137'853'871.40 um Fr. 186'860.80 auf den Zuschlagpreis von Fr. 138'040'732.20 erhöht worden. 10.3. Ein Unterangebot ist als solches nicht unzulässig, solange der Anbieter die Eignungskriterien und Zuschlagsbedingungen erfüllt (vgl. BGE 130 I 241 E. 7.3 S. 255 f.; Urteile 2C_877/2008 vom 5. Mai 2009 E. 6.2; 2P.70/2006 vom 23. Februar 2007 E. 4.3; GALLI/MOSER/LANG/ STEINER, a.a.O., S. 516 ff.). Die Vergabestelle kann ergänzende Erkundigungen einziehen, wenn sie daran Zweifel hat. Sie ist dazu aber nicht verpflichtet, jedenfalls dann nicht, wenn Anhaltspunkte dafür fehlen, dass der Anbieter eines kostengünstigen Angebots Teilnahme- und/oder Auftragsbedingungen verletzt (Urteil 2P.254/2004 vom 15. März 2005 E. 2.2; vgl. auch Art. 3 Abs. 1 lit. f UWG). Im Übrigen ist zu beachten, dass ein Angebot immerhin eine verbindliche Vertragsofferte darstellt, und sich der Anbieter damit - sofern der Vertrag zustande kommt - verpflichtet, die verlangte Leistung zu erbringen. Sollte sich erweisen, dass die Leistung nicht dem Angebotenen bzw. vertraglich Vereinbarten entspricht, stehen der Vergabestelle die kauf- oder werkvertraglichen Rechtsbehelfe sowie die vorgesehenen Sanktionen des öffentlichen Beschaffungsrechts zur Verfügung. Die Vergabestelle darf sich deshalb bis zu einem gewissen Grad darauf verlassen, dass der Anbieter seinen Vertragspflichten nachkommt, solange keine konkreten Hinweise darauf bestehen, dass dies nicht der Fall ist (Urteil 2C_346/2013 vom 20. Januar 2014 E. 1.3.3). 10.4. Vor Bundesgericht bringt die Rhomberg zum Vorwurf des Unterangebots und der Abgebotsrunde einzig vor, zum offerierten Preis könne kein Bauwerk errichtet werden, das den verlangten Sicherheits- und Qualitätsstandards entspreche. Die Vergabestelle müsse deshalb ein komplexes Risikoabwehrdispositiv definieren, dessen Aufwand auf Kosten der Allgemeinheit gehe. Sie legt als Beleg für diese Behauptung einzig Unterlagen der Vergabestelle vor, aus denen hervorgeht, dass sich diese der Risiken bewusst ist, die sich aus einem preislich sehr tiefen Angebot ergeben könnten. Aus diesen Unterlagen geht aber auch hervor, dass die Vergabestelle Massnahmen trifft, um diese Risiken zu kontrollieren. Dass die Bauherrschaft ein Konzept erstellt, um Projektrisiken zu erkennen und zu begrenzen, ist selbstverständlich und lässt in keiner Weise den Schluss zu, dass das Angebot die Eignungskriterien nicht erfüllen würde. Die entsprechenden Einwände der Rhomberg sind unbegründet. 10.5. Abgesehen von den bisher behandelten Aspekten hat die Rhomberg im ganzen Verfahren weder substantiierte Kritik gegen die Eignungsbeurteilung noch gegen die technische Bewertung vorgetragen. Das Angebot der ARGE cpc rangiert nicht nur bei der finanziellen, sondern auch bei der technischen Bewertung vor der Rhomberg. Der Zuschlag an die ARGE cpc erweist sich - entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts - als rechtskonform. 11. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Zuschlagsverfügung der AlpTransit Gotthard AG vom 12./15. August 2013 zu bestätigen. Die unterliegenden Beschwerdegegnerinnen tragen die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens unter solidarischer Haftung (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Sie haben der ARGE cpc eine Parteientschädigung zu bezahlen, ebenfalls unter solidarischer Haftung (Art. 68 Abs. 1-3 BGG). Die AlpTransit Gotthard AG hat mit ihren Anträgen ebenfalls obsiegt, hat jedoch als mit öffentlichrechtlichen Aufgaben betraute Organisation (Art. 1 Abs. 1 lit. a AtraV) keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. März 2014 wird aufgehoben und der Vergabeentscheid der AlpTransit Gotthard AG vom 12./15. August 2013 wird bestätigt. 2. Die Gerichtskosten von Fr. 50'000.-- werden den Beschwerdegegnerinnen unter solidarischer Haftung auferlegt. 3. Die Beschwerdegegnerinnen haben unter solidarischer Haftung den Beschwerdeführerinnen für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 50'000.-- zu bezahlen. 4. Die Sache wird zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens an das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen. 5. Dieses Urteil wird den Parteien, der AlpTransit Gotthard AG und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 15. September 2014 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein
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2,008
CH_BGer_004
Federation
null
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Fatti: A. "Così incaricato dal Pretore giusta l'art. 34 cpv. 2 LOG", con sentenza del 14 giugno 2007 il Segretario assessore della Pretura del Distretto di Lugano avv. Adriano Bernasconi ha condannato A._ a versare a B._ fr. 2'200.--, oltre interessi al 5% a far tempo dal 1° maggio 2007, a titolo di restituzione di un mutuo. B. Eccependo la nullità del predetto giudizio siccome non emanato dal pretore bensì dal segretario assessore, al quale difettano sia la competenza a decidere sia la necessaria indipendenza, trattandosi di un semplice funzionario amministrativo, l'11 luglio 2007 A._ ha presentato un ricorso per cassazione fondato sull'art. 327 lett. a e lett. g CPC/TI, che la Camera di cassazione civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino ha respinto il 24 ottobre seguente. I giudici della massima istanza ticinese hanno ammesso la competenza giurisdizionale del segretario assessore sulla base dell'art. 34 cpv. 1 (recte: 2) LOG, che prevede la possibilità di sostituire il pretore con il segretario assessore. Contrariamente a quanto preteso dal ricorrente - hanno osservato i giudici - questo disposto non è in contrasto con la Costituzione ticinese: se anche l'art. 75 Cost./TI non indica il segretario assessore fra i titolari della giurisdizione civile, l'art. 80 Cost./TI conferisce infatti al legislatore cantonale la facoltà di disciplinare l'organizzazione giudiziaria. Per il resto, hanno proseguito i giudici cantonali, il segretario assessore è sì un funzionario dell'amministrazione subordinato al Consiglio di Stato per gli aspetti di carattere amministrativo e disciplinare previsti dalla Legge del 15 marzo 1995 sull'ordinamento degli impiegati dello Stato e dei docenti (Lord/TI; RL 2.5.4.1), ma egli opera e agisce nella sua attività giurisdizionale in modo completamente indipendente dall'esecutivo cantonale, in conformità con il principio della separazione dei poteri previsto dall'art. 51 Cost./TI. C. Prevalendosi della violazione di varie norme della Costituzione cantonale e di quella federale nonché della CEDU, A._ è tempestivamente insorto dinanzi al Tribunale federale con un "ricorso in materia civile e ricorso sussidiario in materia costituzionale". Egli postula, previa concessione dell'effetto sospensivo al gravame, la modifica della sentenza pronunciata dalla Camera di cassazione civile nel senso di accogliere il suo ricorso e, di conseguenza, dichiarare assolutamente nulla sia la pronunzia del segretario assessore sia la procedura che l'ha preceduta; in via subordinata domanda il rinvio della causa al Pretore del Distretto di Lugano per nuovo giudizio. L'istanza di conferimento dell'effetto sospensivo è stata accolta in via supercautelare il 7 dicembre 2007. Con scritto del 18 dicembre 2007 l'opponente ha proposto di respingere il ricorso, mentre il 4 gennaio 2008 l'autorità cantonale ha comunicato la rinuncia a presentare osservazioni.
Diritto: 1. Il Tribunale federale si pronuncia con pieno potere d'esame sull'ammissibilità del rimedio esperito (DTF 133 III 462 consid. 2, 629 consid. 2). 1.1 Consapevole del mancato raggiungimento del valore litigioso minimo prescritto dall'art. 74 cpv. 1 lett. b LTF, il ricorrente ritiene di poter ciononostante introdurre un ricorso in materia civile in virtù dell'art. 74 cpv. 2 lett. a LTF, per il motivo che la controversia concerne il potere giurisdizionale civile del segretario assessore, ovverosia una "questione di diritto d'importanza fondamentale". A sostegno dell'importanza della questione da lui sollevata egli rileva come attualmente i segretari assessori delle preture esercitino quotidianamente in qualità di giudice unico una parte considerevole della giurisdizione civile riservata ai pretori; presso tutte le preture del Cantone - spiega il ricorrente - vige infatti una ripartizione degli incarti tra pretore e segretario assessore in base alla quale, nelle cause che gli sono assegnate, il segretario assessore svolge tutti gli atti di procedura che si rendono necessari dall'inizio alla fine della causa, in modo autonomo rispetto al pretore. Né la controparte né l'autorità cantonale hanno formulato obiezioni a questo riguardo. 1.2 Ora, la possibilità di presentare un ricorso in materia civile nonostante il mancato raggiungimento del valore litigioso qualora il ricorso concerna una "questione giuridica d'importanza fondamentale" era già prevista nel Messaggio concernente la revisione totale dell'organizzazione giudiziaria federale del 28 febbraio 2001 (in: FF 2001 pag. 3865 segg., ad art. 70 AP-LTF). In esso si legge che questa riserva "garantisce che le questioni rilevanti per l'evoluzione del diritto continueranno a essere decise dal Tribunale federale, indipendentemente dal valore litigioso in causa" (FF 2001 pag. 3866 seg.). Una definizione precisa a livello di legge della nozione di "questione giuridica d'importanza fondamentale" non è stata reputata opportuna, poiché il carattere fondamentale di una questione giuridica va valutato di caso in caso. Il legislatore ha tuttavia stabilito, a grandi linee, che per ammettere l'esistenza di una "questione giuridica d'importanza fondamentale" devono essere realizzati due presupposti: in primo luogo deve trattarsi di una questione concernente l'interpretazione di una norma la cui violazione è motivo di ricorso al Tribunale federale; in secondo luogo occorre che la questione meriti di essere giudicata dal Tribunale federale, o perché non è ancora mai stata decisa e la giurisprudenza delle autorità cantonali al riguardo è contraddittoria, o perché - pur essendo la questione già stata decisa - nel ricorso vengono proposti nuovi argomenti suscettibili di mettere in dubbio la fondatezza della giurisprudenza vigente oppure, infine, perché l'autorità inferiore si è discostata dalla giurisprudenza, che merita di essere confermata (FF 2001 pag. 3866 seg.). Nel Messaggio non ci si è per contro occupati della relazione che può esservi tra il ricorso in materia civile concernente una "questione giuridica d'importanza fondamentale" - che, nella misura in cui le censure sollevate siano ammissibili, permette di ottenere il libero riesame della sentenza impugnata - e il ricorso sussidiario in materia costituzionale, dato che il rimedio sussidiario non era contemplato nell'avamprogetto di legge. 1.3 Il tema merita di essere approfondito. 1.3.1 Innanzitutto si osserva che, tenuto conto della sistematica della legge, la "questione di diritto d'importanza fondamentale" - "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung", "question juridique de principe" - va intesa quale eccezione al requisito del valore litigioso minimo. Mediante l'introduzione del requisito del valore litigioso minimo si è voluto limitare la possibilità di adire il Tribunale federale (FF 2001 pag. 3865). Non è infatti necessario che alla massima istanza giudiziaria elvetica possano venire sottoposti tutti i casi, anche quelli qualificabili come bagatelle (Bagatell-Fälle), che non hanno fondamentali ripercussioni nemmeno per le parti interessate. Fanno eccezione, come già detto, quelli in cui si pone una questione giuridica così significativa che potrebbe creare un precedente giurisprudenziale. 1.3.2 In questi casi la possibilità di derogare eccezionalmente al requisito del valore litigioso minimo mira a garantire l'applicazione uniforme del diritto. Nella fattispecie in rassegna non si vede come questo obiettivo potrebbe essere raggiunto, visto che la vertenza riguarda l'organizzazione giudiziaria, lasciata alla competenza ai cantoni (art. 122 cpv. 2 Cost.). La questione sottoposta al Tribunale federale può rivestire un'importanza fondamentale per il Ticino, ma non può essere estesa agli altri cantoni, organizzati diversamente, se non eventualmente per analogia. 1.3.3 In sintesi, la facoltà di inoltrare eccezionalmente il ricorso in materia civile nonostante il mancato raggiungimento del valore litigioso minimo è stata introdotta dal legislatore allo scopo di garantire che questioni di diritto suscettibili di costituire un precedente giurisprudenziale possano venir esaminate e giudicate dal Tribunale federale, cui spetta il compito di vegliare sull'applicazione uniforme del diritto. Ma se questa possibilità è comunque garantita, perché il ricorso sussidiario in materia costituzionale è proponibile, l'eccezione non ha più ragione d'essere. Ammetterla significherebbe estendere la possibilità d'impugnare i cosiddetti casi-bagatella in maniera incompatibile con il senso e lo scopo dell'introduzione del valore litigioso minimo. Da quanto esposto si deve concludere che non è possibile ammettere una "questione di diritto d'importanza fondamentale" ai sensi dell'art. 74 cpv. 2 lett. a LTF quando la stessa questione giuridica può essere sollevata nel quadro del ricorso sussidiario in materia costituzionale ed essere vagliata dal Tribunale federale con il medesimo potere cognitivo che avrebbe qualora entrasse nel merito del ricorso in materia civile. 1.4 Tale eventualità è realizzata nella fattispecie in esame. Giusta l'art. 113 LTF il Tribunale federale giudica infatti i ricorsi "in materia costituzionale" interposti contro le decisioni cantonali di ultima istanza. Nel suo scritto il ricorrente si duole della violazione dell'art. 30 Cost., dell'art. 6 CEDU e dell'applicazione arbitraria del diritto cantonale; anche la censura concernente la violazione del diritto costituzionale cantonale rientra nel campo d'applicazione dell'art. 113 LTF. Il potere cognitivo di cui dispone il Tribunale federale per esaminare queste censure proposte con il rimedio sussidiario corrisponde a quello di cui disporrebbe qualora esse avessero potuto venir proposte con il rimedio ordinario: l'applicazione delle regole cantonali che disciplinano l'organizzazione giudiziaria e la procedura può venir rivista solo sotto il ristretto profilo dell'arbitrio (DTF 131 I 31 consid. 2.1.2.1 con rinvii), mentre il quesito di sapere se l'interpretazione non arbitraria delle norme del diritto cantonale sia conforme alle esigenze poste dall'art. 30 Cost. può essere riesaminata liberamente (DTF 131 I 31 consid. 2.1.2.1; 129 V 335 consid. 1.3.2). 1.5 Da tutto quanto esposto discende che in concreto non sono dati i presupposti per derogare eccezionalmente dal requisito del valore litigioso minimo per adire il Tribunale federale con il ricorso in materia civile e ammettere una "questione di diritto d'importanza fondamentale" ai sensi dell'art. 74 cpv. 2 lett. a LTF. Il ricorso in materia civile deve pertanto venir dichiarato inammissibile. 1.6 Può per contro essere esaminato nel merito il ricorso sussidiario in materia costituzionale, la cui ricevibilità non pone per il resto problemi, siccome interposto tempestivamente (art. 100 cpv. 1 LTF) dalla parte soccombente in sede cantonale (art. 115 lett. a LTF) contro una decisione finale (art. 90 LTF) pronunciata dall'autorità ticinese di ultima istanza (art. 114 LTF combinato con l'art. 75 cpv. 1 LTF). 2. Dinanzi al Tribunale federale il ricorrente ribadisce la nullità della sentenza di primo grado perché emanata dal segretario assessore, il quale non è un magistrato riconosciuto dall'ordinamento giuridico cantonale, dato che non figura fra le autorità legittimate ad esercitare la giurisdizione civile elencate esaustivamente dall'art. 75 Cost./TI, che sono i Giudici di pace, i Pretori e il Tribunale d'appello. Contrariamente a quanto ritenuto nella sentenza impugnata, la competenza giurisdizionale del segretario assessore non può essere dedotta dall'art. 34 cpv. 1 (recte: 2) LOG/TI; questa norma non permette infatti di introdurre un nuovo titolare del potere giurisdizionale civile, il segretario assessore appunto, allorquando questo non è previsto, ma anzi escluso dall'art. 75 Cost./TI. La Camera di cassazione sbaglia - aggiunge il ricorrente - quando ritiene che la facoltà di sostituzione del pretore da parte del segretario assessore discende dall'art. 80 Cost./TI. Questa norma si limita infatti ad autorizzare il legislatore cantonale a regolamentare l'attività di quei magistrati che secondo l'art. 75 Cost./TI sono preposti all'esercizio della giurisdizione civile, non invece a derogare a quanto stabilito nell'art. 75 Cost./TI e ad aggiungere nuovi titolari del potere giurisdizionale civile. Secondo il ricorrente, ammettendo la competenza giurisdizionale del segretario assessore sulla base dell'art. 34 cpv. 1 (recte: 2) LOG/TI, i giudici ticinesi hanno quindi violato la Costituzione cantonale, il diritto di ognuno a essere trattato senza arbitrio dagli organi dello Stato (art. 9 Cost.), il principio della legalità sancito dall'art. 5 cpv. 1 Cost., così come e soprattutto l'art. 10 Cost./TI, l'art. 30 cpv. 1 Cost. e l'art. 6 CEDU, che garantiscono a ognuno il diritto fondamentale di essere giudicato da un giudice regolarmente stabilito dalla legge. 3. Ora, l'art. 122 cpv. 2 Cost. stabilisce che l'organizzazione dei tribunali, la procedura giudiziaria e l'amministrazione della giustizia in materia civile competono ai Cantoni. 3.1 L'autonomia concessa ai Cantoni non è tuttavia assoluta; gli art. 29, 30 e 32 Cost. nonché l'art. 6 CEDU impongono infatti il rispetto di alcune garanzie procedurali minime. Fra queste quella prevista dall'art. 30 cpv. 1 Cost. - che sotto questo profilo ha la medesima portata dell'art. 6 n. 1 CEDU - per la quale ogni cittadino ha il diritto fondamentale di essere giudicato da un tribunale fondato sulla legge, competente nel merito, indipendente e imparziale. Allo scopo di evitare abusi o manipolazioni e garantire l'indipendenza necessaria, il diritto costituzionale a un processo equo impone che l'organizzazione giudiziaria sia fondata sulla legge e che la competenza dei tribunali, così come la loro composizione, sia regolata da norme generali e astratte (DTF 134 I 125 consid. 3.3; 131 I 31 consid. 2.1.2.1 pag. 34; 129 V 196 consid. 4.1, 335 consid. 1.3 pag. 338). 3.2 La questione di sapere se un'autorità giudiziaria ha statuito in una composizione conforme alla legge dev'essere in primo luogo esaminata sulla base delle regole cantonali che disciplinano l'organizzazione giudiziaria e la procedura (DTF 131 I 31 consid. 2.1.2.1 con rinvii). Su questo punto, come già detto, il potere d'esame del Tribunale federale è limitato all'arbitrio (sulla nozione di arbitrio cfr. DTF 132 III 209 consid. 2.1 con rinvii); esso esamina invece liberamente il quesito di sapere se l'interpretazione non arbitraria delle norme del diritto cantonale sia conforme alle esigenze poste dall'art. 30 Cost. (DTF 131 I 31 consid. 2.1.2.1; 129 V 335 consid. 1.3.2). 4. L'attuale Costituzione ticinese è entrata in vigore il 1° gennaio 1998 (Cost./TI; RL 1.1.1.1). Essa rientra nella categoria delle costituzioni cosiddette "aperte", cioè dotate di un contenuto normativo ridotto che assicura un ampio margine di poteri e competenze a favore del legislatore (cfr. Rapporto del 9 giugno 1997 della Commissione speciale Costituzione e diritti politici sul messaggio 20 dicembre 1994 concernente il progetto di revisione totale della Costituzione ticinese, pubblicato nell'agosto 1997 in edizione speciale della RDAT, pag. 8). Per quanto concerne in particolare il potere giudiziario, la nuova Costituzione si prefigge di disciplinare unicamente le questioni essenziali e di far prova di una certa flessibilità per non imporre l'iter di una revisione costituzionale ogniqualvolta si avvertano altri bisogni (cfr. Messaggio del 20 dicembre 1994 concernente il progetto di revisione totale della Costituzione ticinese del 4 luglio 1830, pubblicato nel gennaio 1995 in edizione speciale della RDAT, pag. 112 seg.). 4.1 L'art. 73 cpv. 1 Cost./TI stabilisce che il potere giudiziario è esercitato dai tribunali. Giusta l'art. 75 cpv. 1 Cost./TI la giurisdizione civile è esercitata dai Giudici di pace (lett. a), dai Pretori (lett. b) e dal Tribunale d'appello (lett. c); al cpv. 2 viene riservata la facoltà di assegnare - mediante legge - determinate competenze nel campo del diritto civile (controversie di diritto commerciale, del lavoro e di locazione) ad altri tribunali. Mentre il giudice di pace è eletto dal popolo (art. 35 cpv. 2 Cost./TI), i giudici del Tribunale d'appello e i Pretori vengono eletti dal Gran Consiglio (art. 36 cpv. 1 lett. a e lett. d Cost./TI); per tutti il periodo di nomina è di dieci anni (art. 81 cpv. 1 Cost./TI). Diversamente dall'ordinamento precedente - che dedicava al potere giudiziario ben undici articoli (art. 39 - art. 49 vCost.) e regolava la materia in modo particolareggiato, segnatamente con descrizione delle funzioni e delle competenze - la nuova Costituzione non disciplina l'organizzazione interna delle autorità preposte all'esercizio della giurisdizione civile. Per esempio non stabilisce il loro numero né la loro sede, rispettivamente - per giudici di pace e pretori - la loro distribuzione sul territorio (Rapporto del 25 marzo 1986 della Commissione per lo studio della revisione totale della Costituzione cantonale, pubblicato nel 1986 in edizione speciale della RDAT, pag. 214-218). L'art. 80 Cost./TI conferisce al legislatore cantonale la facoltà di stabilire l'organizzazione giudiziaria, le competenze, le procedure, i requisiti di formazione professionale e l'età massima per i magistrati. 4.2 Tale facoltà si è concretizzata nella nuova legge sull'organizzazione giudiziaria del 10 maggio 2006, entrata in vigore il 14 luglio 2006 (LOG/TI), che disciplina l'organizzazione e il funzionamento delle autorità giudiziarie e si applica alle Giudicature di pace, alle Preture, alla Pretura penale, al Tribunale di appello, al Ministero pubblico, all'Ufficio del giudice dell'istruzione e dell'arresto, all'Ufficio del giudice dell'applicazione della pena, al Consiglio della magistratura e agli assessori-giurati (art. 1 cpv. 1 e 2 LOG/TI). Come già esposto, ad eccezione dei giudici di pace e dei loro supplenti, tutti i magistrati dell'ordine giudiziario sono eletti dal Gran Consiglio (art. 2 cpv. 1 LOG/TI) secondo la procedura prescritta dagli art. 3-7 LOG/TI. E se ogni cittadino attivo è eleggibile all'ufficio di giudice di pace e di suo supplente (art. 17 cpv. 2 LOG/TI), alla carica di magistrato dell'ordine giudiziario possono essere eletti solo i cittadini in possesso di un dottorato in giurisprudenza o titolo equivalente o del certificato di capacità per l'esercizio dell'avvocatura (art. 17 cpv. 1 LOG/TI). 4.3 L'organizzazione delle preture è disciplinata dagli art. 32-38 LOG/TI e dal Regolamento delle Preture dell' 11 novembre 2003 (RL 3.1.13). L'art. 32 LOG/TI stabilisce che vi è un pretore in ciascuno degli otto distretti ticinesi (elencati nell'art. art. 21 cpv. 1 Cost./TI), eccezion fatta per Lugano, in cui ve ne sono sei, e Locarno e Mendrisio, in cui ve ne sono due. L'organizzazione della Pretura del Distretto di Lugano è inoltre disciplinata in maniera specifica dagli art. 9-15 del citato Regolamento delle Preture. A norma dell'art. 36 cpv. 1 LOG/TI il pretore giudica inappellabilmente, salvo ricorso in cassazione, le cause che eccedono la competenza del giudice di pace (fr. 2'000.--, cfr. art. 31 cpv. 1 LOG/TI) e non raggiungono il valore determinabile di fr. 8'000.--, nonché quelle che gli devono essere devolute come inappellabili indipendentemente dal loro valore; egli giudica inoltre, salvo appello, tutte le altre cause civili non espressamente devolute ad altre autorità (art. 36 cpv. 2 LOG/TI). Nella sua attività il pretore è assistito da un segretario assessore e da un segretario nominati dal Consiglio di Stato (art. 33 cpv. 1 prima frase LOG/TI). Il segretario assessore assiste e aiuta il pretore nelle sue incombenze e firma le citazioni in caso di impedimento o assenza (art. 38 LOG/TI). Ma non solo. Giusta l'art. 34 LOG/TI il segretario assessore sostituisce il pretore "in caso di impedimento legale o assenza" (art. 34 cpv. 1 LOG/TI) e, qualora lo esiga il funzionamento della pretura, "su richiesta e sotto responsabilità" del Pretore (art. 34 cpv. 2 LOG/TI). 5. La controversia in esame verte appunto sull'interpretazione e l'applicazione di quest'ultimo disposto e in particolare del secondo capoverso, che a mente dei giudici cantonali giustifica la competenza giurisdizionale civile del segretario assessore. 5.1 Per interpretare una norma di legge ci si riferisce in primo luogo al suo tenore letterale. Secondo la giurisprudenza ci si discosta dal senso letterale di un testo chiaro, facendo capo all'interpretazione, solamente qualora delle ragioni obiettive inducano a ritenere ch'esso non restituisce il vero significato della disposizione in esame. Simili ragioni possono emergere dai lavori preparatori, dallo scopo e dal senso della disposizione legale così come dalla sistematica della legge. Se il testo di una norma non appare completamente chiaro o si presta a diverse possibili interpretazioni, la sua portata viene dunque determinata tenendo conto dei lavori preparatori (interpretazione storica), del suo senso e scopo (interpretazione teleologica) nonché della sua relazione con altri disposti (interpretazione sistematica). Il Tribunale federale non privilegia, di principio, un metodo di interpretazione in particolare; per accedere al vero senso di una norma preferisce piuttosto ispirarsi a un pluralismo interpretativo (DTF 132 III 226 consid. 3.3.5 pag. 237, 532 consid. 3.2 pag. 535). 5.2 Giovi allora in primo luogo rilevare che l'art. 34 LOG/TI disciplina la "supplenza ordinaria". Ora, il dizionario della lingua italiana DEVOTO OLI definisce il termine "supplenza" come un "incarico temporaneo per la sostituzione di una persona"; il dizionario della lingua italiana De Mauro, consultabile gratuitamente su internet, indica che in diritto si tratta di un "istituto giuridico che prevede la sostituzione di persone o enti temporaneamente impossibilitati a esercitare le funzioni demandate loro per legge, con altra persona od organo che la legge stessa determina". 5.3 Che la sostituzione di cui all'art. 34 LOG/TI debba essere temporanea, di durata limitata, si evince anche dal fatto che lo stesso testo legislativo regolamenta in maniera specifica la "supplenza durevole" all'art. 24 LOG/TI, dove stabilisce che "in caso di vacanza di qualsiasi seggio giudiziario o di impedimento di carattere durevole, il Consiglio di Stato può designare un supplente a ricoprire l'ufficio fino alla sostituzione o alla cessazione dell'impedimento". 5.4 Occorre inoltre rammentare che il tenore dell'art. 34 LOG/TI corrisponde a quello dell'art. 11 vLOG/TI, che all'origine riconosceva al segretario la possibilità di sostituire il Pretore unicamente "in caso di impedimento legale o di assenza" (cpv. 1). Il secondo capoverso, al centro dell'attuale vertenza, è stato invece introdotto nella legislazione cantonale proprio a seguito di una decisione del Tribunale federale. 5.4.1 In breve, nella sentenza del 12 agosto 1991 (DTF 117 Ia 175) il Tribunale federale è stato chiamato a pronunciarsi sull'interpretazione dell'art. 11 cpv. 1 vLOG/TI, giusta il quale - come appena scritto - il segretario assessore poteva sostituire il pretore in caso di "impedimento legale o di assenza". Nella fattispecie la lite era nata dalla mancata indicazione del motivo della sostituzione nel giudizio prolato dal segretario assessore in applicazione dell'art. 11 cpv. 1 vLOG/TI. Pur rilevando che la possibilità di sostituire il pretore mediante il segretario assessore era esplicitamente contemplata nell'art. 47 cpv. 2 vCost./TI, il Tribunale federale ha negato la possibilità d'interpretare estensivamente l'art. 11 cpv. 1 vLOG/TI, in considerazione della "ratio" di questa norma - che impone di precisare in ogni atto svolto dal segretario assessore la specifica ragione della supplenza, "affinché le parti possano verificare se la norma è stata rispettata" (DTF citata consid. 4c) - e del tenore "perfettamente chiaro e univoco" di questo articolo di legge (DTF citata consid. 4c). In coda alla sentenza il Tribunale federale si è detto consapevole che il tentativo di interpretare e applicare in modo estensivo l'art. 11 cpv. 1 vLOG/TI andava ricercato nell'eccessivo carico di parecchie preture ticinesi; ha tuttavia precisato che "de lege lata" non vi era spazio per un'interpretazione estensiva di questa norma (DTF citata consid. 5d). 5.4.2 Il legislatore ticinese ha pertanto provveduto a modificare l'art. 11 vLOG/TI, aggiungendo un nuovo capoverso 2, entrato in vigore il 15 febbraio 1993, giusta il quale "il segretario assessore sostituisce inoltre il Pretore, su richiesta e sotto responsabilità di quest'ultimo, quando lo esiga il funzionamento della pretura". Stando a quanto indicato nel messaggio del Consiglio di Stato n. 3988 del 1° settembre 1992 "concernente l'estensione delle competenze del segretario assessore delle Preture", l'introduzione di questo capoverso è stata reputata compatibile con il testo costituzionale ticinese allora vigente, poiché l'art. 47 cpv. 2 vCost./TI prevedeva la possibilità di organizzare la supplenza dei pretori mediante i segretari assessori senza limitare in alcun modo il concetto di supplenza. Sia nel messaggio sia nel successivo rapporto della Commissione della legislazione sul messaggio, del 29 gennaio 1993, è stato comunque precisato che si trattava di una soluzione puntuale temporanea, in attesa di soluzioni maggiormente strutturate. 5.4.3 Il carattere temporaneo di questa misura è stato sottolineato anche dal Tribunale federale nella sentenza emanata il 18 marzo 1996 nella causa 5P.41/1996 (non pubblicata). All'origine del litigio vi era nuovamente la mancata indicazione del motivo della sostituzione nel giudizio prolato dal segretario assessore, ma stavolta in applicazione dell'art. 11 cpv. 2 vLOG/TI. Al consid. 4 della sua pronunzia, che viene qui riprodotto, il Tribunale federale ha considerato: "Davanti ai giudici cantonali il ricorrente ha lamentato che il segretario assessore non aveva indicato la ragione per la quale suppliva il Pretore. Il giudizio impugnato, considerato il cambiamento legislativo intervenuto dopo la sentenza pubblicata in DTF 117 Ia 175, ha rilevato che non appare necessario indicare il motivo della supplenza nei casi di cui all'art. 11 cpv. 2 LOG, perché trattasi per volontà del legislatore di un'attività generalizzata, legata solo alla necessità di garantire il funzionamento della Pretura. Il ricorrente sembra contestare codesta conclusione con argomentazioni peraltro quasi completamente nuove, ossia irricevibili. Sta comunque di fatto che la costituzione cantonale permette di provvedere alle supplenze del Pretore con il segretario assessore e che la legge, diversamente da prima della modifica del 15 febbraio 1993, non limita più le supplenze ai soli casi di impedimento legale e di assenza, ma li estende anche ai casi in cui il funzionamento della Pretura lo esiga. Per questi ultimi casi non esiste nessuna ragione, e nemmeno il ricorrente ne adduce qualcuna, per esigere che ne sia indicato il motivo. La legge infatti prevede che il segretario assessore interviene "su richiesta e sotto la responsabilità" del Pretore, al quale dunque esclusivamente spetta di decidere se il funzionamento della Pretura esiga una sua sostituzione temporanea. Si tratta peraltro di una misura adottata per far temporaneamente fronte agli eccessi di lavoro in capo al Pretore, che dovrebbe trovare una diversa soluzione in una nuova e meglio strutturata proposta legislativa allo studio. [...] Alla fin fine, nessuna ragione appare che possa far ritenere arbitraria l'applicazione dell'art. 11 cpv. 2 LOG da parte dei giudici cantonali, ossia che possa far apparire la procedura in concreto adottata manifestamente insostenibile, palesemente contraria alla situazione di fatto, o ancora lesiva in maniera urtante del sentimento di giustizia o equità [...]. Sulle altre censure, e in particolare su quella di violazione dell'art. 6 CEDU, proposte per la prima volta con il ricorso di diritto pubblico, siccome nuove, non mette conto di pronunciarsi [...]." 5.5 Sta di fatto che questa misura temporanea si è protratta sino ad oggi dato che, come già detto, la LOG/TI entrata in vigore il 14 luglio 2006 non ha apportato alcuna modifica a questo riguardo. Nel frattempo, però, il disposto costituzionale che prevedeva esplicitamente la facoltà della sostituzione del pretore da parte del segretario assessore - l'art. 47 cpv. 2 vCO - è stato abrogato e l'attuale costituzione non contiene una norma analoga. Nella sentenza impugnata i giudici ticinesi asseverano in sostanza che, nonostante l'abrogazione dell'art. 47 cpv. 2 vCost., l'art. 34 cpv. 1 (recte: 2) LOG/TI - che prevede la possibilità di sostituire il pretore con il segretario assessore - non può dirsi incostituzionale giacché l'art. 80 Cost./TI delega in ogni caso al legislatore cantonale la facoltà di disciplinare l'organizzazione giudiziaria, le competenze e le procedure. 5.5.1 Ora, dalla lettura dei materiali preparatori della nuova costituzione emerge che l'art. 80 Cost./TI è stato effettivamente concepito come una rielaborazione dell'art. 47 vCO, che tiene conto della concezione del nuovo testo costituzionale e per questo lascia al legislatore spazi più ampi di quanti ne lasciasse il testo costituzionale precedente (Rapporto del 25 marzo 1986 pag. 231 e Messaggio del 20 dicembre 1994 pag. 119). Il ricorrente ha comunque ragione quando sostiene che questa norma non può avere la portata attribuitale nella sentenza impugnata. Il testo della disposizione costituzionale è chiaro: il legislatore è autorizzato a regolamentare l'organizzazione giudiziaria - ad esempio definire il numero dei pretori per distretto - le competenze e le procedure, ma non può evidentemente introdurre un nuovo titolare del potere giurisdizionale, laddove i detentori di tale potere sono chiaramente ed esaustivamente definiti nell'art. 75 Cost./TI. Non è possibile ammettere l'introduzione di un nuovo titolare della giurisdizione civile mediante una normativa di rango inferiore; oltretutto si tratterebbe di un "giudice ordinario" che non soggiace alle medesime modalità di nomina degli altri magistrati (cfr. quanto esposto al consid. 4). 5.5.2 E, in ogni caso, l'interpretazione dell'art. 34 cpv. 2 LOG/TI nel senso che autorizza in materia generale il segretario assessore a decidere in luogo e vece del Pretore è manifestamente insostenibile. Una simile interpretazione sarebbe stata inaccettabile anche qualora l'art. 47 cpv. 2 vCost. fosse stato ancora in vigore. Come già esposto, con l'art. 34 cpv. 2 LOG/TI il legislatore non ha inteso riconoscere al segretario assessore una competenza giurisdizionale autonoma e indipendente, parallela a quella del pretore. Il testo del disposto legale subordina chiaramente l'intervento del segretario assessore a una necessità per il funzionamento della pretura, a una richiesta in tale senso da parte del pretore e sotto la responsabilità di questi. Se, quindi, la sostituzione del pretore poteva aver luogo in determinate circostanze, essa non avrebbe comunque potuto venir adottata sistematicamente, in maniera generale (cfr., per analogia, DTF 123 I 49). 5.5.3 Nella fattispecie in esame si rileva inoltre che l'unico accenno alla figura del pretore consiste nel richiamo all'art. 34 cpv. 2 LOG/TI in ingresso all'atto impugnato; il frontespizio della sentenza menziona infatti esclusivamente "Il Segretario assessore della Pretura di Lugano" ed è solo lui che l'ha firmata, a fianco della segretaria. In queste circostanze il cittadino non è in grado di verificare che il pretore si è assunto la responsabilità del giudizio che lo concerne. Diverso sarebbe stato il caso qualora il pretore avesse firmato la sentenza accanto al segretario assessore che l'ha elaborata. 5.5.4 Da tutto quanto esposto discende che la decisione dei giudici ticinesi di riconoscere, in pratica, al segretario assessore un potere giurisdizionale civile autonomo fondato sull'art. 34 cpv. 2 LOG/TI viola sia la Costituzione cantonale sia quella federale, nella misura in cui, come affermato nel gravame, sottrae il ricorrente al suo giudice costituzionale, nel senso di un giudice regolarmente fondato sulla legge. Il ricorso deve pertanto essere accolto. 5.6 Ancora una volta, come già nel 1991, l'estensione delle competenze del segretario assessore si spiega con la necessità di evadere in tempi ragionevoli le numerose pratiche presenti nelle preture, in particolare quelle cittadine. È allora bene precisare che con la presente sentenza non viene messa in discussione la competenza dei segretari assessori, giuristi di apprezzata esperienza, che in taluni casi hanno anche già svolto il ruolo di pretori supplenti. "De lege lata" non vi è tuttavia lo spazio per riconoscere loro un potere giurisdizionale autonomo, parallelo a quello del pretore. 6. Resta da esaminare quali siano gli effetti dell'accoglimento del ricorso. 6.1 In via principale il ricorrente postula l'annullamento di tutti gli atti di procedura svolti dal segretario assessore. Una simile richiesta non può essere accolta. Se infatti l'art. 34 cpv. 2 LOG/TI non giustifica un potere giurisdizionale civile autonomo del segretario assessore, gli permette senz'altro di sostituire il pretore nel quadro delle udienze se così richiesto dal pretore per il buon funzionamento della pretura e sotto la sua responsabilità. Non va dimenticato che il compito principale del segretario assessore è per legge quello di assistere il pretore nelle sue incombenze. 6.2 Il ricorso può dunque essere accolto solamente nella sua richiesta subordinata, tendente all'annullamento della sentenza impugnata e al rinvio della causa all'autorità cantonale. Considerato che la violazione dell'art. 34 LOG/TI viene sanzionata con l'annullamento della decisione impugnata (cfr. DTF 117 Ia 175 consid. 5, seppur riferita all'art. 11 vLOG/TI) il Tribunale federale può, in applicazione dell'art. 107 cpv. 2 seconda frase LTF, rinviare la causa alla Pretura del Distretto di Lugano. La Camera di cassazione civile dovrà invece emanare un nuovo giudizio sui costi della procedura cantonale (cfr. DTF 133 III 645 consid. 6, non pubblicato). 6.3 Le spese giudiziarie della procedura federale sono di regola addossate alla parte soccombente, ma il Tribunale federale può anche decidere di ripartirle in modo diverso o rinunciare ad addossarle alle parti (art. 66 cpv. 1 LTF). Le circostanze particolari del caso concreto giustificano la rinuncia al prelievo di spese giudiziarie; il ricorso viene infatti accolto per motivi indipendenti della volontà dell'opponente e dagli atti si evince che il ricorrente non ha impugnato la decisione di primo grado nel merito. Per quanto concerne il versamento di un'adeguata indennità per ripetibili della sede federale (art. 68 LTF), si osserva che il ricorrente - avvocato - ha stilato personalmente l'allegato. Per costante giurisprudenza, alla parte che non è patrocinata non viene di principio assegnata alcuna indennità per ripetibili della sede federale (DTF 113 Ib 353 consid. 6b con rinvii); in questi casi è infatti evidente che non vi possono essere spese di patrocinio (art. 2 Regolamento sulle spese ripetibili accordate alla parte vincente e sull'indennità per il patrocinio d'ufficio nelle procedure davanti al Tribunale federale, RS 173.110. 210.3). Un'indennità per i disborsi e per l'attività svolta dalla parte medesima in relazione con il ricorso (art. 1 lett. b Regolamento sulle spese ripetibili accordate alla parte vincente) può essere accordata solo in via eccezionale, a patto però che i costi siano rilevanti e dimostrati, ciò che non è il caso in concreto. 7. Con l'evasione del gravame la richiesta di effetto sospensivo è divenuta priva di oggetto.
