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2024-04-23
Polizei gelingt Schlag gegen bundesweite Bande
Betrugsmasche auf WhatsApp
"Hallo Mama, mein Handy ist kaputt, das ist meine neue Nummer" - Nachrichten wie diese sind Teil einer beliebten Betrugsmasche. Nun konnte die Nürnberger Polizei zahlreiche Taten einer bundesweit agierenden Bande aufklären.
"Hallo Mama, mein Handy ist kaputt, das ist meine neue Nummer" - Nachrichten wie diese sind Teil einer beliebten Betrugsmasche. Nun konnte die Nürnberger Polizei zahlreiche Taten einer bundesweit agierenden Bande aufklären. WhatsApp-Nachrichten, in denen vermeintlich das eigene Kind um Geld bittet, haben viele Menschen schon erhalten. Die Nürnberger Kriminalpolizei hat nun zahlreiche Taten einer bundesweit agierenden Betrügerbande aufklären können. Sie soll ihre Opfer um mehr als 370.000 Euro gebracht haben. Der Kopf der Bande, ein 21-jähriger Nürnberger, sitze in Untersuchungshaft, teilten die Ermittler mit. Die Ermittlungen gegen weitere Mitglieder der mindestens sechsköpfigen Bande liefen weiter.  Betrugsmaschen auf WhatsApp Den Ermittlungen zufolge nutzten die Täter zwei Betrugsmaschen, um an Geld zu kommen. Sie kontaktierten die Geschädigten per WhatsApp oder SMS und gaben sich als deren Kind aus. Im Laufe des Chatverlaufs baten sie die Opfer dann darum, Rechnungen per Überweisung zu begleichen. Dafür unterhielt die Bande laut Polizei ein Netzwerk von mindestens 50 Finanzagenten, die ihre Bankkonten gegen eine Bezahlung dafür zur Verfügung stellten.  Bei der zweiten Betrugsmasche gaben sich die Täter am Telefon als Bankmitarbeitende aus. Zu diesem Zeitpunkt sollen diese bereits Zugriff auf das Online-Banking der Geschädigten gehabt haben. Im Gespräch überredeten die Täter ihre Opfer, Zahlungen im TAN-Verfahren freizugeben.  Kopf der Bande im Herbst festgenommen Den per Haftbefehl gesuchten Kopf der Bande schnappten die Ermittler eigenen Angaben nach im vergangenen Herbst, nachdem er bei einer Fahrscheinkontrolle in einem Zug bei Würzburg kein Ticket vorweisen konnte. Er nutzte zu diesem Zeitpunkt eine falsche Identität - die richtige konnten die Ermittler über seine Fingerabdrücke klären. Gegen die Finanzagenten laufen demzufolge Strafverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche. Polizei warnt vor Betrug Unter anderem die Polizei in NRW warnt eindringlich vor solchen oder ähnlichen Betrugsmaschen. Wer von vermeintlichen Familienmitgliedern oder nahestehenden Menschen derartige Nachrichten auf WhatsApp erhalte, sollte nicht darauf antworten und keinesfalls Geld an ein Bankkonto überweisen. Zudem sollten die Betroffenen immer eine Strafanzeige erstatten. Nur so erhalte die Polizei Kenntnis von der Straftat und könne Täterinnen oder Täter verfolgen.
/inland/gesellschaft/betrug-whatsapp-100.html
2024-04-23
Gegen den Ausverkauf der eigenen Heimat
Proteste auf den Kanaren
Zehntausende Menschen haben am Wochenende auf den Kanaren gegen den "Ausverkauf" ihrer Inseln protestiert, mehrere Aktivisten sind im Hungerstreik. Jetzt fragen sich viele, was der Protest bewirken kann. Von Kristina Böker.
Zehntausende Menschen haben am Wochenende auf den Kanaren gegen den "Ausverkauf" ihrer Inseln protestiert, mehrere Aktivisten sind im Hungerstreik. Jetzt fragen sich viele, was der Protest bewirken kann. Von Kristina Böker 20 Grad mild, das Meer plätschert an die Felsen, Lounge-Musik und leises Stimmengewirr aus der nahen Strandbar. Um diese Jahreszeit ist noch Platz an der "Playa la Tejita" im Süden von Teneriffa. Idylle pur, so scheint es. Wären da nicht diese Graffitis: "Tourist go home" prangt in Großbuchstaben auf einem Kabelkasten vor einer Baustelle: diverse große halbfertige Rohbauten, viel Beton und Stahl. Es ist ein Ort, an dem Sonnen- und Schattenseite des Tourismus zusammen fallen: die Schönheit der Natur und die Probleme, die immer mehr Hotel- und Apartmentbauten auf der Insel hervorrufen. "Wir wollen Ökotourismus und nachhaltigen Tourismus, aber wir wollen keine Überbevölkerung", ruft ein Mann, als er unsere Kamera sieht. Er lebt selbst auf den Kanaren und ist solidarisch mit den Aktivisten, die gegen zu viel Tourismus auf den Inseln protestieren. Es ist DAS Gesprächsthema in diesen Tagen bei den Inselbewohnern. Aktivisten befürchten "Ausverkauf" der Kanaren Victor Martín, Geografieprofessor und Pressesprecher der Bewegung "Canarias se agota" - gegen den "Ausverkauf der Kanaren" - erklärt, dass sich an dieser und einer weiteren Baustelle der Protest der Aktivisten entzündet hat. Hier gebe es Zweifel an der Baugenehmigung so nah am Wasser. Die Aktivistinnen fordern einen Baustopp und ein Moratorium, bevor die Kanarischen Behörden weitere Projekte zulassen. Ein paar Buchten weiter entstehen um die 400 Luxusapartments, auf dem früheren riesigen Gelände einer Tomaten- und Bananen-Farm - mit freier Sicht aufs Meer. "Wir wollen, dass dieses Gebiet für etwas anderes genutzt wird als für immer mehr Wohnungen und Hotels", sagt Aktivist Victor Martín, der Tourismus habe sich seit einem halben Jahrhundert immer mehr Flächen einverleibt. Massentourismus lässt Steuerkassen klingeln In der Ferne zu sehen: die Hochhäuser von "Las Americas", Zentrum des Pauschal- und Massentourismus auf Teneriffa. Hier klingeln die Kassen derer, die vom Tourismus leben. Und denen der Protest der Demonstrierenden zu scharf ist. Der Tourismus ist laut Daten vom kanarischen Statistik-Institut der wichtigste Wirtschaftsfaktor auf den Inseln und steuerte 2022 rund 35 Prozent zum kanarischen BIP bei. Im Steuersäckel landeten daraus satte 3,4 Milliarden Euro. Auf der Sonnenseite brummt die Tourismuswirtschaft, im Schatten sehen sich die, die davon nicht profitieren. Die Löhne auf den Kanaren sind die zweitniedrigsten Spaniens, die Wohnungsnot für die Protestbewegung eines der größten Probleme. Wohnraum wird vielfach über Plattformen an Touristen vermietet. Dadurch wird Wohnraum knapp und teuer. Zu teuer für die Kanarier. Protest gegen zu viel Tourismus, nicht gegen Touristen Spätnachmittags auf der Hafenpromenade in Puerto Santa Cruz im Norden Teneriffas flanieren viele deutsche Touristen. Für die Demonstrierenden zeigen die meisten Verständnis. So wie Christian Heintz aus Kiel, der mit Familie da ist. Spanien habe allerdings in den 60er und 70er Jahren den Sauftourismus ein wenig angelockt, findet er, und habe dann jahrzehntelang davon gut gelebt. "Das jetzt einfach so über Nacht wieder loszuwerden, das wird nicht einfach". Die deutschen Reisenden scheinen sich weiter Willkommen auf den Kanaren zu fühlen, allen Befürchtungen der Hoteliers zum Trotz. Die Aktivisten würden die Probleme der Inseln auf den Tourismus schieben, so der Präsident des Hotelverbandes auf Teneriffa Jorge Marichal, aber der sei eigentlich die Lösung. Problematisch sei, dass die Bevölkerung der Kanaren in den vergangenen 25 Jahren um 30 Prozent gewachsen sei. "Aber es gibt nicht mehr Autobahnen, Schulen, Krankenhäuser und Wohnungen, all das ist nicht gewachsen." Politik macht nach Demonstrationen Ankündigungen Die einen klagen über zu wenig Infrastruktur, die anderen über zu viel Tourismus - und jetzt? Zum Wochenbeginn lobt der Präsident der Kanarischen Inseln, Fernando Clavijo, die friedlichen Proteste vom Wochenende und räumt ein, dass das Tourismusmodell überprüft und neu ausgerichtet werden müsse. Es werde Gespräche geben. Kritisch bewertet er die Forderung der Demonstrantinnen nach einem Moratorium für weitere Bauprojekte. Augustín Santana-Talavera vom Institut für Tourismus an der Universität La Laguna auf Teneriffa ist skeptisch, was schnelle Lösungen angeht. Die Äußerungen der kanarischen Regierung gingen eher in die Richtung "wir arbeiten dran" und die Tourismuswirtschaft wolle offenbar nicht über die Löhne sprechen, sagt er gegenüber tagesschau.de. "Es könnte aber sein, dass die Idee einer Tourismus-Steuer aufgegriffen wird", er selbst fände es vor allem wichtig, die Ferienunterkünfte zu regulieren und zu kontrollieren. Aktivist Victor Martín zieht nach den Demonstrationen am Wochenende ein positives Resumée für die Aktivisten. Sie fühlten sich in ihrem Kampf durch die vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bestätigt. Der Hungerstreik gehe dennoch weiter. Und die Touristen selbst? Werden wohl weiter die Sonnenseiten der Inseln genießen und sich von "Tourist go home"-Graffitis" nicht abschrecken lassen.
/wirtschaft/verbraucher/massentourismus-kanaren-protest-100.html
2024-04-23
Schweiz streitet über EGMR-Klimaurteil
Weniger CO2-Ausstoß gefordert
Vor zwei Wochen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Schweiz dazu verurteilt, mehr für den Klimaschutz zu tun. Seitdem wird über die Folgen des Urteils hitzig diskutiert. Von Mathias Zahn.
Vor zwei Wochen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Schweiz dazu verurteilt, mehr für den Klimaschutz zu tun. Seitdem wird über die Folgen des Urteils hitzig diskutiert. Von Mathias Zahn Das bürgerlich-konservative Lager schäumt seit Bekanntwerden des Straßburger Urteils. Politiker betreiben Richterschelte, beklagt wird nicht weniger als ein Angriff auf die nationale Souveränität. Die rechtsnationale SVP schlachtete das Urteil direkt aus - für ihren Abschottungskurs gegenüber Europa. Sie fordert, die Schweiz müsse als Reaktion auf das Urteil aus dem Europarat austreten. SVP-Abgeordneter spricht von "dekadenten Richtern" "Das gibt sehr wohl zu denken", sagt Christian Imark, Parlamentsabgeordneter der SVP. "Wie dekadent diese Straßburger Richter heute schon geworden sind, damit sie uns reinreden müssen und unsere direktdemokratischen Entscheide korrigieren wollen. Das gibt mir zu denken und das ist hochgradig dramatisch." Auch die FDP-Abgeordnete Susanne Vincenz-Stauffacher kritisiert das Urteil für mehr Klimaschutz. "Ich kann diese Schlussfolgerung so nicht nachvollziehen und würde mich auch dagegen verwahren, dass ein internationales Gericht jetzt auf die nationale Klimapolitik - in unserem Fall in die Klimapolitik der Schweiz - direkt Einfluss nehmen möchte." SVP und auch die FDP finden, die Schweiz stehe beim Klimaschutz gar nicht so schlecht da. Grüne und Sozialdemokraten fordern mehr Anstrengungen Dringenden Handlungsbedarf sehen dagegen Grüne und Sozialdemokraten. "Wir müssen mehr machen im Klimaschutz. Und da haben wir es im Parlament in der Hand", ruft die Sozialdemokratin Céline Widmer den Konservativen in einer hitzigen Fernsehdebatte zu. Der Kanton Zürich mache es mit seinem Gesetz für mehr klimaneutrale Heizungen vor, so die Sozialdemokratin. Wie sehr die Debatte die Schweiz spaltet, zeigt auch ein Blick in die Zeitungskommentare. Die linke Wochenzeitung WOZ feierte das Urteil: "Für Klimaaktivist:innen bringt der Erfolg der Klimaseniorinnen neuen Schub. Denn er macht klar: Ihr Widerstand ist legitim. Der Druck wird weiterhin nötig sein, wie die bürgerlichen Reaktionen aufs Urteil zeigen: Dort scheint jede Einsicht zu fehlen." Die konservative Neue Zürcher Zeitung kommentierte dagegen: "Es kann nicht sein, dass Klimaaktivisten zusammen mit der Justiz die demokratische Debatte ausschalten wollen. In der Schweiz machen Parlament und Volk die Klimapolitik - und nicht eine Gruppe von Richtern." Schweizer Richter will vermitteln Bei Volksabstimmungen hatten die Schweizerinnen und Schweizer in den vergangenen Jahren ein Klimagesetz angenommen, ein anderes Mal schärfere CO2-Vorgaben aber abgelehnt. Dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehört auch ein Schweizer Richter an. Andreas Zünd hat am Klimaurteil gegen sein Land mitgearbeitet. Zünd weist den Vorwurf zurück, das Urteil richte sich gegen die direkte Demokratie. Das Gegenteil sei der Fall, sagte der Sozialdemokrat im Schweizer Fernsehen, um die Wogen zu glätten. Das Urteil sei keine Bevormundung. Klimaschutz sei ein wichtiges politisches Thema und darüber werde es immer demokratische Auseinandersetzungen geben. "Der Gerichtshof hat hier nur gesagt: So weit wie die Schweiz bisher gekommen ist, genügt das den Anforderungen nicht", sagte Zünd. "Es wird demokratische Auseinandersetzungen geben, wie man dieses Problem löst." Volksabstimmung über Erneuerbare Energien Die Schweizer Regierung will das Urteil erst einmal genau analysieren. Dort weiß man wohl, dass es schwierig werden dürfte, schnell mehr Klimaschutz durchzusetzen. Dafür braucht es nicht nur eine Mehrheit im Parlament, sondern auch im Volk. Ein erster Stimmungstest steht im Juni an - dann entscheiden die Schweizer bei einer schon länger geplanten Volksabstimmung über einen verstärkten Ausbau der Erneuerbaren Energien.
/ausland/europa/schweiz-egmr-klimaurteil-100.html
2024-04-23
Möbelhersteller Hülsta vor dem Aus
Branche in der Krise
Die hartnäckige Inflation und der stockende Wohnungsbau machen der deutschen Möbelindustrie zu schaffen. Dem angeschlagenen Hersteller Hülsta droht nun die Einstellung des Betriebs.
Die hartnäckige Inflation und der stockende Wohnungsbau machen der deutschen Möbelindustrie zu schaffen. Dem angeschlagenen Hersteller Hülsta droht nun die Einstellung des Betriebs. Der westfälische Möbelhersteller Hülsta steht vor dem Aus. Die Beschäftigten seien auf einer Versammlung unterrichtet worden, "dass mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum 1. Juni die Betriebseinstellung droht", sagte der vorläufige Insolvenzverwalter, Christoph Morgen. Bis dahin sollen alle vorliegenden Kundenaufträge so weit wie möglich erfüllt werden. Die 280 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten von März bis Mai Insolvenzgeld von der Agentur für Arbeit. Die MWS Westfalen Werke NDS GmbH & Co. KG und die MWS Werke Westfalen GmbH, bekannt unter dem Namen Hülsta, hatten kürzlich beim Amtsgericht Münster einen Insolvenzantrag eingereicht. Das Vorgängerunternehmen Hülsta-Werke Hüls GmbH & Co. KG hatte bereits im Oktober 2022 Insolvenz angemeldet. Das Verfahren war Ende 2023 abgeschlossen worden, danach übernahm ein neuer Investor die Geschäfte. "Beträchtliche Umsatzrückgänge" Grund für die finanzielle Schieflage des Unternehmens aus Stadtlohn nahe der niederländischen Grenze sind nach eigenen Angaben beträchtliche Umsatzrückgänge sowie externe Faktoren wie die schwierige Marktsituation, die keine kostendeckenden Umsätze erwarten ließen. Das Unternehmen gibt es seit 1940, als Alois Hüls in Stadtlohn eine Möbeltischlerei eröffnete. Der Name Hülsta setzt sich aus dem Familiennamen des Gründers und dem Ortsnamen zusammen. Branche leidet unter mangelnder Kauflaune Die deutsche Möbelbranche durchlebt schwierige Zeiten. Infolge der Kaufzurückhaltung der Verbraucher sank der Umsatz im vergangenen Jahr um 4,3 Prozent auf rund 18 Milliarden Euro. Neben der hohen Inflation spielte dabei auch der stockende Wohnungsneubau eine Rolle. Im Geschäft mit Wohn-, Ess- und Schlafzimmermöbeln gingen die Erlöse sogar um mehr als zwölf Prozent zurück. Nach Angaben der Verbände der Möbelindustrie VDM und VHK lagen die Auftragseingänge im vergangenen Jahr um elf Prozent unter dem Vorjahresniveau. Weniger Exporte, weniger Importe Auch die Absatzmärkte im Ausland sind von einem schwachen Konsumklima betroffen. Nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamts sanken die Möbelausfuhren 2023 um sechs Prozent auf rund 8,4 Milliarden Euro. Noch stärker gingen allerdings die Möbelimporte nach Deutschland zurück. Die Einfuhren sanken um knapp 18 Prozent auf rund 9,0 Milliarden Euro. Im Frühjahr hatte die Branche die Politik zur Förderung des Wohnungsbaus aufgefordert, aber auch Lichtblicke in der zurückgehenden Inflation und den in der zweiten Jahreshälfte erwarteten Leitzinssenkungen ausgemacht.
/wirtschaft/unternehmen/huelsta-insolvenz-100.html
2024-04-23
Fünf Migranten ertrinken im Ärmelkanal
Auf dem Weg nach Großbritannien
Fünf Menschen sind nach Angaben französischer Medien bei der Überquerung des Ärmelkanals gestorben. Etwa 100 Menschen wurden gerettet - nur wenige Stunden nachdem Großbritannien sein neues Abschiebeabkommen billigte.
Fünf Menschen sind nach Angaben französischer Medien bei der Überquerung des Ärmelkanals gestorben. Etwa 100 Menschen wurden gerettet - nur wenige Stunden nachdem Großbritannien sein neues Abschiebeabkommen billigte. Fünf Migranten sind laut französischen Medienberichten bei der Überquerung des Ärmelkanal in Richtung Großbritannien gestorben. Nach Angaben der Zeitung Voix du Nord wurden die Leichen am Strand von Wimereux in Nordfrankreich entdeckt - unter ihnen soll sich ein Kind befinden. Etwa 100 Migranten wurden gerettet und an Bord eines französischen Marineschiffs gebracht. Sie werden in den Hafen von Boulogne gebracht, so die Zeitung. Die Rettungsaktion dauere an - es seien Hubschrauber und Boote im Einsatz, so die Regionalzeitung. Großbritanniens Abschiebe-Deal mit Ruanda Nur wenige Stunden bevor die Toten entdeckt wurden, billigte das britische Parlament das Vorhaben von Premierminister Rishi Sunak, Migranten, die per Boot in Großbritannien ankommen, nach Ruanda abzuschieben. Das neue Gesetz ermöglicht es Großbritannien, Schutzsuchende ohne Aufenthaltspapiere nach Ruanda abzuschieben, damit sie dort ihr Asylverfahren durchlaufen. Dies soll laut der britischen Regierung zur Abschreckung von Geflüchteten und Schleusern dienen. Damit das Gesetz in Kraft tritt, muss König Charles sein Einverständnis geben. Dies wird in den kommenden Tagen erwartet. Durch die Neuregelung wird Ruanda künftig als sicheres Land eingestuft. Damit wird ein juristisches Vorgehen gegen die Abschiebungen erschwert. Die ersten Flüge sollen innerhalb der nächsten zehn bis zwölf Wochen starten, teilte die britische Regierung mit. Kritik am Abschiebeplan Menschenrechtsgruppen bezeichneten das Gesetz als unmenschlich und grausam. Die UN haben die britische Regierung aufgerufen, ihren Plan zu überdenken. Das umstrittene Vorhaben bedrohe die Rechtsstaatlichkeit und stelle "weltweit einen gefährlichen Präzedenzfall" dar, erklärte der UN-Menschenrechtsbeauftragte Volker Türk.  Stattdessen solle Großbritannien "praktische Maßnahmen ergreifen, um irreguläre Flüchtlings- und Migrantenströme auf der Grundlage internationaler Zusammenarbeit und der Achtung der internationalen Menschenrechtsnormen zu bewältigen". Flucht über den Ärmelkanal Jährlich versuchen zehntausende Menschen, in kleinen Booten über den Ärmelkanal von Frankreich aus nach Großbritannien zu gelangen. Laut der britischen Regierung ist die Zahl der irregulären Überfahrten im vergangenen Jahr um ein Drittel auf knapp 30.000 zurückgegangen, nachdem sie 2022 mit etwa 45.000 einen Höchststand erreicht hatte. Zuletzt war im März eine Siebenjährige ertrunken, die in einen Kanal fiel, der in den Ärmelkanal mündet. Das Boot war mit 15 Menschen übervoll gewesen und kenterte.
/ausland/europa/tote-aermelkanal-100.html
2024-04-23
Senegal will erneuerte Partnerschaft mit EU
Hoffnung auf Investoren
Der neue Präsident des Senegal, Faye, hofft auf Investoren. Er wolle die Partnerschaft mit der EU erneuern, sagte er beim Besuch von EU-Ratspräsident Michel. Unter anderem geht es Faye darum, Fischereiabkommen neu zu verhandeln. Von Kai Küstner.
Der neue Präsident des Senegal, Faye, hofft auf Investoren. Er wolle die Partnerschaft mit der EU erneuern, sagte er beim Besuch von EU-Ratspräsident Michel. Unter anderem geht es Faye darum, Fischereiabkommen neu zu verhandeln. Von Kai Küstner Es war der erste Besuch eines Abgesandten der EU im wichtigen westafrikanischen Partnerstaat Senegal nach der Wahl. Erst Anfang dieses Monats hatte dort der jüngste Präsident in der Geschichte seines Landes, der 44-jährige Bassirou Diomaye Faye, sein Amt angetreten. Zwischen Europa und Senegal bestehe "eine dichte und vielfältige Zusammenarbeit, aber gemeinsam wollen wir eine neu überdachte, erneuerte Partnerschaft", erklärte Faye nach seinem Treffen mit EU-Ratspräsident Charles Michel wörtlich. Senegal leidet unter massiver Überfischung Der Senegalese war mit dem Versprechen angetreten, die Souveränität, also Eigenständigkeit, des aus seiner Sicht zu sehr vom Ausland abhängigen Landes zurückzugewinnen. Insbesondere möchte die neue Regierung Öl- und Gasverträge mit ausländischen Konzernen, aber auch die Fischereiabkommen mit der EU neu verhandeln. Die Fischerei bildet einen wichtigen Pfeiler der Wirtschaft im Senegal. Allerdings leiden die Küstengebiete unter massiver Überfischung. Michel erklärte, man solle nicht fürchten, auch schwierige Themen anzusprechen, wenn es "Vorteile für beide Seiten" bringe. Er nannte auch ausdrücklich die Fischerei. Hoffnung auf Investoren Im Anschluss erläuterte Senegals Präsident noch, dass seine Regierung eine Entwicklung seines Landes "aus innen heraus" verfolge und man dabei insbesondere die Infrastruktur, also Züge, Straßen, Strom- und Telefonleitungen zu stärken gedenke. "Europäische Investoren, die erwiesenermaßen über Fähigkeiten in diesem Bereich verfügen, sind willkommen", sagte Faye. Für Deutschland und Europa ist der Senegal in Westafrika ein wichtiger Partner, weil sich in der Nachbarschaft viele Staaten, wie Mali, Niger oder Burkina Faso, von der EU abgewendet hatten. Trotz einer politischen Krise kurz vor der jüngsten Präsidentschaftswahl gilt der Senegal als vergleichsweise demokratisch und stabil - und hat anders als einige Länder in der Nachbarschaft auch noch nie einen Militärputsch erlebt.
/ausland/afrika/senegal-eu-partnerschaft-100.html
2024-04-23
Hummeln können tagelang unter Wasser überleben
Neue Studie
Missgeschick mit überraschender Entdeckung: Hummeln gerieten im Labor während des Winterschlafs ins Wasser - und überlebten. Eine Studie zeigt: Die schlafenden Tiere halten selbst eine Woche unter Wasser aus. Von V. Simon.
Missgeschick mit überraschender Entdeckung: Hummeln gerieten im Labor während des Winterschlafs ins Wasser - und überlebten. Eine Studie zeigt: Die schlafenden Tiere halten selbst eine Woche unter Wasser aus. Von Veronika Simon, SWR Diesen Moment wird Sabrina Rondeau von der Universität Ottawa wohl nicht so schnell vergessen: In ihrem Labor lagerte sie Hummelköniginnen im Kühlschrank - die Tiere schliefen wie im Winter in mit Erde gefüllten Plastikröhrchen. Eigentlich erforscht Sabrina Rondeau den Einfluss von Pestiziden auf Insekten, unter anderem an Hummeln. Bei einer Kontrolle der Tiere dann der Schock: In vier der Röhrchen war Feuchtigkeit eingedrungen, die Königinnen darin schwammen im Wasser. Die Forscherin war sich sicher: Die Tiere sind tot. Doch dann die Überraschung: Wieder im Trockenen bewegten sich die Tiere nach einer Weile, sie hatten das Bad überlebt. Experiment simuliert natürliche Begebenheiten Sabrina Rondeau wollte es jetzt genauer wissen: In einer Studie versetzte sie wieder Hummelköniginnen in Winterruhe. Als Kontrolle verblieben einige in trockener Erde, andere wurden für mehrere Stunden unter Wasser gehalten, das Maximum lag bei sieben Tagen am Stück. In einem weiteren Versuch trieben Tiere auf der Wasseroberfläche in ihrem Röhrchen. So simulierte die Forscherin verschiedene Szenarien bei der Überwinterung von Hummeln. Denn: Im Herbst vergraben sich die Tiere an einer möglichst trockenen und sicheren Stelle. Trotzdem ist es möglich, dass Wasser von oben oder unten in die kleine Höhle eindringt - etwa durch starken Regen oder weil der Grundwasserpegel steigt. "Bei Hummeln überleben nur die Königinnen den Winter", erklärt Lars Krogmann. Er ist der wissenschaftliche Direktor des Naturkundemuseums Stuttgart und Experte für Hautflügler, zu denen auch Hummeln gehören. Wenn es wärmer wird, erwachen die Königinnen und bauen ein neues Volk auf. "Hätte man mich vorher gefragt, wie lange Hummeln im Winterschlaf unter Wasser aushalten, hätte ich wohl keine Woche geschätzt", so Krogmann. Doch die Ergebnisse der kanadischen Forscherin sind eindeutig: Egal unter welchen Bedingungen sie die Tiere hielt - die Überlebensrate der Königinnen war sehr hoch. Gespeicherte Atemluft reicht offenbar Bei den Königinnen, die eine ganze Woche unter Wasser gehalten wurden, lebten acht Wochen nach Ende des Winterschlafs noch 81 Prozent der Tiere. In der Kontrollgruppe, die in einem trockenen Röhrchen gehalten wurden, waren es noch 85 Prozent. "Das ist schon sehr interessant", so der Insekten-Experte Krogmann. Dass Hummeln während ihres Winterschlafs prinzipiell einige Zeit unter Wasser überleben können, überrascht ihn jedoch nicht: "Die Tiere fahren während dieser Zeit ihren Stoffwechsel extrem herunter - noch viel mehr als beispielsweise ein Bär im Winterschlaf." Die Hummeln müssen in diesem Stadium keine Nahrung zu sich nehmen, auch ihre Atmung ist deutlich reduziert. "Wobei die Atmung bei Hummeln ganz anders funktioniert als bei uns Menschen", erklärt Krogmann. "Sie haben keine Lungen, sondern sogenannte Tracheen, also kleine Luftröhren im ganzen Körper. In ihnen befindet sich Atemluft, auch zu dem Zeitpunkt, an dem das Tier unter Wasser getaucht wird." Wahrscheinlich, so auch die These der Studienautorin aus Kanada, reicht der dort enthaltene Sauerstoff aus, um die Hummel über mehrere Tage am Leben zu halten. "Da stellt sich natürlich die Frage, wie lange das ausgedehnt werden könnte und welche Bedingungen Hummeln noch überleben können - Frost beispielsweise", so Krogmann. Denn auch andere Insekten wie Tagfalter überwintern als erwachsenes Tier. Bei ihnen ist beispielsweise bekannt, dass sie eine Art Frostschutzmittel im Körper haben, welches sie bei Minusgraden schützt. Schwierige Bedingungen für Hummeln Das ist bei Hummeln ähnlich. Und jetzt weiß man: Sie können offenbar während des Winterschlafs für eine gewisse Zeit unter Wasser überleben, ohne zu atmen. Doch auch wenn es sicher praktisch ist, dass überwinternde Hummelköniginnen so robust sind: "Selbst wenn die Königinnen Extremwetter im Winter überleben - wenn sie danach keine Nahrung finden, um ein Volk aufzubauen, ist es mit ihnen trotzdem vorbei", so Krogmann. Die aktuelle Situation sei für die Tiere schwierig. Durch den Klimawandel und zu wenig Lebensräume mit geeigneten Blühpflanzen, fehlte für Hummeln und andere Insekten vielerorts die Lebensgrundlage.
/wissen/forschung/winterschlaf-hummeln-100.html
2024-04-23
So pessimistisch wie noch nie
Studie "Jugend in Deutschland"
Eine neue Studie mit mehr als 2.000 Befragten zeigt: Die junge Generation in Deutschland blickt düster in die Zukunft. Viele klagen über mentale Belastung und sind politisch unzufrieden. Davon profitiert offenbar vor allem die AfD. Von Philipp Wundersee.
Eine neue Studie mit mehr als 2.000 Befragten zeigt: Die junge Generation in Deutschland blickt düster in die Zukunft. Viele klagen über mentale Belastung und sind politisch unzufrieden. Davon profitiert offenbar vor allem die AfD. Von Philipp Wundersee "Unsere Probleme werden einfach nicht gesehen von der Politik", sagt Niklas und kickt den Fußball auf das Tor. Der 16-Jährige steht mit seinen Freunden auf einem Bolzplatz im Kölner Süden. "Natürlich sind wir gestresst wegen der Schule. Aber auch jedes Mal, wenn ich Nachrichten auf dem Handy lese, ist das frustrierend." Die unsichere Weltlage, die Kriege, das Klima, das würde sie alle sehr belasten. "Keine Ahnung, wie mein Leben in 20 Jahren aussieht. Wir haben keinen Plan, wie unsere Welt dann noch aussehen wird." Mit diesen Gedanken sind Niklas und seine Freunde nicht allein. Das zeigt die Studie "Jugend in Deutschland", die seit 2020 regelmäßig vom Jugendforscher Simon Schnetzer durchgeführt wird. Stimmung scheint zu kippen Im Vergleich zu den früheren Studien scheint die Stimmung derzeit zu kippen. Das zeigt sich an einem hohen Ausmaß von psychischen Belastungen wie Stress, den 51 Prozent der Befragten angeben. Ähnlich zur Erschöpfung (36 Prozent) und der Hilflosigkeit (17 Prozent), die in den vergangenen drei Jahren trotz des Abflauens der Corona-Pandemie weiter angestiegen sind. Es geben elf Prozent der Befragten an, aktuell wegen psychischer Störungen in Behandlung zu sein. Auch die wirtschaftliche Lage bedrücke sie. Die Mehrheit der Befragten geht davon aus, dass sich die wirtschaftliche Situation in Deutschland verschlechtern wird. "Unsere Studie dokumentiert eine tiefsitzende mentale Verunsicherung mit Verlust des Vertrauens in die Beeinflussbarkeit der persönlichen und gesellschaftlichen Lebensbedingungen", sagt Studienautor Simon Schnetzer. Positive Vision? "Die Aussicht auf ein gutes Leben schwindet. Die große Frage für alle Akteure in der Gesellschaft wird sein, wie sie junge Menschen für eine positive Vision im Land begeistern und sie an Veränderungsprozessen beteiligen können", so Schnetzer. Niklas und seine Freunde erzählen auf dem Bolzplatz, dass sie bei einigen Demonstrationen in Köln dabei waren, auch bei Fridays for Future. "Der Klimawandel macht uns schon Sorgen und ich kann nicht verstehen, wieso da keiner was tut und jetzt handelt", sagt Niklas. Sie sind interessiert an dem Thema, wie viele an ihrer Schule. Doch in einer politischen Partei will er sich nicht engagieren. Fast der Hälfte der Befragten macht die Entwicklung des Klimas Sorgen und sie glauben, dass in Deutschland zu wenig für Umweltschutz getan wird. Angst vor Inflation und Altersarmut Die großen Sorgen der jungen Menschen in Deutschland aufgrund von Inflation (65 Prozent), teurem Wohnraum (54 Prozent) und Altersarmut (48 Prozent), aber auch die Spaltung der Gesellschaft (49 Prozent) oder die Zunahme von Flüchtlingsströmen (41 Prozent) führen zu hoher Unzufriedenheit der jungen Generation mit ihrer Lebenssituation und den politischen Verhältnissen. Das Potenzial für rechtspopulistische Einstellungen in der jungen Generation habe sich deutlich verstärkt, wie ein Vergleich mit früheren Studien zeigt. "Wir können von einem deutlichen Rechtsruck in der jungen Bevölkerung sprechen. Das schlägt sich in den politischen Präferenzen der 14- bis 29-Jährigen nieder. Während die Parteien der Ampelregierung in der Gunst immer weiter absinken, hat die AfD besonders großen Zulauf", sagt Studienautor und Bildungsforscher Klaus Hurrelmann von der Hertie School Berlin. Die Studie "Jugend in Deutschland" basiert auf einer Online-Befragung von 2.042 Personen im Alter von 14 bis 29 Jahren. Die Studie wird seit dem Jahr 2020 in regelmäßigem Abstand wiederholt. Die Stichproben wurden so zusammengestellt, dass sie der soziodemografischen Altersstruktur der deutschsprachigen Gesamtbevölkerung in Deutschland der jeweiligen Altersgruppe entsprechen. Der Erhebungszeitraum der Befragung erstreckte sich vom 08. Januar bis zum 12. Februar 2024. AfD als stärkste Partei Es sei der AfD gelungen, sich als Protestpartei für die Ampel und als mutmaßlicher Problemlöser für die aktuellen Sorgen der Jugend anzubieten. Die AfD stehe laut ihrer Befragung mit 22 Prozent aktuell an der Spitze der Wählergunst bei den unter 30-Jährigen (2022: 9 Prozent). AfD und CDU/CSU hätten stark in der Gunst zugelegt, die Regierungsparteien enorm verloren. Demnach würden sich 20 Prozent für die CDU entscheiden (2022: 16 Prozent). Alle weiteren Parteien verlieren bei der jungen Generation Stimmen: Die Grünen liegen in der Gunst der jungen Wähler zur Zeit bei 18 Prozent (2022: 27 Prozent), die SPD bei 12 Prozent (2022: 14 Prozent), die FDP bei acht Prozent (2022: 19 Prozent). Ein Viertel bezeichnete sich als unentschlossen. "Es fällt auf, wie nüchtern die Jugend in Deutschland ihre Chance einschätzt, auf das politische Leben Einfluss zu nehmen", sagt Simon Schnetzer. "Es fehlt der jungen Generation eine motivierende Zukunftsperspektive." Ganz so drastisch mag es Niklas aus Köln nicht beschreiben. Der 16-Jährige will sein Abitur machen und dann Umweltwissenschaften studieren. "Als Ingenieur kann ich etwas für die Gesellschaft verändern. Das ist mir schon wichtig", sagt er. "Mein Leben ist mit den Krisen anders und auch fordernder als das meiner Eltern." Das sei aber kein Grund, aufzugeben und auch kein Grund, gar nicht erst anzufangen. Es beginnt zu regnen und die vier Freunde spielen weiter Fußball auf dem Bolzplatz.
/inland/gesellschaft/studie-jugend-100.html
2024-04-23
Geschlechterunterschiede bei Berufswahl nehmen ab
Deutscher Arbeitsmarkt
Frauen sind in technischen Berufen weiter unterrepräsentiert, ebenso Männer in der Altenpflege. Doch das ändere sich zunehmend, berichtet das Statistische Bundesamt.
Frauen sind in technischen Berufen weiter unterrepräsentiert, ebenso Männer in der Altenpflege. Doch das ändere sich zunehmend, berichtet das Statistische Bundesamt. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Berufswahl von Frauen und Männern haben in den vergangenen zehn Jahren abgenommen. So ist der Anteil von Frauen in der technischen Forschung und Entwicklung im Jahr 2023 auf 18 Prozent gestiegen, teilte das Statistische Bundesamt anlässlich des "Girls und Boys Day" am kommenden Donnerstag mit. Zehn Jahre zuvor hatte der Anteil bei elf Prozent gelegen. In der Informatik machten die rund 64.000 berufstätigen Frauen knapp 18 Prozent aus, 2013 waren es noch 14 Prozent. Ähnliche Entwicklungen gab es in der Forst- und Jagdwirtschaft sowie in der Landschaftspflege mit einem aktuellen Frauenanteil von 19 Prozent nach zehn Prozent im Jahr 2013. Bei Polizei und Justizvollzug wuchs der Anteil der Beamtinnen von 20 auf gut 28 Prozent oder 97.000 Personen. Daten aus dem Mikrozensus Eine Tendenz zu höherer Männerbeteiligung war dagegen in einigen Berufsgruppen zu beobachten, die historisch eher von Frauen gewählt wurden. So stieg der Anteil von Männern in Körperpflegeberufen um acht Punkte auf 18 Prozent. In der Altenpflege waren 103.000 Männer tätig, ihr Anteil stieg von rund 13 auf 17 Prozent. Beim Verkauf von Lebensmitteln betrug der männliche Anteil der Belegschaft zuletzt 23 Prozent nach 14 Prozent zehn Jahre zuvor. Die Angaben stammen aus dem Mikrozensus, den das Statistische Bundesamt im vergangenen Jahr erhoben hat.
/wirtschaft/arbeitsmarkt/geschlechterunterschiede-berufswahl-100.html
2024-04-23
Britisches Parlament genehmigt Abschiebungen nach Ruanda
Umstrittenes Gesetz
"Stop the boats", die Boote stoppen, lautet das Versprechen von Premier Sunak: Wer ohne Papiere nach Großbritannien kommt, soll nach Ruanda abgeschoben werden. Dieses umstrittene Vorhaben hat das Parlament nun abgesegnet. Von Christoph Prössl.
"Stop the boats", die Boote stoppen, lautet das Versprechen von Premier Sunak: Wer ohne Papiere nach Großbritannien kommt, soll nach Ruanda abgeschoben werden. Dieses umstrittene Vorhaben hat das Parlament nun abgesegnet. Von Christoph Prössl Am Ende hat die Mehrheit der Abgeordneten im Oberhaus den Widerstand aufgegeben. Über den Abend hinweg gab es mehrere Abstimmungen in Ober- und Unterhaus, das sogenannte Ping-Pong-Verfahren, ein Hin und Her mit Änderungsanträgen. Am gestrigen Morgen noch hatte Lord Alex Carlile in der BBC deutlich gemacht, warum es aus seiner Sicht falsch sei, Ruanda per Gesetz zu einem sicheren Drittstaat zu erklären: "Rishi Sunak bittet das Parlament, zu beschließen, dass eine Unwahrheit wahr ist." Das Oberste Gericht habe entschieden, dass Ruanda kein sicheres Drittland sei. Und Ruanda habe die Vereinbarungen, die mit dem Vereinigten Königreich getroffen worden sind, nicht umgesetzt, sagte der Abgeordnete. Sunak erhöhte noch einmal den Druck Darum geht es: Nach einem Urteil des Obersten Gerichts war eine Abschiebung nach Ruanda gestoppt worden. Die Richter hatten argumentiert, es würden mehrere internationale Abkommen verletzt: die Menschenrechtskonvention, die UN-Flüchtlingskonvention und die Konvention gegen Folter. Die Begründung: Es gibt keine sicheren Asylverfahren in Ruanda, keinen Schutz vor Verfolgung. Daraufhin brachte die konservative Regierung den Vorschlag ein, Ruanda schlicht für sicher zu erklären und so jede Möglichkeit zu verhindern, gegen die Abschiebung rechtlich vorzugehen. Vor den Abstimmungen in Ober- und Unterhaus trat Sunak noch einmal vor die Presse und erhöhte den Druck deutlich. "Kein Wenn und Aber, die Flüge werden nach Ruanda gehen", sagte der Premierminister. Die konservative Regierung ist der Meinung, mit den Abschiebungen ein Beispiel zu setzen und Flüchtlinge davon abzuhalten, die gefährliche Fahrt über den Ärmelkanal anzutreten. Erster Flug soll in zehn bis zwölf Wochen starten Das Abkommen mit Ruanda hatte bereits 2022 Boris Johnson angestoßen, als er noch Premierminister war. Sunak will das Versprechen nun endlich umsetzen, kurz vor den Regionalwahlen und den nationalen Wahlen, die wahrscheinlich im Oktober stattfinden. In den Umfragewerten ist Sunak auf einem neuen Tiefpunkt angekommen. Seine Regierung liefere nun diese Abschreckung und durchbreche damit das Geschäft krimineller Schleuser, sagte Sunak. Der erste Flug soll in zehn bis zwölf Wochen abheben. Eine Fluggesellschaft habe den Auftrag der Regierung zur Abschiebung angenommen. 500 Personen, die Flüchtlinge begleiten sollen, seien bereits ausgebildet. "Der Erfolg der Abschreckung hängt ab von weiteren Flügen, die wir durchführen werden, über den Sommer hinweg, bis die Boote gestoppt sind", sagte Sunak. Weiterhin viele offene Fragen Experten bezweifeln, dass Flüchtlinge sich von den Abschiebungen wirklich abschrecken lassen. Die Opposition kritisiert die hohen Kosten, die in keinem Verhältnis stünden. Ob in einigen Wochen wirklich Flugzeuge mit Flüchtlingen Richtung Ruanda abheben, dürfte dann auch von den Gerichten abhängen. Denn einzelne Personen können durchaus noch klagen. Und auch die grundsätzliche Frage, ob die Justiz durch dieses gerade beschlossene Gesetz so stark beschnitten werden kann, ist offenbar noch nicht geklärt.
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2024-04-23
Die britische Regierung höhlt den Rechtsstaat aus
Abschiebungen nach Ruanda
Der Ruanda-Plan der britischen Regierung ist teuer und ignoriert Gerichtsurteile und internationale Abkommen. Um das Vorhaben dennoch durchzusetzen, höhlt Premier Sunak den Rechtsstaat aus, meint Sven Lohmann.
Der Ruanda-Plan der britischen Regierung ist teuer und ignoriert Gerichtsurteile und internationale Abkommen. Um das Vorhaben dennoch durchzusetzen, höhlt Premier Sunak den Rechtsstaat aus Von Sven Lohmann Das Vereinigte Königreich prescht nun also vor mit einem Plan, den Premierminister Rishi Sunak einen "Gamechanger" nennt - die Lösung für eine gelungene Asylpolitik. Da mag einem doch schnell der Gedanke kommen: Wäre dieser Ruanda-Plan vielleicht auch eine gute Idee für Deutschland? Zwei Dinge müsste man dafür von der britischen Regierung übernehmen. Prinzipien dürfen nichts zählen. Und Geld darf keine Rolle spielen. Über Gerichte hinweggesetzt Das Oberste Gericht in Großbritannien hat erklärt, dass Ruanda für Flüchtlinge kein sicheres Land ist. Von dort fliehen Menschen, auch ins Vereinigte Königreich. Schutzsuchende dürften daher nicht in das afrikanische Land gebracht werden. Den Plan dennoch durchzuziehen funktioniert also nur, wenn man einfach per Gesetz behauptet, Ruanda sei sicher, so wie die Tories es nun machen. Einfach behaupten, die Sonne scheint, auch wenn es aus Kübeln schüttet. Aber was, wenn nationale Gerichte das wieder geraderücken? Ein Schuss mehr Skrupellosigkeit ist hier gefragt: Die britische Regierung höhlt deshalb ihren Rechtsstaat aus und verbietet weitgehend Einspruchsmöglichkeiten. Das hält die Richter raus. Ansehensverlust ist Sunak egal Für den Ruanda-Plan darf man es aber mit der Rechtstreue nicht so eng nehmen. Da sind ja auch noch internationale Abkommen, denen die Briten verpflichtet sind - Menschenrechtskonventionen etwa. Verbände, die Kirche, Experten, auch Gutachten warnen davor, dass der Ruanda-Plan ein Bruch damit wäre. Die Sunak-Regierung weiß, dass sie mit ihrer Asylpolitik ihr internationales Ansehen beschädigen wird. Es ist ihr egal. Mehr als halbe Milliarde hat der Ruanda-Plan schon gekostet. Von allen Ideen ist er der teuerste. Jeder Flüchtling, der vielleicht in Ruanda untergebracht wird, kostet die Briten geschätzt 200.000 Euro - pro Person. Reiner Populismus Die britische Regierung braucht Flüge nach Ruanda - als Symbol, sie habe einen für jeden sichtbaren Plan. Da ist jedes Mittel recht. Das ist reiner Populismus. Der Plan kostet viel Geld und Ansehen. Und funktioniert nur, wenn man grundlegende Prinzipien verrät, die politisch gar nichts lösen. Nichts also, was als Vorbild dient.
/kommentar/grossbritannien-ruanda-abschiebungen-104.html
2024-04-23
Zensurvorwurf gegen Italiens Regierungschefin
Einflussnahme auf Staatssender RAI
"Telemoni" - das ist der Spitzname für den italienischen Sender RAI. Der Vorwurf: Regierungschefin Meloni wolle ihren Einfluss auf den Sender ausweiten. Nun gibt es einen neuen Skandal und Teile des Senders begehren auf. Von E. Pongratz.
"Telemoni" - das ist der Spitzname für den italienischen Sender RAI. Der Vorwurf: Regierungschefin Meloni wolle ihren Einfluss auf den Sender ausweiten. Nun gibt es einen neuen Skandal und Teile des Senders begehren auf. Von Elisabeth Pongratz Antonio Scurati ist ein angesehener Schriftsteller, nicht nur in Italien. Der 54-Jährige ist mehrfach ausgezeichnet worden, besonders intensiv hat er sich mit dem Faschismus auseinandergesetzt. Für seinen Roman "M. Der Sohn des Jahrhunderts" über Benito Mussolini bekam er den wichtigsten italienischen Literaturpreis, den Premio Strega. Scurati wurde von der öffentlichen Sendeanstalt RAI damit beauftragt, eine Rede zum Tag der Befreiung vom Faschismus zu verlesen. Doch kurzfristig wird Scurati wieder ausgeladen, er darf seine Rede nicht mehr halten. Die Moderatorin der Sendung will das aber nicht hinnehmen und verliest kurz entschlossen seine Worte vor laufender Kamera. Skandal um Scurati zieht weite Kreise In einer Passage von Scurati heißt es: "Solange diejenigen, die uns regieren, das Wort Antifaschismus nicht aussprechen, wird das Gespenst des Faschismus weiterhin das Haus der italienischen Demokratie heimsuchen." Es ist eine klare Kritik an Regierungschefin Meloni, denn bis heute hat sich die Vorsitzende der Partei Fratelli d'Italia nicht vom faschistischen Erbe ihrer Partei distanziert. Aus ideologischen und politischen Gründen habe man ihm abgesagt, so Scurati, der auch an der Universität Mailand lehrt. Gegenüber dem ARD Studio Rom sagt er: "Ich habe kritisiert, dass in den 19 Monaten Meloni-Regierung die Ministerpräsidentin auf der Lesart der Geschichte beharrt, die ihrem neofaschistischen Hintergrund entspricht, sprich: Sie wälzt die Schuld für die Gemetzel und Massaker auf die deutschen Nazis ab, obwohl die Faschisten von Salò Komplizen und Kollaborateure waren." Der Medienskandal um Scurati zieht weite Kreise. Die Empörung ist groß. Schon seit Langem, so der Vorwurf, greift die rechte Regierung über ihre Gefolgsleute direkt in das Programm der RAI ein. Vor laufender Kamera verliest deshalb die Sprecherin der Frühnachrichten einen Protest der Journalisten-Gewerkschaft. Die Kontrollen von Seiten der obersten Führungsriege der RAI über die Nachrichten, so heißt es, würden von Tag zu Tag erdrückender. "Wir stehen vor einem allgegenwärtigen Kontrollsystem, das gegen die Grundsätze journalistischer Arbeit verstößt." Beliebter Showmoderator verlässt den Sender Dass die Parteien in Italien direkten Zugriff auf den öffentlich-rechtlichen Sender RAI beanspruchen, ist nichts Neues. Doch im Zuge einer Gesetzesreform ist die Anstalt seit 2016 abhängiger von der jeweiligen Regierung geworden. Bereits kurz nach Amtsantritt der Regierung Meloni im Oktober 2022 wurden einflussreiche Manager ausgetauscht, bekannte Journalisten und Moderatoren wie Fabio Fazio, Bianca Berlinguer oder Lucia Annunziata suchten das Weite. Jetzt kehrte auch Amadeus der RAI den Rücken, der populäre Showmoderator fuhr mit seinem Programm immer wieder Traumquoten ein. Die Regierung scheint das nicht zu beeindrucken, sie versucht, den eigenen Einfluss zu vergrößern. So sollten etwa die Minister der Meloni-Regierung im Europawahlkampf mehr Redezeit bekommen. Das wäre ein Aushebeln des sogenannten Gesetzes "par conditio", nach dem alle Parteien gleich viel Sendezeit erhalten müssen. Der Widerstand war massiv, vorerst sind die Pläne augenscheinlich vom Tisch. Dennoch macht sich Alessandra Costante große Sorgen um die Pressefreiheit in ihrer Heimat. Sie ist die Generalsekretärin der Journalistengewerkschaft FNSI. Die Räume für eine freie und unabhängige Information würden immer geringer. Ihren Worten nach ist das ein Angriff auf den Artikel 21 der Verfassung, den Artikel, der besagt, dass die Information frei sein muss und keinen Beschränkungen unterliegen darf. Dieser Artikel lege auch das Recht und die Pflicht der Journalisten fest, zu informieren. Journalistengewerkschaft kündigt Streik an Bei der RAI hat die Journalistengewerkschaft Usigrai einen fünftägigen Streik angekündigt. Die Regierungschefin selbst weist jegliche Einflussnahme zurück, Meloni sieht die Zensurvorwürfe als Kampagne an. Sie sagt: "Wenn man etwas schlecht macht, dann ist es richtig, zu kritisieren. Aber wenn man etwas erfindet, um zu kritisieren, dann ist das, ehrlich gesagt, kein guter Dienst." Der Vertrag mit dem Schriftsteller Scurati, so die RAI, sei wegen seiner hohen Honorarforderung gekündigt worden, es gehe, wie es heißt, um 1.800 Euro. Dieser bestreitet das. In den Augen von Scurati ist das ein vulgärer Vorwand, eine Lüge. Die Summe, die Meloni genannt habe, sei nicht korrekt. "Sie starten einen persönlichen Angriff und verschieben so das Problem. Ich diskreditiere dich, ich beschimpfe dich, ich greife dich persönlich an." Er zieht den Vergleich mit der Geschichte: "Vor 100 Jahren war das die faschistische Methode. Nicht über Inhalte reden, sondern die Person angreifen."
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2024-04-23
Keine "Koalitionsspielchen" der FDP
Streit um 12-Punkte-Plan
Die Ampel-Parteien diskutieren weiter über die Wirtschaftspläne der FDP. Wogen glätten heißt es bei der SPD, die Liberalen bleiben bei ihrer Meinung. Die Koalition muss sich nun auf die Suche nach Gemeinsamkeiten machen.
Die Ampel-Parteien diskutieren weiter über die Wirtschaftspläne der FDP. Wogen glätten heißt es bei der SPD, die Liberalen bleiben bei ihrer Meinung. Die Koalition muss sich nun auf die Suche nach Gemeinsamkeiten machen. Kurz vor ihrem Parteitag am Wochenende hat die FDP einen Plan vorgelegt, der Deutschland vor allem wirtschaftlich wieder stärken und voranbringen soll. Zwölf Punkte reihen die Liberalen dafür auf - von denen einige bei den Koalitionspartnern SPD und Grüne für ziemlichen Unmut sorgen. Für die Union bietet der neu aufziehende Zwist Grund genug, erneut vor einem Scheitern der Ampel zu warnen. Sich selbst sehen CDU und CSU gewappnet, um sofort in einen vorgezogenen Wahlkampf zu starten, sollte sich der 12-Punkte-Plan der FDP wirklich als "Scheidungsurkunde" für die Regierungskoalition bewahrheiten. Doch davon will Christian Lindner, Parteichef der FDP, nichts wissen. "Ich mache nicht Koalitionsspielchen - mir geht's darum, in einer schwierigen Wirtschaftslage unseres Landes Impulse zu setzen", betonte der Bundesfinanzminister im ZDF. Aus der Ampel auszusteigen und stattdessen den Schulterschluss mit der Opposition zu suchen, kommt für ihn nicht infrage. Denn immerhin trage doch die CDU "Mitverantwortung für die Lage dieses Landes, diese Wachstumsschwäche ist doch nicht über uns gekommen in den letzten Wochen". Deutschland verzeichne das schlechteste Wachstum unter den entwickelten Wirtschaftsnationen, betonte Lindner. Und das Ziel seiner Partei sei es, die Bundesrepublik wirtschaftlich zurück auf den "Erfolgspfad" zu führen. "Da muss jeder seine Beiträge zu leisten, auch in der Koalition - ich denke, das ist das, was die Menschen erwarten von uns als Regierung", so der FDP-Chef. "Wohlstand ist kein Naturgesetz" Ganz ähnlich formuliert auch der Generalsekretär der FDP die Ziele der eigenen Partei. "Wir müssen den Wirtschaftsstandort Deutschland fit machen für die Zukunft", betonte Bijan Djir-Sarai im ARD-Morgenmagazin. Wohlstand sei kein Naturgesetz, "wir müssen uns das erarbeiten". Eine "starke wirtschaftliche Grundlage" sei die Basis "für alles andere", so Djir-Sarai. Und meint damit "ökologische Transformation", die Finanzierung der Sicherheitspolitik - und eben auch die Sozialausgaben. Die will die FDP eingrenzen, beim Bürgergeld etwa. Und trotzdem heißt es vom Generalsekretär, es gehe nicht darum, "den Sozialstaat zu kürzen". Denn der sei "eine große Errungenschaft". Ein Fortschritt wäre es, in den kommenden drei Jahren keine zusätzlichen Sozialausgaben einzuführen. Das stehe so auch in dem 12-Punkte-Plan der FDP. In dem auch Djir-Sarai keinesfalls eine Provokation in Richtung der beiden Koalitionspartner sieht. Denn es sei schließlich "nichts außergewöhnliches", dass eine Partei im Vorfeld eines Parteitags "ein Papier schreibt und ihre Vorstellungen präsentiert". Eine neue Suche nach den "Schnittmengen" Auch für SPD-Parteichef Lars Klingbeil ist der Plan der FDP für eine "Wirtschaftswende" in Zusammenhang mit dem Parteitag einzuordnen. Da habe "jede Partei das Recht", eigene Positionen zu präsentieren, so Klingbeil in den tagesthemen. Und im Gegenzug hätte die SPD als Koalitionspartner das Recht, zu sagen, was mit ihr nicht geht. Rentenkürzungen etwa, den Sozialstaat zu schwächen. "Das kann nicht die Antwort auf die Herausforderungen sein, vor denen wir stehen", so Klingbeil. Gespalten sieht der SPD-Chef die Regierungspartei aber ebenfalls nicht - auch wenn es durchaus zu viel Streit gegeben habe. Nun müssten aus den verschiedenen Positionen eben die "Schnittmengen" herausgefiltert werden. Es gibt sie, die Gemeinsamkeiten, ist Klingbeil überzeugt. Und da müssten sich die Ampel-Partner "zusammenraufen" und "zu dritt anpacken". "Das sind Respektsfragen" So diplomatisch gibt sich Kevin Kühnert, Generalsekretär der SPD, im ARD-Morgenmagazin nicht. Natürlich sei es notwendig, bei Herausforderungen "Konzepte entgegenzustellen" und "von Zeit zu Zeit" sei es ebenso notwendig, "die Unterschiede herauszuarbeiten". Ein Parteipapier vor einem Parteitag ist auch aus Sicht Kühnerts völlig legitim. Das Problem für den Generalsekretär sind die Inhalte des FDP-Plans. "Die Leute arbeiten zu wenig, gehen zu früh in Rente und Deutschland nimmt zu viele Sozialleistungen in Anspruch", interpretiert Kühnert selbst die Sichtweise der Liberalen. Da sei es auch seine Aufgabe als Generalsekretär, "mal auf den Tisch zu hauen" und zu zeigen: "So ist die Situation nicht." Das Thema Rente, das Thema Sozialausgaben - das seien auch "Respektsfragen". "Da sind wir sehr penibel", so Kühnert. Ein "vertrauensvolles Wort" zwischen Scholz und Lindner? Um wieder Ruhe in den neu hochkochenden Streit zwischen den Ampel-Partnern zu bringen, sieht Anton Hofreiter von den Grünen auch Olaf Scholz in der Pflicht. "Am Ende bin ich der Meinung, dass es in vielen Punkten viel stärker auf den Kanzler ankommt", sagte Hofreiter auf ntv. Er erwarte, "dass der Kanzler ein vertrauensvolles Wort mit Herrn Lindner spricht und sagt: 'Schau mal, so funktioniert das halt nicht'". Den Zwölf-Punkte-Plan der FDP wertet Hofreiter auch als Versuch der Liberalen, sich aus dem derzeitigen Umfragetief zu retten. Im jüngsten ARD-DeutschlandTrend kam die FDP gerade einmal auf vier Prozent der Wählerstimmen. Würde jetzt der Bundestag neu gewählt, müsste die Partei also um den Wiedereinzug zittern. "Man muss sich darüber im Klaren sein, dass wenn man bei den Umfragen bei vier Prozent oder knapp fünf Prozent steht, dass Leute dann auch mal stärker um sich schlagen, weil sie Sorge um den Bestand ihrer Partei haben", sagte Hofreiter weiter. Ob ein solches Agieren politisch sinnvoll sei, das müsse die FDP selber wissen.
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2024-04-23
Kunden schrecken vor Wärmepumpen zurück
Neue Heizungstechnik
Nach dem Wärmepumpen-Boom im vergangenen Jahr hat die Nachfrage nach den Geräten zuletzt drastisch nachgelassen. Das von der Regierung ausgegebene Ziel dürfte deutlich verfehlt werden. Was sind die Gründe?
Nach dem Wärmepumpen-Boom im vergangenen Jahr hat die Nachfrage nach den Geräten zuletzt drastisch nachgelassen. Das von der Regierung ausgegebene Ziel dürfte deutlich verfehlt werden. Was sind die Gründe? Das deutsche Sanitär- und Heizungsbauerhandwerk rechnet im laufenden Jahr mit einem starken Rückgang bei der Installation von Wärmepumpen. "Wenn wir Glück haben, schaffen wir vielleicht zwischen 180.000 und 200.000 Geräte", sagte Michael Hilpert, Präsident des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), der Deutschen Presse-Agentur. Regierungsziel laut Branche "illusorisch" Zum Vergleich: 2023 verbaute die Branche nach eigenen Angaben noch weit mehr als 300.000 Geräte, so viele wie noch nie. Die Bundesregierung hatte auf dem "Wärmepumpen-Gipfel" im November 2022 sogar das Ziel von 500.000 Wärmepumpen ab 2024 ausgerufen. Doch diese hohe Anzahl von angestrebten Geräten sei "illusorisch, auch im nächsten Jahr", so der Verbandspräsident. Dabei gilt der Wärmepumpen-Hochlauf vielen Experten und Politikern als wichtiger Schritt für eine nachhaltige Wärmeversorgung. Die vorzugsweise mit "grünem" Strom angetriebenen Geräte sollen eine wichtige Rolle spielen, um die Klimaziele im Gebäudebereich zu erreichen. Verunsicherte Verbraucher Warum scheuen die Kunden also vor der Installation von Wärmepumpen zurück? Als Hauptgrund sieht der Verband eine große Verunsicherung bei der Kundschaft mit Blick auf die Zukunft der Energieversorgung. Verbraucherinnen und Verbraucher hielten sich daher mit Investitionen zurück. "Die Kunden sagen: Ja, was passiert denn jetzt in der kommunalen Wärmeplanung? Kommt eine Quartierslösung? Kommt Fernwärme? Kommt Wasserstoff?", so Hilpert. Dies sei in vielen Kommunen noch völlig ungewiss. Hinzu komme, dass der künftige Strompreis unklar sei. Wegen dieser Fragen sei es für die Betriebe derzeit schwierig, Kunden zu beraten. Darüber hinaus hatten Verbraucherschützer zuletzt auch wiederholt finanzielle Unterstützung für Haushalte mit geringem Einkommen gefordert, um den Wärmepumpen-Hochlauf stärker zu fördern. Der Branche geht es "noch gut" Der Rückschlag bei der Wärmepumpen-Installation dämpft auch die Geschäftserwartungen der SHK-Innungsbetriebe. Diese würden für die nächsten drei Monate wesentlich pessimistischer eingeschätzt als noch vor einem Jahr, sagte ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Helmut Bramann. So das Ergebnis der jüngsten Frühjahrsumfrage, an der mehr als 2.300 Betriebe teilgenommen hätten. "Sowohl das Badgeschäft als auch der Heizungsbereich erhalten eine deutlich negative Stimmungsprognose", erklärte Bramann. Das Kundendienstgeschäft werde hingegen optimistisch beurteilt. Insgesamt gehe es der Branche aber "noch gut", ergänzte Verbandspräsident Hilpert. Rund 52 Prozent der Betriebe gaben laut Umfrage an, dass sie überlastet oder voll ausgelastet sind. Vor einem Jahr lag dieser Wert noch bei 67 Prozent. Von Lieferengpässen sind nur noch 36 Prozent der Betriebe betroffen. Ein Jahr zuvor beklagten dies noch mehr als 85 Prozent. "Die Warenverfügbarkeit ist wieder auf dem Niveau wie vor der Pandemie."
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2024-04-23
Spionierte AfD-Mitarbeiter für China?
Mitarbeiter von Krah festgenommen
Die Polizei hat einen Mann in Dresden wegen Spionageverdachts festgenommen. Dabei handelt es sich um einen Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Krah. Der Mann soll für China spioniert haben.
Die Polizei hat einen Mann in Dresden wegen Spionageverdachts festgenommen. Dabei handelt es sich um einen Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Krah. Der Mann soll für China spioniert haben.   Von Andrea Becker (RBB), Michael Götschenberg (ARD-Hauptstadtstudio), Georg Heil (RBB) und Holger Schmidt (SWR) Jian G. wurde in der Nacht in Dresden festgenommen. Wie der Generalbundesanwalt in Karlsruhe mitteilte, wird ihm Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall zur Last gelegt. Nach Informationen von ARD-Hauptstadtstudio, RBB und SWR soll er für den chinesischen Geheimdienst gearbeitet haben. Er soll sowohl in Brüssel als auch in Dresden leben und als Assistent für den AfD-Europa-Abgeordneten Maximilian Krah gearbeitet haben. Informationen aus EU-Parlament weitergegeben Die Ermittler gehen davon aus, dass er in dieser Funktion Informationen aus dem Parlamentsbetrieb an das chinesische Ministerium für Staatssicherheit (MSS) übermittelt hat. Vor allem werfen sie ihm vor, chinesische Oppositionelle in Deutschland ausspioniert zu haben. Für die deutschen Sicherheitsbehörden ist G. seit über zehn Jahren kein Unbekannter: Den Recherchen nach soll er sich ihnen vor mindestens zehn Jahren als Informant angeboten haben. Zu einer Zusammenarbeit kam es jedoch offenbar nicht. Man hielt ihn damals für unzuverlässig und einen möglichen Doppelagenten Chinas. Krah offenbar schon lange mit China-Beziehungen G. ist seit einigen Jahren deutscher Staatsangehöriger, hat jedoch chinesische Wurzeln. Er kam 2002 als Student nach Dresden und war schließlich auch als Geschäftsmann tätig. Zeitweilig war er Parteimitglied in der SPD. Im Laufe der Jahre soll er im Zusammenhang mit einer Unternehmensgründung auch Maximilian Krah kennengelernt haben, der in Dresden als Rechtsanwalt tätig war. Das Nachrichtenportal t-online hatte im vergangenen Jahr als Erstes über dubiose Beziehungen von Krah nach China berichtet, sowie über seinen Assistenten G. und Unternehmens- und Vereinsgründungen mit Bezug zu China. Als Krah 2019 für die AfD ins Europaparlament einzog, stellte er G. als Assistenten ein. In dieser Funktion hatte dieser Zugang zu Informationen aus dem Parlamentsbetrieb, die für den chinesischen Geheimdienst zweifellos von großem Wert gewesen sein dürften. Kein Zusammenhang zu Festnahmen von Montag Seit vielen Jahren ist G. darüber hinaus in der chinesischen Oppositionsbewegung im Ausland aktiv. Diese Anbindung soll er genutzt haben, um chinesische Oppositionelle für den chinesischen Geheimdienst auszuspionieren. Die Festnahme G.s ist bereits die zweite innerhalb von 24 Stunden, bei der es um geheimdienstliche Agententätigkeit für China gehen soll. Am Montag hatte die Bundesanwaltschaft zwei Männer und eine Frau festnehmen lassen, die in Verdacht stehen, in Verbindung mit dem chinesischen Geheimdienst gestanden und für China spioniert zu haben. Die beiden Fälle stehen jedoch offenbar nicht in Zusammenhang.
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2024-04-23
Warum immer weniger Betriebe Tariflöhne zahlen
Gehälter in deutschen Firmen
Vor 75 Jahren trat das Tarifvertragsgesetz in Kraft - und prägte das deutsche Wirtschaftsmodell. Doch die Tarifbindung ist in der Krise. Gewerkschaften und Arbeitgeber blicken sehr unterschiedlich auf das Thema. Von Alina Leimbach.
