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Dr.
Dr. Gottfried Curio AfD
Gottfried
Curio
AfD
Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Abgeordnete! Bei der Grenzöffnung wurde sehenden Auges voll auf Risiko gefahren, der Verlust der Sicherheit einfach einkalkuliert. Der Fall Susanna zeigt beispielhaft den Maximalschaden der Durchwinkekultur. Ein Hohn, wenn Frau Merkel uns erzählt, der Mord sei eine Aufforderung an uns alle, die Integration sehr ernst zu nehmen. Der Mörder war als abgelehnter Asylbewerber ohnehin kein Fall für Integration, sondern abzuschieben. Aber selbst ein Mord ist nur Anlass für sie, ihre abwegigen Dogmen zu propagieren. Sie lässt unberechtigte Personen unerkannter Identität rein – Vergewaltiger, Mörder, Terroristen inklusive –, und wir sollen uns verantwortlich fühlen. Nicht wir haben zu handeln, die Verursacherin muss endlich Verantwortung übernehmen und zurücktreten! Ein Staat, der seine Bürger nicht schützt, aber sie zwingt, Betrüger zu alimentieren. Wer illegal die Grenze übertritt, ist Betrüger; wer ohne Papiere kommt, will das deutsche Volk betrügen. Dieser Betrug ist Raub, ist Gewalt, ist Kriminalität. Und wer Leute ohne Papiere reinlässt, leistet Beihilfe, ist Mittäter. Jeder darf sich doch jetzt fragen: Merkels „Ist mir egal, ob ich schuld an den Migranten bin; jetzt sind sie halt da“, meint das auch: „Ist mir egal, ob ich schuld am Schicksal der Mädchen bin, jetzt sind sie halt tot“? Wann ist endlich Schluss mit diesem Wahnsinn, mit dieser allzu oft tödlichen Willkommenskultur? Da wird ein Millionenheer archaisch geprägter junger Männer ins Land gelassen, denen Frauen als Schlampen und Übergriffsobjekte gelten, wenn sie sich nicht der islamischen Unterdrückungskultur anbequemen. Gelernte Frauenverachtung aber ist programmierter Frauenmord. Beim BAMF braucht es nicht mehr Bearbeiter, sondern weniger Scheinasylanten. Seit 2015 ging es doch nur noch um den Anschein von Bearbeitung. Herr Weise hatte Potemkinsche Dörfer zu errichten, die Bürger zu täuschen durch angeblich bewältigte Fallzahlen, hinter denen aber gar keine seriöse Bearbeitung stand. Erscheinen des Antragstellers? Braucht es nicht. Das Gewünschte ankreuzen geht schneller. Identitätsnachweis? Braucht es nicht. Noch schneller. Papiere? Braucht es nicht. Vereidigte Dolmetscher? Braucht es nicht. Ausgebildete Entscheider? Braucht es auch nicht. Alles ganz nach Merkels Motto „Aus Illegalen Legale machen“. Ein Amt nicht für Geldwäsche – nein, für Rechtswäsche. Hauptsache, der Wahlkampf 2017 würde ungestört laufen. Dem wurden Sorgfalt und Sicherheit geopfert. Heute müssen wir sagen: auch Menschenleben. Merkel gibt zu: Das Kanzleramt, sie selbst ist verantwortlich. Ein allzu billiges Wort, wenn man dann den Stuhl nicht räumt. Wenn die Koalition uns jährlich 200 000 Migranten aufzwingen will, braucht es 200 AnKER-Zentren. Der Minister hat Schwierigkeiten, sechs Pilotzentren zu schaffen. Da geht nichts schneller. Örtliche Konzentration schafft nicht mehr Verwaltungsrichter. Da wird nicht besser abgeschoben. Ohne erzwungene Residenzpflicht tauchen die einfach ab. Es ist nicht der Job der Bundespolizei. Die müssten die Grenze kontrollieren und die Leute erst gar nicht reinlassen. Im September 2015 gab es natürlich keine humanitäre Ausnahmesituation. Die Leute waren in Ungarn in Sicherheit und lange vorher. Denen ging es um kalte Vorteilsnahme im Staat mit den besten Sozialsystemen. Die ganze sogenannte Willkommenskultur ist inhuman. Mit demselben Geld hilft man hundertmal effektiver vor Ort, und zwar den wirklich Armen. Und wo Herr Seehofer nur bereits Registrierte zurückweisen will, also nicht mal das rechtlich Gebotene fordert, da stellt Merkel sich schon quer und erzwingt die ewige Fortsetzung ihrer sogenannten Ausnahmeentscheidung – also Dauerüberflutung durch Illegale. Herrn Seehofers Vorschlag ist aber völlig ungenügend. Die Betrüger werden sich einfach nicht mehr vor Erreichen Deutschlands registrieren lassen. Aber Frau Merkel will uns sogar erzählen, ihre gänzlich offene Grenze sei vorrangiges europäisches Recht. Was für ein Unsinn! Dublin III ist europäisches Recht. Gerade da ist der Erstzutrittsstaat zuständig und nicht Deutschland. Danach müssten sogar alle zurückgewiesen werden; denn sie kommen über sichere Drittstaaten aus einem anderen Erstzutrittsland. Dublin anzuwenden, ist kein nationaler Alleingang. Nationaler Alleingang war Merkels Handstreich im September 2015. Meine Damen und Herren, Zeit für den Masterplan zur Zurückweisung einer illegal agierenden Kanzlerin. Zwei Drittel der Bürger wollen die Grenzschließung sofort, appellieren an Sie als ihre Repräsentanten. Werden Sie Ihrer Verantwortung für das Land gerecht. Entfernen Sie diese Frau aus dem Amt. Wählen Sie sie ab! Sprengen Sie die Fesseln der Parteidisziplin und den Würgegriff dieser Politik unendlichen Schadens. Schützen Sie das Leben der Bürger! Retten Sie den Rechtsstaat! Befreien Sie das Land von dieser Politik! Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Nächstes spricht zu uns ein Mitglied des Bundesrates. Ich erteile Herrn Senator Andreas Geisel das Wort.
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Andrea Nahles SPD
Andrea
Nahles
SPD
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der nächsten Woche jährt sich der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz hier in Berlin. Dieser Anschlag – das haben viele so empfunden – war ein Anschlag auf uns alle. Er hat Menschen aus dem Leben gerissen, er hat Familien zerrissen, und er hat unendliches Leid und Schmerz für die Opfer und Angehörigen gebracht. Ich möchte deswegen sagen: Den Opfern und Angehörigen gilt auch heute unser tief empfundenes Mitgefühl. Wir haben an dieser Stelle, wie ich denke, wirklich eine gemeinsame Haltung in diesem Haus. Zu der Trauer und auch der Anteilnahme ist allerdings im Laufe des letzten Jahres ein anderes Gefühl hinzugetreten, das mich sehr bedrückt. Es ist bei mir ein Gefühl von Scham und Schuld aufgetreten, je mehr Tatsachen durch die Aufklärungsarbeiten über das, was vorgefallen ist, an den Tag gebracht wurden, Tatsachen, bei denen wir uns eingestehen müssen, dass wir letztendlich bei der Verhinderung dieses Anschlags versagt haben. Aber was besonders schlimm ist: Wir haben auch noch versagt, angemessen auf die Opfer und Angehörigen zuzugehen und sie angemessen zu unterstützen. Das muss hier und heute benannt werden. Es sind Missstände in der Terrorismusbekämpfung ans Tageslicht gekommen, beispielsweise die viel zu lückenhafte oder späte Registrierung von Asylbewerbern. Bei der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden der unterschiedlichen Ebenen unseres Landes ist es so gewesen, dass es unklare Kompetenzen und auch Fehleinschätzungen gegeben hat, Fehleinschätzungen beispielsweise in Bezug auf die Frage der Überwachung von Gefährdern. Gerade der Täter vom Breitscheidplatz hat mehrere Straftaten begangen, aber es wurde kein Haftbefehl beantragt. Ich muss an dieser Stelle sehr klar sagen, dass sich das ändern muss. Deswegen ist es gut, wenn wir Anfang nächsten Jahres zu diesem Thema einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen, um diesen Sachverhalt weiter aufzuklären. Das Ziel dieses Untersuchungsausschusses muss es sein, einerseits die Verantwortung der Bundesbehörden zu beleuchten, andererseits Konsequenzen aus den Fehlern zu ziehen. Es muss sich aber auch ändern, wie auf die Opfer von Terroranschlägen und ihre Angehörigen zugegangen wird. Regierung und Behörden haben teilweise unbeholfen und ohne Routine reagiert. Ich selber war bei dem Trauergottesdienst dabei. Mir war nicht bewusst – was später klar geworden ist –, dass viele der Angehörigen zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht wussten, ob geliebte Menschen unter den Opfern waren. Finanziell erhielten viele nicht die Unterstützung, die sie erwartet oder dringend gebraucht hätten – zumindest nicht so unbürokratisch, wie es notwendig gewesen wäre. Auch dabei brauchen wir eine Veränderung. Ich möchte heute den Angehörigen der Opfer vom Berliner Breitscheidplatz meinen allergrößten Respekt aussprechen; denn sie haben die Kraft aufgebracht, mit diesem schweren Schicksal umzugehen. Sie haben aber auch noch die Kraft gehabt, sich gegenseitig zu unterstützen. Und sie haben sich zusammengeschlossen, um in einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin einen Handlungsbedarf des Gesetzgebers aufzuzeigen. Ich denke, dass das Respekt verdient; denn es ist nicht selbstverständlich, diese Sache in dieser Weise zustande zu bringen. Es gibt hier, jedenfalls bei uns, ein offenes Ohr für die Anliegen. Kurt Beck ist der von der Bundesregierung Beauftragte für die Opfer der Hinterbliebenen. Er hat sich in die Sache reingekniet und heute im Kabinett seinen Bericht vorgelegt. Er hat eine ganze Reihe von Änderungsvorschlägen gemacht, die die Bundesregierung annehmen wird. Wir wissen, dass bereits eine umfangreiche Reform des Entschädigungsrechtes von der Bundesregierung erarbeitet wird. Dieser Punkt muss erweitert werden um die Aufarbeitung und die Erkenntnisse des Berichtes des Opferbeauftragten Kurt Beck, dem ich an dieser Stelle dafür ebenso danke wie der Bundesregierung für die Bereitschaft, diese Aspekte aufzunehmen. Die Einrichtung von einheitlichen Anlaufstellen, eine bessere finanzielle und unbürokratischere Soforthilfe, psychologische Betreuung – das sind Erkenntnisse, die wir hier gesammelt haben, und das alles sind Dinge, die wir in Zukunft brauchen werden; ich hoffe, so selten, wie es nur irgend geht. Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, heute einen gemeinsamen Antrag mit CDU/CSU, der FDP und Bündnis 90/Die Grünen vorzulegen und damit zum Ausdruck zu bringen, dass dieser Anschlag nicht vergessen ist und dass wir daraus für die Zukunft Konsequenzen ziehen wollen. Volker Kauder ist der nächste Redner in der Debatte für die CDU/CSU-Fraktion.
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Alexander Radwan CDU/CSU
Alexander
Radwan
CDU/CSU
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute eine Aktuelle Stunde zum Thema „Deutsche Bank, Commerzbank“. Was hier mitschwingt, ist der Vorwurf, dass diese Thematik, die ja eigentlich der Markt regeln sollte, zu stark politisiert wird, dass sich das Bundesfinanzministerium hier zu stark einmischt. Die Aussage von Herrn De Masi hat mich erschrocken, und ich wäre erstaunt, wenn es so wäre. Herr De Masi – auch wenn Sie gerade nicht zuhören können –, welche Machtfülle Sie dem Bundesfinanzminister zugestehen: eine Herrschaft über die EZB und über den IWF, und alle kuschen vor ihm, nur damit das zustande kommt. Ich glaube, der Finanzminister würde sich wünschen, diese Machtfülle zu haben. Meine Damen und Herren, die Art und Weise des Umgangs der Opposition mit diesem Thema ist genau das Gegenteil: Sie politisieren zwei Marktakteure, die gesagt haben, dass sie miteinander reden wollen. Sie tragen das Thema in den Deutschen Bundestag, in die Politik, in die Öffentlichkeit und nutzen jede Sekunde, diese Finanzinstitute auch noch schlechtzureden, nach dem Motto „Wir wollen sie nach unten prügeln“, statt zur Stärkung des Finanzmarkts beizutragen. Fusionen, Kooperationen, Übernahmen bekommen wir täglich aus den Zeitungen mit. Die Landesbanken diskutieren darüber, wie es weitergeht. Im Mobilitäts- und Pkw-Bereich reden Daimler und BMW darüber, zu kooperieren und national stark zu werden, Herr Kollege Dr. Toncar. – Ich habe gerade gesagt: Wir reden über Fusionen, Kooperationen, Übernahmen. Wissen Sie, was in zehn Jahren dabei herauskommt, Herr Gottschalk? Sie wissen es natürlich nicht. Da kann sich etwas anbahnen. Es kann auch sinnvoll sein, was da gemacht wird. Wir reden hier von einer offenen Prüfung. Das Erstaunliche ist: Zeitungskommentatoren, Wissenschaftler, auch Mitglieder hier im Parlament wissen bereits, was herauskommt. Die Zahlen liegen nicht auf dem Tisch. Wir wissen auch nicht, welches Geschäftsmodell dem zugrunde liegt. Aber genau das gilt es abzuwarten. Das müssen die Vorstände jetzt prüfen und dann entsprechend offenlegen. Lassen Sie sich von meiner Seite sagen: Eine hohe Bilanzsumme ist kein Wert an sich. Auch ein nationaler Champion ist kein Wert an sich. Aber auf eines lege ich Wert, meine Damen und Herren, nämlich dass die Aufseher von Anfang an beteiligt sind. Das habe ich bisher von keinem Redner hier gehört. Die BaFin, die Bundesbank, die Europäische Zentralbank müssen an dem Prozess beteiligt sein. Der SSM wird darüber entscheiden, werter Kollege Schäffler. Er wird aber politisch nicht allein von Deutschland bestimmt werden, außer es träte ein, was die AfD zuletzt gefordert hat, nämlich dass die EZB jegliche Aufsicht in Europa abgibt. Auch der SRM, der Einheitliche Abwicklungsmechanismus, muss dazu gehört werden. Sie alle müssen sagen, was es bedeutet, wenn wir eine Bank von dieser Größe, mit dieser Struktur bekommen. Warten Sie doch die Antworten mal ab. Sie geben diese ja schon, bevor Sie wissen, wie die Analysen aussehen werden. Natürlich muss auch das Kartellamt mit Blick auf die Auswirkungen auf den Wettbewerb für die großen und mittleren Unternehmen und für den industriellen Mittelstand gehört werden. Lassen Sie mich eines abschließend sagen: Wir können ja nicht ausschließen, dass die Vorstände am Ende zu dem Schluss kommen, eine Fusion, ein Zusammengehen der beiden Banken, lohnt sich nicht. Es gilt dann, diese Entscheidung zu respektieren. Das gilt für das Parlament und für die Bundesregierung. Es wird zu entsprechenden Verwerfungen und Diskussionen an den Märkten kommen. Wir müssen dann die Kraft haben, zu sagen: Das ist nicht der Weg, den wir gehen. – Die Frage, wie es mit den Unternehmen alleine weitergeht, wie sich diese entwickeln müssen, meine Damen und Herren, ist dann noch nicht gelöst. Dann gilt es natürlich, auch diese Fragen zu beantworten. Die Finanzmärkte haben sich verändert und werden sich weiterhin massiv verändern, zum Beispiel durch die Digitalisierung. Natürlich wird auch das Auswirkungen auf die Strukturen der Commerzbank und der Deutschen Bank haben. Zu suggerieren, Herr De Masi, dass sich nichts verändert, wenn keine Fusion kommt, ist ein Trugschluss. – Aber suggeriert. – Ein ständiger Wandel wird die Finanzwirtschaft ereilen, und natürlich werden wir dann auch über die Strukturen sprechen müssen. – Aber Sie suggerieren es, indem Sie bestimmte Themen aufgreifen und zum Beispiel sagen, es dürfe keine Arbeitsplatzverluste geben. Wir müssen bei der Frage der Champions und der Begleitung der deutschen und europäischen Wirtschaft auch mal europäisch denken. Möglicherweise ist es in einem europäischen Binnenmarkt notwendig, dass grenzüberschreitende Wirtschaftsstrukturen geschaffen werden. Dann ergeben sich auch neue Chancen in der Diskussion darüber, wie wir unseren Finanzplatz in Deutschland, aber auch in Europa stark machen. Das, meine Damen und Herren, ist unsere Aufgabe. Unsere Aufgabe ist es nicht, unsere Bankhäuser und damit den Finanzmarkt durch regelmäßige Diskussionen in den Parlamenten schlechtzureden. Besten Dank. Vielen Dank, Alexander Radwan. – Nächster Redner: Kay Gottschalk für die AfD-Fraktion.
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Dr.
Dr. Diether Dehm DIE LINKE
Diether
Dehm
DIE LINKE
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ja, die Koalition hat, so wie die Grünen, in ihren Anträgen richtige Verweise auf klare Klima- und Sozialstandards im Abkommen gegeben. Aber natürlich hätte das Abkommen ins Parlament gehört, und zwar in alle Parlamente, auch hier in den Bundestag. Und es fehlt die Verbindlichkeit. Wenn man Klimaschutz wirklich mit den Menschen machen möchte – es geht nicht anders, es geht nicht über Eliten, und es geht nicht nur übers Schüren von schlechtem Gewissen –, dann muss man das verbindlich festschreiben. Klimaschutz geht nur sozial. Da sind wir beim zentralen Problem, wie es zum Brexit kam. Das geht leider die Bundesregierung in ihrem Antrag nicht an. Die Unzufriedenheit und der Zorn, die zum Brexit führten, gingen nicht nur auf ein Projekt der Ausschöpfung elitärer und chauvinistischer Potenziale von rechts zurück, sondern es gab dabei eben auch eine sehr große Beimischung von Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet hatten und sich dann einfach abgehängt und verachtet fühlten, Menschen, die weniger laut über das Ende der Welt klagen als über das Ende des Monats, weil sie nicht wissen, wie sie über die Runden kommen. Es ist die mangelnde Sozialstaatlichkeit, die den Gegnern jeglicher europäischer Integration die Hasen in die Küche treibt. Wenn ich etwas zur Sozialstaatlichkeit sage, spreche ich nicht nur über Beiwerk. Sie ist von den Müttern und Vätern der meisten Verfassungen in der EU als Replik auf den Faschismus in den 40er-Jahren in die Verfassungen – so auch ins Grundgesetz mit den Artikeln 14 und 15 – implantiert worden. Warum? Weil man eine Kapitalübermacht begrenzen wollte, die sich erstens einen Hitler finanziert, zweitens auf Fingerschnipp einen Weltkrieg initiiert – das sage ich im Jahr des 80. Jahrestages des Beginns des Überfalls auf die Sowjetunion –, und die drittens den Alltag der Menschen durch das Auspressen beim Lohn bis zur Zwangsarbeit, bis zur Sklavenarbeit geprägt hat. Deswegen findet sich die Sozialbindung des Eigentums im Grundgesetz und in vielen anderen Verfassungen. Das gehört in das Primärrecht der Europäischen Union, wenn Sie die Herzen der Menschen, und zwar der Menschen, die sich wirklich vor dem Brexit in Großbritannien ausgegrenzt fühlten, jetzt zurückerobern möchten. Es ist also ein Gebot der Sozialstaatlichkeit und des Antifaschismus – das sage ich gerade in diesem Jahr –, dass das, was im Grundgesetz, in der italienischen Verfassung, der spanischen Verfassung, in anderen Verfassungen möglich ist, im Primärrecht der EU festgelegt wird. Einige waren vielleicht schadenfroh, dass sich die Labour Party zerlegt hat, über das soziale Gefälle und über den Brexit. Aber allmählich zerlegt sich auch die ganze EU, wenn im Streitfall soziale Grundrechte, Löhne, Streikrecht, Kapitalsteuern immer hinter dem freien Kapital zurückbleiben. Schauen Sie sich doch das Impfchaos an: Das weckt nun wirklich kein Vertrauen in die EU. Kollege Dehm! Der letzte Satz, liebe Frau Präsidentin: Deswegen lehnen wir in letzter Konsequenz den Antrag ab. Die Linke kämpft an der Seite der Gewerkschaften für die soziale Fortschrittsklausel, die die Gewerkschaften wollen, und an der Seite der Klimabewegung für Umweltstandards, die nicht mehr auf dem Altar des großen Kapitals und der Konzerne geopfert werden können. Ich danke für die Aufmerksamkeit. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Franziska Brantner das Wort.
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Dr.
Dr. Jens Zimmermann SPD
Jens
Zimmermann
SPD
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich ja mit dem Antrag der Grünen beginnen, aber zu dem Thema Hackback muss man, glaube ich, doch noch einmal etwas sagen; denn so, wie es eben dargestellt wurde, hätte das folgende Logik: Wir haben einen Einbrecher entdeckt, der ein Auto mit einem Nummernschild aus Hamburg hat, und jetzt schießen wir einfach mal auf alle Autos, die ein Hamburger Kennzeichen haben. Das ist doch eines der großen Probleme, die wir beim Thema Hackback haben. Wen wollten Sie denn nach den bisherigen Attacken eigentlich angreifen? Man weiß nicht genau, von welchem Server der Angriff kam, und am Ende schießt man dann mit den Offensivkapazitäten vielleicht ein Krankenhaus in Frankfurt ab. Da bitte ich um ein bisschen mehr Zurückhaltung und weniger Kriegsgetöse, meine Damen und Herren. Die Grünen haben diesen Antrag gestellt, und ich kann mich den Vorrednern anschließen: Auch ich finde, dass es eigentlich ein sehr guter Antrag ist. Er greift viele Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag auf. Wenn ich aber zu den Kolleginnen und Kollegen der Grünen hinüberschaue, vor allem zu denjenigen aus Hessen, dann muss ich sagen: Vorsicht an der Bahnsteigkante! – Denn hier wird gesagt, dass es ein Problem ist, dass sich der Verfassungsschutz zum Beispiel auch der Instrumente des Internets bedient und das zu Sicherheitslücken führen kann. Das Problem hat ja die schwarz-grüne Landesregierung auch, sonst wären Ihre Mitglieder in Hessen nicht so auf der Palme und die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen müsste nicht zum x-ten Male die Verfassungsschutzreform verschieben. Dort passiert genau das Gleiche wie hier im Bundestag: Wir führen eine kontroverse Diskussion über die Frage: Was müssen wir können, um Sicherheit zu gewährleisten, und was müssen wir verhindern, um Freiheitsrechte nicht aufzugeben? Ich finde es gut, dass ihr in Hessen die gleichen Diskussionen wie wir hier im Bundestag durchmachen müsst. Ich bitte aber darum, das bei der Rhetorik an der einen oder anderen Stelle zu bedenken. Die Jamaika-Verhandlungen sind noch nicht so lange her. Wäre Jamaika zustande gekommen, würden wir das Ganze hier vielleicht mit anders verteilten Rollen diskutieren. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt, den ich den Kolleginnen und Kollegen der Grünen noch mit auf den Weg geben möchte. Die Diskussion über den Antrag ist wichtig, und die Notwendigkeit, das IT-Sicherheitsgesetz weiterzuentwickeln, besteht. Wir haben Ideen, was beim BSI verbessert werden muss. Da sind wir, was die Zielrichtung angeht, glaube ich, einer Meinung. Deswegen freue ich mich auf die weitere Debatte über dieses Thema, und freue mich natürlich auch, zu beobachten, wie man am Ende in Hessen zu einem Ergebnis kommen wird. Vielen Dank. Vielen Dank, Dr. Zimmermann. – Letzter Redner in der Debatte: Hansjörg Durz für die CDU/CSU-Fraktion.
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Dr.