Per questi motivi, il Tribunale federale pronuncia: 1. Il ricorso in materia civile è inammissibile. 2. Il ricorso sussidiario in materia costituzionale è accolto. Di conseguenza, la sentenza emanata il 24 ottobre 2007 dalla Camera di cassazione civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino viene annullata e: 2.1 La causa viene rinviata alla Pretura del Distretto di Lugano per nuovo giudizio. 2.2 Alla Camera di cassazione civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino la causa è rinviata per nuova decisione sulle spese giudiziarie e ripetibili della sede cantonale. 3. Non si prelevano spese giudiziarie. 4. Comunicazione alle parti e alla Camera di cassazione civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino.
bb8d79c1-e8a9-42f6-8f5c-babcc5eb2eb5
de
2,013
CH_BGer_009
Federation
null
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social_law
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critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die Pensionskasse A._, im Dezember 2010 in Liquidation versetzt (nachfolgend: Pensionskasse), war bis Ende 2005 eine Gemeinschaftsstiftung mit 182 angeschlossenen Arbeitgebern. Per 1. Januar 2006 wurde sie neu strukturiert, indem sie von einer Gemeinschafts- in eine Sammelstiftung umgewandelt wurde und den Wechsel vom Leistungs- ins Beitragsprimat vollzog. Am 22. Juni 2005 verabschiedete der Stiftungsrat der Pensionskasse das "Reglement Teilliquidation 2005", gültig vom 1. Januar bis 31. Dezember 2005 (nachfolgend: Teilliquidationsreglement 2005). Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) genehmigte es am 1. September 2005. Mit Schreiben vom 28. Juli 2005 informierte die Pensionskasse die angeschlossenen Unternehmungen über das weitere Vorgehen, insbesondere über die Möglichkeit, den Anschlussvertrag bis 30. September 2005 ausserordentlich per Ende 2005 zu kündigen. Sie wies u.a. darauf hin, dass sich der Austritt per 31. Dezember 2005 nach dem Teilliquidationsreglement 2005 richte. Die Q._ AG (heute [und nachfolgend]: X._ AG) und die R._ AG (heute [und nachfolgend]: Y._ AG) machten am 22. September 2005 von ihrem ausserordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch. In der Folge kam es zwischen ihnen und der Pensionskasse zu Differenzen betreffend die anwendbare Rechtsgrundlage sowie betreffend die Berechnung des zu übertragenden Kapitals. Beide Unternehmungen sowie ihre aktiv und passiv Versicherten fochten am 16. Oktober 2006 den Verteilungsplan vom 14. September 2006 beim BSV an. Dieses wies die Beschwerden ab und verfügte am 6. resp. 7. Mai 2009 in materieller Hinsicht, dass die Pensionskasse zu Recht das Teilliquidationsreglement 2005 angewendet (Dispositiv-Ziff. 2) sowie die Bilanz und den einheitlichen Deckungsgrad per 31. Dezember 2005 korrekt ermittelt habe (Dispositiv-Ziff. 3). Ferner genehmigte es den Verteilungsplan im Sinne der Erwägungen (Dispositiv-Ziff. 4). B. Das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerden, welche die X._ AG und ihre Versicherten resp. Leistungsbezüger einerseits sowie die Y._ AG und ihre Versicherten resp. Leistungsbezüger andererseits gegen die Verfügungen des BSV vom 6. resp. 7. Mai 2009 eingereicht hatten, teilweise gut und änderte deren Dispositiv-Ziff. 2 dahin gehend ab, dass für die Abwicklung der Teilliquidation das Teilliquidationsreglement 2005 mit Ausnahme von dessen Art. 2.3.3 Abs. 3 anzuwenden sei. Gleichzeitig hob es Dipositiv-Ziff. 4 auf und wies die Sache an die - seit Juni 2012 zuständige - Bernische BVG- und Stiftungsaufsicht (BBSA) zurück, damit sie nach Erwägung 10.1 vorgehe und die Pensionskasse dazu anhalte, einen neuen Verteilungsplan zur Genehmigung vorzulegen. Die Dispositiv-Ziff. 1 (Abweisung eines Ausstandsbegehrens gegen zwei Mitarbeiter des BSV), 3 (korrekte Ermittlung von Bilanz und Deckungsgrad) und 5 (keine Zusprache einer Parteientschädigung) bestätigte es (Entscheide vom 11. Januar 2013). In der (jeweiligen) Verweisungserwägung 10.1 findet sich der Schluss, dass das Rentendeckungskapital vollumfänglich mitzugeben ist, welche Vorgabe es bei der Überarbeitung des Verteilungsplans zu berücksichtigen gelte. C. Sowohl die Pensionskasse als auch die X._ AG samt 17 aktiv Versicherten resp. Leistungsbezügern sowie die Y._ AG samt 91 aktiv Versicherten resp. Leistungsbezügern (nachfolgend vereinfachend nurmehr X._ AG und Y._ AG oder Arbeitgeberfirmen genannt) gelangen an das Bundesgericht: C.a. Die Pensionskasse beantragt in ihren Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (zum einen gegen die X._ AG [Verfahren 9C_135/2013], zum andern gegen die Y._ AG [Verfahren 9C_136/2013]), es sei der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Januar 2013 aufzuheben, soweit es die Beschwerde an es teilweise gutgeheissen habe, und es sei diese vollumfänglich abzuweisen. Die X._ AG und Y._ AG beantragen in der Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerden, soweit darauf einzutreten sei, während die BBSA und das BSV auf deren Gutheissung schliessen. C.b. In ihren Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen die X._ AG (Verfahren 9C_147/2013) und die Y._ AG (Verfahren 9C_148/2013) - separat, aber identisch -, der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Januar 2013 sei insoweit abzuändern, als Dispositiv-Ziff. 2-5 der Verfügung des BSV vom 6. resp. 7. Mai 2009 aufzuheben seien und bei der Neuerstellung des Verteilungsplans zu beachten sei, dass die Deckungslücke gemäss Art. 7 Ziff. 3 der Allgemeinen Bestimmungen über den Ein- und Austritt eines Versicherungsnehmers nur auf einer Deckung von 95 % zu berechnen sei und dass die Bilanzposition "nicht-technische Rückstellungen" und die beiden Wertberichtigungen in der Jahresrechnung 2005 wegen Überschreitens der gesetzlichen und/oder reglementarischen Belehnungsgrenzen - die (aktivseitigen) Hypothekardarlehen und gesicherten Anlagen beim Arbeitgeber betreffend - aufzulösen seien; eventualiter sei den austretenden Vorsorgeeinrichtungen ein Anteil an den "nicht-technischen Rückstellungen" bzw. an den vorgenommenen Wertberichtigungen im Verhältnis zum Deckungskapital mitzugeben. In Bezug auf die Pflicht zur vollumfänglichen Mitgabe des Rentendeckungskapitals sei der vorinstanzliche Entscheid vom 11. Januar 2013 zu bestätigen. Die Pensionskasse beantragt in ihren Vernehmlassungen sinngemäss die Abweisung der Beschwerden, soweit darauf einzutreten sei. Die BBSA schliesst auf deren Abweisung. Das BSV verzichtet auf eine Vernehmlassung. C.c. Die Pensionskasse reicht am 2. September 2013 weitere Bemerkungen zur Vernehmlassung der Beschwerdegegner in den Verfahren 9C_135/2013 und 9C_136/2013 ein.
Erwägungen: 1. Da allen vier Beschwerden derselbe Sachverhalt zugrunde liegt, sich Rechtsfragen stellen, die sich auf die anhängig gemachten Fälle in gleichem Mass auswirken, sowie die angefochtenen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts materiell deckungsgleich sind, rechtfertigt es sich, die Verfahren 9C_135/2013, 9C_136/2013, 9C_147/2013 und 9C_148/2013 zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (BGE 128 V 124 E. 1 S. 126 mit Hinweisen). 2. Der angefochtene Gerichtsentscheid setzt sich aus einem Teil-Endentscheid und einem Teil-Rückweisungsentscheid zusammen. Der Teil-Endentscheid ist letztinstanzlich anfechtbar (vgl. Art. 90 f. BGG). Die teilweise Rückweisung dient einzig der (rechnerischen) Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten, weshalb sie ebenfalls als Endentscheid behandelt wird (BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127 mit Hinweisen). 3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist - wozu auch Unvollständigkeit gehört (Urteil 9C_395/2009 vom 16. März 2010 E. 2.4) - oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Folglich ist das Bundesgericht weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 4. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen sowie diejenigen des vorinstanzlichen Verfahrens von Amtes wegen und mit freier Kognition (Urteil 9C_500/2012 vom 28. Februar 2013 E. 1, nicht publ. in: BGE 139 V 72; BGE 138 V 339 E. 1 S. 340; 136 V 7 E. 2 S. 9). Im Blickpunkt steht die Beschwerdebefugnis der X._ AG und der Y._ AG als Arbeitgeberfirmen. 4.1. Gemäss Art. 53d Abs. 6 Satz 1 BVG haben die Versicherten und die Rentnerinnen und Rentner das Recht, die Voraussetzungen, das Verfahren und den Verteilungsplan bei der zuständigen Aufsichtsbehörde überprüfen und entscheiden zu lassen. Das Gesetz äussert sich nicht, ob im konkreten Teilliquidationsfall weiteren Personen die Legitimation zukommen kann, die Aufsichtsbehörde anzurufen. Indes regelt Art. 48 Abs. 1 VwVG (SR 172.021) die Beschwerdelegitimation vor dem Bundesverwaltungsgericht (Art. 37 VGG [SR 173.32]). Massgebend ist u.a. ein Berührtsein und ein schutzwürdiges Interesse (Art. 48 Abs. 1 lit. b und c VwVG; sogenannte materielle Beschwer). Da die Legitimation im Verfahren vor der Aufsichtsbehörde nicht enger umschrieben sein kann als im Verfahren vor oberer Instanz (Einheit des Verfahrens; vgl. BGE 135 V 382 E. 4.2 S. 389), lässt sich nicht ausschliessen, dass neben Versicherten und Rentnern auch Arbeitgeber befugt sind, den Verteilungsplan anzufechten ( UELI KIESER, in: BVG und FZG, 2010, N. 65 zu Art. 53d BVG; MARTINA STOCKER, Die Teilliquidation von Vorsorgeeinrichtungen, 2012, S. 179). 4.2. Der Arbeitgeber hat keinen Anspruch auf Vorsorgeleistungen, aber einen vertraglichen Anspruch darauf, dass die Vorsorgeeinrichtung die ihr obliegenden Vorsorgepflichten gegenüber den bei ihr versicherten Arbeitnehmern korrekt wahrnimmt. Der vertragliche Anspruch umfasst auch, dass die bisherige Vorsorgeeinrichtung die Rechtsfolgen korrekt abwickelt, die sich aus der Kündigung des Anschlussvertrags ergeben. Dazu gehört, dass im Rahmen einer Teilliquidation das zu übertragende Kapital richtig berechnet und wie allenfalls vorhandenes weiteres Vorsorgevermögen zu Gunsten der Arbeitnehmer weitergegeben wird. Im Weiteren ist der Arbeitgeber aufgrund von Art. 331 Abs. 4 OR verpflichtet, dem Arbeitnehmer über die Forderungsrechte, die ihm gegen eine Vorsorgeeinrichtung zustehen, Aufschluss zu erteilen. Aus diesen Gründen hat das Bundesgericht bereits in einem Urteil vom 11. Februar 1998, in welchem es ebenfalls um eine konkrete Teilliquidation ging, festgehalten, dass der Arbeitgeber aus eigenem Recht ein aktuelles schutzwürdiges Interesse daran hat, den Erlass einer aufsichtsrechtlichen Verfügung zu erwirken (Pra 1998 Nr. 70 S. 435, 2A.185/1997 E. 3d; vgl. auch SZS 2006 S. 463, 2A.162/2005 E. 4.1.3). Es besteht kein Anlass, diese Rechtsprechung in Frage zu stellen. Zwar erging sie noch unter altem Regime zur Teilliquidation. Mit der 1. BVG-Revision, die am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist (AS 2004 1677 ff.), wurde die Teilliquidation jedoch allein verfahrensrechtlich neu geregelt. Materiell blieb ihr Gehalt unverändert (BGE 139 V 72 E. 3.1.2 S. 78; 138 V 346 E. 6.3.3 S. 363). 4.3. Mithin ist die Beschwerdelegitimation der X._ AG und der Y._ AG zu bejahen. Soweit sie jedoch im vorliegenden Verfahren beantragen, es sei zu bestätigen, dass das Rentendeckungskapital vollumfänglich mitzugeben ist, fehlt ihnen das Rechtsschutzinteresse, was im Übrigen auch auf die Aktiven und Rentner zutrifft. Diesbezüglich ist auf die Beschwerden nicht einzutreten. 5. Zu prüfen ist sodann die prinzipielle Anwendbarkeit des Teilliquidationsreglements 2005. 5.1. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der 1. BVG-Revision die Gesetzesbestimmungen zur Teilliquidation aus dem Freizügigkeitsgesetz (vgl. aArt. 23 FZG) in das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (vgl. Art. 53b-53d BVG) überführt und mit einer Bestimmung zur Gesamtliquidation ergänzt (vgl. E. 4.2 in fine). Eine diesbezügliche Übergangsbestimmung erliess er nicht. Mit anderen Worten waren die hier einschlägigen Art. 53b-53d BVG ab 1. Januar 2005 zu beachten. Der Bundesrat statuierte sodann in lit. d der Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. August 2004 der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2 [SR 831.441.1]; in Kraft seit 1. Januar 2005), dass die Anpassung der Reglemente und Verträge spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnungsänderung - also Ende 2007 - abgeschlossen sein muss (AS 2004 4279 und 4653 [Berichtigung]). Dies ändert jedoch nichts daran, dass die gesetzlichen und Verordnungs-Bestimmungen bereits anzuwenden waren. Die besagte lit. d hat ausschliesslich die formelle Umsetzung zum Inhalt (Erläuterungen des BSV zu den Änderungen der BVV 2 vom 1. Juli 2004 S. 50, abrufbar unter: http://www.bsv.admin.ch/themen/vorsorge/00039/02608/index.html?lang=de, 1. BVG-Revision/2. Paket; besucht am 16. Dezember 2013) und stellt demnach - in Übereinstimmung mit der Vorinstanz - bloss eine Ordnungsfrist dar. Dies heisst, dass die Vorsorgeeinrichtungen - unabhängig von der dreijährigen Zeitspanne - verpflichtet sind, vor Durchführung einer Teilliquidation das entsprechende Reglement zu erstellen. 5.2. Der aufsichtsrechtlichen Genehmigung des Teilliquidationsreglements 2005 kommt konstitutive Wirkung zu (BGE 139 V 72 E. 2.1 S. 74 f.). Das heisst, dieses erlangt grundsätzlich erst mit der Genehmigungsverfügung, welche hier vom 1. September 2005 datiert und unangefochten in Rechtskraft erwuchs, Gültigkeit. Soweit das Bundesgericht in E. 2.2.2 in fine des zitierten Urteils festgehalten hat, "die konstitutive Wirkung bleibt dabei bedeutungslos", so lässt sich daraus nicht ableiten, dass das Teilliquidationsreglement 2005 mit dem Erlass durch den Stiftungsrat in Rechtskraft erwachsen ist, wie die Pensionskasse meint (missdeutend auch CHRISTINA RUGGLI-WÜEST, Aufsichtsbehördliche Tätigkeiten bei der Teil- und Gesamtliquidation in der Praxis, in: Gesamt- und Teilliquidation von Pensionskassen, GEWOS Schriftenreihe, Bd. 5, 2013, S. 38 Fn. 25). Der wiedergegebene Satz steht im ausschliesslichen Zusammenhang mit der Frage nach der Qualifikation der aufsichtsrechtlichen Genehmigung entweder als Rechtssetzungsakt oder als Einzelakt im Sinne einer Feststellungsverfügung und bringt zum Ausdruck, dass die konstitutive Wirkung auf ihre Beantwortung keinen Einfluss hat. Dieses Verständnis ergibt sich klar auch aus der in BGE 139 V 72 E. 2.2.2 S. 76 f. in fine aufgeführten Lehrmeinung. 5.3. Die Voraussetzungen der Teilliquidation sind von vornherein spezifiziert. Raum für einen Entscheid im konkreten Einzelfall besteht nicht (Art. 53b Abs. 1 BVG; BGE 138 V 346 E. 6.3 S. 363). Mit diesem fixen Rahmen geht einher, dass sich der Stichtag für die Teilliquidation prinzipiell nach dem die Liquidation auslösenden Ereignis bestimmt (BGE 139 V 407 E. 4.1.1 S. 411). In concreto wurden die Anschlussverträge per 31. Dezember 2005 aufgelöst. Die Vorsorgeeinrichtung hat den Stichtag (sowohl für die Festlegung des Kreises der Betroffenen als auch für die Beurteilung der tatsächlichen Vermögenslage) auf dieses Datum gelegt, was - zu Recht - nie Anlass zu Diskussionen gegeben hat. Dabei hat es sein Bewenden (vgl. BGE 139 V 407 E. 4.1.2 S. 411). Mithin liegen Tatbestandserfüllung (Art. 53b Abs. 1 lit. c BVG resp. Art. 2.2 Abs. 1 des Teilliquidationsreglements 2005) und Stichtag nach der Genehmigung des Teilliquidationsreglements 2005 am 1. September 2005. Der Moment der Kündigung des Anschlussvertrages spielt keine Rolle. Vielmehr muss deren Konsequenz - dass das Vertragsverhältnis aufgelöst wird, wie der Wortlaut von Art. 53b Abs. 1 lit. c BVG unmissverständlich normiert - eingetreten sein, damit eine Teilliquidation durchgeführt werden kann ( STOCKER, a.a.O., S. 110). Von einer Rückwirkung kann im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden. In zeitlicher Hinsicht sind regelmässig diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 130 V 445 E. 1.2.1 S. 447; 127 V 466 E. 1 S. 467). 5.4. Eine andere Frage ist, ob und inwieweit die Vorsorgeeinrichtung - als Adressatin der Genehmigungsverfügung (vgl. E. 5.4.1 nachfolgend) - das genehmigte Teilliquidationsreglement 2005 den (aktiv und passiv) Versicherten bekannt zu machen hatte, damit es überhaupt verbindlich ist. 5.4.1. Wie das Bundesgericht kürzlich in BGE 139 V 72 entschieden hat, handelt es sich bei der aufsichtsrechtlichen Genehmigung des Teilliquidationsreglements einer Vorsorgeeinrichtung gemäss Art. 53b Abs. 2 BVG nicht um einen Rechtssetzungsakt, sondern um einen Einzelakt im Sinne einer Feststellungsverfügung (BGE, a.a.O., E. 2.2.2 S. 76 f.), die primär an die Vorsorgeeinrichtung adressiert ist (BGE, a.a.O., E. 3.1.1 S. 77). Das Gesetz sieht für die Destinatäre bei der Erstellung und rechtsbegründenden Genehmigung des Teilliquidationsreglements, welches Verfahren zwingend und in sich abgeschlossen ist, keine Rolle vor. Erst im Rahmen der Durchführung einer konkreten Teilliquidation wird ihnen Parteistellung zuerkannt, indem sie das Recht haben, die Voraussetzungen, das Verfahren und den Verteilungsplan bei der zuständigen Aufsichtsbehörde überprüfen zu lassen (BGE, a.a.O., E. 3.1.2 S. 78; vgl. auch E. 4.1). Ebenso wenig verleiht ihnen das abstrakte Prüfungsverfahren vor der Aufsichtsbehörde in der Regel eine materielle Beschwer (BGE, a.a.O., E. 3.1.4 S. 80). Die Aufsichtsbehörde ist daher nicht gehalten, die Genehmigungsverfügung betreffend das Teilliquidationsreglement auch den Destinatären zuzustellen (vgl. auch HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, S. 377 f. Rz. 1638). Ein solcher - unterbliebener - Akt hat keinen Einfluss auf die Rechtswirkung des Teilliquidationsreglements. 5.4.2. Bei einer Teilliquidation besteht neben dem Anspruch auf die Austrittsleistung ein individueller oder kollektiver Anspruch auf freie Mittel (Art. 27g Abs. 1 BVV 2). Ebenso besteht ein kollektiver Anspruch auf Rückstellungen und Schwankungsreserven (Art. 27h Abs. 1 BVV 2). Art. 2.1 des Teilliquidationsreglements 2005 wiederholt diese Grundsätze. Die gesetzlichen bzw. reglementarischen Bestimmungen verleihen somit den (aktiv und passiv) Versicherten einen Rechtsanspruch auf einen - noch aufzuschlüsselnden - Teil am Teilliquidationsergebnis, falls sie (dereinst) von einem Teilliquidationstatbestand tatsächlich betroffen sind. Gleichermassen ist für sie von vorsorgerechtlicher Relevanz, wie im Falle einer Teilliquidation mit einem allfälligen versicherungstechnischen Fehlbetrag verfahren wird (vgl. dazu E. 6.2 hinten). Da Art. 53b Abs. 1 BVG, wonach die Vorsorgeeinrichtungen in ihren Reglementen u.a. die Voraussetzungen zur Teilliquidation regeln, keinen Raum für einen Entscheid im konkreten Einzelfall belässt, sondern verlangt, dass die einzelnen Voraussetzungen präventiv spezifiziert werden (vgl. E. 5.3), liegt auf der Hand, dass die Versicherten ihre Ansprüche nur durchsetzen können, wenn sie die (vor-) definierten Grundlagen kennen. 5.4.3. Nach der Aktenlage steht fest, dass die Arbeitgeberfirmen seit Ende Juli 2005 über den genauen Inhalt des Teilliquidationsreglements 2005 Bescheid wussten. Die Pensionskasse teilte ihnen in ihrem Schreiben vom 28. Juli 2005, dem das Teilliquidationsreglement 2005 beigelegt war, mit, dass dieses gegenwärtig bei der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorliege; sofern sich entgegen den Erwartungen noch Änderungen ergeben sollten, werde dies zur Kenntnis gebracht. Der Empfang ist von keiner Seite bestritten. Nachdem das Teilliquidationsreglement 2005 tel quel genehmigt worden war, erübrigten sich weitere Informationen gegenüber den Arbeitgebern. 5.4.4. Art. 86b Abs. 1 BVG, der auch im überobligatorischen Bereich gilt (Art. 49 Abs. 2 Ziff. 26 BVG), handelt von der jährlichen Informationspflicht der Vorsorgeeinrichtung gegenüber den Versicherten. Diesbezügliche Themen sind die Leistungsansprüche, der koordinierte Lohn, der Beitragssatz und das Altersguthaben (lit. a), kurz: die individuelle Versicherungssituation und die zu erwartenden Leistungen; die Organisation und Finanzierung der Vorsorgeeinrichtung (lit. b), zwecks Erhellung ihres Systems (z.B. Beitrags- oder Leistungsprimat) und ihrer Tätigkeit; sowie die Zusammensetzung des paritätischen Organs (lit. c), um bei Problemen einen ersten Ansprechpartner zu haben (Botschaft zur Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [1. BVG-Revision] vom 1. März 2000, BBl 2000 2637, 2701 f.; KURT PÄRLI, in: BVG und FZG, 2010, N. 5 zu Art. 86b BVG). Die Verabschiedung eines Teilliquidationsreglements fällt zweifellos unter die Informationspflicht gemäss Art. 86b Abs. 1 lit. a BVG (vgl. E. 5.4.2; vgl. auch ISABELLE VETTER-SCHREIBER, Berufliche Vorsorge, 3. Aufl. 2013, N. 25 zu Art. 53b BVG). In der Praxis der Aufsichtsbehörden ist es denn auch üblich, dass sie die Vorsorgeeinrichtungen in der Genehmigungsverfügung verpflichten, diese und das Teilliquidationsreglement sämtlichen Destinatären mitzuteilen (vgl. BGE 139 V 72 E. 3.1.1 S. 77 und E. 3.1.3 S. 79). Wohl ist gemäss Pensionskassenreglement (Leistungs- und Beitragsprimat), gültig ab 1. Januar 2002 (nachfolgend: Reglemente 2002), der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer - gemeinsam mit der Geschäftsstelle - verpflichtet, seine Versicherten über deren individuelle Vorsorgeverhältnisse und sämtliche Erlasse der Kasse sowie deren allfällige Änderung zu informieren (Art. 73 Ziff. 5 in Verbindung mit Art. 72 Ziff. 1 lit. h). Ob und inwieweit eine solche Delegation dem Gehalt von Art. 86b Abs. 1 BVG genügt, kann jedoch (weiterhin) offenbleiben (vgl. BGE 136 V 331 E. 4.2.3.2 S. 337). Selbst wenn die Vorsorgeeinrichtung selber für die Weitergabe vorsorgerechtlich relevanter Informationen an die Versicherten verantwortlich ist, ergibt sich in concreto daraus nichts zu deren Gunsten, wie die nachfolgende Erwägung zeigt: 5.4.5. Folge der Verletzung von Art. 86b Abs. 1 BVG ist nicht automatisch Unverbindlichkeit. Vielmehr ist die fehlende Information gleich wie eine zu Unrecht unterlassene behördliche Auskunft im Sinne des öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutzes zu betrachten (BGE 136 V 331 E. 4.3 S. 338). Es stellt sich deshalb die Frage, ob die notwendige Mehrheit von aktiven und passiven Versicherten auch für die (ausserordentliche) Auflösung des Anschlussvertrages votiert hätte (vgl. Art. 74 Ziff. 1 der Reglemente 2002), wenn ihnen die Regeln für die Abwicklung eines Wechsels der Vorsorgeeinrichtung "schwarz auf weiss" vorgelegen hätten. Die Vorinstanz hat diesbezüglich keine Feststellungen getroffen. Da die Akten insoweit liquid sind, kann das Bundesgericht den Sachverhalt selber ergänzen (vgl. E. 3; BGE 136 V 362 E. 4.1 S. 366). Dazu ist vorab festzuhalten, dass die Pensionskasse das ausserordentliche Kündigungsrecht nicht im Zusammenhang mit den Art. 53b-53d BVG, die seit 1. Januar 2005 zwingend zu beachten sind (vgl. E. 5.1), eingeräumt hat. Vielmehr bilden die grundsätzlichen Änderungen im System und in der Form - Primatwechsel und Umwandlung in eine Sammelstiftung - Hintergrund für die Gewährung des frühzeitigen Kündigungsrechts. Dabei standen aufgrund der massiven Unterdeckung (76.5 % per 31. Dezember 2004) einschneidende Sanierungsmassnahmen ab 1. Januar 2006 bevor, die auf einen Zeithorizont von 15 Jahren angelegt waren: Die aktiv Versicherten hatten einen Sanierungsbeitrag von drei Lohnprozenten zu entrichten, das Alterskapital wurde nurmehr zum gesetzlichen Mindestzins verzinst, der technische Zinssatz für das Rentendeckungskapital von 4,5 auf drei Prozent gesenkt, Invalidenrenten wurden nur noch gemäss den Bestimmungen der staatlichen Invalidenversicherung gewährt und AHV-Überbrückungsrenten mussten von den Betroffenen oder ihren Unternehmen versicherungsmathematisch voll finanziert sein. Zwar hatte die Pensionskasse - wegen der gegebenen gesetzlichen Grundlagen, des grossen administrativen Aufwands und des geringen Ertrags - auf einen Einbezug der Rentnerinnen und Rentner in die Sanierung verzichtet. Indes war vorgesehen, dass in den nächsten Jahren die Renten nicht der Teuerung angepasst werden sollten. Insgesamt zeichnete sich somit ein beschwerlicher Weg aus einer misslichen (Vorsorge-) Situation ab, der allen Versicherten Opfer abverlangte. Der Erfolg war nicht garantiert, zumal die für die Sanierung der Pensionskasse notwendige durchschnittliche Rendite von fünf Prozent pro Jahr nicht mit einer risikolosen Anlagestrategie erreichbar war. Unter diesen Umständen - zusammen mit der gemachten Erfahrung der beschränkten Einflussmöglichkeit (vgl. Art. 75-77 der Reglemente 2002) - lag das Ziehen eines Schlussstrichs weit näher als die Fortsetzung des Vorsorgeverhältnisses mit der Pensionskasse. Abgesehen davon, dass angesichts des soeben Dargelegten nicht ersichtlich ist, inwieweit den Versicherten durch die Kündigungen ein Nachteil erwachsen sein soll (vgl. zu den Voraussetzungen des Vertrauensschutzes SVR 2013 BVG Nr. 12 S. 47, 9C_419/2011 E. 4.2.1), behaupten sie in ihren Beschwerdeschriften lediglich, den Wortlaut des Teilliquidationsreglements 2005 im Kündigungszeitpunkt nicht gekannt zu haben. E contrario hatten sie also - augenscheinlich via den Arbeitgeber (vgl. E. 5.4.3) - vom Inhalt Kenntnis, was erst recht überwiegend wahrscheinlich macht, dass sie sich auch bei unmittelbarer Information durch die Pensionskasse (mittels Abgabe der Reglementsbestimmungen samt Hinweis auf die wesentlichen Neuerungen [vgl. BGE 136 V 331 E. 4.2.3.1 S. 336 f.]) nicht anders verhalten hätten. 5.4.6. Zusammenfassend steht hier eine (allfällig) mangelnde Bekanntmachung des Teilliquidationsreglements 2005 dessen grundsätzlicher Anwendung nicht entgegen. 5.5. Soweit die Arbeitgeberfirmen schliesslich vorbringen, ein (allgemeiner) Abänderungsvorbehalt wie derjenige von Art. 72 Ziff. 1 lit. h der Reglemente 2002 sei unzulässig - oder anders gesagt, das Teilliquidationsreglement 2005 stelle eine unzulässige einseitige Vertragsänderung dar -, so kann dem nicht gefolgt werden: Das Reglement einer Vorsorgeeinrichtung kann im weitergehenden Bereich - in welchem die Pensionskasse unstreitig tätig war - dann einseitig, ohne Einverständnis des Destinatärs, abgeändert werden, wenn sie sich diese Möglichkeit in einer Klausel vorbehält, die vom Destinatär bei Abschluss des Vorsorgevertrags ausdrücklich oder stillschweigend gebilligt worden ist. Eine Änderung von Statuten oder Reglement ist grundsätzlich zulässig, soweit die neue Regelung mit dem Gesetz vereinbar und nicht willkürlich ist, nicht zu einer ungleichen Behandlung der versicherten Personen führt sowie deren wohlerworbene Rechte nicht beeinträchtigt (BGE 137 V 105 E. 6.1 S. 109 mit Hinweisen). Dazu kommt, dass die Erstellung eines Teilliquidationsreglements auch für umhüllende Vorsorgeeinrichtungen obligatorisch ist (vgl. Art. 49 Abs. 2 Ziff. 11 BVG; vgl. auch E. 5.1). Die Arbeitgeberfirmen bezweifeln weder die grundsätzliche Qualität von Art. 72 Ziff. 1 lit. h der Reglemente 2002, wonach sämtliche Erlasse der Kasse sowie allfällige Änderungen dieser Erlasse integrierender Bestandteil des Anschlussvertrages sind, als Abänderungsvorbehalt, noch machen sie geltend, die Kompetenzordnung sei nicht eingehalten worden. Ob und inwieweit das Teilliquidationsreglement 2005 integral gesetzes- und verfassungsmässig ist, ist hier nicht Thema (vgl. E. 5.4.1). Betreffend die Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit von Art. 2.3.3 Abs. 3 des Teilliquidationsreglements 2005 wird auf die nachfolgende Erwägung 6 verwiesen. 5.6. Bei dieser Sach- und Rechtslage steht fest, dass das Teilliquidationsreglement 2005 an und für sich anwendbar ist. Die altrechtliche Regelung, wonach ein Deckungsgrad von mindestens 95 % als Deckungsgrad von 100 % betrachtet wird, wie die Arbeitgeberfirmen beantragen, ist überholt (vgl. dazu Art. 7 Ziff. 2 und Art. 8 der Allgemeinen Bestimmungen über den Ein- und Austritt eines Versicherungsnehmers, gültig ab 1. Januar 2003). 6. (Ursprüngliches) Anfechtungsobjekt ist die Schlussabrechnung der Pensionskasse vom 14. September 2006, in welcher - gestützt auf Art. 2.3.3 Abs. 3 des Teilliquidationsreglements 2005 - eine Kürzung des Deckungskapitals der Rentenbezüger enthalten ist. Dabei ist streitig, ob die besagte Norm, die vorsieht, dass ein versicherungstechnischer Fehlbetrag anteilmässig beim Deckungskapital jedes austretenden Rentenbezügers in Abzug gebracht wird, im vorliegenden Anwendungsfall rechtmässig ist. 6.1. Es gibt hinsichtlich des Teilliquidationsreglements, im Zuge seiner Genehmigung bzw. im Anschluss daran, kein abstraktes Normenkontrollverfahren (vgl. E. 5.4.1). Die Überprüfung des Teilliquidationsregelments vorfrageweise im Rahmen des konkreten Anwendungsfalles (Inzidenzkontrolle) auf seine Übereinstimmung mit höherrangigem Recht ist und bleibt - entgegen der Ansicht der Pensionskasse - in jedem Fall zulässig (BGE 139 V 72 E. 4 S. 81; vgl. auch E. 5.4.1). 6.2. Die Auflösung der jeweiligen Anschlussverträge umfasste den gesamten Bestand, mithin Aktive und Rentenbezüger (vgl. Art. 74 Ziff. 3 lit. a der Reglemente 2002). Entsprechend verliessen sämtliche über die X._ AG bzw. die Y._ AG (aktiven und passiven) Versicherten die Pensionskasse (vgl. Art. 53e Abs. 4 BVG, für die hier zu beurteilende Konstellation bis Ende April 2007 massgebend). Die Frage nach den Übertragungswerten bei Vorliegen einer Unterdeckung wird im Falle einer Teilliquidation allein in Bezug auf die aktiven Versicherten beantwortet (Art. 19 FZG [SR 831.42] in Verbindung mit Art. 53d Abs. 3 BVG und Art. 27g Abs. 3 BVV 2, je in den bis Ende 2011 gültigen Fassungen). Für die Rentenbezüger finden sich keine konkreten gesetzlichen Vorgaben. Zwar ist seit 1. Mai 2007 die Regelung in Kraft, dass der Arbeitgeber den Anschlussvertrag - soweit darin vorgesehen ist, dass die Rentenbezüger bei dessen Auflösung die bisherige Vorsorgeeinrichtung verlassen - erst auflösen kann, wenn eine neue Vorsorgeeinrichtung schriftlich bestätigt hat, dass sie die Rentenbezüger zu den gleichen Bedingungen übernimmt (Art. 53e Abs. 4 bis in Verbindung mit Art. 49 Abs. 2 Ziff. 12 BVG). Diese Neuerung läuft darauf hinaus, dass kaum eine Vorsorgeeinrichtung Rentner übernehmen wird, wenn das notwendige Deckungskapital nicht vorgängig gesichert ist. Indes schreibt auch sie - anders als Art. 16a Abs. 1 BVV 2, der das sogenannte Drehtürprinzip verankert, aber nur für Verträge zwischen Vorsorgeeinrichtungen und Versicherungsgesellschaften gilt (vgl. Art. 53e Abs. 1-3 BVG; KIESER, a.a.O., N. 31 zu Art. 53e BVG; HANS-ULRICH STAUFFER, Berufliche Vorsorge, 2. Aufl. 2012, S. 549 Rz. 1476 f.) - keinen festen Übertragungswert vor, den die bisherige Vorsorgeeinrichtung den Rentnern mitzugeben hat. Art. 53e Abs. 4 bis BVG soll in erster Linie verhindern, dass die Rentner bei einem Wechsel der Vorsorgeeinrichtung plötzlich "auf der Strasse" stehen und die Auffangeinrichtung dann als Auffangbecken für Risikoselektion missbraucht wird. Dabei nimmt der Gesetzgeber in Kauf, dass ein Arbeitgeber, auch wenn er die Bedingungen der bisherigen Vorsorgeeinrichtung als unbefriedigend betrachtet, unter Umständen bei dieser Vorsorgeeinrichtung verbleiben muss (Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 26. Mai 2005 zur parlamentarischen Initiative "Wechsel der Vorsorgeeinrichtung", BBl 2005 5941, 5944 Ziff. 2.2). Der nachträglich in Art. 53e BVG eingefügte Abs. 4 bis kann somit - wenn überhaupt (vgl. Urteil 5A_793/2011 vom 3. Februar 2012 E. 6.8.3) - nicht als Massstab herangezogen werden. 6.3. Eine ausgerichtete Altersrente der beruflichen Vorsorge hat grundsätzlich den Charakter eines wohlerworbenen Rechts. Wohl darf sie im Rahmen von Sanierungen eingeschränkt werden, aber nur äusserst restriktiv (vgl. Art. 65d Abs. 3 lit. b in Verbindung mit Art. 49 Abs. 2 Ziff. 16 BVG; vgl. auch BGE 138 V 366). Das heisst, die Höhe der Rente bei deren Entstehung ist prinzipiell lebenslänglich gewährleistet. Der blosse Wechsel einer Vorsorgeeinrichtung stellt keinen rechtsgenüglichen Grund dar, sie zu schmälern. Andernfalls würde es sich um eine Neufestsetzung des Rentenanspruchs handeln. Es wird denn auch nicht geltend gemacht und ist auch nicht aktenkundig, dass die Altersrenten der austretenden Passiven (dauernd) gekürzt werden. Von diesem Leistungsanspruch bzw. von dieser - aus Sicht der Vorsorgeeinrichtung - Leistungspflicht ist seine resp. ihre finanzielle Sicherstellung zu unterscheiden. Eine zugesicherte Rentenleistung bedarf wohl eines notwendigen Deckungskapitals. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dieses sei in jedem Fall von der Vorsorgeeinrichtung garantiert. 6.4. Die Teilliquidation muss unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durchgeführt werden (Art. 53d Abs. 1 BVG). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz bilden hier die austretenden Versicherten als Ganzes und die verbleibenden aktiven wie passiven Versicherten die beiden Vergleichsgrössen. 6.4.1. Die Pensionskasse stellte im hier fraglichen Zeitpunkt eine Gemeinschaftseinrichtung im engeren Sinne des Wortes dar. Sie zeichnete sich dadurch aus, dass sie keine getrennte Rechnung je angeschlossenen Arbeitgeber führte sowie über ein gemeinsames Reglement und ein gemeinsames Vorsorgevermögen verfügte (vgl. Art. 72 Ziff. 1 lit. a und Art. 73 Ziff. 3 der Reglemente 2002 sowie die Jahresrechnung 2005). Die Vertragskündigung seitens eines Arbeitgebers konnte einzig unter Einbezug aller seiner Versicherten erfolgen, indem sie die Zustimmung von zwei Dritteln der Aktiven und Rentner erforderte (Art. 74 Ziff. 1 der Reglemente 2002). Die Versicherten einer Arbeitgeberfirma konstituieren sich demnach mit Blick auf ihren Austritt zwingend als ein Kollektiv (so auch E. 8.7 in fine des vorinstanzlichen Entscheids). Das verfügbare Vorsorgevermögen ist zwischen ihnen und den verbleibenden Versicherten aufzuteilen. Zeigt die Bilanz zum Teilungsstichtag eine Unterdeckung, so kann von einer Gleichbehandlung der austretenden und der verbleibenden Versicherten ausgegangen werden, wenn nach dem Ausscheiden der austretenden Versicherten die Bilanz der verbleibenden Versicherten den gleichen Deckungsgrad wie die Bilanz zur Feststellung des tatsächlichen Vermögens vor der Teilung aufweist. Dieser in BGE 138 V 303 E. 3.4 S. 309 statuierte Grundsatz hat allgemeine Gültigkeit, unabhängig davon, ob lediglich die Aktivversicherten oder ob sie wie in concreto zusammen mit den Rentnern als ganzes Kollektiv die Vorsorgeeinrichtung verlassen. Zum einen berechnet sich der Deckungsgrad unter Berücksichtigung des Sparkapitals der Aktivversicherten als auch des Deckungskapitals der Passivversicherten (vgl. Art. 44 Abs. 1 BVV 2). Zum andern kommt es bei einer rechnerischen Gleichung zwischen Abgangs- und Fortbestand nicht auf den Versichertenstatus als Aktiver oder Passiver an. 6.4.2. Der Umstand, dass das Spar- bzw. Deckungskapital eine individuelle Grösse ist, während die freien Mittel eine kollektive Grösse darstellen (BGE 138 V 303 E. 3.3 S. 308), spricht nicht für eine andere Lösung. Im Gegenteil wird damit bestätigt, dass nicht in jedem Fall eine Garantie für die finanzielle Sicherheit der subjektiven Rechtsansprüche der Rentner besteht (vgl. E. 6.3). Während sich in Bezug auf die freien Mittel die Frage stellt, wie der Überschuss unter allen Destinatären (Arbeitnehmer, Rentner, Invalide und Ehemalige) zu verteilen ist, stellt sich in Bezug auf die Unterdeckung die Frage nach der Finanzierung des individuellen Spar- bzw. Deckungskapitals (BGE 138 V 303 E. 3.3 S. 308). Hätte den Rentnern das ungekürzte Deckungskapital mitgegeben werden müssen, wäre der Deckungsgrad der Pensionskasse weiter gesunken. Aufgrund der beschränkten Möglichkeit, Rentenbezüger in die Sanierung einzubinden (vgl. E. 6.3), hätten vor allem die verbleibenden Aktiven eine zusätzliche Mehrlast auferlegt bekommen. Denn die Gründe, die gegen den Einbezug der verbleibenden Rentner in das umfassende Sanierungspaket sprachen (vgl. E. 5.4.5 Abs. 2), blieben nach Durchführung der Teilliquidation die gleichen. Damit wären die verbleibenden Aktiven klar schlechtergestellt als die austretenden, da sie für die Ausfinanzierung aller Renten, (indirekt) auch derjenigen der austretenden Rentner, aufzukommen hätten. 