Vor 75 Jahren trat das Tarifvertragsgesetz in Kraft - und prägte das deutsche Wirtschaftsmodell. Doch die Tarifbindung ist in der Krise. Gewerkschaften und Arbeitgeber blicken sehr unterschiedlich auf das Thema. Auto, Industrie, Sozialpartnerschaft - das waren über Jahrzehnte die Schlagworte zur deutschen Wirtschaft. Auch aus dem Ausland schauten viele interessiert auf das deutsche Modell: Die starke Wirtschaftsleistung ging einher mit hohen Löhnen und guten Arbeitsbedingungen, ausgehandelt durch Arbeitgeber und Gewerkschaften.  Grundlage des Modells: das Tarifvertragsgesetz von 1949. Es trat am 22. April in Kraft, vor fast genau 75 Jahren. Zunächst in der britischen und amerikanischen Zone - später auch in der französischen. Heute feiert der Deutsche Gewerkschaftsbund das Jubiläum in einem großen Festakt. Ursprünge in der Weimarer Republik "Darin wird eine bis heute zentrale Festlegung getroffen: Die Sozialpartner sind die kompetenten Akteure bei der Gestaltung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen", erklärt IG-Metall-Justiziarin Johanna Wenckebach. Die Ursprünge des sogenannten Tarifvertragsgesetzes reichen zurück in die Weimarer Republik. Zahlreiche Urteile haben das 13 Paragrafen kurze Gesetz in den vergangenen Jahrzehnten ausgelegt. Verändert wurde das Gesetz über die Jahre wenig. "Tarifpolitik ist Beteiligungspolitik" Das Urteil von Arbeitgeber- und Gewerkschaftsseite zum Tarifvertragsgesetz fällt ähnlich aus - beide loben es als schlankes und gutes Gesetz. IG-Metall-Justiziarin Wenckebach hebt besonders einen Punkt hervor: "Tarifpolitik ist Beteiligungspolitik. Das ist ein demokratisches Instrument. Gerade in Zeiten, in denen sich viele ohnmächtig fühlen angesichts von Umbrüchen und der Transformation, ist es wichtig, das zu stärken und zu erleben, dass man die eigenen Interessen einbringen kann." Nur noch ein Fünftel der Betriebe tarifgebunden Zwar mag das Tarifvertragsgesetz die Jahrzehnte gut überstanden haben - die Reichweite von Tarifverträgen ist über die Jahrzehnte allerdings drastisch gesunken. Waren 1998 noch 73 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Tarifvertrag beschäftigt, betrug der Anteil 2022 nur noch 51 Prozent. Nur ein Fünftel aller Betriebe ist derzeit laut dem gewerkschaftsnahen Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) tarifgebunden.  Damit liegt ausgerechnet Deutschland, wo es mit der IG Metall die größte Gewerkschaft der Welt gibt, in Sachen Reichweite von Tarifverträgen EU-weit nur noch im europäischen Mittelfeld. In Spanien, Dänemark, Frankreich, Österreich, Belgien oder Italien liegt die Abdeckung der Beschäftigten mit Tarifvertrag bei 80 Prozent und höher, das zeigen Zahlen der OECD für die Jahre von 2017 bis 2022. Kleine und jüngere Firmen zahlen seltener nach Tarif Das liegt auch in einem Wandel des deutschen Wirtschaftssystems begründet: Zuletzt sind hierzulande die Branchen gewachsen, in denen Tarifverträge weniger oft anzutreffen oder gar untypisch sind - etwa die Start-up-Branche oder der private Dienstleistungssektor. Dazu kommt: Gerade kleinere Betriebe, wie sie im Dienstleistungssektor üblich sind, sind für Gewerkschaften schwer zu organisieren. Vorbei ist auch der deutsche Automatismus "Automobilindustrie gleich Tarifvertrag". Das zeigt das Beispiel Tesla in der Gigafactory Berlin-Brandenburg. "Deutschland beschreitet einen Sonderweg" Thorsten Schulten, Leiter des Tarifarchivs beim gewerkschaftsnahen WSI, sagt gegenüber tagesschau.de: "Die Gewerkschaften versuchen über neue Organisationsstrategien und auch Tarifkämpfe in kleineren Betrieben neue Wege zu gehen und sich neu aufzustellen - durchaus mit Erfolgen. Doch um die Tarifbindung deutlich zu erhöhen, wird das nicht ausreichen." Er fordert daher, dass die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen erleichtert werden soll, um das Tarifsystem zu stabilisieren - etwa indem das doppelte Vetorecht der Arbeitgeber abgeschafft wird. "Deutschland beschreitet einen Sonderweg in Europa. Die meisten Nachbarn mit ähnlichen Tarifsystemen wie wir erklären ihre Tarifverträge sehr häufig für allgemeinverbindlich", sagt Schulten.  Für allgemeinverbindlich erklären heißt, dass ein zuvor von den Tarifparteien verhandelter Flächentarifvertrag für alle Unternehmen der Branche gilt - egal, ob sie daran mitverhandelt haben oder nicht.  In Belgien und den Niederlanden läuft es anders Schulten erhofft sich davon mehr Attraktivität einer Mitgliedschaft sowohl bei den Arbeitgebern als auch in der Gewerkschaft: "Um die Bestimmungen im Tarifvertrag mitzuverhandeln, müssen die Betriebe oder Beschäftigten dann rein in die Verbände." In Deutschland wird das Instrument bisher selten genutzt, weil hier über Jahrzehnte die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände so stark waren, dass die Tarifverträge ohnehin eine große Reichweite hatten. Im Jahr 2022 wurden in Deutschland laut WSI 0,8 Prozent aller Branchentarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt, in den Nachbarländern Belgien und den Niederlanden dagegen "fast alle wichtigen Branchentarifverträge", schreibt der Wissenschaftler Schulten in einer Analyse. Betriebsfrieden als Vorteil für Firmen Während die Gewerkschaften mit zahlreichen Chroniken und Pressemeldungen 75 Jahre Tarifvertragsgesetz feiern, ist die Stimmung bei den Arbeitgeberverbänden verhaltener. Doch auch hier heißt es, das Tarifvertragsgesetz sei eine "bewährte Grundlage für stabile Arbeitsbeziehungen & wirtschaftlichen Erfolg", wie etwa der Bundesverband der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in einem Tweet auf der Nachrichtenplattform X schreibt. Der Verband erinnert auf seiner Website an die Vorteile von Flächentarifverträgen für Unternehmen, etwa dass der Betriebsfrieden dadurch gewahrt werde - und an die finanzielle Planungssicherheit. Doch wie auch die Gewerkschaften dringen die Arbeitgeber auf Reformen, um das Tarifsystem langfristig zu stabilisieren. Nur beim Weg dahin setzen sie auf andere Instrumente. Social-Media-Beitrag auf X von BDA: "75 Jahre Tarifvertragsgesetz - bewährte Grundlage für stabile Arbeitsbeziehungen & wirtschaftlichen Erfolg! Grund zum Feiern und Anlass für Gespräche zur Zukunft der #Tarifautonomie z.B. heute beim parlamentarischen Sozialpartnerabend von @dgb_news & BDA.🤝 #Sozialpartnerschaft pic.twitter.com/CQgpXME1I2" Arbeitgeber fordern Flexibilisierung Arbeitgeberverbände wie der BDA fordern zum Beispiel die Flexibilisierung von Tarifverträgen anhand eines Baukastenprinzips. Gemeint ist damit, dass Unternehmen etwa nur den Baustein Löhne herausgreifen, aber nicht die darin vereinbarten Arbeitszeitregeln anwenden müssen. Die Idee dahinter: So könnten etwa auch Unternehmen an Tarifverträge herangeführt werden, die dem Modell bisher skeptisch gegenüberstanden. Denn Flächentarifverträge kämen aus einer Zeit, in der es vor allem um große Betriebe ging - für kleine seien die Regelwerke teils zu komplex.  Die Gewerkschaften lehnen das ab. Bei ihnen besteht die Sorge, dass das Tarifsystem dadurch ausgehöhlt werden könnte. BDA sieht Koalitionsfreiheit verletzt Auch in Sachen Allgemeinverbindlichkeit zielen die Forderungen von Gewerkschaft und den Arbeitgebern in gegensätzliche Richtungen. Die BDA will das Instrument nicht ausweiten, sondern einschränken. 2015 hatte die Große Koalition die Voraussetzungen für eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung erleichtert. Das bisherige 50-Prozent-Kriterium - sprich: dass 50 Prozent der Beschäftigten im Geltungsbereich bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt sein müssen - entfiel. Der Verband sieht dadurch die grundgesetzlich garantierte Koalitionsfreiheit verletzt. Arbeitsministerium will Sozialpartner stärken Auch wenn Arbeitgeber neuen staatlichen Eingriffen auf dem Feld der Tarifpartner insgesamt eher ablehnend gegenüberstehen, an einer Stelle sieht der BDA Handlungsbedarf: "Wir brauchen ein klares Arbeitskampfrecht, ganz besonders für die Bahn und die vergleichbaren Bereiche", sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter der "Rheinischen Post" mit Blick auf die Streiks der Lokführergewerkschaft GDL in diesem Jahr. Auch Arbeitsminister Hubertus Heil will die Sozialpartner stärken. Vorgesehen ist im aktuellen Koalitionsvertrag aber weder ein Arbeitskampfrecht, noch sind es Änderungen in Sachen Allgemeinverbindlichkeitserklärung. Das Ministerium verweist auf tagesschau.de-Anfrage auf andere im Koalitionsvertrag vereinbarte Maßnahmen - etwa die gesetzliche Verankerung des digitalen Zugangsrechts für Gewerkschaften und die Fortgeltung von Tarifverträgen bei Ausgliederungen.  Öffentliche Aufträge nur für tarifgebundene Firmen? Doch das zentrale Vorhaben der Bundesregierung dazu - das Bundestariftreuegesetz - steckte zuletzt über Monate fest. Es soll regeln, dass öffentliche Aufträge des Bundes nur an Unternehmen vergeben werden, die nach Tarif zahlen. Ein weiterer Vorhaben der Ampel ist eigentlich, das sogenannte "Union Busting" - das systematische Herausdrängen von Gewerkschaften durch Arbeitgeber - zum Offizialdelikt zu erklären. Doch etwas mehr als ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl ist es die Regierung noch nicht angegangen. Ein Offizialdelikt ist eine Straftat, bei der Staatsanwaltschaften selbsttätig ermitteln müssen - etwa, wenn es einen Anfangsverdacht gibt, dass ein Betriebsrat vorsätzlich behindert oder gar zerschlagen wurde. Auf Anfrage heißt es vom Arbeitsministerium aber, der Gesetzenwurf solle noch in diese Legislaturperiode vorgelegt werden.
/wirtschaft/arbeitsmarkt/75-jahre-tarifvertragsgesetz-100.html
2024-04-23
China weist Spionage-Vorwürfe zurück
Nach Festnahmen
Nach der Festnahme von drei Verdächtigen weist die chinesische Botschaft den Vorwurf der Spionage zurück. Experten befürchten, dass Deutschland schlecht gegen Spionage gerüstet ist und vermuten weitere Fälle.
Nach der Festnahme von drei Verdächtigen weist die chinesische Botschaft den Vorwurf der Spionage zurück. Experten befürchten, dass Deutschland schlecht gegen Spionage gerüstet ist und vermuten weitere Fälle. Zwei Männer und eine Frau sollen Informationen an den chinesischen Geheimdienst weitergegeben haben und dabei insbesondere Militärtechnik ausspioniert haben. Die chinesische Botschaft in Berlin hat sich nun gegen diese Vorwürfe gewehrt. Gegenüber der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua hieß es: "Wir fordern die deutsche Seite auf, damit aufzuhören, den Spionagevorwurf auszunutzen, um das Bild von China politisch zu manipulieren und China zu diffamieren." Deutschland nur schlecht gewappnet Der CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter vermutet noch weitere unentdeckte Fälle in Deutschland. Für ihn sind die drei Festnahmen erst der Anfang. Deutschland sei gegen hybride Angriffe, auch durch Nachrichtendienste, schlecht gewappnet und deshalb sehr verletzlich. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte Kiesewetter: "China hat ein eher leichtes Spiel in Deutschland." Gerade in der Wissenschaft und Wirtschaft fehle die notwendige Sensibilisierung für die Risiken einer chinesischen Zusammenarbeit. Militärisch nutzbare Technologien im Visier Zum Zeitpunkt der Festnahmen sollen sich die Beschuldigten in Verhandlungen über Forschungsprojekte befunden, die insbesondere zum Ausbau der maritimen Kampfkraft Chinas nützlich sein könnten, so die Bundesanwaltschaft. Auch sensible Informationen sollen bereits an China gelangt sein - unter anderem über einen Hochleistungsmotor, der für Kampfschiffe geeignet ist. Die beiden Männer kamen am Montag in Untersuchungshaft. Die festgenommene Frau soll heute dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt werden.
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2024-04-23
Eskalation auf dem Unigelände
Demonstrationen gegen Gaza-Krieg
An mehreren US-Universitäten verschärfen sich die Proteste gegen den Krieg im Gazastreifen. Es kommt zu Festnahmen, an der Columbia University findet derzeit der Lehrbetrieb überwiegend online statt. Von Ralf Borchard.
An mehreren US-Universitäten verschärfen sich die Proteste gegen den Krieg im Gazastreifen. Es kommt zu Festnahmen, an der Columbia University findet derzeit der Lehrbetrieb überwiegend online statt. Von Ralf Borchard Pro-palästinensische Demonstrationen, wie derzeit in Yale im Bundesstaat Connecticut, gibt es an immer mehr Universitäten in den USA. Studierende campieren in Zelten, blockieren teils Campus-Zugänge. Immer häufiger kommt es nicht nur zu antisemitischen Beschimpfungen, sondern auch zu Handgreiflichkeiten und vereinzelt zu Gewalt. "Es ist wirklich beängstigend. Als jüdischer Student in Yale fühle ich mich zum ersten Mal nicht mehr willkommen", sagt Netanel Crispe dem Fernsehsender Fox News: Wenn ich mit meinen Kommilitonen über den Campus gehe, werden wir belästigt, auch körperlich angegangen. Wir werden mit Slogans wie 'Befreit Palästina' angeschrien. Wir können nicht mehr in Prüfungen gehen. Eine Freundin von mir bekam eine palästinensische Fahnenstange ins Auge und musste ins Krankenhaus. Festnahmen in Yale und an der Columbia University In Yale wurden am Montag Dutzende Studierende in Polizeigewahrsam genommen, nach Angaben der Studentenzeitung waren es 45. An der Columbia University in New York hatte es bereits in der vergangenen Woche etwa 100 Festnahmen gegeben. Jetzt hat die Universitätsleitung den Lehrbetrieb größtenteils auf Onlinekurse umgestellt, weil Präsenzveranstaltungen zu unsicher geworden seien. "Antisemitische Äußerungen und auch andere Äußerungen, mit denen Menschen verletzt und verängstigt werden sollen, sind inakzeptabel", heißt es in einer Erklärung von Universitätspräsidentin Nemat Minouche Shafik. Sie beklagt, dass sich Aktivisten von außen, die nichts mit der Columbia University zu tun hätten, unter die Protestierenden gemischt hätten. Trotz massiver Polizeipräsenz blieb die Lage auf dem Universitätsgelände, das mitten in Manhattan liegt, bis in die Nacht hinein angespannt. Studierende berichten von "anti-islamischer Stimmung" Auf die Frage, warum sie im Protestcamp ausharrt, sagt eine Studierende bei CNN: "Einfach um Solidarität zu zeigen mit den Studierenden, die schon festgenommen wurden - und natürlich mit den Menschen in Gaza." Unter den pro-palästinensischen Demonstrierenden sind auch jüdische Studierende. Einer von ihnen betont: "Es wird sehr viel betont, dass jüdische Studierende gegen Antisemitismus geschützt werden müssen. Aber es wird weniger über palästinensische Studierende gesprochen, die anti-islamische Stimmung zu spüren bekommen." Biden verurteilt Proteste Auch US-Präsident Joe Biden hat sich geäußert und ist bemüht, beiden Seiten gerecht zu werden. Von Reportern nach den Protesten gefragt sagte er: "Ich verurteile antisemitischen Protest. Ich verurteile ebenso diejenigen, die nicht verstehen, was mit den Palästinensern passiert." Umfragen zeigen, dass Biden gerade bei jüngeren Wählerinnen und Wählern Probleme hat - eine wichtige Gruppe, die vor vier Jahren zu seinem knappen Sieg bei der Präsidentschaftswahl beigetragen hatte. Von vielen wird Bidens Haltung zum Krieg in Nahost als zu einseitig pro-israelisch empfunden. Lautstarke Gaza-Proteste gibt es bei fast jeder Wahlkampfveranstaltung Bidens, auch wenn der nächste Universitätscampus weit entfernt liegt.
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2024-04-23
Raser erhält neun Jahre Haft wegen Mordes
Heilbronn
Ein Gericht in Heilbronn hat einen 21-Jährigen zu neun Jahren Haft wegen Mordes verurteilt. Er war in einer Tempo-40-Zone mit rund 100 Kilometern pro Stunde in das Auto einer Familie gerast. Der 42-jährige Vater starb an der Unfallstelle.
Ein Gericht in Heilbronn hat einen 21-Jährigen zu neun Jahren Haft wegen Mordes verurteilt. Er war in einer Tempo-40-Zone mit rund 100 Kilometern pro Stunde in das Auto einer Familie gerast. Der 42-jährige Vater starb an der Unfallstelle. Die Urteilsverkündung am Landgericht Heilbronn dauerte lange: Rund zwei Stunden ließ der 21-Jährige die Worte des Richters fast emotionslos über sich ergehen. Er wurde wegen Mordes zu neun Jahren Haft nach Jugendstrafrecht verurteilt. Das Gericht sprach ihn außerdem des dreifachen versuchten Mordes für schuldig. Seinen Führerschein muss der 21-Jährige abgeben. Man sei mit der Einschätzung des Gerichts nicht einverstanden, sagen die Verteidiger Anke Stiefel-Bechdolf und Stefan Ley. Sie wollen deshalb Revision einlegen, der Bundesgerichtshof soll das Verfahren überprüfen. Staatsanwaltschaft: Fahrer nahm Tod billigend in Kauf Der 21-Jährige war im Februar vergangenen Jahres mit seinem über 300 PS starken Auto in einer Tempo-40-Zone in der Heilbronner Wollhausstraße mit rund 100 Kilometern pro Stunde in das Auto eines Familienvaters geprallt. Wie ein verkehrstechnisches Gutachten ergab, hatte der 42 Jahre alte Familienvater keine Chance, den Unfall zu verhindern. Der Mann starb noch an der Unfallstelle, seine Frau wurde schwer, die beiden Kinder leicht verletzt. Kurz zuvor soll der 21-Jährige fast eine Frau auf einem Zebrastreifen angefahren haben, die gerade noch ausweichen konnte. Nach diesem Vorfall hat der Mann laut dem Richter "das Gaspedal bis zum Bodenblech durchgedrückt". Richter: Angeklagter habe Tod von Menschen billigend in Kauf genommen Die Staatsanwaltschaft plädierte deswegen auf Mord, weil der Tod von Menschen billigend in Kauf genommen wurde. In der ursprünglichen Anklage war sie noch von Totschlag und versuchtem Totschlag ausgegangen. Letztlich sah das Gericht das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt. Unter anderem hatte sich das spätere Opfer beim Einbiegen in die Straße zunächst in Sicherheit gewogen und konnte sich anschließend nicht mehr wehren, was laut dem Richter einem solchen Mordmerkmal entspricht. Verurteilung nach Jugendstrafrecht Eine Anwältin der Nebenkläger hatte eine lebenslange Haftstrafe nach Erwachsenenstrafrecht und einen lebenslangen Führerscheinentzug gefordert. Die Verteidigung des Angeklagten sah als Tatbestand lediglich fahrlässige Tötung. Ihr Mandant habe in den wenigen Sekunden bis zum Unfall nicht vorsätzlich gehandelt. Das Heilbronner Landgericht stufte den Mann am Montag als Heranwachsender ein, weil er vor allem im Februar 2023 geistig nicht erwachsen genug gewesen sei. Somit wurde er nach Jugendstrafrecht verurteilt und kommt um eine lebenslange Freiheitsstrafe herum. Die hätte ihm gedroht, wenn er nach dem Strafrecht für Erwachsene verurteilt worden wäre. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sendung am Di., 23.4.2024 6:00 Uhr, SWR4 BW am Morgen, SWR4 Baden-Württemberg Mehr zum Raser-Prozess in Heilbronn
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2024-04-23
Reparieren statt wegwerfen
Neue Rechte für EU-Verbraucher
Ein Gerät geht nach genau zwei Jahren kaputt und es ist günstiger, ein neues zu kaufen, als es reparieren zu lassen? Das soll durch ein neues EU-Gesetz künftig anders werden. Von Paul Vorreiter.
Ein Gerät geht nach genau zwei Jahren kaputt und es ist günstiger, ein neues zu kaufen, als es reparieren zu lassen? Das soll durch ein neues EU-Gesetz künftig anders werden. Von Paul Vorreiter Das Recht auf Reparatur soll helfen, die Kreislaufwirtschaft in der EU anzukurbeln und die Müllberge zu reduzieren. Nach Berechnungen der EU-Kommission fallen jedes Jahr rund 35 Millionen Tonnen Abfall an, weil Produkte zu früh weggeschmissen werden, statt repariert zu werden. Der jährliche Schaden für Verbraucherinnen und Verbraucher dadurch: schätzungsweise 12 Milliarden Euro. "Wir machen Reparatur während der gesetzlichen Gewährleistungsfrist attraktiver, in dem wir die gesetzliche Gewährleistungsfrist pauschal um ein Jahr verlängern, entscheidet sich der Verbraucher oder die Verbraucherin dann für die Reparatur", so der SPD-Europaabgeordnete René Repasi.  Anreize zur Reparatur Auch nachdem die Gewährleistung abgelaufen ist, sollen Verbraucher, dort wo es möglich ist, eine einfache und kostengünstige Reparatur vornehmen können. "Wir schaffen obendrauf einen Anspruch gegenüber den Herstellern, dass sie ein Produkt auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zu reparieren haben", so Repasi, "und wir schaffen eine Pflicht für alle Mitgliedstaaten, Reparaturen in ihren Hoheitsgebieten zu fördern." Das können zum Beispiel Gutscheine oder nationale Reparaturfonds sein. Noch weitere Anreize sollen die Reparatur in Zukunft attraktiver machen, indem Verkäufer und Händler während der Reparatur ein Ersatzgerät verleihen oder ein überholtes Exemplar anbieten, falls sich ein Produkt nicht wieder flott machen lässt. Für bereits reparierte Produkte darf eine neue Reparatur künftig auch nicht mehr verweigert werden. Leichtere Reparatur bei unabhängigen Werkstätten Die neuen Regeln betreffen schwere Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, Geschirrspüler, aber auch Smartphones, Tablets oder Fahrräder. Die Liste kann aber in den kommenden Jahren noch verlängert werden. Verbraucher, die ihren kaputten Staubsauger reparieren lassen wollen, sollen das in Zukunft auch leichter bei unabhängigen Werkstätten tun können. Die Hersteller müssen in Zukunft Ersatzteile und Anleitungen für die erwartete Lebensdauer des Produkts bereit halten. Eine europäische Reparaturplattform soll den Verbraucherinnen und Verbrauchern außerdem den schnellsten Weg zu Reparaturwerkstätten aufzeigen. Produkte müssen künftig reparaturfreundlich sein Die neuen Regeln machen es auch Tüftlern und Bastlern leichter, selbst wieder ein Produkt zu reparieren. Das beginnt bereits bei der Entwicklung der Produkte. Hersteller werden verpflichtet, darauf zu achten, dass die Produkte reparaturfreundlich sind, also keine Hindernisse bei Soft- oder Hardware eingebaut sind, die es schwierig machen, die Geräte mit handelsüblichen Werkzeugen zu öffnen. "Unsere Handys, Laptops und Waschmaschinen können wir in Zukunft einfacher, schneller und kostengünstiger reparieren', lobt die Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini die neuen Regeln. "Wir haben der Kreislaufwirtschaft den Teppich ausgerollt, wir verändern unser Wirtschaften, wir machen Nachhaltigkeit zum lohnenden Geschäftsmodell." Nach der Verabschiedung haben die EU-Staaten zwei Jahre Zeit, um das Recht auf Reparatur in ihre nationalen Gesetze zu übertragen.
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2024-04-23
Wahlrechtsreform auf dem Prüfstand
Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht verhandelt zwei Tage über die jüngste Reform des Wahlrechts. CSU und Linke haben sich an das oberste deutsche Gericht gewandt, weil sie erhebliche Nachteile durch die neuen Regeln befürchten. Von Gigi Deppe.
Das Bundesverfassungsgericht verhandelt zwei Tage über die jüngste Reform des Wahlrechts. CSU und Linke haben sich an das oberste deutsche Gericht gewandt, weil sie erhebliche Nachteile durch die neuen Regeln befürchten. Von Gigi Deppe Die Wahlrechtsreform steht auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand. Es klagen nicht nur die bayerische Staatsregierung, die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag und Die Linke. Auch über 4.000 Privatpersonen, vertreten vom Verein "Mehr Demokratie", haben Verfassungsbeschwerde eingereicht. Alle eint, dass sie das neue Wahlrecht für verfassungswidrig halten, aber sie kritisieren unterschiedliche Dinge. CSU und Linke befürchten, dass sie durch die neuen Regeln bei der nächsten Bundestagswahl deutlich schlechter dastehen. "Mehr Demokratie" will erreichen, dass die Fünf-Prozent-Hürde insgesamt abgeschafft wird. Der Bundestag soll kleiner werden Im vergangenen Jahr hat der Bundestag mit der Mehrheit der Ampelkoalition das neue Wahlrecht beschlossen, das bei der Bundestagswahl 2025 erstmals Anwendung fände. Das Ziel: Der Bundestag soll deutlich kleiner werden. Statt über 700 Abgeordneten soll es in der nächsten Legislaturperiode dort nur noch 630 Sitze geben. Bisher war die Zahl der Abgeordneten immer wieder gestiegen. Der Grund dafür: dass bislang bei der Wahl bestimmte Ungleichgewichte zwischen den Parteien mit zusätzlichen Sitzen ausgeglichen wurden. Wenn eine Partei zum Beispiel viele Erststimmen bekam, weil ihre Kandidaten sehr beliebt waren, sie aber bei den Zweitstimmen nicht so gut abschnitt, erhielt sie mehr Sitze, als ihr grundsätzlich anteilig zustanden - die so genannten Überhangmandate. Damit die anderen Fraktionen dann aber im Verhältnis nicht die Verlierer waren, erhielten diese auch noch so genannte Ausgleichsmandate. Mit der jüngsten Reform des Wahlrechtes wird das alles abgeschafft. Eine Partei bekommt jetzt nur noch so viele Sitze, wie ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Und das kann bedeuten, dass einige Kandidaten nicht mehr in den Bundestag einziehen, selbst wenn sie ihren Wahlkreis gewonnen haben. Abschaffung der Grundmandatsklausel Und noch etwas hat sich geändert. Bislang konnten nur Parteien in den Bundestag einziehen, die mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen gewonnen haben. Es sei denn, sie hatten bei den Erststimmen drei Direktmandate bekommen - die sogenannte Grundmandatsklausel. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Personen, die von den Wählern besonders geschätzt werden, auch im Parlament mitwirken, selbst wenn ihre Partei nicht besonders stark ist. Von dieser Grundmandatsklausel profitierte 2021 Die Linke. Sie hatte bei den Zweitstimmen die Fünf-Prozent-Grenze nicht erreicht, wäre also normalerweise nicht im Bundestag vertreten gewesen. Aber wegen drei gewonnener Direktmandate zog sie dennoch ein. Auch die CSU könnte vom Wegfall der Grundmandatsklausel betroffen sein. Denn sie erhält typischerweise in Bayern viele Direktmandate, erreicht aber bundesweite bei den Zweitstimmen nur wenig mehr als fünf Prozent. Auch Fünf-Prozent-Hürde Thema Die Verhandlungsgliederung des Bundesverfassungsgerichts zeigt: Die Gleichheit der Wahl und die Chancengleichheit der Parteien wird großen Raum in der mündlichen Erörterung mit den Richterinnen und Richtern spielen. Auch die Fünf-Prozent-Hürde wird Thema sein. "Mehr Demokratie" hat in seiner Beschwerdeschrift alle Wahlen seit 1949 analysiert und kommt zu dem Ergebnis, dass diese Regel unnötig sei. Tatsächlich sei mit abgesenkter Sperrklausel auf drei Prozent keine übermäßige Parteienzersplitterung zu befürchten und Regierungsbildung nicht erschwert gewesen. Dagegen seien viele Millionen Wählerstimmen unter den Tisch gefallen, und das sei undemokratisch und verfassungswidrig.
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2024-04-23
"Probleme mit Neutralität" beim UNRWA
Bericht zu Palästinenserhilfswerk
Eine UN-Untersuchungskommission sieht Verbesserungsbedarf mit Blick auf die Neutralität beim Palästinenserhilfswerk UNRWA. Gleichzeitig stellt sie klar: Israel bleibt Beweise für einen Teil seiner schweren Vorwürfe gegen das UNRWA schuldig.
Eine UN-Untersuchungskommission sieht Verbesserungsbedarf mit Blick auf die Neutralität beim Palästinenserhilfswerk UNRWA. Gleichzeitig stellt sie klar: Israel bleibt Beweise für einen Teil seiner schweren Vorwürfe gegen das UNRWA schuldig. Das UN-Hilfswerk für Palästinenser steht in der Kritik: Israel wirft dem UNRWA vor, von Hamas-Mitgliedern und Unterstützern unterwandert zu sein. Eine unabhängige Kommission untersuchte die Mechanismen und Verfahren der UN-Einrichtung, die die Einhaltung von Neutralitätsprinzipien garantieren sollen, und kommt nun zum Ergebnis: Es gibt noch Verbesserungsbedarf. Zwar gebe es beim UNRWA eine Reihe "robuster" Mechanismen, aber auch nach wie vor Probleme mit der Neutralität, wie die mit der Untersuchung beauftragte ehemalige französische Außenministerin Catherine Colonna erklärte. Dazu gehörten politische Äußerungen von Mitarbeitern, Schulbücher mit problematischen Inhalten und Drohungen der sehr politischen Gewerkschaften gegen die Leitung der Organisation. Israel muss Beweise liefern Mit Blick auf die Vorwürfe, unter den UNRWA-Mitarbeitern seien viele Unterstützer von Terror-Organisationen, müsse Israel weitere Beweise liefern, urteilte die Kommission. Der Report hebt hervor, dass das UNRWA den israelischen Behörden regelmäßig Listen seiner Mitarbeiter zur Überprüfung vorgelegt habe. "Seit 2011 hat die israelische Regierung dem UNRWA keine Bedenken in Bezug auf UNRWA-Bedienstete mitgeteilt, die auf diesen Personallisten stehen." Nach Angaben des israelischen Außenministeriums hätten die Personallisten bis März dieses Jahres keine palästinensischen Identifikationsnummern enthalten. Offenbar auf der Grundlage solcher Nummern hat Israel dem Bericht zufolge dann "öffentlich behauptet, dass eine beträchtliche Anzahl von UNRWA-Mitarbeitern Mitglieder terroristischer Organisationen sind". Israel habe jedoch noch keine Beweise dafür vorgelegt. Israel reagiert mit scharfer Kritik Israel reagierte am Abend mit scharfer Kritik auf den Untersuchungsbericht. Das "enorme Ausmaß der Unterwanderung" des Hilfswerks durch die islamistische Hamas werde darin nicht berücksichtigt, hieß es in einer Stellungnahme des israelischen Außenministeriums auf der Plattform X (vormals Twitter). Der Bericht "ignoriert die Schwere des Problems", hieß es. "So sieht ein Versuch aus, dem Problem auszuweichen und es nicht direkt anzugehen". Empfehlungen der Kommission Zur Stärkung der Neutralitätsprinzipien empfahl Colonna unter anderem eine genauere Überprüfung der Mitarbeiter, einen besseren Schutz der UNRWA-Einrichtungen vor missbräuchlicher militärischer Nutzung und eine Revision des gesamten Lehrmaterials an den von der Organisation betrieben Schulen. "Wir sind zuversichtlich, dass die Umsetzung dieser Empfehlungen dem UNRWA helfen wird, sein Mandat zu erfüllen", hieß es in dem Bericht, Die humanitäre Hilfe, die das UNRWA im abgeriegelten Gazastreifen leistet, gilt als alternativlos für das Überleben der mehr als zwei Millionen Palästinenser in dem Küstengebiet.  Prüferin: "Gemeinsame Verantwortung" für Unterstützung von UNRWA Nach Vorlage ihres unabhängigen Expertenberichts warb Colonna für die internationale Unterstützung von UNRWA. "Die internationale Gemeinschaft muss UNRWA bei der Bewältigung seiner Herausforderungen zum Erreichen von Neutralität unterstützen. Es ist eine gemeinsame Verantwortung", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.  Auf eine Frage zur ausstehenden Entscheidung der Bundesregierung, ob Deutschland seine Zahlungen an die Organisation wieder aufnimmt, antwortete Colonna nicht direkt. Es sei nun an jedem Land, den Bericht zu studieren und über die nächsten Schritte zu entscheiden. "Was ich gesehen habe, ist, dass die überwiegende Mehrheit der Geberstaaten die unverzichtbare und unersetzliche Rolle von UNRWA anerkennt, bestrebt ist, Lösungen zu finden und bei Bedarf Verbesserungen zu unterstützen", sagte die Französin weiter. Der Text enthalte 50 konkrete Empfehlungen für dieses Ziel. Untersuchung zum 7. Oktober läuft noch Die Untersuchungskommission wurde eingesetzt, nachdem Israel im Januar zwölf UNRWA-Mitarbeiter beschuldigt hatte, an den Hamas-Anschlägen vom 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen zu sein. Diesem Vorwurf geht eine interne Untersuchung weiterhin nach, er war nicht Gegenstand des aktuellen Berichts. Später behauptete Israel, dass ein großer Teil aller UNRWA-Mitarbeiter Mitglieder einer terroristischen Organisation wie der Hamas oder dem Islamischen Dschihad seien. Darauf ging der Bericht nun mit dem Verweis auf mangelnde Beweise ein. Als Reaktion auf die Vorwürfe entließ das UNRWA mehrere Beschäftigte. In den darauffolgenden Wochen hatten zahlreiche Geberstaaten ihre finanzielle Hilfen pausiert oder ausgesetzt. Einige Länder, darunter die EU, Schweden, Kanada, Japan und Frankreich, haben mittlerweile die Hilfen wieder aufgenommen. Colonnas Team war beauftragt worden zu prüfen, ob das UNRWA "alles in seiner Macht Stehende tut, um Neutralität zu gewährleisten". Herausfordernde Aufgabe für Mitarbeiter Die Islamisten der Hamas haben 2007 die Macht im Gazastreifen an sich gerissen und regieren das Gebiet seither mit harter Hand. Sie kontrollieren auch die örtlichen Behörden - eine Herausforderung für die Helfer der UN. Tausende UNRWA-Mitarbeitende dort - vor allem palästinensische Flüchtlinge - haben aber die Verpflichtung, neutral zu bleiben.  UN-Generalsekretär António Guterres dankte Colonna für ihre Arbeit. Er habe mit UNRWA-Chef Philippe Lazzarini vereinbart, dass das Hilfswerk mit Unterstützung des Generalsekretärs einen Aktionsplan zur Umsetzung der im Abschlussbericht enthaltenen Empfehlungen aufstellen wird.
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2024-04-23
Zwei Spionage-Verdächtige in Untersuchungshaft
Kontakt zu Chinas Geheimdienst
Sie sollen für China spioniert und gezielt militärisch nutzbare Technologien ins Visier genommen haben - nun sitzen zwei der drei festgenommenen Deutschen in Untersuchungshaft. Der Verfassungsschutz hatte sie offenbar schon länger im Blick.
Sie sollen für China spioniert und gezielt militärisch nutzbare Technologien ins Visier genommen haben - nun sitzen zwei der drei festgenommenen Deutschen in Untersuchungshaft. Der Verfassungsschutz hatte sie offenbar schon länger im Blick. Nach den Festnahmen von drei Deutschen wegen mutmaßlicher Spionage für den chinesischen Geheimdienst sind die beiden Männer in Untersuchungshaft gekommen. Wie eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte, hat der Ermittlungsrichter die Haftbefehle in Vollzug gesetzt. Die festgenommene Frau soll am Dienstag dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt werden. "Wir sind als Verfassungsschutz diesen Beteiligten schon sehr frühzeitig auf die Spur gekommen, haben deren Verhalten und Aktivitäten weiter überwacht", sagte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang. Laut Generalbundesanwalt sind die Festgenommenen, "dringend verdächtig, seit einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt vor Juni 2022" spioniert zu haben. Militärisch nutzbare Technologien im Visier Beamte des Bundeskriminalamts hatten die drei Verdächtigen am Montag in Düsseldorf und im hessischen Bad Homburg festgenommen. Wohn- und Arbeitsplätze sind dazu nach Angaben der Bundesanwaltschaft durchsucht worden. Die Beschuldigten sollen in Deutschland Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben. Zum Zeitpunkt der Festnahmen hätten sich die Beschuldigten in Verhandlungen über Forschungsprojekte befunden, die insbesondere zum Ausbau der maritimen Kampfkraft Chinas nützlich sein könnten, so die Bundesanwaltschaft. Gegen Bezahlung sollen sie für das chinesische Ministerium für Staatssicherheit (MSS) auch einen Speziallaser ohne Genehmigung nach China exportiert haben, obwohl dieser der EU-Verordnung für eine sowohl zivile als auch militärische Nutzung unterliegt. China weist Spionage-Vorwurf zurück Peking wies die Spionage-Vorwürfe aus Deutschland zurück. "Wir fordern die deutsche Seite auf, die Spionagevorwürfe nicht weiter auszunutzen, um das Bild Chinas politisch zu manipulieren und China zu diffamieren", erklärte die chinesische Botschaft in Berlin gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Kooperation mit Technischer Universität in Ostdeutschland Einer der verhafteten Männer soll den Angaben zufolge für einen sich in China aufhaltenden Mitarbeiter des MSS die Informationen beschafft haben. Dazu habe er sich des festgenommenen Ehepaars bedient, das in Düsseldorf eine Firma betrieben habe, hieß es weiter. Die Firma habe als "Medium zur Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit mit Personen aus der deutschen Wissenschaft und Forschung gedient". Mit einer Technischen Universität in Ostdeutschland soll es nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios bereits zu einer Kooperation gekommen sein, weitere Projekte seien in Vorbereitung gewesen sein, heißt es in Ermittlungskreisen. Auch sensible Informationen sollen bereits an China gelangt sein - unter anderem über einen Hochleistungsmotor, der für Kampfschiffe geeignet ist. Zudem soll es zu einer Lieferung von so genannten "Dual Use"-Gütern gekommen sein, die sowohl zivil als auch militärisch nutzbar sind und unter das Außenwirtschaftsgesetz fallen. Finanziert wurde das Projekt den Angaben zufolge durch staatliche chinesische Stellen. Die Kooperationspartner an deutschen Universitäten seien offenbar ahnungslos gewesen. Spionage durch China mit Blick auf wirtschaftliche Vorteile, aber auch militärische Geheimdienste gilt als eine der größten Bedrohungen für die deutsche Wirtschaft und Universitäten. Mit Informationen von Michael Götschenberg und Holger Schmidt, ARD-Hauptstadtstudio
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2024-04-22
++ Fernsehturm in Charkiw nach Angriff eingestürzt ++
Krieg gegen die Ukraine
Nach einem Angriff auf die ukrainische Stadt Charkiw ist dort ein Fernsehturm teilweise eingestürzt. Russland hat eigenen Angaben zufolge ein Dorf in der Ostukraine eingenommen. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.
Nach einem Angriff auf die ukrainische Stadt Charkiw ist dort ein Fernsehturm teilweise eingestürzt. Russland hat eigenen Angaben zufolge ein Dorf in der Ostukraine eingenommen. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen. Fernsehturm in Charkiw nach Angriff teilweise eingestürztKreml meldet Geländegewinne in OstukraineDuda offen für Stationierung von Atomwaffen in PolenBaerbock fordert "Patriot"-LieferungenHabeck pocht auf weitere deutsche HilfenMinistertreffen in LuxemburgEU-Importverbot für Agrargüter aus Russland gefordert Ende des Liveblogs Damit beenden wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse. Aussage zu Atomwaffen: Tusk fordert von Duda Details Polens Regierungschef Donald Tusk hat von Präsident Andrzej Duda weitere Details zu dessen Erklärung gefordert, Polen sei offen für die Stationierung von Atomwaffen. "Diese Idee ist sehr massiv und sehr ernst, würde ich sagen. Ich müsste alle Umstände kennen, die den Präsidenten dazu veranlasst haben, diese Erklärung abzugeben", sagte Tusk. Er wolle sich daher mit Duda treffen, um seine Absichten zu verstehen. "Ich möchte aber auch, dass eventuelle Initiativen von den Verantwortlichen sehr gut vorbereitet werden - und dass wir alle die Überzeugung haben, dass wir das wollen." Duda hatte zuvor in einem Interview mit der Boulevardzeitung "Fakt" bekräftigt, sein Land sei bereit für die Stationierung von US-Atomwaffen, sollte die NATO dies für nötig halten. Biden verspricht Selenskyj schnelle Unterstützung Kurz vor der Abstimmung im US-Senat über ein neues Ukraine-Hilfspaket hat US-Präsident Joe Biden dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schnelle Unterstützung in Aussicht gestellt. Biden habe mit seinem Amtskollegen telefoniert, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses. Sobald der Senat das Gesetz verabschiedet und Biden es unterzeichnet habe, werde seine Regierung "schnell neue Sicherheitshilfen bereitstellen, um den dringenden Bedarf der Ukraine auf dem Schlachtfeld und in der Luftverteidigung zu decken". Die US-Hilfen würden demnach außerdem dazu beitragen, die finanzielle Stabilität der Ukraine aufrechtzuerhalten, kritische Infrastruktur in dem von Russland angegriffenen Land wieder zu errichten und Reformen für die Integration der Ukraine in den euro-atlantischen Raum voranzutreiben. Bei EU-Treffen keine Zusagen für Patriot-Lieferungen Die Ukraine erhält vorerst keine Zusagen für weitere Lieferungen des Luftabwehr-Systems Patriot aus Europa. Die Außenminister der 27 EU-Mitgliedstaaten erklärten bei ihrem Treffen in Brüssel lediglich, sie würden prüfen, wie die Luftabwehr der Ukraine gestärkt werden könne. Die Regierung in Kiew hatte in den vergangenen Wochen angesichts zunehmender Luftangriffe um die Lieferung von Patriots gebeten. Bislang hat dies nur Deutschland zugesagt. EU-Chefdiplomat Josep Borrell zeigte sich enttäuscht und appellierte, mehr für die Ukraine zu tun. Fünf Jahre Zwangsarbeit für Interview zum Krieg Ein russisches Gericht hat einen Mann zu fünf Jahren Zwangsarbeit verurteilt wegen eines Straßeninterviews zum Ukraine-Krieg mit dem Sender Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL). Der Mann habe dabei "vorsätzlich falsche Informationen" über die Armee verbreitet, hieß es in einer Erklärung des Moskauer Gerichts. RFE/RL-Journalisten hatten den heute 39-Jährigen im Juli 2022 gefragt, ob er eine Entspannung zwischen Russland und der NATO für notwendig halte. Er bejahte dies und sagte: "Aber es hängt alles von unserer Regierung ab. Sie hat das alles angefangen (...) Russland hat all diese Probleme geschaffen." Er sehe keine Probleme mit der NATO, die keinen Angriff plane. Er sagte zudem, russische Truppen hätten in Butscha grundlos Zivilisten getötet. Fernsehturm in Charkiw nach Angriff eingestürzt Ein Fernsehturm in der ukrainischen Stadt Charkiw ist teilweise eingestürzt, nachdem die Behörden zuvor einen russischen Angriff gemeldet hatten. Laut der Nachrichtenagentur AFP beobachtete einer ihrer Reporter den Einsturz des Gebäudes. Auch ein von der Nachrichtenagentur Reuters bereitgestelltes Video zeigt, wie die Spitze des 240 Meter hohen Turms in die Tiefe stürzt. Der Gouverneur von Charkiw, Oleh Synegubow, erklärte in einem Onlinedienst, Russland habe eine "Einrichtung der Fernsehinfrastruktur" getroffen. Die Mitarbeiter brachten sich seinen Angaben zufolge während des Alarms in Sicherheit, Opfer gab es demnach keine. Es habe "Unterbrechungen des Signals für digitales Fernsehen" gegeben, erklärte Synegubow weiter. Charkiw ist die zweitgrößte ukrainische Stadt und liegt nahe der russischen Grenze. Vor dem Krieg lebten hier 1,4 Millionen Menschen. Fernsehtürme in der Ukraine wurden seit dem russischen Einmarsch vor über zwei Jahren mehrfach bombardiert oder mit Raketen beschossen. Ziel ist es offenbar, die Bevölkerung von Informationen aus ukrainischen Quellen abzuschneiden. Die Türme sind jedoch auch Teil der zivilen und militärischen Kommunikationsinfrastruktur. Russland: Hafturteil in Abwesenheit gegen Meta-Sprecher Ein russisches Militärgericht hat den Sprecher des US-Internetriesen Meta, Andy Stone, in Abwesenheit wegen "Terrorismus-Verherrlichung" zu sechs Jahren Straflager verurteilt. Wie die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete, stufte der Richter den Facebook-Mutterkonzern in seinem Urteil als "extremistisch" ein. Stones Anwältin Walentina Filippenkowa sagte Interfax, sie werde für ihren nicht in Russland lebenden Mandanten Berufung gegen das Hafturteil einlegen. Konkret ging es in dem Gerichtsverfahren um einen Post von Stone im Onlinenetzwerk Twitter, heute X, vom März 2022. Darin hatte der Meta-Sprecher nach Auffassung des Militärgerichts kurz nach Beginn der russischen Militäroffensive in der Ukraine "aggressive, feindliche und gewaltsame Handlungen gegen Mitglieder der russischen Streitkräfte gerechtfertigt". Meta hatte am 11. März 2022 erklärt, dass der Konzern in Abweichung der üblichen Praxis Botschaften, die den "Tod der russischen Invasoren" forderten, nicht als Verstoß gegen seine Nutzungsregeln betrachten würde. Im April 2022 setzte Russland Meta-Chef Mark Zuckerberg auf seine schwarze Liste von Personen, denen die Einreise untersagt ist. Tschentscher: Hamburg steht an Kiews Seite Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher und sein Kiewer Amtskollege Vitali Klitschko haben die Verbundenheit ihrer Städte in Zeiten des russischen Angriffskrieges betont. Nicht nur militärische Hilfe sei wichtig, sondern auch die zivile Unterstützung, sagte Klitschko bei dem Treffen im Kiewer Rathaus. Der Besuch habe für alle Bürgerinnen und Bürger der Ukraine auch eine symbolische Bedeutung. "Er zeigt, dass wir nicht allein sind", sagte Klitschko. Tschentscher war am Morgen mit dem Zug aus Polen in Kiew angekommen - als erster Chef einer deutschen Landesregierung seit Beginn des russischen Angriffskrieges. Aus Sicherheitsgründen war der Besuch zuvor nicht angekündigt worden. Polen sieht sich nicht imstande, "Patriots" zu liefern Polen hat der Lieferung weiterer "Patriot"-Flugabwehrsysteme an die Ukraine eine Absage erteilt. Sein Land habe derzeit keine Möglichkeit dafür, sagte Ministerpräsident Donald Tusk. Er kündigt zudem an, morgen NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und den britischen Premierminister Rishi Sunak zu Gesprächen in Warschau zu empfangen. Russische Armee erobert nach eigenen Angaben weiteres ostukrainisches Dorf Nachdem russische Militärblogger bereits die Einnahme eines Dorfes in der Ostukraine vermeldet haben, geben nun auch die russischen Streitkräfte an, den Ort Nowomychailiwka im Donezker Gebiet erobert zu haben. Damit sei die taktische Lage verbessert worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Nowomychailiwka befindet sich gut 20 Kilometer südwestlich der unter russischer Kontrolle stehenden Gebietshauptstadt Donezk. Von ukrainischer Seite wurde die Eroberung nicht bestätigt. Im Generalstabsbericht war von zurückgeschlagenen Angriffen die Rede. Ukrainische Militärbeobachter hatten den Ort aber bereits in der Nacht als russisch kontrolliert gekennzeichnet. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben derzeit nicht. Russische Streitkräfte dringen offenbar nordwestlich von Awdijiwka vor Russische Truppen sind offenbar im Osten der Ortschaft Ocheretyne - nordwestlich von Awdijiwka - vorgestoßen. Das berichtet das Institute for the Study of War (ISW) in seinem aktuellen Lagebericht. Das ISW beruft sich dabei auf Filmmaterial, das am 20. und 21. April veröffentlicht wurde. Das Material weise darauf hin, dass russische Streitkräfte kürzlich im Osten von Ocheretyne vorgerückt sind. Russische Militärblogger behaupteten ebenfalls, dass russische Streitkräfte im Südosten von Ocheretyne Erfolge erzielt hätten. Einige russische Quellen gaben zudem an, dass russische Streitkräfte am 21. April Nowomychailiwka - südwestlich der Stadt Donezk - erobert hätten, während die Stellungskämpfe westlich und südwestlich der Stadt Donezk andauerten. Unabhängige Informationen dazu liegen derzeit nicht vor. Das ISW verweist darauf, dass dem Institut keine Hinweise in Form von Fotos oder Videos zu der vermeintlichen Einnahme vorliegen. Die Angaben könnten deshalb nicht bestätigt werden. Social-Media-Beitrag auf X von Institute for the Study of War: "Russian forces recently marginally advanced in eastern Ocheretyne (northwest of Avdiivka).Geolocated footage published on April 20 and April 21 indicates that Russian forces recently advanced in eastern Ocheretyne, and Russian milbloggers also claimed that Russian forces… https://t.co/RsZqKN1L2c pic.twitter.com/xPCiv9SlY3" Kreml: US-Waffenhilfe wird Lage an der Front nicht ändern Das vom US-Repräsentantenhaus genehmigte militärische Hilfspaket für die Ukraine wird nach Darstellung des Kremls keine grundsätzliche Änderung auf dem Schlachtfeld herbeiführen. Die russischen Einheiten seien derzeit auf dem Vormarsch, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. "Natürlich führen die bereitgestellten Gelder und die Waffen, die von diesem Geld geliefert werden, nicht zu einer Änderung dieser Dynamik", sagte Peskow. Stattdessen würden sie zu mehr Opfern unter den Ukrainern und zu einer größeren Zerstörung führen, sagte er. Scharfe Kritik übte der Kreml auch an einem weiteren Gesetzesvorhaben in Washington; die geplante Beschlagnahmung russischer Besitztümer in den USA. Das seien ungesetzliche Handlungen. "Dementsprechend werden sie zum Objekt von bestimmten Gegenmaßnahmen und juristischer Auseinandersetzung", kündigte Peskow an. Gazprom steigt zum wichtigsten Pipelinegas-Lieferanten für China auf Der mehrheitlich staatliche russische Energiekonzern Gazprom ist zum wichtigsten Lieferanten von Pipelinegas für China aufgestiegen. Im Februar habe der Konzern 2,5 Milliarden Kubikmeter Gas über die Leitung "Kraft Sibiriens" exportiert, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf den chinesischen Zoll. Der langjährige Rekordhalter Turkmenistan exportierte demnach im gleichen Zeitraum nur 2,4 Milliarden Kubikmeter. Die 2019 in Betrieb genommene Pipeline "Kraft Sibiriens" hat laut Projektdeklaration eine Kapazität von 38 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Daneben liefert Russland auch noch Flüssiggas (LNG). Im Februar waren dies umgerechnet 593 Millionen Kubikmeter. Damit liegt das Land bei den LNG-Lieferanten Chinas an vierter Stelle. LNG- und Pipelinegas zusammengerechnet hat Russland schon länger die Führungsposition bei Gaslieferungen für China inne. Duda offen für Stationierung von Atomwaffen in Polen Polen hat seine Bereitschaft zur Stationierung von Atomwaffen zur Abschreckung Russlands erklärt. "Wenn unsere Verbündeten beschließen, im Rahmen der nuklearen Teilhabe Atomwaffen auf unserem Territorium zu stationieren, um die Ostflanke der NATO zu stärken, sind wir dazu bereit", sagte der polnische Präsident Andrzej Duda in einem Interview mit der Zeitung "Fakt". Das NATO-Mitglied Polen zählt zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine und grenzt sowohl an die russische Exklave Kaliningrad als auch an Russlands Verbündeten Belarus.  Duda, der sich derzeit in Kanada aufhält, hatte bei einem Besuch in den USA in der vergangenen Woche mit dem früheren US-Präsidenten Donald Trump über den Ukraine-Krieg beraten. Im März hatte der polnische Staatschef US-Präsident Joe Biden getroffen. Die Frage einer möglichen Stationierung von Atomwaffen in Polen werde bereits "seit einiger Zeit" zwischen Polen und den USA diskutiert, sagte Duda. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 hatte Kreml-Chef Wladimir Putin immer wieder mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Baustoffhersteller Knauf wickelt Russlandgeschäft ab Der Baustoffhersteller Knauf will sich komplett vom russischen Markt zurückziehen. Der fränkische Familienkonzern bestätigte in Iphofen: "Die Knauf Gruppe hat vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen entschieden, sich nach mehr als 30 Jahren in Russland von ihrem dortigen Geschäft zu trennen." Es sei "der Wunsch des Unternehmens, das gesamte Geschäft in Russland inklusive Rohstoffgewinnung, der Produktion und des Vertriebs auf das lokale Management zu übertragen, um die Arbeitsplätze der mehr als 4.000 Mitarbeiter auch in Zukunft zu erhalten", teilte das Unternehmen weiter mit. Zuvor hatte "Business Insider" berichtet. Der Familienkonzern, der 2022 mit rund 15,4 Milliarden Euro Umsatz zu den größten Baustoffherstellern weltweit zählte, war zuletzt wegen seiner Russland-Geschäfte erneut in die Kritik geraten. Ein Bericht des ARD-Magazins Monitor hatte angedeutet, dass Knauf beim Wiederaufbau der von Russland besetzten ukrainischen Stadt Mariupol mithelfe und sich nicht an Sanktionsauflagen halte. Das Unternehmen stritt dies ab. Baerbock fordert weitere "Patriot"-Lieferungen Außenministerin Annalena Baerbock hat die Entscheidung des US-Repräsentantenhauses zu neuen Militärhilfen für die Ukraine begrüßt. "Das ist auch ein wichtiger Moment für die Sicherung der europäischen Friedensordnung", sagte Baerbock vor einem Treffen mit ihren EU-Kollegen in Luxemburg. Die Außenminister beraten bei ihrer Sitzung unter anderem über zusätzliche Flugabwehrsysteme für die Ukraine. Baerbock appellierte erneut an die EU-Staaten, weitere "Patriot"-Systeme zu liefern. "Jedes weitere Luftverteidigungssystem rettet Menschenleben in der Ukraine", sagte sie. "Daher ist es so zentral, dass wir alle gemeinsam unsere Kräfte genau in diesem Bereich bündeln." Die Bundesregierung hatte Mitte April angekündigt, der Ukraine ein weiteres "Patriot"-System zu liefern. Duma-Vorsitzender für Beschlagnahmung westlicher Vermögen Einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters zufolge hat der russische Unterhausvorsitzende und enge Verbündete von Präsident Wladimir Putin, Wjatscheslaw Wolodin, mit der Beschlagnahmung westlicher Vermögenswerte in seinem Land gedroht. "Washington hat ein Gesetz zur Konfiszierung russischen Vermögens verabschiedet, um die EU zu provozieren, denselben Schritt zu unternehmen, der verheerende Folgen für die europäische Wirtschaft haben wird", sagte der Duma-Vorsitzende demnach und fügte hinzu: "Unser Land hat jetzt allen Grund, symmetrische Entscheidungen in Bezug auf Auslandsvermögen zu treffen." Im Ausland seien russische Vermögenswerte im Volumen von 280 Milliarden US-Dollar eingefroren. Nur ein Anteil von fünf bis sechs Milliarden US-Dollar befände sich in den USA, in der Europäischen Union seien es 210 Milliarden Euro (224 Milliarden US-Dollar). Laut US-Medienberichten stimmte das US-Repräsentantenhaus für ein Gesetz, das es der Regierung von Präsident Joe Biden ermöglichen würde, bei US-Banken eingelagerte russische Vermögenswerte in Milliardenhöhe zu beschlagnahmen und sie in die Ukraine für den Wiederaufbau zu transferieren. Tschentscher in Kiew Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher ein deutscher Landesregierungschef Kiew besucht. Der SPD-Politiker traf am Morgen mit dem Zug aus Polen kommend in der ukrainischen Hauptstadt ein. Die Reise war aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt worden. Geplant sind im Laufe des Tages unter anderem Treffen mit Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko, seinem Bruder Wladimir und Vertretern der Nationalregierung. Tschentscher folgte mit der Visite einer Einladung Klitschkos. Beide Bürgermeister hatten im April 2022 - zwei Monate nach Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands - einen "Pakt für Solidarität und Zukunft" zur gegenseitigen Unterstützung ihrer Städte in Krisenzeiten geschlossen. Hamburg stehe weiterhin fest an der Seite der Menschen in Kiew, sagte Tschentscher. Mit seinem Besuch wolle er ein Zeichen der Solidarität setzen. Habeck pocht auf weitere deutsche Hilfen Nach der Zustimmung der USA zu milliardenschweren Militärhilfen für die Ukraine hat Wirtschaftsminister Robert Habeck gefordert, dass auch Deutschland federführend weitere Unterstützung leistet - und dazu seine Waffenproduktion ausbaut. "Wir müssen auch die Wehrindustrie in Deutschland höher skalieren", sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk. "Wir müssen im Grunde das, was wir mit der Energieversorgung gemacht haben, auch bei der Rüstungsproduktion tun." Wenn die Ukraine Waffen und Munition brauche, dann solle sie sie kriegen. Wenn sie sie nicht mehr brauche, könne die Bundeswehr sie gut brauchen, so Habeck. "Also müssen wir schneller hochskalieren und mehr produzieren." Das sei "alles nicht gut und nicht schön zu sagen", weil es sich um Kriegswaffen handle. "Ich gehe da auch überhaupt nicht leichtherzig oder mit frohem Mut ran. Aber es ist eine sehr, sehr notwendige Entscheidung", sagte der Minister. Europa unter Zugzwang Europa stehe nach der Hilfszusage der USA für die Ukraine "vielleicht sogar noch ein bisschen mehr" unter Druck als vorher, so ARD-Korrespondent Michael Grytz vor dem EU-Ministertreffen in Luxemburg im ARD-Morgenmagazin. Es sei schwierig, eine gemeinsame Verteidigungsfähigkeit zu organisieren. Manche Experten mutmaßen laut Grytz, es könnte eine neue Diskussion um die Lieferung deutscher "Taurus"-Marschflugkörper an die Ukraine beginnen. "Keine Selbstverständlichkeit, dass die USA an unserer Seite stehen" Nach der Entscheidung des US-Repräsentantenhauses für weitere Ukraine-Hilfen sei ihr "ein riesiger Stein vom Herzen gefallen", so Agnieszka Brugger, Vize-Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, im ARD-Morgenmagazin. Das Risiko, zu wenig zu tun, bestehe - und gefährde nicht nur die Ukraine. Kiew hofft auf baldige Lieferung von Militärhilfe Nach der Zusage von Milliardenunterstützung aus den USA und neuer Flugabwehrsysteme von den NATO-Mitgliedern hat Präsident Wolodymyr Selenskyj die Unterstützer seines Landes darum gebeten, die Zeitspanne zwischen Zusagen militärischer Hilfe und der tatsächlichen Lieferung möglichst kurz zu halten. "Die Zeit zwischen den politischen Entscheidungen und den tatsächlichen Verlusten des Gegners an der Front, zwischen der Verabschiedung des Pakets und der Stärke unserer Jungs sollte so kurz wie möglich sein", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Das US-Repräsentantenhaus hatte am Samstag die Freigabe eines Hilfspakets im Umfang von 61 Milliarden US-Dollar (rund 57 Milliarden Euro) für die Ukraine gebilligt, das dringend benötigte Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen Russland enthält. Davor hatte die NATO am Freitag beschlossen, die Ukraine mit weiteren Flugabwehrsystemen zu stärken. Ein Zeitrahmen für die Lieferung wurde in beiden Fällen nicht genannt. Lediglich aus US-Militärkreisen hieß es, die benötigten Waffensysteme und Munition könnten schon in Kürze übergeben werden. CDU fordert EU-Importverbot für Agrargüter aus Russland Die Union im Bundestag hat strengere Sanktionen gegen Russland und Belarus bei Agrarprodukten gefordert. "Wir sind in Deutschland und Europa nicht auf russisches Getreide angewiesen", sagte der agrarpolitische Sprecher der Fraktion, Albert Stegemann (CDU), der Nachrichtenagentur dpa. Mit Exporten finanziere Präsident Wladimir Putin nur seine Kriegswirtschaft. "Das gilt es zu verhindern. Höhere Zölle auf russisches Getreide reichen nicht aus." In einem Bundestags-Antrag will sich die Union daher für ein "vollumfängliches Importverbot auf alle Agrargüter und Lebensmittel aus Russland und Belarus" einsetzen. Mit dem Antrag soll die Bundesregierung zudem aufgefordert werden, parallel Vorkehrungen für ein Importverbot auf nationaler Ebene zu treffen, sofern auf EU-Ebene absehbar keine Einigung zustande kommt. EU-Ministertreffen in Luxemburg Die Außen- und Verteidigungsminister der EU-Staaten wollen sich heute bei einem Treffen in Luxemburg mit ihren Kollegen aus der Ukraine austauschen. Im Zentrum der Beratungen soll die Frage stehen, wie die Ukraine stärker bei ihrem Abwehrkampf gegen Russland unterstützt werden kann. Für die Bundesregierung werden Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsstaatssekretärin Siemtje Möller zu dem Treffen in Luxemburg erwartet. Neben den Beratungen mit den Vertretern der Ukraine stehen für die Ministerinnen und Minister der EU-Staaten auch Gespräche über die Lage im Nahen Osten und über die jüngsten Entwicklungen im Sudan auf der Tagesordnung. Weltweite Rüstungsausgaben erneut gestiegen Wieder haben die weltweiten Militärausgaben einen Höchststand erreicht. Bereits zum neunten Mal in Folge übertrafen die Zahlen die Ausgaben des Vorjahres, wie aus einem neuen Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI hervorgeht. Einer der Hauptgründe sei der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Die größten zehn Geldgeber erhöhten ihre Ausgaben allesamt deutlich. Am meisten Geld geben die USA, China und Russland für ihr Militär aus. Den Angaben zufolge stiegen die Ausgaben im Jahr 2023 inflationsbereinigt um 6,8 Prozent auf 2,44 Billionen US-Dollar (rund 2,28 Billionen Euro) - der größte Anstieg im Jahr-zu-Jahr-Vergleich seit 2009. 2022 waren es noch 2,24 Billionen Dollar (rund 2,04 Billionen Euro) gewesen. Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen In einem Hafen von Sewastopol auf der von Russland besetzten Halbinsel Krim ist ein Schiff in Brand geraten. Westliche Militärexperten erwarten eine Zunahme russischer Angriffe in den kommenden Wochen. Alle Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.
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2024-04-22
++ EU treibt Pläne für neue Iran-Sanktionen voran ++
Krieg in Nahost
Die Mitgliedsstaaten der EU haben Chefdiplomat Borrell beauftragt, konkrete Vorschläge für neue Iran-Sanktionen vorzulegen. Bei einem Anschlag mit einem Auto in Jerusalem wurden drei Menschen verletzt. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.