Dr. Martin Neumann FDP
Martin
Neumann
FDP
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Liebe Gäste auf den Rängen! Wir hatten ein Jahr Zeit gehabt, dieses Gesetz zu beraten. Jetzt muss es ganz, ganz schnell gehen. Ich nehme das Ergebnis mal voraus: Die eigentlichen Probleme, nämlich die CO 2 -Emissionen zu senken und das 65-Prozent-Ziel zu erreichen, löst dieses Gesetz nicht. Wir haben steigende Stromkosten. Wir sind in der Zwischenzeit bei 34 Cent pro Kilowattstunde. In Berlin und in Hamburg sind die Stromkosten in den letzten zehn Jahren um 50 Prozent gestiegen. Die CO 2 -Emissionen sinken dagegen nur ganz minimal. Schauen wir noch mal auf die Ziele, die man mal mitschreiben sollte: Was wollen wir eigentlich mit der Energiewende? Wir wollen Versorgungssicherheit. Wir wollen Preisstabilität, Akzeptanz und vor allen Dingen – das war immer das Ziel, zu dem wir uns verpflichten – eine CO 2 -Minderung. Das geht nur – das sage ich noch mal ganz deutlich – mit mehr Marktwirtschaft und Wettbewerb. Genau bei diesen Punkten hapert es im Gesetz. Diese 4-Gigawatt-Sonderausschreibung je Technologie trotz Netzengpässen, trotz fehlender Speicher verteuert die Kosten des Stroms und der Energie weiterhin. Und was das Netzausbaubeschleunigungsgesetz angeht – Herr Westphal, Sie haben darauf hingewiesen –: Von den 5 900 Kilometern Leitungen haben wir erst 150 Kilometer realisiert. Mir fehlt jegliche Fantasie, um mir vorzustellen, wie das jetzt in der Kürze der Zeit gemacht werden soll. Herr Minister – Sie sind jetzt wieder da –, die Bundesregierung fordert mehr Tempo – das ist ja richtig –, bremst aber gleichzeitig. Machen Sie das mal als Autofahrer: bremsen und gleichzeitig Gas geben. Das gibt ein Motorengeheul. Unter Experten heißt das Donut; der eine oder andere weiß, was das heißt. Das EEG – das muss man noch mal ganz deutlich sagen – bleibt der gravierende Bremsklotz. Wir brauchen eine Umgestaltung von einer Planwirtschaft, die zu nichts führt – wir sehen es doch –, zu mehr Marktwirtschaft; denn das EEG belastet nicht nur den Mittelstand, sondern auch die Verbraucher. Jetzt nenne ich einmal die Chancen und Potenziale, die in diesem Gesetz liegen. Wir haben festgestellt, dass der Strom an sich ja wettbewerbsfähiger wird. Aber trotzdem haben wir so viele Probleme nicht gelöst. Wir müssen deutlich mehr emissionsarme Energieträger zulassen. Die Verengung nur auf Wind und Sonne ist nicht zielführend. Ich will ganz deutlich machen: Wir brauchen viel mehr Offshoreanlagen, von der Versorgungsseite her gesehen. Wir brauchen eine Energieversorgung für 8 760 Stunden im Jahr. Wenn die Offshoreanlagen beispielsweise schon fast 5 000 Stunden an Energieversorgung abdecken können, dann ist das doch ein Schritt in die richtige Richtung. Auch die Akzeptanz ist hier viel höher als bei den anderen. Aber im Gesetz steht da zu wenig. Der Ansatz für 2019 macht noch nicht einmal 5 Prozent der Gesamtausschreibung aus. Das ist einfach zu wenig. Das Ziel, meine Damen und Herren – das will ich zusammenfassend sagen – muss sein, endlich Technologieoffenheit umzusetzen. Wir brauchen dringend eine Speicheroffensive. Denn ein Speicher ist wie ein Parkhaus; er ist weder ein Verbraucher noch eine Autofabrik oder eine Schrottpresse. Das heißt: Das Auto fährt rein und wieder raus. So ist es auch mit dem Speicher in Bezug auf die Energien. Meine Kollegin kann dann noch nachlegen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, sehr geehrter Herr Minister. Was ist notwendig? Was müssen wir tun, um den Prozess erfolgreich zu machen? Wir müssen erstens viel innovationsoffener denken und sollten nicht Leistung um jeden Preis installieren. Zweitens brauchen wir mehr Markt und mehr Wettbewerb und insbesondere gesicherte Leistung, elektrische Arbeit und Speicher; wir brauchen Flexibilität und müssen technologieoffen ausschreiben. Das könnte ein Ansatz für den richtigen Weg sein. Vielen Dank, meine Damen und Herren. Vielen Dank, Dr. Neumann. – Nächster Redner: Lorenz Gösta Beutin für die Fraktion Die Linke.
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Dr.
Dr. Dietmar Bartsch DIE LINKE
Dietmar
Bartsch
DIE LINKE
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor fast 80 Jahren überfiel Nazideutschland die Sowjetunion. Eines der größten Verbrechen der Geschichte ging von deutschem Boden aus. Der Krieg gegen die Sowjetunion wurde als Angriffs- und Vernichtungskrieg konzipiert und geführt, der alle bis dahin geltenden Zivilisationsregeln suspendierte. Der Krieg wurde nicht als Krieg einer Armee gegen eine andere geführt, sondern als Krieg gegen eine Bevölkerung, die – wie die Juden – ausgerottet bzw. dezimiert und versklavt werden sollte. Die Völker der Sowjetunion kostete dieser Vernichtungskrieg 27 Millionen Menschenleben: Russen, Weißrussen, Ukrainer, Balten, Kaukasier, Juden, Soldaten, Zivilisten, Kriegsgefangene, Männer, Frauen, Kinder, Angehörige Dutzender Nationalitäten. Fast jede Familie der Sowjetunion hatte Opfer zu beklagen. Meine Fraktion, ich hoffe, wir alle, wollen dem würdevoll gedenken, und auch ich verneige mich vor den Opfern. Meine Damen und Herren, im Januar 2014 sprach der damals 95-jährige russische Schriftsteller Daniil Granin hier an diesem Platz im Deutschen Bundestag. Er sagte, man dürfe nicht vergessen und man müsse doch vergeben können, Hass führe in die Sackgasse. Das sagte der Verteidiger von Leningrad. Heiko Maas, Graf von Lambsdorff haben darauf hingewiesen, was das an diesem Pult bedeutet. Granin sagte, es sei ihm eine große Ehre, hier zu sprechen. Auch eingedenk dieser Worte beschämt es mich, wie der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung mit diesem Jahrestag umgehen. Ein offizielles Gedenken gibt es weder hier noch da, und das im 80. Jahr des Überfalls. Die dürftigen Begründungen und Verweigerungen sind in den Antworten auf die Anfragen meiner Fraktion nachzulesen. Ich finde, das ist ein Zeugnis von Geschichtsvergessenheit. Ich bin froh, dass der Bundespräsident, Herr Steinmeier, hier anders handelt. Heute gedenken wir eines Tages größter deutscher Schuld. Es geht um Terror, der in dieser Stadt erdacht und inszeniert worden ist. Deshalb sind Zeichen der Demut und der Scham so notwendig. Meine Damen und Herren, ich habe ein paar Jahre in der Sowjetunion gelebt, ich habe dort eine Aspirantur gemacht. Ich hatte eine Russischlehrerin, die mir sagte, dass ihrer Großmutter, als sie ihr erzählte, dass sie jetzt auch einen Deutschen unterrichtet, die Tränen gekommen sind, weil ihr Bruder, der Bruder der Großmutter, von Deutschen umgebracht worden ist. Sie konnte gar nicht verstehen, warum sie einen Deutschen unterrichtet. Ich habe mit der Lehrerin lange geredet und habe ihr natürlich auch versichert: Nie wieder! – Kurz vor meiner Verteidigung, das war im Mai 1990, gab es in den ostdeutschen Ländern (neu) riesige Nazischmierereien. Ihre Frage war damals im Mai 1990: Glaubst du, dass das wieder passieren kann? – Natürlich habe ich das verneint und gesagt: Das ist unmöglich! Nie wieder deutsche Soldaten. Meine Damen und Herren, was soll ich meiner damaligen Lehrerin eigentlich sagen, wenn heute die NATO-Staaten ihr größtes Manöver seit dem Ende des Kalten Krieges ausgerechnet im Osten Europas abhalten und die Bundeswehr dabei ist? Ich finde, das ist beschämend! Wir sollten Lernfähigkeit zeigen gegenüber allen ehemaligen Republiken der Sowjetunion. Ich appelliere an die Bundesregierung: Lieber Heiko Maas, kappen Sie nicht die Drähte zu allen ehemaligen Sowjetrepubliken, auch nicht nach Russland, nicht die Gesprächsfäden, nicht die Handelswege, nicht die Pipelines. Fördern Sie die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen, den Jugendaustausch, die Städtepartnerschaften, und – heute wichtiger denn je – arbeiten Sie an einer neuen Ära der Abrüstung! Wer es heutzutage gering schätzt oder ignoriert, dass die Rote Armee in der Anti-Hitler-Koalition den größten und opferreichsten Beitrag erbracht hat, wer ignoriert, dass die Politik Gorbatschows das Tor zu Gewaltverzicht und Abrüstung öffnete, den Fall des Eisernen Vorhangs und die Deutsche Einheit überhaupt erst ermöglichte, hat aus der Geschichte nichts gelernt, der handelt arrogant und ohne Empathie. Wer das ignoriert, brüskiert zahlreiche Staaten und Völker. Das heißt übrigens nicht „Sprachlosigkeit“, das heißt es ausdrücklich nicht. Wir gedenken heute auch David Dushman, der in der Nacht auf Samstag in seiner Wahlheimat München mit 98 Jahren gestorben ist und der gerade in diesen Minuten verabschiedet wird. Er war ein Veteran der Roten Armee und der letzte noch lebende Befreier von Auschwitz. Unermüdlich hat er als Zeitzeuge bis zuletzt von den Schrecken des Krieges und dem Terror des Faschismus berichtet. „Nicht die Deutschen sind schuld, der Faschismus muss zerstört werden“, sagte dieser große Held, vor dem wir uns auch in Dankbarkeit verneigen. Meine Damen und Herren, wir leben in einer vermeintlich stabilen Demokratie. Doch das vermeintlich Sichere ist so sicher nicht. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit müssen täglich erkämpft und verteidigt werden. Auch 75 Jahre nach dem Ende des faschistischen Raub- und Vernichtungskriegs haben wir keinen Grund, Bertold Brechts Warnung in den Wind zu schlagen: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“ Gar nicht selten geht Verharmlosung mit Verherrlichung einher; wir erleben das, leider auch manchmal in diesem Haus. Brechts Stück, übrigens auch im Jahre 1941 geschrieben, trägt den Titel „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“. Deshalb sehe ich darin Zuversicht und zugleich Auftrag für uns alle. Wir alle sind gefordert. Ja, es gibt keine Politik ohne Geschichte! Herzlichen Dank. Claudia Roth, Bündnis 90/Die Grünen, ist die nächste Rednerin.
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Steffen Kotré AfD
Steffen
Kotré
AfD
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatssekretär Kellner, wollen wir mal Ihre Märchenstunde hier beenden. Als ob es die Verbraucher interessierte, welche Vorprodukte irgendwo drin sind! Wahrscheinlich wären Produkte hergestellt in Russland in anderen Ländern, auf anderen Erdteilen sogar ein Verkaufsschlager. Was Sie sagen, ist völliger Quatsch. Eine ungarische Lösung bei uns? Ja, warum denn auch nicht bei uns! Warum nicht Ostdeutschland da rausnehmen? Ein Ölembargo, das ist, als würden wir den Ast absägen, auf dem wir sitzen. Das ist doch völlig klar. Und es ist völliger Wahnsinn, dass wir über ein Embargo reden, obwohl wir von diesem Öl abhängig sind. Wenn der Ölhahn oder der Gashahn zugedreht wird, dann sind wir das doch, die das machen. Wir schädigen uns doch selber und nicht die Russen – die Russen reagieren nur. Die reagieren nämlich auch auf die Quasienteignung durch Unterstellung einiger ihrer Betriebe unter Treuhandverwaltung, was auch nichts anderes als eine Art von Enteignung ist. Wasserstoff als große Chance: Wir haben schon oft darüber geredet, dass das alles andere als eine große Chance ist, sondern Wolkenkuckucksheim. Öl von woandersher importieren: Wir haben gerade doch festgestellt, dass das Öl aus der Druschba-Pipeline besonderes Öl ist. Das kann nicht einfach so ersetzt werden. Wenn Sie sagen, wir können das mir nichts, dir nichts einfach so machen, dann ist das Wolkenkuckucksheim. Nein, wenn wir ein Ölembargo gegen Russland verhängen, dann gehen in Schwedt leider die Lichter aus, und das ist eine sozialpolitische und auch eine wirtschaftliche Katastrophe. Seien Sie bitte ehrlich und sagen Sie das den Leuten. Das ist ja auch auf der Betriebsversammlung herausgekommen. Da glaubt Ihnen keiner aus der Belegschaft, dass Sie wirklich ehrlich an einer Lösung arbeiten, weil Sie nämlich genau das Gegenteil machen. Sie sind nicht lösungsorientiert. Sie sind das Problem und nicht die Lösung. Auch dass Nord Stream 2 jetzt durch den Krieg beendet worden wäre, ist falsch. Nein, Sie haben schon vorher die Weichen so gestellt, dass das zu den Akten gelegt wird, weil Sie eben kein Gas wollen, weil Sie in einem Wolkenkuckucksheim leben und erneuerbare Energien wollen, die nicht funktionieren und die instabil sind. Das ist doch völlig klar; das liegt auf der Hand. Minister Habeck hat es ja auch gesagt: Wir werden bei einem Versorgungsstopp einen zeitweisen Ausfall haben, und wir werden hohe Preissprünge haben. Es ist auch eine sozialpolitische Katastrophe, was hier gerade passiert. Insofern schädigen wir uns selbst. Herr Bundeskanzler Scholz hat zwar gesagt, dass wir keine Sanktionen verhängen, wenn wir uns selbst damit mehr schädigen als den Sanktionierten. Aber genau das passiert doch hier: Wir schädigen uns selbst mehr als den Sanktionierten. Insofern müssten Sie eigentlich sagen: Nein, wir wollen kein Ölembargo. – Auf diese vernünftige Politik warten wir: Nein zu einem Embargo. Die Folgen für Unternehmer und für Bürger stehen eben in keinem Verhältnis. Schon 2014 haben wir gesehen, dass gerade wir Deutsche unter den Sanktionen leiden. Die Exporte der USA nach Russland sind gestiegen; unsere Mittelständler haben in die Röhre geguckt. Das sind die Realitäten, wenn wir Sanktionen verhängen. Wir werden die Russen mit unseren Sanktionen doch nicht zu irgendeiner Politik zwingen können; das ist doch völlig illusorisch. Insofern ist das völlig überflüssig und wird an dieser Stelle überhaupt nicht Ihrem eigenen Ziel gerecht. Was passiert denn, wenn wir in Ostdeutschland Treibstoffnotstand haben? Das würde sich einreihen und würde zum Beispiel zur Berliner Politik passen, wo Parkplätze weggenommen werden, wo plötzlich Straßen gesperrt werden. Da wird eben der individuelle Autoverkehr eingeschränkt. Und vielleicht wollen Sie ja das; vielleicht steht das ja dahinter. Denn eine andere rationale Erklärung kann ich mir hier an dieser Stelle nicht vorstellen, meine Damen und Herren. Der ungarische Ministerpräsident Orban hat gesagt, dass das Embargo wie eine Atombombe für die Wirtschaft wirkt. In ähnlicher Form wäre es auch bei uns so. Aber im Unterschied zu uns haben die Ungarn eine Regierung, die sich an den Interessen der Leute orientiert, nicht an irgendwelchen anderen Interessen und vor allen Dingen auch nicht an Zielsetzungen, die nicht zu erreichen sind. Wir werden keinen großen Einfluss des Embargos auf den Staatshaushalt der Russischen Föderation sehen; denn sie wird ihr Öl woandershin liefern. Nur wir sind aufgrund der Preissprünge und aufgrund der Lieferengpässe dann wieder diejenigen, die das Nachsehen haben. Und wenn hier heute so getan wird, dass mit der Belegschaft der PCK in Schwedt eine Verständigung erreicht worden ist, muss ich sagen: Nein, am Montag gab es doch eine ganz klare Frage, welche Interessen Minister Habeck eigentlich verfolgt. Das sind die Fragen, die dort gestellt wurden. Und es wurde gesagt: Unsere Arbeitsplätze gehen doch verloren. Wir sind auf dieses Öl angewiesen. – Da kam man nicht, wie Sie suggerieren, zu einer gemeinsamen Lösung. Das war nicht so. Sie kommen bitte zum Ende. Da wird Sand in die Augen der Leute gestreut. Wir sollten uns dem nicht verschließen, dass die Folgen verheerend sein würden. Sie kommen bitte zum Ende. Und deswegen lehnen wir dieses Ölembargo ab. Der Kollege Olaf in der Beek hat für die FDP-Fraktion das Wort.
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Stefan Keuter AfD
Stefan
Keuter
AfD
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die Union einmal mehr demonstrieren möchte, dass sie nicht mehr als einen opportunistischen Scheinoppositionsantrag hier einbringt, dann wohl mit diesem Antrag. Da regiert in diesem Land eine linksliberale Ampelkoalition, die den ideologischen Unfug jedes durchschnittlichen linken Aktivisten als seriöse Politik verkaufen möchte, und die Union meint, diesen infantilen Ungeist auch noch überbieten zu müssen. Sie fordern: „Den Testfall einer frauenorientierten Außenpolitik zum Erfolg machen“. Bemerkenswert ist, dass Sie den Begriff „feministisch“ vermeiden, obwohl der Kollege Hardt aus Ihren Reihen in einer Pressemitteilung vom 26.09. dieses Wort sehr wohl schon verwendet hat. Sie vermeiden es offensichtlich jetzt, um Ihre ideologische Nähe zu den Grünen hier nicht allzu offensichtlich zur Schau zu tragen. Und um die Scheinheiligkeit der Diskussion um die Entwicklung im Iran zu entlarven, reicht ein Blick auf die politischen Entscheidungen dieser Regierung. Während Sie nun den Iran als schlimmstes theokratisches Terrorsystem aller Zeiten stilisieren, verkaufen Sie weiter via EU-Deals Waffen nach Saudi-Arabien, einem Land, in dem die Scharia herrscht. Wo ist denn da der Aufschrei, Ihr Ruf nach einem Regime Change und nach mutigem Widerstand? Wo ist da der Aufruf an die Frauen, ihre Gewänder und Kopftücher abzulegen und offen gegen den Staat zu rebellieren? Er bleibt aus. Und weshalb bleibt er aus? Weil Saudi-Arabien ein strategischer Partner der USA ist und bisher im transatlantischen Narrativ einfach verschont wurde. Und hier sehen wir wieder einmal: Realpolitik triumphiert über angebliche Wertepolitik. Die emotionsgeladenen Phrasen, die Sie in diesem Zusammenhang immer gerne bringen und auspacken, passen dann halt hier nicht. Der Iran wäre ein potenzieller Alternativlieferant für russisches Öl, das Sie ja nicht mehr wollen. Aber anstelle hier Verhandlungen anzustreben, um die Energieversorgung Deutschlands abzusichern, fordert unsere Außenministerin weitere Sanktionen gegen Teheran. Sie sagen: weil es ein sogenannter Schurkenstaat sei. Da frage ich mich: Seit wann interessiert Sie das? War das etwa ein Thema, als Vizekanzler Habeck in Katar den Kniefall machte und um Öl und Gas bettelte, das es gar nicht gab? Bei dem Staat, wo wir die Fußball-WM austragen wollen, aber Frauen immer noch die Erlaubnis ihrer Männer brauchen, um das Haus zu verlassen? Der Testfall frauenorientierter Außenpolitik hat hier bereits stattgefunden, und Sie haben hier kläglichst versagt. Die Bilder aus dem Iran sind zweifelsohne verstörend und besorgniserregend. Ich bzw. meine Fraktion zollen jedem Mädchen und jeder Frau, die hier auf die Straße gehen, Respekt. Die islamischen Werte, die im Iran von den Mullahs vertreten werden, sind eindeutig nicht unsere westlichen Werte. Jedoch müssen wir offensichtlich die Herrschaften in diesem Hohen Haus daran erinnern, dass Teheran nicht in der Bundesrepublik liegt. Der Raum, in dem Sie dafür sorgen können, dass Frauen sich nicht um ihre Gesundheit in diesem Land sorgen müssen, ist hier in Deutschland. Doch ausgerechnet in unserem Land interessieren Sie Islamisierung, Ehrenmorde, Beschneidungen von Mädchen und Zwangsehen nicht die Bohne. Setzen Sie Ihren scheinheiligen Werteimperialismus erst einmal auf die Parallelgesellschaften in deutschen Großstädten an. Sie können in meiner Heimat, dem Ruhrgebiet, oder hier in Berlin gerne damit anfangen, bevor Sie sich mit Ihrem Werteimperialismus auf andere Staaten stürzen. Lassen Sie die Moral in sauren Phrasen sein, und kümmern Sie sich um die Probleme in Deutschland – denn dafür und nur dafür wurden Sie gewählt! Die Außenministerin ist heute nicht da, aber einen Ratschlag gebe ich ihr noch: Bevor sie hier vorgaloppiert mit Forderungen, sollte sie erst einmal ihr Haus auf Kurs bringen, weil offensichtlich die führenden Beamten im Auswärtigen Amt dies alles auch ein bisschen anders sehen als unsere Außenministerin. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort erhält Lamya Kaddor für Bündnis 90/Die Grünen.