6.4.3. Soweit das Bundesverwaltungsgericht die verbleibenden und austretenden Rentenbezüger als Vergleichsgrössen heranzieht, basiert diese Überlegung auf der Annahme, dass keine Teilliquidation stattgefunden hat, was hier nicht die Problemstellung ist. 6.5. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Art. 2.3.3 Abs. 3 des Teilliquidationsreglements 2005 sich im vorliegenden Anwendungsfall als rechtmässig erweist. Weder lässt sich eine Gesetzesverletzung noch eine Verletzung des verfassungsmässigen Gleichbehandlungsgebots ausmachen. Die Frage, wer das fehlende Deckungskapital der austretenden Rentner letztlich sicherzustellen resp. auszufinanzieren hat - nach dem Gesagten nicht die bisherige Vorsorgeeinrichtung -, insbesondere ob und inwieweit die Arbeitgeberfirmen nachschusspflichtig sind, braucht nicht im vorliegenden Verfahren beurteilt zu werden, da sie über den Streitgegenstand hinausgeht. 7. Abschliessend ist über die Bilanzposition "nicht-technische Rückstellungen" und die Wertberichtigungen in Bezug auf die Hypothekardarlehen (an Dritte) und die gesicherten Anlagen beim Arbeitgeber (in Form von Hypotheken auf deren Betriebsliegenschaften) zu befinden. 7.1. Die Vorinstanz hat die von den Arbeitgeberfirmen beantragte Auflösung resp. teilweise Mitgabe der Bilanzposition "nicht-technische Rückstellungen" abgelehnt, weil sich diese nachvollziehbar und schlüssig erklären lassen würden und sich für den gestellten Antrag in der Beschwerde keine Begründung finde. Insbesondere stellte sie für das Bundesgericht verbindlich fest (vgl. E. 3), dass die fraglichen Mittel zweckgebunden sind und den austretenden Unternehmungen entsprechend ihrem (geäufneten) Guthaben mitgegeben werden. Soweit die X._ AG und die Y._ AG vor Bundesgericht vorbringen, sie hätten im vorliegenden Punkt auf die ausführliche Begründung in der Einsprache vom 19. Juli 2006 an die Pensionskasse verwiesen, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, so lassen sie ausser Acht, dass eine rein globale Verweisung der Begründungsanforderung an die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Art. 37 VGG in Verbindung mit Art. 52 Abs. 1 VwVG) nicht gerecht wird. Die Begründung muss zumindest sachbezogen sein und sich mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinandersetzen. Ein Verweis auf eine andere Eingabe sollte deshalb so spezifiziert werden, dass ein gegen die angefochtene Verfügung weitergeltendes Vorbringen erkennbar ist ( STEINHALTER/BOCHSLER, in: Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2009, N. 72 f. zu Art. 52 VwVG; RHINOW/KOLLER/KISS/THURNHERR/BRÜHL-MOSER, Öffentliches Prozessrecht, 2. Aufl. 2010, S. 436 Rz. 1614). Ebenso wenig hilft weiter, dass die Arbeitgeberfirmen ihre Ausführungen in der genannten Eingabe vom 19. Juli 2006 nunmehr vor Bundesgericht (fast) wortwörtlich wiedergeben. Anfechtungsgegenstand bilden die Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Januar 2013. Die Begründung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 42 Abs. 2 BGG) hat sich - genauso wie die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht - mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinanderzusetzen. Daran fehlt es regelmässig, wenn bloss der Inhalt von Rechtsschriften wiederholt wird, die bei den vorherigen Instanzen eingereicht wurden. Auch genügt es nicht, bloss die eigene Sicht der Dinge darzutun, ohne dass ein Bezug zu einer Rechtsverletzung hergestellt und aufgezeigt wird, worin diese angeblich liegen soll ( LAURENT MERZ, in: Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 52 zu Art. 42 BGG mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung). Insoweit ist daher auf die Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten. 7.2. Gleiches gilt hinsichtlich der streitigen Wertberichtigung bei den gesicherten Arbeitgeberanlagen. Die Arbeitgeberfirmen wiederholen diesbezüglich vor Vorinstanz Gesagtes, ohne dass sie sich mit den konkreten Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen. Im Übrigen kann auf die nachfolgende E. 7.3 verwiesen werden. 7.3. 7.3.1. Was die Hypothekardarlehen betrifft, so stellte das Bundesverwaltungsgericht in seiner E. 9.3.2.2 fest, dass die darauf vorgenommene Wertberichtigung auf der Neubewertung gewisser Immobilien mittels einer Schätzungsmethode, die von der bisherigen abweicht, und einer daraus resultierenden Überbelehnung in der Höhe von 5,95 Mio. Fr. (zuzüglich Rückstellung für Zahlungsverzug von 0,23 Mio. Fr.) gründet. Insoweit die Arbeitgeberfirmen vorbringen, die Wertberichtigung basiere auf der Verletzung von Anlagevorschriften resp. des Pensionskassenreglements, so erläutern sie mit keinem Wort, weshalb die vorinstanzliche Feststellung offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich (BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153) sein soll. Eine allfällige Bundesrechtswidrigkeit springt nicht geradezu ins Auge (vgl. E. 3). Wohl hat die Kontrollstelle in ihrem Bericht an den Stiftungsrat vom 5. Mai 2006 vermerkt, "für die entsprechenden Überschreitungen (der gesetzlichen und/oder reglementarischen Belehnungsgrenzen) sind in der vorliegenden Jahresrechnung Wertberichtigungen von rund CHF (...) enthalten". Im Anhang zur geprüften und zur Genehmigung empfohlenen Jahresrechnung 2005 ist jedoch unmissverständlich dargelegt, dass die Hypotheken zum "Nominalwert abzüglich betriebswirtschaftlich notwendige Wertberichtigungen" verbucht sind. "Betriebswirtschaftlich" bedeutet, dass die Wertberichtigungen im Sinne einer - von der Rechnungslegung geforderten - Anpassung an die Marktverhältnisse (vgl. E. 7.3.4 hinten) und nicht an eine gesetzliche oder reglementarische Anlagevorgabe erfolgten. Dass die Neubewertung und die mit ihr einhergehenden Wertberichtigungen (gleichzeitig) zu einer Überschreitung der gesetzlichen bzw. reglementarischen Belehnungsgrenzen führen können, ist denkbar. Wenn die Vorinstanz dies nicht "überbewertet" wissen wollte, so ist daran nichts zu bemängeln, weil der entsprechende Handlungsbedarf und die vorliegend zur Diskussion stehende Teilliquidation zwei voneinander zu unterscheidende Angelegenheiten sind (vgl. E. 7.3.4 hinten). 7.3.2. Durch Bewertungsansätze für gleiche Bilanzpositionen, die sich von Stichtag zu Stichtag unterscheiden, können Glättungseffekte entstehen, welche gemäss Empfehlung 3 von Swiss GAAP FER 26 nicht eingebaut werden dürfen (vgl. auch Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, Bd. 4, 2009, S. 190 ganz oben). Indes sind Änderungen in den Bewertungs- und Berechnungsgrundlagen nicht per se ausgeschlossen (Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, a.a.O., S. 191 Abs. 2). Dies gilt hier umso mehr, als weder aktenkundig ist noch geltend gemacht wird, die Bewertungsmethode sei wiederholt und gezielt mit der Absicht gewechselt worden, einen Aufwand- oder Ertragsausgleich zu erreichen. Vielmehr erhellt aus den unbestritten gebliebenen Ausführungen der Vorinstanz, dass die Vergabe des zuvor selber verwalteten Hypothekenportfolios an einen (professionellen) Dritten sachlicher Hintergrund für die Neubewertung bildet. Zudem lässt sich ihnen entnehmen, dass lediglich ein Teil der Immobilien neu bewertet wurde. 7.3.3. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, den aktuellen Wert einer Immobilie zu errechnen. Die Anwendung der von der Vorinstanz erwähnten ökonometrischen oder hedonischen Methode ist nicht bestritten (vgl. E. 3 in fine). Auf jeden Fall nicht zugelassen ist die Methode, von den Anschaffungswerten auszugehen und Abschreibungen in Abzug zu bringen (Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, a.a.O., S. 190 Abs. 2). Indem das Bundesverwaltungsgericht in seiner bereits erwähnten E. 9.3.2.2 ausgeführt hat, es handle sich bei der fraglichen Wertberichtigung nicht um eine "Abschreibung von vorhandenem Vermögen", brachte es treffend zum Ausdruck, dass sich der hier streitige Wert - anders als im Steuerrecht - nicht etwa linear entwickelt, sondern Schwankungen per jeweiligem Bilanzstichtag unterliegt (vgl. E. 7.3.4 nachfolgend). 7.3.4. Soweit die Arbeitgeberfirmen meinen, die Bonität des Schuldners und nicht der Wert der belasteten Liegenschaften müsse für die Bewertung einer Forderung massgebend sein, ist darauf hinzuweisen, dass ein Hypothekardarlehen dem Schuldner mit Blick auf die Sicherheit, das heisst auf die Immobilie gewährt wird, die letztlich beim Ausfall des Schuldners zum Tragen kommt. Die Sicherheit der Vermögensanlage steht für Vorsorgeeinrichtungen an erster Stelle. Dabei ist die Bonität des Schuldners nur eines von mehreren zu beachtenden Elementen (Art. 71 Abs. 1 BVG; Art. 50 Abs. 2 und 3 BVV 2). Sofern die Sicherheit an Wert verliert, muss folgerichtig auch das Hypothekardarlehen entsprechend wertberichtigt werden. Diese Reflexwirkung zwischen dem Wert der Immobilie und dem Wert des Hypothekardarlehens besteht losgelöst von der Verletzung gesetzlicher oder reglementarischer Anlagegrenzen. Sie ist Ausfluss der - auch im Rahmen einer Teilliquidation (vgl. Art. 27g Abs. 1bis BVV 2 in der vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2011 geltenden Fassung) - anzuwendenden Rechnungslegungsprinzipien gemäss Swiss GAAP FER 26, wonach die Bewertung der Aktiven zu den tatsächlichen Werten, d.h. Marktwerten, am Bilanzstichtag erfolgt (Art. 48 BVV 2; Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, a.a.O., S. 189 f.). Dass die Werte schwanken, liegt in der Natur der Sache, ohne dass deswegen von systematischer Ungleichbehandlung der austretenden Versicherten gesprochen werden kann. Je nach Wertberichtigung - ob nach unten oder oben - liegt der "Profit" bei den verbleibenden Versicherten (Wertberichtigung nach unten: noch keine Realisierung des Verlustes) oder bei den austretenden Versicherten (Wertberichtigung nach oben: Realisierung des Gewinns). 7.3.5. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, im Vorgehen der Pensionskasse (betreffend die Hypothekardarlehen) könne keine unrechtmässige Bildung von Rückstellungen erblickt werden, erweist sich demnach als bundesrechtskonform. Mit dem Hinweis, dass auch der Pensionsversicherungsexperte nach den internen Einspracheverfahren keinen Anstoss daran gefunden habe, hat das Bundesverwaltungsgericht seine - grundsätzlich volle - Kognition (vgl. Art. 49 VwVG) nicht eingeschränkt oder abgetreten. 8. Damit sind die Beschwerden der Pensionskasse (Verfahren 9C_135/2013 und 9C_136/2013) gutzuheissen. Die Beschwerden der X._ AG sowie ihrer 17 aktiv Versicherten und Leistungsbezüger (Verfahren 9C_147/2013) als auch der Y._ AG sowie ihrer 91 aktiv Versicherten und Leistungsbezüger (Verfahren 9C_148/2013) sind dagegen abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Sie haben als unterliegende Parteien die Gerichtskosten hälftig zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Pensionskasse hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Verfahren 9C_135/2013, 9C_136/2013, 9C_147/2013 und 9C_148/2013 werden vereinigt. 2. Die Beschwerden der Pensionskasse in den Verfahren 9C_135/2013 und 9C_136/2013 werden gutgeheissen. Die Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Januar 2013 werden aufgehoben und die Verfügungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen vom 6. resp. 7. Mai 2009 werden bestätigt. 3. Die Beschwerden der X._ AG und ihrer 17 aktiv Versicherten und Leistungsbezüger (Verfahren 9C_147/2013) sowie der Y._ AG und ihrer 91 aktiv Versicherten und Leistungsbezüger (Verfahren 9C_148/2013) werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 4. Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 18'000.- werden der X._ AG und ihren 17 aktiv Versicherten und Leistungsbezügern einerseits sowie der Y._ AG und ihren 91 aktiv Versicherten und Leistungsbezügern andererseits je zur Hälfte auferlegt. 5. Die Sache wird an das Bundesverwaltungsgericht zwecks Neuverlegung der vorinstanzlichen Gerichtskosten und Parteientschädigungen zurückgewiesen. 6. Dieses Urteil wird den Parteien, der Bernischen BVG- und Stiftungsaufsicht (BBSA), dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. Luzern, 23. Dezember 2013 Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Kernen Die Gerichtsschreiberin: Dormann
bbaf2b26-8164-4fcb-8aa5-9461a37a9dd0
fr
2,007
CH_BGer_005
Federation
null
null
null
civil_law
nan
critical
critical-1
Faits: A. Par décision de la Fondation institution supplétive LPP, Agence régionale de la Suisse romande (ci-après: la Fondation ou l'institution supplétive), du 23 juin 2005, Y._ a été affilié d'office, en tant qu'employeur, à l'institution supplétive LPP avec effet rétroactif au 1er décembre 2003, conformément à l'art. 11 LPP. La Fondation a adressé à Y._, le 4 octobre 2005, une facture/bordereau de contributions d'un montant de 7'452 fr. Le 24 novembre suivant, elle a requis l'Office des poursuites de Lausanne-Ouest de notifier à celui-ci un commandement de payer la somme de 7'452 fr. avec intérêts à 6% l'an dès le 30 octobre 2005 et de 100 fr. sans intérêts. La cause de l'obligation indiquée était "solde du compte courant prime au 29.10.2005" et "frais de contentieux". Le commandement de payer (poursuite n° xxxx) a été notifié le 3 janvier 2006; le poursuivi y a fait opposition. Par courrier du 24 janvier 2006, la Fondation l'a invité à justifier celle-ci par écrit. A.a Le 15 février 2006, la Fondation a rendu une décision selon laquelle le poursuivi, désigné comme "l'employeur", était son débiteur des montants susmentionnés et a levé l'opposition au commandement de payer. Selon une attestation du 3 mai 2006, aucun recours n'a été formé devant la Commission fédérale de recours en matière de prévoyance professionnelle vieillesse, survivants et invalidité. B. Le 17 mai 2006, la Fondation a requis le Juge de paix du district de Lausanne de prononcer la mainlevée définitive de l'opposition. Elle a produit le commandement de payer, la décision du 15 février 2006 et l'attestation de la Commission fédérale de recours du 3 mai 2006. Le Juge de paix a rejeté la requête par décision du 26 juin 2006, faute d'identité entre le titre invoqué dans le commandement de payer et le titre produit à l'appui de la requête. Statuant le 8 mars 2007, la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal du canton de Vaud a rejeté le recours formé par la Fondation et maintenu le prononcé entrepris. C. Contre cet arrêt, la Fondation exerce un recours en matière civile au Tribunal fédéral. Elle conclut à sa réforme en ce sens que la mainlevée au commandement de payer est accordée pour les montants susmentionnés, ainsi que pour les frais du commandement de payer par 107 fr. 75. Par ordonnance incidente du 6 septembre 2007, la requête d'assistance judiciaire de l'intimé a été entièrement acceptée. Invité à présenter des observations, celui-ci n'a pas répondu dans le délai qui lui avait été imparti. L'autorité cantonale s'est référée aux considérants de son arrêt.
Considérant en droit: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (ATF 133 I 206 consid. 2 p. 210; 133 II 249 consid. 1.1 p. 251, 439 consid. 2 p. 441). 1.1 La décision rendue en matière de mainlevée - définitive ou provisoire - de l'opposition est une décision finale au sens de l'art. 90 LTF puisqu'elle met fin à l'instance. Elle peut faire l'objet du recours en matière civile (art. 72 al. 2 let. a LTF) lorsque la valeur litigieuse atteint au moins 30'000 fr. (art. 74 al. 1 let. b LTF; ATF 133 III 399 consid. 1.3 p. 399/400) ou, exceptionnellement et pour autant que cela soit démontré (art. 42 al. 2 LTF), lorsqu'elle soulève une question juridique de principe (art. 74 al. 2 let. a LTF). 1.2 La notion de question juridique de principe doit être interprétée de manière restrictive. En particulier, lorsque le point soulevé ne concerne que l'application des principes jurisprudentiels à un cas d'espèce, il ne peut être qualifié de question juridique de principe (ATF 133 III 493 consid. 1.2 p. 496). D'après la jurisprudence, l'institution supplétive ne peut pas rendre une décision et lever l'opposition formée par l'employeur à la poursuite qui tend au paiement des cotisations; elle doit agir par la voie de l'action (administrative) et, ensuite, suivre la voie ordinaire de la poursuite, comme cela vaut, en général, pour tout autre sujet de droit privé (ATF 118 III 13 consid. 3 p. 15; 115 III 95 ss; 115 V 375 ss). La loi sur la prévoyance professionnelle ayant été modifiée le 3 octobre 2003, avec entrée en vigueur le 1er janvier 2005, le point de savoir si l'institution supplétive peut rendre une décision levant l'opposition nécessite un réexamen à la lumière des nouvelles dispositions légales, ce d'autant que les jurisprudences cantonales vont dans des sens opposés. De surcroît, la solution de cette question revêt une grande importance pratique dès lors qu'elle doit fixer le déroulement de la procédure de poursuite dans des affaires qui relèvent de l'administration de masse. L'institution supplétive recourante a d'ailleurs déjà introduit quatre recours identiques contre quatre arrêts de la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois du 8 mars 2007, rendus sur quatre requêtes de mainlevée définitive à l'encontre de quatre employeurs poursuivis pour des cotisations impayées et posant la même question juridique. Enfin, dès lors que l'institution supplétive ne peut se permettre d'attendre que les cotisations impayées par un seul employeur atteignent 30'000 fr., la poursuite porte forcément toujours sur un montant inférieur et, partant, la valeur litigieuse minimale prévue à l'art. 74 al. 1 let. b LTF ne peut jamais être atteinte. Pour ces trois raisons, il y a donc lieu d'admettre l'existence d'une question juridique de principe au sens de l'art. 74 al. 2 let. a LTF. 1.3 Interjeté en temps utile (art. 100 al. 1 LTF) par la partie qui a succombé devant l'autorité précédente (art. 76 al. 1 LTF), contre une décision prise sur recours en dernière instance cantonale (art. 75 LTF), le recours en matière civile est aussi recevable au regard de ces dispositions. 2. 2.1 La cour cantonale constate que la recourante a déjà levé l'opposition. Cette juridiction expose que depuis le 1er janvier 2005, date de l'entrée en vigueur de la première révision de la LPP, l'institution supplétive dispose d'un pouvoir décisionnel en matière de cotisations et que ses décisions sont assimilables à des jugements exécutoires au sens de l'art. 80 LP (art. 60 al. 2bis LPP). Elle souligne cependant que le Message du Conseil fédéral n'indique pas si l'institution supplétive peut lever elle-même l'opposition; de surcroît, cette mainlevée administrative est critiquée en doctrine. Pour l'autorité cantonale, savoir si l'institution supplétive a le pouvoir de lever l'opposition, si elle a un intérêt à obtenir une nouvelle décision de levée de l'opposition et, partant, si elle a un intérêt au recours sont des questions qui peuvent rester ouvertes, ledit recours devant de toute façon être rejeté pour un autre motif. La Cour des poursuites et faillites considère en effet que, pour obtenir la mainlevée, le poursuivant doit notamment prouver l'identité entre la prétention déduite en poursuite et la créance reconnue dans le titre, une telle identité étant logiquement exclue lorsque le titre invoqué n'existait pas encore au moment où la poursuite a été initiée. Or, en l'espèce, la décision condamnant l'employeur à payer les montants litigieux est postérieure à la réquisition de poursuite; elle n'avait donc pas été rendue lors de la notification du commandement de payer et n'était ainsi pas exécutoire à cette date. La cause invoquée dans le commandement de payer, à savoir "solde du compte courant prime au 31.12 [recte: 10] 2005", est ainsi différente de celle mentionnée dans la requête de mainlevée ("notre décision au sens de l'art. 60 al. 2bis LPP, rendue le 15 mars [recte: février] 2006"). Toujours selon l'autorité cantonale, on ne peut pas admettre qu'il s'agit de la même créance qui aurait été simplement constatée dans la décision postérieure, puisque la décision en cause n'est pas constatatoire et qu'une décision administrative assimilable à un jugement au sens de l'art. 80 LP est une décision "formatrice". L'objection de la recourante, selon laquelle la décision n'est prise qu'après l'opposition au commandement de payer, ne serait pas fondée car si le prononcé levant l'opposition ne peut être rendu avant que celle-ci n'ait été formulée, celui portant condamnation à payer une somme d'argent devrait avoir été rendu avant que la poursuite ne soit introduite. La cour cantonale se réfère à un avis de doctrine (Gilliéron, Les garanties de procédure dans l'exécution forcée ayant pour objet une somme d'argent ou des sûretés à fournir, Le cas des prétentions de droit public, in SJ 2003 II 361 ss, p. 376-377), selon lequel les caisses-maladie doivent prendre une décision portant condamnation à payer une somme d'argent avant de requérir une poursuite, car une telle décision n'est assimilée à un jugement civil exécutoire au sens de l'art. 80 que si elle est exécutoire (art. 54 de la loi fédérale du 6 octobre 2000 sur la partie générale des assurances sociales [LPGA; RS 830.1]). 2.2 La recourante se prévaut de l'art. 60 al. 2bis LPP, qui prévoit que ses décisions sont assimilables aux jugements exécutoires au sens de l'art. 80 LP. Elle expose que, conformément à cette dernière disposition, le créancier peut demander au juge de lever définitivement l'opposition lorsque sa créance repose sur une décision exécutoire, sans que le législateur n'exige que le titre de mainlevée existe avant l'ouverture de la poursuite. Au contraire, la mainlevée définitive doit être accordée lorsque la décision qui en est le titre est devenue exécutoire après le commandement de payer, mais avant la mainlevée. 3. Il s'impose d'examiner d'abord si l'institution supplétive a la faculté de lever elle-même l'opposition. 3.1 Sous l'empire de l'ancien droit, le Tribunal fédéral avait jugé que l'institution supplétive en matière de prévoyance professionnelle - dont la créance a sa cause juridique dans le droit public (ATF 118 III 13 consid. 3 p. 15/16) - ne pouvait pas, puisqu'elle ne disposait pas d'un pouvoir de décision pour la perception de cotisations, invoquer la jurisprudence relative aux caisses-maladie (ATF 107 III 60) pour lever elle-même l'opposition formée par l'employeur à la poursuite tendant au paiement de cotisations; elle devait d'abord intenter action (administrative) et, ensuite, suivre la voie ordinaire de la poursuite (ATF 118 III 13; 115 III 95; 115 V 375 précités). Depuis le 1er janvier 2005, le nouvel art. 60 al. 2bis LPP prévoit que l'institution supplétive peut rendre des décisions afin de remplir les obligations prévues à l'art. 60 al. 2 let. a et b et à l'art. 12 al. 2 LPP; ces décisions sont assimilables à des jugements exécutoires au sens de l'art. 80 LP. 3.2 Bien que le texte légal ne le précise pas expressément, contrairement à d'autres dispositions plus explicites (art. 69 al. 1, 3 et 4 de la loi sur la TVA [LTVA; RS 641.20]), l'institution supplétive qui a la compétence de rendre une décision sur le fond dispose également de celle de lever l'opposition du débiteur au commandement de payer. Ce pouvoir découle déjà de l'art. 79 al. 1 LP, dont la teneur a été précisée par la modification du 16 décembre 1994, entrée en vigueur le 1er janvier 1997. En prévoyant que le créancier agit "par la voie de la procédure ordinaire ou administrative", cette disposition prescrit que le litige sur le fondement matériel de la créance qui fait l'objet de la poursuite ne doit pas être porté devant le juge cantonal de l'exécution forcée - c'est-à-dire selon procédure sommaire et incidente de mainlevée -, mais devant l'autorité matériellement compétente, à savoir soit le juge civil ordinaire, soit l'autorité ou le tribunal administratif. De surcroît, lorsque l'art. 79 al. 1 LP précise que la continuation de la poursuite ne peut être requise "qu'en se fondant sur une décision passée en force qui écarte expressément l'opposition", il autorise clairement le juge civil ordinaire ou l'autorité, respectivement le tribunal administratif, à lever l'opposition, de façon à ce qu'il ne soit pas nécessaire - sous réserve des cas visés par l'art. 79 al. 2 LP - de recourir encore à la procédure cantonale (sommaire) de mainlevée (arrêt non publié K 40/99 du 25 juin 1999, consid. 2c-2d). Tel était déjà le sens donné par la jurisprudence à l'ancien art. 79 al. 1 LP (ATF 107 III 60 consid. 3 p. 65; 119 V 329 consid. 2b p. 331; arrêt non publié B.150/1994 du 18 juillet 1994, consid. 3a). La compétence de prononcer la mainlevée reconnue au juge civil saisi de l'action en reconnaissance de dette doit être également reconnue aux autorités ou aux tribunaux administratifs lorsque le droit fédéral ou cantonal attribue force exécutoire, au sens de l'art. 80 LP (sur cette notion, cf. ATF 131 III 87 consid. 3.2 p. 89), à leurs décisions portant sur le paiement d'une somme d'argent (ATF 107 III 60 consid. 3 p. 65); demeurent réservées les exceptions que le débiteur peut soulever contre une décision rendue dans un autre canton que celui du for de la poursuite, conformément à l'art. 79 al. 2 LP. Il n'existe aucun motif de leur dénier cette compétence. L'assimilation des prononcés administratifs aux jugements civils, lorsqu'ils sont rendus sur opposition à la poursuite, se justifie d'autant plus que la loi l'impose lorsque ces titres sont antérieurs au commandement de payer (art. 80 al. 1 LP; ATF 107 III 60 consid. 3 p. 66). Certes, ce pouvoir permet à l'administration de lever l'opposition au commandement de payer dans la poursuite qu'elle a elle-même requise contre un particulier, ce qui, pour certains auteurs, violerait le principe selon lequel nul ne peut être à la fois juge et partie. Le législateur a toutefois reconnu expressément ce privilège aux autorités administratives lors de la révision de la LP de 1997, par l'adjonction, à l'art. 79 LP, de la voie "administrative", ainsi que lors de l'adoption de lois spéciales. Le Tribunal fédéral a pris acte de cette volonté du législateur, exprimée à réitérées reprises (ATF 130 III 524; 128 III 39; 119 V 329 consid. 2b p. 331; 107 III 60 consid. 3 p. 64/66). L'accès à un tribunal indépendant et impartial, garanti par l'art. 6 par. 1 CEDH, est sauvegardé par la possibilité pour le débiteur de recourir auprès d'une autorité judiciaire contre la décision administrative de première instance (ATF 121 V 109 consid. 3c p. 111/112). Il n'y a pas lieu de revenir sur cette jurisprudence (dans ce sens: Dominik Gasser, Rechtsöffnung im Verwaltungsverfahren, in ZZZ 2005 p. 183 ss, p. 184; Staehelin, in Basler Kommentar, n. 14 ad art. 79 LP). En conclusion, l'institution supplétive - qui est une autorité administrative au sens de l'art. 1 al. 2 let. e PA (art. 54 al. 4 LPP) - et les autorités de recours qui sont habilitées à rendre des décisions en vertu de l'art. 60 al. 2bis LPP sont des instances administratives selon l'art. 79 al. 1, 1ère phrase, LP et ont la compétence, non seulement, de rendre une décision en matière de cotisations, mais aussi d'écarter l'opposition pour permettre la continuation de la poursuite, comme l'exige expressément l'art. 79 al. 1, 2ème phrase, LP. 4. En ce qui concerne le déroulement de la poursuite, il convient de préciser ce qui suit. 4.1 Le droit suisse admet que l'on puisse poursuivre une personne même pour des créances qui ne se basent sur aucun jugement, sur aucun document public, pas même sur un titre privé; le complément nécessaire d'un droit de poursuite aussi étendu est la possibilité pour le poursuivi de faire opposition (ATF 132 III 140 consid. 4.1.1 p. 141). Le créancier qui entend procéder au recouvrement de sa créance de droit public - comme d'ailleurs d'une créance de droit civil - peut donc choisir entre, premièrement, agir pour obtenir d'abord un jugement condamnant au paiement de sa créance et introduire ensuite la poursuite, ou, deuxièmement, requérir en premier lieu la poursuite puis, en cas d'opposition du débiteur, agir par la voie de la procédure administrative - de la procédure civile ordinaire pour une créance de droit civil - pour faire reconnaître son droit. 4.1.1 S'il adopte la première manière d'agir, partant s'il introduit la poursuite alors qu'il est déjà en possession d'un jugement exécutoire valant titre de mainlevée au sens de l'art. 80 LP, le créancier doit requérir la levée définitive de l'opposition au commandement de payer formée par le débiteur auprès du juge de la mainlevée du canton où a lieu la poursuite, conformément à l'art. 80 al. 1 LP. Le débiteur peut alors opposer les exceptions prévues par l'art. 81 LP. 4.1.2 Selon le second mode de procéder, donc s'il requiert la poursuite sans être en possession d'un titre de mainlevée et que le débiteur forme opposition au commandement de payer, le créancier qui veut continuer la poursuite doit agir par la voie de la procédure administrative pour faire reconnaître son droit, conformément à l'art. 79 al. 1 LP. Si la loi l'y autorise, l'autorité administrative créancière doit ainsi rendre une décision condamnant le débiteur à lui payer une somme d'argent, et lever elle-même l'opposition au commandement de payer. La continuation de la poursuite ne peut en effet être requise que sur la base d'une décision passée en force qui écarte expressément l'opposition (art. 79 al. 1, 2ème phrase, LP). Cette procédure administrative revêt la même double fonction que le procès civil en reconnaissance de dette pour les créances de droit civil, dans lequel le juge civil statue sur le fond et sur la levée de l'opposition (ATF 107 III 60 consid. 3 p. 65). La décision de l'autorité administrative de première instance peut évidemment faire l'objet de recours, selon les dispositions topiques applicables. Si, alors même qu'elle en a le pouvoir, l'institution supplétive omet de lever l'opposition lorsqu'elle rend sa décision sur le fond, elle ne pourra pas requérir directement la continuation de la poursuite, l'art. 79 al. 1, 2ème phrase, LP exigeant pour ce faire "une décision passée en force qui écarte expressément l'opposition". La créancière sera alors contrainte de suivre la voie de la procédure cantonale (sommaire) de mainlevée et ne pourra requérir la continuation de la poursuite que lorsqu'elle aura obtenu la mainlevée définitive de l'opposition. Car, d'une part, l'autorité administrative ne peut exercer sa compétence relevant de l'exécution forcée que si elle statue en même temps sur le fond; d'autre part, l'autorité de la chose jugée de sa décision sur le fond lui interdit de revenir sur celle-ci pour la confirmer et lever l'opposition. Il y a encore lieu de préciser que lorsque la décision est rendue par une autorité administrative d'un autre canton, l'office des poursuites doit, dès réception de la réquisition de continuer la poursuite, assigner au débiteur un délai de 10 jours pour soulever les exceptions prévues à l'art. 81 al. 2 LP, le créancier devant, le cas échéant, requérir une décision du juge de la mainlevée du for de la poursuite (art. 79 al. 1 LP; ATF 128 III 246 consid. 2-3 p. 247 ss). Contrairement à ce qu'affirme la cour cantonale, il n'est donc ni nécessaire, ni même possible que la décision sur le fond soit rendue avant la notification du commandement de payer. Il découle de la faculté pour le créancier de requérir la poursuite sans être en possession d'un titre exécutoire, et du déroulement de la poursuite qui s'ensuit, que la cause de l'obligation indiquée dans le commandement de payer n'est pas formellement identique à celle figurant dans la réquisition de continuer la poursuite; mais il s'agit bien matériellement de la même créance, seule la preuve de celle-ci étant différente. 4.2 En l'occurrence, l'institution supplétive a choisi le second mode de procéder et a introduit la poursuite en se fondant sur sa facture/bordereau de contributions du 29 septembre 2005. Le poursuivi ayant fait opposition au commandement de payer qui lui a été notifié par l'office des poursuites, l'institution supplétive a rendu, le 15 février 2006, une décision sur le fond - portant condamnation du débiteur à payer, en tant qu'employeur, les sommes de 7'452 fr. avec intérêts à 6% et de 100 fr. sans intérêts - et levant l'opposition au commandement de payer n° xxxx à concurrence de ces montants. Conformément à l'art. 79 al. 1, 2ème phrase, LP, la Fondation devait ensuite requérir la continuation de la poursuite en déposant auprès de l'office des poursuites la réquisition de continuer la poursuite idoine (Formule n° 4), accompagnée de l'attestation de force exécutoire du 3 mai 2006. Il s'ensuit que la requête de mainlevée de l'opposition que l'institution supplétive a adressée au Juge de paix le 17 mai 2006 aurait dû être déclarée irrecevable, au motif que la mainlevée définitive de l'opposition était déjà en force. 5. Partant, le présent recours doit être rejeté par substitution de motifs (cf. ATF 130 III 136 consid. 1.4 p. 140), aux frais de son auteur (art. 66 al. 1 LTF). Il n'y a pas lieu d'allouer de dépens à l'intimé, qui n'a pas déposé de réponse.