Die Mitgliedsstaaten der EU haben Chefdiplomat Borrell beauftragt, konkrete Vorschläge für neue Iran-Sanktionen vorzulegen. Bei einem Anschlag mit einem Auto in Jerusalem wurden drei Menschen verletzt. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen. EU treibt Pläne für neue Iran-Sanktionen voranIsraels Militärgeheimdienst-Direktor tritt zurückIsrael kritisiert mögliche US-Sanktionen gegen Bataillon US-Militärbasis in Syrien vom Irak aus angegriffenHisbollah: Israelische Drohne über Südlibanon abgeschossen Ende des Liveblogs Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für das Interesse. Demonstrierende verbrennen Tisch vor Netanyahus Haus Am Sederabend zum Auftakt des jüdischen Pessach-Fests haben Demonstrierende vor dem Haus von Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu einen Tisch verbrannt, um an die Abwesenheit der immer noch von der Hamas festgehaltenen Geiseln zu erinnern. Etwa 500 Menschen versammelten sich vor dem Wohnsitz Netanyahus in Caesarea nördlich von Tel Aviv und forderten die Regierung auf, die Freilassung der 129 Menschen zu ermöglichen. Die Demonstrierenden stellten einen großen Tisch mit leeren Stühlen und leeren Tellern auf, um daran zu erinnern, dass die Geiseln "an Hunger sterben", erklärte die Anwältin Yael Ben Pornat. Netanyahu sei "der schlechteste Ministerpräsident seit der Gründung des Landes im Jahr 1948", sagte Guy Ben Dror, Angestellter in der Finanzbranche. "Er will nicht, dass die Geiseln zurückkommen, weil er nicht will, dass der Krieg aufhört, da er sonst ins Gefängnis kommt", fügte er hinzu.  Blinken: Messen bei Menschenrechten nicht mit zweierlei Maß US-Außenminister Antony Blinken hat Vorwürfe zurückgewiesen, seine Regierung messe im Gaza-Krieg bei Menschenrechten mit zweierlei Maß. Es werde "für alle der gleiche Maßstab angelegt", sagte er bei der Vorlage des jährlichen Menschenrechtsberichts seines Ministeriums. Der Studie zufolge hat der Gaza-Krieg "erhebliche negative Auswirkungen" auf die Menschenrechtssituation in Israel gehabt. Zu den Problemen gehörten glaubwürdige Berichte unter anderem über willkürliche oder rechtswidrige Tötungen, Folter und ungerechtfertigte Verhaftungen von Journalisten. Eine Stellungnahme der israelischen Regierung zu dem Bericht liegt zunächst nicht vor. Hisbollah meldet Raketenbeschuss auf den Norden Israels Die libanesische Hisbollah-Miliz hat nach eigenen Angaben Dutzende Raketen auf den Norden Israels abgefeuert. Den Angriff auf Militärziele bezeichnete die Miliz in einer Mitteilung als Vergeltung für israelische Luftangriffe.  Am Sonntag war eine israelische Drohne von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden und auf libanesischen Boden gestürzt. Kampfflugzeuge hätten die Abschussbasis, von der aus die Rakete abgefeuert worden sei, angegriffen, teilte Israels Militär mit. Ob die Gefechte vom Sonntag im Zusammenhang mit dem Raketenangriff erfolgten, ist unklar. Kommissionsbericht zu Terror-Vorwürfen gegen UNRWA Laut einer Untersuchungskommission hat Israel bislang keine Belege für den Vorwurf vorgelegt, unter den Mitarbeitern des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA seien viele Unterstützer von Terror-Organisationen. "Israel hat öffentlich behauptet, dass eine beträchtliche Anzahl von UNRWA-Mitarbeitern Mitglieder terroristischer Organisationen sind", heißt es in einem Report der Kommission. "Israel hat jedoch noch keine Beweise für diese Behauptung vorgelegt." UN-Generalsekretär António Guterres hatte nach der Veröffentlichung der Vorwürfe die Kommission eingesetzt. Allerdings untersucht diese nicht die konkreten Anschuldigungen Israels, wonach mehrere UNRWA-Mitarbeiter auch an dem Überfall auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen sein soll. Diesem Vorwurf geht ein interner UN-Ermittlungsdienst nach, dessen Untersuchung derzeit noch läuft. Der Report hebt hervor, dass das UNRWA den israelischen Behörden regelmäßig Listen seiner Mitarbeiter zur Überprüfung vorgelegt habe. "Seit 2011 hat die israelische Regierung dem UNRWA keine Bedenken in Bezug auf UNRWA-Bedienstete mitgeteilt, die auf diesen Personallisten stehen." Gleichzeitig stellen die Experten Verbesserungsbedarf bei der Einhaltung der Neutralität der Organisation fest. Die mit der Untersuchung beauftragte ehemalige französische Außenministerin Catherine Colonna sagte, das UNRWA habe eine Reihe "robuster" Mechanismen und Verfahren etabliert, um die Wahrung des Neutralitätsgrundsatzes zu gewährleisten - trotzdem gebe es aber nach wie vor Probleme damit. Dazu gehörten politische Äußerungen von Mitarbeitern, Schulbücher mit problematischen Inhalten und Drohungen der sehr politischen Gewerkschaften gegen die Leitung der Organisation. Die Kommission unterbreitete Vorschläge, wie das Werk seine Neutralität "sofort" verbessern könnte. Umfrage in Israel zur Zukunft Gazas Weniger als ein Viertel der Juden in Israel befürwortet die Schaffung neuer jüdischer Siedlungen im Gazastreifen. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Israel Democracy Institute hervor. Auf die Frage nach der Zukunft der Region nach Ende des Kriegs plädierten 33 Prozent für die Übergabe an eine internationale Kontrolltruppe. 24 Prozent meinten, ein kleines israelische Kontingent sollte dort verbleiben. 13 Prozent sind für eine Übergabe an die Palästinensische Autonomiebehörde. 22,5 Prozent wünschen sich eine erneute jüdische Besiedlung im Gazastreifen. Aufgeschlüsselt nach religiösen Gruppen plädierten nur die ultraorthodoxen Haredim mehrheitlich (52 Prozent) für neue jüdische Siedlungen. EU treibt Pläne für neue Iran-Sanktionen voran Die EU treibt ihre Planungen für neue Sanktionen gegen den Iran voran. Die Außenministerinnen und Außenminister der 27 Mitgliedstaaten erteilten bei einem Treffen in Luxemburg EU-Chefdiplomat Josep Borrell den Auftrag, konkrete Vorschläge vorzulegen. Sie sollen es ermöglichen, weitere Handelsbeschränkungen zu erlassen, um dem Land den Bau und die Entwicklung von Drohnen und Raketen zu erschweren. Zudem ist vorgesehen, Strafmaßnahmen gegen Personen, Organisationen und Unternehmen zu verhängen, die an der Produktion von Drohnen und Raketen sowie ihrer Lieferung an Verbündete des Irans im Nahen Osten beteiligt sind. Eine erste politische Grundsatzeinigung für neue Iran-Sanktionen war bereits in der vergangenen Woche infolge der jüngsten Eskalation des Konflikts zwischen Israel und dem Iran erzielt worden. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte nun in Luxemburg, es gehe nun darum, alle Sanktionsmittel zu nutzen, um Angriffe des Irans und dessen Verbündeter auf Israel zu verhindern. US-Stützpunkt im Irak mit Drohnen angegriffen US-Truppen im irakischen Luftwaffenstützpunkt Ain al-Asad sind nach amerikanischen Angaben mit Drohnen angegriffen worden. Es seien keine Schäden entstanden oder Amerikaner verletzt worden, teilte ein Mitarbeiter der US-Regierung mit. Dies sei der zweite Angriff auf US-Soldaten in der Region in weniger als 24 Stunden. Damit scheint eine dreimonatige Pause der Angriffe auf US-Streitkräfte im Irak und in Syrien zu enden. Zuvor hatten von Iran unterstützte schiitische Milizen fast täglich US-Stützpunkte mit Raketen und Drohnen angegriffen. 283 Leichen auf Klinikgelände in Chan Yunis geborgen Aus einem Massengrab in Chan Yunis sollen nach Angaben des Zivilschutzes zahlreiche Leichen geborgen worden sein. Seit dem Abzug israelischer Truppen seien auf dem Gelände der Nasser-Klinik bislang insgesamt 283 Tote aufgefunden worden, teilte die von der militant-islamistischen Hamas kontrollierte Behörde mit. Das Massengrab sei angelegt worden, als die israelischen Streitkräfte die Einrichtung im vergangenen Monat belagerten. Damals konnten die Menschen ihre Toten nicht auf einem Friedhof begraben und hoben stattdessen Gräber im Hof des Krankenhauses aus, wie es hieß. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben derzeit nicht. Einige der Opfer seien während der Belagerung des Krankenhauses getötet worden, andere bei der Razzia der israelischen Streitkräfte im vergangenen Monat, wie der Zivilschutz erklärte. Nachdem sich das Militär kürzlich aus Chan Yunis zurückgezogen hatte, kehrten die Bewohner auf der Suche nach den sterblichen Überresten ihrer Angehörigen zurück, um sie an anderer Stelle dauerhaft zu bestatten. Guterres fordert Umsetzung der Empfehlungen für das Hilfswerk UNRWA Die Vereinten Nationen haben Empfehlungen für das Palästinenser-Hilfswerk UNRWA zur Wahrung der Neutralität akzeptiert. UN-Generalsekretär António Guterres wolle, dass die UNRWA die Empfehlungen der unabhängigen Kommission umsetze, teilte sein Sprecher Stéphane Dujarric mit. Sie sind von einer Kommission unter der Leitung der ehemaligen französischen Außenministerin Catherine Colonna ausgearbeitet worden. Israel wirft zwölf der 13.000 Mitarbeiter des Hilfswerks im Gazastreifen vor, an dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein. Deswegen hatten mehrere Länder ihre Zahlungen an die UNWRA eingestellt. Bericht: 60 Prozent der Häuser im Gazastreifen zerstört Die Nichtregierungsorganisation Handicap International verzeichnet einen deutlichen Anstieg ziviler Opfer und zerstörter Infrastruktur durch Explosivwaffen. Die Zahl der getöteten Zivilisten habe sich im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2022 mehr als verdoppelt und sei um 122 Prozent angestiegen, hieß es im Jahresbericht der Organisation. Der Einsatz explosiver Waffen habe 2023 beispiellose Schäden verursacht. Eine der Hauptursachen für den Anstieg sei der Krieg im Gazastreifen. Der Bericht greift Zahlen der Weltbank auf, wonach im Gazastreifen mehr als 60 Prozent der Häuser zerstört oder beschädigt wurden. Dem Bericht zufolge wurden im vergangenen Jahr in insgesamt rund 75 Ländern und Territorien explosive Waffen eingesetzt. Neben dem Gazastreifen waren demnach der Libanon, Myanmar, Pakistan, Somalia, der Sudan, Syrien, die Ukraine und der Jemen besonders betroffen.  Hamas-Ministerium nennt 34.151 Todesopfer Die Zahl der im Gaza-Krieg getöteten Palästinenserinnen und Palästinenser ist nach Angaben des von der militant-islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen weiter gestiegen. Binnen 24 Stunden seien 54 Tote und 104 Verletzte in Krankenhäuser gebracht worden, teilte das Ministerium mit. Die Gesamtzahl der Toten stieg damit den Angaben zufolge auf mindestens 34.151, die der Verletzten auf 77.084. Das Gesundheitsministerium unterscheidet in seiner Zählung nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten, teilte aber mit, bei den meisten der Getöteten handele es sich um Frauen und Kinder. Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben Tausende Extremisten getötet, dies aber nicht durch Belege untermauert. Israels Opposition würdigt Rücktritt Halivas Israels Oppositionsführer Jair Lapid hat den angekündigten Rücktritt des israelischen Militärgeheimdienstchefs Aharon Haliva eine "gerechtfertigte und ehrenhafte" Entscheidung genannt. Auf der Plattform X schrieb er zudem: "Es wäre für Ministerpräsident Netanyahu angebracht gewesen, dasselbe zu tun."  Zahlreiche Israelis werfen Regierungschef Benjamin Netanyahu vor, keine persönliche Verantwortung für das Vorgehen im Gazastreifen eingeräumt zu haben. Netanyahu, gegen den schon seit Längerem ein Korruptionsprozess läuft, will eine Untersuchung erst nach Ende des Gaza-Kriegs auf den Weg bringen. Kritiker werfen ihm vor, den Krieg in die Länge zu ziehen, um im Amt bleiben zu können.  Mitglieder der rechtsreligiösen Regierung Netanyahus hatten in der Vergangenheit bereits Generalstabschef Herzi Halevi wegen dessen Plänen angegriffen, eine Untersuchungskommission einzusetzen, um die Fehler der Armee aufzuklären, die den Terrorüberfall der Hamas ermöglicht haben.  Social-Media-Beitrag auf X von יאיר לפיד - Yair Lapid: "״לצד הסמכות מונחת אחריות כבדה״. פרישת ראש אמ״ן מוצדקת ומכובדת. ראוי היה שראש הממשלה נתניהו יעשה כמוהו." Kataib Hisbollah dementiert Wiederaufnahme von Angriffen auf US-Truppen Die vom Iran unterstützte irakische Miliz Kataib Hisbollah hat nach eigenen Angaben keine Erklärung verbreitet, wonach sie angeblich Angriffe auf US-Truppen wieder aufgenommen hat. Sie dementierte damit einen Eintrag auf dem Telegram-Kanal einer Gruppe, die in Verbindung mit der Kataib Hisbollah gebracht wurde. Es handle sich dabei um "fabrizierte Nachrichten", teilte die Miliz mit. Am Sonntag waren nach Angaben aus irakischen Sicherheitskreisen und eines US-Vertreters mindestens fünf Raketen von der irakischen Stadt Zumar aus in Richtung eines Militärstützpunkts der USA im Nordosten Syriens abgefeuert worden. Es handelte sich um den ersten Angriff dieser Art seit Anfang Februar, als vom Iran unterstützte Gruppen im Irak ihre Angriffe auf US-Truppen aussetzten. Iran will mutmaßlichen Angriff Israels nicht weiter verfolgen Der Iran will den mutmaßlichen israelischen Gegenangriff auf einen Luftwaffenstützpunkt im Zentraliran nicht weiter verfolgen. "Der Vorfall war ein Ablenkungsmanöver und nicht der Rede wert", sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani. "Daher werden wir ihn auch nicht weiter verfolgen". Die Aktion sei so unbedeutend gewesen, dass die Israelis selbst dafür nicht die Verantwortung hätten übernehmen wollen, sagte der Sprecher laut Nachrichtenagentur Irna. Kanaani sagte, dass der Iran keine Eskalation der Spannungen in der Region wolle. Gleichzeitig jedoch werde das Land jegliche Aggression seitens Israels erneut konsequent erwidern. Hilfsorganisation kritisiert Angriffe auf Gesundheitswesen in Gaza Die Hilfsorganisation "Save the Children" hat Angriffe auf das Gesundheitswesen im Gazastreifen scharf kritisiert. Das Gesundheitssystem sei fast komplett zusammengebrochen, erklärte die weltweit tätige Organisation in Berlin. Laut einer Analyse der Hilfsorganisation gab es in keinem anderen Konflikt der jüngeren Vergangenheit mehr Angriffe pro Monat auf das Gesundheitswesen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) habe zwischen dem 7. Oktober 2023 und Anfang April mindestens 435 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen und -personal im Gazastreifen registriert. Das entspreche im Schnitt 73 Angriffen im Monat, mehr als in jedem anderen Land seit Beginn der Datenerhebung 2018. An zweiter Stelle folge die Ukraine mit 67 Angriffen pro Monat. Angriffe gegen Krankenhäuser im Gazastreifen hatte Israel damit begründet, dass diese von Hamas-Kämpfern militärisch genutzt würden. Bericht: Israel plante größeren Angriff gegen Iran Israel hatte einem Medienbericht zufolge ursprünglich einen umfassenderen Angriff gegen den Iran geplant als letztlich durchgeführt. Das berichtete die New York Times unter Berufung auf drei hochrangige israelische Regierungsmitarbeiter. Demnach sollten mehrere militärische Ziele im Iran bombardiert werden, auch in der Nähe der iranischen Hauptstadt Teheran. Nach Appellen aus den USA, Deutschland und Großbritannien habe sich Israel letztendlich für einen begrenzten Schlag entschieden. Israel hatte nach übereinstimmenden Medienberichten am vergangenen Freitag einen Angriff gegen den Iran ausgeführt. Israel äußert sich zu dem Angriff nicht offiziell, der Iran spielt ihn herunter. Iranisches Außenministerium: "Atomwaffen haben in unserem Nukleardoktrin keinen Platz" Das Außenministerium des Iran hat bekräftigt, dass das Land mit seinem Atomprogramm nicht den Bau einer Atombombe verfolge. Das Programm diene ausschließlich "friedlichen Zwecken", sagte Ministeriumssprecher Nasser Kanaani. "Atomwaffen haben in unserer Nukleardoktrin keinen Platz." Der innerhalb der Revolutionsgarden für Nuklearsicherheit zuständige Befehlshaber Ahmed Haghtalab hatte vergangene Woche gesagt, Teheran könnte sich durch Drohungen Israels veranlasst sehen, seine Atomdoktrin zu überprüfen "und von seinen bisherigen Überlegungen abzuweichen". Das letzte Wort bei der Ausrichtung des iranischen Atomprogramms hat der Oberste Führer des Landes, Ayatollah Ali Khamenei. Er hatte Anfang der 2000er-Jahre die Entwicklung von Atomwaffen verboten. Der Westen verdächtigt den Iran dennoch seit Jahren, heimlich an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Drei Verletzte nach Auto-Attacke in Jerusalem Bei einer Auto-Attacke in Jerusalem sind der israelischen Polizei zufolge drei Fußgänger verletzt worden. Nachdem die beiden mutmaßlichen Täter die Gruppe umgefahren hätten, seien sie aus dem Wagen ausgestiegen und hätten erfolglos versucht, mit einer Waffe das Feuer zu eröffnen. Sie flüchteten laut den Behördenangaben und wurden später festgenommen. Die Polizei sprach von einem Terroranschlag. Der Vorfall ereignete sich in der Nähe des Hauptbahnhofs im Nordwesten der Stadt. Motiv und Identität der mutmaßlichen Täter waren zunächst unklar. Nach Angaben des Rettungsdienstes wurden nach dem Angriff zwei Menschen zur Behandlung in ein Krankenhaus gebracht, darunter ein junger Mann mit einer Kopfverletzung. Verfassungsschutz: Gefahr von Anschlägen gestiegen Der Nahost-Konflikt hat nach Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) deutliche Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland. "Die latente Gefahr von islamistisch motivierten Anschlägen ist infolge der Geschehnisse im Nahen Osten gestiegen", erklärte BfV-Präsident Thomas Haldenwang. Besorgt zeigte er sich durch "die Gefahr durch hoch emotionalisierte Personen", die infolge der Ereignisse in Nahost zu Angriffen "motiviert" werden könnten. Haldenwang sprach hier von "weichen Zielen", also etwa leicht zugänglichen öffentlichen Veranstaltungen. Direktor des israelischen Militärgeheimdienstes tritt zurück Der Direktor des israelischen Militärgeheimdienstes, Aharon Haliva, ist wegen Fehlern im Zusammenhang mit dem Großangriff der Hamas vom 7. Oktober zurückgetreten. Das gab das israelische Militär bekannt. Haliva ist damit der erste ranghohe israelische Vertreter, der wegen des Großangriffs, bei dem 1.200 Menschen getötet wurden, sein Amt niederlegt. Haliva sagte kurz nach dem Angriff im Oktober, dass er die Schuld dafür trage, den Angriff nicht verhindert zu haben. In einer Erklärung des israelischen Militärs hieß es, der Generalstabschef habe Halivas Rücktrittsgesuch akzeptiert und ihm für seinen Dienst gedankt. Er werde sein Amt noch so lange ausüben, bis ein Nachfolger gefunden ist. Menschenrechtsbeauftragte: Mehr humanitäre Hilfe nötig Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, mahnt, dass nach dem iranischen Angriff auf Israel die "katastrophale Situation der Menschen" im Gazastreifen nicht aus dem Blick geraten dürfe. "Die Menschen dort benötigen dringend mehr humanitäre Hilfe und Zugänge für diese Hilfe", sagte Amtsberg der "Rheinischen Post". Humanitäre Helferinnen und Helfer müssten geschützt und Zusagen für mehr Hilfe schnell umgesetzt werden. Zudem benötige es eine humanitäre Feuerpause, "die zu einem nachhaltigen Waffenstillstand führt", so die Grünen-Politikerin. Erdogan reist zu Staatsbesuch in den Irak Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird heute zu einem Staatsbesuch im Irak erwartet. Dabei würden insbesondere Gespräche zu "Investitionen, Handel, Sicherheitsaspekten der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern, Wasserwirtschaft und Wasserressourcen" im Mittelpunkt stehen, sagte der außenpolitische Berater des irakischen Regierungschefs, Farhad Alaaldin, der Nachrichtenagentur AFP. Demnach sollen mehrere bilaterale Absichtserklärungen unterzeichnet werden. Unter anderem die Aufteilung der Wasserressourcen ist ein Streitpunkt. Bagdad kritisiert die von der Türkei errichteten Staudämme an den gemeinsamen Flüssen Tigris und Euphrat, welche die Wasserknappheit im Irak verschärft haben. Die Türkei greift zudem immer wieder militärisch in ihrem Nachbarland ein, um dort gegen Kämpfer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorzugehen. Israel kritisiert mögliche US-Sanktionen gegen Bataillon Die israelische Regierung hat die USA aufgefordert, die offenbar geplante Sanktionierung eines israelischen Militär-Bataillons zu überdenken. Eine Sanktionierung des weitgehend ultraorthodoxen Bataillons würde nicht nur Israels internationaler Legitimität beim Kampf gegen die Hamas Schaden zufügen, sondern es gebe dafür für die USA auch keine Rechtfertigung, sagte Benny Gantz, Mitglied des israelischen Kriegskabinetts, wie die "Times of Israel" unter Berufung auf das Büro von Gantz berichtete. Alle Militäreinheiten seien dem Verhaltenskodex der Armee im Einklang mit dem Völkerrecht unterworfen. Das US-Nachrichtenportal "Axios" hatte unter Berufung auf drei mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet, es werde erwartet, dass US-Außenminister Antony Blinken in den kommenden Tagen Sanktionen gegen ein Bataillon der israelischen Streitkräfte wegen Menschenrechtsverletzungen im Westjordanland ankündigen werde. Es wäre das erste Mal, dass die USA Sanktionen gegen eine israelische Militäreinheit verhängen. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu bezeichnete die Absicht, als "Gipfel der Absurdität" und "moralischen Tiefpunkt". Weniger deutsche Kriegswaffenexporte nach Israel Die Bundesregierung hat seit Jahresbeginn kaum noch Kriegswaffenexporte nach Israel genehmigt. Bis zum 10. April wurden Lieferungen für 32.449 Euro bewilligt, wie das Wirtschaftsministerium auf Anfrage der Abgeordneten Sevim Dagdelen vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mitteilte. Hinzu kommen Lieferungen sonstiger Rüstungsgüter im Wert von 10,03 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung grünes Licht für Rüstungsexporte im Wert von 326,5 Millionen Euro an Israel gegeben - zehnmal so viel wie im Vorjahr. Darunter waren Kriegswaffen für 20,1 Millionen Euro, unter anderem 3.000 tragbare Panzerabwehrwaffen sowie 500.000 Schuss Munition für Maschinengewehre, Maschinenpistolen oder andere voll- oder halbautomatische Schusswaffen. Der größte Teil davon wurde nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 genehmigt. USA bekennen sich zu Luftangriff auf Raketenwerfer Nach Berichten über einen Angriff in der Nähe eines Militärstützpunktes in Syrien räumen die USA die Zerstörung eines Raketenwerfers ein. Ein Kampfflugzeug der Koalition habe den Raketenwerfer im Rahmen der Selbstverteidigung bombardiert, teilte ein US-Vertreter mit. Auf amerikanischer Seite habe es keine Verletzten gegeben. Zuvor hatte der Irak den Abschuss von fünf Raketen von der Ladefläche eines Lieferwagens in der Grenzstadt Zumar auf den US-Stützpunkt in Syrien gemeldet. US-Militärbasis in Syrien vom Irak aus angegriffen Aus der irakischen Stadt Zumar sind nach irakischen Angaben mindestens fünf Raketen auf einen US-Militärstützpunkt im Nordosten Syriens abgefeuert worden. Ein Raketenwerfer sei auf der Ladefläche eines Lieferwagens in der Grenzstadt zu Syrien geparkt gewesen, erklärten irakische Sicherheitskräfte. Es sei eine Fahndung nach den Tätern eingeleitet worden, die in einem anderen Fahrzeug geflohen seien, erkärte ein in der Stadt Zumar stationierter Sicherheitsbeamter. Der Anschlag ereignete sich einen Tag nach einer Explosion auf einem Militärstützpunkt im Irak, bei der am Samstag ein Mitglied der irakischen Sicherheitskräfte getötet wurde. Es ist der erste größere Angriff nach mehreren Wochen der Ruhe. Im Winter hatten pro-iranische, bewaffnete Gruppen vor dem Hintergrund des Krieges zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas Dutzende Luftangriffe mit Drohnen und Raketen gegen im Nahen Osten stationierte US-Soldaten verübt. Im Irak sind etwa 2.500 US-Soldaten stationiert, in Syrien etwa 900. Hisbollah: Israelische Drohne über Südlibanon abgeschossen Die vom Iran unterstützte libanesische Hisbollah hat nach eigenen Angaben eine israelische Drohne abgeschossen, die sich auf einem Kampfeinsatz im Libanon befand. Die Drohne, die über dem Gebiet des Südlibanons zum Absturz gebracht worden sei, "führte ihre Angriffe auf unser standhaftes Volk aus", heißt es in einer Erklärung der Miliz. Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen Israels Generalstabschef Halevi hat Pläne zur Fortführung des Kriegs gebilligt - dabei geht es auch um einen Einsatz in Rafah. Israels Präsident Netanyahu will härter gegen die Hamas vorgehen. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.
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2024-04-22
Wall Street macht Boden gut
Anleger steigen wieder ein
Nach dem Ausverkauf vom Freitag kehrten die Anleger zum Wochenstart wieder an die Wall Street zurück. Schnäppchenjäger nutzten die niedrigeren Einstiegskurse. Auch der DAX legte heute zu.
Nach dem Ausverkauf vom Freitag kehrten die Anleger zum Wochenstart wieder an die Wall Street zurück. Schnäppchenjäger nutzten die niedrigeren Einstiegskurse. Auch der DAX legte heute zu. Wie schon zuvor in Europa, dominierten zum Wochenstart auch an der New Yorker Börse die grünen Pfeile. Der Dow Jones, der Leitindex der Standardwerte, legte am Ende 0,67 Prozent auf 38.239 Punkte zu, der marktbreite S&P-500-Index gewann 0,87 Prozent. An der Nasdaq ging es 1,11 Prozent bergauf, ebenso beim Auswahlindex Nasdaq 100, der 1,02 Prozent gewann. Die Tech-Börse war wegen der anhaltenden US-Zinsunsicherheit zuletzt besonders unter Druck gekommen und am Freitag zwei Prozent schwächer aus dem Handel gegangen. "Die Händler suchen nach kleinen Schnäppchen", sagte Robert Pavlik, Portfoliomanager bei Dakota Wealth. Kursverluste im Tech-Sektor nach einer enttäuschenden Prognose des Streaming-Pioniers Netflix und anhaltende Sorgen um den Zeitpunkt der ersten Zinssenkung der US-Notenbank Fed hatten zuletzt die US-Aktienmärkte belastet. "Der Markt war am Freitag wegen der Netflix-Ergebnisse überverkauft, es war in erster Linie ein technologiebedingter Rückgang", sagte Jay Hatfield, Portfoliomanager bei InfraCap. Die Tech-Woche beginnt Der Tech-Sektor steht denn auch im besonderen Fokus im Wochenverlauf. Vor den anstehenden Ergebnissen von Technologieriesen würden Anleger nun realisieren, dass Netflix nicht sehr aussagekräftig für andere Tech-Konzerne sei, hieß es heute. Zahlen legen in dieser Woche unter anderem Tesla, Meta Platforms, Alphabet und Microsoft vor. Relative Ruhe im Nahen Osten Zur besseren Stimmung trugen auch nachlassende Spannungen im Nahen Osten bei. "Es scheint, als wollten weder Israel noch der Iran eine Eskalation der Nahostkrise", sagte Kazuo Kamitani, Stratege bei Nomura Securities. "Da es nicht so aussieht, als ob es zu einem weiteren Angriff einer der beiden Seiten kommen wird, haben sich die Sorgen der Anleger etwas gelegt." Was sich unter anderem beim Goldpreis zeigte, der deutlich nachgab. Nach dem jüngsten Rekordlauf rutschte der Goldpreis um bis zu 2,6 Prozent auf 2326 Dollar je Feinunze ab und verzeichnet damit den größten Tagesverlust seit mehr als einem Jahr. Auch die Kurse der zehnjährigen US-Bonds lagen im Minus. Im Gegenzug rückte die Rendite auf bis zu 4,66 Prozent vor. Auch die Ölpreise gaben leicht nach. Verizon drehen ins Minus Aus dem Dow Jones legte T-Mobile-US-Konkurrent Verizon sein Quartalsergebnis vor Börsenstart vor. Dank flexibler Kombi-Angebote hat Verizon dabei zum Jahresauftakt weniger Kunden verloren als befürchtet. Die Zahl der Vertragskunden sei im ersten Quartal um 68.000 geschrumpft, teilte der US-Mobilfunker mit. Analysten hatten mit einem Minus von 100.000 gerechnet. Der Quartalsumsatz traf mit 33 Milliarden Dollar die Markterwartungen fast punktgenau. Hier bremst der Trend, Smartphones weniger häufig zu erneuern, das Wachstum. Allerdings verfehlte der Free Cash Flow mit 2,7 Milliarden Dollar die Markterwartung von 3,6 Milliarden Dollar deutlich. Die Aktie startete zunächst deutlich im Plus, dann drehte sie deutlich ins Minus. Am Ende verlor das Papier deutlich 4,67 Prozent auf 38,60 Dollar. Vor allem der niedrigere freie Cash Flow, an dem sich die Dividende orientiert, kam nicht gut an. Erfolgreicher Wochenstart für den DAX Der DAX hat zum Wochenstart wieder zugelegt, nachdem er am Freitag noch 0,6 Prozent schwächer bei 17.737 Zählern aus dem Handel gegangen war. Am Ende schloss der deutsche Leitindex 0,7 Prozent höher bei 17.860 Punkten. Im Tageshoch wurden 17.889 Punkte erreicht, das Tief lag bei 17.738 Punkten. "Nachdem es am Wochenende im Nahen Osten ruhig geblieben ist, setzen die Anleger darauf, dass es auch in den kommenden Tagen zu keiner weiteren Eskalation in der Region kommt", sagte Jochen Stanzl, Marktanalyst vom Broker CMC Markets. Zugleich würden positive Impulse von der laufenden Berichtssaison erhofft. Diese wird in der neuen Woche mehr und mehr in den Fokus rücken. Am Abend nach US-Börsenschluss machte im DAX der Walldorfer Softwarekonzern SAP den Anfang. SAP unter Erwartungen Europas größter Softwarehersteller SAP ist wegen hoher Kosten für die aktienbasierte Mitarbeitervergütung mit einem überraschend geringen operativen Ergebnis ins neue Jahr gestartet. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) wuchs im ersten Quartal im Jahresvergleich zwar um 16 Prozent auf 1,53 Milliarden Euro, wie das DAX am Abend in Walldorf mitteilte. Analysten hatten sich zuvor aber ein größeres Plus ausgerechnet. Bei SAP kam zum Tragen, dass der Konzern die aktienbasierte Vergütung seiner Mitarbeiter mittlerweile zu den operativen Kosten hinzuzählt und sie nicht mehr bereinigt. Die SAP-Aktie hatte im ersten Quartal um 29 Prozent zugelegt, weswegen deutlich höhere Kosten für die Vergütungsprogramme anfielen als im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz zog insgesamt um acht Prozent auf etwas mehr als acht Milliarden Euro an. Getrieben war das von den Cloudprodukten zur Nutzung über das Netz gegen Abonnementgebühr: Hier legte SAP um fast ein Viertel auf 3,93 Milliarden Euro zu. Damit erfüllte SAP die Erwartungen am Finanzmarkt. Unter dem Strich kamen allerdings Umbaukosten von 2,2 Milliarden Euro zum Tragen. SAP hatte Anfang des Jahres angekündigt, rund 8.000 Stellen abzubauen, um sich stärker auf Anwendungen rund um Künstliche Intelligenz (KI) zu konzentrieren und um die Kosten zu senken. So rutschte der Konzern mit einem Verlust von 824 Millionen Euro in die roten Zahlen. Ein Jahr zuvor hatte das Unternehmen noch 509 Millionen Euro Gewinn gemacht. Die Jahresprognosen bestätigte das Management um Chef Christian Klein. Anleger positionieren sich Die schwächeren Kurse heute nutzten die Anleger im Vorfeld der zu erwartenden Bilanzflut zu Zukäufen. Der MDAX der mittelgroßen Werte stieg 1,15 Prozent auf 26.289 Punkte. Aus der "zweiten Reihe" wird im Wochenverlauf ebenfalls eine Flut neuer Quartalszahlen erwartet. "Es wird eine sehr arbeitsreiche Woche bezüglich der Unternehmensergebnisse, da sich die Anleger auf eine große Anzahl von Gewinnberichten aus einigen der größten Unternehmen in den USA und Europa einstellen", kommentiert Pierre Veyret, Marktbeobachter beim Broker ActivTrades. Anfang April hatte der DAX mit 18.567 Punkten noch ein Rekordhoch markiert - nach einem starken Jahresauftakt mit fast elf Prozent Zuwachs. Seither gibt es im Index eine Korrektur, bedingt durch weiter gestiegene geopolitische Risiken und einen unklaren geldpolitischen Kurs in den USA. Galt zunächst eine Zinswende nach unten im Juni als ausgemacht, scheint dort inzwischen eine längere Inflationsbekämpfung durch ein hohes Zinsniveau notwendig. Zinssenkungen in Europa gelten derweil im Juni als ausgemachte Sache. Euro stabil über 1,06 Dollar Der Euro behauptet sich heute deutlich über 1,06 US-Dollar. Die Gemeinschaftswährung notierte zuletzt im US-Handel bei 1,0652 Dollar nahe Tageshoch und damit auch leicht höher als am Freitagabend. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0632 (Freitag: 1,0653) Dollar fest. Der Wochenstart fiel mit Blick auf relevante Wirtschaftsdaten ruhig aus. Die Verbraucherstimmung in der Eurozone hat sich im April etwas weiter verbessert, allerdings weniger deutlich als erwartet. Ansonsten spielt die Geldpolitik weiterhin eine zentrale Rolle am Devisenmarkt. Wegen der rückläufigen Teuerung steuern die europäischen Währungshüter ziemlich deutlich auf eine erste Zinssenkung im Juni zu. Bitcoin nach "Halving" im Aufwind Anleger griffen beim Bitcoin zwei Tage nach der planmäßigen Produktionsdrosselung, dem sogenannten "Halving", erneut zu. Die umsatzstärkste Kryptowährung rückte zuletzt 2,5 Prozent vor auf 66.600 Dollar. "Anleger verspüren in erster Linie Erleichterung, dass die Kursausschläge nach dem Halving überschaubar geblieben sind", sagte Timo Emden vom Analysehaus Emden Research. Er mahnte allerdings zur Vorsicht: Die heutigen Rahmenbedingungen seien mit denen vergangener "Halvings" nur teilweise zu vergleichen. Spätestens seit der Zulassung der börsengehandelten Spot-Bitcoin-Fonds (ETF) in den USA, die Investitionen in den Bitcoin vereinfachen, "mischt eine breitere Masse am Markt mit, welche einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Preis ausüben kann." Bayer startet Erholungsversuch - keine Aufteilung geplant Bayer unternahmen heute mit einem Kursplus von bis zu 4,7 Prozent einen Bodenbildungsversuch auf dem tiefsten Niveau seit 2005. Zuletzt kostete die Aktie 3,76 Prozent mehr und stand damit an der DAX-Spitze. JPMorgan-Analyst Richard Vosser avisierte den Anlegern in einem Ausblick solide Geschäftszahlen der Leverkusener. Seiner Einschätzung nach reichen die Kurstreiber aus dem Pharmageschäft aber noch nicht aus, die Unsicherheiten rund um die US-Rechtsstreitigkeiten etwa hinsichtlich des Unkrautvernichters Glyphosat auszugleichen. Derweil hat Bayerchef Bill Anderson bei Investoren um Geduld bei seinen Plänen für den Pharma- und Agrarkonzern geworben. "Es wird keine schnelle Lösung innerhalb eines Jahres sein, und es wird schwierige Momente geben", sagte Anderson laut der am Montagabend veröffentlichten Rede zur virtuellen Hauptversammlung am Freitag. Anderson erklärte weiter, "um eine bessere Performance zu erreichen, ist es vorerst das Beste, unsere derzeitige Struktur beizubehalten und unsere operativen Probleme zu beheben." BaFin verhängt Geldbuße gegen Commerzbank Die holprige Integration der Online-Tochter Comdirect kostet die Commerzbank eine Geldbuße von 1,45 Millionen Euro. Die Finanzaufsicht BaFin verhängte das Bußgeld, weil die Bank bei der Integration gegen ihre Aufsichtspflichten im Hinblick auf die Geldwäsche-Prävention verstoßen habe. Kundendaten seien nicht rechtzeitig oder ausreichend aktualisiert worden, die internen Sicherungsmaßnahmen seien unzureichend gewesen, erklärte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). 15 Millionen E-Autos bis 2030 offenbar nicht erreichbar Die Bundesregierung wird ihr selbstgestecktes Ziel von 15 Millionen Elektroautos bis zum Jahr 2030 einem Bericht zufolge verfehlen. "Selbst in einem optimistischen Szenario wäre bestenfalls ein Bestand von 8,65 Millionen E-Autos im Jahr 2030 möglich", berichtete die Branchenzeitschrift "Automobilwoche". Mehr lasse der Markt für Pkw-Neuzulassungen nicht zu. Die Zeitschrift wertete für ihre Einschätzungen aktuelle Zulassungs- und Marktdaten aus. Erfolg beim schnellen Laden von E-Lkw Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck hat nach eigenen Angaben einen großen Fortschritt beim schnellen Laden von E-Lkw erzielt. Entwicklern des Lkw-Segments Mercedes-Benz sei es erstmals gelungen, einen Prototyp des batterieelektrischen Fernverkehr-Lkw eActros 600 an einer Ladesäule mit einer Leistung von einem Megawatt (1000 Kilowatt) zu laden. Der Test habe im unternehmenseigenen Entwicklungs- und Versuchszentrum in Wörth am Rhein bei Karlsruhe stattgefunden. Knorr-Zukauf gefällt Der Einstieg von Knorr Bremse ins Geschäft mit Signaltechnik stieß heute bei Analysten wie Anlegern auf Beifall. Der Bremsenhersteller hatte am Freitag nach Börsenschluss mitgeteilt, dem Schienenfahrzeug-Hersteller Alstom sein konventionelles Bahnsignaltechnikgeschäft in Nordamerika abzukaufen. Dessen Aktien konnten von der Nachricht nur kurz profitieren. Zuletzt zogen die Knorr-Titel um 4,2 Prozent auf 71,00 Euro an. Damit zählten sie zu den größten Gewinnern im freundlichen MDAX. Bernstein-Analyst Daniel Cunliffe konstatierte eine Übernahme mit einer überdurchschnittlichen Marge zu einem guten Preis. Dieser könnte für Knorr-Bremse einen leichten Gewinn je Aktie bedeuten und für Alstom eine stärkere Verwässerung, als er erwartet habe, ergänzte Barclays-Experte Vladimir Sergievskiy. Da Knorr damit in einem neuen Markt tätig wird, sollte die Transaktion laut Cunliffe auch zügig abgeschlossen werden. Bei einem Käufer aus der Branche würde sich die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden wohl länger hinziehen - eine Einschätzung, die Experte Akash Gupta von der US-Bank JPMorgan teilt. Zudem sind die Analysten der Schweizer UBS sowie des Bankhauses Metzler optimistisch für die am 8. Mai anstehenden Quartalszahlen. Hypoports Geschäft läuft wieder rund Gute Geschäfte in der privaten Immobilienfinanzierung haben dem Finanzdienstleister Hypoport einen Schub zum Jahresbeginn beschert. Der Umsatz des ersten Quartals stieg gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent auf rund 107 Millionen Euro, wie das im SDAX gelistete Unternehmen am Abend in Berlin mitteilte. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg von 0,8 Millionen Euro auf 4,3 Millionen Euro. Mitte April hatte der Konzern bereits erste Eckdaten vorgelegt. Im ersten Quartal profitierte Hypoports Plattform Europace von einer allgemeinen Belebung der Nachfrage nach Immobilienkrediten und höheren Marktanteilen. Das abgewickelte Finanzierungsvolumen wuchs im Jahresvergleich um 11,6 Prozent auf 18,4 Milliarden Euro. Vor allem das Geschäft mit Sparkassen und Genossenschaftsbanken legte stark zu. Das vollständige Zahlenwerk will der Vorstand am 6. Mai vorlegen. Guter Jahresstart von Eckert & Ziegler - Aktie steigt deutlich Der Strahlen- und Medizintechnikkonzern Eckert & Ziegler ist mit Zuwächsen bei Umsatz und Gewinn in das neue Jahr gestartet. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) erreichte vor Sondereinflüssen 15 Millionen Euro nach 10,7 Millionen im Vorjahr. Die im SDAX enthaltene Aktie legte um über neun Prozent kräftig zu. Die Jahresprognose bekräftigte das Unternehmen und will 2024 weiter einen Umsatz von knapp 265 Millionen und ein bereinigtes Ebit von rund 50 Millionen Euro erreichen. Details will Eckert & Ziegler mit den vollständigen Zahlen am 14. Mai veröffentlichen. Tesla senkt Preise für Autos in China und den USA Angesichts einer schwächelnden Nachfrage hat der US-Elektroautobauer Tesla am Wochenende die Preise in seinen wichtigsten Märkten China und USA gesenkt. Wie das von Tech-Milliardär Elon Musk geführte Unternehmen mitteilte, soll zudem der Preis für die Fahrerassistenzsoftware FSD in den USA um ein Drittel auf 8.000 Dollar sinken. Enttäuschende Verkäufe hatten im ersten Quartal zu einem Anstieg der Lagerbestände geführt. Tesla-Aktien fielen in New York um 3,4 Prozent auf etwas über 142,05 Dollar.
/wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-dow-geldanlage-zinsen-fed-ezb-rendite-aktien-100.html
2024-04-22
"Wahlbetrug" - oder "von Unschuld erfüllt"?
Erste Plädoyers im Trump-Prozess
Im Strafprozess gegen Ex-US-Präsident Trump wegen Schweigegeldzahlungen haben die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung ihre Eröffnungsplädoyers gehalten. Die Anklage erhebt schwere Vorwürfe. Die Verteidigung beteuert die Unschuld Trumps.
Im Strafprozess gegen Ex-US-Präsident Trump wegen Schweigegeldzahlungen haben die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung ihre Eröffnungsplädoyers gehalten. Die Anklage erhebt schwere Vorwürfe. Die Verteidigung beteuert die Unschuld Trumps. In ihrer Stellungnahme zum Auftakt des Schweigegeldprozesses gegen Donald Trump hat die Staatsanwaltschaft dem Ex-US-Präsidenten eine Verschwörung zur Beeinflussung der Wahl 2016 vorgeworfen. Trump habe den Ausgang der damaligen Abstimmung zu seinen Gunsten drehen wollen, indem er mit einer Zahlung von 130.000 Dollar an die Pornodarstellerin Stormy Daniels verhindert habe, dass kompromittierende Berichte über sein Privatleben publik würden, erklärte Staatsanwalt Matthew Colangelo vor der Jury im New Yorker Gerichtssaal. Die Verteidigung stellte Trump hingegen als unschuldig dar. Sein Anwalt, Todd Blanche, sagte, sein Mandant habe keine Verbrechen begangen und sei "von Unschuld erfüllt". Es sei "nichts falsch daran, zu versuchen, eine Wahl zu beeinflussen", sagte Blanche. "Dies wird Demokratie genannt." Gleichzeitig zweifelte Blanche die Glaubwürdigkeit von Trumps einstigem Vertrauten Michael Cohen an, der als Kronzeuge in dem Strafverfahren gilt. Der Fall hätte nie vor Gericht landen dürfen. Zahlung an Pornostar als Anwaltshonorar deklariert Trump wird konkret vorgeworfen, Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben, weil die 130.000 Dollar für Daniels intern als Honorare für seinen damaligen Anwalt Cohen deklariert waren - und nicht als Rückerstattung für das von diesem bereits bezahlte Schweigegeld. Dadurch sollte also der wahre Zweck der Erstattung verschleiert werden. Nach Darstellung Cohens handelte es sich um Schweigegeld, das Daniels davon abhalten sollte, Details einer mutmaßlichen sexuellen Begegnung mit Trump öffentlich auszubreiten. Trumps Verteidigung stellte Cohen allerdings als von Rachegelüsten Getriebenen dar, der bereits unter Eid gelogen habe. Fälschung, um kriminelle Handlung zu vertuschen? Um Trump ein Verbrechen nachzuweisen, müsste die Staatsanwaltschaft überzeugend darlegen, dass mit der Fälschung der Unterlagen eine kriminelle Handlung verschleiert werden sollte. Die Anklage argumentiert deshalb, dass die Zahlung eine illegale Wahlkampfspende darstellte, mit der Trump kurz vor der Wahl 2016 einen Sexskandal und Ehebruch vertuschen wollte, um seine Chance auf das höchste Staatsamt zu wahren: "Der Angeklagte, Donald Trump, orchestrierte ein kriminelles Komplott, um die Präsidentschaftswahl 2016 zu korrumpieren. Dann verschleierte er diese kriminelle Verschwörung, indem er in seinen New Yorker Geschäftsunterlagen immer wieder log", legte Colangelo dar. Trump bestreitet Vorwürfe Der Ex-US-Präsident hat bestritten, jemals mit Daniels intim gewesen zu sein. Blanche sagte in seinem Eröffnungsplädoyer, Trump habe nichts Illegales getan, als sein Unternehmen die Schecks für Cohen als Anwaltskosten vermerkt habe. Der Verteidiger widersprach auch dem Vorwurf, dass Trump einer Auszahlung an Daniels zugestimmt habe, um seinen Wahlkampf zu retten. Es sei dem damaligen Kandidaten und späteren Präsidenten darum gegangen, mit der Überweisung einen Versuch abzuwehren, ihn und seine Angehörigen zu demütigen. "Präsident Trump schlug zurück, wie er es immer tut, und dazu hat er das Recht, um seine Familie, seinen Ruf und seine Marke zu schützen. Und das ist kein Verbrechen", sagte Blanche der Jury. Drei weitere Anklagen noch in Warteschlange Der Prozess gegen Trump war vergangene Woche mit der komplizierten Auswahl der Geschworenen gestartet. Die polarisierende Figur Trumps wird als Problem dabei gesehen, ausreichend unbefangene Personen zu finden, die abseits ihrer persönlichen Meinung über Trump in dem Fall urteilen können. Wenn die Anklage die zwölf Geschworenen von den Vorwürfen überzeugt, drohen Trump mehrere Jahre Haft, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnten. Das halten Rechtsexperten allerdings für unwahrscheinlich. Sie rechnen eher mit einer Geldstrafe. Selbst bei einer Verurteilung und einer Haftstrafe könnte Trump weiterhin bei der nächsten Präsidentschaftswahl kandidieren. Darüber hinaus hat er das Recht, Berufung gegen ein mögliches Urteil einzulegen. Trump ist noch in drei anderen Fällen strafrechtlich angeklagt. In zwei dieser Fälle geht es um seine massiven Versuche, seine Wahlniederlage gegen den heutigen Präsidenten Joe Biden von 2020 nachträglich zu kippen, in einem weiteren Fall um seine Mitnahme geheimer Regierungsdokumente in seine Privatresidenz im US-Bundesstaat Florida. Wann die Prozesse zu diesen drei anderen Anklagen beginnen könnten, ist unklar.
/ausland/amerika/trump-prozess-auftakt-100.html
2024-04-22
Lauterbach will Nierenspenden erleichtern
Gesundheitsministerium
Bei Nierenspenden kommt das Organ oft von Partnerin oder Partner - doch manchmal ist es nicht kompatibel. Künftig sollen laut einem Entwurf Spenden zwischen zwei Paaren auch dann möglich sein, wenn sie sich nicht nahestehen. Von M. Kubina.
Bei Nierenspenden kommt das Organ oft von Partnerin oder Partner - doch manchmal ist es nicht kompatibel. Künftig sollen laut einem Entwurf Spenden zwischen zwei Paaren auch dann möglich sein, wenn sie sich nicht nahestehen. Von Mario Kubina Karl Lauterbach hat schon laut darüber nachgedacht - jetzt scheint die Sache konkret zu werden. Der Bundesgesundheitsminister der SPD will Nierenspenden erleichtern. Das geht aus einem Entwurf für eine Änderung des entsprechenden Gesetzes hervor, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Kernpunkt: Anders als heute sollen in Zukunft Nierenspenden zwischen Paaren auch dann erlaubt sein, wenn sich die Paare persönlich nicht nahestehen. Es geht um Fälle, bei denen die Kranken keine Niere von ihrer Partnerin oder ihrem Partner bekommen können, weil das Organ wegen medizinischer Probleme wieder abgestoßen würde. Die Idee ist, dass dann in Zukunft Paare zusammengebracht werden, von denen jeweils ein Teil bereit ist zur Spende und der andere eine Spende braucht. Laut Referentenentwurf soll diese sogenannte Überkreuzspende anonym erfolgen und von Transplantationszentren organisiert werden. Mit der Anonymität soll den Angaben zufolge verhindert werden, dass Geld für ein Organ gezahlt wird Bisher enges Verhältnis vorgeschrieben Bisher sind Lebendorganspenden in Deutschland Verwandten, Eheleuten und anderen vorbehalten, die ein enges Verhältnis zur Empfängerin oder zum Empfänger haben. Aber: Es gibt nicht genügend Organe für die vielen Menschen, die auf eine Niere warten. Allein im Jahr 2022 sind laut Gesundheitsministerium fast 340 Menschen in Deutschland gestorben, die auf der Warteliste für eine Nierenspende standen.
/inland/nierenspenden-aenderung-100.html
2024-04-22
Verantwortung für einen "schwarzen Tag"
Israels Geheimdienstchef geht
Der Leiter des israelischen Militärgeheimdienstes nimmt seinen Hut und übernimmt so Mitverantwortung für Fehler rund um den Hamas-Terror vom 7. Oktober. Andere Rücktritte könnten folgen. Was bedeutet das für Premier Netanyahu? Von T. Aßmann.
Der Leiter des israelischen Militärgeheimdienstes nimmt seinen Hut und übernimmt so Mitverantwortung für Fehler rund um den Hamas-Terror vom 7. Oktober. Andere Rücktritte könnten folgen. Was bedeutet das für Premier Netanyahu? Von Tim Aßmann, ARD Tel Aviv Vielleicht war es diese eine Meldung, die Aharon Haliva dazu brachte, etwas umzusetzen, dass er schon lange angekündigt hatte. Einen Tag nach Veröffentlichung einer Umfrage, in der eine Mehrheit der befragten Israelis sich dafür aussprach, dass in Politik und Militär Verantwortliche für Fehler rund um den 7. Oktober vergangenen Jahres nun auch Konsequenzen ziehen, tat Israels oberster Militärgeheimdienstler genau das: Generalmajor Haliva reichte seinen Rücktritt ein. Das Geheimdienst-Direktorat der Armee sei unter seiner Leitung den Aufgaben nicht gerecht geworden, schrieb Haliva in seinem Rücktrittsgesuch. Er trage diesen schwarzen Tag seither mit sich, "Tag für Tag, Nacht für Nacht", fuhr der Generalmajor in dem Schreiben fort. Israels Generalstabschef Herzi Halevi und Verteidigungsminister Yoav Gallant nahmen das Rücktrittsgesuch an. Die Armeeführung dankte Haliva für 38 Jahre Dienst in den Streitkräften. Der Zeitpunkt überrascht Überraschend an seiner Entscheidung ist der Zeitpunkt. Dass er als Konsequenz aus dem Terrorangriff der Hamas zurücktreten würde, hatte der Top-Offizier schon kurz nach dem 7. Oktober angekündigt. Wie andere Verantwortliche aus Militär und Sicherheitsapparat erklärte auch Haliva damals, mit der Umsetzung des Schritts warten zu wollen, bis die militärische Lage das zulasse. Nun sah er diesen Zeitpunkt offenbar gekommen. Ein möglicher Grund für den Rücktritt jetzt könnten auch interne Untersuchungen der Armee sein. Es soll umfassend geprüft werden, wie es dazu kommen konnte, dass Israels Militär am frühen Morgen jenes verhängnisvollen Samstags von den Terroristen aus dem Gaza-Streifen so kalt erwischt werden konnte. Die palästinensischen Extremisten drangen durch die umfangreichen Grenzanlagen, überrannten Armeeposten auf der anderen Seite, ermordeten mehr als 1.200 Menschen und verschleppten rund 250 Geiseln. Haliva war damals im Urlaub und soll Medienberichten zufolge kurz vor dem Angriff erste Hinweise darauf erhalten haben, dass etwas bevorstehen könnte. In den Wochen und Monaten zuvor hatten bereits Soldatinnen, die für die Überwachung der Grenze zuständig waren, verdächtige Beobachtungen gemacht und gemeldet. Die Warnungen der sogenannten Grenzbeobachterinnen wurden aber von der Armeeführung nicht ernst genommen. Interessenskonflikt verhindert Die internen Militärermittlungen sollen nun sowohl die Zeitspanne direkt um den 7. Oktober herum umfassen als auch zehn Jahre weit zurückreichen, um herauszufinden, ob mögliche strategische Fehlentscheidungen den Terrorangriff der Hamas mit ermöglicht haben. Zuständig für die Ermittlungen ist das Geheimdienstdirektorat der Armee, also die Einheit unter dem Kommando von Haliva. Er hätte die Untersuchungsergebnisse über mögliches eigenes Fehlverhalten beurteilen müssen - auch das könnte ein Grund für seinen Rücktritt sein. Wer zieht noch Konsequenzen? Werden nun andere folgen? Eine Reihe von Entscheidungsträgern in Armee und Sicherheitsdiensten, darunter Generalstabschef Halevi und Ronen Bar On, der Leiter des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, hatten nach dem 7. Oktober ebenfalls persönliche Konsequenzen angekündigt - wenn die militärische Lage es erlaube. Noch kämpft Israels Armee im Gaza-Streifen, liefert sich Gefechte mit der libanesischen Hisbollah-Miliz, führt Anti-Terroraktionen im besetzten palästinensischen Westjordanland durch und hat gerade erst einen direkten Schlagabtausch mit dem Iran hinter sich. Deshalb ist unwahrscheinlich, dass die Entscheidung Halivas nun eine ganze Welle von Rücktritten auslöst. Netanyahus besondere Interessen Eine politische Aufarbeitung möglicher Fehler rund um den 7. Oktober steht aus und ist aktuell nicht in Sicht. Haliva hält sie offenbar für nötig. In seinem Rücktrittsgesuch plädierte der Generalmajor für eine Untersuchungskommission, um "alle Faktoren und Umstände" unter die Lupe zu nehmen. Doch die Einsetzung einer solchen Kommission lehnt Premier Benjamin Netanyahu ab. Er betont immer wieder, nun, während Israel im Gaza-Streifen noch Krieg führt, sei nicht die Zeit für die Aufarbeitung möglicher Fehler. Netanyahu steht selbst wegen seines Umgangs mit der Hamas vor dem 7. Oktober in der Kritik. Der Vorwurf: Israels Langzeitpremier habe kein Interesse an einer wesentlichen Schwächung der Terrorgruppe gehabt, weil er politisch von der Spaltung der Palästinenser in Hamas und Fatah profitieren wollte. Netanyahu hat bisher keine eigenen Fehler eingeräumt. Durch den Abschied von Generalmajor Haliva und mögliche andere Rücktritte könnte der öffentliche Blick sich nun noch stärker auf den Regierungschef richten.
/ausland/asien/israel-ruecktritt-geheimdienstchef-102.html
2024-04-22
Mehr Wasser gegen mehr Sicherheit
Erdogan im Irak
Seit langem streiten die Türkei und der Irak um das Wasser von Euphrat und Tigris. Nun kommt Ankara Bagdad dabei entgegen. Dem türkischen Präsidenten Erdogan ging es aber vor allem um die PKK. Von Anna Osius.
Seit langem streiten die Türkei und der Irak um das Wasser von Euphrat und Tigris. Nun kommt Ankara Bagdad dabei entgegen. Dem türkischen Präsidenten Erdogan ging es aber vor allem um die PKK. Von Anna Osius Mit Salutschüssen und militärischen Ehren wurde Recep Tayyip Erdogan in Bagdad empfangen - erstmals seit 13 Jahren reiste das türkische Staatsoberhaupt wieder in das Nachbarland. Und das nicht ohne Eigeninteressen: Wasser und Wirtschaftswachstum für den Irak gegen Öl und Sicherheitsvereinbarungen für die Türkei - so kann man den Besuch des türkischen Staatsoberhaupts wohl zusammenfassen. Gleich eine ganze Reihe von Kooperationsabkommen wurden unterzeichnet. So ging es beispielweise um den akuten Wassermangel im Irak - dem historischen Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris geht das nämlich buchstäblich aus. Schuld daran sind unter anderem riesige Staudammprojekte in der Türkei. Die Abkommen sollen unter anderem zu einer "besseren Verwaltung des Wassers von Euphrat und Tigris" beitragen, so der irakische Regierungschef Ministerpräsident Mohammed al-Sudani.   Was Erdogan erwartet Doch Erdogan greift seinem südlichen Nachbarn offenbar nicht ohne Gegenleistung unter die Arme: Bei seinem Besuch ging es vor allem um gemeinsame Sicherheitsabkommen und damit um die Frage der Kurdischen PKK. Die irakische Regierung hatte zuletzt zur großen Freude Ankaras die kurdische Arbeiterpartei verboten. Erdogan forderte die irakische Regierung auf, entschlossen gegen die PKK vorzugehen. Der Kampf gegen den Terror sei eines der wichtigsten Themen, erklärte Erdogan, er habe mit al-Sudani "gemeinsame Schritte gegen die PKK besprochen". Die PKK-Präsenz im Irak sollte "so schnell wie möglich enden", sagte der türkische Präsident - sein Land sei bereit, den Irak bei seinen Schritten "voll zu unterstützen". Steht eine neue Offensive gegen die PKK bevor? Der irakische Verteidigungsminister hatte bereits vor einigen Wochen ein Koordinierungszentrum für Geheimdienstinformationen in Aussicht gestellt. Möglich sei, so sagen Beobachter, dass Erdogan eine weitere Offensive gegen kurdische Kämpfer plant, die sich im autonom-regierten Irakisch-Kurdistan im Norden des Irak versteckt halten. Das türkische Militär hat die PKK in den benachbarten Irak zurückgedrängt und führt im Norden regelmäßig Militäreinsätze gegen die PKK und ihre Stellungen aus. Nach seinem Besuch in Bagdad reiste Erdogan weiter in den Nordirak.  Die Vision vom Handelszentrum Um dem wirtschaftlich angeschlagenen Irak unter die Arme zu greifen - möglicherweise auch um dem iranischen Einfluss im Irak etwas entgegenzusetzen - waren neben dem türkischen Präsidenten auch die Transportminister der Vereinigten Arabischen Emirate und Katars nach Bagdad gekommen. Sie unterzeichneten mit ihren Amtskollegen eine Vereinbarung der vier Länder, den Irak zu einem Handelszentrum zwischen Asien und Europa zu entwickeln. So sollen Straßen- und Zugverbindungen Richtung Golfstaaten und bis in die Türkei gebaut werden. Auf diese Weise könnten zum Beispiel die Golfstaaten auf dem Landweg an Lebensmittel aus der Türkei kommen. Die Projektkosten liegen laut irakischer Regierung bei rund 17 Milliarden US-Dollar. Im Gegenzug sicherte die irakische Regierung die Wiederaufnahme von Ölexporten Richtung Türkei zu - die Pipeline war vor rund einem Jahr geschlossen worden.
/ausland/asien/tuerkei-irak-104.html
2024-04-22
Koalitionspartner verschnupft, Opposition frohlockt
Reaktionen auf FDP-Papier
Mit zwölf Punkten will die FDP der Wirtschaft neuen Schwung verleihen, dafür setzt sie auch auf Sozialkürzungen. Die SPD spricht von "Parteitagsfolklore", die Grünen demonstrieren Gelassenheit - und die Opposition frohlockt. Von P. Eckstein.
Mit zwölf Punkten will die FDP der Wirtschaft neuen Schwung verleihen, dafür setzt sie auch auf Sozialkürzungen. Die SPD spricht von "Parteitagsfolklore", die Grünen demonstrieren Gelassenheit - und die Opposition frohlockt. Von Philipp Eckstein Das 12-Punkte-Papier der FDP sorgt für Diskussionen in der Ampelkoalition. Für die Opposition ist das ein willkommener Anlass, Kritik zu üben. "Das ist schon ein außergewöhnlicher Vorgang", sagte Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU. Wenn die FDP heute verkünden sollte, dass sie austritt, dann sei die CDU "aus dem Stand fähig, einen Wahlkampf zu führen", sagte Linnemann. "Personell, finanziell und organisatorisch." Zuvor hatte auch schon Sahra Wagenknecht Neuwahlen gefordert und CSU-Chef Markus Söder das 12-Punkte-Papier der FDP als "Scheidungsurkunde" bezeichnet. Profilschärfung vor dem Parteitag Doch geht es der FDP mit ihren Forderungen zu einer Wirtschaftswende wirklich darum, die Koalition zu sprengen? Naheliegender ist es, dass die FDP vor ihrem Parteitag am Wochenende ihr eigenes Profil schärfen möchte. "Ich bin nicht aufgewacht morgens mit dem Ziel, irgendjemanden in diesem Land zu provozieren", beteuerte dann auch Bijan Djir-Sarai, Generalsekretär der FDP, kurz nachdem die Parteispitze das Positionspapier beschlossen hatte. "Genauso wie die SPD das Recht hat, eigene Positionen zu formulieren, genauso wie die Grünen das Recht haben, eigene Positionen zu formulieren, hat auch die FDP - Überraschung - das Recht, eigene Positionen zu formulieren", erklärte der Generalsekretär. "Erst recht vor einem Parteitag der FDP." Keine neuen Forderungen Die Forderungen der FDP sind dabei im Kern nicht neu, jetzt sind sie aber noch einmal besonders öffentlichkeitswirksam in einem 12-Punkte-Papier zusammengefasst. Darunter: Bürokratieabbau, schnellere Baugenehmigungen, die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags und keine weitere staatliche Förderung von Erneuerbaren Energien. Für Diskussionen sorgen vor allem folgende Punkte: Die FDP will die sogenannte Rente mit 63 abschaffen, beim Bürgergeld schärfe Sanktionen für Jobverweigerer einführen und beim Sozialstaat insgesamt auf die Bremse treten. So heißt es in dem Papier: "Wir wollen ein Moratorium für Sozialleistungen." Mindestens drei Jahre lang sollte die Politik keine neuen Sozialleistungen in Deutschland einführen, so Djir-Sarai. Heil spricht von "Parteitagsfolklore bei der FDP" Bei der SPD kommen die Vorschläge nicht gut an. SPD-Co-Parteichef Lars Klingbeil sagte dem Sender ntv, auch seine Partei setzte sich dafür ein, die Wirtschaft zu stärken. "Ich möchte das aber nicht mit den Konzepten der 90er-Jahre tun", sagte Klingbeil. "Ich möchte das mit einer Wirtschaftspolitik tun, die auf der Höhe der Zeit ist. Und das bedeutet, Wirtschaft und Soziales nicht gegeneinander auszuspielen." Arbeitsminister Hubertus Heil von der SPD betonte, der Abbau von Arbeitnehmerrechten oder das Kürzen von Renten sei keine gute Idee, wenn es wirklich um Wirtschaftskompetenz gehe. "Das hat mit Wirtschaftskompetenz wenig zu tun", sagte Heil. Aber er sehe das ganz gelassen, so der Minister. Er halte das "auch eher für Parteitagsfolklore bei der FDP, weil das wird ja nicht Wirklichkeit werden in der Regierungskoalition." Zurückhaltende Reaktion der Grünen Zurückhaltend fällt auch die Reaktion der Grünen aus. "Die Positionen der FDP sind nicht neu", sagte Parteichef Omid Nouripour. "Parteitage sind dafür da, Beschlüsse zu fassen und wir haben in diesen Fragen bekanntermaßen unterschiedliche Auffassungen." Parteitagsbeschlüsse sind das eine, Vereinbarungen innerhalb der Koalition etwas anderes. Das ist richtig. Nur neue Vereinbarungen zu treffen, fällt der Ampelkoalition aktuell sichtbar schwer.
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2024-04-22
Biden verärgert Papua-Neuguinea mit Kannibalen-Story
"Momente der Verwirrung"
US-Präsident Biden hat bei einem Wahlkampf-Event von seinem Onkel erzählt, der angeblich von Kannibalen verspeist wurde. Die Geschichte entpuppte sich als Legende. Papua-Neuguinea reagierte verstimmt.
US-Präsident Biden hat bei einem Wahlkampf-Event von seinem Onkel erzählt, der angeblich von Kannibalen verspeist wurde. Die Geschichte entpuppte sich als Legende. Papua-Neuguinea reagierte verstimmt. US-Präsident Joe Biden hat Ärger mit Papua-Neuguinea: Er erzählte kürzlich eine Anekdote, dass angeblich ein Onkel von ihm während des zweiten Weltkriegs von Kannibalen verspeist worden wäre. "Er wurde über Neuguinea abgeschossen, und man hat seine Leiche nie gefunden, weil es in diesem Teil von Neuguinea wirklich viele Kannibalen gab", sagte Biden am vergangenen Mittwoch bei einem Wahlkampfauftritt. Die Geschichte entpuppte sich als Legende. Der Regierungschef von Papua-Neuguinea hat die Geschichte nun ebenfalls zurückgewiesen. Manchmal gebe es "Momente der Verwirrung", sagte James Marape zu Bidens umstrittenen Äußerungen am Montag in einem Interview. Forscher aus Papua-Neuguinea bezeichneten Bidens Kommentare gegenüber der britischen Zeitung Guardian als "unbegründet" und "schlecht beurteilt". Die Melanesier, zu denen die Bewohner Papua-Neuguineas gehören, würden diese Art von Kategorisierung als "sehr beleidigend" empfinden, sagte Michael Kambuni von der Universität von Papua-Neugiunea. Onkel starb bei Flugzeugabsturz Das Weiße Haus ruderte bereits kurz nach dem Wahlkampfauftritt Bidens zurück: Seine Sprecherin Karine Jean-Pierre erklärte, dass Bidens Onkel Ambrose Finnegan 1944 bei einem Flugzeugabsturz vor Neuguinea gestorben sei. Nach Angaben der für Nachforschungen zu vermissten Soldaten zuständigen Abteilung im Pentagon hatte das Flugzeug einen Motorschaden und musste im Pazifischen Ozean vor der Küste der Insel notlanden. Die Maschine sei hart auf der Meeresoberfläche aufgeschlagen. Ein Erkundungsflug am nächsten Tag habe keinerlei Spuren des vermissten Flugzeugs oder der drei Besatzungsmitglieder mehr entdeckt. Ein Verdacht auf Kannibalismus wird in den offiziellen Kriegsberichten zu dem Fall nicht erwähnt. Papua-Neuginea gibt sich versöhnlich Papua-Neuguineas Regierungschef Marape gab sich aber versöhnlich: Die Beziehungen der Länder seien stärker als "ein verschwommener Moment". Er habe Biden bis jetzt insgesamt viermal getroffen, sagte Marape. Bei jeder Gelegenheit habe der US-Präsident Papua-Neuguinea "sehr gelobt". Von "Kannibalen" im Zusammenhang mit seinem Land sei nie die Rede gewesen. Stattdessen gebe es wichtige Themen, etwa die Gefahr von nicht explodierten Sprengsätzen aus dem Zweiten Weltkrieg, die beseitigt werden müssten. Biden verwechselte Kohl mit Merkel Historisch gesehen ist Kannibalismus bei einer kleinen Anzahl von Stämmen in abgelegenen Teilen Papua-Neuguineas dokumentiert. Das Land versucht seit Jahrzehnten, dieses überholte Image loszuwerden.  Zuletzt hatte Biden wiederholt mit Bemerkungen für Aufregung gesorgt. So hatte der 81-Jährige den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl mit der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel und außerdem den verstorbenen französischen Staatschef François Mitterrand mit Amtsinhaber Emmanuel Macron verwechselt. Bedenken wegen seines hohen Alters hat Biden aber stets zurückgewiesen.
