date
stringclasses 123
values | headline
stringlengths 12
63
| short_headline
stringlengths 3
49
| short_text
stringlengths 126
282
| article
stringlengths 0
61.1k
| link
stringlengths 19
141
|
---|---|---|---|---|---|
2024-04-18 | Von Pannen und Whistleblowern | Probleme bei Boeing | Das amerikanische Traditionsunternehmen Boeing steckt seit Jahren in der Krise - doch seit einigen Wochen will die Pannenserie beim Flugzeugbauer gar nicht mehr abreißen. Was ist bisher passiert? Ein Überblick. | Das amerikanische Traditionsunternehmen Boeing steckt seit Jahren in der Krise - doch seit einigen Wochen will die Pannenserie beim Flugzeugbauer gar nicht mehr abreißen. Was ist bisher passiert? Ein Überblick. Im Boeing-Shop für Merchandise-Artikel finden sich noch immer T-Shirts und Schlüsselanhänger mit der Aufschrift, die für Passagiere des Flugzeugherstellers lange galt: "If it's not Boeing, I'm not going!" (Wenn es nicht Boeing ist, dann komm ich nicht mit). Seit einiger Zeit wird der Spruch aber ins Negative verkehrt: "If it's Boeing, I ain't going." In Foren tauschen sich Passagiere mittlerweile darüber aus, wie sie herausfinden können, ob sie mit einer Boeing-Maschine fliegen - um dann den Flug zu ändern. Das Image des Luftfahrtriesen ist mehr als nur angeknackst. Das liegt auch an der Serie der sich jüngst häufenden Pannen und an den Abstürzen der 737-Max-Maschinen vor etwa fünf Jahren. Was ist zuletzt passiert? Whistleblower-Vorwürfe, Produktionsprobleme Im April musste sich der US-Flugzeughersteller gegen neue Vorwürfe mangelnder Qualität seiner Flugzeuge verteidigen. Boeing wies die Kritik eines Mitarbeiters zurück, einige Maschinen des Modells 787 "Dreamliner" könnten eine verkürzte Lebensdauer haben. Der Konzern habe sich technische "Abkürzungen" erlaubt, um die Produktion zu beschleunigen. Im ersten Quartal des Jahres lieferte Boeing nur 66 Exemplare der 737-Max-Reihe aus. Im ersten Quartal 2023 waren es noch 111 Maschinen. Der Großteil der restlichen Auslieferungen entfiel auf das Langstreckenmodell 787 "Dreamliner". Die Produktion der Großraumjets steht aber still, weil Boeing seine Kapazitäten für Lösung der Probleme bei anderen Typen benötigt. Verlorene Abdeckung, Triebwerksbrand Ebenfalls im April: Eine Southwest-Airlines-Maschine verlor während des Starts in Denver eine Abdeckung eines ihrer Triebwerke. Das Verkleidungsteil sei gegen die Landeklappe gestoßen. Daraufhin sei die Boeing 737-800 sicher zum Flughafen in Denver zurückgekehrt, hieß es vom Unternehmen. Im selben Monat musste eine Maschine der US-Fluggesellschaft Southwest Airlines wegen eines Triebwerksbrands den Start abbrechen. Die Airline teilte mit, die Piloten hätten "einen Hinweis auf ein mögliches Triebwerksproblem" erhalten, woraufhin die Boeing 737 zum Gate am Lubbock Preston Smith International Airport im US-Bundesstaat Texas zurückgekehrt sei. Die Feuerwehr bestätigte ein Feuer in einem der beiden Triebwerke. Die Bundesluftfahrtbehörde ermittelt. Bremsprobleme, Chefwechsel, verlorene Abdeckung Nach einem Zwischenfall im März mit einem Flugzeug des Typs Boeing 737 Max legte die US-Verkehrsbehörde National Transportation Safety Board einen vorläufigen Bericht vor. Danach gab der Pilot an, dass die Bremsen weniger wirksam zu sein schienen als sonst. Flugzeug und die Bremspedale hätten heftig gezittert, kurz bevor die United-Airlines-Maschine auf dem Flughafen von Houston von einer Rollbahn auf eine Grasfläche fuhr. Dort sei sie mit 40 Stundenkilometern gegen einen Betonbau geprallt und schwer beschädigt worden - das linke Hauptfahrwerk brach ab. Keiner der Passagiere oder Besatzungsmitglieder wurde verletzt. Immer wieder wurde Boeing vorgeworfen, für eine höhere Rendite an Qualität und Sicherheit gespart zu haben. Der Anfang 2020 angetretene Boeing-Chef David Calhoun versuchte den Hersteller wieder auf Erfolgskurs zu bringen - ohne großes Glück. Wenige Wochen nach dem Beinahe-Unglück einer Alaska-Airlines-Maschine leitete das Unternehmen im März dann einen Chefwechsel ein. Calhoun gibt den Posten Ende des Jahres ab. Auch