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est rejeté. 2. Les frais judiciaires, arrêtés à 1'300 fr., sont mis à la charge de la recourante. 3. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal du canton de Vaud. Lausanne, le 13 décembre 2007 Au nom de la IIe Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse Le Président: La Greffière: Raselli Mairot
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Considérant en fait et en droit: 1. Le 13 octobre 2010, X._ SA a ouvert action contre A._ SA, B._ SA et C._ SA devant le Tribunal de première instance du canton de Genève. Les défenderesses doivent être condamnées à lui payer solidairement 1'376'400 fr. en capital, à titre de dommages-intérêts pour inexécution d'une promesse que Y._ SA a obtenue en sa faveur le 26 mai 2009, relative à la cession conditionnelle d'actions de C._ SA. Le 16 septembre précédent, Y._ SA avait déjà ouvert action contre les mêmes défenderesses devant le Tribunal cantonal du canton de Vaud; elle prétend à des dommages-intérêts pour inexécution d'un contrat conclu également le 26 mai 2009 entre elle et ses adverses parties, concernant aussi la cession conditionnelle d'actions de C._ SA. Dans ce procès, A._ SA a demandé l'autorisation d'appeler en cause X._ SA. Devant le Tribunal de première instance genevois, les défenderesses ont conclu principalement à l'irrecevabilité de la demande; à titre subsidiaire, elles ont demandé la suspension de la procédure jusqu'à droit connu sur cette demande d'appel en cause, ou, alternativement, le dessaisissement en faveur de la juridiction vaudoise. Par jugement du 5 mai 2011, le Tribunal de première instance a ordonné la suspension jusqu'à droit connu sur la demande d'appel en cause. La Cour de justice a statué le 21 décembre 2011 sur l'appel de la demanderesse; elle a confirmé le jugement. 2. Agissant par la voie du recours en matière civile, la demanderesse requiert le Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt de la Cour de justice et d'ordonner la continuation de l'instruction devant le Tribunal de première instance. Chacune des défenderesses a pris position sur une demande d'effet suspensif jointe au recours. Elles n'ont pas été invitées à répondre au recours. 3. Le code de procédure civile unifié est entré en vigueur le 1er janvier 2011. Selon l'art. 404 al. 1 de ce code et jusqu'à la clôture de l'instance, le procès commencé auparavant, en l'occurrence le 13 octobre 2010, demeure soumis au droit fédéral et cantonal alors en vigueur. Une éventuelle suspension jusqu'à droit connu sur une cause connexe demeure donc régie par l'art. 36 al. 1 de la loi fédérale sur les fors du 24 mars 2000 (LFors; RO 2000 p. 2355). Les art. 35 et 36 de cette loi, constituant le chapitre « actions identiques et actions connexes », se lisaient comme suit: Art. 35 - actions identiques 1 Lorsque des actions portant sur le même objet de litige entre les mêmes parties sont introduites devant plusieurs tribunaux, tout tribunal saisi ultérieurement sursoit à la procédure jusqu'à ce que le tribunal saisi en premier lieu ait statué sur sa compétence. 2 Aucun tribunal saisi ultérieurement n'entre en matière sur le fond de l'action à partir du moment où la compétence du tribunal saisi en premier lieu a été établie. Art. 36 - actions connexes 1 Lorsque plusieurs tribunaux sont saisis d'actions connexes, tout tribunal saisi ultérieurement peut surseoir à la procédure jusqu'à ce que le tribunal saisi en premier lieu ait statué. 2 Le tribunal saisi ultérieurement peut transmettre l'action au tribunal saisi en premier lieu lorsque celui-ci accepte de s'en charger. Ces dispositions correspondaient aux art. 21 et 22 de la Convention de Lugano concernant la compétence judiciaire et l'exécution des décisions en matière civile et commerciale, du 16 septembre 1988 (aCL; RO 1991 p. 2436), actuellement remplacés par les art. 27 et 28 de la convention révisée conclue le 30 octobre 2007 (CL; RS 0.275.12). La demanderesse critique les constatations de fait de la Cour de justice et elle se plaint d'une application prétendument incorrecte de l'art. 36 al. 1 LFors. 4. L'ordonnance de suspension de la procédure n'a pas terminé la contestation pendante devant le Tribunal de première instance; il ne s'agit donc pas d'une décision finale susceptible de recours selon l'art. 90 LTF. 5. L'art. 92 al. 1 LTF prévoit que les décisions incidentes relatives à la compétence peuvent être attaquées séparément de la décision finale. Selon la jurisprudence, une décision de suspension fondée sur l'art. 21 al. 1 aCL s'apparente étroitement à une décision en matière de compétence et elle est donc susceptible du recours indépendant prévu par l'art. 92 al. 1 LTF (ATF 123 III 414 consid. 2 p. 417; arrêt 4A_538/2010 du 20 décembre 2010, consid. 1.1). Une décision de dessaisissement fondée sur l'art. 36 al. 2 LFors se rapporte elle aussi à la compétence du juge saisi et elle est donc susceptible du même recours (ATF 132 III 178 consid. 1.2 p. 181). En revanche, une décision de suspension de l'instance fondée sur l'art. 36 al. 1 LFors, seulement destinée à prévenir des décisions ou solutions divergentes sur des questions de fait ou de droit connexes (Yves Donzallaz, Commentaire de la loi fédérale sur les fors en matière civile, 2001, n° 2 ad art. 36 LFors), n'anticipe pas un éventuel refus d'entrer en matière ni un dessaisissement en faveur d'un autre for; la compétence n'est donc pas en cause et le recours prévu par l'art. 92 al. 1 LTF n'est pas ouvert. Le Tribunal fédéral a certes jugé que toutes les décisions fondées sur les art. 35 ou 36 LFors sont globalement susceptibles de ce recours (arrêt 4P.302/2006 du 16 février 2007, consid. 3.2, RSPC 2007 p. 245), mais il s'agissait d'un cas où la décision attaquée ne précisait pas si la suspension réclamée par l'une des parties devait être fondée, le cas échéant, sur l'art. 35 al. 1 ou sur l'art. 36 al. 1 LFors. Ce précédent n'est donc pas concluant en ce qui concerne cette dernière disposition, seule déterminante dans la présente contestation, et il n'y a pas lieu de le confirmer. 6. L'art. 93 al. 1 let. a LTF prévoit que les décisions incidentes propres à causer un préjudice irréparable peuvent elles aussi être attaquées séparément de la décision finale. Selon la jurisprudence, l'exigence d'un préjudice irréparable n'est pas opposable à la partie recourante lorsque celle-ci expose et rend vraisemblable que l'ordonnance de suspension qu'elle conteste entraînera une violation du principe de la célérité, c'est-à-dire du droit de tout justiciable à ce que sa cause soit jugée dans un délai raisonnable, garanti par l'art. 29 al. 1 Cst. (ATF 134 IV 43 consid. 2.5 p. 47). En l'occurrence, la demanderesse se réfère au principe de la célérité, toutefois sans tenter de démontrer que, compte tenu de la nature du procès concerné, la suspension litigieuse risque réellement de différer le jugement final au-delà de ce qui est raisonnable. Ce moyen est insuffisamment motivé, de sorte que le recours n'échappe pas à l'exigence précitée (arrêt 4A_542/2009 du 27 avril 2010, consid. 4.2). Un préjudice irréparable n'est réalisé que lorsque la partie recourante subit un dommage qu'une décision favorable sur le fond ne fera pas disparaître complètement; il faut en outre un dommage de nature juridique, tandis qu'un inconvénient seulement matériel, résultant par exemple d'un accroissement de la durée et des frais de la procédure, est insuffisant (ATF 134 III 188 consid. 2.2 p. 191; 133 III 629 consid. 2.3.1 p. 632; 131 I 57 consid. 1 p. 59). La demanderesse fait seulement valoir que la suspension « [l'empêchera] pour longtemps de faire valoir ses droits », sans faire état d'aucune autre sorte de préjudice; elle ne se plaint donc pas d'un inconvénient pertinent au regard de l'art. 93 al. 1 let. a LTF. Il s'ensuit que le recours en matière civile est irrecevable. 7. A titre de partie qui succombe, la demanderesse doit acquitter l'émolument à percevoir par le Tribunal fédéral et les dépens auxquels les adverses parties peuvent prétendre pour avoir pris position sur la demande d'effet suspensif.
Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est irrecevable. 2. La demanderesse acquittera un émolument judiciaire de 2'000 francs. 3. La demanderesse versera une indemnité de 1'000 fr. à chacune des trois défenderesses, à titre de dépens. 4. à l' Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Cour de justice du canton de Genève. Lausanne, le 9 mars 2012 Au nom de la Ire Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse La présidente: Klett Le greffier: Thélin
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Sachverhalt: A. An der Bürgerversammlung der politischen Gemeinde Rheineck vom 21. März 2005 lehnte die Bürgerschaft entgegen den Anträgen ihres Einbürgerungsrates zwölf in den Jahren 2003 und 2004 eingereichte Einbürgerungsgesuche ab. Aufgrund einer dagegen von einer Stimmbürgerin erhobenen Beschwerde hob das Departement des Innern des Kantons St. Gallen die ablehnenden Einbürgerungsbeschlüsse mit Entscheid vom 23. August 2005 auf. Auf Beschwerde der politischen Gemeinde Rheineck hin wies das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen am 6. Dezember 2005 die Angelegenheit zur Beteiligung der Gesuchsteller am Verfahren an das Departement zurück. Dieses holte daraufhin die bis anhin unterlassene Verfahrensbeteiligung der betroffenen Gesuchsteller nach. Mit Entscheiden vom 27. April 2006 hob es die ablehnenden Einbürgerungsbeschlüsse auf und wies die politische Gemeinde Rheineck an, die Einbürgerungsgesuche der nächsten Bürgerversammlung vorzulegen, soweit die Gesuchsteller die Einbürgerungsvoraussetzungen noch erfüllten. Die meisten Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller hielten an ihrem Einbürgerungsgesuch fest. Sie wurden vom Einbürgerungsrat nochmals geprüft und wiederum positiv beurteilt. Dementsprechend beantragte der Einbürgerungsrat der Bürgerschaft an der Bürgerversammlung vom 19. März 2007, unter anderem den verbliebenen zehn Einbürgerungsvorlagen, welche ein zweites Mal zu beurteilen waren, zuzustimmen. Mehrere Personen nutzten an der Bürgerversammlung die Möglichkeit, die Einbürgerungen zu diskutieren. Dabei fiel die Diskussion nicht bei allen Vorlagen gleich ausführlich aus. Teilweise erfolgte überhaupt keine Wortmeldung. Die zehn Einbürgerungsgesuche wurden von der Bürgerversammlung wiederum abgelehnt. B. Gegen die Ablehnung ihrer Einbürgerungsgesuche gelangten unter anderem A._, die Eheleute B._ (mit Sohn E._), C._ und D._ (mit den Kindern F._, G._ und H._) mit Beschwerde an das Departement des Innern mit den Anträgen: "1. Es seien die ablehnenden Einbürgerungsbeschlüsse der Bürgerversammlung Rheineck vom 19. März 2007 aufzuheben. 2. Den Einbürgerungsgesuchen der Beschwerdeführer und Beschwerdeführerinnen sei zu entsprechen und es sei ihnen das Gemeindebürgerrecht von Rheineck zu erteilen." Zur Begründung der Beschwerde wurde insbesondere dargelegt, die Bürgerschaft habe mit ihrem Vorgehen am 19. März 2007 klar zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht gewillt sei, Einbürgerungsentscheide in Übereinstimmung mit der geltenden Rechtsprechung vorzunehmen. Es sei deshalb unwahrscheinlich, dass ein drittes Verfahren zu einem anderen Ergebnis führen werde. Zur Vermeidung eines prozessualen Leerlaufs sei es somit notwendig, dass das Departement in der Sache selbst entscheide. Das Departement hiess die Beschwerden mit Entscheid vom 2. Juni 2008 teilweise gut und hob die ablehnenden Einbürgerungsbeschlüsse vom 19. März 2007 betreffend A._, die Eheleute B._ (mit Sohn E._), C._ und D._ (mit den Kindern F._, G._ und H._) auf. Es hielt fest, dass ein Teil der umstrittenen Einbürgerungsvorlagen diskussionslos abgelehnt worden sei. Eines der betroffenen Einbürgerungsgesuche sei trotz unterstützendem Votum und ein anderes gestützt auf die Religionszugehörigkeit abgewiesen worden. Eine weitere Absage sei nicht individuell begründet worden. Das Departement wies die Angelegenheit an die politische Gemeinde Rheineck zurück, damit der Einbürgerungsrat die Einbürgerungsvorlagen der Bürgerschaft an der nächsten Bürgerversammlung vorlegen könne, sofern die betroffenen Personen dannzumal die Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllten (Dispositiv Ziff. 1 a-g des Entscheids). Soweit die Beschwerdeführer die Erteilung des Gemeinde- und Ortsbürgerrechts durch die Beschwerdeinstanz beantragt hatten, wies das Departement die Beschwerde ab (Dispositiv Ziff. 2 des Entscheids). Es wies die Gemeinde zudem darauf hin, dass bei einer erneut ungenügend begründeten Ablehnung der Vorlagen die Erteilung des Gemeinde- und Ortsbürgerrechts aufsichtsrechtlich angeordnet werden könnte (Dispositiv Ziff. 3 des Entscheids). C. In ihrer Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen beantragten A._, die Eheleute B._ (mit Sohn E._), C._ und D._ (mit den Kindern F._, G._ und H._) insbesondere, Ziff. 2 des Entscheids des Departements sei aufzuheben und ihnen sei das Gemeindebürgerrecht von Rheineck zu erteilen. Eventuell sei das Departement anzuweisen, ihren Gesuchen zu entsprechen und ihnen das Bürgerrecht zu erteilen. Mit Urteil vom 14. Oktober 2008 trat das Verwaltungsgericht auf die Beschwerde gegen Ziff. 2 des Entscheids des Departements des Innern vom 2. Juni 2008 nicht ein. Es begründete seinen Entscheid damit, dass der Verzicht auf die sofortige aufsichtsrechtliche Erteilung des Bürgerrechts nicht als Verfügung gelte, wenn die Rechtsmittelinstanz die Gesuche zur Behandlung an das gesetzlich zuständige Organ überweise. Die vorliegende Verweigerung der aufsichtsrechtlichen Erteilung des Bürgerrechts sei ein Entscheid im Rahmen der Staatsaufsicht. Dagegen sei die Beschwerde gestützt auf Art. 59bis Abs. 2 lit. a Ziff. 1 des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 16. Mai 1965 (VRP/SG; sGS 951.1) nicht zulässig, bevor die am 1. Januar 2009 ablaufende Übergangsfrist gemäss Art. 130 Abs. 3 BGG verstrichen sei. Erst ab diesem Datum hätten die Kantone die Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV zu beachten und den Rechtsschutz durch ein oberes kantonales Gericht zu gewährleisten (Art. 86 Abs. 2 BGG). D. Mit Verfassungsbeschwerde vom 20. November 2008 beantragen A._, die Eheleute B._ (mit Sohn E._), C._ und D._ (mit den Kindern F._, G._ und H._) im Wesentlichen, der Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und ihnen sei das Bürgerrecht der Gemeinde Rheineck zu erteilen. Eventuell sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung bzw. zur materiellen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beschwerdeführer berufen sich auf die Menschenwürde (Art. 7 BV), das Diskriminierungsverbot (Art. 8 Abs. 2 BV), die Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV), das Willkürverbot (Art. 9 BV) sowie die Bindung der staatlichen Organe an die Grundrechte (Art. 35 Abs. 2 BV). Zudem machen sie Rechtsverzögerung (Art. 29 Abs. 1 BV) und eine Verletzung der Art. 8 und 13 EMRK geltend. Sie bringen vor, sie hätten nach zwei verfassungswidrigen Beschlüssen der Bürgerversammlung und mehreren zu ihren Gunsten lautenden Beschwerdeentscheiden des Departements und des Verwaltungsgerichts einen Anspruch auf die Herstellung des rechtmässigen Zustands durch die Rechtsmittelinstanz. Eine nochmalige Rückweisung der Sache an die Gemeindebehörden missachte die Pflicht der Rechtsmittelinstanzen zur Rechtsgewährleistung und verfassungskonformen Beurteilung innert angemessener Frist. E. Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Mangels eines Rechtsanspruchs auf eine Einbürgerung hätten die Beschwerdeführer kein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids (Art. 115 lit. b BGG). Eine Verletzung bundesrechtlicher Verfahrensgarantien, zu deren Rüge die Beschwerdeführer berechtigt wären (BGE 132 I 167 E. 2.1 S. 168), liege nicht vor. Die Gemeinde Rheineck stellt ebenfalls den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Sie bringt vor, es bestehe kein Anspruch auf eine Einbürgerung, sondern lediglich ein Anspruch auf Begründung des negativen Einbürgerungsentscheids. Eine Verletzung von Verfahrensrechten (fehlende Begründung) führe bloss zur Aufhebung des mangelhaften Entscheids, nicht aber zur direkten Erteilung des Bürgerrechts durch eine Rechtsmittelinstanz. Einbürgerungsorgan sei nach Art. 104 Abs. 1 KV/SG ausschliesslich die Bürgerschaft, weshalb nicht eine Rechtsmittelinstanz das Gemeindebürgerrecht reformatorisch erteilen könne. Das kantonale Departement des Innern verzichtet auf die Einreichung einer Stellungnahme. Die Beschwerdeführer haben von der Gelegenheit, sich zu den Stellungnahmen des Verwaltungsgerichts und der Gemeinde zu äussern, Gebrauch gemacht. Sie halten darin an ihren Anträgen und Rechtsauffassungen fest.
Erwägungen: 1. 1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Sinne von Art. 82 BGG ist gemäss Art. 83 lit. b BGG gegen Entscheide über die ordentliche Einbürgerung ausgeschlossen. Eine andere ordentliche Beschwerde fällt nicht in Betracht. Damit ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG im Grundsatz gegeben. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts kann mit keinem kantonalen Rechtsmittel angefochten werden und ist daher kantonal letztinstanzlich (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). 1.2 Der angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab. Es liegt somit kein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG vor. Mit seinem Nichteintretensentscheid hat das Verwaltungsgericht die Frage der Zuständigkeit des Departements, das Bürgerrecht anstelle der Bürgerversammlung im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens zu erteilen, als Frage der Staatsaufsicht bezeichnet, zu deren Beurteilung es in Anwendung von Art. 59bis Abs. 2 lit. a Ziff. 1 VRP/SG nicht zuständig sei. Somit liegt in zweifacher Hinsicht ein Vor- oder Zwischenentscheid über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 92 BGG vor. Dieser kann mit Verfassungsbeschwerde angefochten werden, soweit dieses Rechtsmittel auch gegen den Endentscheid erhoben werden kann (Art. 92 Abs. 1 i.V.m. Art. 117 BGG; vgl. BGE 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.). Daran ändert im vorliegenden Fall auch der Umstand nichts, dass das Verwaltungsgericht auf das bei ihm eingereichte Rechtsmittel nicht eintrat, weil es die Sache als Angelegenheit der Staatsaufsicht im Sinne von Art. 59bis Abs. 2 lit. a Ziff. 1 VRP bezeichnete. 1.3 Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann nach Art. 116 BGG die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Zur Beschwerde ist gemäss Art. 115 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Die in Art. 115 lit. a BGG genannte Voraussetzung ist offensichtlich erfüllt. Das nach Art. 115 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse kann durch kantonales oder eidgenössisches Gesetzesrecht oder aber unmittelbar durch ein spezielles Grundrecht oder bundesverfassungsrechtliche Verfahrensgarantien begründet sein (BGE 133 I 185 E. 4 S. 191 und E. 6.2 S. 199; 129 I 217 E. 1 S. 219). Die Legitimation bei der Anrufung spezieller Verfassungsrechte ergibt sich bereits aus der Grundrechtsträgerschaft und dem Inhalt des als verletzt gerügten Verfassungsrechts (BGE 132 I 167 E. 2.1 S. 168). Insoweit können die Beschwerdeführer eine Verletzung der Menschenwürde (Art. 7 BV) und des Diskriminierungsverbots (Art. 8 Abs. 2 BV) und der Bindung der staatlichen Organe an die Grundrechte (Art. 35 Abs. 2 BV) geltend machen. Soweit sich die Beschwerdeführer auf eine durch ein spezielles Grundrecht geschützte Rechtsstellung berufen, kommt ihrer Rüge der Verletzung des allgemeinen Willkürverbots (Art. 9 BV) keine selbstständige Bedeutung zu (BGE 133 I 185 E. 6.2 S. 199; 129 I 217 E. 1.3 S. 222). Als Parteien im kantonalen Verfahren können die Beschwerdeführer zudem die Verletzung bundesverfassungsrechtlicher Verfahrensgarantien rügen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt (BGE 133 I 185 E. 6.2 S. 199; 132 I 167 E. 2.1 S. 168). Dies trifft auf die Rügen der Rechtsverzögerung (Art. 29 Abs. 1 BV) und der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV zu. Den Anspruch auf Begründung bei Verweigerung der Einbürgerung (vgl. BGE 134 I 56 E. 2 S. 58; 130 I 140 E. 4.2 S. 147) hat der Gesetzgeber mit der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Revision des Bundesgesetzes vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (Bürgerrechtsgesetz, BüG; SR 141.0) nun auch ausdrücklich ins Bundesgesetzesrecht aufgenommen (Art. 15b BüG; AS 2008 S. 5911). Umstritten ist einzig, ob die Beschwerdeführer nach zwei Entscheiden der Bürgerversammlung, welche sich wegen Verletzung der Begründungspflicht als verfassungswidrig erwiesen, Anspruch auf eine umfassende verfassungskonforme Beurteilung ihrer Einbürgerungsgesuche durch eine Rechtsmittelinstanz haben. Die angerufenen speziellen Verfassungsrechte sowie die in Art. 29 BV verankerten Verfahrensgarantien verleihen den Beschwerdeführern als Träger dieser verfassungsmässigen Rechte im Einbürgerungsverfahren ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids. Ihre Beschwerde ist somit unter dem Gesichtspunkt der Beschwerdeberechtigung zulässig. Dies bedeutet nicht, dass die Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung hätten. 1.4 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG sind die Beschwerdeanträge zu begründen. In der Beschwerdeschrift wird nicht begründet, weshalb Dispositiv Ziff. 4 des angefochtenen Entscheids aufzuheben sei. In dieser Ziffer des Dispositivs verzichtet das Verwaltungsgericht auf die Erhebung der auf Fr. 2'500.-- festgesetzten amtlichen Kosten. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Beschwerdeführer durch diese Kostenbefreiung beschwert sind. Auf den genannten Antrag kann somit nicht eingetreten werden. 1.5 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen der subsidiären Verfassungsbeschwerde sind erfüllt, so dass darauf unter Vorbehalt der Ausführungen in E. 1.4 hiervor einzutreten ist. 2. Der angefochtene Entscheid erging am 14. Oktober 2008. Die am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen revidierten Bestimmungen des Bürgerrechtsgesetzes (AS 2008 S. 5911 f.), welche insbesondere das Verfahren in den Kantonen betreffen, sind somit auf die vorliegende Angelegenheit nicht anwendbar. Die umstrittenen verfahrensrechtlichen Fragen sind aufgrund des kantonalen Rechts und der von den Beschwerdeführern angerufenen verfassungsrechtlichen Ansprüche zu beurteilen. Die Auslegung und Anwendung des kantonalen Gesetzesrechts prüft das Bundesgericht dabei auf Willkür hin. 3. Die Beschwerdeführer machen geltend, ihre Eingabe sei zu Unrecht als Angelegenheit der Staatsaufsicht eingestuft worden, anstatt als ordentliche Beschwerde behandelt zu werden. Diese Beanstandung ist im Rahmen der Verfassungsbeschwerde gegen den verwaltungsgerichtlichen Nichteintretensentscheid zulässig (vgl. BGE 123 II 402 E. 1b/bb S. 406; 119 Ia 237 E. 3 S. 238; je mit Hinweisen; Kölz/Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Auflage 1998, S. 168 Rz. 461; Walter Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Auflage 1994, S. 332). 3.1 Im Kanton St. Gallen beschliessen die Stimmberechtigten der politischen Gemeinde über die Erteilung des Gemeinde- und Ortsbürgerrechts auf Antrag des Einbürgerungsrats (Art. 104 Abs. 1 KV/SG). Besteht ein Gemeindeparlament, fasst dieses Beschluss (Art. 104 Abs. 1 Satz 2 KV/SG). Das Verfahren wird im kantonalen Gesetzesrecht geregelt (Art. 104 Abs. 3 KV/SG). Die gesetzliche Regelung über den Erwerb des Kantons- und Gemeindebürgerrechts ist im kantonalen Bürgerrechtsgesetz vom 5. Dezember 1955 (sGS 121.1) enthalten. Die Rechtsmittelordnung ergibt sich im Wesentlichen aus dem kantonalen Gemeindegesetz vom 23. August 1979 (GG; sGS 151.2) und dem kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRP; sGS 951.1). Nach Art. 243 Abs. 1 GG können Stimmberechtigte und andere Personen, die an der Änderung oder Aufhebung des Beschlusses ein eigenes schutzwürdiges Interesse dartun, Beschlüsse der Bürgerschaft wegen Rechtswidrigkeit beim zuständigen Departement anfechten. Das Departement kann nach Art. 243 Abs. 3 GG auf Abstimmungsbeschwerde hin den Beschluss der Bürgerschaft aufheben (lit. a) oder angemessene Massnahmen treffen, wobei Art. 238 GG sachgemäss angewendet wird (lit. b). Gemäss Art. 238 GG trifft das zuständige Departement angemessene Massnahmen zur Wiederherstellung oder Sicherung der gesetzlichen Ordnung. Dabei kann es insbesondere anstelle eines Gemeindeorgans handeln, Ersatzvornahmen anordnen und Reglemente erlassen (Art. 238 Abs. 2 lit. a bis c GG). Der Rechtsschutz in Verwaltungsstreitsachen richtet sich nach den Vorschriften des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes (Art. 242 GG). 3.2 Der Entscheid des Departements vom 2. Juni 2008 erging aufgrund einer Abstimmungsbeschwerde der nicht eingebürgerten Gesuchsteller in Anwendung der Art. 243 und 238 GG. Diese Bestimmungen befinden sich im Gemeindegesetz im neunten Teil betreffend die "Staatsaufsicht", welcher in die Abschnitte "I. Im Allgemeinen" (Art. 228-237 GG), "II. Zwangsmassnahmen" (Art. 238-240 GG) und "III. Rechtspflege" (Art. 241-247 GG) aufgeteilt ist. Das bedeutet bei der dargelegten Regelung des Rechtsschutzes in Gemeindeangelegenheiten nicht, dass jede Massnahme, die in sinngemässer Anwendung von Art. 238 GG ergriffen wird, eine nur beschränkt justiziable Massnahme der Staatsaufsicht darstellt. Zu unterscheiden ist, ob das Departement auf Anzeige hin entscheidet (Art. 241 GG) oder ob es im Rahmen einer Verwaltungsstreitsache tätig wird (Art. 242 GG). Die Anzeige ist nur mit beschränkten Parteirechten und -pflichten verbunden und führt in der Regel nicht zum Erlass einer anfechtbaren Verfügung (Art. 241 GG; vgl. Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen, 2003, S. 610 f.; BGE 121 I 87 E. 1a S. 90). Im Beschwerdeverfahren gegen einen negativen Einbürgerungsentscheid stehen einer Partei hingegen die Verfahrensrechte des Verwaltungsrechtspflegegesetzes und der Bundesverfassung zu (vgl. Art. 242 f. GG; BGE 132 I 167 E. 2.1 S. 168 mit Hinweisen). Hierzu gehört im Unterschied zur aufsichtsrechtlichen Anzeige insbesondere auch der Anspruch auf einen Entscheid (Art. 63 VRP). 3.3 Der Entscheid des Departements vom 2. Juni 2008 hatte den Erlass von Verfügungen über die Einbürgerungsgesuche der Beschwerdeführer im Rahmen der Abstimmungsbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit gemäss Art. 243 GG zum Gegenstand. In diesem Rechtsmittelverfahren entsprach das Departement den Anträgen der Beschwerdeführer teilweise, indem es die negativen Einbürgerungsentscheide wegen Rechtswidrigkeit aufhob (Dispositiv Ziffer 1a-1g des Departementsentscheids). Es lehnte jedoch den weiteren, nach Art. 243 und 238 GG im Rahmen der Abstimmungsbeschwerde grundsätzlich zulässigen Antrag der Beschwerdeführer, das Departement solle die Einbürgerungsvoraussetzungen materiell umfassend prüfen und die Einbürgerungen anstelle der Bürgerschaft vornehmen, ab (Dispositiv Ziff. 2 des Departementsentscheids). Damit bejahte das Departement entgegen dem Antrag der Beschwerdeführer die Zuständigkeit der Gemeinde zur erneuten Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen. Es stellt sich die Frage, ob dieser Entscheid eine Verfügung gegenüber den Gesuchstellern darstellt, in welcher ihr Rechtsverhältnis zum Gemeinwesen geregelt wird. Das Verwaltungsgericht verneint dies, indem es ausführt, es handle sich um "keine Entscheidung im Bereich der ordentlichen gesetzlichen Zuständigkeit des Einbürgerungsrechts, sondern um die (vorläufige) Ablehnung einer Zwangsmassnahme gegenüber der Gemeinde". Die Beschwerdeführer halten dem entgegen, der Entscheid des Departements vom 2. Juni 2008 enthalte Verfügungen, d.h. auf Rechtswirkungen ausgerichtete Anordnungen, mit denen im Einzelfall Rechte und Pflichten begründet, abgeändert oder aufgehoben werden (vgl. Häfelin/Uhlmann/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Auflage 2006, S. 180 ff.). Der in Dispositiv Ziff. 2 des Departementsentscheids enthaltene Entscheid über die Einbürgerung habe zweifellos Verfügungscharakter, werde doch darin der Antrag abgelehnt, die Einbürgerung sei vom Departement zu beurteilen und vorzunehmen, und damit in geschützte (Verfahrens-)Rechte der Beschwerdeführer eingegriffen. 3.4 Das Verwaltungsgericht anerkennt im angefochtenen Urteil den Verfügungscharakter des Departementsentscheids insoweit, als damit die Abstimmungsbeschwerde gutgeheissen und die Einbürgerungsgesuche zur neuen Entscheidung an die Gemeindebehörde zurückgewiesen werden (Dispositiv Ziff. 1a bis 1g des Departementsentscheids). In Bezug auf die umstrittene Dispositiv Ziff. 2 des Departementsentscheids, mit welcher der Antrag der Beschwerdeführer, das Departement solle die Einbürgerungen anstelle der Bürgerschaft vornehmen, abgewiesen wurde, verneint das Verwaltungsgericht hingegen den Verfügungscharakter. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zwar hat das Departement in seinem Entscheid auch ein aufsichtsrechtliches Einschreiten gegenüber der Gemeinde (zurzeit) abgelehnt. Es hat aber gleichzeitig den Antrag der Beschwerdeführer, im ordentlichen Bürgerrechtsverfahren einen reformatorischen Entscheid zu treffen, abgewiesen. Dispositiv Ziff. 2 des beim Verwaltungsgericht angefochtenen Departementsentscheids enthält somit negative Verfügungen über die Zuständigkeit zur Vornahme der beantragten Einbürgerungen. Das Departement hat an die von der Gemeinde zu vertretende Verfassungsverletzung nicht die von den Beschwerdeführern im Rechtsmittelverfahren in zulässiger Weise verlangte Rechtsfolge (Art. 238 Abs. 2 lit. a GG; Handeln anstelle des Gemeindeorgans) geknüpft. Solche auf Beschwerde im ordentlichen Einbürgerungsverfahren hin erlassene ablehnende Verfügungen des Departements sind nach Art. 59bis Abs. 1 VRP beim Verwaltungsgericht anfechtbar. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Behandlung des erwähnten Rechtsbegehrens als Angelegenheit der Staatsaufsicht ist mit dem Anspruch auf gerechte Behandlung vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen (faires Verfahren, Art. 29 Abs. 1 BV) nicht vereinbar. Die Abspaltung des im Einbürgerungsverfahren zulässigen reformatorischen Beschwerdeantrags und dessen Einstufung als Staatsaufsichtsangelegenheit stellt eine grobe Verletzung der Verfahrensrechte der Beschwerdeführer dar, verfügt doch der Beschwerdeführer im aufsichtsrechtlichen Verfahren nur über eine stark eingeschränkte Rechtsstellung (Art. 241 GG und Art. 59bis Abs. 2 lit. a Ziff. 1 VRP; E. 3.2 und Sachverhalt lit. C hiervor). Das Verwaltungsgericht hat damit seine Zuständigkeit zur Behandlung der gegen Dispositiv Ziff. 2 des Entscheids des Departements vom 2. Juni 2008 gerichteten Beschwerde in unhaltbarer Weise verneint. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit gutzuheissen. 4. Heisst das Bundesgericht die Beschwerde gut, so entscheidet es nach Art. 107 Abs. 2 BGG in der Sache selbst oder weist diese zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück. Es kann die Sache auch an die Behörde zurückweisen, die als erste Instanz entschieden hat (Art. 107 Abs. 2 Satz 2 BGG). 4.1 Die Beschwerdeführer beantragen, bei Gutheissung der Beschwerde sei ihnen das Bürgerrecht der Gemeinde Rheineck unmittelbar im bundesgerichtlichen Verfahren zu erteilen, eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eine Erteilung des Bürgerrechts durch das Bundesgericht kann unter den vorliegenden Umständen nicht erfolgen. Die Einbürgerungsvoraussetzungen können erst aufgrund eines umfassend abgeklärten Sachverhalts materiell beurteilt werden. Die massgebenden Sachverhaltsfeststellungen sind im kantonalen Verfahren vorzunehmen. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die zuständige kantonale Instanz prüft den Sachverhalt frei und wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 110 BGG). Vorliegend hat die kantonale Vorinstanz den zur materiellen Beurteilung der Einbürgerungsgesuche erheblichen Sachverhalt nicht festgestellt. Auch hat sie die Einbürgerungsvoraussetzungen unter Berücksichtigung der kantonalen Praxis nicht umfassend geprüft. Es erscheint somit gerechtfertigt, die Sache an die kantonalen Behörden zurückzuweisen (vgl. Giovanni Biaggini, Bundesgerichtsgesetz, Basler Kommentar, Rz. 16 ff. zu Art. 117 BGG). Nach dem Grundsatz der devolutiven Wirkung der Beschwerde (sog. Devolutiveffekt) gilt im vorliegenden Verfahren auch Dispositiv Ziff. 2 des Departementsentscheids vom 2. Juni 2008 als mitangefochten (BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144 mit Hinweis). Es ist im Folgenden aufgrund der massgebenden verfassungsrechtlichen Grundsätze zu untersuchen, welche Instanz unter den gegebenen Umständen die Einbürgerungsgesuche behandeln soll. 4.2 Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist nach Art. 35 Abs. 2 BV an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen. Dadurch verpflichtete Grundrechtsadressaten sind zunächst die Gemeinwesen von Bund, Kantonen und Gemeinden mit allen ihren Verfassungsorganen (inkl. Stimmberechtigte; vgl. BGE 130 I 140 E. 4 S. 146 f.; 129 I 232 E. 3.4.2 S. 240, 217 E. 2.2.1 S. 225). Weiter richtet sich Art. 35 Abs. 2 BV an die Aufsichts- und Rechtsmittelinstanzen, welche verfassungswidrige Entscheide unter gewissen Umständen nicht bloss aufzuheben, sondern den Grundrechtsschutz dadurch zu verwirklichen haben, dass sie angemessene Ersatzregelungen schaffen (Rainer J. Schweizer, Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 2. Auflage 2008, Art. 35 Rz. 18 und 25; Bernhard Rütsche, Rechtsfolgen von Grundrechtsverletzungen, 2002, S. 350; vgl. BGE 130 I 140 E. 4.1 S. 146; s. auch Art. 107 Abs. 2 BGG; BGE 133 I 270 E. 1.1 S. 273). Dieser Grundsatz führte im Rahmen der Praxis zur früheren staatsrechtlichen Beschwerde zu Ausnahmen von der grundsätzlich kassatorischen Natur dieses Rechtsmittels (BGE 132 I 21 E. 1 S. 22 mit Hinweisen; WALTER KÄLIN, a.a.O., S. 400 ff.). 