/ausland/amerika/biden-kontroverse-papua-neuguinea-kannibalismus-100.html
2024-04-22
EU leitet weiteres Verfahren gegen TikTok ein
App mit Belohnungsfunktion
Die Videoplattform TikTok tut aus Sicht der EU nicht genug, um die psychische Gesundheit von minderjährigen Nutzern zu schützen. Die Kommission leitete ein Verfahren wegen der Belohnungsfunktion einer neuen App ein.
Die Videoplattform TikTok tut aus Sicht der EU nicht genug, um die psychische Gesundheit von minderjährigen Nutzern zu schützen. Die Kommission leitete ein Verfahren wegen der Belohnungsfunktion einer neuen App ein. Unzureichend geschützte Daten oder Probleme mit dem Jugendschutz: Der EU ist die Videoplattform TikTok bereits seit Längerem ein Dorn im Auge. Nun geht die EU-Kommission erneut gegen den chinesischen Konzern vor und eröffnete ein Verfahren wegen der "Gefahr schwerer Schäden für die psychische Gesundheit der Nutzenden". Es soll geprüft werden, ob eine in der neuen App TikTok lite enthaltene Belohnungsfunktion gegen EU-Regeln verstößt, teilte die Kommission mit. Die Videoplattform hatte TikTok lite im April eingeführt, in Europa ist die App bislang in Frankreich und Spanien verfügbar. Die Version enthält ein Punktesystem: Wer sich anmeldet, mehrere Stunden Videos schaut, Inhalte positiv bewertet oder Freunde zu TikTok einlädt, wird mit digitalen Münzen belohnt. Die Punkte können gegen geringe Beträge in Form von Gutscheinen ausgetauscht werden, etwa für den Onlinehändler Amazon. Ein Tag Zeit für eine Reaktion Dies könne süchtig machen und sei besonders besorgniserregend für Kinder, da nicht erkennbar sei, dass das Alter der Nutzer wirksam überprüft werde. Die Kommission kritisierte, dass der Konzern die Version der App herausgebracht habe, ohne vorher die damit verbundenen Risiken in einem Bericht zu bewerten. TikTok hat nun einen Tag Zeit, um auf die Vorwürfe aus Brüssel zu reagieren und einen Risikobericht vorzulegen, andernfalls drohen tägliche Geldstrafen. Der Kommission zufolge können beispielsweise Geldbußen von bis zu einem Prozent der gesamten Jahreseinnahmen oder des weltweiten Umsatzes auf TikTok zukommen. Ab Donnerstag könnte die EU-Kommission zudem die umstrittene Funktion blockieren, TikTok dürfte die App dann nur noch ohne das Punktesystem auf den EU-Markt bringen. Brüssel sei bereit, "Maßnahmen einschließlich der Aussetzung der TikTok-Lite-Funktionen" zu verhängen, erklärte EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton. Bereits Verfahren und Millionenstrafe gegen TikTok Onlinedienste wie TikTok, Instagram und Facebook sind unter dem EU-Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act - DSA) verpflichtet, Minderjährige besser als bisher zu schützen und Inhalte wie Gewaltdarstellungen oder Falschinformationen schneller zu löschen. Gegen TikTok läuft bereits ein Verfahren wegen möglicher Suchtgefahren für Minderjährige auf seiner Standard-Plattform. Außerdem hatte die EU im vergangenen Jahr eine Millionenstrafe gegen TikTok wegen Verstößen gegen europäisches Datenschutzrecht verhängt.
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2024-04-22
Mehrere Mitglieder brechen EU-Schuldenvorgaben
Statistikamt Eurostat
Der Großteil der EU-Länder gab 2023 mehr aus als er einnahm. Elf der Mitgliedsstaaten rissen den Grenzwert für Haushaltsdefizite, Deutschland nicht. Bei der Schuldenquote liegt die Bundesrepublik aber noch über der Obergrenze.
Der Großteil der EU-Länder gab 2023 mehr aus als er einnahm. Elf der Mitgliedsstaaten rissen den Grenzwert für Haushaltsdefizite, Deutschland nicht. Bei der Schuldenquote liegt die Bundesrepublik aber noch über der Obergrenze. Mehrere EU-Mitgliedstaaten haben 2023 die Regeln für Haushaltsdefizite und Staatsschulden gebrochen. Elf Länder hatten ein Defizit von mehr als drei Prozent bezogen auf die gesamte Wirtschaftsleistung, wie aus Daten des EU-Statistikamtes Eurostat hervorgeht. Damit liegen sie über den EU-weit geltenden Obergrenzen, die sich die Mitgliedsländer selbst gegeben haben. Außer Zypern, Dänemark, Irland und Portugal gaben alle 27 EU-Länder mehr Geld aus als sie einnahmen. Das höchste Defizit hat Italien mit 7,4 Prozent, gefolgt von Ungarn (6,7 Prozent) und Rumänien (6,6 Prozent). Das Defizit der Bundesrepublik betrug wie schon im Vorjahr 2,5 Prozent und reißt den Grenzwert damit nicht. In den Pandemiejahren 2020 und 2021 war Deutschland mit 4,3 und 3,6 Prozent noch tiefer im Minus. 13 Länder überschreiten Obergrenze der Schuldenquote Die EU-Schuldenregeln werden derzeit reformiert. Grundsätzlich gilt aber weiterhin, dass die Länder das Finanzierungsdefizit - also die vor allem durch Kredite zu deckende Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben des öffentlichen Haushalts - unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) halten sollen. Außerdem darf der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten. Im vergangenen Jahr wiesen laut Eurostat 13 EU-Länder eine Schuldenquote von mehr als 60 Prozent des BIP auf. Deutschland ab 2027 wohl unter Schuldenobergrenze Die höchsten Schuldenquoten hatten 2023 Griechenland (161,9 Prozent), Italien (137,3 Prozent), Frankreich, Spanien und Belgien. Die niedrigsten Quoten von Staatsschulden hatten Estland (19,6 Prozent), Bulgarien (23,1 Prozent), Luxemburg, Dänemark, Schweden und Litauen. Die Schuldenquote Deutschlands lag bei 63,6 Prozent - also nahe an der Obergrenze von 60 Prozent. Laut Prognosen des IWF verschulden sich Staaten wieder mehr - doch gegen den Trend wird die Schuldenquote in Deutschland wohl schrittweise zurückgehen und ab 2027 wieder unter 60 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Wegen der Corona-Krise sowie der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine waren Schuldenstrafverfahren zuletzt ausgesetzt. Ab diesem Frühjahr sollen sie bei Übertreten der Obergrenzen wieder eingeleitet werden können. Dann muss ein Land Gegenmaßnahmen einleiten, um Verschuldung und Defizit zu senken. Damit soll die Stabilität der Eurozone gesichert werden. Ab wann sind Staatsschulden ein Problem? Ab welchem Wert die Schuldenstandsquote ein ernsthaftes Problem für ein Land darstellt, ist in der Ökonomik umstritten, sagte Martin Beznoska, Senior Economist für Finanz- und Steuerpolitik am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) im vergangenen Jahr dem ARD-faktenfinder. "Allgemein lässt sich sagen: Wenn die Schuldenstandsquote über mehrere Jahre hinweg abdriftet, wird es zu einem Problem." Denn dann drohe sich die Verschuldung zu verselbstständigen. "Wenn die Zinsbelastung eines Staatshaushalts immer weiter ansteigt, dann ist das Land irgendwann nur durch die Zinsen bereits im Defizit." Im schlimmsten Falle könne es dann irgendwann zu einer Staatspleite kommen, wenn die Kapitalmärkte nicht mehr daran glaubten, dass der Staat seine Schulden bedienen könne. Entscheidend ist auch, ob ein Land in der Landeswährung oder einer Fremdwährung verschuldet ist. Bei ersterem können zur Not Staatsanleihen gekauft werden, um den Kurs zu stabilisieren. Damit ist eine Staatspleite quasi ausgeschlossen. Letzteres passierte Griechenland 2010: Damals drohte der Staatsbankrott.
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2024-04-22
Keine Scheidungsurkunde
12-Punkte-Plan der FDP
Keine Rente mit 63 Jahren, weniger Geld für Jobverweigerer und keine neuen Sozialleistungen - mit ihrem 12-Punkte-Plan schießt die FDP gegen die eigene Koalition. Zur "Scheidungsurkunde" taugt das Reformpapier trotzdem nicht, meint Martin Polansky.
Keine Rente mit 63 Jahren, weniger Geld für Jobverweigerer und keine neuen Sozialleistungen - mit ihrem 12-Punkte-Plan schießt die FDP gegen die eigene Koalition. Zur "Scheidungsurkunde" taugt das Reformpapier trotzdem nicht. Von Martin Polansky Dieses Papier der FDP muss es in sich haben. CSU-Chef Markus Söder spricht von einer "Scheidungsurkunde" der Ampelkoalition, Sahra Wagenknecht vom gleichnamigen Bündnis von "Scheidungspapieren" und der SPD-Sozialpolitiker Helge Lindh von einer "Austrittserklärung" aus der Koalition - sofern die FDP ihr Papier umzusetzen gedenke. Wer sich jetzt Sorgen vor einem akuten Ende der Ampelkoalition macht - oder inständig darauf hofft - kann erst mal wieder runterschalten. Am 12-Punkte-Papier der FDP ist das meiste nicht neu, zugespitzt versucht die Parteiführung noch einmal ihren wirtschaftsliberalen Markenkern nach vorne zu stellen. Sie versucht, Aufmerksamkeit zu erzeugen mit Schlagworten, die SPD und Grüne in Aufregung versetzen: Rente mit 63 abschaffen, drei Jahre lang keine neuen Sozialleistungen beschließen, weniger Bürgergeld für Jobverweigerer. Mit "FDP pur" in den Bundesparteitag Die FDP hat die Aufmerksamkeit bitter nötig. In den Umfragen liegt sie bei fünf Prozent, die anstehenden Wahlen in diesem Jahr verheißen wenig Gutes und in der Partei haben viele längst genug vom ungeliebten Bündnis mit SPD und Grünen. Am Wochenende ist zudem FDP-Bundesparteitag, die Parteibasis möchte wissen, was "FDP pur" in Ampel-Zeiten heißt. Nachzulesen ist das in dem 12-Punkte-Papier kurz vor dem Parteitag. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat recht, wenn er betont, dass es um einen Parteitag der FDP geht und nicht um ein Treffen der Ampelkoalition. Auch die SPD hat gerade erst auf einer Parteikonferenz auf Norderney eine Reform der Schuldenbremse gefordert - wohl wissend, dass die mit der FDP nicht zu machen wäre und das Dreier-Bündnis daran im Zweifelsfall zerbrechen könnte. Bündnis dürfte erst einmal halten Diese Entwicklungen zeigen: Nach knapp zweieinhalb Jahren Ampel werden die Fliehkräfte im Bündnis größer statt kleiner. Aber das Bündnis dürfte erst einmal halten, da die FDP bei einem Koalitionsbruch ihr parlamentarisches Aus befürchten müsste. Das 12-Punkte-Papier ist also keine "Scheidungsurkunde". Zumal es die absehbar gar nicht braucht. Oder kann sich irgendjemand vorstellen, dass die Ampelkoalition nach den nächsten Wahlen eine zweite Chance bekommt?
/kommentar/fdp-12-punkte-plan-100.html
2024-04-22
Gerst rechnet mit fester Station auf dem Mond
NASA-Missionen
Die NASA möchte wieder Menschen zum Mond schicken. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst glaubt, langfristig werde es dort eine feste Station geben - vergleichbar mit einer Basis am Südpol.
Die NASA möchte wieder Menschen zum Mond schicken. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst glaubt, langfristig werde es dort eine feste Station geben - vergleichbar mit einer Basis am Südpol. Der deutsche Astronaut Alexander Gerst rechnet mit dem Aufbau einer permanenten Station auf dem Mond und vergleicht sie mit Stationen am Südpol. Eine Antarktis-Station sei auch in einer menschenleeren Wüste gebaut worden - einer Eiswüste. Wie am Südpol werde auch eine Basis auf dem Mond wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse liefern. Gerst sagte in Köln: "Die Antarktis war der siebte Kontinent, den wir entdeckt haben, und der Mond ist der achte. Der ist drei Tage Flugzeit entfernt, und über den wissen wir noch gar nichts." Forschung statt Flaggen Die USA planen mit Raketen wieder Menschen zum Mond zu bringen - vorerst ohne feste Station. Gerst glaubt, "die zweite Welle der Reisen zum Mond gehen nicht zum Mond, um eine Flagge aufzustellen, sondern um Wissenschaft zu betreiben." Gerst ist selbst Kandidat für die Teilnahme an kommenden Mond-Missionen. Die ersten Flüge sind aber noch ohne europäische Beteiligung geplant. Die US-Raumfahrtbehörde will im Zuge der "Artemis 2"-Mission drei Männer und eine Frau den Mond umrunden lassen. Später könnten dann bei "Artemis 3" nach mehr als einem halben Jahrhundert wieder Astronauten auf dem Mond landen. Darunter sollen dann zum ersten Mal auch eine Frau und eine nicht-weiße Person sein. Der Kölner Mond Im Europäischen Astronautenzentrum in Köln entsteht eine "Luna"-Trainingshalle. Die Idee sei, Astronautinnen und Astronauten aus der ganzen Welt in Köln zu trainieren, bevor sie zum Mond fliegen. "[In die Halle] kommen zigtausend Tonnen simuliertes Mondgestein rein," erklärt Alexander Gerst. Die Oberfläche und Strahlung könne dort zukünftig so realistisch nachgebildet werden, wie nirgends sonst auf der Welt.
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2024-04-22
Steinmeier würdigt Beitrag der Türken in Deutschland
Besuch in der Türkei
Es ist der erste Türkei-Besuch von Bundespräsident Steinmeier seit seinem Amtsantritt. Dabei geht es ihm auch um ein besonderes Kapitel deutsch-türkischer Geschichte. Der Auftakt der Reise wurde jedoch von lautem Protest gestört.
Es ist der erste Türkei-Besuch von Bundespräsident Steinmeier seit seinem Amtsantritt. Dabei geht es ihm auch um ein besonderes Kapitel deutsch-türkischer Geschichte. Der Auftakt der Reise wurde jedoch von lautem Protest gestört. Zum ersten Mal seit zehn Jahren ist ein Bundespräsident in die Türkei gereist: Drei Tage wird Frank-Walter Steinmeier am Bosporus verbringen. Zum Auftakt seines Besuchs würdigte Steinmeier die Lebensleistung türkischer Migranten in Deutschland und ihren Beitrag zum deutschen Wohlstand. Heute lebten in Deutschland fast drei Millionen türkischstämmige Menschen, "die unsere Gesellschaft mitprägen, mitgestalten", sagte der Bundespräsident bei einem Besuch am Istanbuler Bahnhof Sirkeci, von wo aus seit 1961 Hunderttausende Türkinnen und Türken als sogenannte Gastarbeiter nach Deutschland aufgebrochen sind. "Sie haben unser Land mit aufgebaut, sie haben es stark gemacht und sie gehören ins Herz unserer Gesellschaft." Steinmeier erinnerte in seiner Rede später daran, dass die deutsch-türkische Migrationsgeschichte auch in die entgegengesetzte Richtung verlaufen sei. Im 19. Jahrhundert hätten Armut und Arbeitslosigkeit Handwerker aus Deutschland nach Anatolien getrieben. Und in der Zeit des Nationalsozialismus sei die Türkei ein Zufluchtsort für viele deutsche Künstler und Intellektuelle geworden. Hunderttausende Gastarbeiter für Deutschland "Während Deutsche in den 1930er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die neue Hauptstadt Ankara mitentwarfen und -bauten, waren es die Gastarbeiter aus der Türkei, die seit den 1960er Jahren die Wirtschaft der jungen Bundesrepublik mit aufbauten und die in mittlerweile vier Generationen entscheidend zu unserem Wohlstand beitragen", sagte Steinmeier.  Die Regierungen in Bonn und Ankara hatten 1961 ein Anwerbeabkommen unterzeichnet. Auf dessen Basis kamen nach Angaben des Auswärtigen Amts etwa 876.000 Menschen aus der Türkei nach Deutschland. Viele der sogenannten Gastarbeiter holten ihre Familien nach und blieben für immer. Die Geschichten türkisch-deutscher Einwanderer seien Teil unserer Geschichte, sagte Steinmeier. "Sie sind nicht Menschen mit Migrationshintergrund - Deutschland ist ein Land mit Migrationshintergrund." Dönerspieß als Symbol für den Beitrag türkischer Migranten Um die Geschichten der damaligen Gastarbeiter nachzuzeichnen, hatte Steinmeier eine Reihe von Gästen mit türkischen Wurzeln eingeladen, ihn zu begleiten. Am meisten Aufsehen erregte dabei der Gastronom Arif Keles, der in Berlin in dritter Generation einen Dönerimbiss betreibt. Er nahm sogar einen 60 Kilo schweren und tiefgefrorenen Dönerspieß samt Soßen und anderen Zutaten im Flugzeug mit nach Istanbul, um ihn am Abend bei einem Empfang in der Sommerresidenz des deutschen Botschafters zu servieren. Der Döner sei im kulinarischen Bereich ein Beispiel dafür, wie sehr Deutschland und die Türkei zusammengewachsen seien, sagte Steinmeier. "Ich esse auch gern einen." Offizieller Anlass des Besuchs ist der 100. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und der Republik Türkei.  Treffen mit Erdogan erst am Mittwoch Steinmeiers erster Gesprächspartner in der Türkei war Istanbuls Oberbürgermeister Ekrem Imamoglu, der einer der populärsten Oppositionspolitiker in der Türkei ist. Viele regierungskritische Türken sehen in Imamoglu einen Hoffnungsträger - und einen möglichen künftigen Präsidenten.  Mit dem amtierenden Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan wird Steinmeier erst am dritten Tag seines Besuches in der Hauptstadt Ankara zusammentreffen. Bei den jüngsten Kommunalwahlen hatten Wähler Erdogan und seiner Partei einen Denkzettel verpasst. Erstmals wurde die AKP nicht mehr stärkste Kraft im Land. Stattdessen triumphierte landesweit die größte Oppositionspartei CHP, der auch Imamoglu angehört. Die bilateralen Beziehungen auf Regierungsebene sind seit Jahren schwierig. Deutschland sieht Defizite bei Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten in der Türkei. Auf derartige Kritik aus Deutschland reagierte Präsident Erdogan in den vergangenen Jahren regelmäßig mit unverhohlener Verärgerung.  Lautstarker pro-palästinensischer Protest Zu den aktuellen außenpolitischen Differenzen zählt die Bewertung der Lage im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Erdogan unterstützt die militant-islamistische Hamas im Gazastreifen, erst am Wochenende empfing er Hamas-Auslandschef Ismail Hanija. Die EU stuft die Hamas als Terrororganisation ein.  Steinmeiers Besuchsauftakt am Bahnhof von Sirkeci wurde lautstark von einer Gruppe pro-palästinensischer Demonstranten gestört. Die etwa 50 Männer und Frauen skandierten auf einem Bahnsteig aus gut 50 Metern Entfernung Parolen wie "Mörder Deutschland" und "Genozidunterstützer" und zeigten Plakate, auf denen nebeneinander Porträts von Steinmeier und Adolf Hitler sowie der blaue Davidstern und ein rotes Hakenkreuz zu sehen waren. Sicherheitskräfte konnten sie nicht abdrängen. Steinmeier setzte seinen Rundgang durch den Bahnhof aber unbehindert fort.
/ausland/europa/steinmeier-tuerkei-122.html
2024-04-22
Drei Spione für China?
Spionageverdacht
Wenige Tage nach der Festnahme zweier mutmaßlicher russischer Saboteure hat die Bundesanwaltschaft heute Morgen erneut Personen unter Spionageverdacht festgenommen - in Hessen und NRW. Diesmal geht es um China. Von M. Götschenberg und H. Schmidt.
Wenige Tage nach der Festnahme zweier mutmaßlicher russischer Saboteure hat die Bundesanwaltschaft heute Morgen erneut Personen unter Spionageverdacht festgenommen - in Hessen und NRW. Diesmal geht es um China. Von Michael Götschenberg, Holger Schmidt, ARD-Terrorismusexperten Die Zugriffe erfolgten am Morgen im hessischen Bad Homburg und in Düsseldorf. Generalbundesanwalt Jens Rommel wirft zwei Männern und einer Frau vor, sich der "geheimdienstlichen Agententätigkeit" für China strafbar gemacht zu haben. Sie sollen eine Tarnfirma gegründet und wissenschaftliche Kooperationen mit deutschen Universitäten beabsichtigt haben, um so an militärisch wichtige Informationen zu kommen und diese an China weiterzugeben. Konkret soll der Hauptbeschuldigte Thomas R. gemeinsam mit einem Ehepaar aus Düsseldorf diese Aktivitäten betrieben haben. Im Hintergrund, heißt es aus Ermittlungskreisen, habe ein Agent des chinesischen Ministeriums für Staatssicherheit (MSS) gestanden. Die drei Personen sollen dabei gewusst haben, dass sie für den MSS arbeiten. Ihre Kooperationspartner an deutschen Universitäten seien aber offenbar ahnungslos gewesen. Mit einer Technischen Universität in Ostdeutschland soll es bereits zu einer Kooperation gekommen sein, weitere Projekte seien in Vorbereitung gewesen sein, heißt es in Ermittlungskreisen. Auch sensible Informationen sollen bereits an China gelangt sein - unter anderem über einen Hochleistungsmotor, der für Kampfschiffe geeignet ist. Zudem soll es zu einer Lieferung von so genannten "Dual Use"-Gütern gekommen sein, die sowohl zivil als auch militärisch nutzbar sind und unter das Außenwirtschaftsgesetz fallen. Aktivitäten schon länger überwacht Der Verfassungsschutz hatte die drei Festgenommenen schon länger im Visier. "Wir sind als Verfassungsschutz den Beteiligten schon sehr frühzeitig auf die Spur gekommen", sagte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang. Der Geheimdienst habe ihre Aktivitäten dann so lange überwacht, bis es möglich gewesen sei, den Fall an die Strafverfolgungsbehörden abzugeben. Spionage durch China mit Blick auf wirtschaftliche Vorteile, aber auch militärische Geheimdienste gilt als eine der größten Bedrohungen für die deutsche Wirtschaft und Universitäten. Interessant am aktuellen Fall ist, dass der Spionageversuch nicht direkt durch Chinesen erfolgt sein soll, sondern offenbar über die Beschuldigten eine Tarnfirma gegründet wurde. Die zwei Männer und die Frau sollen heute und morgen dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt werden, der über die Untersuchungshaft entscheidet.
/inland/festnahmen-spionage-china-100.html
2024-04-22
Banken besorgt über wirtschaftliche Aussichten
Mangel an Perspektive beklagt
Dem Bundesverband deutscher Banken (BdB) fehlt die langfristige Perspektive für Deutschland. BdB-Chef Sewing mahnte Reformen für höheres Wachstum an.
Dem Bundesverband deutscher Banken (BdB) fehlt die langfristige Perspektive für Deutschland. BdB-Chef Sewing mahnte Reformen für höheres Wachstum an. Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) blickt mit Sorge in die Zukunft. Zahlreiche Streiks und Proteste hätten seit Beginn des Jahres den Eindruck verstärkt, dass die Bundesrepublik in Teilen stillstehe und sich selbst blockiere, sagte Christian Sewing, Präsident des BdB, der auch Vorstandschef der Deutschen Bank ist, auf dem 23. Deutschen Bankentag in Berlin. Unter anderem mahnte Sewing für Deutschland dringende Investitionen an. Dabei würde es nicht reichen, bei staatlichen Investitionen die Schuldenbremse zu öffnen. Vielmehr brauche es private Gelder. Diese würden Wachstum und Wohlstand besonders antreiben. Dafür wiederum sei der Kapitalmarkt von großer Bedeutung. "Europäische Kapitalmarktunion wichtig" Als wichtiges Ziel sieht Sewing dabei die Vollendung der europäischen Kapitalmarktunion. Schließlich sei der Investitionsbedarf nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa enorm. "Allein die geplante Umstellung der Wirtschaft auf Netto-Null-Emissionen bis zum Jahr 2050 wird nach Schätzungen der EU-Kommission jährlich rund 600 Milliarden Euro kosten", so der Verbandspräsident. Sewing begrüßte in diesem Zusammenhang die Ergebnisse des Gipfels der 27 EU-Mitgliedstaaten in der vergangenen Woche. Zugleich mahnte er, das Thema Kapitalmarktunion dürfe nach den Europawahlen nicht wieder in den Hintergrund treten. EU jetzt einig über Vorgaben In der Gipfelerklärung drängten die Staats- und Regierungschefs nach Jahren ohne große Fortschritte auf ein "unverzügliches" Vorantreiben der Kapitalmarktunion. Öffentliche und private Finanzierungen seien für Investitionen in strategische Schlüsselbereiche und Infrastrukturen erforderlich. Widerstand gibt es aus kleineren Ländern. Irland bremst bei der Angleichung der Steuersätze. Es sieht für sich die niedrigeren Sätze für Unternehmen als Wettbewerbsvorteil gegenüber großen EU-Staaten, die andere Möglichkeiten hätten, Firmen anzulocken.
/wirtschaft/banken-konjunktur-sorgen-100.html
2024-04-22
Bolsonaros verzweifelte Machtdemonstration
Großdemos in Brasilien
Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro droht wegen Putschversuchs die Verurteilung - für die Präsidentschaft darf er nicht mehr antreten. Daher mobilisiert er seine Basis und versucht, mit Massendemos Druck auszuüben.
Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro droht wegen Putschversuchs die Verurteilung - für die Präsidentschaft darf er nicht mehr antreten. Daher mobilisiert er seine Basis und versucht, mit Massendemos Druck auszuüben. Von Anne Herrberg, Xenia Böttcher, Teresa Delgado Lange hatte man diese Bilder an Rios Copacabana nicht mehr gesehen. Tausende in kanariengelben Trikots, die lautstark ihre Unterstützung für Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro kundtun. Für sie ist es ein Kampf für die Meinungsfreiheit, sie sehen ihr Land auf dem Weg zur Diktatur. Bolsonaro, der mittlerweile zahlreiche Probleme mit Brasiliens Justiz hat, sehen sie als Opfer politischer Verfolgung. Demonstrant Darcy Correa etwa sagt: "Wenn er verhaftet wird, wird ganz Brasilien stillstehen. Niemand wird den Mut haben, etwas gegen ihn zu tun, wir stehen hinter ihm." Ein anderer, Vantoiu Neto, sagt: "Sie konstruieren eine Menge Dinge, lauter Märchen, damit sie ihn verhaften können, um ihn so aus dem Rennen zu werfen." Für unwählbar erklärt Fakt ist: Bolsonaro, der vor etwas mehr als einem Jahr aus dem Amt schied, steht inzwischen massiv unter Druck. Ein Gericht erklärte ihn für unwählbar. Das heißt, dass er bis Mitte 2030 nicht für politische Ämter kandidieren darf. Denn gegen ihn laufen zahlreiche Ermittlungen. Es geht um gefälschte Impfpässe, veruntreute Staatsgeschenke, vor allem aber um Bolsonaros Rolle beim Putschversuch am 8. Januar 2023, als tausende seiner Anhänger Brasiliens Regierungsviertel stürmten. Mittlerweile deutet vieles daraufhin, dass Bolsonaro einen Umsturz plante, um an der Macht zu bleiben. Er hatte bei den Wahlen 2022 gegen Lula da Silva verloren. Aufruf zum Kampf "Ihr seht, dass das System Leute wie mich nicht im Präsidentenamt haben will. Sie können mich unhöflich nennen und auf jede erdenkliche Weise Fake News erfinden", erklärte Bolsonaro, der am Sonntag von einer Bühne auf einem Lastwagen zu seinen Anhängern sprach. "Hier wird uns klar, wohin unser Brasilien nun leider steuert, und wir müssen kämpfen, sonst landen wir wie Lämmer auf dem Schlachthof." Bolsonaro spricht von Lügen und einer politischen Hexenjagd, sieht sich als Verfolgten durch die Justizbehörden, die er als verlängerten Arm der Lula-Regierung darstellt. Allerdings gibt es eine Reihe von Dokumente, Videos und Zeugenaussagen, die die Vorwürfe gegen ihn zu belegen scheinen, unter anderem von engen Mitarbeitern des Ex-Präsidenten und von Mitgliedern der Streitkräfte. Als Bolsonaro seinen Pass abgeben musste, übernachtete er zwei Nächte lang in der ungarischen Botschaft. Dass er sich so der Justiz entziehen wollte, streitet er ab. Druck auf Justiz und Wahlbehörden? Doch dass er nun, wie bereits im Februar in Sao Paulo, erneut seine Anhänger mobilisierte, zeigt, wie ernst er die Lage selbst nimmt, glaubt Politologe Guilherme Casaõres von der Getulio-Vargas-Stiftung, einem der ältesten Thinktanks Brasiliens. "Bolsonaro weiß genau, dass die Straße seine größte Machtquelle ist", meint Casaõres. "Mit diesen Großdemonstrationen will er auf die Justiz Druck machen. Es ist sogar möglich, dass hinter dieser Strategie auch der Versuch steckt, Druck auf die Wahlbehörden auszuüben, damit Bolsonaro 2026 doch kandidieren darf." Zündstoff für Brasiliens Gesellschaft Eine Verhaftung des Ex-Präsidenten scheint, juristisch betrachtet, möglich - doch sie könnte in der ohnehin polarisierten brasilianischen Gesellschaft Zündstoff zu sein. "Eine Verhaftung Bolsonaros würde eine Stimmung in der brasilianischen Gesellschaft verschärfen, die sehr gefährlich sein kann, weil sie zu Gewalt und Protesten aller Art führen kann", sagt Casaõres. Mehrere Tausend waren am Sonntag auf der Copacabana, sehr viel weniger als bei der Demonstration im Februar in Sao Paulo. Unterstützung bekommt Brasiliens rechter Ex-Präsident inzwischen auch vom US-Tech-Milliardär Elon Musk, der sich aktuell ebenfalls in einem Konflikt mit Brasiliens Justiz wegen gesperrter Konten auf seiner Plattform X befindet. Ein Applaus für Musk, ruft Bolsonaro so auch zu seinen Anhängern auf der Straße. Kampflos, das will er hier zeigen, werde er nicht gehen.
/ausland/amerika/brasilien-bolsonaro-massendemo-100.html
2024-04-22
Widerstand gegen private Wasserkonzerne
Englands stinkende Küsten
In England werden Millionen Kubikmeter ungeklärtes Wasser in Flüsse und das Meer geleitet. Jetzt gibt es Widerstand: Vielerorts weigern sich Anwohner, ihre Wasserrechnungen zu bezahlen. Von Annette Dittert.
In England werden Millionen Kubikmeter ungeklärtes Wasser in Flüsse und das Meer geleitet. Jetzt gibt es Widerstand: Vielerorts weigern sich Anwohner, ihre Wasserrechnungen zu bezahlen. Von Annette Dittert Eigentlich ist Whitstable ein idyllischer Bade- und Hafenort - nur anderthalb Stunden östlich von London - mit einem wunderbar breiten Strand. Das Ganze hat nur einen Schönheitsfehler, den man allerdings nicht sehen kann: Es stinkt. Denn wann immer es stark geregnet hat, leiten die Wasserfirmen ungefilterte Fäkalien in den Hafen und damit ins Meer. Für die Fischer wie Graham West, die hier die berühmten Whitstable Austern züchten und verkaufen, sei das ein Riesenproblem, erklärt er jedem, der an seinem Laden vorbeikommt. "Das ist eine unglaubliche Sauerei, jedes Mal wenn es regnet, passiert das. Wir sind Fischer, wir brauchen doch sauberes Meerwasser für unsere Austern, wenn wir sie da raus holen." Frische Austern müssen aufwändig gereinigt werden Seine Austern kann er so nicht mehr direkt verkaufen, er muss sie jetzt mindestens 72 Stunden lang reinigen, ein vorgeschalteter Filter desinfiziert das Meerwasser, damit die Fäkalienreste aus den Austern herausgespült werden. Ein Riesenaufwand: "Das kostet mich deutlich mehr Geld, Strom, mehr Zeit und ich kann insgesamt viel weniger Austern hier durchlaufen lassen. Früher habe ich in einer Woche hier 40.000 verkauft." Heute seien es maximal 5.000 pro Woche. Auf Dauer überleben könne er so nicht, sagt er. Noch weit dramatischer ist die Lage am Strand. Überall wo kleine, rote und auf den ersten Blick unschuldigen Hütchen aus dem Wasser ragen, sind Abwasserrohre verborgen, aus denen die vor Jahren privatisierten Wasserfirmen ganz legal Exkremente ins Meer leiten dürfen, wenn das Abwassersystem überlastet ist. Proteste gegen die Praxis der Wasserunternehmen Ed und Catherine sind Mitglieder einer lokalen Initiative, die das ändern will. Sie inspizieren die Rohre regelmäßig, denn die Genehmigung dafür gelte eigentlich nur für seltene Ausnahmesituationen, erzählen sie. "Wenn es stark geregnet hat, dann darf der Dreck eingeleitet werden, weil sich sonst das Abwasser in die Häuser zurückstaut. Aber diese Genehmigung war nur für extremes Wetter, vielleicht achtmal im Jahr, jetzt aber haben wir es alle zwei Wochen, mindestens." Aber selbst bei normalem Wetter und Sonnenschein, kommt aus dem Rohr meist eine ekelhaft stinkende braune Brühe. Die richtig großen Sauereien, erklären sie, passierten aber immer bei Flut, damit sie möglichst unbemerkt bleiben. Allein im Jahr 2023 wurde offiziell 400.000 Mal derart ungereinigtes Abwasser in Flüsse und ins Meer abgelassen. Und das sind nur die Fälle, die registriert wurden. Da das nur in wenigen Fällen in diesem Ausmaß legal ist, müssen die Firmen zwar Strafen zahlen, die allerdings meist so gering sind, dass sie sie locker wegstecken. Schmutziges Erbe der Regierung Thatcher Denn seit Margaret Thatcher die englischen Wasserfirmen 1989 privatisiert hat, haben die umgerechnet mehr als 70 Milliarden Euro an ihre Aktionäre ausgezahlt, in Abwasser-Rohre und Infrastruktur allerdings nur marginal investiert. Weshalb englische Flüsse und das Meer mittlerweile im Dreck versinken. Immer häufiger landen Briten, die einfach nur schwimmen waren, im Krankenhaus, oft mit schweren Lebervergiftungen, denn im ungeklärten Abwasser sind jede Menge Bakterien. Im vergangenen Sommer kam es so an vielen Stränden, auch in Whitstable zu für englische Verhältnisse ungewohnt lautem Protest, tausende versammelten sich am Hafen um gegen die chronische Wasserverschmutzung zu protestieren. Ungeklärtes Abwasser auch für Badende gefährlich Eine der Demonstrantinnen ist Elaine Hefemann. Sie sei im vergangenen Jahr derart krank geworden, dass sie über Wochen nicht zur Arbeit konnte. Seitdem boykottierte sie einfach ihre Wasser-Rechnung: "Ich habe gezahlt, seit die Wasserversorgung privatisiert wurde, die Firmen haben das alles damals schuldenfrei übernommen, wir haben jahrelang geblecht, damit sie in die Infrastruktur investieren und sie haben einfach nichts gemacht. Warum sollte ich dafür jetzt nochmal zahlen?“ Noch ist der Kreis der aktiven Widerständler ein kleiner, ein lokaler Künstler hat ihnen am Strand ein Denkmal gesetzt, aus Beton. Denn wenn sie hier einmal wütend werden, hält sich das. Die Forderung: Die Wasser-Firmen müssten wieder verstaatlicht werden, so Elaine: "Und zwar ohne, dass die Aktionäre nochmal absahnen, die haben in den letzten Jahren Milliarden bekommen! Warum sollte jemand überhaupt Geld machen mit unserem Wasser? Demnächst werden sie uns noch die Luft verkaufen, die wir atmen, wenn wir sie lassen." Bis die Briten in ihrem Meer wieder sorgenfrei baden können, wird es Jahrzehnte dauern. Aber selbst wenn der Staat das marode System jetzt wieder übernehmen würde, einen Großteil der Kosten, die anfallen, wenn die Infrastruktur dann repariert werden würde, müsste am Ende doch wieder die Steuerzahler tragen.
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2024-04-22
Duda offen für Atomwaffenstationierung in Polen
Stärkung der NATO-Ostflanke
Westliche Atomwaffen direkt vor Russlands Toren: Polen ist laut Präsident Duda für eine Stationierung bereit, sollte die NATO das für nötig erachten. Mit der Aussage provozierte Duda nunmehr den Kreml, der sogleich mit Gegenmaßnahmen droht.
Westliche Atomwaffen direkt vor Russlands Toren: Polen ist laut Präsident Duda für eine Stationierung bereit, sollte die NATO das für nötig erachten. Mit der Aussage provozierte Duda nunmehr den Kreml, der sogleich mit Gegenmaßnahmen droht. Polens Präsident Andrzej Duda hat die Bereitschaft seines Landes zur Stationierung von Atomwaffen auf dem polnischen Staatsgebiet erklärt. "Wenn unsere Verbündeten beschließen, im Rahmen der nuklearen Teilhabe Atomwaffen auf unserem Territorium zu stationieren, um die Ostflanke der NATO zu stärken, sind wir dazu bereit", sagte Duda im Interview mit der Zeitung Fakt. Das NATO-Mitglied Polen zählt zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine und grenzt sowohl an die russische Exklave Kaliningrad als auch an Russlands Verbündeten Belarus.  Die Frage einer möglichen Stationierung von Atomwaffen in Polen werde bereits "seit einiger Zeit" zwischen Polen und den USA diskutiert, sagte Duda. "Ich habe dieses Thema bereits mehrmals angesprochen." Der Präsident, der sich derzeit in Kanada aufhält, hatte bei einem Besuch in den USA in der vergangenen Woche mit dem früheren US-Präsidenten Donald Trump über den Ukraine-Krieg beraten. Im März hatte er bereits Trumps Nachfolger Joe Biden getroffen. "Russland militarisiert das Kaliningrader Gebiet zunehmend", sagte Duda weiter. Er verwies außerdem auf die Stationierung taktischer Atomwaffen in Belarus, die Moskau im Sommer 2023 dorthin verlegt hatte. Duda ist als Präsident Oberbefehlshaber der polnischen Streitkräfte. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk, der einem anderen politischen Lager angehört, aber Dudas Ansichten zur nationalen Sicherheit teilt, sagte zu Journalisten, er müsse diesen Vorschlag mit dem Präsidenten dringend besprechen. Bundesregierung äußert sich positiv Die Bundesregierung sieht das Angebot Polens grundsätzlich positiv. "Grundsätzlich sind wir natürlich sehr erfreut über die Rolle, die Polen spielt innerhalb der Europäischen Union oder auch innerhalb der NATO", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann auf entsprechende Nachfrage. Die Bundesregierung schätze es sehr, "dass Polen sich da so stark einbringt". Der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums, Arne Collatz, fügte hinzu: "Je mehr und je enger man zusammenarbeitet, desto besser ist das für das gesamte Bündnis." Drohungen aus Russland Russland drohte in Anbetracht von Dudas Aussagen mit Gegenmaßnahmen, sollten tatsächlich Atomwaffen auf polnischem Gebiet stationiert werden. "Militärvertreter werden die Situation natürlich analysieren und in jedem Fall alle notwendigen Maßnahmen als Reaktion ergreifen, um unsere Sicherheit zu garantieren", kündigte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow gegenüber Journalisten an, ohne weiter ins Detail zu gehen. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 hatte Kreml-Chef Wladimir Putin immer wieder mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Lawrow warnt den Westen Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden neuen US-Hilfen für die Ukraine warnte zudem Russlands Außenminister Sergej Lawrow vor einem direkten Zusammenstoß mit westlichen Staaten. Mit Blick auf die Atommächte USA, Großbritannien und Frankreich sagte er: "Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass die 'Troika' der westlichen Nuklearstaaten zu den Hauptsponsoren des kriminellen Kiewer Regimes und den Hauptinitiatoren verschiedener provokativer Schritte gehört." Dadurch würden nukleare Risiken steigen. Gespräche zur Begrenzung von Atomwaffen lehnte Lawrow ab. Tusk: Können Ukraine kein "Patriot"-Flugabwehrsystem geben Auch wenn sich neue Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine abzeichnen: Auf eine Lieferung von "Patriot"-Flugabwehrsystemen aus Polen kann Kiew nicht zählen. Sein Land habe derzeit keine Möglichkeit dafür, sagte Ministerpräsident Tusk. Er kündigt an, am Dienstag NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und den britischen Premierminister Rishi Sunak zu Gesprächen zu empfangen.
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2024-04-22
Aus Frauensicht beginnt Altsein später
Neue Studie
70, 73 - oder 75? Ab wann ist jemand alt? Die Antwort hängt laut einer neuen Studie davon ab, wen man fragt - ob Frau oder Mann. Die Gründe dafür liefert das Papier gleich mit.
70, 73 - oder 75? Ab wann ist jemand alt? Die Antwort hängt laut einer neuen Studie davon ab, wen man fragt - ob Frau oder Mann. Die Gründe dafür liefert das Papier gleich mit. Ab wann ist jemand alt? Diese Frage beantworten Frauen im Schnitt mit einer höheren Zahl als Männer. Das hat eine Studie unter deutscher Beteiligung ergeben, die im Fachblatt Psychology and Aging veröffentlicht wurde. "Frauen setzen den Beginn des höheren Alters im Durchschnitt ungefähr zweieinhalb Jahre später an", sagte Studienautor Markus Wettstein von der Berliner Humboldt-Universität der Nachrichtenagentur dpa. Das könne damit zusammenhängen, dass Frauen im Schnitt länger leben. Eine weitere Erklärung sei, dass Frauen im Alter mehr stigmatisiert würden als Männer, so der Psychologe. Der Beginn des Altseins werde deswegen höher gesetzt, um sich von dem negativen Bild abzugrenzen. Daten von rund 14.000 Menschen ausgewertet Die Untersuchung von Wissenschaftlern der Humboldt-Uni, der Stanford-Universität, der Universität Luxemburg und der Universität Greifswald basiert auf Daten des Deutschen Alterssurvey, einer bundesweiten repräsentativen Befragung von Personen, die 40 Jahre und älter sind. Die Forschenden werteten Daten von rund 14.000 Menschen aus, die zwischen 1911 und 1974 geboren wurden. Die zentrale Frage dabei: Ab welchem Alter würden Sie jemanden als alt bezeichnen? Altsein wird heute anders beurteilt als früher Wettstein und sein Team fanden auch heraus, dass Altsein für Erwachsene heute gefühlt später beginnt als für Menschen, die in früheren Jahrzehnten geboren wurden. Danach hatten 65-Jährige, die 1955 zur Welt kamen, das subjektive Empfinden, dass Altsein im Schnitt mit 75 Jahren beginnt. Für 65 Jahre alte Menschen, die bereits 1911 geborenen wurden, begann Altsein dem Modell der Wissenschaftler zufolge gefühlt schon mit 71.  Womit hängt das zusammen? "Ein Punkt ist sicherlich, dass die Lebenserwartung in den letzten Dekaden angestiegen ist", sagte Wettstein. Dem Statistischen Bundesamt zufolge hatten beispielsweise 65-jährige Männer in den Jahren 1901 bis 1910 im Schnitt noch 10,4 Jahre zu leben, gleichaltrige Frauen rund elf Jahre. 1960 bis 1962 waren es in Westdeutschland für gleichaltrige Männer bereits 12,4 und für Frauen 14,6 weitere Jahre. In den Jahren 2019 bis 2021 waren es bei Männern 17,8 Jahre, bei Frauen rund 21. Lebenserwartung zuletzt verlangsamt Zuletzt hat sich der Anstieg der Lebenserwartung den Angaben zufolge aber verlangsamt. Dementsprechend verlangsamt sich laut Wettstein auch der Trend eines später wahrgenommenen Altersbeginns.  Eine weitere Begründung für die Entwicklung sei, dass der Beginn der Rente typischerweise mit Altsein in Verbindung gebracht werde, das Rentenalter im Laufe der Jahre aber gestiegen sei, erklärte Wettstein. Hinzu komme, dass alte Menschen heute im Schnitt gesünder und fitter seien als früher und dadurch länger jung wirkten. Definition von Altsein ist nicht nur eine Frage der Generation Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Alterssurveys wurden über die Jahre hinweg mehrfach befragt. Wettstein zufolge stellten die Wissenschaftler bei der Auswertung der Daten ein weiteres Phänomen fest: "Wenn eine Person älter wird, schiebt sie den Beginn des höheren Alters immer ein bisschen weiter nach hinten", so der Psychologe. Ein Beispiel: Eine 60-jährige Frau, für die Altsein eigenen Angaben zufolge mit 74 Jahren beginnt, findet mit 65 Jahren, dass das Alter erst mit 75 losgeht.
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2024-04-22
Wie schlimm steht es um die deutsche Industrie?
Negative BDI-Prognose
Die deutsche Industrie warnt vor einem erneuten Rückgang ihrer Produktion in diesem Jahr. Doch der Motor der deutschen Wirtschaft läuft womöglich besser als gedacht. Von Angela Göpfert.
Die deutsche Industrie warnt vor einem erneuten Rückgang ihrer Produktion in diesem Jahr. Doch der Motor der deutschen Wirtschaft läuft womöglich besser als gedacht. Von Angela Göpfert Die deutsche Industrie blickt pessimistisch auf das laufende Jahr, rechnet mit einem erneuten Rückgang ihrer Produktion. "Deutschland fällt 2024 voraussichtlich weiter zurück", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, heute zum Auftakt der Hannover Messe. "Wir rechnen mit einem Minus in der Industrieproduktion um 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr." Deutsche Industrie im Abwärtstrend Es wäre der dritte Rückgang in Folge: 2022 sank die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe um 0,2 Prozent, 2023 lag das Minus bei 1,2 Prozent. Damit lag die Fertigung um rund neun Prozent unter dem Rekordniveau von 2018; der vor sechs Jahren eingeleitete Abwärtstrend ist weiter intakt. Doch ein genauerer Blick auf die Datenlage zeichnet ein etwas positiveres Bild. Der negativen BDI-Prognose zum Trotz gibt es ein paar Hoffnungsschimmer - steht es also um die deutsche Industrie am Ende gar nicht so schlecht, wie es der alleinige Fokus auf die Industrieproduktion vermuten lässt? Hoffnungsschimmer von der Chemie-Industrie So sind die - zugegebenermaßen sehr schwankungsanfälligen - Auftragseingänge der deutschen Industrie im Februar gegenüber Januar leicht um 0,2 Prozent gestiegen. Spannend ist dabei vor allem der Blick auf die Chemie-Industrie: "Ein gewisses Hoffnungszeichen ist die etwas stärkere Nachfrage nach Produkten der chemischen Industrie, da diese der allgemeinen Konjunktur zumeist vorausläuft", bemerkt Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. In diese Richtung zeigen auch die ifo-Geschäftserwartungen der Chemieindustrie: Der Indikator stieg von -14,9 Punkten im Februar auf -2,9 Punkte im März. "Die Auftragslage der Chemiebranche lässt zwar noch zu wünschen übrig, doch der Tiefpunkt der Krise scheint überwunden zu sein", sagt ifo-Branchenexpertin Anna Wolf. Entlastung durch sinkende Energiepreise Tatsächlich legte die Produktion in den energieintensiven Sektoren - die chemische Industrie benötigt von allen Industriezweigen mit Abstand die meiste Energie - im Februar den zweiten Monat in Folge zu. Damit beendete sie ihren mehr als zwei Jahre andauernden Abwärtstrend. Hintergrund sind nach übereinstimmender Meinung von Experten die deutlich gesunkenen Energiepreise. Da die chemische Industrie zudem wichtige Vorleistungsgüter erstellt, dürfte sie eine Wende zum Besseren als erstes zu spüren bekommen. Insgesamt produzierte das verarbeitende Gewerbe im Februar 2,1 Prozent mehr als im Januar - das zweite deutliche Plus in Folge. Wertschöpfung in der Industrie fällt weniger stark Dass es der deutschen Industrie womöglich besser geht als gedacht, das zeigt auch ein Blick auf die Bruttowertschöpfung in der Industrie. Diese Kennzahl wird durch den Abzug von Vorleistungen von der Industrieproduktion berechnet, sodass nur der wirklich im Produktionsprozess geschaffene Mehrwert ermittelt wird. Martin Moryson, Chefvolkswirt Europa des Vermögensverwalters DWS, hält die Wertschöpfung daher für den geeigneteren Indikator, um den Status quo der deutschen Industrie zu bewerten: "Die Bruttowertschöpfung und nicht die Produktion bestimmt den Mehrwert des Wirtschaftens einzelner Unternehmen und somit auch der deutschen Konjunktur insgesamt." Nehme man die Bruttowertschöpfung als Maß, sei Deutschland von einer Deindustrialisierung noch weit entfernt. Tatsächlich zeichnet die Wertschöpfung ein deutlich entspannteres Bild von der Lage der deutschen Industrie: Seit dem Hoch Anfang 2018 ist sie zwar gefallen, allerdings nur um rund fünf Prozent bis Ende des vierten Quartals 2023. Zum Vergleich: Die Industrieproduktion rauschte im gleichen Zeitraum um deutliche 13 Prozent in die Tiefe. Leitet die EZB-Zinswende die Industrie-Wende ein? Gretchenfrage für die Industrie ist nun, wann die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinswende einleitet - und wann die Zinssenkungen zu wirken beginnen. Aktuell rechnen Ökonomen und Marktexperten mit einer ersten Zinssenkung durch die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde im Juni. Die Experten der Deutschen Bank sind skeptisch, dass sich dies im Verarbeitenden Gewerbe kurzfristig positiv niederschlagen wird. Analyst Eric Heymann rechnet vielmehr damit, dass sich die negativen Auswirkungen der Zinserhöhungen im vergangenen Jahr auch 2024 noch bemerkbar machen werden. Die Deutsche Bank erwartet daher für das laufende Jahr ein Produktionsminus von 2,5 Prozent und ist somit nochmals deutlich pessimistischer als der BDI. Hoffen auf zweite Jahreshälfte Commerzbank-Experte Solveen geht hingegen davon aus, dass sich die Produktion in der zweiten Jahreshälfte zumindest stabilisieren wird. "Die bremsende Wirkung der in den vergangenen beiden Jahren erfolgten weltweiten Zinserhöhungen dürfte allmählich nachlassen, wovon auch die Industrie profitieren sollte." Hinzu kommt: Ab dem zweiten Halbjahr könnte sich auch ein statistischer Basiseffekt positiv bemerkbar machen, war der Rückgang der Industrieproduktion im dritten und vierten Quartal 2023 mit 2,0 respektive 2,2 Prozent doch schon sehr deutlich ausgefallen. Nicht zuletzt macht auch das weltweite Anziehen der Industriekonjunktur Mut. So war der Einkaufsmanagerindex für die globale Industrie im Februar erstmals seit August 2022 über die Marke von 50 Punkten gestiegen, im März zog er dann weiter an auf 50,6 Stellen. Werte von über 50 deuten auf eine weltweit steigende Industrieproduktion hin - und das dürfte auch an der deutschen Industrie nicht spurlos vorübergehen.
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2024-04-22
Sunak will abschieben - "ohne Wenn und Aber"
Umstrittenes Ruanda-Abkommen
Trotz einstweiliger Verfügung, einer höchstrichterlichen Entscheidung und scharfer Kritik: Großbritanniens Premier Sunak will am umstrittenen Abschiebeabkommen mit Ruanda unter allen Umständen festhalten.
Trotz einstweiliger Verfügung, einer höchstrichterlichen Entscheidung und scharfer Kritik: Großbritanniens Premier Sunak will am umstrittenen Abschiebeabkommen mit Ruanda unter allen Umständen festhalten. Großbritanniens Premier Rishi Sunak will die einstweilige Verfügungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Zusammenhang mit seinem Asylpakt mit Ruanda ignorieren. Das sagte der konservative Politiker bei einer Pressekonferenz in London kurz vor Beginn neuer Beratungen im Parlament über sein Abschiebegesetz. Er sehe sein Land nicht im Konflikt mit internationalem Recht, so Sunak. Der Asylpakt mit Ruanda sieht vor, dass irregulär eingereiste Migranten in Großbritannien keine Gelegenheit mehr zum Antrag auf Asyl erhalten sollen. Sie sollen stattdessen ungeachtet ihrer Herkunft nach Ruanda gebracht werden und dort Asyl beantragen. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen. Das britische Unterhaus hatte das Gesetz Mitte Januar gebilligt. Erste Maschine soll in zwölf Wochen abheben Mit der Regelung sollen nach Aussage der Regierung Menschen von der gefährlichen Überfahrt in kleinen Booten über den Ärmelkanal abgehalten werden. Sunak sagte: "Sobald das Gesetz verabschiedet ist, werden wir mit dem Prozess beginnen, diejenigen abzuschieben, die für den ersten Flug vorgesehen sind." Die erste Maschine werde voraussichtlich in zehn bis zwölf Wochen abheben. Bisher hatte die Regierung den ersten Abflug für Frühling angekündigt. Sunak sagte, für die Abschiebungen seien kommerzielle Charterflüge gebucht worden. Zudem seien Hunderte Sachbearbeiter und Richter auserkoren, um mögliche Klagen zu bearbeiten. So lange tagen, bis das Gesetz verabschiedet ist Der einzige Flug, der bisher nach Ruanda abheben sollte, wurde im Juni 2022 per einstweiliger Verfügung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in letzter Minute gestoppt. Ein Jahr später erklärte das oberste Gericht in Großbritannien den Asylpakt für rechtswidrig. Mit dem Abschiebegesetz soll dieses Urteil nun ausgehebelt werden. Der Gesetzentwurf steckt derzeit im Verfahren zwischen Unterhaus und Oberhaus fest, das mehrheitlich Bedenken dagegen hat. Sunak wies die Parlamentarier seiner Partei in beiden Häusern jedoch an, am Montag so lange zu tagen, bis es verabschiedet ist. Zugeständnisse schloss er dabei aus. "Ohne Wenn und Aber. Diese Flüge werden nach Ruanda abheben", so der Premier. Kritik von fast allen Seiten Die Opposition kritisiert ebenso wie Menschenrechtsaktivisten das Vorhaben massiv. Doch auch unter Sunaks Konservativen ist das Abkommen umstritten. Hardlinern innerhalb der Tory-Partei des Premierministers geht der Gesetzesentwurf der Regierung nicht weit genug - liberale Tories wiederum befürchten, Großbritannien könne gegen internationales Recht verstoßen.
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2024-04-22
Knauf beendet Russland-Engagement
Umstrittene Geschäfte
Der fränkische Familienkonzern Knauf, einer der größten Baustoffhersteller der Welt, zieht sich aus Russland zurück. Zuvor war das Unternehmen aufgrund von ARD-Recherchen erneut in die Kritik geraten. Von V. Gantenberg und D. Landmesser.
Der fränkische Familienkonzern Knauf, einer der größten Baustoffhersteller der Welt, zieht sich aus Russland zurück. Zuvor war das Unternehmen aufgrund von ARD-Recherchen erneut in die Kritik geraten. Von Detlev Landmesser, und Véronique Gantenberg, WDR Der Baustoffhersteller Knauf will sich komplett vom russischen Markt zurückziehen. Der Familienkonzern bestätigte im unterfränkischen Iphofen den geplanten Ausstieg: "Die Knauf Gruppe hat vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen entschieden, sich nach mehr als 30 Jahren in Russland von ihrem dortigen Geschäft zu trennen." Das Unternehmen beabsichtige, "das gesamte Geschäft in Russland inklusive Rohstoffgewinnung, der Produktion und des Vertriebs auf das lokale Management zu übertragen, um die Arbeitsplätze der mehr als 4.000 Mitarbeiter auch in Zukunft zu erhalten". Die geplante Transaktion stehe unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die zuständigen Behörden in Russland. Gründe für die Beendigung des Russland-Geschäfts nannte die Gruppe nicht. Baustoffe von Knauf auf russischen Baustellen Der Familienkonzern, der 2022 mit rund 15,4 Milliarden Euro Umsatz zu den größten Baustoffherstellern weltweit zählt, war zuletzt wegen seiner Russland-Geschäfte erneut in die Kritik geraten. Recherchen des ARD-Politikmagazins Monitor hatten Anfang April aufgedeckt, dass Baustoffe der Firma Knauf auf mehreren russischen Baustellen - auch einer des russischen Verteidigungsministeriums - in der besetzten ukrainischen Stadt Mariupol zum Einsatz kommen. Reporter hatten dafür umfangreiches Bild- und Videomaterial sowie Geschäftsberichte und weitere Dokumente ausgewertet und auf den Baustellen immer wieder Gipssäcke mit der Aufschrift "Knauf" entdeckt. Ukrainischer Botschafter für härtere Sanktionen Auf die Recherchen hat mittlerweile auch die ukrainische Botschaft reagiert. Botschafter Oleksii Makeiew beschreibt den russischen Wiederaufbau der besetzten ukrainischen Gebiete im Monitor-Interview als Teil der "genozidalen Kriegsführung" Russlands. Die mittelbare Beteiligung von Knauf an diesem Wiederaufbau bedeute, dass "so ein Unternehmen an der Seite der Besatzungsmacht steht. Und dass dieser Kampf von den deutschen Unternehmen unterstützt wird". Mit Blick auf die deutsche Bundesregierung fordert Makeiew eine Verschärfung der Sanktionen. Auf den geplanten Rückzug von Knauf aus dem Russland-Geschäft hat die Botschaft bislang noch nicht reagiert. "Kein Einfluss auf Endverwendung" Das Unternehmen Knauf betont, seit Februar 2022 keine Waren mehr nach Russland zu liefern und auch nichts mehr aus Russland zu exportieren. Knauf liefere aus der EU auch keine Baustoffe nach Mariupol. Das Unternehmen betreibt ein Werk bei Kiew und 14 Produktionsstätten mit 4.000 Beschäftigten in Russland. In einer Stellungnahme zu dem ARD-Bericht hieß es, Knauf verurteile den Angriffskrieg auf die Ukraine und befolge sämtliche Sanktionen der EU, Großbritanniens und der USA gegen Russland. "Wir weisen den Vorwurf, das nicht zu tun, aufs Schärfste zurück." Knauf produziere Baustoffe, sei aber nicht als Bauherr oder Investor an Bauvorhaben beteiligt. "Knauf unterhält keine direkten Lieferverträge zu Verbrauchern oder Verarbeitern von Knauf-Produkten in Russland. Unsere Produkte gelangen dort über viele verschiedene, von Knauf unabhängige Händler zu den Endkunden. Wir haben keinen Einfluss darauf, wie und wo die Endkunden unsere Produkte verwenden." Zweifel an offizieller Darstellung An dieser Darstellung gibt es Zweifel. So hatten die Monitor-Recherchen gezeigt, dass ein offizieller Knauf-Händler in Russland mit einem Wohnhaus-Projekt in Mariupol warb, das im Auftrag des russischen Verteidigungsministeriums erbaut wurde. Auch auf dieser Baustelle wurden Knauf-Produkte eingesetzt. Der Bauzulieferer Knauf, der sich komplett in Familienbesitz befindet, ist in über 90 Ländern vertreten und betreibt nach eigenen Angaben mehr als 300 Werke mit rund 40.000 Beschäftigten auf allen fünf Kontinenten.
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2024-04-22
Die Sanktionen wirken - und nutzen dennoch wenig
Russland
Vor mehr als zwei Jahren verhängte die EU ihr erstes großes Sanktionspaket gegen Russland nach dessen Invasion in die Ukraine - zwölf weitere folgten. Dennoch wächst die russische Wirtschaft weiter. Wie kommt das? Von P. Siggelkow.
Vor mehr als zwei Jahren verhängte die EU ihr erstes großes Sanktionspaket gegen Russland nach dessen Invasion in die Ukraine - zwölf weitere folgten. Dennoch wächst die russische Wirtschaft weiter. Wie kommt das? Von Pascal Siggelkow Wenn es nach dem Internationalen Währungsfonds (IWF) geht, wird Russlands Wirtschaft dieses Jahr stärker wachsen als zunächst erwartet. Denn der IWF korrigierte seine Prognose aus dem Januar in dieser Woche von 2,6 Prozent auf 3,2 Prozent nach oben. Und auch im kommenden Jahr erwartet der IWF nun statt einem Wachstum von 1,1 Prozent immerhin 1,8 Prozent. Zum Vergleich: Für Deutschlands Wirtschaft erwartet der IWF dieses Jahr ein Wachstum von 0,2 Prozent, kommendes Jahr 1,3 Prozent. Angesichts der inzwischen 13 Sanktionspakete der EU gegen Russland dürften diese Zahlen in Brüssel für Ernüchterung sorgen. Das letzte Paket wurde im Februar verabschiedet, nach dem Tod von Alexej Nawalny im März wurden zudem noch weitere Personen und Organisationen in die Sanktionsliste mit aufgenommen. Wieso steht die russische Wirtschaft dennoch verhältnismäßig gut da? Sanktionen werden umgangen Aus Sicht von Experten hat das mehrere Gründe. Einer der wichtigsten ist, dass Russland die Importe inzwischen wieder annähernd auf Vorkriegsniveau steigern konnte. Denn auch wenn beispielsweise das Exportvolumen von EU-Produkten nach Russland stark zurückgegangen ist, hat Russland es insgesamt geschafft, die meisten Waren aus anderen Märkten zu beziehen. Die EU-Exporte sanken seit Beginn des Kriegs in der Ukraine auf 37 Prozent des Vorkriegsniveaus. Allerdings stiegen im selben Zeitraum die russischen Importe aus China stark an: Mehr als die Hälfte der in Russland eingeführten Güter stammt aus China - vor dem Krieg waren es noch gut 20 Prozent. Nicht nur aus China stiegen die russischen Importe an: Die Türkei beispielsweise hat ihre Exporte nach Russland verdreifacht, Armenien sogar verzehnfacht. Nach Ansicht von Experten ist das in diesen Ländern ein klares Anzeichen dafür, dass die EU-Sanktionen so umgangen werden - vor allem bei sogenannten Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, also zum Beispiel elektrische Komponenten, die sowohl zivil als auch potentiell für militärische Anwendungen verwendet werden können. Einer Untersuchung der französischen Hochschule IÉSEG School of Management zufolge stieg der Anteil von EU-Exporten sanktionierter Güter in "Kreml-freundliche" Staaten von Oktober 2022 bis September 2023 um mehr als 80 Prozent an, während im selben Zeitraum die EU-Exporte nach Russland um 95 Prozent zurückgingen. Preise steigen durch Parallelimporte "Wir haben eine sehr starke Evidenz, die darauf hindeutet, dass es zu Sanktionsumgehungen kommt, vor allem auch bei den Gütern, die für militärische Zwecke wichtig sind", sagt Feodora Teti, Stellvertretende Leiterin des ifo Zentrums für Außenwirtschaft. Ähnlich wie in der EU gebe es zwischen den Ländern der Eurasischen Wirtschaftsunion (EWU) keine internen Grenzen, so dass auch wenig kontrolliert werde bezüglich möglicher Verstöße gegen die EU-Sanktionen. Allerdings gelinge es Russland zumindest bei den Gütern, die für militärische Zwecke wichtig sind, nicht, die fehlenden EU-Importe zu 100 Prozent zu ersetzen, so Teti. Die Umgehung der Sanktionen durch Parallelimporte sorgt laut Teti zudem dafür, dass die Preise für diese Güter steigen. "Dadurch, dass direkte Exporte aus der EU nach Russland nicht mehr möglich sind, müssen die Exporteure einen längeren Weg gehen. Das verursacht aber auch höhere Kosten." Um wie viel genau die Preise gestiegen sind, ließe sich jedoch nur schwer nachvollziehen, vor allem, da dies auch von der Branche abhänge. Nicht alle EU-Exporte sind auf der Sanktionsliste, sondern lediglich 32 Prozent. So kommt es, dass die EU bei medizinischen Gütern weiterhin der wichtigste Lieferant für Russland ist. Preis für russische Energieexporte hat sich gefangen Während die Handelssanktionen aus Sicht von Experten dafür sorgen, dass zumindest die direkten EU-Exporte nach Russland für die ausgewählten Güter nahezu komplett gestoppt wurden, sehen sie die Energiesanktionen weniger effektiv. Denn nach einem starken Einbruch der russischen Einnahmen für Gas- und Ölexporte hat sich der Preis für russische Energie inzwischen wieder gefangen. Indien und China sorgen russischen Angaben zufolge mittlerweile für die Abnahme von fast 90 Prozent der russischen Ölexporte. Auch auf dem umgekehrten Weg gibt es die Vermutung, dass zumindest ein Teil dieser Exporte den Weg in EU-Mitgliedsstaaten findet - durch den Kauf von Öl aus Indien. "Zu Beginn der Energiesanktionen hatte Russland eine schlechte Verhandlungsbasis, da es auf einmal das viele Öl loswerden musste", sagt Vasily Astrov, leitender Wirtschaftswissenschaftler am Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). Das hätten vor allem Indien und China ausgenutzt. Inzwischen sei der Preis für russische Energieexporte jedoch wieder gestiegen, die Probleme für Russland damit weitgehend gelöst. Die EU-Mitgliedsstaaten konnten als Abnehmer ersetzt werden. Katz-und-Maus-Spiel Insgesamt ist es nach Ansicht von Astrov bei den Sanktionen eine Art Katz-und-Maus-Spiel. Kurz nach der Einführung einer Maßnahme gebe es meist durchaus einen Schock für Russland. "Mit der Zeit findet man dann jedoch andere Wege, um den Sanktionen auszuweichen oder sie zu umgehen." Die EU und ihre Verbündeten wie die USA wissen das. So hat die EU beispielsweise neue Regeln zur Strafverfolgung für die Umgehung von Sanktionen eingeführt. Und auch die USA setzte vor einigen Monaten mehr als 250 Einzelpersonen und Unternehmen aus Ländern wie China, der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten mit auf ihre Sanktionsliste. Erste Erfolge von diesen Maßnahmen seien bereits zu sehen, so Astrov. "Durch den erhöhten Druck gab es zum Beispiel Zahlungsprobleme für russische Unternehmen bei chinesischen Banken, wenn es sich um Güter handelte, bei denen die Sanktionen umgangen werden sollten." Allerdings gebe es auch darauf bereits eine neue Ausweichstrategie, in dem die Zahlungsabwicklung ebenfalls über Drittländer gemacht werde. Russische Wirtschaft profitiert von Rüstungsausgaben Der Hauptgrund für die wachsende russische Wirtschaft ist aus Sicht der Experten jedoch ohnehin nicht auf eine vermeintlich erfolglose Sanktionspolitik der EU und ihrer Verbündeten zurückzuführen. Denn dadurch, dass Russland seine Politik vollkommen auf den Krieg ausgerichtet hat, profitiere auch die Wirtschaft davon. Ein Drittel seines Budgets steckt der Kreml inzwischen in den Verteidigungshaushalt, so dass einzelne Branchen wie der Rüstungssektor oder auch das Baugewerbe enorm wachsen. "Durch diese Maßnahmen steigen auch die Löhne in Russland überdurchschnittlich", sagt Astrov. Denn durch die gute Bezahlung im Rüstungssektor und die insgesamt knappe Anzahl an Arbeitskräfte hätten auch die Unternehmen in anderen Branchen die Löhne erhöhen müssen, um attraktiv zu bleiben. Auch wenn Russland durch die hohen Kosten des Krieges inzwischen ein Haushaltsdefizit aufweist, glaubt Astrov, dass die Regierung die Rüstungsausgaben noch einige Jahre auf dem Niveau halten kann: "Die russische Wirtschaft ist derzeit überhitzt. Aber einen wirklichen Crash würde ich nicht erwarten. Ich glaube eher, dass es zu einer graduellen Verlangsamung des Wirtschaftswachstums kommen wird." In der Bildunterschrift hieß es, es seien eine Reihe von Raketen in der Rüstungsfabrik zu sehen. Es handelt sich dabei jedoch um Bomben. Das haben wir korrigiert und bitten den Fehler zu entschuldigen.