Verwaltungsratschef Larry Kellner und Chef der Verkehrsflugzeugsparte, Stan Deal, gehen. Ebenfalls im März: Boeing verliert wegen der harten Auflagen der Behörden nach dem Beinahe-Unglück eines Mittelstreckenjets Milliardensummen. Im ersten Quartal flössen voraussichtlich vier bis 4,5 Milliarden Dollar aus dem Konzern ab, sagte Boeing-Finanzchef Brian West. Seit Jahresanfang hat die Boeing-Aktie nahezu 30 Prozent an Wert verloren. Mitte des Monats verlor eine Passagiermaschine von United Airlines im Flug eine Abdeckung an ihrem Rumpf. Der Schaden an der Boeing 737-800 sei erst am Boden festgestellt worden, nachdem das Flugzeug im Bundesstaat Oregon problemlos gelandet sei, teilte United mit. Ex-Manager tot, technische Probleme, Ermittlungen der US-Justiz Auch im März: In den USA wurde ein ehemaliger Boeing-Manager tot aufgefunden, der den Konzern immer wieder wegen angeblicher Sicherheitsprobleme öffentlich kritisiert hatte. Der 62-jährige John Barnett habe sich vor einem Hotel im Bundesstaat South Carolina vermutlich selbst getötet, teilte die Polizei in Charleston mit. Barnett hatte lange für Boeing als Qualitätsmanager gearbeitet, bevor er das Unternehmen 2017 verließ. Seitdem teilte er seine Sorgen über aus seiner Sicht mangelhafte Zustände in der Produktion der Boeing-Maschinen mit Journalisten. Im selben Monat wurden bei einem Zwischenfall auf einem Flug auf der Strecke von Sydney/Australien und dem neuseeländischen Auckland mindestens 50 Menschen verletzt. Ein "technisches Problem" habe an Bord der Boeing 787-9 "Dreamliner" eine heftige Turbulenz ausgelöst, berichtete der Sender Radio New Zealand unter Berufung auf die chilenische Fluggesellschaft LATAM. Die Maschine habe aber am späten Nachmittag planmäßig in Auckland landen können. Ebenfalls im März: Nach dem Beinahe-Unglück mit einer Boeing 737-8 Max Anfang Januar nahm auch das US-Justizministerium Ermittlungen auf. Die betroffene Fluggesellschaft Alaska Airlines teilte mit, sie kooperiere mit der Untersuchung und gehe nicht davon aus, dass sie im Visier der Ermittlungen stehe. Verlorenes Rad, falsch gebohrte Löcher, mangelndes Qualitätsmanagement Im selben Monat verlor eine Boeing 777 der Fluggesellschaft United Airlines beim Start in San Francisco ein Rad. Die Maschine mit rund 250 Menschen an Bord, die eigentlich nach Japan fliegen sollte, landete wenig später problemlos in Los Angeles. United betonte, dass Passagierflugzeuge darauf ausgelegt seien, mit fehlenden oder beschädigten Reifen zu landen. Eine Boeing 777 hat auf jeder Seite unter den Tragflächen jeweils sechs Räder. Im März tauchen nach der Kritik von US-Unfallermittlern neue Fragen zum Qualitätsmanagement bei Boeing auf: Die Untersuchungsbehörde versuche seit Wochen vergeblich, Unterlagen zu den Arbeiten an dem Rumpfteil zu bekommen, das Anfang Januar bei einem Flug herausriss, sagte ihre Chefin Jennifer Homendy bei einer Anhörung. "Entweder es gibt sie, und wir haben sie nicht - oder sie existieren gar nicht", betonte sie. In beiden Fällen drängten sich Fragen auf. Von Boeing hieß es dazu, wenn die Arbeit "nicht dokumentiert worden wäre, gäbe es auch keine Unterlagen, die man teilen könnte". Die US-Luftfahrtbehörde FAA prangerte im März nach einer Untersuchung Mängel bei der Qualitätssicherung von Boeing an. So gebe es unter Mitarbeitern Verwirrung über ihre Rolle im Sicherheitsmanagement, da Verfahren und Schulungen dafür komplex seien und sich ständig änderten, hieß es in einem Bericht. In Gesprächen sei angezweifelt worden, dass man für interne Meldungen über Qualitätsprobleme keine negativen Konsequenzen befürchten müsse. Die Kommission zeigte sich besorgt, dass dadurch Boeing-Beschäftigte entmutigt werden könnten, Probleme zu melden. Im Februar ging Boeing einem neuen Problem bei Flugzeugen seines Typs 737 Max nach - allerdings muss nach aktueller Einschätzung des Konzerns nur an rund 50 bislang nicht ausgelieferten Maschinen nachgearbeitet werden. Ein Zulieferer habe Boeing darüber informiert, dass zwei Löcher im Rumpf einiger Flugzeuge möglicherweise nicht exakt gemäß den