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Christina-Johanne Schröder BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Christina-Johanne
Schröder
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Ihren Antrag, liebe CDU/CSU-Fraktion, gelesen und dachte: Wow, die Union hatte einen echten Erkenntnisprozess. Sie fordern den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft hin zu Klimaneutralität, den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien und wollen damit die Versorgungssicherheit in Deutschland sichern. Sie wollen einen besseren Schutz vor Starkregen, Hochwasser und Dürre, also die Folgen des Klimawandels abmildern. Sie von der Union wünschen sich Straßen, die nicht von Schlaglöchern übersät sind, Brücken, die man nicht sperren muss, weil sie unter der Last des Verkehrs zusammenbrechen. Und damit es weniger Verkehr gibt, sollen der ÖPNV und die Schieneninfrastruktur ausgebaut werden. Dabei denken Sie nicht nur an diejenigen, die von A nach B kommen müssen, sondern auch an jene, die unter Lärm und Abgasen leiden. Wir befinden uns inmitten einer großen Wohnungs- und Mietpreiskrise. Die wollen Sie durch mehr bezahlbaren Geschosswohnungsbau lösen. Nicht zuletzt fordern Sie in diesem Antrag, die landwirtschaftliche Nutztierhaltung umzubauen, damit Tiere nicht leiden, sondern sich entsprechend ihren Bedürfnissen – Platz, Licht und Luft – bewegen können. Liebe Kollegen der Union, das wollen wir auch. Ich habe mich nicht gefragt, warum Sie in den letzten 16 Jahren diese Ziele nicht umgesetzt haben. Ich war vielmehr sehr daran interessiert, was Sie vorschlagen, und muss feststellen, dass wir das ganz gut mit der SPD umsetzen. Ihre Lösungen sind halt beim Alten geblieben. Ihre zentrale Lösung, um die Planung in der Bundesrepublik zu beschleunigen, ist weiterhin die Beschneidung von Beteiligungsrechten. Bürger/-innen und Umweltverbände werden weiterhin als Planungsbremser/-innen abgewertet. Neu ist, dass die Beschneidung der Beteiligungsrechte mit ein bisschen Digitalisierung garniert wird. Herr Bilger, Sie haben das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz erwähnt. Das hat nun ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen die Bundesrepublik ausgelöst. Dass dieses Gesetz gegen die Aarhus-Konvention verstößt, war schon während des Gesetzgebungsprozesses so gut wie klar. Das ist auch ein Versuch, Maßnahmen wie die Weservertiefung durchzudrücken, gegen die alle Parteien vor Ort sind und die ein normales Planfeststellungsverfahren nicht überleben würden. Wichtige Maßnahmen hingegen, die wir dringend brauchen, werden dadurch gestoppt. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, so wird das nichts. Durch die Ampelregierung wurde der Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung bereits gestartet. Die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen ist Chefsache bei uns. Das Kanzleramt durchforstet mit den Staatssekretären bestehende Gesetze, plant Verschlankungen und analysiert sachgerecht die Ursachen für zu lange Genehmigungsprozesse. Es ist beinahe nicht zu glauben, dass praktisch alle Gesetze zur Entbürokratisierung und zur Planungsbeschleunigung nicht sachgerecht evaluiert wurden. Da kommen wir zu einer wesentlichen Frage dieser Debatte: Warum verzögern sich Planungen in Deutschland? Das ist wichtig: Es liegt nicht an der demokratischen Legitimation, an Bürger/-innen- und Beteiligungsrechten. Dieser Mythos gehört in den verstaubten Aktenschrank. Dass schnelle Planung in Deutschland mit einer effektiv arbeitenden Regierung möglich ist, zeigen Gesetze, die wir aktuell beraten, zum Ausbau der erneuerbaren Energien und auch zu den LNG-Terminals, um Menschen im Winter eine warme Wohnung zu bieten und der Industrie die notwendige Prozesswärme. Wir werden die dialogische Kompetenz für Beteiligungsverfahren stärken und den Ländern und Kommunen die eigenen Beratungskapazitäten zur Verfügung stellen. Frühzeitige Verfahrenskompetenzen zwischen Vorhabenträgerinnen und ‑trägern, Anhörungs- und Genehmigungsbehörden werden grundsätzlich etabliert, um gerichtliche Auseinandersetzungen zu minimieren. Behörden werden endlich mit der notwendigen Technik ausgestattet, damit Daten zur Kartierung und zum Artenschutz flächenübergreifend und lange nutzbar sind – und zentral zugänglich. Das Raumordnungsgesetz und das Baugesetzbuch werden modernisiert, und das nicht erst zum Ende der Legislaturperiode. Ein Grund für Verzögerungen in der Planung und Genehmigung ist sicherlich auch die personelle Ausstattung; deswegen ist eine Ausbildungs- und Fortbildungsinitiative ein zentraler Bestandteil der Planungsbeschleunigung. Liebe Union, an 38 Punkten des Koalitionsvertrages wird die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen behandelt. Wir messen dem einen hohen Wert zu, und wir werden das verlorene Vertrauen von Gesellschaft und Wirtschaft zurückgewinnen, und zwar ohne Bürger/-innenrechte zu schleifen oder Schutzgüter infrage zu stellen. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Klaus Ernst für die Fraktion Die Linke.
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Reinhard Houben FDP
Reinhard
Houben
FDP
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Feiler und Herr Zimmermann, wir hätten uns als FDP gefreut, wenn wir in dieser Woche Gelegenheit gehabt hätten, über den Brexit vernünftig zu diskutieren. – Herr Zimmermann, Sie wissen genau, dass der Außenminister sieben Minuten zum sperrigen Begriff Brexit-Übergangsgesetz reden wird. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass das eine ehrliche und ausführliche Debatte bezüglich dieser wichtigen Frage ist. Machen Sie sich doch nicht lächerlich, Herr Zimmermann. Das glaubt doch kein Mensch in diesem Land. Herr de Maizière, wir haben Unternehmen angefragt. Meinen Sie, wir haben einen schlechten Traum, um einen solchen Antrag zu schreiben? Wir haben massive Rückmeldungen von Unternehmen bekommen in der Zeit vor dem Brexit. Den Antrag, den wir geschrieben haben, haben wir natürlich in dem Gedanken geschrieben, dass wir zumindest einen irgendwie geregelten Brexit bekommen. Wenn er aber nicht kommt, Herr de Maizière, rechnet der DIHK mit ungefähr 10 Millionen zusätzlichen Zollanmeldungen pro Jahr. Das sind an einem Arbeitstag ungefähr 20 000 Zollanmeldungen. Dann erklären Sie mir, wie Sie das mit 750 noch nicht eingearbeiteten Leuten regeln wollen. Das ist für mich wirklich eine ganz spannende Frage. Vielen Dank, liebe Frau Dröge, Sie haben scheinbar als Einzige den Antrag so gelesen, wie er gemeint ist. Es geht hier nicht um Mitarbeiterbashing beim Zoll, sondern es geht darum, Verfahren zu vereinfachen. Kollege Zimmermann, Ihr Grummeln bei der Bemerkung Blockchain zeigt, dass die SPD im Moment bei technologischen Entwicklungen nicht auf der Höhe der aktuellen Entwicklung ist. Ich wünsche ganz besonders Ihnen einen schönen Tag und freue mich auf die Ausführungen unseres Außenministers. Ob er hier wirklich in sieben Minuten die komplexen Probleme des Brexits, vor allem eines harten Brexits, darstellen kann? Vielen Dank. Letzter Redner in der Debatte ist der Abgeordnete Sebastian Brehm für die Fraktion der CDU/CSU.
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Nicole Gohlke DIE LINKE
Nicole
Gohlke
DIE LINKE
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind mittendrin in der zweiten Welle der Pandemie, und mittlerweile ist klar: Auch Kinder, auch Schülerinnen und Schüler sind unter den Infizierten und können die Krankheit weiterverbreiten. Die Frage, die jetzt im Raum steht und die die Menschen beschäftigt, ist: Wie geht es weiter mit den Schulen, wie geht es weiter mit den Bildungseinrichtungen? Droht wieder die völlige Schulschließung wie im Frühjahr mit allen negativen Folgen für die Kinder, für ihr soziales Leben, für ihre Bildungschancen und mit den negativen Folgen für die Berufstätigkeit der Eltern und für die Gleichstellung von Frauen? Gleichzeitig sorgen sich natürlich die Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler um ihre Gesundheit, wenn sie zum Beispiel nach einer Fahrt im überfüllten Bus oder in der überfüllten Bahn dann im Klassenzimmer auf andere 20 bis 30 Menschen treffen, die den gleichen Weg hinter sich haben. Ich finde, das sind wichtige Fragen, und ich finde es absolut skandalös, wie wenig die Bundesregierung bislang hier beizutragen hat und wie wenig sie das alles offenbar interessiert. Das ist ungeheuerlich! Was muss das Ziel sein, Kolleginnen und Kollegen? Das Ziel muss sein, die Schulen und Bildungseinrichtungen möglichst offen zu halten – da sind wir uns einig – und trotzdem keine unnötigen Risiken für die Beschäftigten und die Schülerinnen und Schüler einzugehen. Das ist doch das Ziel. Aber für die Erreichung dieses Zieles muss man etwas machen. Dafür braucht es doch einen Plan. Da darf sich diese Große Koalition nicht länger aus der Verantwortung stehlen. Das, was wir jetzt gerade erleben, kommt wirklich nicht überraschend. Es war bekannt, dass es eine zweite Welle geben wird; es war bekannt, dass es schwieriger werden wird, die Pandemie in der kalten Jahreszeit in den Griff zu kriegen, weil sich das Virus eben besonders gut in geschlossenen Räumen verbreitet. Meine Partei Die Linke hat wirklich im Wochentakt den Sommer über Vorschläge gemacht, wie man einigermaßen pandemiefest über die Wintermonate kommen kann, mit Ideen für einen besseren Infektionsschutz am Arbeitsplatz oder zum Beispiel mit der frühen Beschaffung von Luftfiltern. Und was macht die Bundesregierung? Ende Oktober legen Sie ein Förderprogramm für Lüftungsanlagen in öffentlichen Einrichtungen auf. Im Oktober! Und dann fördern Sie noch nicht mal mobile Luftfilter, obwohl deren Wirksamkeit auch längst nachgewiesen wurde. Ja, wie kurzsichtig ist das denn, bitte schön? Und über die Frage von baulichen Maßnahmen an Schulen haben Sie sich bis jetzt gar keinen Kopf gemacht. Dabei wissen wir von Hunderten Schulen, bei denen sich nicht mal die Fenster öffnen lassen aufgrund der baulichen Gegebenheiten. Warum gibt es hier keine Vorschläge? Warum passiert denn da nichts? Es ist ein kapitales Versagen dieser Regierung, dass Sie das letzte halbe Jahr, dass Sie wichtige Monate einfach haben verstreichen lassen, in denen man vieles hätte auf den Weg bringen können, das uns jetzt dabei geholfen hätte, drastische Maßnahmen zu verhindern. Das wäre die Aufgabe dieser Regierung gewesen. Sie sagen immer, dass Sie Schulschließungen vermeiden wollen. Das ist ja auch richtig; denn natürlich geht es darum, Bildung zu gewährleisten. Darauf haben die Kinder und die jungen Menschen einfach ein Recht. Aber mit dem Aufsagen dieses Satzes ist es doch nicht getan. Das ist doch kein Beten des Rosenkranzes. Die Wahrheit ist: Wegen der Versäumnisse dieser Regierung wird das Szenario von Homeschooling und Schulschließungen immer wahrscheinlicher. Das ist die Situation. Und wen wird das dann wieder am härtesten treffen? Die Alleinerziehenden, diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich ihre Arbeitszeiten eben nicht flexibel einteilen können. Und es wird diejenigen Schülerinnen und Schüler am heftigsten treffen, die eben nicht aus begüterten und topgebildeten Elternhäusern kommen, für die kein neuer Laptop und schnelles Internet bereitstehen, sondern bei denen vielleicht Sprachbarrieren bestehen und wo die Eltern vielleicht nicht helfen können. Eine Schulschließung unter solchen Vorzeichen ist ein Programm zur sozialen Spaltung, und das ist nicht hinnehmbar. Kolleginnen und Kollegen, die Schulen und Bildungseinrichtungen haben nicht erst seit gestern ein Problem. Seit Jahren gibt es einen Lehrkräftemangel, der mit dafür verantwortlich ist, dass die Lehrerinnen und Lehrer schon lange vor der Pandemie zu einer der am schlimmsten überlasteten Berufsgruppen zählen, der es natürlich auch jetzt gerade erschwert, die Klassen zu teilen. Warum machen Sie nicht endlich etwas dagegen? Warum legen Sie nicht endlich ein Programm für die Ausbildung von mehr Lehrkräften auf? Das ist doch überfällig, Kolleginnen und Kollegen. Ich sage Ihnen: Einen wirklichen Gesundheitsschutz an Schulen gibt es nur durch Investitionen. Dafür muss man Geld in die Hand nehmen, und zwar spätestens jetzt. Die Lufthansa haben Sie mit einem Milliardenpaket gerettet, für Rüstungsprojekte mobilisieren Sie im Rahmen des großen Konjunkturpakets 10 Milliarden Euro, aber für 8 Millionen Schülerinnen und Schüler und für 800 000 Lehrkräfte in diesem Land lässt sich kaum Geld mobilisieren. So eine Schieflage! Das können Sie niemandem erklären. Machen Sie endlich Politik für die Menschen, die es am dringendsten brauchen! Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Rudolf Henke für die CDU/CSU-Fraktion.
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Oliver Krischer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Oliver
Krischer
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist der Dreh- und Angelpunkt jeder Klimaschutzstrategie. Wenn wir Wasserstoff, E-Fuels, Elektromobilität, Wärmepumpen, was auch immer, wollen, dann müssen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben, dann müssen wir das Ausbautempo in Deutschland vervielfachen. Ich sage es mal ganz deutlich: Diese Novelle wird diesem Anspruch nicht im Ansatz gerecht. Das muss hier ganz klar gesagt werden. Meine Damen und Herren, das wird am deutlichsten, wenn man in die Entschließung guckt, die Sie mit beschließen wollen. Da dokumentieren Sie, dass Sie sich nicht auf Ziele und Ausbaupfade verständigen konnten. Was ist das für eine Bankrotterklärung, wenn man ein Gesetz verabschiedet, das kein Ziel hat, das keine Ausbaupfade nennt? Das ist ein Armutszeugnis, meine Damen und Herren. Lieber Matthias Miersch, ich finde es, ehrlich gesagt, ein bisschen unverschämt, hier nicht die Grundlage für den Ausbau im Land zu liefern und dann auf die Länder zu zeigen. Man müsste mal darüber reden: Welche Rolle haben eigentlich Sozialdemokraten in diesen Ländern? Da werden wir sehr schnell fündig. Da erkennen wir sehr schnell, wer den Ausbau der erneuerbaren Energien dort bremst. Herr Kollege Krischer, dazu möchte Ihnen ein Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion eine Zwischenfrage stellen. Da habe ich sehnsüchtig drauf gewartet. Lieber Oliver Krischer, Sie sind gestern im „Handelsblatt“ zitiert worden. Es ging darum, warum wir die EU-Klimaschutzziele nicht umsetzen. Aber Sie wissen ja – hoffentlich – ebenso wie ich, dass die noch gar nicht fixiert sind. Die Staaten der EU sagen jetzt: Minus 55 Prozent – mit ein paar Schlupflöchern, wie die Kritiker es sagen. Das Europäische Parlament will in den Verhandlungen 60 Prozent erreichen. Das ist noch nicht entschieden. Die Entscheidung kommt erst in den nächsten Wochen. Wenn Sie jetzt so tun, als sei die Entscheidung für 55 Prozent schon gefallen, dann fallen Sie damit den Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament, die jetzt hart für eine Verschärfung der Ziele streiten, in den Rücken. Das müssen Sie auch mal klar sagen. Deswegen wäre es seriös, die Zieldebatte zu verschieben. Mit den Zielen nehmen Sie es ja auch nicht so genau. Gucken wir mal nach Baden-Württemberg: Ein Minus von 25 Prozent ist dort im Klimaschutzgesetz geregelt. Das schaffen Sie nicht. Im Bund sind es minus 40 Prozent. Wenigstens gibt es hier eine Überprüfung. In dem Prüfbericht steht drin: Der Bund hat einen guten Job gemacht, was das Klimaschutzgesetz angeht. Warum – das ist jetzt meine Frage an Sie – werden Sie nicht endlich konstruktiv? Warum werden Sie nicht sachlich? Bereiten Sie sich schon auf die Hängematte mit Herrn Altmaier vor, oder was soll das hier? Ich kann Ihnen nur eins sagen: Diese Hängematte kann schnell reißen. Auf die Polemik am Schluss muss man gar nicht eingehen. – Lieber Kollege, ich weiß ja nicht, wo Sie im letzten Jahr waren; aber Ursula von der Leyen ist seit einem Jahr Kommissionspräsidentin und sagt: Wir brauchen ein ambitioniertes Klimaschutzziel. – Sie sagt 55 Prozent. Das Parlament sagt 60 Prozent. Es ist seit einem Jahr klar, dass wir das Ziel von 40 auf mindestens 55 oder 60 Prozent erhöhen werden. Deshalb frage ich mich: Wenn Sie vorangehen wollen, warum sagen Sie nicht: „Wir machen die 60 Prozent, wir setzen das um, wir Sozialdemokraten reiten endlich mal wieder voraus“? Herr Kollege, auf die Frage nach Baden-Württemberg habe ich gewartet. Sie gibt mir die Gelegenheit, die Agentur für Erneuerbare Energien zu zitieren, die Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein – beide Bundesländer haben übrigens grüne Umweltminister – Platz eins beim Ausbau der erneuerbaren Energien 2019 zugesprochen hat. Das älteste Klimaschutzgesetz – ein Klimaschutzgesetz, als Sie noch nicht wussten, was das ist –, die Solarpflicht, ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz, all das ist in Baden-Württemberg gemacht worden. Dann möchte ich hier mal eines erwähnen: In Baden-Württemberg ist der Ausbau der Windenergie verfünffacht worden. Das reicht bei Weitem noch nicht aus; damit haben Sie völlig recht. Aber woran liegt das denn? Ich weiß, das hören Sie nicht mehr gerne, aber es gab hier mal einen Energieminister Sigmar Gabriel – den erwähnen Sie heute nicht mehr so oft –, der Ausschreibungen gemacht hat, die die südlichen Bundesländer systematisch benachteiligt haben. Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz sind danach zurückgeworfen worden, weil Sie den Osten und den Norden an der Stelle gestärkt haben. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Dazu sollten Sie hier auch mal stehen und nicht mit dem Finger auf andere zeigen, meine Damen und Herren. Und jetzt – wie absurd! – feiert sich Matthias Miersch für eine Großtat: Was die Sozialdemokratie, was die SPD geschafft habe, das müsse man anerkennen. Sie feiern sich dafür, dass Sie ein paar von den Schikanen, die Peter Altmaier in den Gesetzentwurf eingebaut hat, rausgenommen haben. Aber nur ein paar Schikanen rauszunehmen, das macht aus einem miesen Gesetz kein gutes Gesetz; davon sind wir weit entfernt. Und an manchen Stellen – das muss man klar sagen – haben Sie es sogar noch verschlechtert. Warum streichen Sie aus diesem Gesetz heraus, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien im öffentlichen Interesse ist? Erneuerbare sollen unsere zukünftige Energieversorgung sein, zu 100 Prozent. Wenn das nicht im öffentlichen Interesse ist, was soll denn bitte schön dann im öffentlichen Interesse sein? Meine Damen und Herren, zum Abschluss – das möchte ich in aller Klarheit sagen –: Erneuerbare Energien schaffen Arbeitsplätze. Peter Altmaier hat in seiner Amtszeit allein in der Windindustrie 40 000 Arbeitsplätze vernichtet. Das sind doppelt so viele Arbeitsplätze, wie es in der Kohleindustrie überhaupt gibt; das muss man klar sagen. Zu dem, was Herr Pfeiffer hier gesagt hat, kann man nur sagen: Automobilindustrie, Maschinenbau, Chemie – alle fordern den Ausbau der erneuerbaren Energien, weil das die Zukunft ist. Sie bremsen diesen Ausbau. Sie sind längst zum Standortrisiko für die Industrie in Deutschland geworden, wenn es um den Ausbau der erneuerbaren Energien geht. Das dokumentieren Sie mit dieser Novelle. Wir werden diese Novelle ablehnen, meine Damen und Herren. Dr. Andreas Lenz, CDU/CSU, ist der nächste Redner.
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Tessa Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Tessa
Ganserer
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal freut es mich sehr, dass wir heute hier an diesem Platz zu prominenter Zeit über das Thema Nachhaltigkeit debattieren. Bei der Vorbereitung meiner Rede habe ich mir Gedanken gemacht, wie die Debatte wohl verlaufen wird. Ich habe mich ganz bewusst entschieden, nicht in ein parteipolitisches Klein-Klein zu verfallen, weil mir das Thema der nachhaltigen Entwicklung einfach viel zu wichtig ist. Wie Bundesministerin Svenja Schulze und auch Staatssekretärin Bettina Hoffmann schon deutlich gemacht haben: Es geht hier um nichts Geringeres, als dafür zu sorgen, dass alle Menschen hier in Deutschland, aber auch auf dem kompletten Planeten ein gutes Leben in Würde führen können und dass wir das auch unseren Enkelkindern und Urenkelkindern ermöglichen müssen. Dafür ist es notwendig, dass wir alle unsere Lebens- und Wirtschaftsweise so gestalten, dass dabei die ökologischen Belastungsgrenzen unseres Planeten nicht überschritten werden. Ich möchte an dieser Stelle positiv herausheben, dass wir hier eigentlich einen breiten parteipolitischen Konsens haben. Seit 2002 gibt es in Deutschland eine Nachhaltigkeitsstrategie, an der die jeweilige Bundesregierung, und zwar unabhängig von ihrer parteipolitischen Farbzusammensetzung, festgehalten hat und die von ihr jeweils auch fortgeschrieben wurde. Nichtsdestotrotz müssen wir ehrlich feststellen, dass wir vom Erreichen der Nachhaltigkeitsziele national wie global noch meilenweit entfernt sind. So aktuelle Krisen wie die Coronapandemie oder jetzt der fürchterliche Angriffskrieg stellen uns natürlich vor unerwartete Herausforderungen, auf die wir auch kurzfristig Antworten finden müssen. Aber wir dürfen dabei das langfristige Ziel der nachhaltigen Entwicklung natürlich nicht aus den Augen verlieren. Wir müssen also unsere Kraftanstrengungen noch intensivieren, damit wir die Ziele der UN auch erreichen. Der Staatssekretär/-innenausschuss für nachhaltige Entwicklung hat jetzt erstmals sogenannte Transformationsteams eingesetzt, in denen ressortübergreifend und vernetzt an den in der Nachhaltigkeitsstrategie festgelegten Transformationsbereichen gearbeitet werden soll. Ich erachte das für einen wahnsinnig wichtigen Schritt, weil nämlich bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie alle Ministerien mitarbeiten müssen. Darüber hinaus ist es meiner Überzeugung nach dringend notwendig, dass wir der Nachhaltigkeitsüberprüfung in der Gesetzesfolgenabschätzung, so wie im Koalitionsvertrag vereinbart, noch mehr Gewicht verleihen. Dazu muss diese Nachhaltigkeitsüberprüfung von einer formalen Überprüfung zu einer qualitativen Prüfung weiterentwickelt werden und eben auch der Klimacheck mit eingebunden werden; denn beides ergänzt und bedingt sich. Ich möchte dafür werben, dass wir bei dieser Nachhaltigkeitsüberprüfung zu mehr Ehrlichkeit kommen, dass wir offen und transparent gewisse Zielkonflikte ansprechen. Es ist in der Vergangenheit bisher nicht passiert, dass wir in der Nachhaltigkeitsüberprüfung transparent offenlegten und damit deutlich machten: Wenn wir uns für ein Ziel entscheiden, das wichtig ist und wofür wir gute Gründe finden, und wenn wir sehen, dass wir in anderen Bereichen Zielkonflikte haben, dann müssen wir dort unsere Anstrengungen noch weiter intensivieren. Auch im Deutschen Bundestag muss die Nachhaltigkeitspolitik deutlich gestärkt werden. Der PBnE ist ein Ort, wo frei und wirklich am Ziel orientiert diskutiert wird; es ist ein guter Ort. Ich lade Sie daher ein: Kommen Sie zu unseren Anhörungen. Bei konkreten Entscheidungen und bei den Umsetzungen ist der PBnE jedoch außen vor. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass dieser Ort für die Nachhaltigkeitsdebatte gestärkt werden muss und dass der PBnE mehr Kompetenzen benötigt. Wir werden hier, wie im Einsetzungsantrag beschlossen, entsprechende Vorschläge liefern; denn gebraucht wird der PBnE auf jeden Fall. Das Thema ist sehr wichtig, das haben die vorhergehenden Reden gezeigt, und das wird auch die noch folgende Debatte zeigen. Es braucht hier im Deutschen Bundestag ein Entscheidungsgremium, wo wir wirklich über die Nachhaltigkeitsstrategie debattieren können. Vielen Dank. Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Enrico Komning.