/faktenfinder/kontext/russland-sanktionen-eu-114.html
2024-04-22
Klimawandel ein Risiko für Arbeitskräfte weltweit
UN warnen vor "Gefahrencocktail"
Hitze, UV-Strahlung, schlechte Luft: Nach Einschätzung der UN-Arbeitsorganisation ILO belastet der Klimawandel Arbeitskräfte zunehmend. Auch Extremwetterereignisse bergen für sie wachsende Gefahren.
Hitze, UV-Strahlung, schlechte Luft: Nach Einschätzung der UN-Arbeitsorganisation ILO belastet der Klimawandel Arbeitskräfte zunehmend. Auch Extremwetterereignisse bergen für sie wachsende Gefahren. Der Klimawandel dürfte nach einem UN-Bericht für mehr als 70 Prozent aller Arbeitskräfte weltweit Sicherheits- und Gesundheitsrisiken mit sich bringen. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) spricht von einem "wahren Gefahrencocktail". Die ILO, die zu den Vereinten Nationen gehört, schätzt, dass schon jetzt 2,4 Milliarden der weltweit 3,4 Milliarden Arbeitskräfte während ihrer Arbeitszeit irgendwann übermäßiger Hitze ausgesetzt sind - besonders Menschen, die in der Landwirtschaft oder anderweitig unter freiem Himmel arbeiten. Fast 19.000 Menschen kämen jedes Jahr wegen übermäßiger Hitze beim Arbeiten ums Leben, schätzt die Organisation. Hitze und UV-Strahlung sind laut Bericht die größten Gefahren. Die ILO zählt dazu aber auch das Arbeiten bei Extremwetterereignissen, etwa für Fischer, aber auch für Nothelfer und Aufräumtrupps nach Katastrophen. Im Freien Arbeitende seien auch zunehmend durch Parasiten gefährdet, die sich wegen des Klimawandels in größeren Gebieten ausbreiten. Zusammenhang schon länger anerkannt Bei zahlreichen Krankheiten sei bereits ein Zusammenhang mit dem Klimawandel hergestellt worden, etwa bei Hautkrebs, Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen oder Makuladegeneration, die die Sehkraft zerstören kann. Die ILO lobt, dass Arbeitgeber in Deutschland wegen des UV-Strahlungsrisikos Schutzkleidung zur Verfügung stellen müssen und dass seit 2015 einige Formen von Hautkrebs als Berufskrankheit anerkannt werden. "Es ist klar, dass der Klimawandel bereits jetzt erhebliche zusätzliche Gesundheitsrisiken für Arbeitnehmer mit sich bringt", sagte Manal Azzi, Leiterin der ILO-Abteilung Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Gesetzgeber, Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssten sich damit auseinandersetzen und Abhilfe schaffen. Arbeit in einem sicheren und gesunden Umfeld sei ein grundlegendes Recht.
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2024-04-22
Israel plante wohl größeren Angriff gegen den Iran
Medienbericht
Die diplomatischen Bemühungen im Nahen Osten laufen auf Hochtouren. Auch deshalb soll einem Bericht zufolge ein mutmaßlich israelischer Angriff gegen den Iran kleiner ausgefallen sein als geplant.
Die diplomatischen Bemühungen im Nahen Osten laufen auf Hochtouren. Auch deshalb soll einem Bericht zufolge ein mutmaßlich israelischer Angriff gegen den Iran kleiner ausgefallen sein als geplant. Israel hat offenbar ursprünglich einen umfassenderen Angriff gegen den Iran geplant. Das berichtet die New York Times unter Berufung auf drei hochrangige israelische Regierungsmitarbeiter. Demnach sollten mehrere militärische Ziele im Iran bombardiert werden, auch in der Nähe der Hauptstadt Teheran. Nach Appellen aus den USA, Deutschland und Großbritannien habe sich Israel letztendlich aber für einen begrenzten Schlag entschieden. Mutmaßlicher Vergeltungsschlag Israel hatte nach übereinstimmenden Medienberichten am vergangenen Freitag einen Angriff gegen den Iran ausgeführt. Dabei wurde nach Angaben der New York Times eine Luftwaffenbasis in der Provinz Isfahan unweit iranischer Atomanlagen von einer Rakete getroffen. Der Militärschlag sollte dem Bericht zufolge zeigen, dass Israel in der Lage sei, den Iran anzugreifen, ohne in dessen Luftraum einzudringen. Auch die Provinz Isfahan sei bewusst ausgewählt worden. Dort befinden sich wichtige Einrichtungen der iranischen Rüstungsindustrie sowie die Atomanlage Natans, wo der Iran Uran bis zu 60 Prozent anreichert.  Zuvor Angriff des Iran auf Israel Israels Militärschlag folgte einem Angriff des Irans auf Israel mit mehr als 300 Drohnen und Raketen am 13. April. Dem war der Tod von zwei iranischen Generälen bei einem Angriff auf ein Gebäude der Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus vorausgegangen. Dieser Angriff wurde Israel zugeschrieben. Iran will Angriff nicht weiter verfolgen Israel äußert sich zu dem mutmaßlichen Gegenangriff nicht offiziell - der Iran spielt ihn herunter und kündigte nun an, diesen nicht weiter verfolgen zu wollen. "Der Vorfall war ein Ablenkungsmanöver und nicht der Rede wert", sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani. Die Aktion sei so unbedeutend gewesen, dass die Israelis selbst dafür nicht die Verantwortung hätten übernehmen wollen, sagte der Sprecher laut der Nachrichtenagentur Irna. Kanaani betonte, dass der Iran keine Eskalation der Spannungen in der Region wolle. Gleichzeitig jedoch werde das Land jegliche Aggression seitens Israels erneut konsequent erwidern.
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2024-04-22
Druck auf die EU für mehr Ukraine-Hilfe steigt
Beratungen der Außenminister
Für die Ukraine sind die US-Hilfen ein Grund zum Aufatmen. Die EU begrüßt das Paket - doch sie gerät damit zunehmend unter Druck, selbst nachzulegen. Beim Treffen in Luxemburg geht es vor allem darum, wer mehr geben kann. Von J. Mayr.
Für die Ukraine sind die US-Hilfen ein Grund zum Aufatmen. Die EU begrüßt das Paket - doch sie gerät damit zunehmend unter Druck, selbst nachzulegen. Beim Treffen in Luxemburg geht es vor allem darum, wer mehr geben kann. Von Jakob Mayr Mehrere Ministerinnen und Minister haben in Luxemburg die Entscheidung des US-Repräsentantenhauses begrüßt, der Ukraine weitere Militärhilfe zu gewähren. Aber das 'Ja' aus Washington erhöht den Druck auf die EU, ebenfalls mehr zu tun. Nach den Worten von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock geht es jetzt darum, dass jedes Mitgliedsland noch mal in seine Bestände schaut und sichtet, wie die ukrainische Luftverteidigung ausgebaut werden kann. "Denn jedes weitere Luftverteidigungssystem rettet Menschenleben in der Ukraine", betonte die Grünen-Politikerin. "Und deshalb ist es so zentral, dass wir unsere Ressourcen in diesem Bereich bündeln." Ukraine braucht weitere "Patriot"-Systeme Derzeit verfügt die Ukraine über drei "Patriot"-Einheiten zur Luftverteidigung, sie bräuchte nach eigenen Angaben aber mindestens sieben, um dem wachsenden Druck der russischen Armee standzuhalten. Die Bundesregierung hat bisher zwei "Patriot"-Systeme geschickt und ein weiteres zugesagt und appelliert an die Partner in der EU und NATO, ebenfalls zu liefern.   Angeblich laufen Gespräche mit Dänemark und den Niederlanden, die mehr finanzielle Unterstützung leisten könnten. Auch andere Partner wollen nach Angaben aus Berlin prüfen, ob sie Systeme liefern oder Ressourcen zur Verfügung stellen können. Kiew rechnet mit russischer Offensive im Frühsommer Die zuständigen ukrainischen Minister nehmen per Videoschalte an der Konferenz teil. Präsident Wolodymyr Selenskyj rechnet mit einer russischen Offensive im Frühsommer und hat zuletzt beim EU-Gipfel eindringlich um neue Waffen, Artilleriegranaten, Fahrzeuge und Drohnen gebeten. "Wir arbeiten jeden Tag an der Unterstützung für die Ukraine und heute müssen die Mitgliedsstaaten schauen, was sie tun können, was gebraucht wird und ob sie Vorschläge machen können", sagte Josep Borrell, der Außenbeauftragte der EU. Litauen kündigt weitere Unterstützung an Die guten Nachrichten aus den USA sollten die Europäer nicht davon abhalten zu tun, was sie tun müssen, verlangte Litauens Außenminister Gabrielis Landsbergis. Sein Land werde zusätzliche Maßnahmen ankündigen zur Stärkung der Luftverteidigung. "Litauen verfügt über spezielle Ausrüstung, die in der Ukraine eingesetzt werden könnte", sagte Landsbergis. "Das wird heute bekannt gegeben. Aber das ist nur ein kleines Beispiel dafür, dass auch alle anderen weiter vorangehen müssen." EU bereiten neue Iran-Sanktionen vor Die Ministerinnen und Minister bereiten in Luxemburg außerdem verschärfte Sanktionen gegen den Iran vor. Dafür hatte der EU-Gipfel vergangene Woche grünes Licht gegeben nach der Attacke auf Israel. So sollen die Strafmaßnahmen gegen das iranische Drohnenprogramm ausgeweitet und Lieferungen an Irans Verbündete einbezogen werden. Dabei will die EU neben Bauteilen für Drohnen auch solche für Raketen erfassen. Irland spricht von "kollektiver Bestrafung" in Gaza Irland verurteilte den iranischen Angriff auf Israel scharf, kritisierte aber auch die israelische Regierung wegen des militärischen Vorgehens im Gazastreifen. Irland und Spanien wollen das EU-Abkommen mit Israel überprüfen lassen. Die Menschen im Gazastreifen würden kollektiv bestraft, das sei nicht akzeptabel, betonte der irische Außenminister Micheal Martin. "Mir scheint, Israel hat der EU und den USA nicht genug zugehört und es ist Zeit, dass sich Israel zurückzieht und aufhört." Das sei nötig, um einen Waffenstillstand zu erreichen, die Hamas-Geiseln freizubekommen und humanitäre Hilfe zu ermöglichen. Die Runde beschäftigt sich außerdem mit dem Bürgerkrieg im Sudan. Der Konflikt dauert inzwischen über ein Jahr, fast 15.000 Menschen wurden getötet, Millionen sind auf der Flucht.
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2024-04-22
Gefahr von Anschlägen durch Nahost-Konflikt gestiegen
Verfassungsschutz
Die Kriege in Nahost und der Ukraine beeinflussen auch die Sicherheitslage in Deutschland. Verfassungsschutzpräsident Haldenwang warnt vor Anschlägen und sieht "eine Dichte an Vorfällen" wie vielleicht noch nie in der Geschichte seines Amtes.
Die Kriege in Nahost und der Ukraine beeinflussen auch die Sicherheitslage in Deutschland. Verfassungsschutzpräsident Haldenwang warnt vor Anschlägen und sieht "eine Dichte an Vorfällen" wie vielleicht noch nie in der Geschichte seines Amtes. Der Nahost-Konflikt hat nach Einschätzung des Bundesamts für Verfassungsschutz Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland. "Die latente Gefahr von islamistisch motivierten Anschlägen ist infolge der Geschehnisse im Nahen Osten gestiegen", erklärte Präsident Thomas Haldenwang bei einem Symposium. Thema ist dort die Sicherheitslage in Deutschland in Folge der aktuellen Internationalen Konflikte. Besorgt zeigte sich Haldenwang über Personen, die vom Krieg in Nahost zu Angriffen "motiviert" werden könnten. Die könnten "weiche Ziele" angreifen, so Haldenwang. Das wären zum Beispiel leicht zugängliche öffentliche Veranstaltungen. Seine Behörde hatte bereits in der Vergangenheit darauf verwiesen, dass islamistische Propaganda radikalisierte Einzeltäter zu Anschlägen, etwa mit Messern, animieren könnte. Haldenwang: Verfassungsschutz hat viel zu tun Im ARD-Morgenmagazin sagte Haldenwang, es gebe "eine Dichte an Vorfällen" wie vielleicht noch nie in der Geschichte seines Amtes. Neben antiisraelischer Propaganda und islamistischer Radikalisierung nannte er auch Spionage und Cyberangriffe durch Russland. Es werde aktiv daran gearbeitet, die Demokratie in Deutschland zu destabilisieren. "Dabei bedienen sie sich aller Mittel: Spionage und Cyberangriffe, Einflussnahme und Desinformation, Proliferation und Sabotage sowie Staatsterrorismus", sagte Haldenwang. Die Zunahme von Konflikten und die wachsenden Machtbestrebungen autoritärer Staaten sowie globale Machtverschiebungen hätten so auch immer Einfluss auf die Sicherheitslage in Deutschland.
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2024-04-22
Sprengstoff für die Koalition
12-Punkte-Plan der FDP
Die FDP stößt mit ihrem 12-Punkte-Plan für die Wirtschaftswende ihre Koalitionspartner vor den Kopf. Auch eine Lösung im Haushaltsstreit scheint weiter entfernt denn je. Die Union macht mit einem Antrag nun Druck. Von Nicole Kohnert.
Die FDP stößt mit ihrem 12-Punkte-Plan für die Wirtschaftswende ihre Koalitionspartner vor den Kopf. Auch eine Lösung im Haushaltsstreit scheint weiter entfernt denn je. Die Union macht mit einem Antrag nun Druck. Von Nicole Kohnert Zahlreiche Sozialdemokraten reagieren sehr emotional darauf. Generalsekretär Kevin Kühnert sagte in einem Interview mit dem "Tagesspiegel", dass Deutschland nicht von Investmentbankern regiert werde und der FDP das Fingerspitzengefühl fehle. Auch SPD-Parteivorsitzender Lars Klingbeil erklärt, dass Politik nicht auf dem Rücken derjenigen gemacht wird, die hart arbeiten und das Land am Laufen halten. Sie wissen den Kanzler auf ihrer Seite, der erst vor einigen Tagen bei einer SPD-Frühjahrsklausur-Tagung auf Norderney klar gemacht hat, dass an einer abschlagsfreien Rente mit 63 nicht zu rütteln ist. Gegensätzliche Forderungen Immer wieder wird auf den Koalitionsvertrag verwiesen - von allen Seiten. Fraglich ist allerdings, was von den Dingen überhaupt noch zählt, auf die sich die selbsternannte Fortschrittskoalition zu Beginn geeinigt hat. Denn sowohl die FDP als auch die SPD warten mit vielen Forderungen auf, die gegensätzlicher nicht sein könnten. An die Schuldenbremse wollen SPD und auch die Grünen rangehen, sie reformieren. Für die FDP ist sie unantastbar. Sondervermögen und mehr Schulden für Zukunftsinvestitionen werden von Sozialdemokraten und Grünen gefordert - die Liberalen sehen hingegen nur noch Einsparungen im Sozialstaat als Lösung. Über allem schweben die Verhandlungen über den Haushalt, wo eine Lösung und ein Kompromiss in weiter Ferne scheint und immer nur nach ganz oben verwiesen wird: Richtung Kanzleramt. Wenn die Ampel sich streitet, freut sich die Union Dieser Streit und das FDP-Papier sind nun ein gefundenes Fressen für die Union. CSU-Chef Markus Söder lästert schon, bezeichnet den 12-Punkte-Plan als "Scheidungsurkunde für die Ampel". Auch Friedrich Merz fragt sich im ZDF, ob das FDP-Papier nur eine Provokation sei, um die Koalition irgendwann an den Rand des Scheiterns zu bringen. Oder ob das nun ein ernstzunehmender Korrekturversuch in der Wirtschaftspolitik der ganzen Bundesregierung sei? Die Union lehnt sich entspannt zurück und lässt die drei Ampelparteien nun streiten. Innerparteiliche Debatten über eine Reform der Schuldenbremse in der Union fallen in der lauten Ampeldebatte erstmal nicht auf. Dabei mehren sich die Aussagen der CDU-Ministerpräsidenten, zumindest dafür offen zu sein, sich die Schuldenbremse anzusehen. Auch einer Initiative von Kai Wegner, eine Reform der Schuldenbremse per Länderinitiative über den Bundesrat durchzudrücken, ist der eine oder andere nicht abgeneigt. Aber öffentlich möchte keiner so laut darüber sprechen. Union will Druck ausüben Viel lieber trommelt die Union nun auch. Sie will mit einem Antrag im Bundestag am Freitag, dessen Entwurf dem ARD-Hauptstadtstudio exklusiv vorliegt, die Ampelkoalition unter Druck setzen. Darin fordert sie die Bundesregierung zum Beispiel auf, die Unternehmen zu entlasten, den Solidaritätszuschlag zumindest stufenweise zu streichen oder auch mehr Arbeitsanreize für Mehrarbeit zu setzen. Die Union erwägt auch, namentlich darüber abstimmen zu lassen - und damit die Ampelparteien vor sich herzutreiben. "Wenn es Finanzminister Lindner ernst damit ist, eine echte 'Wirtschaftswende' herbeiführen und nicht nur ein Show-Feuerwerk vor dem Parteitag abzubrennen, sollte die Ampelregierung zügig Entlastungen von Unternehmen und Verbrauchern umsetzen", sagte Mathias Middelberg, CDU-Fraktionsvize tagesschau.de. Ist die FDP nun isoliert? Die FDP lässt sich von solchen Tönen nicht beirren. Sie bringt sich vor dem anstehenden FDP-Parteitag am Wochenende nun in Stellung - wissend, dass sie bei der nächsten Bundestagswahl sogar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnte. Ihr geht es erstmal darum, Themen zu finden, mit denen sie ihre Wähler, das FDP-Klientel, zurückgewinnen kann. Sie scheint damit eher auf die kommenden Wahlen zu schauen als auf die Koalition, mit der sie gerade eigentlich zusammen noch regiert.
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2024-04-22
Chef des Militärgeheimdienstes tritt zurück
Israel
Im Zusammenhang mit dem Hamas-Überfall vom 7. Oktober ist als erster ranghoher Militär der Direktor des israelischen Militärgeheimdienstes zurückgetreten. Unterdessen steht eine israelische Offensive in Rafah offenbar kurz bevor.
Im Zusammenhang mit dem Hamas-Überfall vom 7. Oktober ist als erster ranghoher Militär der Direktor des israelischen Militärgeheimdienstes zurückgetreten. Unterdessen steht eine israelische Offensive in Rafah offenbar kurz bevor. Der Direktor des israelischen Militärgeheimdienstes, Aharon Haliva, ist wegen Fehlern im Zusammenhang mit dem Großangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 zurückgetreten. Das teilte die israelische Armee mit. Sobald ein Nachfolger ernannt sei, werde Haliva von seinem Posten entbunden und aus der Armee ausscheiden. Haliva ist damit der erste ranghohe israelische Vertreter, der wegen des Großangriffs der Extremisten, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet wurden, sein Amt niederlegt. Er hatte bereits kurz nach dem Terrorangriff die Schuld daran eingeräumt, dass der Angriff, der Israels hochgerüstete Verteidigungsanlagen durchbrach, nicht verhindert worden sei. In seinem Rücktrittsschreiben erklärte er nun, der Nachrichtendienst sei unter seinem Kommando den ihm übertragenen Aufgaben nicht gerecht geworden. "Ich trage diesen schwarzen Tag seither mit mir, Tag für Tag, Nacht für Nacht. Ich werde den Schmerz für immer mit mir tragen." Steht Rafah-Offensive kurz bevor? Derweil will Israel den Druck auf die für den Terroranschlag vom 7. Oktober hauptverantwortliche Terrororganisation Hamas im Gazastreifen erhöhen. Beobachter erwarten ein kurz bevorstehende Offensive gegen die Stadt Rafah an der ägyptischen Grenze. Generalstabschef Herzi Halevi hatte laut Armeesprecher Daniel Hagari am Sonntagabend "weitere Schritte" zur Fortsetzung des Krieges gebilligt. Der israelische Kan-Sender berichtete, Teil der Pläne sei ein Militäreinsatz in Rafah. Es sei offenbar in Kürze mit einer Evakuierung der sich dort aufhaltenden Zivilbevölkerung zu rechnen. Auch Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte in einer Videoansprache zum jüdischen Pessach-Fest, das am Montagabend beginnt, kurzfristig "weitere schmerzhafte Schläge" gegen die Hamas angekündigt. Israels Verbündete hatten in den vergangenen Wochen eindringlich vor einer Offensive in Rafah gewarnt, weil sich dort Hunderttausende palästinensischer Binnenflüchtlinge drängen. Israel hält einen Einsatz jedoch für nötig, um die verbliebenen Bataillone der Hamas zu zerstören. Anderenfalls könne sie wieder erstarken. Herzog: US-Sanktionen wären "großer Fehler" Gleichzeitig hat die israelische Regierung laut einem Bericht der Zeitung Times of Israel die USA aufgefordert, die offenbar geplanten Sanktionierung eines israelischen Militär-Bataillons zu überdenken. Sanktionen gegen das weitgehend ultra-orthodoxe Bataillon würden nicht nur Israels internationaler Legitimität beim Kampf gegen die Hamas-Terrorgruppe im Gazastreifen Schaden zufügen, sondern es gebe dafür für die USA auch keine Rechtfertigung, sagte Benny Gantz, Mitglied des israelischen Kriegskabinetts, in einem Gespräch mit US-Außenminister Antony Blinken. Blinken hatte am Freitag laut Medienberichten angekündigt, in den kommenden Tagen Strafmaßnahmen gegen eine israelische Armee-Einheit zu verhängen. Israelischen und US-Medien zufolge handelt es sich bei der Einheit um das Netzach-Jehuda-Bataillon, in dem größtenteils ultraorthodoxe Soldaten dienen. Auch Israels Präsident Izchak Herzog warnte die US-Regierung nachdrücklich vor der Verhängung von Sanktionen. "Das wäre ein großer Fehler", sagte Herzog im Interview mit Zeitungen der Axel-Springer-Gruppe.
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2024-04-22
BaFin verhängt Bußgeld gegen Commerzbank
Mängel bei Geldwäscheprävention
Die Commerzbank hat laut der Finanzaufsicht ihre Aufsichtspflichten zur Geldwäscheprävention verletzt. Die BaFin verhängte Bußgelder in Höhe von insgesamt 1,45 Millionen Euro.
Die Commerzbank hat laut der Finanzaufsicht ihre Aufsichtspflichten zur Geldwäscheprävention verletzt. Die BaFin verhängte Bußgelder in Höhe von insgesamt 1,45 Millionen Euro. Nach Auffassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat die Commerzbank ihre Aufsichtspflichten bei der Prävention von Geldwäsche verletzt. Das Institut muss daher Geldbußen in Höhe von insgesamt 1,45 Millionen Euro zahlen. Hintergrund ist die Integration der Online-Tochter Comdirect Bank, die 2020 vollständig in den Konzern aufging. "In Folge der nicht ausreichenden Überwachung haben Mitarbeitende gegen geldwäscherechtliche Pflichten verstoßen, indem sie Kundendaten nicht fristgerecht oder ausreichend aktualisiert und unzureichende interne Sicherungsmaßnahmen getroffen haben", so die Aufsichtsbehörde. Darüber hinaus seien aufgrund der Aufsichtspflichtverletzung in drei Fällen die verstärkten Sorgfaltspflichten unzureichend angewendet worden. Commerzbank: Probleme behoben Eine Commerzbank-Sprecherin teilte dazu mit, die notwendige Anpassung von Prozessen und die Aktualisierung der Daten sei bereits im Jahr 2022 vollständig abgeschlossen worden. Im Zuge der Integration der Comdirect Bank seien Vorgaben zur Legitimationsprüfung von Neukunden sowie Prozesse und Kontrollen zur Aktualisierung von Kundendaten in der Direktbank überprüft worden. Daraus hätten sich Nachbearbeitungen ergeben. Die Bank habe stets in in engem Austausch mit der BaFin gestanden, sagte die Sprecherin. Den Auflagen der Behörde sei die Commerzbank selbstverständlich nachgekommen. Der Bußgeldbescheid ist laut BaFin seit dem 28. März rechtskräftig. Banken kommt bei der Verfolgung von illegalen Geldtransfers in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf eine Schlüsselrolle zu. Unter anderem müssen sie bei auffallend hohen Geldeinzahlungen und sonstigen verdächtigen Geldflüssen die Aufsichtsbehörde informieren.
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2024-04-22
Chefermittlerin kündigt überraschend und übt Kritik
Steuerskandal Cum-Ex
Ihre Ermittlungen führten zu ersten Urteilen im Steuerskandal Cum-Ex und brachten Kanzler Scholz in Erklärungsnot: Anne Brorhilker verlässt nach WDR-Informationen die Justiz, um an anderer Stelle gegen Finanzkriminalität zu kämpfen.
Ihre Ermittlungen führten zu ersten Urteilen im Steuerskandal Cum-Ex und brachten Kanzler Scholz in Erklärungsnot: Anne Brorhilker verlässt nach WDR-Informationen die Justiz, um an anderer Stelle gegen Finanzkriminalität zu kämpfen. Von Massimo Bognanni Deutschlands wichtigste Cum-Ex-Ermittlerin verlässt nach Informationen von WDR-Investigativ die Justiz. Anne Brorhilker hat danach am Montagvormittag bei der Generalstaatsanwaltschaft eine "Bitte um Entlassung aus dem Beamtenverhältnis" eingereicht. Die 50-jährige Oberstaatsanwältin leitet die eigens für den größten deutschen Steuerskandal eingerichtete Hauptabteilung, die derzeit gegen mehr als 1.700 Beschuldigte ermittelt. Geschätzte zwölf Milliarden Euro sollen die Cum-Ex-Geschäfte die Steuerzahler gekostet haben. Banker, Berater und Aktienhändler ließen sich Steuern erstatten, die nie jemand gezahlt hatte - ein Griff in die Staatskasse. Ermittlungen seit zwölf Jahren Brorhilker ermittelt seit 2012 Cum-Ex-Fälle. Mit ihrem Team gelang es ihr, Kronzeugen zu gewinnen, die erstmals über die verborgenen Geschäfte auspackten. Ihre Anklage führte 2019 zum ersten rechtskräftigen Urteil. Später brachten die Ermittler den einst in die Schweiz geflohenen "Mr. Cum-Ex" Hanno Berger in Deutschland vor Gericht. Der Steueranwalt wurde vor dem Landgericht Bonn zu acht Jahren Gefängnis rechtskräftig verurteilt. Öffentliche Aufmerksamkeit erfuhren Brorhilkers Ermittlungen auch, weil sie bis in die hohe Politik führten. Die Erkenntnisse um die Hamburger Privatbank MM Warburg brachten schließlich auch Bundeskanzler Olaf Scholz in Erklärungsnot, gegen den aber kein Anfangsverdacht besteht. "Schwach aufgestellte Justiz" Im Interview mit WDR-Investigativ sagte Brorhilker zu ihrer Entscheidung: "Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich von Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird. Da geht es oft um Täter mit viel Geld und guten Kontakten, und die treffen auf eine schwach aufgestellte Justiz." Außerdem könnten sich Beschuldigte oft aus Verfahren schlicht herauskaufen, wenn etwa Verfahren gegen Geldbuße eingestellt würden. "Dann haben wir den Befund: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen." Sie als einzelne Staatsanwältin könne daran wenig ändern. Die Politik, so Brorhilkers Fazit, habe elf Jahre nach Bekanntwerden der ersten Cum-Ex-Fälle noch immer nicht hinreichend reagiert. Der Steuerdiebstahl sei längst nicht gestoppt, es gebe Nachfolgemodelle, wie bei einem "Hase-und-Igel-Spiel". Grund seien fehlende Kontrollen, was bei Banken und auf den Aktienmärkten geschehe. "Wenn keine Kontrolle passiert durch staatliche Organe, dann greifen die Menschen in die Auslagen. Aber wenn da eine Videokamera über der Auslage installiert ist, dann denkt man dreimal darüber nach, ob man zugreift." Um das Problem zu lösen, spricht sich die Strafverfolgerin für mehr Personal in der Strafverfolgung und für eine bundesweite zentrale Behörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität aus, die auch Steuervergehen verfolge. Rückschlag für Aufarbeitung Ihre Entscheidung, die Staatsanwaltschaft zu verlassen, könne man mit der eines Arztes vergleichen, der "entscheidet, nicht mehr länger einzelne Kranke zu behandeln, sondern in die Forschung geht, um eine Therapie zu entwickeln, das Übel quasi an der Wurzel zu fassen." Brorhilker kündigte an, sich künftig als Geschäftsführerin der Nichtregierungsorganisation Finanzwende für solche Ideen für den Kampf gegen Finanzkriminalität einzusetzen. Finanzwende bestätigte die Personalie. Finanzwende-Vorstand Gerhard Schick erklärte: "Ich freue mich, dass Anne Brorhilker ihren Kampf für die Aufklärung von Finanzkriminalität neu ausrichten will - bundesweit und auf Seiten der Zivilgesellschaft." Für die Ermittlungen dürfte Brorhilkers Ausscheiden indes ein Rückschlag bedeuten. Der Cum-Ex-Skandal ist längst noch nicht aufgeklärt. Milliardengewinne mit Cum-Ex-Geschäften liegen noch immer bei vielen betroffenen Banken. Die Rolle namhafter beteiligter Geldhäuser, etwa der Deutschen Bank, Merrill Lynch oder Santander ist noch nicht strafrechtlich aufgearbeitet, ebenso wenig wie die von Landesbanken wie der früheren WestLB und der HSH Nordbank. Widerstände in der Justiz Die Gefahr, dass die Ermittlung mit ihrem Ausscheiden ins Stocken geraten könnte, sieht Brorhilker nicht. "Wir haben mittlerweile ein großes Team, es sind über 30 Staatsanwälte, die engagiert an diesen Themen arbeiten. Es sind vier Abteilungen gegründet worden mit vier Abteilungsleitern. Deswegen sind wir gut aufgestellt, und ich finde, meine Kollegen machen eine hervorragende Arbeit. Wenn man sie weiterhin unterstützt, wird das auch weiterhin gut laufen." Trotz der warmen Worte zum Abschied: In der Vergangenheit stieß Brorhilker in der NRW-Justiz immer wieder auch auf Widerstände. Etwa 2020, als sie im Verfahren der Hamburger Privatbank MM Warburg dem Verdacht nachging, ob Hamburger Finanzbeamte und SPD-Politiker der Bank 2016 geholfen haben, Cum-Ex-Beute zu behalten. Brorhilker wollte durchsuchen, ein entsprechender Beschluss lag bereits bei der Amtsrichterin. Doch Brorhilkers Vorgesetzte in der Staatsanwaltschaft stoppten den Vorgang. Die Ermittlerin hätte ihnen den Antrag zunächst vorlegen müssen, so die Begründung. Es folgte eine einjährige Auseinandersetzung, bis die Razzia schließlich doch stattfinden konnte. Im Interview wollte sich Brorhilker nicht zu dem Vorgang äußern, auch nicht dazu, ob sie sich hinreichend im eigenen Haus unterstützt fühlte. Machtkampf mit dem Justizminister Auch mit dem nordrhein-westfälischen Justizministerium hatte es Konflikte gegeben. Über einen Machtkampf hatte im vergangenen Herbst unter anderem WDR-Investigativ berichtet. Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) plante, Brorhilkers Abteilung aufzuspalten und ihr einen weiteren Hauptabteilungsleiter zur Seite zu stellen. Eine einzelne Führungskraft, so der Minister, könne der enormen Aufgabenfülle nicht Rechnung tragen. Außerdem müsse die Leitung der Cum-Ex-Ermittlung durch eine weitere Person abgesichert sein. Erst nach einem öffentlichen Aufschrei nahm Limbach von den Plänen wieder  Abstand. Im Interview äußert sich Brorhilker nun erstmals zu der Auseinandersetzung: "Ich war über die Pläne, meine Hauptabteilung aufzuspalten, schon sehr überrascht. Ich habe das damals auch nicht als die Unterstützung verstanden, als die es gedacht gewesen sein sollte." Inzwischen habe es jedoch gute Gespräche gegeben. Das Ministerium habe vier weitere Stellen geschaffen. Grund für ihr Ausscheiden aus der Justiz sei der Streit nicht gewesen. "Enorme Schadenssummen" Nicht nur intern, auch extern gab es auch immer wieder Kritik am Vorgehen der Kölner Staatsanwältin. Etwa, dass Brorhilker viel zu schnell Ermittlungen eingeleitet habe, viel zu breit ermittele und sich dabei verzettele. "Das ist keine strategische Entscheidung zu überlegen, ob man als Staatsanwalt eine Straftat verfolgt oder nicht, man muss das tun. Wenn man es nicht tun würde, wäre das Strafvereitelung im Amt", sagte Brorhilker. Dass sie auf ein derart großes Geflecht stoßen würde, habe sie allerdings selbst nicht kommen sehen. Auch den Einwand, man könne die Cum-Ex-Gelder wesentlich schneller zurück in die Staatskasse holen, wenn man die Strafverfahren gegen Geldbuße einstelle, will Brorhilker nicht gelten lassen: "Ich kann mir nicht vorstellen, wie man das umsetzen will bei den Rahmenbedingungen, die wir bei den Cum-Ex-Ermittlungen vorfinden. Es geht um enorme Schadenssummen. Die sind im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich, manchmal im Milliardenbereich. Das ist ein Bereich, der eine Einstellung wegen geringfügiger oder wegen mittlerer Schuld nicht zulässt." Zudem bekomme man bei solchen Deals nie die komplette Schadenssumme zurück. "Wenn es hoch kommt, bieten Beschuldigte die Hälfte, aber auf gar keinen Fall den vollen Betrag. Und das ist ja absurd, warum sollten wir uns da ausnehmen lassen wie eine Weihnachtsgans?" Ob man das bei der Staatsanwaltschaft Köln in Zukunft  genauso sehen wird, bleibt abzuwarten. Anne Brorhilker wird es künftig von der Seitenlinie aus beobachten. Eine Langversion des Exklusiv-Interviews mit Staatsanwältin Brorhilker findet sich in der ARD-Mediathek. Außerdem findet sich in der ARD-Mediathek die ARD-Story "Milliardenraub – Eine Staatsanwältin jagt die Steuermafia".
/investigativ/ndr-wdr/cum-ex-aufarbeitung-100.html
2024-04-22
Wie sich Einsamkeit auf unser Essverhalten auswirkt
Forschung
Einsamkeit gefährdet unsere Gesundheit - das haben viele während der Corona-Pandemie am eigenen Leib erfahren. Jetzt zeigen Forschende: Alleinsein könnte sogar mit negativem Essverhalten einhergehen. Von Laura Strätling.
Einsamkeit gefährdet unsere Gesundheit - das haben viele während der Corona-Pandemie am eigenen Leib erfahren. Jetzt zeigen Forschende: Alleinsein könnte sogar mit negativem Essverhalten einhergehen. Von Laura Strätling, SWR Jeder vierte Haushalt in Deutschland ist ein Single-Haushalt. Die Corona-Pandemie war vor allem für diese Menschen von Einsamkeit geprägt. Tatsächlich hat Einsamkeit langfristige Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Forschende der University of California wollten herausfinden: Wie wirkt sich Einsamkeit auf unser Gehirn aus? Dabei nahm das Forschungsteam um die Forscherin Xiaobei Zhang vor allem die Veränderung unseres Essverhaltens unter die Lupe. Die neue Studie zeigt: Einsamkeit könnte grundlegende Prozesse in unserem Gehirn verändern. Forschende untersuchen Einsamkeit und Essverhalten In der Studie wurden 93 Frauen untersucht. Bei allen Teilnehmerinnen wurde der Body-Mass-Index (BMI) gemessen. Zudem wurde der Anteil des Körperfetts im Vergleich zur fettfreien Körpermasse identifiziert. Außerdem machten die Probandinnen Angaben zu ihrer wahrgenommenen sozialen Isolation, Essverhalten und psychischer Belastbarkeit. In der Studie gaben 39 der 93 Frauen an, einsam zu sein. Diese Gruppe wies gleichzeitig einen höheren Körperfettanteil auf als die übrigen Probandinnen. Auch eine schlechtere Qualität der Ernährung, ungesundes Essverhalten und schlechtere mentale Gesundheit kamen bei den einsamen Frauen öfter vor. Bei diesen Ergebnissen handelt es sich allerdings um eine reine Korrelation. Die Forschenden haben nicht nachgewiesen, dass Einsamkeit auch direkt zu einem höheren Körperfettanteil führt. Es kann ebenso gut sein, dass umgekehrt ein höherer Körperfettanteil Einsamkeit begünstigt. Die Wirkrichtung ist also noch unklar. Einsamkeit könnte die Gehirnaktivität verändern Bisherige Forschungsprojekte zeigen, dass Einsamkeit auch Einfluss auf grundlegende Strukturen unseres Gehirns hat. "Einsamkeit kann zum Beispiel mit einer Verkleinerung des Hippocampus einhergehen", erklärt Dirk Scheele gegenüber dem SWR. Er ist Professor für soziale Neurowissenschaften an der Ruhr-Uni Bochum. Der Hippocampus ist der Teil unseres Gehirns, der maßgeblich an der Gedächtnisbildung beteiligt ist. Einsamkeit kann laut Scheele also zu einem Rückgang unserer Gedächtnisleistung führen. Die Forschenden aus Kalifornien identifizierten ebenfalls nicht nur körperliche, sondern auch kognitive Unterschiede zwischen den einsamen Frauen und den restlichen Probandinnen. Die Gehirne der einsamen Frauen reagierten stärker auf Lebensmittel-Reize. Das fanden die Forschenden heraus, indem sie den Probandinnen Bilder von Essen zeigten. Die einsamen Probandinnen wiesen dabei eine stärkere Hirnaktivität im Parietallappen auf. Der ist für die Verarbeitung körpereigener Signale wie Hunger zuständig. Der Reiz des Süßen Besonders interessant: Die Forschenden konnten einen Unterschied zwischen Reizen von süßen und herzhaften Lebensmitteln feststellen. Wenn die einsamen Probandinnen auf süße Reize stießen, war deren Kontrollmechanismus im Hirn weniger aktiv. Die Veränderungen könnten darauf hinweisen, dass süßen Reizen eine höhere Priorität zugeschrieben wird. So kann ein intensiveres Verlangen zustande kommen, das auch weniger kontrolliert werden kann. Ähnliche Prozesse können auch bei Menschen mit Drogen- oder Esssucht beobachtet werden. Sie könnten erklären, warum einsame Menschen häufig ein ungesünderes Essverhalten an den Tag legen, wie belohnungsorientiertes Essen, Heißhunger oder eine Esssucht. Aber was ist am süßen Geschmack so besonders? Darauf hat Wissenschaftler Scheele eine Antwort. "Süße Lebensmittel wirken sehr belohnend auf unser Gehirn und werden auch anders verarbeitet", erklärt er. Süßigkeiten könnten sich besser als Trostpflaster für einsame Menschen eignen. Hypothese: Einsamkeit kostet Energie Die Forschenden der University of California gehen mit ihrer Vermutung noch weiter: In der Einsamkeitsforschung besteht die Auffassung, dass einsame Menschen eher dazu neigen, eine negative Erwartungshaltung gegenüber ihrer Umwelt zu pflegen. Sie sind häufig wachsamer und vertrauen ihren Mitmenschen nicht so leicht. Das Forschungsteam aus Kalifornien schlussfolgert, dass diese ständige Habachtstellung einen höheren Energieverbrauch einfordert. Der muss vom Körper irgendwie gedeckt werden. Und hier kommen die Süßigkeiten ins Spiel: Sozial isolierte Personen könnten deshalb ein stärkeres Verlangen nach süßen Lebensmitteln verspüren, die den Blutzuckerspiegel in die Höhe schnellen lassen und schnell Energie liefern. Korrelation bedeutet noch keine Kausalität "Die Ergebnisse der Studie sind plausibel", sagt Dirk Scheele. Allerdings müsse man im Hinterkopf behalten, dass die Aussagen der Forschenden mit Einschränkung zu betrachten seien. Denn die Kausalität ist noch unklar. Laut der Studie besteht zumindest ein Zusammenhang zwischen Einsamkeit und ungesundem Essverhalten sowie Übergewicht. Die Wirkrichtung dieses Zusammenhangs muss laut Scheele aber noch untersucht werden. Aber auch am Forschungsdesign könnte bei einer erneuten Durchführung einiges angepasst werden, kritisiert Scheele: "Fraglich ist, ob die Ergebnisse auch auf Männer übertragbar sind." Er hält es für sinnvoll, die Studie aus den USA zu wiederholen und auch männliche Probanden zu untersuchen. Bisherige Studien zeigen nämlich, dass Einsamkeit unterschiedlich auf die Gehirne von Männern und Frauen wirkt. Männliche Gehirne weisen dabei häufig sogar stärkere Veränderungen auf. Einsamkeit: Ein komplexes Forschungsgebiet Laut Dirk Scheele ist es gar nicht so einfach, Einsamkeit neurologisch zu erforschen: "Einsamkeit ist immer noch ein komplexes Gefühl, das sich nicht auf die Strukturen einer einzelnen Region zurückführen lässt. Wir gehen davon aus, dass Veränderungen in ganz verschiedenen Regionen passieren." Für die Grundlagenforschung ist die US-Studie ein wichtiger Schritt, auf den neue Studien aufbauen können. Für die Gesellschaft und Politik hebt sie die Gefahren von Einsamkeit für die Gesundheit jedes Einzelnen hervor. "Einsamkeit ist zwar keine Krankheit, jedoch lässt sich belegen, dass sie ein Risikofaktor für viele psychische Erkrankungen ist und jetzt möglicherweise eben auch unser Essverhalten negativ beeinflusst", erklärt Dirk Scheele.
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2024-04-22
Deutschland hinkt bei grünem Wasserstoff hinterher
Energiewende
Grüner Wasserstoff gilt als zentraler Baustein zum Erreichen der Klimaneutralität. Doch laut einer Studie laufen Deutschland und auch die EU Gefahr, ihre eigenen Wasserstoffziele zu verfehlen.
Grüner Wasserstoff gilt als zentraler Baustein zum Erreichen der Klimaneutralität. Doch laut einer Studie laufen Deutschland und auch die EU Gefahr, ihre eigenen Wasserstoffziele zu verfehlen. Deutschland und die EU dürften laut einer Studie der Unternehmensberatung PwC ihre eigenen Wasserstoffziele verfehlen. "Deutschland hinkt seinen Plänen deutlich hinterher", schreiben die Branchenexperten. Heute seien Elektrolysekapazitäten von nicht einmal 0,1 Gigawatt (GW) in Betrieb, finanziert seien Projekte mit 0,55 GW. Zum Vergleich: Bis 2030 sollen die Wasserstoffkapazität in Deutschland bei zehn GW liegen - das sieht jedenfalls die "Nationale Wasserstoffstrategie" der Bundesregierung vor. Erst im Sommer vergangenen Jahres hatte das Bundeskabinett eine Fortschreibung dieser ehrgeizigen Wasserstoffpläne beschlossen. Wasserstoffziel dürfte schwer zu erreichen sein Bis 2030 soll Wasserstoff in der Industrie, bei schweren Nutzfahrzeugen und im Luft- und Schiffsverkehr zunehmend eingesetzt werden, um das Ziel der Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 zu erreichen. Um aber das 10-GW-Ziel noch bis 2030 zu erreichen, müsste Deutschland nun jedes Jahr Elektrolyseanlagen mit ein bis zwei GW und 200 bis 400 Windräder bauen, rechnen die PwC-Experten vor. In den vergangenen zwei Jahren wurden jedoch nur 0,25 GW Zubau finanziert. EU von eigenen Zielen weit entfernt In der Europäischen Union (EU) sieht es nicht besser aus: Laut PwC will die EU 2030 mindestens 20 Millionen Tonnen sauberen Wasserstoff nutzen und die Hälfte davon in Europa selbst produzieren. Davon "ist die EU allerdings weit entfernt". Denn dafür müsse sie 120 GW Kapazität aufbauen. Aktuell sind aber erst Anlagen mit 0,2 GW in Betrieb, Anlagen mit drei GW Leistung sind in Bau oder finanziert. Mit Blick auf die eigenen Ziele müsste die EU jedes Jahr Anlagen mit 20 GW Leistung aufbauen. China, Südkorea und Japan liegen vorn Weltweit klaffe eine riesige Lücke zwischen den Ankündigungen und der Umsetzung, heißt es weiter in der Studie. So seien Projekte mit 840 GW angekündigt. Finanziert oder im Bau seien aber nur 15 GW, in Betrieb seien Anlagen mit gerade mal ein GW. Bei den Plänen sei Europa auf Platz eins vor Afrika und Lateinamerika - bei der Umsetzung seien China, Südkorea und Japan Spitzenreiter. Das asiatische Trio hat laut PwC "bereits jetzt doppelt so viel Produktionskapazität in Betrieb, finanziert oder in Bau wie Europa". Die USA setzen vor allem auf günstigeren Wasserstoff, der mit Abscheiden und Speichern von CO2 hergestellt wird. Wasserstoff wichtig als Energiespeicher Doch warum ist Wasserstoff überhaupt so wichtig in der Energiearchitektur der Zukunft? Das liegt an der vielseitigen Anwendbarkeit: als Treibstoff, chemischer Grundstoff und als Energiespeicher. Umgewandelt in Wasserstoff lässt sich erneuerbarer Strom gut speichern und via Pipelines oder verflüssigt über große Strecken transportieren. Für die Bundesregierung ist Wasserstoff, der lange Zeit im Schatten von Photovoltaik und Windkraft gestanden hatte, daher ein Schlüsselelement für die Energiewende. Dabei sieht Studien-Co-Autor Dirk Niemeier von PwC auch die Politik in der Pflicht, um künftig großvolumige Wasserstoff-Abnahmeverträge zu ermöglichen. Voraussetzung dafür sei eine Förderung, die ähnlich wie bei erneuerbarem Strom die anfänglichen Mehrkosten gegenüber fossilen Alternativen ausgleicht.
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2024-04-22
Lob von fast allen Seiten für Johnson
Vorsitzender im US-Repräsentantenhaus
Republikaner und Demokraten haben gemeinsam weitere Hilfen für die Ukraine beschlossen. Verantwortlich für diesen Coup im US-Repräsentantenhaus ist dessen Sprecher Johnson. Der Trump-Unterstützer wird nun von fast allen gelobt. Von C. Sarre.
Republikaner und Demokraten haben gemeinsam weitere Milliardenhilfen für die Ukraine beschlossen. Verantwortlich für diesen Coup im US-Repräsentantenhaus ist dessen Sprecher Johnson. Der Trump-Unterstützer wird nun von fast allen gelobt. Von Claudia Sarre Am Ende war es dann doch überraschend, wie schnell es ging. Eine Mehrheit von demokratischen und republikanischen Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus konnte sich auf ein weiteres 60 Milliarden Dollar schweres Hilfspaket für die Ukraine einigen. Zu verdanken ist das dem Vorsitzenden Mike Johnson, dem stramm konservativen Republikaner und Unterstützer von Ex-Präsident Donald Trump. Er selbst machte einen radikalen Sinneswandel durch und überzeugte auch skeptische Parteikollegen von der Notwendigkeit der Ukraine-Hilfen. US-Medien spekulieren über seine Beweggründe. Johnson sei ein zutiefst religiöser Mensch, heißt es da. Außerdem gehe sein Sohn im Herbst zur Militärakademie. "Ich sage es noch einmal, es ist ein altes Militärsprichwort: Wir schicken lieber Kugeln in den Konflikt als unsere Jungs, also unsere Truppen", so Johnson nach der Abstimmung.  Lob von republikanischen Parteifreunden ... Für seine Haltung - und sein Verhandlungsgeschick - bekam Mike Johnson parteiübergreifendes Lob: "Ich bin so stolz auf den Sprecher Mike Johnson", so der Republikaner Michael McCaul in der ABC Talkshow This Week. Johnson habe eine Wandlung durchgemacht. "Letzten Endes ist es ein Zeichen von Mut, die Nation über sich selbst zu stellen, und genau das hat er getan. Er sagte: Am Ende des Tages werde ich auf der richtigen Seite der Geschichte stehen, unabhängig von meinem Job", lobte McCaul, der ein entschiedener Befürworter zusätzlicher Auslandshilfen ist. ... Respekt vom politischen Gegner Selbst Mike Johnsons politische Gegner - die Demokraten - zollten dem Sprecher im Nachhinein Respekt: "Mike Johnson hat die Hilfen nicht nur zur Abstimmung gestellt, sondern hat das Gesetzespaket auch noch in einzelne Teile aufgespalten", sagte Ro Khanna, progressiver Demokrat aus Kalifornien im Fernsehsender ABC. "Das fand ich großartig, da konnten die Leute nach ihrem Gewissen separat über die Hilfen für Taiwan, Israel und die Ukraine abstimmen." Das rechne er Johnson hoch an und fügte sogar hinzu, er würde Johnson beistehen, falls es doch noch einen Antrag auf Absetzung gebe. Hardliner stellen sich gegen Johnson Ein paar rechte Hardliner der republikanischen Partei erneuerten in der Zwischenzeit ihre Drohung, Johnson stürzen zu wollen. Sie lehnen militärische Hilfen für die Ukraine kategorisch ab. Allen voran Marjorie Taylor Greene. Sie sagte gestern auf Fox News, Johnsons Zeit als Sprecher sei vorbei. Er habe die republikanische Partei und die Wähler im ganzen Land betrogen. "Er arbeitet jetzt für die Demokraten und verfolgt die Agenda der Biden-Regierung. Dieses Sprecheramt ist komplett vorbei." Bevor Präsident Joe Biden seine Unterschrift unter das Gesetzespaket setzen kann, muss es - voraussichtlich am Dienstag - noch durch den Senat. Die Zustimmung dort gilt allerdings als gesetzt.
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2024-04-22
Künftig Bürgergeld per App
Digitalisierung
In Zukunft soll es möglich sein, das Bürgergeld per App zu beantragen. Das Konzept ist Teil einer Digitalisierungsstrategie von Arbeitsminister Heil. Die Idee: Prozesse vereinfachen und die Behörden entlasten.
In Zukunft soll es möglich sein, das Bürgergeld per App zu beantragen. Das Konzept ist Teil einer Digitalisierungsstrategie von Arbeitsminister Heil. Die Idee: Prozesse vereinfachen und die Behörden entlasten. Bürgergeld soll künftig per App vom Handy aus beantragt werden können. Wie das Medienhaus Table.Media berichtet, ist die Bürgergeld-App Teil einer Digitalisierungsstrategie des Bundesarbeitsministeriums. Sie dient auch dazu Termine zu vereinbaren und Jobs zu vermitteln. Arbeitsminister Hubertus Heil sagte demnach, sein Ministerium wolle interne Prozesse vereinfachen und die Potenziale von Künstlicher Intelligenz (KI) nutzen. Die KI soll die Bearbeitung der Bürgergeldanträge beschleunigen und komplizierte Texte aus Behördenschreiben für die Empfänger in verständliche Sprache übersetzen. Mehr Kontakt zu Bürgern ermöglichen Geplant seien auch Video-Beratungen und Verbesserungen bei der elektronischen Arbeitsmarktzulassung für ausländische Fachkräfte. Heil verspricht sich von der Digitalisierung eine Entlastung der Behörden. So soll auch mehr Zeit für den direkten Kontakt mit den Bürgern bleiben. "Das ist ein wichtiger Beitrag, das Vertrauen der Menschen in den Sozialstaat zu stärken", sagte der SPD-Politiker. Mit Informationen von Philip Brost, ARD Berlin
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2024-04-22
Zwischen Unschuldsvermutung und Parteiausschluss
Korruptionsvorwürfe gegen AfD-Politiker
Haben die AfD-Politiker Krah und Bystron Geld aus pro-russischen Quellen angenommen? Parteichef Chrupalla sieht bei Caren Miosga keine ausreichenden Beweise dafür. Sollte der Vorwurf sich bewahrheiten, drohe aber der Parteiausschluss. Von L. Weyell.
Haben die AfD-Politiker Krah und Bystron Geld aus pro-russischen Quellen angenommen? Parteichef Chrupalla sieht bei Caren Miosga keine ausreichenden Beweise dafür. Sollte der Vorwurf sich bewahrheiten, drohe aber der Parteiausschluss. Von Lukas Weyell Er habe erst im Zuge der Berichterstattung von den Korruptionsvorwürfen gegen Maximilian Krah erfahren, so AfD-Chef Tino Chrupalla in der ARD-Sendung Caren Miosga am Sonntagabend. Krah habe ausgeschlossen, jemals Geld erhalten zu haben und das auch schriftlich bestätigt. Ebenso Petr Bystron. Gegen den AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl Krah und den Zweitplatzierten der Liste Bystron sind Vorwürfe laut geworden, dass diese Geld von pro-russischen Quellen beziehen oder bezogen haben. Die vermeintlichen Zahlungen sollen im Zusammenhang mit der pro-russischen Internetplattform "Voice of Europe" stehen, welche inzwischen von Tschechien auf eine Sanktionsliste gesetzt wurde, weil sie darauf abziele, Einfluss auf das EU-Parlament auszuüben. Hinweise auf Zahlungen Ein Kontakt des Putin-Vertrauten Wiktor Medwedtschuk, der Aktivist Oleg Woloschyn, hatte Krah verdächtige Chatnachrichten geschickt, die darauf hinweisen, dass der AfD-Politiker Geld von diesem erhalten hatte. Das FBI befragte nach Recherchen des "Spiegel" und ZDF "Frontal" Krah bereits im Dezember zu den Chatnachrichten. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron soll 20.000 Euro von dem Moskau-treuen, ukrainischen Geschäftsmann Artem Martschewskyj erhalten haben, wie gemeinsame Recherchen der tschechischen Tageszeitung "Deník N", des ARD-Politikmagazins Kontraste und der Wochenzeitung "Die Zeit" ergaben. Die Informationen stützen sich auf Audio-Aufnahmen, die der tschechische Inlandsnachrichtendienst BIS aufgenommen hat und die die Geldübergabe dokumentieren sollen. Beide AfD-Politiker dementieren, Geld von pro-russischen Quellen angenommen zu haben. Es droht der Parteiausschluss Ausschließen wollte AfD-Chef Chrupalla nicht, dass es die vermuteten Zahlungen gab. Er sehe dafür aktuell aber keine ausreichenden Indizien: "Im Rechtsstaat gilt die Unschuldsvermutung." Solange keine Beweise oder Belege vorliegen, glaube er Krah und Bystron. "Es ist nichts Gegenteiliges bewiesen. Insofern stelle ich mich am Tag heute hinter die beiden Kollegen." Eine Garantie für deren Unschuld wollte er aber auf Nachfrage von Caren Miosga nicht abgeben. Für den Fall, dass sich der Verdacht jedoch bewahrheiten sollte, würden Krah und Bystron die Partei verlassen müssen, so Chrupalla: "Solche Personen haben keinen Platz bei uns." Die AfD sei sehr an der Aufklärung der Vorwürfe interessiert. Diese würden den Europa-Wahlkampf der Partei belasten, so der AfD-Chef. Am Montag solle daher ein Treffen des Parteivorstandes stattfinden, bei dem sich Krah und Bystron erklären müssen. Distanzierung von Krahs Buch Angesprochen auf Passagen aus dem Buch von Maximilian Krah, "Politik von Rechts", in denen es heißt, Frauen hätten in der Spitze einen geringeren Intelligenz-Quotienten als Männer und seien daher weniger geeignet für Führungspositionen, distanzierte sich Chrupalla von seinem Parteifreund: "Sein Buch ist nicht das Partei- oder Europaprogramm der AfD." Man habe mit ihm darüber diskutiert und das für nicht gut befunden. Mehr könne er zu den zitierten Passagen nicht sagen, Chrupalla habe Krahs Buch nicht gelesen, erklärte er in der Sendung. "Ich weiß auch nicht, ob er das Buch selbst geschrieben hat. Auch das müsste man ihn vielleicht einmal selbst fragen", so Chrupalla. Es sei nicht seine Aufgabe als Parteivorsitzender, die privaten Positionen seiner Parteimitglieder zu verteidigen. "Das ist die Einzel- und Privatmeinung von Maximilian Krah." Seinem Geschmack entspreche es nicht.   Dem widersprach die Journalistin Nadine Lindner. Was in seiner Partei vorgehe, gehe ihn als Parteichef sehr wohl etwas an: "Herr Krah ist gewählter Beisitzer im Bundesvorstand." Er stamme aus der Mitte der Partei, so Lindner, und sei keineswegs eine Randerscheinung. Große Teile der AfD würden seine Äußerungen zumindest befürworten oder akzeptieren: "Es ist nicht so, dass ein Aufschrei quer durch die Partei geht, wegen dem, was Herr Krah da sagt", so Lindner. Kaeser: "Weltoffenheit verteidigen" Der Aufsichtsratsvorsitzende der Siemens Energy AG und Daimler Truck AG, Joe Kaeser, appellierte an Tino Chrupalla, eine migrationsfreundlichere Haltung einzunehmen. Es sei relevant für Deutschlands Ruf in der Welt und die Attraktivität des Standorts für Fachkräfte aus dem Ausland, dass die deutsche Gesellschaft nicht als fremdenfeindlich wahrgenommen werde. "Ich kann Sie nur herzlich bitten, dass Sie diese Weltoffenheit verteidigen", so Kaeser.
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2024-04-22
Second-Hand-Mode ist Fluch und Segen
Altkleider in Ostafrika
In Kenia kommen große Mengen Altkleider aus aller Welt an - auch aus Deutschland. Für die Umwelt und die kenianische Textilindustrie sind sie ein Problem. Aber sie bieten auch Chancen. Von Karin Bensch.
In Kenia kommen große Mengen Altkleider aus aller Welt an - auch aus Deutschland. Für die Umwelt und die kenianische Textilindustrie sind sie ein Problem. Aber sie bieten auch Chancen. Von Karin Bensch Es ist bunt, laut und voll auf dem Gikomba-Markt in Nairobi. T-Shirts, Hemden, Hosen hängen an Holzständen. Hier gibt es alles aus zweiter Hand. Gikomba ist der größte Markt für Second-Hand-Kleidung in Kenia. Tausende Kunden kommen jeden Tag hierher, sagt Peter Wachira, Hauptgeschäftsführer der Marktverbandes. Nicht nur aus Kenia, auch aus Nachbarländern wie Tansania und Uganda. Der Gikomba-Markt ist ein Magnet in Ostafrika für alle, die gebrauchte Textilien kaufen oder verkaufen wollen. Mehr als 100.000 Händler bieten hier ihre Waren an. Das sind so viele Menschen, wie in einer kleineren deutschen Großstadt leben. Gebrauchtes T-Shirt für 70 Cent Einer der Händler ist Aloise Swaye. Er verkauft gebrauchte T-Shirts und Hemden und arbeitet bereits seit 19 Jahren auf dem Gikomba-Markt. Er sei auf die Second Hand-Kleidung angewiesen, erzählt Aloise Swaye. Von ihrem Verkauf könne er gut leben. Ein T-Shirt kostet hier 100 Kenia Shilling, umgerechnet etwa 70 Cent. Eine Frau durchwühlt einen großen Haufen Altkleider auf einem Holztisch vor seinem Marktstand. Alice Mwangi sucht Hemden - allerdings nicht für ihren Mann, sondern für ihre Kunden. Sie verkauft die Hemden weiter. Das Wichtigste: Die gebrauchten Textilien müssten eine gute Qualität haben, erzählt sie, sonst seien ihre Kunden unzufrieden. Deutschland verkauft viele Altkleider nach Afrika Die Second-Hand-Sachen auf diesem Markt sind keine Kleiderspenden. Sie stammen von kommerziellen Textilhändeln - vor allem aus den USA, aus China und Großbritannien. Auch aus Deutschland, denn das Land ist einer der weltgrößten Exporteure von Second-Hand-Kleidung. Im vergangenen Jahr wurden gut 430.000 Tonnen Altkleider über den Erdball verkauft, haben die Marktstatiker von ITC/Statista errechnet. Zunächst werden sie in die Niederlande und nach Polen veräußert. Von dort aus über die Häfen in Rotterdam und Danzig nach Afrika transportiert. In Afrika kommen die Altkleider dann an - als große Bündel, in dicker Plastikfolie, festverschnürt. In Kenia heißen sie Mitumba. Im Büro von Nancy Ndungu stapeln sich die Kleiderpakete bis zur Decke. Sie habe Lieferanten weltweit, auch in Deutschland, die bei sich Altkleider sammeln und sie dann nach Kenia verkaufen, erzählt die Geschäftsfrau. Diese Second-Hand-Kleidung verkauft sie dann weiter an die Händler auf dem Gikomba-Markt. Eine lange Händlerkette - von Deutschland nach Afrika. Textilflut verstopft Flüsse in Kenia Die Altkleider sorgen für große Probleme in Kenia. Billigklamotten aus Synthetikfasern, aus der sogenannten "Fast Fashion", die nicht wiederverwertet werden können, verstopfen Flüsse und verschmutzen die Landschaft. Mittlerweile gebe es deutlich mehr qualitativ schlechte Altkleider,  die nur noch auf dem Müll landen, sagen Händler auf dem Markt. Allein in Deutschland ist laut des Statistischen Bundesamtes innerhalb von zehn Jahren die Menge an Textil- und Bekleidungsabfällen um rund 70 Prozent gestiegen. Ein weiteres Problem: In der kenianischen Textilindustrie sind viele Jobs verloren gegangen, kritisiert Whitney Speke von der Recycling-Organisation "Africa collect textiles". Lokale Klamottenhersteller seien zugrunde gegangen, weil die Altkleider viel billiger seien. In Kenia habe es mal eine große Vielfalt an Textilproduktion gegeben, sagt Speke. Die gebe es aber nicht mehr. Second Hand-Kleidung schafft neue Jobs Doch die Second-Hand-Mode bietet auch Chancen in Kenia. Rund um den Gikomba-Markt sind Tausende neue Jobs entstanden - etwa in Nähstuben, Wäschereien oder Transportunternehmen. Menschen, die wenig Geld haben, können sich hier Kleidung leisten. Mitumba ist also beides: ein Fluch und ein Segen.
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2024-04-22
FDP will Bürgergeld-Sanktionen drastisch verschärfen
Beschlusspapier für Parteitag
Schärfere Sanktionen beim Bürgergeld und das Aus für die Rente mit 63: In einer Beschlussvorlage für den kommenden Parteitag hat die FDP Forderungen gestellt - ein Papier, das die SPD empört.