Anforderungen gebohrt worden seien, teilte der Flugzeugbauer mit. Der Chef der Passagierflugzeug-Sparte, Stan Deal, betonte dass das "potenzielle Problem" kein unmittelbares Problem für die Flugsicherheit darstelle und die 737-Flugzeuge weiter in Betrieb bleiben könnten. Verlorenes Rumpfteil, lose Teile Bei Inspektionen von Flugzeugen des Typs Boeing 737 Max 9 fand die US-Fluggesellschaft United Airlines im Januar lose Schrauben am Rumpf-Bauteil, das während des Flugs einer Alaska-Airlines-Maschine herausgebrochen war. Eine United-Sprecherin machte keine Angaben dazu, bei wie vielen Flugzeugen das Problem festgestellt wurde. Die Airline habe insgesamt 79 Maschinen des Typs. Bei einer so gut wie neuen Boeing 737 Max 9 der US-Fluggesellschaft Alaska Airlines war am 5. Januar kurz nach dem Start im Steigflug ein Rumpf-Fragment herausgebrochen. Die mehr als 170 Menschen an Bord kamen weitgehend mit dem Schrecken davon. Allerdings waren die beiden Sitze in der Nähe des Lochs im Rumpf nur durch einen glücklichen Zufall leer geblieben und das Flugzeug befand sich noch in relativ geringer Höhe. Bei Untersuchungen stellte sich heraus, dass an dem Rumpfteil vier Befestigungsbolzen fehlten. Inzwischen nimmt die US-Luftfahrtbehörde FAA die Produktion und Qualitätssicherung von Boeing und dessen Rumpfzulieferer Spirit Aerosystems unter die Lupe. Auch das US-Justizministerium ermittelt. Zudem darf Boeing die Produktion der 737-Max-Reihe vorerst nicht über die Zahl von 38 Maschinen pro Monat hochfahren. Zwei tödliche Abstürze der 737 Max In den Jahren 2018 und 2019 steckte Boeing bereits seit einigen Jahren in der schwersten Krise seiner Geschichte. Vor rund fünf Jahren stürzten zwei 737-Max-Maschinen innerhalb weniger Monate ab. Im Oktober 2018 verunglückte in Indonesien ein Mittelstreckenjet der Reihe und nur kurz darauf im März 2019 in Äthiopien eine Maschine des gleichen Typs. 346 Menschen kamen dabei ums Leben. Nach den zwei tödlichen Abstürzen musste das Modell ab März 2019 mehr als 20 Monate am Boden bleiben. Erst nach technischen Verbesserungen wurde der Flieger nach und nach wieder zugelassen. Den Hersteller kostete das Desaster Milliarden. Boeing im Fokus Derzeit erregen selbst kleinere Vorfälle mit Boeing-Maschinen hohe Aufmerksamkeit. Experten weisen jedoch darauf hin, dass nicht immer die Flugzeughersteller dafür verantwortlich seien, sondern auch die Airlines. Daten des amerikanischen National Transportation Safety Boards und der Zeitung Seattle Times weisen zwar darauf hin, dass es seit 2020 in den USA bei Passagierflügen zu mehr Vorfällen mit Boeing-Maschinen als beim Konkurrenten Airbus gekommen sei. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass in den USA deutlich mehr Boeing- als Airbus-Maschinen fliegen. 2023 gab es danach 23 sicherheitsrelevante Vorfälle bei Boeing und elf bei Airbus. | /wirtschaft/boeing-timeline-flugzeughersteller-probleme-100.html |
2024-04-18 | So viele Stunden arbeiten die Deutschen | Arbeitszeit auf Höchststand | Im wiedervereinigten Deutschland wurde noch nie so viel gearbeitet wie im Jahr 2023. Gleichzeitig ist die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Beschäftigten allerdings kontinuierlich gesunken. | Im wiedervereinigten Deutschland wurde noch nie so viel gearbeitet wie im Jahr 2023. Gleichzeitig ist die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Beschäftigten allerdings kontinuierlich gesunken. Trotz der Konjunkturflaute wird in Deutschland einer Studie zufolge so viel gearbeitet wie noch nie. Die abhängig Beschäftigten kamen im vergangenen Jahr auf insgesamt rund 55 Milliarden Stunden, wie aus einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervorgeht. Das sei der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. 