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CDU/CSU
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Tagen reden wir sehr viel über den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land. Am treffendsten hat das aus meiner Sicht unser Bundestagspräsident in dieser Woche formuliert, als er sagte: Wir erkennen erst jetzt so richtig, welche Auswirkungen der Zustrom an Flüchtlingen und Migranten auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land hat. Weiter sagte er: Nur der Ausgleich untereinander wird zu mehr Akzeptanz für den unausweichlichen gesellschaftlichen Wandel führen. Dieser Ausgleich untereinander funktioniert nur, wenn wir den Haushalt Arbeit und Soziales zukunftsfest und zukunftssicher machen. Ich glaube, dass der Haushalt, dessen Entwurf heute vorliegt, seinen Beitrag dazu leistet. Mehr Akzeptanz für unsere Politik, wie von Bundestagspräsident Schäuble angemahnt, schaffen wir nur, wenn alle in unserem Land auch von unserer wirtschaftlichen Stärke profitieren. Mehr Akzeptanz für unsere Politik schaffen wir nur, wenn wir den Menschen in unserem Land zeigen, dass wir die großen Herausforderungen unserer Zeit wie die Digitalisierung, die unsere Gesellschaft verändert, verlässlich politisch begleiten und gestalten. Mehr Akzeptanz für unsere Politik schaffen wir nur, wenn es in unserer Gesellschaft gelingt, dass es gerecht zugeht. Als Schlagwort möchte ich hier nur den Generationenvertrag nennen. Lassen Sie mich bitte auf diese drei Punkte eingehen. Punkt eins: Alle müssen von der wirtschaftlichen Stärke unseres Landes profitieren. Deshalb war es gerade für die CSU wichtig, dass es zu einer Absenkung um 0,5 Prozentpunkte bei der Arbeitslosenversicherung kommt, eine Entlastung von 6 Milliarden Euro. Sehr geehrter Herr Vogel, es ist unverständlich, eine Rechnung aufzumachen, die das eine mit dem anderen vergleicht. Wir müssen nur schauen, vor welch großen Herausforderungen wir in der Pflegeversicherung stehen. Wir bieten insbesondere den Familien neue Leistungen an. Daher ist es, glaube ich, klar, dass man – das sollte gerade einem FDPler geläufig sein –, wenn man mehr Leistungen anbietet, Mehrkosten hat und diese durch Geld decken muss. Das darf man nicht verrechnen. Wir haben das Möglichste herausgeholt, und das ist auch gut so. Die CSU schaut vor allem – das hat unser Landesgruppenvorsitzender in seiner Rede angesprochen – auf die Entlastung der politischen Mitte. Dazu gehören der Abbau des Solidaritätszuschlags, aber auch der Abbau der kalten Progression. Dazu gehört aber auch, weiter daran zu arbeiten, dass wir Vollbeschäftigung in unserem Land erreichen. Die Union hat hier in den letzten Jahren sehr viel erreicht; aber es gibt noch einiges zu tun. Der Haushalt spiegelt das wider, sehr geehrter Herr Minister, mit mehr Geld für die Jobcenter und deren wichtige Arbeit, aber auch für das neue Regelinstrument Teilhabe am Arbeitsmarkt, um gerade langzeitarbeitslosen Menschen Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Punkt zwei: die großen Herausforderungen unserer Zeit verlässlich politisch begleiten und gestalten, keine Wahlkampfrede halten, sondern Themen ansprechen, die die Menschen in unserem Land aus meiner Sicht auch bewegen. Das eine Thema ist die Digitalisierung, die die Welt verändert. Dies müssen wir ins Arbeitsleben mit aufnehmen und bei unseren politischen Entscheidungen hinsichtlich der Arbeitswelt von morgen berücksichtigen. Hierzu gehört unter anderem, wie es auch der Haushalt darstellt, die Förderung von innovativen Projekten, aber auch die neue Denkfabrik digitale Arbeitsgesellschaft, Herr Minister. Ich bin gespannt, was da rauskommt. Die Erwartungen sind groß, und es ist auch viel Geld im Haushalt vorgesehen. Ich glaube, da muss man schon schauen, dass man diesen Prozess gut und verantwortungsvoll begleitet. Eine der großen Herausforderungen, die wir aktuell zu bewältigen haben, ist der Umgang mit dem Fachkräftemangel in unserem Land. Es ist gut und wichtig, dass wir das Fachkräftezuwanderungsgesetz schnell auf den Weg bringen. Hoffentlich zeigt es schnell Auswirkungen, dass gerade unsere Handwerker und die mittelständischen Betriebe neue Fachkräfte bekommen. Der dritte Punkt: Es muss gerecht zugehen in unserer Gesellschaft. Mit dem Rentenpakt wurden wichtige Punkte auf den Weg gebracht. Uns war wichtig, dass das Rentenniveau bis 2025 bei 48 Prozent stabilisiert wird. Zur Gerechtigkeit gehört aber auch die Ausweitung der Mütterrente. Dies hat die CSU im Koalitionsvertrag gefordert, und das haben wir umgesetzt. Wir haben Wort gehalten. Das ist aus meiner Sicht ein wichtiger Anhaltspunkt für Gerechtigkeit – auch wenn es der ein oder andere anders sieht. Aber den Menschen vor Ort, insbesondere den Frauen, kann man schlecht erklären, warum Leistungen vor 1992 anders behandelt werden als Leistungen nach 1992. Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine der wichtigsten Aufgaben wird es sein, den Generationenvertrag zukunftsfest zu machen. Hier hat die eingesetzte Rentenkommission eine wichtige Aufgabe. Zur Gerechtigkeit gehört auch, dass man vor allem diejenigen von staatlichen Leistungen profitieren lässt, die es am meisten brauchen. Sehr geehrter Herr Bundesminister, die Diskussion zum bayerischen Landespflegegeld und zum Familiengeld in Bayern war unverständlich. Diese Diskussion hat die Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, zutiefst verunsichert. Ich denke, dass wir gerade in diesem Bereich den Menschen, die Kinder erziehen, die Angehörige pflegen, dieselben Leistungen zukommen lassen müssen wie denen, die keine Grundsicherung erhalten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Haushalt setzt die richtigen Schwerpunkte, verantwortungsvoll und vernunftorientiert – ganz im Gegensatz zu dem, was Sie behauptet haben, Herr Kollege Witt. Gemessen werden wir sicher daran, ob es uns gelingt, unsere Gesellschaft wieder zusammenzuführen. Die wichtigste Aufgabe von uns allen in diesem Hohen Haus ist es, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land in den Mittelpunkt unserer Arbeit zu stellen. Dazu gehört der soziale Zusammenhalt, der gestärkt werden muss. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Michael Groß, SPD.
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Markus Kurth BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Markus
Kurth
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser ganze Gang zur Grundrente erinnert mich ein wenig an die Eroberung des Südpols; dafür brauchte es ja auch mehrere langjährige Anläufe. Um im Bild zu bleiben: So weit südlich wie die Expedition Heil ist keine der Vorgängerexpeditionen gekommen – weder Andrea Nahles noch Ursula von der Leyen. Ich bin jetzt mal gespannt, ob es auch bis zum Ziel klappt. Vor Ihnen liegt ja noch das Sturmtief Ralph, das Sie umfahren müssen. Wir werden mal sehen! Aber immerhin! Wir sind jetzt in der ersten Lesung, und ich sage: Das ist gut. Es ist gut, dass wir jetzt die Chance haben, darüber zu diskutieren und im größten Zweig der Sozialversicherung eine notwendige Neuerung zu entwickeln, nämlich eine Mindestversicherungsleistung. Das ist gut und wichtig, um die Legitimität und Akzeptanz der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten. Vom Grundsatz her – Johannes Vogel, da unterscheiden wir uns – wollen wir ein intaktes Rentenversicherungssystem. Wenn wir dort eine Schwäche haben, dass auch langjährige Beitragszahlung und langjährige Zugehörigkeit zur Versicherung nicht zu einer Mindestleistung führen, dann unterhöhlt das die gesetzliche Rentenversicherung, die Akzeptanz der Pflichtversicherung, und das wollen Bündnis 90/Die Grünen nicht. – Danke für den Applaus aus der SPD. – Und das möchten die Sozialdemokraten und der Sozialflügel der CDU auch nicht. Insoweit besteht in der Diskussion tatsächlich sogar eine gemeinsame Basis. Ich glaube auch, dass wir gerade in dieser Coronakrise gemeinsam das Signal senden sollten, dass die Systeme sozialer Sicherung entwicklungsfähig sind und dass das Parlament auch in der Lage und willens ist, darauf zu reagieren. Jetzt kommt allerdings das Aber! – Nein. – Es droht, dass Sie dort auch einiges in den Sand setzen. Zunächst einmal handeln Sie nach der Devise: Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Es gibt einen wahnwitzig komplizierten Aufwertungs- und dann wieder Abschlagsmechanismus, ganz besondere spezifische Anrechnungsregeln für das Wohngeld, einen Freibetrag in der Grundsicherung, wenn trotzdem alles nicht reicht. Kein Mensch weiß, ob er oder sie die Grundrente bekommt und, wenn ja, wie viel. Das ist überhaupt nicht gut. Ich habe heute am späten Nachmittag einen Termin bei meiner Friseurin. Dem sehe ich schon seit Tagen erwartungsfroh entgegen. Ich werde dann mal versuchen, das Grundrentenmodell der Koalition zu erklären, und dem stelle ich als Alternative dann die Garantierente von Bündnis 90/Die Grünen gegenüber. Die ist nämlich einfach, unkompliziert, handhabbar: 30 Versicherungsjahre, 30 Entgeltpunkte, und der Drops ist gelutscht. Dann werden wir sehen, was einfacher, verständlicher und vertrauensstiftender in Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung ist. Das zweite Problem ist: Auch mit der Grundrente, wie Sie sie vorschlagen, bleiben viele leider mit einem Bein in der Sozialhilfe stecken; denn durch Ihre Abschläge werden viele Personen trotzdem in der Grundsicherung bleiben und diesen Freibetrag in Anspruch nehmen müssen. Auch hier ist die Alternative die grüne Garantierente, eine Versicherungsleistung, die aus dem Bereich der Versicherung kommt und die Grundsicherung hinter sich lässt und überwindet, und das muss das Ziel sein, um die Rentenversicherung zu stärken. Dann können wir jetzt kurz zu dem wüsten Verwaltungsaufwand kommen. Ich will das nicht zu sehr vertiefen, aber einfach einmal das Thema Kapitaleinkünfte ansprechen. Das war ja dem Wirtschaftsflügel der Union so unglaublich wichtig. Das hätten Sie aber einfach lösen können, meine Damen und Herren von der Union, indem Sie die Abgeltungsteuer abgeschafft hätten, die ja Leute mit einem Spitzeneinkommen belohnt, weil sie weniger zahlen als durch die Einkommensteuer. Wenn die Kapitaleinkünfte nach Abschaffung der Abgeltungsteuer wieder in der Einkommensteuererklärung auftauchen würden, wäre ja alles kein Problem. Aber da wollten Sie natürlich nicht ran. Stattdessen haben Sie ein kompliziertes Prüfungsverfahren eingeführt, was den Verwaltungsaufwand erhöht, und es ist ja wirklich ein Treppenwitz – das ist bizarr –, dass ich heute von Carsten Linnemann vom Wirtschaftsflügel lese, wegen des Verwaltungsaufwands, den er ja erst produziert hat, könne man das alles nicht umsetzen. So was ist ja widersinnig! Das passt allerdings sehr gut zu Ihrer Doppelzüngigkeit angesichts der Finanzierung; Hubertus Heil hat ja das Notwendige dazu gesagt. Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir bei diesem Gesetzgebungsverfahren aufpassen müssen – es gibt bessere Modelle –, dass wir nicht etwas hinkriegen, was in der nächsten Legislaturperiode verbesserungsfähig ist. Ansonsten, wenn Sie Hoffnungen und Erwartungen wecken, die dann nicht in Erfüllung gehen, wird die gesetzliche Rentenversicherung beschädigt. Wir dürfen gerade in diesen Zeiten der Unsicherheit, die auch noch lange anhalten werden, keine Enttäuschung produzieren. Darum hoffe ich, dass wir mit sehr großer Ernsthaftigkeit an dieses Verfahren herangehen und dass wir in der öffentlichen Debatte vor allen Dingen eines nicht vergessen: Die Grundrente ist eine Teilleistung, eine Mindestleistung. Ein insgesamt funktionierendes Altersversicherungssystem braucht aber drei Dinge, einen Dreiklang: Sie braucht ein angemessenes Rentenniveau – denn sie muss als Einkommensversicherung auch für die Mittelschicht funktionieren –, sie braucht die bereits angesprochene Mindestsicherung, und sie braucht ein breites Fundament, das heißt, wir brauchen endlich die Bürgerversicherung in der Rentenversicherung. Dieser Dreiklang wird Vertrauen und Stabilität stärken. Das Gesetzgebungsverfahren, das uns bevorsteht, ist ein Baustein dafür, und wir werden es konstruktiv begleiten. Vielen Dank. Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Katja Mast das Wort.
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Dr.
Dr. Andrew Ullmann FDP
Andrew
Ullmann
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kurz ein Hinweis zu Frau Malsack-­Winkemann: Die Welt ist rund und keine Scheibe, und Multiresistenz ist etwas Globales und nichts Lokales, nichts, was es nur in Deutschland gibt. Ich bitte Sie! Ein bisschen mehr Professionalität erwarte ich hier schon im Bundestag. Die Aufgabe des Staates ist, einen ordnungspolitischen und einen finanziellen Rahmen für das Gesundheitssystem zu schaffen, damit Ärztinnen und Ärzte, Physiotherapeutinnen und -therapeuten, Pflegerinnen und Pfleger, um nur einige zu nennen, sich um die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger kümmern und den Menschen helfen können. Deshalb habe ich vor 35 Jahren mit dem Medizinstudium begonnen; denn wie heute wollte ich den Menschen helfen. Doch die Realität in unserem Gesundheitswesen sieht anders aus. Das spiegelt sich auch in dem Einzelplan 15 wider. So führt das zunehmend planwirtschaftliche System dazu, dass über alle Bereiche des Gesundheitssystems hinweg Menschen frustriert sind. Die Menschen in Gesundheitsberufen lieben ihren Job, lieben es, mit Menschen zu arbeiten. Sie helfen, wo es am nötigsten ist, sind aber frustriert von einem System, das seine Regulierungs- und Sparwut an den falschen Stellen und an jenen auslässt, die es am wenigsten verdient haben. So stehlen sich die Bundesländer beispielsweise regelmäßig aus der Verantwortung der dualen Finanzierung ihrer Krankenhäuser. Lieber Herr Bundesminister Spahn, viele meiner ehemaligen Kollegen und Kolleginnen aus dem Krankenhaus und ich selber freuen uns, dass Sie in der Pflege aktiv werden und dass Sie sich die Digitalisierung auf die Fahne geschrieben haben. Aber mit ein paar Millionen Euro mehr in der Pflege und ein paar Stellen mehr im Ministerium verschreiben Sie uns allen, befürchte ich, Valium, damit wir vergessen, dass unser Gesundheitssystem wie ein entkerntes Krankenhaus ist, in dem motivierte Menschen gezwungen werden, irgendwie mit staatlichen Krücken zu arbeiten. Sie, lieber Herr Minister, nennen diese Krücken übrigens „Instrumente der Versorgungs- und Bedarfssteuerung“. Ein klassisches Beispiel ist die Budgetierung. Dieses unsägliche Instrument der Planwirtschaft zeigt die ganze Misere. Es müssen Praxen am Ende eines Quartals schließen. Ärztinnen oder Ärzte gerade auf dem Land versorgen mehr Patienten. Das Budget ist dann bereits aufgebraucht. Wenn Patienten ärztliche Betreuung suchen, heißt es daher: Budgeturlaub! Systembedingt sind die Praxen geschlossen. Also geht der Patient ins Krankenhaus. Im Krankenhaus ist man dann überfordert mit den vielen Patienten, die eigentlich durch den Hausarzt hätten behandelt werden können. Das ist doch irrsinnig und teuer. Wie wollen wir diesem Irrsinn Einhalt gebieten? Ihre Lösung ist Planwirtschaft. Sie wollen junge Studenten verpflichten, aufs Land zu gehen. Lebensentscheidungen sollen getroffen werden, bevor man überhaupt ein richtiges Arztleben begonnen oder auch nur kennengelernt hat. Eine unzufriedene Generation wird so der nächsten folgen – und alles zum Leidwesen der Patientinnen und Patienten. Die bessere Lösung, Herr Minister, wäre klar die Entbudgetierung. Die Lösung für das Problem der fehlenden Ärzte im ländlichen Raum muss klar und einfach sein. Diesen wunderschönen Beruf müssen wir endlich wieder attraktiv machen, indem sich erbrachte Leistung lohnt. Sie brauchen dabei keine Erhöhung der Pflichtsprechstundenzahl. Sie können alles durch eine einfache Maßnahme erreichen: Entbudgetierung. Ich möchte gern noch ein anderes Beispiel aus unserer DDR-haften Gesundheitsplanwirtschaft geben: die Grippeimpfung. Am Anfang des Jahres wurden nicht nur Arztpraxen, sondern auch Krankenhäuser bis an ihre Kapazitätsgrenzen durch Grippeerkrankte überlastet. Wenn die entsprechenden Grippeimpfstoffe für alle als Versicherungsleistung erhältlich gewesen wären, wären viele schwere Verläufe und Todesfälle verhindert worden. In der nächsten Saison stehen diese besseren Impfstoffe immerhin allen zur Verfügung. Der Gemeinsame Bundesausschuss leistet natürlich hervorragende Arbeit – in seinem Planungsrahmen. Aber wenn etwas nicht nach Plan läuft, dann ist er handlungsunfähig. Seit Jahren wird der Gemeinsame Bundesausschuss wegen seiner Struktur- und Ablaufautomatik kritisiert, aber es sind keine Zeichen der Reformbereitschaft aus dem Ministerium zu erkennen. Im Gegenteil: Es wird teurer und nicht besser. Reformbereitschaft sieht anders aus. Sie, Herr Spahn, und auch Ihr Kollege Herr Gröhe hielten wichtige Rechtsgutachten zu Strukturreformen lange zurück, um den Diskurs zu vermeiden und Transparenz zu verhindern. Reformen sind notwendig; denn es soll niemand mehr sterben, weil medizinische Innovationen zu spät zur Verfügung gestellt worden sind. Meine Damen und Herren, dieser Leidensdruck im Gesundheitssystem hat mich dazu bewogen, dass ich mich jetzt in der Politik einsetze, um Menschen zu helfen. Uns als FDP-Fraktion liegen die Patientinnen und Patienten am Herzen, und wir vergessen vor allem nicht die engagierten Personen im Gesundheitswesen. Wenn ich Ihre Aussagen zum Haushalt höre, Herr Minister, dann weiß ich nicht, ob Sie die gleiche Motivation haben oder ob Sie das tun, was nötig ist, um den nächsten Schritt Ihrer Karriere zu gehen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, allen im Gesundheitswesen Tätigen herzlich zu danken. Ohne euren bzw. Ihren engagierten Einsatz wäre vieles dort schon dramatisch schlechter. Auch zu ihrem Wohl lehnen wir den Einzelplan 15 des Haushalts ab. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Herzlichen Dank, Herr Kollege Dr. Ullmann. – Sie sehen, die Sitzungsleitung hat gewechselt. Als Nächster für die Fraktion Die Linke der Kollege Harald Weinberg.
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Hermann Gröhe CDU/CSU
Hermann
Gröhe
CDU/CSU
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Freier Handel muss fairer Handel werden, damit er allen Menschen zugutekommt – das ist die Überzeugung Christlicher Demokraten und Christlich-Sozialer. Und deswegen ist die heutige Beschlussfassung eines Lieferkettengesetzes ein großer Fortschritt. Es ist ein Stück Internationalisierung der Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft. Denn auch die soziale Marktwirtschaft kennt einen verbindlichen Rahmen für unternehmerische Verantwortung: kein Appell an freiwillige Beachtung notwendiger Regelungen, sondern ein Zusammenhang von Sozialstaatlichkeit und wirtschaftlicher Freiheit. Dies ist kein Wettbewerbsnachteil, sondern nachgewiesenermaßen seit Jahrzehnten ein Wettbewerbsvorteil für dieses Land. Deswegen: verbindliche Regeln. Gerade Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich in eindrucksvoller Weise im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten um die Beachtung von Menschenrechten bemühen, haben immer wieder gesagt: Wir brauchen Verbindlichkeit; Wegschauen darf kein Vorteil sein. Meine Damen, meine Herren, ich will aber auch zu den parlamentarischen Beratungen etwas sagen und manchem Gerücht hier entgegentreten. Dieses Gesetz verlässt das parlamentarische Verfahren wirksamer und stärker mit Blick auf die Menschenrechte und zugleich rechtssicherer und umsetzbarer für die beteiligte Wirtschaft. Es ist eben falsch, da ständig einen Gegensatz hineinzulesen. Nein, wir brauchen beides: Wir weiten den Anwendungsbereich aus – und das ist gut so – auf ausländische unselbstständige Tochtergesellschaften einer bestimmten Größenordnung. Das ist eine Ausweitung; die Einbeziehung beherrschter deutscher Töchter in den eigenen Geschäftsbereich ist eine Stärkung. Gleichzeitig haben wir natürlich Sorgen ernst genommen, wenn uns Menschen gefragt haben: Wie geht ihr mit dem Grundsatz, dass Unmögliches nicht verlangt werden darf, um? Wenn ein Staat wie die Volksrepublik China keine Gewerkschaften zulässt, dann ist natürlich klar, dass das kein Unternehmen ändern kann, und dann ist es auch richtig, dass wir explizit ins Gesetz aufgenommen haben, dass solche Dinge oder auch die Nichtnachverfolgbarkeit des Ursprungs mancher Produkte natürlich Beachtung finden müssen. – Das waren uns wichtige Anliegen. Insofern weise ich auch den Vorwurf zurück, diejenigen, die hier den Unternehmen zugehört hätten, nähmen es mit Menschenrechten nicht ernst. Wir brauchen ein Gesetz, das vernünftige Handelsbeziehungen und Achtung der Menschenrechte gemeinsam stärkt. Das ist uns gelungen, und darauf können wir auch stolz sein. Ich möchte sagen: Die Rechtssicherheit nehmen wir ernst, Sorgen nehmen wir ernst. Ich sage gleichzeitig: Ungerechtfertigte Pauschalkritik an diesem Gesetz weisen wir zurück. Wer erklärt, die Herkunftsgeschichte eines jeden Bleistifts im Büro müsse umfangreich dokumentiert werden, der sagt bewusst die Unwahrheit, und das weisen wir an dieser Stelle genauso deutlich zurück. Ja, dieses Gesetz ist eine gute Blaupause für die EU, und es ist vor allen Dingen auch für uns ein Anlass – darauf werden wir auch als Parlament achten müssen –, dass der Staat mit Beratungsangeboten, mit Handreichungen, wie sie das Gesetz ausdrücklich nennt, diesen Prozess unterstützt. Insofern bleiben beide, die Politik und die Wirtschaft, weiterhin gefordert. Mit diesem Gesetz gehen wir einen richtigen, einen wichtigen Schritt auf diesem Weg. Herzlichen Dank. Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Bärbel Kofler, SPD.