4.3 Ablehnende Entscheide über Einbürgerungen unterliegen bereits vor Inkrafttreten von Art. 15b BüG gestützt auf Art. 29 Abs. 2 BV der Begründungspflicht, welche einen Teilgehalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör darstellt (BGE 132 I 196 E. 3.1; 131 I 18 E. 3 S. 20, je mit Hinweisen). Die für den Entscheid zuständigen Personen handeln, wenn sie über Einbürgerungsgesuche beschliessen, als Organ der Gemeinde und nehmen eine staatliche Aufgabe wahr. Sie sind daher gemäss Art. 35 Abs. 2 BV an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen (BGE 129 I 217 E. 2.2.1 S. 225 mit Hinweisen). 4.3.1 Die Bürger von Rheineck hatten an den Versammlungen vom 21. März 2005 und 19. März 2007 Gelegenheit, ihre trotz des zustimmenden Antrags des Einbürgerungsrats ablehnende Haltung zu begründen. Zumindest an der zweiten Versammlung vom 19. März 2007 wären sie, nachdem das Departement des Innern die Sache wegen fehlender Begründung an die Gemeinde zurückgewiesen hatte und auch der Versammlungsleiter auf die Unzulässigkeit ungenügend begründeter Nichteinbürgerungen hingewiesen hatte, nach dem Anspruch der Gesuchsteller auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) verpflichtet gewesen, sämtliche Einbürgerungsvoraussetzungen umfassend zu prüfen, abschliessend zu beurteilen und die Gründe für den ablehnenden Entscheid im Einzelnen darzulegen. Dadurch wären sowohl die betroffenen Gesuchsteller als auch das Departement des Innern als Beschwerdeinstanz in die Lage versetzt worden, sich mit den dargelegten Gründen auseinanderzusetzen und diese auf ihre Stichhaltigkeit hin zu prüfen. 4.3.2 Die Bürgerversammlung hat es nach den unbestrittenen Ausführungen im Entscheid des Departements des Innern vom 2. Juni 2008 erneut versäumt, ihre Beschlüsse an der zweiten Versammlung vom 19. März 2007 in Bezug auf die Beschwerdeführer unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Anforderungen zu fassen und zu begründen. Während die Beschlüsse der Versammlung vom März 2005 bereits wegen Missachtung des Anspruchs der Gesuchsteller auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) aufgehoben werden mussten, litten die Entscheide vom März 2007 erneut an Gehörsverletzungen und teilweise an unzulässiger Begründung der Nichteinbürgerung. Einer der beim Departement angefochtenen kommunalen Nichteinbürgerungsentscheide verstiess zudem gegen das in Art. 8 Abs. 2 BV verankerte Diskriminierungsverbot. Dies führte zur Aufhebung der Nichteinbürgerungsentscheide durch das Departement, verbunden mit der Androhung, dass bei einer erneuten verfassungswidrigen Verweigerung der Einbürgerungen durch die Bürgerversammlung eine aufsichtsrechtliche Anordnung der Einbürgerung durch das Departement erfolgen könne. Das Departement ging davon aus, dass die Gemeinde bei einer dritten Behandlung der Einbürgerungsgesuche ein rechtsstaatlich korrektes Verfahren durchführen werde. Deshalb sei ihr nochmals Gelegenheit einzuräumen, einen rechtmässigen Beschluss zu fassen. Im Rahmen einer Interessenabwägung berücksichtigte das Departement die unerwünschten zeitlichen Verzögerungen. Diese seien jedoch angesichts der kantonalrechtlichen Zuständigkeit der Bürgerversammlung als Einbürgerungsorgan Ausdruck der Gemeindedemokratie und deshalb gerechtfertigt. 4.4 Diese Ausführungen sind im Lichte des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Beurteilung innert angemessener Frist und des Verbots der Rechtsverzögerung (Art. 29 Abs. 1 BV) zu würdigen. Danach sind die Gemeinden verpflichtet, die bei ihnen hängigen Einbürgerungsverfahren ohne unnötige Verzögerungen zum Abschluss zu bringen (vgl. BGE 130 I 174 E. 2.2 S. 177 f., 269 E. 2.3 S. 272 f., 312 E. 5.1 S. 331, je mit Hinweisen; s. auch BGE 135 II 127 E. 3.4 S. 134). Die Angemessenheit einer Verfahrensdauer beurteilt sich nach der Art des Verfahrens und den konkreten Umständen einer Angelegenheit (wie Umfang und Komplexität der aufgeworfenen Sachverhalts- und Rechtsfragen, Bedeutung des Verfahrens für die Beteiligten etc.; vgl. Übersicht bei Gerold Steinmann, in: Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 2. Auflage 2008, N. 12 zu Art. 29 BV). Bei der Beurteilung, ob die Dauer eines Einbürgerungsverfahrens als angemessen gelten kann, ist zu berücksichtigen, dass die eidgenössische Einbürgerungsbewilligung, die Voraussetzung für die Einbürgerung auf Kantons- und Gemeindeebene bildet, auf drei Jahre befristet ist (Art. 13 Abs. 3 BüG; BGE 130 I 140 E. 4.2 S. 147). Mit dieser Befristung hat der Gesetzgeber dem Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist gemäss Art. 29 Abs. 1 BV entsprochen. Die in Art. 13 Abs. 3 BüG enthaltene Verlängerungsmöglichkeit soll nur ausnahmsweise angewendet werden, ansonsten die Befristung ihres Sinns entleert würde. Selbst wenn ein triftiger Grund für eine Fristverlängerung vorliegt, so ist von der Verlängerungsmöglichkeit im Lichte von Art. 29 Abs. 1 BV zurückhaltend Gebrauch zu machen. Das Einbürgerungsverfahren darf insgesamt eine angemessene Dauer nicht überschreiten. 4.5 Art. 29 Abs. 1 BV verpflichtet die Gemeinden und die Rechtsmittelinstanzen somit in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu einer rechtskräftigen Bewältigung der Einbürgerungsverfahren innert angemessener Frist. Wie andere Grundrechte wird auch die in Art. 29 BV verankerte Garantie auf gleiche und gerechte Behandlung von der Forderung nach Achtung der Menschenwürde (Art. 7 BV) mitgetragen (Garantie des fairen Verfahrens; vgl. Müller/Schefer, Grundrechte in der Schweiz, 4. Auflage 2008, S. 821; Lorenz Engi, Was heisst Menschenwürde?, ZBl 109/2008 S. 670). Die Einbürgerungsgesuche, die dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegen, wurden in den Jahren 2003 und 2004 eingereicht. Seither haben die Beschwerdeführer das kommunale Einbürgerungsverfahren mit anschliessendem kantonalem Rechtsmittelverfahren bereits zweimal durchlaufen. Die Gesuche wurden vom zuständigen kommunalen Einbürgerungsrat beide Male positiv beurteilt, dann aber von der Bürgerversammlung ohne verfassungskonforme Begründung abgelehnt. Das Departement des Innern hat mit der wiederholten Rückweisung der Sache an die Gemeinde verkannt, dass eine solche Rückweisung zu neuer Entscheidung sinnvoll sein kann, wenn eine Verwaltungsbehörde angesprochen wird, während das gleiche Verfahren eine selbstbewusste Versammlung schweizerischer Stimmberechtigter nur zum Widerstand provoziert. In solchen Fällen soll das Departement als für Bürgerrechtsfragen zuständige Instanz auf Beschwerde hin anstelle der Gemeinde direkt in der Sache entscheiden und auf eine Rückweisung verzichten. Dies entspricht offenbar auch seiner Absicht in zukünftigen Fällen (Yvo Hangartner, Grundsatzfragen der Einbürgerung nach Ermessen, ZBl 110/2009 S. 311). Das Departement wird eine allfällige Veränderung der individuellen Verhältnisse in Bezug auf die Einbürgerungsvoraussetzungen unter Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör der betroffenen Personen und der Gemeinde prüfen müssen, bevor es über die Einbürgerungen entscheidet. In diesem Sinne ist die Sache in Anwendung von Art. 107 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 117 BGG an das Departement des Innern zur neuen Beurteilung zurückzuweisen. 5. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde teilweise gutzuheissen und die Ziff. 1 und 5 des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 14. Oktober 2008 sowie Ziff. 2 des Entscheids des Departement des Innern vom 2. Juni 2008 aufzuheben sind. Die Sache wird an das Departement des Innern zu neuer Beurteilung zurückgewiesen. Der unterliegenden Gemeinde Rheineck sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Sie hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hat die politische Gemeinde Rheineck den Beschwerdeführern überdies eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 5 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und Ziff. 1 und 5 des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 14. Oktober 2008 sowie Ziff. 2 des Entscheids des Departements des Innern des Kantons St. Gallen vom 2. Juni 2008 werden aufgehoben. Die Sache wird an das Departement des Innern zu neuer Beurteilung zurückgewiesen. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Die politische Gemeinde Rheineck hat den Beschwerdeführern für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 3'000.-- und für das verwaltungsgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 2'000.-- zu bezahlen. 4. Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Politischen Gemeinde Rheineck sowie dem Departement des Innern und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 7. Juli 2009 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: Féraud Haag
bc404452-ff53-4496-9421-a14e2f08f365
de
2,003
CH_BGer_016
Federation
null
null
null
social_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. D._, geb. 1956, meldete sich am 5. April 1995 unter Hinweis auf seit 24. Februar 1994 bestehende gesundheitliche Beeinträchtigungen (u.a. Schmerzen an Rücken, Kopf und Bein) bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen in beruflicher und medizinischer Hinsicht, worunter Berichte des Hausarztes Dr. med. R._ (vom 27. Juni 1995 und 15. Januar 1998), des Psychiatriezentrums X._ (vom 24. Juli 1995) sowie eine ambulante neurologisch-neurochirurgische Untersuchung im Spital Y._ (vom 19. November 1997), verneinte die IV-Stelle Bern am 18. Mai 1998 verfügungsweise den Anspruch auf eine Invalidenrente mangels rentenbegründender Invalidität. In gleicher Weise verfuhr die Verwaltung hinsichtlich des Anspruchs auf berufliche Eingliederungsmassnahmen, nachdem sie vom Fürsorgeamt der Stadt Biel darauf hingewiesen worden war, dass darüber noch zu befinden sei (Verfügung vom 30. Dezember 1998). Beide Verfügungen erwuchsen unangefochten in Rechtskraft. Am 24. August 1999 meldete sich D._, nunmehr anwaltlich vertreten, erneut zum Leistungsbezug an. Er wies darauf hin, ärztliche Zeugnisse würden folgen. Sein Rechtsvertreter reichte mit Eingabe vom 31. Mai 2000 ein Zeugnis des Dr. med. R._ vom 3. November 1999 ein; weiter kündigte er an, der Hausarzt werde eine stationäre Untersuchung im Spital Y._ anordnen. Diese werde u.a. klären, ob seit der Verfügung vom 18. Mai 1998 eine Chronifizierung des Leidens eingetreten sei. Nach dem Vorbescheid (vom 19. Juli 2000) verfügte die IV-Stelle am 22. August 2000, auf das Leistungsbegehren werde nicht eingetreten. Auf Grund der eingereichten Unterlagen hätten sich keine neuen Tatsachen ergeben. B. Die hiegegen eingereichte Beschwerde, der ein Kurzaustrittsbericht (vom 18. September 2000) des Spitals Y._ betreffend die Hospitalisierung vom 14. August bis 15. September 2000 beilag, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Entscheid vom 13. März 2001). C. D._ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und das Rechtsbegehren stellen, "die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und es seien die gesetzlichen Leistungen in Form einer MEDAS-Begutachtung zu erbringen"; ferner beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung. Mit Eingabe vom 4. Februar 2003 reicht er den ausführlichen Bericht der Ärzte des Spitals Y._ (vom 27. September 2000) über die stationäre Untersuchung vom 14. August bis 15. September 2000 zu den Akten. Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen in der Invalidenversicherung geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 22. August 2000) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im hier zu beurteilenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar. 2. Das kantonale Gericht hat die Prüfungspflichten der Verwaltung und des Gerichts hinsichtlich des Eintretens auf ein erneutes Rentengesuch nach vorausgegangener rechtskräftiger Ablehnung (Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV; BGE 117 V 200 Erw. 4b, 109 V 264 Erw. 3, 114 Erw. 2b) zutreffend dargelegt. Diese Regeln gelten analog, auch darin ist der Vorinstanz beizupflichten, wenn Eingliederungsleistungen strittig sind (BGE 109 V 122 Erw. 3a). In zeitlicher Hinsicht sind - hier wie dort - die Verhältnisse bei Erlass der strittigen Verwaltungsverfügung mit denjenigen im Zeitpunkt der letzten materiellen Abweisung zu vergleichen. Die entsprechenden, in BGE 109 V 265 Erw. 4a zur Rentenrevision umschriebenen Grundsätze gelten sinngemäss auch bei einer Neuanmeldung (vgl. AHI 1999 S. 84 Erw. 1). 3. Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin auf die Neuanmeldung vom 24. August 1999 hin zu Recht Nichteintreten verfügt hat. Prozessthema bildet die Frage, ob glaubhaft im Sinne von Art. 87 Abs. 3 IVV ist, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers in für den Anspruch auf Rente und/oder Massnahmen beruflicher Art erheblicher Weise geändert haben. In zeitlicher Hinsicht ist mit Blick auf den Verlauf des ersten Verwaltungsverfahrens mit der Vorinstanz der Zeitraum zwischen dem 18. Mai 1998 (ablehnende Rentenverfügung) und dem 22. August 2000 (strittige Nichteintretensverfügung) massgeblich. 4. Im Gesuch um Neuanmeldung vom 24. August 1999 wird nicht dargetan, inwiefern sich der Gesundheitszustand seit Erlass der Verfügung vom 18. Mai 1998 in IV-rechtlich relevanter Hinsicht verändert haben soll. Der Rechtsvertreter beschränkt sich, darauf hinzuweisen, entsprechende ärztliche Zeugnisse würden nachgereicht. Der Bericht des Dr. med. R._ vom 3. November 1999 erbringt seinerseits den strittigen Beweis ebenfalls nicht. Der Beweiswürdigung der Vorinstanz ist in diesem Punkt vollumfänglich beizupflichten. 5. Wesentlich bei dieser Aktenlage ist, ob, wie das kantonale Gericht befand, nach Erlass der strittigen Verwaltungsverfügung eingereichte medizinische Unterlagen, im hier zu beurteilenden Fall der Bericht des Spitals Y._ (vom 18. September 2000), nach Massgabe von Art. 87 Abs. 3 IVV von vornherein unbeachtlich sind. Nach der Rechtsauffassung des kantonalen Gerichts sind nachträglich eingereichte Unterlagen eintretensrechtlich nicht massgeblich. Dabei spiele es keine Rolle, ob die im kantonalen Prozess aufgelegten Arztberichte allenfalls Rückschlüsse hinsichtlich des neuanmeldungsrechtlich relevanten Zeitraums zuliessen. 5.1 Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat, soweit überblickbar, bisher den gegenteiligen Rechtsstandpunkt eingenommen. Im nicht veröffentlichen Urteil R. vom 31. Juli 1989, I 99/89, liess das Gericht die identische (vom Versicherungsgericht des Kantons Bern aufgeworfene) Rechtsfrage offen. Es erwog, mit den im Revisionsgesuch aufgelegten Arztberichten sei eine für den Rentenanspruch erhebliche Verschlimmerung glaubhaft gemacht. Im Urteil L. vom 5. März 2002, I 775/01, stellte das Gericht auf einen Arztbericht ab, der zwar erst letztinstanzlich, aber in prozessual zulässiger Weise (Art. 132 lit. b OG) eingereicht worden war. Im Urteil K. vom 7. August 2001, I 471/00, wurden im Prozess vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht neu vorgebrachte medizinische Urkunden eingehend gewürdigt. Nebst dem materiellen Gehalt der Berichte war dabei zentral, ob diese Rückschlüsse auf die im Zeitpunkt der strittigen Verwaltungsverfügung bestehenden Verhältnisse erlauben würden (Erw. 2). Im Urteil T. vom 24. April 2002, I 473/01, schliesslich hat das Gericht gestützt auf einen nach dem Abschluss des Verwaltungsverfahrens datierenden Arztbericht eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes bejaht. 5.2 Die letztinstanzliche Rechtsprechung geht implizit davon aus, dass nach Erlass der strittigen Verwaltungsverfügung datierende Arztberichte auch im Bereich des Neuanmeldungsverfahrens nach Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV massgeblich sind, sofern sie geeignet sind, die Beurteilung im massgeblichen Zeitpunkt des Verfügungserlasses zu beeinflussen (vgl. BGE 121 V 366 Erw. 1b und 99 V 102). Das hält einer einlässlichen Überprüfung und insbesondere einer Ermittlung des Bedeutungsgehaltes des Art. 87 Abs. 3 IVV (vgl. BGE 125 II 196 Erw. 3a, 244 Erw. 5a, 125 V 130 Erw. 5, 180 Erw. 2a, je mit Hinweisen) nicht Stand. 5.2.1 Vorab zu nennen ist im Rahmen der Auslegung der Wortlaut von Art. 87 Abs. 3 IVV. Nach der deutschen Fassung ist im "Gesuch um Revision" eine für den Anspruch erhebliche Änderung glaubhaft zu machen (französisch: "celle-ci" [gemeint ist das Revisionsgesuch] doit établir; italienisch: "nella domanda si deve dimostrare"). 5.2.2 Das historische Auslegungselement fällt ausser Betracht, da die Materialien, insbesondere die Erläuterungen des Bundesamtes für Sozialversicherung vom 18. Mai 1960 "zum Entwurf der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz über die Invalidenversicherung" nicht ergiebig sind. 5.2.3 Art. 87 Abs. 3 IVV beruht auf dem Gedanken, dass die Rechtskraft der früheren Verfügung einer neuen Prüfung so lange entgegensteht, als der seinerzeit beurteilte Sachverhalt sich in der Zwischenzeit nicht verändert hat. Laut BGE 117 V 200 Erw. 4b (mit Hinweisen) soll damit verhindert werden, dass sich die Verwaltung nach vorangegangener rechtskräftiger Anspruchsprüfung immer wieder mit gleich lautenden und nicht näher begründeten, d.h. keine Veränderung des Sachverhalts darlegenden Gesuchen befassen muss. Der so verstandene Normzweck bestätigt die auf den Wortlaut gestützte Auslegung. 5.2.4 In systematischer Hinsicht ist auf das Urteil B. vom 25. Oktober 2001, I 214/01, hinzuweisen. Verweigert die versicherte Person ungerechtfertigterweise eine erforderliche und zumutbare Begutachtung und verfügt die Verwaltung zu Recht gestützt auf Art. 73 IVV auf Grund der Akten, hat die (kantonale) Rechtsmittelinstanz demnach nur zu überprüfen, ob die angefochtene Verwaltungsverfügung auf Grund der vorhandenen (unvollständigen) Akten korrekt war (Erw. 3b mit Hinweisen). Sobald die versicherte Person ihrer Mitwirkungspflicht nachkommt und sich der notwendigen Untersuchung unterzieht, wird die IV-Stelle eine neue Verfügung erlassen. Dies unter der Voraussetzung, dass das Ergebnis der Begutachtung zusammen mit den bereits vorhandenen medizinischen Unterlagen Anlass zu einer revisionsweisen Abänderung der Invalidenrente bietet (nicht veröffentlichtes Urteil F. vom 11. Januar 1999, I 483/97, mit Hinweisen auf u.a. BGE 111 V 222 Erw. 1). Diese rechtliche Ordnung legt nahe, im Rahmen von Art. 87 Abs. 3 IVV in analoger Weise zu verfahren. 5.2.5 Daraus ergibt sich, dass die normunmittelbaren Auslegungselemente allesamt darauf schliessen lassen, dass die versicherte Person mit dem Revisionsgesuch oder der Neuanmeldung die massgebliche Tatsachenänderung glaubhaft machen muss. Der Untersuchungsgrundsatz, wonach das Gericht von Amtes wegen für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts zu sorgen hat (BGE 125 V 195 Erw. 2, 122 V 158 Erw. 1a, je mit Hinweisen), spielt insoweit nicht. Wird im Revisionsgesuch oder in der Neuanmeldung kein Eintretenstatbestand glaubhaft gemacht, sondern bloss auf ergänzende Beweismittel, insbesondere Arztberichte, hingewiesen, die noch beigebracht würden oder von der Verwaltung beizuziehen seien, ist der versicherten Person eine angemessene Frist zur Einreichung der Beweismittel anzusetzen. Diese Massnahme setzt voraus, dass die ergänzenden Beweisvorkehren geeignet sind, den entsprechenden Beweis zu erbringen. Sie ist mit der Androhung zu verbinden, dass ansonsten gegebenenfalls auf Nichteintreten zu erkennen sei. Die analoge Anwendung der Grundsätze von Art. 73 IVV auf das Verfahren nach Art. 87 Abs. 3 IVV rechtfertigt sich sowohl unter dem Aspekt von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV; Urteil B. vom 13. Juli 2000, H 290/98) als auch deshalb, weil es sozialversicherungsrechtlich atypisch ist, dass die versicherte Person für das Vorliegen eines Eintretenstatbestandes beweisführungsbelastet ist (anders z.B. im Bereich der Kontoberichtigung, vgl. BGE 117 V 265 Erw. 3d). Ergeht eine Nichteintretensverfügung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens, das den eben umschriebenen Erfordernissen betreffend Fristansetzung und Androhung der Säumnisfolgen genügt, legen die Gerichte ihrer beschwerdeweisen Überprüfung den Sachverhalt zu Grunde, wie er sich der Verwaltung bot. Daran vermag für den letztinstanzlichen Prozess auch Art. 132 lit. b OG nichts zu ändern. 6. 6.1 Die Neuanmeldung, worin angezeigt wird, ärztliche Zeugnisse würden folgen, wurde am 24. August 1999 erstattet. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers kündigte der Verwaltung in seiner Eingabe vom 31. Mai 2000 in der Folge u.a. an, der Hausarzt werde eine stationäre Untersuchung im Spital Y._ anordnen. Diese werde insbesondere klären, ob seit der Verfügung vom 18. Mai 1998 eine Chronifizierung des Leidens eingetreten sei. Bei dieser Sachlage wäre die Verwaltung nach dem in Erw. 5.2.5 Gesagten gehalten gewesen, unter Androhung der Säumnisfolgen, eine angemessene Frist zur Einreichung des in Aussicht gestellten Berichts anzusetzen. Von der Ansetzung einer angemessenen Frist und der Darlegung der Säumnisfolgen entlastete die Verwaltung auch der aktenkundige Umstand nicht, dass das Neuanmeldungsverfahren bedingt durch das Verhalten des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers schleppend verlief. 6.2 Nach dem Gesagten ist der Kurzaustrittsbericht vom 18. September 2000 des Spitals Y._ betreffend die Hospitalisierung vom 14. August bis 15. September 2000 entgegen der Vorinstanz zu berücksichtigen. Gestützt auf den Bericht ist mit dem erforderlichen Beweismass der Glaubhaftmachung erstellt, dass sich der Gesundheitszustand zwischen dem 18. Mai 1998 und dem 22. August 2000 in einer für die strittigen Ansprüche nach IVG massgeblichen Weise verschlechtert hat, indem die lumbovertebralen Schmerzen weiter chronifizierten. Dabei fällt ins Gewicht, dass die Neuanmeldung (vom 24. August 1999) mehr als 15 Monate nach der rentenablehnenden Verfügung vom 18. Mai 1998 datiert, weshalb an die Glaubhaftmachung nicht allzu hohe Anforderungen zu stellen sind (Urteil S. vom 18. Februar 2003, I 460/01, mit Hinweisen). Weil nach der Aktenlage von einem evolutiven Geschehen auszugehen ist, steht einem Eintreten nicht entgegen, dass bereits anlässlich der neurologisch-neurochirurgischen Untersuchung im Spital Y._ (vom 19. November 1997) chronifizierte lumbovertebrale Schmerzen diagnostiziert wurden. Als Mitursache für die fortschreitende Chronifizierung der Beschwerden nennen die Spitalärzte im Bericht vom 18. September 2000 nebst dem mehrjährigen Krankheitsverlauf verschiedene Ursachen für welche die Eidgenössische Invalidenversicherung nicht einzustehen hat (Zukunftsängste, drohende finanzielle Notlage etc.; vgl. hiezu: BGE 127 V 294 ff.). Im Rahmen ergänzender Abklärungen und anschliessender Verfügung über die Ansprüche nach IVG wird die Verwaltung diesem Aspekt Rechnung tragen. 7. Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend steht dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 135 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist damit gegenstandslos.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 13. März 2001 und die Verfügung vom 22. August 2000 aufgehoben werden und die Sache an die IV-Stelle Bern zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und die Neuanmeldung vom 24. August 1999 materiell prüfe. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Die IV-Stelle Bern hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 4. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. Luzern, 16. Oktober 2003 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Präsident der I. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
bc5355ba-1aa5-40b0-8c4b-fe6e85d32334
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2,015
CH_BGer_002
Federation
null
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null
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critical
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Sachverhalt: A. A._ (geb. 1972) stammt aus Deutschland. Er kam am 29. Januar 2006 in die Schweiz und verfügte hier gestützt auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als Handwerksmeister über eine bis zum 31. August 2011 gültige Aufenthaltsbewilligung B (EU/EFTA-B). Sein Dienstverhältnis wurde am 9. Mai 2008 aufgelöst, nachdem es zu einer tätlichen Auseinandersetzung am Arbeitsplatz gekommen war. A._ bezog von Juli 2008 bis Juni 2010 Arbeitslosengelder. B. B.a. Am 20. Juni 2011 ersuchte A._ das Migrationsamt des Kantons Solothurn, seine Aufenthaltsbewilligung zu verlängern, was dieses am 4. Juli 2011 um ein Jahr, d.h. bis zum 31. August 2012 tat. Das Migrationsamt wies A._ darauf hin, dass sein freizügigkeitsrechtlicher Aufenthaltsanspruch erlösche, falls er nach einem Jahr immer noch arbeitslos sein sollte. Am 26. September 2012 informierte das Sozialamt U._ das Migrationsamt, dass A._ nach wie vor vollumfänglich unterstützt werden müsse. Er habe insgesamt Sozialhilfeleistungen in der Höhe Fr. 41 ́680.60 bezogen. Das Migrationsamt des Kantons Solothurn lehnte es am 8. März 2013 androhungsgemäss ab, die Aufenthaltsbewilligung von A._ ein weiteres Mal zu verlängern, und forderte ihn auf, das Land zu verlassen. B.b. Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn wies am 20. Januar 2014 die von A._ hiergegen eingereichte Beschwerde ab. Zwar habe dieser während der Verlängerung seines Aufenthalts mehrere Praktika absolviert, doch sei er im entscheidenden Zeitpunkt der Verlängerung immer noch arbeitslos gewesen, weshalb nicht weiter geprüft werden müsse, ob seine Praktika (vom 1. September bis zum 31. November 2011 [B._] und vom 15. März 2012 bis 31. Juli 2012 [C._]) als Erwerbstätigkeit zu gelten hätten. Sein Verlängerungsanspruch sei so oder anders erloschen, da er im Entscheidzeitpunkt keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Sein ursprüngliches Dienstverhältnis sei nicht wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit aufgelöst worden, womit kein Verbleiberechtsanspruch bestehe. Im Übrigen habe A._ nach eigenen Angaben Praktika absolviert, ohne geltend zu machen, nicht voll arbeitsfähig zu sein. Bis zum Ablauf seiner Aufenthaltsbewilligung lägen aufgrund der durch die IV-Stelle in die Wege geleiteten Abklärungen keine Hinweise auf eine dauernde Arbeitsunfähigkeit im Sommer 2012 vor. A._ habe zwar inzwischen sieben Jahre in der Schweiz verbracht, sei aber seit bald fünf Jahren nicht mehr erwerbstätig und habe 34 Jahre in Deutschland gelebt, weshalb keine Gründe ersichtlich seien, welche die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Rahmen einer Härtefallregelung rechtfertigen würden. C. C.a. A._ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 20. Januar 2014 aufzuheben und das Migrationsamt zu verpflichten, seine Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Er sei in der Schweiz unfreiwillig arbeitslos geworden. Seine Praktika hätten als Erwerbstätigkeit zu gelten, womit ihm im Jahr 2012 für 6 Monate Arbeitnehmereigenschaft zugekommen sei und er nach wie vor von den damit verbundenen Freizügigkeitsrechten profitieren könne. Im Übrigen sei er wegen seiner Rückenprobleme nicht voll arbeitsfähig. Während der Abklärungen der IV hinsichtlich der Frage der Arbeitsfähigkeit im Vorfeld allfälliger beruflicher Integrationsmassnahmen habe er Anspruch darauf, dass seine Bewilligung verlängert werde. Das Verbleiberecht nach Art. 4 Anhang I zum Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) erzeuge diesbezüglich "eine gewisse Vorwirkung". A._ ersucht für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. C.b. Mit Verfügung vom 27. Februar 2014 hat das präsidierende Abteilungsmitglied der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung beigelegt. Die kantonalen Behörden und das Bundesamt für Migration (heute: Staatssekretariat für Migration [SEM]) beantragen, die Beschwerde abzuweisen bzw. abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen: 1. 1.1. Der Beschwerdeführer beruft sich in vertretbarer Weise auf einen freizügigkeitsrechtlichen Bewilligungs- bzw. Verbleiberechtsanspruch (vgl. Art. 6 bzw. 4 Anhang I FZA). Seine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig (Art. 82 lit. a, 83 lit. c Ziff. 2, 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Ob und in welchem Umfang der behauptete Anspruch tatsächlich besteht, bildet praxisgemäss Gegenstand der materiellen Beurteilung und nicht des Eintretens (vgl. BGE 137 I 305 E. 2.5 S. 315; 136 II 177 E. 1.1 S. 179; Urteil 2C_587/ 2013 vom 30. Oktober 2013 E. 1). 1.2. Nicht einzugehen ist auf die Ausführungen des Beschwerdeführers, soweit er geltend macht, es bestehe bei ihm ein Härtefall im Sinne von Art. 20 der Verordnung vom 22. Mai 2002 über die schrittweise Einführung des freien Personenverkehrs zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union und deren Mitgliedstaaten sowie unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation [VEP; SR 142.203]). Zwar können Aufenthaltsbewilligungen EU/EFTA erteilt werden, wenn wichtige Gründe dies gebieten und die Voraussetzungen für eine Zulassung zu einem Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit nicht erfüllt sind. Die entsprechende Verordnungsbestimmung begründet indessen keinen Bewilligungsanspruch: Es handelt sich dabei - analog der allgemeinen Härtefallregelung in Art. 30 Abs. 1 lit. b AuG (SR 142.20) - um einen Ermessensentscheid, gegen den allenfalls die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offensteht (vgl. THOMAS HUGI YAR, Von Trennungen, Härtefällen und Delikten - Ausländerrechtliches rund um die Ehe- und Familiengemeinschaft, in: Achermann et al. [Hrsg.], Jahrbuch für Migrationsrecht 2012/2013, 2013, S. 31 ff., dort 95 ff.). Mangels des für diese erforderlichen rechtlich geschützten Interesses (vgl. BGE 133 I 185 ff.) bzw. der Rüge einer von der Sache selber losgelöst beurteilbaren formellen Rechtsverweigerung ("Star"-Praxis; vgl. BGE 137 II 305 E. 2 S. 308) ist auf die vorliegende Eingabe nicht einzutreten, soweit sie diesbezüglich als solche entgegenzunehmen wäre. 1.3. 1.3.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die beschwerdeführende Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern sich der festgestellte Sachverhalt bzw. die beanstandete Beweiswürdigung als klar und eindeutig mangelhaft - mit anderen Worten willkürlich - erweist (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3; 133 III 350 E. 1.3). 1.3.2. Willkür liegt nicht bereits dann vor, wenn eine andere Sicht ebenfalls vertretbar oder sogar zutreffender erscheint, sondern nur, wenn die vorinstanzliche Beurteilung offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt bzw. in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 134 I 140 E. 5.4 S. 148 mit Hinweisen). Auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an der Beweiswürdigung geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 136 II 101 E. 3 S. 104 f.). In rechtlicher Hinsicht ist - in Auseinandersetzung mit der Begründung im angefochtenen Entscheid - darzutun, inwiefern dieser Bundesrecht verletzt (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1 - 2.3). Hierfür genügt nicht, lediglich auf die Ausführungen und die Akten im kantonalen Verfahren zu verweisen; erforderlich sind sachbezogene Darlegungen und nicht blosse Bestreitungen der rechtlichen Überlegungen der Vorinstanz. 1.3.3. Der Beschwerdeführer beanstandet den Sachverhalt bzw. die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht, sondern stellt lediglich - in Wiederholung seiner Eingabe an die Vorinstanz - seine Sicht der Dinge jener im angefochtenen Entscheid gegenüber. Dem vorliegenden Urteil ist deshalb der von den kantonalen Behörden festgestellte Sachverhalt zugrunde zu legen. 2. 2.1. 2.1.1. Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist und mit einem Arbeitgeber des Aufnahmestaates ein Arbeitsverhältnis mit einer Dauer von mindestens einem Jahr eingeht, erhält eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer von fünf Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis (EU/EFTA-B-Bewilligung). Diese wird automatisch um mindestens fünf Jahre verlängert. Bei der ersten Verlängerung kann die Gültigkeitsdauer indessen beschränkt werden, wenn der Inhaber seit mehr als zwölf aufeinanderfolgenden Monaten unfreiwillig arbeitslos ist; die Dauer der Bewilligungsverlängerung darf dabei ein Jahr nicht unterschreiten (vgl. Art. 6 Abs. 1 Anhang I FZA). Einem Arbeitnehmer, der mit einem Arbeitgeber des Aufnahmestaates ein Arbeitsverhältnis mit einer Dauer von mehr als drei Monaten und weniger als einem Jahr eingegangen ist, wird eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer erteilt, die der Dauer des Arbeitsvertrags entspricht (Art. 6 Abs. 2 Anhang I FZA; EU/EFTA-L-Bewilligung). 