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Nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini im Polizeigewahrsam sind im Iran wieder Menschen in mehreren Städten auf die Straßen gegangen. In einigen Universitäten des Landes gab es neue Proteste, wie örtliche Medien berichteten. Bei Demonstrationen im Kurdengebiet sollen mehrere Menschen festgenommen worden sein.In zwei Teheraner Universitäten demonstrierten Studierende und forderten "Aufklärung" über die Todesursache, wie die Nachrichtenagenturen Fars und Tasnim meldeten.Im Norden der Hauptstadt waren nach Angaben von Augenzeugen Polizei und Sicherheitskräfte mit einem massiven Aufgebot auf den Straßen. Im Volkspark Mellat kam es zu Menschenansammlungen, bei denen einige auch regimekritische Slogans gerufen haben sollen. Mehrere Frauen nahmen aus Solidarität mit Amini ihre Kopftücher ab. Die Proteste sollten auch am Abend fortgesetzt werden. Auch in Aminis Heimatprovinz Kurdistan gingen erneut etliche Menschen auf die Straße. Dabei kam es Medienberichten zufolge auch zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten. In der Stadt Diwandareh sollen unverifizierten Berichten zufolge auch Schüsse gefallen sein. Von offizieller Seite gab es zunächst keine Bestätigung. Die staatliche iranische Nachrichtenagentur Fars meldete, in Sanandaj, der Hauptstadt der Kurdenregion, hätten sich am Sonntag etwa 500 Demonstrierende versammelt. "Sie haben Slogans gegen die Verantwortlichen des Landes gerufen", berichtete Fars. Autoscheiben seien zerschlagen und Mülltonnen angezündet worden. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt, um die Menge auseinander zu treiben. Es habe mehrere Festnahmen gegeben. "Zahlreiche Demonstranten sind überzeugt, dass Mahsa infolge von Folter gestorben ist", schrieb Fars. An mehreren Orten riefen die Teilnehmer der Proteste: "Wir fürchten uns nicht, wir sind alle zusammen" - eine Parole, die vor allem während der Demonstrationen nach der umstrittenen Präsidentenwahl 2009 laut geworden war. Im In- und Ausland lebende Filmschaffende, Künstler, Sportler sowie Politiker und religiöse Vertreter äußerten in Online-Medien ihre Empörung über den Todesfall.  Der Fall hatte auch international große Anteilnahme und Bestürzung ausgelöst. Im Internet trauerten viele Iraner um die junge Frau, die am Dienstag während eines Familienbesuchs in Teheran von der Sitten- und Religionspolizei wegen ihres "unislamischen" Outfits festgenommen und auf eine Polizeiwache gebracht worden war. Nach Polizeiangaben war sie dort wegen Herzversagens zunächst in Ohnmacht und danach ins Koma gefallen. Am Freitag wurde ihr Tod bestätigt. Im Netz kursierte jedoch auch eine andere Version. Amini sei verhaftet worden, weil ihr Kopftuch nicht richtig gesessen hätten und ein paar Haarsträhnen zu sehen gewesen wären. Nach der Verhaftung sei ihr Kopf im Polizeiauto gegen die Scheibe geschlagen worden, was zu einer Hirnblutung geführt habe. Die Polizei wies diese Darstellung vehement zurück. Die Klinik, in der die 22-Jährige behandelt worden war, hatte nach ihrem Tod in einem inzwischen gelöschten Post bei Instagram geschrieben, dass Amini bereits bei der Aufnahme am Dienstag hirntot gewesen sei. Die Polizei wies erneut jegliche Schuld am Tod der jungen Frau zurück. Die Unterstellungen seien "grundlos", sagte der Polizeichef der Hauptstadt, Hussein Rahimi, nach Angaben der Nachrichtenagentur Mehr. Die Polizei sei stets bemüht, dass solche Fälle nicht vorkommen, sagte Rahimi. "Es ist gesetzlich nun mal unsere Aufgabe, Frauen an die Kleidervorschriften zu erinnern", so der Polizeichef. "Was sie zu Hause tragen ist ihre Sache, aber nicht in der Öffentlichkeit." Der Frau hätten sie jedoch kein Haar gekrümmt, versicherte Rahimi. Die Polizei und auch die Regierung von Präsident Ebrahim Raisi sind seit dem Tod Aminis und der landesweiten Kritik in Erklärungsnot. Die Polizei versuchte mit mehreren nicht verifizierbaren Videoaufnahmen ihre Unschuld zu beweisen. Die konservative Zeitung "Keyhan", die als Stimme der Hardliner gilt, und andere Politiker der Regierung stützten die Version. Sie werfen den Kritikern vor, Unruhe gegen die islamische Republik stiften und Lügen verbreiten zu wollen. Gleichzeitig ordnete Raisi an, den Fall gründlich zu durchleuchten. Der Vater des Opfers, Amjad Amini, machte deutlich, dass er die Erklärungen der Polizei nicht akzeptiere. Er kritisierte auch, dass die Rettungskräfte seiner Tochter zu spät zu Hilfe gekommen seien. Er wies auch Angaben der Regierung zurück, dass seine Tochter schon Vorerkrankungen gehabt habe. Seine Tochter sei "kerngesund" gewesen, sagte er. Prominente Iranerinnen schlossen sich aus Solidarität dem Protest im Internet an, indem sie etwa ihre Haare abschnitten oder Bilder ohne Kopftuch veröffentlichten. Unter ihnen waren etwa die bekannten Schauspielerinnen Anahita Hemmati und Schabnam Farschaddschu. Seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 gelten im Iran strenge Kleidungsvorschriften. Insbesondere in den Metropolen und reicheren Vierteln sehen viele Frauen die Regeln inzwischen eher locker - zum Ärger erzkonservativer Politiker. Die Regierung unter Präsident Raisi und Hardliner im Parlament versuchen seit Monaten, die islamischen Gesetze strenger umzusetzen. Die Sittenpolizei setzt die Kleidungsvorschriften teils auch mit Gewalt durch.
1asien
Für Anleger war die jahrelange Niedrigzinspolitik der EZB ein Drama. Die Bundesfinanzminister aber konnten sich freuen: Trotz steigender Schuldenberge sank die Zinslast im Bundeshaushalt deutlich - von bis zu 40 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf gerade mal vier Milliarden im vergangenen Jahr. Doch mit der Zinswende kehrt sich der Trend um: Finanzminister Christian Lindner rechnet in diesem Jahr mit Ausgaben von 16 Milliarden für die Kreditfinanzierung des Bundes, 2023 sogar mit 30 Milliarden. Der FDP-Minister spricht davon, dass sich "eine Steilwand vor dem Bundeshaushalt aufbaut".Manch politischer Beobachter meinte schon, Lindner übertreibe, um Ausgabenwünsche anderer Ministerien abzuwehren. Doch längst zeigt sich, dass die Zinswende tatsächlich massive Auswirkungen auf den Haushalt hat.Bei den Kosten für den Bund spielen im Prinzip drei Faktoren eine Rolle: zum einen die jährlichen Zinszahlungen für Bundesanleihen oder andere Bundeswertpapiere. Es handelt sich um einen recht stabilen Posten, wie Tammo Diemer erläutert, der Geschäftsführer der Deutschen Finanzagentur - sie ist verantwortlich für das Schuldenmanagement des Bundes. 2021 waren für diesen Teil rund 13 Milliarden Euro fällig, und hier ändert sich vorerst auch nicht viel. Anders sieht es schon beim zweiten Posten aus: Der Bund hat Anleihen ausgegeben, deren Verzinsung sich an der Höhe der Inflation orientiert. Angesichts einer Inflationsrate von aktuell 7,6 Prozent kommen auf den Bund gerade deutliche Mehrausgaben zu. Die Zahlungen werden zwar erst am Ende der Laufzeit der entsprechenden Anleihen fällig, der Bund muss aber jedes Jahr dafür Geld zur Seite legen. Während für die inflationsindexierten Anleihen im vergangenen Jahr eine Milliarde Euro veranschlagt war, dürften dafür im kommenden Jahr 7,6 Milliarden fällig werden.Dann aber gibt es noch einen dritten Posten - und bei diesem macht sich die Zinswende am stärksten bemerkbar. Darauf weist Peter Barkow hin, Gründer des gleichnamigen Analyse- und Datenhauses für den Finanzbereich: Seit Beginn der Niedrigzinsphase konnte der Bund nämlich nicht nur von den niedrigen Zinsen profitieren, sondern auch von einmaligen Gewinnen bei der Ausgabe neuer Bundesanleihen. Da diese Wertpapiere bis vor Kurzem noch negative Renditen aufwiesen, bekam der Bund mehr Geld von den Anlegern, als er am Laufzeitende zurückzahlen musste. Fachleute sprechen hier von einem Agio-Effekt. "Nach unseren Berechnungen sind in den letzten zehn Jahren 46 Milliarden Euro gebucht worden", sagt Barkow. Als Kaufmann würde man diese Sondererträge über die Laufzeit der Anleihen verteilen. Das aber ist in der Buchführung des Bundes, der sogenannten Kameralistik, nicht vorgesehen. So konnten mit diesen Sonder-Einnahmen Haushaltslücken der vergangenen Jahre ausgeglichen werden. Doch damit ist es vorbei. Denn diese Zusatzeinnahmen - allein 2021 waren es 13 Milliarden Euro - fielen nur an, solange die Renditen negativ waren. "Mit dem positiven Renditeumfeld kehrt sich der Effekt um", sagt Diemer von der Deutschen Finanzagentur. Aktuell zahlt der Finanzminister bei der Ausgabe neuer Anleihen nämlich drauf; insbesondere dann, wenn der Bund Anleihen aus früheren Jahren aufstockt, die mit einem Null-Zins-Kupon ausgestattet sind - die also weiter keine Zinsen bringen. Anleger kaufen diese Titel angesichts der Rendite, die andere Wertpapiere am Markt bringen, aber nur zu einem Abschlag. Für den Bund ist das gerade ein Minusgeschäft, wie Diemer einräumt. Doch es sei wichtig, auch ältere Anleihen aufzustocken, um Bundespapiere auf Dauer für Investoren attraktiv zu halten - und dabei spielt eine große Rolle, "dass die ausstehenden Anleihen exzellent handelbar sind und bleiben."Dabei ist Attraktivität nur ein anderes Wort für günstige Konditionen. Denn je stärker die Nachfrage nach Bundespapieren ist, desto geringer sind wiederum die Finanzierungskosten für den Bund. Trotz Zinswende liegt die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen mit knapp 1,3 Prozent weiterhin deutlich niedriger als die Rendite vergleichbarer Anleihen aus anderen Ländern. Und damit kann auch Lindner in seinem Haushalt mit geringeren Finanzierungskosten rechnen als die meisten seiner Amtskollegen.
3innenpolitik
In diesen trockenen Tagen einen Termin mit Martin Beinlich zu bekommen, ist nicht leicht. Der Geschäftsführer ist viel unterwegs. Das Familienunternehmen in der dritten Generation hat sich auf Beregnungstechnik für die Landwirtschaft spezialisiert. "Unser Umsatz hat sich zuletzt mehr als verdoppelt", erzählt Beinlich. Grund sei die immer extremere Trockenheit - in Deutschland und auch in anderen Teilen der Welt. "Wir legen Wert auf langfristige Kundenbindung. Tradition ist uns wichtig, aber auch wir müssen uns verändern." Das gilt auch für den Personalbereich.  Für das mittelständische Unternehmen im rheinland-pfälzischen Ulmen wird es immer schwieriger, geeignete Arbeitskräfte zu finden. "Wir haben viele Jahre Glück mit unseren Leuten gehabt. Ob ich aber jetzt noch zusätzliche Arbeitskräfte kriegen könnte, das bezweifele ich. Die Personalgewinnung ist inzwischen die größte Herausforderung", sagt Beinlich.   Konkret plant Beinlich deshalb die Anschaffung von Schweißrobotern. Der Grund: Einige Schweißer verlassen in den nächsten Jahren die Firma. Sie gehen in den Ruhestand. "Die Automation ist für standardisierte und wiederkehrende Arbeitsabläufe vorgesehen. Kein Kollege wird durch einen Computer ersetzt. Es wird eine Mischlösung geben. Fachkräfte sind weiter nötig, um die Abläufe und Qualität zu gewährleisten", erklärt Beinlich. Damit folge seine Firma auch dem Trend auf den Arbeitsmärkten - in Deutschland und weltweit.  In Kaiserslautern hört Martin Ruskowski die Pläne von Beinlich und nickt. "Ich komme selber aus der Industrie und kenne mich mit Schweißrobotern gut aus. Immer mehr Firmen stellen nach und nach um." Heute arbeitet Ruskowski am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern. Er ist Vorstandsvorsitzender der Technologie-Initiative SmartFactory-KL. In dieser "schlauen Werkstatt" entwickelt künstliche Intelligenz (KI) zusammen mit anderen Wissenschaftlern und Firmen Programme zur Robotik und Automatisierung.   Der zunehmende Arbeitskräftemangel überrascht Ruskowski überhaupt nicht, sondern etwas ganz anderes. "Der demografischen Wandel ist seit Jahrzehnten absehbar. Hier müsste von allen Seiten noch viel mehr getan werden", meint er. "Denn es ist klar, dass die Automatisierung nur einen Teil des Verlustes von Arbeitskräften kompensieren kann. Dafür wird der Mangel von Menschen am Markt zu groß."   Die Wirtschaft sei hier schon deutlich weiter als die Politik: "Die Nachfrage von Unternehmen nach Automatisierung hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich und stark zugenommen. Selbst den Kleinunternehmern geht es dabei aber nicht darum, Angestellte und damit Geld zu sparen, sondern überhaupt weiter produzieren zu können."   Lange galten aber vor allem in Deutschland Roboter und Künstliche Intelligenz als Gefahr für Arbeitsplätze. Ruskowsi hält dagegen: "Durch Automatisierung sind stets zusätzliche Jobs geschaffen worden. Maschinen haben den Menschen nicht ersetzt, sondern unterstützt. Es wurden ganze Industriezweige mit vielen Mitarbeitern und eine enorme Wertschöpfung geschaffen." Bei geringer werdenden Mitarbeiterzahlen könne durch Automation die Produktivität des Unternehmens aufrechterhalten und sogar gesteigert werden. "Schauen Sie auf die technische Entwicklung und die demografische Entwicklung in vielen Industrienationen. Nur die Volkswirtschaften, die die Digitalisierung und Automatisierung schnell umsetzen, werden am Markt überleben."  "Was wir am Arbeitsmarkt beobachten, ist kein Ausnahmezustand. In diesem Jahrzehnt beginnt die Erwerbsbevölkerung in Deutschland zu schrumpfen. Der Mangel ist der neue Standard", analysiert Wirtschaftsexperte Daniel Stelter. Für den Strategieberater ist die Automatisierung am Arbeitsmarkt eine Möglichkeit. Er sieht aber noch zusätzliche Potenziale: "Wir könnten die Erwerbsquote steigern - etwa Menschen zu motivieren, länger als bis 63 Jahre zu arbeiten, statt den vorzeitigen Ruhestand noch finanziell zu fördern. Wir könnten auch Anreize schaffen, Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit zu holen." Auch die hohe Steuer- und Abgabenlast mache Arbeit für viele unattraktiv. Allerdings gebe es in der Politik keine Bereitschaft, diese Möglichkeiten zu nutzen.  Auch deshalb sei eine schnelle Digitalisierung für den Standort Deutschland zwingend. "Die Produktivitätszuwächse haben zuletzt nicht nur hierzulande, sondern weltweit abgenommen. Auch andere Länder haben ähnliche demografische Probleme. Sie werden versuchen, ihre Wettbewerbsfähigkeit über Automatisierung zu sichern." Deutschland müsse mitziehen - "Ansonsten ist unser Sozialstaat mit all seinen Versprechungen künftig nicht im Ansatz zu finanzieren."  Aber wo stehen deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich? "In Japan etwa gibt es Roboter in vielen unterschiedlichen Branchen. Deutschland hat zwar formal eine hohe Zahl, aber vor allem in der Automobilindustrie. Insgesamt besteht in vielen Branchen ein großer Nachholbedarf", so Stelter. Er bemängelt, dass etwa das Augsburger Hochtechnologie-Unternehmen KUKA an China verkauft worden ist. "Damit geht auch viel Spezialwissen verloren, was wir langfristig schmerzlich bei den Fachkräften spüren werden." In Ulmen will Unternehmer Beinlich eine neue Produktionshalle für die Automation bauen. "Die Entwicklung hin zu den Schweißrobotern ist zwangsläufig, aber der Königsweg ist das nicht. Fallen die Maschinen wegen einer Störung aus, liegen ganze Produktionsabläufe lahm. Auch hier brauche ich für Wartung und Reparatur Fachkräfte, von denen es nur wenig gibt." Deshalb will der Geschäftsführer künftig auch verstärkt in sein Personal investieren - denn Computer seien für die Kollegen nur eine Ergänzung, aber kein Ersatz.    
5unternehmen
Ein möglicher Taiwan-Besuch Nancy Pelosis im August verärgert die chinesische Staats- und Parteiführung. Die Volksrepublik droht mit Vergeltungsmaßnahmen, sollte die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses auf die autonom regierte Insel reisen. Der Sprecher der chinesischen Staats- und Parteiführung, Wang Wenbin, fand klare Worte: Wenn Pelosi Taiwan besuche, dann verletze dies das Ein-China-Prinzip und füge den Beziehungen zwischen China und den USA großen Schaden zu. Sollten die USA darauf bestehen, werde China starke Gegenmaßnahmen ergreifen, sagte Wang. Was er konkret damit meinte, sagte er nicht. Auch die chinesischen Staatsmedien warnen vor dem Besuch. Hu Xijin, ehemaliger Chefredakteur des Propagandablatts "Global Times" schrieb auf dem in China gesperrten Dienst Twitter, die chinesische Luftwaffe werde auf einen Besuch der US-Demokratin reagieren. Es wird spekuliert, dass das chinesische Militär eine Landung Pelosis auf der Insel verhindern könnte. Eine solche Konfrontation wäre eine massive Eskalation der ohnehin angespannten Beziehungen zwischen China und den USA.Die kommunistische Staatsführung betrachtet Taiwan als eigenen Landesteil und droht regelmäßig mit einem Einmarsch, sollte es nicht zu einer friedlichen Vereinigung kommen. Die Insel mit ihren rund 23 Millionen Einwohnern war nie Teil der Volksrepublik und wird demokratisch regiert - im Gegensatz zur Volksrepublik.Die meisten Länder erkennen nur die Volksrepublik als souveränen Staat an, darunter auch Deutschland und die USA. Dennoch unterstützt die US-Regierung Taiwan politisch und militärisch, was von der Staats- und Parteiführung in Peking als Provokation angesehen wird.
1asien
Am Mittwoch (17.08.2022) holte das Duo aus Dresden und Berlin damit die erste Medaille für die deutschen Wasserspringer und wiederholte seinen Gold-Coup der EM 2018.Für seine fünf Sprünge bekam das Duo Punzel/Massenber 294,69 Zähler. Damit verwies es Grace Reid/James Heatly aus Großbritannien (290,76) und die WM-Zweiten Chiara Pellacani/Matteo Santoro (283,56) auf die Medaillenränge."Es ist besser gelaufen als gedacht. Ich hatte die Italiener noch mehr auf der Rechnung", sagte Punzel. Das Ziel sei gewesen, die Trainingsleistungen abzurufen. "Dass wir nach 2018 nun wieder ganz oben stehen dürfen, ist eine unglaubliche Bestätigung für die Arbeit der letzten Jahre", sagte die Dresdnerin. Massenberg ergänzte: "Ich habe vor dem letzten Sprung gezittert. Aber als ich das Wasser berührt habe, wusste ich, das war gut und reicht für eine Medaille."Für die zweite Wassersprung-Medaille des Tages sorgte Christina Wassen. Im Wettbewerb vom Turm kam die Berlinerin auf 314,10 Punkte und wurde damit Dritte. Gold ging an die Britin Andrea Spendolini Sirieix mit 333,60 Zählern vor der Ukrainerin Sofija Lyskun (329,80). Die zweite deutsche Starterin, Pauline Pfeif, belegte Rang vier.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Ab Anfang 2023 müssen Firmenkunden der Deutsche -Post-Tochter DHL Paket deutlich mehr für den Versand von Paketen zahlen. Wie das Unternehmen ankündigte, steigen die Basispreise deutlich. Zudem führt DHL Paket zwei neue Zuschläge ein.So soll es zum einen ab dem 1. Januar 2023 einen variablen Energiezuschlag geben, der sich an der Preisentwicklung von Diesel, Gas und Strom orientiert. Der "indexierte Energiezuschlag" auf den Basispreis verschiedener Produkte werde zur Absicherung gegen Schwankungen der Energiekosten eingeführt, hieß es als Begründung. Die Höhe des Zuschlags werde monatlich ermittelt.Zum anderen erhebt DHL Paket in den Monaten November und Dezember ab dem kommenden Jahr einen sogenannten "Peakzuschlag" in Höhe von 19 Cent pro Sendung. In den beiden letzten Monaten des Jahres ist das Paketaufkommen aufgrund der Weihnachtszeit besonders hoch. Diesen neuen Zuschlag begründete das Unternehmen mit notwendigen Investitionen in die eigene Infrastruktur, mit dem hohen Personalaufwand und höherer Einkaufspreisen rund um Weihnachten.Details zur Erhöhung des Basispreises bei DHL Paket nannte der Konzern aber nicht. Die Preise für Firmenkunden werden individuell ausgehandelt. Ein weiterer Bestandteil der angekündigten Preiserhöhungen ist den Angaben zufolge die Anpassung des Maut- und CO2-Zuschlags, der sich um 0,01 Euro pro Sendung erhöht. "Wir alle nehmen die sich verändernden Kosten wahr. Daher werden wir aufgrund der volatilen und stark extern getriebenen Marktentwicklung sowie notwendiger Investitionen in unser Netzwerk neue Zuschläge einführen“, erklärte Ole Nordhoff, Marketingchef bei Post & Paket Deutschland der Deutsche Post DHL Group.Für Privatkunden sollen sich die Preise für den DHL-Paketversand nicht ändern, teilte das Unternehmen mit. Die angekündigten Preiserhöhungen betreffen demnach ausschließlich Geschäftskunden. Auch das nationale und internationale Express-Geschäft der Tochter DHL sind den Angaben zufolge von dem Erhöhungspaket nicht betroffen. Auch wenn die Preiserhöhungen nicht unmittelbar für Privatkunden gelten, könnten die Unternehmen ihre steigenden Kosten in Form höherer Versandkosten letztlich an die Endkunden weitergeben. Die Preise für Privatkunden hatte der Konzern zudem bereits im Vorfeld angehoben. Seit Juli werden beispielsweise für die Beförderung eines Pakets von bis zu zwei Kilogramm 50 Cent mehr fällig als davor.
5unternehmen
Was wir aber sehen, ist eine Zunahme der Intensität. In die Zwölf-Meilenzone Taiwans vorzudringen, das ist neu. Auch der Einsatz scharfer Munition und die Betonung der Präzision, mit der die Raketen ihre Ziele trafen, sollen zeigen, dass hier ein neues Bedrohungsszenario aufgebaut wird.Denn dabei würden ja sehr viele Bereiche, die Peking eigentlich gerne haben möchte, verloren gehen. Wirtschaftliche Kapazitäten, vor allem die IT- und Telekommunikationsindustrie, würden verloren gehen. Genauso betroffen wäre die Halbleiterindustrie. Deshalb würde ich sagen: Die materielle Überlegenheit ist mit Sicherheit vorhanden. Ob die militärischen Möglichkeiten für eine dauerhafte Eroberung ausreichen, sehe ich eher kritisch. Dazu kommt, dass die Bevölkerung in Taiwan sich sehr eindeutig nicht "befreien" lassen will. Das militärische Potenzial Taiwans ist also viel geringer als das der chinesischen Armee. Allerdings hat Taiwan sehr starke Unterstützung, vor allem seitens der USA. Es gibt auch enge Kontakte zu anderen Partnern in der Region. So hat etwa Japan erst im vergangenen Jahr erklärt, dass es einen Angriff auf Taiwan als einen Angriff auf ihre eigene Staatshoheit gleichkäme.
1asien
Die anhaltende Trockenheit und das daraus resultierende Niedrigwasser haben die Kapazitätsengpässe der deutschen Binnenschifffahrt verschärft. Durch hohe Temperaturen und ausbleibenden Regen sind die Pegelstände von Donau, Rhein und anderen Flüssen in Deutschland massiv gesunken. "Wir dürfen nur noch etwa 50 Prozent der Menge transportieren, die wir transportieren könnten", sagte der Vorstand der Deutschen Transport-Genossenschaft Binnenschifffahrt, Roberto Spranzi, der Nachrichtenagentur dpa in Duisburg. Durch die geringere Ladungsmenge sind die Schiffe weniger schwer und nicht so tief im Wasser.Experten wie Jens Schwanen, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB), sprechen von einer "Kleinwassersituation". Kleinwasser bedeutet für die Schifffahrt, dass die Ladung auf mehr Schiffe verteilt werden muss. Doch die sind kaum zu bekommen. Die Kapazitätsengpässe kommen für die deutsche Wirtschaft zur Unzeit, denn die Nachfrage ist hoch: Schließlich werden derzeit in ganz Deutschland Kohlekraftwerke wieder hochgefahren, um in Zeiten knapper Gasvorräte Strom aus Kohle zu erzeugen. Die Binnenschifffahrt spielt dabei eine wichtige Rolle für den Transport der Kohle. Doch Kohle zählt ebenso wie Chemikalien und Kies zu den schweren Frachtgütern, welche die Schiffe besonders stark in die Tiefe drücken. Hinzu kommt: Ein Teil der Binnenschiffe, die üblicherweise auf deutschen Flüssen fahren, ist derzeit in Europa in den Transport von ukrainischem Getreide eingebunden. Getreidetransporte aus der Ukraine in Richtung Europäische Union sind etwa über die Donau möglich. "Das hat die Frachtkapazitäten hierzulande spürbar verknappt", sagt Spranzi, dessen Genossenschaft mehr als 100 Schiffe hat. Der ebenfalls in Duisburg ansässige Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) spricht von einer "enorm hohen Nachfrage nach Schiffsraum", etwa für Kohle, Container und Getreide. Wenn Binnenschiffer weniger Frachtgut laden dürfen als sie können, werden sie in der Regel nicht wesentlich schlechter bezahlt. "Die geringere Abladung wird kompensiert durch den sogenannten Kleinwasserzuschlag", erklärt Branchenvertreter Spranzi. Dieser Zuschlag werde bei gewissen Pegelständen fällig - "und das kompensiert zu großen Teilen den Verlust", sagt er. "Für die Firmenkunden heißt das: Sie bekommen weniger Ware und die ist teurer."
5unternehmen
Die Zahl der Todesopfer durch den Hurrikan "Fiona" in der Karibik ist auf mindestens fünf gestiegen. Ein Mensch starb im französischen Überseegebiet Guadeloupe, zwei in Puerto Rico und zwei in der Dominikanischen Republik.Das US-Hurrikan-Zentrum (NHC) hat den Sturm um eine Stufe angehoben: "Fiona" gilt nun als Hurrikan der Stufe vier von fünf möglichen Kategorien - mit Geschwindigkeiten von bis zu 210 km/h. Gestern Abend zog der Hurrikan noch mit einer Stufe weniger, mit Stufe drei, über die Turks- und Caicosinseln und brachte heftigen Regen."Fiona" habe sich als "unberechenbarer Sturm" erwiesen, sagte der stellvertretende Gouverneur der Turks- und Caicosinseln. Dort kam es zu Stromausfällen und 165 Menschen mussten in Notunterkünfte gebracht werden.In der Dominikanischen Republik wurden mehr als 10.000 Menschen in "sichere Gegenden" gebracht. 400.000 hatten keinen Strom. Aufnahmen örtlicher Medien zeigten Bewohner der Stadt Higuey, die bis zur Hüfte in Wasser standen und versuchten, ihren Besitz zu retten.Puerto Ricos Gouverneur Pedro Pierluisi sagte, "Fiona" habe katastrophale Schäden auf der Insel angerichtet. Der Hurrikan habe Erdrutsche verursacht, Straßen blockiert, Bäume entwurzelt, Stromleitungen und Brücken zerstört. 80 Prozent der Menschen in Puerto Rico hätten weiterhin keinen Strom, sagte Michelle Carlo von der Hilfsorganisation Direct Relief dem US-Fernsehsender CBS.Bis heute haben sich Teile des Gebietes nicht von dem verheerenden Hurrikan "Maria" vor fünf Jahren erholt. Tausende Menschen waren dabei gestorben. "Maria" zerstörte das Stromnetz der Insel komplett. Mehrere Versuche, das Problem durch Privatisierung in den Griff zu bekommen, schlugen fehl. Erst im April fiel die Stromversorgung für mehr als eine Million Menschen erneut aus.
0amerika
In Kalifornien dauert der Kampf gegen einen Waldbrand im Yosemite-Nationalpark an. Mehr als 500 Feuerwehrleute und Helfer waren am Montag in dem beliebten Ausflugsgebiet im Einsatz, wie die zuständige Parkbehörde mitteilte. Der vorige Woche ausgebrochene Brand bedroht die Mariposa Grove mit ihren bekannten Riesenmammutbäumen. Das sogenannte "Washburn"-Feuer war am Montag erst zu 25 Prozent unter Kontrolle. Die Flammen hatten sich schnell über eine Fläche von knapp 1000 Hektar Land ausgebreitet. Die Mariposa Grove wurde für Besucher geschlossen. Zum Ausbruch des Brandes wurde eine Untersuchung eingeleitet. Die Feuerwehren in den USA befürchten für 2022 besonders heftige Waldbrände. "Ich sage ein paar sehr harte vier, fünf, sechs Monate voraus", sagte auch der Feuerwehrchef des kalifornischen Bezirks Orange County, Brian Fennessy. Die Einsatzteams würden für die berühmten Mammutbäume besondere Schutzmaßnahmen ergreifen, teilte die Parkbehörde mit. Mithilfe von Sprinkleranlagen am Boden werde das Umfeld der Bäume feucht gehalten. Zudem werde trockenes Unterholz entfernt, das sich sonst leicht entzünden könnte. Das Waldgebiet der Sierra Nevada am Südrand des Yosemite-Parks ist für seine über 60 Meter hohen und mehr als 2000 Jahre alten Mammutbäume bekannt. Die Mariposa Grove wurde schon 1864 als besonderes Naturschutzgebiet ausgewiesen. Die Riesenmammutbäume, auch Sequoias genannt, sind die raumgreifendsten Bäume der Welt. Ihre Verwandten, die kalifornischen Redwood-Mammutbäume, können mit mehr als 100 Metern zwar noch höher wachsen, haben aber nicht so einen großen Durchmesser wie die Riesenmammutbäume. Während ihrer tausende Jahre dauernden Lebenszeit erleben Mammutbäume immer wieder Waldbrände. Die Hitze des Feuers trägt dazu bei, dass sich ihre Zapfen öffnen und sich die Samen verteilen können. Längere, heißere und aggressivere Feuer, die durch die Erderwärmung häufiger werden, können die Bäume aber irreparabel beschädigen. 2020 starben bei einem riesigen Brand etwa 10.000 Mammutbäume. Das waren bis zu 14 Prozent des weltweiten Bestands.
0amerika
10.000-Meter-Europameisterin Yasemin Can aus der Türkei (14:56,91) und Vize-Europameisterin Eilish McColgan aus Großbritannien (14:59,34) liefen zu Silber und Bronze. Es war die erste Medaille in der Geschichte der Leichtathletik-Europameisterschaften über diese Distanz für eine deutsche Läuferin.Klosterhalfen, WM-Dritte 2019 über die 5.000 Meter, hatte sich im Juni mit dem Coronavirus infiziert. Geschwächt von der Erkrankung war die deutsche Rekordhalterin bei der WM in Eugene im Vorlauf ausgeschieden. Bei den European Championships in München hatte sie als Vierte über 10.000 Meter eine Medaille noch knapp verpasst. Dabei war sie nur nur dreieinhalb Sekunden über ihrem deutschen Rekord geblieben.Der 5.000-Meter-Start stand anschließend sogar auf der Kippe. "Wir haben ernsthaft überlegt, ob ich überhaupt laufe", sagte Klosterhalfen. Über die 10.000 Meter wirkte sie entkärftet. Umso überwältigter war sie nach ihrem Sensations-Coup: "Das ist der schönste Moment in meinem Leben."Quelle: sportschau.de
4sportschau
Experten haben sich als Ausgleich für die enorm gestiegenen Energiepreise für einen staatlichen Heizkostenzuschuss ausgesprochen. Ein solcher Zuschuss könne die hohen Kosten für die Verbraucher sinnvoll abfedern, heißt es in einer Studie der Beratungsgesellschaft Econ des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Untersuchung hat mit Blick auf das angekündigte Entlastungspaket der Bundesregierung mehrere mögliche Maßnahmen auf ihre sozialen und ökologischen Auswirkungen hin geprüft. Noch immer ist unklar, wie das inzwischen dritte Maßnahmenbündel der Bundesregierung zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger genau aussehen soll.Die Fachleute von DIW Econ plädieren für einen Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger und ein 29-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr. Bei Pauschalzahlungen wie einem Heizkostenzuschuss bleibe der Anreiz bestehen, den eigenen Energieverbrauch zu reduzieren, heißt es in der Untersuchung. Ein Monatsticket für Busse und Bahnen zum Preis von 29 Euro bedeute für viele Menschen ebenfalls eine finanzielle Entlastung und könne Autofahrer zum Umstieg auf den klimafreundlichen öffentlichen Nahverkehr bewegen. Darüber hinaus wird in der Studie vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer auf pflanzliche Lebensmittel abzusenken und die steuerliche Belastung von umweltschädlichen Nahrungsmitteln wie Fleisch zu erhöhen.Von einem so genannten Gaspreisdeckel, also einen durch den Staat vorgegebenen maximalen Erdgaspreis für den Grundbedarf, rät die Untersuchung von DIW Econ im Auftrag der Klima-Allianz, eines Bündnisses von Sozial- und Klimaschutz-Verbänden, dagegen ab. Dieser liefere keinen Anreiz zum Energiesparen. Steigende Gaspreise könnten zudem die staatlichen Kosten für diese Maßnahme exponentiell in die Höhe treiben.Die Spitzen von SPD, FDP und Grünen werden wahrscheinlich am Wochenende versuchen, in einer Sitzung des Koalitionsausschusses eine Entscheidung herbeizuführen. Kanzler Olaf Scholz sagte am Mittwoch, Ziel sei "ein sehr präzises, ein sehr maßgeschneidertes Entlastungspaket".
6verbraucher
Die Rutschpartie an den Finanzmärkten erfasst derzeit praktisch alle Anlageformen: Aktien, Gold, Kryptowährungen - und immer stärker auch den Euro. Gestern sank der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung auf unter 1,03 Dollar; heute lag er zeitweise nochmal ein Prozent niedriger. Die Parität zum Dollar rückt immer näher. Wird der Euro gerade zu einer sogenannten Weichwährung - zu einem Zahlungsmittel also, das von hoher Inflation betroffen ist und immer mehr an Wert verliert? Dass Euro und Dollar also fast gleichauf liegen, hat es jedenfalls seit rund zwanzig Jahren nicht gegeben. Hauptgrund für die Euro-Schwäche sei eindeutig das Risiko einer Gaskrise. "Wenn in Europa das Gas ausgeht, dann wäre das schlecht für die europäische Konjunktur. Das allein ist schon negativ für den Euro", erklärt Devisenexperte Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank. "Und es wäre auch gleichzeitig inflationär, wir hätten noch deutlichere Preissteigerungen. Auch das belastet den Euro."Ein schwacher Euro: Das ist für hier ansässige Unternehmen mit starkem USA-Geschäft in der Regel jedoch eine gute Nachricht. Deutsche Autobauer können ihre Produkte so günstiger an amerikanische Kunden verkaufen. Denn die müssen für ein Produkt in Euro jetzt weniger Geld hinlegen - und kaufen mehr. Anders sehe es für die Verbraucher in der EU aus, erläutert Robert Halver von der Baader Bank - gerade jetzt in Zeiten von hohen Energiepreisen: "Wenn der Euro schwach ist, werden die Rohstoffe, die auf US-Dollar lauten, noch teurer. Die Unternehmen müssen noch teurere Produkte einführen und versuchen natürlich, diese Preise weiterzugeben, was der Inflation natürlich nochmal einen Schub gibt.“ Halver rechnet durch den schwachen Euro mit einem Wohlstandsverlust in Deutschland auf zwei Ebenen: für die Verbraucher durch steigende Preise und für die Unternehmen, weil sie nicht mehr so profitabel wirtschaften können. Außerdem sei ein schwacher Euro auch kein gutes Zeugnis für die europäische Wirtschaft insgesamt, findet der Broker. Europa werde derzeit auf den Märkten wenig zugetraut. "Im Augenblick sind wir die Sorgenkinder an den Aktienmärkten, und der Euro ist ja sowas wie der Aktienkurs einer Region - und der ist im Augenblick sehr schwach."Wie könnte der Euro-Kurs wieder steigen? Eine Möglichkeit wäre, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen energischer erhöht als bisher angekündigt. Die US-Notenbank hat nämlich schon viel höhere Zinsen festgelegt und lockt damit Anleger in den Dollar-Raum. Würde die EZB jetzt auch die Zinsen erhöhen, könnte eine Teil des Geldes zurückfließen - und den Euro stärken. Allerdings könnten höhere Zinsen im Euroraum zur jetzigen Zeit die ohnehin schon angeschlagene Konjunktur schwächen. Keine einfache Situation für die EZB, findet Commerzbanker Leuchtmann: "Wenn die EZB auf ihre angekündigten Zinserhöhungen verzichten würde, wäre das nochmal negativ für den Euro." Andererseits sei es jetzt schwieriger für die EZB, die Zinsen zu erhöhen, wenn die Aussicht bestehe, dass die Konjunktur deutlich leidet. "Die EZB ist in einer schwierigen Lage. Letzten Endes hat sie aber - glaube ich - keine andere Wahl, als die Zinsen zu erhöhen", schlussfolgert Leuchtmann.Der andere Weg zu einem stärkeren Euro wäre eine Beruhigung auf dem Gasmarkt. Ohne Gaskrise gebe es auch keinen Grund für den Euro, sich nicht zu erholen, sagt Devisenexperte Leuchtmann. Dem ohnehin nicht schmeichelhaften Titel "Weichwährung" wäre der Euro dann noch einmal ausgewichen.
2finanzen
Die hohe Inflation drückt den Konsum im Einzelhandel. Im Juni ging der Umsatz der Branche preisbereinigt (real) um 8,8 Prozent im Vorjahresvergleich zurück. Das war der größte Rückgang zum Vorjahresmonat seit Beginn der Zeitreihe 1994, teilte das Statistische Bundesamt heute mit. Einschließlich Preiserhöhungen (nominal) nahm der Umsatz nur um 0,8 Prozent ab. Die Differenz zwischen den nominalen und realen Ergebnissen spiegele die hohen Preissteigerungen im Einzelhandel wider, die das Konsumklima spürbar beeinträchtigten, erläuterte die Behörde. Die hohe Inflation dämpft nach Angaben der GfK-Konsumforscher die Kauflaune der Verbraucher. Der Umsatz mit Lebensmitteln sank auf den tiefsten Stand seit Juni 2016. Dieser Rückgang sei vermutlich vor allem den gestiegenen Preisen geschuldet, erläuterten die Statistiker. Sie legten im Vergleich zum Juni 2021 um fast zwölf Prozent zu. Auch dass viele Menschen inzwischen wieder häufiger ins Restaurant gingen, könnte den Lebensmitteleinzelhandel demnach negativ beeinflusst haben. Der Umsatz in der Gastronomie legte im Mai um 8,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu. Der Umsatz mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren, der bis Mai fast wieder das Vorkrisenniveau erreicht hatte, sank im Juni preisbereinigt um 5,4 Prozent im Vergleich zum April. Im Vergleich zum Juni 2019 lag der Umsatz damit 13,6 Prozent unter Vorkrisenniveau.  Auch der Internet- und Versandhandel verbuchte im Juni niedrigere Umsätze als im Vormonat (minus 3,8 Prozent). Im Vergleich zum Juni 2019 lag der Umsatz aber immer noch 22,3 Prozent höher. Die Umsätze der Tankstellen stiegen mit Einführung des Tankrabatts um 6,4 Prozent im Vergleich zum Mai, wie die Statistiker weiter mitteilten. Dass die Kauflaune der Deutschen durch die hohe Inflation stark gelitten hat, zeigt auch eine aktuelle Umfrage des Handelsverbands Deutschland (HDE). Das sogenannte Konsumbarometer des HDE fiel zum Monatsbeginn auf ein Allzeittief. Auch in den kommenden Monaten sei mit einer schwachen Konsumstimmung zu rechnen, teilte der Verband mit.
6verbraucher
Rund einen Monat nach dem großflächigen Ausfall vieler Zahlungsterminals im deutschen Einzelhandel wird ein genaueres Ausmaß der damaligen Probleme deutlich. Nach einer Umfrage des Handelsverbandes Deutschland (HDE) unter 800 Handelsunternehmen, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, waren 22 Prozent der befragten Unternehmen von den tagelangen Ausfällen betroffen. Drei Viertel von ihnen klagten über Umsatzausfälle.Wegen des Ausfalls der Zahlungsterminals hatten viele Kunden Ende Mai beim Einkauf nicht mehr mit Giro- oder Kreditkarten zahlen können. Betroffen waren unter anderem Filialen von Aldi Nord, Edeka oder der Edeka-Tochter Netto. Hintergrund war eine Störung im weit verbreiteten Gerät H5000 des US-Herstellers Verifone."Die vor wenigen Wochen aufgetretenen Störungen bei vielen Zahlungsterminals hatten eine nie zuvor gesehene Dimension", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Das sei für viele der betroffenen Handelsunternehmen mehr als nur ein Ärgernis gewesen. "Hier gingen Umsätze verloren, Kundinnen und Kunden waren zeitweise extrem verunsichert."Genth verlangte, die Terminalbetreiber müssten jetzt die Ursachen transparent aufarbeiten und für die Zukunft sicherstellen, dass ein solch kompletter Ausfall durch Notfallsysteme oder bessere interne Sicherungsmaßnahmen nicht erneut passieren könne.Bei 83 Prozent der Betroffenen dauerten die Störungen der Umfrage zufolge mindestens vier Tage, 70 Prozent der Befragten gaben an, dass sie länger als sieben Tage auf das Terminal verzichten mussten. Immerhin konnten Kunden teils über alternative Verfahren bezahlen, darunter Rechnungskauf, Lastschrift, Terminals anderer Hersteller oder Paypal - und mit Bargeld.Bargeldlose Zahlungen haben in Deutschland in der Pandemie einen Schub bekommen. Der Umsatzanteil der Kartenzahlungen im stationären Handel stieg von 50,5 Prozent 2019 auf 58,8 Prozent im vergangenen Jahr, wie eine Anfang Mai veröffentlichte Untersuchung des Kölner Handelsforschungsinstitutes EHI ergab.Einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom zufolge hatten von Januar bis März, also vor dem Ausfall der Kartenterminals, 93 Prozent der Menschen in Deutschland mindestens einmal mit Karte, Smartphone oder Smartwatch bezahlt. Vor einem Jahr lag der Anteil demnach bei 85 Prozent, Ende 2020 bei 79 Prozent. Zwei Drittel der Menschen störe es mittlerweile sogar, wenn sie im Geschäft nicht bargeldlos zahlen können. Weitere Folgen der Pandemie: 71 Prozent nutzen laut Umfrage seltener Bargeld, die Hälfte empfindet Bargeld mittlerweile als unhygienisch.
5unternehmen
War der heutige Schwächeanfall an der Börse der Beginn eines größeren Kursrückgangs oder nur eine vorübergehende Korrektur? Geht es nach den Investoren an der Wall Street, trifft letzteres zu. Die Amerikaner, die verunsichert in den Handel gestartet waren, ließen den Dow Jones zeitweise sogar ins Plus steigen. Zum Handelsende lag der US-Leitindex mit moderaten 0,5 Prozent im Minus.Die Technologiewerte des Nasdaq 100 büßten dagegen deutlichere 1,2 Prozent ein. Für die zwischenzeitliche Kurserholung war das am Abend veröffentlichte Protokoll der vergangenen Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) verantwortlich. Eine Aussage gefiel den Investoren besonders: "Die Teilnehmer waren der Ansicht, dass es bei einer weiteren Straffung der Geldpolitik wahrscheinlich zu einem gewissen Zeitpunkt angemessen sein wird, das Tempo der Leitzinserhöhungen zu verlangsamen", heißt es in dem Protokoll. Dann müsse man die Auswirkung der Zinsschritte auf die Wirtschaftstätigkeit bewerten.Die Aktienmärkte können also darauf hoffen, dass das hohe Tempo der Zinserhöhungen wohl auf absehbare Zeit abnimmt. Die US-Notenbank hatte ihren Leitzins auf der Sitzung Ende Juli um 0,75 Prozentpunkte auf 2,25 bis 2,50 Prozent angehoben. In gut einem Monat tagen die Geldpolitiker wieder, und die Marktteilnehmer erwarten derzeit mehrheitlich einen Zinsschritt von einem halben Prozentpunkt.Die US-Einzelhandelsumsätze für den Juli konnten den Markt dagegen nicht stützen. Sie stagnierten gegenüber dem Juni und lagen damit unter der Prognose eines minimalen Anstiegs von 0,1 Prozent. Zuvor waren die europäischen Börsen in die Knie gegangen. Auslöser waren die am Morgen veröffentlichten Inflationsdaten aus Großbritannien. Die bereits hohe Teuerung hat sich auf der Insel weiter beschleunigt. Im Juli stiegen die britischen Verbraucherpreise um 10,1 Prozent. Das ist die höchste Rate seit 1982. Analysten hatten im Schnitt nur mit einem Anstieg von 9,4 auf 9,8 Prozent gerechnet.Der deutsche Leitindex DAX war daraufhin schon seit Handelsbeginn kontinuierlich auf dem Rückzug und beendete den Handel 2,04 Prozent tiefer. Dazu kamen schwache Wachstumsdaten aus der Eurozone. Im zweiten Quartal erholte sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der 19 Euroländer zum Vorquartal nur um 0,6 Prozent. In seiner ersten Schätzung hatte das Statistikamt Eurostat noch ein Wachstum von 0,7 Prozent ermittelt. Im ersten Quartal hatte das Wachstum bei 0,5 Prozent gelegen. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum wuchs die Eurozone um 3,9 Prozent. Hier waren zunächst vier Prozent ermittelt worden. Auch am Devisenmarkt wurde das Fed-Protokoll als Hinweis auf einen weniger steilen Zinspfad in den USA interpretiert. Der Euro erholte sich daraufhin am Abend zeitweise bis auf 1,02 US-Dollar.Nach dem gestrigen Preisrutsch stabilisierten sich die Ölpreise. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete am Abend 93,30 Dollar. Die US-Lagerbestände an Rohöl sind in der vergangenen Woche überraschend und deutlich gefallen. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass die Ölexporte der USA auf einen Rekordwert von 5,0 Millionen Barrel pro Tag gestiegen sind. In der Vorwoche hatte der Wert noch bei 2,1 Millionen Barrel gelegen. Die Europäer ersetzen zunehmend russisches Rohöl durch US-Öl. Am Ölmarkt hatte zuletzt die Aussicht auf eine Rückkehr iranischen Öls an den Weltmarkt zu einem Preisrückgang geführt. Die Uniper-Aktie verbuchte ein deutliches Minus von 12,1 Prozent. Deutschlands größter Gasimporteur hat im ersten Halbjahr einen Verlust von mehr als zwölf Milliarden Euro erlitten. Davon stehen 6,5 Milliarden Euro im Zusammenhang mit Unterbrechungen von Gaslieferungen aus Russland. Außerdem sind in der Summe bereits bekannte 2,7 Milliarden Euro an Abschreibungen enthalten - unter anderem für die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2. Seit der Reduzierung der russischen Gasliefermengen Mitte Juni schreibt der MDAX-Konzern nach eigenen Angaben täglich im Schnitt über 60 Millionen Euro Verlust. Diese Verluste sollen ab 1. Oktober zum größten Teil durch die Gasumlage aufgefangen werden. "Die Verluste werden ab dem vierten Quartal deutlich geringer ausfallen", sagte Finanzchefin Tiina Tuomela heute. Uniper betrachte die Jahre 2022 und 2023 als Übergangsjahre.Die Aktien der börsennotierten Lieferdienste standen heute besonders unter Druck. Im DAX verloren der Kochboxenversender HelloFresh und der Modehändler Zalando jeweils über sieben Prozent. Delivery Hero büßten im MDAX nach ihrem hohen Vortagesplus 2,35 Prozent ein. Kritische Bericht zur Branche dämpften die Stimmung.Der größte US-Autobauer General Motors (GM) muss aufgrund möglicher Defekte an den Sicherheitsgurten zahlreiche SUV reparieren. Betroffen sind laut Angaben der US-Verkehrsbehörde 484.155 große Stadtgeländewagen der Modelle Cadillac Escalade, Chevrolet Suburban und Tahoe sowie GMC Yukon der Baujahre 2021 und 2022. Bei den Wagen könnte es Mängel bei der Anbringung der Sicherheitsgurte in der dritten Sitzreihe geben, die möglicherweise den Austausch von Bauteilen erfordern, teilte GM der Verkehrssicherheitsaufsicht mit. Im europäischen Handel schnellten die Umsätze mit der Aktie von Manchester United gleich am Morgen nach oben. Der exzentrische Tech-Milliardär Elon Musk hatte die Sportwelt über Nacht mit einem Tweet in Aufruhr versetzt. "Außerdem kaufe ich Manchester United. Gern geschehen", schrieb der 51-Jährige am Dienstagabend in dem sozialen Netzwerk, in dem er mehr als 103 Millionen Follower hat. Vier Stunden später ruderte er zurück: "Das ist ein langjähriger Scherz auf Twitter. Ich kaufe keine Sportteams", twitterte der Tesla-Chef. "Standup ist meine Nebenbeschäftigung." Aber auch eine Meldung der britischen "Times" sorgte für Bewegung bei der Aktie. Ein Sprecher des britischen Milliardärs Jim Ratcliffe bestätigte dessen potenzielles Interesse, bei dem kriselnden Premier-League-Club einzusteigen. Zuvor hatte "Bloomberg" berichtet, Uniteds Inhaberfamilie Glazer wolle einen kleinen Anteil am Verein verkaufen.Cineworld leidet unter dem Ausbleiben von Blockbustern. Der Mangel an Filmhits setze den Einnahmen zu, teilte der weltweit zweitgrößte Kinobetreiber mit. Diese Situation dürfte die Bemühungen erschweren, den Schuldenberg beim britischen Unternehmen abzubauen, der Ende 2012 bei fast neun Milliarden Dollar lag. Die Aktie brach um über 50 Prozent ein. Cineworld kommt in zehn Ländern - darunter die USA, Großbritannien und Deutschland - auf mehr als 9000 Leinwände.