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Johannes Huber AfD
Johannes
Huber
AfD
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte ist eine Folge der eigentlich abgewählten Großen Koalition der vergangenen Wahlperiode. War sie damals noch voll des Lobes für das entworfene Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, so bezeichnet die heutige Große Koalition es nur noch als Vorarbeit. Wir sagen Danke, dass Sie auf die Entschlusskraft der AfD gewartet haben. Als Bürgerpartei vertreten wir die Anliegen der öffentlichen Petitionen an den Bundestag. So können wir uns durchaus mit Ombudsstellen für Betroffene in der Kinder- und Jugendhilfe anfreunden, soweit damit die soziale Teilhabe von Eltern und Kindern gewährleistet wird. Wir wollen aber nicht, dass Eltern und ihre Kinder in der Debatte um die Kinderrechte gegeneinander ausgespielt werden. Es ist ein Skandal, dass Bundesfamilienministerin Giffey eine Broschüre gefördert hat, in der es darum geht, in Kitas an einer Gesinnungskontrolle von Eltern zu arbeiten, wie es eine Vertreterin der Amadeu-Antonio-Stiftung hier im Bundestag ausgedrückt hat. Genauso lehnen wir den Vorschlag Ihrer Fraktion, also der Grünen, ab, Kinder zu eigenständigen Leistungsberechtigten mit Antragsrecht zu machen. Denn damit würden familiäre Bindungen aufgelöst und ganze Familien gespalten werden. Die Zugriffsmöglichkeiten der Grünen beim Thema Kinder sollte man sowieso beschränken. Vor allem in Deutschland, wo die Erfolgschancen für Kinder mit am stärksten vom Status der Eltern abhängen, sollte klar sein: Wer Kinder und Jugendliche wirklich stärken will, der muss zuerst die Eltern von der Steuerlast und der Zeitknappheit entlasten. Auch als Mitglied der Kinderkommission kann man sehr schnell erkennen, wie mit allen vorliegenden Anträgen auf dem Rücken der Schwächsten ideologische Politik betrieben wird. Mit Ihren Inklusionsträumereien sind Ihnen sogar behinderte Kinder offenbar nicht zu schade, um sie für Ihre Ideologie einer sozialistischen Gleichmacherei einzusetzen. Unterstützungsangebote individuell und bedarfsgerecht auszugestalten, bedeutet für uns ganz klar, Förderschulen und ein gestuftes Schulsystem auszubauen, damit Kinder durch entsprechend ausgebildetes Personal passgenau die Förderung bekommen, die sie benötigen. Die AfD erteilt aber auch anderen sozialen Experimenten von freien Trägern der Jugendhilfe eine Absage, wenn sie sich zu linksradikalen Keimzellen entwickeln. – Hören Sie zu. Zum Beispiel erhält das Alternative Jugendzentrum in Chemnitz im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe jährlich 500 000 Euro. Das sind 500 000 Euro für ein Zentrum, welches die einschlägig bekannte Band „Feine Sahne Fischfilet“ beherbergt und in dem die Rotfaschisten der sogenannten Antifa Kongresse abhalten können, zum Beispiel zur Vorbereitung der Demonstrationen beim G-20-Gipfel in Hamburg, oder Seminare, die Titel tragen wie „Militanz, Gewalt und die Frage: Politische Gegner ignorieren, blockieren oder verhauen?“ Wenn es die Kinder- und Jugendhilfe der Großen Koalition sein soll, eine Rotfront zu züchten, dann ist sie jedenfalls erfolgreich. Mit dem Grundgesetz hat das aber nichts mehr zu tun. Immerhin haben Sie alle im Einklang erkannt, dass asylsuchende Kinder, Jugendliche und Frauen in Aufnahmeeinrichtungen in Deutschland wieder Gewalt erfahren müssen. Suchen wir die Ursache, so landen wir bei den so liebevoll angekündigten Fachkräften, leider Gottes bei sehr vielen Leuten, die eher qualifiziert mit Messern umgehen können. Allein diese Tatsache ist die selbst ausgestellte Bankrotterklärung dieser Bundesregierung. Kommen Sie bitte zum Schluss. Hier hilft es auch wenig, an den Symptomen herum­zudoktern und Träger von Asylunterkünften jetzt Schutzkonzepte entwickeln zu lassen. Wer während des Asylverfahrens in und außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche verübt, der muss unverzüglich abgeschoben werden. Erst wenn Sie das verstanden haben, hat Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland eine Zukunft. Vielen Dank. Nächster Redner in der Debatte: Marcus Weinberg für die CDU/CSU-Fraktion.
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Dr.
Dr. Dietmar Bartsch DIE LINKE
Dietmar
Bartsch
DIE LINKE
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Großer Bruch jetzt in der Debatte. – Unser Antrag „Bundestagsabgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen“ soll ein Angebot sein – ein Angebot an Sie, an uns alle, vor allen Dingen ein Angebot für mehr Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik. Wir haben einen Vorschlag unterbreitet; der kann, der soll gerne veredelt werden. Aber das Grundziel ist: Spätestens nach der nächsten Bundestagswahl sollen alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages in die gesetzliche Rente einzahlen. Das ist unser Ziel. Das würde den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land, gerade in der Krise, wesentlich stärken. Meine Damen und Herren, wir Abgeordneten haben nach zwei Wahlperioden einen deutlich höheren Versorgungsanspruch als Arbeitnehmer, die 45 Jahre zum Durchschnittslohn gearbeitet haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Arbeitnehmer bezahlen mit ihren Steuern, vielleicht auch mit den Steuern auf die Rente, dann auch unsere Altersentschädigung mit. Das ist nicht gerecht, das ist nicht vermittelbar, und das schadet dem Ansehen der Politik insgesamt. Meine Damen und Herren, das, was wir in unserem Antrag vorschlagen, hat unser Nachbar Österreich in der Substanz bereits umgesetzt. Dort gibt es eine Rentenkasse, in die alle Bürgerinnen und Bürger einzahlen, auch Abgeordnete. Das ist dort selbstverständlich. Ich meine, wir sollten uns das Rentensystem in Österreich einmal ganz genau anschauen; denn Österreich hat eine funktionierende Erwerbstätigenversicherung, hat keinen Riester-Irrsinn, eine Rente ab 65 und nicht erst ab 67, die im Durchschnitt 800 Euro höher ist, und dazu eine armutsfeste Grundrente. Das, meine Damen und Herren, wird auch dadurch ermöglicht, dass alle einzahlen. Ja, ich weiß, unser Antrag hat vor allen Dingen eine tiefe Symbolwirkung. Allein das Einbeziehen der Abgeordneten – – Herr Kollege Bartsch, gestatten Sie eine Wortmeldung? Wie bitte? Gestatten Sie eine Zwischenfrage? Ja, immer gern. Herr Dr. Bartsch, es ist normalerweise nicht meine Art, eine Zwischenfrage vor dem Beitrag der eigenen Rednerin zu stellen; aber mir geht dann doch die Hutschnur hoch, wenn ich höre, was Sie hier sagen. Wenn Sie sagen, dass die Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung Ihr Ziel ist, warum stellen Sie dann nicht einen entsprechenden Antrag? Es ist auch das Ziel von Bündnis 90/Die Grünen, Abgeordnete – und zwar angemessen – in die gesetzliche Rentenversicherung mit einzubeziehen. Warum stellen Sie einen Antrag, der sich ausschließlich auf Abgeordnete bezieht, und täuschen vor, dass das ein Vertrauensangebot ist? Was Sie de facto tun, ist, auf das Erregungspotenzial draußen zu setzen, wo es dann heißt: Die da oben, die werden ja viel besser versorgt. Unter dieser falschen Flagge erreichen Sie aber de facto eine Beschädigung dieses Parlaments, und das in einer Zeit, wo die Demokratie ohnehin unter Druck steht. Das finde ich aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in Ordnung. Sehr geehrter Herr Kurth, man merkt, dass Sie offensichtlich von dem, was wir hier vorschlagen, getroffen sind. Ich will ausdrücklich sagen – das ist auch nicht neu bei der Linken –: Selbstverständlich wollen wir, dass alle einbezahlen, selbstverständlich auch Beamte, auch Freiberufler. Das haben wir mehrfach beantragt. Selbstverständlich! Ich habe es eben gerade gesagt – Sie haben sich ja schon gemeldet, da hatten Sie noch gar nicht bis zum Ende zugehört –: Natürlich geht es hier um ein Symbol. Das weiß ich doch auch. Dieser Antrag löst nicht das millionenfache Problem der Altersarmut. Das weiß ich sehr wohl. Aber jetzt zu sagen: „Na ja, das wollen wir nicht“? Nein, es ist das ausdrückliche Angebot: Tun Sie mit, dass wir diesen Schritt gehen! Wir haben hier im Deutschen Bundestag leider aktuell keine Mehrheiten, die es möglich machen, dass auch Beamtinnen und Beamte einzahlen, dass Selbstständige und auch Abgeordnete aller Ebenen einzahlen. Die haben wir leider nicht. Aber dass Sie, wenn es darum geht, diesen Schritt zu vollziehen und Vertrauen zurückzugewinnen, mit der Populismuskeule kommen, zeigt, dass Sie offensichtlich ein bisschen traurig sind, dass Sie diesen Antrag nicht gestellt haben. Aber dafür kann ich nun leider nichts. Ich will es wiederholen: Ja, natürlich, der Antrag löst nicht die Grundprobleme. Das ist doch unbestritten; das habe ich auch nicht behauptet. Ich habe gesagt und wiederhole das noch mal für Sie: ein Antrag mit Symbolwirkung. Aber es geht um das Signal an die Bürgerinnen und Bürger, das Signal an die Gesellschaft, dass wir alle uns darüber Gedanken machen. Es muss am Ende nicht unser Antrag umgesetzt werden. Bringen Sie Ihre ganze Kompetenz ein. Wir sind bereit, dort mitzumachen. Aber eine Rentenkasse für alle, dieses Ziel haben wir als Linke, und das seit Langem. Dafür sind wir schon im letzten Bundestagswahlkampf eingetreten. Tun Sie ruhig daran mit; das würde uns zumindest freuen. Wir müssen aufhören und Schluss machen mit dem Extrasystem für Abgeordnete. Das ist unser Ziel. Das ist eine vertrauensbildende Maßnahme. Ansonsten, wenn wir es nicht tun, ist das ein Einfallstor für den Populismus, lieber Herr Kurth. Das ist das große Problem. Dass wir darüber hinaus eine große Rentenreform brauchen, ist unbestritten. Vielleicht können wir die ja in der nächsten Legislatur gemeinsam in Angriff nehmen. Ich würde mich darüber freuen. Aber diesen einen Schritt können wir jetzt schon gehen. Darüber lassen Sie uns wirklich seriös debattieren, damit wir das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung wieder erhöhen. Herzlichen Dank, meine Damen und Herren. Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Bartsch.
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Claudia Müller BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Claudia
Müller
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klappern gehört zum Handwerk. Aber bei diesem Antrag hat die AfD eindeutig die Rüttelplatte rausgeholt. Die Handwerksnovelle als Vernichter des Handwerks, das ist das Bild, das Sie hier zeichnen. Das ist – die Vorrednerinnen und -redner haben das dargestellt – deutlich überzeichnet. Die FDP hingegen ist deutlich vorsichtiger. Man muss sich schon bemühen, die klare Positionierung zu erkennen. Ihr Antrag enthält die Forderung nach Überprüfung der Ausweitung der Meisterpflicht auf Verfassungs- und Europarechtskonformität und Bestandsschutz für Betriebe der Anlage B1 ohne Meisterpflicht. Ich muss gestehen: Ich finde es durchaus ein bisschen ironisch, dass die selbsternannte Freiheitspartei hier anstatt auf positive Anreize tatsächlich auf eine Rückkehr zur Zwangsverpflichtung, wie Gegner es nennen, setzt. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Immerhin haben Sie den Punkt des Bestandsschutzes drin. Das ist etwas deutlich Positives, woran die AfD ja noch nicht einmal denkt. Ihnen von der AfD scheint es vollkommen egal zu sein, was Ihr Antrag für Tausende von Betrieben und Solo-Selbstständige bedeuten würde, nämlich den Verlust der Zulassung. Das ist Ihnen vollkommen egal. Man sieht wieder: Ihr Antrag besteht nur aus Plattitüden, enthält keine Ideen zur Lösung des Problems und ist zum Teil wieder einmal kompletter Unsinn. Von Ihnen ist auch nichts anderes zu erwarten. Was Sie können, ist dramatisieren. Die AfD spricht davon, dass das Handwerk nur wegen der Handwerksnovelle 2004 im Kern so destabilisiert ist, dass es keinen gesicherten Fortbestand der zulassungsfreien traditionellen B2-Gewerke gibt. Sie haben sie ja genannt: Sattlerei, Glockengießerei, Siebdruckerei, Uhrmacherei. In allen diesen Bereichen arbeiten also nur noch so wenige Menschen wegen der Handwerksnovelle 2004. Veränderte Lebensgewohnheiten, die Ausweitung von industrieller Fertigung, all das hat in Ihren Betrachtungen keinen Einfluss. Der Antrag zeigt wieder einmal Ihre Haltung: Zurück zum Anfang des 20. Jahrhunderts, wenn nicht sogar zurück ins 19. Jahrhundert! Mit den Methoden der Verkürzung und Überdramatisierung kennen Sie sich ja aus. Schauen wir uns doch mal die Ausbildungszahlen an. Ihrer Meinung nach sanken die ja erst seit der Handwerksnovelle 2004. Das ist übrigens ein tolles Beispiel, wie man mit Verkürzungen manipulieren kann. Es ist ja vollkommen unbestritten, dass die Ausbildungszahlen im Handwerk sinken, und das schon seit vielen Jahren, in den alten Bundesländern übrigens seit Mitte der 80er-Jahre, in den neuen Bundesländern seit dem Jahre 2000. Das gilt übrigens sowohl für die zulassungsfreien als auch für die zulassungspflichtigen Berufe. Es gibt sogar einige Bereiche, in denen die Zahlen vorher sogar noch stärker gesunken sind. Ich habe mal ein Beispiel rausgesucht – ich habe das eigentlich für Herrn Linnemann rausgesucht; denn er nimmt es auch sehr gerne –: die Fliesen-, Platten- und Mosaikleger. 1998 hatten wir in diesem Bereich noch 8 114 Auszubildende, im Jahre 2004 3 029. Es ist nicht so, dass die Zahlen die ganze Zeit ein Plateau gebildet haben und dann 2004 schlagartig absanken. Vielmehr war es ein gradueller Rückgang. 2004 hatten wir nur noch 37 Prozent der Auszubildenden, die wir 1998 hatten, und das innerhalb von sechs Jahren. Bis 2017 sank die Zahl dann auf 2 353. Aber Sie sehen: Das ist ein deutlich geringerer Abfall als in der Zeit davor. Das heißt, hier zu sagen, die Handwerksnovelle sei verantwortlich für diesen Einbruch, ist schlicht und ergreifend falsch. Monokausales Denken hilft uns an dieser Stelle nicht weiter. Wenn wir über den Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel reden, dann müssen wir analytisch an dieses Thema herangehen und dürfen das nicht so populistisch machen wie Sie. Ein Gegenbeispiel: Wir haben diese Einbrüche auch in zulassungspflichtigen Bereichen. Meine Kollegin Monika Lazar ist eine Vertreterin des Bäckerhandwerks. Auch dort haben wir extreme Einbrüche gehabt, sowohl in der Ausbildung als auch in den Betrieben. Aber einer der Hauptgründe ist hier die deutliche Ausweitung der industriellen Fertigung. Das treibt die kleinen Handwerksbetriebe aus dem Markt. Seriöse Studien, wie zum Beispiel die von Klaus Müller aus dem Jahre 2018, weisen darauf hin – ich zitiere –: Es ist anzunehmen, dass das veränderte Ausbildungsinteresse der Jugendlichen an einzelnen Berufen eine sehr viel größere Rolle spielt als die Novellierung der HwO. Die Novellierung der Handwerksordnung wird in diesem Punkt also deutlich überschätzt. Und: Ja, die Anzahl der Klein- und Kleinstbetriebe hat sich erhöht, allerdings ebenfalls in den zulassungspflichtigen Bereichen. Sie hat sich in den Jahren 1995 bis 2015 in beiden Bereichen fast verdreifacht. Sie lag allerdings bei den Betrieben aus dem B1-Bereich schon vor 1995 deutlich höher als in den anderen Bereichen. Sie sehen: Es ist also deutlich komplizierter als gedacht. Die Antwort auf die Kleine Anfrage, die wir gestellt haben – mehrere Kollegen haben ja schon darauf hingewiesen –, gibt eine breite Antwort auf viele Fragen. Allerdings ist es ein Sammelsurium. Wir wünschen uns, dass wir, bevor wir hier Schritte unternehmen, noch mal einen deutlichen Blick darauf werfen, insbesondere was die Evaluation im Hinblick auf die Einhaltung von Artikel 12 GG und die Europarechtskonformität angeht. Es gibt Experten, die hier von der Büchse der Pandora sprechen. Frau Grotelüschen hat das angesprochen: Das kann tatsächlich genau das Gegenteil von dem bewirken, was wir wollen. Da müssen wir sehr vorsichtig sein. Was wir tun sollten, ist, den Meisterbrief zu stärken, Anreize zu setzen. Es gibt Bundesländer – Frau Grotelüschen, Sie haben darauf hingewiesen –, die durch Ausbildungsprämien – ähnlich dem Meister-BAföG – unterstützen, allen voran Niedersachsen mit 4 000 Euro und Mecklenburg-Vorpommern auf Platz zwei mit 2 000 Euro und 5 000 Euro für die Jahrgangsbesten. Wir sollten Anreize schaffen und zeigen, dass der Meisterbrief nicht nur Qualität bedeutet, sondern auch Chancen für einen Bildungsaufstieg eröffnet, dass er den Einstieg für alle Bildungswege offenhält, dass die Entscheidung für eine Ausbildung oder ein Handwerk in jungen Jahren gleichbedeutend damit ist, dass einem später alle Türen für den beruflichen Werdegang offenstehen. Darauf sollten wir einen Blick werfen. Insofern brauchen wir hier keine Schnellschüsse, sondern eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Jens Koeppen, CDU/CSU.
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Michael Kruse FDP
Michael
Kruse
FDP
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Dieser Redeslot ist ja Fluch und Segen zugleich. Man hat immer die Möglichkeit, mit ein paar Vorurteilen, mit dem, was hier gerade erfunden wurde, aufzuräumen. Das habe ich mir heute auch als Ziel gesetzt. Ich habe mich, nachdem ich mir systematisch die AfD-Reden angeschaut habe, mal damit auseinandergesetzt, was Sie uns eigentlich alles vorgeworfen haben. Dann habe ich das, was wir schon alles erledigt haben, danebengelegt. Und siehe da: Wir haben in diesem Jahr in der Energiepolitik und vor allem für die Energiesicherheit in diesem Land mehr Dinge erledigt, als Sie überhaupt zu kritisieren in der Lage sind. Weil das so viel ist, werde ich meine gesamte Redezeit darauf verwenden, Ihnen einmal zu sagen, was wir schon alles getan haben. Wir haben im Gasbereich Vorgaben für die Gasspeicherfüllstände gemacht. Wir haben den Erwerb von Gasmengen über die THE organisiert und damit die Speicherbefüllung auf 99,6 Prozent – Stand heute – vorangetrieben. 99,6 Prozent – wer hätte das gedacht? Wir haben die Sicherung der Gasspeicher vor russischem Einfluss durch die Treuhandverwaltung ermöglicht. Wir haben dafür gesorgt, dass die Gasspeicher nicht ohne Genehmigung außer Betrieb genommen werden können. Wir haben die Gasimporte erhöht: aus Norwegen, aus den Niederlanden. Wir haben die LNG-Importe aus der ganzen Welt diversifiziert. Wir haben dafür gesorgt, dass in der Nordsee neue Gasfelder erschlossen werden können. Und ja, wir sind im Bereich des LNG-Imports Kooperationen mit unseren Nachbarländern eingegangen. Wir haben die Pipelines umgerüstet. Wir sorgen jetzt dafür, dass die Pipelines Gas auch von Westen nach Osten transportieren können, siehe beispielsweise Frankreich. Wir haben das LNG-Beschleunigungsgesetz auf den Weg gebracht, und wir haben damit für einen schnelleren Ausbau der Pipelines gesorgt. Wir haben die FSRUs an den Start gebracht. In Wilhelmshaven geht es Ende 2022 los, die zweite FSRU in Wilhelmshaven. Sie merken, ich habe gar nicht genug Zeit, um das alles zu erzählen. Die FSRU in Brunsbüttel wird noch Ende 2022 in Betrieb gehen. Wir haben eine FSRU in Lubmin; eine zweite FSRU in Lubmin ist geplant. Wir sorgen jetzt dafür, dass wir auch die Rohre dafür haben, damit diese FSRUs uns Gas liefern können. Denn anders als Russland sind diejenigen, die die FSRUs betreiben, ja willens und in der Lage, uns Gas zu liefern. Wenn Sie das auch nicht wollen, dann wollen Sie in Wahrheit nicht, dass wir Gas in diesem Land haben. So einfach ist es. Wir haben auch in Stade eine FSRU in Anbahnung für Mitte, Ende 2023. Wir haben den Bau von festen LNG-Terminals in den nächsten Jahren auf den Weg gebracht. Dabei sorgen wir dafür, dass sie nicht nur Gas importieren können, sondern auch Wasserstoff-ready sind, zum Beispiel für Ammoniak, ein Wasserstoffderivat. Wir haben mit 738 Millionen Euro in dieser Nacht, in der Bereinigungssitzung, dafür gesorgt, dass wir auch im kommenden Haushalt eine ordentliche Finanzierung für den Hafenbau und den Ausbau der LNG-Infrastruktur zur Verfügung haben. Wir haben die Stützung und Übernahme von Uniper organisiert. Wir haben Insolvenzen in diesem Bereich verhindert. Wir haben Anreize geschaffen zur Verbrauchsminderung, bei Industrie und auch bei privaten Endverbrauchern. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das hier ist die stolze Ergebnisliste einer Ampelkoalition, die so viel im Energiebereich auf den Weg gebracht hat wie die letzten drei Regierungen zusammen nicht. Das nächste Mal, wenn ich mehr Redezeit habe, geht es weiter mit Strom und Öl. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Das Wort hat der Kollege Ralph Lenkert für die Fraktion Die Linke.
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Hagen Reinhold FDP
Hagen
Reinhold
FDP
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Debatte eben musste ich jetzt viel mitschreiben. Herr Kießling, ich bin ja ganz erstaunt, dass aus dem Werkzeugkoffer, den Sie bei der Union in den letzten vier Jahren mit sich herumgetragen haben, jetzt schon eine ganze Werkstatt geworden ist. Da freue ich mich. Aber das zeigt schon, wie komplex dieses Thema ist, und das hat man an der Debatte heute auch gemerkt. Was hier alles reingespielt wurde! Es wurde von – was habe ich nicht alles gehört? – Spekulationen, die die Grundstückspreise hochtreiben, von der Mietpreisbremse und von was nicht allem noch gesprochen. Herr Kühn, hier zeigt sich, dass es die FDP ganz offensichtlich doch braucht; denn mit Ihrem Werkzeugkoffer oder Ihrer ganzen Werkstatt kommen Sie allein nicht weiter. Deshalb braucht es uns hier so dringend. Es ist schön – ich nehme Sie hier beim Wort –, wenn Sie die FDP auffordern, ein umfangreiches Programm vorzulegen, damit Sie abschreiben können. Sehr gerne machen wir auch das. Heute haben wir uns in unserem Antrag hauptsächlich um die Baukosten und um die Entbürokratisierung gekümmert. Ganz ehrlich: Dass Sie das nicht verstehen, zeigen die Debatten. Hier vorne steht ein Maurermeister. Wenn es um den Brandschutz geht, dann braucht man bauaufsichtlich zugelassene Produkte. Ich weiß nicht, ob Sie so etwas schon einmal in der Hand hatten; wahrscheinlich ja. Dann wissen Sie vielleicht auch, dass ich ein Produkt, für das in Deutschland eine bauaufsichtliche Zulassung notwendig ist, noch nicht einmal alleine mit einer EU-Zertifizierung bekomme, sondern dafür muss es in Deutschland noch eine DIN-Norm obendrauf haben. Das macht das Bauen in Deutschland einfach nur teuer. Die Produkte kosten ein Vielfaches von dem, was sie im Ausland kosten. Das zeigt doch, dass hier was passieren muss. Dafür braucht es Entbürokratisierung. Das ist nun einmal so. Herr Wegner, ganz ehrlich: Ich war eben erschüttert. Sie sagen, wir hätten den ländlichen Raum ausgelassen. Bei mir im ländlichen Raum wird gebaut, bei Ihnen vielleicht nicht. Jeder, der baut, braucht günstige Baukosten, im ländlichen Raum genauso wie in den Ballungsgebieten. Das ist nun einmal so. Liebe Frau Lay, wer noch immer nicht verstanden hat, dass günstiges Bauen auch günstige Mieten hervorruft, der tut mir leid. Das ist wirklich beratungsresistent, und Sie zeigen, dass Sie wahrscheinlich genau so rechnen. Sie sprachen von einer Steigerung der Grundstückskosten um 1 000 Prozent. Ich muss sagen, ich habe geschmunzelt. Selbst wenn das Grundstück in Berlin vorher nur 1 Euro pro Quadratmeter gekostet hätte und 300 Quadratmeter groß ist, würde es jetzt 300 000 Euro kosten. Da stimmt in Ihrer Rechnung schon was nicht, aber so rechnen die Linken. Damit kann man eben nicht viel erreichen. Lassen Sie mich kurz noch – leider habe ich zu wenig Zeit, um alles abzuräumen – auf den Antrag zurückkommen. Es ist wichtig, dass wir das Bauen in Deutschland vereinfachen. Mir ist bewusst, dass der Bund allein hier nicht reicht. Wir brauchen auch die Länder und die Kommunen dazu; das ist selbstverständlich. Wie kann es sonst sein, dass beim systematischen Bauen in Deutschland nicht nur in jedem Bundesland andere Anforderungen gelten – in dem einen muss ich eine Entrauchungsanlage oder einen Sprinkler einbauen, in dem anderen nicht; auch die Auflagen zum Brandschutz sind unterschiedlich –, sondern es sogar in ein und demselben Bundesland unterschiedliche Auflagen gibt. Das kann nicht sein. Das macht das Bauen in Deutschland teuer. Wenn wir erkennen, dass wir mehr Wohnraum brauchen, um ein Angebot an Mietwohnungen herzustellen – bei einem größeren Angebot sinken auch die Mieten wieder –, dann brauchen wir serielles Bauen, dann brauchen wir Entbürokratisierung. Das erreichen Sie, indem Sie den Antrag der FDP ernst nehmen. In dem Antrag wird eigentlich nur darauf hingewiesen, dass die ausgearbeiteten Vorschläge der Baukostensenkungskommission umgesetzt werden sollen. Wie wichtig das Thema dem Minister ist, der es an sich gezogen hat, das sieht man heute. Ich freue mich, dass es dazu einen eigenen Ausschuss gibt. Die Wichtigkeit des Themas erkennt jeder; da kann auf die Straße gehen, wer will. Herr Seehofer scheint das Thema nicht sehr ernst zu nehmen. In der ersten Debatte, in der es um Bauen gehen, ist er nicht da. Das ärgert mich, ehrlich gesagt, ungemein. Ich danke Ihnen. Nächste Rednerin für die Fraktion der SPD ist Claudia Tausend.