1991 waren es danach noch 52 Milliarden Stunden, auf dem Tiefpunkt 2005 sogar nur 47 Milliarden Stunden. Gleichzeitig sinke aber die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Beschäftigten kontinuierlich. Die Analyse basiert auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und der Volkwirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR). Potenzial von Frauen teilweise ungenutzt "Das Gesamtarbeitsvolumen ist vor allem gestiegen, weil immer mehr Frauen erwerbstätig sind", sagte Studienautor Mattis Beckmannshagen. "Allerdings ist fast die Hälfte der Frauen in Deutschland teilzeitbeschäftigt, obwohl einige gern mehr arbeiten würden." Ihr Potenzial für den Arbeitsmarkt bleibe also teilweise ungenutzt. Die hohe Teilzeitquote führe zu einer relativ geringen durchschnittlichen Arbeitszeit aller Beschäftigten von 34,7 Wochenstunden. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen in Deutschland ist den Angaben zufolge zwischen 1991 und 2022 um 16 Punkte auf 73 Prozent gestiegen. Darin spiegele sich der gesellschaftliche Wandel vom Einverdiener- zum Zweiverdienerhaushalt wider. Allerdings würden Frauen immer noch deutlich mehr Zeit für Kinderbetreuung und Hausarbeit aufwenden als Männer. Bei der Erwerbsarbeit ist es demnach nach wie vor genau umgekehrt: Frauen arbeiten durchschnittlich etwa 33 Stunden, Männer hingegen 40 Stunden. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Männern ist laut DIW zwar seit 2011 leicht rückläufig, bei der Sorge- und Hausarbeit holen sie aber nur langsam auf. Wenn sich der aktuelle Trend fortsetze, werde es vor allem bei der Kinderbetreuung "noch Jahrzehnte dauern, bis Männer und Frauen gleich viel Zeit dafür aufwenden", so die Forscher. DIW empfiehlt Reform der Lohnsteuerklassen Dabei entsprechen die realisierten Arbeitszeiten nicht zwangsläufig den Wünschen der Beschäftigten: Der Anteil von Frauen, die ihre Arbeitszeit aufstocken wollen, ist der Studie zufolge höher als bei Männern. Außerdem ermittelten die Wissenschaftler, dass Frauen in Westdeutschland häufiger unterbeschäftigt seien als in Ostdeutschland. Bei Männern bestehen dagegen keine regionalen Unterschiede. Zudem seien geringfügig Beschäftigte beider Geschlechter besonders häufig unterbeschäftigt. Eine Ausweitung der Arbeitszeit scheine an der monatlichen Verdienstgrenze für einen Minijob (von derzeit 538 Euro) zu scheitern, hieß es weiter. "Um dem Fachkräftebedarf zu begegnen, sollten das Arbeitsmarktpotenzial von Frauen besser genutzt und Fehlanreize behoben werden", sagte Studienautorin Annika Sperling. Reformen der Lohnsteuerklassen und des Ehegattensplittings könnten dazu beitragen, dass es sich für Frauen als Zweitverdiener mehr lohne, ihre Arbeitszeit über die Minijob-Grenze hinaus auszuweiten. Dazu bedürfe es aber auch einer gerechteren Aufgabenverteilung zwischen den Geschlechtern bei Kinderbetreuung und Haushalt. Die Politik könne diese Entwicklung mit zusätzlichen Kita-Plätzen und Elternzeitregelungen für Väter unterstützen. | /wirtschaft/arbeitsmarkt/arbeitszeit-beschaeftigte-arbeitsstunden-100.html |
2024-04-18 | Zuckerzusatz in Babynahrung von Nestlé festgestellt | Laut Analyse von NGO | Wieder Kritik an Nestlé: Der Konzern soll verschiedener Babynahrung Zucker zusetzen. Betroffen sind vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer. Nestlé streitet die Vorwürfe nicht ab. | Wieder Kritik an Nestlé: Der Konzern soll verschiedener Babynahrung Zucker zusetzen. Betroffen sind vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer. Nestlé streitet die Vorwürfe nicht ab. Nestlé steht so viel in der Kritik wie kaum ein anderer Lebensmittelkonzern. Ob wegen des Handels mit Russland, seinem Geschäft mit Trinkwasser oder - wie aktuell wieder - wegen seiner Babynahrung. Laut einer Analyse der Schweizer Nichtregierungsorganisation Public Eye, setzt der Konzern Babynahrung in manchen Ländern Zucker zu. Nach den Analysen von Public Eye und dem Internationalen Aktionsnetzwerk zur Säuglingsnahrung (IBFAN) enthielt ein Großteil der untersuchten Getreideprodukte wie Brei oder Instant-Müsli und der Milchpulver für Kleinkinder zwischen einem und drei Jahren zugesetzten Zucker. Betroffen seien vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer, die großen europäischen Märkte wie Deutschland dagegen nicht. "Nestlé macht Babys und Kleinkinder in einkommensärmeren Ländern zuckersüchtig", so der Vorwurf