2finanzen
Kronprinz Scheich Meschal al-Ahmed al-Sabah hat wie angekündigt das Parlament in Kuwait aufgelöst, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Kuna. Der Kronprinz hat die Regierungsaufgaben weitgehend von seinem Halbbruder, dem Emir Scheich Nawaf al-Ahmad übernommen. In der konstitutionellen Erbmonarchie Kuwait ernennt und entlässt der Emir die Regierung und kann auch das Parlament auflösen.Hintergrund der Parlamentsauflösung ist ein monatelanger Streit zwischen Regierung und Parlament über den Staatshaushalt. Dieser soll nun erst nach den nächsten Wahlen verabschiedet werden. Das Parlament lehnt den Haushaltsentwurf bislang ab. Finanzminister Abdul Wahab al-Raschi kündigte an, zunächst auf der Grundlage des alten Haushalts zu arbeiten.Regierung und Parlament lagen zuletzt in einem erbitterten Streit über eine Reihe von Themen wie etwa die Korruptionsbekämpfung. Die Regierung reichte im April ihren Rücktritt ein, das Parlament wurde zuletzt 2016 aufgelöst. Die anhaltenden politischen Konflikte in Kuwait blockieren Investitionen und Reformen in dem arabischen Land, das auch von der Coronavirus-Pandemie getroffen wurde.
1asien
Ein paar Klicks auf dem Smartphone, und schon kommt das Lieblingsessen bequem nach Hause - per Lieferant. Das Geschäftsmodell von Bringdiensten wie Delivery Hero ist simpel. Damit auch Geld zu verdienen allerdings ist sehr schwer. Denn die Konkurrenz ist groß, so Anlagestratege Christian Kahler vom Vermögensverwalter Kahler und Kurz Capital: "Das ist ein knallharter Wettbewerb, in dem die Unternehmen stehen." Das Problem: Man habe kein Alleinstellungsmerkmal mehr, so Kahler. Und: "Man hat hohe Kosten in Form von Lieferfahrern, die aktuell auch noch knapp sind. Da muss man sich schon fragen, ob dieses Geschäftsmodell nachhaltig ist." Zwar will Delivery Hero im dritten Quartal endlich schwarze Zahlen schreiben, doch haben die Anleger da ihre Zweifel. Das gilt auch für die Konkurrenz. Egal ob Deliveroo in Großbritannien oder Just Eat Takeaway in den Niederlanden: Die Kurse der Lieferdienste sind an der Börse in den vergangenen Monaten in den Keller gerutscht. Ein Beispiel: Wer vor gut anderthalb Jahren eine Delivery-Hero-Aktie gekauft hat, musste dafür mehr als 130 Euro hinlegen. Heute ist das Papier noch etwa 50 Euro wert. Aus dem Krisengewinner ist ein Verlierer geworden. Vor zwei Monaten ist Delivery Hero aus dem DAX in den M-DAX abgestiegen, also praktisch von der ersten in die zweite Börsenliga. Der Wind hat sich gedreht, so Anlagestratege Kahler: "Das liegt daran, dass diese Sonderkonjunktur, die diese Unternehmen in Folge der Corona-Pandemie hatten, einfach dem Ende zugegangen ist."Auch der Versender von Kochboxen, HelloFresh, hat davon profitiert, dass sich die Menschen in der Pandemie Essen nach Hause bestellt haben. In diesem Fall die Zutaten für einzelne Gerichte. Der Konzern hat im abgelaufenen Quartal zwar so viel umgesetzt wie nie zuvor. Aber auch Kunden verloren.Anders als die Konkurrenz von Delivery Hero ist HelloFresh jedoch weiter profitabel. Das Geschäftsmodell sei nachhaltiger, sagt Christoph Schmidt, Analyst bei Fegra Capital: "Sie haben die Vorteil dass sie die Saisonalität der Preise ausnutzen können." So könne man über Produkte wie Salat, der immer Sommer günstiger ist als im Winter, die Kosten bewusst steuern und so auch wirtschaftlicher arbeiten, urteilt Schmidt.Dennoch: Auch die HelloFresh-Aktie hat innerhalb eines Jahres gut 60 Prozent an Wert verloren. Zwar haben die Anleger in dieser Woche - nach den jüngsten Zahlen - wieder verstärkt zugegriffen. Doch bleibt auch der Versender von Kochboxen im DAX ein Wackelkandidat. Schon im September, wenn die Börse die Zusammensetzung der Indizes turnusgemäß überprüft, könnte der Abstieg besiegelt sein. Mit Rheinmetall gilt ein Rüstungskonzern als potenzieller Nachrücker: Waffen statt Kochboxen im DAX. Wieso tun sich Unternehmen mit dem digitalen Geschäftsmodellen so schwer? "Es hat natürlich auch damit zu tun, dass digitales Geschäft in den letzten Jahren enorm geboomt hat und wir jetzt so eine Art Bereinigung sehen", urteilt der Analyst Schmidt. Denn: "Auch da gab es Exzesse, dass Bewertungen durch die Decke gegangen sind und Wachstumserwartungen einfach nicht mehr realistisch waren." So haben die Lieferdienste ihren Vertrauensvorschuss an der Börse erstmal verspielt. Sie müssen noch beweisen, dass ihre Geschäftsmodelle auch nachhaltig erfolgreich sind -  in Zeiten hoher Inflation und mieser Konsumlaune  dürfte das den Unternehmen zusätzlich schwer fallen.
5unternehmen
Die britische Arzneimittelbehörde hat grünes Licht für den an die Omikron-Variante angepassten Corona-Impfstoff von Moderna gegeben. Das Vakzin des US-Biotechnologieunternehmens könne als Auffrischungsimpfung (also Booster) von Erwachsenen eingesetzt werden, gab die Behörde MHRA bekannt.Eine klinische Studie habe ergeben, dass der Impfstoff eine starke Immunreaktion sowohl gegen den ursprünglichen Virusstamm als auch gegen die Omikron-Variante auslöse, erklärte MHRA-Chefin June Raine. Die erste Generation der Covid-Impfstoffe biete guten Schutz gegen die Krankheit und rette Leben, so Raine. "Dieser bivalente Impfstoff ist ein schärferes Instrument, das uns hilft, uns gegen diese Krankheit zu schützen."Die bislang verfügbaren Impfstoffe zielen überwiegend auf frühere Stämme des Coronavirus ab. Der Moderna-Impfstoff mit dem Namen "Spikevax bivalent Original/Omicron" richtet sich sowohl gegen den ursprünglichen, erstmals 2020 aufgetretenen Coronavirus-Stamm als auch gegen die Omikron-Variante BA.1. Auch für die Subtypen BA.4 und BA.5 der Omikron-Variante seien "gute" Ergebnisse" erzielt worden, teilte die MHRA mit.Der angepasste Moderna-Impfstoff wird derzeit auch von der EU-Arzneimittelbehörde EMA geprüft. Auch das Prüfverfahren für ein angepasstes Vakzin der Hersteller BioNTech und Pfizer läuft. Dessen Zulassung ist für Herbst angestrebt. Die Weltgesundheitsorganisation hatte im Juli vor dem Hintergrund der sich rasch ausbreitenden Omikron-Subtypen gewarnt, die Pandemie sei "alles andere als vorbei". Die "Bild"-Zeitung berichtet unterdessen, die Ständige Impfkommission (STIKO) wolle allen Menschen zwischen 60 und 69 Jahren die vierte Corona-Impfung empfehlen. Bedingung sei, dass die erste Auffrischungsimpfung oder die letzte Corona-Infektion mindestens sechs Monate zurückliegen, schreibt die Zeitung unter Berufung auf einen Beschlussentwurf der STIKO. Nur in begründeten Einzelfällen könne der Abstand auf vier Monate reduziert werden.Bislang empfiehlt die STIKO die vierte Impfung nur für Menschen ab 70 oder Risikopatienten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte den "zweiten Booster" auch für Menschen unter 60 ins Gespräch gebracht. 
5unternehmen
Nächster Eklat zwischen Schachweltmeister Magnus Carlsen und dem talentierten Teenager Hans Niemann: Die Online-Partie am Montag (19.09.2022) zwischen beiden Schachprofis im Rahmen des "Julius Bär Generation Cup" dauerte nur wenige Sekunden. Carlsen gab nach nur einem Zug auf und verließ den Video-Chat. Die Schach-Szene brodelt.Bereits Anfang September war es zum Eklat zwischen den beiden Kontrahenten gekommen. Nach einer unerwarteten Niederlage gegen den US-Amerikaner Niemann hatte sich Carlsen überraschend aus dem "Sinquefield Cup"-Präsenzturnier in St. Louis verabschiedet, sich jedoch öffentlich nicht zu seinen Beweggründen geäußert. Auf Twitter postete er lediglich ein altes Interview des Fußball-Star-Trainers José Mourinho, der sagte: "Ich ziehe es vor, nichts zu sagen. Wenn ich etwas sage, komme ich in große Schwierigkeiten, und ich möchte nicht in große Schwierigkeiten kommen."In der Schach-Szene wurde Carlsens Ausstieg als Betrugsvorwurf gegen Niemann gedeutet. Angeheizt wurden die Spekulationen unter anderem durch den amerikanischen Großmeister Hikaru Nakamura, der mit seinen Online-Streams ein Millionenpublikum erreicht. Noch während des "Sinquefield Cups" in St. Louis gab der 19-jährige Niemann ein emotionales Interview, in dem er zugab und bereute, bei zwei Gelegenheiten als junger Teenager bei Online-Partien betrogen zu haben, nie jedoch in Präsenz am Schachbrett. Ob der talentierte US-Profi tatsächlich nur zweimal bei Onlinepartien betrogen haben soll, ist unklar. Im Rahmen der Vorwürfe beim "Sinquefield Cup" sperrte die größte Schach-Plattform der Welt, Chess.com, seinen Account, da es Beweise gäbe, die die Anschuldigungen stützen würden. Mehr ins Detail gingen die Betreiber der Plattform bisher nicht.Tatsächlich ergaben Untersuchungen der Schiedsrichter in St. Louis keine Anhaltspunkte für unsportliches Verhalten im Rahmen des 2022er-Turniers, wie in einem offiziellen Statement bestätigt wurde - auch nicht von Niemann. Alle Spieler wurden täglich vor Betreten der Wettbewerbsstätte abgetastet und auf die unerlaubte Mitnahme elektronischer Geräte untersucht. Nach Carlsens Ausstieg waren die Sicherheitsmaßnahmen zudem nochmals erhöht und beispielsweise eine 15-minütige Verzögerung des Livestream-Signals beschlossen worden.Carlsens Sofort-Aufgabe beim "Generation Cup" zieht Kritik aus der Schach-Szene auf sich. Der ungarische Großmeister Peter Leko zeigte sich "sprachlos". Maurice Ashley, US-Schachspieler, twitterte: "Das ist schockierend und beunruhigend. Niemand kann glücklich damit sein, dass das in der Schachwelt passiert. Unglaublich!"Aus Sicht der Internationalen Meisterin Jovanka Houska, die das Turnier kommentierte, habe Carlsen "mehr Öl ins Feuer gegossen" und sprach von einer "Hexenjagd" gegen Niemann, bei der jegliche Beweise für Betrug fehlen würden. Tatsächlich hinterließ der Skandal seine Spuren beim talentierten US-Teenager. Nach Carlsens Ausstieg zeigte seine sportliche Formkurve nach unten beim "Sinquefield Cup".Doch auch Carlsens Ruf wurde durch die Affäre beschädigt. Der am höchsten gewertete Schachspieler der Geschichte scheint in einer Sinnkrise zu stecken. Da er keine sportliche Herausforderung mehr darin sehe, seinen WM-Titel nochmals zu verteidigen, werden im kommenden Jahr der Russe Ian Nepomniachtchi und Chinese Ding Liren um die WM-Krone im direkten Duell kämpfen.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Es gilt für die Situation, dass die Mitarbeitenden in einem Betrieb in unterschiedlichen Gewerkschaften organisiert sind - also zum Beispiel viele Lokführer in einer anderen Gewerkschaft sind als das restliche Zugpersonal. Können sich diese Gewerkschaften nicht auf einen einheitlichen Tarifvertrag mit dem Betrieb einigen, gilt nach dem Gesetz am Ende der Vertrag der Gewerkschaft, die in dem Unternehmen die meisten Mitglieder hat - egal aus welcher Berufsgruppe. Der Tarifvertrag der kleineren Gewerkschaft wird verdrängt.Damit sollte verhindert werden, dass Betriebe lahmgelegt werden, weil auf den Streik der einen Gewerkschaft bereits der Streik der nächsten folgte. Die Gewerkschaften sollten sich stattdessen vorher zusammen an einen Tisch setzen und ihre Interessen abstimmen. Kritiker sahen in dem 2015 beschlossenen Gesetz vor allem den Versuch, die Streiks der Lokführergewerkschaft GDL zu stoppen, die 2014 den Bahnverkehr teils zum Erliegen gebracht hatten. Unter anderen mehrere kleinere Gewerkschaften wie die GDL, die Pilotenvereinigung Cockpit und die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hatten gegen das Gesetz Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie fürchteten um ihre Durchsetzungskraft. Aus ihrer Sicht verletzte die Regelung die Freiheit aus Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz, sich in Gewerkschaften zusammenzuschließen. Und auch das Recht von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, frei von staatlichen Eingriffen Tarifverträge zu schließen - Stichwort: Tarifautonomie. Doch das Bundesverfassungsgericht kippte das Gesetz in seinem Urteil von 2017 nicht. Zwar greife die Regelung in die Koalitionsfreiheit ein, weil es die schwächere Gewerkschaft damit im Betrieb womöglich schwerer habe, Mitglieder zu werben und zu mobilisieren. Das Streikrecht sei aber nicht in Gefahr. Und der Gesetzgeber sei befugt, Strukturen zu schaffen, die einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen aller Arbeitnehmer eines Betriebes hervorbringen, hieß es bei der Urteilsverkündung.Im Ergebnis forderte das Bundesverfassungsgericht nur an einer Stelle Nachbesserungen zum Schutz kleiner Berufsgruppen. Ansonsten setzte es auf eine "restriktive Auslegung", um den Regelungen ihre "Schärfe" zu nehmen. Danach soll etwa die Tarifeinheit zur Disposition der Tarifvertragsparteien stehen. Das heißt, konkurrierende Gewerkschaften sollen mit dem Arbeitgeber vereinbaren können, das Gesetz unangewendet zu lassen. Ja. Der Marburger Bund vereinbarte im Dezember 2017 mit ver.di, gegenüber den Arbeitgebern jeweils zu fordern, dass der Tarifvertrag der jeweils anderen Gewerkschaft nicht verdrängt werde. Die beiden Gewerkschaften sicherten sich außerdem das Recht zu, für ihre Mitglieder tarifliche Regelungen zu treffen, die von den Bestimmungen des Tarifvertrags der anderen Gewerkschaft abweichen. "Trotzdem schwebt das Gesetz wie ein Damoklesschwert über uns", sagt Hans-Jörg Freese, Sprecher des Marburger Bunds. "Wir sind da immer von der anderen Gewerkschaft abhängig, und man weiß nie, wie sich die Dinge dort entwickeln."Auch bei der Bahn hatte es eine Vereinbarung zwischen Konzern und GDL gegeben, der sicherstellte, dass auch die Tarifverträge der GDL angewendet werden, obwohl die Gewerkschaft nur in wenigen Bahnbetrieben die Mehrheit der Mitglieder stellt. Doch Ende 2020 lief die Vereinbarung aus.Doch, hat es. "Es gibt einige betriebliche Konstellationen, wo eine Minderheitsgewerkschaft wegen des Gesetzes zu Tarifverhandlungen gar nicht erst anzutreten braucht", sagt Arbeitsrechtler Fabian Rödl von der Freien Universität Berlin. Außerdem sei nicht klar, wie sich Konflikte zwischen konkurrierenden Gewerkschaften weiter zuspitzen werden. "Das Potenzial ist da noch nicht ausgeschöpft. Was passiert, wenn Gesetz wirklich mal angewandt werden sollte und dann Mitglieder gezählt werden müssen? Es ist weiterhin ungeklärt, wie das funktionieren soll."Ein Problem, das nun bei der Bahn relevant wird. Dort hat zwar die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) in den meisten der rund 300 Bahn-Betriebe die Mehrheit der Mitarbeiter. In gut 70 Betrieben sind die Mehrheitsverhältnisse zwischen EVG und GDL allerdings unklar.Unabhängig davon muss nun noch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entscheiden, ob das Tarifeinheitsgesetz gegen die Menschenrechtskonvention verstößt. Auch die garantiert nämlich in Artikel 11 das Recht, sich in Gewerkschaften zusammenzuschließen. Marburger Bund, die Lokführer-Gewerkschaft GDL und der Beamtenbund argumentieren, das Gesetz habe zur Folge, dass ihre Verhandlungsposition gegenüber Arbeitgebern geschwächt würde.Arbeitsrechtler Rödl zeigt sich relativ skeptisch, dass der Gerichtshof das Tarifeinheitsgesetz beanstanden wird. "Es gibt zur Koalitionsfreiheit nicht viel Rechtsprechung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte." Er räume den Mitgliedstaaten in der Regel einen Spielraum ein. "Und es gibt andere Konventionsstaaten, die Gewerkschaften noch strenger regulieren, als das in Deutschland der Fall ist."
5unternehmen
Nach dem Ende eines dreitätigen Lieferstopps sind für Samstagmorgen wieder Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 angekündigt. Das geht aus vorläufigen Daten des Betreibers der Gaspipeline, der Nord Stream AG, hervor, die dieser auf seiner Website veröffentlicht hat. Demnach sind ab Samstagmorgen, 2 Uhr, wieder Gaslieferungen vorgemerkt. Die sogenannten Nominierungen für Gas belaufen sich auf 14.437.507 Kilowattstunden pro Stunde (kWh/h) von 2 bis 3 Uhr am Samstag. Nominierungen sind im Wesentlichen Kapazitätsanfragen für den Gastransport. Es handelt sich also um Vorabinformationen für Gasnetzbetreiber, damit diese nennenswerte Mengen transportieren können. Solche Nominierungen können sich noch bis kurz vor der tatsächlichen Lieferung ändern. Vor allem aber können sie vom Lieferanten bei Bedarf geändert werden. Daher bleibt es vor dem Wochenende weiter ungewiss, ob morgen tatsächlich wieder Gas durch Nord Stream 1 fließen wird. "Die Netzdaten deuten zwar darauf hin, aber bis das Gas tatsächlich fließt, bleibt es ein Risiko", betont Craig Erlam vom Broker Oanda. Der Umfang der Nominierungen entspricht dabei den Lieferungen vor der Unterbrechung, also etwa 20 Prozent der maximal möglichen Menge und damit täglich 33 Millionen Kubikmeter Erdgas. Die bislang veröffentlichten Daten bilden nur die Zeit bis Samstagmorgen 6.00 Uhr ab, da dann ein neuer Gastag beginnt. Vor der vom russische Staatskonzern Gazprom angekündigten Unterbrechung der Gaslieferungen vom 31. August bis zum 2. September wegen der Wartungsarbeiten waren die Buchungen auf null gefallen. Seit Mittwochmorgen fließt kein Gas durch die zuletzt wichtigste Leitung für russisches Gas nach Deutschland. Russland macht technische Probleme wegen der westlichen Sanktionen verantwortlich und verweist auf nötige Wartungsarbeiten an einer Kompressorstation. "Es läuft nur eine Turbine", hieß es von Kreml-Sprecher Dimitri Peskow. Er schloss einen weiteren Gaslieferstopp wegen Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1 nicht aus. Es gebe keine technischen Reserven. Diese Lesart wird von der EU jedoch nicht geteilt. So werfen Deutschland und Frankreich der Führung in Moskau vor, die Gasversorgung als Kriegswaffe einzusetzen. Auch der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hatte zuletzt Zweifel an der Begründung für den Lieferstopp geäußert. Nach dem Angriff auf die Ukraine und Sanktionen aus dem Westen hat Moskau die Gaslieferung in mehrere Länder gekürzt oder ganz eingestellt. Auch im Zusammenhang mit der Drosselung auf ein Fünftel der Maximalleistung hatte Gazprom auf technische Gründe verwiesen, die unter anderem von der Bundesregierung angezweifelt wurden.
5unternehmen
Zur Bekämpfung schwerer Verbrechen im Internet fordern die Innenminister der Bundesländer mehr Möglichkeiten zur anlasslosen Speicherung von IP-Adressen als bislang vom Bund geplant. "Es wäre ein Unding und Hohn für die Opfer, wenn wir in Deutschland diese Möglichkeit aus falsch verstandenem Datenschutz nicht nutzen", sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann (CSU). Unter den Innenministern gebe es hierzu einen breiten Konsens. "Dieser Ermittlungsansatz ist erforderlich, um den Tausenden von gemeldeten Fällen der Verbreitung und des Besitzes von Kinderpornografie, hinter denen reale Missbrauchstaten stehen können, nachgehen zu können, bevor die einzige Spur zum Täter - nämlich die IP-Adresse - wie derzeit regelmäßig bereits nach wenigen Tagen unwiderruflich gelöscht wird", sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU). An der Konferenz nahmen auch die Justizminister der Länder teil. In deren Runde gebe es noch unterschiedliche Meinungen, sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). "Die Diskussion ist in diesem Punkt noch nicht abgeschlossen." Man sei sich aber einig, Kindesmissbrauch und Kinderpornografie noch stärker zu bekämpfen, betonte er. Das Ausmaß der Verbrechen sei längst bundesweit "erschreckend", so Herrmann. Bundesweit hätten sich 2021 die Fallzahlen im Vergleich zu 2020 mehr als verdoppelt.Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) erklärte, das von der FDP als Alternative präferierte "Quick-Freeze"-Verfahren zur Verbrechensbekämpfung im Netz sei unzureichend und kein geeigneter Ersatz für die anlasslose Speicherung der IP-Adressen durch die Provider. Ohne eine vorherige Speicherung der IP-Adresse sei es bei Verdachtsfällen zu spät, die Täter zu ermitteln.Bei dem "Quick-Freeze"-Verfahren muss zunächst ein Richter bei einem Verdachtsfall anordnen, dass der Provider die IP-Adresse speichern soll. Die FDP lehnt die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung schwerer Verbrechen unter Hinweis auf den Koalitionsvertrag mit SPD und Grünen im Bund konsequent ab.Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte in der vergangenen Woche der Speicherung von Telekommunikationsdaten zur Aufklärung von Straftaten in Deutschland enge Grenzen gesetzt. Die Richter urteilten, dass die derzeit ausgesetzte Regelung in Deutschland mit dem EU-Recht unvereinbar ist. Sie erklärten aber, dass zur Bekämpfung schwerer Kriminalität eine Vorratsspeicherung der IP-Adressen möglich wäre.Pistorius betonte, der Bundesgesetzgeber müsse den rechtlichen Rahmen ausnutzen, den der Europäische Gerichtshof in dem Kontext den Ländern gebe. Um erfolgreich im Internet gegen die Täter vorgehen zu können, sei es aber zudem wichtig, dass die Ermittler mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz in die Lage versetzt würden, das riesige Aufkommen an Daten zu analysieren. Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) mahnte: "An keiner Stelle darf man den Datenschutz überhöhen über Kinderschutz." Aus Sicht der unionsregierten Länder dürfe es eigentlich auch keine Fragezeichen geben, IP-Adressen zu speichern und dann auch zu nutzen. Was genau möglich sei, müsse nun aber noch genau geprüft werden. Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) sagte, man befinde sich noch am Anfang der Debatte. Auch der Bundesregierung solle man Zeit zur Diskussion zugestehen. Es gebe noch viele wichtige und konkrete Fragen, die man klären müsse, bevor es dazu einen Gesetzentwurf geben könne. Als Beispiel nannte Gallina, dass Berufsgeheimnisträger bei der Speicherung von IP-Adressen irgendwie herausgefiltert werden müssten. Die Debatte müsse deshalb nun sehr im Detail geführt werden.Die Innen- und Justizminister erklärten zudem, die Löschprozesse für kinderpornografische Medien im Internet effektiver und effizienter gestalten zu wollen. Bis zum Ende dieses Jahres wolle man "zu einem konkreten Ergebnis kommen, dass strafbare Inhalte nur so lange wie für die Ermittlungen und Strafverfahren nötig" im Netz bleiben, erläuterte Herrmann.
3innenpolitik
Hunderte Demonstranten sind in das irakische Parlament in der Hauptstadt Bagdad eingedrungen. Einige liefen über Tische und schwenkten irakische Flaggen. Abgeordnete waren nicht vor Ort. Zuvor waren sie in die schwer gesicherte Grüne Zone vorgerückt, in der auch zahlreiche ausländische Botschaften untergebracht sind. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, konnte die große Zahl Demonstranten jedoch nicht aufhalten. Bei vielen der Protestteilnehmer handelte es sich um Anhänger des einflussreichen Predigers und Schiitenführers Muktada al-Sadr. Sie demonstrierten unter anderem gegen die Nominierung von Mohammed Schia al-Sudani für das Amt des Premierministers. Am Montag hatte eine Allianz pro-iranischer Schiiten, der sogenannte Koordinationsrahmen, den Ex-Minister und Ex-Gouverneur als Kandidaten aufgestellt. Dem Koordinationsrahmen gehört auch der ehemalige Ministerpräsident Nuri al-Maliki an, ein langjähriger Gegner al-Sadrs. Der Sadr-Block im Parlament hatte im Juni geschlossen seinen Rückzug erklärt. So sollte die anhaltende Blockade des im Oktober gewählten Parlaments aufgelöst werden.Seit den vorgezogenen Parlamentswahlen, aus denen al-Sadrs Bewegung als große Gewinnerin hervorgegangen war, beschränkt sich die amtierende Regierung darauf, die laufenden Geschäfte abzuwickeln. Seit Jahresbeginn scheiterte das Parlament in Bagdad bereits drei Mal an der Wahl eines neuen Staatsoberhauptes. Das Präsidentenamt im Irak, das für eine Dauer von vier Jahren vergeben wird, ist weitgehend repräsentativ. Solange es jedoch keinen neuen Präsidenten gibt, kann auch keine neue Regierung gebildet werden.Der geschäftsführende Regierungschef Mustafa al-Khadimi rief zu Besonnenheit und Zurückhaltung auf. Von den Demonstranten forderte er den unverzüglichen Abzug aus dem Gebiet. Bereits im Jahr 2016 hatten Anhänger des Geistlichen das Parlament gestürmt und politische Reformen gefordert.
1asien
Das US-Justizministerium verklagt den Bundestaat Idaho wegen seines Abtreibungsgesetzes. Nach Ansicht des Ministeriums verstößt es gegen ein Bundesgesetz.Wer als Arzt oder Ärztin in Idaho bei einer Frau eine Abtreibung vornimmt, macht sich strafbar. So sieht es zumindest das Gesetz des Bundestaates vor, das am 25. August in Kraft treten soll. Abtreibungen wären damit in Idaho fast vollständig verboten. Das US-Justizministerium will mit einer Klage eingreifen. US-Justizminister Merrick Garland argumentierte: Das Idaho-Gesetz verstoße gegen ein Bundesgesetz. Dieses verpflichtet Ärzte dazu, schwangeren Frauen in einer medizinischen Notlage zu helfen. Unter manchen Umständen muss eine Abtreibung vorgenommen werden, um den Gesundheitszustand einer Frau zu stabilisieren, so Garland. Das Bundesgesetz steht also im Widerspruch zum Idaho-Gesetz. Ärzte dort könnten nämlich bald strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie eine Abtreibung vornehmen, sogar wenn diese notwendig sei, um das Leben einer Frau zu retten, sagt der Justizminister: Der Justizminister machte auch deutlich, dass man mit allen Mitteln versuchen werde, schwangeren Frauen die medizinische Hilfe zukommen zu lassen, die ihnen laut Bundesrecht zustehe. Seitdem der Oberste US-Gerichtshof im Juni ein Grundsatzurteil zu Abtreibungen gekippt hatte, haben etliche US-Staaten eigene, zum Teil sehr scharfe, Abtreibungsgesetze auf den Weg gebracht. 
0amerika
Einen Krankenwagen soll doch jemand rufen, schreit ein Demonstrant, während ein Mann verletzt auf dem Boden liegt. Seit Stunden schon herrscht Chaos im Zentrum von Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas. Zehntausende protestieren, sind wütend, nachdem Noch-Präsident Gotabaya Rajapaksa am frühen Morgen geflohen war.Die Menschen wollten zwar immer, dass er zurücktritt - aber auch, dass er und sein Clan sich für das verantworten, was sie in Sri Lanka angerichtet haben. "Jetzt herrscht die Macht des Volkes, das ist das Wichtigste", sagt ein Demonstrant der Nachrichtenagentur AP. Diese Macht, sie habe ihren Höhepunkt erreicht. Jetzt sollten die Politiker die Macht des Volkes sehen und den Befehlen des Volkes folgen.Seit dem frühen Morgen überschlagen sich die Ereignisse. Präsident Rajapaksa war zusammen mit seiner Frau und einem Leibwächter in eine Militärmaschine gestiegen und hatte sich auf die Malediven fliegen lassen, nur etwa eine Flugstunde von Colombo entfernt. Zu diesem Zeitpunkt war er noch amtierendes Staatsoberhaupt. Es wird vermutet, dass er schon deshalb nicht zurückgetreten war, um im Schutz der Immunität als Präsident aus seinem Land zu fliehen.Am Morgen dann beanspruchte Premierminister Ranil Wickremesinghe für sich, die Funktion des Präsidenten zu übernehmen. Er ließ den Notstand ausrufen und eine Ausgangssperre über Colombo und die gesamte Westprovinz Sri Lankas verhängen.Die Proteste im Land richten sich längst nicht mehr nur gegen den Präsidenten, der vor seiner Verantwortung geflohen ist, gegen seinen Clan oder gegen den Premier, der ebenfalls der alten Garde angehört. Die herrschenden Politiker seien diskreditiert, sagt ein Demonstrant dem ARD-Hörfunk.Der Präsident werde heute zurücktreten, hat nun ein Sprecher erklärt. Er werde ein Rücktrittsschreiben schicken. Am 20. Juli, also in sieben Tagen, solle dann ein neuer Präsident gewählt werden. Es war jüngst die Rede von einer All-Parteien-Regierung. Doch auf den Straßen gibt es keine Beruhigung. Tränengas, Hubschrauber werden eingesetzt, Barrikaden von Demonstrierenden eingerissen. Es droht ein Sturm auf den Sitz des Premierministers. Denn die Menschen fühlen sich betrogen von ihren Führern - und sie geben ihnen die Schuld an der Wirtschaftskrise.Kein Treibstoff, keine Medikamente, keine Lebensmittel, die Währung verfallen: So etwas hatte der Inselstaat seit mehr als 70 Jahren nicht erlebt. Wie der Tag weitergeht - niemand weiß es. Noch sieht es nicht so aus, als ließen sich die Massen beruhigen.
1asien
Der ehemalige brasilianische Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva ist rund zweieinhalb Monate vor der Präsidentenwahl als Kandidat seiner Partei nominiert worden. Die Kandidatur wurde einstimmig angenommen, wie es in einer Mitteilung der Arbeiterpartei (PT) nach einem Treffen in São Paulo hieß. Als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten bewirbt sich demnach der ehemalige Gouverneur des Bundesstaates São Paulo und früherer Lula-Rivale Geraldo Alckmin. Umfragen zufolge liegt der Linkspolitiker Lula aktuell vor dem rechtspopulistischen Amtsinhaber Jair Bolsonaro. Dieser soll am Sonntag in Rio de Janeiro als Kandidat seiner Partei für die Wahl am 2. Oktober nominiert werden. Parteien und Bündnisse haben bis zum 15. August Zeit, ihre Kandidaten beim Obersten Wahlgerichtshof zu registrieren. Ab dem 16. August ist der Wahlkampf offiziell erlaubt. Für Lula wäre es das sechste Rennen um die Präsidentschaft. Zweimal gewann er und regierte Brasilien von Anfang 2003 bis Ende 2010. Mit Sozialprogrammen holte Lula, der es vom armen Jungen aus dem Nordosten zum Präsidenten des größten Landes Lateinamerikas brachte, Millionen Menschen aus der Armut. Auch wirtschaftlich boomte Brasilien während seiner Amtszeit. Allerdings verbreitete sich in der größten Volkswirtschaft der Region auch die Korruption weiter. 2018 wurde Lula selbst wegen Korruption und Geldwäsche zu einer Haftstrafe verurteilt. Der populäre Politiker konnte deshalb 2018 nicht an der Präsidentenwahl teilnehmen, die Bolsonaro gewann. Im vergangenen Jahr hob der Oberste Gerichtshof das Urteil auf und Lula erhielt seine politischen Rechte zurück.
0amerika
Nach den kräftigen Kursgewinnen in der vergangenen Woche haben die US-Anleger zum Monatsanfang wieder auf die Bremse getreten. Denn die Verbraucher leiden weiter weltweit unter der hohen Inflation und halten sich daher mit Käufen zurück, was zuletzt deutliche Spuren in den Konjunkturdaten hinterlassen hat. Vor diesem Hintergrund notierten bei unruhigem Handel sowohl der Dow-Jones-Index, der breiter gefasste S&P 500 sowie der technologielastige Nasdaq-Index am Montag etwas schwächer. Der Dow verlor leicht 0,14 Prozent, der S&P-500-Index 0,28 Prozent und die Nasdaq ging um 0,18 Prozent ebenfalls etwas schwächer aus dem Montagshandel"Der Markt ist ein wenig nervös, er versucht gerade, seinen Weg zu finden", sagte Robert Pavlik, Portfoliomanager bei Dakota Wealth. "Viele Leute versuchen zu verstehen, ob wir die Talsohle erreicht haben und ob es von hier aus weiter aufwärts geht." Trotz der jüngsten Talfahrt der US-Wirtschaft hält sich die US-Industrie weiter in der Wachstumsspur. Der Einkaufsmanagerindex für den Sektor fiel im Juli zwar auf den niedrigsten Wert seit Juni 2020, lag mit 52,8 Punkten aber noch deutlich über der Wachstumsschwelle von 50. Vor diesem Hintergrund könne die US-Notenbank Fed an ihrem Plan festhalten, die Zinsen zur Eindämmung der Inflation zunächst weiter zu erhöhen, sagte Helaba-Ökonom Ulrich Wortberg.Zwischenzeitlich war die Börse nach den Zahlen etwas stärker ins Plus gedreht, bei insgesamt richtungslosem Handel fehlten aber Anschlusskäufe. Damit hat die Wall Street wieder der Alltag erreicht nach der jüngsten Euphorie um die Tech-Aktien. Auch dank eines starken Ausklangs hatte der Leitindex am Freitag mit einem Wochengewinn von drei Prozent geschlossen. Für den historisch eher schwachen Börsenmonat Juli verbuchte er einen Aufschlag von 6,7 Prozent, womit er den stärksten Juli seit zwölf Jahren hinter sich hat. Der technologielastige Auswahlindex hatte am Freitag noch mehr zugelegt als der Dow und ein Monatsplus von gut zwölfeinhalb Prozent geschafft.Bei den Einzelwerten im Dow Jones zogen Boeing-Aktien gegen den Trend deutlich um 6,07 Prozent an. Der US-Konzern macht Insidern zufolge, Fortschritte bei der Behebung von Problemen an seinem Flugzeugtyp 787 Dreamliner, wie die Nachrichtenagentur "Reuters" am Wochenende berichtet hatte. Die US-Luftfahrtbehörde FAA habe einen von Boeing vorgelegten Prüfplan genehmigt, der einen einwandfreien Zustand der Langstrecken-Maschinen sicherstellen soll. Damit könne der Hersteller voraussichtlich im August die Auslieferungen wieder aufnehmen.Das Tageshoch bei 13.570 Punkten konnte der DAX zum Wochenauftakt zwar nicht verteidigen, der deutsche Leitindex blieb heute aber auf hohem Niveau. Er bleibt damit auf Erholungskurs. Am Ende lag der Schlusskurs bei 13.479 Zählern, ein leichter Tagesverlust von 0,03 Prozent. Der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, ging bei 27.427 Punkten aus dem Handel und damit um 0,23 Prozent höher als am Freitag. Der Aktienmarkt präsentiert sich derzeit allen Unkenrufen und schwachen Konjunkturzahlen zum Trotz in erstaunlich robuster Verfassung. Dies bei einem anhaltend schwierigen Marktumfeld - gekennzeichnet weiterhin durch hohe Inflationsraten und damit verbundene Zins- und Rezessionsängste. Rückenwind bekommt die Börse dabei auch von der schon weiter fortgeschrittenen US-Berichtssaison, die bisher jedenfalls nicht so schlecht ausgefallen ist wie befürchtet. Vor dem Beginn der heißen Phase der heimischen Berichtssaison in dieser Woche will nun kein Investor auf dem falschen Fuß erwischt werden. Die Anleger positionieren sich entsprechend, von Ausverkauf ist jedenfalls keine Rede. Konkret legen in der kommenden Woche zahlreiche DAX-Unternehmen sowie solche aus der zweiten Reihe und Europa Quartalszahlen vor. Zum Wochenauftakt war der Unternehmenskalender aber noch überschaubar."Dass die Kurse trotz ungelöster Probleme wie der drohenden Energiekrise in Deutschland und dem andauernden Krieg in der Ukraine scheinbar Fuß gefasst haben, ist ein starkes Signal und macht nach den sechs ersten desaströsen Börsenmonaten Hoffnung auf eine bessere zweite Jahreshälfte", unterstreicht Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege RoboMarkets. "Es scheint, als wäre alles Negative eingepreist und der Aufschwung hätte bereits begonnen." Der Euro wird im US-Handel stabil bei 1,0261 Dollar gehandelt. Zwischenzeitlich lag das Tageshoch bei 1,0275 Dollar. Die Gemeinschaftswährung behauptet sich damit deutlich über der Parität und auch der zuletzt umkämpften Marke von 1,02 Dollar. Sie trotzt damit schwächeren heimischen Konjunkturdaten, profitiert aber auch von der zuletzt wieder höheren Risiskobereitschaft der Anleger an den Aktienmärkten. Der Dollar als globale Reservewährung wird im Gegenzug belastet. Insgesamt scheint der Abschwung des Euro vorerst gestoppt zu sein. Denn die Devisenmärkte erwarten nun auch von der EZB nach ihrer ersten Zinserhöhung seit 2011 eine aggressivere Zinspolitik, nachdem die Bank im Gegensatz zur US-Notenbank lange Zeit gezögert hatte. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0233 (Freitag: 1,0198) Dollar fest.Im Kampf gegen die ausufernde Inflation steht die britische Notenbank nach Ansicht von Ökonomen vor dem größten Zinsschritt ihrer jüngeren Geschichte. Eine am Montag veröffentlichte Umfrage unter 65 Volkswirten ergab, dass mehr als 70 Prozent für Donnerstag mit einer Anhebung von einem halben Prozentpunkt (50 Basispunkte) auf dann 1,75 Prozent rechnen. Die Umfrage lief vom 27. Juli bis zum 1. August. In einer nur wenige Tage zuvor erhobenen Befragung hatte die Mehrheit der Ökonomen nur eine weitere kleine Erhöhung um einen Viertelprozentpunkt erwartet. Der geldpolitische Ausschuss (MPC) der Bank of England (BoE) hat seit der 1997 erlangten Unabhängigkeit der Notenbank von der Politik den Zinssatz noch nie um einem halben Punkt erhöht.Die hohe Inflation hat nach Angaben des Statistischen Bundesamtes den Einzelhandel in Deutschland im Juni deutlich belastet. Der Einzelhandelsumsatz sank real, also bereinigt um Preiserhöhungen, gegenüber dem Vorjahresmonat um 8,8 Prozent. Es war der stärkste Rückgang seit Beginn der Zeitreihe 1994. Verbraucherinnen und Verbraucher sind einer aktuellen Umfrage des Handelsverbands Deutschland (HDE) zufolge derzeit bei Einkäufen und Anschaffungen so zurückhaltend wie noch nie. Das Konsumbarometer des HDE ist Anfang August auf unter 87 gefallen und damit auf ein Allzeittief, wie der Verband mitteilte. Hintergrund sind demnach die Unsicherheiten rund um die künftige Energiepreisentwicklung. Auch von den deutschen Maschinenbauern kommen keine guten Nachrichten: Zwar konnten sie im ersten Halbjahr ein kleines Auftragsplus von zwei Prozent einfahren, wie der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) heute mitteilte. Die Tendenz zeigte zuletzt aber deutlich nach unten: Die Auftragseingänge sanken im Juni um real neun Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Aus China kamen am Morgen ebenfalls schwache Konjunkturdaten: Die Erholung der chinesischen Wirtschaft hat sich angesichts der weitreichenden Maßnahmen im Kampf gegen Covid-19 im Juli verlangsamt. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) des chinesischen Wirtschaftsmagazins "Caixin" fiel von 51,7 Punkten im Vormonat auf 50,4, lag damit aber weiter über der Expansionsschwelle von 50 Punkten. Positive Impulse für den DAX kamen derweil von den Rentenmärkten. In Italien erhielten Staatsanleihen weiteren Zulauf. Im Gegenzug fiel die Rendite für zehnjährige Papiere erstmals seit Mai unter die Marke von drei Prozent. Italienische Staatsanleihen profitieren damit überproportional von dem auf Rezessionssorgen zurückgehenden Renditerückgang an den Kapitalmärkten. Die politische Unsicherheit angesichts vorgezogener Neuwahlen macht ihnen gegenwärtig nicht zu schaffen. Vielmehr scheinen die Papiere von der Zusage aus dem Mitte-Rechts-Lager zu profitieren, wonach EU-Haushaltsregeln auch unter einer rechtsgerichteten Regierung respektiert werden sollen.Der überraschend starke Rückgang des Caixin/Markit-Einkaufsmanagerindex ließ massive Spekulationen über eine geringere Öl-Nachfrage des Top-Abnehmers China an den Rohstoffmärkten aufflammen. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte um über neun Prozent und fiel unter 100 Dollar je Barrel, einer der größten Tagesverluste seit langem. US-Leichtöl der Sorte WTI büßte über fünf Prozent ein. China gehört zu den größten Ölverbrauchsländern der Welt. Im DAX steht die Covestro-Aktie im Fokus. Angesichts des nochmaligen Anstiegs des Gaspreises in Europa im Juli ist die erst im Mai gesenkte Prognose des Kunststoffkonzerns bereits wieder Makulatur. Das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) wird für 2022 nur noch zwischen 1,7 und 2,2 Milliarden Euro erwartet, statt wie bisher zwischen zwei und 2,5 Milliarden.Der Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea hat die Produktion in seinem Ölfeld Nova in der norwegischen Nordsee gestartet und erhöht damit seine Fördermenge aus Norwegen. "Europa benötigt jedes zusätzliche Barrel, das es bekommen kann", erklärte das Kasseler Unternehmen. Die BASF-Tochter betreibt damit nun drei Unterwasserfelder in dem nordeuropäischen Land. Bayer will künftig jährlich deutlich mehr Arzneimittel als bisher aus der Forschung in die klinische Phase bringen. Bislang sind das zwei bis drei Arzneimittel, künftig soll es eine zweistellige Zahl sein, sagte Bayer-Pharmavorstand Stefan Oelrich der "Welt am Sonntag". "Das bedeutet ganz klar ein höheres Risiko, aber eben auch ein anderes Kostenprofil pro entwickeltem Produkt. Ich glaube, dass uns das inhaltlich komplett verändern wird." Statt der großen Therapiegebiete im Bereich der Herz-Kreislauferkrankungen will Bayer "künftig gezielt kleinere Spezifikationen ansteuern", sagte Oelrich weiter. "Wir müssen uns im Pharmageschäft neu erfinden."Die Lufthansa bemüht sich weiter um eine Einigung ohne Arbeitskampf mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) nach deren Streik-Votum vom Wochenende. "Die Gespräche werden fortgesetzt, damit wir zu einer Lösung am Verhandlungstisch kommen", sagte heute eine Lufthansa-Sprecherin. Die Piloten hatten sich nach festgefahrenen Tarifverhandlungen nahezu einmütig für Streik ausgesprochen. Der angeschlagene Immobilienkonzern Adler Group will Rechtsmittel gegen einen Bescheid der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einlegen. Die BaFin habe im Rahmen einer Fehlerfeststellung beschieden, dass der Geschäftsbericht 2019 der Adler Real Estate einen Bilanzierungsfehler enthalte, teilte der SDAX -Konzern am Montag in Luxemburg mit. Ein entsprechender Bescheid sei dem Unternehmen von der Behörde zugestellt worden. Adler halte hingegen an der vollumfänglichen Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit des testierten Konzernabschlusses für das Geschäftsjahr 2019 fest. Das Unternehmen werde den Rechtsweg ausschöpfen, um die Aufklärung voranzutreiben.Im Rechtsstreit um die Twitter-Übernahme hat Tech-Milliardär Elon Musk seine Antwort auf die Klage des Kurznachrichtendienstes eingereicht. Das Dokument vom Freitag ist allerdings zunächst nicht öffentlich zugänglich. Musks Anwälte haben nach den Regeln des Gerichts einige Tage Zeit, eine Version ohne vertrauliche Details zu veröffentlichen. Der US-Chiphersteller Intel hofft beim Bau seiner neuen Halbleiterwerke in Magdeburg auf einen frühzeitigen Beginn im nächsten Jahr. "Wir planen den Spatenstich im ersten Halbjahr 2023 und sind optimistisch, dass auch in diesem Zeitraum der EU Chips Act verabschiedet wird", sagte der Personalchef von Intel in Deutschland, Bernd Holthaus, der Nachrichtenagentur dpa. In Magdeburg sollen ab 2027 Chips produziert werden. Steigende Rückstellungen für Kreditausfälle haben der britischen Großbank HSBC im ersten Halbjahr einen Gewinnrückgang eingebrockt. Der Vorsteuergewinn fiel um 15 Prozent auf 9,2 Milliarden Dollar. Allerdings hatten Analysten mit einem noch größeren Rückgang auf 8,15 Milliarden Dollar gerechnet. Bank-Chef Noel Quinn zeigte sich zuversichtlich, dass steigende Zinsen die Erträge anschieben dürften.