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Reinhard Houben FDP
Reinhard
Houben
FDP
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Altmaier, ich habe mal auf die Uhr geschaut: Ihre 9 Minuten haben Sie in 7 Minuten Energie und 2 Minuten Wirtschaft aufgeteilt. Es tut mir leid, aber wie beim letzten Mal haben mir wieder so einige für die FDP, die Freien Demokraten, wichtige Stichworte gefehlt. Kein Wort zum Mittelstand, kein Wort zum Handwerk. Da müssen Sie sich irgendwann mal entscheiden, wie Sie das noch einbauen, und zwar nicht nur in die Rhetorik, sondern eben auch in die Politik. Das wäre, glaube ich, ganz schön wichtig. Sie haben zum Glück das Thema Handelsstreit angesprochen. Aber ich muss sagen: Die Wahrnehmung dieses Problems durch die Bundesregierung können wir nicht als befriedigend empfinden. Es ist hier um uns herum der Teufel los. Ich sage mal: Zum Glück haben wir Brüssel, zum Glück haben wir Frau Malmström, zum Glück haben wir Herrn Juncker. Die sind sehr viel mutiger und entschiedener in dieser Frage als die Bundesregierung und auch – es tut mir leid – als Sie, Herr Minister, persönlich. – Ach, Herr Gauland, nun regen Sie sich doch nicht auf. Denken Sie an Ihr Herz. – Ich denke nur an Sie. Zur Industriepolitik. Herr Altmaier, die Frage müssen Sie natürlich auch beantworten: Wie wollen Sie die Industriepolitik gestalten? Viele laufen herum – reden Sie mit der IG BCE oder mit der IG Metall – und sagen: Ja, klar müssen wir Industriepolitik machen. – Aber die meinen natürlich einen ganz stark staatlich und klar vorbestimmten Weg, auf dem sie sich dann möglichst bequem bewegen können, am besten noch unter Vorgabe der Produkte, die sie herstellen sollen. – Wir waren doch gemeinsam bei der Veranstaltung, Herr Kollege. – Wie sieht Ihr Ansatz, marktwirtschaftliche Grundeinstellung mit einer Industrie zu gestalten, aus? Es ist ja nicht so, dass wir als FDP da nicht mitgehen wollen. Aber wir müssten mal eine Orientierung bekommen, wie Sie Industriepolitik und Marktwirtschaft vereinbaren können. Weitere Bemerkung: Braunkohle. Dort müssen wir doch bitte auch mal unterscheiden zwischen den Problemen in der Lausitz und den Problemen im rheinischen Braunkohlerevier. Dort sind die Probleme ganz anders, aber auch nicht zu ignorieren. Wenn Sie also in der fälschlicherweise „Braunkohle-Kommission“ genannten Kommission arbeiten, denken Sie auch daran: Es sind unterschiedliche Probleme, die diese Regionen betreffen. Das sollte bitte im Auge behalten werden. Die Zeit läuft mir davon. – Eine Grundmelodie ist ja, meine Damen und Herren – das kommt sowohl von der CDU/CSU als auch von der SPD –: Es geht uns im Grunde gut, und das läuft auch weiter so. – Ich teile diesen Optimismus nicht. Wir müssen im Moment sehr aufpassen, dass wir unser Niveau halten können, und dort sind Sie gefordert. Einige Bemerkungen zum Haushaltsplan selbst. Wir halten das Vorgehen beim Thema Elektromobilität für unsicher und auch unsinnig. 1 Million Autos werden wir auf diesem Weg nicht bekommen. Es soll weiterhin einen Digitalbotschafter geben. Das muss auch nicht sein. Meiner Meinung nach ist er eher ein Grüßonkel. Dann ist eine Entscheidung von der GroKo getroffen worden, die mich doch sehr zum Nachdenken gebracht hat. Die FDP hat vorgeschlagen, dass man bei der Freigabe von Überbrückungskrediten in Fällen à la Air Berlin irgendwie das Parlament in die Diskussion einbindet. Mit den Stimmen der Koalition ist dieser Vorschlag abgelehnt worden. Anstatt auf unsere Budgethoheit zu setzen, setzen Sie also offensichtlich mehr auf die Kompetenz und Expertise der Bundesregierung gerade in solchen Fragen. Wir finden es sehr fragwürdig, dass wir bis zu 300 Millionen Euro im Jahr zur Verfügung stellen, ohne dass wir eine vernünftige parlamentarische Kontrolle installieren. Das halten wir für falsch. Sie sollten bei der Frage noch mal in sich gehen. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Alexander Ulrich aus der Fraktion Die Linke.
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Dr.
Dr. Alexander Gauland AfD
Alexander
Gauland
AfD
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte französische Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 55 Jahre Élysée-Vertrag: Das ist weder ein herausragendes Datum noch ein rundes Jubiläum, um den Aufwand hier und anschließend in Paris zu rechtfertigen. Aber, meine Damen und Herren von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen, Ihnen geht es gar nicht um diesen Vertrag und noch nicht einmal um die deutsch-französische Aussöhnung. Ihnen geht es um einen willkürlichen Anlass, die von Herrn Schulz ausgerufenen Vereinigten Staaten von Europa einzuläuten. Zu diesem Zweck missbrauchen Sie ein Ereignis und den Namen eines großen Franzosen für Ziele, die den seinen konträr waren. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn de ­Gaulle etwas nicht wollte, dann die Vereinigten Staaten von Europa. Denn er glaubte an Nationen, an die große französische zuerst und dann an die große deutsche. Bei seinem berühmten Deutschlandbesuch 1962 sagte er auf dem Bonner Marktplatz – ich durfte damals als ganz junger Mann dabei sein –: Wenn ich Sie alle so um mich herum versammelt sehe, wenn ich Ihre Kundgebungen höre, empfinde ich noch stärker als zuvor die Würdigung und das Vertrauen, das ich für Ihr großes Volk – jawohl, für das große deutsche Volk – hege. Das würden Sie alle, wie Sie hier sitzen – uns ausgenommen – nicht mehr in den Mund nehmen, meine Damen und Herren. Deshalb ist diese ja nun doch zur Feierstunde gewordene Parlamentssitzung auch eine Heuchelei. Das beginnt mit dem Ausschluss zweier Fraktionen dieses Hauses aus den Vorbereitungen und endet nicht mit dem nutzlosen Flug nach Paris, an dem wir uns natürlich nicht beteiligen. Und, meine Damen und Herren, wir werden auch keiner Resolution zustimmen, die über unsere Köpfe hinweg verabschiedet worden ist. Ja, im Entschließungsantrag der Linken kann man manches unterschreiben. Aber insgesamt werden wir auch den ablehnen. Ja, meine Damen und Herren, der Élysée-Vertrag hatte und hat ein hehres Anliegen: die Aussöhnung zweier Völker, die sich seit dem ausgehenden Mittelalter bekämpft haben. Und ja, wir, die AfD, stehen zu dieser Aussöhnung, aber so, wie sie de Gaulle gewollt hat: als ein Bündnis der Nationen und nicht als ein übernationales Europa. De Gaulle war ein leidenschaftlicher Patriot, der sein Land und sein Volk wieder zum größten und stärksten in Europa machen wollte, was es seit Waterloo nicht mehr war. Für die französische Grandeur suchte er deutsche politische und wirtschaftliche Unterstützung. Als der Streit zwischen Atlantikern und Gaullisten in Bonn, der mit einer Präambel zu diesem Vertrag beigelegt wurde, die die Einigung Europas unter Einbeziehung Großbritanniens und die Bindung an Amerika betonte, diesem Kalkül ein Ende bereitete, war er zutiefst enttäuscht, und der Élysée-Vertrag verschwand für lange Zeit in den Schubladen der Diplomatie. Meine Damen und Herren, wenn Sie ihn heute in eine Charta eines übernationalen Europas umdeuten, dann dürften Polen, Ungarn und Tschechen Ihnen darin kaum folgen. Aber die deutsch-französische Freundschaft ist der AfD und mir viel zu wichtig, um sie als Spaltpilz für Europa zu instrumentalisieren. Ich bedanke mich. Jetzt hat der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Christian Lindner, das Wort.
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Stefan Keuter AfD
Stefan
Keuter
AfD
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden heute über Forschungsförderung. Schauen wir uns einmal die Chronologie an: Im Koalitionsvertrag ist die steuerliche Forschungsförderung erwähnt. Dann passierte lange nichts, still ruhte der See. Im Oktober 2018 kam dann der erste Antrag zum Thema Forschungsförderung, und zwar von der AfD-Bundestagsfraktion. Es hat dann bis zum Juni 2019 gedauert, bis der Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgelegt wurde, der jetzt im November abschließend beraten werden soll. In diesem Zusammenhang habe ich eine nette Anekdote für Sie: Letzten Dienstag hat ein Berichterstattergespräch zum Thema stattgefunden. Das ist extrem konstruktiv verlaufen. Das Einzige, was auffiel, war, dass die Grünen und die Linken nicht mit Abgeordneten vertreten waren. Das hat mich schon gewundert, und meine Frage an Sie ist: Interessiert Sie das Thema „steuerliche Forschungsförderung“ gar nicht? Die erfolgreiche Oppositionspolitik der AfD kommt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zum Ausdruck. Der Antrag der AfD 2018 enthielt verschiedene gute Forderungen: Förderung von Forschung und Entwicklung neben projektbezogener Forschungsförderung. Die Bemessungsgrundlage sollten die Personalkosten im Forschungs- und Entwicklungsbereich sein. FuE-Unternehmen, auch die Unternehmen ohne Gewinn, sollten Nutznießer der steuerfreien Zuschläge sein. Die Kernforderungen der AfD, die mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung jetzt vorgelegt worden sind, sind erfüllt worden: Arbeitsplätze, Wohlstand, Standortsicherung, technologisches Wissen. Aber unter dem Dogma des Klimawandels wird das alles mutwillig vernichtet. Schauen wir einmal in die Vergangenheit. Es gab große deutsche Erfindungen: der Computer, der Buchdruck, der erste Elektromotor, das erste Auto mit Verbrennungsmotor, das erste Düsenflugzeug, die Me 262, die erste Rakete im Weltall, das Aggregat 4, die Ohrstöpsel von Ohropax, der Doppelkammerteebeutel von 1949 – Produkte, die milliardenfach angewendet und gekauft wurden, entwickelt und produziert von deutschen Unternehmern. Nach 1950 wird es relativ dünn. Da sind zu erwähnen die Chipkarte von Jürgen Dethloff 1969 und das MP3-Format 1994. Ich stelle fest, dass die deutsche Innovationskraft rückläufig ist, auch wenn sie im internationalen Vergleich noch relativ gut dasteht. Ich mache mir Sorgen, insbesondere wenn ich auf den Bloomberg Innovation Index gucke: Deutschland ist abhängig von Daimler, Volkswagen und Bosch, und diese Unternehmen leiden unter Ihrer links-grün ideologisch getriebenen Politik. Abgehängt sind wir in den Bereichen Hightech und künstliche Intelligenz. Diese Positionen gilt es zu verteidigen bzw., je nach Blickwinkel, zurückzuerobern, meine Damen und Herren. Forschungsförderung ist der geeignete Weg zur Stärkung von Forschungsaktivitäten. Wir haben allerdings auch einige Kritikpunkte am Gesetzentwurf der Bundesregierung. Wir sehen drohende Mitnahmeeffekte. Frau Schüle, Ihre Einschätzung zu einem zeitnahen Controlling kann ich nicht teilen. Ihr Entwurf sieht die erste Evaluierung nach fünf Jahren vor. Die Deckelung auf 500 000 Euro bis maximal 2 Millionen Euro Personalkosten scheint uns sehr willkürlich. Die AfD wünscht sich außerdem die Berücksichtigung von Kosten für Freiberufler zusätzlich zu den eigenen Personalkosten. Die Bürokratie ist sehr groß, gerade wenn man auf die Bescheinigung für das Finanzamt schaut, der elektronische Weg ist hier nicht vorgesehen. Das wäre wünschenswert. Wir sehen erheblichen Nachjustierungsbedarf, ziehen aber das Fazit, dass die Bundesregierung dem Antrag der AfD weitgehend folgt, für uns leider nicht weit genug. Trotzdem stimmen wir dem Gesetzentwurf zu. Ich stelle zum Schluss die Frage: Warum sollte nicht wieder eine bahnbrechende, sich weltweit auswirkende Erfindung aus Deutschland kommen? Vielen Dank, meine Damen und Herren. Danke, Stefan Keuter. – Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Thomas de Maizière.
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Matthias Moosdorf AfD
Matthias
Moosdorf
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Wir alle stehen fassungslos inmitten einer furchtbaren Tragödie. Kaum jemand wollte glauben, dass ein solcher Zivilisationsbruch im 21. Jahrhundert und in unserer direkten Nachbarschaft stattfinden könnte. Unsere Gedanken sind bei den vielen Opfern, Soldaten und Zivilisten beider Seiten. Sie alle haben Familien. Wir fordern Russland auf, das Blutvergießen sofort einzustellen und zurück zur Vernunft, also an den Verhandlungstisch, zu kommen! Alle sollten nach Tod und Zerstörung verstanden haben, dass nun wirklich verhandelt werden muss und Ergebnisse in beiderseitigem Interesse umgesetzt werden müssen. Meine Damen und Herren, 2014 trafen sich die in den Ersten Weltkrieg verwickelten Staaten und versicherten, aus der Geschichte gelernt zu haben. Niemals wieder wollte man schlafwandlerisch in einen Krieg schlittern; Auseinandersetzungen seien in einem aufgeklärten Jahrhundert friedlich beizulegen. Der Krieg in der Ukraine ist nun der vorläufige Höhepunkt einer langen Reihe von Konflikten. Sehr viele davon wurden vom Westen begonnen, vielleicht in guter Absicht, aber mindestens töricht in ihrem Ausgang. Wir müssen uns heute fragen, warum das heraufziehende Unheil trotz vieler Warnungen von Joe Biden bis Helmut Schmidt, von Henry Kissinger bis Peter Scholl-Latour, von Bill Clinton bis Michail Gorbatschow nicht politisch verhindert wurde. Wo waren die lauten Proteste im Westen, als beginnend 2014 immer mehr Menschen im Donbass verschwunden sind? Wo war der Druck der internationalen Gemeinschaft, beide Minsker Abkommen umzusetzen? Seit 2014 hatten laut Caritas 2 Millionen Ukrainer ihr Land verlassen, die meisten Richtung Russland. Die Ukraine hat ihren Landsleuten im Osten faktisch die Sprache genommen, TV- und Rundfunksender geschlossen, Russischstämmige aus leitenden Positionen entfernt und sogar die Rentenzahlung eingestellt. Wo blieben die Proteste? Schauen wir auch nicht weg, wenn sich auf der scheinbar richtigen Seite die falschen Leute sammeln! Wer die Videos der Asow-Brigaden gesehen hat, weiß, wovon die Rede ist. Übrigens hat Kollege Gysi in diesem Bundestag diese Leute als Faschisten bezeichnet. Meine Damen und Herren, ich bin in den letzten 30 Jahren beruflich in mehr als 65 Ländern unterwegs gewesen. Das Bild, welches wir in Deutschland von der Welt zeichnen, hat sich beträchtlich von der Wirklichkeit entfernt. Politik und Medien machen uns glauben, Sanktionen und Waffenlieferungen seien nun die Mittel der Wahl. Dieses verheerende Denken verkennt, dass es in unserer heutigen Welt keine Sieger und keine Verlierer geben darf, nur ein empfindliches, stets bedrohtes Gleichgewicht – es ist ein schmaler Grat, der uns von der Apokalypse trennt. Was, wenn es nicht darauf ankommt, ob die Ukraine an Putin fällt, sondern nur wann und auf Kosten wie vieler Opfer? Viele junge Männer auf beiden Seiten wissen nicht, was Krieg bedeutet. Es gehört zum Selbstverständnis freiheitlicher Demokratien, dass der Staat um der Menschen willen da zu sein hat und nicht umgekehrt. Das Opfer des Lebens widerspricht der Menschenwürde, die über allen politischen Interessen steht. Das ist Verantwortung, meine Damen und Herren. Der israelische Ministerpräsident – so wird in einigen Medien berichtet – soll Präsident Selenskyj geraten haben, einzulenken – nicht aus Schwäche, sondern aus Vernunft. Beide Seiten müssen jetzt gesichtswahrend aus der Sache herauskommen, und vor allen Dingen müssen wir dafür Sorge tragen, dass die NATO nicht in den Krieg hineingezogen wird. Die AfD lehnt Wirtschaftssanktionen ab. Wir werden damit wenig an Umdenken erreichen, uns aber gewaltig schaden. Durch eigene Sonderwege hat sich Deutschland alleine schon in die energiepolitische Abhängigkeit begeben, und es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass unsere Bundeswehr durch schon zu lange andauernde feministische Verteidigungspolitik quasi ruiniert wurde. Das ist die Lage. Meine Damen und Herren, es ist zutiefst verstörend, wenn soziale Netzwerke in diesem Moment Hasskommentare gegen Russland erlauben – nicht überall; nein, nur in den Ländern, in denen eine Eskalation dieses Krieges zuerst erfolgen würde. Es ist verstörend, dass Menschen mit russischem Namen und ukrainischen Wurzeln in Deutschland Angst haben müssen, weil russische Schulen, wie in Berlin geschehen, angegriffen und Künstler diffamiert werden, weil Restaurants Schilder mit der Aufschrift „Russen unerwünscht“ aufhängen und Kinder aus dem Kindergarten nach Hause geschickt werden. Ich erinnere an den Ausspruch von Henryk Broder: „Wenn ihr euch fragt, wie es damals passieren konnte: Weil sie damals so waren, wie ihr heute seid.“ Helfen wir lieber, dass in der Ukraine mit klugen politischen Mitteln ein Interessenausgleich möglich wird. Der Krieg hat Russen und Ukrainer für mindestens eine Generation unrettbar entfremdet. Der mutige Widerstand wird Präsident Selenskyj stattdessen einen Neugründungsmythos für sein Land liefern. Aber die Menschen in der Ostukraine sollten mit internationaler Beobachtung selbst abstimmen, unter welchem Dach sie leben wollen. Wenn wir ehrlich sind, gibt es dazu keine Alternative, auch nicht auf der Krim. Es ist die Wirklichkeit, die zählt, und nicht unser Wunsch, die Wirklichkeit möge eine andere sein. Meine Damen und Herren, es gibt nur ein Gebot der Stunde: Friede. Ihn zu stiften ist die große Aufgabe Europas. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Der Kollege Alexander Graf Lambsdorff hat das Wort für die FDP-Fraktion.
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Stephan Stracke CDU/CSU
Stephan
Stracke
CDU/CSU
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Deutschland ist inzwischen länger vereint, als Mauer und Stacheldraht es getrennt haben. In diesem Jahr feiern wir den 30. Jahrestag des Mauerfalls. Das sollte uns allen ins Bewusstsein rufen, dass Ostdeutschland aus dem langen Schatten der DDR-Vergangenheit herausgetreten ist, auch beim Thema Rente. Der aktuelle Rentenwert Ost ist seit 1991 von 10,79 Euro auf 31,89 Euro angestiegen und hat sich damit verdreifacht. Das Verhältnis zwischen den aktuellen Rentenwerten Ost und West ist in diesem Zeitraum von rund 51 Prozent auf 96,5 Prozent angestiegen. Mit anderen Worten: Die Rentnerinnen und Rentner in den neuen Ländern sind die Gewinner der deutschen Einheit. Das ist eine riesige gesamtdeutsche Leistung, auf die wir stolz sein können, weil es an dieser Stelle auch eine gesamtdeutsche Solidarität gab. Deswegen lassen wir es nicht zu, dass hier getrennt wird. Es ist eine gesamtdeutsche Leistung, etwas wirklich Großartiges in diesem Bereich. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Deutsche Bundestag hat vor knapp zwei Jahren das Gesetz über den Abschluss der Rentenüberleitung beschlossen. Mit diesem Gesetz werden die Rentenwerte Ost schrittweise bis 2024 an die Rentenwerte West angeglichen. Damit haben wir die Voraussetzung geschaffen, die zentrale rechtliche und sozialpolitische Anpassung in Ost und West zu vollenden. Mit der Rentenangleichung haben wir einen offenen Punkt bereinigt, der vielen Menschen in Ostdeutschland zu Recht außerordentlich wichtig war. Die Menschen in den neuen Bundesländern haben sich Freiheit und Demokratie in der friedlichen Revolution selbst erkämpft. Für sie war der Vereinigungsprozess mit vielen gesellschaftlichen Umbrüchen und persönlichen Einschnitten verbunden. Ich weiß um die Enttäuschungen vieler Menschen, dass wegen der unterschiedlichen Organisation der DDR-Sozialversicherung bestimmte Besonderheiten des DDR-Rentenrechts keinen Einzug in das gesamtdeutsche Rentenrecht gefunden haben; in den Anträgen, über die wir heute beraten, sind einige Fallkonstellationen benannt. Aus diesem Grund haben wir uns in den Koalitionsverhandlungen vorgenommen, die Fälle noch einmal anzuschauen. Wir streben keine rentenrechtliche Lösung an, die in der Vergangenheit mit guten Gründen abgelehnt wurde und auch gescheitert ist. Wir haben uns ganz bewusst dafür entschieden, für Härtefälle in der Grundsicherung einen Ausgleich durch eine Fondslösung zu schaffen. Das bedeutet eine gezielte Verbesserung für Menschen, die es finanziell nötig haben, keine Besserstellung für alle. Auf diese Weise setzen wir gezielt darauf, Altersarmut zu vermeiden. Dies ist auch der rote Faden, der uns beim Thema Grundrente bewegt. Lebensleistung wollen wir belohnen; aber wir reichen nicht gleichzeitig die Hand dazu, die Rentenkassen zu plündern und Gelder mit der Gießkanne zu verteilen. Nein, es muss auf den Bedarf ankommen und eine gezielte Verbesserung für diejenigen sein, die es tatsächlich nötig haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Zusammenhang mit der Fondslösung wird das Rentenüberleitungsrecht nur ein Teil der Lösung sein. Wir wollen dies auch für die Gruppe der Spätaussiedler und der jüdischen Kontingentflüchtlinge prüfen. So haben wir es im Koalitionsvertrag ausdrücklich verabredet. Über Lösungswege zur Alterssicherung bezüglich jüdischer Kontingentflüchtlinge haben wir bereits im Deutschen Bundestag debattiert. Die Beseitigung von Nachteilen deutscher Spätaussiedler bei der gesetzlichen Rente haben wir uns als CDU/CSU besonders auf die Fahnen geschrieben. Mit dem früheren Fraktionskollegen und heutigen Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Bernd Fabritius, haben wir da einen engagierten Kämpfer. Bei den Spätaussiedlern haben wir mit dem Fremdrentenrecht einen gesetzlichen Anknüpfungspunkt. Deshalb wäre dort eine rentenrechtliche Lösung folgerichtig. Wir sind, was diese Fragen angeht, in guten Gesprächen. Wir nehmen diejenigen in den Blick, meine sehr verehrten Damen und Herren, die es finanziell nötig haben. Wir setzen uns für gezielte Verbesserungen ein und verteilen nicht mit der Gießkanne. Der Härtefallfonds ist hier der beste und schnellste Weg für konkrete Verbesserungen. Ein herzliches Dankeschön. Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort die Kollegin Monika Lazar.