2.1.2. Nach Art. 6 Abs. 6 Anhang I FZA darf einer arbeitnehmenden Person eine gültige Aufenthaltsbewilligung nicht allein deshalb entzogen werden, da sie keine Beschäftigung mehr hat, weil sie infolge von Krankheit oder Unfall vorübergehend arbeitsunfähig oder unfreiwillig arbeitslos geworden ist, falls das zuständige Arbeitsamt dies ordnungsgemäss bestätigt. Der Unterbruch der Erwerbstätigkeit infolge von Krankheit oder Unfall, die von der zuständigen Behörde bestätigte Zeit unfreiwilliger Arbeitslosigkeit und der unfreiwillige Erwerbsunterbruch von unselbständig Erwerbstätigen gelten als Beschäftigungszeiten (vgl. Art. 4 Abs. 2 Anhang I FZA i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1251/70/EWG über das Recht der Arbeitnehmer, nach der Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates zu verbleiben [ABl. 1970 L 142 vom 30. Juni 1970, S. 24 ff.]). 2.2. 2.2.1. Das Bundesgericht hat in Auslegung dieser Grundlagen entschieden, dass eine arbeitnehmende Person ihren freizügigkeitsrechtlichen Status als unselbständig erwerbstätige Person verlieren kann, (1) wenn sie freiwillig arbeitslos geworden ist, (2) aufgrund ihres Verhaltens feststeht, dass keinerlei ernsthafte Aussichten (mehr) darauf bestehen, dass sie in absehbarer Zeit eine andere Arbeit finden wird ( Dahinfallen des Arbeitnehmerstatus; vgl. das Urteil des EuGH vom 26. Mai 1993 C-171/91 Tsiotras, Slg. 1993 I-2925 Randnr. 14) oder (3) ihr Verhalten gesamthaft als rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden muss, da sie ihre Bewilligung (etwa) gestützt auf eine fiktive bzw. zeitlich kurze Erwerbstätigkeit einzig zum Zweck erworben hat, von günstigeren Sozialleistungen als im Heimat- oder einem anderen Vertragsstaat zu profitieren (Urteile 2C_412/2014 vom 27. Mai 2014 E. 3.2 und 2C_390/2013 vom 10. April 2014 E. 3.2 u. 4.3; zu diesem Entscheid: VÉRONIQUE BOILLET, La notion de travailleur au sens de l'ALCP et la révocation des autorisations de séjour avec activité lucrative, in: Dang/Petry [Hrsg.], Actualité du droit des étrangers, 2014, Bd. 1, S. 11 ff.; BENEDIKT PIRKER, Zum Verlust der Arbeitnehmereigenschaft im Freizügigkeitsabkommen, in: AJP 9/2014 S. 1217 ff.; RAHEL DIETHELM, Widerruf der Aufenthaltsbewilligung langzeitarbeitsloser EU/EFTA-Bürger, in: dRSK, publiziert am 10. Juni 2014, Rzn. 13 ff.; BGE 131 II 339 E. 3.4 S. 347 mit Hinweisen). Die zuständige Behörde kann in diesen Situationen Kurzaufenthalts-, Aufenthaltsbewilligungen EU/EFTA und Grenzgängerbewilligungen EU/EFTA widerrufen oder nicht verlängern, wenn die Voraussetzungen für deren Erteilung nicht oder nicht mehr erfüllt sind (Art. 23 VEP). Da es dabei nicht darum geht, bestehende Freizügigkeitsrechte zu beschränken, sondern die (deklaratorische) bewilligungsrechtliche Rechtslage an die (rechtsbegründende) anspruchsrechtliche (vgl. BGE 136 II 329 E. 2; 134 IV 57 E. 4) anzupassen, kommt Art. 5 Anhang I FZA (Erfordernis des Schutzes der öffentlichen Ordnung) nicht zur Anwendung; besteht kein freizügigkeitsrechtlicher Anspruch, kann dieser auch nicht unter Beachtung der Vorgaben von Art. 5 Anhang I FZA beschränkt werden. 2.2.2. Der Arbeitnehmerstatus dauert zur Stellensuche über die Beendigung des Arbeitsvertrags hinaus (Urteil 2A.513/2002 vom 27. Februar 2003 E. 4.1 mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des EuGH; zur unionsrechtlichen "finanziellen Solidarität" gestützt auf die Unionsbürgerschaft [Art. 18 i.V.m. 21 AEUV]: MONIKA PUSTUL, Freizügigkeit der Unionsbürger und das Recht auf Sozialleistungen in der EU und unter dem Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU, 2014, S. 74 f.; SONJA BUCKEL, "Welcome to Europe" - Die Grenzen des europäischen Migrationsrechts, Bielefeld 2013, S. 81 ff.). Nach Beendigung eines Dienstverhältnisses mit einer Dauer von weniger als einem Jahr haben die Staatsangehörigen der Vertragsparteien das Recht, im Land zu verbleiben, um sich eine andere Beschäftigung zu suchen und sich während eines angemessenen Zeitraums von bis zu sechs Monaten dort aufzuhalten, sofern dies erforderlich ist, um von den ihrer beruflichen Befähigung entsprechenden Stellenangeboten Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls die erforderlichen Massnahmen für eine Einstellung zu treffen (vgl. das Urteil des EuGH vom 26. Februar 1991 C-292/89 Antonissen, Slg. 1991 I-745 Randnr. 21; BOILLET, a.a.O., S. 12). Art. 18 VEP sieht vor, dass Freizügigkeitsberechtigte zur Stellensuche bis zu einem Aufenthalt von drei Monaten keiner Bewilligung bedürfen; für eine länger dauernde Stellensuche wird ihnen pro Kalenderjahr eine Kurzaufenthaltsbewilligung von drei Monaten erteilt; diese kann bis zu einem Jahr verlängert werden, sofern Suchbemühungen nachgewiesen sind und eine begründete Aussicht darauf besteht, dass eine Beschäftigung gefunden werden dürfte. Während der Dauer ihres Aufenthalts können Stellensuchende, welche die Arbeitnehmereigenschaft verloren haben, von der Sozialhilfe ausgeschlossen werden (Art. 2 Abs. 1 Anhang I FZA); allfällige Leistungen der Arbeitslosenversicherung gelten indessen als eigene Mittel des Stellensuchenden und nicht als Sozialhilfebeiträge. 2.2.3. Die Auslegung des freizügigkeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs und des damit verbundenen Status erfolgt in Übereinstimmung mit der unionsrechtlichen Rechtsprechung, wie sie vor der Unterzeichnung des Freizügigkeitsabkommens (21. Juni 1999) bestand. Neuere Entscheide des EuGH berücksichtigt das Bundesgericht im Interesse einer parallelen Rechtslage, soweit keine triftigen Gründe hiergegen sprechen (vgl. BGE 139 II 393 E. 4.1 mit Hinweisen). Der unselbständig erwerbstätige Vertragsausländer muss demgemäss (1) während einer bestimmten Zeit (2) Leistungen für eine andere Person nach deren Weisungen erbringen und (3) als Gegenleistung hierfür eine Vergütung erhalten (BGE 131 II 339 E. 3 u. 4; Urteil 2A.513/2002 vom 27. Februar 2003 E. 4.1; BOILLET, a.a.O., S. 14 ff.; PIRKER, a.a.O., S. 1217 ff.; EPINEY/BLASER, in: Amarelle/Nguyen, Code annoté des droit des migrations, Bd. III, Accord sur la libre circulation des personnes [ALCP], N. 22 ff. zu Art. 4 FZA). 2.2.4. Grundsätzlich kommt es dabei weder auf den zeitlichen Umfang der Aktivität noch auf die Höhe des Lohnes oder die Produktivität der betroffenen Person an (vgl. Urteile des EuGH vom 3. Juni 1986 C-139/85 Kempf, Slg. 1986 1741 Randnr. 14; vom 26. Februar 1992 C-3/90 Bernini, Slg. 1992 I-1071 Randnr. 16; vgl. BETTINA KAHIL-WOLFF, Le système de la sécurité sociale vu sous l'angle européen, in: ZSR 2014 II 115 ff., S. 139 ff.). Erforderlich ist jedoch quantitativ wie qualitativ eine echte und tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit (Urteil des EuGH vom 31. Mai 1989 C-244/87 Bettray, Slg. 1989 1621 Randnr. 13). Die Beurteilung, ob eine solche besteht, muss sich auf objektive Kriterien stützen und - in einer Gesamtbewertung (Urteil des EuGH vom 4. Februar 2010 C-14/09 Genc, Slg. 2010 I-931, Randnr. 26) - allen Umständen Rechnung tragen, welche die Art der Tätigkeit und des fraglichen Arbeitsverhältnisses betreffen. Es ist dabei auch zu berücksichtigen, ob die erbrachten Leistungen auf dem allgemeinen Beschäftigungsmarkt als üblich gelten können (vgl. Urteile des EuGH Bettray, a.a.O., Randnr. 17; vom 7. September 2004 C-456/02 Trojani, Slg. 2004 I-7573 Randnr. 24 [Person, die in einem Wohnheim gegen Naturalleistungen arbeitet]; MARCEL DIETRICH, Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der Europäischen Union unter Berücksichtigung des schweizerischen Ausländerrechts, 1995, S. 271 ff.). 2.2.5. Im Urteil 2C_390/2013 vom 10. April 2014 hat das Bundesgericht entschieden, dass arbeitslosenversicherungsrechtliche Beschäftigungsmassnahmen nicht geeignet sind, die Arbeitnehmereigenschaft der betroffenen Person zu begründen bzw. fortdauern zu lassen (E. 4.2) : Diese unterschieden sich von einer klassischen Arbeitstätigkeit auf dem ordentlichen Beschäftigungsmarkt insofern, als kein Arbeitsvertrag bestehe, die Tätigkeit dem Betroffenen vielmehr unter Androhung von Leistungseinstellungen zugewiesen werde (Art. 30 Abs. 1 lit. d, 59 Abs. 1-1bis und Art. 64a Abs. 1 AVIG [SR 837.0]) und die betroffene Person keinen arbeitsrechtlichen Lohn erhalte, sondern lediglich das versicherungsrechtliche Taggeld (vgl. Art. 59c und 59c bis AVIG; BGE 133 V 536 E. 4.1 S. 540; kritisch hierzu: BOILLET, a.a.O., S. 16 ff.). 3. 3.1. Dem Beschwerdeführer war gestützt auf seinen überjährigen Arbeitsvertrag eine EU/EFTA-B-Bewilligung erteilt worden, welche bis zum 31. August 2011 gültig war. Da er zu diesem Zeitpunkt ununterbrochen länger als 12 Monate keiner Arbeit mehr nachging, durfte seine weitere Anwesenheitsberechtigung am 4. Juli 2011 auf ein Jahr (bis 31. August 2012) beschränkt und an die Folge geknüpft werden, dass der Aufenthaltsanspruch untergehe, sollte er nach Ablauf der Frist - allfällige Verbleiberechte bzw. einen erwerbslosen Aufenthalt bei Erfüllen der entsprechenden Voraussetzungen vorbehalten - nach wie vor ohne Arbeit sein (Art. 6 Abs. 1 Anhang 1 FZA) bzw. sich inzwischen nicht wieder in den Arbeitsmarkt integriert haben (vgl. DIETRICH, a.a.O., S. 293 f.). 3.2. 3.2.1. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht nicht weiter geprüft, ob der Beschwerdeführer - wie von ihm behauptet - innert dieser Frist wieder einer reellen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist oder nicht; seine Begründung, es sei nicht massgebend, ob der Betroffene das ganze Jahr über arbeitslos gewesen sei, sondern einzig, ob er zum Zeitpunkt des erneuten Verlängerungsentscheids über eine Stelle verfügt habe, überzeugt nicht. Sie übersieht, dass je nach Situation auch eine vorübergehende bzw. zeitlich beschränkte Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit geeignet sein kann, den freizügigkeitsrechtlichen Status als unselbständig erwerbstätige Person mit den damit verbundenen Rechten fortbestehen oder allenfalls wieder aufleben zu lassen (vgl. die Urteile 2C_390/2013 vom 10. April 2014 E. 4.4 und 2C_967/2010 vom 17. Juni 2011 E. 4.2 e contrario; PIRKER, a.a.O., S. 1221 ff.). Es ist systemwidrig und unverhältnismässig, eine während der Verlängerung für mehrere Monate gefundene echte und tatsächliche wirtschaftliche Aktivität bei der Beurteilung der Bewilligung des weiteren Aufenthalts (gegebenenfalls im Rahmen einer EU/EFTA-L-Bewilligung; dazu oben E. 2.1.1) nicht zu berücksichtigen, nur weil die betroffene Person (unter Umständen etwa saisonbedingt) am Stichtag keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Die von der Vorinstanz vertretene schematisierende Lösung führt ohne sachlichen Grund zu einer Ungleichbehandlung je nach Antritt bzw. Beendigung eines allenfalls zeitlich beschränkten Arbeitsverhältnisses (Antritt oder Beendigung kurz vor Stichdatum), dies, obwohl dessen Dauer und Umfang bei der Umschreibung der freizügigkeitsrechtlichen Arbeitnehmereigenschaft gerade keine Rolle spielt. Erforderlich ist sowohl nach der Rechtsprechung des EuGH wie des Bundesgerichts eine Gesamtsicht, welche der Praxis zum Recht auf Stellensuche von bereits in den hiesigen Arbeitsmarkt integrierten freizügigkeitsberechtigten unselbständig erwerbstätigen Personen, aber auch dem Grundsatz einer nicht übermässigen Belastung des Sozialsystems angemessen Rechnung trägt (vgl. auch Art. 2 Abs. 1 Anhang I FZA; DIETHELM, a.a.O., Rz. 17; EPINEY/BLASER, a.a.O., N. 25 zu Art. 7 FZA). 3.2.2. Die Vorinstanz begründet ihren Standpunkt mit den Weisungen des BFM vom 1. Mai 2011 zum Freizügigkeitsabkommen: Zwar hält das Bundesamt dort fest, dass die betroffene Person weggewiesen werden kann, wenn sie nach einem Jahr immer noch arbeitslos ist; weist sie jedoch eine dauerhafte Erwerbstätigkeit nach, hat sie Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA oder - wenn keine dauerhafte Erwerbstätigkeit vorliegt - (immerhin) auf eine (weitere) Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA für die Dauer der Erwerbstätigkeit (Ziff. 12.2.2). Damit kann die Arbeitnehmereigenschaft selbst nach Ansicht des Bundesamtes wieder "aufleben" und allenfalls gestützt auf die Arbeitnehmereigenschaft ein Anwesenheitsanspruch über die ursprüngliche Bewilligungsverlängerung von einem Jahr hinaus bestehen (Art. 6 Abs. 1 Anhang I FZA). Auch nach den Weisungen des BFM darf somit nicht darauf verzichtet werden, zu prüfen, ob der Beschwerdeführer gestützt auf seine Aktivitäten weiterhin über einen freizügigkeitsrechtlichen Bewilligungsanspruch verfügt bzw. einen solchen erneut erworben hat. Im Übrigen wäre - selbst wenn die Passage in den Weisungen so verstanden werden müsste, wie die Vorinstanz dies tut - die entsprechende Auffassung für das Bundesgericht nicht verbindlich; entscheidend ist das Freizügigkeitsabkommen und dessen gesetzliche Umsetzung, nicht eine von der Verwaltungsbehörde gewählte, mit übergeordnetem Recht allenfalls in Widerspruch stehende Auslegung (zur Rechtsnatur von Weisungen: BGE 138 V 50 E. 4.1 S. 54; 133 II 305 E. 8.1 S. 315; 129 V 200 E. 3.2 S. 204 f. mit Hinweisen). 3.3. 3.3.1. Der Beschwerdeführer stand vom 1. Juni 2006 bis zum 9. Mai 2008 in einem zeitlich unbeschränkten Dienstverhältnis. Dieses wurde wegen seines Verhaltens aufgelöst, worauf er von Juli 2008 bis Juni 2010 Taggelder der Arbeitslosenversicherung bezog. Von Juni 2008 bis August 2009 wurde er zudem unregelmässig ergänzend von der Sozialhilfebehörde unterstützt. Seit Juni 2010 muss diese vollumfänglich für ihn aufkommen (Fr. 41'680.60 bis zum 26. September 2012). Sein Dienstverhältnis wurde ursprünglich (allenfalls) von ihm verschuldet durch den Arbeitgeber einseitig aufgelöst; in der Folge war der Beschwerdeführer indessen unfreiwillig arbeitslos gemeldet, weshalb er in den Genuss entsprechender Versicherungsleistungen kam. Mit seiner Aussteuerung im Juni 2010 mochte zweifelhaft sein, ob er in absehbarer Zeit auf dem hiesigen Beschäftigungsmarkt mit einer weiteren Beschäftigung rechnen konnte. Seine Bewilligung wurde in Anwendung von Art. 6 Anhang I FZA am 4. Juli 2011 dennoch zu Recht verlängert, womit ihm aufgrund der Inländergleichbehandlung (Art. 9 Abs. 1 und 2 Anhang I FZA) während des entsprechenden Jahres - soweit erforderlich - weitere Sozial (hilfe) leistungen gemäss dem kantonalen Recht geschuldet waren. 3.3.2. Bis zum 31. August 2012 absolvierte der Beschwerdeführer in der Folge zwei Praktika: Vom 1. September 2011 bis zum 31. November 2011 wurde ihm von der Sozialhilfebehörde ermöglicht, sich in Deutschland bei der B._ weiterzubilden. Dabei handelte es sich um eine Aktivität im Rahmen der Tätigkeit eines gemeinnützigen Vereins. Die Vergütung für das entsprechende Praktikum bestand einzig darin, dass ihm eine Unterkunft zur Verfügung gestellt wurde. Die bei Eignung für eine allfällige Anstellung erforderliche Weiterbildung während des Volontariats ging zu seinen Lasten, wobei er weiterhin schweizerische Sozialhilfeleistungen bezog. Das entsprechende, zeitlich beschränkte Praktikum hat den Arbeitnehmerstatus des Betroffenen unter diesen Umständen nicht wieder aufleben oder fortbestehen lassen, da es sich dabei nicht um eine Arbeitstätigkeit im Sinn des FZA gehandelt hat. Das von ihm - in Deutschland und nicht in der Schweiz - absolvierte Volontariat erfolgte im Wesentlichen im Sinne einer Weiterbildungs-/ Beschäftigungsmassnahme in seinem Interesse. Gleiches gilt für das vom 15. März 2012 bis 31. Juli 2012 absolvierte Praktikum im "Zentrum C._" in V._: Durch dieses wurde ihm - so der Praktikumsbeschrieb - die Möglichkeit gegeben, "den Alltag und den Aufbau einer Gemeinschaft zu leben" und an Volontärstreffen teilzunehmen. Die bei dieser Zielsetzung von ihm erbrachten Küchen- und Hauswirtschaftsarbeiten sind weder quantitativ noch qualitativ einer echten und tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit gleichzustellen. 3.4. Der Beschwerdeführer kann sich bei gesamthafter Betrachtung somit nicht (mehr) auf den freizügigkeitsrechtlichen Status als unselbständig erwerbstätiger Arbeitnehmer berufen; er hat diesen verloren (vgl. DIETRICH, a.a.O., S. 314 ff.), da er auch im Rahmen der nach Art. 6 Abs. 1 Anhang I FZA gebotenen Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung - selbst zeitlich beschränkt - nicht mehr unselbständig im Sinne der Rechtsprechung des EuGH erwerbstätig war. Ihm wurde hinreichend Gelegenheit gegeben, sich im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Anhang I FZA in der Schweiz um weitere Stellen zu bewerben (vgl. Urteil 2C_967/2010 vom 17. Juni 2011 E. 4.3); seine Bemühungen blieben indessen ohne Erfolg. Zwar befindet er sich seit nunmehr sieben Jahren im Land, doch ist er seit rund fünf Jahren nicht mehr im Arbeitsprozess. Auch wenn der Beschwerdeführer einwendet, arbeiten zu wollen, sich entsprechend bemüht zu haben und sich nicht missbräuchlich zu verhalten, ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang doch, dass derzeit keine ernsthaften Aussichten (mehr) darauf bestehen, dass er in absehbarer Zeit auf dem hiesigen Arbeitsmarkt wieder eine Stelle finden könnte. Er macht denn auch nicht geltend, sich um eine solche weiter zu bemühen, sondern konzentriert sich nunmehr darauf, wegen einer allfälligen Arbeitsunfähigkeit invalidenversicherungsrechtliche Leistungen zu erwirken. Im Resultat hat die Vorinstanz das Fortbestehen eines freizügigkeitsrechtlichen Anwesenheitsanspruchs als erwerbstätige Person zu Recht verneint. Da der Beschwerdeführer über keine eigenen Mittel verfügt, kann er sich nicht auf einen freizügigkeitsrechtlichen Anspruch ohne Erwerbstätigkeit berufen (vgl. Art. 24 Abs. 1 lit. a Anhang I ["ausreichende finanzielle Mittel"]). 4. Der Beschwerdeführer macht geltend, falls Art. 6 bzw. Art. 2 Anhang I FZA nicht zur Anwendung kommen sollten, liege bei ihm ein Verbleiberechtsanspruch nach Art. 4 Anhang I FZA vor (dauernde Arbeitsunfähigkeit). Die Bestimmung habe insofern eine "Vorwirkung", als er sich gestützt darauf weiter im Land müsse aufhalten können, bis (auch) über die invalidenversicherungsrechtliche Lage entschieden sei. 4.1. EU-/EFTA-Angehörige, die nach zweijährigem ständigem Aufenthalt in der Schweiz dauernd arbeitsunfähig werden bzw. "infolge dauernder Arbeitsunfähigkeit eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis" aufgeben, verfügen als Wanderarbeitnehmende, welche von der Personenfreizügigkeit Gebrauch gemacht haben, über ein autonomes Verbleiberecht (vgl. DIETRICH, a.a.O., S. 295 ff.). Die Karenzfrist von zwei Jahren entfällt, falls die Arbeitsunfähigkeit auf einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit zurückgeht und ein Anspruch auf eine Rente eines schweizerischen Versicherungsträgers besteht (Art. 4 Anhang I FZA i.V.m. Art. 2 Abs. 1 lit. b der Verordnung Nr. 1251/70/EWG; vgl. DIETER GROSSEN/STEFAN DÄPP, § 4 Sonderregelungen für Staatsangehörige der EU- und EFTA-Mitgliedstaaten, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, N. 4.44 ff.; THOMAS HUGI YAR, a.a.O., S. 57 ff.; ANDREAS ZÜND/LADINA ARQUINT HILL, § 8 Beendigung der Anwesenheit, Entfernung und Fernhaltung, in: Uebersax et al. [Hrsg.], a.a.O., N. 8.37; MARC SPESCHA, in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli [Hrsg.], Migrationsrecht, 3. Aufl. 2012, N. 4 zu Art. 4 Anhang I FZA). Wer sich auf ein Verbleiberecht berufen kann, behält seine als Arbeitnehmer erworbenen Rechte und hat insbesondere auch Anspruch auf Sozialhilfe (vgl. Art. 22 VEP). Nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1251/70/EWG gelten die vom zuständigen Arbeitsamt ordnungsgemäss bestätigten Zeiten unfreiwilliger Arbeitslosigkeit und die Abwesenheit infolge Krankheit oder Unfall als anrechenbare Beschäftigungsperioden. 4.2. 4.2.1. Im Urteil 2C_587/2013 vom 30. Oktober 2013 hat das Bundesgericht festgehalten, dass die Migrationsbehörde grundsätzlich nicht über den weiteren Aufenthaltsstatus entscheiden darf, solange die IV-Abklärungen in Bezug auf die dauernde Arbeitsunfähigkeit noch im Gang sind. In Zweifelsfällen ist die Verfügung der zuständigen IV-Stelle abzuwarten; regelmässig kann nur gestützt auf deren Entscheid abschliessend beurteilt werden, ob eine Arbeitsunfähigkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 lit. b der Verordnung Nr. 1251/70/EWG vorliegt. Sie darf den Aufenthaltsstatus nur dann früher regeln, wenn die IV-rechtliche Ausgangslage als Vorfrage zum Bewilligungsentscheid klar und eindeutig erscheint. Das Bundesgericht hat diese Auffassung im Entscheid 2C_1102/2013 vom 8. Juli 2014 bestätigt. In beiden Urteilen kam es zum Schluss, dass es sich zumindest im konkret zu beurteilenden Fall gestützt auf die Gesamtumstände nicht gerechtfertigt habe, den Aufenthalt nicht bis zum IV-Entscheid weiter zu gestatten. 4.2.2. Der Beschwerdeführer darf gemäss eines Arztzeugnisses vom 19. Oktober 2009 bei der Arbeit nicht mehr als 20 Kilogramm heben. Er war in der Folge vom 3. bis 8. September 2012 und vom 21. bis 30. September 2012 krankgeschrieben. Weitere Arbeitsunfähigkeiten sind nicht attestiert. Im IV-Verfahren ist durch die Ärztin bisher eine Anpassungsproblematik bei psychosozialer Belastungssituation mit Trennung, Arbeitslosigkeit und aktuell fehlender Aufenthaltsbewilligung mit reaktiv zunehmend körperlichen Beschwerden (Rückenschmerzen) ohne relevantes organisches Korrelat festgestellt worden. Durch stufenweise Integrationsmassnahmen könne eine 100%-ige Arbeitsfähigkeit in einer Disponenten- oder Verweistätigkeit erreicht werden. Die entsprechenden Integrationsmassnahmen wurden von der IV-Stelle nicht in die Wege geleitet, da beim Versicherten eine besondere Situation bestehe, welche Anlass gebe, vor Beginn von beruflichen Integrationsmassnahmen mittels psychiatrischer Abklärung den medizinischen Leistungsanspruch zu ermitteln (Quantifizierung einer allfällig krankheitsbedingten Leistungseinschränkung). 4.2.3. Der Beschwerdeführer hat sich selber bis zum negativen Bewilligungsentscheid immer als arbeitsfähig bezeichnet und sich nach Erschöpfung der Taggelder über Volontariate um Arbeit bemüht. Er beruft sich in erster Linie auf seinen Status als Arbeitnehmer, womit die behauptete dauernde Arbeitsunfähigkeit im Widerspruch steht. Er verweist vor Bundesgericht auf seine Rückenprobleme, die noch während der Anstellung im unbefristeten Arbeitsverhältnis begonnen haben sollen, von ihm aber danach nicht als Grund für eine dauernde Arbeitslosigkeit geltend gemacht wurden. Während zweier Jahre bezog er Arbeitslosenentschädigungen, was voraussetzte, dass er vermittelbar war; auch danach machte er bei seinen Volontariaten nicht geltend, arbeitsunfähig zu sein. Der Umstand, dass er, nachdem er seine Arbeitnehmereigenschaft verloren hatte, psychisch belastet war, da sein weiterer Aufenthalt gefährdet erschien, erlaubt nicht die Berufung auf eine auf dem entsprechenden Status beruhende dauernde Arbeitsunfähigkeit. Art. 2 Abs. 1 lit. b der Verordnung Nr. 1251/70/EWG verlangt für das Verbleiberecht, dass der Arbeitnehmer eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis deswegen aufgegeben hat; nur in diesem Fall rechtfertigt es sich, seine Rechte als Wanderarbeitnehmer über das Dahinfallen des Arbeitnehmerstatus nach einem minimalen Aufenthalt von zwei Jahren hinaus fortbestehen zu lassen. Dies war hier nicht der Fall: Der Beschwerdeführer hat seine Beschäftigung im Lohn- und Gehaltsverhältnis nicht "infolge dauernder Arbeitsunfähigkeit" aufgegeben, wie Art. 2 Abs. 1 lit. b der Verordnung Nr. 1251/70/EWG dies voraussetzt (Anknüpfung an die Arbeitnehmereigenschaft); ihm wurde vielmehr wegen seines Verhaltens gekündigt. In der Folge bezog er Arbeitslosenleistungen, womit er als vermittelbar galt. Er verlor nach seiner Aussteuerung die Arbeitnehmereigenschaft, weshalb seine erst am 4. April 2013 bei der IV-Stelle geltend gemachte dauernde Arbeitsunfähigkeit kein Verbleiberecht begründet; zu dieser Zeit war der erstinstanzliche Wegweisungsentscheid bereits ergangen. Er kann sich somit - auch unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1251/70/EWG - nicht auf ein Verbleiberecht im Sinne von Art. 4 Anhang I FZA berufen. Sämtliche berufliche Eingliederungsmassnahmen sind gescheitert, womit der Beschwerdeführer bei vorher verlorenem Arbeitnehmerstatus nicht im Hinblick auf weitere solche Massnahmen seitens der Invalidenversicherung einen Anspruch auf Bewilligungsverlängerung hat. Soweit zusätzliche versicherungsrechtliche Abklärungen in der Schweiz erforderlich sind, können diese im Rahmen des freien Aufenthalts grenzüberschreitend wahrgenommen werden. 5. 5.1. Die Beschwerde erweist sich nach dem Dargelegten als unbegründet und ist deshalb abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird. 5.2. Da die Eingabe nicht als zum Vornherein aussichtslos gelten konnte, ist dem Gesuch des bedürftigen Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu entsprechen (Art. 64 BGG). Den kantonalen Behörden sind keine Entschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen: 2.1. Es werden keine Kosten erhoben. 2.2. Dem Beschwerdeführer wird Fürsprech Jürg Walker, Olten, als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben und diesem aus der bundesgerichtlichen Kasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- ausgerichtet. 3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 12. Januar 2015 Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Zünd Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar
bccc9503-228c-4392-bc3b-69dc6688d12b
de
2,013
CH_BGer_005
Federation
53.0
24.0
5.0
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critical
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Sachverhalt: A. Y._ reichte am 21. September 2011 beim Regionalgericht Bern-Mittelland eine Klage auf Scheidung von seiner Ehefrau, X._, ein. Die Einigungsverhandlung fand am 7. Februar 2012 statt, wobei festgestellt wurde, dass ein Scheidungsgrund bestehe und Vergleichsverhandlungen derzeit nicht möglich seien. Am 25. April 2012 reichte Y._ die schriftlich begründete Scheidungsklage ein. X._ erstattete am 27. August 2012 Klageantwort. Das Regionalgericht setzte die Hauptverhandlung auf den 11. Dezember 2012 an und gab ein Gutachten über den Verkehrswert der gemeinsamen Liegenschaft der Parteien in Auftrag. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2012 zog Y._ die Scheidungsklage zurück. Das Regionalgericht forderte daraufhin die Parteien auf, sich zur Kostenliquidation zu äussern. X._ beantragte, die Gerichtskosten Y._ aufzuerlegen und ihn zu verurteilen, ihr eine Parteientschädigung von Fr. 8'000.-- zu bezahlen. Y._ beantragte, die Gerichtskosten zu halbieren und die Parteikosten wettzuschlagen. Mit Verfügung vom 7. Januar 2013 stellte der Gerichtspräsident des Regionalgerichts den Klagerückzug fest und schrieb infolgedessen das Verfahren als gegenstandslos ab. Die Gerichtskosten von Fr. 3'436.-- auferlegte er den Parteien je zur Hälfte. Y._ wurde verurteilt, X._ eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- (inkl. MwSt) zu bezahlen. Weitergehende Parteikosten sollten die Parteien selber tragen. B. Am 20. Januar 2013 erhob X._ beschränkt auf den Kostenpunkt Beschwerde an das Obergericht des Kantons Bern. Sie verlangte, die Gerichtskosten Y._ aufzuerlegen und ihn zur Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr. 8'000.-- (inkl. MwSt) zu verpflichten. Mit Entscheid vom 8. April 2013 wies das Obergericht die Beschwerde ab, auferlegte X._ die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und verurteilte sie zur Bezahlung einer - mit separater Verfügung noch zu bestimmenden - Parteientschädigung an Y._. C. Am 13. Mai 2013 hat X._ (Beschwerdeführerin) Beschwerde in Zivilsachen und eventuell subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie verlangt die Aufhebung des Entscheids des Obergerichts. Sie beantragt, die erstinstanzlichen Gerichtskosten Y._ (Beschwerdegegner) aufzuerlegen und ihn zur Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr. 8'000.-- (inkl. MwSt) zu verpflichten. Desgleichen verlangt sie, ihm die obergerichtlichen Gerichtskosten aufzuerlegen und ihn zur Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr. 1'400.-- (inkl. MwSt) zu verurteilen. Das Obergericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Der Beschwerdegegner ersucht um Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen: 1. Gegenstand des obergerichtlichen Verfahrens bildeten die Gerichtskosten und die Parteientschädigung der Beschwerdeführerin für das erstinstanzliche, als gegenstandslos abgeschriebene Scheidungsverfahren. Demgemäss waren vor der Vorinstanz nur vermögensrechtliche Aspekte streitig, wobei der für eine Beschwerde in Zivilsachen erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) nicht erreicht ist (vgl. BGE 139 III 182 E. 1.1 S. 184; Urteil 4A_691/2012 vom 17. Januar 2013 E. 1.1). Erreicht der Streitwert die gesetzliche Mindestgrenze nicht, ist die Beschwerde in Zivilsachen dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG; vgl. BGE 139 III 182 E. 1.2 S. 184 f. mit Hinweisen). Vorliegend stellt sich die Rechtsfrage, ob die Kosten im Scheidungsverfahren nach einem Klagerückzug dem Kläger auferlegt werden müssen (Art. 106 Abs. 1 ZPO [SR 272]) oder ob das Gericht gestützt auf Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO eine Verteilung nach Ermessen vornehmen darf. Die Vorinstanzen haben Letzteres angenommen. Die Frage ist in der Literatur umstritten und durch das Bundesgericht noch nicht geklärt. Sie könnte dem Bundesgericht aufgrund der Streitwertgrenze und der üblichen Höhe der nach einem Klagerückzug in Scheidungsfällen anfallenden Gerichts- und Parteikosten kaum je mit Beschwerde in Zivilsachen unterbreitet werden (BGE 134 III 267 E. 1.2.3 S. 270 f.; 139 III 182 E. 1.2 S. 185). Es ist deshalb vom Vorliegen einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung auszugehen. Da auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind, ist die Beschwerde in Zivilsachen zulässig (Art. 72 Abs. 1, Art. 75, Art. 76, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 45 Abs. 1 BGG). 2. Nach Ansicht des Obergerichts sind die Kosten im Scheidungsverfahren stets nach Ermessen (Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO) zu verteilen, also auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die klagende Partei die Klage zurückgezogen hat. Bereits die frühere Zivilprozessordnung des Kantons Bern (Gesetz über die Zivilprozessordnung vom 7. Juli 1918) habe in Art. 58 eine Möglichkeit zur ermessensweisen Kostenverteilung enthalten. Die Verteilung abweichend vom Unterliegerprinzip (wie es in Art. 106 Abs. 1 ZPO zum Ausdruck komme) solle die Parteien veranlassen, Streitigkeiten wenn möglich aussergerichtlich zu erledigen. Der Anreiz zur aussergerichtlichen Einigung müsse auf beiden Seiten bestehen, weshalb auch die Kostenfolge beiden Seiten drohen soll. Bei einer Verteilung nach Unterliegerprinzip würde der Anreiz zu einer Einigung für die klagende Partei wegfallen. Nach der Botschaft zur ZPO sollten zumindest Scheidungen auf gemeinsames Begehren generell Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO unterstehen. Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO umfasse jedoch nicht nur Scheidungen auf gemeinsames Begehren, sondern alle eherechtlichen Verfahren und damit auch Scheidungsklagen, weshalb auch in diesem Fall die Kosten nach Ermessen zu verteilen seien. Nach der Berner Praxis seien die Gerichtskosten grundsätzlich - und auch im vorliegenden Falle - den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen. Grundsätzlich trügen nach der Berner Praxis sodann die Parteien ihre jeweiligen Parteikosten selber. Vorliegend habe der Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin jedoch mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen, da er durch den späten Rückzug der Klage erst kurz vor der Hauptverhandlung unnötige Kosten verursacht habe (Art. 108 ZPO). 