2finanzen
Bei einem mutmaßlichen Mordanschlag in der Nähe von Moskau ist nach Angaben russischer Ermittler die Tochter des rechtsnationalistischen Ideologen Alexander Dugin getötet worden. "Die Identität der Toten ist geklärt, es ist die Journalistin und Politologin Darja Dugina", teilte das nationale Ermittlungskomitee in Moskau mit. Duginas Auto explodierte nach Angaben der Ermittler am Samstagabend während der Fahrt in einer Vorstadtsiedlung im Moskauer Gebiet. Die Ermittler veröffentlichten ein Video von der Arbeit der Experten vor Ort. Nach ersten Erkenntnissen war demnach an dem Fahrzeug ein Sprengsatz montiert, der detonierte. Es werde in verschiedene Richtungen ermittelt, hieß es in der Mitteilung der Ermittler. Offen blieb, ob der Anschlag dem Vater Duginas gegolten haben könnte. Dugin wird von Medien und Autoren immer wieder als Einflüsterer oder als "Gehirn" des russischen Präsidenten Wladimir Putin bezeichnet. Die 29-Jährige selbst galt als glühende Verfechterin des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Sie stand nach Berichten Moskauer Medien auf der Sanktionsliste Großbritanniens wegen der Verbreitung von Propaganda und Falschnachrichten über die Invasion. Nach einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax hatten Dugin und seine Tochter am Samstag gemeinsam das patriotische Festival "Tradition" besucht, das von einer Stiftung des Präsidenten unterstützt wird. "Es war geplant, dass Vater und Tochter das Festival gemeinsam verlassen, Darja fuhr aber allein in dem Fahrzeug", so Interfax. Unter russischen Nationalisten und prorussischen Kräften in der Ukraine löste der Anschlag Entsetzen aus. "Die Terroristen des ukrainischen Regimes haben versucht, Alexander Dugin zu liquidieren und haben seine Tochter in die Luft gesprengt", schrieb der Anführer der Separatisten-Hochburg Donezk, Denis Puschilin, im Nachrichtenkanal Telegram. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak wies eine Beteiligung Kiews jedoch zurück. "Die Ukraine hat natürlich mit der gestrigen Explosion nichts zu tun, weil wir kein krimineller Staat sind - wie die Russische Föderation - und schon gar kein Terrorstaat", sagte Podoljak dem Internetportal Ukrajinska Prawda zufolge bei einem Fernsehauftritt.
1asien
Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, ist an der Spitze einer Delegation des Kongresses in Armenien eingetroffen. Nach Angaben der US-Botschaft ist unter anderem ein Treffen mit dem armenischen Regierungschef Nikol Paschinjan geplant.Kurz vor ihrer Abreise hatte Pelosi gesagt, dass sie mit der Reise auf die Lage der Menschenrechte und die Achtung der Würde aller Menschen hinweisen wolle.Nach zwei Tagen schwerer Kämpfe zwischen Aserbaidschan und Armenien war am Mittwochabend eine Waffenruhe vereinbart worden. Bisher wurden keine Verstöße gegen die Feuerpause gemeldet.Bei den Gefechten wurden nach offiziellen Angaben mehr als 100 Armenier getötet. 50 Quadratkilometer armenisches Gebiet seien in der Hand des Gegners, hatte Paschinjan im Parlament gesagt. Die aserbaidschanische Seite sprach von 54 gefallenen Soldaten ihrer Armee. Armenien und Aserbaidschan streiten sich seit Jahrzehnten um Grenzverlauf und Territorien - unter anderem wegen des Gebiets Bergkarabach. Die dort lebenden Armenier machen ihr Recht auf nationale Selbstbestimmung geltend, während Aserbaidschan sich auf sein Recht auf territoriale Integrität beruft.Während eines sechswöchigen Krieges im Jahr 2020 eroberte Aserbaidschan weite Teile der Region und umliegende Gebiete zurück, die seit Jahrzehnten von den dort lebenden Armeniern kontrolliert worden waren. Der Krieg endete mit einem von Russland vermittelten Waffenstillstand.
1asien
Nach der Wartung einer Turbine für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 in Kanada steht die Regierung des Landes scharf in der Kritik. Indem sie die Wartung und Auslieferung zurück Richtung Russland genehmigt habe, habe sie Sanktionen gegen Russland umgangen. Doch auf ihrem Besuch in Montreal hat sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock klar hinter das Handeln der kanadischen Regierung gestellt."Ihr habt als Regierung für die europäische Solidarität eingestanden", betonte Baerbock bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrer kanadischen Amtskollegin Mélanie Joly. Baerbock warf Russland erneut vor, Energie als mögliches Druckmittel nutzen zu wollen. Gerade angesichts einer solchen Bedrohung müsse deutlich werden: "Wir stehen beieinander, wir stehen miteinander ein. Und ich weiß, dass das für Euch nicht einfach war. Dafür herzlichen Dank."Auch Joly verteidigte die Entscheidung ihrer Regierung, die Auslieferung der Turbine zu gewähren, ein weiteres Mal. Es sei klar, dass der russische Präsident Wladimir Putin einen "hybriden Krieg" führe und "Spaltung in unserem Bündnis säen" wolle. Das habe ihr Land nicht zulassen wollen.Am 11. Juli hatte die Wartung der Gas-Pipeline Nord Stream 1 begonnen - nach rund anderthalb Wochen floss wieder Gas von Russland nach Deutschland, allerdings auf einem stark reduzierten Niveau. Bereits Mitte Juni hatte der russische Staatskonzern Gazprom die Gaslieferungen auf etwa 40 Prozent der maximalen Kapazität heruntergeschraubt. In der vergangenen Woche wurden die Gas-Importe in die Bundesrepublik abermals gedrosselt - auf nur noch 20 Prozent der möglichen Lieferkapazität. Gazprom begründete dies mit weiteren anstehenden Reparaturarbeiten. Die in Kanada gewartete Turbine hängt jedoch in Deutschland fest. Russland zufolge fehlten notwendige Dokumente. Schuld daran seien die wegen der Invasion in der Ukraine verhängten Sanktionen gegen Russland. Diese Darstellung wies Bundeskanzler Scholz bei einem Besuch des Siemens Energy-Werks in Mülheim an der Ruhr klar zurück. Er machte Russland für Verzögerungen beim Rücktransport verantwortlich. "Es ist offensichtlich, dass nichts, aber auch wirklich gar nichts dem Weitertransport dieser Turbine und ihrem Einbau in Russland entgegensteht", sagte Scholz. "Sie kann jederzeit transportiert und genutzt werden." In Kanada untersucht derzeit ein Parlamentsausschuss, ob die Erlaubnis für die Auslieferung der Turbine durch die Regierung rechtmäßig war. Auch Joly muss voraussichtlich am Donnerstag vor dem Gremium aussagen.Bundesaußenministerin Baerbock betonte in Montreal jedoch, dass sie in Kanada nicht nur im geschlossenen Auftreten gegen Russland einen Partner sehe. Auch wirtschaftlich will die Grünen-Politikerin künftig enger mit Kanada kooperieren, das sehe sie ein "riesiges weiteres Potenzial". Etwa beim Import von Mineralien, Flüssiggas oder Wasserstoff. In ein paar Wochen will auch Kanzler Scholz nach Kanada reisen, um eine wirtschaftlich engere Zusammenarbeit zu erörtern.
0amerika
Die US-Raumfahrtbehörde NASA hat erstmals absichtlich ein Raumfahrzeug in einen Asteroiden rasen lassen, um dessen Flugbahn zu verändern. Die Sonde Dart (Double Asteroid Redirection Test) raste bei dem spektakulären Experiment mit mehr als 20.000 Stundenkilometern in den Asteroidenmond Dimorphos, wie auf Live-Bildern zu sehen war. "Aufprall bestätigt für die weltweit erste Testmission zur planetaren Verteidigung", verkündete die NASA. Die Mission habe Geschichte geschrieben, sagte NASA-Managerin Lori Glaze. "Wir brechen jetzt in eine neue Ära der Menschheit auf, in der wir die Möglichkeit haben könnten, uns gegen den Einschlag eines Asteroiden zu schützen." Auf den von der Kamera der Sonde zur Erde übertragenen Bildern wurde der Asteroid Dimorphos erst rund eine Stunde vor dem Einschlag als heller Punkt sichtbar, wurde dann immer größer und war schließlich mit Oberflächendetails und Schattierungen zu sehen - bis die Kamera beim Einschlag zerstört wurde und das Bild eine rote Störung anzeigte. Im Kontrollzentrum der NASA brach daraufhin Jubel aus, das Team klatschte und umarmte sich gegenseitig. Bis kurz vor Aufprall war nicht ganz sicher gewesen, ob die mit einer Geschwindigkeit von rund 6,6 Kilometern pro Sekunde fliegende Sonde von der Größe eines Getränkeautomaten, die die letzten Minuten im Autopilot unterwegs war, den Asteroiden von der Größe eines Fußballstadions auch wirklich treffen würde. Die Sonde für das Experiment war im November 2021 in Kalifornien gestartet. Durch den Aufprall soll die Umlaufbahn von Dimorphos, der rund elf Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist, leicht verändert werden. Dimorphos, eine Art Mond des Asteroiden Didymos, stellt Berechnungen der NASA zufolge derzeit keine Gefahr für die Erde dar - und die Mission ist so angelegt, dass der Asteroid auch nach dem Aufprall der Sonde keine Gefahr darstellen soll. Von der rund 330 Millionen Dollar teuren Mission erhofft sich die NASA Erkenntnisse darüber, wie die Erde vor herannahenden Asteroiden geschützt werden könnte. Nach dem erfolgreichen Aufprall beginne nun die eigentliche wissenschaftliche Arbeit, sagte NASA-Managerin Glaze. Die Forscher müssen nun untersuchen, ob sich die rund zwölfstündige Umlaufbahn des Dimorphos durch den Einschlag der Sonde verändert hat - und wenn ja, inwiefern sie sich verändert hat.
0amerika
Das Bundeskabinett hat ein Finanzpaket beschlossen, um das Milliardendefizit bei den gesetzlichen Krankenversicherungen im kommenden Jahr auszugleichen.Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass der Zusatzbeitrag im kommenden Jahr um 0,3 Prozentpunkte auf 1,6 Prozent des Bruttoeinkommens angehoben wird. Die genaue Höhe legen die Kassen jeweils selbst fest. Derzeit liegt der durchschnittliche Zusatzbeitrag bei 1,3 Prozent. Der gesamte Beitrag umfasst daneben auch den allgemeinen Satz von 14,6 Prozent des Bruttolohns. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, dies sei eine "sehr maßvolle" Größenordnung, zudem werde sie zur Hälfte von den Arbeitgebern getragen. Rund 85 Prozent der Finanzlücke würden mit Maßnahmen abgedeckt, die die Beitragszahler nicht belasten. Geplant ist demnach auch ein zusätzlicher Bundeszuschuss für die Kassen von zwei Milliarden Euro. Vorgesehen sind unter anderem auch ein Abbau von Finanzreserven, Effizienzsteigerungen, ein Beitrag der Pharmaindustrie und der Wegfall einer Extra-Honorierung für Neupatienten in Praxen. Dies habe sich nicht bewährt und sei auch nicht zu überprüfen gewesen, machte Lauterbach deutlich. Lauterbach bekräftigte, dass es keine Leistungskürzungen für die Versicherten geben solle.Ziel der Maßnahmen ist es nach Angaben des Gesundheitsministers, noch höhere Zusatzbeiträge für Versicherte und Unternehmen zu vermeiden und weiter alle Kassenleistungen anzubieten. Ohne zusätzliche Maßnahmen würde der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der GKV im Jahr 2023 von derzeit 1,3 Prozent um rund einen Prozentpunkt steigen und anschließend aufgrund der Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben jedes Jahr um weitere 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte zunehmen, heißt es. Lauterbach erklärte, die GKV verzeichne ein historisch hohes Defizit von 17 Milliarden Euro. Gründe seien die Alterung der Gesellschaft, verbesserte Technologien und weniger Beitragszahler. Dazu kämen Pandemie-bedingte Kosten. Laut Bundesgesundheitsministerium liegen die Ausgabenzuwächse der Gesetzlichen Kassen während der Coronapandemie weiterhin teils deutlich über vier Prozent pro Jahr.
3innenpolitik
Olaf Scholz war wandern. Im Allgäu. Fotos zeigen den Kanzler mit kurzer Hose, Rucksack und manchmal auch mit Handy am Ohr. Denn so richtig im Urlaub ist ein Regierungschef natürlich nie. Und als hätte der Kanzler nicht schon genug Probleme, wartet nun ein weiterer unangenehmer Termin - Ende kommende Woche in der alten Heimat, in Hamburg. Da ist Olaf Scholz vor dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft geladen. Dort liegen die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft und viele Fragen auch an den ehemaligen Ersten Bürgermeister, der heute der Bundeskanzler ist. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagt, Scholz werde sich in Hamburg dem Ausschuss stellen. "Dort wird alles, was sachdienlich zu behandeln ist, behandelt werden." Diskutiert wird in Berlin auch über mehr als 200.000 Euro, die in einem Schließfach des ehemaligen Bundestags-Abgeordneten Johannes Kahrs gefunden worden sein sollen. Hier gibt es aber keinerlei Belege für einen Zusammenhang zum Cum-Ex-Skandal. Bei Cum-Ex ließen sich Banken Steuern erstatten, die sie nie gezahlt haben. Ein Geschäft, das sehr kompliziert ist, und den Staat viele Milliarden kostet. In Hamburg hatte die Finanzbehörde 2016 darauf verzichtet, 47 Millionen Euro von der Hamburger Privatbank Warburg zurückzufordern. Damals war Olaf Scholz der Erste Bürgermeister der Hansestadt.Haben führende SPD-Politiker Einfluss auf den Steuerfall genommen? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Untersuchungsausschuss in Hamburg. Schon einmal wurde Olaf Scholz befragt. Der hatte sich 2016 mit dem Miteigentümer der Warburg Bank, Christian Olearius, getroffen. Warburg und Olearius bestreiten, Einfluss auf politische Entscheidungen genommen zu haben. Scholz sagte immer wieder, er könne sich an vieles nicht erinnern.  Die zuständige Staatsanwaltschaft in Köln prüft den Verdacht, ob in der Hamburger Finanzbehörde E-Mails gelöscht worden sein könnten. Zuletzt hatten die Ermittler außerdem WhatsApp-Nachrichten beschlagnahmt. Nach Recherchen des WDR schrieb eine Finanzbeamtin im November 2016 - wenige Stunden nachdem die Finanzbehörde auf die Steuernachzahlung verzichtet hatte -  ihr teuflischer Plan sei aufgegangen. Scholz' Nachfolger in Hamburg Peter Tschentscher, der damals Finanzsenator war, bezeichnete den Verdacht der politischen Einflussnahme als "völlig haltlos". Doch Cum-Ex wird Hamburg, die SPD und damit auch den Kanzler noch länger beschäftigen.Mehrfach hat der Kanzler seinen Urlaub unterbrochen. Einmal, um zum EM-Finale der Frauen zu reisen. Trotz der Niederlage sicher einer der angenehmeren Termine. Ein anderes Mal reiste Scholz nach Berlin mit einem Versprechen. "You'll never walk alone", erklärte der Kanzler. Heißt, dass die Bundesregierung die Bürgerinnen und Bürger mit hohen Energiepreise nicht allein lassen wird. Doch schon kurze Zeit darauf verkündete sein Wirtschaftsminister, Robert Habeck, eine bittere Nachricht. Auf die Haushalte kommen mehrere Hundert Euro mehr im Jahr für die Gasrechnungen zu - eine Gasumlage, damit Energieversorger überleben. Sofort entspann sich eine Debatte: Ist es eigentlich gerecht, dass zum Beispiel Konzerne wie Shell oder BP ihre Gewinne vervielfachen - könnten die nicht mehr abgeben? Eine Übergewinnsteuer sei kein Thema, ließ Scholz über seinen Regierungssprecher erklären. Doch in der Kanzlerpartei SPD ist sie das sehr wohl. Vorsitzende Saskia Esken sagt, es gehe um Unternehmen, die ohne eigene Leistung und Innovation übermäßige Gewinne machten, "also eben aus der Krise Profit schöpfen". Diesen sollte der Staat abschöpfen, um Bürger und auch kleine Unternehmen zu entlasten. Eine Partei, wie die SPD, die sich soziale Gerechtigkeit auf die Fahnen geschrieben hat, wird im Herbst und Winter Farbe bekennen müssen. Wenn die Energiepreise steigen und das Gas nicht für alle reicht. Wenn Arbeitslosigkeit droht und Menschen vielleicht zu Hause frieren müssen. Doch die SPD ist im aktuellen Deutschlandtrend abgerutscht. Nur noch 17 Prozent würden die Partei von Olaf Scholz wählen, das ist Platz drei hinter CDU und Grünen.Die Ampel ist längst raus aus der Selfie-Romantik, der Streit wird nicht einmal mehr versteckt. Arbeitsminister Heil will die Hartz-IV-Sätze erhöhen, Finanzminister Christian Lindner lehnt das ab. Die Grünen wollen eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket. Finanzminister Lindner lehnt das ab. In der Corona-Politik holperte es zuletzt heftig zwischen Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Justizminister Marco Buschmann. Am Ende stellten sie einen Entwurf für ein neues Infektionsschutzgesetz vor, der bereits jetzt Gegenwind bekommt. Aus den Ländern - aber auch aus der Koalition. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki von der FDP fordert, dass nachgearbeitet wird: "Das darf der Deutsche Bundestag nicht so beschließen."Und dann ist da noch der Krieg in der Ukraine und die Sorge vor steigenden Preisen in Deutschland. Der Kanzler besichtigte vergangene Woche die berühmte Gasturbine in Mülheim an der Ruhr. Ihre Wartung war ein Grund, warum Gazprom die Lieferungen reduziert hatte. Scholz ließ sich vor der Turbine ablichten, doch es war zu sehen, dass er nicht recht wusste, wie er vor dieser riesigen Maschine posieren soll. Es ging ihm um eine klare Botschaft an Putin: Die Turbine ist fertig und könne jederzeit geliefert werden. "Es ist offensichtlich, dass nichts, aber auch wirklich gar nichts dem Weitertransport dieser Turbine und ihrem Einbau in Russland entgegensteht", sagte Scholz. Doch Putin hat das bislang wenig beeindruckt. Die Energiekrise beschert der Regierung einen weiteren Streit. Es läuft eine Debatte, ob der Ausstieg aus der Atomenergie verzögert werden könnte. Das grüne Wirtschaftsministerium hat bereits den zweiten Stresstest gestartet. Die FDP drängt schon jetzt zur Eile und zur Entscheidung. Der Bundeskanzler sagt, er könne es sich zumindest vorstellen, Kernkraft länger zu nutzen. Spricht der Kanzler ein Machtwort? Gibt er die Richtlinien vor? Am Mittwoch leitet der Bundeskanzler zum ersten Mal nach dem Urlaub wieder das Kabinett. Und nur einen Tag später stellt er sich in der Bundespressekonferenz den Hauptstadtjournalistinnen und -journalisten. Das ist der Termin, den seine Vorgängerin Angela Merkel immer vor den Urlaub legte und wo sich die Kanzlerin oft launig und locker gab. Scholz macht es anders, doch es sind auch andere Zeiten.
3innenpolitik
Nordkorea hat seine Atomwaffenpolitik gesetzlich verankert. Die Oberste Volksversammlung - Nordkoreas faktisch machtloses Parlament - verabschiedete ein Gesetz, demzufolge das Militär des Landes "automatische" Atomschläge gegen feindliche Truppen ermöglicht, falls die Führung in Pjöngjang attackiert werden sollte. Ein solcher Atomschlag könne automatisch erfolgen, um den Ursprung der Provokation zu zerstören, berichteten nordkoreanische Staatsmedien. Das Gesetz wird von Beobachtern als Grundlage für einen möglichen atomaren Erstschlag interpretiert - für den Fall, dass ein anderer Staat eine unmittelbare Bedrohung für Nordkorea ist.Machthaber Kim Jong Un sagte nach Angaben der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA, mit dem neuen Gesetz sei "der Status unseres Landes als ein Atomwaffenstaat irreversibel geworden". Er fügte hinzu: "Hiermit wird eine unwiderrufliche Linie gezogen, damit es keinerlei Verhandlungen über unsere Atomwaffen gibt." Nordkorea ist wegen seines Atomwaffenprogramms harten internationalen Sanktionen unterworfen. Das Land bezeichnet sich bereits in seiner Verfassung als Atommacht. Das nun verabschiedete Gesetz verbietet nach Angaben nordkoreanischer Staatsmedien jegliche Weitergabe von Atomwaffen oder Atomwaffentechnologien an andere Länder.Kim warf den USA in seiner Ansprache vor, eine Druckkampagne gegen sein Land zu forcieren, um dessen Verteidigungsfähigkeit zu schwächen und letztlich den Zusammenbruch seiner Regierung herbeizuführen. Der Machthaber kritisierte auch Pläne Südkoreas, seine konventionelle militärische Schlagkraft zu verstärken und groß angelegte Manöver mit den USA wieder aufzunehmen. Diese "gefährlichen" Militäraktionen erhöhten nur die Spannungen, so Kim. Seit Januar hat Nordkorea eine ganze Reihe von Waffentests ausgeführt, darunter auch der Abschuss einer Interkontinental-Rakete. Zugleich machte Nordkorea das verfeindete Südkorea für den Corona-Ausbruch in dem abgeschotteten Land verantwortlich.
1asien
Mit Blick auf hohe Preise für Energie und Nahrungsmittel hat der Co-Vorsitzende der Partei Die Linke, Martin Schirdewan, scharfe Kritik an der Bundesregierung geübt. Sie sei handlungsunwillig oder -unfähig, wenn es um eine "gerechte Verteilung der Lasten der zu erwartenden Krise" gehe. Die Kosten würden so "einseitig auf die Bevölkerungsmehrheit umgelegt".Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der Folgen drohe eine "soziale Katastrophe, mit einer gewaltigen Welle von Energiearmut, die auf das Land zu rollt, die gleichzeitig aber auch mit der Inflation dazu führt, dass die Leute sich die Nahrungsmittel nicht mehr leisten können, dass die Mieten immer weiter steigen", so Schirdewan.Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass das Land in eine "manifeste Krise der Demokratie" laufe. Die extreme Rechte beginne jetzt schon zu mobilisieren. Denen ginge es nicht um die soziale Frage, sondern um ihr antidemokratisches Programm. "Wir laufen als Gesellschaft in einen perfekten Sturm."Auch seine Partei werde im Herbst zu Protesten aufrufen. Ziel sei es, die Bundesregierung unter Druck zu setzen und zum Handeln zu bewegen, sagte der 47-Jährige. Die Linke werde für einen Gaspreisdeckel kämpfen, für ein Mietenmoratorium und ein Verbot von Gas- und Stromsperren. Die drohen, wenn Menschen ihre Rechnungen nicht zahlen können.Schirdewan kritisierte Bundesfinanzminister Christian Lindner, weil dieser sich weigere, sich "mit den Großen und Mächtigen anzulegen" und "die Krisengewinner zur Kasse zu bitten" - zum Beispiel in Form einer Übergewinnsteuer. Auch der Bundeskanzler Olaf Scholz stehe da unverständlicherweise auf der Bremse. Er verwies auf einen Vorschlag der Sozialdemokraten in Österreich, die dort in der Opposition sind. Diese forderten, sich die Gewinne der Energiekonzerne der vergangenen drei Jahre anzusehen und einen Durchschnittswert zu bilden, so Schirdewan. Alles was zehn Prozent über diesem Wert liege, solle der Idee zufolge abgeschöpft werden. Mit den Einnahmen könne der Staat sozialpolitische Maßnahmen finanzieren.Schirdewan sitzt im Europaparlament und ist dort Co-Vorsitzender seiner Fraktion. Die Partei führt er gemeinsam mit Janine Wissler - allerdings erst seit Kurzem: Auf dem Parteitag im Juni wurde er außerplanmäßig zum Nachfolger von Susanne Hennig-Wellsow gewählt, die zurückgetreten war. Die Partei quält sich seit Jahren mit internen Grabenkämpfen und inzwischen auch einer Sexismus-Debatte. In der Sonntagsfrage des aktuellen ARD-DeutschlandTrends liegt sie derzeit unterhalb ihres Ergebnisses bei der Bundestagswahl bei vier Prozent. Schirdewan gilt als ostdeutscher Pragmatiker, er wolle mit "klarem politischen Kurs" vorangehen. Die Linke werde "interne Probleme" nun "intern klären".Den umstrittenen und im Nachhinein ergänzten Tweet der Parteilinken Sahra Wagenknecht, in dem sie von einem "Krieg gegen Russland" schreibt, sieht Schirdewan nicht als Grund für ein Parteiausschlussverfahren - das wäre kein adäquater Umgang miteinander. Auf dem Parteitag seien politische Positionen geklärt worden, wie etwa das Verhältnis zu Russland. Abweichende Positionen seien "ein Spiegelbild der Diskussionen, die auch in der Gesellschaft stattfinden".Für den Krieg gegen die Ukraine trage der russische Präsident Wladimir Putin die "alleinige Verantwortung". Die "Genese der Ost-Ausdehnung der NATO" etwa rechtfertige diesen "völkerrechtswidrigen Angriffskrieg" nicht, hielt Schirdewan fest. Allerdings störe ihn an der derzeitigen Debatte, dass diejenigen, die auf Diplomatie und eine politische Lösung setzten, "eine Welle der Verächtlichmachung" erfahren und "als naive Pazifistinnen und Pazifisten gescholten würden - oder "als Putin-Versteher". Und das selbst dann, wenn sie sich zugleich für Sanktionen gegen Russland, humanitäre Hilfe und einen Schuldenschnitt für die Ukraine aussprächen. Schirdewan forderte, die Militärlogik zu überwinden, die derzeit alles dominiere. Es müsse darüber nachgedacht werden, wie Frieden mit zivilen Mitteln gesichert werden könne. Nötig sei eine Friedensordnung, die auf Völkerrecht basiere - und eine Stärkung von Institutionen wie den Vereinten Nationen. Europäische Spitzenpolitiker sollten das Gespräch mit Putin suchen."Diplomatie wirkt, Diplomatie funktioniert", sagte der Linken-Vorsitzende - das habe das Getreideabkommen zwischen der Ukraine und Russland gezeigt, das unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei zustande gekommen war.
3innenpolitik
Diese Zahlen sprechen für sich: Die großen Energiekonzerne haben ihre Gewinne in den vergangenen Monaten kräftig nach oben schrauben können - bei BP verdreifachte sich der Reingewinn, ebenso bei den Öl-Giganten Chevron und Exxon; andere haben ihr Plus verdoppelt. Der Ukraine-Krieg und das weltweit immer knapper werdende Energieangebot lassen bei solchen Firmen offenbar überall auf dem Globus die Einnahmen sprudeln. Auch der Essener Energiekonzern RWE, nach wie vor sehr aktiv in der Stromerzeugung aus Braunkohle, hat seine Gewinnerwartungen für dieses Jahr deutlich nach oben geschraubt - statt von knapp vier Milliarden geht man nun von fünfeinhalb Milliarden Euro aus, heißt es. Und das in einer Zeit, in der viele Menschen damit rechnen müssen, demnächst ihre Rechnungen für Gas, Strom oder Öl möglicherweise nicht mehr bezahlen zu können, weil auch sie sich verdoppeln, vielleicht sogar verdreifachen werden. Bei der EU-Kommission in Brüssel verstärkt sich der Eindruck: Das passt nicht zusammen. Sie hatte den Mitgliedsstaaten deshalb schon im Frühjahr grundsätzlich grünes Licht für eine sogenannte Übergewinnsteuer gegeben: eine Steuer also, die solche Krisengewinne zumindest teilweise abschöpft. EU-Verbraucherschutzkommissarin Vera Jourova sagt, eine solche Steuer - richtig angewendet - sei gut und effizient, denn diese Steuer ziele nur auf zusätzliche Staatseinnahmen durch die zeitweiligen Übergewinne; Unternehmensentscheidungen würden dadurch nicht beeinflusst. Vorschreiben kann die EU-Kommission eine solche Steuer den Mitgliedsstaaten nicht, aber: Sie legt sie ihnen nahe. Schließlich gehe es darum, Menschen zu unterstützen, die sich die immer teurere Energie schon jetzt oder spätestens im Herbst nicht mehr leisten könnten. Mit Einnahmen aus einer Übergewinnsteuer, so der Gedanke, lässt sich das finanzieren. Tatsächlich sind bereits mehrere Länder in der Europäischen Union dabei, eine solche Steuer einzuführen. Spanien will damit in den nächsten zwei Jahren sieben Milliarden einnehmen und direkt für Sozialausgaben verwenden. Belgien beabsichtigt, Übergewinne von Energieunternehmen mit 25 Prozent zu besteuern und mit den Einnahmen ebenfalls die Energiekosten für Privathaushalte zu senken. Italien will es ähnlich machen - dort ist die Windfall-Tax, wie Fachleute sie nennen - bereits beschlossene Sache. Und auch Österreich oder Frankreich erwägen einen solchen Schritt - in Paris auch mit dem Argument, dass man Energiekonzerne durch Steuersenkungen oder Tankrabatte bisher ja sogar zusätzlich entlastet habe. Deutschland solle sich daran ein Beispiel nehmen, verlangt der grüne Europaparlamentarier Rasmus Andresen: "Wir Grüne schlagen deshalb eine Übergewinnsteuer von 50 Prozent auf exzessive Gewinne vor. Und einer weiterer Teil dieser Gewinne soll in Investitionen in erneuerbare Energie fließen, die wir dringend benötigen." Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP lehnt das allerdings konsequent ab. Eine Übergewinnsteuer verzerre die Marktmechanismen und habe im Zweifel unerwünschte Nebenwirkungen. So sieht es auch der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber. Schließlich gebe es auch Energieunternehmen, die derzeit das Gegenteil hoher Gewinne machten - etwa das deutsche Unternehmen Uniper, dem die Bundesregierung gerade finanziell unter die Arme gegriffen hat, um es wegen der rasant gestiegenen Gas-Beschaffungskosten vor dem Kollaps zu bewahren. Uniper spielt eine zentrale Rolle bei der Gasversorgung von Millionen Haushalten in Deutschland. "Also, so einfach ist das auch nicht, dass man da plötzlich so riesige Gewinne macht, sondern es ist von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich. Und deshalb brauchen wir vernünftige Steuersysteme und nicht noch Zusatzsteuern", meint Ferber.Dabei ist es ausgerechnet das als besonders wirtschaftsliberal geltende Großbritannien, das nicht lange gefackelt hat und Öl- und Gasproduzenten dort in diesem Jahr pauschal mit einem um 25 Prozent höheren Steuersatz zu Kasse bittet. So einfach lassen sich Übergewinne also auch abschöpfen. In der EU halten das viele für vorbildlich - auch wenn die Briten gar nicht mehr in der EU sind.
5unternehmen
Mit einer großen Liebeserklärung nahm Roger Federer Abschied von seiner einzigartigen Karriere. "Zum Schluss, an das Tennisspiel: Ich liebe Dich und werde Dich nie verlassen", schrieb der Schweizer Superstar ans Ende seiner Rücktrittserklärung, die viele Sportfans weit über die Tenniswelt hinaus bewegte.Mit 41 Jahren beugt sich der langjährige Weltranglisten-Erste nun doch seinem geschundenen Körper. "Ich muss erkennen, wenn es Zeit ist, meine Profi-Laufbahn zu beenden", ließ Federer wissen. Der Laver Cup in London kommende Woche soll sein letzter Einsatz auf der ATP-Tour werden."Das ist eine bittersüße Entscheidung, weil ich alles vermissen werde, das die Tour mir gegeben hat", gestand der gebürtige Basler. 20 Grand-Slam-Titel und insgesamt 103 Einzel-Titel hat Federer gewonnen, mehr als 1500 Matches bestritten und mehr als 130 Millionen Dollar allein an Preisgeld eingespielt. Er war 2008 in Peking Olympiasieger im Doppel und holte mit der Schweiz 2014 den Davis Cup. "Ich will allen in der Welt danken, die die Träume eines Schweizer Balljungen wahr werden ließen", schrieb Federer.Seine Entscheidung kommt nur wenige Tage nach dem Ende der US Open, bei denen in Serena Williams (40) eine weitere Tennis-Ikone wohl ihr letztes Match bestritten haben dürfte - eine Zeitenwende für den Tennis-Zirkus. Über vier emotionale Seiten hinweg dankte Federer Freunden, Weggefährten und Fans für eine Zeit, die er als so "magisch" empfunden hat, "dass es sich anfühlt, als hätte ich schon ein ganzes Leben gelebt".Die wohl vorbereiteten Abschiedsworte verlas Federer auch in den sozialen Netzen, zu sehen war dabei aber nur ein Foto von ihm. Hunderttausendfach wurde die Nachricht im Internet angeschaut, geteilt, kommentiert. Der neue Weltranglisten-Erste Carlos Alcaraz, ein 19 Jahre alter Kraftprotz aus Spanien, twitterte nur "Roger..." und ein gebrochenes Herz.Lange hatte der Tennis-Maestro um ein erneutes Comeback gekämpft. Im August des Vorjahres war er zum dritten Mal am rechten Knie operiert worden. Zuletzt stand er beim Viertelfinal-Aus in Wimbledon im Juli 2021 bei einem Match auf dem Tennisplatz. "Ich kenne die Möglichkeiten und Grenzen meines Körpers, und seine jüngste Botschaft an mich war klar", sagte Federer. Beim von ihm mit erschaffenen Laver Cup plant er in London im Europa-Team an der Seite von Rafael Nadal und Novak Djokovic seinen letzten Aufschlag.Der Sohn eines Schweizers und einer Südafrikanerin wurde 1998 Profi, feierte seinen ersten Turniersieg 2001 in Mailand und schaffte 2003 mit dem ersten von acht Triumphen auf dem Rasen von Wimbledon seinen Durchbruch. Mit Nadal lieferte sich Federer ebenso wie später auch mit Djokovic epische Duelle. Er meldete sich im Lauf seiner mehr als zwei Jahrzehnte langen Karriere auch mehrmals grandios nach Verletzungen oder schwächeren Jahren zurück.2012 erklomm er mit dem Wimbledonsieg auch wieder die Spitze der Weltrangliste. "Es war ein Privileg, deine Reise zu verfolgen und dich zum Champion in jeder Hinsicht reifen zu sehen. Wir werden den Anblick so sehr vermissen, wenn du unsere Plätze beehrst. Alles was wir jetzt sagen können ist Danke, für die Erinnerungen und die Freude, die du so vielen gegeben hast", schrieben die Macher des Wimbledon-Turniers an Federer.2017 schlug er Nadal in einem denkwürdigen Finale bei den Australian Open in Melbourne, wo er ein Jahr später auch den letzten seiner 20 Grand-Slam-Titel holte. 2019 verlor er nach vergebenen Matchbällen das Wimbledon-Endspiel gegen Djokovic, der ihn wie Nadal als Nummer eins der Welt ablöste. Nadal mit inzwischen 22 Grand-Slam-Titeln und Djokovic (21) sind während Federers langer Zwangspause auch in dieser Rekordliste am Schweizer vorbeigezogen.Die Fans verehrten Federer für sein ästhetisches Spiel, das auch schwierigste Schläge mitunter verblüffend leicht aussehen ließ. Tatsächlich steckten in seinem meist offensiven Auftreten auf dem Platz viel Kraft und Athletik. "Mir ist ein besonderes Talent zum Tennisspielen gegeben worden. Und ich habe es auf ein Level geschafft, das ich mir nie vorgestellt habe, für viel länger, als ich es jemals für möglich hielt", schwärmte Federer.Der in jüngeren Jahren mitunter hitzige Ballkünstler wuchs mit dem sportlichen Erfolg auch im Auftreten zu einem Weltsportler. Im Umgang mit den Fans zeigte er sich immer bescheiden, geduldig und auch witzig, spricht fließend auch Englisch und Französisch.Mit seiner Frau Mirka, einer früheren Profispielerin aus Tschechien, den beiden Zwillingspaaren des Paars sowie seinem Begleittross reiste Federer durch die Welt - allerdings dosiert. Schon früh begrenzte er sein Programm auf wichtige Turniere, um seinem Körper Pausen zu geben. Nun ist es für Federer endgültig vorbei mit dem Wanderleben als Tennisprofi.Quelle: sportschau.de
4sportschau
In der irakischen Hauptstadt Bagdad sind Demonstranten erneut in das Parlamentsgebäude eingedrungen und haben eine Sitzung der Abgeordneten unmöglich gemacht. Anschließend begannen sie mit einem Sitzstreik. Wie Augenzeugen berichteten, versuchten Sicherheitskräfte zuvor die zahlreichen Anhänger des einflussreichen schiitischen Geistlichen Moktada al Sadr zuvor an der hoch gesicherten Grünen Zone mit Tränengas und Schallbomben zurückzudrängen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums gab es dabei etwa 60 Verletzte. In der rund zehn Quadratkilometer großen Grünen Zone im Zentrum Bagdads befinden sich zahlreiche Regierungseinrichtungen und das irakische Parlament sowie mehrere Botschaften, darunter auch die diplomatische Vertretung der USA. Bereits am Mittwoch waren Unterstützer von Sadr in die gesicherte Zone gelangt und hatten das Parlament gestürmt. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Menschen im Plenarsaal die irakische Flagge schwenkten, bevor sie sich kurze Zeit später wieder zurückzogen. Sie demonstrierten unter anderem gegen die Nominierung des ehemaligen Ministers Mohammed Schia al Sudani für das Amt des Premierministers. Dieser war von Ex-Regierungschef Nuri al Maliki und dessen Allianz vorgeschlagen worden, die mit dem Nachbarland Iran sympathisiert. Beide schiitischen Lager betrachten sich als Gegner. Im Irak tobt seit der Parlamentswahl im Oktober 2021 ein Machtkampf. Sadrs Liste hatte damals die meisten Sitze gewonnen und bemühte sich um eine Regierungsbildung. Zuletzt trat er jedoch mit seiner Partei geschlossen aus dem Parlament zurück. Die Regierungsbildung steckt seither in einer Sackgasse. Den Rückzug aus der Politik deuteten einige Beobachter als Schachzug, um Parteien und Politiker mithilfe von Massenprotesten unter Druck zu setzen. Viele Iraker haben nur noch wenig Vertrauen in die Politik - das ölreiche Land kämpft seit Jahren mit wirtschaftlichen und politischen Krisen.
1asien
Der Gasspeicherverband ist trotz eines Gesamtfüllstandes von aktuell 91,5 Prozent skeptisch, ob der zum 1. November angestrebte Speicherstand von 95 Prozent zum 1. November erreicht wird. "Die steigenden Gasverbräuche aufgrund fallender Temperaturen reduzieren zunehmend die Einspeichermöglichkeiten", sagte der Geschäftsführer des Speicherverbandes Initiative Energien Speichern (INES), Sebastian Bleschke, der Nachrichtenagentur dpa. Die deutschen Speicher müssen jeweils am 1. Oktober zu 85 Prozent gefüllt sein - so schreibt es das Energiewirtschaftsgesetz vor. Schon am 2. September hatte der Gesamtfüllstand diese Marke erreicht. "Sehr niedrige Verbräuche der Industriekunden in den vergangenen Wochen und Monaten haben sicherlich einen ganz wesentlichen Beitrag dafür geleistet", sagte Bleschke. Die insgesamt hohen Füllstände bedeuten für Bleschke jedoch noch keine Entwarnung für den Winter. "Aufgrund der weiterhin stark reduzierten Importmöglichkeiten für Gas muss davon ausgegangen werden, dass die Gasspeicher im Winter bereits früher als sonst und deutlich stärker zur Versorgung eingesetzt werden." Ob die Reserven ausreichten, werde stark davon abhängen, in welchem Umfang private Haushalte ihren Verbrauch senken würden und verflüssigtes Gas importiert werden könne. "Damit steht und fällt letztlich auch die Möglichkeit, die Füllstandsvorgabe von 40 Prozent am 1. Februar 2023 einhalten zu können." Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, betonte die Bedeutung des 40-Prozent-Ziels. "Erstens kann es auch im Februar und März noch sehr kalt werden und zweitens müssen die Speicher für den Winter 2023/2024 auch wieder aufgefüllt werden", sagte Müller der dpa. "Das kann schwieriger werden angesichts der dann fehlenden russischen Gasmengen, die uns in diesem Sommer bei der Befüllung der Speicher noch sehr geholfen haben." Russland liefert seit dem 1. September kein Gas mehr nach Deutschland. Derzeit erhält die Bundesrepublik Gas über Pipelines aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Im Oktober sollen Lieferungen aus Frankreich kommen. Zum Jahreswechsel sollen an Nord- und Ostsee drei Terminals zur Anlandung von verflüssigtem Erdgas (LNG) in Betrieb genommen werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck hält Energiesparen weiterhin für unabdingbar. "Wir müssen die Gasverbräuche nach wie vor runterbringen. 20 Prozent sind für Deutschland Zielmarke", sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk. "Wenn die Haushalte den Verbrauch nicht runterbringen, dann droht noch immer, dass wir zu wenig Gas im Winter haben." Daher würden die oberen Spitzen der Verbräuche auch nicht gedeckelt, damit ein Anreiz zum Sparen gegeben werde. Die genaue Ausgestaltung des Gaspreisdeckels sei aber Aufgabe der eingesetzten Kommission. Habeck schloss nicht aus, dass die Verbraucher auch über eine Prämie, die zu versteuern wäre, von den steigenden Energiepreisen entlastet würden. Er sagte aber, das Geld müsse "schnell und pauschal" gezahlt und keine komplizierten Prozesse in Gang gesetzt werden. "Nicht jede Preiserhöhung wird genommen werden. Eine gewisse Last wird genommen werden, aber die komplette Last wird nicht genommen werden können - auch nicht mit diesen gigantischen 200 Milliarden Euro." Bereits gestern hatte die Bundesnetzagentur mitgeteilt, dass der Gasverbrauch von Haushalten und Gewerbe in den vergangenen Tag stark angestiegen ist. In der vergangenen Woche lag er demnach deutlich über dem durchschnittlichen Verbrauch in den Vorjahren. "Ohne erhebliche Einsparungen auch im privaten Bereich wird es schwer, eine Gasmangellage im Winter zu vermeiden", sagte Netzagentur-Präsident Klaus Müller.Der Gasverbrauch hatte bis Mitte September teils deutlich unter den Verbräuchen der Vorjahre gelegen. Weil die privaten Verbraucher Gas hauptsächlich zum Heizen nutzen, hatten sie zu den Einsparungen bislang kaum beigetragen. Dass der Verbrauch nun mit sinkenden Temperaturen stark anstieg, veranlasste die Bundesnetzagentur zu Aufrufen zum Sparen. "Einsparungen müssen auch bei weiter sinkenden Temperaturen stattfinden", sagte Müller. "Da wird es auf jeden Einzelnen ankommen." Laut Bundesnetzagentur sind die privaten Haushalte und kleineren Gewerbekunden in Deutschland für rund 40 Prozent des Gasverbrauchs verantwortlich. Die großen Industriekunden waren bislang für rund 60 Prozent des deutschen Gasverbrauchs verantwortlich. Hier sank der Verbrauch laut Bundesnetzagentur im August nominal um 22 Prozent und lag auch in der Kalenderwoche 38 - Mitte September - deutlich unter dem durchschnittlichen Verbrauch der Vorjahre. Im Fall einer Gasmangellage will die Bundesnetzagentur den Unternehmen mehr Zeit geben, um sich auf eine Gasrationierung vorzubereiten. "Wir wollen ein Vorwarnsystem, bevor die Notfallstufe kommt", sagte Klaus Müller der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "So bekäme die Industrie mehr Zeit, um ihre Produktion geordnet herunterfahren zu können." Dazu sollen den Angaben zufolge Indikatoren entwickelt werden, die frühzeitig anzeigen, ob es ernst wird und eine Mangellage womöglich kurz bevor steht. Wie Müller verdeutlichte, würde die Behörde im ersten Schritt mit prozentualen Kürzungen für alle rund 40.000 Unternehmen arbeiten, die keinen besonderen Schutz genießen. In einer zweiten Stufe würde es dann individuelle Kürzungsanordnungen gegenüber den 2500 größten industriellen Gasverbrauchern geben. Die Bundesnetzagentur geht derzeit davon aus, dass zur Vermeidung einer Gasmangellage ein Rückgang des Verbrauchs um mindestens 20 Prozent erforderlich ist. In Sachen Gasversorgung gilt aktuell in Deutschland die Alarmstufe als zweite von drei Warnstufen des Notfallplans Gas. Sollte sich die Gasversorgungslage in Deutschland oder in den EU-Mitgliedsstaaten weiter verschlechtern, kann die Bundesregierung die Notfallstufe als höchste Stufe ausrufen. Die Bundesnetzagentur wird dann zum sogenannten Bundeslastverteiler und bestimmt, wer bei Gasmangel noch Gas erhält. Besonders geschützt sind Haushaltskunden, Kindergärten, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Altenheime und Arztpraxen, Polizei und Feuerwehr, die Bundeswehr, die Strom- und Wasserversorger, die Müllabfuhr, aber auch viele kleine und mittlere Unternehmen in den Bereichen Gewerbe, Handel und Dienstleistungen.