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Berengar Elsner von Gronow AfD
Berengar
Elsner von Gronow
AfD
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die UN-Mission UNIFIL läuft bekanntermaßen seit 1978. 2006 wurde sie um die maritime Komponente erweitert, in der wir uns besonders engagieren. Liest und hört man die offiziellen Aussagen von Regierung und militärischer Führung, ist es ein toller und höchst erfolgreicher Einsatz; wir haben das ja gerade gehört. Fragt man im Detail nach, sieht es allerdings schon nicht mehr ganz so rosig aus. Und fragt man in der Truppe, sind die Antworten häufig eher „enttäuscht“– ob der Sinnhaftigkeit des Einsatzes, der Aussicht auf Erfolg im Sinne dauerhaften Friedens zwischen Libanon und Israel oder auch nur umfänglicher Erfüllung der weiteren Mandatsziele. Nach über 40 Jahren Einsatzdauer bestätigte diese schlechten Aussichten auch im März der Generalsekretär der Vereinten Nationen. Legt man also Maßstäbe an diesen Einsatz an wie die Forderung nach einer klaren Strategie mit Zielvorstellung, das Erreichen von Meilensteinen, die Messbarkeit der Erfolge, eine klare Exit-Strategie, die Risiko-Nutzen- und auch die Kosten-Nutzen-Rechnung, kommt man zu dem Ergebnis, dass unser Engagement dort nicht sehr sinnvoll ist. Angesichts der Unzulänglichkeiten des Mandats und der vielfältigen Widerstände in der Region ist zu erwarten, dass dieser Einsatz noch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag fortgeführt werden könnte, ohne nachhaltigen Erfolg zu zeitigen. Speziell unsere eingangs stets sehr engagierten Soldaten schilderten mir ihr Bedauern über den mangelhaften Erfolg bei der Umsetzung unserer Ausbildungsunterstützung durch die libanesischen Kräfte, etwa bei der Nutzung, der Instandhaltung oder dem Einsatz der von Deutschland zur Verfügung gestellten Mittel. Aber auch häufig wechselnde Ansprechpartner, mangelhafte Kooperation und ungenügende oder sogar fragwürdige Nutzung der durch UNIFIL-Kräfte gelieferten Informationen seien hinderlich. Hinzu kommen weitere Aspekte wie die politischen und finanziellen Verstrickungen von Streitkräften und Offiziellen mit der Hisbollah und dem dahinterstehenden Iran, die ungeklärten Fragen um Grenzverläufe mit Israel, die möglichen Auseinandersetzungen um Rohstoffe in der Region, eine drohende weitere Verschärfung der Sicherheitslage in der Region über Israel und Libanon hinaus bis hin zu Kriegshandlungen und vielem mehr. Vor dem Hintergrund der hohen Belastungen unserer Streitkräfte, der drohenden Risiken für unsere Soldaten, der enormen Kosten für Deutschland und der mangelnden Erfolgsaussicht erscheint uns eine weitere Verwendung unserer Soldaten vor Ort, um außenpolitisches Engagement zu demonstrieren, nicht nur nicht sinnvoll, sondern auch nicht vertretbar. Dafür sind uns unsere Soldaten und das Geld des deutschen Steuerzahlers zu schade. Daher werden wir einer Verlängerung des Mandates nicht zustimmen können. Danke. Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Hardt, CDU/CSU.
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Claudia Müller BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Claudia
Müller
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sehr geehrter Herr Präsident! Es fühlt sich langsam an wie ein wöchentliches Ritual. Aufgrund einer Initiative der drei demokratischen Oppositionsfraktionen sprechen wir hier über das Coronahilfenchaos, und das zu Recht; denn leider versteht die Bundesregierung weiterhin nicht, in welcher Lage sich vor allem kleine Unternehmen und insbesondere ihre Inhaberinnen befinden, in welch prekärer, für einige scheinbar hoffnungsloser Situation viele Soloselbstständige sind. Jede Ankündigung auf schnelle, unbürokratische Hilfe weckte bisher neue Hoffnungen, um dann bitterlich enttäuscht zu werden. Deswegen ist es wichtig und richtig, dass wir hier darüber reden. Noch wichtiger wäre aber, dass die zuständigen Minister Scholz und Altmaier, der ja immerhin anwesend ist, auch ernsthaft zuhören und dann entsprechend handeln. Aber an diesem Punkt scheinen wir ein Jahr nach Beginn der Pandemie leider immer noch nicht zu sein; denn weiterhin hat die Bundesregierung vor allen Dingen die großen Konzerne im Blick. Verstehen Sie mich nicht falsch! Natürlich sollen alle Hilfe erhalten, die sie durch Corona nötig haben, aber eben alle und nicht nur die Großen und die besonders Lauten. Werfen wir einen Blick auf die derzeitigen Programme. Auch bei der Hilfe für vollständig geschlossene Unternehmen bestehen Sie darauf, dass 10 Prozent der Fixkosten von den Unternehmen selbst getragen werden, und verstecken sich hinter dem EU-Beihilferecht. Doch das ist tatsächlich nicht richtig; denn für Beträge bis zu 2 Millionen Euro wäre auch eine 100-prozentige Hilfe möglich. Sie ist auch dringend notwendig; denn vollständig geschlossene Unternehmen, die seit Monaten keine Einkünfte und auch keine Reserven mehr haben, können selbst diese 10 Prozent nicht aufbringen. Wovon soll denn die selbstständige Veranstaltungstechnikerin, die nun schon seit fast zwölf Monaten keine Einnahmen mehr hat, diese 10 Prozent aufbringen? 90 Prozent ist in diesem Fall zum Leben zu wenig. Gucken wir uns die Neustarthilfe für Selbstständige an. Kollege Vogel hat sie bereits angesprochen. Es ist gut, dass der maximale Auszahlungsbetrag angehoben wurde, und es ist auch gut, dass es sich um eine Pauschale handelt. Aber es ist eben eine Fixkostenpauschale. Deswegen haben Sie gesagt, dass die Mittel der Grundsicherung nicht darauf angerechnet werden. Das begrüßen wir; das ist gut. Aber leider gilt das nur für die Grundsicherung. Andere Formen der Mittel für den Lebensunterhalt werden angerechnet, zum Beispiel auch das ALG I, Elterngeld oder wenn ich über andere Möglichkeiten für meinen Lebensunterhalt gesorgt habe. Diese Mittel werden in der Endabrechnung angerechnet und sorgen somit für eine Benachteiligung all derjenigen, die nicht in der Grundsicherung sind. Wenn zum Beispiel eine Soloselbstständige ALG I bezieht, weil sie freiwillig eingezahlt hat – sie bekommt übrigens nur ALG I, wenn sie sich komplett arbeitslos meldet, was ein Hemmnis ist, wenn sie später wieder eine Tätigkeit aufnehmen will –, bekommt sie eben keine vergleichbare Leistung wie das Kurzarbeitergeld. Wenn sie jetzt die Neustarthilfe beantragt, wird das in der Endabrechnung mitberücksichtigt, ob sie antragsberechtigt war oder nicht. Das ist doch eine absolute Ungerechtigkeit im Vergleich zu den unterschiedlichen Sozialleistungen. Oder nehmen wir die junge Unternehmerin im Lebensmittelbereich, die momentan ihre Produkte nicht vertreiben kann, weil ihre Hauptabnehmer Restaurants sind. Sie ist nicht antragsberechtigt, weil sie einen ganz kleinen Nebenjob als Dozentin an der lokalen Hochschule hat. Deswegen kann sie keine Neustarthilfe bekommen. Das ist nicht gerecht. Ich fordere Sie auf, an dieser Stelle nachzubessern. Das ist doch das Gegenteil dessen, was wir wollen. Das gibt keinen Anreiz zur Selbstständigkeit und dazu, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen, sondern Sie setzen damit leider genau den gegenteiligen Anreiz. Das zeigt wieder einmal, wie wenig Sie die Realität der modernen Arbeitswelt verstanden haben. Meine Fraktion fordert seit Monaten – ich glaube, demnächst können wir sagen: seit Jahren – endlich Unterstützung für diese besonders betroffenen Gruppen. Die wichtigste Unterstützung wäre – und das auch rückwirkend – ein Unternehmerinnenlohn, wie es einige Bundesländer, und zwar unabhängig von der Farbe, schon machen. Ebenfalls hilfreich wäre die Anerkennung der Krankenkassenbeiträge für den Betreffenden selbst als Betriebsausgabe. Auch das ist ja momentan an dieser Stelle nicht gedeckt, auch das sorgt bei vielen Betroffenen für eine große Verunsicherung. Wir haben während der Pandemie an diesen Stellen immer wieder Vorschläge unterbreitet. Ich weigere mich, hier aufzugeben, weil viele Betroffene inzwischen an dem Punkt sind – ich erlebe wirklich sehr viele demoralisierte Menschen –, nicht mehr zu glauben, dass Politik ihnen helfen will, nicht mehr zu glauben, dass wir ihnen zuhören und ihre Nöte und Ängste sehen. Kommen wir zum Schluss zu dem neuesten Hilfsprogramm, dem Härtefallfonds: Ausgestaltung unklar, möglicherweise auch zwischen den Bundesländern uneinheitlich. Und ganz ehrlich: Dieser Fonds ist doch ein Eingeständnis, dass Sie bei Ihren Hilfen zu viele Leerstellen gelassen haben, dass diese bei den Betroffenen nicht ankommen. Daran, ob dieser jetzige Fonds dies dann ausgleichen wird, habe ich nach den Erfahrungen, die wir mit den Hilfen bis jetzt haben, erhebliche Zweifel. Wir stehen Ihnen gerne für sachdienliche Hinweise zur Verfügung, was man machen kann. Aber die großen Lücken, wie sie zum Beispiel – wie im Ausschuss gesagt wurde – für Mischbetriebe bestehen, sind doch kein Fall für eine Härtefallregelung. Sie haben hier große Lücken, die Sie eigentlich über die regulären Programme abdecken müssen und nicht über einen Härtefallfonds. Ganz kurz zu den beiden Anträgen von Linken und FDP. Wir werden uns bei beiden enthalten. Wir haben viel Sympathie dafür; sie enthalten aber zum Teil Ausgestaltungen, denen wir nicht komplett folgen können. Aber ich will eines deutlich machen: Uns drei eint doch, dass wir in der Vergangenheit, im letzten Jahr, immer wieder konstruktive Vorschläge gemacht haben, wie man diese Hilfen besser ausgestalten kann. Wir haben das Thema immer wieder in den Bundestag geholt. Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte. Und da gehört es auch hin. Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege Axel Knoerig, CDU/CSU-Fraktion.
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Dr.
Dr. Katja Leikert CDU/CSU
Katja
Leikert
CDU/CSU
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachhaltigkeit ist keine Bürde, Nachhaltigkeit ist keine Last. Nachhaltigkeit ist vielmehr eine große Chance, wenn man sie richtig versteht und richtig umsetzt. Lieber Herr Hofreiter, wir halten hier nicht nur schöne Reden, sondern wir handeln längst. Wir sind mit unserem Klimaschutzgesetz national ambitioniert und sind es auch in Europa. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat heute Morgen in ihrer Grundsatzrede vor dem Europäischen Parlament klargestellt: Nachhaltigkeit ist ein zentraler Bestandteil unserer Wachstumsstrategie in Europa. – Erst wenn die Wirtschaft bei der nachhaltigen und digitalen Transformation unterstützt wird, machen wir sie global wettbewerbsfähiger. Genau hier wollen wir schneller und besser werden. Etliche Unternehmen, von Tallinn bis Zagreb, von Lissabon bis Sofia, haben dies längst erkannt und setzen sich für einen starken Klimaschutz ein. Es sind 164 namhafte Unternehmen in Europa, die, wie gerade erst gestern angekündigt, das Klimaziel unterstützen, die Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2030 auf 55 Prozent zu erhöhen. Es ist ein großes deutsches Stahlunternehmen, es ist der Hamburger Hafen, es sind deutsche Autobauer, die diese Strategie unterstützen. Dies zeigt: Klimaschutz und wirtschaftliches Wachstum stehen im Einklang miteinander. Klar ist: Wir in Deutschland als größtem und wohlhabendstem Industrieland in Europa tragen hierbei einen großen Teil der Verantwortung. Klar ist aber auch, dass wir das nur leisten können, wenn wir unsere Verantwortung mit unseren europäischen Partnern teilen. Nachhaltigkeit ist natürlich mehr als Klimaschutz. Nachhaltigkeit bedeutet auch mehr Sorgfalt und Verantwortung in den globalen Lieferketten. Keiner von uns möchte ein T-Shirt kaufen, das durch Kinderarbeit gefertigt wurde. Wichtig ist daher, dass Unternehmen sich ihrer Verantwortung bewusst sind und ihre Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette noch stärker ausüben. Auch hier gehen viele Unternehmen bereits mit gutem Beispiel voran, etwa ein großer deutscher Kaffeehersteller; aber es sind noch viele mehr. Es stimmt aber auch: Nur jedes dritte Unternehmen in der Europäischen Union prüft aktuell seine globalen Lieferketten sorgfältig genug mit Blick auf Menschenrechte und Umweltauswirkungen. Auch deshalb ist es gut, dass wir hier Verantwortung zeigen, mit unserem Minister Gerd Müller, der eben noch hier war, an der Spitze. Es ist auch wichtig, dass wir das auf europäischer Ebene begleiten. Es ist daher zu begrüßen, dass die EU-Kommission dazu im ersten Quartal 2021 eine Initiative für eine branchenübergreifende EU-Lieferkettenregulierung einbringen möchte. Denn auch hier ist klar: Wir brauchen ein europäisches Vorgehen im Sinne der Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Nachhaltigkeit bedeutet auch ein Bekenntnis zum Freihandel. Richtig ist nämlich, dass Handel für einen rohstoffarmen Kontinent wie unseren die wesentliche Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum ist. Ohne einen Ausbau unserer Handelsbeziehungen – ich weiß, dass das jetzt nicht alle hier gerne hören – werden wir den wirtschaftlichen Wiederaufbau in Europa nicht schaffen. Deshalb begrüßen wir die europäischen Freihandelsabkommen mit Japan und mit Kanada. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir hier nicht aufhören dürfen. Gerade in Zeiten von protektionistischen Bewegungen müssen wir unsere Handelsbeziehungen mit wichtigen Partnern weiter ausbauen. Auch hier geht das eine nicht ohne das andere, sondern eben nur zusammen. Hierzu brauchen wir ambitionierte Abkommen mit starken Nachhaltigkeitskapiteln. Denn klar ist auch: Wenn wir die Standards nicht setzen, dann setzen sie andere Akteure wie beispielsweise China; wir sehen das in Lateinamerika, in Afrika oder in Ost- und Mitteleuropa. Da müssen wir konsequent gegensteuern. Meine Damen und Herren, diese Beispiele zeigen: Nur durch nachhaltiges Wachstum wird Europa im globalen Wettbewerb bestehen können. Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion werden uns dafür einsetzen. Herzlichen Dank. Vielen Dank. – Letzter Redner in der Debatte ist für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Kai Whittaker.
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Stephan Stracke CDU/CSU
Stephan
Stracke
CDU/CSU
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist Krieg in Europa. Dieser Krieg berührt, bewegt, erschüttert uns im Herzen. Unsere Herzen öffnen unsere Türen, um die vielen Geflüchteten willkommen zu heißen und ihnen Schutz zu bieten. Es ist beeindruckend, wie viele helfen: beim Spendensammeln, beim Transport von Hilfsgütern, in den Erstanlaufstellen oder in Gemeinschaftsunterkünften. Es sind wieder die Ehrenamtlichen, die Wohlfahrtsverbände und ‑organisationen, die hier an vorderster Front stehen und einfach anpacken. Es ist großartig. Ein herzliches Dankeschön an alle Helferinnen und Helfer! Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir helfen, versorgen, organisieren. Wir bieten Schutzräume für die vielen Geflohenen. Die Mütter mit ihren Kindern, die große Zahl an Älteren oder Menschen mit Behinderungen, sie sollen und sie dürfen hier bei uns ankommen, unterkommen und sich sicher fühlen. Wir wollen gerade Kindern und Jugendlichen möglichst schnell wieder ein kleines Stück Normalität geben. Deshalb brauchen wir auch eine schnelle Integration in Kita und Schule. Wir brauchen auch eine psychosoziale Betreuung. Denn das, was man im Krieg und auf der Flucht erlebt, ist etwas, was lange nachwirkt. Ja, denen, die können und wollen, die den Kopf frei haben, bieten wir auch Sprachkurse an. Wir bieten ihnen auch Arbeitsmarktintegration an mit einem breiten Dienstleistungs- und Förderungsangebot der Bundesagentur für Arbeit. Wir stehen insgesamt vor einer großen humanitären Aufgabe. Das ist ein gewaltiger Kraftakt, und das gelingt nur gemeinsam: gemeinsam mit den Kommunen vor Ort, mit den Ländern und auch mit dem Bund. Der Bund muss hier seiner Verantwortung gerecht werden; denn es geht um eine faire Lastenverteilung bei den Kosten und auch bei der Verteilung der Geflüchteten auf die Länder und innerhalb der Europäischen Union. Dazu bedarf es einer systematischen und lückenlosen Registrierung. Hier ist der Bund am Zug. Er muss seiner Verantwortung auch an dieser Stelle gerecht werden. Der Krieg hat tiefgreifende Folgen, humanitäre und wirtschaftliche. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind immens und werden jeden Tag sichtbarer. Lieferketten brechen zusammen, und notwendige Rohstoffe fehlen. Das führt zu Produktionsstopps und zu Kurzarbeit; viele Arbeitsplätze sind bedroht. Es war notwendig und richtig, dass die Bundesregierung die Kurzarbeiterregeln erweitert; das erkennen wir ausdrücklich an. Sie haben nachgebessert bei der Zeitarbeit und auch bei der Möglichkeit, die Sozialversicherungsbeiträge wieder zu ersetzen. Jetzt, Herr Heil, müssen Sie dafür sorgen, dass die Unternehmen in diesen Bereichen tatsächlich schnell Planungssicherheit haben. Das tut not. Die Kurzarbeit ist ein gutes, ein schnell wirksames und – das haben wir in der Pandemie gesehen – auch ein teures Instrument. Das wissen wir. Die Kurzarbeit alleine wird nicht ausreichen, um Arbeitsplätze zu schützen. Wir brauchen passgenaue Lösungen gerade für unsere energieintensiven Betriebe, die ja zum Teil schon ihre Produktion eingestellt haben. Das, was die Ampel hier beschlossen hat – Energiegeld, Einmalzahlung, Senkung der Kraftstoffsteuer –, hilft nicht weiter. All das hilft dem produzierenden Gewerbe nicht. Es ist zu wenig, und es ist zeitlich zu kurz angelegt. Wir brauchen eine echte Entlastung der Wirtschaft, ein Hilfspaket, das auch Überbrückungshilfen umfasst. Hier muss die Bundesregierung das Richtige und Notwendige tun, und zwar jetzt. Die Wirtschaft und somit auch unsere Arbeitsplätze brauchen Unterstützung. Auch die Menschen brauchen Unterstützung. Millionen sind aufs Auto angewiesen, um zur Arbeit zu kommen, um einzukaufen, um das Familienleben zu organisieren, damit die Kinder Oma und Opa besuchen können oder damit sie am Vereinsleben wieder teilhaben können. Wir brauchen eine starke soziale Abfederung der Krise. Die beschlossenen Maßnahmen der Ampel helfen an dieser Stelle, ja, sie reichen jedoch nicht aus. Es ist interessant, wenn man sich ansieht – das ging ja auch durch die Presse –, wie das Bundesarbeitsministerium im Vorfeld Kraftstoffrabatte oder Abschläge auf die Energiesteuer bewertet hat. Da wurde dann typischerweise gesagt: Diejenigen mit höherem Einkommen sind auch mobiler und mehr unterwegs. – Erstaunlich ist vor allem, welche Ratschläge gegeben wurden. Beispielsweise hieß es: Wenn man die entsprechenden Steuern senken würde, was kurzfristig umsetzbar wäre, würde es keinen Anreiz zum Sparen geben. Dann gab es gleich einen Rat hinterher: Man könnte ja statt 110 km/h 90 km/h fahren. – Ich bin oft im ländlichen Raum unterwegs, auf Landstraßen, auf Bundesstraßen. Ich wusste gar nicht, dass man da 110 km/h fahren darf. Das zeigt: Wir brauchen keine Verhaltensratschläge aus dem Haus des Bundesarbeitsministeriums, sondern wir brauchen tragfähige Vorschläge. Diese haben wir als Union unterbreitet. Wir brauchen spürbare Steuersenkungen bei den Energiekosten; das muss natürlich auch die Mehrwertsteuer umfassen. Es ist auch viel zu kurz gesprungen, dass Sie ihre Maßnahmen für nur drei Monate beschlossen haben. Natürlich ist es notwendig, die Pendlerpauschale zu erhöhen, und zwar ab dem ersten Kilometer. Entlasten Sie die Bürgerinnen und Bürger. Helfen Sie den Bürgerinnen und Bürgern in dieser schweren Situation. Das ist das, was jetzt nottut, damit wir gut durch diese Krisensituation kommen. Dafür steht die Union. Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Andreas Audretsch.