3. Gemäss Art. 106 Abs. 1 ZPO werden die Prozesskosten (d.h. Gerichtskosten und Parteientschädigung; Art. 95 Abs. 1 ZPO) der unterliegenden Partei auferlegt. Bei Nichteintreten und bei Klagerückzug gilt die klagende Partei als unterliegend, bei Klageanerkennung die beklagte Partei. Art. 107 ZPO sieht für verschiedene typisierte Fälle vor, dass das Gericht von den Verteilungsgrundsätzen gemäss Art. 106 ZPO abweichen und die Prozesskosten nach Ermessen verteilen kann (vgl. BGE 139 III 33 E. 4.2 S. 35). Dies ist unter anderem "in familienrechtlichen Verfahren" der Fall (Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO). Unzulässig ist es jedenfalls, unter Berufung auf die Ermessensbestimmung von Art. 107 ZPO eine bisherige kantonale Regelung und Praxis einfach weiterzuführen. Die Rechtsanwendung muss vor der eidgenössischen ZPO standhalten und an diesem Massstab entscheidet sich, ob eine Anordnung, die im Ergebnis einer früheren kantonalen Regelung oder Praxis entspricht, zulässig ist oder nicht. Nach seinem klaren Wortlaut ist Art. 107 ZPO eine "Kann"-Bestimmung. Das Gericht verfügt im Anwendungsbereich dieser Norm nicht nur über Ermessen, wie es die Kosten verteilen will, sondern zunächst und insbesondere bei der Frage, ob es überhaupt von den allgemeinen Verteilungsgrundsätzen nach Art. 106 ZPO abweichen will. Im Zusammenhang mit Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO ist allerdings umstritten, wie dieses "kann" im Ingress dieser Norm zu verstehen ist und welches das Verhältnis zu Art. 106 ZPO ist. Während manche Autoren in familienrechtlichen Verfahren die ermessensweise Kostenverteilung gemäss Art. 107 ZPO zur Regel erheben ( ROLAND FANKHAUSER, Das Scheidungsverfahren nach neuer ZPO, FamPra.ch 2010, S. 754 f.; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2010, N. 1 f. zu Art. 107 ZPO, MARTIN H. STERCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 2 zu Art. 107 ZPO; ADRIAN URWYLER, in: Brunner/ Gasser/Schwander [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2011, N. 5 zu Art. 107 ZPO; vgl. allgemein auch FRANCESCO TREZZINI, in: Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC], 2011, S. 437), bestehen andere darauf, dass Art. 106 ZPO den Grundsatz darstelle und Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO nur bei besonderen Umständen zum Zuge komme ( DAVID JENNY, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 2. Aufl. 2013, N. 12 zu Art. 107 ZPO; STAEHELIN/ STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013, § 16 Rz. 36; im Ergebnis auch VIKTOR RÜEGG, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 1 f. zu Art. 107 ZPO); wieder andere sehen zwischen diesen Normen kein klares Regel-Ausnahme-Verhältnis, sondern äussern sich zu einzelnen Fallgruppen, in denen die eine oder andere Regel besser passe ( DENIS TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 18 ff. zu Art. 107 ZPO). Dazu, wie es sich im Speziellen bei Rückzug einer Scheidungsklage verhält, äussert sich die Lehre jedoch soweit ersichtlich nicht. Auch den Materialien lässt sich dazu nichts Entscheidendes entnehmen: Art. 107 ZPO geht auf Art. 98 des Vorentwurfs der ZPO (VE-ZPO) zurück und der letztgenannte Artikel enthielt gemäss seinem deutschen und französischen Wortlaute die "Kann"-Formulierung noch nicht. Stattdessen sah er vor, dass das Gericht die Kosten in den aufgezählten Fällen nach Ermessen verteilt, d.h. also, dass das Gericht die Kosten in diesen Fällen immer nach Ermessen verteilen muss (vgl. dazu auch FANKHAUSER, a.a.O., S. 755 Fn. 7). Allerdings enthielt die italienische Fassung von Art. 98 VE-ZPO bereits die "Kann"-Formulierung. Die "familienrechtlichen Verfahren" waren allerdings noch nicht Gegenstand von Art. 98 VE-ZPO. Art. 105 des Entwurfs zur ZPO (E-ZPO) enthielt dann, wie der geltende Art. 107 ZPO, in allen Fassungen die "Kann"-Formulierung und die Norm erstreckte sich neu auch auf die familienrechtlichen Verfahren. Die Formulierung im Entwurf scheint zahlreichen Anliegen aus der Vernehmlassung zum Vorentwurf entgegengekommen zu sein (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7297 Ziff. 5.8.2 zu Art. 105 E-ZPO). In der Vernehmlassung wünschten manche zwecks Stärkung des allgemeinen Grundsatzes des heutigen Art. 106 ZPO die Abschwächung der Ermessensverteilung zur "Kann"-Bestimmung, andere - unter Hinweis auf bisherige kantonale Regelungen und die entsprechende Praxis - die Aufnahme der familienrechtlichen Verfahren in den Katalog des heutigen Art. 107 ZPO (Zusammenstellung der Vernehmlassungen, 2004, S. 287 ff.). Der Botschaft lässt sich im vorliegenden Zusammenhang nur entnehmen, dass der Billigkeitsnorm von Art. 105 E-ZPO typischerweise die familienrechtlichen Verfahren unterstehen. Bei Scheidungen auf gemeinsames Begehren liege ein billiger Kostenentscheid sogar auf der Hand, da es sinnwidrig wäre, in diesen Verfahren von obsiegenden und unterliegenden Parteien zu sprechen (Botschaft, a.a.O., 7297 Ziff. 5.8.2 zu Art. 105 E-ZPO). Dass der Klagerückzug dem Unterliegerprinzip unterworfen sein sollte, wurde im Übrigen ebenfalls erst im Entwurf in den Normtext aufgenommen (Art. 104 Abs. 1 E-ZPO), nachdem dies im Vorentwurfsstadium einzig dem Bericht, nicht aber dem Normtext zu entnehmen war (Bericht zum Vorentwurf der Expertenkommission, 2003, zu Art. 97 VE-ZPO). Den Materialien lässt sich damit weder eine Aussage zur Kostenverteilung bei Scheidung auf Klage noch zum Spezialfall des Rückzugs der Scheidungsklage entnehmen. Die Vorinstanz hat angeführt, die generelle Unterstellung des Rückzugs der Scheidungsklage unter Art. 107 ZPO sei auch dadurch gerechtfertigt, dass sonst ein Anreiz für die klagende Person zur Einigung bzw. Versöhnung wegfallen würde. Dem kann nicht gefolgt werden: Die Vorinstanz weist zwar zu Recht darauf hin, dass das Scheidungsrecht und das entsprechende Verfahrensrecht die Einigung der Ehegatten über die Scheidung und ihre Folgen begünstigt. Dies hat aber nichts mit der Frage zu tun, wie die Kosten zu verteilen sind, wenn es nach Einreichung einer Scheidungsklage nicht zu einer solchen Einigung (und gegebenenfalls der Weiterführung des Scheidungsverfahrens als solchem auf gemeinsames Begehren) kommt, sondern zu ei nem Klagerückzug. Auch ein wesentlicher Zusammenhang mit den Aussichten auf eine Versöhnung (also dem Verzicht auf ein Scheidungsverfahren) ist nicht ersichtlich: Ein Scheidungsverfahren hat einschneidende Konsequenzen in persönlicher und häufig auch in finanzieller Hinsicht. Diese Gesichtspunkte stehen im Vordergrund bei der Frage, ob eine Versöhnung erzielt werden kann. Eine Versöhnung ist zudem am ehesten im Anfangsstadium eines Prozesses möglich, so dass die Prozesskosten bis zu diesem Zeitpunkt in der Regel eher moderat ausfallen und sie deshalb für die Versöhnungsaussichten kaum ins Gewicht fallen dürften. Im Übrigen hindert die Parteien in einem solchen Fall nichts, einen Vergleich über die Kosten abzuschliessen (Art. 109 ZPO). Angesichts dessen, dass das Gesetz die Kostenverteilung bei Klagerückzug ausdrücklich in Art. 106 Abs. 1 ZPO regelt und dass es sich bei Art. 107 ZPO um eine blosse "Kann"-Bestimmung handelt, muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Kosten bei Rückzug der Scheidungsklage grundsätzlich der klagenden Partei aufzuerlegen sind. Die blosse Tatsache, dass es sich um ein familienrechtliches Verfahren handelt, vermag ein Abrücken von der klaren Regelung von Art. 106 Abs. 1 ZPO noch nicht zu rechtfertigen. Insbesondere ist die vorliegende Konstellation weder mit einem durch materielles Urteil abgeschlossenen Scheidungsverfahren vergleichbar, bei dem es allenfalls schwierig ist, von unterliegender und obsiegender Partei zu sprechen, noch lässt sie sich mit einer Scheidung auf gemeinsames Begehren vergleichen, wo die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens von den Ehegatten gemeinsam veranlasst wird. Vorliegend hat vielmehr der Beschwerdegegner das Verfahren selber eingeleitet und danach auch wieder parteiautonom beendet. Dass der Beschwerdeführerin für den einen oder anderen Entscheid des Beschwerdegegners eine Mitverantwortung zuzuordnen wäre, die sich kostenmässig auswirken müsste, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen. Auch andere Gründe, die vorliegend für eine Abweichung von Art. 106 Abs. 1 ZPO sprechen könnten, nennt das Obergericht keine. Es muss deshalb bei der Grundregel bleiben, dass der Beschwerdegegner als unterliegend gilt und die Prozesskosten zu tragen hat. Er trägt demnach die erstinstanzlichen Gerichtskosten und hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren zu entrichten. Da das Obergericht die Höhe der vollständigen Parteientschädigung an die Beschwerdeführerin für das erstinstanzliche Verfahren noch nicht bestimmt hat, ist die Angelegenheit zu diesem Zwecke an die Vorinstanz zurückzuweisen. 4. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdegegner die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegner trägt ebenfalls die Gerichtskosten des obergerichtlichen Verfahrens (Art. 67 BGG). Er hat die Beschwerdeführerin zudem auch für dieses Verfahren zu entschädigen. Zur Festsetzung der Höhe der Entschädigung ist die Sache an das Obergericht zurückzuweisen (Art. 68 Abs. 5 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. 1.1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Zivilabteilung, 1. Zivilkammer, vom 8. April 2013 aufgehoben. 1.2. Die Gerichtskosten des erst- und zweitinstanzlichen kantonalen Verfahrens (Fr. 3'436.-- und Fr. 600.--) werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 1.3. Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das erst- und zweitinstanzliche kantonale Verfahren zu entschädigen. Zur Bestimmung der Höhe der von ihm an die Beschwerdeführerin zu entrichtenden Parteientschädigungen wird die Sache an das Obergericht zurückgewiesen. 2. Die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 3. Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Zivilabteilung, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 22. August 2013 Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: von Werdt Der Gerichtsschreiber: Zingg
bd35ebbc-04b6-4767-8812-f70013bc0337
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Sachverhalt: A. Das Bezirksgericht Zürich verurteilte X._ am 19. Dezember 2013 wegen Schändung, mehrfacher versuchter sexueller Nötigung, Hausfriedensbruchs, vorsätzlichen Fahrens in fahrunfähigem Zustand, mehrfacher Entwendung eines Motorfahrzeugs zum Gebrauch, mehrfachen Fahrens ohne Berechtigung sowie Verletzung der Verkehrsregeln zu einer Freiheitsstrafe von 26 Monaten und einer Busse von Fr. 300.--. Es ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme (Behandlung von psychischen Störungen in einer geeigneten psychiatrischen Einrichtung oder einer Massnahmevollzugseinrichtung) an. Da X._ seine dagegen erhobene Berufung zurückzog, erwuchs das Urteil des Bezirksgerichts in Rechtskraft. B. Mit Verfügung vom 18. September 2014 setzte das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich die stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies (nachfolgend: JVA Pöschwies) in Vollzug. Ein Rekurs von X._ an die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich blieb ebenso ohne Erfolg wie die Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, welches das Rechtsmittel am 13. Mai 2015 abwies. C. X._ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das verwaltungsgerichtliche Urteil sei aufzuheben und das Amt für Justizvollzug anzuweisen, die mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 19. Dezember 2013 angeordnete Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 und 2 StGB in einer geeigneten psychiatrischen Einrichtung zu vollziehen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. D. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt, jedoch hat das Amt für Justizvollzug unaufgefordert zur Beschwerde Stellung genommen.
Erwägungen: 1. Umstritten ist, ob der Beschwerdegegner 2 als Vollzugsbehörde die stationäre therapeutische Massnahme in der JVA Pöschwies und damit in einer geschlossenen Strafanstalt nach Art. 59 Abs. 3 i.V.m. Art. 76 Abs. 2 StGB (nachfolgend wird der Einfachheit halber der Begriff "geschlossene Einrichtung" verwendet) in Vollzug setzen durfte, oder ob es sich beim geschlossenen Vollzug gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB um eine neue Massnahme handelt, die vom Gericht anzuordnen ist. Das vorinstanzliche Urteil unterliegt daher der Beschwerde in Strafsachen (Art. 78 BGG). Der Beschwerdeführer hat vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen und ist durch den vorinstanzlichen Entscheid in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen (Art. 81 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist einzutreten. 2. 2.1. Der Beschwerdeführer argumentiert, da die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung nach Art. 59 Abs. 3 StGB eine eigenständige, gerichtlich anzuordnende Massnahme und keine Vollzugsfrage bilde, habe der Beschwerdegegner 2 seine Kompetenzen überschritten, indem er vom Urteil des Bezirksgerichts Zürich abwich und die Massnahme in der JVA Pöschwies in Vollzug setzte. Der Vollzug einer stationären therapeutischen Behandlung in einer geschlossenen Einrichtung unterscheide sich kaum noch von jenem einer Verwahrung gemäss Art. 64 StGB, weshalb nicht mehr auf den Willen des Gesetzgebers abgestellt werden könne. Vielmehr müsse die Rechtsprechung die tatsächliche Entwicklung berücksichtigen und für Art. 59 Abs. 3 StGB die gleichen Anordnungsanforderungen vorsehen wie für Art. 64 StGB. 2.2. Die Vorinstanz weist einleitend darauf hin, dass die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage in der Lehre umstritten sei. Nach Auslegung des Gesetzes, dabei insbesondere von Art. 59 StGB, sowie in Berücksichtigung der vorherrschenden Lehre und Rechtsprechung gelangt sie zum Schluss, dass die Platzierung in einer geschlossenen Einrichtung nach Art. 59 Abs. 3 StGB eine Vollzugsfrage ist, die in die Zuständigkeit der Vollzugsbehörden und nicht in jene der Gerichte fällt. 2.3. Das Bundesgericht hat sich in einem nicht publizierten Entscheid bereits mit dieser Thematik befasst. Es erwog, die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB sei weder eine neue Massnahme noch werde damit die angeordnete Massnahme abgeändert. Es gehe dabei um die Frage des Orts des Massnahmevollzugs, mithin eine Vollzugsmodalität, die in der Kompetenz der Vollzugsbehörde liege (Urteil 6B_629/2009 vom 21. Dezember 2009 E. 1.2.3; implizit auch: BGE 134 IV 315 E. 4.2.2 S. 325 f.; Urteil 6B_625/2012 vom 27. Juni 2013 E. 4.2.3). Demgegenüber wird in der Literatur teilweise die Ansicht vertreten, die Platzierung gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB habe sich in der Praxis zu einer eigenständigen Massnahme entwickelt und müsse angesichts ihrer Eingriffsintensität von einem Gericht angeordnet werden (MARIANNE HEER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 103 ff., 110 zu Art. 59 StGB). Ebenso legen Formulierungen der Strafprozessordnung eine gerichtliche Anordnungszuständigkeit nahe (vgl. Art. 19 Abs. 2 lit. b und Art. 82 Abs. 1 lit. b StPO; E. 2.4.4). Schliesslich erscheint auch die Gerichtspraxis nicht einheitlich (vgl. zur zürcherischen Gerichtspraxis beispielsweise: ULRICH WEDER, Die "kleine Verwahrung" [Art. 59 Abs. 3 StGB] im Vergleich mit der Verwahrung gemäss Art. 64 StGB, ZSR 130/2011 I S. 577 ff., 592 f.). Es rechtfertigt sich deshalb, die Zuständigkeit für die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung nach Art. 59 Abs. 3 StGB vertieft zu prüfen. 2.4. 2.4.1. Das Gesetz ist in erster Linie aus sich selbst heraus auszulegen, das heisst, nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Bei der Auslegung neuerer Bestimmungen kommt den Materialien eine besondere Stellung zu, weil veränderte Umstände oder ein gewandeltes Rechtsverständnis eine andere Lösung weniger nahelegen (BGE 140 III 206 E. 3.5.4 S. 214 mit Hinweisen). 2.4.2. Art. 59 StGB regelt die stationäre therapeutische Behandlung von psychischen Störungen. Gemäss Abs. 1 kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn der Täter psychisch schwer gestört ist, ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht (lit. a), und zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang stehender Taten begegnen (lit. b). Nach Abs. 2 erfolgt die stationäre Behandlung in einer geeigneten psychiatrischen Einrichtung oder einer Massnahmevollzugseinrichtung. Solange die Gefahr besteht, dass der Täter flieht oder weitere Straftaten begeht, wird er in einer geschlossenen Einrichtung behandelt. Er kann auch in einer Strafanstalt nach Art. 76 Abs. 2 StGB behandelt werden, sofern die nötige therapeutische Behandlung durch Fachpersonen gewährleistet ist (Abs. 3). In allen Amtssprachen deutet der Wortlaut von Art. 59 Abs. 3 StGB darauf hin, dass der Gesetzgeber den Entscheid über die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung als Vollzugsmodalität der Vollzugsbehörde übertragen wollte (vgl. WEDER, a.a.O., S. 587; THOMAS NOLL, Praktische Fragen zur Durchführung stationärer Therapien im geschlossenen Strafvollzug nach Art. 59 Abs. 3 StGB, ZStrR 132/2014 S. 143 ff., 165). Insbesondere weist die Passage in Art. 59 Abs. 3 StGB "solange die Gefahr besteht" ("tant qu'il y a lieu de craindre"; "fintanto che sussiste il pericolo") auf ein zeitliches Element hin, das für eine flexible Anpassungsmöglichkeit spricht. Eine zwingende Anordnung durch ein Gericht wäre damit nicht vereinbar. Im Übrigen zeigt ein Vergleich mit dem Wortlaut anderer Bestimmungen des Massnahmenrechts, dass das Gesetz das Gericht explizit als zuständig bezeichnet, wo es um gerichtliche Entscheide hinsichtlich der Behandlung von psychischen Störungen bei Straftätern geht. Dabei verwendet es in der Regel den Passus "das Gericht kann [...] anordnen" bzw. "das Gericht ordnet [...] an" ("le juge peut ordonner", "le juge ordonne"; "il giudice può ordinare", "il giudice ordina"; siehe z.B. Art. 59 Abs. 1 und 4, Art. 60 Abs. 1 sowie 4, Art. 62a Abs. 1 und 5 lit. b, Art. 62c Abs. 3, 4 sowie 6, Art. 63 Abs. 1, Art. 64 Abs. 1 und 1bis, Art. 64c Abs. 3 sowie Art. 65 StGB; vgl. dagegen: Art. 62 Abs. 3 Satz 2 StGB). Demgegenüber spricht Art. 59 Abs. 3 StGB nur davon, dass der Täter in einer geschlossenen Einrichtung behandelt wird, solange die Gefahr besteht, dass er flieht oder weitere Straftaten begeht. 2.4.3. Dem historischen Auslegungselement, dem vorliegend grundsätzlich ein erhöhter Stellenwert zukommt, da Art. 59 Abs. 3 StGB erst am 1. Januar 2007 mit der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs in Kraft trat (vgl. BGE 140 IV 1 E. 3.2.2 S. 6; 136 V 216 E. 5.3.1 S. 218 f.; 134 V 170 E. 4.1 S. 174 f. mit Hinweisen), ist im Ergebnis nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Ein wichtiges Anliegen der Revision bildete die Verstärkung des Schutzes vor gefährlichen Gewalttätern. Zu diesem Zweck wurde nicht nur die Sicherheitsverwahrung gemäss Art. 64 ff. StGB neu geregelt, sondern mit Art. 59 Abs. 3 StGB auch die Möglichkeit eingeführt, psychisch kranke, gefährliche Täter in einer geschlossenen Einrichtung zu behandeln (Botschaft vom 21. September 1998 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes sowie zu einem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht, BBl 1999 1981, 2069 Ziff. 213.4). In dieser Regelung lag eine wichtige Änderung gegenüber dem alten Recht, das den Vollzug einer stationären therapeutischen Massnahme in einer Sicherheitseinrichtung nicht kannte (BBl 1999 2075 Ziff. 213.42). Gemäss aArt. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (AS 1971 777 807) war die Verwahrung anzuordnen, wenn der Täter infolge seines Geisteszustands die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Weise gefährdete. Mit der Revision wurden die Anwendungsfälle der altrechtlichen Verwahrung aufgeteilt; während psychisch kranke Täter, die zwar therapierbar sind, jedoch aufgrund ihrer Gefährlichkeit früher verwahrt wurden, neu in einer geschlossenen Einrichtung behandelt werden können (vgl. Art. 59 Abs. 3 StGB), werden psychisch kranke Täter, bei denen eine therapeutische Massnahme keinen Erfolg verspricht, weiterhin verwahrt (vgl. Art. 64 StGB; BBl 1999 2078 Ziff. 213.421). Damit steht die therapeutische Behandlung in einer geschlossenen Einrichtung in engem Bezug zu der Verwahrung nach Art. 64 StGB. Dies ergab sich in der ursprünglichen Version von Art. 59 Abs. 3 StGB bereits aus dessen Wortlaut, wonach der geschlossene Vollzug einer Massnahme eine Katalogtat im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB voraussetzte (AS 2006 3477). Jedoch wurde Art. 59 Abs. 3 StGB noch vor Inkrafttreten der Teilrevision des Strafgesetzbuchs geändert. Während der Entwurf des Bundesrats keine Änderung der Bestimmung vorsah (vgl. BBl 2005 4727; Botschaft vom 29. Juni 2005 zur Änderung des Strafgesetzbuches in der Fassung vom 13. Dezember 2002 und des Militärstrafgesetzes in der Fassung vom 21. März 2003, BBl 2005 4689), verzichtete das Parlament auf Antrag der ständerätlichen Kommission für Rechtsfragen mit Änderung vom 24. März 2006 darauf, dass der Massnahmevollzug in einer Strafanstalt zwingend in einer getrennten Abteilung erfolgen muss (AS 2006 3539; AB 2005 S 1144 f., AB 2006 N 218). Gleichzeitig und ohne parlamentarische Debatte wurde das Erfordernis einer Katalogtat im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB in Art. 59 Abs. 3 StGB gestrichen. Folglich ist ein geschlossener Massnahmevollzug gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB bei allen Verbrechen und Vergehen möglich (vgl. Urteil 6B_629/2009 vom 21. Dezember 2009 E. 1.2.2.1; HEER, a.a.O., N. 104 zu Art. 59 StGB; WEDER, a.a.O., S. 578 ff.). Demnach legen Materialien und Entstehungsgeschichte von Art. 59 Abs. 3 StGB nahe, dass der Gesetzgeber die Bestimmung als Vollzugsvorschrift verstand und die Vollzugsbehörden für die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung für zuständig erachtete (vgl. BBl 1999 2078 Ziff. 213.421; Ziff. 4 der Übergangsbestimmungen der Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vom 13. Dezember 2002 [AS 2006 3535]; WEDER, a.a.O., S. 587; so wohl auch: HEER, a.a.O., N. 103 zu Art. 59 StGB). Dem Argument, auf den gesetzgeberischen Willen könne nicht mehr abgestellt werden, da sich die geschlossene Unterbringung nach Art. 59 Abs. 3 StGB in der Praxis zu einer eigenständigen Massnahme entwickelt habe, die in ihrer Eingriffsintensität jener der Verwahrung entspreche, kann nicht gefolgt werden. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Eingriff in die Freiheitsrechte des Betroffenen bei der geschlossenen Unterbringung im Sinne von Art. 59 Abs. 3 StGB und der Verwahrung vergleichbar ist (vgl. HEER, a.a.O., N. 103 zu Art. 59 StGB S. 1298). Jedoch ist gestützt auf die Materialien und angesichts des Anliegens der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs, den Schutz vor gefährlichen Gewalttätern zu verstärken, davon auszugehen, dass dies dem Gesetzgeber bewusst bzw. von ihm beabsichtigt war. Zwar hat er die Möglichkeit geschaffen, dass auch bei gefährlichen psychisch kranken Straftätern, die einer Behandlung zugänglich sind, eine Therapie angeordnet werden kann. Jedoch musste er ihrer Gefährlichkeit, die früher unabhängig von der Therapierbarkeit zur Verwahrung führte, zum Schutz der Allgemeinheit mit der Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung begegnen. Aus dem Umstand, dass heute ein grosser Teil der Straftäter, die früher verwahrt worden wären, in einer geschlossenen Einrichtung therapeutisch behandelt werden, kann nicht geschlossen werden, die Unterbringung gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB bedürfe der Legitimation durch ein Gericht. Der Eingriffsintensität einer geschlossenen Behandlung ist nicht bei der Anordnungskompetenz, sondern bei deren Voraussetzungen (Flucht- und Wiederholungsgefahr) Rechnung zu tragen (vgl. hierzu E. 3.3). 2.4.4. Der Umstand, dass sich die Bestimmung zur Behandlung in einer geschlossenen Einrichtung (Art. 59 Abs. 3 StGB) im dritten Titel (Strafen und Massnahmen) des ersten Buchs des Strafgesetzbuchs und nicht wie die vergleichbare Bestimmung zum Strafvollzug (Art. 76 StGB) im vierten Titel (Vollzug von Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Massnahmen) findet, spricht isoliert betrachtet eher gegen den Charakter einer Vollzugsvorschrift. Zum gegenteiligen Schluss führt die Analyse der Systematik von Art. 59 StGB sowie weiteren Bestimmungen des Massnahmenrechts. Während Art. 64 Abs. 1 StGB bestimmt, unter welchen Voraussetzungen das Gericht die (ordentliche) Verwahrung anordnet, hält Art. 64 Abs. 1bis StGB die Voraussetzungen für die lebenslängliche Verwahrung fest. Demgegenüber umschreibt Art. 59 Abs. 3 StGB die Anordnungsvoraussetzungen für eine stationäre therapeutische Massnahme in einer geschlossenen Einrichtung nicht gesondert. Vielmehr ist die geschlossene Unterbringung systematisch Bestandteil der stationären therapeutischen Behandlung von psychischen Störungen, die das Gericht unter den Voraussetzungen von Art. 59 Abs. 1 StGB anordnen kann und deren Vollzugsort, Vollzugsart, Vollzugsform und Dauer in Art. 59 Abs. 2-4 StGB umschrieben werden (vgl. WEDER, a.a.O., S. 587). Müsste die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB vom Gericht angeordnet werden, wäre sie mithin keine Vollzugsfrage, müsste das Gericht bei veränderten Verhältnissen in (analoger) Anwendung von Art. 62c Abs. 6 StGB i.V.m. Art. 363 ff. StPO auch über die Versetzung vom geschlossenen in den offenen Vollzug gemäss Art. 59 Abs. 2 StGB entscheiden. Demgegenüber befindet über die Unterbringung im bzw. die Versetzung (vom offenen) in den geschlossenen Strafvollzug (und umgekehrt) gemäss Art. 76 StGB unbestrittenermassen die Vollzugsbehörde (vgl. Urteil 6B_629/2009 vom 21. Dezember 2009 E. 1.2.3; BENJAMIN F. BRÄGGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 4 zu Art. 439 StPO S. 3287 [nachfolgend: BSK-StPO]; DERSELBE, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 17 zu Art. 75 StGB, N. 8 zu Art. 76 StGB, N. 1 zu Art. 77a StGB; DERSELBE, in: Das schweizerische Vollzugslexikon, Benjamin F. Brägger [Hrsg.], 2014, S. 511 [nachfolgend: Vollzugslexikon]; ANDREA BAECHTOLD, Strafvollzug, Straf- und Massnahmenvollzug an Erwachsenen in der Schweiz, 2. Aufl. 2009, S. 66 ff. N. 8 ff.). Gleiches gilt für den Vollzug der Verwahrung (vgl. Art. 64 Abs. 4 StGB; hierzu BAECHTOLD, a.a.O., S. 295 f. N. 68 f.). Demnach dürften die Vollzugsbehörden zwar über entsprechende Vollzugslockerungen bei Verwahrten und Gefangenen befinden, nicht jedoch bei stationären Massnahmepatienten. Diese Unterscheidung erscheint insbesondere mit Blick auf die Gefährlichkeit der Betroffenen nicht nachvollziehbar (vgl. NOLL, a.a.O., S. 166). Ebenso wenig lässt sie sich mit der Eingriffsintensität der geschlossenen Unterbringung rechtfertigen; sowohl der geschlossene Massnahme- als auch der geschlossene Strafvollzug greifen stärker in das Freiheitsrecht des Betroffenen ein als die Unterbringung in einer offenen Einrichtung. Diese mit dem geschlossenen Vollzug verbundene Mehrbelastung des Freiheitsrechts ist jedoch bei einer Massnahme nicht stärker als bei einer Freiheitsstrafe. Nicht begründbar wäre ferner, dass die Vollzugsbehörde den Massnahmepatienten gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB theoretisch zwar bedingt sowie letztlich definitiv entlassen (vgl. HEER, a.a.O., N. 9 zu Art. 62 StGB, N. 3 zu Art. 62c StGB, N. 1 zu Art. 62d StGB; siehe auch: Art. 90 Abs. 2bis i.V.m. Art. 77a Abs. 2 und 3 StGB), ihn jedoch nicht vom geschlossenen in den offenen Vollzug (oder umgekehrt) versetzen dürfte. Die Systematik des Gesetzes lässt folglich darauf schliessen, dass es sich bei der Unterbringung im bzw. der Versetzung (vom offenen) in den geschlossenen Massnahmevollzug (und umgekehrt) um eine Vollzugsmodalität handelt, für welche die Vollzugsbehörden zuständig sind. Mit diesem Verständnis sind nun allerdings zwei Bestimmungen der seit dem 1. Januar 2011 in Kraft stehenden Schweizerischen Strafprozessordnung nicht von vornherein vereinbar. Gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. b StPO können Bund und Kantone als erstinstanzliches Gericht ein Einzelgericht vorsehen für die Beurteilung von Verbrechen und Vergehen, mit Ausnahme derer, für welche die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren, eine Verwahrung nach Art. 64 StGB, eine Behandlung nach Art. 59 Abs. 3 StGB oder, bei gleichzeitig zu widerrufenden bedingten Sanktionen, einen Freiheitsentzug von mehr als zwei Jahren beantragt. Nach Art. 82 Abs. 1 StPO verzichtet das Gericht auf eine schriftliche Begründung, wenn es das Urteil mündlich begründet (lit. a) und keine der vorgenannten Sanktionen ausspricht (lit. b). Der Umstand, dass der strafprozessuale Gesetzgeber in Art. 19 Abs. 2 lit. b und Art. 82 Abs. 1 lit. b StPO explizit von "einer Behandlung nach Artikel 59 Absatz 3 StGB" spricht, deutet darauf hin, dass diese vom Gericht explizit anzuordnen ist (siehe auch: Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1139 Ziff. 2.2.1.3). Aus dem Gesetzgebungsverfahren zu Art. 19 Abs. 2 lit. b und Art. 82 Abs. 1 lit. b StPO ergibt sich jedoch kein vom Wortlaut von Art. 59 Abs. 3 StGB und den bisherigen Überlegungen zum historischen sowie systematischen Auslegungsmoment abweichendes Verständnis. Weder der Botschaft noch den parlamentarischen Beratungen ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bewusst von seiner früheren Auffassung von Art. 59 Abs. 3 StGB als Vollzugsvorschrift (vgl. E. 2.4.3) abweichen wollte. Vielmehr wurde der Verweis auf Art. 59 Abs. 3 StGB von den eidgenössischen Räten gar nicht thematisiert (vgl. AB 2006 S 995 f., 1007; AB 2007 N 947 f., 949). Dieser vordergründige Widerspruch zwischen den neueren Bestimmungen der Strafprozessordnung und jener von Art. 59 Abs. 3 StGB ist dahingehend zu lösen, dass sich das Gericht in seinen Urteilserwägungen über die Notwendigkeit einer therapeutischen Behandlung in einer geschlossenen Einrichtung äussern kann und muss, wenn es die Voraussetzungen von Art. 59 Abs. 3 StGB im Urteilszeitpunkt als erfüllt erachtet. Jedoch hat es eine solche Unterbringung nicht in seinem Urteilsdispositiv anzuordnen (zum Ganzen: WEDER, a.a.O., S. 588 ff.; a.M. Urteil der 1. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern vom 24. Juni 2013 E. 3 [SK 2012 298]). 2.4.5. In Bezug auf den Sinn und Zweck der Gesetzesbestimmung kann weitgehend auf das Gesagte verwiesen werden. Anzufügen ist, dass sich die Gefährlichkeit eines Massnahmepatienten nach Art. 59 StGB, die das wesentliche Unterscheidungskriterium zwischen Abs. 2 und 3 von Art. 59 StGB ist, während einer stationären Behandlung verändern kann. Um einer allfälligen Veränderung rasch begegnen zu können, erscheint es sachgerecht, dass die Vollzugsbehörden im Einzelfall die geeignete Einrichtung bzw. Vollzugsart bezeichnen. Würde man diesen Entscheid in die Hände des Gerichts legen, müsste dieses bei einer nachträglich eintretenden Flucht- oder Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 59 Abs. 3 StGB in einem selbstständigen nachträglichen Entscheid gemäss Art. 363 ff. StPO die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung anordnen. Dieses zeitlich und administrativ anspruchsvollere Verfahren würde dem Anliegen der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs nach mehr Schutz vor gefährlichen Gewalttätern zuwiderlaufen. Hinzu kommt, dass die Vollzugsbehörden mit den konkreten Gegebenheiten in den einzelnen Einrichtungen vertraut sind und besser beurteilen können, ob sich eine Modifikation des Vollzugs aufdrängt, als das urteilende Gericht, das keinen direkten Kontakt mit dem Betroffenen und den Institutionen hat (vgl. BGE 134 IV 246 E. 3.3 S. 251 [zur ambulanten Behandlung nach Art. 63 StGB]; 130 IV 49 E. 3.3 S. 52 [zur Zwangsmedikation]; HEER, a.a.O., N. 93 zu Art. 56 StGB). Dem wird zutreffend entgegengehalten, dass die Vollzugsbehörden keine unabhängigen Entscheidungsträger sind (vgl. HEER, a.a.O., N. 105a zu Art. 59 StGB). Diese Problematik wird insoweit entschärft, als die Anordnung des Vollzugs gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB zumindest im Rechtsmittelverfahren von einem Gericht überprüft werden kann. In diesem Verfahren kann der Betroffene alle Einwände vorbringen, um seine Rechte zu wahren (vgl. Art. 439 Abs. 2 StPO; hierzu und zu den kantonalen Unterschieden: BRÄGGER, BSK-StPO, a.a.O., N. 4 f. zu Art. 439 StPO; DERSELBE, Vollzugslexikon, a.a.O., S. 510 ff.; zum Ganzen: NOLL, a.a.O., S. 165; WEDER, a.a.O., S. 590). 2.5. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB eine Vollzugsfrage ist, die grundsätzlich von den Vollzugsbehörden zu beurteilen ist (vgl. CHRISTOPH SIDLER, in: Das schweizerische Vollzugslexikon, Benjamin F. Brägger [Hrsg.], 2014, S. 489; WEDER, a.a.O., S. 587 ff.; NOLL, a.a.O., S. 164 ff.; STRATENWERTH/WOHLERS, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 3. Aufl. 2013, N. 6 zu Art. 59 StGB S. 143; so wohl auch: DUPUIS UND ANDERE, CP, Code pénal, 2012, N. 16 f. zu Art. 59 StGB; QUELOZ/MUNYANKINDI, in: Commentaire romand, Code pénal, Bd. I, 2009, N. 27 ff. zu Art. 59 StGB; BENJAMIN F. BRÄGGER, Massnahmenvollzug an psychisch kranken Straftätern in der Schweiz: Eine kritische Auslegeordnung, Schweizerische Zeitschrift für Kriminologie 2/2014 S. 36 ff., 38 f.; ferner: Ziff. 2.2 des Merkblatts des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats zum Vollzug von stationären Massnahmen nach Art. 59 StGB; a.M. HEER, a.a.O., N. 103 ff., 110 zu Art. 59 StGB; VIREDAZ/THALMANN, Introduction au droit des sanctions, 2013, S. 104 f. Rz. 258). Die Auffassung, es handle sich um eine eigenständige stationäre therapeutische Massnahme, findet weder im Wortlaut noch im Sinn und Zweck des Gesetzes oder in den Gesetzesmaterialien eine Grundlage. Dennoch erscheint es sinnvoll, dass sich das Sachgericht in seinen Urteilserwägungen - nicht jedoch im Urteilsdispositiv - zu der Notwendigkeit eines geschlossenen Massnahmevollzugs äussert und den Vollzugsbehörden eine geschlossene Unterbringung des Betroffenen unverbindlich empfiehlt, wenn es die Voraussetzungen von Art. 59 Abs. 3 StGB im Urteilszeitpunkt als erfüllt erachtet (vgl. Urteil 6B_629/2009 vom 21. Dezember 2009 E. 1.2.3 i.f.; WEDER, a.a.O., S. 591; siehe auch: BGE 134 IV 246 E. 3.3 S. 251 f. [zur ambulanten Behandlung nach Art. 63 StGB]; 130 IV 49 E. 3.3 S. 52 [zur Zwangsmedikation]). Damit überschritt der Beschwerdegegner 2 seinen Zuständigkeitsbereich nicht, indem er die Massnahme gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB in der JVA Pöschwies in Vollzug setzte. 