5unternehmen
Es wirkte ein bisschen widerwillig. Lina Magull wurde die "Ehre" zuteil, sich nach dem Sieg gegen Dänemark vor eine Sponsorenwand zu stellen und vor laufender Kamera einen klobigen Pokal überreicht zu bekommen. Es war die Auszeichnung als beste Spielerin der Partie - aber so recht zu freuen, schien sich die 27-Jährige nicht.Sekunden später huschte ihr aber doch ein Lächeln über die Lippen. Ersatzspielerin Laura Freigang hatte schnell ihr Smartphone aus dem Beutel geholt, um diesen Moment festzuhalten. Also schnitt Magull für ihre gute Freundin eine Grimasse und ließ sich noch einmal ablichten. "Uns verbindet ein besonderes Band", erklärte Freigang kurz darauf. "Und ich freue mich unglaublich für sie. Sie hat ein Riesen-Spiel gemacht."Mit ihrem 1:0, bei dem sie erst selbst den Ball eroberte und ihn dann unhaltbar für Torhüterin Lene Christensen ins Netz der Däninnen drosch, ebnete die Offensivspielerin den Weg zum Sieg. Nachdem sie zuvor schon ein paar Chancen ausgelassen hatte, "war beim Schuss auch viel Frust dabei", sagte Magull.Auch wenn die 27-Jährige zusätzlich zu ihrem Treffer noch das 2:0 vorbereitete, wollte sie selbst nicht im Mittelpunkt stehen: "Ich bin sehr stolz auf die ganze Mannschaft. Wir haben eine hervorragende Leistung gezeigt und nie Zweifel aufkommen lassen", betonte Magull.Es war ein Abend wie gemalt, ein Abend, der eine ganze Reihe besonderer Geschichten schrieb. Da war Torhüterin Merle Frohms, die bei ihrem ersten EM-Spiel ohne Gegentor blieb und mit einer schönen Parade das zwischenzeitliche 1:0 festhielt. "Wenn ich es mir vorher hätte aussuchen können, dann hätte ich mir dieses Spiel ausgesucht", sagte Deutschlands Nummer eins. "Es hätte nicht besser laufen können."Da war das Innenverteidigungs-Duo Kathrin Hendrich/Marina Hegering, das überhaupt erst zum zweiten Mal so zusammengespielt hat - und eine ganz starke Partie gezeigt hat.Und da waren die Jokerinnen: Erst erzielte Lena Lattwein 17 Minuten nach ihrer Einwechslung das 3:0 und sorgte mit ihrem ersten Länderspieltor überhaupt für die Entscheidung. Dann traf auch noch Alexandra Popp, die zusammen mit Lattwein in der 61. Spielminute das Spielfeld betreten hatte. Im Alter von 31 Jahren feierte die Mittelstürmerin ihr EM-Debüt, das zuvor stets Verletzungen verhindert hatten. Und auch diesmal war es überhaupt nur möglich, weil das Turnier Corona-bedingt um ein Jahr verschoben worden war.Und während sich Deutschland Gedanken darüber macht, ob das Männer-Nationalteam gut damit fährt, sich einfach "Die Mannschaft" zu nennen, präsentieren sich die Frauen als eine eben solche. Die Spielerinnen in der Startelf hielten sich bei der Nationalhymne an den Händen.Torhüterin Almuth Schult, der nach ihrer Baby-Pause nur der Platz hinter Frohms geblieben ist, applaudierte ihrer Kontrahentin beim Aufwärmen mehrfach für gelungene Aktionen und beschriftete wenig später auf der Ersatzbank akribisch alle Trinkflaschen mit den Namen ihrer Mitspielerinnen.Popp - noch auf der Ersatzbank - ging in einer Trinkpause aktiv auf ihre Kontrahentin im Sturmzentrum Lea Schüller zu, die bis dahin glücklos gestürmt hatte, und klatschte aufmunternd mit ihr ab. Am Ende hatten beide ein Tor erzielt.Und als Lattwein gerade für das 3:0 gesorgt hatte, sprintete Hegering zur Seitenlinie, um mit Sara Doorsoun, Sophia Kleinherne und Sydney Lohmann, die sich gerade warmliefen, gemeinsam zu feiern. Die Bundestrainerin sagte: "Es ist ein großes Geschenk, mit dieser Mannschaft so aufs Feld gehen zu dürfen."Als Voss-Tecklenburg und Magull zusammen zur Pressekonferenz kamen, stellte DFB-Pressesprecherin Annette Seitz die Trophäe der Spielerin des Spiels vor sie auf den Tisch. Magull räumte erst mal auf und der Pokal landete unter dem Tisch: "Den haben die Leute ja nun gesehen."Es ist davon auszugehen, dass diese Auszeichnung keinen besonderen Platz bei ihr zu Hause bekommt. Anders könnte das vielleicht bei dem Foto sein, das Freigang von ihr und der Trophäe geschossen hat. Als Erinnerungsfoto an einen Abend, der kaum hätte besser laufen können.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Finanzminister Christian Lindner von der FDP hat es in den vergangenen Monaten unablässig betont: Im Bundeshaushalt 2023 soll die Schuldenbremse wieder eingehalten werden. Das sei "keine beliebige politische Absicht", so Lindner. "Sondern das ist ein Befehl unserer Verfassung an den Gesetzgeber."Im Jahr 2009 wurde die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert. Das Ziel: Der Bund sollte seine Haushalte nur noch sehr begrenzt über Kredite finanzieren dürfen. Die damalige Entscheidung war auch geprägt von der globalen Finanz- und Schuldenkrise ab 2008.Die Schuldenbremse sieht aber auch eine Sonderregelung für außergewöhnliche Notsituationen vor. Und mit Beginn der Corona-Pandemie kam die per Bundestagsbeschluss zum Zuge. Seit 2020 ist die Schuldenbremse ausgesetzt. Drei Haushalte in Folge konnte der Bund in bis dahin nie gekanntem Ausmaß Kredite aufnehmen, um die Pandemiekosten zu bewältigen.Durchaus sinnvoll war das aus Sicht von Oliver Holtemöller, dem Vize-Präsidenten des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle. In der Ausnahmesituation des Jahres 2020 sei es gerechtfertigt gewesen, dass der Staat schuldenfinanziert breite Hilfen für Unternehmen und Haushalte hochgefahren habe. "Das war richtig, das hat geholfen, die Wirtschaft zu stabilisieren", so Holtemöller. "Aber diese Sondersituation ist jetzt vorbei. Und genauso, wie es damals richtig war, dieses Instrument zu ziehen, ist es jetzt auch richtig, den Staatshaushalt wieder zu normalisieren und die Nettokreditaufnahme wieder zu reduzieren."Innerhalb der Ampel-Koalition wird das aber durchaus unterschiedlich bewertet. Im Zuge der Haushaltsaufstellung für 2023 nahmen die SPD und vor allem die Grünen die Schuldenbremse immer wieder unter Beschuss. Über die Schuldenbremse müsse gesprochen werden, konstatierte erst vor knapp drei Wochen SPD-Chefin Saskia Esken. Die Vorgaben dürften nicht dazu führen, dass notwendige Investitionen ausblieben. Ein Argument, das auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Marcel Fratzscher immer wieder anführt. Im Dreiklang Schuldenbremse, Staatseinnahmen und Zukunftsinvestitionen müssten letztere die Priorität haben, so der Wirtschaftsforscher. Das sehen auch die Grünen ähnlich. Sie verweisen zudem darauf, dass nach wie vor eine Sondersituation bestehe - weil zur Corona-Pandemie nun der Krieg in der Ukraine hinzugekommen sei. Das erfordere an vielen Stellen ein Umdenken, meint etwa Andreas Audretsch, Vize-Vorsitzender der grünen Bundestagsfraktion. "Man muss Politik in der Realität machen, in der man ist", so Audretsch kürzlich. Das bedeute, dass Robert Habeck nach Katar fahre und im Zweifelsfall auch frage, wie wir kurzfristig an Gas kommen. "Wir haben den Krieg, wir haben die Corona-Pandemie und die Lieferkettenproblematiken." Diese Realität müsse man wahrnehmen und danach Politik machen, so der grüne Fraktions-Vize. "Diese Anforderung hätte ich auch an andere in dieser Koalition."Ein Satz, der direkt auf Finanzminister Lindner zielte. Aber für die FDP war die Wiedereinhaltung der Schuldenbremse das zentrale Wahlkampfversprechen. Lindner hat mit seinem Haushaltsentwurf nun einen Pflock eingeschlagen. Während der Bund im laufenden Jahr noch mit knapp 140 Milliarden Euro an neuen Schulden rechnet, sollen es nur noch rund 17 Milliarden Euro im kommenden Jahr sein. Mit Genugtuung verkündete Lindner daher am Mittwoch: "Ich werde einen Bundeshaushalt dem Kabinett vorlegen, der die Schuldenbremse, die Schuldenregel des Grundgesetzes einhält."Möglich werden soll das durch deutlich niedrigere Pandemie-bedingte Ausgaben, durch inflationsbedingt höhere Steuereinnahmen und durch das Anzapfen einer Rücklage in Höhe von 40 Milliarden Euro. Und: In den Haushalten der Folgejahre soll die Schuldenbremse ebenfalls eingehalten werden, so Lindners Planung.Im Zuge der Haushaltsaufstellung hat der Finanzminister umfängliche Ausgabenwünsche aus den Ministerien abgewehrt - vor allem mit Verweis auf die Schuldenbremse, die schließlich auch im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vereinbart sei. Weiteres Argument aus dem Finanzministerium: Kredite gebe es inzwischen nicht mehr hinterhergeworfen. Durch Inflation, Unsicherheit und straffere Geldpolitik stiegen nun auch die Zinsausgaben für die Schulden. Mit 30 Milliarden Euro an Zinskosten kalkuliert Lindner im kommenden Jahr, 2021 waren es dagegen nur vier Milliarden Euro. Lindners Haushaltsentwurf mit eingebauter Schuldenbremse ist allerdings mit vielen Unsicherheiten behaftet. Wie geht es weiter mit dem Krieg in der Ukraine und der Konjunktur? Wird die hiesige Wirtschaft - wie kalkuliert - tatsächlich im kommenden Jahr um 2,5 Prozent wachsen, was für die Einnahmen von Bedeutung ist? Einen gewissen Krisen-Puffer hat Lindner in den Haushaltsentwurf eingebaut - aber was ist, wenn der schnell aufgebraucht wird?Auch Wirtschaftsforscher Holtemöller hält die Lage derzeit für schwer prognostizierbar: "Wir haben den Krieg in der Ukraine und die Energiepreisentwicklung. Und darüber hinaus haben wir längerfristig die Energiewende. Da kommen so viele Unsicherheitsfaktoren auf uns zu, dass man davon ausgehen muss, dass auch dieser Haushalt noch mal nachgebessert wird."Entscheidend werden wohl die Haushaltsberatungen im Bundestag sein. Der Zeitplan sieht vor, dass die Abgeordneten Lindners Entwurf zwischen September und November prüfen sollen, bevor das Zahlenwerk Mitte Dezember endgültig verabschiedet wird.Denkbar ist, dass die SPD und vor allem die Grünen versuchen werden, im Zuge der Parlamentsberatungen weitere Ausgaben durchzusetzen - insbesondere im Hinblick auf die Bewältigung der Folgen des Krieges in der Ukraine. Weitere Hilfen wegen der steigenden Energiepreise hat die Koalition ja bereits in Aussicht gestellt. Das könnte die Schuldenbremse erneut unter Druck setzen. Einen kleinen Vorgeschmack gab gestern schon SPD-Fraktionsvize Achim Post. Er betonte per Pressemitteilung, dass die Bürgerinnen und Bürger in schwierigsten Zeiten nicht im Stich gelassen würden. Und: "Diese Handlungsfähigkeit im Interesse unseres Staates hat im Zweifel Vorrang vor abstrakten Haushaltszielen."Ein Etappenziel hat FDP-Finanzminister Lindner aber erreicht. Sein Haushaltsentwurf inklusive Schuldenbremse dürfte heute die erste Hürde nehmen - mit der Zustimmung durch das Bundeskabinett.
3innenpolitik
Umweltschutzorganisationen haben das Scheitern der Verhandlungen der UN-Mitgliedsstaaten über ein Hochseeabkommen zum Schutz der Weltmeere kritisiert. "Es ist empörend und auch traurig, dass die UN immer noch kein Abkommen zum Schutz der Hohen See beschlossen hat", erklärte Greenpeace. Das Ziel vieler Staaten, bis 2030 mindestens 30 Prozent der Hohen See unter Schutz zu stellen, sei nun schwieriger zu erreichen. Dem Umweltverband WWF zufolge sorgt die Verzögerung dafür, "dass sich die Gesundheit der Meere weiter verschlechtert". Es seien zwar in vielen Bereichen Fortschritte erzielt worden. Um ein Abkommen zu erreichen, müssten sich die Staats- und Regierungschefs der beteiligten Länder aber stärker einsetzen. Zuvor waren in New York zweiwöchige Verhandlungen ohne Einigung zu Ende gegangen. Das Abkommen ist damit nicht vom Tisch, die Verhandlungen sollen möglichst bald weitergeführt werden, erklärte die deutsche Delegationsleiterin Miriam Wolter dem ARD-Studio in New York. Es sei sehr ambitioniert gewesen, die Einigung in den vergangenen beiden Wochen zu erreichen, auch angesichts der unterschiedlichen Interessen der beteiligten Länder, sagte sie. "Wir wollten kein Abkommen um jeden Preis", sagte die Seerechtsexpertin aus dem Auswärtigen Amt.Im Mittelpunkt der Gespräche standen die Nutzung der Meere, die Einrichtung von Schutzgebieten und Unterstützung für arme Länder bei der Erforschung der Ozeane. Die UN-Mitgliedstaaten ringen seit 15 Jahren um ein Abkommen zum Schutz der Biodiversität in der Hochsee.Als Hochsee oder Hohe See werden rund 60 Prozent der Weltmeere bezeichnet, die nicht unter die ausschließliche Wirtschaftszone eines Staates fallen, da sie weiter als 370 Kilometer von der nächsten Küste entfernt sind. Derzeit wird nur etwa ein Prozent der Hochsee durch internationale Abkommen geschützt. Die UN-Mitgliedstaaten hatten Mitte August nach vier erfolglosen Anläufen ihre Verhandlungen über einen Hochseeabkommen zum Schutz der Weltmeere wieder aufgenommen. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen waren die Gespräche zwar zwischenzeitlich gut vorangekommen, etwa in den Bereichen der Meeresschutzgebiete oder bei der Prüfung von allen Aktivitäten auf hoher See mit Blick auf ihre Umweltverträglichkeit. Einige Streitfragen blieben aber ungeklärt.
0amerika
Wegen des gewaltsamen Vorgehens von Sicherheitskräften gegen die Protestteilnehmer im Iran hat die Bundesregierung den iranischen Botschafter einbestellt. Das Gespräch soll laut einem Sprecher des Auswärtigen Amts, am Montagnachmittag stattfinden. Zudem betonte er, man werde auf EU-Ebene rasch über alle Optionen einer Reaktion beraten.Zuvor hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Namen der 27 Mitgliedsstaaten erklärt, der unverhältnismäßige Einsatz von Gewalt gegen gewaltlose Demonstranten im Iran sei nicht zu rechtfertigen und nicht hinnehmbar. Zugleich drohte die EU vage mit möglichen Sanktionen gegen den Iran. Außenministerin Annalena Baerbock wurde in ihrer Forderung nach Strafmaßnahmen gegen den Iran schon konkreter. "Der Versuch, jetzt friedliche Proteste mit noch mehr tödlicher Gewalt zu unterdrücken, darf nicht unbeantwortet bleiben", sagte die Grünen-Politikerin gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Darüber werde auf EU-Ebene nun sehr schnell beraten werden.Ähnlich wie bereits am Rande der UN-Vollversammlung in der vergangenen Woche betonte Baerbock, dass Frauenrechte "der Gradmesser für den Zustand einer Gesellschaft" seien. "Wenn in einem Land Frauen nicht sicher sind, ist niemand sicher", mahnte sie.Der Unionsfraktion im Bundestag kommt diese Reaktion zu spät. Sie wirft der Ampel-Koalition vor, angesichts der bereits seit Tagen andauernden Proteste im Iran und dem gewaltsamen Vorgehen der iranischen Führung zu lange geschwiegen zu haben. "Wenn es eines Anlasses bedurft hätte, feministische Außenpolitik mit Leben zu erfüllen, dann jetzt", sagte der außenpolitische Sprecher der Fraktion, Jürgen Hardt.Der Iran wies die Kritik der EU am Vorgehen gegen die andauernden Proteste im Land zurück. "Das ist Einmischung in die internen Angelegenheiten des Irans und Unterstützung von Krawallmachern", sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani. Der Fall Amini werde derzeit untersucht, aber die EU und der Westen ignorierten diese Tatsache und unterstützten Unruhestifter, die die Sicherheit des Irans gefährdeten. Im Iran waren am Wochenende und in der Nacht zu Montag Tausende Menschen gegen das islamische Herrschaftssystem und die systematische Diskriminierung von Frauen auf die Straße gegangen. Lauten Augenzeugen war einer der meist gehörten Slogans der Ruf "Islamische Republik wollen wir nicht, wollen wir nicht". Die Polizei soll einige Hauptstraßen in Teheran blockiert haben, um eine Ausweitung der Proteste zu verhindern. Auch seien Schüsse zu hören gewesen, unklar sei jedoch, ob in die Luft oder auf Demonstranten. Die Proteste fanden in vielen Landesteilen statt. Aber auch in dem von Kurden kontrollierten nördlichen Teil des Nachbarlandes Syrien haben nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters Hunderte Frauen gegen den Tod der iranisch-kurdischen Amini protestiert. Einige schnitten sich nach Vorbild iranischer Demonstranten die Haare ab und verbrannten ihre Kopftücher.Weitere Proteste gab es in Großbritannien. Mindestens fünf Beamte seien dort bei Zusammenstößen schwer verletzt worden, teilte die Polizei mit. Zwölf Menschen wurden festgenommen. Die Metropolitan Police erklärte, am Sonntag habe eine Gruppe von Aktivisten versucht, die Polizei und Gegendemonstranten zu konfrontieren. Sie hätten Flaschen und andere Gegenstände auf die Beamten geworfen und auch das nahe gelegene Islamische Zentrum angegriffen. Die fünf verletzten Beamten erlitten nach Polizeiangaben Knochenbrüche. Nach Angaben der Behörden wurden im Iran seit dem Beginn der Proteste bereits mehr als 1200 Teilnehmer festgenommen. Der Justizchef der Hauptstadt Teheran, Ali Alghassimehr, kündigte nun an, dass die Festgenommen vor Sondergerichte gestellt werden sollen. Vor allem gegen die "Anführer der vom Ausland angeheuerten Unruhestifter" forderte Alghassimehr ein hartes Vorgehen: "Die Justizbeamten sollen mit ihnen genauso wie mit Vergewaltigern und Schwerverbrechern umgehen."Die iranische Führung bezeichnet die Protestierenden als vom Ausland angeheuerte Söldner. Beobachter gehen daher von langen Haftstrafen aus, die gegen die Festgenommenen verhängt werden könnten. Eine massive Internetsperre im Iran hat derweil die Verbreitung von Informationen über die Proteste im Land stark beeinträchtigt. Demonstranten können beispielsweise weniger Videos und Informationen in sozialen Medien posten. Auch die lokale Presse berichtet entweder überhaupt nicht über die Proteste oder sie reflektiert lediglich den Standpunkt der Regierung. Mehrere iranische Reporter wurden nach Angaben des Journalistenverbands wegen ihrer kritischen Berichterstattungen über die Proteste entweder verhaftet oder mit rechtlichen Konsequenzen verängstigt. Die weitgehende Internetblockade im Iran gefährdet einem Bericht zufolge zudem die Einkommen von mehr als zehn Millionen Menschen. Wie das Nachrichtenportal Tejarat-News berichtete, haben die Einschränkungen gravierende Folgen für die iranische Wirtschaft. Sie führten auch zu großen Verlusten von Unternehmern.Nach Angaben iranischer Behörden wurden 41 Menschen getötet, darunter Demonstranten und Sicherheitskräfte. Beobachter befürchten jedoch weitaus mehr Tote - sowohl auf der Seite der Demonstranten als auch der Sicherheitskräfte. So berichtete die in Oslo ansässige NGO Iran Human Rights (IHR) von 76 getöteten Demonstranten. IHR-Direktor Mahmood Amiry-Moghaddam rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, "entschieden und vereint konkrete Schritte" gegen die "Tötung und Folter" von Demonstranten zu unternehmen.
1asien
Die Regierung in Moskau soll in den Verhandlungen über die Freilassung zweier in Russland inhaftierter US-Amerikaner offenbar die Überstellung des verurteilten Russen im sogenannten Tiergarten-Mordfall gefordert haben. Das berichtete der US-Sender CNN unter Berufung auf mit den Gesprächen vertraute Quellen. Russland habe den USA diese Forderung demnach bereits Anfang des Monats über informelle Geheimdienstkanäle unterbreitet.Das Ersuchen ist laut CNN unter anderem als problematisch eingestuft worden, da der heute 56-Jährige in Deutschland im Gefängnis sitzt. Zusätzlich verlange die russische Regierung die Freilassung des in den USA inhaftierten russischen Waffenhändlers Viktor But.Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, bestätigte einen entsprechenden Vorstoß russischer Vertreter. Er wies die Forderung aber entschieden zurück. "Zwei US-Bürger als Geiseln zu halten im Austausch für einen Mörder in einem Drittstaat, ist kein ernsthaftes Gegenangebot", sagte Kirby. "Es handelt sich um einen arglistigen Versuch, einem sehr ernsthaften Angebot und Vorschlag der USA auszuweichen." Russland müsse das US-Angebot ernst nehmen.Die USA versuchen derzeit, die in Russland inhaftierte US-Basketballspielerin Brittney Griner und den ebenfalls in dem Land inhaftierten früheren US-Soldaten Paul Whelan freizubekommen.US-Außenminister Antony Blinken hatte kürzlich erstmals seit Beginn des Kriegs in der Ukraine mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow gesprochen. Hintergrund ist ein Angebot der USA, dass die Freilassung von Griner und Whelan zu erreichen.Zwar hat die US-Regierung bisher keine Details zur Art und Weise des Angebots bekannt gegeben und auch nicht bestätigt, dass es sich um einen Gefangenenaustausch handeln soll. Medienberichten zufolge beinhaltet der vor Wochen übermittelte Plan der USA aber einen Austausch mit dem in den USA inhaftierten russischen Waffenhändler But.CNN berichtete unter Berufung auf einen deutschen Regierungsvertreter zudem, US-Vertreter hätten sich bereits an Deutschland gewandt, um grundsätzlich in Erfahrung zu bringen, ob auch der verurteilte Tiergartenmörder Vadim K. Teil des Austausches zwischen den USA und Russland werden könne. Das sei aber nie ernsthaft in Erwägung gezogen worden, hieß es.Beim sogenannten Tiergarten-Mord im August 2019 war ein Georgier in der Parkanlage Kleiner Tiergarten in Berlin erschossen worden. Das Kammergericht Berlin hatte gegen den Russen Vadim K. im Dezember 2021 eine lebenslange Haftstrafe verhängt. Nach Überzeugung der Richter handelte dieser im Auftrag staatlicher russischer Stellen.Russland wies diese Vorwürfe zurück. Der Fall hatte zu diplomatischen Verwerfungen zwischen Deutschland und Russland geführt. Beide Staaten wiesen jeweils mehrere Diplomaten des anderen Landes aus.
0amerika
Israel hat nach eigenen Angaben Ziele im Gazastreifen angegriffen. Dabei sind palästinensischen Angaben zufolge mindestens acht Menschen ums Leben gekommen - darunter laut Gesundheitsministerium auch ein fünfjähriges Kind. Mindestens 55 Menschen wurden den Angaben zufolge verletzt. Ein Hamas-Sprecher kündigte Vergeltung an: Die Besatzung habe "die roten Linien überschritten". "Aufgrund einer direkten Bedrohung durch den palästinensischen Islamischen Dschihad im Gazastreifen führt das Militär derzeit Angriffe im Gazastreifen durch", teilte die israelische Armee mit. Weitere Details wurden nicht genannt. Bei den Luftangriffen ist nach Angaben der militanten Palästinenserorganisation "Islamischer Dschihad" (PIJ) auch einer ihrer Militärchefs getötet worden. Das palästinensische Gesundheitsministerium bestätigte seinen Tod unter Berufung auf Sicherheitskreise. Der israelische Sender "Channel 12" berichtete unter Berufung auf das Militär, dass 15 Terroristen bei dem Einsatz getötet worden seien. Am Montag war bei einem israelischen Einsatz der Anführer der PIJ, Bassem Saadi, im Westjordanland festgenommen worden. Israelischen Medienberichten zufolge soll es konkrete Hinweise für einen Angriff aus Gaza gegeben haben.Die PIJ ist eng mit Israels Erzfeind Iran verbunden und verübt aus dem Gazastreifen regelmäßig Raketenangriffe auf Israel. Das israelische Militär sperrte über mehrere Tage hinweg Gebiete am Rande des Küstenstreifens ab und erhöhte die Alarmbereitschaft.2019 hatte Israel bereits Dschihad-Militärchef Baha Abu al-Ata gezielt getötet. Darauf folgten massive Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf israelische Orte sowie Gegenangriffe der israelischen Luftwaffe in dem Küstenstreifen. Nach einigen Tagen konnte mithilfe Ägyptens und der Vereinten Nationen eine Waffenruhe vereinbart werden.Im Gazastreifen leben rund zwei Millionen Menschen. Die von der EU als Terrororganisation eingestufte Hamas hatte 2007 gewaltsam die Macht an sich gerissen. Israel verschärfte daraufhin eine Blockade des Gebiets, die von Ägypten mitgetragen wird. Beide Staaten begründen die Maßnahme mit Sicherheitsinteressen.
1asien
Wu Zunyou ist Chef-Epidemiologe des chinesischen Zentrums für Seuchenkontrolle. Er schrieb am Wochenende auf der chinesischen Twitter-ähnlichen Internetplattform Weibo, dass die Menschen Haut-zu-Haut-Kontakt zu Ausländern meiden sollten. Es ist die erste seiner insgesamt fünf Empfehlungen, um sich gegen die Affenpocken-Infektion zu schützen.Der erste Fall in China wurde jetzt in der Stadt Chongqing im Südwesten des Landes entdeckt. Nach Angaben der Behörden handelt es sich um einen importieren Fall, also um jemanden, der gerade aus dem Ausland nach China eingereist war und sich nach den Regeln der Corona-Bestimmungen in verpflichtender Einreise-Quarantäne befand. Es wurde nicht angegeben, ob es sich bei dem Reisenden um einen Chinesen oder einen Ausländer handelte.Bereits während der Corona-Pandemie haben die chinesischen Staatsmedien Stimmung gegen Ausländer in China gemacht. Nachdem der ursprüngliche Ausbruch in Wuhan im Jahr 2020 unter Kontrolle gebracht war, wurden lange Zeit fast alle Corona-Infektionen auf importierte Fälle aus dem Ausland zurückgeführt.Spätestens mit der ansteckenderen Omikron-Variante wurden auch die lokal übertragenen Infektionen im Land offensichtlich. Offiziellen Angaben zufolge meldet die Volksrepublik aktuell knapp 1000 Covid-Fälle am Tag. Die chinesischen Staatsmedien verweisen dabei immer auf die vergleichsweise hohen Fallzahlen im Ausland. Häufig wird das Bild vermittelt, dass Ausländer durch die Pandemie hinweg keine Masken tragen und dass die Corona-Maßnahmen im Ausland nicht ausreichten. Seit Beginn der Pandemie vor mehr als zweieinhalb Jahren hält China an einer strikten Null-Covid-Politik fest und reagiert auf kleinste Corona-Ausbrüche mit strikten Lockdowns von Millionenstädten, Massentests und Reiseverboten. All das ist für den Chef-Epidemiologen des chinesischen Zentrums für Seuchenkontrolle, ein entscheidender Faktor, weshalb auch die Ausbreitung von Affenpocken in China bisher verhindert werden konnte.
1asien
Im Bundeswirtschaftsministerium gibt es einem Bericht des "Spiegel" zufolge Vorarbeiten, die Laufzeiten für die drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke zu verlängern. Die Rahmenbedingungen für den laufenden Stresstest der Versorgungssicherheit beim Strom seien so verändert worden, dass damit der Weiterbetrieb über das Jahresende hinaus sinnvoll erscheinen dürfte, berichtete das Magazin.Demnach sollen die vier Übertragungsnetzbetreiber nicht nur die Versorgungssicherheit einschätzen. Sie sollten auch dazu Stellung nehmen, ob die Laufzeitverlängerung dabei helfen würde, die zuletzt stark gestiegenen Preise an den Strommärkten zu senken, schrieb das Magazin.Außerdem würden im Wirtschaftsministerium "erste Überlegungen" für einen Gesetzentwurf angestellt, mit dem der Weiterbetrieb rechtlich geregelt würde. Nach aktueller Gesetzeslage werden die drei verbliebenen Kraftwerke zum Jahresende vom Netz genommen. Eine Sprecherin des Ministeriums bestritt auf Anfrage des Nachrichtenmagazins eine Entscheidung in der AKW-Frage. Auch eine Veränderung des Stresstests-Designs habe sie nicht bestätigt.Wirtschaftsminister Robert Habeck selbst wollte sich bei einer Pressekonferenz am Rande der Kabinettsklausur ebenfalls nicht dazu äußern. Alle Fragen würden bei Vorlage der Stresstest-Ergebnisse beantwortet, sagte er. Die Ergebnisse des Stresstests sollen laut Bundeskanzler Olaf Scholz Ende August oder Anfang September vorliegen. Auf deren Grundlage will die Regierung entscheiden, ob ein Weiterbetrieb der drei Atomkraftwerke angestrebt wird. Anfang des Monats hatte der Bund laut dem Magazin bei den drei AKW-Betreibern RWE, EnBW und Eon abgefragt, wie lange die noch vorhandenen Brennstäbe weiter Strom produzieren könnten. Den Antworten zufolge wäre demnach ein sogenannter Streckbetrieb des AKW in Lingen mit rund 70 Prozent Leistung bis April möglich, das Gleiche gelte für Neckarwestheim. Für das bayerische Atomkraftwerk Isar 2 sollten die Brennstäbe bis Juni reichen. Spitzenpolitiker der FDP fordern bereits jetzt eine Laufzeitverlängerung. Von den Grünen kommt Ablehnung, auch in der SPD gibt es skeptische Stimmen.
3innenpolitik
Die linke Bundestagsabgeordnete Martina Renner wirkt frisch und aufgeräumt in ihrem Berliner Büro - bis man sie fragt, was es mit ihr macht, dass die AfD lautstark applaudiert für die heftig kritisierte Bundestagsrede ihrer Parteikollegin Sahra Wagenknecht. "Das tut so richtig weh", meint die ehemalige Vize-Parteivorsitzende. Renner engagiert sich seit mehr als 30 Jahren für den Kampf gegen Rechts, saß für die Linke als Obfrau im NSU-Untersuchungsausschuss. Nun muss sie beobachten, wie die AfD und die aus Renners Sicht zum Teil ebenfalls rechte Querdenker-Szene Wagenknecht Beifall zollt. Wagenknecht hat erst im Sommer ein Parteiausschlussverfahren unbeschadet überstanden. Da ging es um ihr Buch "Die Selbstgerechten", in dem sie besonders beim Umgang mit Geflohenen eine Haltung vertritt, die eher der AfD entspricht als der Linkspartei. Nun die Rede im Bundestag, bei der sie der Ampel-Regierung vorgeworfen hat, einen "beispiellosen Wirtschaftskrieg" gegen Russland vom Zaun gebrochen zu haben. Seitdem werden die Rufe nach einer Spaltung der Linkspartei wieder lauter. Auf Twitter denken auch Parteimitglieder unter dem Hashtag #DieLinke laut darüber nach, ob eine Trennung nicht das Beste für alle wäre. Dass solche Überlegungen nicht ganz an den Haaren herbeigezogen sind, zeigt eine parteiinterne SMS, die das Magazin "Der Spiegel" schon vor Monaten veröffentlicht hat. Darin schrieb Wagenknecht: "Natürlich kann man das alles widerspruchlos hinnehmen. Man darf sich dann nur nicht beschweren, wenn zumindest ich mit diesem Laden nichts mehr zu tun haben will."Martina Renner geht davon aus, dass es zur Spaltung kommen wird - auch, wenn sie das Wort nicht mag, weil es ihrer Meinung nach falsche Mehrheitsverhältnisse suggeriere. Die Wagenknecht-Fans seien eine Minderheit innerhalb der Partei, die Mehrheit bekenne sich zu den gemeinsamen, progressiven Grundsätzen. Aber der Ton dieser Minderheit sei rauer geworden. Die Dreistigkeit, mit der agiert werde, zeige, dass ihnen Fraktion und Partei sowieso längst egal geworden seien. Renner sieht den Austritt von Oskar Lafontaine kurz vor der Saarland-Wahl im Frühjahr als Blaupause: Man suche den richtigen Moment, um maximalen Schaden zu erreichen. Nach Lafontaines Austritt verlor die Linke an der Saar rund zehn Prozent und zog nicht mehr in den Landtag ein. Co-Parteichef Martin Schirdewan glaubt indessen nicht, dass die Fraktion zerbricht: "Ich gehe davon aus, dass die Bundestagsfraktion natürlich bis zum Ende der Legislatur diese Arbeit auch umsetzen wird", sagte er im SWR-Interview. Auch Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch teilt die Idee einer Spaltung ausdrücklich nicht. Für ihn sei die gesamtdeutsche Existenz der Linken eine historische Leistung, mit der niemand leichtfertig spielen solle. Nur ist die Linkspartei halt traditionell keine sonderlich autoritätshörige Partei. Eine mögliche Abspaltung von Wagenknecht und ihrer Anhängerschaft hätte für die verbliebene Linkspartei erhebliche Konsequenzen: Die Partei wäre wohl den Fraktionsstatus und damit Geld für Ressourcen und Personal los. Sie hätte wahrscheinlich weniger Redezeit und kaum noch Rechte in den Ausschüssen. Was wären also die Vorteile einer Linken ohne Wagenknecht? Renner meint, sicherlich ginge man erst durch ein paar Monate der Tränen. "Aber dann kommen vielleicht ein paar Ausgetretene zurück und wir gewinnen Glaubwürdigkeit und Eindeutigkeit und vielleicht kann das ein Moment sein, in dem wir uns wieder zusammenrappeln."
3innenpolitik
Bundeskanzler Olaf Scholz hat dem wegen der Gaskrise in Schräglage geratenen Energiekonzern Uniper nach dessen Antrag auf Staatshilfe Unterstützung versprochen. "Wir haben uns auf alle Fälle politisch entschieden, dass wir Uniper helfen werden", sagte Scholz nach dem Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft in München. Darauf könne sich das Unternehmen, dessen Beschäftigte und auch die Bevölkerung verlassen. Scholz wollte sich nicht zu den Details einer möglichen Staatshilfe äußern: "Den konkreten Weg werden wir mit dem Unternehmen besprechen", sagte er. Es könnten aber alle sicher sein, dass die Bundesregierung ihren Beitrag leisten werde.  Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte, eine Pleite Unipers solle verhindert werden. "Wir werden nicht zulassen, dass ein systemrelevantes Unternehmen in Insolvenz geht und infolgedessen der globale Energiemarkt in Turbulenzen gerät", sagte der Grünen-Politiker. Die Regierung arbeite mit Hochdruck an Stabilisierungsmaßnahmen.Uniper kämpft mit den gestiegenen Gaspreisen und ist deshalb schon seit Tagen mit der Bundesregierung in Gesprächen. Am Nachmittag schließlich beantragte das Unternehmen offiziell die schon länger im Raum stehenden Staatshilfen. Zuvor hatte auch der Bundesrat das Gesetzespaket über einen Gas-Schutzschirm gebilligt. Der Vorschlag ziele auf eine faire Kostenverteilung, eine Aufstockung der bestehenden Kreditlinie durch die staatliche Förderbank KfW sowie eine mögliche Beteiligung des Bundes am Unternehmen ab, wie Uniper in einer Pflichtmitteilung an die Börse erklärte. Energiefirmen dürfen gemäß dem neuen Gesetz bei einer Notlage ihre höheren Kosten weitergeben oder über eine Umlage an Kunden übertragen. Beide Mechanismen greifen derzeit aber noch nicht. Die Maßnahmen sollen helfen, die derzeit entstehenden Verluste zu beenden und den Liquiditätsbedarf von Uniper zu decken. Nun hoffe das Unternehmen, "auf Basis unseres Antrages kurzfristig die nötigen Hilfestellungen zu erhalten", sagte Firmenchef Klaus-Dieter Maubach bei einer Pressekonferenz. Kurzfristig bedeute für ihn binnen weniger Wochen. Maubach gab sich "zuversichtlich", dass eine baldige Verständigung gelinge. Gleichzeitig wies er Spekulationen über eine bevorstehende Insolvenz zurück. "Wir stehen nicht kurz vor einer Pleite." Dies sei auch kein Szenario, mit dem sich das Unternehmen beschäftige. Im Gegenteil sehe er eine "herausragende Chance", mit einer Staatshilfe das Unternehmen zu stabilisieren. Der Uniper-Chef untermauerte die Warnungen vor drastisch steigenden Gaspreisen. "Es kommt eine sehr, sehr große Preiswelle auf die deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher zu." Die hohen Preise beim Einkauf würden diese derzeit noch gar nicht auf ihren Rechnungen sehen. Maubach zeigte sich auch persönlich enttäuscht von den Verantwortlichen beim russischen Staatskonzern Gazprom. Über 50 Jahre bestünden Geschäftsbeziehungen, die deutsche Seite habe immer pünktlich bezahlt, der russische Partner immer Gas geliefert. Uniper spielt eine zentrale Rolle für die deutsche Energieversorgung und beliefert viele Stadtwerke. Das Unternehmen ist der größte ausländische Kunde des russischen Gasriesen Gazprom. Durch die stark gestiegenen Gaspreise und die reduzierten Gas-Lieferungen aus Russland war der Versorger unter starken Druck geraten. Denn der Konzern kann derzeit Mehrkosten beim Einkauf von Gas wegen der Drosselung russischer Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 nicht an die Kunden weitergeben. Daraus entstünden deutliche finanzielle Belastungen, hatte das Unternehmen bekanntgegeben. Uniper gehört zudem zu den größten Stromerzeugern in Deutschland. Der Konzern spielt auch mit seinen Gasspeichern eine wichtige Rolle bei der Absicherung der Versorgung Deutschlands im Winter.Noch ist unklar, in welcher Höhe sich der Bund an Uniper beteiligen oder bis zu welcher Größenordnung die von der KfW gewährte, bisher aber noch nicht in Anspruch genommene Kreditlinie aufgestockt werden könnte. Bisher liegt sie bei zwei Milliarden Euro. Der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte sagte im Bundesrat, es werde darüber diskutiert, für Uniper eine "Neun-Milliarden-Spritze" auf den Weg zu bringen, um das Unternehmen zu stabilisieren. Regierungssprecher Steffen Hebestreit wollte dies aber nicht bestätigen.
5unternehmen
China erlebt derzeit extremes Wetter. Von den schneebeckten Gipfeln in Tibet bis zur tropischen Insel Hainan erreichten die Temperaturen Rekordwerte - zugleich fiel im Juni in einigen Regionen so viel Regen wie noch nie. Laut Wetterbehörde betrug die landesweite Durchschnittstemperatur im Juni 21,3 Grad. Damit war sie 0,9 Grad höher als im Vorjahreszeitraum. Der Juni war damit der wärmste seit 1961. Eine Veränderung der Wetterlage ist nach Angaben der Experten nicht in Sicht. In weiten Teilen des Landes werden für den gesamten Juli höhere Temperaturen und mehr Niederschläge als üblich vorhergesagt. In der Provinz Henan im Norden wurden am 24. Juni in Xuchang mit 42,1 Grad und in Dengfeng mit 41,6 Grad die heißesten Tage seit Beginn der Aufzeichnungen registriert, sagte Wetterexperte Maximiliano Herrera, der Extremwetterlagen weltweit beobachtet. Zugleich kam es in mehreren Landesteilen zu saisonalen Überschwemmungen, die Hunderttausende Menschen betrafen. Die Provinzen Shandong, Jilin und Liaoning im Nordosten verzeichneten im Juni die höchsten jemals gemessenen Niederschlagsmengen. Landesweit betrug der Durchschnitt 112,1 Millimetern, das waren 9,1 Prozent mehr als im gleichen Monat des Vorjahres, wie die Wetterbehörde erklärte.
1asien
Die Mitarbeiter in der Discounterfiliale trauten ihren Augen kaum: Das Mischgemüse aus dem Gefrierfach, das es zum Sonderpreis gab, war innerhalb weniger Minuten ausverkauft. Bei der Konkurrenz gab es Pizza und Butter billiger - auch die innerhalb kürzester Zeit weg. Und bei vielen Baumärkten waren vergangene Woche keine Benzinkanister mehr zu bekommen. Denn vor dem Auslaufen des Tankrabatts deckten sich viele noch literweise mit dem Kraftstoff ein, um dem erwarteten Preisschub zu entgehen. Die Deutschen haben Angst. Sie haben Angst vor Inflation. Und sie tun alles, um den ständig steigenden Preisen irgendwie auszuweichen - selbst wenn es bisweilen groteske Züge trägt. Die massive Teuerung ist derzeit die größte Sorge, die die Menschen hierzulande umtreibt. Sie hat damit Corona von Platz 1 verdrängt. Dies ergab eine Studie des Marktforschungsinstituts GfK: 84 Prozent der Befragten sind besorgt wegen der Preissteigerungen bei Energie, 80 Prozent wegen der Teuerung von Lebensmitteln. Die Folge: Immer mehr Menschen verlieren das Vertrauen, dass die Währungshüter die galoppierende Inflation in den Griff bekommen. Diese Entwicklungen haben nun auch die die Alarmglocken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) läuten lassen. Die fürchtet mittlerweile um ihren Ruf und ihre Glaubwürdigkeit. Nur so lässt sich der neue Ton erklären, den die Währungshüter anschlagen. Ausgerechnet EZB-Direktorin Isabel Schnabel, die monatelang immer wieder beschwichtigt und erklärt hatte, die Inflation sei nur ein vorübergehendes Phänomen, fand jetzt deutliche Worte. Auf einem Symposium der US-Notenbank im amerikanischen Jackson Hole sagte sie, die Notenbanken müssten nun wirkungsvoll handeln. "Je länger die Inflation hoch bleibt, desto größer ist das Risiko, dass die Öffentlichkeit das Vertrauen in unsere Entschlossenheit und Fähigkeit verliert, Kaufkraft zu bewahren." Wenn sich die Geldpolitik nicht schnell genug verändere, seien die Folgekosten womöglich beträchtlich. Es sei deshalb notwendig, die Inflation wieder auf den Zielwert von zwei Prozent zu bringen.Davon sind die Währungshüter derzeit allerdings meilenweit entfernt: Im Euroraum erreichte die Teuerung im August einen neuen Rekordwert von 9,1 Prozent. In vielen Ländern ist sie völlig aus dem Ruder gelaufen - etwa in den baltischen Staaten, wo sie seit Monaten über 20 Prozent liegt. Den höchsten Wert verzeichnet derzeit Estland mit 25,2 Prozent. In Deutschland beträgt die Inflationsrate nach europäischer Berechnungsweise 8,8 Prozent, nach deutscher Statistik 7,9 Prozent - alles ebenfalls Höchststände seit Einführung des Euro.An den Finanzmärkten wurden die Äußerungen Schnabels so verstanden, dass die EZB nun doch mehr Tempo macht, um gegen die Teuerung vorzugehen. Das fordern auch zahlreiche EZB-Ratsmitglieder - allen voran Bundesbank-Präsident Joachim Nagel. Für immer mehr Menschen werde die Teuerung zu einer enormen Belastung. Es sei daher "dringend notwendig, dass der EZB-Rat bei seiner nächsten Sitzung entschlossen handelt, um die Inflation zu bekämpfen", so der Notenbanker. Unterstützung gibt es vor allem aus den Niederlanden und den baltischen Staaten.Nachdem die Währungshüter die Zinswende im Juli eingeleitet hatten, erwarten Beobachter, dass der angekündigte Zinsschritt jetzt größer ausfällt als erwartet. Sie gehen von einem Anstieg um 0,75 Prozentpunkte statt der angekündigten 0,5 Prozentpunkte aus. Damit stiege der Hauptleitzins auf 1,25 Prozent. Doch selbst damit wäre das europäische Zinsniveau nur halb so hoch wie in den USA, wo die Inflation auf ähnlichen Rekordwerten steht. Viele Ökonomen fordern deshalb weitere kräftige Zinserhöhungen. So hält etwa Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer derzeit ein Zinsniveau von mindestens vier Prozent für notwendig, wenn man der rasant steigenden Inflation tatsächlich Herr werden will.Ursachen für eine insgesamt zögerliche und wenig kraftvolle Geldpolitik gibt es mehrere: etwa die Sorge, zu hohe Zinsen könnten die klammen südeuropäischen Staaten erneut in Schieflage bringen. Denn die müssen durch das höhere Zinsniveau auch mehr Zinsen zahlen, wenn sie neue Schulden aufnehmen. Gravierend sind aber auch Befürchtungen, zu starke Zinserhöhungen könnten die Konjunktur weiter abwürgen. Die leidet ohnehin schon unter unterbrochenen Lieferketten, explodierenden Rohstoff- und Energiekosten und dem Zusammenbruch beim Verbrauchervertrauen. Wenn das Zinsniveau weiter deutlich steigt, könnte dies die Wirtschaft noch mehr belasten. Steigende Zinsen führen - zumindest in der Theorie - dazu, dass Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Geld sparen und dadurch weniger konsumieren und ausgeben. Dadurch bleiben Unternehmen auf ihren Waren sitzen und produzieren weniger. Außerdem bedeuten höhere Zinsen, dass die Unternehmen für Kredite mehr bezahlen müssen, was dazu führt, dass Innovationen oder Investitionen zurückgestellt werden. Die Folge beider Entwicklungen: Die Konjunktur schrumpft, die Wirtschaft gleitet in eine Rezession, die Arbeitslosigkeit steigt.Die EZB muss sich also zwischen zwei Übeln entscheiden: Agiert sie nicht entschlossen genug gegen die hohen Preise, verliert sie das Vertrauen der Bevölkerung. Das ist aber existentiell: Denn wie jede Währung funktioniert auch der Euro nur, wenn die Menschen Vertrauen in das Konstrukt haben und davon ausgehen können, dass die Notenbank dafür sorgt, dass die Kaufkraft des Geldes auch bewahrt bleibt. Handelt die EZB entgegen zu stark, schwächt sie die Wirtschaft. Auch das könnte massive Folgen für die Bevölkerung haben, weil eine schrumpfende Konjunktur in der Regel auch zu einem schrumpfenden Arbeitsmarkt führt.Hinzu kommt, dass die EZB ohnehin keine Wunder bewirken kann. Denn auf viele Faktoren, die die Inflation antreiben, hat sie keinen Einfluss. Dazu gehört der Krieg gegen die Ukraine, der die Energie verteuert, die durch Corona gestörten Lieferketten, die Transport und Rohstoffe teurer machen, aber auch die Dekarbonisierung, die nur durch gewaltige Kosten zu bewerkstelligen ist und damit ebenfalls die Inflation antreibt. Im Kern bedeutet dies: die Inflation ist gekommen, um zu bleiben. Niedrige Teuerungsraten von zwei Prozent oder weniger gehören erst einmal der Vergangenheit hat. Aber mit den Instrumenten, die sie hat, kann die EZB das Gesamtniveau der Teuerung zumindest dämpfen - dies erwarten Verbraucherinnen und Verbraucher und letztendlich auch Unternehmen. Vieles deutet darauf hin, dass die Währungshüter die Zeichen erkannt haben.