Schärfere Sanktionen beim Bürgergeld und das Aus für die Rente mit 63: In einer Beschlussvorlage für den kommenden Parteitag hat die FDP Forderungen gestellt - ein Papier, das die SPD empört. Die FDP dringt auf weitere Verschärfungen beim Bürgergeld und will die Rente mit 63 abschaffen. Wie aus einem Beschlusspapier für das Parteipräsidium hervorgeht, sollen Jobverweigerern die Leistungen sofort um 30 Prozent gekürzt werden können. Das Papier liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor. Zuerst hatte die "Bild am Sonntag" berichtet. Die Vorlage soll am Montag im Präsidium der Partei beschlossen und auf dem Parteitag am kommenden Wochenende eingebracht werden. "Wer seinen Mitwirkungspflichten im Bürgergeld nicht nachkommt und beispielsweise zumutbare Arbeit ohne gewichtigen Grund ablehnt, sollte mit einer sofortigen Leistungskürzung von 30 Prozent rechnen müssen", heißt es in dem Papier. Der Spielraum für verschärfte Sanktionen müsse ausgenutzt werden, "bis hin zu einer vollständigen Streichung von Leistungen". Das Leistungsniveau solle zudem zunächst nicht weiter steigen. Bei Leistungskürzungen gilt bisher Stufenmodell Die bisherige Regelung sieht vor, dass das Jobcenter Bürgergeldbeziehern bei der ersten Pflichtverletzung maximal zehn Prozent der Leistungen für einen Monat streichen kann. Danach greift zunächst eine Kürzung um 20 Prozent, ehe die Möglichkeit besteht, die Leistung zeitweise um bis zu 30 Prozent zu kürzen. Das Bürgergeld war zum 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Ein Kern der Reform sind schwächere Sanktionsmöglichkeiten. Die Bundesregierung wollte mit dem neuen System auf mehr Kooperation mit Betroffenen setzen und weniger auf Druck durch Bestrafung. Erst kürzlich hatte sie allerdings Verschärfungen beschlossen: Seit März können die Jobcenter Arbeitslosen das Bürgergeld für maximal zwei Monate komplett streichen, wenn diese sich als "Totalverweigerer" herausstellen. FDP: Rente mit 63 nicht mehr zu leisten Die FDP zielt aber nicht nur auf Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger. Sie will auch die Rente mit 63 abschaffen. Deutschland könne sich diese aufgrund des Fachkräftemangels nicht mehr leisten. Stattdessen sprechen sich die Liberalen dafür aus, das Arbeiten im Rentenalter attraktiver zu machen. Dafür könne der Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung nach Erreichen der Regelarbeitsgrenze gestrichen werden. FDP will staatliche Förderung von Erneuerbaren streichen Zum Thema Energie heißt es in dem Papier, die Erneuerbaren Energien sollten "endgültig in den Markt" übernommen und deshalb nicht mehr staatlich gefördert werden. Die EEG-Umlage, über die der Ausbau der Erneuerbaren mitfinanziert wird, müsse gesenkt und schrittweise abgeschafft werden. Die FDP bekräftigte dem Bericht zufolge auch ihre Ablehnung des deutschen und des europäischen Lieferkettengesetzes: Die deutsche Regelung gehöre ausgesetzt, und bei der Umsetzung der EU-Lieferkettenrichtlinie sollten "alle Spielräume genutzt werden, um unverhältnismäßige und praxisferne Belastungen für die Wirtschaft zu verhindern". Mützenich: "Hat nichts mit wirtschaftlicher Kompetenz zu tun" SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wies die Pläne aus der FDP klar zurück. "Die Vorschläge der FDP sind ein Überbleibsel aus der Mottenkiste und nicht auf der Höhe der Zeit", sagte Mützenich der Nachrichtenagentur dpa. "Mit wirtschaftspolitischer Kompetenz hat der Beitrag der FDP nichts zu tun, sondern mit weiteren Belastungen für die arbeitende Bevölkerung. Wir werden nichts machen, was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schwächt und den sozialen Gedanken des Grundgesetzes aushebelt." Auch Generalsekretär Kevin Kühnert lehnt die Vorschläge des Koalitionspartners strikt ab. "Die SPD lässt nicht zu, dass unser Land mit dem Fingerspitzengefühl von Investmentbankern geführt wird. Grundlage der Ampelkoalition ist und bleibt der Koalitionsvertrag", sagte der SPD-Politiker dem "Tagesspiegel". Aus den Reihen des dritten Ampel-Partners, der Grünen, gibt es bislang keine Stellungnahme. Klingbeil: "FDP irrt gewaltig" SPD-Chef Lars Klingbeil wertete die FDP-Vorschläge als Angriff auf die wahren Leistungsträger: "Wir lassen nicht zu, dass Politik auf dem Rücken derjenigen gemacht wird, die hart arbeiten und das Land am Laufen halten. Wer 45 Jahre lang in Krankenhäusern, Kitas oder auf dem Bau für unser Land schuftet, hat ein Recht auf eine abschlagsfreie Rente. Das bleibt", sagte der "Bild". Es sei richtig, dass etwas getan werden müsse, um die Wirtschaft anzukurbeln, Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen. "Dafür tragen wir in der Regierung gemeinsam Verantwortung. Wenn die FDP aber glaubt, dass es der Wirtschaft besser geht, wenn es Handwerkern, Krankenschwestern oder Erzieherinnen schlechter geht, dann irrt sie gewaltig", sagte Klingbeil weiter. Der Vorsitzende der Linken, Martin Schirdewan, kritisierte das FDP-Papier als "Dokument der sozialen Grausamkeit". Sollten SPD und Grüne die Liberalen "erneut durchkommen lassen, sind sie politisch erledigt". Die Linke hat im Bundestag nur noch Gruppen-, nicht mehr Fraktionsstatus. FDP will "Leistungsgerechtigkeit" Der FDP-Vizechef Johannes Vogel mahnte mit Blick auf die Äußerungen Mützenichs, dass die "derzeitige Schwäche des Wirtschaftsstandortes" Deutschland auch den starken Sozialstaat hierzulande gefährde. "Alle Koalitionspartner müssen ein gemeinsames Interesse haben, die Wirtschaftswende hinzubekommen", sagte Vogel der dpa. Dazu gehöre es, Bürgerinnen und Bürger steuerlich zu entlasten, aber auch "Leistungsgerechtigkeit" beim Bezug von Grundsicherung herzustellen. Union sieht Ende der Ampel näher gerückt CSU-Chef Markus Söder nannte das Papier in der "Bild am Sonntag" eine "Scheidungsurkunde für die Ampel". Es sei ein Zeichen dafür, dass die Ampel-Koalition kurz vor dem Aus stehe. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte: "Die FDP muss sich ehrlich machen. Entweder sie steigt aus der Ampel aus oder sie setzt einige notwendige Maßnahmen durch. Da sind einige Punkte drin, die man unter schwarz/gelb schnell umsetzen könnte." Weiter sagte er, das Papier lese sich wie "Lambsdorff 2.0". Damit spielt er auf ein Konzept von Otto Graf Lambsdorff von 1982 an, der damals FDP-Wirtschaftsminister in der sozialliberalen Koalition unter Kanzler Helmut Schmidt (SPD) war. Die wirtschaftspolitische Programmschrift ist bis heute als "Scheidungsbrief" bekannt, weil kurze Zeit später die Koalition zerbrach und Helmut Kohl (CDU) mit einem konstruktiven Misstrauensvotum zum neuen Bundeskanzler gewählt wurde. Ähnliche Lesarten des Papiers gibt es aber auch innerhalb der Ampel: "Wenn die FDP das ernst meinen würde - also jetzt umzusetzen gedenkt - dann liest sich das Papier wie eine Austrittserklärung aus der Koalition", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete und Sozialexperte Helge Lindh der "Bild". Überschaubare Zahl Kürzungen wegen "Arbeitsverweigerung" Von Februar bis Dezember 2023 zählte die Bundesagentur für Arbeit (BA) 15.774 Fälle von Leistungskürzungen infolge von Arbeitsverweigerung - bei insgesamt rund 5,5 Millionen Bürgergeld-Empfängern. Von diesen galten 3,9 Millionen als erwerbsfähig. Insgesamt sind Bürgergeld-Bezieher im Jahr 2023 in 222.476 Fällen sanktioniert worden. Der Großteil geht nach Angaben der Arbeitsagentur auf Terminversäumnisse zurück.
/inland/innenpolitik/fdp-buergergeld-sozialstaat-100.html
2024-04-22
Schiffsverkehr dürfte Klimaziel verfehlen
Bremer Institut
Der Schiffsverkehr soll nach EU-Vorgaben bis 2050 klimaneutral werden. Das Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik hält das für unrealistisch. Der Fokus müsse weg von LNG hin zu grünen Kraftstoffen gehen.
Der Schiffsverkehr soll nach EU-Vorgaben bis 2050 klimaneutral werden. Das Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik hält das für unrealistisch. Der Fokus müsse weg von LNG hin zu grünen Kraftstoffen gehen. Die Zielvorgabe ist klar: Bis 2050 soll der Schiffsverkehr klimaneutral werden. Das will die Europäische Union (EU) mit ihrem "Green Deal", das will aber auch die Weltschifffahrtsorganisation IMO, die sich im vergangenen Sommer auf entsprechend strengere Klimaschutzvorgaben verständigte. Klimaziel kaum zu erreichen Die Treibhausgasemissionen in der Schifffahrt bis 2050 auf null senken - das Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) hält dieses Ziel jedoch für unrealistisch. "Ich denke, dass das aus heutiger Sicht kaum zu erreichen ist", sagte Burkhard Lemper, ISL-Geschäftsführer und Professor an der Hochschule Bremen. "Nach wie vor sind es nur sehr wenige Einheiten in der Weltflotte und auch im Orderbuch, die alternative Kraftstoffe nutzen könnten, und zumindest die derzeit neu gebauten Schiffe sind mit hoher Wahrscheinlichkeit 2050 noch in Fahrt." Ist der Fokus auf LNG ein Irrweg? Die meisten Schiffe, die nicht Schweröl oder Diesel nutzen, fokussieren sich nach Angaben des Bremer Instituts derzeit auf flüssiges Erdgas. Doch bei LNG handele es sich ebenfalls um einen fossilen Brennstoff, der sich schädlich aufs Klima auswirken könne. "Es muss viel mehr in Schiffe mit alternativen Antrieben investiert werden, nicht in LNG", forderte der Experte im Vorfeld des 6. Bremer Kongresses für Nachhaltigkeit in der Schifffahrt. Bei der zweitägigen Tagung tauscht sich die Branche ab heute unter anderem über alternative Brennstoffe aus. Schifffahrt verursacht drei Prozent der CO2-Emissionen Die Schifffahrt war und ist traditionell ein bedeutender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung Europas. Heute ist die Europäische Union (EU) im internationalen Vergleich der mengenmäßig größte Exporteur und der zweitgrößte Importeur von Waren. Weltweit werden 90 Prozent des Warenhandels per Schiff abgewickelt. Die oft riesigen Containerschiffe fahren überwiegend mit Schweröl oder Marinediesel und einige auch mit flüssigem Erdgas LNG. Das sind allesamt fossile Energieträger, bei deren Einsatz CO2 ausgestoßen wird. Damit gehen etwa drei Prozent des globalen CO2-Ausstoßes auf das Konto der internationalen Schifffahrt. Experte setzt auf E-Fuels statt auf Wasserstoff Doch die für eine Umrüstung auf alternative Antriebe notwendigen Investitionen seien so hoch, dass es sich die meisten Reedereien ohne öffentliche Unterstützung nicht leisten könnten, erklärte ISL-Experte Lemper. Außerdem fehle die Kapazität für die Produktion grüner Kraftstoffe. Die Politik müsse erst die finanziellen und regulatorischen Rahmenbedingungen schaffen. Der Institutsleiter rechnet langfristig mit einem Mix aus verschiedenen grünen Kraftstoffen wie Ammoniak, Methanol und anderen E-Fuels, der direkte Einsatz von Wasserstoff in Schiffsantrieben sei eher unwahrscheinlich. Übrigens: Einzelne Reedereien und Unternehmen habe sich eigene Klimaziele gesetzt, die ambitionierter sind als die IMO-Ziele. So wollen etwa die wichtige dänische Containerreederei Maersk und die Kreuzfahrtreederei Aida Cruises bereits 2040, die deutsche Hapag-Lloyd bis 2045 klimaneutral arbeiten. Auch Häfen sollen klimaneutral werden Doch nicht nur die Schiffe sollen klimaneutraler werden, sondern auch die Häfen: Die EU fordert bis 2030 eine Landstromversorgung für wichtige Häfen. Ob das jedoch tatsächlich einen Beitrag fürs Klima leisten kann? Der ISL-Geschäftsführer ist skeptisch. Dafür müsse der mit Dieselgeneratoren selbst produzierte Strom der Schiffe beispielsweise durch Solar- oder Windenergie ersetzt werden. "Solange wir wegen Mangel an solchem erneuerbaren Strom den Zusatzbedarf für die Landstromversorgung der Schiffe mit Kohle- oder Gas-Kraftwerken produzieren müssen, haben wir für das Klima nichts erreicht", so Lemper. Da auf absehbare Zeit weder der erforderliche erneuerbare Strom noch ausreichende Mengen an grünen Treibstoffen zur Verfügung stehen würden, müsse der Fokus mittelfristig auf die Einsparung von Treibstoff liegen, forderte Lemper. Erreicht werden könne dies etwa durch langsameres Fahren, hydrodynamische Optimierung und Windunterstützung. Außerdem sei es wichtig, Luftschadstoffe im Hafengebiet weitestgehend zu vermeiden.
/wirtschaft/weltwirtschaft/schiffsverkehr-klima-nachhaltigkeit-co2-emissionen-lng-e-fuels-100.html
2024-04-22
China verbannt WhatsApp, Signal und Telegram
App-Store muss Messengerdienste löschen
Chatprogramme wie WhatsApp konnten in China bisher ohnehin nur über Umwege genutzt werden. Nach einer Entscheidung der Staatsführung sind diverse Messenger nun auch nicht mehr im App-Store von Apple zu finden. Von B. Eyssel.
Chatprogramme wie WhatsApp konnten in China bisher ohnehin nur über Umwege genutzt werden. Nach einer Entscheidung der Staatsführung sind diverse Messenger nun auch nicht mehr im App-Store von Apple zu finden. Von Benjamin Eyssel Die chinesische Staats- und Parteiführung hat mehrere ausländische Messenger-Apps aus dem chinesischen App-Store entfernen lassen. Apple sei gezwungen gewesen, unter anderem WhatsApp zu löschen, das zum US-amerikanischen Facebook-Konzern Meta gehört. Man müsse die Gesetze der Länder befolgen, in denen man aktiv ist, teilte der US-Konzern Apple mit. Auch die Messenger Signal, Telegram und der Kurznachrichtendienst Threads sind seit wenigen Tagen aus dem chinesischen App-Store verschwunden - und können damit auf in China registrierten iPhones nicht mehr heruntergeladen werden. Die chinesische Internet-Regulierungsbehörde habe bei der Anordnung auf die nationale Sicherheit verwiesen, heißt es in Medienberichten. Wie fast alle nicht-chinesischen Apps konnten WhatsApp, Signal und Telegram bisher ohnehin nur mit VPN genutzt werden - also mit Diensten, die vorgeben, dass sich die Nutzer in einem anderen Land befinden. Andere - nur mit VPN nutzbare - Apps wie X, Instagram, Facebook und Facebook-Messenger sind im chinesischen App-Store noch verfügbar. Abgeschotteter Internetzugang Chinas Internet gehört zu den am stärksten zensierten weltweit und ist fast komplett abgeschottet vom Rest der Welt. Die kommunistische Staats- und Parteiführung kontrolliert, welche Informationen verfügbar sind - sowie, wer was schreibt oder postet - und zensiert dies gegebenenfalls.  Die große Mehrheit in China nutzt wegen der Abschottung nur chinesische Apps, zum Beispiel den Messenger WeChat. Im Gegensatz zu WhatsApp, Signal und Telegram sind WeChat-Nachrichten nicht Ende-zu-Ende-verschlüsselt und für staatliche Behörden zugänglich.
/ausland/asien/china-messenger-100.html
2024-04-22
Ecuadorianer wollen mehr Härte gegen Bandengewalt
Referendum
Die Ecuadorianer haben in einem Referendum für ein härteres Vorgehen gegen die zunehmende Bandengewalt im Land gestimmt. Dabei ging es unter anderem um Einsätze des Militärs. Präsident Noboa feierte das Ergebnis: "Wir haben das Land verteidigt."
Die Ecuadorianer haben in einem Referendum für ein härteres Vorgehen gegen die zunehmende Bandengewalt im Land gestimmt. Dabei ging es unter anderem um Einsätze des Militärs. Präsident Noboa feierte das Ergebnis: "Wir haben das Land verteidigt." In einem Referendum haben sich die Bewohner Ecuadors für einen härteren Kurs gegen Bandengewalt ausgesprochen. Eine offizielle Schnellauszählung ergab, dass die die Teilnehmenden mit überwältigender Mehrheit alle neun Fragen zur Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen bejaht und nur zwei Vorschläge zu umstrittenen wirtschaftlichen Maßnahmen abgelehnt haben. Das gab Diana Atamaint, die Leiterin des Nationalen Wahlrats, bekannt. Zu den Vorschlägen, die gebilligt wurden, gehörten etwa der Einsatz des Militärs bei der Bandenbekämpfung, geringere Hürden für die Auslieferung von mutmaßlichen Straftätern und lange Haftstrafen für verurteilte Drogenschmuggler. Einige der Maßnahmen beinhalten Änderungen der ecuadorianischen Verfassung, aber da sie zuvor vom Verfassungsgericht gebilligt wurden, muss Präsident Daniel Noboa sie nur noch im Amtsblatt veröffentlichen, damit sie in Kraft treten. Für die Vorhaben, die eine Gesetzesänderung erfordern, muss der Präsident einen Reformvorschlag ans Parlament schicken, das dann 60 Tage Zeit hat, ihn zu bearbeiten. Zahl der Gewaltverbrechen stark angestiegen Noboa feierte das Ergebnis. "Wir haben das Land verteidigt", sagte er in einer in sozialen Netzwerken veröffentlichten Botschaft. "Jetzt werden wir mehr Mittel haben, um gegen die Verbrecher zu kämpfen und den Frieden für Ecuadors Familien wiederherzustellen." Ecuador galt lange als eines der friedlichsten Länder Südamerikas. Zuletzt jedoch stieg die Zahl der Gewaltverbrechen stark an, im vergangenen Jahr kamen 40 von 100.000 Einwohnern bei Tötungsdelikten ums Leben - einer der höchsten Werte in der Region. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Mordrate bei 0,8 pro 100.000 Einwohner. Bewaffneter Überfall auf Fernsehsender Vielfach wird die Drogenkriminalität aus dem benachbarten Kolumbien für den Trend mitverantwortlich gemacht. Im Januar griffen vermummte Bewaffnete während einer Live-Sendung einen Fernsehsender an und terrorisierten Anwohner. Danach rief Noboa für sein Land per Dekret einen "internen bewaffneten Konflikt" aus, wodurch er Notfallbefugnisse anwenden konnte. So konnte das Militär gegen rund 20 Banden vorgehen, die als terroristisch eingestuft wurden. Das Referendum diente dazu, die Befugnisse auszuweiten und eine stärkere rechtliche Grundlage dafür zu schaffen.
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2024-04-22
Jüdisches Fest im Zeichen des Krieges
Lage in Nahost
Israels Premier Netanyahu hat weitere schwere Schläge gegen die Hamas angekündigt - im Krieg in Nahost ist also keine Entspannung in Sicht. Auch nicht zu Beginn des jüdischen Pessachfests. Von B. Meier.
Israels Premier Netanyahu hat weitere schwere Schläge gegen die Hamas angekündigt - im Krieg in Nahost ist also keine Entspannung in Sicht. Auch nicht zu Beginn des jüdischen Pessachfests. Von Bettina Meier Mütter beugen sich weinend über ihre toten Kinder am Boden. Ein Mann mit Gummihandschuhen schließt die Reißverschlüsse der Leichensäcke. Wieder hat es viele Opfer gegeben bei mutmaßlichen Luftangriffen der israelischen Armee im Gazastreifen. In Rafah im Süden Gazas seien Wohnhäuser getroffen worden. Mehr als 30 Tote habe es in einer Nacht gegeben, die meisten von ihnen sollen Kinder sein, so das Gesundheitsministerium in Gaza, das von der Terrororganisation Hamas geführt wird. Umm Kareem hat eine Atemmaske vor dem Gesicht. Unter Tränen erzählt sie, sie sei mit einigen der Kinder verwandt: "Diese Kinder haben geschlafen. Was haben sie getan? War das ihre Schuld? Eine andere Frau war 80 Jahre alt. Was hat sie getan? Hat sie Raketen abgefeuert? Wir können uns nur bei Gott beklagen!" Netanyahu will Druck auf Hamas erhöhen Fast täglich fliegt die israelische Armee Luftangriffe unter anderem auf die Stadt Rafah, in der sich laut UN mehr als eine Million Menschen aufhalten und Schutz vor dem Krieg suchen. Sicher sind sie hier nicht. Der Generalstabschef der israelischen Armee, Herzi Halevi, kündigte an, mit einer Evakuierung Rafahs sei in Kürze zu rechnen. Noch immer vermutet die israelische Armee dort vier Hamas-Bataillone. Zu Beginn des Pessachfestes, eines der wichtigsten Feste in Israel, schwor Premierminister Benjamin Netanyahu das Land auf weitere Militäreinsätze in Gaza ein. Die Hamas habe alle Angebote Israels zur Freilassung der Geiseln abgelehnt, so der Premier: "Deshalb werden wir der Hamas zusätzliche und schmerzhafte Schläge versetzen. Das wird bald geschehen. In den kommenden Tagen werden wir unseren militärischen und politischen Druck auf die Hamas erhöhen, weil das der einzige Weg ist, unsere Geiseln zu befreien und den Krieg zu gewinnen." Dass die Politik des Drucks bislang nicht gewirkt hat und Netanyahu nicht eines seiner Kriegsziele erreicht hat, werfen ihm die Angehörigen der Geiseln in Israel und ihre Unterstützer vor. Auf dem zentralen Platz zur Erinnerung an die Geiseln in Tel Aviv versammelten sich Angehörige der Geiseln um einen gedeckten Tisch, an dem keiner sitzt. Leere Stühle stehen für Geiseln der Hamas Symbolisch wollen sie so auf die 133 Menschen aufmerksam machen, die noch von der Hamas gefangen gehalten werden, sagt Dalit Shtivi. Ihr 28 Jahre alter Sohn Idan war Fotograf auf dem Novafestival und wurde von der Hamas verschleppt: "Ich kann mir nicht vorstellen, unseren Feiertag, an dem es um die Freiheit unseres Landes geht, ohne meinen Sohn zu feiern. Es ist so hart. Ich kann den Schmerz nicht beschreiben. Ich bitte und bettele, es soll eine Vereinbarung geben, so dass er noch heute Nacht zurückkommen kann." Doch die Realität sieht anders aus. Israelische Medien berichten, dass die Behörden befürchten, dass von den 133 israelischen Bürgern, die in Gaza vermutet werden, nicht mehr als 40 noch am Leben sind. Unterdessen gehen die Kämpfe nicht nur in Gaza, sondern auch im Norden an der Grenze zum Libanon mit der proiranischen Hisbollahmiliz weiter. Auch im Westjordanland hat es am Wochenende mehrere Terroranschläge gegeben. Bei einer Razzia der Armee sollen Behördenangaben zufolge mindestens 14 Menschen, darunter Terroristen, aber auch Zivilisten, ums Leben gekommen sein.
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2024-04-22
Das Spiel mit dem Feuer
Geplantes Opferritual in Jerusalem
Jerusalem ist Symbolort für mehrere Weltreligionen. Mitten im Nahostkrieg heizt dort eine fundamentalistische Gruppe den Konflikt zwischen den Religionen weiter an. Was steckt dahinter? Von Wulf Rohwedder.
Jerusalem ist Symbolort für mehrere Weltreligionen. Mitten im Nahostkrieg heizt dort eine fundamentalistische Gruppe den Konflikt zwischen den Religionen weiter an. Was steckt dahinter? Von Wulf Rohwedder Der Tempelberg ist der Standort der ersten beiden jüdischen Tempel. Sie wurden 586 vor Christus von Neubabyloniern beziehungsweise 70 nach Christus von den römischen Besatzern zerstört. Seitdem gibt es Bestrebungen, dort einen dritten jüdischen Tempel zu errichten - wofür die Al-Aksa-Moschee, die drittwichtigste Kultstätte des Islam, sowie der Felsendom zerstört werden müsste. Yitzhak Pindrus, Knesset-Abgeordneter der ultraorthodoxen Regierungspartei Vereinigtes Tora-Judentum, kündigte in einem Fernsehinterview an, dass der dritte Tempel am Ort der Al-Aksa-Moschee gebaut werde. Social-Media-Beitrag auf X von Middle East Eye: "During an interview with journalist Avi Blum on Knesset TV, Israeli politician Yitzhak Pindrus stated that the "Third Temple" will be constructed at the site of the Al-Aqsa Mosque.Pindrus called on Jews to perform the "Passover sacrifice" the following Monday, expressing… pic.twitter.com/eXXtXezWip" Nun versucht eine extremistische Gruppe, diese Pläne konkret werden zu lassen. Das "Tempel-Institut" in Jerusalem hat angekündigt, zum heutigen Beginn des jüdischen Pessach-Fests eine rote Kuh am Tempelberg opfern zu dürfen. Dieses Opfer einer "fehlerlosen, einwandfreien roten Kuh, die noch nie ein Joch getragen hat", soll laut dem 4. Buch Mose die Voraussetzung für die Wiedererrichtung des jüdischen Tempels sein. Nicht der erste Versuch Schon mehrfach waren in den vergangenen Jahren solche Tiere speziell gezüchtet oder ausgesucht worden, ohne jedoch den Anforderungen zu genügen. Jetzt sollen, so meldeten auch US-Quellen, von christlichen Bauern in Texas aufgezogene Kühe nach Israel gebracht worden sein. Schon seit Monaten kursieren in sozialen Medien Bildern der Tiere. In einer Rede 100 Tage nach dem Überfall auf Israel nannte Abu Ubaida, Sprecher der radikal-islamischen Hamas-Miliz, die Ankündigung als einen der Gründe für die Attacke: Juden hätten "rote Kühe" importiert, um ihren Tempel auf dem Tempelberg errichten zu können. Dass dieser Rechtfertigung erst so spät und nach der Ankündigung des "Tempel-Instituts" erfolgte, lässt jedoch vermuten, dass die Aktion instrumentalisiert wurde. Konkretes Datum für Opferritual genannt In sozialen Medien wurde eine angebliche Genehmigung des Opferrituals für den 22. April veröffentlicht. Tatsächlich handelt es sich aber um den Antrag einer öffentlichen Versammlung mit 10.000 Teilnehmern, bei der unter anderem Schlachtermesser, Priestergewänder, ein Altar und ein Opfertier mitgeführt werden sollen. Die tatsächliche Genehmigung einer solchen Demonstration ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Allerdings kursiert in sozialen Medien ein angeblich von der Hamas stammender Aufruf an alle Palästinenser, sich an der Al-Aksa-Moschee zu versammeln und diese gegen eine "Entweihung" durch das "Tempel-Institut" zu verteidigen. Social-Media-Beitrag auf X von Patrick Henningsen: "ALERT 🚨 - The fanatical Zionists from Temple Mount Org have announced that April 22nd is their day to slaughter the much-vaunted #RedHeifer in Jerusalem to realise their version of the End Times messianic prophecy… https://t.co/HLo9nYbGvi pic.twitter.com/JYfs5dHORg" Problematische Interpretation von Talmud und Bibel Aus jüdisch-theologischer Sicht ist die Aktion kaum zu rechtfertigen, meint der Judaist und Journalist Eik Dödtmann im Gespräch mit dem ARD-faktenfinder. "Das nach der zweiten Tempelzerstörung entstandene rabbinische Judentum hatte nie die Absicht, zu einer Tempelkult-Religion zurückzukehren." Erst die Verbindung von jüdischem Nationalismus, angestrebter staatlicher Souveränität Israels über ganz Jerusalem und die Herausbildung eines messianischen, militanten, nationalreligiösen jüdischen Fundamentalismus habe die Option einer Wiedererrichtung des jüdischen Tempels denkbar und letztendlich auch praktisch umsetzbar gemacht. Dödtmann befürchtet für den Fall, dass das "Tempel-Institut" sein Ritual durchführt, das Schlimmste, nämlich "eine Ausweitung des aktuellen Flächenbrandes im Nahen Osten auf die gesamte muslimische Welt". Die von den Protagonisten des "Tempel-Instituts" angestrebte Zerstörung von Al-Aksa-Moschee und Felsendom hätte mutmaßlich eine fürchterliche Welle von Gewalt - Terrorattentate, kriegerische Auseinandersetzungen - zur Folge. Fundamentalistische Christen zündeln mit Dabei spielen auch christliche Zionisten eine wichtige Rolle. Diese arbeiteten aktiv auf ein apokalyptisches Szenario hin, sagt Dödtmann. So würden unter anderem US-Evangelikale massiv die Bemühungen des "Tempel-Instituts" unterstützen und dafür spenden - unter ihnen die republikanische US-Abgeordnete Marjorie Taylor Greene. Die strategische Koalition zwischen Evangelikalen einerseits und orthodoxen jüdischen Gruppen andererseits sei dabei theologisch paradox, meint Dödtmann: "Die Juden sollen nur benutzt werden, die endzeitliche Entscheidungsschlacht, die Wiederkehr des christlichen Messias Jesus Christus und den Tag des Jüngsten Gerichts herbeizuführen und dann selbst zum Christentum konvertieren oder vernichtet werden." Religionsführer warnen Mehrere hochrangige Religionsführer haben eine Petition gegen das Vorhaben des "Tempel-Insituts" verfasst: Zu den Unterzeichnern gehören der ehemalige Patriarch Erzbischof Michel Sabbah, Jerusalems Weihbischof William Shomali, der frühere Weltkirchenratspräsident Olav Fykse Tweit und der aus Jerusalem stammende Ex-Präsident des Lutherischen Weltbundes, Munib Younan. "Als Christen aus dem Heiligen Land und anderen Teilen der Welt bringen wir gemeinsam unsere Besorgnis, Bestürzung und Verurteilung über die Bemühungen der christlichen Zionisten zum Ausdruck, noch mehr Leid und Schmerz über Jerusalem zu bringen", heißt es darin. Als religiöse Führer würden sie bedauern, dass in der Beziehung zwischen dem "Tempel-Institut" und seinen christlich-zionistischen Unterstützern zynische Eigeninteressen eine Rolle spielten, so die Unterzeichner. "Wir lehnen jeden Versuch, Jerusalem zu einem apokalyptischen Spielplatz zu machen, aufs Schärfste ab."   Mit Informationen von Susanne Drost, ARD-Studio Tel Aviv
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2024-04-22
Historischer Erfolg für Separatisten im Baskenland
Regionalwahl in Spanien
Bei der Parlamentswahl im spanischen Baskenland hat das separatistische Linksbündnis so gut wie noch nie abgeschnitten. In der Opposition wird die EH Bildu aber wohl trotzdem bleiben.
Bei der Parlamentswahl im spanischen Baskenland hat das separatistische Linksbündnis so gut wie noch nie abgeschnitten. In der Opposition wird die EH Bildu aber wohl trotzdem bleiben. Das separatistische Linksbündnis EH Bildu hat bei der Parlamentswahl im spanischen Baskenland am Sonntag einen nie dagewesenen Erfolg gefeiert: Nach Auszählung von rund 95 Prozent der Stimmen kam die Allianz, die für die Unabhängigkeit der Region im Norden Spaniens eintritt, auf 27 Sitze. Das sind sechs mehr als bei der vergangenen Abstimmung im Jahr 2020, als sie mit 21 Sitzen das bis dahin beste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt hatte. Die 2012 ins Leben gerufene EH Bildu bleibt aber wohl trotzdem in der Opposition, denn am späten Abend zeichnete sich eine Fortsetzung der Regierungskoalition zwischen der konservativen Regionalpartei PNV und den Sozialisten (PSOE) ab. Den vorläufigen Ergebnissen zufolge kommen PNV (27) und PSOE (12) auf eine absolute Mehrheit von 39 der insgesamt 75 Sitze im Parlament, wie die Wahlbehörde mitteilte. Die Koalition würde demnach zwei Sitze verlieren. Selbstbestimmung für die Basken Die PNV des bisherigen regionalen Regierungschefs Iñigo Urkullu ist wie EH Bildu ebenfalls nationalistisch ausgerichtet und fordert von der Zentralregierung in Madrid mehr Selbstbestimmung für die Basken, tritt aber weniger radikal auf. Der seit 2012 regierende Urkullu präsentierte sich diesmal nicht mehr als Spitzenkandidat. Er wird als Regierungschef aller Voraussicht nach von seinem Parteikollegen Imanol Pradales abgelöst werden. Die Terrororganisation ETA hatte in Spanien jahrzehntelang einen blutigen Kampf für ein unabhängiges Baskenland geführt. Bei rund 3.000 Anschlägen starben 857 Menschen und etwa 2.600 wurden verletzt. 2018 gab die Organisation ihre Auflösung bekannt. Inzwischen ist das Baskenland eine der wohlhabendsten der sogenannten Autonomen Regionen Spaniens.
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2024-04-22
Mit Hobbytauchern gegen den Müll im Meer
"Earth Day" in Thailand
Heute wird in mehr als 175 Ländern der "Earth Day" begangen. Der Tag soll dazu beitragen, mehr auf den Klimaschutz zu achten. Der Fokus liegt in diesem Jahr auf Plastik. Für saubere Meere und Strände kämpft unter anderem Thailand. Von A. Henkel.
Heute wird in mehr als 175 Ländern der "Earth Day" begangen. Der Tag soll dazu beitragen, mehr auf den Klimaschutz zu achten. Der Fokus liegt in diesem Jahr auf Plastik. Für saubere Meere und Strände kämpft unter anderem Thailand. Von Angelika Henkel Unter Wasser vor Thailands Küste: Die Fische leuchten bunt. Blasen dringen an die Oberfläche. Doch diese Taucher haben neben der Schönheit der Unterwasserwelt anderes im Blick. Auf einer Koralle hat sich ein Stück Schnur verheddert. Mit einem Messer schneidet der Taucher das Plastikgarn durch. Es ist ein Stückchen Fischernetz. Oben, überm Wasser, erklärt Umweltschützerin Salisa Traipipisiriwat, dass das oft vorkommt. "Wir finden ständig ausrangierte Netze. Die Hobbytaucher sammeln sie ein. Manche bringen den Müll auf die Deponie. Andere zählen die Stücke - aber einen richtigen Überblick haben wir nicht." Ihr Ziel, so erzählt sie der Nachrichtenagentur Reuters, ist es, belastbare Zahlen zu ermitteln. Unter Wasser den Plastikmüll einsammeln, ihn dann vermessen und systematisch Buch führen - und mitmachen sollen gerade auch Hobbytaucher. Daten sammeln, um Wandel anzustoßen Meeresforscher Natchanon Kiatkajornphan vom Thai Marine Ecology Center findet die Idee gut. "Sobald wir Netze entdeckt haben, schreiben wir alles auf. Datum, Tiefe, welche Art von Netz und auf welcher Korallenart, ob auf Felsen oder Sand, es gefunden wurde." Beim Tauchkurs wird auch geübt, wie man unter Wasser die Maße nimmt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben einen Sack voll Plastikmüll aus dem Wasser geholt. Sie hieven ihn auf eine Waage - 16 Kilo weniger Plastik hier am Strand bei Phuket. Ein Erfolg, sagt Aktivistin Salisa Traipipisiriwat. "Sobald wir die Infos von den Tauchern haben, können verschiedene Organisationen anhand der Daten sehen, was zu tun ist. Sei es durch Politik, Gesetze oder wie auch immer." Fakten, die auch die Tierärzte interessieren. Eine große Meeresschildkröte ist verendet, sie wurde am Strand angespült. Die Wissenschaftler wollen sehen, warum. Beim Sezieren finden sie im Magen Kunststoff. Es ist Fischergarn - ein daumengroßes Stück. Die Schildkröte hatte es verschlungen. Plastikmüll ist Gefahr für Meerestiere Hier bei der Tierrettungsstation Phuket kennen sie das schon, sagt Chefin Patcharaporn Kaewmong. "Die Abfallwirtschaft ist ein sehr großes Problem - national oder sogar global. Da muss viel angepackt werden, um die Probleme, die in der Natur bestehen, die Verschmutzung, systematisch zu reduzieren." Ob in Thailand, Vietnam, Malaysia oder Indonesien mit dem Urlaubsparadies - es gibt viele solcher Geschichten. Ob es Plastikflaschen, Strohhalme, Becher und anderer Zivilisationsmüll oder wie vor Phuket verlorene Fischernetze sind: Der Müll der Menschen ist zur Gefahr für die Welt unter Wasser geworden.
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2024-04-22
Welche Strategie verfolgt der Staatsanwalt?
Prozess gegen Trump
Die Argumentation der Anklage im Schweigegeld-Prozess gegen Ex-US-Präsident Trump ist kompliziert. Denn es geht nicht um den Vorwurf der Zahlung selbst. Hat Staatsanwalt Bragg überhaupt eine Chance? Von Antje Passenheim.
Die Argumentation der Anklage im Schweigegeld-Prozess gegen Ex-US-Präsident Trump ist kompliziert. Denn es geht nicht um den Vorwurf der Zahlung selbst. Hat Staatsanwalt Bragg überhaupt eine Chance? Von Antje Passenheim Ganz ruhig holt Manhattans Bezirksstaatsanwalt vor etwa einem Jahr seine Zettel raus. Alvin Bragg stellt sich ans Mikrofon und verkündet seine Entscheidung: Donald Trump sei in 34 Punkten wegen der Fälschung von Geschäftsunterlagen ersten Grades angeklagt. Er habe auch andere dazu angestiftet. Trump habe behauptet, seinen damaligen Anwalt Michael Cohen für seine juristische Arbeit bezahlt zu haben. Das sei schlichtweg falsch gewesen.  Weder das FBI, noch Braggs Vorgänger, der kämpferische Oberstaatsanwalt Cyrus Vance, hatten dieses heiße Eisen angefasst und getan, was nun der renommierte Harvard-Jurist tut: Trumps mutmaßliche Finanzfälschung mit einer Wahlverschwörung in Verbindung zu bringen. "Normalerweise ein minderes Vergehen" Der heute 50-jährige Demokrat Bragg wird von vielen gefeiert: als der erste, der es wagt, einen ehemaligen US-Präsidenten anzuklagen. Doch es gibt genauso viele, die sagen, Bragg bewege sich auf dünnem Eis.  Es sei schon eine sehr spezielle Anklage, sagt etwa die ehemalige Staatsanwältin Annemarie McAvoy: "Normalerweise wäre das ein minderes Vergehen. Nur im Zusammenhang mit einer Straftat würde eine Falschbuchung selbst zur Straftat. Und sie spielen darauf an, dass diese Straftat mit der Finanzierung von Wahlkampf zu tun hat. Ein sehr merkwürdiger Weg."   "Sehr konstruiert" Es geht um 130.000 Dollar, die Trump über seinen damaligen Anwalt Michael Cohen an Ex-Pornostar Stormy Daniels zahlen ließ. So sollte sichergestellt werden, dass Daniels über eine angebliche Affäre mit Trump, kurz nachdem dessen Frau Melania ihren Sohn geboren hatte, schweigt. Nach Ansicht seines Anklägers hatte Trump die Bilanzen gefälscht, um Informationen, die ihm während seines Wahlkampfs schaden könnten, nicht öffentlich werden zu lassen. Trumps Zahlungen an Daniels hätten außerdem die bundesstaatlichen Grenzen für Wahlkampffinanzierung überschritten.  Selbst unter Demokraten umstritten Das sei sehr konstruiert, meint Bill McGurn, Redenschreiber des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush, dem Wall Street Journal: "Alvin Bragg wollte Donald Trump anklagen. Er stieß auf die Ordnungswidrigkeit. Und dann vermischte er all diese Rechtstheorien. So dass selbst demokratische Juristen und Beobachter das kritisieren."  Der ehemalige Demokraten-Berater Julian Epstein sprach im konservativen TV-Sender Fox News gar von einer missbräuchlichen Anklage eines Strafverfolgers, um Trump zu stellen. Bragg dehne die Rechtslehre zu sehr aus, so seine Kritiker. In einer Weise, die es den zwölf Geschworenen schwer machen könnte, ein einstimmiges Urteil zu fällen. Das wäre nötig, damit der Prozess nicht platzt. Bragg: "Richte mich nur nach den Fakten" Bragg verteidigt seine Anklage. Die Anschuldigungen gegen Trump seien in der Finanzhauptstadt des Landes nichts Ungewöhnliches - und hier werde jeder nach gleichem Recht behandelt: "Seit über 20 Jahren habe ich als Staatsanwalt gegen alle ermittelt, Demokraten, Republikaner, Unabhängige, gegen Ex-Staatsanwälte, einen FBI-Agenten und Bürgermeister", sagt er. "Ich richte mich nur nach den Fakten, unabhängig von der Partei: Was hat wer getan - und was sagt das Gesetz dazu?" Kollegen, die ihn kennen, nehmen es Bragg ab. Der erste schwarze Oberstaatsanwalt in Manhattan würde nichts anfassen, womit er sich blamieren könnte, sagen sie. Und manche denken, Trumps Ankläger könnte für die nächsten Wochen noch einige Überraschungen parat haben.
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2024-04-22
Zehntausende protestieren gegen Präsident Petro
Reformpläne der kolumbianischen Regierung
In Kolumbien sind Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die geplanten Reformen von Präsident Petro zu demonstrieren. Es waren die größten Proteste seit seinem Amtsantritt.
In Kolumbien sind Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die geplanten Reformen von Präsident Petro zu demonstrieren. Es waren die größten Proteste seit seinem Amtsantritt. Zehntausende Kolumbianer haben gegen die Reformagenda des linksgerichteten Präsidenten Gustavo Petro demonstriert. In der Hauptstadt Bogotá versammelten sie sich auf dem Bolivar-Platz vor dem Präsidentenpalast. Auch in anderen Städten, etwa in Cali und Medellín, gingen Menschen auf die Straße. Es handelte sich um die bislang größten Proteste gegen Petro seit dessen Amtsantritt vor 20 Monaten. Zu den Kundgebungen hatten Oppositionsgruppen, Gesundheitsverbände sowie frühere Verbündete des Präsidenten aufgerufen, dessen Zustimmungswert in einem Allzeittief steckt. Petro will soziale Reformen vorantreiben "Ich habe den Wandel, habe Petro gewählt, aber wir haben immer noch die selbe Lage", begründete die 64-jährige Martha Estrada ihre Teilnahme an einer Demonstration in Bogotá. Viele der Demonstranten trugen weiße T-Shirts und riefen "Petro raus!". Der Präsident hatte die Möglichkeit ins Spiel gebracht, die Verfassung umzuschreiben, um soziale Reformen voranzutreiben, die er angesichts des Widerstands eines oppositionell dominierten Kongresses und konservativer Wirtschaftsgruppen nicht durchsetzen konnte. Kürzlich hatte Petro eine schwere Niederlage erlitten, als der Kongress sich weigerte, ein Gesetz zu verabschieden, das die staatliche Kontrolle über das kolumbianische Gesundheitssystem stärken und die Kosten für die medizinische Versorgung senken sollte. Als Reaktion auf die Niederlage ordnete Petro per Dekret die Übernahme von zwei der größten Krankenversicherungen des Landes an. Unzufriedenheit über Guerilla-Politik Seit dem Amtsantritt des ehemaligen linken Guerilleros im Jahr 2022 hat es immer wieder Proteste gegeben. In letzter Zeit haben sie an Schwung gewonnen, weil Petro mit seinen Reformvorhaben viele Kolumbianer gegen sich aufgebracht hat. Auch Petros Politik des "völligen Friedens", die die jahrzehntelangen Konflikte mit Guerillagruppen vollständig beenden soll, stößt vielfach auf Vorbehalte. So gehen einigen die Zugeständnisse der Regierung an bewaffnete Gruppen zu weit; sie verweise darauf, dass die Vereinbarungen von den Guerillakämpfern häufig missachtet würden.
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2024-04-22
Linker Petro gewinnt Präsidentenwahl
Präsidentenwahl in Kolumbien
Mit Gustavo Petro wird zum ersten Mal ein linksgerichteter Politiker Präsident von Kolumbien. In einer Stichwahl setzte er sich knapp gegen den Unternehmer Hernandez durch.
Mit Gustavo Petro wird zum ersten Mal ein linksgerichteter Politiker Präsident von Kolumbien. In einer Stichwahl setzte er sich knapp gegen den Unternehmer Hernandez durch. Bei der Stichwahl um das höchste Staatsamt in Kolumbien hat sich der einstige Guerillero Gustavo Petro knapp durchgesetzt. Auf den linken Politiker entfielen 50,6 Prozent der Stimmen, auf Immobilienunternehmer Rodolfo Hernández 47,2 Prozent der Stimmen, wie die Wahlbehörden mitteilten. Das offizielle Resultat wird in einigen Tagen erwartet. Der 62 Jahre alte Petro steht nach seinem nunmehr dritten Anlauf auf das Präsidentenamt davor, eine neue politische Ära in Kolumbien einzuläuten. Seit langer Zeit wird das südamerikanische Land entweder von Konservativen oder Gemäßigten regiert, während die politische Linke wegen deren vermuteter Nähe zum bewaffneten Konflikt der Farc bisher gemieden wurde. Tiefgreifende Wirtschaftsreformen Petro gehörte einst der inzwischen aufgelösten Guerilla-Bewegung M-19 an. Nach einer Inhaftierung wegen seiner Mitgliedschaft in der Gruppe wurde ihm eine Amnestie gewährt. Petro hat im Wahlkampf tief gehende Wirtschaftsreformen versprochen, zu denen Änderungen am Steuerrecht gehören sollen. Zugesagt hat er auch eine Neuausrichtung im Kampf gegen Drogenkartelle und bewaffnete Gruppen in Kolumbien.     Petro und Hernández hatten sich im ersten Wahlgang am 29. Mai gegen vier Mitbewerber durchgesetzt. Der bisherige Präsident Iván Duque durfte nicht wieder antreten. Im Wahlkampf waren der weit verbreitete Unmut über die wachsende Ungleichheit, Inflation und Gewalt ein Thema - alles Faktoren, die wohl in der ersten Wahlrunde zu einer Abkehr vom politischen Establishment geführt hatten.    Ausgezeichnete Vizepräsidentin An Petros Seite wird mit der designierten Vizepräsidentin Francia Márquez eine afro-kolumbianische Menschenrechtsaktivistin und Umweltschützerin mit an die Staatsspitze rücken. Sie kämpfte in der von der Gewalt besonders betroffenen Region Cauca gegen illegale Goldsuche und wurde mehrmals bedroht. 2018 erhielt sie für ihren Kampf den renommierten Goldman-Preis.
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2024-04-21
++ Explosion auf Schiff im Hafen von Sewastopol ++
Krieg gegen die Ukraine
In einem Hafen von Sewastopol auf der von Russland besetzten Halbinsel Krim ist ein Schiff in Brand geraten. Westliche Militärexperten erwarten eine Zunahme russischer Angriffe in den nächsten Wochen. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.
In einem Hafen von Sewastopol auf der von Russland besetzten Halbinsel Krim ist ein Schiff in Brand geraten. Westliche Militärexperten erwarten eine Zunahme russischer Angriffe in den nächsten Wochen. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen. Schiff im Hafen von Sewastopol brenntRussland wehrt offenbar Angriff auf Sewastopol abMoskau: US-Hilfe wird Kiews Niederlage nicht verhindernUS-Votum: Scholz spricht von "starkem-Signal" Ende des Liveblogs Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Stoltenberg: US-Hilfe kommt für Ukraine nicht zu spät Die erwarteten US-Hilfen in Milliardenhöhe für die Ukraine kommen nach Auffassung von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nicht zu spät für das von Russland angegriffene Land. Die Verzögerung habe aber reale Folgen für die Ukraine gehabt, sagte Stoltenberg dem US-Sender MSNBC. "Die Ukrainer sind jetzt seit Monaten waffentechnisch unterlegen (...) Die Russen hatten viel mehr Munition und die Ukrainer waren gezwungen, ihre Munition zu rationieren", sagte Stoltenberg. "Aber es ist noch nicht zu spät. Die Ukrainer haben bei der Verteidigung ihres Landes enorme Fähigkeiten bewiesen." Selenskyj warnt vor weiteren Plänen Putins Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dringt nach der Genehmigung neuer US-Hilfen im Repräsentantenhaus auf schnelle Waffenlieferungen in die Ukraine. "Wir haben jetzt die Chance, die Situation zu stabilisieren und die Initiative zu ergreifen", sagte Selenskyj dem US-Sender NBC. Jetzt gehe es darum, dass die Waffen auch tatsächlich schnell geliefert werden. Selenskyj warnte darüber hinaus vor den weiteren Plänen von Kremlchef Wladimir Putin. "Wenn die Ukraine scheitert, wird Putin auf jeden Fall ins Baltikum einmarschieren." Er glaube, Putin wolle noch weitergehen und den sowjetischen Block wiederherstellen. Schiff im Hafen von Sewastopol brennt In einem Hafen von Sewastopol auf der von Russland besetzten ukrainischen Halbinsel Krim ist ein Schiff in Brand geraten. Russische soziale Medien berichteten von einer Explosion auf einem Schiff, die möglicherweise auf den Einschlag einer Rakete oder einer Kampfdrohne zurückzuführen sei. Eine offizielle Erklärung dazu von russischer Seite lag zunächst nicht vor. Von ukrainischer Seite hieß es, das Schiff sei "nicht mehr in der Lage, seine Aufgaben zu erfüllen". Die ukrainischen Streitkräfte haben in den vergangenen Monaten wiederholt russische Schiffe rund um die Krim mit verschiedenen Waffensystemen angegriffen. Social-Media-Beitrag auf X von UkraineWorld: "During the morning attack on #Sevastopol in occupied #Crimea, the Ukrainian military damaged the Russian ship “Kommuna”, the spokesman for the Ukrainian Navy, Dmytro Pletenchuk reported. According to him, the ship is no longer able to perform combat missions.📹:… pic.twitter.com/fpluNaTNUw" Bei dem Schiff handle es sich um das U-Boot-Bergungsschiff "Kommuna", hieß es aus Militärkreisen in Kiew. Der bereits 1912 auf Stapel gelegte Katamaran ist das wohl älteste aktive Schiff der russischen Marine. Unterdessen griffen russische Militärs die südukrainische Hafenstadt Odessa von der Halbinsel Krim aus mit ballistischen Raketen an. Ukraine behält Oberhand in Tschassiw Jar Die zuletzt schwer umkämpfte Kleinstadt Tschassiw Jar im Osten der Ukraine bleibt nach Berichten ukrainischer Militärs weiter unter ihrer Kontrolle. "Tschassiw Jar hält", sagte der Sprecher der dortigen Truppenverbände, Nasar Woloschyn, im ukrainischen Fernsehen. "Der Feind drückt zwar, aber die Lage ist unter Kontrolle, es gibt keine russischen Truppen in der Stadt." Die russischen Bodentruppen versuchten erfolglos, mit Artillerieunterstützung vorzudringen. Russland meldet Eroberung von Dorf nahe Frontstadt Tschassiw Jar Russland hat eigenen Angaben zufolge das ostukrainische Dorf Bogdaniwka nahe der strategisch wichtigen Stadt Tschassiw Jar erobert. Einheiten der russischen Streitkräfte hätten das rund drei Kilometer nordöstlich von Tschassiw Jahr gelegene Dorf "vollständig befreit", erklärte das russische Verteidigungsministerium am Sonntag. Bogdaniwka liegt zwischen Bachmut und der seit Wochen heftig umkämpften Frontstadt Tschassiw Jar. Bachmut war im vergangenen Mai nach monatelangen Kämpfen von den russischen Truppen erobert worden, Tschassiw Jar liegt etwa 20 Kilometer westlich. Während die russischen Truppen zuletzt weiter in der Region um Tschassiw Jar vorrückten, leidet die ukrainische Armee unter den Folgen von Munitionsmangel und Schwierigkeiten bei der Rekrutierung neuer Soldaten.  Zuletzt erklärte die ukrainische Armee, die Lage nahe Tschassiw Jar sei "schwierig und angespannt". Dennoch gelang es der Armee nach eigenen Angaben, alle russischen Angriffe zurückzudrängen. In Tschassiw Jar lebten vor Beginn des Konflikts rund 13.000 Menschen. Wegen der Kämpfe sind die meisten von ihnen geflohen, die Stadt ist weitgehend zerstört. US-Institut rechnet mit Zunahme russischer Angriffe Westliche Militärexperten erwarten angesichts der vom US-Repräsentantenhaus gebilligten milliardenschweren Militärhilfe für die Ukraine eine Zunahme russischer Raketen- und Drohnenangriffe in den kommenden Wochen. Russland werde die aktuellen materiellen und personellen Einschränkungen des ukrainischen Militärs und den ungewöhnlich trockenen Frühling ausnutzen, bis sich das Fenster schließe und die US-Hilfe tatsächlich eintreffe, hieß es in einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) in Washington. Allerdings gebe es für die Russen bisher nur einzelne taktische Erfolge bei den Offensivoperationen und keinen Durchbruch an der Frontlinie, teilten die ISW-Experten mit. Zu erwarten sei, dass Russland vor allem die geschwächte ukrainische Flugabwehr für sich nutzen und etwa die Angriffe mit Gleitbomben intensivieren werde. Es bestehe weiter die Gefahr eines operativ bedeutenden russischen Vormarsches im Kriegsgebiet in den kommenden Wochen. Scholz begrüßt Ukraine-Hilfspaket der USA Bundeskanzler Olaf Scholz hat das vom US-Repräsentantenhaus bewilligte Hilfspaket für die Ukraine im Volumen von etwa 61 Milliarden Dollar begrüßt. "Die Entscheidung des US-Repräsentantenhauses zur Unterstützung der Ukraine ist ein starkes Signal in dieser Zeit", erklärt der SPD-Politiker über die Kurzmitteilungsplattform X. "Wir stehen gemeinsam an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer, die für ihr freies, demokratisches und unabhängiges Land kämpfen." Social-Media-Beitrag auf X von Bundeskanzler Olaf Scholz: "The decision of the United States House of Representatives to support Ukraine is a strong signal in these times. We stand with the Ukrainians fighting for their free, democratic and independent country." Gouverneur: Antischiffsrakete über Sewastopol abgefangen Russland hat eigenen Angaben zufolge einen Angriff auf eines seiner Schiffe im Hafen von Sewastopol abgewehrt. Trümmerteile der Antischiffsrakete hätten ein kleines Feuer ausgelöst, teilt der Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoshajew, mit. Sewastopol auf der 2014 von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim ist seit dem 18. Jahrhundert der Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte. Russland: US-Hilfe wird Kiews Niederlage nicht verhindern Die vom US-Repräsentantenhaus gebilligte milliardenschwere Militärhilfe für die Ukraine wird nach den Worten eines russischen UN-Vertreters eine Niederlage des Landes in dem Krieg nicht verhindern. "Es gibt nichts zu feiern", sagte der stellvertretende russische Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York, Dmitri Poljanski. Der Krieg werde so fortgesetzt, "Tausende Ukrainer werden in den Fleischwolf" gehen, schrieb er im sozialen Netzwerk X. "Aber das unrühmliche Ende des Kiewer Regimes ist unausweichlich ungeachtet dieses neuen Pakets und all der nutzlosen Anstrengungen der US- und NATO-Unterstützer, es am Leben zu halten." Ukraine will mit US-Hilfe Militär und Wiederaufbau finanzieren Die Ukraine erwartet angesichts der vom US-Repräsentantenhaus gebilligten milliardenschweren Militärhilfe eine Stärkung ihres Kampfes gegen den russischen Angriffskrieg. Der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal teilte bei Facebook mit, dass von dem Paket etwa 50 Milliarden US-Dollar (rund 47 Milliarden Euro) für die Verteidigung der Ukraine ausgegeben werden sollten. Das bedeute mehr Waffen für die Ukraine, darunter mehr Flugabwehr und Geschosse mit größerer Reichweite. 7,8 Milliarden US-Dollar seien vorgesehen, um den Staatshaushalt der Ukraine zu stützen. 1,57 Milliarden US-Dollar wiederum seien als Wirtschaftshilfe geplant und 400 Millionen US-Dollar zum Schutz der Grenzen und für die Minenräumung. Von dem Geld solle auch die Wiederherstellung der wichtigen Infrastruktur finanziert werden. Russland hatte zuletzt mit Raketen- und Drohnenangriffen vor allem die Energieanlagen des Landes zerstört oder beschädigt. Selenskyj dankt für "sehr bedeutendes Paket" Für die Ukraine ist die vom US-Repräsentantenhaus gebilligte milliardenschwere Militärhilfe nach den Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew überlebenswichtig im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg. "Und es ist ein sehr bedeutendes Paket, das sowohl unsere Kämpfer an der Front als auch unsere Städte und Dörfer, die unter dem russischen Terror leiden, zu spüren bekommen werden», sagte Selenskyj in seiner am Samstagabend in Kiew verbreiteten Videobotschaft. "Das ist eine Entscheidung, die uns das Leben rettet." Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow schrieb im sozialen Netzwerk X, dass die ganze Welt auf diese Entscheidung gewartet habe, "die den Sieg gegen den russischen Aggressor näher bringen wird". Das US-Repräsentantenhaus hatte nach monatelanger Blockade ein milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine gebilligt. Nawalnaja: Putin ist unberechenbar Kremlgegnerin Julia Nawalnaja hält Russlands Präsidenten Wladimir Putin für unberechenbar - und schließt nicht aus, dass der Kremlchef irgendwann doch Atomwaffen einsetzen könnte. "Wir wissen nicht, was wir von ihm zu erwarten haben", sagte die Witwe des verstorbenen russischen Oppositionellen Alexej Nawalny in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa. Es sei wie zu Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine: Sie hätte damals auch nicht mit dem Angriff Putins gerechnet, weil es derart starke Verbindungen zwischen den beiden Ländern gebe. "Aber er hat beschlossen, es zu tun. Er macht den Menschen Angst und hält sie in Angst. Niemand weiß, was Putin morgen machen wird." Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen In der russischen Grenzregion Belgorod sollen zwei Zivilisten bei einem ukrainischen Drohnenangriff getötet worden sein. Wirtschaftsminister Habeck ruft die Partnerländer zu Waffenlieferungen an Kiew auf. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.
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2024-04-21
++ Generalstabschef Halevi billigt weitere Kriegspläne ++
Krieg in Nahost
Israels Generalstabschef Halevi hat Pläne zur Fortführung des Kriegs gebilligt - dabei geht es auch um einen Einsatz in Rafah. Israels Präsident Netanyahu will härter gegen die Hamas vorgehen. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.
Israels Generalstabschef Halevi hat Pläne zur Fortführung des Kriegs gebilligt - dabei geht es auch um einen Einsatz in Rafah. Israels Präsident Netanyahu will härter gegen die Hamas vorgehen. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen. Netanyahu will Druck auf Hamas weiter erhöhenChamenei lobt iranischen Angriff auf IsraelGeneralstreik im Westjordanland Blinken reist nach China - auch Nahost ThemaIsrael empört über mögliche US-SanktionenZypern kündigt Wiederaufnahme der Hilfslieferungen über Seekorridor an Ende des Liveblogs Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Generalstabschef Halevi billigt weitere Kriegspläne Der israelische Generalstabschef Herzi Halevi hat nach Militärangaben Pläne zur Fortsetzung des Kriegs gebilligt. Halevi habe "die weiteren Schritte" am Sonntag genehmigt, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Der israelische Kan-Sender berichtete, Teil der Pläne sei auch ein Militäreinsatz in der Stadt Rafah im Süden an der Grenze zu Ägypten. Es sei offenbar in Kürze mit einer Evakuierung der Zivilbevölkerung zu rechnen. Israels Verbündete hatten eindringlich vor einer Offensive in Rafah gewarnt, weil sich dort Hunderttausende palästinensischer Binnenflüchtlinge drängen. Israel hält einen Einsatz in Rafah jedoch für notwendig, um die verbliebenen Bataillone der islamistischen Terrororganisation Hamas zu zerstören. Herzog warnt vor US-Sanktionen gegen Armee-Einheit Der israelische Präsident Isaac Herzog warnt die US-Regierung vor der Verhängung von Sanktionen gegen das Netzach-Jehuda-Bataillon wegen angeblicher Menschrechtsverletzungen im Westjordanland. Herzog sagt in einem Interview mit "Bild" und anderen Axel-Springer-Medien: "Das wäre ein großer Fehler". Am Freitag hatte US-Außenminister Antony Blinken laut Medienberichten angekündigt, in den kommenden Tagen Strafmaßnahmen gegen eine israelische Armee-Einheit zu verhängen. Israelischen und US-Medien zufolge handelt es sich bei der Einheit um das Netzach-Jehuda-Bataillon, in dem größtenteils ultraorthodoxe Soldaten dienen. Sie sollen vor dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober an Übergriffen auf alästinenser im Westjordanland beteiligt gewesen sein. Gefechte an israelisch-libanesischer Grenze An Israels Grenze zum Libanon ist es erneut zu Gefechten gekommen. Die israelische Armee teilte mit, zwei Geschosse seien in Richtung der Ortschaft Rosch Hanikra im Norden Israels am Mittelmeer abgefeuert worden. Die israelische Armee habe die Orte angegriffen, von denen aus geschossen wurde. Außerdem hätten israelische Kampfflugzeuge Terror-Infrastruktur nordöstlich von Nabatia angegriffen. Zuvor hätten Kampfjets auch Ziele der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah beschossen.  Sowohl die Hisbollah als auch der militärische Arm der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas reklamierten Angriffe auf Israel für sich.  Scholz und Netanyahu telefonieren Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu zur Lage in Nahost telefoniert. "Der Bundeskanzler unterstrich, dass es nun weiterhin darum gehe, eine Eskalation und einen regionalen Flächenbrand zu vermeiden", teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Der Kanzler habe zudem die Entscheidung des EU-Gipfels erläutert, weitere Sanktionen gegen den Iran zu ergreifen. Scholz habe bekräftigt, dass sich die Bundesregierung weiter eng mit den Partnern in der Gruppe der sieben großen Wirtschaftsnationen (G7) und in der EU abstimmen werde. Fund von 50 Leichen bei Klinik Auf einem Krankenhausgelände in Chan Yunis im südlichen Gazastreifen sind nach Angaben des von der islamistischen Hamas kontrollierten Zivilschutzes mindestens 50 Leichen gefunden worden. Die Medienberichte um die Anzahl der Toten variieren. Der arabische Nachrichtensender Aljazeera etwa sprach von 180 Todesopfern. Laut dem Hamas-Zivilschutz befinden sich unter den Toten Menschen aller Altersgruppen. Einige der Leichen seien nackt gewesen, was auf Folter und Misshandlung durch die israelischen Streitkräfte hindeute. Die Hamas bezeichnete die Entdeckung der Leichen als schreckliches Verbrechen und beschuldigte Israel, die Menschen kaltblütig hingerichtet zu haben. Netanyahu kündigt weitere Schläge gegen Hamas an Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat "weitere schmerzhafte Schläge" gegen die islamistische Hamas angekündigt. "Und dies wird in Kürze geschehen", sagte Netanyahu in einer Video-Ansprache zum jüdischen Pessach-Fest, das am Montagabend beginnt. Es sei der einzige Weg, um die israelischen Geiseln freizubekommen. Israel kündigt seit längerem einen Militäreinsatz in der Stadt Rafah in Süden des Gazastreifens an der Grenze zu Ägypten an, obwohl seine Verbündeten davor gewarnt hatten. Irans Oberhaupt bedankt sich bei Armee für Angriff auf Israel Der oberste iranische Führer Ajatollah Ali Chamenei hat Diskussionen über Erfolg oder Misserfolg des Angriffs auf Israel vergangene Woche zurückgewiesen. "Wie viele Raketen abgefeuert wurden und wie viele ihr Ziel trafen, ist nicht die entscheidende Frage", zitiert ihn die staatliche Nachrichtenagentur Irna. "Worauf es wirklich ankommt, ist dass der Iran bei diesem Einsatz seine Willenskraft demonstriert hat." Chamenei lobte die "Erfolge" der Streitkräfte seines Landes und bedankte sich bei ihnen für ihren Einsatz gegen Israel. Darüber hinaus betonte er, dass die jüngsten Ereignisse der Welt den "Ruhm und die Größe" des islamischen Iran verdeutlichten. Israel: Palästinenser greifen Soldaten im Westjordanland an Im Westjordanland haben zwei Palästinenser nach Angaben des israelischen Militärs israelische Soldaten angegriffen. Einer von ihnen hätte versucht, auf die Soldaten einzustechen. Der andere hätte geschossen. In beiden Fällen hätten Soldaten das Feuer eröffnet. Ein Kameramann der Nachrichtenagentur Reuters hat nach eigenen Angaben am Ort des Geschehens, eine Kreuzung in der Nähe der palästinensischen Stadt Hebron, eine Leiche gesehen. Von palästinensischer Seite gibt es bislang keine Stellungnahme zu dem Vorfall. Generalstreik im Westjordanland Aus Protest gegen die israelischen Militäreinsätze mit toten Palästinensern in einem Flüchtlingslager in Tulkarem sowie im Gazastreifen hat im Westjordanland am Sonntag ein Generalstreik begonnen. Zu dem Streik hatte unter anderem die Fatah-Bewegung aufgerufen. In den Straßen von Ramallah herrschte am Sonntagmorgen nach Angaben von Augenzeugen kaum Verkehr, Geschäfte waren geschlossen. Die Lage im Westjordanland hat sich seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen am 7. Oktober noch einmal deutlich verschärft. Mehr als 450 Palästinenser wurden seither nach Angaben des Gesundheitsministeriums allein im Westjordanland getötet. Sie starben ganz überwiegend bei israelischen Militäreinsätzen. Einige wurden auch bei eigenen Anschlägen auf Israelis getötet. Geiselangehörige planen Gedenken beim Sederabend Die Familien der in den Gazastreifen verschleppten Geiseln haben jüdische Israelis dazu aufgerufen, während des Sederabends zu Beginn des Pessach-Festes am Montag einen leeren Stuhl stehen zu lassen. "Der Sederabend rückt näher, und dieses Jahr werden wir einen Stuhl leer lassen müssen", sagte Ofir Angrest am Samstag bei einer wöchentlichen Zusammenkunft der Angehörigen von Geiseln in Tel Aviv mit Hunderten Zuschauern. Der israelische Präsident Isaac Herzog unterstützte die Idee in einem Video im Onlinedienst X. Gewaltausbrüche im Westjordanland Israelische Kräfte haben am Samstag bei einem Einsatz im besetzten Westjordanland vierzehn Palästinenser getötet. Unter den Opfern befinden sich nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsamtes ein bewaffneter Mann und ein 16-jähriger Junge. Es handelt sich um einen der schwersten Vorfälle der vergangenen Monate. In einem anderen Vorfall ist ein 50-jähriger Krankenwagenfahrer in der Nähe eines Dorfes südlich der Stadt Nablus von israelische Schüssen getötet worden. Er war unterwegs, um Verletzte eines Angriffs durch gewalttätige jüdische Siedler abzuholen. Blinken reist nach China - auch Nahost Thema US-Außenminister Antony Blinken wird in der kommenden Woche zum zweiten Mal in weniger als einem Jahr China besuchen. Die Reise des Außenministers folgt auf Telefongespräche zwischen US-Präsident Joe Biden und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping sowie eine China-Reise der Finanzministerin Janet Yellen. Bei seiner Reise vom 24. bis 26. April werde Blinken seine Besorgnis über die chinesische Unterstützung für die russische Rüstungsindustrie zum Ausdruck bringen, erklärte ein hochrangiger US-Vertreter am Samstag. Nach Angaben des US-Vertreters wird Blinken unter anderem auch die Lage im Nahen Osten ansprechen - die USA hoffen demnach, dass China seine guten Beziehungen zum Iran nutzen wird, um das Land zur Zurückhaltung angesichts der eskalierenden Spannungen mit Israel zu ermutigen. Israel empört über mögliche US-Sanktionen Die israelische Regierung hat empört auf Berichte reagiert, nach denen die USA Sanktionen gegen ein umstrittenes Bataillon der Armee erheben will. Premierminister Benjamin Netanyahu schrieb auf der Plattform X: "Gegen die israelische Armee dürfen keine Sanktionen verhängt werden!" Seine Regierung werde mit allen Mitteln gegen diese Maßnahmen vorgehen. Benny Gantz, Mitglied des israelischen Kriegskabinetts, sagte, die Verhängung von Sanktionen gegen die Einheit sei ein gefährlicher Präzedenzfall und sende in Zeiten des Krieges die falsche Botschaft "an unsere gemeinsamen Feinde".  Social-Media-Beitrag auf X von Benjamin Netanyahu - בנימין נתניהו: "אסור להטיל סנקציות על צבא ההגנה לישראל!**אני פועל בשבועות האחרונים נגד הטלת סנקציות על אזרחים ישראלים, כולל בשיחות שלי עם בכירי הממשל האמריקני. בשעה שחיילינו נלחמים במפלצות הטרור, הכוונה להטיל סנקציה על יחידה בצה״ל זה שיא האבסורד ושפל ערכי. הממשלה בראשותי תפעל בכל האמצעים…" Zypern kündigt Wiederaufnahme der Hilfslieferungen an Zyperns Präsident und Regierungschef Nikos Christodoulidis hat die Wiederaufnahme der EU-Hilfslieferungen in den Gazastreifen über den maritimen Korridor angekündigt. "Der Seekorridor kann schon sehr bald wieder seinen Betrieb aufnehmen. Die Amerikaner stehen kurz vor der Fertigstellung des provisorischen Hafens in Gaza", sagte er im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland laut Vorabbericht. Berliner Demonstration gegen Israel vorübergehend gestoppt In Berlin hat die Polizei eine Kundgebung gegen Israel wegen des Skandierens verbotener Parolen vorübergehend gestoppt. Bei der Demonstration unter dem Motto "Keine Waffen für Israel" hätten am Samstag einige der rund 1.800 Teilnehmer verbotene Parolen gerufen, sagte ein Polizeisprecher am Abend des selben Tages. Die Einsatzkräfte hätten den Protestzug daher daran gehindert, weiter zu marschieren und bei 31 Teilnehmern die Identität festgestellt. Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen Das US-Repräsentantenhaus hat Militärhilfen für Israel in Höhe von 13 Milliarden Dollar freigegeben. Bei Konfrontationen zwischen Siedlern und Palästinensern ist offenbar ein Krankenwagenfahrer getötet worden. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.