von Public Eye im Bericht, den die Organisation vor der heutigen Generalversammlung der Nestlé-Aktionäre veröffentlichte. Public Eye forderte Nestlé auf, die "Doppelmoral" zu beenden. Mehr als ein Stück Würfelzucker pro Portion Laut der Laborergebnisse enthielten Proben bestimmter Folgemilchprodukte für Kleinkinder aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien keinen Zuckerzusatz. In Proben aus Ländern wie Bangladesch, Indien, Pakistan, Südafrika, Äthiopien und Thailand sei aber zwischen 1,6 und über fünf Gramm Zucker pro Portion zugesetzt gewesen. Das entspricht teilweise mehr als einem Stück Würfelzucker, das vier Gramm wiegt. Auch in Getreideprodukten für Babys fand das Labor viel Zucker - darunter auch solche, die in Europa verkauft werden. Dazu erklärte der Konzern: In manchen Ländern in Europa gebe es Produkte ohne Zuckerzusatz, zusätzlich zu den herkömmlichen Produkten mit Zuckerzusatz. Die mit über sieben Gramm höchste Menge an Zucker pro Portion wurde laut Analyse in einem philippinischen Produkt nachgewiesen. Nestlé streitet Vorwurf nicht ab Nestlé stritt die Ergebnisse der Analysen auf Nachfrage nicht ab. "Wir entwickeln und reformulieren unsere Getreideprodukte für Säuglinge weiter, um den Gehalt an zugesetzten Zuckern weiter zu reduzieren, ohne Kompromisse bei Qualität, Sicherheit und Geschmack einzugehen", heißt es in einem Statement. Ernährungsexperten sagen, wenn Kinder früh an den Zuckergeschmack gewöhnt werden, greifen sie meist auch später vermehrt zu zuckerhaltigen Produkten. Das könne zu Fettleibigkeit führen oder Krankheiten wie Diabetes begünstigen. Die WHO spricht sich gegen Werbung und für eine klare Kennzeichnung von Baby- und Kleinkindnahrung mit Zuckerzusatz aus. Skandal um Milchpulver-Werbung von Nestlé in den 70ern Nestlé war in den 1970er-Jahren schon wegen seiner Babynahrung in der Kritik, weil es in Entwicklungsländern für Milchpulver warb. Viele Mütter dachten, dies sei gesünder als ihre eigene Muttermilch. Weil vielerorts kein sauberes Wasser zur Verfügung stand, brachte es Babys aber in Gefahr. Seit Langem betont das Unternehmen aber: "Wir unterstützen die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), für die ersten sechs Lebensmonate eines Babys ausschließlich zu stillen." | /wirtschaft/unternehmen/nestle-kritik-babynahrung-zucker-100.html |
2024-04-18 | Warum die EZB der Fed bei der Zinswende voraus ist | Geldpolitik | In der Eurozone rückt die Zinswende nach den neuesten Inflationsdaten in greifbare Nähe. In den USA sieht es dagegen anders aus. Dort werden erste Zinssenkungen erst später im Jahr erwartet. Das hat mehrere Gründe. Von Volker Hirth. | In der Eurozone rückt die Zinswende nach den neuesten Inflationsdaten in greifbare Nähe. In den USA sieht es dagegen anders aus. Dort werden erste Zinssenkungen erst später im Jahr erwartet. Das hat mehrere Gründe. Von Volker Hirth, ARD-Finanzredaktion Die Inflationsrate in den USA liegt bei 3,5 Prozent, in Europa mittlerweile nur noch bei 2,4 Prozent. Europa steht also besser da - allerdings nicht wirtschaftlich. Und das ist auch der Grund für den einen Schritt, den Europa in Sachen Inflation und Leitzins voraus ist. In den USA brummt die Wirtschaft. Unter anderem auch durch den privaten Konsum. "Die Fed wird mindestens die US-Wahlen abwarten" Außerdem haben Amerikaner im Schnitt höhere Löhne als Europäer und können sie auch verlangen, denn Arbeitskräfte werden gesucht in den USA. Das sieht der US- Notenbankchef Jerome Powell mit Sorge, wie er kürzlich in einem Interview erläuterte. Die Arbeitslosenquote liege unter vier Prozent, und das stabil seit mehr als zwei Jahren. Das habe es seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht gegeben, so Powell. In der Eurozone lag die Arbeitslosenrate zuletzt bei 6,5 Prozent. Insgesamt schwächelt der Konsum, vor allem in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland. Für eine Entlastung der Bürger durch niedrigere Zinsen gebe es für die Europäische Zentralbank daher größere Spielräume. So sei es sehr wahrscheinlich, dass die Zinsen in Europa