2finanzen
Was macht ein Stromversorger, wenn er morgen voraussichtlich mehr Strom liefern muss, als er selbst zur Verfügung hat? Er kauft Strom zu, bei bewährten Partnern - oder an der Börse, deren Preise auch für außerbörsliche Geschäfte bestimmend sind. In Deutschland ist das die Strombörse "European Energy Exchange", kurz EEX, mit Sitz in Leipzig. Die Preisbildung dort funktioniert nach einem europaweit einheitlichen Prinzip. Dabei kommen immer die Kraftwerke zuerst zum Zug, die den günstigsten Preis anbieten können. Lange Jahre führten die Atomkraftwerke diese Einsatzreihenfolge (englisch "Merit Order" genannt) an. Es folgten die Braun- und Steinkohlekraftwerke. Strom mit dem Verbrennen von Erdgas oder gar Öl zu produzieren, war schon immer das teuerste traditionelle Verfahren.Die Erneuerbaren Energien, vor allem also Strom aus Wind- und Solarkraftwerken, spielen eine Sonderrolle. Unter dem Schutz des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG), das eine vorrangige Berücksichtigung dieser Strommengen in der Merit Order vorschreibt, sind die Verfahren immer kostengünstiger geworden. Wind und Sonne zählen heute, je nach Berechnungsmethode, zu den günstigsten Stromlieferanten.Die einheitliche Regelung namens Merit-Order-Prinzip nun besagt, dass das teuerste Kraftwerk, das noch benötigt wird, um den Bedarf zu decken, den Strompreis bestimmt. Diesen Preis können also auch alle anderen, günstigeren Anbieter vereinnahmen.Das Ziel ist, die Anbieter mit den günstigsten, effizientesten Verfahren zu belohnen und deren Produktion zu fördern. Gleichzeitig sollen aber auch die teureren Kraftwerke, die letztlich eine sichere Stromversorgung gewährleisten, im Markt gehalten werden. Das hat in der Vergangenheit gut funktioniert - und tendenziell auch den Börsenpreis gesenkt. Insbesondere die Anbieter Erneuerbarer Energien tragen dazu bei - wenn denn der Wind weht und die Sonne scheint. Je mehr Ökostrom eingespeist wurde, desto weniger teure Kraftwerke wurden gebraucht.Doch was als durchaus gute Idee gelten kann, ist im Zuge der Energiekrise des Jahres 2022 zum Problem geworden. Denn die teuersten Kraftwerke - die Gaskraftwerke - sind angesichts der Explosion der Gaspreise noch teurer geworden. Und Strom aus Gas wird immer noch gebraucht. Zuletzt stammten noch rund zehn Prozent des verbrauchten Stroms aus Gaskraftwerken. Und deren Kosten schlagen dank des Merit-Order-Prinzips voll auf den Börsenpreis durch.Das ist der wesentliche Preistreiber am Strommarkt. Dazu kommt die aktuelle Häufung technischer Probleme bei den französischen Atomkraftwerken, die wegen Wartungsarbeiten derzeit nur rund die Hälfte der installierten Leistung liefern können. Auch die derzeitige Dürre wirkt preissteigernd, insbesondere weil der Kohletransport über die Flüsse angesichts der niedrigen Pegelstände behindert wird und daher weniger Kohlestrom angeboten werden kann.Bei den Stromkunden schlagen die hohen Preise glücklicherweise nicht im vollen Ausmaß durch. Denn die Energieversorger kaufen große Mengen langfristig zu festen Preisen ein. Am Terminmarkt der Strombörse EEX ist dies für bis zu sechs Jahre möglich. Aber der Anteil teureren Stroms nimmt naturgemäß schon seit einiger Zeit zu. Die Stromrechnung wird also mittelfristig signifikant höher ausfallen.Um die Verbraucher zu schützen, will die Politik daher den Strommarkt reformieren. Das grundsätzliche Merit-Order-Prinzip soll dabei nach jetzigem Stand nicht angetastet werden. Stattdessen werden verschiedene andere Lösungsmodelle diskutiert. Insbesondere wird ein Mechanismus gesucht, der die Endkundenpreise für Strom vom steigenden Gaspreis entkoppelt. Schon vor einer tiefgreifenderen Reform des Strommarktes, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für Anfang 2023 ankündigte, soll es ein "Notfallinstrument" geben, das schon in den nächsten Wochen greift.Denkbar wäre eine künstliche Verbilligung des Gases, das für die Stromerzeugung verwendet werden muss, was auf eine Subventionierung der teuren und CO2-kritischen Gaskraftwerke mit Steuergeldern hinausliefe. Ein anderer Ansatz zielt auf die viel diskutierten "Übergewinne" der günstigeren Anbieter von Kohle- oder Ökostrom, die man auf die Verbraucher umverteilen könnte - was wiederum eine alte Diskussion aufrührt und teils den Absichten des EEG widersprechen würde.In Deutschland ist auch das Thema einer Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke noch nicht endgültig vom Tisch. Derzeit soll ein Stresstest klären, ob das Stromnetz ohne deutschen Atomstrom auch in einer Krisensituation stabil bliebe oder möglicherweise gefährdet wäre.
6verbraucher
Die Junta in Myanmar hat trotz internationaler Proteste erstmals seit Jahrzehnten wieder Todesurteile vollstreckt. Vier im Januar verurteilte Dissidenten seien hingerichtet worden, darunter der frühere Parlamentsabgeordnete und Hip-Hop-Künstler Phyo Zeya Thaw (41) und der prominente Demokratieaktivist Kyaw Min Yu (53), auch bekannt unter dem Namen Jimmy. Dies berichtete die staatliche Zeitung "Global New Light of Myanmar".Sie seien für schuldig befunden worden, bei der Durchführung "unmenschlicher Terrorakte" geholfen zu haben. Der Aktivist Kyaw Min Yu alias "Ko Jimmy” gehörte zu den Köpfen der Studentenproteste 1988 gegen die damalige Militärjunta. Phyo Zeya Thaw war einst Parlamentarier der Partei „Nationale Liga für Demokratie“ unter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, deren zivile Regierung am 1. Februar vergangenen Jahres gestürzt worden war. Es handelt sich um die ersten vollzogenen Todesstrafen in dem südostasiatischen Krisenstaat seit 1990. Das deutsche Auswärtige Amt verurteilte die Hinrichtung der Dissidenten auf das Schärfste. Ein Ministeriumssprecher sagte, die Militärjunta habe damit einen "neuen traurigen Tiefpunkt ihrer Gewaltherrschaft" erreicht und zeige ihre "vollkommene Verachtung für die Menschenrecht". Die Bundesregierung rief die Machthaber in dem asiatischen Land dazu auf, von weiteren Hinrichtungen abzusehen, die Gewalt gegen das eigene Volk unverzüglich zu beenden, eine friedliche Lösung durch Dialog zu ermöglichen, die politischen Gefangenen freizulassen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe zu gewähren. Der Außenamtssprecher betonte, dass zwei prominente Vertreter der demokratischen Opposition hingerichtet worden seien, mache auch die Verachtung des Militärs für die demokratischen Bestrebungen des eigenen Volkes deutlich. Phyo Zeya Thaw und Kyaw Min Yu hätten sich furchtlos für ein freies und demokratisches Myanmar eingesetzt und dafür mit dem Leben bezahlt. "Die schockierende Geschwindigkeit, mit der die Todesurteile vollstreckt wurden, und die Gefühllosigkeit, mit der sie durchgeführt wurden, werden noch dadurch verschlimmert, dass die Familien - genau wie wir alle - im Nachhinein und nur durch die Medien vom Tod ihrer Angehörigen erfuhren", sagte Manny Maung von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch der Nachrichtenagentur dpa. Er forderte die Internationale Gemeinschaft auf, dringend Maßnahmen gegen die Militärregierung zu ergreifen.Die amtierende Asien-Direktorin von Human Rights Watch, Elaine Pearson, sprach von "einem Akt äußerster Grausamkeit". Die Junta ziele mit dieser Barbarei darauf ab, die Anti-Putsch-Protestbewegung zum Schweigen zu bringen. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die Vereinigten Staaten und andere Regierungen sollten die Junta umgehend wissen lassen, "dass die von ihr begangenen Gräueltaten Konsequenzen haben".Der UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechtslage in Myanmar, Tom Andrews, twitterte, er sei "erschüttert" von der Nachricht: "Die UN-Mitgliedstaaten müssen ihre Leben ehren, indem sie diese abscheuliche Tat zu einem Wendepunkt bei der Reaktion der Welt auf diese Krise machen."Bereits im Juni, nachdem die Verurteilten ihre Berufungsverfahren verloren hatten, warnten UN-Experten: "Diese Todesurteile, die von einem illegitimen Gericht einer illegitimen Junta verhängt wurden, sind ein abscheulicher Versuch, den Menschen in Myanmar Angst einzujagen." Eine den Familien nahestehende Quelle sagte der dpa, die Männer seien am Sonntagmorgen gehängt worden.Phyo Zeya Thaw und Kyaw Min Yu durften ihre Familien vor wenigen Tagen noch einmal per Zoom-Schalte sehen, berichteten lokale Medien und den Familien nahe stehende Quellen. "Wir haben gehofft, die Urteile würden nicht vollstreckt, es ist einfach schrecklich", sagte eine Frau aus dem Umkreis der Familie von Kyaw Min Yu. "Die Familien dachten, sie seien noch eine Weile sicher."Die Generäle hatten im Februar 2021 geputscht und Suu Kyi entmachtet. Seither versinkt das frühere Birma in Chaos und Gewalt. Gegen die Friedensnobelpreisträgerin laufen zahlreiche Verfahren wegen angeblicher Vergehen. Vor einem Monat wurde sie vom Hausarrest ins Gefängnis verlegt.
1asien
Der Personalmangel an Flughäfen, bei Bodendienstleistern, Sicherheitsfirmen und Airlines sorgt derzeit für teilweise chaotische Zustände an deutschen Airports. Wartezeiten, Gepäckberge, Verspätungen und Flugstreichungen sind die Folge. Die Airlines, die wegen der starken Nachfrage nach Urlaub und Reisen eigentlich das Vorkrisenniveau anvisiert haben, nehmen nun massiv Flüge aus dem Programm, um die Abläufe an den Flughäfen zu stabilisieren. Probleme an den Flughäfen gibt es aktuell nicht nur in Deutschland. In ganz Europa lassen sich diese Schwierigkeiten beobachten. Aber vor allem in Südeuropa läuft der Betrieb an den großen Airports deutlich besser, zeigt eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Auch an den Flughäfen des beliebten Urlaubslandes Spanien ächzt man im Sommer unter den Touristenmassen. Es gibt Warteschlangen und Verspätungen. Sie halten sich aber in Grenzen und sind in erster Linie auf Streiks des Bodenpersonals von Ryanair und Easyjet sowie auf das Chaos auf Zubringerflughäfen zurückzuführen, etwa in Deutschland. Unter anderem macht sich der Personalmangel in Spanien deshalb nicht so sehr bemerkbar, weil während der Pandemie weniger Menschen gekündigt wurde. Das ist dem sogenannten ERTE zu verdanken, einem Instrument des spanischen Arbeitsrechts, mit dem Unternehmen Arbeitsverträge für eine bestimmte Zeitspanne aussetzen können. Zur Finanzierung des ERTE in der Corona-Krise stellte die Regierung nach eigenen Angaben gut 19 Milliarden Euro zur Verfügung.Auch in Italien sind die Fluggastzahlen noch nicht wieder auf dem Niveau der Vor-Corona-Zeit, sagt der Chef der zivilen Luftfahrtbehörde (ENAC), Pierluigi Di Palma, der Nachrichtenagentur Ansa. In den vergangenen drei Monaten seien sie aber deutlich gestiegen. Chaos an den Flughäfen blieb jedoch aus, außer wenn durch Verspätungen anderswo die Flugpläne durcheinander gerieten.Die geringe Zahl an Problemen führt Di Palma vor allem auf Finanzspritzen des Staates zurück, der die Flughäfen in der Pandemie mit insgesamt etwa 800 Millionen Euro unterstützt hatte, unter anderem für Kurzarbeitergeld. Diese Finanzspritze, sagte der Luftfahrtchef, habe es den Airports ermöglicht, das Personal zu halten und den Betrieb am Boden zu garantieren.Die beiden Urlaubsländer haben für die wirtschaftlich so wichtige Touristensaison zeitig ausreichend Personal eingestellt, wie es bei den Flughafenbetreibern heißt. Sowohl die Sicherheitskontrollen als auch die Gepäckabfertigung liefen weitgehend normal, sagte ein Sprecher des Athener Flughafens Eleftherios Venizelos der Deutschen Presse-Agentur. Probleme entstünden hauptsächlich durch die vielen verspäteten Flieger aus Deutschland und Großbritannien. Das führe immer wieder dazu, dass Touristen aus jenen Ländern an griechischen Flughäfen warten müssten, weil ihre Flieger zur Abreise Verspätung hätten oder aber noch gar nicht gelandet seien.In der Türkei gibt es laut Hava-Sen, der Gewerkschaft für Beschäftigte im Luftfahrtsektor, derzeit keine Personalengpässe. Auch die Fluggesellschaft Turkish Airlines und ein Sprecher des Flughafens Istanbul berichteten von weitgehend reibungslosen Abläufen. Grund für Verspätungen sei nicht zu wenig Personal, sondern starkes Reiseaufkommen an Flughäfen wie dem in der Urlaubsregion Antalya, sagte Seckin Kocak, Chef von Hava-Sen. Außerdem habe es bereits vor Beginn der Pandemie in der Türkei ein Überangebot an Personal gegeben.Der Flughafen Wien verzeichnet nach eigenen Angaben keine nennenswerten Unregelmäßigkeiten im Sommerreiseverkehr. "Der Betrieb läuft weitgehend reibungslos", sagte Airport-Sprecher Peter Kleemann. Der Flughafen habe dank der staatlichen Unterstützung während der Corona-Pandemie kein Personal abgebaut und sei für das aktuelle und zu erwartende Passagieraufkommen gut aufgestellt. Anders als andere Airports betreibe der Flughafen Wien viele passagierrelevanten Prozesse selbst und mit eigenem Personal, etwa die Sicherheitskontrolle und den Großteil der Bodenabfertigung. Daher könne man die Abläufe und Kapazitäten selbst steuern.Ganz anders dagegen das Bild in einem anderen Nachbarland: Am niederländischen Flughafen Schiphol ist Chaos in diesem Sommer fast Alltag. Flugzeuge starten teils mit erheblichen Verspätungen, vorher müssen Passagiere mit stundenlangen Wartezeiten rechnen. Dutzende Flüge werden gestrichen, insbesondere an den Wochenenden. Manche Airlines haben ihre Urlaubsflüge nun auf regionale Flughäfen umgelegt.Auch das Chaos bei der Gepäckabfertigung ist groß. Grund ist auch hier der Personalmangel. Zu wenig Leute gibt es auch bei der Sicherheit. Das liegt an den hohen Arbeitsbelastungen und Niedriglöhnen. Während der Corona-Zeit wechselten viele Mitarbeiter zu den Gesundheitsämtern, die deutlich besser bezahlten. Und jetzt kehren sie nicht zum Flughafen zurück, obwohl der inzwischen die Löhne deutlich erhöht hat und sogar Boni zahlt.Mehr als 10.000 zusätzliche Kurzstreckenflüge sagt die größte britische Fluggesellschaft British Airways bis Ende Oktober ab. Dies diene der Sicherheit der Kunden, zu viele Flüge mussten kurzfristig abgesagt werden. Um das Chaos zu bewältigen, hatte die britische Regierung kurz vor der Hauptreisesaison die Vorschriften für die Start- und Landerechte an den Flughäfen gelockert. Fluglinien können damit Verbindungen streichen und auf die sogenannten Slots verzichten, ohne fürchten zu müssen, die teuren Startrechte zu verlieren.In Frankreich gibt es insbesondere an den Pariser Flughäfen Warteschlangen, Verspätungen und Flugausfälle. Der Flugverkehr hat wieder kräftig und stärker als erwartet angezogen. Dadurch gelingt es nicht im erforderlichen Umfang, das während der Corona-Krise reduzierte Bodenpersonal wieder einzustellen. Rund 4000 Stellen sind allein an den Pariser Flughäfen Orly und Charles-de-Gaulle ausgeschrieben. Das Interesse an den Tätigkeiten im Schichtdienst und auch am Wochenende hat angesichts der spürbar anziehenden Wirtschaft in Frankreich nachgelassen.Dazu kommen in den vergangenen Wochen immer wieder Streiks der Beschäftigten für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen, sowohl bei Airlines als zuletzt auch beim Bodenpersonal. In den vergangenen Tagen wurden am Flughafen Charles-de-Gaulle rund zehn Prozent der Starts und Landungen deshalb gestrichen.
6verbraucher
Dortmunds Führungstreffer durch Marco Reus ging ein Traumzuspiel von Julian Brandt voraus: Jamie Bynoe-Gittens spielte den Ball aus dem linken Halbfeld in die Mitte zu Brandt, der ihn mit einem Kunststückchen direkt in den Laufweg des startenden Reus weitertransportierte. Der ebenfalls parat stehende Jude Bellingham verfehlte zum Glück für die Borussia, Reus verwandelte souverän aus kurzer Distanz und unhaltbar für Oliver Baumann im Kasten der Gäste (16. Minute).Hoffenheim bekam weiterhin kaum Zugriff aufs Spiel und musste fast das 0:2 hinnehmen: Über Bellingham und Reus bediente Anthony Modeste Bynoe-Gittens mit einem perfekten Querpass. Der Youngster musste aus sechs Metern eigentlich nur noch einschieben, traf den Ball aber nicht richtig (23.). Auch Reus verfehlte das Tor der Gäste, nachdem Thomas Meunier Bellingham passgenau anspielte, der Engländer für Reus mit der Hacke abtropfen ließ. Nach der Pause, in der Trainer André Breitenreiter bei der TSG drei personelle Wechsel vorgenommen hatte, begann Dortmund wieder engagierter. Doch schnell konnten sich die Gäste aus dem Kraichgau mehr Spielanteile und vor allem Torsituationen erarbeiten. Doch Georgino Rutter (53.) und André Kramaric (60.) verfehlten aus der Distanz. Hoffenheim hoffte auf den Ausgleichstreffer, schaffte es aber nicht, durch Lücken in der gut sortierten BVB-Abwehr zu weiteren Tormöglichkeiten zu kommen. Auch die Einwechslung von TSG-Angreifer Munas Dabbur brachte nicht den gewünschten Erfolg. Modeste hatte die letzte Großchance der Partie, als er ein etwas ungenaues Zuspiel von Thorgan Hazard per Fernschuss verwertete, aber verzog.Mit einem Sieg im direkten Duell am Samstag könnten Union und der FC Bayern in der Tabelle an den Dortmundern vorbeiziehen.Vor der Partie gab Dortmund bekannt, dass die Mannschaft monatelang und womöglich sogar bis zur WM-bedingt frühen Winterpause auf Mahmoud Dahoud verzichten muss. Der Mittelfeldspieler muss an seiner zweimal herausgesprungenen Schulter operiert werden. "Er wird bis November leider nicht mehr spielen", sagte Sportdirektor Sebastian Kehl am Freitagabend im Vorfeld des Liga-Heimspiels gegen die TSG Hoffenheim bei "DAZN". "Es ging einfach nicht mehr, deswegen hat er sich nach Rücksprache mit den Ärzten entschlossen, die Schulter operieren zu lassen." "Die Schulter war raus, auch bei Jamie Bynoe-Gittens, es ist unglaublich", sagte Dortmunds Coach Edin Terzic nach dem Sieg frustriert: "Das war ja kein Zusammenstoß, bei dem zwei LKW aufeinanderzurasen. Das sah doch eigentlich harmlos aus." Allerdings: Bynoe-Gittens musste kurz vor der Halbzeitpause ausgewechselt werden, nach einem Zweikampf an der Seitenlinie baumelte seine Schulter zunächst haltlos an seinem Körper herunter. Die Schmerzen waren heftig. "Noch wissen wir nicht, was das für ihn bedeutet", sagte Terzic.Am 6. Spieltag muss Borussia Dortmund zum Spitzenspiel auswärts nach Leipzig reisen (Samstag, 10.09.2022 um 15.30 Uhr). Die Hoffenheimer empfangen am selben Tag den 1. FSV Mainz 05 (15.30 Uhr).Quelle: sportschau.de
4sportschau
Das Außenministerium in Washington hat angekündigt, dass die USA weitere Hilfen für die Ukraine im Umfang von 600 Millionen US-Dollar auf den Weg bringen werden. So will das Land weitere Waffen aus den Beständen des eigenen Verteidigungsministeriums an die Ukraine liefern.Neben der militärischen Ausrüstung sollen ukrainische Truppen auch im Umgang mit den Waffen ausgebildet werden, hieß es weiter. Welche Waffen konkret zur Verfügung gestellt werden sollen, ließen die USA jedoch offen. Mit der weiteren militärischen Unterstützung erhöht sich der finanzielle Gegenwert der von den USA geleisteten Hilfen für die Ukraine seit Kriegsbeginn im Februar auf rund 15,8 Milliarden US-Dollar. Zuletzt hatte US-Außenminister Antony Blinken bei einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew im September ein Hilfspaket im Wert von 2,2 Milliarden US-Dollar angekündigt. Mit den Mitteln sollen demnach aber nicht nur die Ukraine, sondern auch weitere Staaten im ost- und südeuropäischen Raum gestärkt werden. Zuvor hatte US-Präsident Joe Biden im August Hilfen im Umfang von knapp drei Milliarden US-Dollar für die Ukraine zugesagt - das bislang größte Einzelpaket an Unterstützungsleistungen der USA. Insgesamt hatte der US-Kongress zugestimmt, fast 40 Milliarden US-Dollar in militärische und humanitäre Unterstützung der Ukraine zu investieren. Mit der Summe sollen aber auch die Militärbestände der USA wieder aufgefüllt werden.Neben der Hilfe für die Ukraine haben die USA auch weitere Sanktionen gegen russische Politiker, Behördenvertreter und Unternehmen auf den Weg gebracht. Die Strafmaßnahmen richten sich unter anderem gegen einen hochrangigen Wirtschaftsberater des russischen Präsidenten Wladimir Putin, gegen prorussische Beamte in von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine sowie gegen Justizbeamte, die auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim tätig sind.Im Fokus der Sanktionen steht ebenso erneut der russische Geheimdienst GRU. Hintergrund dieser weiteren Maßnahmen ist auch der Vorwurf, dass ukrainische Bürgerinnen und Bürger in ihrer Heimat zunächst in Lager gebracht und anschließend gegen ihren Willen nach Russland verschleppt werden sollen. In diesem Zusammenhang verhängten die USA auch Sanktionen gegen Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, die Kinderschutzbeauftragte der russischen Regierung. Sie soll durch Gesetzesänderungen ermöglicht haben, dass Kinder aus der Ukraine, die nach Russland verschleppt worden sein sollen, rasch die russische Staatsbürgerschaft erhalten, um dann in Russland adoptiert werden zu können.Insgesamt zielen die Sanktionen gegen mindestens 23 Einzelpersonen und 31 russische Regierungsbehörden und Unternehmen. So richten sich die Strafmaßnahmen auch gegen die russische Raumfahrtindustrie sowie Computer- und Technologiekonzerne. Damit soll vor allem der Nachschub an Rüstungsgütern und die Modernisierung des russischen Militärs behindert werden.
0amerika
Im Viertelfinale im Leigh Sports Village Stadium musste am Freitagabend (22.07.2022) ein Standard her, ehe der Olympia- und Weltranglistenzweite die belgischen Fußballerinnen in deren erstem K.o.-Spiel bei einem großen Turnier in die Knie gezwungen hatte. Innenverteidigerin Linda Sembrant von Juventus Turin stocherte in ihrem 130. Länderspiel nach einem Eckball von Kosovare Asllani im Nachsetzen den Ball über die Linie. Die "Red Flames" waren untröstlich. Das Erreichen der Verlängerung wäre für das Team von Trainer Ives Serneels einer Sensation gleichgekommen.Schweden trifft nun am Dienstag (26.07.2022 / 21 Uhr / live im Ersten und bei sportschau.de) im Halbfinale in Sheffield auf die Gastgeberinnen - das denkbar größte Hindernis auf dem Weg in ein mögliches EM-Finale im Wembley-Stadion. Schweden steht zum insgesamt neunten Mal, aber erstmals seit dem Heimturnier 2013 wieder in einer Vorschlussrunde bei einer EM. Vor neun Jahren setzte es in Göteborg eine 0:1-Niederlage gegen den späteren Europameister Deutschland. "Das wird ein extrem schweres Spiel", sagte Magdalena Eriksson, die schwedische Verteidigerin in Diensten des FC Chelsea, mit Blick auf das Halbfinale der BBC. "England hat sich im bisherigen Turnierverlauf hervorragend geschlagen. Ich kenne alle Spielerinnen - extrem talentierte Spielerinnen. Wir müssen uns voll reinhängen." Dass Schweden bis zum Halbfinale zwei Tage weniger Zeit hat als England, wollte Eriksson nicht als Nachteil werten: "Wir sind im Fluss. Ich bin sicher, dass wir am Dienstag hundertprozentig frisch sein werden", sagte sie.Der drückenden fußballerischen und körperlichen Überlegenheit der Schwedinnen stemmten sich die belgischen Fußballerinnen bei strömendem Regen lange erfolgreich entgegen. Sie versteckten sich nicht, aber wann immer sie in Ballbesitz waren, versuchten sie, den Spielfluss zu verschleppen und das Tempo zu verlangsamen. Und dann hatten sie ja auch noch Nicky Evrard. Die Torhüterin von KAA Gent, im Nebenerwerb Vermieterin von Hüpfburgen, war bei einem Distanzschuss von Filippa Angeldal (6.) ebenso auf dem Posten wie beim Kopfball von Amanda Ilestedt (14.) und im Gewühl nach einer Ecke (34.).Machtlos war sie allerdings, als Stina Blackstenius nach einem feinen Pass von Asllani allein auf sie zulief (25.). Doch der Treffer der Arsenal-Stürmerin wurde nach Intervention des Video-Assistenten von der ukrainischen Schiedsrichterin Kateryna Monzul aberkannt (25.). Eine umstrittene Entscheidung. Kurz darauf bot sich Justine Vanhaevermaet die Chance, den Außenseiter sogar in Führung zu bringen, doch der noch abgefälschte Aufsetzer der Mittelfeldspielerin vom Reading FC zischte am linken Pfosten vorbei. So blieb es trotz 15:1 Torschüssen für Schweden bei einem 0:0 nach der ersten Hälfte.Schwedens Abwehr, die wegen Corona-Infektionen bei Hanna Glas und Jonna Andersson auf den Außenbahnen umgestellt werden musste, bekam auch nach der Pause nicht sonderlich mehr zu tun. Aber als nach einer Stunde noch immer kein Tor für die haushoch überlegenen Skandinavierinnen gefallen war, geschah das, worauf Belgien von Anfang an aus gewesen war: Bei den Blau-Gelben machte sich Nervosität breit.Obwohl die konzentriert und geschlossen verteidigenden Belgierinnen inzwischen kaum noch Entlastungsangriffe starten konnten, fand Schweden keine spielerischen Lösungen, um den Defensivverbund aufzubrechen. Und wenn doch mal ein Ball aufs Tor kam, war Evrard zur Stelle - so wie bei ihrer Glanzparade gegen Blackstenius, die aus vier Metern zum Kopfball kam (73.).Während Schwedens angeschlagene Rekordnationalspielerin Caroline Seger auf der Bank fuchsteufelswild wurde, sah Trainer Peter Gerhardsson bis zur 84. Minute keine Veranlassung, einen Wechsel vorzunehmen. Dann brachte er Hanna Bennison für Angeldal, die mit zwei Treffern bislang erfolgreichste schwedische Torschützin bei dieser EM.Die Erlösung kam schließlich in der Nachspielzeit, als Sembrant eine Ecke von Asllani im Nachsetzen über die Linie bugsierte (90.+2). Es war bereits das sechste Tor nach einer Standardsituation für Schweden bei dieser EM. Als "Player of the Match" wurde dennoch die tapfere Keeperin Evrard geehrt, die erst den 33. Versuch der Schwedinnen passieren lassen musste.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Im US-Bundesstaat Washington sind mehr als 6000 Quadratkilometer des Pazifiks zu abwasserfreiem Gebiet erklärt worden, in Alaska brauchen Reedereien eine Genehmigung, um die Ventile auf hoher See zu öffnen. Deshalb verklappen US-Kreuzfahrtschiffe, die zwischen den beiden Bundesstaaten unterwegs sind, Hunderte Millionen Liter Abwasser, Chemikalien und Jauche vor der auf dem Weg liegenden Küste Kanadas - während die Passagiere an Bord die Landschaft genießen.Die Kreuzfahrtroute nach Alaska ist das beliebteste Urlaubsvergnügen der US-Amerikanerinnen und -Amerikaner - noch vor Reisen nach Orlando oder Las Vegas.Kanada sei wie eine Toilettenschüssel der Kreuzfahrtindustrie, sagt Anna Barford von der US-kanadischen Umweltschutzorganisation Stand.earth. Die Gruppe hatte zusammen mit anderen Vereinen eine entsprechende Untersuchung veröffentlicht. Sie wiederholen ihre Warnung, da die Passagierzahlen das Niveau aus der Zeit vor der Corona-Pandemie erreichen.Nach Angaben der Umweltschutzorganisation WWF Kanada sind Brauchwasser aus Spülbecken, Duschen und Bordwäscherein, Kieljauche, die sich im Rumpf der Schiffe sammelt, und Abwässer aus Toiletten nur ein kleiner Teil der verklappten Flüssigkeiten. Die weitaus größte Menge entstehe beim Reinigen der Schiffsdieselabgase. Kreuzfahrtschiffe seien mit Abstand für den größten Teil der Verschmutzung verantwortlich, obwohl sie nur zwei Prozent des gesamten Schiffsverkehrs ausmachten, erklärte der WWF.
0amerika
Die Münchner gewannen ihr Champions-League-Gruppenduell gegen den FC Barcelona am Dienstagabend (13.09.2022) mit 2:0. Nach einer torlosen ersten Halbzeit trafen Lucas Hernandez (51. Minute) und Leroy Sané (54.) kurz nach der Pause für den FC Bayern und machten damit den Sieg gegen die Spanier perfekt, die die erste Halbzeit dominiert hatten.Das Duell der beiden Gruppenfavoriten Bayern und Barcelona startete mit dem erwartbaren schnellen und qualitativ hochwertigen Offensiv-Fußball. Dank schnellen Umschaltspiels beider Teams spielte sich ein Großteil der Anfangsviertelstunde in den beiden Strafräumen ab – mit dem Vorteil beim FC Barcelona.Zunächst forderte Mittelfeldspieler Pedri Bayern-Torhüter Manuel Neuer heraus, dann – wie sollte es auch anders sein – näherte sich Ex-Bayer Robert Lewandowski, der von den Fans in der Münchner Arena mit Beifall begrüßt worden war, und vergab die erste Großchance der Katalanen. Der frühere Dortmunder Flügelspieler Ousmane Dembélé bediente den Polen mit einer halbhohen Hereingabe, die Lewandowski trotz freier Schussbahn aus 14 Metern über das Tor bugsierte.Nach der starken Drangphase des Teams von Trainer Xavi kreierte Bayerns Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer in der 32. Minute die erste gute Chance der Münchner. Sadio Mané bediente Sabitzer von halbrechts im Strafraum, der die linke obere Torecke nur um Zentimeter verpasste. Kurz darauf hinderten sich Thomas Müller und Mané gegenseitig am Abschluss im Strafraum.Insgesamt präsentierte sich der FC Barcelona in der ersten Hälfte in Topform und setzte die Bayern über die meiste Zeit unter Druck. Die Münchner stabilisierten sich zum Ende der ersten 45 Minuten, konnten sich jedoch auch glücklich schätzen, dass ein Foul von Abwehrmann Alphonso Davies an Dembélé im Bayern-Strafraum nicht geahndet wurde.Bayern-Trainer Julian Nagelsmann brachte in der zweiten Halbzeit Leon Goretzka, der es kurz nach Wiederanpfiff mit einem wuchtigen Schuss aus der zweiten Reihe versuchte, aber an Barcelonas Keeper Marc-André ter Stegen scheiterte. Der darauffolgende Eckstoß von Joshua Kimmich landete bei dem völlig freistehenden Lucas Hernandez, der den Ball zur Bayern-Führung ins Tor köpfte.Nur drei Minuten später schickte Jamal Musiala seinen Bayern-Kollegen Leroy Sané in den gegnerischen Strafraum, Sané dribbelte die heraneilenden Gegenspieler aus und schob den Ball an ter Stegen vorbei ins Tor zur 2:0-Führung.Das Offensivspektakel der beiden Teams ging auch nach den beiden Treffern weiter: Musiala verpasste das dritte Tor nur knapp, Pedri vergab die Chance zum Anschlusstreffer, obwohl er alleine vor Neuer auftauchte. Auch Lewandowski versuchte es erneut. Doch die Bayern hielten gut dagegen und brachten die 2:0-Führung über die Zeit. Dadurch sicherten sich effiziente Münchner den zweiten Dreier in dieser Champions-League-Saison und damit die Führung in Gruppe C. Bitter: In den letzten Sekunden der Partie musste Torschütze Hernandez den Platz mit Verdacht auf eine Adduktorenverletzung verlassen.Am dritten Spieltag der Champions League empfangen die Bayern den Underdog der Gruppe C: Viktoria Pilsen ist am 4. Oktober um 18.45 Uhr (im Audio-Stream und Live-Ticker bei sportschau.de) zu Gast in München. Barcelona reist nach Mailand zum Duell gegen Inter (21 Uhr).Quelle: sportschau.de
4sportschau
Bei der letzten Etappe am Sonntag über 116 km mit Start und Ziel in Paris muss Vingegaard nur heil ins Ziel auf die Champs-Élysées kommen - der Gesamtführende muss auf der Triumphfahrt der Tour am Schlusstag keine Attacken der Konkurrenten fürchten."Heute war ein Traumszenario. Ich bin super-platt nach drei Wochen und habe noch einmal alles gegeben", sagte der in Tränen aufgelöste van Aert. Am Fuße des Podiums fiel er seinem Teamkollegen und designierten Tour-Sieger Vingegaard in die Arme. "Ich wollte die Etappe und für Jonas das Gelbe Trikot."Vorjahressieger Tadej Pogacar, lange Zeit im Gelben Trikot des Gesamtführenden, behielt seinen zweiten Platz im Klassement, Geraint Thomas, Toursieger von 2018, wird als Dritter auf dem Siegerpodest in Paris stehen.Alexander Vlasov, Bestplatzierter im deutschen Team Bora-hansgrohe, machte mit einer feinen Leistung im Zeitfahren in der Gesamtwertung noch zwei Plätze gut und sprang auf den fünften Rang.Bester Deutscher wurde Maximilian Schachmann nach einer starken Leistung auf Platz neun. "Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung", sagte Schachmann. "Am Morgen hatte ich gar kein gutes Gefühl, dann habe ich im Bus nochmal eine Stunde geschlafen. Die Leistung gibt mir Zuversicht für die kommenden Wochen." Unter den acht verbliebenen deutschen Startern war kein reiner Zeitfahrspezialist. Doch selbst nach der insgesamt sehr schnellen und schweren Tour schonten sich die Profis im Kampf gegen die Uhr nicht. "Es war extrem hart. Es war jeden Tag Vollgas, selbst das Zeitfahren. Da konnte man sich nicht einfach mal die Landschaft angucken", sagte der deutsche Meister Nils Politt.Quelle: sportschau.de
4sportschau
Um die Ausrüstung der Bundeswehr schnell zu verbessern, hat der Bundestag verschiedene Maßnahmen zur beschleunigten Beschaffung beschlossen. Das am späten Donnerstagabend verabschiedete Gesetz ermöglicht es für einen Zeitraum von zunächst dreieinhalb Jahren, Aufträge schneller zu vergeben, als es nach der bisherigen Rechtslage möglich war.So sollen diverse Beschaffungen gebündelt werden können, die gemeinsame Beschaffung mit europäischen Partnern soll erleichtert und Beschwerden gegen die Vergabe von Aufträgen an konkurrierende Anbieter sollen schneller behandelt werden. "Damit die Bundeswehr angesichts der veränderten sicherheitspolitischen Bedrohungslage ihre Aufgaben zur Landes- und Bündnisverteidigung auch zukünftig ohne Einschränkung erfüllen kann, muss ihre Einsatzfähigkeit unverzüglich und schnellstmöglich erhöht werden", hieß es im Kabinettsbeschluss vor mehr als zwei Wochen.Die Bundestagsentscheidung steht auch in Zusammenhang mit dem Sondervermögen für die Armee in Höhe von 100 Milliarden Euro. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hatten Bundestag und Bundesrat vor wenigen Wochen das Sonderprogramm beschlossen.Mit dem Geld sollen unter anderem neue Flugzeuge, Hubschrauber, Schiffe und Panzer angeschafft werden. Derartige Beschaffungsvorhaben zogen sich in der Vergangenheit regelmäßig in die Länge. Das Vergaberecht der Bundeswehr gilt als bürokratisch, schwerfällig und reformbedürftig. Dieses Problem soll durch die nun beschlossenen Maßnahmen entschärft werden.Vor diesem Hintergrund wies die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD) darauf hin, dass die Bundeswehr gern mehr Waffen selbst reparieren lassen würde. "Wir sollten die Kompetenzen unserer Truppe stärker nutzen, die ihr Gerät selbst instand setzen will", sagte Högl dem Portal t-online. "Wir haben da ein hohes Niveau, hier sollten wir stärker auf die eigenen Fähigkeiten zurückgreifen."Bisher darf die Armee t-online zufolge aus rechtlichen Gründen nur bei knapp der Hälfte der rund 50 Hauptwaffensystemen selbst Reparaturen vornehmen. Ziel einer Ausweitung müsse es sein, "die Einsatzbereitschaft zu verbessern", sagte Högl. "Damit dies gelingt, sollten wir auch beim Thema Bevorratung von Ersatzteilen und Werkzeugen neu denken." Die Wehrbeauftragte verwies auf den Faktor Geschwindigkeit: "Wir sehen mit dem Krieg in der Ukraine, dass es unter Umständen schnell gehen muss: Wenn unsere Soldaten zum Beispiel an die Ostflanke verlegt werden, damit sie die NATO-Partner im Osten unterstützen können", sagte sie.
3innenpolitik
Deutschland ist mit anderen europäischen Ländern in einem Netz verbunden, deshalb lässt sich diese Frage nicht allein für ein Land betrachten. Das europäische System sei durch mehrere Schutzmechanismen gesichert, heißt es aus der Bundesnetzagentur. Es sei "mehrfach redundant ausgelegt", sodass "selbst bei größeren Störungsereignissen ein völliger Zusammenbruch des Übertragungsnetzes verhindert" werden könne, sagt Michael Reifenberg, Sprecher der Bundesnetzagentur. Im Notfall würde man entscheiden, "die Ukraine unverzüglich und sicher wieder vom restlichen europäischen Verbundnetz zu trennen". Für die Bundesnetzagentur steht fest: "Ein großflächiger Blackout ist äußerst unwahrscheinlich."Die Verantwortlichen in der Ukraine müssten dann "das Netz im Inselmodus wieder rebooten", sagt Energieberater Rouven Stubbe, Energieexperte bei Berlin Economics und dort im Projekt Low Carbon Ukraine, das - finanziert vom deutschen Umweltministerium - das ukrainische Energie- und Umweltministerium berät. Erst wenn das gelungen sei, würde das ukrainische Netz wieder an das europäische angeschlossen werden. Aber bevor es überhaupt soweit kommt, dass das Netz hierzulande betroffen ist, greifen schon in der Ukraine verschiedene Notfallmaßnahmen.Es gibt mehrere Schutzmechanismen, die greifen würden. "Manche davon funktionieren innerhalb von Sekunden", erklärt Rouven Stubbe. "Andere innerhalb von 15 Minuten oder ein bis zwei Stunden."Wenn ein größeres Kraftwerk ungeplant ausfalle, dann werde zuerst Energie von Reservekraftwerken bereitgestellt, beispielsweise von ukrainischen Kohlekraftwerken. "Und falls das nicht ausreicht, dann fällt die Netzfrequenz im ukrainischen Stromnetz ab", sagt Stubbe. Dann würde Strom aus Nachbarländern in die Ukraine fließen, um das auszugleichen. Als nächsten Schritt könnte es "kontrollierte lokale Stromausfälle" geben. Grundsätzlich würde vor allem der Süden des Landes vom Kraftwerk Saporischschja abhängen, dort käme es zu den größten und womöglich länger dauernden Problemen.Im Moment werden vergleichsweise geringe Strommengen zwischen der Ukraine und der EU ausgetauscht. Auch das trage dazu bei, dass das europäische Netz durch Ausfälle in der Ukraine kaum gefährdet wäre, sagen Experten: "Rein technisch sind die Leitungen ausgelegt für 1,5 bis zwei Gigawatt", so Stubbe. "Wirklich exportiert wird aber gerade wesentlich weniger." Laut dem staatlichen Energieunternehmen Ukrenerho sind es 500 bis 600 Megawatt. Eine deutliche Ausweitung würde voraussetzen, dass schnell neue Leitungen gebaut oder alte Leitungen aus der Sowjetzeit reaktiviert werden.Das war seit mehreren Jahren geplant, wurde aber durch den Krieg beschleunigt: Am 24. Februar dieses Jahres, als der russische Angriff begann, testete die Ukraine - von langer Hand organisiert und nun zufällig am ersten Kriegstag - ob ihr Stromnetz auch autonom funktioniert, unabhängig vom Netz Russlands. Der Anschluss ans europäische Stromnetz sollte eigentlich erst 2023 erfolgen. Doch nach dem Test ging alles ganz schnell: Seit Mitte März ist das ukrainische Netz mit dem kontinentaleuropäischen verbunden, seit Anfang Juli liefert die Ukraine Strom in die EU. Das sei nur eine "erste Etappe", man könne bald aufstocken, versprach der ukrainische Präsident Selenskyj. "Beide Seiten profitieren", twitterte Ursula von der Leyen erfreut. Ziel des deutschen Umweltministeriums ist, dass langfristig nicht vorrangig Atomstrom, sondern immer mehr Strom aus Erneuerbaren Quellen von der Ukraine in die EU fließt.Die Ukraine hat mehrfach angeboten, schnell noch mehr Strom zu liefern. Das sei für Deutschland eine Art "Versicherungspolster", wenn zu bestimmten Zeiten weniger Wind- und Solarenergie zur Verfügung stehe, wirbt der ukrainische Energieminister German Galuschenko. Gleichzeitig würde es der Ukraine Einnahmen sichern - und könnte helfen, die Energiewende dort voranzutreiben."Eigentlich hat die Ukraine ein großes Potenzial, insbesondere für Solar- und Windenergie im Süden des Landes", sagt Rouven Stubbe. Seine Gesprächspartner, etwa im ukrainischen Energie- und Umweltministerium, hofften auf eine langfristige Perspektive des Stromhandels. "Aber unter Kriegsbedingungen muss man sich sehr genau überlegen, ob man da noch mehr reingehen will", sagt Stubbe. Auch die Bundesnetzagentur prüft jede Ausweitung genau, denn das habe "direkten Einfluss auf die Sicherheit der Stromversorgung", sagt Michael Reifenberg. Mehr Handelskapazität gebe es nur, "wenn es unter Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit möglich ist".Ein Atomkraftwerk braucht selbst relativ große Mengen Strom, unter anderem um die Reaktoren zu kühlen. Werden Leitungen zerstört, dann müssen Diesel-Generatoren einspringen. "Das wäre ein ganz kritischer Moment", sagt Energieexperte Rouven Stubbe. "Wenn der Notstrom ausfällt, kann es zur Kernschmelze kommen." Nach Angaben des ukrainischen Betreibers Enerhoatom drohe Russland, das AKW an das Stromnetz der annektierten Halbinsel Krim anzuschließen. Dazu müssten die Leitungen zum ukrainischen Energiesystem beschädigt werden. "Dass es dadurch zum nuklearen Zwischenfall kommt, ist die größte Angst, die wir gerade von unseren ukrainischen Gesprächspartnern hören", sagt Stubbe. Im Moment beschuldigen sich beide Seiten gegenseitig, die Infrastruktur zu zerstören.Zusätzlich könnte es aber auch durch Cyberattacken zu einem Ausfall des größten europäischen Atomkraftwerkes kommen. Laut Ukrenerho gibt es seit dem ersten Kriegstag massive Angriffe auf die IT des Unternehmens.
3innenpolitik
Ivana war die erste Ehefrau des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und die Mutter seiner drei ältesten Kinder Donald Jr., Ivanka und Eric. In den 1980er-Jahren war das Glamour-Ehepaar eine feste Größe in der New Yorker High Society - bis zur aufsehenerregenden Scheidung Anfang der 1990er-Jahre. In dieser Zeit übernahm Ivana zahlreiche Posten im Firmenimperium ihres Mannes. Sie war unter anderem Vizepräsidentin für Innengestaltung von Trump-Gebäuden und beaufsichtige den Bau eines Trump-Casinos in Atlantic City.1949 kam sie als Ivana Marie Zelnícková in der damaligen Tschechoslowakei zur Welt und war dort erfolgreiche Skiläuferin. In den 1970er-Jahren wanderte sie mit ihrem ersten Ehemann, einem Österreicher, nach Kanada aus, wo sie eine Modelkarriere begann. In New York traf sie Donald Trump, den sie 1977 heiratete. Nach der Scheidung arbeitete sie als Designerin, Unternehmerin und Buchautorin.Er sei "sehr traurig", den Tod seiner Ex-Ehefrau bekanntzugeben, teilte der ehemalige US-Präsident gestern mit, ohne Angaben zur Todesursache zu machen. Sie sei eine "wundervolle, schöne und unglaubliche Frau" gewesen, die ein "großartiges und inspirierendes Leben" geführt habe. In den vergangenen Jahren hatte sich die beiden wieder gut verstanden. Ivana nannte ihren Ex-Mann "The Donald" und unterstütze seine Präsidentschaftskandidatur.Laut einem Bericht der "New York Times" untersucht die Polizei, ob Ivana möglicherweise in ihrer Wohnung in Manhattan die Treppe heruntergefallen ist. Die New Yorker Polizei erklärte, Beamte hätten sich am Donnerstagmittag nach einem Notruf zur Wohnung der 73-Jährigen in der Upper East Side Manhattans begeben. Dort hätten sie Ivana leblos vorgefunden. Rettungsmediziner hätten die Frau noch vor Ort für tot erklärt. Ein Gerichtsmediziner soll jetzt die Todesursache ermitteln. Einen "kriminellen Hintergrund" scheine es nicht zu geben.