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2024-04-21
Fokus auf KI und Energiewende
Scholz auf der Hannover Messe
Laut Veranstaltern ist sie die weltweit wichtigste Industriemesse: Die Hannover Messe zeigt bis Freitag Neuheiten aus Energiewirtschaft oder auch Maschinenbau. Kanzler Scholz erhofft sich von der Ausstellung neue Impulse für die Energiewende.
Laut Veranstaltern ist sie die weltweit wichtigste Industriemesse: Die Hannover Messe zeigt bis Freitag Neuheiten aus Energiewirtschaft oder auch Maschinenbau. Der Kanzler erhofft sich von der Ausstellung neue Impulse. Hannover ist für eine Woche der Treffpunkt der Industrie. Am Abend eröffneten Bundeskanzler Olaf Scholz, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Ministerpräsident des diesjährigen Partnerlandes Norwegen, Jonas Gahr Støre, die Ausstellung - zusammen mit zahlreichen Vertretern aus Wirtschaft und Politik. Rund 4.000 Aussteller aus 60 Ländern zeigen bis Freitag Neuheiten aus Maschinen- und Anlagenbau, Elektrotechnik und Klimaschutz-Technologien. Bezahlbare Energie und mehr Innovationen Kanzler Scholz erhofft sich von der Hannover Messe neue Impulse für die Energiewende und für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. "Wovon unser Land auch in Zukunft lebt, ist doch, was auf dieser Messe hier zu sehen ist: dass wir Neues entwickeln, dass wir Produkte kontinuierlich verbessern, dass wir zukunftsweisende Technologien erforschen und anwenden", sagte Scholz zur Eröffnung der laut Veranstaltern weltweit wichtigsten Industriemesse. Mit dem Fokus auf Künstliche Intelligenz (KI) und Lösungen für die Energiewende setze die Industrieschau wichtige Schwerpunkte, sagte der SPD-Politiker. Denn bezahlbare Energie und mehr Innovationen seien die zentralen Voraussetzungen, um Produktivität und Wachstum zu stärken. Dafür brauche es intelligente KI-Lösungen, wie sie auf der Messe zu sehen seien: "Maschinen, die uns einfache Arbeiten abnehmen, sodass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in höher qualifizierte Tätigkeiten wechseln können." Auch Messechef Jochen Köckler betonte laut NDR: Um die Industrie auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu gestalten, spiele KI eine entscheidende Rolle. "KI ist der Schlüssel zur wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Industrie." Trotz Arbeitskräftemangels biete sie der Industrie eine Chance auf Wachstum, so Köckler. So werde auf der Messe ein KI-Assistent vorgestellt, der Industrieroboter per Sprache steuern lässt. Zu sehen seien auch Maschinen, die automatisch Fehler erkennen, oder Systeme, die selbstständig Termine für die eigene Wartung festlegen. Mehr als 500 Aussteller zu Wasserstoff Auch zahlreiche Technologie-Firmen sind auf der Messe vertreten, darunter Microsoft, Google, Amazon Web Services, Dell, SAP, Siemens und Bosch. Hinzu kommen etliche Mittelständler und mehr als 300 Start-ups. Mehr als 500 Aussteller gehören allein zum Bereich Wasserstoff. "Damit ist die Hannover Messe bei dem Thema auch weltweit führend", sagte Messechef Köckler.  Auch das diesjährige Partnerland Norwegen habe man bewusst mit Blick auf diesen Themenschwerpunkt gewählt. Denn das Land sei dank reichlich vorhandener Wasserkraft in der Lage, große Mengen an grünem, also klimafreundlich erzeugtem, Wasserstoff zu liefern. Zu viel Bürokratie In der Wirtschaft hatte es zuletzt Kritik zu viel Bürokratie und an hohen Energiepreisen gegeben. Aus Sicht der Industrie gefährdet das die Attraktivität des Standorts, vor allem im Vergleich zu anderen Regionen wie den USA. "Zu einer modernen Angebotspolitik gehört natürlich auch, dass wir schneller werden und einfacher", betonte Scholz. "Bürokratieabbau kostet nichts und bringt viel." Die EU-Kommission arbeite mit Unterstützung der Bundesregierung ebenfalls am Abbau von Vorschriften. "Das ist auch richtig, denn die meisten bürokratischen Regeln stammen - aus Brüssel." Ziel sei es, die Zahl der Berichte, die Unternehmen nach EU-Vorgaben vorlegen müssen, um mindestens ein Viertel zu senken. Zu hohe Energiepreise Auch beim Thema Energiepreise bespreche die Bundesregierung, wie die Entlastungen für energieintensive Unternehmen fortgesetzt werden könnten. Zuletzt hatte der Präsident des Elektro- und Digitalindustrieverbandes ZVEI, Gunther Kegel, kritisiert, dass die Energiepreise trotz des Rückgangs für energieintensive Unternehmen nach wie vor zu hoch seien. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die erstmals zur Eröffnung der Messe sprach, stimmte Scholz zu. Nur wenn Europa einfacher, schneller und günstiger werde, könne der Standort gegen die härter werdende weltweite Konkurrenz bestehen. "Zentral dabei ist, dass wir Unternehmen entlasten und Bürokratie abbauen." Auch bei der Windenergie müsse man das Tempo erhöhen.
/wirtschaft/unternehmen/hannover-messe-industrie-100.html
2024-04-21
Reisebus mit 67 Schülern auf A45 verunglückt
Nordrhein-Westfalen
Auf der A45 in Nordrhein-Westfalen ist am Morgen ein Bus mit 67 Schülerinnen und Schülern aus Marburg von der Fahrbahn abgekommen und umgekippt. Es gibt mehrere Verletzte. Die Unfallursache ist noch unklar.
Auf der A45 in Nordrhein-Westfalen ist am Morgen ein Bus mit 67 Schülerinnen und Schülern aus Marburg von der Fahrbahn abgekommen und umgekippt. Es gibt mehrere Verletzte. Die Unfallursache ist noch unklar. Die Polizei Dortmund sprach von 73 Insassen - darunter 67 Schülerinnen und Schüler und fünf Lehrkräfte einer Schule in Marburg sowie der Fahrer. Vier Kinder wurden so schwer verletzt, dass sie die Nacht im Krankenhaus verbringen müssen. 23 weitere Schüler erlitten leichte Verletzungen. Um die Schüler zu befreien, musste die Feuerwehr die Frontscheibe des Busses aufsägen. Die verletzten Jugendlichen sind laut Polizei Dortmund 14 und 15 Jahre alt. Mit leichten Verletzungen sei auch der 54-jährige Busfahrer in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Die fünf Lehrkräfte des Gymnasiums in Marburg seien unverletzt geblieben. Da alle Insassen im Bus ihre Sicherheitsgurte angelegt hatten, sei der Unfall noch glimpflich ausgegangen, erklärte die DRK-Kinderklinik Siegen. Schüler waren auf dem Weg nach England Die Schüler waren mit dem Doppeldeckerbus auf Klassenfahrt und laut Polizei auf dem Weg nach England. Die Fahrt wurde nun abgesagt. Die Unfallursache ist noch unklar – nach ersten Erkenntnissen soll es aber kein Glatteis auf der Autobahn gegeben haben. Mehrere Rettungswagen standen bereit, um Verletzte zu versorgen. Die Feuerwehr Siegen schickte einen Bus zur Unfallstelle, mit dem die Schüler in eine Klinik gebracht wurden. Ein Team aus Mitarbeitenden von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und das Krankenhaus betreuten und versorgten die Jugendlichen vor Ort, bis sie nach Marburg zurückgebracht werden konnten. Im Krankenhaus war auch psychologisch geschultes Personal im Einsatz. Bus inzwischen geborgen Warum der Bus von der Straße abkam, ist auch am Sonntagabend noch unklar. Ein Unfall-Aufnahme-Team der Polizei Dortmund sicherte stundenlang Spuren und kontrollierte ausgiebig den Reisebus. Das Fahrzeug wurde nach der Bergung sichergestellt und soll von Spezialisten noch genauer untersucht werden. Für die Bergung mit einem Autokran musste die Sauerlandlinie in Richtung Dortmund am Sonntagnachmittag für mehrere Stunden gesperrt werden. Hinweis: In einer ersten Version des Berichts war von 75 Schülern die Rede. Unsere Quellen: WDR-Reporter vor Ort FeuerwehrPolizei Dortmund
/inland/regional/nordrheinwestfalen/unfall-reisebus-nrw-100.html
2024-04-21
Waffen könnten nun schnell geliefert werden
Ukraine-Hilfen der USA
Der entscheidende Schritt im US-Kongress für das in der Ukraine langersehnte Hilfspaket ist getan. Aus dem Senat kommen positive Signale, dass Waffen nun schnell geliefert werden könnten - auch Raketensysteme mit längerer Reichweite.
Der entscheidende Schritt im US-Kongress für das in der Ukraine langersehnte Hilfspaket ist getan. Aus dem Senat kommen positive Signale, dass Waffen nun schnell geliefert werden könnten - auch Raketensysteme mit längerer Reichweite. Nachdem das US-Repräsentantenhaus ein neues, milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine gebilligt hat, dringt die Ukraine auf eine schnelle Lieferung. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Senat, Mark Warner, machte dahingehend Hoffnung - vor allem in Bezug auf weittragende Raketensysteme vom Typ ATACMS. Dem US-Sender CBS sagte Warner, er hoffe, dass sobald US-Präsident Joe Biden das Gesetz unterschrieben habe, Waffenlieferungen bis Ende der Woche unterwegs sein würden. "Ich glaube, dass die Regierung in den vergangenen Monaten darauf vorbereitet wurde, ATACMS (...) zur Verfügung zu stellen", so der US-Senator auf die Frage, ob auch Waffensysteme mit längerer Reichweite geliefert würden und nicht nur Munition. Er setze darauf, dass diese mit der Unterschrift buchstäblich losgeschickt würden.  Selenskyj: Jetzt die Chance, die Situation zu stabilisieren Der ukrainische Präsident appellierte an die USA, die zugesagten Militärhilfen nun auch schnell zu liefern. "Wir haben jetzt die Chance, die Situation zu stabilisieren und die Initiative zu ergreifen", sagte Wolodymyr Selenskyj laut Übersetzung dem US-Sender NBC. "Wir wollen die Dinge so schnell wie möglich vorantreiben, damit wir den Soldaten an der Front so schnell wie möglich greifbare Hilfe zukommen lassen können. Nicht erst in sechs Monaten." Er verwies darauf, dass schon vor einem Jahr beschlossen worden sei, seinem Land auch neue Kampfjets vom Typ F-16 zur Verfügung zu stellen. "Ein Jahr ist vergangen. Und wir haben die Jets noch immer nicht in der Ukraine." Einen Zeitplan wollte der ukrainische Präsident auf Nachfrage nicht nennen. Er warnte allerdings erneut eindringlich vor Kremlchef Wladimir Putin. "Wenn die Ukraine scheitert, wird Putin auf jeden Fall ins Baltikum einmarschieren", sagte Selenskyj. "Er will alle ehemaligen Sowjetrepubliken, die jetzt unabhängige Staaten sind, zurückerobern. Ob sie nun in der NATO sind oder nicht, ist ihm egal." Auf eine schnelle Entscheidung des US-Senats hofft auch Bundeskanzler Olaf Scholz. "Es ist eine gute Botschaft, dass das Repräsentantenhaus jetzt einen Beschluss gefasst hat zur weiteren finanziellen Unterstützung der Ukraine mit Waffen", sagte Scholz. "Wir hoffen sehr, dass es bald auch eine Entscheidung des Senats gibt, so dass diese Hilfe aus den USA für die Zukunft gesichert ist." Experte: Hilfen zu spät und nicht genug Aus der Ukraine kam aber auch Kritik: Die Ukraine sei zwar froh, dass das Hilfspaket nun genehmigt wurde, "aber das Problem ist, ehrlich gesagt, es ist zu spät und es ist nicht genug", sagte der ukrainische Experte Alexij Haran, Professor für vergleichende Politik an der Nationalen Universität Kiew-Mohyla-Akademie. Etwa gebe es nicht genug Raketen und der Luftraum könne nicht genug geschützt werden, zuletzt hätten auch noch Artilleriegeschosse gefehlt, so Haran. US-Regierung will erstmals weitreichende Raketensysteme liefern Das US-Repräsentantenhaus hatte am Samstag mit überparteilicher Mehrheit ein Hilfspaket von 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) gebilligt, das auch dringend benötigte Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen Russland enthält. Die nötige Zustimmung des Senats steht noch aus, gilt aber als sicher - mit ihr wird Mitte der Woche gerechnet. Im Anschluss muss Biden das Gesetz noch unterschreiben. Der Text dringt auch auf die Lieferung weittragender Raketensysteme vom Typ ATACMS. Im Gesetzesentwurf heißt es, Biden solle der Ukraine "so bald wie machbar" diese Raketensysteme zur Verfügung stellen. Bisher lieferten die USA ATACMS mit einer kürzeren Reichweite von 165 Kilometern. Die Ukraine wünscht sich aber welche mit einer Reichweite von 300 Kilometern.
/ausland/amerika/us-hilfen-ukraine-104.html
2024-04-21
Tote bei neuer Gewalt im Westjordanland
Nahost-Konflikt
Die Spannungen im Westjordanland halten an: Bei Auseinandersetzungen wurden zwei Menschen getötet. Aus Protest gegen die israelischen Militäreinsätze begann ein Generalstreik. Auch aus dem Gazastreifen wurden Tote gemeldet.
Die Spannungen im Westjordanland halten an: Bei Auseinandersetzungen wurden zwei Menschen getötet. Aus Protest gegen die israelischen Militäreinsätze begann ein Generalstreik. Auch aus dem Gazastreifen wurden Tote gemeldet. Im von Israel besetzten Westjordanland nehmen die Spannungen zu: Nördlich von Hebron haben israelische Soldaten am Morgen zwei Palästinenser erschossen. Das palästinensische Gesundheitsministerium berichtete, es sei von den israelischen Behörden über den Tod der 18 und 19 Jahre alten Männer informiert worden. Armeeangaben zufolge hatten sie zuvor israelische Soldaten an einem Checkpoint angegriffen. Nach Angaben der israelischen Armee schossen bewaffnete Palästinenser aus dem Westjordanland über die sogenannte Grüne Linie hinweg auf einen israelischen Kibbuz. Verletzt wurde niemand. Soldaten blockierten die Zufahrtswege in dem Gebiet und suchten in einem nahegelegenen Ort nach den Tätern. Ein israelischer Siedler wurde leicht verletzt, als er eine palästinensische Fahne nahe einer Straße entfernte und dabei ein Sprengsatz explodierte. Generalstreik im Westjordanland Aus Protest gegen die israelischen Militäreinsätze im Westjordanland und im Gazastreifen findet im Westjordanland heute ein Generalstreik statt. Dazu aufgerufen hatte unter anderem die Fatah-Bewegung. In den Straßen von Ramallah herrschte am Morgen nach Angaben von Augenzeugen kaum Verkehr, Geschäfte waren geschlossen.  Bereits am Samstag hatten israelische Einsatzkräfte im Westjordanland einen größeren Einsatz ausgeführt. Dabei töteten sie Armeeangaben zufolge mindestens zehn Bewaffnete. Bei Gefechten in dem Flüchtlingslager Nur Schams in Tulkarem seien auch neun israelische Sicherheitskräfte verletzt worden. Das Gesundheitsministerium im Westjordanland meldete 14 Tote und mehrere Verletzte bei dem Einsatz, unter ihnen ein 16 Jahre alter Jugendlicher. Seit dem 7. Oktober wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums allein im Westjordanland 462 Palästinenser getötet. Sie starben ganz überwiegend bei israelischen Militäreinsätzen. Mehr als 20 Tote in Rafah Auch aus dem Gazastreifen wurden Tote gemeldet: Bei israelischen Angriffen auf die Stadt Rafah im Süden sind nach örtlichen Krankenhausangaben 22 Menschen getötet worden, darunter 18 Kinder. Bei einem ersten Angriff in der Nacht seien ein Mann, seine Frau und deren dreijähriges Kind ums Leben gekommen, teilte das Kuwaitische Krankenhaus mit, in das die Leichen eingeliefert wurden. Die Frau sei schwanger gewesen, das Baby sei von Ärzten gerettet worden. Bei einem weiteren Angriff sollen 17 Kinder und zwei Frauen getötet worden sein, die laut Krankenhausangaben alle zu einer Familie gehörten. Israel fliegt im Krieg gegen die militant-islamistische Hamas fast täglich Luftangriffe auf Rafah - eine Stadt, in die mehr als die Hälfte der 2,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des Gazastreifens geflohen sind. Israel hat trotz Bedenken der USA angekündigt, seine Bodenoffensive auf die Stadt auszuweiten, um dort die verbliebenen Hamas-Terroristen aufzuspüren. Netanyahu will Druck auf Hamas erhöhen Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kündigte "weitere schmerzhafte Schläge" gegen die Hamas an. "Und dies wird in Kürze geschehen", sagte er in einer Video-Ansprache zum jüdischen Pessach-Fest, das am Montagabend beginnt. "In den kommenden Tagen werden wir den militärischen und diplomatischen Druck auf die Hamas erhöhen, weil dies der einzige Weg ist, unsere Geiseln zu befreien und unseren Sieg zu erzielen." Israel und die Hamas verhandeln seit Monaten indirekt über eine Feuerpause und die Freilassung weiterer Geiseln, die bei dem Hamas-Massaker am 7. Oktober in den Gazastreifen entführt wurden. Israel war bis vor wenigen Wochen davon ausgegangen, dass knapp 100 der rund 130 verbliebenen Geiseln noch am Leben sind. Inzwischen wird aber befürchtet, dass deutlich mehr von ihnen bereits tot sein könnten.
/ausland/asien/generalstreik-westjordanland-100.html
2024-04-21
Starke Schneefälle vor allem in der Mitte Deutschlands
Winter im April
Der Wintereinbruch im April - er hält auch heute noch an: In Bayern fielen teils fast 30 Zentimeter, auch in NRW wurde eine neuer Höchstwert erreicht. Vielerorts kam es zu Problemen im Straßenverkehr.
Der Wintereinbruch im April - er hält auch heute noch an: In Bayern fielen teils fast 30 Zentimeter, auch in NRW wurde eine neuer Höchstwert erreicht. Vielerorts kam es zu Problemen im Straßenverkehr. Das Winterwetter dauert in Teilen Deutschlands auch heute an. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte teils kräftigen Schneefall im Mittelgebirgsraum angekündigt - und auch vor Glatteis gewarnt. Social-Media-Beitrag auf X von DWD: "Der angekündigte weiße Wintergruß kam lokal mit Macht! Vor allem von Ostwestfalen über Nord- & Osthessen bis nach Thüringen & Nordostbayern schneite es bis ins Tiefland, gemessene Neuschneemengen bis 10, in Hochlagen bis 16 cm inklusive. Danke für das Userfoto aus Burghaun. /V pic.twitter.com/TL7izJ1Hy2" Festgefahrene und liegengebliebene Fahrzeuge auf der A7 Am Vormittag war bei Kassel in Nordhessen nach Angaben der Polizei die Autobahn 7 in Fahrtrichtung Norden aufgrund festgefahrener und liegengebliebener Fahrzeuge voll gesperrt. Außerdem waren in der Region mehrere Bundes- und Landstraßen wegen umgestürzter Bäume blockiert. Räumdienste und Feuerwehren arbeiteten "auf Hochtouren", teilte die Polizei in Kassel mit. Die Beamten baten die Menschen im Landkreis Kassel und im nördlichen Schwalm-Eder-Kreis "eindringlich", auf Autofahrten zu verzichten und Wälder wegen der Gefahr von Schneebruch zu meiden. Es bestehe Lebensgefahr. Zu Glatteisunfällen kam es auch in Rheinland-Pfalz - etwa auf der A1 bei Niederöfflingen. Dort waren mehrere Autos ineinander gerutscht. Eine Person wurde leicht verletzt. Bäume kippen wegen Schneelast um Auch aus Teilen Nordrhein-Westfalens wird Schnee gemeldet: In der Nacht zu Sonntag knickten in Ostwestfalen-Lippe unter der Last von Schnee mehrere Bäume um. Wie die Polizei berichtete, entstanden dadurch rund 20 Gefahrenstellen. Helfer der örtlichen Feuerwehren beseitigten die umgestürzten Bäume und räumten die Straßen frei. Im Extertal und in Leopoldshöhe kamen jeweils Autofahrer mit ihren Fahrzeugen bei Schnee und Glätte von der Straße ab und landeten im Graben. Verletzt wurde niemand. In den frühen Morgenstunden waren in Teilen von Ostwestfalen-Lippe mehrere Zentimeter Schnee gefallen, in Horn-Bad Meinberg sogar zehn Zentimeter, wie ein Polizeisprecher sagte.  Im ostwestfälischen Borgentreich fielen 16 Zentimeter Schnee. Laut Diplom-Meteorologe Lars Kirchhübel vom DWD ist das für die Station Borgentreich, die seit 1979 besteht, der bislang höchste gemessene Wert für einen Apriltag. Fast 30 Zentimeter in Bayern Ebenfalls 16 Zentimeter fielen nach seinen Worten in Bad Brambach-Hohendorf im Vogtlandkreis in Sachsen und in Bad Hindelang im Allgäu. Auch im Erzgebirge schneite es am Wochenende kräftig, vor allem in über 600 Metern Höhe bildete sich wieder eine Schneedecke. Schnee-Spitzenreiter war eine Wetterstation im oberbayerischen Kreuth-Glashütte, wo 26 Zentimeter registriert wurden, so DWD-Meteorologe Kirchhübel. Mit Schnee und Glätte selbst in tieferen Lagen ist laut DWD außerdem in Baden-Württemberg zu rechnen. Im Thüringer Bergland rechnete der Wetterdienst ebenfalls mit markanten Neuschneemengen. Im niedersächsischen Bergland sagte der Wetterdienst für Sonntag zwar nur leichten Schneefall voraus. Dabei könne es aber auch in tiefen Lagen glatt werden. Mehrere Unfälle mit Verletzten Bereits am Samstag hatte Winterwetter für mehrere Unfälle gesorgt: So war bei Ilmenau in Thüringen bei einem Graupelschauer und Temperaturen knapp über 0 Grad ein 65 Jahre alter Mann bei einem Unfall mit mehreren Autos ums Leben gekommen. Zwei weitere Menschen seien verletzt worden. Auf der Autobahn 70 in Oberfranken war es bei Glätte zu einer Massenkarambolage gekommen. 29 Fahrzeuge, darunter Autos und ein Fernbus, waren beteiligt. 15 Menschen wurden verletzt.  Im Landkreis Zwickau in Sachsen hatten am Samstagabend kurzzeitig vereiste Fahrbahnen zu mehreren Unfällen geführt, bei denen vier Menschen verletzt wurden. In Osthessen im Landkreis Fulda wurden vier Menschen bei einem Glätteunfall leicht verletzt. In Sachsen-Anhalt war es bei Hagel und Glätte auf der A36 im Landkreis Harz zu einem Unfall mit sieben Verletzten gekommen.
/inland/winter-wetter-138.html
2024-04-21
Fit für die Europawahl
Workshops an Schulen
Am 9. Juni findet in Deutschland die Europawahl statt. Dieses Mal dürfen auch 16-Jährige bereits zur Wahlurne. Doch viele Erstwähler haben da noch einige Fragezeichen. Von Katharina von Tschurtschenthaler.
Am 9. Juni findet in Deutschland die Europawahl statt. Dieses Mal dürfen auch 16-Jährige bereits zur Wahlurne. Doch viele Erstwähler haben da noch einige Fragezeichen. Von Katharina von Tschurtschenthaler, NDR Aufregung bei rund zwei Dutzend Zehntklässlern der Hamburger Heinrich-Hertz-Schule. Dicht gedrängt stehen sie um einen Tisch, schauen sich die ausgefüllten Wahlzettel ganz genau an - auf einem sind zwei Parteien angekreuzt. Und auf einem anderen steht "Bubatz legal", also Cannabis legal. "Ist diese Stimme damit ungültig?", fragt ein Schüler. Das ist der Klasse unklar - noch. Am Ende des Tages werden sie sogenannte "Erstwahlprofis" sein: Sie simulieren die Europawahl, lernen, wer wählen darf, wie Stimmen ausgezählt werden, und wie man den Wählerinnen und Wählern begegnet. Kurzum: Sie werden fit gemacht für ihren Einsatz als Wahlhelferinnen und Wahlhelfer am 9. Juni. Tour durch Hamburger Schulen Die erste Aufgabe: Wie sollte man am Wahltag auftreten, um als "Gastgeberinnen und Gastgeber der Demokratie" einen guten Eindruck zu machen? "Man muss auf die Leute zugehen, wenn sie nicht so richtig wissen, was sie machen sollen", sagt der 17-jährige Tim. "Da kommen ja alle Gesellschaftsgruppen, da sollte man damit rechnen, langsam zu sprechen, auch für ältere Menschen." Keinen Kater haben, wirft ein anderer Schüler in die Runde. Das sei ein guter Punkt, erwidert Bernd Wilkens und lacht. Er leitet den Workshop "Erstwahlprofis" für die Hamburger Europa-Union, eine Organisation, die sich für die Einigung Europas einsetzt und dafür, dass möglichst viele Menschen zur Wahl gehen. Deshalb tingeln er und seine Kollegen in den Monaten vor der Wahl durch Hamburger Schulen. Heute an eine zehnte Klasse an der Heinrich-Hertz-Stadtteilschule: Einige hier werden Abi machen, einige beginnen nach Abschluss dieses Schuljahres eine Ausbildung. Keine Wahlempfehlungen Die EU ist auf den Schulfluren nicht unbedingt Thema. Aber dass Europa auf ihr Leben dann doch ziemlich große Auswirkungen hat, das ist vielen bewusst. "Ich konnte nach Kroatien fahren, und aktuell gibt es eine Klasse, die in Barcelona ist. Dieser Austausch ist komplett durch die EU gefördert und dadurch erst möglich gemacht worden. Anders könnten es sich viele finanziell ja gar nicht leisten", erzählt der 18-Jährige Finn. Und dass er es wichtig fände, dass viele zur Wahl gingen, weil sich Europa durch die Pandemie und das Erstarken rechter Parteien verändert hätte. Heute geht es aber nicht um die Programme der Parteien, sondern um den Wahlakt an sich. Denn Wahlempfehlungen zu geben, das macht Bernd Wilkens deutlich, sei nicht sein Job. Dennoch scheint es viele Schülerinnen und Schüler zu interessieren. "Die Wahl ist geheim" "Im Moment geht es viel darum, wie rechte Parteien sich entwickeln. Wir sprechen in den Klassen ganz viel darüber, wie der Einfluss da ist, wie sich die Verhältnisse entwickeln und was für Auswirkungen das vor Ort haben kann", so Wilkens. Unterdessen haben die Schülerinnen und Schüler ihren Klassenraum zu "Wahlbezirk 10101" umfunktioniert. Mit wenigen Handgriffen ist die Wahlkabine aus Pappe zusammengebaut, nur einen Haken gibt es - die Pappkabinen stehen am Fenster. "Theoretisch könnte hier jemand reinschauen und mir dabei zugucken, wen ich wähle - die Wahl ist ja aber geheim", erklärt Bernd Wilkens. Zur Wahl stehen heute fiktive Parteien stellvertretend für alle politischen Lager. Der erste Probe-Wahlgang läuft noch etwas holprig ab: Bei der Stimmabgabe stauen sich die Wahlberechtigten, weil einer sich nicht ausweisen kann, die Adresslisten sind durcheinander geraten, alle rufen gleichzeitig in den Raum, werden ungeduldig - komplettes Chaos im Wahllokal. Die Schüler sind noch unentschlossen "Wir haben einfach zu viele Stimmzettel ausgeteilt", sagt der 16-Jährige Wim und zuckt mit den Schultern. "Naja, passiert. Dafür üben wir hier ja auch." Bei welcher Partei er sein Kreuzchen am 9. Juni machen wird, weiß der 16-Jährige noch nicht. Ihn interessieren vor allem die Themen Umwelt und Klima. Auch David, 18, ist noch unentschlossen. "Beim Thema Bildung soll die Partei, die ich wähle, erstmal eine richtige Digitalisierung schaffen an Schulen. In kleinen Schritten." Mit den Wahlprogrammen haben sich die meisten aus Klasse 10f noch nicht beschäftigt, aber dass sie wählen gehen, das ist für sie klar. Und einige aus der Klasse werden bei der Europawahl als Wahlhelferinnen und Wahlhelfer unterstützen. Finn etwa. "Ich finde, das ist eine coole Sache. Dann macht man mal was aus einem Sonntag, statt nur den Hangover auszukurieren", sagt er grinsend. Und fügt dann ernster hinzu: "Außerdem möchte ich diesen Sommer Interrail machen und mir Europa angucken. Warum also nicht mal was zurückgeben?"
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2024-04-21
Taugt Kunst zur Geldanlage?
Alternativen zu Aktien und Co.
Es klingt verlockend: Kunst sammeln und Rendite einstreichen. Immerhin zeigt der Trend in der Kunst tatsächlich Richtung Wertsteigerung. Aber macht sie das zu einer sicheren Alternative zu Aktien oder Gold? Von L. Steck und N. Mahmood.
Es klingt verlockend: Kunst sammeln und Rendite einstreichen. Immerhin zeigt der Trend in der Kunst tatsächlich Richtung Wertsteigerung. Aber macht sie das zu einer sicheren Alternative zu Aktien oder Gold? Von Lisa Steck und Nasir Mahmood, hr Es gibt sie, die absoluten Ausnahmesituationen, in denen sich ein Kunstwerk als regelrechte Goldgrube herausstellt. Etwa im Fall von Leonardo da Vincis "Salvator Mundi". Im Jahr 2013 wurde das Gemälde für 75 bis 80 Millionen Dollar verkauft, wenig später ging es dann für 127,5 Millionen Dollar an einen russischen Milliardär. Aber damit war noch nicht der Höchstpreis erreicht. Schon im Jahr 2017 wurde es mit einem Rekordpreis von 450,3 Millionen Dollar zum bislang teuersten Gemälde der Welt. Doch auch abseits von derartig schwindelerregenden Summen scheinen Kunstwerke im Wert zu steigen. Damit werden sie auch für Menschen interessant, die nach Alternativen für ihre Geldanlagen suchen.  Kunstpreise steigern den Wert Heike Negenborn hat es an ihrer Kunst erlebt: Als die Künstlerin vor 35 Jahren mit der Landschaftsmalerei anfing, gab es noch wenig Nachfrage nach ihren Kunstwerken. Heute sind Landschaftsbilder eher im Trend, und der Wert ihrer Bilder ist rasant gestiegen. Auch, weil sie in den vergangenen Jahren einen Kunstpreis nach dem anderen gewonnen hat. Das wirkt sich auf den Preis der Bilder aus: Ein Bild, das sie vor zehn Jahren noch für rund 3.500 Euro hätte verkaufen können, kostet heute 7.000 Euro. Negeborn gibt zu, dass sie das überrascht hat: "Ich hätte mir vor zehn Jahren nicht vorstellen können, dass meine Bilder im Wert auf das Doppelte steigen." Glück und Risikobereitschaft Ein Trend, der ähnlich auf dem gesamten Kunstmarkt zu beobachten ist: Schätzungen zufolge beträgt der jährliche Wertanstieg von Kunst rund sechs Prozent. Aber dies sei mit Vorsicht zu genießen, sagt Michael Grote, Finanzexperte an der Frankfurt School of Finance: "Man muss aufpassen mit dieser Zahl, weil die Kunstwerke erst in den Markt kommen, wenn man denkt, dass sie auch einen guten Preis erzielen - sonst setzt man die Kunstwerke nicht auf den Markt." Nur die Kunstwerke, die überhaupt verkauft werden, zählen also in den Wertanstieg von sechs Prozent hinein. Einen Abnehmer für Kunstwerke zu finden, kann der schwierigste Part sein. Und auch die Preisentwicklung ist nicht immer vorhersehbar, erklärt Kunsthistorikerin Sophia Böhm. "Das ist schwer zu kalkulieren, und deswegen braucht es ein bisschen Risikobereitschaft. Da gehört immer ein bisschen Glück dazu." Schwer zu kalkulieren Auch Finanzexperte Grote ist vorsichtig bei Kunst als Wertanlage. Für Menschen, die ohnehin ein großes Anlageportfolio haben, sei das durchaus eine Option. "Insgesamt ist es aber kein vorrangiges Mittel, um für die Rente anzusparen." Dazu sei der Wert von Kunst zu unbeständig und viel zu schwer berechenbar. Kunst als Wertanlage ist also alles andere als eine sichere Bank. Wer aber Kunst mag und Kunstwerke erwirbt, sollte vielleicht hin und wieder einmal ihren Wert checken. Möglicherweise könnte es zu einer positiven Überraschung führen.
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2024-04-21
"Das wäre ein Desaster für den Weltsport"
Faeser zu Dopingverdacht gegen China
Nach Bekanntwerden des Verdachts eines massiven Dopingvergehens des chinesischen Schwimmteams hat Bundesinnenministerin Faeser konsequente Aufklärung gefordert. Die Berichte erschütterten das Vertrauen in die Welt-Anti-Doping-Agentur.
Nach Bekanntwerden des Verdachts eines massiven Dopingvergehens des chinesischen Schwimmteams hat Bundesinnenministerin Faeser konsequente Aufklärung gefordert. Die Berichte erschütterten das Vertrauen in die Welt-Anti-Doping-Agentur. Die für den Sport zuständige Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat nach den Berichten über ein massives Doping-Vergehen im chinesischen Schwimm-Team bei den Olympischen Spielen in Tokio eine konsequente Aufarbeitung gefordert. Die Berichte erschütterten das Vertrauen in die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) und den weltweiten Kampf gegen massiven Betrug im Spitzensport, sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur dpa. "Wenige Monate vor den Olympischen Spielen muss der im Raum stehende Verdacht des Wegschauens oder gar Vertuschens schnellstens umfassend aufgeklärt werden. Wenn ein so schwerwiegender Doping-Verdacht besteht, dann muss dieser unabhängig durch die Wada geprüft werden", erklärte Faeser. Verdacht gegen 23 Top-Schwimmer Nach Recherchen der ARD-Doping-Redaktion und der New York Times sowie einem Bericht der australischen Zeitung Daily Telegraph zufolge waren 23 Top-Schwimmerinnen und -Schwimmer bei einem nationalen Wettkampf in China Anfang 2021 positiv auf das Herzmittel Trimetazidin getestet worden. Bei Olympia in Tokio gewann das 30-köpfige chinesische Team im Juli/August 2021 sechs Medaillen, darunter dreimal Gold.  Die WADA hatte die Ermittlungen nach eigenen Angaben mit der Begründung eingestellt, dass den Sportlern nach einem "mehrwöchigen Überprüfungsprozess" weder Verschulden noch Fahrlässigkeit anzulasten sei. Strafen seien nicht verhängt worden. Der chinesischen Anti-Doping-Agentur Chinada zufolge sind die positiven Doping-Tests auf Verunreinigungen in einer Hotelküche zurückzuführen.  "Wenn sich bestätigt, dass chinesische Schwimmerinnen trotz zuvor nachgewiesener Doping-Mittel in Tokio Olympiasiegerinnen werden konnten, dann wäre das ein Desaster für den Weltsport", sagte die Bundesinnenministerin. Dies verstärke den Generalverdacht, der bei einigen Sportarten bestehe, noch mehr. "Dieser Fall ist damit auch ein Schlag ins Gesicht für alle unschuldigen und ehrlichen Athletinnen und Athleten", betonte Faeser.
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2024-04-21
"Entscheidung, die uns das Leben rettet"
Nach US-Votum im US-Repräsentantenhaus
Die Erleichterung in der Ukraine nach dem Votum im US-Repräsentantenhaus ist groß: Präsident Selenskyj nannte die milliardenschwere Militärhilfe "überlebenswichtig". Bundeskanzler Scholz sprach von einem "starken Signal".
Die Erleichterung in der Ukraine nach dem Votum im US-Repräsentantenhaus ist groß: Präsident Selenskyj nannte die milliardenschwere Militärhilfe "überlebenswichtig". Bundeskanzler Scholz sprach von einem "starken Signal". Für die Ukraine ist die vom US-Repräsentantenhaus gebilligte milliardenschwere Militärhilfe laut Präsident Wolodymyr Selenskyj "überlebenswichtig" im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg. "Und es ist ein sehr bedeutendes Paket, das sowohl unsere Kämpfer an der Front als auch unsere Städte und Dörfer, die unter dem russischen Terror leiden, zu spüren bekommen werden", sagte Selenskyj in seiner am Samstagabend in Kiew verbreiteten Videobotschaft. "Das ist eine Entscheidung, die uns das Leben rettet." Das US-Repräsentantenhaus hatte nach monatelanger Blockade ein milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine gebilligt. Die Parlamentskammer verabschiedete am Samstagnachmittag (Ortszeit) einen entsprechenden Gesetzentwurf, der rund 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) für Kiew enthält. Die nötige Zustimmung des Senats steht noch aus, gilt aber als sicher. Selenskyj dankte dem republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, für die Unterstützung. Er hoffe, dass das Hilfspaket nun auch den US-Senat passiere und dann schnell genug auf dem Schreibtisch von US-Präsident Joe Biden lande. "Amerika hat seine Führungsrolle von den ersten Tagen dieses Krieges an gezeigt." Das sei "entscheidend für die Aufrechterhaltung einer internationalen Ordnung in der Welt, die auf Regeln und Vorhersehbarkeit des Lebens für alle Nationen beruht", sagte Selenskyj weiter in seiner Videobotschaft. "Wir werden die amerikanische Unterstützung sicher nutzen, um unsere beiden Nationen zu stärken und ein gerechtes Ende dieses Krieges näherzubringen - eines Krieges, den Putin verlieren muss." Social-Media-Beitrag auf X von Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський: "Today, we received the awaited decision on the US aid package that we long fought for. And a very significant one. Our warriors on the front lines, as well as our cities and villages suffering from Russian terror, will feel it. The U.S. House of Representatives voted on it… pic.twitter.com/G6z3PxsOMg" Der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal teilte bei Facebook mit, dass von dem Paket etwa 50 Milliarden US-Dollar (rund 47 Milliarden Euro) für die Verteidigung der Ukraine ausgegeben werden sollten. 7,8 Milliarden US-Dollar seien vorgesehen, um den Staatshaushalt der Ukraine zu stützen. 1,57 Milliarden US-Dollar seien als Wirtschaftshilfe geplant und 400 Millionen US-Dollar zum Schutz der Grenzen und für die Minenräumung. Von dem Geld solle auch die Wiederherstellung der wichtigen Infrastruktur finanziert werden. Scholz spricht von "starkem Signal" Die Bundesregierung nahm die Zustimmung des US-Repräsentantenhauses mit Erleichterung auf: "Die Entscheidung des US-Repräsentantenhauses zur Unterstützung der Ukraine ist ein starkes Signal in dieser Zeit", erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz über X. Zuvor hatte Außenministerin Annalena Baerbock von einem "Tag der Zuversicht für die Ukraine und Europas Sicherheit" gesprochen. Die Grünen-Politikerin schrieb auf X: "Die Herzen der wichtigsten Ukraine-Unterstützer schlagen wieder im Takt." Social-Media-Beitrag auf X von Bundeskanzler Olaf Scholz: "Die Entscheidung des US-Repräsentantenhaus zur Unterstützung der Ukraine ist ein starkes Signal in dieser Zeit. Wir stehen gemeinsam an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer, die für ihr freies, demokratisches und unabhängiges Land kämpfen." NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg lobte das US-Votum als eine Investition in die Sicherheit der Staaten des Militärbündnisses. "Die Ukraine nutzt die von NATO-Verbündeten bereitgestellten Waffen, um die russischen Gefechtsfähigkeiten zu zerstören", erklärte er. "Das macht uns alle sicherer, in Europa und Nordamerika." Die erhebliche Erhöhung der Hilfe werde den zweistelligen Milliardenbetrag ergänzen, "der von europäischen Verbündeten an die Ukraine bereitgestellt wird". Baltische Staaten begrüßen US-Entscheidung Die baltischen Staaten begrüßten die Entscheidung des US-Repräsentantenhauses. "Großartiger Tag für die freie Welt, großartiger Tag für die Ukraine", schrieb Lettlands Staatspräsident Edgars Rinkevics auf X. Estlands Regierungschefin Kaja Kallas teilte mit: "Ich hoffe, diese Abstimmung ermutigt alle Verbündeten, ihre Lager zu durchsuchen und mehr zu tun." Litauens Staatschef Gitanas Nauseda betonte: "Es ist ein großer Schritt in Richtung Sieg, und alle Verbündeten sollten damit weitermachen, die Ukraine zu unterstützen".  Russland nennt US-Hilfe für Ukraine zerstörerisch Der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow erklärte, die vom US-Repräsentantenhaus bewilligten Milliardenhilfen würden die Ukraine "weiter ruinieren" und zu mehr Toten in dem Konflikt führen. "Die Entscheidung, der Ukraine Hilfe zu leisten, war erwartbar und wurde vorhergesagt. Sie wird die Vereinigten Staaten von Amerika weiter reich machen und die Ukraine weiter zugrunde richten, sie wird zu noch mehr toten Ukrainern führen", sagte er der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Zugleich warnte Peskow einmal mehr davor, russisches Staatsvermögen zu konfiszieren. Amerika werde sich dafür verantworten müssen, wenn es tatsächlich dazu komme. Russland werde entsprechend eigenen Interessen eine Antwort darauf geben, sagte der Kremlsprecher. Das Repräsentantenhaus votierte am Samstag auch für die Beschlagnahmung eingefrorener russischer Vermögenswerte.
/ausland/usa-ukraine-116.html
2024-04-21
"Strategie der Selbstverharmlosung"
Höcke-Prozess
In Halle hat der Prozess gegen Thüringens AfD-Landeschef Höcke wegen einer verbotenen SA-Losung begonnen. Zuvor hatte er erklärt, nichts von dem Verbot gewusst zu haben. Ein Politikwissenschaftler findet die Argumentation nicht glaubwürdig.
In Halle hat der Prozess gegen Thüringens AfD-Landeschef Höcke wegen einer verbotenen SA-Losung begonnen. Zuvor hatte er erklärt, nichts von dem Verbot gewusst zu haben. Ein Politikwissenschaftler findet die Argumentation nicht glaubwürdig. tagesthemen: Thüringens AfD-Chef Björn Höcke findet die verbotene SA-Losung "Alles für Deutschland" sei harmlos. Spricht er aus, was viele denken, die die Aussage nicht sofort zuordnen können? Dierk Borstel: Das mag jemand denken, der die Aussage nicht kennt. Er als Geschichtslehrer wird eine der drei zentralen Parolen der NSDAP und in diesem Fall der Sturmabteilung, ich vermute, mit Sicherheit gekannt haben. Von daher ist es eher so eine Strategie der Selbstverharmlosung zu sagen: Es ist doch wieder nur eine Kleinigkeit, bauscht das nicht so auf. Es spricht viel dafür, dass dahinter schon eine etwas längerfristige und auch ausführlichere Strategie, steht. Nämlich, uns genau an solche Dinge auch zu gewöhnen. Damit es irgendwann auch so eine Art Normalisierungseffekt gibt. "Stück für Stück an völkische Ideologie gewöhnen" tagesthemen: Wie sieht diese Strategie konkret aus? Borstel: Das ist eine Strategie, dass wir uns langsam wieder gewöhnen an völkische, rassistische, vielleicht auch nationalsozialistische Elemente oder Teilbereiche. Man kann das vielleicht mit einem Beispiel erklären: Wenn wir uns mal vorstellen, wir hätten eine sehr starke Waffenlobby und die würde uns jeden Tag erzählen, dass Sicherheit nur durch persönliche, individuelle Bewaffnung möglich wäre. Wenn es dieser Waffenlobby gelänge, das Stück für Stück so zu setzen, dass wir das irgendwann glauben. Wahrscheinlich würden wir uns dann einerseits bewaffnen. Mit ziemlicher Sicherheit gäbe es mehr Gewalt und wir würden dann auch eine Politik befürworten, die genau diese Bewaffnung eben auch ja finanziert und fördert. Diese Idee verfolgt eben die AfD auch: Dass wir uns Stück für Stück an völkische Ideologie-Elemente gewöhnen. Dass es irgendwann normal ist für uns, dass es sie gibt, und darauf aufbauend dann auch Politik zu machen. Das ist eine Strategie der kulturellen Subversion mit Provokationen einerseits, aber auch mit einem Opfermythos zu arbeiten andererseits, damit wir uns daran gewöhnen. Damit dauerhaft eine völkische Politik darauf aufgebaut werden kann. Dierk Borstel ist Politikwissenschaftler und Rechtsextremismusforscher an der Fachhochschule Dortmund. "Die Neue Rechte denkt in langfristigen Schritten" tagesthemen: Glauben Sie, dass Höcke und Gleichgesinnte damit erfolgreich sein können? Borstel: Es ist zumindest nicht ausgeschlossen. Vor allem ist es eine Strategie, die nicht kurzfristig denkt, sondern langfristig. Das heißt, man arbeitet immer mit dem Mittel der Provokation, geht dann also zwei Schritte vor. Und wenn es dann ein Stoppschild gibt, so wie mit dem Gerichtsverfahren, dann geht man eben sehr wehklagend und mit einem Opferbegriff arbeitend wieder einen Schritt zurück. Man ist damit aber trotzdem einen Schritt vorangekommen. Diese Neue Rechte, auf die sich Herr Höcke bezieht, denkt nicht in kurzen Legislaturperioden, sondern in ganz langfristigen Schritten der Normalisierung. Und von daher ist es schon eine Geschichte, die ernstzunehmen ist, die auch historische Vorbilder hat und, wie man in den Wahlumfragen derzeit sieht, sicherlich auch einen gewissen Erfolg versprechen kann. "Höcke will eine andere Geselllschaft" tagesthemen: Höcke betont ja immer wieder, er verhalte sich einfach nur patriotisch. Wie sehen Sie das? Borstel: Patriotismus würde ich jetzt definieren als Liebe zum eigenen Land. Was Höcke aber predigt, sind aus meiner Sicht eher völkische Ideologien. Die haben häufig einen rassistischen und menschenfeindlichen Kern. Er sagt das auch sehr deutlich: Er will eine andere Gesellschaft, er will auch eine andere Bevölkerung haben. Und damit ist es nicht Patriotismus, sondern das ist vor allem sehr viel Hass gegenüber anderen Menschen. "Ganz wichtig ist, dass wir widersprechen" tagesthemen: Es geht um die Grenzen des Sagbaren. Wie lässt sich diese Debatte im Kollegen- oder auch im Bekanntenkreis führen, wenn auch da einige so argumentieren wie Björn Höcke? Borstel: Zunächst einmal müssen wir das überhaupt erkennen. Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen. An Ungerechtigkeiten, weil die eben immer der Menschenfeindlichkeit vorangehen. Und wir dürfen uns auch nicht an Menschenfeindlichkeit gewöhnen. Ganz wichtig ist aber, dass wir laut werden, dass wir dem widersprechen. Das muss nicht immer bis ins Letzte inhaltlich gefüllt sein, sondern allein der Widerspruch bedeutet erst einmal, dieser Seite nicht das Spielfeld zu überlassen. Und was mir ganz wichtig ist: Das funktioniert halt am besten, wenn wir die eigenen Werte - das heißt Werte der Humanität, die Idee des Rechtsstaates, der Demokratie - auch selbst im Alltag authentisch leben und uns in solchen Organisationen engagieren. Also da, wo Demokratie gelebt und auch gut organisiert ist. Rechtsextremismus ist immer etwas schwer. Und dieser Dreiklang nicht gewöhnen, widersprechen und etwas dafür tun - das ist das, was im Kollegenkreis auch entscheidend sein kann. Das Gespräch führte Jessy Wellmer, tagesthemen. Es wurde für die schriftliche Variante gekürzt und redigiert.
/inland/innenpolitik/rechtsextremismus-hoecke-100.html
2024-04-21
Im Fahrwasser der AfD
"Compact" und "Freie Sachsen"
Die extreme Rechte hofft auf eine "patriotische Wende" bei den Wahlen im Sommer und Herbst. Das Magazin "Compact" veranstaltet deshalb AfD-nahe "Volksfeste" - und die "Freien Sachsen" wollen sich neben der Partei in Stellung bringen. Von T. Vorreyer
Die extreme Rechte hofft auf eine "patriotische Wende" bei den Wahlen im Sommer und Herbst. Das Magazin "Compact" veranstaltet deshalb AfD-nahe "Volksfeste" - und die "Freien Sachsen" wollen sich neben der Partei in Stellung bringen. Von Thomas Vorreyer Gleich zu Beginn geht es um "die Partei mit den drei Buchstaben". Die AfD, ruft der Moderator, habe "die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, unser Land zurückzuholen". Dafür werde man "gemeinsam" sorgen. Die Menschen auf den Bierbänken vor der Bühne jubeln. Etwas weniger als 300 sind an diesem Samstagabend auf den Bahnhofsplatz von Sonneberg in Thüringen gekommen. Das rechtsextremistische "Compact"-Magazin hat ein "Volksfest" versprochen - mit "Compact und AfD zum Anfassen". In einer Vorankündigung träumte "Compact" angesichts guter Umfragewerte bereits von "AfD-Alleinregierungen" in Thüringen und Sachsen. Mit einer Tour wolle man vor den Kommunal- und Landtagswahlen dort helfen, "wo die Kräfte der AfD nicht ausreichen". Von der AfD sind in Sonneberg Petr Bystron - aktuell mit Korruptionsvorwürfen belasteter Europa-Kandidat - sowie Doris von Sayn-Wittgenstein als Redner angekündigt. Moderator Egbert Ermer war früher selbst in der Partei, ebenso Gast André Poggenburg. Verdeckte Wahlwerbung für die AfD? Sie alle schreckt nicht, dass "Compact" laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz regelmäßig "antisemitische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungsideologische Inhalte" verbreitet. Das Magazin selbst sieht sich mit einer angeblich verkauften Auflage von 40.000 Heften als größtes Medium "des Widerstands". Chefredakteur Jürgen Elsässer sagt auf der Bühne, es gehe 2024 darum, "die da oben davonzujagen". Die Bundesregierung nennt er "Vaterlandsverräter". Die "Blaue Welle" sei aber nur Werbung für eine "patriotische Wende" in Deutschland, "kein Wahlkampf", so Elsässer. Die Relativierung hat einen Grund: Der AfD ging die Compact-Tour zu weit. Man wolle erreichen, "dass eine Zuordnung dieser Veranstaltungen zur AfD nicht möglich ist", teilte der Parteivorstand dem ARD-Politikmagazin Kontraste mit. Einige AfD-Vertreter zogen sich von der Tour zurück. Die Bundestagsverwaltung wiederum prüft eine mögliche Parteispende. Elsässer sagt tagesschau.de, er habe eine Unterlassungserklärung unterschrieben. Er werde keine Wahlwerbung für die AfD machen. Auch dass der Name der Tour "Blaue Welle" sei, habe nichts mit der Parteifarbe der AfD zu tun: blau. Geld verdienen mit der politischen Stimmung Für Elsässer ist die AfD auch eine Geschäftsbeziehung. "Compact" verkauft Sondermünzen und -hefte mit dem Konterfei des thüringischen AfD-Landeschefs Björn Höcke und Plakate eines Magazincovers mit der Parteivorsitzenden Alice Weidel. Mitunter schalten AfD-Landtagsfraktionen und Landesverbände Anzeigen.  Von den Anzeigen sei man nicht abhängig, sagt Elsässer, räumt aber ein, dass sich AfD-Inhalte im "Compact"-Shop besonders gut verkaufen würden. Der silberne "Höcke-Taler" kostet bei einem Materialwert von rund 13 Euro knapp unter 70 Euro. Auch die Redaktion profitiert von der AfD-Nähe: Georg Sesselmann, hier in Sonneberg vor einem Jahr zu einem ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt, durfte "Compact" exklusiv begleiten. Sesselmann besucht an diesem Samstag auch die Veranstaltung - aus "reinem Interesse", wie er auf Nachfrage sagt. Lied: "Wählt die AfD" Die Einladung, hier zu reden, habe er aus rechtlichen Bedenken ausgeschlagen. Kurz darauf beendet Sesselmann das Gespräch und verlässt, nachdem ihn ein Kamerateam von "Spiegel-TV" anspricht, den Platz um die Ecke von seinem eigenen Amtssitz. So verpasst der Landrat nicht nur seinen Parteikollegen Petr Bystron, der erklärt, dass das hier "kein Wahlkampf" sei und er lediglich als Buchautor gekommen wäre, sondern auch den Auftritt von Björn Winter alias Björn Banane. Der Sänger ist mit Auftritten bei "Querdenker"-Demonstrationen bekannt geworden. Zuletzt hat er sich der AfD angenähert. Zu Winters Repertoire in Sonneberg gehört das neue Lied "Mein Herz schlägt Blau", in dem er mehrfach ruft: "Wählt die AfD!" Jürgen Elsässer sagt, das sei nicht mit ihm abgesprochen. Dennoch lässt er Winter gleich zweimal gewähren. "Freie Sachsen" wollen sich etablieren Bereits zwei Tage vor dem "Compact"-Stop in Sonneberg treffen sich in einem Dorf bei Zwickau die "Freien Sachsen". Die rechtsextreme Partei hat sich Prominenz im Kommunalwahlkampf eingeladen: Andreas Kalbitz, einst Kopf des völkischen "Flügels", vor vier Jahren aber aus der AfD ausgeschlossen. Laut "Leipziger Volkszeitung" erklärt Kalbitz den Zuhörern, die "Freien Sachsen" wären in eine von der AfD gelassene Lücke gestoßen und nun ein möglicher Koalitionspartner. Der sächsische Verfassungsschutz stuft die "Freien Sachsen" als gesichert rechtsextremistisch ein. Die Partei propagiert offen einen "Umsturz" und ist ein maßgeblicher Treiber hinter Corona- und Asyl-Protesten. Mehrere Mitglieder waren oder sind parallel auch in der NPD-Nachfolgepartei Die Heimat aktiv. Ambivalentes Verhältnis Der Parteivorsitzende Martin Kohlmann spricht oft über die AfD. In einer Online-Diskussion sagte Kohlmann, die "Freien Sachsen" seien der "Pflock" für die AfD. Die solle davon abgehalten werden, mit der CDU zu koalieren. Er strebe gemeinsame Mehrheiten "gegen den Sumpf" der anderen Parteien an. Laut dem Soziologen Johannes Kiess vom Leipziger Else-Frenkel-Brunswik-Institut wollen die "Freien Sachsen" die AfD "auf einen extrem rechten Anti-System-Kurs bis zum Umsturz halten beziehungsweise bringen". Dass Letzterer ernsthaft verfolgt werde, werde dabei zur Bedingung für eine Zusammenarbeit gemacht. So kritisieren die "Freien Sachsen" regelmäßig AfD-Vertreter, die AfD wiederum hat die "Freien Sachsen" auf ihre Unvereinbarkeitsliste gesetzt. Und doch tritt man zusammen auf. Im Januar sagte die AfD-Bundestagsabgeordnete Carolin Bachmann bei einer von "Freien Sachsen" organisierten Demo, man arbeite gemeinsam "im Widerstand" - auf der Straße und in den Parlamenten. "Die Ambivalenz ist von beiden Seiten gewollt", sagt Soziologe Kiess. Die Mobilisierung der "Freien Sachsen" durch Proteste helfe der AfD. Die Diskursverschiebung nach rechts durch die AfD helfe wiederum den noch radikaleren "Freien Sachsen". Mehrheiten nicht abwegig Bei den Kommunalwahlen in Sachsen treten die "Freien Sachsen" nun voraussichtlich in allen Landkreisen, kreisfreien Städten und einigen kleineren Städten und Gemeinden an. Die Partei peile zweistellige Ergebnisse an, teilt ein Sprecher mit. In einigen Kommunen wolle man sogar stärkste Kraft werden. Das Potenzial dafür ist da: 2022, als die "Freien Sachsen" bei drei Landratswahlen erstmals Kandidaten aufstellten, erhielten diese um die 10 Prozent - in einem Fall sogar 20. In dem Kreis war die AfD allerdings nicht angetreten. Johannes Kiess hält in einzelnen Gemeinden gemeinsame Mehrheiten von Freien Sachsen und AfD für möglich. Er erwartet, dass beide dann zusammenarbeiten. Auch im Wahlkampf werde es keine großen Differenzen geben. Anders sieht es bei den Landtagswahlen aus. Auch für diese haben die "Freien Sachsen" laut dem Sprecher bereits eine Liste aufgestellt. Über einen Antritt soll aber erst nach den Kommunalwahlen entschieden werden. Käme es dazu, wäre es für die AfD "fatal", sagt Soziologe Johannes Kiess. Die Stimmen für die "Freien Sachsen" könnten ihr im Kampf um Direktmandate und den symbolisch wichtigen ersten Platz vor der CDU fehlen.
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2024-04-21
Repräsentantenhaus stellt TikTok ein Ultimatum
Drohendes Verbot in den USA
Für TikTok wird es ernst: Das US-Repräsentantenhaus hat erneut ein Gesetz verabschiedet, das einen Verkauf der chinesischen Kurzvideo-App erzwingen soll. Andernfalls droht eine Verbannung aus den USA.
Für TikTok wird es ernst: Das US-Repräsentantenhaus hat erneut ein Gesetz verabschiedet, das einen Verkauf der chinesischen Kurzvideo-App erzwingen soll. Andernfalls droht eine Verbannung aus den USA. Das US-Repräsentantenhaus hat erneut für ein Gesetz gestimmt, das die beliebte Kurzvideo-App TikTok aus China unter amerikanische Kontrolle bringen soll. Die Parlamentskammer in Washington nahm den Entwurf am Samstag mit einer großen überparteilichen Mehrheit an. Das Gesetz könnte zur Verbannung von TikTok aus amerikanischen App-Stores führen, wenn der Dienst weiter im Besitz des chinesischen Konzerns ByteDance bleibt. Der Entwurf sieht eine Frist von neun Monaten für einen Verkauf vor. US-Präsident Joe Biden kann diese um drei weitere Monate erweitern.  TikTok ist die einzige international erfolgreiche Online-Plattform, die nicht aus den USA stammt. ByteDance wird in den USA parteiübergreifend als chinesisches Unternehmen gesehen, das sich entsprechend dem Willen der Kommunistischen Partei Chinas beugen müsse. Ähnlicher Entwurf steckt im Senat fest Das US-Repräsentantenhaus hatte im März bereits einen ähnlichen Entwurf gebilligt, der eine teilweise als zu kurz kritisierte Frist von sechs Monaten für den Verkauf vorsieht. Dieser steckt aktuell im Senat fest. Der neue TikTok-Entwurf ist Teil eines mehrteiligen Pakets im US-Repräsentantenhaus, das mehrere Prioritäten der Republikaner zusammenfasst und auch neue Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine möglich machen soll. So gilt es als sicher, dass der Entwurf nun zügig den Senat passieren wird, in dem die Demokraten von Präsident Biden eine Mehrheit haben. Biden hatte in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass er ein entsprechendes TikTok-Gesetz unterzeichnen würde. Unklar ist allerdings, ob wie in früheren Fällen US-Gerichte die Pläne torpedieren könnten. US-Demokraten in der Zwickmühle Bidens Demokraten bringt das Gesetz in eine Zwickmühle: Denn zum einen will der Präsident eine harte Position gegenüber China einnehmen, zum anderen ist die App bei jungen Nutzern populär, deren Stimmen er für eine Wiederwahl im November braucht. Bidens Wahlkampfteam eröffnete erst in diesem Jahr selbst einen TikTok-Account. Die Verlängerung der Frist für einen Eigentümerwechsel bei TikTok würde den Showdown zumindest hinter die Präsidentenwahl Anfang November verlegen. TikTok weist Bedenken stets zurück und betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens. ByteDance sei zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren. Der Firmensitz liege auf den Cayman-Inseln in der Karibik. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und ByteDance eine große Zentrale in Peking habe.  Schon Trump wollte Verkauf durchsetzen TikTok hat nach eigenen Angaben 170 Millionen Nutzer in den USA. Schon Donald Trump versuchte während seiner Amtszeit als US-Präsident, mit Verbotsdrohungen einen Verkauf des US-Geschäfts von TikTok an amerikanische Investoren durchzusetzen.  Doch das Vorhaben scheiterte vor allem daran, dass US-Gerichte die Pläne für ein TikTok-Verbot als einen Verstoß gegen die in der US-Verfassung verankerte Redefreiheit bewerteten. TikTok-Chef Shou Chew will sich gegen das US-Gesetz wehren. Das Unternehmen werde alles Mögliche unternehmen und rechtliche Mittel einsetzen, um die Plattform zu verteidigen, sagte er. TikTok beharrt darauf, dass das Ziel des Gesetzes ein Verbot der App in den USA sei. Wer TikTok kaufen könnte, ist unklar. Die großen Tech-Konzerne dürften aus Wettbewerbsgründen nicht infrage kommen. Der ehemalige US-Finanzminister Steven Mnuchin gab bereits im März bekannt, er organisiere eine Investorengruppe für den Kauf von TikTok. Sein Plan ist, die App in den USA mit US-Technologie neu zu programmieren.
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2024-04-21
"Alles aufgerissen, alles Murks"
Glasfaserausbau in Deutschland
Viele Anbieter versprechen einen schnellen und unkomplizierten Glasfaserausbau. Doch bis das Highspeed-Internet im Haus liegt, ist der Weg oft steinig - und Kommunen sind den Bautrupps ausgeliefert. Von Barbara Berner.
Viele Anbieter versprechen einen schnellen und unkomplizierten Glasfaserausbau. Doch bis das Highspeed-Internet im Haus liegt, ist der Weg oft steinig - und Kommunen sind den Bautrupps ausgeliefert. Von Barbara Berner Wenn Bürgermeister Rüdiger Germeroth durch das nordhessische Zierenberg läuft, macht sich schnell Ärger breit. "Seit fast vier Jahren geht das so, alles aufgerissen, nur schlecht zugeschüttet, alles Murks." Was anfänglich noch gut lief, war schon nach ein paar Wochen beendet. "Wir finden noch nicht mal Ansprechpartner bei den Firmen, weil ständig die Bauleiter wechseln", beklagt er die Situation. Und zu dem Ärger kommt dann auch die Angst vor mangelnder Verkehrssicherheit. Er zeigt auf die meterhohen Kabelrollen, zwei an der Zahl, am Straßenrand abgestellt - und gerade mal ein Feldstein soll verhindern, dass die schweren Kabelrollen nicht den Straßenabhang hinunterrollen. Verkehrssicherheit ist für Kommunen ein zentrales Thema - zuständig aber im Detail sind die Baufirmen. Kein Einzelfall: Was hier passiert, darüber klagen viele Kommunen. Deutschland hat Glasfaser-Fieber. Den Bürgermeistern sind die Hände gebunden Bis 2030 sollen alle Haushalte und Betriebe in Deutschland bei Highspeed-Internet angekommen sein. Um das Großprojekt Glasfaserausbau zu beschleunigen, wurden im Telekommunikationsgesetz Verfahrenserleichterungen festgeschrieben. Konkret: Alle lizensierten Anbieter haben freien Zugang zum Glasfaserausbau und damit zu den öffentlichen Wegen. Die Folge ist eine weitgehende Rechtlosigkeit der Kommunen. Zwar sind die Telekommunikationsunternehmen verpflichtet, die Verkehrswege wieder instandzusetzen. Aber kommen sie dieser Verpflichtung nur ungenügend nach, sind die Gemeinden den Bautrupps ausgeliefert. "Bei manchen Subunternehmen fragt man sich, ob die jemals was mit Tiefbau am Hut hatten", sagt Dieter Hornung, Bürgermeister in Burghaun, einer Gemeinde in Osthessen. Und der Rathaus-Chef aus Bad Salzschlirf, einer Nachbargemeinde, kann nur den Kopf schütteln, wenn er auf die Pflastersteine schaut, die nach dem Ausbau wieder auf die Gehwege kamen. "Ein Flickenteppich, und das müssen wir den Bürgern und Bürgerinnen jetzt auch noch erklären." Unternehmen wehren sich Eine Sprecherin erklärt im Auftrag der Deutschen Telekom, man nehme die Schadensfälle sehr ernst und analysiere die Gründe dafür. Man versuche, die Arbeitsprozesse zu optimieren. Die Verantwortung für die fachlich korrekte Ausführung liege bei den beauftragten Tiefbaufirmen, argumentiert die Telekom. "Diese sind aufgefordert, bei Schadensmeldungen die Mängel umgehend auszubessern." Und auch kleinere Anbieter wie das Unternehmen Goetel bemühen sich argumentativ um Schadenbegrenzung: Der Ausbau sei sehr komplex, erklärt Peter Raue, der Baubereichsleiter von Goetel, und es sei "schwierig, Ausbaupartner zu finden, mit denen man das alles gut umsetzen kann". Dass im Fall Goetel auch mal ein Haus in einer Straße in Zierenberg vergessen wird, während die gesamte Straße schon angeschlossen ist? "Fehler passieren", so der Baubereichsleiter. Deutschland als gigantische Baustelle Neben den großen Telekommunikations-Konzernen wie Telekom und Vodafone sind derzeit mehr als 200 Glasfaserunternehmen in Deutschland aktiv, um Tempo zu machen. Denn immer noch ist Deutschland beim Breitbandausbau eine gigantische Baustelle. Dabei wollte die Politik schon 1981 Glasfaser. Das war unter Helmut Schmidt. Dann kam ein neuer Kanzler - Helmut Kohl setzte auf Kupferkabel, und das zieht sich bis heute durch die Republik. "Wir haben lange Jahre auf unsere sehr gute alte Telefon-Infrastruktur gesetzt, die erlaubte hohe Datenraten über DSL-Technik," sagt Jens Tiemann, der am Fraunhofer Institut für Kommunikationssysteme arbeitet. "Da war es auch für die Telekom nicht nötig, das Kupferkabel rauszureißen." Die Folge: Deutschland liegt heute auf Platz 36 von 38 OECD-Staaten. Und die Europäische Union bescheinigte gerade Deutschland ein "mangelhaft" beim Ausbau. Aber glaubt man den Optimisten, so wird schon in eineinhalb Jahren bei der Hälfte der bundesdeutschen Haushalte die Zukunft mit Lichtgeschwindigkeit angekommen sein.