auch schneller fallen als in den USA, meint Robin Winkler. Er ist Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung für Deutschland bei der Deutschen Bank: "Wir gehen davon aus, dass die EZB im Juni loslegen wird, die Fed wird mindestens die US-Wahlen abwarten." Das hieße, die EZB könnte dann ein halbes Jahr vor der Fed liegen. EZB dürfte vorlegen Jerome Powell ist so etwas wie der Chefdiplomat des Finanzwesens. Konkret wird er selten. Man muss bei ihm schon immer genau hinhören, zwischen den Zeilen lesen. Er bestätigte, dass er im Moment wenig Spielraum für eine Zinssenkung sieht. So lange also die Inflation so hoch bleibe, bleibe es beim hohen Zinsniveau. Es sei denn, der Arbeitsmarkt würde unerwartet schwächeln, betonte der Fed-Chef. Unerwartet - das heißt, Powell glaubt derzeit nicht an eine Schwäche auf dem Arbeitsmarkt. Die EZB dürfte also so gut wie sicher den Amerikanern in Sachen Zinssenkung vorangehen. Konflikte im Nahen Osten könnten Situation verändern Abgekoppelt von der Weltpolitik werde das allerdings nicht passieren, so Winkler. Der Nahost-Konflikt könnte einen Strich durch die Rechnung machen. Wenn der eskaliere, könnte es vor allem an den Rohstoffmärkten zu Turbulenzen führen: "Wenn der Ölpreis steigen würde, dann könnte das die Situation bei der EZB nochmal komplizierter machen." Vielleicht müsse dann noch einmal abgewartet werden, wie sich die Inflation entwickelt. "Aber ich glaube, da müsste schon viel passieren im Nahen Osten, dass die EZB nicht im Juni loslegen würde", sagt der Experte. Börsenbeben bleibt wohl aus Nun hatten gerade die Märkte auf vor allem in den USA fallende Zinsen gesetzt. Das passiert nun erstmal offensichtlich nicht. Die Enttäuschung darüber sei an den Aktienmärkten schon spürbar, so Winkler von der Deutschen Bank. Aber die Kurse würden andererseits auch gestützt. "Ich glaube, diese kleinen Turbulenzen an den Märkten in der letzten Woche sind schon darauf zurückzuführen", betont der Fachmann. "Gleichzeitig boomt die Wirtschaft in den USA, somit steigen auch die Gewinne der US-Unternehmen und das zieht den Märkten einen gewissen Boden ein." Die Zinswende, auf die die Anleger gesetzt hatten, kommt also nun mit Verzögerung. Zu einem Börsenbeben scheint diese Gewissheit aber sehr wahrscheinlich nicht zu führen. | /wirtschaft/finanzen/fed-ezb-zinswende-inflation-100.html |
2024-04-18 | Worum es bei den Ahrtal-Ermittlungen geht | Flutkatastrophe von 2021 | Fast drei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal gibt die Staatsanwaltschaft das Ergebnis ihrer Ermittlungen bekannt. Kommt es zu einer Anklage wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung im Amt durch Unterlassen? Von K. Schwartz. | Fast drei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal gibt die Staatsanwaltschaft das Ergebnis ihrer Ermittlungen bekannt. Kommt es zu einer Anklage wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung im Amt durch Unterlassen? Von Kolja Schwartz Die Ausgangslage Im Juli 2021 starben bei der Flutkatastrophe im Ahrtal 135 Menschen, Hunderte wurden verletzt, 9.000 Häuser wurden zerstört oder beschädigt. Drei Wochen nach dem Unglück leitete die Staatsanwaltschaft Koblenz ein Ermittlungsverfahren ein. Die Vorwürfe: fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung im Amt. Jeweils begangen durch "Unterlassen". Die Ermittlungen richten sich gegen den damaligen Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler, und eine weitere Person des Krisenstabs. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass die Bevölkerung zu spät und unzureichend vor den Wassermassen gewarnt wurde und dass durch dieses Fehlverhalten Menschen verletzt worden und zu Tode gekommen sind, begründete die Staatsanwaltschaft damals die Einleitung des Ermittlungsverfahrens. Gut zweieinhalb Jahre später verkündet sie nun das Ergebnis der Ermittlungen. Welche Möglichkeiten hat die Staatsanwaltschaft? Es gibt im Grunde zwei Möglichkeiten: Die Staatsanwaltschaft wird entweder Anklage gegen die Beschuldigten oder auch nur einen der Beschuldigten erheben. Dann geht die Sache zu einem Gericht. Oder sie stellt das Ermittlungsverfahren ein. Für die Entscheidung ist eine Prognose nötig: Ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft in einem späteren Prozess eine Verurteilung wahrscheinlicher als ein Freispruch? (Juristen sprechen von "hinreichend wahrscheinlich".) Dann muss die Staatsanwaltschaft Anklage erheben. Kommt die Staatsanwaltschaft hingegen zu dem Ergebnis, dass ein späterer Freispruch wahrscheinlicher ist als eine Verurteilung, so stellt sie das Ermittlungsverfahren ein. Warum entscheidet die Staatsanwaltschaft und kein Gericht? Für ein Ermittlungsverfahren ist immer die Staatsanwaltschaft zuständig. Sie ist verpflichtet, ein solches zu führen, wenn es Anhaltspunkte für eine Straftat gibt. Und sie ist verpflichtet, Anklage zu erheben, wenn sich diese Anhaltspunkte so verdichten, dass eine Verurteilung wahrscheinlicher ist als ein Freispruch. Nur wenn es eine Anklage gibt, landet der Fall vor Gericht. Wenn es aus der Sicht der Staatsanwaltschaft aber nicht reicht für eine spätere Verurteilung, dann stellt sie das Verfahren ein und die Sache landet grundsätzlich nicht vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft ist zur Objektivität, Neutralität und Unparteilichkeit verpflichtet. Sie muss alle Tatsachen ermitteln, egal ob sie für oder gegen die Schuld der Beschuldigten sprechen. Wie geht es nach einer Anklage weiter? Die Staatsanwaltschaft schickt die Anklage an das zuständige Gericht. Dieses prüft dann selbst, ob es den "hinreichenden Tatverdacht" sieht. Dann kommt es zu einem Prozess in einem Gerichtssaal. Was genau bedeutet "fahrlässige Tötung durch Unterlassen"? Um wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen verurteilt zu werden, müssen mehrere Voraussetzungen vorliegen: Der Täter hat eine bestimmte Handlung nicht ausgeführt, obwohl er zu dieser Handlung verpflichtet war. Er konnte die dadurch entstehende Gefahr für das Leben eines oder mehrerer Menschen vorhersehen. Und es wäre ihm auch möglich gewesen, die geforderte Handlung auszuführen.Durch genau dieses "Nichthandeln" hat er den Tod eines oder mehrerer Menschen verursacht. Was bedeutet das übertragen auf die Flut im Ahrtal? Hätte der damalige Landrat oder der weitere Beschuldigte die Bevölkerung früher warnen müssen? Hätte er den Katastrophenalarm ausrufen müssen, damit evakuiert wird? Dies könnte zum Beispiel die Handlung sein, zu der der Landrat verpflichtet war, die er aber trotz eindeutiger Hinweise am Nachmittag unterlassen hat. Um 15.26 Uhr hatte das Landesumweltamt einen Pegelstand von 5,19 Meter prognostiziert. Die damalige Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr, Cornelia Weigand, hatte um 16.20 Uhr im Landratsamt angerufen und dazu aufgefordert, den Katastrophenalarm auszurufen. Stunden, bevor viele Menschen in den Wassermassen ihr Leben ließen. Erst um 23.09 Uhr wurde der Katastrophenalarm vom Kreis Ahrweiler ausgelöst und zur Teilevakuierung aufgerufen. Die Staatsanwaltschaft muss im zweiten Schritt nachweisen, dass die Beschuldigten die Gefahr für die vielen Menschen durch diese Hinweise vorhersehen konnten. Also, dass ihnen bewusst war, dass es zu Todesfällen kommen kann, wenn der Katastrophenalarm nicht ausgerufen wird. Wenn nicht gewarnt und evakuiert wird. Es braucht also den Nachweis, dass sie überhaupt die Möglichkeit hatten, die Ausmaße der anrollenden Katastrophe zu erfassen. Und dass es ihnen auch möglich war, zu diesem Zeitpunkt zu handeln. Im dritten Schritt muss die Staatsanwaltschaft überprüfen, ob diese Warnungen, das Ausrufen des Katastrophenalarms auch tatsächlich Menschen gerettet hätte. Hätten diese von den Warnungen erfahren, hätte man sie noch evakuieren können? Hätte man überhaupt genau diese Menschen evakuiert? Warum ist die strafrechtliche Bewertung schwierig? Klar ist, dass bei der Flutkatastrophe im Ahrtal 135 Menschen gestorben sind. Ein von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebenes Gutachten belegt auch, dass es erhebliche Mängel beim Katastrophenschutz gab. Außerdem ist schnell nach der