0amerika
Es ist NASA-Chef Bill Nelson auf der Pressekonferenz sofort anzusehen: Es war ein langer und anstrengender Tag im Kennedy Space Center - und auch ein durchaus enttäuschender für alle Beteiligten. Auch wenn Nelson bereits in den ersten Sekunden seines Statements sofort in die Offensive ging und irgendwie gute Miene zum bösen Spiel machte: Es gehe um eine komplett neue Rakete - und sie werde erst dann fliegen, wenn alles dafür bereit sei. Verschiebungen von Starts gehörten zum Teil dieses neuen Mond-Programms der NASA. Zum Prozess, um an diesen Punkt zu kommen, fügte der NASA-Chef hinzu.Die Enttäuschung über die Verschiebung ist Missionsleiter Mike Sarafin trotz der Worte seines Chefs allerdings deutlich anzumerken: Sarafin zählte die technischen Komplikationen auf, die während des Countdowns seit Sonntagnacht dem Start-Team begegnet waren: Erst schlugen Blitze auf der Startrampe ein, die allerdings keine Schäden anrichteten.Dann trat ein Softwareproblem mit der neuen Raumkapsel Orion auf, das laut Sarafin aber schnell behoben werden konnte. Während des Tankvorgangs, bei dem flüssiger Sauer- und Wasserstoff in die Rakete gepumpt werden, kam es beim Wasserstofftank zu einer Leckage - auch die konnte vom Team gestoppt werden. Die Tanks waren zu 100 Prozent gefüllt, als das letzte, große Problem auftrat. Triebwerk Nummer drei - vier gibt es insgesamt - konnte nicht so weit heruntergekühlt werden, dass dessen Leitungen mit dem extrem kalten Treibstoff gefüllt werden konnten. "Das Triebwerk muss so kalt sein wie der extrem heruntergekühlte Treibstoff, damit es nicht beim Start durch einen plötzlichen Temperaturschock zu Problemen kommt", erklärte Sarafin.Als sich die Teams daran machten, dieses Problem zu beheben, trat ein weiteres auf: Ein Ablassventil in einem Zwischentank ließ sich nicht mehr so steuern, wie es für die Kühlung der Triebwerke notwendig gewesen wäre. An diesem Punkt, so Sarafin, sei dann klar gewesen: "Artemis I" wird an diesem Tag nicht mehr abheben. Heute gegen 21 Uhr deutscher Zeit soll das gesamte Start-Team von "Artemis I" wieder zusammenkommen und alle gesammelten Daten analysieren. Gegen Mitternacht deutscher Zeit ist dann eine Telefonkonferenz geplant, auf der mitgeteilt werden soll, wie es weitergeht. Das zweite Startfenster am kommenden Freitag peilt die NASA aktuell aber noch an. 
0amerika
Nach dem Ende einer Routinewartung sind für Donnerstag Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 angekündigt. Das geht aus vorläufigen Daten des Netzbetreibers Gascade hervor. Gascade betreibt die beiden Empfangspunkte von Nord Stream 1 im vorpommerschen Lubmin.Für beide Punkte sind laut Gascade-Website Gaslieferungen vorgemerkt. Diese Vormerkungen - sogenannte Nominierungen - seien Voraussetzung, damit nennenswerte Mengen transportiert werden können, hatte eine Gascade-Sprecherin zuvor erklärt. Die Anmeldungen können sich demnach allerdings noch bis kurz vor der tatsächlichen Lieferung ändern.Die Bundesnetzagentur teilte mit, es seien circa 800 Gigawattstunden für Donnerstag angemeldet. An den drei Tagen vor den Wartungsarbeiten waren es etwa 700 Gigawattstunden. Mit 800 Gigawattstunden würde weiterhin weniger als die Hälfte der maximal möglichen Menge geliefert. Auch die Bonner Behörde wies darauf hin, dass sich die Höhe der Gasmenge noch kurzfristig ändern könne.Schon in der Nacht zum Mittwoch hatte Kremlchef Wladimir Putin Lieferungen auch nach der Wartung angedeutet. "Gazprom erfüllt seine Verpflichtungen, hat sie stets erfüllt und ist gewillt, weiterhin alle seine Verpflichtungen zu erfüllen", zitiert die russische Agentur Interfax Putin.Er warnte zugleich aber vor einem weiteren Absenken der Liefermenge, sollte Russland die in Kanada reparierte Turbine nicht zurückerhalten. Sie wurde wegen der westlichen Sanktionen lange zurückgehalten. Zuletzt hatte Kanada entschieden, die Turbine an Deutschland zu übergeben. Die Bundesregierung sieht in dem Verweis auf die Turbine einen Vorwand.Während der vergangenen anderthalb Wochen war wegen einer jährlichen Routinewartung kein Gas durch die zuletzt wichtigste Verbindung für russische Erdgas-Importe nach Deutschland geliefert worden. Die Bundesregierung hatte befürchtet, Putin könnte den Gashahn auch danach geschlossen lassen.Die Regierung forderte erneut eine Wiederaufnahme der Gaslieferungen in vollem Umfang nach der abgeschlossenen Wartung. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann verwies auch auf vertragliche Verpflichtungen des russischen Staatskonzerns. Äußerungen von Russlands Staatspräsident Wladimir Putin wollte die Bundesregierung nicht kommentieren. Die Lage und die tatsächlichen Gasflüsse würden beobachtet, erklärte das Wirtschaftsministerium. Die EU stellte heute ihren Notfallplan Gas vor. Dieser empfiehlt allen EU-Ländern Gaseinsparungen von 15 Prozent, damit die EU sicher durch den Winter kommen kann. Die EU hält es für "wahrscheinlich", dass Russland die Gaslieferungen komplett einstellen könnte.
6verbraucher
"Die jungen Leute lassen sich einfach nicht mehr so leicht einladen," sagt Herr Tokumuto und nimmt einen tiefen Schluck von seinem Bier. Mit zwei seiner Mitarbeiter sitzt der Mittvierziger in einem Izakaya, einer Sake-Kneipe, es ist Freitagabend im Tokioter Stadtteil Shibuya. Die drei arbeiten für eine Kreditkartenfirma und haben jetzt Feierabend - zumindest teilweise. Denn noch will Herr Tokumuto trinken - und wenn der Chef das möchte, dann sagt man nicht Nein. Der "Nomikai", wörtlich übersetzt mit "Trink-Treffen", galt lange Zeit in Japan als Pflichtveranstaltung vor dem Wochenende. Doch gerade junge Menschen widersetzen sich diesem Ritual. Einer der Gründe, weshalb der Alkoholkonsum des Landes rapide abnimmt - und damit die Einnahmen für den Fiskus. Während vor zehn Jahren die Alkoholsteuer noch drei Prozent der gesamten Steuereinnahmen ausgemacht hat, sind es seit Pandemiebeginn nur mehr 1,7 Prozent.Außerdem hat die Corona-Zeit die Trinkgewohnheiten verändert - viele Bars waren komplett oder ab 20 Uhr geschlossen, die Menschen verbrachten mehr Zeit zu Hause. So auch der 20-jährige Student Yoshiki Takahashi. Er hat sich während der Pandemie ziemlich zurückgezogen, hing vorher gerne zum Fußballgucken und Biertrinken in Sportkneipen ab. Jetzt trinkt er weniger, fühlt sich fitter - wie viele junge Menschen, die zum Teil ganz bewusst auf Alkohol verzichten. Die Regierung hat nun "Sake Viva!" ins Leben gerufen - eine Kampagne, die sich an junge Menschen zwischen 20 und 39 Jahren richtet, denn ab 20 darf in Japan legal Alkohol konsumiert werden. Bis Anfang September sind sie aufgerufen, Ideen beizusteuern, wie das Alkoholtrinken in Japan revitalisiert werden kann - etwa mit anderen Werbebotschaften oder neuen Getränken.Eiji Kusumi ist Direktor einer Tokioter Klinik und sehr irritiert über die Kampagne der Nationalen Steueragentur. Er gibt zu: "Ich liebe Alkohol, deshalb tue ich mein Bestes, um einen angemessenen Konsum zu fördern." Durch die Kamapgne der Regierung werde es allerdings unweigerlich zu einem Anstieg von Suchtfällen oder alkoholbedingten Gesundheitsproblemen kommen, meint der Arzt. Auch wenn kurzfristig mehr Geld in die Staatskasse gespült würde - auf lange Sicht stiegen so die Ausgaben für das Gesundheitssystem und es komme katerbedingt zu Arbeitsausfällen am nächsten Tag.Alkohol hat gerade in Japan eine gesellschaftliche Relevanz. In einem Land, in dem es vielen Menschen schwer fällt, aus sich herauszugehen, kann Alkohol die Zunge lockerer und das erste Kennenlernen einfacher machen. Doch ist den Konsum zu befeuern wirklich die richtige Methode? Interviews gibt die Steueragentur nicht, beantwortet die Fragen immerhin schriftlich: Es gehöre zur Rolle der Behörde, die "gesunde Entwicklung des Alkoholgeschäfts zu unterstützen". Angemessenes Trinken sei eine "natürliche Sache." Keinesfalls aber wolle man ausuferndes Trinken fördern.In den sozialen Medien wird die Kampagne heftig kritisiert - auf der Straße weniger. Die 20-jährige Tsubasa Izumisu findet "Sake Viva!" keinesfalls verwerflich. Wenn man nicht täglich trinke, sondern es als eine Art Belohnung ansehe, sei das durchaus legitim, findet sie. Ansprechende Werbung mache den Verzehr alkoholischer Getränke allerdings durchaus verlockend. "Ich komme schon ein wenig in Trinklaune, wenn ich durch die Stadt laufe und überall Fotos sehe, auf denen alkoholische Getränke so lecker aussehen", sagt sie. Die Studentin hat das legale Trinkalter gerade erst erreicht - und gewöhnt sich an das Hochprozentige erstmal zu Hause, "damit ich nicht besinnungslos durch die Straßen torkle".Je später es wird an diesem Freitagabend im Stadtteil Shibuya, desto mehr Menschen laufen in Schlangenlinien durch die Gassen, verbringen die Nacht im Büro-Outfit in Hauseingängen, weil der letzte Zug nach Hause schon abgefahren ist. Herr Tokumoto und seine zwei Angestellten überlegen, in welche Bar sie nun weiterziehen. Einige Promille haben sie schon im Blut, die Ideen sprudeln nur so aus dem Mittvierziger. "Lasst uns trinken gehen - jeden ersten des Monats!", ruft er. "Subventioniert vom Staat. Das wäre doch mal was."
1asien
Das Versprechen, das Bundeskanzler Olaf Scholz abgegeben hat, ist ziemlich umfassend: "You'll never walk alone" - niemand wird mit seinen Herausforderungen und Problemen allein gelassen. Das war am Freitag und über das Wochenende wurde schon kräftig diskutiert, wie das nun ganz praktisch funktionieren soll. In der SPD-Fraktion im Bundestag kursiert sogar schon ein Fünf-Punkte-Plan, aufgeschrieben von den Arbeitsgruppen für Bauen und Recht. Das Papier liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor. Vor allem die rasant steigenden Heizkosten soll niemand alleine tragen müssen. Die SPD-Parlamentarier möchten verbieten, dass Mietern gekündigt wird, weil sie die horrenden Nebenkosten nicht mehr berappen können. Auch Vermieter, die dann auf diesen Kosten sitzen bleiben könnten, sollen entlastet werden. SPD-Chefin Saskia Esken sagte im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF: "Diejenigen, die mit Gas heizen, haben keine Alternative, anders zu heizen, jedenfalls nicht diejenigen, die nicht im Einfamilienhaus sitzen." Deswegen müssten Verbraucherinnen und Verbraucher besonders geschützt werden - geschützt vor allem gegen die Kündigung der Wohnung mitten in Krisenzeiten. Das fordert im Morgenmagazin auch Melanie Weber-Moritz, Bundesdirektorin beim Deutschen Mieterbund: "In dem Moment, wo Mieter schon ab dem zweiten Monat ihre Miete nicht bezahlen können, droht ihnen die in fristlose Kündigung, das ist einfach so. Und das darf in Zeiten, wo die Energiekosten so in die Höhe schießen, nicht sein." Zumindest für diese Zeit bräuchte es einen besonderen Kündigungsschutz.Damit allein aber ist es nicht getan. Bei den Entlastungen muss noch viel mehr getan werden, gerade für Menschen mit wenig Geld, fordert Ulrich Schneider, Geschäftsführer beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. "Der Kanzler hat angekündigt: Never walk alone. Er hat den Menschen seine Hand gereicht, die wirklich Hilfe brauchen. Jetzt muss er konkret werden. Wir müssen mindestens um 200 Euro die Regelsätze erhöhen. Wir müssen den Bezieherkreis beim Wohngeld mindestens verdoppeln. Und zwar erst zum ersten Januar, sondern bereits im Herbst. Nur so wird man der momentanen Dramatik der Situation gerecht. "Das aber könnte alles noch mal ziemlich teuer werden. Ähnlich schnell wie die Gaspreise steigen gerade auch die Staatsschulden. Mit der Schuldenbremse wird das so schnell nichts wieder, glaubt SPD-Chefin Esken. "Ich bin der ziemlichen festen Überzeugung, dass die Krisenlage, die wir die letzten drei Jahren hatten, noch nicht überwunden ist. Und die neue Krisenlage, nämlich der Krieg kommt jetzt noch hinzu. Insofern stelle ich schon infrage, dass wir schon wieder zu einem normalen, einem nicht krisenhaften Haushalt zurückkehren können" - einen, bei dem die Schuldenbremse wieder gilt. Doch genau das strebt Finanzminister Christian Lindner an. Der nächste Krach mit der FDP ist programmiert.
3innenpolitik
Im Krisenland Sri Lanka hat ein massives Aufgebot von Sicherheitskräften das wichtigste Protestlager von Regierungsgegnern in der Hauptstadt Colombo gestürmt und aufgelöst. Bei dem Einsatz von rund 1000 Polizisten und Soldaten in der Nacht seien neun Menschen festgenommen worden, teilte die Polizei mit. 14 Verletzte seien in das National Hospital eingeliefert worden.Der in weiten Kreisen unpopuläre neue Präsident Ranil Wickremesinghe hatte bei seiner Amtseinführung gesagt, jeder Versuch, die Regierung zu stürzen oder Regierungsgebäude zu besetzen, sei keine Demokratie, sondern gegen das Gesetz. Wenige Stunden später begann der Sturm auf das Hauptprotestlager. Zum Zeitpunkt der Razzia waren nach Polizeiangaben rund 200 Protestierende anwesend. Einsatzkräfte sollen Zelte niedergerissen und Barrikaden um das Protestlager errichtet haben, damit niemand zurückkehren kann. Die Einsatzkräfte riegelten den Präsidentenpalast ab und sperrten die wichtigsten Zugangsstraßen für den Verkehr. Anwälte, die zum ehemaligen Hauptprotestlager gehen wollten, seien von Einsatzkräften angegriffen worden, teilte die Anwaltskammer mit. Auch mindestens ein Anwalt und mehrere Journalisten seien festgenommen worden. Die Kammer rief Präsident Wickremesinghe auf, sicherzustellen, dass er und seine Regierung Rechtsstaatlichkeit und fundamentale Rechte der Menschen respektierten. Sie verurteilten den Angriff auf die Protestierenden. Auch die Menschenrechtskommission des Landes nannte den Angriff eine vollständige Verletzung elementarer Rechte von Menschen. Am Vormittag demonstrierten nach Polizeiangaben rund 300 Menschen in der Hauptstadt. Vor dem Palast harrten noch mehrere hundert Menschen aus, die den Rücktritt Wickremesinghes fordern. Sie machen Wickremesinghe neben seinem geflüchteten Amtsvorgänger Gotabaya Rajapaksa für die schwere Krise im Land mitverantwortlich. Die Demonstranten sehen in Wickremesinghe einen Vertreter der Machtelite um den ins Ausland geflüchteten Rajapaksa. Als neuer Regierungschef wurde das Mitglied der Regierungspartei, Dinesh Gunawardena, vereidigt. Der 73-Jährige war zuvor vom neuen Präsidenten ernannt worden. Auch der neue Premier gilt als langjähriger loyaler Anhänger des geflüchteten Ex-Präsidenten. Das gewaltsame Vorgehen gegen die Protestierenden könnte Verhandlungen des stark verschuldeten Landes mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) beeinträchtigen. Sri Lanka hat angesichts der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten auch beim IWF um Hilfe gebeten. Saliya Pieries von der Anwaltskammer des Landes sagte, dass die unnötige Anwendung von roher Gewalt dem internationalen Ruf Sri Lankas nicht zuträglich sei. Sri Lanka steckt in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise, für die Menschen ein Missmanagement der politischen Führung verantwortlich machen. Der Inselstaat südlich von Indien mit seinen etwa 22 Millionen Einwohnern galt einst als neues Singapur, als aufstrebendes Land mit einer wachsenden Mittelklasse. Inzwischen müssen die Menschen tagelang bei Tankstellen anstehen, um Benzin oder Diesel zu erhalten. Regelmäßig fällt der Strom aus. Gas zum Kochen und Medikamente fehlen, die Lebensmittelpreise sind stark gestiegen. Dem stark verschuldeten Land fehlt das Geld, um wichtige Güter zu importieren. Die Gründe für die Krise sind vielfältig: Misswirtschaft und Korruption spielen eine Rolle, aber auch die Folgen der Corona-Pandemie, die vor allem den wichtigen Tourismus-Sektor hart getroffen haben. Wegen der Krise gingen in den vergangenen Wochen Zehntausende Menschen gegen die politische Führung auf die Straße.
1asien
Haiti leidet immer mehr unter organisierter Kriminalität und brutaler Gewalt. Nach UN-Angaben wurden innerhalb von fünf Tagen allein in einem dicht besiedelten Armenviertel in der Hauptstadt Port-au-Prince mehr als 230 Menschen getötet oder verletzt.Die Menschen seien zwischen dem 8. und 12. Juli der Bandenkriminalität im Viertel Cité Soleil zum Opfer gefallen, teilte das UN-Hochkommissariat mit. Die meisten der Opfer hatten den Angaben zufolge keine direkten Verbindungen zu den kriminellen Banden. Allein in der ersten Jahreshälfte registrierten die UN in Haiti im Zusammenhang mit Gewalttaten 934 Todesfälle, 684 Verletzte und 680 Entführungen."Wir fordern die Behörden nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass alle Menschenrechte geschützt und in den Mittelpunkt der Maßnahmen zur Bewältigung der Krise gestellt werden", heißt es in einer veröffentlichten Mitteilung des UN-Menschenrechtsbüros. Der Kampf gegen Straflosigkeit und sexuelle Gewalt sowie die Stärkung der Menschenrechtsüberwachung müssten Priorität haben.Am Freitag hatte der UN-Sicherheitsrat alle Mitgliedstaaten aufgerufen, Waffenlieferungen an Banden in Haiti zu unterbinden. Die Lieferung "kleinkalibriger Waffen und Munition an nichtstaatliche Akteure" müsse verboten werden, hieß es in der Resolution, die Mexiko und die USA eingebracht hatten. Sie sieht auch die Möglichkeit vor, Bandenchefs mit individuellen Sanktionen zu belegen. Zudem verlängerte der Sicherheitsrat die bestehende UN-Mission in dem Karibikstaat um ein weiteres Jahr bis Mitte Juli 2023. Haiti gilt als das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Es wurde in den vergangenen Jahren von Naturkatastrophen wie Erdbeben und Wirbelstürmen sowie politischen Unruhen und Kriminalität destabilisiert. Im vergangenen Jahr wurde Präsident Jovenel Moïse ermordet. Seitdem führt Ariel Henry als Ministerpräsident die Regierung, ein Termin für Neuwahlen steht noch nicht fest.Derzeit hat die Bevölkerung auch mit einem starken Anstieg der Lebensmittelpreise und mit Treibstoffmangel zu kämpfen.
0amerika
Der Energieversorger Uniper, bei dem sich jetzt der deutsche Staat über eine Kapitalerhöhung mit rund 30 Prozent beteiligt, ist als Folge der reduzierten russischen Gaslieferungen in eine Schieflage geraten. Das Unternehmen ist der größte Gasimporteur in Deutschland und muss nun als Ersatz für die fehlenden Liefermengen aus Russland kurzfristig am Markt Gas zu hohen Preisen zukaufen, um die Lieferzusagen an seine Kunden erfüllen zu können. Die Kosten dafür kann der Konzern jedoch bislang nicht an seine Kunden weitergeben, was zu massiven Liquiditätsproblemen führt. Die Ratingagentur S&P schätzte kürzlich die täglichen Verluste von Uniper auf einen niedrigen bis mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Jetzt steigt der Bund bei Uniper ein: Was ist das für ein Konzern, der ins Straucheln geraten ist?  Uniper war im Jahr 2016 durch Abspaltung vom Energieversorger E.ON entstanden. Während bei E.ON als zukunftsträchtig geltende Geschäfte mit den Netzen, Energiedienstleistungen und Ökoenergien verblieben, landete bei Uniper das Geschäft mit fossilen Energien. E.ONs Strategie, um auf dem Markt zu bestehen, war eine Konzentration auf die boomenden erneuerbaren Energien bei gleichzeitiger Verschlankung.Bezüglich Uniper sprachen Kritiker hingegen von einer "Resterampe" oder einer "Bad Bank", also einer Abwicklungsanstalt, die E.ON durch die Abspaltung habe loswerden wollen.Der Name Uniper deutet in die entgegengesetzte Richtung: Uniper ist ein zusammengesetzter Begriff aus den Worten "unique" (einzigartig) und "performance" (Leistung), was so viel wie einzigartige Leistungsfähigkeit bedeutet.Uniper ist der größte deutsche Gasimporteur, außerdem betreibt die Firma Gas- und Kohlekraftwerke sowie Gasspeicher. In Deutschland und im Ausland erzeugen die Kraftwerke zusammen 33 Gigawatt Strom. Das entspricht etwa 33 Atomkraftwerken. Außerdem handelt der Konzern weltweit mit Energierohstoffen und verwandten Produkten wie Kohle, Öl, Gas, Fracht, CO2-Zertifikaten und Flüssigerdgas (LNG).In jüngerer Zeit versucht Uniper neue Geschäftsfelder mit erneuerbaren Energien und Wasserstoff aufzubauen. Anfang 2022 begann der Versorger gemeinsam mit seinem Hauptaktionär Fortum mit dem Bau zweier Windparks.Die Gasspeicher in Deutschland, Österreich und Großbritannien erreichen eine Kapazität von 7,8 Milliarden Kubikmetern, davon 5,9 Milliarden in Deutschland. Zum Vergleich: Der Erdgas-Jahresverbrauch in Deutschland lag über Jahre im Schnitt bei rund 100 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Das Gasportfolio umfasste rund 400 Terawattstunden. Unternehmensangaben zufolge ist das, basierend auf dem durchschnittlichen Verbrauch in Deutschland, rechnerisch genug, um 22 Millionen Haushalte zu heizen. Der angeschlagene Versorger hat in 40 Ländern rund 11.500 Beschäftigte, etwa 5000 davon sind in Deutschland tätig. Hauptmärkte sind Deutschland, Großbritannien, Schweden und bis zum Krieg in der Ukraine Russland. Die Konzernzentrale ist in Düsseldorf. Uniper hat nach eigenen Angaben mehr als 1000 Kunden, dazu gehören zahlreiche Stadtwerke, andere Versorger und größere Industriefirmen.Im vergangenen Jahr machte der Konzern rund 164 Milliarden Euro Umsatz, wobei er einen Verlust von 4,1 Milliarden Euro einfuhr. Im Ende März 2022 abgelaufenen ersten Quartal fielen die Zahlen ebenfalls besorgniserregend aus: Der Nettoverlust belief sich auf rund drei Milliarden Euro. Ein wesentlicher Grund für den hohen Verlust im ersten Quartal waren Abschreibungen in Höhe von etwa zwei Milliarden Euro. Sie hängen einerseits mit dem Scheitern der Ostseepipeline Nord Stream 2 zusammen. Uniper ist einer der größten Kunden des russischen Gaskonzerns Gazprom und einer von fünf westlichen Finanzpartnern der Ostsee-Gaspipeline, die derzeit nicht in Betrieb genommen wird.  Weitere Abschreibungen fielen wegen der russischen Kraftwerkstochter Unipro an. Uniper hält an Unipro 83,73 Prozent. Mit mehr als 4000 Mitarbeitern betreibt Unipro fünf Kraftwerke in Russland und hatte zuletzt rund ein Fünftel des operativen Ergebnisses von Uniper erwirtschaftet. Wie ernst die Uniper-Krise ist, lässt sich derzeit auch gut am Aktienkurs ablesen. In den vergangenen sechs Monaten reduzierte sich der Börsenwert um rund 75 Prozent.    Auch Unipers Haupteigentümer ist von der kritischen Situation betroffen. Der finnische Versorger Fortum hat bislang einen Anteil von rund 78 Prozent am strauchelnden Versorger gehalten. Fortum ist das drittgrößte Energieunternehmen Skandinaviens und gehört zu 53 Prozent dem finnischen Staat. Der Mutterkonzern berichtet bislang über das eigene Konzernergebnis mittlerweile mit Uniper als fünftem Geschäftsbereich.
5unternehmen
Die bayerische Staatskanzlei weiß nach eigenen Angaben erst seit Montag - und zwar aus den Medien - von einem defekten Ventil im Kraftwerk Isar 2. Man habe aus der Berichterstattung davon erfahren, sagte ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Ministerpräsident Markus Söder wollte sich zunächst nicht äußern.Am Montag war bekannt geworden, dass ein Druckventil im Kühlkreislauf derart verschlissen ist, dass es für einen möglichen Betrieb über den Jahreswechsel hinaus ausgetauscht werden muss. Die Reparatur müsste dem Betreiber, der E.ON-Tochter Preussen-Elektra zufolge noch im Oktober erfolgen, da der Meiler ansonsten mangels Energie nicht wieder hochgefahren werden könne. Bisher hatte es immer geheißen, Isar 2 könne bis zum Jahresende unter Volllast laufen.Bundesumweltministerin Steffi Lemke hatte zuvor beklagt, keine früheren Hinweise aus Bayern erhalten zu haben. Ihr Ministerium hatte am Montag mitgeteilt, vom Betreiber über das Leck informiert worden zu sein.Bei der aus ihrer Sicht verzögert angekommen Information habe sie insbesondere die Union und den bayerischen Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Thorsten Glauber von den Freien Wählern im Visier, sagte Lemke. Söder und der CDU-Chef Friedrich Merz hätten sich schließlich beide den Reaktor angeschaut und mit dem Betreiber gesprochen. Auch stelle sich die Frage, warum Minister Glauber, der auch Chef der bayerischen Atomaufsicht ist, nicht auf das Problem hingewiesen habe. "Das ist einfach unseriös", so Lemke.Das aufgetretene Leck mache deutlich, "dass Fragen der Sicherheitsanforderungen bei der politischen Debatte über eine Laufzeitverlängerung von CDU und CSU systematisch ignoriert werden", kritisierte Lemke. "Die neue Wendung ist für mich auch eine Bestätigung, dass eine Laufzeitverlängerung von drei bis vier Jahren nicht verantwortlich und auch nicht einfach möglich ist", sagte sie weiter.In der bayerischen Landesregierung sieht man das anders, zumindest mit Blick auf einen kurzfristigen Weiterbetrieb. Glauber sagte: "Es braucht jetzt endlich eine Entscheidung des Bundes und keine weitere Taktiererei." Es zeige sich, dass die Idee einer Kaltreserve der Kraftwerke Isar 2 in Bayern und Neckar-Westheim in Baden-Württemberg von Januar bis April keine gute Lösung sei. "Ein Kernkraftwerk ist kein Notstromaggregat. Jetzt zeigt sich, welche Hürden diese Idee in sich trägt."Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sagte, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck müsse "jetzt endlich hopp oder top" zur Laufzeitverlängerung sagen. Der Betreiber, die Politik und die Wirtschaft müssten wissen, wie es sofort und ab Januar weitergehe."Im Falle einer - dringend nötigen - Laufzeitverlängerung müssen in den nächsten Wochen Wartungen vorgenommen werden, wie die Auswechslung des Ventils oder eine neue Zusammenstellung der Brennstäbe, um dann im neuen Jahr mehrere Monate ohne Unterbrechung durchproduzieren zu können", betonte Aiwanger.Diese Wartungen müssten aber nicht erfolgen, wenn an Silvester Schluss sei. "Wer sich mit den technischen Fragen ernsthaft beschäftigt, muss diesen Hilferuf des Betreibers nach Entscheidung jetzt endlich erhören."Kritiker der Kernkraft forderten die sofortige Abschaltung von Isar 2. Die Anti-Atom-Organisation Ausgestrahlt betonte: "Der jetzt bekannt gewordene Ventil-Schaden im AKW Isar 2 ist nicht der erste in diesem Jahr: Schon im Januar trat ein Ventil-Leck in Isar-2 auf, E.ON nahm den Reaktor damals vom Netz."
3innenpolitik
Das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung enthält nach Ansicht von Oppositionsführer Friedrich Merz richtige Punkte, geht aber an viele Stellen nicht weit genug. Mit der Einbeziehung von Rentnern und Studierenden werde "etwas korrigiert, was die Koalition falsch gemacht hat und was wir angesprochen haben", sagte der CDU-Parteichef und Unionsfraktionsvorsitzende im Sommerinterview des ARD-Hauptstadtstudios. Andere Dinge seien richtig, etwa "dass man den schwachen Haushalten hilft". Man müsse aber mehr tun für diejenigen, die "so gerade eben oberhalb der Wohngeld-Grenze und oberhalb der Sozialhilfesätze liegen", so Merz. Er verwies darauf, dass es dafür auch Spielräume gebe - etwa weil der Staat derzeit höhere Einnahmen etwa aus der Mehrwertsteuer habe. Zudem fehle in dem Papier der Bundesregierung "ein ganz entscheidender Punkt", kritisierte der CDU-Chef: Es gebe keine Antwort darauf, woher der Strom für die nächsten Wochen und Monate kommen solle. "Sie haben im Grunde genommen diesen Angebotsschock, den wir haben durch das ausbleibende russische Gas, überhaupt nicht angesprochen - geschweige denn kompensiert."Merz monierte zudem, dass sich in dem Papier keine Vorschläge zur Unterstützung der Wirtschaft fänden - "für den Mittelstand, für die Einzelhandelsunternehmen, die wirklich an der Existenzgrenze stehen, die wirklich jetzt mit dem Rücken zur Wand stehen." Er rechne damit, "dass die deutsche Wirtschaft sich in den nächsten Tagen massiv beklagen wird darüber, dass an sie nicht gedacht wird". Viel Zeit, sich mit den Details des dritten Entlastungspakets der Bundesregierung zu beschäftigen, hatte Merz nicht. Das Interview mit ihm wurde am frühen Nachmittag aufgezeichnet, erst wenige Stunden zuvor hatte die Bundesregierung die Beschlüsse des Koalitionsausschusses mitgeteilt.Geplant sind danach unter anderem Direktzahlungen an Studierende sowie Rentnerinnen und Rentner, eine Reform des Wohngeldes und eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket - wobei der Preis davon abhängen soll, inwieweit sich die Länder beteiligen. Im Format "Frag selbst" - bei dem Merz im Anschluss an das Sommerinterview Fragen von Zuschauerinnen und Zuschauern beantwortete - äußerte er sich auch zum 9-Euro-Ticket, das Bestandteil eines Entlastungspakets der Bundesregierung aus dem Frühjahr war. Er nannte das Ticket eine grundsätzlich gute Idee, wobei er vor allem lobte, dass es damit gelungen sei, ein Ticket zu schaffen, das bundesweit einheitlich gilt. Der Preis von neun Euro aber werde "in der Höhe nicht zu halten sein".Merz sprach sich erneut deutlich dafür aus, länger an der Atomkraft festzuhalten. Niemand in der Union wolle den Ausstieg vom Atomausstieg. Die derzeit noch im Betrieb befindlichen Atomkraftwerke in Deutschland sollten aber länger laufen - und zwar nicht nur im Streckbetrieb sondern mit neuen Brennstäben. Anfang August hatte Merz einen Zeitraum von "mindestens zwei" Jahren genannt. In dem ARD-Format sagte auf die entsprechende Frage: In Deutschland sind derzeit noch drei Atomkraftwerke am Netz: Isar 2 in Bayern, Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg sowie Emsland in Niedersachsen. Im Zuge des Atomausstiegs war vereinbart worden, dass sie zum Jahresende abgeschaltet werden. Das Bundesregierung prüft derzeit mit einem so genannten Stresstest, ob es möglich und sinnvoll ist, die Kraftwerke länger am Netz zu lassen. Die Ergebnisse sollen in Kürze vorliegen. Beim Streckbetrieb geht es darum, noch vorhandenen Restkapazitäten auf einen Zeitraum bis ins kommende Jahr zu verteilen, um eventuelle Engpässe beim Strom im Winter besser abfedern zu können. Mit Blick auf die Sicherheit hat Merz keine Bedenken. "Die Kernkraftwerke werden im laufenden Betrieb ständig überwacht und überprüft." Deutsche Kernkraftwerke seien sicherer "als alle anderen, die wir zurzeit auf der Welt haben" - auch sicherer als die in Frankreich, wo derzeit viele Reaktoren stillstehen, weshalb Frankreich Strom importieren muss. "In Frankreich werden 56 Kernkraftwerke weiter betrieben. In Deutschland werden die letzten drei sicheren stillgelegt. Das passt nicht zusammen", so Merz. Bundeskanzler Olaf Scholz, der heute beim ZDF im Sommerinterview war, äußerte sich nicht konkret zum Thema AKW-Laufzeiten. Die Gefahr eines Blackouts im Winter - vor der Merz zuvor in einem Zeitungsinterview gewarnt hatte, sieht Scholz aber nicht. Er sei "sehr sicher, dass uns das erspart bleibt", sagte Scholz im ZDF. Er verwies darauf, dass Kohlekraftwerke reaktiviert worden seien, "damit wir Gas sparen können". In einigen Monaten sollten zudem die ersten Anlandeterminals für Flüssiggas eröffnet werden. All dies helfe, "dass wir sicher durch diesen Winter kommen können."
3innenpolitik
Die unbemannte US-Mondexpedition "Artemis I" verzögert sich immer weiter. Die NASA hat auch den für Dienstag angesetzten dritten Startversuch abgesagt. Nach zunächst technischen Problemen ist jetzt allerdings die Wetterlage der Grund für den erneuten Aufschub.Von der Karibik zieht der Tropensturm "Ian" heran. Momentan ist er noch ein Sturmtief, doch über das Wochenende könnte sich "Ian" nach Angaben des US-Hurrikanzentrums "rasch verstärken". Voraussichtlich am Donnerstag soll der Sturm direkt auf die Golfküste Floridas treffen. In dem Bundesstaat befindet sich auch das Kennedy Space Center in Cape Canaveral, von welchen aus die Mondrakete starten soll.Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, hatte bereits am Freitag vorsorglich in 24 Landkreisen den Notstand ausgerufen. "Dieser Sturm hat das Potenzial, sich zu einem großen Hurrikan auszuwachsen", warnte er.Schon vor rund drei Wochen waren zwei Startversuche der unbemannten Rakete fehlgeschlagen - unter anderem wegen eines undichten Tankschlauchs.Nun will die NASA noch am Wochenende entscheiden, ob die Rakete von der Startrampe wieder zurück in den Hangar gebracht werden muss. Sollte dies der Fall sein, wird es noch enger im aktuellen Zeitfenster für einen möglichen Start, das noch bis Anfang Oktober offen ist. Danach würde sich ein Start wohl auf den November verschieben.50 Jahre nach der bislang letzten Mondlandung will die NASA mit der "Artemis I"-Mission eine erneute Reisen von Menschen zum Mond vorbereiten. Zunächst soll die "Orion"-Raumkapsel mithilfe der Schwerlastrakete "Space Launch System" den Mond umkreisen und rund 40 Tage später wieder im Pazifik landen.Gelingt dieser erste Schritt, sollen 2024 bei der "Artemis II"-Mission wieder Astronauten den Mond umrunden - und ein Jahr später soll im Rahmen von "Artemis III" wieder ein Mensch auf dem Mond landen.
0amerika
Mit "Das Boot" gelang ihm international der Durchbruch: Der Regisseur Wolfgang Petersen ist nach Angaben seiner Assistentin im Alter von 81 Jahren an Krebs gestorben. Geboren wurde Petersen in Emden, er wuchs in Hamburg auf. In den 1960ern machte er zunächst eine Schauspielausbildung und sammelte nebenbei als Assistent und dann auch Regisseur am Theater Erfahrungen. Von 1966 an studierte er als einer der Ersten an der neu gegründeten Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin. 1971 feierte er mit dem "Tatort"-Krimi "Blechschaden" einen ersten Erfolg. Die "Tatort"-Folge "Reifezeugnis" mit Nastassja Kinski machte ihn und sie dann über Nacht berühmt. Für sein Kinodebüt "Einer von uns beiden" errang Petersen auf Anhieb 1974 den Bundesfilmpreis als bester Nachwuchsregisseur. Zum Tabubrecher wurde Petersen 1977 mit dem Kinofilm "Die Konsequenz", der von einer homosexuellen Liebe handelt. 1980 setzte er Lothar-Günther Buchheims Erfolgsroman "Das Boot" über das Schicksal einer U-Boot-Besatzung im Zweiten Weltkrieg um. Der Film mit Jürgen Prochnow und Herbert Grönemeyer versetzte das Publikum in Begeisterung und bahnte dem Regisseur den Weg nach Hollywood. Bis heute gilt "Das Boot" als eine der erfolgreichsten deutschen Produktionen in den USA. Damals erhielt sie sechs Oscar-Nominierungen und war das bis dahin teuerste deutsche Filmprojekt."Ich liebe die großen Geschichten", sagte Petersen einst. "Und ich liebe es, die Leute bei der Hand zu nehmen und in eine Welt einzuführen und sie für zwei oder drei Stunden nicht loszulassen." Psychologische Tiefe und starke Charaktere zeichneten seine Arbeiten aus.Es folgte die Kinoversion von Michael Endes Kultbuch "Die unendliche Geschichte", bevor Petersen Mitte der 1980er-Jahre nach Hollywood ging. Nach einer anfänglichen Durststrecke wollte ihn einer der ganz großen Stars als Regisseur haben, nämlich Clint Eastwood. Der Film "In the Line of Fire" wurde zum Triumph: Action kombiniert mit Tiefgang, die Kritiker waren begeistert, es wurde ein Kassenerfolg. Petersen etablierte sich als einer der Blockbuster-Regisseure in Hollywood - oft waren es Filme mit patriotischer Botschaft. In "Air Force One" etwa rettet der US-Präsident im Alleingang sein Flugzeug vor Terroristen. Sein größter kommerzieller Erfolg war "Troja", ein Historienepos mit Brad Pitt. Petersen war in Hollywood hochangesehen. Er gehörte zum kleinen Kreis der Regisseure, denen in Hollywood der "Final Cut" zugestanden wird: die völlige kreative Kontrolle über das eigene Werk.Nach Angaben seiner Assistentin war Petersen an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt. Er sei friedlich im Kreis seiner Familie in seinem Haus in Brentwood, einem Teil von Los Angeles, gestorben - mit Ehefrau Maria an seiner Seite.
0amerika
Der Wirbelsturm "Ian" hat Kuba erreicht. Inzwischen erreicht der Sturm nach Einschätzung des US-Hurrikanzentrums (NHC) die Kategorie 3 von insgesamt 5 Warnstufen. "Ian" traf mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 205 Kilometern pro Stunde in der Provinz Pinar del Río im Westen der Karibikinsel auf Land. Meteorologen hatten davor gewarnt, dass der Hurrikan lebensbedrohliche Sturmfluten, Orkanböen, Sturzfluten und Erdrutsche mit sich bringen könnte. In Regionen nahe der Küste waren vorsorglich etwa 50.000 Menschen in Sicherheit gebracht worden. Laut kubanischen Staatsmedien wurden 55 Notunterkünfte eingerichtet.Bereits am Montagabend waren auf Kuba die ersten Vorboten des Sturms zu spüren. In den Küstenregionen im Westen der Insel kam es zu ersten leichten Überschwemmungen. Auf der südlich gelegenen Isla de la Juventud fiel zeitweise der Strom aus, wie das Portal Cubadebate berichtete. Auch am Dienstag waren rund 40 Prozent der Kunden des örtlichen Versorgers in Pinar del Río ohne Strom, meldete die kubanische Nachrichtenagentur ACN. Die starken Böen hätten Leitungen beschädigt und Strommasten umgeworfen. Den Prognosen zufolge wird sich "Ian" weiter in Richtung USA bewegen und soll hier am Mittwoch oder Donnerstag auf die Küste Floridas treffen. Der Gouverneur des Bundesstaates, Ron DeSantis, rief vorsorglich für alle 67 Landkreise den Ausnahmezustand aus. Auch er warnte im Zusammenhang mit dem Hurrikan vor "schweren Regenfälle, starkem Wind, Sturmfluten sowie vereinzelt Tornados". Das NHC rechnet damit, dass "Ian" noch an Kraft zulegen und die Kategorie 4 erreichen könnte.Einwohnerinnen und Einwohner sollten vorsorglich Notfallvorräte anlegen, appellierte DeSantis an die Bevölkerung. In Miami, Fort Lauderdale, Tampa und weiteren Orten wurden kostenlos Sandsäcke verteilt, damit die Bevölkerung ihre Häuser gegen mögliche Überschwemmungen schützen kann.Die Vorzeichen des Hurrikans hatten am Wochenende schon dazu geführt, dass die NASA den für heute geplanten Start der unbemannten Rakete der "Artemis I"-Mondexpedition erneut verschieben musste. Die Rakete wurde inzwischen wieder in einen Hangar gebracht. Damit könnte sich der Start der ersten von insgesamt drei "Artemis"-Missionen sogar bis in den November verzögern. Ziel der "Artemis"-Expeditionen ist es, wieder einen Menschen auf den Mond zu schicken.
0amerika
Was würde passieren, wenn Russland kein Gas mehr über die Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland liefert? Nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck könnte das eine Preisexplosion bei einigen Stadtwerken auslösen. Es gebe aber auch noch andere Möglichkeiten, sagte Habeck bei einer Veranstaltung der Wochenzeitung "Die Zeit" in Hamburg. Private Verbraucherinnen und Verbraucher seien auch im äußersten Fall gesetzlich geschützt davor, vom Gas abgedreht zu werden. In diesem Zusammenhang sprach Habeck auch die Lage der Versorger an. Gas-Importeure wie der Konzern Uniper "haben ein echtes Problem", sagte Habeck. Sie müssten ihre Lieferverträge etwa an Stadtwerke erfüllen, allerdings müssten sie dafür viel teuerer Gas woanders einkaufen. Es gebe zwei Möglichkeiten: Entweder der Staat unterstütze die Unternehmen mit Steuergeld. "Oder man erlaubt den Unternehmen, die Preise weiterzugeben."Da einige Importeure aber Gas auch aus anderen Ländern beziehen und geringere Mehrkosten haben, würden Kunden sehr unterschiedlich getroffen.Der Paragraf aus dem Energiesicherungsgesetz, der den Unternehmen das erlauben würde, sei bisher aber nicht aktiviert worden. Denn dies sei "ein sehr, sehr scharfes Schwert". Die Kunden des Unternehmens würden dann die volle Preisanpassung sofort bekommen. "Das würde bedeuten, dass man für einige Stadtwerke, die dann mit ihren Kunden zu tun hätten, sofort eine Preisexplosion haben würde." Habeck will deshalb das Energiesicherungsgesetz reformieren. "Weil wir uns gerade in einem lernenden System befinden, muss es nochmal angefasst werden", sagte der Grünen-Politiker der "Zeit". "Da sind wir gerade mit den Fraktionen im Gespräch." Er bestätigte damit eine Meldung der Nachrichtenagentur Reuters, der ein Entwurf des Gesetzes vorliegt, das Bundestag und Bundesrat schon nächste Woche beschließen sollen. Es sieht die Möglichkeit vor, die Mehrkosten sämtlicher Gas-Importeure für den Ersatz-Kauf der Gasmengen, die Russland derzeit nicht mehr liefert, grundsätzlich auf alle Kunden gleichmäßig zu verteilen. So könne man den Keil vielleicht nicht so scharf in die Gesellschaft treiben. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hatte zuvor die Befürchtung geäußert, dass es zu einem Totalausfall der russischen Gaslieferungen kommen könnte. Er appelliert an die Bevölkerung, Energie zu sparen. Die Frage sei, ob aus der bevorstehenden regulären Wartung der Gaspipeline Nord Stream 1 "eine länger andauernde politische Wartung wird", sagte Müller den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Am 11. Juli beginnen jährliche Wartungsarbeiten von Nord Stream, die in der Regel zehn Tage dauern. Dann fließt kein Gas durch Nord Stream 1. Die große Sorge ist, dass Russland nach der Wartung den Gashahn nicht wieder aufdreht. Wenn der Gasfluss aus Russland "motiviert länger anhaltend abgesenkt wird, müssen wir ernsthafter über Einsparungen reden", sagte Müller.Er rief alle Haus- und Wohnungsbesitzer dazu auf, ihre Gasbrennwertkessel und Heizkörper rasch zu überprüfen und effizient einstellen zu lassen. "Eine Wartung kann den Gasverbrauch um zehn bis 15 Prozent senken", sagte er. "Das muss jetzt passieren und nicht erst im Herbst." Die zwölf Wochen bis zum Beginn der Heizsaison müssten genutzt werden, um Vorbereitungen zu treffen. Habeck sagte "Der Zeit", um das Risiko eines Ausbleiben des Gases beziffern zu könne, müsste man in den Kopf des russischen Präsidenten Wladimir Putin gucken können. "Aber man sieht ein Muster, und das kann zu diesem Szenario führen." Man habe es mit "einer quasi wirtschaftskriegerischen Auseinandersetzung" zu tun. Das russische Kalkül sei es dabei, die Preise in Deutschland hochzuhalten, um damit "die Einheit und Solidarität des Landes zu zerstören". Habeck verwies auf den Beginn der Schritte vom Stopp der Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien bis zur aktuellen Lage. Mit Energiesparkampagnen und der Verwendung von Kohle versuche Deutschland darauf zu reagieren. Auf die bisherige Verminderung russischen Gases könne logischerweise der nächste Schritt kommen.Der Wirtschaftsminister setzt beim Gassparen zunächst weiter auf Freiwilligkeit. Falls Gassparen vorgeschrieben werden müsste, hänge dies auch von den Netzen ab. Es werde dann wahrscheinlich zu Lasten derjenigen Fabriken geregelt, die nicht in einem gemischten Netz hingen, das auch die geschützten Privathaushalte versorge. Dem Präsidenten der Bundesnetzagentur zufolge würden im Falle eines russischen Gas-Lieferstopps Privathaushalte ebenso wie Krankenhäuser oder Pflegeheime besonders geschützt. Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan schließt für den Fall eines Gasnotstandes in der Hansestadt eine Begrenzung des Warmwassers für private Haushalte nicht aus, wie er in der "Welt am Sonntag" deutlich machte. Er plädierte in den tagesthemen dafür, dass es nun gelte, so viel Gas wie möglich einzusparen. Gleichwohl ließe es sich nicht vermeiden, dass die Verbraucher früher oder später die hohen Preise bezahlen müssen. "Wahrscheinlich im nächsten Frühjahr mit der Jahresabrechnung." Selbst wenn Russland nach der Wartung wieder Gas liefern sollte, stünden wohl massive Preissteigerungen an. Manche Bürger könnten Probleme bekommen, die Kosten zu zahlen. "Sollte Putin tatsächlich gar nicht mehr liefern, wird sich die Situation dramatisch verschärfen", sagte er.Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, wirbt deshalb für eine Deckelung der Energiepreise. Zu ihrem Vorschlag sagte sie der "Bild am Sonntag": "Für jeden Erwachsenen und jedes Kind wird ein Grundbedarf für Strom und Gas festgelegt. Für diese Menge an Kilowattstunden gibt es eine Preisgarantie." Mehr verbrauchte Energie müsse bezahlt werden. "Das wäre nicht nur ein wirklich wirksamer Anreiz zum Energiesparen, sondern auch eine deutliche Entlastung vor allem für Haushalte mit kleinem Einkommen." Norwegens Regierung geht davon aus, spätestens ab 2024 noch mehr Gas liefern zu können. "Unternehmen prüfen jetzt Projekte, um ihre Gaslieferungen ab 2024 und 2025 erhöhen zu können", sagte Norwegens Öl- und Energieminister Terje Aasland der "Wirtschaftswoche". Die Unternehmen des Landes hätten noch nie so viel Erdgas vom norwegischen Festlandsockel exportiert wie derzeit. "Wir unterstützen unsere europäischen Freunde dabei, so schnell wie möglich unabhängig von russischem Öl und Gas handeln zu können."