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Isabel Mackensen SPD
Isabel
Mackensen
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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Die gesellschaftlichen Fragen nach mehr Tierwohl, Biodiversität und Klimaschutz werden immer lauter. Der ökologische Landbau kann einen relevanten Beitrag zur Lösung der umwelt- und ressourcenpolitischen Herausforderungen dieser Zeit leisten und gilt zu Recht als ein Schlüssel für eine nachhaltige Landwirtschaft. Das erklärte Ziel der Bundesregierung – so steht es auch im Koalitionsvertrag – ist die Erhöhung des Anteils der Flächen für den Ökolandbau auf 20 Prozent bis zum Jahr 2030. Im Jahr 2018 betrug der Flächenanteil mit 1,521 Millionen Hektar nur rund 9,1 Prozent. 20 Prozent bis 2030 zu erreichen, wird bei dem jetzigen Tempo schwierig. Gleichzeitig kann es nur eine Etappe auf dem Weg zu einer nachhaltigen Landwirtschaft sein, die mit Blick auf die steigende Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher nach Bioprodukten auch von dieser Seite gewünscht wird. Daher werde ich mich zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Bundestagsfraktion für den weiteren Ausbau sowie für die Förderung von Forschung und Innovation des ökologischen Landbaus einsetzen. Hinzu kommt, dass Bioprodukte häufig nicht direkt vor Ort verkauft, sondern über weite Strecken transportiert werden. jedoch würden von der Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten die Konsumentinnen und Konsumenten, vor allem aber auch die Landwirtinnen und Landwirte profitieren. Das Ziel muss sein, Angebot und Nachfrage nach regionalen Erzeugnissen zusammenzubringen und die dafür notwendigen Infrastrukturen für die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte zu erhalten bzw. wieder auszubauen, ganz nach dem Motto: nachhaltig produzierte Lebensmittel aus der Region für die Region. Als Pfälzerin liegt mir zudem der traditionelle Weinbau besonders am Herzen. Diesem Thema möchte ich hier im Hohen Haus mehr Raum geben. Letztes Wochenende haben wir in meinem Wahlkreis Neustadt-Speyer, in Bad Dürkheim an der Deutschen Weinstraße, den 603. Wurstmarkt, das größte Weinfest der Welt, eröffnet. Hier werden Winzerhandwerk, Tradition und friedliches Miteinander gefeiert. Daher freue ich mich ganz besonders, im nächsten Jahr bei der großen Novelle des Weingesetzes mitwirken zu können. Mit den Chancen der Digitalisierung, einer Modernisierung des Bezeichnungsrechts und der verbesserten Absatzförderung werden wir unseren Beitrag für den Erfolg des deutschen Weinbaus leisten. Vielen Dank. Und auch noch die Redezeit vorbildlich eingehalten. Glückwunsch! – Der Kollege Christian Haase hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
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Carsten
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Abgeordnete Weidel, ich habe den Medien entnommen, dass eine Besuchergruppe von Ihnen aus Ihrem Wahlkreis im Konzentrationslager Sachsenhausen war, dass sie dort antisemitische Äußerungen getätigt hat und dass sie die in der Vergangenheit stattgefundenen Ereignisse relativiert hat. Ich finde, hier im Deutschen Bundestag wäre heute der geeignete Ort gewesen, dass Sie sich davon distanzieren, Frau Weidel. Sie haben diese Chance verpasst, genauso wie Herr Gauland heute die Chance verpasst hat, sich von den Ereignissen in Chemnitz zu distanzieren, wo Menschen in Aufruhr waren und die Unsicherheit auf die Straße gebracht haben, die einer Demonstration folgten, die Ihr Landesvorsitzender aus Thüringen, Höcke, mit organisiert und angeführt hat, mit dem Pegida-Chef Bachmann und anderen stadtbekannten Hooligans, in deren Folge Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus Marburg durch die Stadt getrieben wurden, denen Fahnen abgenommen und die geschlagen wurden. Davon hätten Sie sich distanzieren können, Herr Gauland. Nichts in diese Richtung. Nichts! – Sie waren nicht dabei, richtig. Aber Sie scheinen ein klares Urteil zu haben. Meine Damen und Herren, was in Chemnitz und in Köthen passiert ist: Jeder Tod eines Unschuldigen ist ein Tod, der uns schmerzt, ja. Aber was danach an Demonstrationen stattfindet, die das Demonstrationsrecht überschreiten, wo Neonazis aufrufen und Hooligans die Städte unsicher machen, wo zu Gewalt aufgerufen wird, wo wie in Chemnitz von Hooligans gerufen wird – ich zitiere –: Wir sind Krieger, wir sind Fans, Adolf Hitler, Hooligans. Wo dies passiert und die normalen Menschen danebenstehen und applaudieren, da ist etwas ins Rutschen gekommen, meine Damen und Herren. Wir Demokraten sind dazu angehalten, das zu stoppen. Das erinnert mich sehr stark an die Zeit zwischen 1990 und 1992 und an Rostock-Lichtenhagen. – Ich lasse keine Zwischenfrage zu. Ich kann nur dazu auffordern, dass wir an dieser Stelle exakt sind und denjenigen sagen, die Sorgen haben und sich nicht sicher fühlen, dass wir diese Sicherheit gewährleisten wollen. Dass wir diese Sorgen ernst nehmen, ist gar keine Frage. Aber wer mit Neonazis marschiert, kann danach nicht sagen, er hat mit denen nichts zu tun, sondern er macht sich mit ihrer Sache gemein. Das ist die wirkliche Gefahr. Bei der öffentlichen Sicherheit hätte ich mir gewünscht, dass es, bevor wir zu Urteilen kommen – Herr Kauder ist gerade nicht hier; er hat das eben selbst bezogen auf die Innenausschusssitzung und die Äußerungen von Herrn Maaßen gesagt –, eine Unvoreingenommenheit gibt. Diese Unvoreingenommenheit betrifft auch einen Kollegen Ihrer Fraktion, nämlich den Chef des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Herrn Schuster, der heute Morgen im Fernsehen gesagt hat: Wir können zur Tagesordnung übergehen. Meine Damen und Herren, ich sehe das nicht so, und die SPD-Fraktion auch nicht. Wir brauchen Vertrauen in den Rechtsstaat. Wir brauchen Vertrauen in die Sicherheitsbehörden. Ich war zehn Jahre lang Vorsitzender des Vertrauensgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste und weiß, wovon ich spreche. Dieses Vertrauen ist nicht nur angekratzt. Denn was wir erleben mussten, war ja, dass eine Äußerung der Bundeskanzlerin persönlich von dem ihr eigentlich unterstehenden Geheimdienstchef des Inlandsgeheimdienstes nicht nur relativiert, sondern konträr dargestellt wurde. Die Frage, die ich mir dabei wirklich stelle, ist: Reden die eigentlich miteinander? Es ist ja wohl entscheidend, dass der Bundesinnenminister, die Kanzlerin und der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz miteinander sprechen und über die Lage die gleiche Einschätzung haben; denn nur dann kann man handeln, und darum geht es. Darum geht es für uns Sozialdemokraten. Hier geht es nicht um einen Kopf. Hier geht es um die Frage des Vertrauens in den Rechtsstaat und auch in die öffentliche Sicherheit in Deutschland. Das ist für uns zentral, genauso wie die soziale Sicherheit. Dazu sind wir hier auch anderer Auffassung als die Grünen und die FDP. Herr Lindner hat das heute bei der Rente und auch bei der Miete klargemacht. Ja, die SPD ist mit Sicherheit nicht die Partei der Interessen der Eigentümer, also von Haus & Grund, sondern die SPD ist eher Interessenvertreter derjenigen, die im Mieterbund organisiert sind. Völlig klar. Wenn ich in einer Großstadt mittlerweile 40 Prozent meines Einkommens und mehr nur noch für Miete ausgebe, dann ist das nicht mehr akzeptabel, weil das auch eine Umverteilung ist. Denn durch die Preissteigerungen der letzten Jahre ist bei denjenigen, die Eigentum haben und über Wohnungen und Häuser in Berlin, München und Hamburg verfügen, das Vermögen gestiegen. Dazu kommt noch das zusätzliche Einkommen aus der höheren Miete. Wir sagen: Nein! Stopp! Wir Sozialdemokraten werden das stoppen. Diesen Abfluss und diese Umverteilung gibt es mit uns nicht. Wir greifen ein. Faire Mieten in unserem Land sind ein Grundrecht. Von daher: Dieser Haushalt stellt in diesem Herbst insbesondere alles, was den sozialen Aufbruch bringt, in den Mittelpunkt. Wir werden um eine gesellschaftliche Mehrheit dafür kämpfen, dass wir die gesetzliche Rentenversicherung – Andrea Nahles hat das gesagt – dauerhaft stabilisieren und das Rentenniveau nicht absinken lassen. Mit dem ersten Gesetz, dessen Entwurf Hubertus Heil vorgelegt hat, ist es uns gelungen, hier Sicherheit bis 2025 zu geben. Ja, dafür brauchen wir Geld. Aber wir werden Geld in die Hand nehmen und die zur Verfügung stehenden Mittel nutzen und sie beispielsweise nicht hauptsächlich für Verteidigungsausgaben verwenden. – Sehr geehrte Damen und Herren von der AfD, Ihre Kollegin Weidel hat eben gesagt, dass sie das 2-Prozent-Ziel der NATO erreichen will. Das bedeutet 40 Milliarden Euro mehr für Aufrüstung. Sozialdemokraten wollen das nicht. Wir wollen das Geld für eine stabile Rente. Ich erteile das Wort zu einer Kurzintervention dem Kollegen Leif-Erik Holm.
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Monika Lazar BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Monika
Lazar
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich möchte mich in meiner Redezeit den aktuellen Problemen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ widmen; denn es ist leider nicht so, wie Sie, Frau Ministerin, es uns in blumigen Worten geschildert haben. Zuerst wundert man sich, dass trotz guter Auslastung in diesem Jahr der Etatansatz um 8 Millionen Euro gekürzt wurde. Das ist ein völlig falscher Ansatz, und ich kann Sie von den Koalitionsfraktionen nur auffordern, diese Kürzung zurückzunehmen; denn der Bedarf ist auf alle Fälle da. Offenkundig gibt es auch an anderen Stellen sehr unterschiedliche Meinungen darüber, wie es bei diesem Bundesprogramm weitergehen soll. Wir brauchen jedenfalls mehr denn je eine ausreichende und dauerhafte Bundesförderung für bewährte zivilgesellschaftliche Initiativen. Doch leider ist das Gegenteil der Fall. Die Dachverbände der mobilen Beratung und der Opferberatung wurden bereits beim Interessenbekundungsverfahren vom Ministerium abgelehnt und dürfen folglich nicht einmal mehr einen Förderantrag stellen, obwohl diese Dachverbände seit nun mittlerweile 20 Jahren ein bundesweites Monitoring rechter Gewalt entwickeln, Qualitätsstandards weiter bearbeiten und auch die Vernetzung vorantreiben. Sie sind auch ein gutes Beispiel dafür, wie westdeutsche Verbände von ostdeutschen Projekten lernen konnten; denn die Bundesprogramme sind vor 20 Jahren in Ostdeutschland eingerichtet worden. Aber trotz dieser jahrelang nachgewiesenen Qualitätsstandards werden sie nicht weiter gefördert. Ich fordere das Ministerium auf, das noch einmal zu überdenken und die Förderung dieser bewährten Projekte wieder möglich zu machen. Auch die Anzahl der finanzierten Modellprojekte soll im nächsten Jahr drastisch zurückgefahren werden; auch das ist ein Fehler. Ein weiteres Beispiel: Bei den vom Bund geförderten Kompetenznetzwerken gibt es das Problem, dass im Interessenbekundungsverfahren bewährte Träger abgelehnt wurden. Das betrifft zum Beispiel das Netzwerk für Demokratie und Courage im Saarland – und das, liebe Frau Ministerin, wo Sie erst vor zwei Wochen in Leipzig bei der 20-Jahr-Feier des bundesweiten Netzwerks Demokratie und Courage waren und sich von der Qualität der Arbeit überzeugen konnten. Für mich ist das jedenfalls nicht nachvollziehbar. Das Bundesprogramm krankt leider an der nicht vorhandenen Planungssicherheit. Wir brauchen aber Sicherheit für die Expertinnen und Experten für unsere Demokratie und sollten die Förderung deshalb weiter unkompliziert gestalten. Weiterhin stellen wir fest, dass die Daueraufgabe Demokratieförderung, obwohl dies in beiden Abschlussberichten der NSU-Untersuchungsausschüsse des Bundestages gefordert wurde, immer noch nicht umgesetzt ist. Deshalb fordern wir als Bündnis 90/Die Grünen ein Demokratiefördergesetz. Meines Wissens fordert das die SPD auch. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, wir haben noch einige Wochen Zeit, um in den Haushaltsberatungen wirklich die richtigen Signale zu setzen, indem wir die Kürzung der Mittel für „Demokratie leben!“ zurücknehmen und den Weg freimachen für ein Demokratiefördergesetz, damit die zivilgesellschaftlichen Strukturen endlich dauerhaft finanziell und strukturell abgesichert werden. Vielen Dank. Vielen Dank. – Als Nächste spricht für die Fraktion der SPD die Kollegin Leni Breymaier.
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Matthias Höhn DIE LINKE
Matthias
Höhn
DIE LINKE
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, ich halte Ihre sicherheitspolitische Agenda für ein Sicherheitsrisiko. Das Zweite, was Ihre bisherige vierjährige Amtszeit kennzeichnet – ich habe nicht den Eindruck, dass das besser wird –, ist ein unverantwortlicher Umgang mit Steuergeld. Zu diesem Punkt will ich als Erstes etwas sagen. Sie haben heute wieder gesagt, wie viele Jahre lang wie viel Geld gekürzt worden ist, wie viel gespart worden ist. Was Sie heute nicht gesagt haben, ist – ich will das noch einmal in Erinnerung rufen –, dass der Verteidigungshaushalt in den letzten vier Jahren um 20 Prozent gestiegen ist. Der Verteidigungshaushalt hat inzwischen ein größeres Volumen erreicht – er wird in dieser Legislaturperiode weiter wachsen – als jeder andere Verteidigungshaushalt in den letzten Jahren. 20 Prozent Steigerung in vier Jahren – andere Haushalte, liebe Kolleginnen und Kollegen, würden sich über solche Wachstumsraten freuen. Jetzt schauen wir einmal, was Sie mit diesem Geld gemacht haben. Wir haben ja in dieser Woche den Rüstungsbericht vorgelegt bekommen. Ich will zwei Beispiele nennen. Das erste Beispiel ist das Projekt Eurofighter. Der Eurofighter ist wahrscheinlich zwölf Jahre später fertig als geplant und kostet 6,7 Milliarden Euro mehr. Das zweite Beispiel ist der A400M. Er ist wahrscheinlich elf Jahre später fertig als ursprünglich geplant und kostet 1,2 Milliarden Euro mehr. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie reden hier gerne über Haushaltsdisziplin und die schwarze Null. Beim Verteidigungshaushalt scheint das alles kein Problem zu sein. Ich halte das für unverantwortlich. Frau Ministerin, Sie reden gerne über Trendwenden. Ich würde mich über die Trendwende hin zur Sparsamkeit im Verteidigungsetat freuen. Das wäre einmal ein echter Fortschritt. Ich möchte noch eine Bemerkung zum Thema Sicherheitsrisiko machen. Sie haben auf die Friedensdividende der 90er-Jahre hingewiesen. Sie haben auch darauf hingewiesen, dass sich die Sicherheitslage verändert habe, spätestens seit 2014. Dazu will ich Folgendes sagen: Die Großprojekte, über die ich gerade gesprochen habe, aber auch andere wie zum Beispiel der Puma – wir könnten die Liste fortsetzen –, diese Großprojekte, die so unendlich ins Geld gehen, wurden lange vor dieser sicherheitspolitischen Veränderung geplant und in Auftrag gegeben, zu einer Zeit, als wir uns noch über die Friedensdividende gefreut haben. Sie sind nicht das Ergebnis einer veränderten sicherheitspolitischen Lage, sondern wurden lange vor dieser Veränderung geplant. Also begründen Sie diese Projekte bitte nicht mit einer veränderten sicherheitspolitischen Lage. Letztlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, stellt sich die Frage, ob wir wieder in eine Periode kommen, in der wir uns wieder über eine Friedensdividende freuen können. Natürlich ist es richtig, dass nicht nur die ­NATO-Staaten ihre Militäretats hochfahren, sondern auch China, Russland und andere Staaten dieser Welt. Es stellt sich doch die Frage, wie wir das beenden wollen. Ich glaube nicht, dass wir das beenden können, indem wir alle immer so weitermachen und noch mehr drauflegen. Ich glaube, dass irgendjemand den ersten Schritt unternehmen und sagen muss: Wir kürzen unseren Verteidigungsetat; wir machen bei dieser Spirale nicht mit. Wenn wir die Einzigen in diesem Hause sind, die das fordern, sage ich: Noch sind wir die Einzigen. Herzlichen Dank. Vielen Dank, Herr Kollege Höhn. – Als letztem Redner erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Reinhard Brandl für die CDU/CSU-Fraktion.
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Petr Bystron AfD
Petr
Bystron
AfD
Erstens. Sie zitieren falsch. Sie haben mir unterstellt, dass ich das gesagt habe. Richtig ist, dass das meine Kollegin bei einem innerparteilichen Wahlkampf gesagt hat. So viel zum Umgang zwischen Frauen und Männern. Zweitens. Sie wurde nicht gewählt, und ich wurde auch nicht gewählt in diesem Wahlgang. Gewählt wurde unser Kollege Kay Gottschalk, weil er der Beste war. So ist das bei uns in der Partei. Drittens. Es war wirklich durchsichtig, dass das jetzt kommt. Sie sehen: Wir haben uns längst vertragen. Wir kommen sehr gut miteinander aus. Wir brauchen so etwas nicht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit schließe ich die Debatte. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 19/7920 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt in den Saal kommen oder den Saal verlassen, das möglichst zügig zu machen, damit wir ohne Verzögerung fortfahren können.
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Katrin Budde SPD
Katrin
Budde
SPD
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht nur die erste Rede, es ist mir eine Ehre, auch das letzte Wort heute bei diesem Einzelplan zu haben. Das muss man mit der ersten Rede erst einmal schaffen. Immerhin. Der Haushalt des Bereichs Ernährung und Landwirtschaft ist nicht unbedingt der größte Haushalt. Es ist ein großer, aber vieles – wir haben es gehört – ist im Bereich der sozialen Sicherungssysteme angesiedelt. Es ist auch nicht der, der immer die lauteste Auseinandersetzung hervorruft. Aus 27 Jahren Landespolitik weiß ich, dass es unter den Bäuerinnen und Bauern dann doch immer viel Einigkeit gibt. Vielleicht sollte er aber doch ein Haushalt mit einer großen Auseinandersetzung sein, nicht weil wir in den Fragen und Inhalten so zerstritten sind, sondern weil es der Haushalt ist, der einen entscheidenden Teil unseres Lebens abbildet. Landwirtschaft, Forst- und Ernährungswirtschaft sind entscheidende Säulen unserer Wirtschaft. Sie haben Einfluss auf das Essen, die Gesundheit, die Umwelt und die Umgebung, in der wir leben. 80 Prozent der Bundesrepublik sind ländliche Räume. Sie sind sehr differenziert und unterschiedlich, aber es sind ländliche Räume. Genau deshalb muss die Politik für ländliche Räume sichtbarer, effektiver und wirkungsvoller werden. Dies muss ein Kernthema des Ministeriums in dieser Legislatur sein. Ich erhoffe mir – das, Herr Fuchtel, geht jetzt sozusagen an Ihre Chefin – durch den Führungswechsel an der Spitze des Ministeriums auch etwas mehr Empathie und Fingerspitzengefühl. Der weibliche Blick für das Wesentliche und für Nachhaltigkeit, also Verantwortung für gegenwärtige und folgende Generationen, ist ja meist – und das schon seit Jahrtausenden – etwas geschärfter, und das kann sehr gut sein. Wenn man über ländliche Räume redet, meine Damen und Herren, dann trifft man ja im Grunde immer wieder auf gute alte Bekannte, nämlich Themen wie Mobilität, Gesundheitsinfrastruktur, Bildungsinfrastruktur, Versorgung. Es wird immer über diese Dinge geredet, wenn wir über ländliche Räume sprechen. Daneben schiebt sich aber seit einigen Jahren, in den letzten Monaten noch einmal verstärkt, das Thema Digitalisierung als ein neues Querschnittsthema der Daseinsvorsorge dazwischen – nicht nur in Ballungszentren, sondern insbesondere in ländlichen Räumen. Erreichbarkeit in der digitalen Welt bzw. über die digitale Welt ist auch als Schlüssel für neue, andere, zusätzliche und interessante Arbeitsplätze unerlässlich. Einfach alles in der heutigen Welt ist von Erreichbarkeit und Schnelligkeit abhängig. Manchmal mag man darüber auch denken: leider. Das denke ich auch oft; aber man braucht sie. Doch um die wirtschaftliche Entwicklung des ländlichen Raumes zu stärken, benötigen wir auf der einen Seite schnelles Internet, auf der anderen Seite brauchen wir aber auch eine größere regionale Wertschöpfung, regionale Verarbeitung und regionale Vermarktung. Das Bundesprogramm „Ländliche Entwicklung“ ist gut. Die Verstetigung der Mittel im Bundeshaushalt ist richtig und wichtig. Dass sie noch nicht alle vollständig abgerufen werden, zeigt, dass noch viel Arbeit vor uns liegt. Eingeplante und dennoch verfallene Mittel helfen weder den Menschen vor Ort, den Bäuerinnen und Bauern, noch denjenigen, die in der ländlichen Region etwas aufbauen wollen, oder der gesamten Gesellschaft. Also müssen wir erreichen, dass die Mittel abgerufen werden. Wir halten an unserem Ziel der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse fest. Die Haushaltsmittel sind dabei nur Mittel zum Zweck; wir müssen etwas daraus machen. Ein entscheidender Punkt ist dabei – das wurde schon oft gesagt und ist deshalb nicht falsch, sondern umso wichtiger – die regionale Wertschöpfung. Regionale wirtschaftliche eigenständige Strukturen, die tragen, sind gesund und umweltfreundlich. Regionalität ist nicht das Zauberwort, das alle Probleme löst, ist aber entscheidend. Regionalität ist der Schlüssel, um dem Ziel, unseren Regionen vor Ort wieder Lebenskraft zu geben, ein wenig näherzukommen. Deshalb können wir uns auch gut vorstellen, eine Ergänzung vorzunehmen und ein Modul für regionale Wertschöpfung und Vermarktung im Bundesprogramm „Ländliche Entwicklung“ aufzunehmen. Geld ist ja ganz offensichtlich da; wir müssen es nur sinnvoll ausgeben können. Auch die Gründung des Kompetenzzentrums Ländliche Entwicklung mit ressortübergreifendem Ansatz ist ein solcher Baustein für integrative Politik, für Zusammenarbeit und gegen Ressortdenken. Begleitforschung ist dabei übrigens immer wichtig, meine Damen und Herren von der AfD, und nicht ein notwendiges Übel. Ein Thema, das ich noch zum Schluss ansprechen möchte, mir extrem wichtig ist, aber nicht unmittelbar mit dem Haushalt zu tun hat, ist der drohende Ausverkauf von Grund und Boden an Finanzinvestoren oder an Gesellschaften, die mit Grund und Boden handeln oder Grund und Boden als Geldanlage sehen. Wir brauchen die bodengebundene, die inhabergeführte, die bäuerliche Landwirtschaft. Egal ob es große, kleine oder mittlere Betriebe sind – es muss eine gute Mischung geben. Wir brauchen die Bäuerinnen und Bauern als Eigentümerinnen und Eigentümer in der Region, in der sie arbeiten und wohnen. Sie kennen ihr Land. Sie kennen ihre Region. Sie kennen die Witterungsbedingungen. Sie wissen, was zu machen ist. Sie wissen, was Verantwortung für die nächste Generation heißt. Und auch wenn dies kein zentrales Haushaltsthema ist, muss es hier doch einmal angesprochen werden. Wir müssen helfen, Lösungen zu finden – im Haushalt und außerhalb des Haushalts. Es ist gerade ein akutes ostdeutsches Problem; aber ich habe gelernt: Es macht vor anderen, westlicheren Bundesländern nicht halt. Ich habe aus Baden-Württemberg gehört, dass es auch dort Probleme gibt. Also, zum guten Schluss: Perspektiven für ländliche Räume schaffen, heißt Arbeiten, Wohnen und das Gesundheitssystem fördern, heißt Infrastruktur für Mobilität auf Straße, Schiene und im Netz ausbauen, heißt Schulen, Kitas und Horte finanziell besser ausstatten, heißt Studium und Facharbeiterausbildung in der Fläche ermöglichen, Familiengründung und Modern-leben-Können fördern, heißt, die Abwanderung der klugen, jungen Frauen stoppen. Wir können auch Traktoren und Krane fahren. Wir können all das, was die Männer können; aber ohne kluge junge Frauen in der Region wird es ein wirkliches Problem geben. Das heißt, wir müssen ihre Abwanderung stoppen. Heimat ist mehr als das Aufhängen von Kreuzen. Das sage ich, auch wenn ich selbst katholisch bin. Vielen Dank fürs Zuhören. Vielen Dank. – Wir sind damit am Ende unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Mittwoch, den 16. Mai 2018, 9 Uhr, ein. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Feierabend und sage abschließend: Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 17.24 Uhr)
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