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2024-04-21
Der Knoten ist gelöst
US-Repräsentantenhaus billigt Ukraine-Hilfen
Für die Ukraine war das monatelange Hin und Her im US-Repräsentantenhaus um weitere Militärhilfe eine Zerreißprobe. Jetzt wurden die Mittel in erster Instanz gebilligt - auch mit Hilfe der Republikaner. Von Claudia Sarre.
Für die Ukraine war das monatelange Hin und Her im US-Repräsentantenhaus um weitere Militärhilfe eine Zerreißprobe. Jetzt wurden die Mittel in erster Instanz gebilligt - auch mit Hilfe der Republikaner. Von Claudia Sarre Es war ein großer Moment im US-Repräsentantenhaus. Kongressabgeordnete jubelten und schwenkten Ukraine-Fähnchen, als das Abstimmungsergebnis verkündet wurde. 311 Ja-Stimmen gegen 112 Nein-Stimmen. Nach monatelangen erbitterten Kämpfen stimmten Demokraten und Republikaner gemeinsam weiteren Ukraine-Hilfen in Höhe von insgesamt 61 Milliarden Dollar zu. "Kein Blanko-Scheck" Dies sei kein Blanko-Scheck für die Ukraine, so wie der Gesetzentwurf des Senats, sondern ganz anders, erklärte der republikanische Sprecher der Repräsentantenhaus, Mike Johnson, im Anschluss vor Fernsehkameras.  "Anstatt den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen und den Gesetzesentwurf des Senats zur Abstimmung zu bringen, haben wir unseren Mitgliedern eine Stimme gegeben. Eine Chance und am Ende ein besseres Gesetz", sagte Johnson. Mike Johnson hatte - um eine Mehrheit zu finden - den ursprünglichen Gesetzesentwurf aufgespalten und über alle Teile einzeln abstimmen lassen. Auch die Hilfen für Israel sowie Taiwan und den Indopazifik wurden mit einer großen Stimmenmehrheit abgesegnet. Die Kongressabgeordneten votierten außerdem für weitere Sanktionen gegen den Iran und stellten TikTok ein Ultimatum, sich von seinem chinesischen Mutterkonzern Bytedance zu lösen. Wenn dies nicht geschieht, soll die App in den USA aus den App-Stores von Apple und Google entfernt werden. Eine Abstimmung mit Schwierigkeiten Der Abstimmung gingen wochenlange erbitterte Verhandlungen voraus. Als Zugeständnis an die Republikaner wird ein Teil der Ukraine-Hilfe - rund 9 Milliarden US-Dollar - als Darlehen gewährt. 23 Milliarden kommen den eigenen US-Militärbeständen zugute, so Johnson: "Denken Sie daran, dass 80 Prozent der Mittel für die Ukraine in die Aufstockung der amerikanischen Waffen-Bestände, in unsere Einrichtungen und Operationen fließen werden." Ein paar ultrakonservative Republikaner hatten im Vorfeld damit gedroht, Johnson abzusetzen, falls er die Hilfen für Kiew zur Abstimmung bringe. Allen voran Marjorie Taylor Greene vom rechten Flügel der Partei. Ihr Anliegen ist "America First" und keinesfalls die weitere Unterstützung der Ukraine. "Schande der amerikanischen Regierung. Wenn wir unser Militär unterstützen wollen, dann machen wir das. Wir sollten ein Gesetz für unsere Waffen und Munition verabschieden und sie nicht in fremdes Land schicken, um dort fremde Menschen zu töten", protestierte Greene. Ein Sieg, auch für Biden Präsident Biden reagierte mit großem Lob auf die Abstimmung im Repräsentantenhaus. Er pries die Abgeordneten dafür, dass sie sich parteiübergreifend zusammengefunden haben, um "auf den Ruf der Geschichte zu antworten und ein dringend benötigtes Gesetz zur nationalen Sicherheit zu verabschieden". Der ukrainische Präsident Selenksyj bedankte sich auf X und schrieb, das Gesetz werde eine Ausweitung des Kriegs verhindern und Tausende Menschenleben retten. Das gesamte Gesetzespaket soll voraussichtlich am Dienstag in die zweite Kongresskammer gehen, den Senat. Danach will Präsident Biden zügig seine Unterschrift darunter setzen.
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2024-04-21
Etwas mehr Spielraum
Frauenfußball in Saudi-Arabien
Bis vor kurzem galt für Frauen in Saudi-Arabien noch ein Stadionverbot. Mittlerweile wird Frauenfußball gefördert, es gibt eine Liga und die Frauen-WM soll ins Land geholt werden. Doch Gleichberechtigung gibt es deshalb noch lange nicht. Von R. Sina.
Bis vor kurzem galt für Frauen in Saudi-Arabien noch ein Stadionverbot. Mittlerweile wird Frauenfußball gefördert, es gibt eine Liga und die Frauen-WM soll ins Land geholt werden. Doch Gleichberechtigung gibt es deshalb noch lange nicht. Von Ramin Sina Ein knallroter Fußball, eine grüne Wiese und eine Frau mit schwarzem Haar, das sie offen trägt. Sie jongliert den Ball in einem öffentlichen Park in Saudi-Arabien. Es ist eine Szene, die jahrelang unvorstellbar war im erzkonservativen Land und die auch heute noch nicht alltäglich ist. Die Frau, die sich traut, im Strandpark von Dammam den Ball zu jonglieren, heißt Saja Kamal. Schnell hat sie Zuschauer: drei saudische Männer schlendern vorbei, mit verdutzten Mienen. So etwas scheinen sie noch nie gesehen zu haben. Kamal spielt ein paar Minuten, dann packt die 34-Jährige ihre Sachen. So ganz wohl ist ihr dann doch nicht bei den vielen Blicken: "Ich bin ein bisschen nervös, es ist das erste Mal, dass ich auf einem öffentlichen Platz spiele. Aber es ist auch ein schönes Gefühl." Frauen nun in Stadien erlaubt Kamal liebt Fußball seit der Kindheit, erzählt sie. Als junges Mädchen habe sie mit ihren Brüdern und Cousins im Hof gespielt und schon früh dem erfolgreichsten Klub des Landes, Al-Hilal, die Daumen gedrückt. Stadionbesuche waren für saudische Frauen lange verboten, dennoch schaffte es Kamal als Mädchen auf die Tribüne - als Junge verkleidet im blauen Outfit von Al-Hilal. Mittlerweile kann sie sich einfach eine Karte kaufen und als Frau ins Stadion gehen. "Manchmal kann ich es gar nicht glauben, was in meinem Land gerade passiert", sagt sie. "Dann muss ich mich kneifen und mir sagen: Das passiert gerade wirklich. Frauen sind im Fernsehen und spielen Fußball. Alles offiziell." Etwas mehr Rechte für Frauen Saudi-Arabien erlebt einen Fußballhype - für Frauen und Männer. Im ganzen Land hängen Plakate der männlichen Superstars Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und Neymar, die im vergangenen Jahr für astronomische Gehälter an den Golf gewechselt sind. Sie sollen helfen, die Männerliga zu einer Topliga der Welt aufzubauen. Und auch die Frauen erleben einen fußballerischen Aufschwung. Seit zwei Jahren gibt es eine Nationalmannschaft für Frauen, eine landesweite Frauenliga, Spiele werden live übertragen, Frauen besetzen hohe Posten im saudischen Fußballverband. Lamia Bahaian, die Vizepräsidentin des Verbandes, schaut sich das Derby von Dschidda, Al-Ahly gegen Al-Ittihad, von der Seitenlinie an. Sie spricht von einem Traum, der wahr geworden sei: "Die Mädels auf dem Platz sind Pionierinnen, sie haben einen so langen Weg hinter sich. Wir sind sehr stolz auf sie." Sie spüre das Vertrauen der Staatsführung, meint Bahaian. Hinter Bahaian hängt ein großes Bild des saudischen Kronprinzen. Mohammed Bin Salman ist omnipräsent in Saudi-Arabien, er ist der wichtigste Entscheidungsträger. Als Herrscher ist er reformwillig und brutal zugleich. Seit er das Sagen im Land hat, haben Frauen etwas mehr Spielraum. Seit 2018 dürfen sie Auto fahren, die Pflicht, ein Kopftuch zu tragen, wurde abgeschafft. Von Gleichberechtigung weit entfernt Von Gleichberechtigung ist das Land aber weit entfernt. Noch immer entscheidet oft ein männlicher Vormund, was eine saudische Frau tun darf und was nicht. Reformen bleiben widersprüchlich, Aktivistinnen für Frauenrechte werden weggesperrt. Es gibt Berichte über Folter. Wer es wagt, Kritik zu üben, lebt gefährlich. Kritische Stimmen sind fast nur im Ausland zu hören. Lina Al-Hathloul lebt seit Jahren im Exil. Nur dort könne sie sich frei äußern, sagt sie. Den Fußballhype in ihrem Land sieht die saudische Frauenrechtsaktivistin mit gemischten Gefühlen. Sie freue sich für ihre fußballbegeisterten Landsleute, sagt sie. Aber Fußballer, die keine Missstände ansprechen, ließen sich als Propagandamittel des saudischen Regimes ausnutzen: "Wenn sie ruhig bleiben, akzeptieren sie, die saudische Regierung zu repräsentieren. Und sie alle schauen weg, wenn es um die Unterdrückung in Saudi-Arabien geht. Keiner will wissen, was wirklich passiert." FIFA und Saudi-Arabien - Partner auf Jahre Längst tummeln sich auch die Mächtigsten des Weltfußballs regelmäßig in Saudi-Arabien. Der Präsident des Weltfußballverbands FIFA, Gianni Infantino, schaute sich im Dezember ebenfalls ein Frauenspiel in Dschidda an. Die Geschichte der saudischen Fußballerinnen passt gut ins Narrativ der FIFA. Fußball als Entwicklungshilfe für Fortschritt und Freiheit. Infantino und Bin Salman, die FIFA und Saudi-Arabien, da haben sich zwei gefunden - Partner wohl für mindestens das kommende Jahrzehnt. Der saudische Ölkonzern Aramco soll Großsponsor der FIFA werden, die Vergabe der Männer-WM 2034 nach Saudi-Arabien gilt als sicher. Und, so lässt Vizeverbandspräsidentin Bahaian am Rande des Frauenspiels in Dschidda durchblicken: Saudi-Arabien scheint auch eine Bewerbung für die Austragung der Frauen-WM 2035 in Betracht zu ziehen. Unvorstellbar sei das noch vor wenigen Jahren gewesen, sagt Saja Kamal im Strandpark von Dammam. Aber es komme zu spät, sie sei nun zu alt, um es noch in die Nationalmannschaft zu schaffen, scherzt sie. Mit ihrem knallroten Fußball auf der Wiese etwas kicken, das will sie sich in Zukunft aber noch viel öfter trauen.
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2024-04-21
Zwei japanische Militärhubschrauber abgestürzt
Über Pazifischem Ozean
In der Nacht sind über dem Pazifischen Ozean bei einer Übung zwei japanische Militärhubschrauber abgestürzt. Ein Besatzungsmitglied konnte nur tot geborgen werden, sieben Passagiere werden noch vermisst.
In der Nacht sind über dem Pazifischen Ozean bei einer Übung zwei japanische Militärhubschrauber abgestürzt. Ein Besatzungsmitglied konnte nur tot geborgen werden, sieben Passagiere werden noch vermisst. Zwei japanische Militärhubschrauber mit insgesamt acht Besatzungsmitgliedern sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Tokio während einer nächtlichen Übung über dem Pazifik abgestürzt. Ein Insasse sei geborgen, aber später für tot erklärt worden, sagte Verteidigungsminister Kihara Minoru laut dem japanischen Sender NHK. Die sieben anderen Crewmitglieder würden vermisst. Nach ihnen werde gesucht. Zusammenstoß als mögliche Ursache Den Angaben des Ministeriums zufolge war der Kontakt mit den beiden Marine-Hubschraubern des Typs SH-60K in der Nacht zum Sonntag abgebrochen. Sie waren demnach an einer Übung zur U-Boot-Abwehr beteiligt. Der Grund für den Absturz sei unbekannt, erklärte Kihara. Das Ministerium schloss nicht aus, dass beide Luftfahrzeuge mit jeweils vier Menschen an Bord in einem Gebiet östlich der Izu-Inseln in der Luft zusammengestoßen sein könnten. Japans Selbstverteidigungskräfte entdeckten laut Minoru auf dem Meer schwimmende Trümmerteile, die vermutlich von den Helikoptern stammen. Die Izu-Inseln erstrecken sich südlich von Tokio im Pazifischen Ozean.
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2024-04-21
Zypern will Migration mit EU-Abkommen begrenzen
Finanzpaket für Libanon
Die kleine EU-Inselrepublik Zypern sieht sich angesichts eines Zustroms von Flüchtlingen an der Belastungsgrenze. Jetzt soll europäisches Geld dabei helfen, syrische Flüchtlinge im Libanon zu halten, über den sie nach Zypern einreisen.
Die kleine EU-Inselrepublik Zypern sieht sich angesichts eines Zustroms von Flüchtlingen an der Belastungsgrenze. Jetzt soll europäisches Geld dabei helfen, syrische Flüchtlinge im Libanon zu halten, über den sie nach Zypern einreisen. Um die übermäßige Einreise syrischer Flüchtlinge in die EU zu verhindern, wird nach Angaben von Zyperns Präsident Nikos Christodoulidis an einem Abkommen mit dem Libanon gearbeitet. "Wir wollen dem Libanon helfen, mit den Flüchtlingen umzugehen, damit nicht noch mehr nach Zypern kommen", sagte Christodoulidis im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er freue sich, am 2. Mai zusammen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in den Libanon zu reisen, um ein konkretes Finanzpaket der Europäischen Union anzukündigen. Das Paket umfasse allerdings nicht nur den finanziellen Aspekt, betonte Christodoulidis. Es gehe auch um die Unterstützung libanesischer Institutionen wie zum Beispiel der libanesischen Streitkräfte. Letztere seien ein stabilisierender Faktor in dem an Syrien und Israel grenzenden Land.  Zypern an der Belastungsgrenze Die aktuelle Situation in seiner Heimat Zypern beschrieb Christodoulidis als kritisch: "Ich muss hier die deutlichsten Worte verwenden: Es reicht. Wir sind nicht in der Lage, noch mehr syrische Flüchtlinge aufzunehmen." Deshalb habe er auch die EU um Hilfe gebeten und beschlossen, die Prüfung weiterer Asylanträge auszusetzen. Eine Rücknahme von Flüchtlingen beinhaltet die geplante Vereinbarung allerdings nicht. Aus Sicht von Christodoulidis muss auch darüber gesprochen werden, welche Menschen aus Syrien in der EU eine Chance auf Asyl bekommen sollten. "Wir fordern ausdrücklich, dass bestimmte Gebiete in Syrien als sichere Regionen eingestuft werden", sagte er. EU investiert Milliarden in Flüchtlingsabkommen Den Angaben des Staatschefs zufolge kamen in den vergangenen zwei bis drei Monaten fast täglich Syrer aus dem Libanon in Zypern an. Derzeit seien fast sieben Prozent der Bevölkerung Migranten. Nach Angaben des europäischen Statistikamtes Eurostat hatte die Republik Zypern zuletzt etwa 920.000 Einwohner. Unter anderem um unerwünschte Migration zu verringern, hatte die EU zuletzt auch neue Kooperations- und Unterstützungsabsprachen mit Ägypten und Tunesien getroffen. Sie sehen Finanzhilfen für die Länder in Milliardenhöhe vor. Kritik an der geplanten engeren Zusammenarbeit gibt es allerdings wegen der Menschenrechtslage dort.
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2024-04-21
Dutzende Tote bei Bootsunglück
Zentralafrikanische Republik
Am Freitag war in der Zentralafrikanischen Republik ein Boot gekentert. Mindestens 58 Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein. Zahlreiche Passagiere werden laut Katastrophenschutz noch vermisst - die Suche dauert an.
Am Freitag war in der Zentralafrikanischen Republik ein Boot gekentert. Mindestens 58 Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein. Zahlreiche Passagiere werden laut Katastrophenschutz noch vermisst - die Suche dauert an. Bei einem Bootsunglück in der Zentralafrikanischen Republik sind Dutzende Menschen gestorben. Der Leiter des Katastrophenschutzes, Thomas Djimasse, sprach von mindestens 58 Toten. Das überladene Boot war bereits am Freitag auf dem Fluss Mpoko in der Hauptstadt Bangui gekentert. Zahlreiche Menschen würden noch vermisst. Augenzeugen und Videoaufnahmen zufolge waren während des Unglücks am Freitag mehr als 300 Menschen an Bord des Bootes gewesen. Die Suche nach Überlebenden dauere an, die Zahl der Opfer könnte also noch steigen, so Djimasse. Social-Media-Beitrag auf X von Rolf Steve Domia-Leu: "Plusieurs dizaines de morts et de blessés dans le naufrage d'une baleinière ce vendredi à Bangui. Le drame s'est produit sur la rivière Oubangui. Cette embarcation de 250 personnes allait à un enterrement. pic.twitter.com/tE3p1I6alj" Rettungskräfte kamen 40 Minuten nach Unglück Wie aus in Onlinenetzwerken verbreiteten Zeugenaussagen und Videoaufnahmen hervorging, waren die Passagiere auf dem Weg zu Beerdigungen gewesen, als der deutlich überladene Lastkahn bereits kurz nach dem Ablegen in Schieflage geriet und sank. Die Rettungskräfte waren nach Angaben des Zivilschutz-Direktors 40 Minuten nach dem Kentern des Bootes am Unglücksort eingetroffen. Die Zentralafrikanische Republik liegt im Herzen Afrikas und grenzt unter anderem an den Sudan, die demokratische Republik Kongo und Kamerun.
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2024-04-20
++ US-Militärhilfe für Israel bewilligt ++
Nahost-Krieg
Das US-Repräsentantenhaus hat Militärhilfen für Israel in Höhe von 13 Milliarden Dollar freigegeben. Bei Konfrontationen zwischen Siedlern und Palästinensern ist offenbar ein Krankenwagenfahrer getötet worden. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.
Das US-Repräsentantenhaus hat Militärhilfen für Israel in Höhe von 13 Milliarden Dollar freigegeben. Bei Konfrontationen zwischen Siedlern und Palästinensern ist offenbar ein Krankenwagenfahrer getötet worden. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. US-Repräsentantenhaus bewilligt Militärhilfe für IsraelErdogan trifft Hamas-Chef Hanija in Istanbul Krankenhaus meldet sechs getötete KinderHamas-Behörde: Mehr als 34.000 Tote im GazastreifenMilizenbündnis im Irak meldet AngriffErdogan empfängt Hamas-Chef Hanija Ende des Liveblogs Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Israel will wegen UN-Votum Botschafter einbestellen Nach der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über eine Vollmitgliedschaft der Palästinenser in den Vereinten Nationen will das israelische Außenministerium die Botschafter der Länder einbestellen, die dafür gestimmt hatten. Die Botschafter der zwölf betreffenden Staaten würden zu einem "Protestgespräch" zitiert, teilte der israelische Außenamtssprecher Oren Marmorstein mit. Betroffen sind demnach unter anderem die EU-Länder Frankreich, Slowakei und Malta sowie Japan und Südkorea. Ein identischer Protest werde an weitere Länder adressiert, fügte der Sprecher hinzu. "Die eindeutige Botschaft, die an die Botschafter gerichtet wird", laute: "Eine politische Geste gegenüber den Palästinensern und ein Aufruf, einen palästinensischen Staat anzuerkennen - sechs Monate nach dem Massaker vom 7. Oktober - ist eine Auszeichnung des Terrorismus." Am Donnerstag hatte ein von Algerien eingebrachter Text für eine Vollmitgliedschaft der Palästinenser in den Vereinten Nationen im UN-Sicherheitsrat zwölf Ja-Stimmen erhalten. Großbritannien und die Schweiz enthielten sich, nur die USA stimmten dagegen und verhinderten als Veto-Macht den Beschluss. Roter Halbmond: 14 Tote bei israelischem Militäreinsatz im Westjordanland Bei einem israelischen Militäreinsatz im Flüchtlingslager Nur Schams im Westjordanland sind nach Angaben des Roten Halbmonds 14 Menschen getötet worden. Bislang seien 14 Tote aus dem Flüchtlingslager in der Nähe von Tulkarem geborgen worden, erklärte die Hilfsorganisation am Samstag. Die israelische Armee hatte zuvor von zehn getöteten Bewaffneten gesprochen. Tausende Israelis demonstrieren für Geisel-Deal und gegen Regierung Tausende Menschen haben in Israel erneut für ein Abkommen zur Freilassung der noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln sowie gegen die Regierung protestiert. Bei einer Massenkundgebung in Tel Aviv forderten die Menschen lautstark die sofortige Freilassung aller aus Israel in das palästinensische Küstengebiet verschleppten Menschen sowie Neuwahlen. Biden lobt Billigung der Israel-Hilfen US-Präsident Joe Biden hat nach der Billigung neuer milliardenschwerer Hilfen für Israel und die Ukraine im Repräsentantenhaus den Senat aufgefordert, schnell zu handeln. Nach der Zustimmung der zweiten Parlamentskammer werde er das Gesetz unterzeichnen, kündigte der Demokrat an. Es gilt als sicher, dass der Senat die Hilfen billigt. Bidens Demokraten haben dort eine Mehrheit. US-Repräsentantenhaus bewilligt neue Militärhilfe für Israel Das US-Repräsentantenhaus hat neue Militärhilfen für Israel bewilligt. Die Abgeordneten stimmten für ein Gesetzespaket, das 13 Milliarden Dollar (12,2 Milliarden Euro) für Israel vorsieht, die hauptsächlich zur Stärkung der israelischen Flugabwehr eingesetzt werden sollen. Der Senat, die zweite Kammer des US-Kongress, muss die Gesetzesvorlage jetzt noch absegnen. Dies kann frühestens am Dienstag erfolgen. Offenbar Toter bei Konfrontation mit Siedlern Ein Krankenwagenfahrer ist bei Konfrontationen zwischen Siedlern und Palästinensern getötet worden. Der 50-jährige Palästinenser sei am Samstagabend erschossen worden, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium mit. Er fuhr demnach Verletzte aus einem Dorf, in das zuvor Siedler eingedrungen waren. Zwischen den Siedlern und Palästinensern sei es zu Zusammenstößen gekommen. Nach Angaben des palästinensischen Roten Halbmonds wurden dabei auch zwei Palästinenser durch Schüsse verletzt. Wer genau den Fahrer des Rettungswagens tötete, war unklar.  Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete unter Berufung auf einen Sanitäter, bewaffnete Siedler und israelische Soldaten hätten Schüsse abgegeben. Die Armee äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht zu dem Vorfall. Israelische Medien berichteten unter Berufung auf Armeekreise, dass das Militär untersuche, ob die Kugel auf den Krankenwagen von Zivilisten oder Sicherheitskräften abgefeuert worden sei. Die verschiedenen Angaben ließen sich zunächst nicht überprüfen.  Abbas: Beziehungen zu USA prüfen Die Palästinenser-Regierung will nach dem US-Veto gegen eine UN-Vollmitgliedschaft im Sicherheitsrat ihre bilateralen Beziehungen zu den USA prüfen. Dies sagt Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas der amtlichen Nachrichtagentur Wafa. Die Regierung in Washington macht sich für direkte Verhandlungen zwischen den beteiligten Parteien stark. Erdogan trifft Hamas-Chef Hanija in Istanbul Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Auslandschef der islamistischen Hamas, Ismail Hanija, in Istanbul getroffen. Die beiden wollten unter anderem über humanitäre Hilfe für den Gazastreifen sowie über eine Waffenruhe sprechen, wie der staatliche Rundfunk TRT nach dem Beginn der Gespräche am frühen Nachmittag berichtete. Weitere Details waren zunächst nicht bekannt. Trotz Erdogans Verbalattacken gegen die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu hatte die Türkei sich zuletzt verstärkt darum bemüht, eine vermittelnde Rolle im Gaza-Krieg einzunehmen. So hatte auch Außenminister Hakan Fidan bei einem Besuch in Katar am Mittwoch Hanija getroffen. Dabei war es türkischen Medien zufolge auch um die Freilassung israelischer Geiseln aus Gaza gegangen. IDF spricht von zehn Toten im Westjordanland Die israelische Armee und Grenzpolizisten haben bei einem größeren Militäreinsatz im Westjordanland eigenen Angaben nach mindestens zehn Bewaffnete getötet. Bei Gefechten in dem Flüchtlingslager Nur Schams in Tulkarem seien auch acht israelische Soldaten und ein Mitglied der verdeckt operierenden Jamas-Sondereinheit der Grenzpolizei Magaw verletzt worden, teilte ein Armeesprecher weiter mit. Die Einsatzkräfte seien beschossen und mit Sprengsätzen angegriffen worden.  Krankenhaus meldet sechs tote Kinder Bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff auf ein Haus in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens sind nach Angaben des behandelnden Krankenhauses neun Menschen ums Leben gekommen. Die Leichen von sechs Kindern, zwei Frauen und einem Mann seien in die Klinik gebracht worden, teilte das Krankenhaus in Rafah mit. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AP konnte sehen, wie Angehörige die Leichen von Kindern umarmten, die in weiße Tücher gehüllt waren. Nach Angaben des von der militant-islamistischen Hamas kontrollierten Zivilschutzes wurden sie Opfer eines israelischen Luftangriffs auf ein Wohnhaus in Tel Sultan im Westen von Rafah am Freitagabend. Irak: Ein Toter bei Explosionen auf Stützpunkt proiranischer Miliz Bei Explosionen auf einen Militärstützpunkt einer proiranischen Miliz im Irak ist nach irakischen Angaben ein Mitglied der militanten Gruppe getötet worden. Es soll außerdem mindestens acht Verletzte gegeben haben, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur INA unter Berufung auf die irakische Militäragentur Security Media Cell. Darunter soll auch ein Mitglied der irakischen Armee gewesen sein. Infolge der Explosionen in der Nacht zu Samstag sei es zu einem Brand auf dem Gelände gekommen. Derzeit liefen Untersuchungen, um den Ursprung der Explosionen zu ermitteln. Ersten Erkenntnissen zufolge seien sie nicht durch "militärische Aktionen" ausgelöst wurden. Auf dem Gelände waren sowohl Mitglieder der proiranischen Volksmobilisierungskräfte als auch Mitglieder der irakischen Streitkräfte stationiert. Irans Chefdiplomat gegen Ausweitung von Spannungen in Nahost Der iranische Außenminister Hussein Amirabdollahian hat sich für eine politische Lösung der Konflikte im Nahen Osten ausgesprochen. "Krieg und militärische Spannungen nützen keiner Partei in der Region und daher müssen grundlegende Lösungen gefunden werden", sagte Amirabdollahian den iranischen Medien in New York. Alle Seiten sollten sich auf eine politische Lösung konzentrieren. Gleichzeitig müsse Israel "seine Kriegsverbrechen" in der Region einstellen. In diesem Fall wären auch im Gaza-Konflikt humanitäre Hilfsleistungen und ein Austausch von Geiseln gegen Gefangene machbar, so der iranische Chefdiplomat am Ende seiner US-Reise. Die ARD-Korrespondenten Tim Aßmann (Tel Aviv) und Bernd Niebrügge (Istanbul) ordnen die aktuelle Lage im Konflikt Israel-Iran ein. Hamas-Behörde: Mehr als 34.000 Tote im Gazastreifen Im Gazastreifen sind nach Angaben der dortigen Hamas-Gesundheitsbehörde seit Beginn der israelischen Gegenoffensive mindestens 34.049 Menschen getötet worden. Mindestens 76.901 Palästinenserinnen und Palästinenser seien verletzt worden. Allein in den vergangenen 24 Stunden seien 37 Menschen getötet und 68 verletzt worden. Die Vereinten Nationen (UN) halten die Angaben der Behörde für realistisch. Die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte noch höher sein, da viele Menschen vermisst werden und noch immer Tote unter den Trümmern zerstörter Gebäude liegen. Fregatte "Hessen" beendet Einsatz im Roten Meer Die deutsche Fregatte "Hessen" hat ihren Kampfeinsatz im Roten Meer beendet. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden während des Einsatzes insgesamt 27 Handelsschiffe sicher durch das Einsatzgebiet eskortiert. Die Fregatte war seit dem 23. Februar im Roten Meer im Einsatz gewesen, um die zivile Schifffahrt auf der wichtigsten Seeroute von Asien nach Europa zu schützen. Die Huthi-Miliz will dort mit den Angriffen ein Ende der israelischen Militäroperation im Gazastreifen erzwingen, die eine Reaktion auf den Terrorüberfall der islamistischen Hamas am 7. Oktober ist. Milizenbündnis im Irak meldet Angriff aus der Luft Ein mit dem Iran verbündetes Bündnis aus Milizen im Irak hat einen Angriff aus der Luft auf einen von ihm genutzten Stützpunkt gemeldet. Die Militärbasis Kalsu nördlich von Babil sei in der Nacht ins Visier genommen worden, teilten die sogenannten Volksmobilisierungskräfte mit. Drei Mitglieder des Milizenverbunds wurden dabei demnach verletzt. Der Stützpunkt war früher eine von den USA genutzte Militäranlage, die 2011 an die irakischen Streitkräfte übergeben wurde. Wer hinter dem mutmaßlichen Angriff steckte, war zunächst unklar. Die Volksmobilisierungskräfte machten das US-Militär verantwortlich. Ein US-Regierungsvertreter dementierte jedoch und erklärte, dass es keine US-Luftangriffe auf Ziele im Irak gegeben habe. Erdogan empfängt Hamas-Chef Hanija Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan empfängt heute den Chef der radikal-islamistischen Hamas, Ismail Hanija. Das Treffen soll in Istanbul stattfinden. Erdogan ist seit Beginn des vom Hamas-Angriff auf Israel ausgelösten Krieges einer der schärfsten Kritiker Israels. Die Hamas betrachtet der türkische Präsident als "Widerstandsgruppe". Erdogan hatte Hanija zuletzt im Juli 2023 in Ankara empfangen. An dem Treffen nahm damals auch Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas teil. Der Liveblog vom Freitag zum Nachlesen Laut israelischen Angaben sind 276 Lastwagen mit Lebensmitteln und Medikamenten in den Gazastreifen gefahren. US-Außenminister Blinken will keine Rafah-Offensive und fordert mehr humanitäre Hilfe. Alle Entwicklungen im Liveblog.
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2024-04-20
++ Russland meldet zwei Tote in Belgorod ++
Krieg gegen die Ukraine
In der russischen Grenzregion Belgorod sollen zwei Zivilisten bei einem ukrainischen Drohnenangriff getötet worden sein. Wirtschaftsminister Habeck ruft die Partnerländer zu Waffenlieferungen an Kiew auf. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.
In der russischen Grenzregion Belgorod sollen zwei Zivilisten bei einem ukrainischen Drohnenangriff getötet worden sein. Wirtschaftsminister Habeck ruft die Partnerländer zu Waffenlieferungen an Kiew auf. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. US-Repräsentantenhaus stimmt für MilliardenhilfenGouverneur: Zwei Tote in BelgorodAirbus-Defence-Chef zeigt Verständnis für Scholz Ende des Liveblogs Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Unionspolitiker sieht US-Beschluss als "Wendepunkt" im Ukraine-Krieg Die Union hat die Entscheidung des US-Repräsentantenhauses begrüßt, die milliardenschwere Waffenhilfe für die Ukraine freizugeben - und sieht nun die Bundesregierung am Zug. "Der heutige Tag kann zum Wendepunkt werden", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, der Nachrichtenagentur Reuters. "Das neue 60-Milliarden-Dollar-Hilfspaket wird nicht nur den ukrainischen Militärs die Mittel geben, auf die sie so dringend warten." Das Paket gebe vor allem der Zivilbevölkerung Hoffnung, dass sich ihre Standfestigkeit und Zuversicht auszahle, fügte er hinzu. "Spät, aber nicht zu spät sendet Amerika ein starkes Signal der transatlantischen Partnerschaft." Der außenpolitische Sprecher der Union, Jürgen Hardt, forderte Konsequenzen für die Bundesregierung. "Für uns in Deutschland muss diese amerikanische Entscheidung eine Steilvorlage sein, auch unsererseits die Ukraine-Hilfen zu steigern und weitere Waffensysteme zu liefern - nicht zuletzt auch Marschflugkörper", sagte Hardt. "Wir müssen helfen und hoffen, dass die Ukraine den Imperialismus Putins zum Stehen bringt. Sonst werden früher oder später wir selbst herausgefordert." Frei glaubt, dass die Zusage auch die Dynamik im Kriegsgeschehen verändern könnte. "Der Krieg Russlands gegen die Ukraine wird enden, wenn Putin eine Niederlage ernsthaft einkalkulieren muss", sagte er. Weil die Ukraine zu lange unterversorgt gewesen sei, sehe es derzeit leider nicht danach aus. Europa und die USA müssten dafür sorgen, dass sich dies ändere. "Die freie Welt rückt zusammen gegen einen Kremlherrn, der das Recht des Stärkeren gegen die Stärke des Rechts setzen will." Baltenstaaten begrüßen US-Votum für Ukraine-Hilfe Die baltischen Staaten haben die Entscheidung des US-Repräsentantenhauses begrüßt, nach monatelanger Blockade milliardenschwere Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine zu billigen. "Großartiger Tag für die freie Welt, großartiger Tag für die Ukraine", schrieb Lettlands Staatspräsident Edgars Rinkevics auf X. "Dieses Votum fördert die Sicherheit in Europa und im euroatlantischen Raum." Social-Media-Beitrag auf X von Edgars Rinkēvičs: "Great day for the free world, great day for Ukraine. I welcome the U.S. House of Representatives decision on a major new aid package for Ukraine. This vote fosters security in Europe and Euro-Atlantic area. Thank you!" Estlands Regierungschefin Kaja Kallas bezeichnete die Billigung der US-Hilfen für die Ukraine durch den Kongress als "entscheidende und richtige Entscheidung". "Ich hoffe, diese Abstimmung ermutigt alle Verbündeten, ihre Lager zu durchsuchen und mehr zu tun." Litauens Staatschef Gitanas Nauseda betonte: "Es ist ein großer Schritt in Richtung Sieg, und alle Verbündeten sollten damit weitermachen, die Ukraine zu unterstützen". Die Unterstützung und der Zusammenhalt des Westens seien heute von entscheidender Bedeutung. NATO-Generalsekretär: Billigung von Ukraine-Hilfen macht alle sicherer NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat das Votum des US-Repräsentantenhauses für weitere milliardenschwere Militärhilfen für die Ukraine als eine Investition in die Sicherheit der NATO-Staaten gelobt. "Die Ukraine nutzt die von NATO-Verbündeten bereitgestellten Waffen, um die russischen Gefechtsfähigkeiten zu zerstören", erklärte er. "Das macht uns alle sicherer, in Europa und Nordamerika." Stoltenberg wertete die Verabschiedung des Gesetzes für die Ukraine-Hilfen durch das Repräsentantenhaus zudem als Zeichen, dass es in den USA weiter eine parteiübergreifende Unterstützung für die Ukraine gibt. Er ermutige nun den Senat, schnell zu handeln, um das Gesetz zu Präsident Joe Biden zu schicken. "Diese erhebliche Erhöhung der Hilfe wird den zweistelligen Milliardenbetrag ergänzen, der von europäischen Verbündeten an die Ukraine bereitgestellt wird", sagte er weiter. Kreml: US-Hilfen für Kiew werden mehr Todesopfer fordern Die vom US-Repräsentantenhaus bewilligten Milliardenhilfen für Kiew werden nach Worten des russischen Präsidialamtssprechers Dmitri Peskow die Ukraine "weiter ruinieren" und zu mehr Toten in dem Konflikt führen. Peskow sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Tass, dass eine Klausel in dem Gesetz, wonach die US-Regierung beschlagnahmtes russisches Vermögen konfiszieren und für den Wiederaufbau in die Ukraine transferieren kann, das Image der USA beschädigen würde. Russland werde mit Maßnahmen im eigenen Interesse reagieren. Biden lobt Billigung der Ukraine-Hilfen und fordert Tempo US-Präsident Joe Biden hat nach der Billigung neuer milliardenschwerer Hilfen für die Ukraine und Israel im Repräsentantenhaus den Senat aufgefordert, schnell zu handeln. Nach der Zustimmung der zweiten Parlamentskammer werde er das Gesetz unterzeichnen, kündigte der Demokrat an. Baerbock: Herzen der wichtigsten Ukraine-Unterstützer wieder im Takt Außenministerin Annalena Baerbock hat nach dem Votum des US-Repräsentantenhauses für ein milliardenschweres Ukraine-Paket von einem "Tag der Zuversicht für die Ukraine und Europas Sicherheit" gesprochen. "Eine große Hürde für die US-Ukraine-Hilfe ist genommen", schrieb die Grünen-Politikerin am Samstagabend auf der Plattform X. "Die Herzen der wichtigsten Ukraine-Unterstützer schlagen wieder im Takt." Die USA und Europa stünden gemeinsam auf der Seite der Freiheit und gegen den "Terrorkrieg" des russischen Präsidenten Wladimir Putin.  Social-Media-Beitrag auf X von Außenministerin Annalena Baerbock: "Eine große Hürde für die US-Ukrainehilfe ist genommen. Die Herzen der wichtigsten Ukraineunterstützer schlagen wieder im Takt. Die USA+Europa stehen gemeinsam auf Seiten der Freiheit - gegen Putins Terrorkrieg. Heute ist ein Tag der Zuversicht für die #Ukraine+Europas Sicherheit." Selenskyj dankt für US-Votum über milliardenschwere Hilfe Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dem US-Repräsentantenhaus für die Billigung der milliardenschweren Militärhilfe für den Kampf gegen den russischen Angriffskrieg gedankt. Er sei beiden Parteien sowie persönlich dem republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, "dankbar für die Entscheidung, die die Geschichte auf dem richtigen Weg hält", teilte Selenskyj am Samstagabend kurz nach der Abstimmung auf der Plattform X mit. "Demokratie und Freiheit werden immer eine globale Bedeutung haben und niemals scheitern, solange Amerika hilft, sie zu schützen." Social-Media-Beitrag auf X von Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський: "I am grateful to the United States House of Representatives, both parties, and personally Speaker Mike Johnson for the decision that keeps history on the right track.Democracy and freedom will always have global significance and will never fail as long as America helps to…" US-Repräsentantenhaus stimmt für Milliardenhilfen für die Ukraine Nach langem Gezerre hat ein milliardenschweres US-Hilfspaket für die Ukraine eine wichtige Hürde im Kongress genommen. Die Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus stimmten für das Paket im Umfang von 61 Milliarden Dollar (rund 57 Milliarden Euro), das zuvor monatelang von den oppositionellen Republikanern blockiert worden war. Das Paket muss jetzt noch vom US-Senat verabschiedet werden, was frühestens am Dienstag geschehen kann. Dort haben die Demokraten von US-Präsident Joe Biden eine knappe Mehrheit. Biden hat bereits angekündigt, dass er die Ukraine-Hilfen nach einem entsprechenden Kongressbeschluss unverzüglich abzeichnen werde.  Briten: Russland hat 100 Kampfflugzeuge verloren Der Absturz eines russischen Überschallbombers geht nach britischer Einschätzung sehr wahrscheinlich auf einen Abschuss der Ukraine zurück. Es sei fast sicher, dass dies ein weiterer Erfolg der Ukraine gegen die russische Luftwaffe sei, teilte das britische Verteidigungsministerium auf der Plattform X (früher Twitter) mit. "Dies ist das erste Mal, dass ein strategischer Bomber von ukrainischen Flugabwehrsystemen abgeschossen wurde. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Russland nun bisher mindestens 100 Kampfflugzeuge verloren hat." Die russische Luftwaffe hatte am Freitag einen ihrer schweren Überschallbomber vom Typ "Tupolew" Tu-22M3 verloren. Während das Verteidigungsministerium in Moskau von einem Absturz sprach, der vermutlich technische Ursachen habe, nahm die Ukraine dies als Abschuss in Anspruch. Social-Media-Beitrag auf X von Ministry of Defence 🇬🇧: "Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine – 20 April 2024.Find out more about Defence Intelligence's use of language: https://t.co/Adbu0Dm7LT #StandWithUkraine 🇺🇦 pic.twitter.com/1J99crmNSX" Russland meldet Abschuss von 50 Drohnen Die Ukraine hat in der Nacht zum Samstag mit Drohnen offenbar die Energieinfrastruktur Russlands angegriffen. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, 50 Drohnen seien von der Luftabwehr über acht russischen Regionen abgeschossen worden. Allein 26 waren es demnach in Belgorod nahe der ukrainischen Grenze. Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow teilte bei Telegram mit, zwei Personen seien ums Leben gekommen, als ihr Haus nach einer Explosion in Brand geraten sei. Bei den Toten handle es sich um eine Frau mit einem gebrochenen Bein und ein Mann, der sich um sie gekümmert habe. Geheimdienstkreise: Großangelegter Drohnenangriff Die Ukraine hat ukrainische Geheimdienstkreisen zufolge in der Nacht einen großangelegten Drohnenangriff auf russisches Gebiet gestartet. Mindestes drei Energieanlagen und ein Treibstoffdepot seien getroffen worden, sagte ein Insider. Es habe sich um eine gemeinsame Aktion des Sicherheitsdiensts der Ukraine (SBU), des Geheimdiensts des Militärs (GUR) und Spezialeinheiten gehandelt. Menschenrechtsaktivist fordert mehr schwere Waffen Der russische Menschenrechtler Lew Ponomarjow hat schwere Waffen, Flugzeuge und Langstreckenraketen für die Ukraine gefordert, um einen russischen Sieg zu verhindern. Die einzige Möglichkeit, das Ende des Krieges näher zu bringen, bestehe darin, die Ukraine zu unterstützen. Militärische Erfolge stärkten Putins Regime und machten es noch grausamer und gefährlicher, sagte der Mitbegründer von "Memorial" auf der Jahrestagung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in Bonn. Russland meldet Angriff auf Treibstoffdepot Eine ukrainische Drohne hat russischen Angaben zufolge in der Nacht ein Treibstoffdepot in Westrussland getroffen und in Brand gesetzt. Der Angriff an sich sei abgewehrt worden, teilt der Gouverneur von Smolensk, Wasili Anochin, auf Telegram mit. Herabfallende Trümmerteile hätten das Depot aber getroffen und das Feuer ausgelöst. Ob es Verletzte gegeben habe, sei unklar. Gouverneur: Zwei Tote in russischer Grenzregion Belgorod In der an die Ukraine grenzenden russischen Region Belgorod sind nach Angaben des örtlichen Gouverneurs zwei Zivilisten bei einem ukrainischen Drohnenangriff getötet worden. Ein Wohnhaus und eine Scheune in dem Dorf Poros seien "vollständig niedergebrannt", erklärte der Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow im Onlinedienst Telegram. Ein weiteres Gebäude sei bei dem Angriff schwer beschädigt worden. Bei den Opfern handele es sich um eine Frau und einen Mann.  Die Gouverneure der Regionen Kursk, Kaluga und Brjansk, die alle im Westen Russlands liegen, berichteten ebenfalls über nächtliche Angriffe auf ihre Regionen. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, in der Nacht seien 50 ukrainische Drohnen abgefangen worden, darunter 26 über der Region Belgorod und eine über dem Gebiet um die Hauptstadt Moskau. Airbus-Defence-Chef äußert Verständnis für Scholz Der Chef des Rüstungsunternehmens Airbus Defence and Space, Michael Schöllhorn, hat die Einschätzung von Bundeskanzler Olaf Scholz relativiert, dass für einen Einsatz deutscher "Taurus"-Marschflugkörper in der Ukraine Bundeswehrsoldaten nötig seien. "Gäbe es den Willen für eine Lieferung, würde man technologische Lösungen finden, um den Taurus ohne deutsche Beteiligung in der Ukraine einzusetzen", sagte Schöllhorn dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Scholz argumentiere politisch. "Aber ich kann die politischen Argumente nachvollziehen", so Schöllhorn. Scholz lehnt es strikt ab, der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Russische Vermögenswerte könnten ukrainische Anleiheverkäufe finanzieren Erlöse aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten könnten gebündelt werden, um den Verkauf von Anleihen durch die Ukraine zu unterstützen, sagte der ukrainische Zentralbankchef Andrij Pyschnyj am Freitag nach einem Treffen mit internationalen Partnern am Rande der Frühjahrstagungen von IWF und Weltbank in Washington. "Es wurden verschiedene Optionen diskutiert, von der direkten Beschlagnahme bis hin zur Nutzung der Vermögenswerte bei der Anleiheausgabe", sagte Pyschnyj. "Russland muss für all die Zerstörung zahlen, die es verursacht hat und noch verursachen wird". Eine der erörterten Möglichkeiten besteht darin, zukünftige Zinserträge aus beschlagnahmten russischen Vermögenswerten, die auf jährlich zwischen drei und fünf Milliarden Dollar geschätzt werden, zur Unterstützung der Ausgabe von Anleihen zu nutzen. Habeck ruft Partnerländer zu Waffenlieferungen an Kiew auf Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die Partnerländer dazu aufgerufen, der Ukraine mehr Waffen zu liefern. Die Ukraine wisse, dass es eine schwierige Phase sei, "aber es ist eine Phase", sagte er dem "ZDF heute-journal" am Abend nach einem Besuch in der Ukraine. Es falle ihm nicht leicht, permanent über Waffensysteme, Kriegsgerät und das Durchalten an der Front zu sprechen, betonte der Vize-Kanzler. "Das hätte ich mir am Anfang der Legislatur weder gewünscht noch vorgestellt, dass ich mit Ihnen ein Interview mache, wo ich werbend dafür spreche, mehr Kriegsgerät zu liefern." Aber man müsse sich noch einmal klar machen, warum dieser Krieg geführt werde. "Putin will die liberale Demokratie in der Ukraine nicht zulassen und sie insgesamt destabillisieren." Wenn die Ukraine verliere, dann werde es weitergehen. Deshalb seien alle, die die Demokratie verteidigen wollten, noch einmal angehalten, die Ukraine jetzt zu unterstützen. Der Liveblog vom Freitag zum Nachlesen Die Ukraine benötigt nach Einschätzung von Präsident Selenskyj mindestens sieben "Patriot"-Flugabwehrsysteme. Laut CIA-Direktor könnte die Ukraine ohne US-Hilfen bis Ende des Jahres verlieren. Alle Entwicklungen im Liveblog.
/newsticker/liveblog-ukraine-samstag-380.html
2024-04-20
US-Repräsentantenhaus billigt neue Ukraine-Hilfen
Nach monatelanger Blockade
Der Abstimmung war ein erbitterter Streit vorausgegangen: Im US-Repräsentantenhaus hat jetzt eine Mehrheit für weitere Ukraine-Hilfen gestimmt. Die oppositionellen Republikaner hatten das Vorhaben monatelang blockiert.
Der Abstimmung war ein erbitterter Streit vorausgegangen: Im US-Repräsentantenhaus hat jetzt eine Mehrheit für weitere Ukraine-Hilfen gestimmt. Die oppositionellen Republikaner hatten das Vorhaben monatelang blockiert.  Das US-Repräsentantenhaus hat nach monatelanger Blockade neue Militärhilfen für die Ukraine gebilligt. Mit Stimmen von Republikanern und Demokraten beschlossen die Abgeordneten ein Paket, das rund 61 Milliarden Dollar (umgerechnet rund 57 Milliarden Euro) vorsieht, um Kiew im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg zu unterstützen. Nun geht das Vorhaben weiter an die zweite Kongresskammer, den Senat. Das kann frühestens Dienstag geschehen. Die Demokraten von US-Präsident Joe Biden haben im Senat eine knappe Mehrheit, die Zustimmung gilt dort als sicher. Biden hatte bereits angekündigt, dass er die Ukraine-Hilfen nach einem entsprechenden Kongressbeschluss unverzüglich abzeichnen werde. Der republikanische Vorsitzende der Kongresskammer, Mike Johnson, hatte die Abstimmung vor einigen Tagen angekündigt. Johnson sah sich deswegen mit der Gefahr einer Rebellion des Rechtsaußenflügels seiner Fraktion konfrontiert. Selenskyj dankt für "lebenswichtige Hilfe" Die Ukraine und die NATO begrüßten das Votum des Repräsentantenhauses umgehend. Die Zustimmung zu der "lebenswichtigen Hilfe" werde verhindern, dass der Krieg "sich ausweitet", schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Onlinedienst X. Die neuen Hilfen würden "Tausende und Abertausende Leben retten und unseren beiden Nationen helfen, stärker zu werden". Selenskyj sprach den Abgeordneten in Washington seinen Dank aus. Social-Media-Beitrag auf X von Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський: "I am grateful to the United States House of Representatives, both parties, and personally Speaker Mike Johnson for the decision that keeps history on the right track.Democracy and freedom will always have global significance and will never fail as long as America helps to…" Auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg reagierte erfreut. "Die Ukraine nutzt die von den NATO-Verbündeten gelieferten Waffen, um russische Kampfkapazitäten zu zerstören", erklärte er auf X. "Das macht uns alle sicherer, in Europa und Nordamerika." Baerbock: "Herzen schlagen wieder im Takt" Außenministerin Annalena Baerbock schrieb ebenfalls auf X von einem "Tag der Zuversicht für die Ukraine und Europas Sicherheit". Eine große Hürde für die US-Ukraine-Hilfe sei genommen. "Die Herzen der wichtigsten Ukraine-Unterstützer schlagen wieder im Takt", schrieb sie weiter. Die USA und Europa stünden gemeinsam auf der Seite der Freiheit und gegen den "Terrorkrieg" des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
/ausland/amerika/repraesentantenhaus-usa-ukraine-100.html
2024-04-20
Weitere Hilfe für Gaza - harsche Kritik an Israel
Erdogan empfängt Hamas-Auslandschef
Der türkische Präsident Erdogan gilt als Unterstützer der militant-islamistischen Hamas. Nun empfing er deren Auslandschef Hanija in Istanbul. Dabei versprach Erdogan weitere humanitäre Hilfe. Israel machte er erneut schwere Vorwürfe.
Der türkische Präsident Erdogan gilt als Unterstützer der militant-islamistischen Hamas. Nun empfing er deren Auslandschef Hanija in Istanbul. Dabei versprach Erdogan weitere humanitäre Hilfe. Israel machte er erneut schwere Vorwürfe. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Auslandschef der militant-islamistischen Hamas, Ismail Hanija, in Istanbul getroffen. Die beiden sprachen unter anderem über humanitäre Hilfe für den Gazastreifen sowie über eine Waffenruhe, wie Erdogans Büro in einer Mitteilung auf X schrieb. Demnach habe die Türkei sich während des Treffens für diplomatische Bemühungen mit dem Ziel einer sofortigen Waffenruhe eingesetzt. Der türkische Staatschef sagte zudem zu, die humanitäre Hilfe für die Bewohner des Gazastreifens fortzusetzen. Auch wolle sich die Türkei weiter für einen unabhängigen palästinensischen Staat einsetzen. Dieser sei der "Schlüssel zum regionalen Frieden. Die Palästinenser rief Erdogan zur Einigkeit auf: Einheit und Integrität seien "die stärkste Antwort auf Israel und der Weg zum Sieg". Erdogan macht Israel weiter schwere Vorwürfe Laut der Mitteilung erklärte Erdogan außerdem, dass "Israel eines Tages definitiv den Preis für die Unterdrückung der Palästinenser zahlen werde". Die von der Hamas festgehaltenen Geiseln werden in der Mitteilung nicht erwähnt. Trotz Erdogans Verbalattacken gegen die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu hatte die Türkei sich zuletzt verstärkt darum bemüht, eine vermittelnde Rolle im Gaza-Krieg einzunehmen. So hatte Außenminister Fidan bei einem Besuch in Katar bereits am Mittwoch Hanija getroffen. Dabei war es türkischen Medien zufolge auch um die Freilassung israelischer Geiseln aus Gaza gegangen. Bereits zuvor in dieser Woche hatte Erdogan Netanyahu einmal mehr attackiert und ihm vorgeworfen, ein "Massaker" im Gazastreifen zu begehen. Israel hatte die Äußerungen Erdogans wiederholt entschieden zurückgewiesen. Erdogan sieht Hamas als "Widerstandsgruppe" Erdogan ist seit Beginn des durch den Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober ausgelösten Krieges im Gazastreifen einer der schärfsten Kritiker Israels. Der türkische Präsident betrachtet die Hamas als "Widerstandsgruppe". Die von der EU und den USA als Terrororganisation eingestufte Hamas hatte bei ihrem Großangriff auf Israel am 7. Oktober nach israelischen Angaben etwa 1.200 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor und hat sich die Vernichtung der Hamas zum Ziel gesetzt. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums bislang mehr als 34.000 Menschen getötet, darunter viele Kinder. Die Zahlen lassen sich jedoch nicht unabhängig bestätigen.
/ausland/europa/erdogan-hamas-chef-100.html
2024-04-20
Zehntausende protestieren gegen Massentourismus
Kanarische Inseln
Steigende Mieten für Einheimische, Müll, Umweltverschmutzung: Auf den Kanarischen Inseln haben Zehntausende gegen die Folgen des Massentourismus protestiert. Auf dem spanischen Festland gab es Solidaritätskundgebungen.
Steigende Mieten für Einheimische, Müll, Umweltverschmutzung: Auf den Kanarischen Inseln haben Zehntausende gegen die Folgen des Massentourismus protestiert. Auf dem spanischen Festland gab es Solidaritätskundgebungen. Auf den Kanarischen Inseln haben Zehntausende Menschen gegen den Massentourismus protestiert. Auf den Straßen der großen Städte der spanischen Urlaubsinseln demonstrierten nach Angaben der Polizei etwa 20.000 Menschen, die Organisatoren sprachen von knapp 50.000 Teilnehmern. Sie machten ihrem Ärger mit Sprechchören und Trillerpfeifen Luft, auf Transparenten standen Slogans wie "Die Kanaren sind nicht zu verkaufen", "Tourismus-Moratorium", "Der Tourismus erhöht meine Miete" und "Respektiert meine Heimat". Die Demonstranten forderten etwa, dass die Behörden Vorschriften für die Vermietung von Urlauber-Unterkünften besser kontrollieren und den Kauf von Immobilien durch Menschen ohne Wohnsitz auf den Inseln reglementieren. Zu den Forderungen gehört auch eine Umweltsteuer für Touristen. Kundgebungen auch auf dem Festland Außerdem wollen die Teilnehmenden einen Baustopp für zwei neue Hotels auf Teneriffa erreichen und ein Mitspracherecht darüber bekommen, wie der Tourismus weiter entwickelt werden soll. Auf dem spanischen Festland fanden in der Hauptstadt Madrid und in der katalanischen Metropole Barcelona Solidaritätskundgebungen statt. Vergangene Woche waren mehrere Aktivisten der Protestbewegung "Kanaren-Ausverkauf" sogar in einen Hungerstreik gegen den Massentourismus getreten. Auf den Kanaren leben gut 2,2 Millionen Menschen. Fast siebenmal so viele ausländische Touristen besuchten vergangenes Jahr die Inseln, rund 14 Millionen Besucherinnen und Besucher vor allem aus Großbritannien, Deutschland und den Niederlanden. Hinzu kamen noch einmal etwa gut zwei Millionen Spanier vom Festland. Die meisten ausländischen Touristen zog es auf die größeren Inseln Teneriffa, Gran Canaria und Lanzarote. Wichtiger Wirtschaftsfaktor Für die Wirtschaft der Inseln ist der Tourismus unverzichtbar. Die Branche steht für 35 Prozent der Wirtschaftsleistung und sichert 40 Prozent der Arbeitsplätze. Vom Boom profitieren aber nur wenige. Unter den 17 autonomen Gemeinschaften Spaniens, die den deutschen Bundesländern entsprechen, sind die Kanaren die zweitärmste. Auch für Spanien insgesamt spielt der Tourismus mit einem BIP-Anteil von immerhin 12,8 Prozent eine wichtige Rolle. In den vergangenen Monaten haben allerdings die Proteste gegen den Tourismus im ganzen Land zugenommen.
/ausland/europa/kanaren-proteste-massentourismus-100.html
2024-04-20
Hacker nahmen VW jahrelang ins Visier
Tausende Dateien gestohlen
Die Vorfälle liegen schon einige Jahre zurück: Von 2010 an haben Hacker Tausende Dateien der Volkswagen-Gruppe erbeutet. Medienberichten zufolge soll die Spur Richtung China führen.
Die Vorfälle liegen schon einige Jahre zurück: Von 2010 an haben Hacker Tausende Dateien der Volkswagen-Gruppe erbeutet. Medienberichten zufolge soll die Spur Richtung China führen. Hacker haben den Volkswagen-Konzern mehrere Jahre lang ins Visier genommen. Angreifer hätten dabei Tausende Dateien des Autoherstellers gestohlen, bestätigte der Konzern laut der Nachrichtenagentur dpa. Als Erste hatten das ZDF und der "Spiegel" darüber berichtet. Der Konzern verwies aber in einem Statement darauf, dass der Vorfall bereits zehn Jahre zurückliege.  ZDF und Spiegel berichteten über 40 interne Dokumente, durch die sich "ein groß angelegter, bislang unbekannter Cyberangriff auf Volkswagen rekonstruieren" lasse. Ziel war es demnach, technologisches Wissen des damals größten Autobauers der Welt abzugreifen. Dabei habe es sich um mutmaßlich chinesische Staatshacker gehandelt. Interesse an Antriebstechnologien Zwischen 2010 und 2015 hätten diese es auf die Bereiche "Ottomotoren-Entwicklung", "Getriebeentwicklung", "Doppelkupplungsgetriebe" abgesehen. Auch Konzepte für alternative Antriebstechnologien wie Elektromobilität oder Brennstoffzellen standen demnach im Fokus. All das seien Daten, "die nach wie vor eine sehr große Rolle spielen im internationalen Wettbewerb", sagte Helena Wisbert, Expertin für Wettbewerbsstrategie in der Automobilwirtschaft von der Hochschule Ostfalia, dem ZDF. Insgesamt sollen bis zu 19.000 Dateien erbeutet worden sein. Zur Volkswagen-Gruppe zählen auch Unternehmen wie Audi, Porsche, Lamborghini, Bentley, Seat oder Skoda. Bei allen drei Angriffen soll es sich um dieselben Hacker gehandelt haben. China werde in den internen VW-Unterlagen zwar nicht direkt beschuldigt, doch laut Gesprächspartner von ZDF und Spiegel habe die Spur Richtung China geführt. Die IP-Adresse sei bis nach Peking zurückverfolgt worden - sogar bis in die Nähe des militärischen Nachrichtendienstes Chinas. China weist Berichte zurück Die chinesische Botschaft in Berlin reagierte den Berichten zufolge empört und betonte, dass das Land jede Form von Cyber-Spionage verurteile.  Doch auch Mitarbeiter deutscher Sicherheitsbehörden halten einen Angriff chinesischer Staatshacker für hoch wahrscheinlich. "Die deutsche Industrie, und das betrifft natürlich auch die deutsche Automobilindustrie, ist auf jeden Fall gefährdet, wenn es um Spionagetätigkeiten geht aus China, gegebenenfalls auch aus anderen Ländern", wird Claudia Plattner, Chefin vom Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik, zitiert.
/wirtschaft/unternehmen/vw-hacker-100.html
2024-04-20
Ein Toter bei Explosion auf Militärstützpunkt
Angriff im Irak
Bei einer Explosion auf einem Militärstützpunkt im Irak sind nach Behördenangaben ein Mensch getötet und acht weitere verletzt worden. Stationiert sind in Kalso unter anderem pro-iranische Milizen.
Bei einer Explosion auf einem Militärstützpunkt im Irak sind nach Behördenangaben ein Mensch getötet und acht weitere verletzt worden. Stationiert sind in Kalso unter anderem pro-iranische Milizen. Bei einem Angriff auf einen Militärstützpunkt eines Milizenbündnisses im Zentrum des Irak ist nach offiziellen Angaben ein Mensch getötet worden. Acht weitere Menschen seien bei dem Vorfall in der Nacht zum Samstag verletzt worden, hieß es von einem Vertreter des Innenministeriums. Seinen Angaben nach und einem Militärvertreter zufolge ist bislang unklar, wer für den Angriff auf den Stützpunkt Kalso verantwortlich war und ob es sich um einen Drohnenangriff handelte. USA nutzten Stützpunkt früher Auf dem Stützpunkt sind neben Armee und Polizei auch Kämpfer der pro-iranischen Gruppierung Haschd al-Schaabi stationiert, die inzwischen in die regulären irakischen Streitkräfte eingegliedert wurden. Der Stützpunkt war früher von den USA genutzt worden und war 2011 an die irakischen Streitkräfte übergeben worden. Die genauen Umstände des Vorfalls sind noch nicht bekannt. Ein Vertreter des irakischen Innenministeriums hatte zunächst erklärt, der Stützpunkt sei Ziel eines Luftangriffs geworden. Dafür gab es aber keine offizielle Bestätigung. Das US-Militär teilte kurz nach der Explosion mit, es habe keinen Luftangriff im Irak ausgeführt. Die israelische Armee erklärte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, sie gebe keine Stellungnahme zu Berichten in "ausländischen Medien" ab. Angriffe auf US-Militär und Gegenschläge Die Gruppierung Haschd-al-Schaabi ist ein Zusammenschluss mehrerer bewaffneter pro-iranischer Gruppierungen, von denen einige Angriffe auf US-Soldaten verübt haben, die im Irak und in Syrien im Rahmen der internationalen Koalition im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat stationiert sind. Die USA haben als Vergeltung mehrfach pro-iranische Milizen in Syrien und im Irak bombardiert. Die Explosion auf dem Militärstützpunkt ereignete sich inmitten der höchst angespannten Lage im Nahen Osten. In der iranischen Region Isfahan hatten sich in der Nacht zum Freitag Explosionen ereignet. US-Medien berichteten unter Berufung auf Regierungskreise in Washington, dass Israel für die Explosionen verantwortlich gewesen sei. Der Iran hatte vor einer Woche erstmals von seinem Staatsgebiet aus Israel direkt angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden fast alle der mehr als 300 vom Iran gestarteten Drohnen und Raketen abgewehrt, unter Mithilfe unter anderem der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Jordaniens.
/ausland/asien/irak-explosion-stuetzpunkt-100.html
2024-04-20
Russische Behörden rufen zu Evakuierungen auf
Hochwasser in Ural-Region
Seit Wochen kämpfen die Menschen in einigen Regionen Russlands gegen Hochwasser an. Tausende Häuser wurden bereits überflutet. Die Menschen in der Region Kurgan sollen nun ihre Häuser verlassen und sich in Sicherheit bringen.
Seit Wochen kämpfen die Menschen in einigen Regionen Russlands gegen Hochwasser an. Tausende Häuser wurden bereits überflutet. Die Menschen in der Region Kurgan sollen nun ihre Häuser verlassen und sich in Sicherheit bringen. Die Behörden in der russischen Ural-Region Kurgan haben eine Evakuierung mehrerer Bezirke wegen Hochwassers angeordnet. "Jetzt ist es an der Zeit, die Sachen und Dokumente zu packen und einen Platz für die Haustiere zu finden", teilten sie über Telegram mit. Schon seit Wochen hält das Hochwasser Russland in Atem. Nach Zählungen der Behörden sind fast 18.000 Häuser überflutet. Vor allem in den Gebieten Orenburg im Süden des Ural-Gebirges und im sibirischen Gebiet Kurgan breitete sich die Flut aus. In der gleichnamigen Gebietshauptstadt Kurgan schwoll der Fluss Tobol binnen eines Tages um fast anderthalb Meter an. Weitere Evakuierungen Auch Anwohner in weiteren Regionen und Städten des Landes wurden bereits dazu aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. In der besonders betroffenen Stadt Kurgan wurden mehr als 14.300 Menschen evakuiert. 3.000 Häuser in 25 Orten wurden dort bereits überschwemmt. Zehntausende Menschen haben bereits ihr Hab und Gut aufgrund der Überschwemmungen verloren. Bewohner der betroffenen russischen Regionen klagen, dass die Behörden die drohende Gefahr sehr lange ignoriert hätten. Schutzmaßnahmen seien zu spät ergriffen worden.  Im benachbarten Staat Kasachstan sind die Überschwemmungen ähnlich groß. Dort wurde allerdings früher mit der Evakuierung bedrohter Gebiete begonnen. Mehr als 100.000 Menschen wurden vor der Flut in Sicherheit gebracht. Überschwemmungen sind zu dieser Jahreszeit in der Region normal, doch in diesem Jahr sind sie besonders heftig. Auslöser sind massive Regenfälle und die Schneeschmelze bei frühlingshaften Temperaturen.
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