5unternehmen
Der Fall des Euro gegenüber der Weltleitwährung Dollar scheint sich weiter zu beschleunigen. Am Mittag war die Gemeinschaftswährung in Dollar gerechnet so wenig wert wie seit fast 20 Jahren nicht. Derzeit werden am Devisenmarkt nur noch 1,0297 Dollar je Euro bezahlt - das entspricht einem Rückgang von rund 1,5 Euro-Cent alleine im Vergleich zu gestern. Zu Jahresbeginn hatte die Gemeinschaftswährung noch bei knapp 1,13 Dollar, also etwa zehn Prozent höher notiert. Ende 2002 hatte der Euro zuletzt solche Tiefstände gegenüber dem Dollar ausgelotet, danach kam ein Höhenflug, der bis auf rund 1,50 Dollar verlief, bevor zunächst die Hypotheken-Krise und danach die Euro-Krise mit der Beinahe-Pleite Griechenlands den Euro-Dollar-Kurs wieder drückte. Inzwischen sehen Analysten selbst die Parität als mögliches Szenario an. Das wäre das erste Mal seit Einführung der Gemeinschaftswährung im Jahr 1999, dass der Euro weniger wert wäre als der Dollar. Den Grund für den aktuell beschleunigten Verfall der Euro-Währung sehen Experten in der Gaskrise, die die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in Europa deutlich erhöht. "Es wird für den Euro weiterhin sehr schwierig sein, sich in nennenswerter Weise zu erholen, da sich das energiepolitische Lagebild verschlechtert und die Risiken für das Wirtschaftswachstum deutlich zunehmen", so Derek Halpenny, Analyst bei der Finanz-Holding MUFG.Das Risiko, dass das Wachstum in der Euro-Zone zum Ende des zweiten Quartals abnimmt und in den kommenden Monaten schrumpft, sieht auch Fiona Cincotta vom Broker City Index. In den USA steige zudem der Dollarkurs auf Basis der Annahme, dass die US-Notenbank die Leitzinsen weiter "aggressiv" anheben wird, um die Inflation zu bändigen. Die US-Notenbank geht hier mit deutlich höherer Geschwindigkeit bei der Zinswende vor als die Europäische Zentralbank (EZB). Die US-Notenbank hat den Leitzins auch bereits deutlich früher angehoben. Als Folge der höheren Zinsen wird der Dollar an den Devisenmärkten besonders nachgefragt, und der Kurs steigt. Nicht zuletzt treibt viele Anleger an den internationalen Kapitalmärkten der Nimbus des Dollar als Krisenwährung in den "Greenback". Der Dollar wird von vielen Investoren als sogenannter sicherer Hafen betrachtet; Anleger, die Risiken minimieren möchten, legen ihr Geld daher lieber in Dollar als in Euro an.  
2finanzen
Der Krieg in der Ukraine habe dramatische Auswirkungen - in erster Linie natürlich für die Menschen dort, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Allerdings ergäben sich daraus auch neue Bedrohungen der inneren Sicherheit in Deutschland."Wir sehen ein erhöhtes Risiko von Cyberangriffen auf Unternehmen, Behörden und kritische Infrastruktur in unsrem Land", sagte Faeser. "Und wir erleben natürlich schmerzlich, dass unsere Sicherheit in Deutschland eben nicht selbstverständlich ist, sondern dass wir dafür auch etwas tun müssen."Die Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit seien enorm groß, so die Ministerin. Klar sei, dass die Bundesregierung sich diesen Herausforderungen stelle: "Wir handeln, wir investieren in die Sicherheit der Menschen in Deutschland, meine Damen und Herren."Trotzdem soll das Budget des Innenressorts 2023 schrumpfen - im Vergleich zu den letzten drei Jahren. Das Ressort beinhaltet Aufgaben von Terrorismusbekämpfung bis hin zur Sportförderung. Im Haushaltsentwurf sind knapp 12,8 Milliarden Euro vorgesehen. Das sind 15 Prozent weniger als in diesem Jahr. Außer beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie sind überall Kürzungen vorgesehen - am stärksten beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sowie beim Technischen Hilfswerk.Nancy Faeser versuchte zu erklären, warum weniger Geld zur Verfügung stehen soll: "In den Jahren 2020 bis 2022 hatten wir durch die Konjunkturpakete während der Corona-Pandemie sehr große Aufwüchse für das BMI. Die haben wir für vorgezogene Investitionen insbesondere im Bereich der Sicherheitsbehörden und für den Bevölkerungsschutz investiert."Die Opposition kritisierte den Budget-Entwurf. Allen voran die Union. Deren innenpolitischer Sprecher Alexander Throm (CDU) sagte: "Wenn man über den Haushalt des Innenministeriums etwas Positives sagen will, dann ist es aus finanzpolitischer Sicht ein Sparhaushalt, aber genau das ist das Problem. Aus innenpolitischer Sicht ist es eine Katastrophe."Zwar habe die Ministerin gefordert, dass angesichts der Zeitenwende die Sicherheitsbehörden aufgerüstet werden müssten, doch es bleibe bei Ankündigungen: "Aufrüsten heißt für Sie: ein Minus im Sicherheitsbereich. Von über 1,4 Milliarden Euro allein bei der Bundespolizei 400 Millionen weniger."Die Union forderte: bei den Mitteln für die Bundespolizei müsse dringend nachgebessert werden. Die AfD erklärte, Nancy Faeser vernachlässige die Bekämpfung des Islamismus.Und noch mehr Kritik: Der stellvertretende innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Martin Hess, warf Innenministerin Faeser Demokratiefeindlichkeit vor. Sie hatte mehrfach davor gewarnt, dass Rechtsextremisten Demonstrationen gegen Inflation und Energiekrise missbrauchen könnten.Hess sagte: "Wer diese berechtigten Proteste, wie Sie das ständig tun, als rechtsextrem diffamiert und das sogar präventiv, aber gleichzeitig Aktionen von 'Fridays for Future' oder 'Black Lives Matter' aus ideologischen Gründen ausdrücklich begrüßt, der beschädigt unsere Demokratie".Die Linke forderte, mehr Mittel für den Breiten- und Schulsport bereitzustellen.
3innenpolitik
Die Brezel soll immaterielles Kulturerbe der UNESCO werden. Die baden-württembergische Bäckerinnung stellte zunächst den Antrag, das traditionelle Handwerk des Brezelbackens auf die nationale Anwärterliste für das immaterielle Kulturerbe zu setzen. Die Aufnahme in dieses Verzeichnis ist Voraussetzung für die Anerkennung als Kulturerbe.Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sagte in Bad Urach in Baden-Württemberg, er unterstütze das Vorhaben. "Ich setze mich dafür ein, dass es eine länderübergreifende Initiative wird." Denn die Brezel gebe es auch in Bayern, Österreich, der Schweiz und im Elsass. Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber sei angetan von dem Projekt. Er habe dazu auch schon Gespräche mit seinen Kollegen in Österreich und Frankreich geführt. Für Özdemir ist klar: "Die beste Brezel ist schwäbisch." Bei seinem ersten Vor-Ort-Termin als Minister in seiner alten Heimat Bad Urach auf der schwäbischen Alb sagte der 56-jährige Grüne zu der Brezel-Konkurrenz: "Die Bayern glauben, dass ihre Brezel die beste ist, und wir wissen, dass unsere die beste ist." Der Unterschied: Die schwäbischen Brezeln haben laut Bäckerinnung in der Regel dünnere Ärmchen als die bayerischen Brezen, werden am Bauch eingeschnitten und haben einen höheren Fettgehalt. Der Legende nach soll ein Uracher Hofbäcker 1477 in Todesangst die Laugenbrezel erfunden haben: Wegen Frevel wollte Graf Eberhard den Bäcker hängen lassen, doch er gab ihm noch eine Chance: Wenn er es schaffte, innerhalb von drei Tagen ein Brot zu backen, durch das drei Mal die Sonne scheint, so solle sein Leben verschont bleiben. Das gelang ihm. Allerdings ist historisch durchaus umstritten, wo es die erste Brezel gab. Ein Münchner Bäcker wollte demnach 1839 seine süßen Faschingsbrezen glasieren. Statt des Zuckerwassers soll er aber Natronlauge erwischt haben, mit der eigentlich die Bleche gesäubert wurden.Özdemir übte sich bei dem Besuch in der Bäckerei BeckaBeck im Schlingen der Brezel. "Augen auf bei der Berufswahl", scherzte der Grüne beim ersten Versuch. In Berlin seien gute Brezeln "schwierig zu finden", bedauerte der Minister, der im Südwesten als potenzieller Nachfolger des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann gehandelt wird. Das traditionelle deutsche Brauhandwerk und das Brotbacken sind schon immaterielles Kulturerbe.
3innenpolitik
Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner hat die geplanten finanziellen Entlastungen für die "arbeitende Mitte" der Gesellschaft verteidigt. Es gehe nicht um höchste Einkommen, so wie es manchmal dargestellt werde, "sondern mein Vorschlag ist gedeckelt bei 62.000 Euro. Das ist das Anderthalbfache des mittleren Einkommens."Im ARD-Sommerinterview rechnete er vor: "Nehmen Sie einfach mal 40.000 Euro im Jahr 2022. Diese 40.000 Euro werden im nächsten Jahr nur noch so viel wert sein wie 37.000 Euro. SPD und Grüne wollen, dass man trotzdem die Steuern so zahlt, als wären es noch 40.000 Euro. Das nennt man kalte Progression. Aus 40.000 werden in der Kaufkraft 37.000."Und auch Menschen mit 50.000 Euro Jahreseinkommen seien keine Topverdiener. "Das sind Menschen, die haben Sorgen wegen steigendem Zins. Die zahlen ihre Gasrechnung. Und diese arbeitende Mitte der Gesellschaft, die darf mindestens nicht vergessen werden, indem sie zusätzlich belastet wird." Die Pläne von Lindners Ministerium waren nicht nur von der "Wirtschaftsweisen" Veronika Grimm, dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Sozialverbänden, sondern auch von den Koalitionspartnern SPD und Grünen kritisiert worden.Lindner pochte auf die Einhaltung der Schuldenbremse - obwohl selbst die Mehrheit der FDP-Anhängerinnen und -Anhänger höhere Schulden zur Finanzierung von Entlastungen befürworten. Er könne "politische Grundüberzeugungen" und Verfassungsrecht nicht an Umfragen ausrichten. "Ich sage mir, irgendwann wird es Menschen geben, die erkennen, der FDP-Vorsitzende und Finanzminister hat in einer schwierigen Lage, den Kurs gehalten, hatte einen klaren Kompass. Selbst wenn es im Moment unpopulär war."In diesem Zusammenhang verteidigte der FDP-Parteichef auch das Auslaufen des 9-Euro-Tickets. Er verwies darauf, dass eine Verlängerung 14 Milliarden Euro kosten würde. "Geld, das uns für die Bildung fehlt. Geld, das uns für die Investition in das Schienennetz fehlen würde, also die Modernisierung", so Lindner. "Die Idee eines kostenfreien ÖPNV ist nicht finanzierbar." Lindner bekannte sich gleichzeitig zu einem attraktiven Öffentlichen Personennahverkehr. Eine der Lehren aus dem 9-Euro-Ticket sei, dass die Tarife der verschiedenen regionalen Verkehrsunternehmen transparenter und einfacher werden müssten. Zudem müsse es mehr digitale Möglichkeiten geben, bequem einen Fahrschein zu buchen.Zum anderen müsse dafür gesorgt werden, dass der Verkehr auf der Straße klimafreundlicher werde. Deshalb setze sich die FDP in der Regierung für einen Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur ein. Doch nicht alle Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität sind nach Ansicht Lindners sinnvoll: "Man muss nicht Subventionen zahlen für die gutverdienenden Menschen, die ein Elektroauto kaufen wollen." Ein allgemeines Tempolimit auf den Autobahnen - das seine Partei ablehnt - hält er derzeit für kein vorrangiges Thema. In der derzeitigen Energiekrise mit vergleichsweise hohen Treibstoffpreisen würden die Menschen ihr Fahrverhalten ohnehin anpassen. Das Land habe wirklich größere Probleme als eine Debatte über ein Tempolimit.Gleichzeitig erinnerte Lindner daran, dass nicht allein das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium für die Klimaschutzziele der Bundesregierung verantwortlich sei. Die drei Koalitionsparteien hätten sich darauf verständigt, sektorübergreifend die Klimaziele zu erreichen. Man müsse das Thema vernetzt betrachten.Die Ampel-Koalition wird in der Öffentlichkeit teils als zögerlich oder zerstritten wahrgenommen. Nach Lindners Ansicht sei dies nicht unbedingt überraschend. Es gab und gebe große Unterschiede zwischen den Grünen, die er als linke Partei bezeichnete, und der FDP, die eine Partei der Mitte sei.Gleichzeitig kritisierte er die beiden Koalitionspartner. "Nahezu jeden Tag gibt es von den Grünen und von Teilen der SPD den Versuch, den Koalitionsvertrag im Nachhinein zu verändern und die Politik in Deutschland weiter nach links zu rücken", so Lindner. Die Sicht der FDP sei derzeit vielleicht nicht populär, aber seine Partei stehe nunmal für eine Politik der Mitte. Und deshalb gebe es mit den beiden linken Parteien im Bündnis eben Debatten.Deutlichere Worte fand der FDP-Vorsitzende für die Union. Die per "Bild am Sonntag" formulierte Kritik von NRW-Ministerpräsident Henrik Wüst (CDU), die Bundesregierung lasse Rentnerinnen und Rentner zurück, wies er als "Polemik" zurück. Man habe von der ehemaligen Unions-geführten Bundesregierung einen "nicht nachhaltig finanzierten Sozialstaat übernommen". Dazu komme ein enormer Investitionsbedarf, zum Beispiel bei der Bundeswehr und der Infrastruktur. "Deshalb sind solche Bemerkungen von der Seitenlinie doch durchaus etwas wohlfeil."Bei seiner beruflichen Zukunft zeigte sich Lindern sehr gelassen. Er müsse nicht mehr werden - als FDP-Parteivorsitzender und Bundesfinanzminister habe er erreicht, was möglich sei. "Ich muss nicht Kanzler werden wie mein Vorgänger oder wie andere im Bundeskabinett. Ich tue das, wovon ich glaube, dass es fürs Land gut ist und auch wenn es manchmal unbequem ist."
3innenpolitik
Es ist eine Konferenz der konservativen Jugend, und alle vom rechten Flügel der Republikaner kommen nach Tampa im US-Bundesstaat Florida: Ex-Präsident Donald Trump ebenso wie sein möglicher Konkurrent um die Präsidentschaftskandidatur, Floridas Gouverneur Ron DeSantis, Ted Cruz, Josh Hawley, Lauren Boebert, Matt Gaetz und weitere.Es ist dieser Flügel der Partei, der gerade Oberwasser hat. Im ganzen Land laufen derzeit parteiinterne Vorwahlen - für die Kongresswahlen im Herbst, aber auch für Gouverneursposten und andere Ämter auf Bundesstaatsebene. Und bei den Vorwahlen der Republikaner schauen viele dieses Mal besonders genau hin. Denn in etlichen Vorwahlrennen treten von Trump unterstützte Kandidatinnen und Kandidaten gegen solche an, die Distanz zu ihm wahren. Die Abstimmung ist somit auch ein Stimmungstest: Wie fest sind die Republikaner noch immer in Trumps Hand?In Wyoming vertritt Liz Cheney den Bundesstaat seit bald sechs Jahren im Repräsentantenhaus. Doch wenn man sich dieser Tage im Bundesstaat umhört, wird schnell klar: Cheney gilt hier den meisten als Verräterin, weil sie für das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump stimmte und weil sie seine Verwicklung in den Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 gerade in Washington an führender Stelle im Untersuchungsausschuss mit aufarbeitet. Und natürlich hat Trump auch in Wyoming eine Gegenkandidatin mit seinem "Endorsement", seiner Empfehlung, munitioniert: Harriet Hageman. Und die ist auf dem besten Weg, die parteiinterne Vorwahl Mitte August für sich zu entscheiden.Wie in Wyoming läuft es gerade vielerorts in den USA: Gunner Ramer vom Republican Accountability Project in Washington beobachtet die Vorwahlen. Auch er ist Republikaner, aber Teil einer Organisation, die die Partei vor Trump retten will. Was Gunner bei den bisherigen Vorwahl-Rennen sieht, deprimiert ihn: Zwar gibt es auch Trump-Kandidaten und -Kandidatinnen, die unterliegen - zum Beispiel in Georgia. Aber einer aktuellen Analyse der "Washington Post" zufolge unterstützen mehr als 100 der bisherigen republikanischen Vorwahl-Gewinner und -Gewinnerinnen die Lüge von der gestohlenen Wahl. Die meisten von ihnen werden im Herbst auch die eigentliche Wahl gewinnen, weil ihre Bezirke fest in republikanischer Hand sind und Demokraten dort chancenlos. Und viele von ihnen werden dann Positionen besetzen, in denen sie den Ausgang zukünftiger Wahlen beeinflussen können - zum Beispiel indem sie die Zertifizierung von Wahlergebnissen blockieren."Aus einer Demokratie-Perspektive ist das absolut furchteinflößend", sagt Ramer und verweist auf das Beispiel Pennsylvania, einen wichtigen Swing State - also einen der Staaten, die zwischen Demokraten und Republikanern umkämpft sind. Dort hat Doug Mastriano das Vorwahlrennen der Republikaner für das Gouverneursamt gewonnen. Ein Mann, der am 6. Januar Busse charterte, um Menschen zu Trumps "Stop the Steal"-Demonstration nach Washington zu bringen. Und der erklärte, das republikanische Parlament im Bundesstaat solle darüber entscheiden dürfen, welche Wahlleute für die Präsidentschaftswahl Pennsylvania nach Washington schickt. Eigentlich haben Parlamente dabei kein Mitspracherecht, sondern es geht streng nach Auszählung der Wähler-Stimmen. Gewänne Mastriano die Gouverneurswahl im Herbst, läge die Aufsicht über die kommende Präsidentschaftswahl 2024 im Bundesstaat in seiner Hand.Trump selbst deutet immer wieder an, er könne 2024 erneut als Präsidentschaftskandidat antreten. Auch DeSantis werden Ambitionen dafür nachgesagt. Und vieles spricht derzeit dafür, dass die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner in deren rechtem Lager entschieden wird.
0amerika
Der Begriff "Sozialtourismus" ist nicht umsonst zum Unwort des Jahres 2013 gekürt worden. Im Jahr 2022 benutzt Friedrich Merz es ausgerechnet gegen Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg aus der Ukraine flüchten. Immerhin gibt der CDU-Parteichef nachträglich sein Bedauern zu Protokoll, dieses Wort verwendet zu haben. Aber schon der nächste Satz seiner Entschuldigung lässt Zweifel an der Glaubhaftigkeit aufkommen. Plötzlich ist es nur noch ein "in Einzelfällen" zu beobachtendes Problem. Das klang im "Bild"-Interview noch ganz anders: Da behauptete Merz, es gehe um eine größere Zahl, die sich unser System zu Nutze machen würden, ein größer werdendes Problem. Kein Beleg dafür, keine Fakten - aber eine umso steilere These: Die rutscht einem erfahrenen Politiker wie Merz nicht einfach so heraus. Vielleicht war es Kalkül. Denn natürlich gibt es Zuspruch für solche Aussagen bei denen, die in der CDU und in der Wählerschaft der Partei weiter rechts stehen. Und die versucht Merz immer wieder zu bedienen, wie beim CDU-Parteitag vor drei Wochen lautstark zu hören war: Mal will er das Gendern in Universitäten oder im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbieten, mal greift er Claudia Roth von den Grünen wegen ihrer Lautstärke oder Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wegen eines Kinderbuchs an - Merz scheut sich nicht vor Populismus, wenn er dafür beklatscht wird. Manches davon könnte man noch unter dem üblichen Geklapper der Opposition verbuchen, Zuspitzungen, die in der Politik dazugehören. Aber erst öffentlichkeitswirksam in die Ukraine reisen, noch vor dem Bundeskanzler, und dann nicht einmal ein halbes Jahr später über "Sozialtourismus" der von dort Geflüchteten wettern? Da überschreitet Populismus eine Grenze. Merz riskiert viel für kurzfristige Aufmerksamkeit. Zunächst die Glaubwürdigkeit der eigenen Partei: Nicht nur, weil die Union so oft die notwendige Solidarität mit der Ukraine bemüht, wenn sie etwa die Regierung für schleppende Waffenlieferungen angreift. Auch, weil die CDU gerade eine Grundwertecharta beschlossen hat, in der sie ihre christlichen Werte, ausdrücklich Solidarität und Nächstenliebe, bekräftigt. So wenig Mitgefühl zu zeigen wie Merz mit seinem pauschalen Vorwurf, eine größere Zahl an Geflüchteten würde das deutsche Sozialsystem missbrauchen, passt nicht dazu.Doch das kann nicht nur der Partei, sondern langfristig auch seiner Person schaden. Merz hegt mehr oder wenige offene Ambitionen, in drei Jahren als Kanzlerkandidat für die CDU anzutreten. Dafür will er sich nicht mehr als der beinhart konservative, sondern als verbindender, moderner Politiker präsentieren. Doch bisher kommt hinter der neuen Brille immer wieder das alte Antlitz zum Vorschein. Mit dem Wort "Asyltourismus" hat sich sein CSU-Kollege Markus Söder mindestens eine Landtagswahl verhagelt. Genauso kann auch der "Sozialtourismus" am CDU-Chef Merz haften bleiben.Auf lange Sicht könnte auch der Demokratie Schaden drohen. Längst versuchen rechte Kreise, die Geflüchteten gegen die Ärmeren hierzulande ausspielen, die kalte Wohnungen und teure Lebensmittel fürchten. Es ist brandgefährlich, solche Ressentiments nicht nur aufzugreifen, sondern sie sogar zu schüren. Auch weil Begrifflichkeiten wie "Sozialtourismus" ganze Debatten verschieben und die Grenzen des Sagbaren ausweiten.
3innenpolitik
Der US-Rapper Coolio ist tot. Er starb im Alter von 59 Jahren in Los Angeles, wie seine Managerin Susan Heber mitteilte. Angaben zur Todesursache machte sie zunächst nicht. Coolios Freund und langjähriger Manager Jarez Posey bestätigte seinen Tod. Posey teilte laut "TMZ.com" mit, dass der Musiker im Haus eines Bekannten zusammengebrochen sei. Die Todesursache war zunächst nicht bekannt.Der überraschende Tod des Rappers löste in der Musikszene Bestürzung aus. "Friedliche Reise, Bruder", schrieb Drummer und Rap-Musiker Questlove auf Instagram. Dies sei eine "traurige Nachricht", postete Rapper Ice Cube auf Twitter. Er habe selbst den Aufstieg von Coolio an die Spitze der Branche miterlebt. Coolio galt im Hip Hop als einer der größten Stars der 1990er-Jahre. Der Rapper mit dem bürgerlichem Namen Artis Leon Ivey Jr. wurde in Monessen im US-Bundesstaat Pennsylvania geboren und zog später nach Compton in Kalifornien, wo er eine Volkshochschule besuchte. Er arbeitete als freiwilliger Feuerwehrmann und als Sicherheitsmann am Flughafen, ehe er sich Ende der 1980er-Jahre vollends der Rapmusik verschrieb. Seine Karriere nahm 1994 mit der Veröffentlichung seines Debütalbums "It Takes a Thief" Fahrt auf. Der erste Song der Platte, "Fantastic Voyage", kletterte in der Hitparade Billboard Hot 100 auf Platz drei. Ein Jahr später folgte der legendäre Hit "Gangsta's Paradise", der auf Stevie Wonders Song "Pastime Paradise" von 1976 beruhte. Coolios Hitsong gilt als ein Rap-Klassiker, der auch Hip-Hop-Unkundigen aus der Filmmusik von "Dangerous Minds - Wilde Gedanken" mit Michelle Pfeiffer bekannt sein dürfte. 1996 erhielt er für den Song einen Grammy. Wegen illegalen Drogen- und Waffenbesitzes war der Rapper wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Auch in Deutschland stand er 1998 vor Gericht. Damals wurde er wegen Beihilfe zu Raub und Körperverletzung zu sechs Monaten auf Bewährung und zu einer Geldstrafe verurteilt.
0amerika
Aus dem Mund eines Grünen-Politikers klang das unerwartet: "Wir müssen darauf vertrauen, dass die Effizienzkraft des Marktes die günstigsten und innovativsten Techniken nach vorn bringt." Ganz bewusst stellte sich Robert Habeck nach der Übernahme seines Amtes als Wirtschafts- und Klimaminister in die Tradition von Ludwig Erhard. Habeck lobte nicht nur die Kreativität der Märkte, sondern warnte auch vor ständig neuen Subventionen. Die seien lediglich die "Ultima Ratio der Wirtschaftspolitik". Bei Unternehmern und Verfechtern der Sozialen Marktwirtschaft kam das gut an. Auf großen Tagungen - ob beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) oder sogar beim Wirtschaftsrat der CDU - konnte Habeck mit seiner offenen Kommunikation und seiner zupackenden Art punkten. Natürlich könne man darüber klagen, wie groß die Herausforderungen seien. Aber er wolle lieber gemeinsam mit der Wirtschaft nach Lösungen suchen, insbesondere für die Verbindung von wirtschaftlichem Erfolg und Klimaschutz. Da klatschten auch Unternehmer, die politisch eher bei CDU/CSU oder FDP angesiedelt sind. Dass Habeck nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine schnell begann, Alternativen zum russischen Gas voranzubringen, imponierte Unternehmern ebenfalls. Erst die schnelle Genehmigung von LNG-Terminals und dann die Bereitschaft, Gas durch Kohle zu ersetzen - und das gegen Widerstände in den eigenen Reihen. Doch mit den immer weiter steigenden Energiepreisen ist das Verhältnis zwischen Habeck und Wirtschaft deutlich abgekühlt. Vieles werde angekündigt, aber nicht umgesetzt, heißt es oft. "Wir würden ja gerne Gas sparen", sagt Daimler Truck-Vorstand Martin Daum gegenüber der FAZ, "wir dürfen aber nicht". Die Möglichkeit, Gas durch Öl zu ersetzen - Fachleute reden vom Fuel Switch - sei mit so großen Hürden bei der Genehmigung verbunden, dass man dies bisher noch nicht realisieren konnte: Die Genehmigungsprozesse dauerten nicht weniger als ein Jahr, beklagt Daum.Ähnliches weiß Reinhold von Eben-Worlée zu berichten, der Präsident des Verbands "Die Familienunternehmer". Vieles, was Habeck versprochen habe, wie die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und den Abbau von Bürokratie, habe er bis heute nicht eingehalten: "Hier ist sein Ministerium einfach zu langsam und er ist zu träge."Nicht nur bei Familienunternehmern hat sich Frust aufgebaut. Viele Wirtschaftsvertreter fragen sich, ob Habeck den Ernst der Lage begriffen habe. Seine Aussage, es gebe die Chance, trotz fehlender Gaslieferungen gut über den Winter zu kommen, wenn viel gespart werde und man "ein bisschen Glück mit dem Wetter" habe, sorgt für Unverständnis. Dabei gebe es jetzt nichts Wichtigeres, als den Energiesektor zu stabilisieren, sagt Reinhold von Eben-Worlée. Die Politik müsse alles tun, um die Energiepreise runterzukriegen und die Energieverfügbarkeit zu sichern: "Dafür brauchen wir alle Energieformen, sowohl Kohle als auch Kernkraft, um das zu gewährleisten." Ganz ähnlich steht es in einer Resolution des DIHK: Alle verfügbaren Kraftwerke müssten ans Netz - "ohne Wenn und Aber". Verständnis für Habecks Votum für einen so genannten "Reservebetrieb" von zwei süddeutschen Atomkraftwerken? In der Wirtschaft Fehlanzeige. BDI-Präsident Siegfried Rußwurm hatte schon im Sommer gewarnt: "Es brennt lichterloh." Nun ruft inständig dazu auf, noch einmal über einen längeren Betrieb der Atomkraftwerke nachzudenken. Eine einmalige Verlängerung mit neuen Brennstäben würde gerade einmal 1,3 Prozent mehr Atommüll produzieren, sagt Rußwurm im Morgenmagazin von ARD und ZDF. Um die Strompreise zu senken, müsse alles an Strom produziert werden, was geht. In der aktuellen Situation drei grundlastfähige Kernkraftwerke abzuschalten, sei jedenfalls "verdammt mutig", so Rußwurm.Für Enttäuschung sorgt in der Wirtschaft auch, dass in den bisherigen Entlastungspaketen fast nichts für sie vorgesehen ist. Im Gegenteil: Die Gasumlage treffe die Wirtschaft mit voller Wucht, und die geplante Absenkung der Mehrwertsteuer auf Gas stellt für Unternehmen in der Regel keine Entlastung dar. Die inzwischen angekündigte Ausweitung von Energiehilfen auf den Mittelstand müsse baldmöglichst kommen, mahnt denn auch Handwerks-Präsident Hans Peter Wollseifer. Man brauche binnen kürzester Zeit Soforthilfen: "Wenn uns die Hilfen erst irgendwann im nächsten Jahr erreichen, dann wird es viele Tausend Betriebe im Handwerk nicht mehr geben."In Hintergrundgesprächen verweisen Unternehmer nicht zuletzt auf den unglücklichen Beitrag von Habeck in der Sendung "Maischberger" vor zwei Wochen. Die Vorstellung, Betriebe könnten längerfristig überleben, wenn sie wegen der hohen Energiepreise kurzfristig nicht mehr produzieren könnten, quittieren sie mit einem Kopfschütteln. Es scheint, dass einiges zu tun ist, um das angeschlagene Verhältnis zwischen Wirtschaft und Minister wieder zu kitten.
3innenpolitik
Der Bundestag hat heute beschlossen, dass für Erdgaslieferungen und Fernwärme weniger Mehrwertsteuer anfällt. Der Satz wird von 19 auf sieben Prozent gesenkt, und zwar befristet vom 1. Oktober bis Ende März 2024. Doch das ist nicht die einzige Änderung beim Gaspreis ab Oktober.Zwar hat die Bundesregierung entschieden, die ursprünglich ebenfalls ab dem 1. Oktober geplante Gasbeschaffungsumlage in Höhe von 2,419 Cent pro Kilowattstunde (kWh) nicht zu erheben. Dafür werden zwei andere Umlagen fällig: die Gasspeicher- und die Regelenergieumlage. Was bedeuten diese Änderungen unter dem Strich für private Haushalte? Auf welche Be- und Entlastungen bei der Gasrechnung müssen sie sich einstellen? Der größte Änderungsposten ist sicherlich die von 19 auf sieben Prozent gesenkte Mehrwertsteuer. Diese dürfte sich auf der Gasrechnung deutlich bemerkbar machen. Dem Vergleichsportal Check24 zufolge wird diese Änderung eine Familie um 306 Euro entlasten. Durch die Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent muss ein Musterhaushalt beim aktuellen Gaspreis somit statt 4371 Euro nur 4065 Euro zahlen. Bei einem Singlehaushalt belaufen sich die Einsparungen auf 87 Euro. Diesen Berechnungen liegt ein Verbrauch von 20.000 kWh für eine Familie respektive 5000 kWh pro Singlehaushalt zugrunde. Die Gasbeschaffungsumlage ist zwar vom Tisch, dafür werden ab 1. Oktober zwei andere neue Umlagen fällig: die Regelenergieumlage (0,57 Cent/kWh) und die Gasspeicherumlage (0,059 Cent/kWh). Für einen Musterhaushalt mit 20.000 kWh steigert die Regelenergieumlage die Gasrechnung um 114 Euro, die Gasspeicherumlage treibt sie um nochmals zwölf Euro zusätzlich in die Höhe. Das macht in der Summe ein Plus von 126 Euro. Für einen Singlehaushalt steigt durch die neuen Umlagen die Gasrechnung um 31,45 Euro. Davon sind 28,50 Euro auf die Regelenergieumlage und 2,95 Euro auf die Gasspeicherumlage zurückzuführen. Unterm Strich führen die diversen Änderungen zum 1. Oktober somit zu einer durchschnittlichen Entlastung von 180 Euro für eine Familie, ein Single muss 55,55 Euro weniger zahlen. Bitter bleibt allerdings weiterhin der Vergleich mit den Vorjahreswerten. Schließlich erreichte der durchschnittliche Gaspreis für Verbraucher im September einen neuen Rekordwert von 21,9 Cent je Kilowattstunde. Ein Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 kWh zahlte dementsprechend im Schnitt 4371 Euro im Jahr pro Gas. Zum Vergleich: Im September 2021 kostete die gleiche Menge Gas Check24 zufolge noch 1316 Euro. Das entspricht einem Plus von 232 Prozent. Die Gasrechnung hat sich folglich binnen Jahresfrist mehr als verdreifacht. Die Entlastung für die Verbraucher durch die Senkung der Mehrwertsteuer ist somit angesichts der rasant gestiegenen Gaspreise nur ein Tropfen auf den heißen Stein, zumal sie noch durch die zwei neuen Umlagen zum 1. Oktober ein Stück weit konterkariert wird. Eine spürbare Entlastung für Haushalte und auch Unternehmen dürfte daher nur die Gaspreisbremse bringen, auf die sich die Regierung grundsätzlich geeinigt. Details zur konkreten Ausgestaltung gibt es noch nicht. Die "Unabhängige Kommission Gas und Wärme" soll in den nächsten Tagen Vorschläge vorlegen. Viel wird dann davon abhängen, wie hoch der staatlich subventionierte "Basisverbrauch" für die Haushalte angesetzt wird.
6verbraucher
Idris ist noch nicht ganz wach, als seine Mutter Yasmin ihn am Nachmittag aus der Kinderbetreuung abholt. Er ist gerade zwei Jahre alt geworden und fühlt sich wohl in der Kita - zum Glück. Denn in den USA gibt es weder einen gesetzlichen Mutterschutz noch Elternzeit. Kinder kommen deshalb oft schon mit ein paar Monaten in die Krippe. Und das kostet. Mutter Yasmin war geschockt, als sie erfahren hat, wie teuer die Betreuung ihres Sohnes wird: "Ich hatte wirklich keine Ahnung." Sie erinnert sich:Kinderbetreuung für die Kleinsten im Alter von bis zu einem Jahr koste pro Monat zwischen 2700 und 3000 Dollar, erzählt sie - "mehr als die monatliche Rate fürs Haus", so Yasmin. 3000 Dollar: Das entspricht umgerechnet aktuell etwa 3000 Euro. Diese Summe wird für Yasmin und ihren Mann jeden Monat fällig. In Bezug auf Kinderbetreuung haben sich Yasmin und ihr Mann den denkbar schlechtesten - weil teuersten - Ort in den USA ausgesucht: Boston in Massachusetts. Der Bundesstaat erhebt landesweit die höchsten Gebühren. Aber Kinderbetreuung ist auch andernorts in den USA extrem teuer. Fast ein Viertel ihres Einkommens muss eine Familie im Schnitt für die Kita ausgeben - wohlgemerkt für ein Kind. In den USA gilt: Bis die staatlich finanzierte Schullaufbahn mit der Vorschule im Alter von etwa fünf Jahren beginnt, sind Eltern auf sich allein gestellt. Fördergelder gibt es nur begrenzt - für Familien mit niedrigen Einkommen. Und eben weil es so gut wie keine staatlichen Mittel gibt, reicht es auch für die Kitas nur gerade so zum Überleben. Gleiches gilt für die Mitarbeiter. Erzieherinnen gehören zu den am schlechtesten bezahlten Arbeitnehmerinnen des Landes. Als Corona kam und damit mehrere Lockdowns, entschieden sich viele von ihnen, ganz aufzuhören. Die Pandemie habe wie ein Brandbeschleuniger gewirkt, sagt Autor und Bildungsexperte Elliot Haspel. "Viele andere Branchen im Niedriglohnsektor, wie Fastfood-Märkte, haben die Stundenlöhne auf 16 oder 17 Dollar erhöht und bieten Sozialleistungen an. Zum Beispiel eine Krankenversicherung. In der Kinderbetreuung gibt es 12 Dollar - oft ohne weitere Benefits."Der Sektor ist auch für die Wirtschaft ein Problem. Firmen können es sich nicht leisten, gut ausgebildete Mitarbeiter zu verlieren, weil diese aus Kostengründen die Kinderbetreuung selbst übernehmen und zu Hause bleiben. Immerhin bieten einige ihren Angestellten an, einen Teil der Kita-Kosten zu übernehmen. Das sei zwar schön, meint Bildungsexperte Haspel. Aber: Die USA würden von allen Industrienationen den drittniedrigsten Prozentsatz ihres Bruttoinlandsprodukts für frühkindliche Bildung ausgeben, so Haspel. "Nur 0,3 Prozent - das Ziel wäre ein Prozent.“ Mehr Geld investieren: Das will der Bundesstaat New Mexico wagen. Er hat vor Kurzem beschlossen, dass Kinderbetreuung für die meisten Familien kostenlos sein soll. Mittlerweile wird in einigen Bundesstaaten zumindest über eine bessere Kinderbetreuung nachgedacht. Auch in Massachusetts. Bis etwas in diese Richtung passiert, liegt bei Yasmin und ihrem Mann die weitere Familienplanung erst mal noch auf Eis: "Wir können auf keinen Fall zwei Kinder zur gleichen Zeit in der Betreuung haben, das können wir uns nicht leisten", sagt sie. Ein zweites Kind wollten sie und ihr Mann schon, glaube sie. "Aber dann ist Schluss."
0amerika
Es dürfte frostig werden in den Tropen: US-Außenminister Antony Blinken hat bereits erklären lassen, dass er nicht mit seinem Amtskollegen Sergej Lawrow sprechen will. Der russische Außenminister fliegt aus Vietnam zum G20-Treffen. In Hanoi warb er um Unterstützung bei einem Land, dass den russischen Angriff auf die Ukraine nicht offen verurteilt hat. Man dürfe Lawrow nicht die Bühne überlassen bei der Konferenz der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf Bali, warnte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Aber vermutlich wird genau das geschehen und alle Aufmerksamkeit sich darauf richten, wer wie mit dem Russen umgeht und welche Signale Lawrow sendet. Der Krieg in der Ukraine überschattet alles.Gastgeber Indonesien hat sich gewissermaßen zwischen den Stühlen eingerichtet: Die Regierung rief zur Wahrung des Friedens auf, verurteilte Russland aber nicht direkt. Sie schloss sich einer russlandkritischen Resolution der UN-Vollversammlung an, enthielt sich aber beim Ausschluss Moskaus aus dem UN-Menschenrechtsrat der Stimme. Präsident Joko Widodo besuchte sowohl Kiew als auch Moskau - er sieht sich in der Rolle des Vermittlers: "So hart und verfahren die aktuelle Situation auch ist, werde ich mich immer um Friedensgespräche bemühen. Wir müssen mehr Raum öffnen für Dialoge. Ich habe Präsident Selenskyjs Botschaft an Präsident Putin überbracht und meine Bereitschaft betont, eine Kommunikationsbrücke zu sein zwischen den beiden Führern."In dem Inselstaat mit seinen 273  Millionen Einwohnern - immerhin viertgrößte Nation der Erde - herrscht traditionell tiefes Misstrauen gegenüber China wie den USA. Letzteres hat auch mit den westlichen Sanktionen angesichts des Ost-Timor-Konfliktes 1999 zu tun. Jedenfalls hat sich Jakarta stets um gute Beziehungen sowohl zu Washington als auch zu Moskau bemüht. Die indonesische Luftwaffe etwa wurde mit russischen Kampfflugzeugen ausgerüstet. Einen Folgeauftrag für Suchoi-Kampfbomber in Moskau jedoch hat Indonesien storniert, aus Angst vor amerikanischen Sanktionen.Indonesien ist reich an Erdöl und Gas. Als Exporteur ist es aber unbedeutend, die Förderanlagen sind heruntergekommen, es wird vor allem für den eigenen Bedarf produziert. Palmöl ist das wichtigste Exportgut des Archipels. Wirtschaftlich spielen übrigens  weder Russland noch die Ukraine für Indonesien eine große Rolle, der Außenhandel liegt im Promillebereich. Indonesiens Handelsdefizit mit der Ukraine stammt aus Weizenexporten. Der Inselstaat gehört zu den weltgrößten Weizenimporteuren. Aus Weizen werden die beliebten Instantnudeln hergestellt, dem nach Reis zweitwichtigsten Grundnahrungsmittel in Asien. Höhere Nudelpreise sind stets großes Medienthema und schüren Unzufriedenheit. Insofern ist das natürlich ein ganz wesentliches Thema für Präsident Widodo: "Indonesiens einziges Interesse ist ein Ende des Krieges, damit die Lieferketten für Getreide und Dünger wieder funktionieren, denn da geht es um das Leben von Millionen, wenn nicht Milliarden von Menschen. Ich möchte alle Führer der Welt bedrängen, zusammenzuarbeiten, um den Geist von Multilateralismus, Frieden und Zusammenarbeit neu zu beleben." Nur so werde man Frieden erreichen. Ob Indonesien seinen Neutralitätskurs durchhalten kann, wird sich weniger beim jetzigen Außenministertreffen zeigen, sondern wohl eher beim G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs im November; ebenfalls auf Bali. Der Druck westlicher Staaten - insbesondere der USA - ist groß, Putin wieder auszuladen. Widodo hat sich dem bislang widersetzt. Stattdessen will er - gewissermaßen als Kompromiss - auch Selenskyj einladen, obwohl die Ukraine nicht Mitglied der G20 ist.
1asien
Fast jedes zweite deutsche Unternehmen will in den kommenden drei Monaten die Preise erhöhen. Das Barometer für die Preiserwartungen gab im August lediglich um 0,1 Punkte auf 47,5 Zähler nach, wie das Münchner ifo-Institut zu seiner monatlichen Firmenumfrage mitteilte. Besonders bei Lebensmitteln dürfte sich die Preisspirale weiter nach oben drehen: Hier erreichte der Wert 96,8 Punkte, nach 99,4 im Juli. "Ein Auslaufen der Inflationswelle ist leider nicht in Sicht", kommentierte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser die Entwicklung. Nach der Höhe der geplanten Preisänderung fragen die Forscher nicht. Bislang sei von den Energieversorgern nur ein geringer Teil der infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine kräftig gestiegenen Börsenpreise für Strom und Erdgas an die Kunden weitergegeben worden. "Das dürfte sich in den kommenden Monaten ändern und zu zweistelligen Inflationsraten führen", sagte Wollmershäuser voraus. Im August hatte die deutsche Teuerungsrate bei 7,9 Prozent gelegen, doch sind inzwischen auch staatliche Maßnahmen wie das 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt ausgelaufen. Für die Konjunktur bedeutet der erwartete Preisanstieg nichts Gutes, verringert er die Kaufkraft der Verbraucher doch weiter. "Die Verbraucher werden daher ihren Konsum einschränken, und die gesamte Wirtschaftsleistung wird in der zweiten Jahreshälfte schrumpfen", erwartet Wollmershäuser.Die Bundesregierung hat zuletzt ein neues Entlastungspaket von mindestens 65 Milliarden Euro geschnürt. Das reicht Experten zufolge aber nicht aus, um eine Rezession zu verhindern. Besonders viele Bekleidungshersteller wollen dem ifo-Institut zufolge ihre Preise heraufsetzen: Der Wert stieg auf 89,2 nach 84,6 im Juli. Sehr hoch liegen die Zahlen auch in der Gastronomie (76,4), in der Betreuung von Gebäuden (76,5), bei den Herstellern von Schuhen und Lederwaren (71,2), den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen (71,3) und in den Reisebüros (69,3). Am niedrigsten sind die Zahlen derzeit noch im Bauhauptgewerbe.