3. 3.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Voraussetzungen für eine Behandlung in einer geschlossenen Einrichtung gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB seien in tatsächlicher Hinsicht nicht erfüllt. Weder aus dem psychiatrischen Gutachten noch dem nachträglichen Bericht der Sachverständigen ergebe sich eine besondere Gefährlichkeit des Beschwerdeführers. Einzig im Bericht betreffend "Risikoorientierter Sanktionenvollzug" (nachfolgend: ROS-Abklärung) werde von einem hohen Rückfallrisiko für mittelgradig schwere und schwere Sexualdelikte ausgegangen. Da die Abklärung von einer für eine Abteilung des Beschwerdegegners 2 arbeitenden Psychologin erstellt worden sei, genüge sie der bundesgerichtlichen Anforderung an ein Gutachten nicht. 3.2. Die Vorinstanz erwägt, zwar sei die stationäre therapeutische Massnahme gemäss Art. 59 Abs. 1 StGB nach Ansicht des Bezirksgerichts Zürich in einer Einrichtung im Sinne von Art. 59 Abs. 2 StGB zu vollziehen. Jedoch vermöchten dessen Erwägungen zum Rückfallrisiko nicht zu überzeugen, zumal diese in Unkenntnis der ROS-Abklärung und der konkreten Gegebenheiten in der Forensisch-Psychiatrischen Abteilung (FPA) der JVA Pöschwies erfolgten. Sowohl die psychiatrischen Gutachten als auch die ROS-Abklärung stellten dem Beschwerdeführer eine ungünstige Legalprognose und attestierten ihm eine hohe Rückfallgefahr für mindestens mittelschwere Sexual- und Gewaltdelikte. Da er zugleich ein mangelndes Problembewusstsein und eine mangelhafte Behandlungsbereitschaft aufweise sowie seine psychischen Störungen nur schwer therapiert werden könnten, könne zumindest in einer ersten Implementierungsphase den erheblichen öffentlichen Sicherheitsinteressen nur durch die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung ausreichend Rechnung getragen werden. Die von den Sachverständigen umschriebenen Voraussetzungen für einen geschlossenen Massnahmevollzug seien bei einer Unterbringung in der FPA der JVA Pöschwies offenkundig gegeben. Das Alter des Beschwerdeführers stehe einer Einweisung in die FPA nicht entgegen; die JVA Pöschwies biete dem Beschwerdeführer zudem die Möglichkeit, sich beruflich seinen Bedürfnissen entsprechend weiterzuentwickeln. Insgesamt stellt die Vorinstanz fest, dass ein Vollzug in der FPA der JVA Pöschwies gerade in einer ersten Anlaufphase dem Sicherheitsbedürfnis der Öffentlichkeit sowie dem Behandlungsbedürfnis des Beschwerdeführers gerecht werde und nicht im Widerspruch zu den gutachterlichen Empfehlungen stehe. 3.3. Art. 59 Abs. 3 StGB setzt für die Behandlung in einer geschlossenen Einrichtung Flucht- oder Wiederholungsgefahr voraus. Bei Letzterer muss es sich nach der Rechtsprechung um eine besondere künftige Gefährlichkeit des Betroffenen handeln, da grundsätzlich alle Massnahmen eine Rückfallgefahr voraussetzen (vgl. Art. 56 Abs. 1 lit. a StGB). Gemeint ist die konkrete und wahrscheinliche Gefahr weiterer Straftaten des Betroffenen im Vollzug oder ausserhalb der Anstalt, mit der in einer (offenen) therapeutischen Einrichtung schlechthin nicht umgegangen werden kann. Es geht mithin um Gefahren, denen zum Schutz der Allgemeinheit nur mit einer geschlossenen Unterbringung begegnet werden kann. Mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit setzt der Massnahmevollzug in einer geschlossenen Einrichtung eine schwerwiegende Gefährdung hochwertiger Rechtsgüter voraus (siehe hierzu und zur Fluchtgefahr: Urteile 6B_1045/2013 vom 14. April 2014 E. 2.1.1; 6B_384/2010 vom 15. September 2010 E. 2.1.2; 6B_629/2009 vom 21. Dezember 2009 E. 1.2.2.2; je mit Hinweisen; vgl. auch: BGE 134 IV 121 E. 3.4.2 S. 130; Urteile 6B_1230/2014 vom 20. April 2015 E. 2.3.1; 6B_81/2011 vom 16. Mai 2011 E. 3.2; HEER, a.a.O., N. 103, 105 und 106 zu Art. 59 StGB). Flucht- und Rückfallgefahr müssen im Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Die Beurteilung der Fluchtgefahr beinhaltet keine psychiatrische Fragestellung (Urteile 6B_1028/2014 vom 17. Juli 2015 E. 3.5; 6B_664/2013 vom 16. Dezember 2013 E. 2.4; je mit Hinweisen). Ob eine besondere künftige Gefährlichkeit vorliegt, ist eine Rechtsfrage (vgl. zur Gemeingefährlichkeit: Urteile 6B_1028/2014 vom 17. Juli 2015 E. 3.5; 6B_664/2013 vom 16. Dezember 2013 E. 2.4). Allerdings lassen sich psychiatrische und juristische Fragestellungen in der Praxis häufig nicht sauber trennen. Klar ist, dass der forensischen Begutachtung die zentrale Aufgabe zukommt, die psychische Verfassung des Betroffenen als wesentliche tatsächliche Entscheidgrundlage abzuklären und prognostisch einzuschätzen. Von dieser gutachterlichen Beurteilung darf nicht ohne triftige Gründe abgewichen werden (vgl. BGE 138 III 193 E. 4.3.1 S. 198 f.; 129 I 49 E. 4 S. 57 f.; 128 I 81 E. 2 S. 86; Urteil 6B_1028/2014 vom 17. Juli 2015 E. 3.5; je mit Hinweisen). 3.4. Mit Gutachten vom 9. April 2013 diagnostizieren die psychiatrischen Sachverständigen beim Beschwerdeführer eine deutlich ausgeprägte dissoziale Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.2), eine akute polymorphe psychotische Störung mit Symptomen einer Schizophrenie (ICD-10 F23.1), ein Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätssyndrom (ICD-10 F90) sowie psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide sowie Alkohol (ICD-10 F12.24 und F10.24), wobei einzig die Persönlichkeitsstörung tatrelevant war. Die Legalprognose schätzen sie ungünstig und die Gefahr weiterer Gewalt-, Eigentums- und Betäubungsmitteldelikte als hoch ein. Trotz eingeschränkter Therapierbarkeit und mangelhafter Behandlungsmotivation empfehlen die Gutachterinnen eine erstmalige, stationäre psychatrisch-psychologische Behandlung, wobei sie den Versuch einer stationären Massnahme für junge Erwachsene gemäss Art. 61 StGB als sinnvoll erachten. In Bezug auf die akute polymorphe psychotische Störung mit dem Verdacht auf eine beginnende paranoide Schizophrenie halten sie eine weitere diagnostische Abklärung und gegebenenfalls eine Therapie mit einem Antipsychotikum für klar indiziert (kantonale Akten, act. 9/2, Gutachten S. 29 ff.). Nachdem das Massnahmezentrum Uitikon die Aufnahme des Beschwerdeführers mit der Begründung ablehnte, die Differentialdiagnosen sprächen gegen eine Massnahme nach Art. 61 StGB, es werde eine psychiatrisch-medikamentös ausgerichtete Behandlung empfohlen (kantonale Akten, act. 9/11), erstatteten die Gutachterinnen am 17. September 2013 ein Nachtragsgutachten (kantonale Akten, act. 9/13). Dabei berücksichtigen sie erstmals die dem Beschwerdeführer neu vorgeworfenen weiteren Sexualdelikte. Sie gelangen zum Schluss, die Massnahmefähigkeit nach Art. 61 StGB sei in Frage zu stellen, jedoch könne eine stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB befürwortet werden. Diese sollte in einer geeigneten psychiatrischen Einrichtung oder Massnahmevollzugseinrichtung angeordnet werden. Eine vollzugsbegleitende Therapie wäre nur unter Gewährleistung einer ausreichenden Betreuung durch Fachpersonal zu empfehlen, da zu befürchten sei, dass der subkulturelle Kontext einer Haftanstalt therapeutische Erfolge zunichte machen könnte. Das Bezirksgericht Zürich erwog in seinem Urteil vom 19. Dezember 2013, in Würdigung der gutachterlichen Ausführungen und angesichts des sehr jungen Alters des Beschwerdeführers sei eine Massnahme nach Art. 59 Abs. 1 StGB anzuordnen, die in einer Einrichtung im Sinne von Art. 59 Abs. 2 StGB zu vollziehen sei. Von der Behandlung in einer geschlossenen Einrichtung nach Art. 59 Abs. 3 StGB sei abzusehen, da beim Beschwerdeführer weder Fluchtgefahr noch eine "besondere künftige Gefährlichkeit" vorliege (bezirksgerichtliches Urteil S. 43). In der gleichentags ergangenen ROS-Abklärung der Abteilung für Forensisch-Psychologische Abklärungen der Bewährungs- und Vollzugsdienste des Amts für Justizvollzug wird das Rückfallrisiko des Beschwerdeführers für mittelgradige Gewalt- und Sexualdelikte als hoch, für schwerwiegende Sexualdelikte als mittel eingeschätzt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer kein Problembewusstsein bezüglich seiner deliktischen Handlungen und keine Veränderungsbereitschaft aufweise. Auch möchte er sich nicht mit seinen problematischen Persönlichkeitsanteilen auseinandersetzen. Die dissoziale Persönlichkeitsstörung gelte als schwer behandelbar, wobei die Behandelbarkeit und Therapiefähigkeit aktuell durch das in den Vordergrund Treten der psychotischen Symptomatik zusätzlich verringert werde. Erst wenn diese durch medikamentöse Behandlung eingedämmt werden könne, sei eine deliktorientierte, persönlichkeitsspezifische Therapie möglich. Zudem wird ein dringender Abklärungsbedarf hinsichtlich der Sexualdevianz des Beschwerdeführers festgestellt (kantonale Akten, act. 9/26 S. 15 ff.). 3.5. Der Beschwerdeführer macht weder geltend, die psychiatrischen Gutachten seien nicht schlüssig, noch legt er dar, die Vorinstanz würdige diese willkürlich. Ebenso wenig zeigt er auf, dass die Vorinstanz ihrer Würdigung schlechterdings unhaltbare tatsächliche Annahmen zugrunde legt (vgl. Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Demnach ist einzig zu prüfen, ob die Vorinstanz gestützt auf ihre tatsächlichen Feststellungen eine besondere künftige Gefährlichkeit des Beschwerdeführers, mit der in einer offenen Einrichtung nicht umgegangen werden kann, annehmen darf. Der Beschwerdeführer bringt zutreffend vor, dass an die Voraussetzungen für den Vollzug in einer geschlossenen Einrichtung hohe Anforderungen zu stellen sind bzw. Art. 59 Abs. 3 StGB nur restriktiv anzuwenden ist (siehe auch E. 2.4.3 i.f. und 3.3). Anlassdelikte der vorliegenden Massnahme sind unter anderem die Schändung der damaligen Partnerin des Beschwerdeführers sowie die versuchten sexuellen Nötigungen zweier Unbekannten. In den Jahren 2008-2010 wurde der Beschwerdeführer von der Jugendanwaltschaft wegen Raubes, Übertretungen des BetmG, geringfügigen Diebstahls, Widerhandlungen gegen das SVG, Angriffs und einfacher Körperverletzung bestraft (vgl. kantonale Akten, act. 9/3). Dabei handelt es sich um mittelschwere Gewalt- und Sexualdelikte. Diesbezüglich stellen die Gutachterinnen sowie die ROS-Abklärung dem Beschwerdeführer eine ungünstige Legalprognose und gehen von einer hohen Rückfallgefahr hinsichtlich ähnlicher Delikte aus. Gemäss dem Gutachten handelt es sich bei der diagnostizierten dissozialen Persönlichkeitsstörung um eine anhaltende und chronifizierte Symptomatik mit unmittelbarem Bezug zur Delinquenz, d.h., mit deliktfördernden Ansichten und Einstellungen. Der Beschwerdeführer vermöge das Abweichende und Krankhafte seines Verhaltens sowie seiner Einstellungen kaum zu erkennen, zeige sich im Hinblick auf die dissozialen Züge uneinsichtig sowie hinsichtlich seines dissozialen Verhaltens bagatellisierend, abwehrend und verleugnend. Die dissoziale Persönlichkeitsstörung sei generell schwer behandelbar. Zusätzlich zeige der Beschwerdeführer geringe bis keine Bereitschaft, sich ernsthaft mit den eigenen dissozialen Persönlichkeitszügen auseinanderzusetzen (Gutachten S. 43 ff.). Gestützt auf das Gutachten ist folglich von einer fehlenden Krankheitseinsicht und einer mangelhaften Behandlungsmotivation auszugehen, dies bei einer deliktsrelevanten psychischen Störung, die nur schwer therapiert werden kann. Hinzu kommt, dass beim Beschwerdeführer von den Gutachterinnen eine akute polymorphe psychotische Störung mit Symptomen einer Schizophrenie diagnostiziert wurde, die weiterer Abklärungen und allenfalls der Therapie mit einem Antipsychotikum bedarf (Gutachten S. 35, 46). Aufgrund dieser Umstände durfte die Vorinstanz von einer besonderen künftigen Gefährlichkeit des Beschwerdeführers ausgehen. Der Beschwerdeführer weist ein komplexes Störungsbild und keine Krankheitseinsicht auf. Widerstände, mit denen in einer offenen Vollzugseinrichtung nicht umgegangen werden kann, sind nicht auszuschliessen. Angesichts der erheblichen Gefährdung hochwertiger Rechtsgüter erscheint eine geschlossene Unterbringung zum Schutz der Öffentlichkeit als verhältnismässig. Das Vorbringen, das vorinstanzliche Urteil stütze sich einzig auf die ROS-Abklärung und nicht auf ein psychiatrisches Gutachten, ist unbegründet; die relevanten tatsächlichen Entscheidgrundlagen ergeben sich aus den psychiatrischen Gutachten. Entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers schliessen die Sachverständigen den Vollzug der empfohlenen stationären therapeutischen Massnahme in einer Strafanstalt nicht aus, sondern setzen hierfür eine hinreichende Betreuung durch Fachpersonen und eine gewisse Abschirmung von subkulturellen Einflüssen des Strafvollzugs voraus (kantonale Akten, act. 9/13 S. 4). Die Vorinstanz legt einleuchtend dar, dass diese Voraussetzungen in der FPA der JVA Pöschwies gegeben sind. Ferner zeigt sie nachvollziehbar auf, dass diese als Einrichtung für den Beschwerdeführer geeignet ist, und begründet überzeugend, weshalb der Ansicht des Bezirksgerichts nicht gefolgt werden kann. Darauf kann verwiesen werden (Urteil S. 11 ff.). Insgesamt verletzt die Unterbringung des Beschwerdeführers in der (geschlossenen) FPA der JVA Pöschwies zumindest in einer ersten Implementierungsphase kein Bundesrecht. Jedoch wird die Vollzugsbehörde fortlaufend prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für die Versetzung des Beschwerdeführers in den offenen Vollzug erfüllt sind (vgl. zur Ausnahme des Massnahmevollzugs in einer Strafanstalt gemäss Art. 76 Abs. 2 StGB: Urteile 6B_817/2014 vom 2. April 2015 E. 3.4; 6B_629/2009 vom 21. Dezember 2009 E. 1.2.4; je mit Hinweisen). 4. Die Beschwerde ist abzuweisen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist gutzuheissen, da die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers ausgewiesen ist und sein Rechtsbegehren nicht offensichtlich aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es sind keine Kosten zu erheben. Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers ist angemessen zu entschädigen.
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen. 3. Es werden keine Kosten erhoben. 4. Der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers, Rechtsanwältin Dr. Susanne Raess, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- ausgerichtet. 5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 22. Oktober 2015 Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Denys Die Gerichtsschreiberin: Andres
bd3d177f-08f6-42d0-9d8f-2ee1471d50f2
de
2,011
CH_BGer_001
Federation
null
null
null
public_law
nan
critical
critical-1
Sachverhalt: A. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft führt eine Strafuntersuchung gegen X._ wegen des Verdachts auf Drogenhandel. Mit Entscheid vom 26. März 2011 ordnete das kantonale Zwangsmassnahmengericht Untersuchungshaft vorläufig bis zum 20. April 2011 an. Auf ein Haftverlängerungsgesuch der Staatsanwaltschaft vom 15. April 2011 hin verlängerte der Präsident des Zwangsmassnahmengerichts am 19. April 2011 die Untersuchungshaft provisorisch bis zum 6. Mai 2011. Am 28. April 2011 entschied das Zwangsmassnahmengericht, dass kein besonderer Haftgrund mehr vorliege und das Haftverlängerungsgesuch der Staatsanwaltschaft deshalb abzuweisen sei. X._ werde - unabhängig vom Einlegen eines Rechtsmittels - gleichentags, spätestens bis 18.30 Uhr, aus der Haft entlassen. Gegen diesen Entscheid gelangte die Staatsanwaltschaft am 28. April 2011 mit Beschwerde an das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit den Anträgen, die Untersuchungshaft sei gemäss ihrem Haftverlängerungsgesuch vom 15. April 2011 um zwei Monate zu verlängern und der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung beizulegen. Mit Verfügung vom 29. April 2011 lud der Kantonsgerichtspräsident X._ zur Stellungnahme zum Gesuch der Staatsanwaltschaft um aufschiebende Wirkung bis zum 4. Mai 2011 ein. Er erwog, die Beschwerdeerklärung der Staatsanwaltschaft mit Antrag um aufschiebende Wirkung vermöge die - zumindest vorläufige - Haftentlassung des Beschuldigten nicht zu verhindern. Die Erteilung der aufschiebenden Wirkung und die Gutheissung der Beschwerde der Staatsanwaltschaft würden zudem keinen Rechtstitel verleihen, um umgehend eine neue Verhaftung anzuordnen. X._ liess sich am 4. Mai 2011 mit einem Antrag auf Abweisung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung vernehmen. Am 5. Mai 2011 wies der Kantonsgerichtspräsident das Gesuch der Staatsanwaltschaft um aufschiebende Wirkung ab. B. Mit Beschwerde in Strafsachen vom 30. Mai 2011 beantragt die Staatsanwaltschaft, die Verfügung des Kantonsgerichts vom 5. Mai 2011 sei aufzuheben und ihrer Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu erteilen. Eventualiter sei festzustellen, dass die aufschiebende Wirkung hätte erteilt werden müssen. Weiter sei festzustellen, dass das Verbot der Rechtsverzögerung verletzt worden sei. Das Zwangsmassnahmengericht und das Kantonsgericht beantragen die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. X._ stellt Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen: 1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Rechtsmittelentscheid über eine Entlassung aus der Untersuchungshaft im Sinne von Art. 220 ff. StPO. Dagegen kann Beschwerde in Strafsachen nach den Art. 78 ff. BGG geführt werden. 1.1 Die Beschwerde in Strafsachen ist grundsätzlich nur gegen verfahrensabschliessende (End-)Entscheide zulässig (vgl. Art. 90 BGG). Gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide, welche weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren betreffen, steht sie bloss offen, wenn der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zur Folge hat (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Entscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen kann (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG sollen das Bundesgericht entlasten. Dieses soll sich möglichst nur einmal mit einer Sache befassen und sich überdies nicht bereits in einem frühen Verfahrensstadium ohne genügend umfassende Sachverhaltskenntnis teilweise materiell festlegen müssen. Können allfällige Nachteile in verhältnismässiger Weise auch noch mit einer bundesgerichtlichen Beurteilung nach Ausfällung des Endentscheids behoben werden, so tritt das Bundesgericht auf gegen Vor- und Zwischenentscheide gerichtete Beschwerden nicht ein (BGE 135 II 30 E. 1.3.2 S. 34 f.). Im umstrittenen Zwischenentscheid hat der Kantonsgerichtspräsident das Gesuch der Staatsanwaltschaft, der Beschwerde aufschiebende Wirkung beizulegen, abgewiesen. Mit dem bundesgerichtlichen Entscheid darüber, ob dies in Verletzung des Strafprozessrechts geschehen ist, kann weder das vorinstanzliche Verfahren abgeschlossen noch ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten erspart werden. Die Beschwerden sind deshalb nur zulässig, falls der Staatsanwaltschaft aus dem angefochtenen Zwischenentscheid ein nicht wieder gutzumachender Nachteil erwächst, d.h. damit eine Beeinträchtigung verbunden ist, die auch durch einen für sie allenfalls günstigen bundesgerichtlichen Endentscheid nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann (BGE 134 III 188 E. 2.1 S. 190 f.; 133 III 629 E. 2.3 S. 632; 133 IV 139 E. 4 S. 141). Ein solcher Nachteil liegt nicht schon darin, dass durch den Zwischenentscheid das vorinstanzliche Verfahren verlängert oder verteuert wird (vgl. BGE 135 II 30 E. 1.3.4 S. 36; 120 Ib 97 E. 1c S. 100). Der angefochtene Entscheid hat zur Folge, dass X._ sich während dem Beschwerdeverfahren über die Untersuchungshaft vor dem Kantonsgericht in Freiheit befindet, obwohl nach Auffassung der Staatsanwaltschaft weiterhin ein besonderer Haftgrund (hier Kollusionsgefahr) besteht. Eine Freilassung trotz Vorliegens eines besonderen Haftgrunds kann die Fortführung des Strafverfahrens erschweren oder gar vereiteln. Diese Beeinträchtigungen können durch einen für die Staatsanwaltschaft günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden. Damit ist ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne der Rechtsprechung grundsätzlich zu bejahen. 1.2 Zur Beschwerde ist berechtigt, wer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 81 Abs. 1 BGG). Die Staatsanwaltschaft gehört grundsätzlich zum Kreis der beschwerdebefugten Parteien (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 3 BGG; BGE 134 IV 36 E. 1). Nach Art. 222 StPO kann die verhaftete Person Entscheide über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft bei der Beschwerdeinstanz anfechten. Dasselbe Beschwerderecht steht nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung der Staatsanwaltschaft zu (BGE 137 IV 22 E. 1.3 S. 24, 87 E. 3 S. 89, 230 E. 1 S. 232). 1.3 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten. 2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, das Kantonsgericht habe die Frist, innert welcher ein Entscheid über die aufschiebende Wirkung hätte gefällt werden müssen, nicht eingehalten. Nur mit einer sofortigen Erteilung der aufschiebenden Wirkung hätten die Entlassung des Beschuldigten aus der Haft und anschliessende Kollusionshandlungen verhindert werden können. Mit seinem Vorgehen habe das Kantonsgericht der Staatsanwaltschaft das Recht abgeschnitten, rechtswirksam Beschwerde gegen den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts erheben zu können, da auch bei einer Gutheissung der Beschwerde die Entlassung des Beschuldigten und die Kollusionshandlungen nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Indem das Kantonsgericht erst am Tag nach der Haftentlassung des Beschuldigten entschieden habe, habe es das Verbot der Rechtsverzögerung (Art. 29 Abs. 1 BV) verletzt. 2.1 Nach Art. 226 Abs. 5 StPO ist die beschuldigte Person unverzüglich freizulassen, wenn das Zwangsmassnahmengericht die Untersuchungshaft nicht anordnet (s. auch Art. 228 Abs. 4 StPO). Dieses Recht auf unverzügliche Freilassung ergibt sich aus dem Grundrecht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV), welches gestützt auf die Art. 31 BV und Art. 5 EMRK in strafrechtlichen Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden kann (s. auch Art. 36 BV). Erfolgt die Freilassung, obwohl ein Haftgrund nach Art. 221 StPO besteht, kann das die Fortführung des Strafverfahrens erschweren oder gar vereiteln. Um dies zu verhindern, besteht ein Interesse, dass die Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Beschwerde an die Beschwerdeinstanz nach Art. 393 StPO zumindest vorübergehend die Freilassung verhindern kann (137 IV 230 E. 2.1 S. 233). 2.2 Strafprozessuale Rechtsmittel haben nach Art. 387 StPO keine aufschiebende Wirkung. Vorbehalten bleiben abweichende Bestimmungen der StPO oder Anordnungen der Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz. Diese trifft in Anwendung von Art. 388 StPO die notwendigen und unaufschiebbaren verfahrensleitenden und vorsorglichen Massnahmen. Hierzu gehört nach ausdrücklicher Vorschrift von Art. 388 lit. b StPO die Anordnung von Haft. Diese Bestimmungen sind grundsätzlich geeignet, die Untersuchungshaft während des Beschwerdeverfahrens betreffend die Haftentlassung aufrechtzuerhalten. Die lückenlose Weiterführung der Untersuchungshaft steht in einem gewissen Gegensatz zur Pflicht, die beschuldigte Person unverzüglich freizulassen, wenn das Zwangsmassnahmengericht die Untersuchungshaft nicht anordnet (Art. 226 Abs. 5 StPO). Würde die beschuldigte Person jedoch unmittelbar im Anschluss an den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts trotz des Bestehens von Haftgründen auf freien Fuss gesetzt, so würde das Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft vereitelt und die Fortführung des Strafverfahrens unter Umständen erschwert oder gar verunmöglicht. Aus der StPO ergeben sich verschiedene mögliche Vorgehensweisen, um diesen Problemen zu begegnen (vgl. 137 IV 230 E. 2.2). 2.2.1 In Fällen, in welchen zwischen dem Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts und dem Zeitpunkt der Haftentlassung mehrere Stunden oder Tage liegen, erscheint es bei unverzüglicher Einreichung der Beschwerde durch die Staatsanwaltschaft (sofortige Überbringung, elektronische Einreichung) möglich, dass die Beschwerdeinstanz noch vor der Entlassung des Beschuldigten vorsorglich die Fortführung der Haft anordnet (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_258/2011 vom 24. Mai 2011). Eine solche "superprovisorische" Haftanordnung durch die Beschwerdeinstanz gestützt auf Art. 388 lit. b StPO setzt voraus, dass die Staatsanwaltschaft die Beschwerdefrist gemäss Art. 396 StPO nicht ausschöpft, sondern die Beschwerde unmittelbar nach Kenntnis des Haftentlassungsentscheids einreicht und zumindest vorläufig, aber dennoch rechtsgenügend begründet (Art. 384 i.V.m. Art. 396 Abs. 1 StPO). Zudem darf sich die Staatsanwaltschaft nicht auf einen Antrag um aufschiebende Wirkung (Art. 387 StPO) beschränken. Vielmehr muss sie in der Regel ausdrücklich die Anordnung der Haft durch die Beschwerdeinstanz beantragen. Diesen nach Art. 388 lit. b StPO zulässigen Antrag hat die Verfahrensleitung der Beschwerdeinstanz superprovisorisch, d.h. ohne vorherige Anhörung der beschuldigten Person zu behandeln, wenn dies zum Schutz des Untersuchungszwecks notwendig ist. Spätestens anschliessend an eine solche vorsorgliche Haftanordnung muss der beschuldigten Person in jedem Fall das rechtliche Gehör gewährt werden (Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO; Art. 29 Abs. 2 BV). Nach dieser Gehörswahrung hat die Verfahrensleitung der Beschwerdeinstanz unverzüglich in Anwendung von Art. 388 lit. b StPO einen neuen vorsorglichen Entscheid über die Untersuchungshaft zu treffen, wenn die Haftsache vor der Beschwerdeinstanz noch nicht entscheidungsreif ist (BGE 137 IV 230 E. 2.2.1 S. 324). 2.2.2 Eine Regelung, wie sie Art. 231 Abs. 2 StPO für die Sicherheitshaft nach dem erstinstanzlichen Urteil vorsieht, besteht für die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft nach dem Freilassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts nicht. Eine analoge Anwendung von Gesetzesbestimmungen, die sich zuungunsten des Beschuldigten auswirken würde, wäre mit dem Legalitätsprinzip nicht vereinbar (vgl. GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, Die Straftat, 3. Auflage 2005, § 4 N. 33). Hinzu kommt, dass das Antragsrecht der Staatsanwaltschaft gemäss Art. 231 Abs. 2 StPO nach der Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts explizit auf das erstinstanzliche Verfahren beschränkt ist (BBl 2006 1235). Auch aus diesem Grund kann eine analoge Anwendung im Untersuchungsverfahren nicht in Frage kommen (BGE 137 IV 230 E. 2.2.2 S. 234). 2.2.3 Für den Fall, dass die Beschwerdeinstanz nach dem Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts wegen des Anspruchs des Beschuldigten auf unverzügliche Freilassung (Art. 226 Abs. 5 StPO) nicht rechtzeitig im Rahmen einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft über die vorläufige Weiterführung der Haft entscheiden kann, wird in der Literatur die Möglichkeit eines erneuten Haftbefehls bzw. Haftantrags der Staatsanwaltschaft im Sinne von Art. 224 Abs. 2 StPO erwähnt (vgl. Markus Hug, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, Kommentar StPO, 2010, N. 9 zu Art. 222). Ähnlich, wie dies in Art. 231 Abs. 2 StPO für die Sicherheitshaft nach dem erstinstanzlichen Urteil ausdrücklich vorgesehen ist, würde dieses Vorgehen ermöglichen, dass der Freiheitsentzug im Zeitpunkt der Anrufung der Rechtsmittelinstanz fortdauert und damit der Zweck der Strafuntersuchung nicht beeinträchtigt wird. Ob ein solches Vorgehen angesichts des schweren Eingriffs in die persönliche Freiheit rechtlich zulässig ist, hat das Bundesgericht in BGE 1B_232/2011 vom 12. Juli 2011 E. 2.2.4 offengelassen. 2.3 In der vorliegenden Angelegenheit stellte das Zwangsmassnahmengericht seinen Entscheid der Staatsanwaltschaft per Fax am 28. April 2011 um 15.22 Uhr zu. Die Entlassung des Beschuldigten erfolgte am gleichen Tag um 17.30 Uhr. Ebenfalls am 28. April 2011 erhob die Staatsanwaltschaft beim Kantonsgericht (vorab per Fax) Beschwerde gegen den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts. Sie beantragte neben einer Haftverlängerung um zwei Monate die Erteilung der aufschiebenden Wirkung im Sinne von Art. 387 StPO. In ihrer summarischen Beschwerdebegründung führte die Staatsanwaltschaft aus, damit die Beschwerdeführung überhaupt einen Sinn habe, müsse es möglich sein, dass die Beschwerdeinstanz die aufschiebende Wirkung erteile, andernfalls könne das Strafverfahren bei Vorliegen eines besonderen Haftgrunds behindert oder sogar verunmöglicht werden. 2.4 Dieser Auffassung ist grundsätzlich zuzustimmen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_258/2011 vom 24. Mai 2011 E. 2.3). Das Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft kann nur dann wirksam ausgeübt werden, wenn der Beschuldigte zumindest zu Beginn des Beschwerdeverfahrens noch in Haft ist und die Beschwerdeinstanz in die Lage versetzt wird, über dessen Freilassung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Das Gesuch um aufschiebende Wirkung war unter den vorliegenden Umständen jedoch nicht geeignet, die Entlassung des Beschuldigten aus der Untersuchungshaft zu verhindern. Die Behandlung eines solchen Gesuchs setzt zumindest den Beizug und die Prüfung der Verfahrensakten durch die Beschwerdeinstanz voraus. Dazu reichte die zur Verfügung stehende kurze Zeit zwischen Einreichung der Beschwerde und Entlassung des Angeschuldigten nicht aus. Insoweit geht der von der Staatsanwaltschaft erhobene Vorwurf der Rechtsverzögerung fehl. Zur Gewährleistung des Beschwerderechts der Staatsanwaltschaft erscheint es erforderlich, die Freilassung des Angeschuldigten aufzuschieben, bis die Beschwerdeinstanz über die Fortdauer der Haft während des Beschwerdeverfahrens im Sinne von Art. 388 lit. b StPO wenigstens superprovisorisch entscheiden kann. Vor dem Hintergrund des Anspruchs des Angeschuldigten auf unverzügliche Freilassung gemäss Art. 226 Abs. 5 StPO muss die Staatsanwaltschaft ihre Beschwerde bei der Beschwerdeinstanz unmittelbar nach Kenntnis des Haftentlassungsentscheids einreichen und die notwendigen und unaufschiebbaren verfahrensleitenden und vorsorglichen Massnahmen beantragen (Art. 388 StPO; s. E. 2.2.1 hiervor). Das Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft beinhaltet, dass die Untersuchungshaft nach dem Freilassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts bis zur sofortigen Beschwerdeerhebung durch die Staatsanwaltschaft bei der Beschwerdeinstanz fortbesteht. Nur auf diese Weise kann das in Art. 81 BGG i.V.m. Art. 111 BGG und Art. 222 StPO verankerte Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft wirksam ausgeübt werden. Nach dem Eingang der Beschwerde hat die zuständige Verfahrensleitung der Beschwerdeinstanz die erforderlichen Anordnungen im Sinne von Art. 388 StPO zu erlassen. Solche Anordnungen müssen aus Gründen der Dringlichkeit meist ohne Anhörung der betroffenen Person als superprovisorische Verfügung ergehen. Sie sind anschliessend nach Gewährung des rechtlichen Gehörs zu bestätigen oder zu ändern (vgl. E. 2.2.1 hiervor). 2.5 Eine von der Staatsanwaltschaft unmittelbar nach Kenntnis des Haftentlassungsentscheids, aber vor der tatsächlichen Entlassung des Beschuldigten eingereichte Beschwerde hat somit zur Folge, dass die Untersuchungshaft vorläufig weiterbesteht, bis die zuständige Verfahrensleitung der Beschwerdeinstanz (superprovisorisch) über weitere Massnahmen im Sinne von Art. 388 StPO entscheiden kann. Es handelt sich dabei in der Regel um eine Verlängerung der Haft um einige Stunden, was im Interesse der Erreichung des Untersuchungszwecks bei bestehenden Haftgründen und zur Gewährleistung eines wirksamen Beschwerderechts der Staatsanwaltschaft mit Art. 226 Abs. 5 StPO vereinbar erscheint. Da dieser Aufschub der Freilassung zur Gewährleistung des vom Gesetz vorausgesetzten wirksamen Beschwerderechts der Staatsanwaltschaft unabdingbar ist, steht ihm auch Art. 387 StPO nicht entgegen. In diesem Sinne ist die genannte aufschiebende Wirkung Teil des Beschwerderechts der Staatsanwaltschaft. Sie ist zeitlich eng begrenzt, bis die Verfahrensleitung der Beschwerdeinstanz in der Lage ist, über Massnahmen nach Art. 388 StPO zu entscheiden (vgl. BGE 137 IV 230 E. 2.3 S. 245). 3. Es ergibt sich, dass die Beschwerde im Sinne der Erwägungen gutzuheissen ist, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens ist es gerechtfertigt, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1-3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen. 3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 31. August 2011 Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Fonjallaz Der Gerichtsschreiber: Haag