5unternehmen
Am Tag vor einer erwarteten weiteren XXL-Zinserhöhung der Notenbank Federal Reserve (Fed) haben sich die Anleger bei nervösem Handel zurückgezogen. Der Standardwerteindex Dow Jones fiel um 1,01 Prozent auf 30.706 Punkte. Vor allem gegen Ende der Sitzung grenzten die Märkte dabei ihre anfänglich höheren Verluste aber noch ein. Der breit gefasste S&P 500 gab 1,13 Prozent nach und die technologielastige Nasdaq büßte ähnlich stark 0,95 Prozent ein. Der Auswahlindex Nasdaq 100 ging bei 11.851 Zählern um 0,85 Prozent schwächer aus dem Handel. Vor allem kurzfristig orientierte Anleger nutzten offenbar die Gelegenheit, um ein paar Gewinne mitzunehmen, sagte Analyst Pierre Veyret vom Brokerhaus ActivTrades. An der Börse gilt als sicher, dass die Notenbank Fed ihren Leitzins am Mittwoch zum dritten Mal in Folge um 0,75 Prozentpunkte anhebt. Einige Investoren halten sogar einen Schritt von einem vollen Prozentpunkt für möglich. "Der Schlüssel sind die Hinweise des Fed-Chef Jerome Powell zu seinem nächsten möglichen Schritt", sagte Peter Cardillo, Chef-Volkswirt des Vermögensberaters Spartan. Die große Frage sei, ob die US-Notenbank ihr Zinserhöhungstempo in den kommenden Monaten beibehalten werde."Es war ein sehr volatiler Start in die Handelswoche, und mit Blick auf die kommenden Tage dürfte es auch so weitergehen", schrieb Craig Erlam, Marktstratege beim Broker Oanda. Gleich mehrere Zentralbanken reihten sich auf, um mit "riesigen" Zinsschritten der Inflation beizukommen. Anlegern stehe eine "turbulente Woche" bevor. Der Ausverkauf am Rentenmarkt ging derweil weiter. Anleger trennten sich in Erwartung höherer Leitzinsen besonders von Kurzläufern. Dies trieb die Renditen der zweijährigen US-Bonds auf ein 15-Jahres-Hoch von 3,992 Prozent. Da Anleger darauf setzten, dass die Notenbanken die Inflation wieder in den Griff bekämen, stiegen die Renditen länger laufender Papiere im Verhältnis langsamer, erläuterte Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. Zuletzt lag die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen bei 3,57 Prozent.Zu den Verlierern am US-Aktienmarkt gehörte Ford mit einem hohen Kursminus von 12,3 Prozent. Der Autobauer warnte wegen der Inflation vor zusätzlichen Kosten für Zulieferteile von einer Milliarde Dollar. Außerdem kappte der Konzern wegen Lieferketten-Problemen seine Ziele für das laufende Quartal. Eine Milliarde an inflationären Kosten seien besorgniserregend, kommentierten die Analysten der Bank Wells Fargo. Die Lage bei der Teile-Versorgung werde sich dagegen sicher bald entspannen. Im Sog von Ford büßten die Rivalen General Motors (GM) und Stellantis deutlich um 5,6 Prozent beziehungsweise 3,5 Prozent ein.Der DAX konnte heute nur am Morgen von den guten Vorgaben aus Übersee profitieren, ehe er sich im Verlauf immer weiter abschwächte. Denn bei rekordhohen Inflationsraten sorgt die Aussicht auf kräftige Zinserhöhungen durch die großen westlichen Notenbanken weiter für viel Unruhe und einen unsteten Handelsverlauf. Am Ende schloss der deutsche Leitindex 1,03 Prozent schwächer bei 12.670 Punkten und damit in der Nähe seines Tagestiefs bei 12.638 Zählern. Das Tief lag damit fast genau 300 Punkte unter dem Tageshoch bei 12.936 Punkten. Die hohe Schwankungsbreite zeigt, wie nervös die Anleger derzeit sind. Die Verluste gingen quer durch alle Branchen, lediglich die VW-Holding Porsche SE lag wegen des angekündigten Börsengangs der Sportwagen- und Konzerntochter Porsche AG deutlicher im Plus. Die Zeichnungsfrist für die Vorzugsaktien beginne heute, teilte das Unternehmen gestern Abend mit, nachdem der Wertpapierprospekt veröffentlicht worden war. Analyst Philippe Houchois vom Investmenthaus Jefferies schrieb in einer Studie von einem großen Interesse von Investoren an den auszugebenden Aktien. Unter den Einzelwerten fiel auch der Energieversorger Uniper aus dem SDAX auf, der vor der Verstaatlichung durch den Bund steht. Eine Einigung sei auf der Zielgeraden, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Es laufe auf eine Komplettübernahme hinaus, bei der der finnische Mutterkonzern Fortum komplett aussteige. Uniper ist der größte deutsche Gaskonzern. Das Unternehmen ist von den russischen Gaslieferkürzungen besonders stark betroffen. Der Konzern muss als Ersatz Gas am teuren Spotmarkt kaufen und macht dabei hohe Verluste. Allein im ersten Halbjahr fuhr Uniper einen Verlust von über zwölf Milliarden Euro ein. Nach einem Bericht des "Business Insider" könnte eine Übernahme von Uniper durch den Bund mehr als 30 Milliarden Euro kosten.Inflationssorgen verstärkten sich dramatisch nach der Veröffentlichung der heimischen Erzeugerpreise. Diese stiegen im August vor allem wegen teurer Energie um durchschnittlich 45,8 Prozent. "Ein unfassbarer Preishammer", kommentierte LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch das Plus von 45,8 Prozent. "Das alles verheißt nichts Gutes für die Inflation."Dies sei "der höchste Anstieg gegenüber dem Vorjahresmonat seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949", wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang auf 37,1 Prozent gerechnet. Die Produzentenpreise gelten als Vorläufer für die Entwicklung der allgemeinen Inflation. Nervös machte Börsianer auch der überraschend große Zinsschritt der schwedischen Notenbank um einen vollen Prozentpunkt. Die Bekämpfung der hohen Inflation durch Zinserhöhungen ist damit auch in Schweden in vollem Gang. Die schwedische Notenbank hob heute den Leitzins um einen ganzen Prozentpunkt auf 1,75 Prozent an. Es ist die dritte Zinsanhebung in diesem Jahr. Analysten hatten zwar mit einer weiteren Straffung der Geldpolitik gerechnet, mehrheitlich allerdings einen Schritt um 0,75 Prozentpunkte erwartet. Zuletzt war die Teuerung in Schweden auf knapp zehn Prozent gestiegen.Gleichzeitig bereiteten sich Investoren auf einen erneuten XXL-Zinsschritt der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) am Mittwoch von mindestens 0,75 Prozentpunkten vor. "Die Fed hat keine andere Wahl, als ihre Zinserhöhungen vorerst fortzusetzen", sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. "Sie sind sich dabei der Kosten für die Wirtschaft bewusst." Die Bank von England (BoE) werde am Donnerstag ebenfalls kräftig an der Zinsschraube drehen, fügte Aslam hinzu. Allerdings werde sich das Pfund Sterling dennoch kaum von seinem jüngsten 37-1/2-Jahres-Tief lösen können. Schließlich hätten die Zinserhöhungen der vergangenen Monate den Kursverfall auch nicht aufhalten können. Er halte sogar einen Kursrückgang auf 1,10 von derzeit 1,1425 Dollar für möglich.Auch die Europäische Zentralbank (EZB) bringt sich im Vorfeld weiterer Zinsentscheidungen in Position. "Wir werden nicht zulassen, dass sich die aktuelle Phase hoher Inflation im Verhalten der Wirtschaftsakteure niederschlägt und zu einem dauerhaften Inflationsproblem auswächst", betonte EZB-Chefin Christine Lagarde am Abend in Frankfurt.Das angemessene Tempo künftiger Erhöhungen werde "von Sitzung zu Sitzung" beschlossen werden. Die EZB-Chefin signalisierte, dass der Leitzins auch auf ein Niveau steigen könne, das die Wirtschaft bremst. Dies gelte für den Fall, dass es Hinweise geben sollte, dass letztlich das Vertrauen der Bürger in das Erreichen des mittelfristigen Inflationsziels verloren zu gehen drohe. Die EZB hat im Juli die Zinswende eingeläutet und Anfang des Monats mit einer deutlichen Straffung ihrer Geldpolitik nachgelegt. Sie reagiert damit auf die hohe Inflation, die im August 9,1 Prozent erreichte. Der Leitzins liegt nach der jüngsten Anhebung um 0,75 Prozentpunkte inzwischen bei 1,25 Prozent. An den Börsen wird damit gerechnet, dass er bis zum nächsten Frühjahr auf über 2,5 Prozent steigen wirdDer Euro gab heute leicht nach. Im New Yorker Handel kostete die Gemeinschaftswährung zuletzt 0,9970 US-Dollar. Nur am Morgen hatte sie sich knapp über der Parität gehalten. Vor der erwarteten Leitzinserhöhung der US-Notenbank am Mittwoch blieben die Kursausschläge eher gering. Gestützt wird der Dollar auch durch die anhaltenden Spekulationen einer Zinserhöhungen um einen vollen Punkt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 0,9986 (Montag: 0,9990) Dollar fest.Der US-Häusermarkt hat sich derweil im August durchwachsen entwickelt. Während die Zahl der Neubauten kräftig anstieg, gingen die neuen Genehmigungen deutlich zurück. Die Baubeginne stiegen zum Vormonat um 12,2 Prozent, wie das Handelsministerium am frühen Nachmittag in Washington mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einem geringfügigen Anstieg knapp über Stagnation gerechnet. Die Zahl der Baugenehmigungen fiel hingegen um 10,0 Prozent. Hier war ein Rückgang um 4,6 Prozent erwartet worden. Die Baugenehmigungen laufen den Baubeginnen zeitlich voraus und geben einen Hinweis auf die zu erwartende Bautätigkeit. Der US-Immobilienmarkt leidet seit einiger Zeit unter steigenden Hypothekenzinsen, Materialknappheit und hohen Baukosten sowie Arbeitskräftemangel.Im DAX litten HeidelbergCement nach einer negativen Einschätzung der Investmentbank Exane BNP Paribas und standen mit einem Minus von 4,5 Prozent am Indexende. Analyst Paul Roger prophezeit für 2023 massiven Gegenwind in Europa und den Schwellenländern und eine enttäuschende Ergebnisentwicklung außerhalb der Kontrolle des Managements. Der Zementhersteller ist der einzige Bauwert im DAX.Zukünftig soll das Unternehmen unter dem Namen "Heidelberg Materials" auftreten. Mit dem heute vorgestellten neuen Markenauftritt will der Konzern verdeutlichen, dass er nicht nur Zement produziert und zunehmend auf CO2-freie, klimafreundliche Baumaterialien setzt. Auf Konzernebene sollten die Marke und das neue Logo mit einem stilisierten "h" in zwei Grün-Tönen auf weißem Grund sofort eingeführt werden, von 2023 an sollen deutsche und ausländische Töchter entsprechend umbenannt werden. Am offiziellen Firmennamen ändert sich zunächst nichts: "Die Muttergesellschaft von Heidelberg Materials bleibt unverändert die HeidelbergCement AG", heißt es im Kleingedruckten der Mitteilung. Den Namen trägt das Unternehmen offiziell seit 20 Jahren: Damals war die Heidelberger Zement AG umbenannt worden. Das 1874 gegründete Unternehmen hat zahlreiche Namenswechsel hinter sich. Vor 1978 hieß es Portland-Zementwerke Heidelberg AG.Auch Vonovia im DAX, TAG im MDAX und Grand City im SDAX verbuchten heute größere Verluste. Vor der Zinsanhebung in den USA reagierten die Titel bereits auf die Verteuerung von Hypothekenzinsen, die die Branche in den kommenden Jahren belasten dürfte. Dank guter Geschäfte in seinem Klebstoffbereich hat der Konsumgüterkonzern Henkel seine Umsatzprognose für das laufende Jahr erneut erhöht. 2022 soll das organische Wachstum bei 5,5 Prozent bis 7,5 Prozent liegen. Zuvor hatte Henkel 4,5 bis 6,5 Prozent in Aussicht gestellt. Das Klebstoffgeschäft habe auch im dritten Quartal sein starkes organisches Umsatzwachstum fortgesetzt, hieß es. Hier erwartet Henkel nun für 2022 ein Plus von zehn bis zwölf Prozent.Der Reisekonzern geht zuversichtlich in die Wintersaison. Es sei zwar noch früh, aber "wir gehen davon aus, dass sich unser Winterprogramm dem normalisierten Vor-Pandemie-Niveau annähern wird", so das Unternehmen. Aktuell liegen die Buchungen für den Winter 2022/23 auf 78 Prozent des Niveaus des Winters 2018/19. Für das vierte Quartal geht der Vorstand deshalb davon aus, zum fünften Mal in Folge ein positives Quartalsergebnis zu erzielen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat die neuen, an die Omikron-Varianten angepassten Corona-Impfstoffe als Auffrischungsimpfung empfohlen. Vorrangiges Ziel bleibe "die Verhinderung schwerer Covid-19-Verläufe", erklärte die Stiko heute in Berlin.Entscheidender als die Wahl des konkreten Impfstoffs ist nach Ansicht der Impfexperten aber, dass sich die Menschen überhaupt impfen und sich insbesondere boostern lassen. Auch die bisher gängigen mRNA-Impfstoffe, meistens die der Hersteller Biontech und Moderna, können demnach weiterhin eingesetzt werden, weil sie unverändert vor schweren Krankheitsverläufen schützen - auch durch Omikron-Varianten. Menschen, die erst kürzlich Auffrischungsimpfungen erhielten, sollen daher keine gesonderte neue Impfdosis mit einem der angepassten Impfstoffe erhalten.Der US-Getränkekonzern PepsiCo hat seine Produktion in Russland fast sechs Monate nach Kriegsausbruch in der Ukraine nun eingestellt. Die Herstellung von Konzentraten für PepsiCola, Mirinda, 7Up und Mountain Dew sei in Russland beendet worden, so der Konzern laut Reuters. Untersuchungen der Nachrichtenagentur in Supermärkten, Einzelhändlern und Fitnessstudios hatten im Sommer ergeben, dass entgegen den Versprechungen Dosen und Flaschen von Pepsi noch im Verkauf waren. Der Westen hat Speisen und Getränke nicht als Teil umfassender Maßnahmen aufgenommen, die darauf abzielen, Russland für seine Aktionen in der Ukraine zu sanktionieren.
2finanzen
Ein höherer BAföG-Satz von mehr als fünf Prozent, höhere Elternfreibeträge und eine höhere Altersgrenze: Das BAföG soll für Studierende attraktiver werden und leichter zu beziehen sein. Das hat der Bundestag Mitte Juni beschlossen und eine entsprechende Reform auf den Weg gebracht. Eine Hoffnung der Ampel-Regierung ist es, so mehr Studierende für das BAföG zu begeistern. Denn die Gefördertenquote sinkt seit Jahren mehr oder weniger kontinuierlich. Das BAföG-System wurde Anfang der 1970er-Jahre eingeführt. Es sollte Ungerechtigkeiten im Bildungssystem entgegenwirken. Damals nahmen fast die Hälfte der Studierenden die Unterstützung in Anspruch. In diesem Jahr rechnet die Bundesregierung mit einer Gefördertenquote von 16,3 Prozent. Nach Verabschiedung der Reform soll sie laut Berechnungen bei 16,7 Prozent, also 0,4 Prozentpunkte höher liegen. Das geht aus einer Übersicht des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik hervor, das prognostiziert hat, wie die Gefördetenquote sich bis ins Jahre 2026 entwickelt - mit und ohne BAföG-Reform. Mit dieser Übersicht hat der parlamentarische Staatssekretär im Bildungsministerium Jens Brandenburg der Linken-Abgeordneten Nicole Gohlke auf eine Anfrage geantwortet. Die Antwort liegt dem ARD-Hauptstadtstudio exklusiv vor. Bemerkenswert ist, dass die Gefördertenquote trotz Reform auch in den kommenden Jahren kaum steigt. Laut Prognose soll sie in vier Jahren bei 14,7 Prozent liegen. Ohne Reform wäre sie laut Institut bei 13,3 Prozent - also ein geringfügiger Anstieg um 1,4 Prozentpunkte. Das Bildungsministerium hofft allerdings, dass die Reform "zu Verhaltungsanpassungen bei der Zielgruppe, zum Beispiel durch größere mediale Aufmerksamkeit für das BAföG" führe. Solche Effekte könne man nicht vorab berechnen.Die Linke-Bundestagsabgeordnete Gohlke bezeichnet die BAföG-Reform als "Luftnummer". Die Ampel sei dringend gefordert, endlich eine umfassende Strukturreform vorzunehmen und sowohl den Kreis der Anspruchsberechtigten weiter zu vergrößern, als auch die Fördersummen an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten anzupassen. Das Bundesbildungsministerium hat angekündigt, weitere Reformschritte auf den Weg zu bringen. Ein Zeitplan stehe aber noch nicht fest.
3innenpolitik
Yovani und Yair Olivares wollten wie viele Hunderttausend Mexikanerinnen und Mexikaner den großen amerikanischen Traum leben. Die 16- und 19-jährigen Brüder aus dem mexikanischen Bundesstaat Veracruz glaubten an ein besseres Leben in den USA. Doch sie starben, dehydriert und überhitzt, in einem verschlossenen Lkw, abgestellt 250 Kilometer von der Grenze Mexikos entfernt im texanischen San Antonio. Der amerikanische Traum - eine Illusion, sagt der Vater der beiden jungen Männer, Teofilo Antonio: "Sie wollten arbeiten, um eine bessere Zukunft zu haben. Ich habe mit meinen beiden Söhnen einen großen Teil meines Lebens verloren, meine Welt ist zusammengestürzt."Vier Jahre wollten sie bleiben und dann mit ihrem Ersparten zu den Eltern zurückkehren. Doch für ein Arbeitsvisum in den USA stehen die Chancen für Mexikaner und Mittelamerikaner schlecht. Deshalb entschieden sich die jungen Männer für den riskanten Weg - und organisierten ihre Reise mit Hilfe von Menschenschmugglern. Für insgesamt 53 Menschen, 27 aus Mexiko, 14 aus Honduras, sieben aus Guatemala und zwei aus El Salvador, endete diese Entscheidung Ende Juni mit dem Tod. Soraya Vázquez von der mexikanischen Menschenrechtsorganisation "Al otro Lado" kritisiert die Migrationspolitik der USA. Sie sei grausam und unmenschlich: Um künftig Menschenschmuggel und die daraus resultierenden Katastrophen zu vermeiden, will Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador bei einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden in Washington über zentrale Fragen der Einwanderungs- und Migrationspolitik neu verhandeln. Der Status der Migranten müsse geklärt, die Zahl der befristeten Arbeitsvisa erhöht werden. So will López Obrador von Biden je 150.000 Visa jährlich für Migranten aus Mexiko und 150.000 Visa für Migranten aus Mittelamerika einfordern. Die Migranten, die bei der illegalen Einreise in die USA im Lkw in Texas verstorben sind, seien der bittere Beweis dafür, dass man die Menschen mit Nachdruck unterstützen müsse, die in Not sind, ihre Heimat zu verlassen. In den vergangenen Monaten ist die Zahl der illegalen Grenzübertritte in die USA stark gestiegen. Die Pandemie und die Inflation haben die Wirtschafts- und Versorgungslage in Mexiko und Mittelamerika weiter verschlechtert. Deshalb wollen die Staatschefs außerdem über gemeinsame Wege aus der Krise sprechen. Ein weiteres Thema soll die Sicherheit sein. Allerdings: Richtig gut steht es um die Beziehung zwischen López Obrador und Biden nicht. Vor einem Monat blieb der mexikanische Präsident dem Amerika-Gipfel fern. Er solidarisierte sich mit seiner Absage mit linksautoritären Staaten wie Kuba und Venezuela, die von dem Gipfel ausgeschlossen waren. Die USA wiederum kritisieren Mexikos fehlende Bestrebungen zu einer nachhaltigeren Umweltpolitik.
0amerika
Durch den ungewöhnlich schweren Taifun "Nanmadol" sind im Südwesten Japans mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. Ein Regierungssprecher bestätigte zwei Todesfälle, bei zwei weiteren stand die ärztliche Bescheinigung noch aus. Die endgültige Zahl der Opfer könnte noch steigen."Nanmadol" war am Sonntag mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 234 km/h und heftigem Regen in Kyushu, einer der Hauptinseln Japans, auf Land getroffen und entlang der Küste in Richtung Nordosten weitergezogen. Für fast sechs Millionen Menschen galt eine Evakuierungswarnung. Auf seinem Weg schwächte sich der Taifun immer weiter ab. Inzwischen stuften ihn die Behörden zu einem außertropischen Zyklon herab. Auch der öffentliche Personennahverkehr läuft mittlerweile in den betroffenen Gebieten wieder weitgehend normal.Die schwersten Schäden richtete "Nanmadol" auf Kyushu an. In der besonders betroffenen Präfektur Miyazaki fiel innerhalb von 24 Stunden soviel Regen wie sonst binnen eines Monats. Dort sei ein Mann aus der Stadt Miyakonojo tot in einem überfluteten Auto auf einem Acker gefunden worden, teilten örtliche Behörden mit. Ein Mensch gilt weiterhin als vermisst. Bei zwei weiteren Opfern war zunächst unklar, ob ihr Tod mit dem Taifun zusammenhing.Insgesamt wurden demnach mehr als 110 Menschen verletzt. 140.000 Haushalte, vorwiegend auf der südlichen Insel Kyushu, seien weiter ohne Strom. Zudem sei am Raumfahrtzentrum der japanischen Weltraumorganisation JAXA auf der Insel Tanegashima eine Wand beschädigt worden. Das Ausmaß der Schäden sei noch nicht klar. In dem betroffenen Gebäude wurden nach Angaben des Ministeriums Raketen zusammengebaut.Die Taifun-Saison in Japan hat von August bis September ihren Höhepunkt. Das Land wird jedes Jahr von etwa 20 schweren Stürmen und in deren Gefolge von Starkregen heimgesucht, der zu plötzlichen Überschwemmungen und Erdrutschen führen kann. Vor drei Jahren kamen durch den Taifun "Hagibis" mehr als hundert Menschen ums Leben. Wissenschaftler sind überzeugt, dass die Zahl der extremen Wetterphänomene durch den Klimawandel zunimmt.
1asien
Wegen der anhaltenden gewaltvollen Auseinandersetzungen im Iran hat UN-Generalsekretär António Guterres die staatlichen Sicherheitskräften aufgefordert, auf unverhältnismäßige Gewalt gegen Demonstrantinnen und Demonstranten zu verzichten. Das habe Guterres in der vergangenen Woche auch bei einem Treffen mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi am Rande der UN-Generalversammlung zum Ausdruck gebracht, sagte sein Sprecher."Wir sind zunehmend besorgt über Berichte über einen Anstieg der Todesfälle im Zusammenhang mit den Protesten, darunter Frauen und Kinder", so der Sprecher. Guterres appelliere an alle, äußerste Zurückhaltung zu üben, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.Seit die Proteste im Iran vor rund eineinhalb Wochen begannen, sind iranischen Staatsmedien zufolge mehr als 40 Menschen getötet worden. Menschenrechtsorganisationen befürchten aber eine viel höhere Zahl an Todesopfern.Auslöser der Proteste war der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, die von der Sittenpolizei wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Kleiderordnung festgenommen worden war. Sie starb am 16. September. Viele im Iran sprechen von Polizeigewalt, die Behörden weisen das jedoch entschieden zurück. Guterres forderte seinem Sprecher zufolge auch eine "rasche, unabhängige und effektive Untersuchung" von Aminis Tod.Wegen ihrer Unterstützung der Proteste hat der Sicherheitsdienst nun auch die ehemalige Abgeordnete und Frauensportfunktionärin Faeseh Haschemi festgenommen. Sie hatte der Nachrichtenagentur Tasnim zufolge versucht, Frauen zu ermutigen, an den Protesten teilzunehmen. Derzeit gilt das als Straftat im Iran.Haschemi gehört schon lange zu den Kritikern des islamischen Systems und steht deshalb auch auf einer sogenannten schwarzen Liste. Sie wurde bereits mehrmals festgenommen. Hashemi setzt sich unter anderem gegen den Zwang zum Kopftuch ein, trägt aber selbst eines.Die 59-Jährige ist die Tochter des einflussreichen früheren iranischen Präsidenten Ali Akbar Haschemi-Rafsandschani. Sie war Herausgeberin der Tageszeitung "San", die 1999 wegen ihrer feministischen Ansichten schließen musste.Die UN-Frauenorganisation UN Women sagte den Demonstrantinnen im Iran ihre Unterstützung zu. Die iranischen Frauen müssten demonstrieren dürfen, ohne Repressalien ausgesetzt zu werden."Wir fordern die zuständigen Behörden auf, die Ausübung der kompletten Menschenrechte in einem sicheren Umfeld ohne Angst vor Gewalt, Anklage oder Verfolgung zu unterstützen und zu ermöglichen", hieß es in einer in der Nacht veröffentlichten Mitteilung. Die Frauen im Iran hätten ein Recht auf körperliche Autonomie. Das beinhalte auch die Wahl ihrer Kleidung.Auch UN Women forderte die iranischen Behörden auf, Aminis Tod unabhängig, unparteiisch und unverzüglich zu untersuchen. Die Ergebnisse müssten veröffentlicht und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden.Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) hat die Gewalt gegenüber den Demonstrantinnen ebenso verurteilt. "Viele deutsche Muslime haben großen Respekt vor dem Mut der protestierenden Frauen auf iranischen Straßen", sagte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Sie bangen um Demonstrantinnen und Demonstranten, die brutal von iranischen Sicherheitskräften niedergeknüppelt werden."Mazyek warnte aber auch davor, dass die Proteste im Iran in Deutschland dazu genutzt werden könnten, "erneut das Feindbild Muslime zu schüren und so Zwietracht zwischen Muslimen und Nichtmuslimen zu säen". Er nannte einen Farbanschlag auf eine Moschee in Hamburg als Beispiel. Bei dem Angriff am Wochenende wurde ein 71-Jähriger leicht verletzt.Grünen-Chef Omid Nouripour forderte die Europäische Union zu neuen Sanktionen gegen Vertreter der iranischen Führung auf. "Die EU muss ihre Sanktionen gegen den Iran ausweiten", sagte Nouripour dem "Spiegel". Er verlangte personenbezogene Sanktionen: "Beispielsweise könnten jene, die für die Niederschlagung der Proteste verantwortlich sind, persönlich belangt werden, unabhängig von ihrem Rang." Es sei nicht hinnehmbar, dass Vertreter der iranischen Elite ihre Kinder zum Studieren auf europäische Elite-Universitäten schickten. "Das muss aufhören."Auf Verlangen der Regierungsfraktionen SPD, FDP und Grüne sollen sich nun auch die Abgeordneten des Deutschen Bundestags mit der Lage im Iran auseinandersetzen. Die Debatte ist für den Nachmittag anberaumt.
1asien
Die wirtschaftlichen Folgen des russischen Kriegs gegen die Ukraine sind täglich beim Einkaufen im Supermarkt oder beim Tanken spürbar. Für Hausbesitzer oder Mieter bedeuten die massiv gestiegenen Energiepreise, dass sich das Heizen und auch der Strom stark verteuern. Bei vielen Industriebetrieben haben sich die Kosten für Erdgas bereits vervielfacht. Einen zusätzlichen Preisschub hat nun die neue Gasumlage zur Folge, die ab Oktober fällig wird - in einer Höhe von 2,419 Cent pro Kilowattstunde Gas. Die Gasumlage ist eine verbrauchsabhängige Sonderumlage, die als Folge des Krieges in der Ukraine erhoben wird. Sie soll Gasimporteure wie Uniper entlasten, die in den vergangenen Monaten deutlich weniger Gas aus Russland erhalten haben als vertraglich vereinbart. Diese Mengen müssen sie zu vielfach höheren Preisen aus anderen Quellen ersetzen, um ihre Verträge zu erfüllen. Gasimporteure haben Lieferpflichten gegenüber ihren Kunden, vor allem gegenüber Stadtwerken. Bisher können sie diese Mehrkosten nicht weitergeben, weil die Abgabepreise meist längerfristig fixiert sind. Bis Ende September müssen die Importeure die Mehrkosten noch selbst tragen. Dann können sie 90 Prozent der höheren Beschaffungskosten über die Umlage weiterreichen. Damit sollen Pleiten systemrelevanter Gasimporteure und letztlich Lieferausfälle verhindert werden.Die Umlage wird die Verbraucher also zusätzlich zu den höheren Gasrechnungen treffen, die von einigen Stadtwerken bereits angekündigt worden sind, da auch das allgemeine Gaspreisniveau deutlich gestiegen ist. Sie soll ab Oktober eineinhalb Jahre, also bis Ende März 2024 gelten.Die Umlage soll von Privathaushalten und auch Unternehmen gezahlt werden, die Gas verbrauchen. Das betrifft Millionen Deutsche. Etwa die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland werden mit Gas beheizt. Dazu kommen Haushalte mit Mischsystemen wie beispielsweise Solarthermie oder Pelletheizungen, die durch Gas ergänzt werden. Mieter, die keine eigenen Gasverträge haben, müssen mit deutlich höheren Nebenkostenabrechnungen und gegebenenfalls Heizkostenabschlägen rechnen. Bislang unklar ist, wie mit Kunden mit Festverträgen umgegangen wird. Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es bisher nur, dies werde geprüft. In einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnten der Bundesverband der deutschen Energie-und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Verband kommunaler Unternehmen, eine Preisanpassung gegenüber Kunden mit Verträgen ohne Anpassungsmöglichkeit könne bis zum 1. Oktober nicht durchgesetzt werden. Das betreffe durchschnittlich rund 25 Prozent der Haushaltskunden und des Kleingewerbes, bei einigen Versorgern sogar deutlich mehr.Wie das Unternehmen Trading Hub Europe (THE), ein Zusammenschluss der Gasnetzbetreiber in Ratingen, heute bekannt gab, beträgt die Gasumlage für alle Verbraucher 2,419 Cent pro Kilowattstunde. Dieser Wert gilt wahrscheinlich nicht für die gesamte Periode, sondern kann jeweils nach drei Monaten entsprechend der Marktentwicklung angepasst werden.Grundsätzlich kommen auf Familienhaushalte zusätzlich zu den gestiegenen Gaspreisen Mehrkosten von mehreren hundert Euro zu. Vergleichsportale wie Verivox und Check24 haben Modellrechnungen erstellt, aus denen hervorgeht, welche Kosten aus der beschlossenen Umlage auf die Verbraucher zukommen.Ein vierköpfiger Haushalt, für den eine Wohnfläche von 180 Quadratmetern und ein Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden angesetzt wurde, hat demnach etwa 575 Euro (ohne Mehrwertsteuer) an jährlichen Mehrkosten zu tragen. Eine Familie mit einem Kind - bei einer angenommenen Hausfläche von 150 Quadratmetern und einem Verbrauch von 18.000 Kilowattstunden - muss den Berechnungen zufolge jährliche Extrakosten von rund 518 Euro schultern. Ein Paar, das gemeinsam 12.000 kWh verbraucht, kommt auf etwa 345 Euro Mehrkosten. Für einen Single-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 5000 kWh Gas sind Mehrkosten von etwa 144 Euro zu erwarten.Das sind exemplarische Berechnungen. Die tatsächlichen Kosten können je nach Heizbedarf, Dämmung und tatsächlich beheizter Wohnfläche variieren.Die Umlage erscheint als Aufschlag auf der Gasrechnung. Sie wird aber erst mit Zeitverzug auf den Rechnungen sichtbar werden, so das Wirtschaftsministerium. Es gebe aus Verbraucherschutzgründen Ankündigungsfristen im Energiewirtschaftsgesetz von vier bis sechs Wochen, die eingehalten werden müssten. Daher werde die Umlage wahrscheinlich erstmals im November oder Dezember auf den Rechnungen ausgewiesen. Die Umlage wird zunächst auf Basis einer Annahme der Kosten berechnet und dann jeweils im Nachhinein mit den tatsächlichen Kosten verrechnet.Die Zahlungen werden über mehrere Stufen abgerechnet. Trading Hub Europe erstattet den Importeuren auf monatlichen Antrag die 90 Prozent der Mehrkosten und erhebt das Geld von den Endversorgern wie Stadtwerken, die diese Kosten auf die Endverbraucher umlegen. Zuletzt hatten die Importeure Shell und RWE angekündigt, bis auf Weiteres auf Anträge für Ersatzzahlungen zu verzichten und die Mehrkosten selbst zu tragen.Das ist noch nicht ganz klar. Die Bundesregierung will das verhindern, was aber rechtlich schwierig ist. Laut Finanzministerium sind solche Ausnahmen im Europarecht nicht vorgesehen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat aber auf EU-Ebene um eine Ausnahme gebeten: In einem Brief an EU-Finanzkommissar Paolo Gentiloni bat Lindner ihn, sein Initiativrecht zu nutzen und den EU-Staaten die Möglichkeit zu geben, auf staatliche Abgaben im Energiebereich für eine Weile keine Mehrwertsteuer zu erheben. Unabhängig davon will Deutschland nach Artikel 395 der Mehrwertsteuerrichtlinie eine Ausnahme beantragen.Der Bundesverband der deutschen Energie-und Wasserwirtschaft (BDEW) hat sich derweil für eine zweijährige Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas ausgesprochen. Die Abgabe solle in dieser Zeit auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent reduziert werden, sagte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae im ARD-Morgenmagazin. Entlastungen seien derzeit "unabdingbar".Die Bundesregierung hat angekündigt, dass insbesondere untere Einkommensgruppen, die von den Mehrkosten besonders hart getroffen werden, weiter entlastet werden sollen. Es werde niemand alleine gelassen, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Die Bundesregierung hat bereits ein drittes Entlastungspaket angekündigt, das unter anderem Hilfen beim Wohngeld und bei der Einkommenssteuer vorsieht. Das Wohngeld soll zu Beginn des kommenden Jahres deutlich erhöht werden. Zudem ist ein dauerhafter Heizkostenzuschuss für einkommensschwache Haushalte geplant.Ökonomen weisen auf den Effekt der Gasumlage auf die Verbraucherpreise hin. Das "Handelsblatt" zitiert Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, denen zufolge die Umlage die Inflation um bis zu zwei Prozentpunkte zusätzlich steigen lassen könnte. Laut der IMK-Studie hängt dieser Effekt maßgeblich davon ab, ob auf die Umlage Mehrwertsteuer erhoben wird. Sollte das der Fall sein, würde die Inflationsrate laut IMK um 0,6 bis zwei Prozentpunkte höher ausfallen. Ohne Steuer betrüge der Inflationseffekt 0,5 bis 1,7 Prozentpunkte.
6verbraucher
Mehrere Personen sind bei dem Einsturz eines Schreins nahe der irakischen Stadt Kerbela gestorben. Das haben jetzt lokale Behörden bestätigt. Sechs bis acht Personen werden noch immer unter den Trümmern vermutet. Lokale Medien berichten, dass durch einen Erdrutsch am Samstagabend das Dach des schiitischen Schreins zusammengebrochen sei. Als Grund für den Erdrutsch wird die hohe Luftfeuchtigkeit der vergangenen Tage vermutet. Mehrere Gläubige konnten bereits lebendig aus den Trümmern befreit werden und wurden zur Beobachtung in ein nahes Krankenhaus gebracht.Kerbela ist eine der wichtigsten schiitischen und alevitischen Wallfahrtsorte – dort steht unter anderem der Imam-Husain-Schrein, eine der bedeutendsten Moscheen des Irak.Auch die Tropfsteinhöhle ist für Schiiten ein heiliger Ort.
1asien
Die Commerzbank peilt ungeachtet der Konjunkturschwäche für dieses Jahr einen Milliardengewinn an - sieht aber die Energiekrise als Risiko für ihr Geschäft. Damit der Gewinn die Marke von einer Milliarde Euro wie geplant überspringt, dürfe sich die Wirtschaftslage nicht noch deutlicher verschlechtern, sagte Commerzbank-Finanzchefin Bettina Orlopp heute bei der Präsentation der Quartalsbilanz: "Ein großer Unsicherheitsfaktor bleibt in diesem Zusammenhang die Versorgung der deutschen Wirtschaft mit Gas." Im zweiten Quartal hat die Commerzbank unter dem Strich 470 Millionen Euro verdient. Das waren knapp 100 Millionen Euro mehr als von Analysten erwartet wurde. Sowohl das Privat- als auch das Firmenkundengeschäft habe sich der Bank zufolge gut entwickelt. Noch vor einem Jahr hatten hohe Kosten für Stellenabbau und Filialschließungen das Institut mit 527 Millionen Euro tief in die roten Zahlen gerissen.Im zweiten Halbjahr erwarte sein Institut "Licht und Schatten", sagte Commerzbank-Chef Manfred Knof. So hat die Bank 106 Millionen Euro für den Ausfall möglicher Kredite zurückgelegt, um negative Folgen des Krieges in der Ukraine und der gekürzten Gas-Lieferungen aus Russland abzufedern. Das ist ein Fünftel mehr als noch vor einem Jahr - aber weniger als erwartet wurde. Die Quote der Problemkredite sei mit 0,8 Prozent bislang niedrig geblieben. Die Risikovorsorge der Bank für ausfallgefährdete Kredite soll in diesem Jahr insgesamt 700 Millionen Euro betragen.Auch die Deutschen Bank, die in der vergangenen Woche ihre Zahlen vorlegte, erhöht ihre Risikovorsorge deutlich. Mit 292 Millionen Euro legte der Konzern viermal so viel Geld für mögliche Kreditausfälle zurück wie noch im gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor. Für die Commerzbank summierten sich die finanziellen Belastungen als Folge des Krieges in der Ukraine auf 228 Millionen Euro. Die Russland-Risiken reduzierte das Kreditinstitut bis Mitte Juli um 45 Prozent auf 1,02 Milliarden Euro. Für die Bank kommen im zweiten Halbjahr noch weitere Belastungen hinzu. Kunden der polnischen Commerzbank-Tochter mBank dürfen aufgrund eines neuen Gesetzes in dem Land ihre Ratenzahlungen für Hypothekenkredite bis Ende kommenden Jahres jetzt bis zu achtmal aussetzen. Für das dritte Quartal erwartet die mBank deshalb Belastungen von 210 bis 290 Millionen Euro. Trotz der wirtschaftlichen Verwerfungen verdiente die Commerzbank in den ersten sechs Monaten insgesamt 768 Millionen Euro. Das entspricht rund drei Vierteln des angepeilten Jahresgewinns. Die Bank sieht sich damit auf Kurs zu einem möglichen Milliardengewinn - sollte sich die Konjunktur nicht zusätzlich eintrüben. Sollte Russland die Gaslieferungen komplett einstellen, "würde die deutsche Wirtschaft vermutlich ähnlich wie nach der Finanzkrise 2009 in eine schwere Rezession stürzen", heißt es im Zwischenbericht. Die Erträge der Bank im zweiten Quartal stiegen dank des starken Kundengeschäfts und steigender Zinsen um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum - von 1,9 Milliarden Euro auf 2,4 Milliarden Euro. Angesichts der jüngsten Geschäftszahlen sieht sich Commerzbank-Chef Knof in seiner Strategie bestätigt: "Es ist uns gelungen, die Widerstandsfähigkeit der Commerzbank in einer sehr schwierigen Zeit zu erhöhen." Der Manager hatte die Führung der Bank Anfang 2021 übernommen und wenig später ein umfangreiches Sparprogramm mit einem radikalen Stellenabbau eingeleitet. Bis Ende des Jahres will die Bank die Kürzung von brutto 10.000 Vollzeitstellen weitgehend geregelt haben. Für 7700 Stellen sei dies schon bis Ende Juni geschehen, hieß es. Auch bei der Verkleinerung ihres Filialnetzes kam die Commerzbank deutlich schneller voran: Schon bis Ende Juni sei die Zahl der Geschäftsstellen in Deutschland auf 450 gesunken, hieß es in der Mitteilung. Zu Beginn des Sparprogramms waren es noch 790 Filialen. Allein im ersten Halbjahr 2022 hat die Commerzbank demnach 100 Geschäftsstellen geschlossen. Die Commerzbank-Aktionäre erhalten in diesem Jahr eine Dividende: Das Institut will 30 Prozent des auf die Anteilseigner entfallenden Jahresgewinns als Dividende ausschütten.
2finanzen
Flughafen Montreal. Ein Bundeswehr-Airbus mit der deutschen Regierungsspitze an Bord rollt langsam zu seiner Parkposition. Kanzler und Vizekanzler reisen in derselben Maschine. Was aus US-amerikanischer Sicht undenkbar wäre - dort muss die Macht des Landes aus Sicherheitsgründen auf mehrere Flugzeuge verteilt werden - ist in der deutschen Verfassung nicht eindeutig definiert. Also fliegt man mit nur einer Maschine, was in Zeiten energiepolitischer Probleme vielleicht auch ein Zeichen ist.Die Tür geht auf, heraus kommt Olaf Scholz. Allein. Er schreitet die Treppenstufen hinunter aufs Rollfeld und wird von den Vertretern der kanadischen Regierung begrüßt. Und Robert Habeck? Er erscheint erst später, steht kurz etwas verloren herum, weil die Augen der Delegation auf den Kanzler gerichtet sind. Aber Habeck ist es, der das erste Interview aus Montreal gibt - am Montag im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Dem Gesicht des Vizekanzlers und Wirtschaftsministers sieht man den Jetlag an, die möglicherweise kurze Nacht. Aber Habeck liefert ab. Interviews sind seine Paradedisziplin, das Erklären der Weltlage in einfachen Worten. Habeck spricht von fehlender Infrastruktur, um Deutschland unabhängig von russischem Gas zu machen. Aber man löse das Problem jetzt - durch den Bau von Terminals für Flüssiggas. Trotzdem redet Habeck nichts schön: Deutschland habe einen "sehr kritischen Winter vor der Nase".Habeck redet frei, er will überzeugen, spricht in Interviews oft wie in einem privaten Plausch. Er antwortet auf die ihm gestellten Fragen und schweift nur selten aus. Habeck gibt auch häufiger zu, dass er etwas nicht weiß. Das ist selten für einen Politiker. Und er kämpft in deutschen Talkshows auch schon mal mit den Tränen, wenn ihn ein Thema berührt. Habeck ist empathisch, nachdenklich und pragmatisch zugleich. Seine Art erklärt, warum er zu den beliebtesten Politikern Deutschlands gehört. Zusammen mit Außenministerin Annalena Baerbock ist Habeck das Zugpferd der Bundesregierung und der Grünen. Dank seiner guten Umfragewerte ist die ganze Partei im Aufwind: Im ARD-DeutschlandTrend liegt sie wieder vor der SPD.Viele Sozialdemokraten sehen diese Entwicklung mit Sorge. Ist Habeck der bessere Scholz? Oder sogar ein Anti-Scholz? Ist es vielleicht eine Frage des Alters? Könnte sein. Scholz scheint einer anderen Generation von Politikern anzugehören, für die es undenkbar ist, öffentlich Emotionen zu zeigen.Auf Journalistenfragen direkt zu antworten, ist für den 64-Jährigen auch eher die Ausnahme. Er spricht lieber darüber, was ihm gerade in den Sinn kommt. Es ist eine stoische Ruhe, aus der sich Scholz nur ungerne bringen lässt. Der Kanzler gibt keine Fehler zu und zeigt keine Schwächen. Stattdessen ist sein Selbstbewusstsein so ausgeprägt wie bei kaum einem anderen deutschen Spitzenpolitiker.Am Wochenende zeigt sich das beim Tag der Offenen Tür der Bundesregierung. Scholz nennt das Neun-Euro-Ticket prompt "eine der besten Ideen, die wir hatten". Etliche Pendler, die sich seit drei Monaten in übervolle Busse und Bahnen quetschen müssen, würden das wohl eher nicht unterschrieben. In Interviews oder auf Pressekonferenzen bügelt Scholz Journalisten auch gerne mal mit einem "nö" ab. Dazu sein verschmitztes Grinsen - das kann arrogant wirken. Scholz fühlt sich oft klüger als die anderen, manche nennen ihn daher einen Besserwisser.Kommunikationswissenschaftler Olaf Hoffjann von der Universität Bamberg hat dafür eine Erklärung. Der Kanzler versuche, um jeden Preis Fehler zu vermeiden. Scholz wolle nicht durch unbedachte Äußerungen weitere Krisen heraufbeschwören. Doch Schweigen ist auch nicht immer die beste Methode. Das zeigt sich vergangene Woche, als Palästinenserpräsident Abbas zu Gast im Kanzleramt ist und dort für alle hörbar Worte spricht, die den Holocaust relativieren.Scholz greift nicht ein, lässt die Worte Abbas' zunächst unkommentiert. Experte Hoffjann stellt sich die Frage, ob Scholz "die Kommunikation einfach nicht wichtig genug ist oder ob es nicht besser kann." Habeck dagegen kommuniziere überzeugender, so Hoffjann, was Scholz wiederum das Regieren nicht gerade leichter mache. Habeck kann leicht politische Versäumnisse der vergangenen Jahre ansprechen, die Abhängigkeit von Russland in Energiefragen. Seine Kritik richtet sich an die Regierung von Angela Merkel, in der Scholz zuletzt Vizekanzler war. Scholz muss sich beim Blick zurück daher oft an die eigene Nase fassen.Auch wenn sie Politiker von höchst unterschiedlichem Schlag darstellen: Inhaltlich sind Scholz und Habeck zumindest in den Grundzügen einer Meinung. Sie haben dieselben Ziele auf dieser Kanada-Reise: Deutschland in der Energiepolitik unabhängiger von Russland zu machen, die Zusammenarbeit mit Kanada zu stärken - zumindest mittelfristig. Es geht um die berühmte Zeitenwende, die Kanzler Scholz Ende Februar ausgerufen hatte. Die Zeitenwende in der politischen Kommunikation allerdings, scheint sein Vize für sich entschieden zu haben.
3innenpolitik
Angesichts der Sorge um die Gasversorgung in Europa hat sich die norwegische Regierung in den Streik von Mitarbeitern auf Öl- und Gasplattformen in der Nordsee eingeschaltet. Die Regierung will eine Einigung im Tarifstreit der Gewerkschaft Lederne und der Arbeitgeberorganisation Norsk olje og gass erzwingen, wie es in einer Mitteilung hieß. Auf Aufforderung von Arbeitsministerin Marte Mjøs Persen hätten die Parteien erklärt, dass sie den Streik beenden werden, damit alle so bald wie möglich die Arbeit wieder aufnehmen könnten. "Es ist unverantwortlich, die Gasproduktion in so großem Umfang einzustellen, wie es dieser Streik in den nächsten Tagen zur Folge haben könnte", erklärte die Ministerin. "Die angekündigte Eskalation ist kritisch in der aktuellen Situation, sowohl mit Blick auf die Energiekrise als auch auf die geopolitische Situation, in der wir mit einem Krieg in Europa stehen." Norwegen müsse alles tun, um dazu beizutragen, die Energiesicherheit in Europa und den europäischen Zusammenhalt gegen Russlands Kriegsführung aufrechtzuerhalten, hieß es in der Mitteilung weiter.  Nach gescheiterten Lohnverhandlungen waren am Dienstag 74 Mitarbeiter auf drei norwegischen Öl- und Gasplattformen in einen Streik getreten. Der Energiekonzern Equinor stoppte infolge des Ausstands die Produktion auf den Feldern Gudrun, Oseberg Sør und Oseberg Øst. Heute wollten weitere 117 Mitarbeiter die Arbeit niederlegen. Für Samstag war eine erneute Ausweitung des Streiks geplant. "Mit dem angekündigten Streik ab dem 9. Juli würde mehr als die Hälfte der täglichen Gasexporte Norwegens ausfallen", teilte die Regierung mit. Der Arbeitgeberverband hatte gewarnt, bei einer Ausweitung der Streiks drohe eine Drosselung der norwegischen Gasexporte um bis zu knapp 60 Prozent. Der durch den Streik drohende Produktionsrückgang sei "nicht zu rechtfertigen", begründete Ministerin Persen die Intervention. "Grundsätzlich sind die Parteien selbst dafür verantwortlich, eine Lösung in solchen Fällen zu finden", so Persen. "Aber wenn der Konflikt so große gesellschaftliche Konsequenzen für ganz Europa haben kann, habe ich keine andere Wahl, als in den Konflikt einzugreifen." Laut norwegischem Recht kann die Regierung bei Tarifkonflikten eingreifen und den Streit zur Entscheidung vor ein unabhängiges Tarif-Gremium bringen. Die europäischen Staaten sind vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges auf Öl aus Norwegen angewiesen. Der Streik löste große Sorgen um die Versorgungssicherheit Europas aus.
5unternehmen
Zum Jahreswechsel sollen die Terminals für Flüssigerdgas (LNG) an der Nordseeküste in Betrieb gehen. Damit die Gasversorgung mit dem importierten Erdgas auch schnell starten kann, hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nun eine Absichtserklärung mit den Gasimporteuren unterzeichnet, die die Versorgung sicherstellen soll. Die geplanten Terminals in Wilhelmshaven und in Brunsbüttel verfügen über eine Leitungsanbindung um das importierte LNG in das deutsche Gasnetz einzuspeisen, wie Habeck in Berlin erklärte. Die Partnerfirmen Uniper, RWE, EnBW und die EnBW-Tochter VNG sorgen nach der Vereinbarung dafür, dass die von der Bundesregierung angemieteten LNG-Schiffe bis März 2024 "vollausgelastet" Gas zur Verfügung gestellt bekommen. Die Firmen haben laut Habeck "Gasverträge mit etwa 20 Ländern". Sie hätten damit "am Weltmarkt jede Möglichkeit, Gas zu besorgen und haben das getan". Die Spezialschiffe würden so bereits ab diesem Winter voll ausgelastet. Laut Bundeswirtschaftsministerium können so 12,5 Milliarden Kubikmeter Gas aus Regionen bezogen werden, die durch Gasleitungen nicht zu erreichen sind. Uniper ist der Betreiber des Terminals in Wilhelmshaven. Das Terminal in Brunsbüttel wird von der German LNG Terminal GmbH betrieben. Die beiden sogenannten Floating Terminals sollen im Winter angeschlossen werden. Die schwimmenden Häfen sind im Kern Flüssiggastanker, die den Brennstoff aber selbst wieder in den gasförmigen Zustand versetzen können. Damit wird kein kompletter Hafen, sondern in erster Linie nur eine Verbindung vom Schiff zur Pipeline an Land benötigt. Die Regierung hat insgesamt vier der Spezialschiffe gemietet. Damit die Terminals an der Nordseeküste noch im Winter in Betrieb gehen können, wurde eigens ein beschleunigtes Plan- und Genehmigungsverfahren durchgeführt. Zwei weitere Terminals im niedersächsischen Stade und Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern können nach Angaben der Bundesregierung erst Ende 2023 den Betrieb aufnehmen. In Lubmin an der Ostsee soll außerdem ein fünftes Terminal durch ein privates Konsortium entstehen. Die Terminals sollen helfen, die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu verringern. Laut Bundeswirtschaftsminister Habeck werde Deutschland dadurch "weniger erpressbar". Russland hatte die Lieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream 1 immer wieder stark gedrosselt. Zusammen mit den geplanten Einsparungen von rund 20 Prozent sollen die Terminals dafür sorgen, dass Deutschland ohne einen Gasengpass durch den kommenden Winter kommt.
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