Flut klar geworden, dass der beschuldigte Landrat Jürgen Pföhler seine Verantwortung an dem Tag nicht wahrgenommen hat und nur für einen Fototermin überhaupt in der Einsatzzentrale war. Auch im Nachhinein hat er erklärt, dass er gar nicht zuständig gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft muss aber genau benennen können, dass die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit vorliegen und vor allem die Verbindung zwischen konkreten Fehlern und den gestorbenen Personen nachweisen. Ist das alles nicht offensichtlich? Für eine spätere Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung reicht es nicht aus, zu sagen: Möglicherweise hätten noch Personen gerettet werden können. An jedem konkreten Menschen, der in der Nacht ums Leben gekommen ist, muss man überprüfen, ob die Person mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" noch leben würde. Also zum Beispiel: Wäre eine frühere Warnung auch noch rechtzeitig bei dieser Person angekommen? Oder andersherum gefragt: Wären sie trotzdem gestorben? Die Staatsanwaltschaft hatte im langen Ermittlungsverfahren zwischenzeitlich angedeutet, dass hier eine Hauptschwierigkeit des Verfahrens liegt. Auch das in Auftrag gegebene Gutachten hatte nicht benennen können, in welchem Umfang Menschen bei Idealbedingungen des Katastrophenschutzes gerettet worden wären. Was ist mit der fahrlässigen Körperverletzung im Amt durch Unterlassen? Die Voraussetzungen sind zunächst dieselben. Auch hier muss nachgewiesen sein, dass bestimmte Menschen nicht verletzt worden wären, wenn die Beschuldigten anders gehandelt hätten. Könnten sich die Opfer gegen eine Einstellung des Verfahrens wehren? Wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen sollte, haben die Verletzen die Möglichkeit, ein sogenanntes Klageerzwingungsverfahren anzustrengen. Als "Verletzte" gelten in dem Verfahren auch die Angehörigen von Todesopfern. Voraussetzung für das Verfahren ist, dass die Verletzten bereits ihr Interesse an einer Strafverfolgung zum Ausdruck gebracht haben. Wenn dem so ist, könnten sie innerhalb von zwei Wochen nach der Einstellung Beschwerde gegen diese einreichen. Über diese entscheidet in der Regel die Generalstaatsanwaltschaft. Wenn die Beschwerde nicht erfolgreich ist, könnten die Verletzten innerhalb eines Monats einen Antrag beim Oberlandesgericht stellen. Dann entscheidet also ein Gericht - allerdings ohne ein Verfahren im Gerichtssaal - ob es die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung anders einschätzt als die Staatsanwaltschaft. Wenn dies so wäre, würde das Gericht die Staatsanwaltschaft verpflichten, doch Anklage zu erheben. Erst dann würde es zu einem Strafprozess kommen. Wer ist für die politische Bewertung zuständig? Nicht alle Fehler, die Menschen begehen - mögen sie auch noch so tragisch und gravierend sein - sind vom Gesetz mit Strafe bedroht. Es gibt klare Regeln und hohe Hürden, um strafbares Verhalten nachzuweisen. Unabhängig davon gibt es die Stufe der politischen Verantwortung. Um diesen Teil der Aufklärung hat sich der parlamentarische Untersuchungsausschuss im Landtag Rheinland-Pfalz bemüht. Der Abschlussbericht wird voraussichtlich in einigen Monaten vorliegen. | /inland/gesellschaft/flutkatastrophe-ahrtal-106.html |
2024-04-18 | Drogenbeauftragter will stärker gegen Rauchen vorgehen | Tabakkonsum in Deutschland | In Großbritannien wird über das Mindestalter für Tabak diskutiert. Auch der Drogenbeauftragte der Bundesregierung sieht beim Rauchen einen "massiven Handlungsbedarf". Man könne sich an anderen Ländern ein Beispiel nehmen. | In Großbritannien wird über das Mindestalter für Tabak diskutiert. Auch der Drogenbeauftragte der Bundesregierung sieht beim Rauchen einen "massiven Handlungsbedarf". Man könne sich an anderen Ländern ein Beispiel nehmen. Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, hat sich für ein deutlich entschiedeneres Vorgehen gegen Tabakkonsum ausgesprochen und von "massivem Handlungsbedarf" gesprochen. "An der Ernsthaftigkeit, mit der das Thema Rauchen in anderen Ländern angegangen wird, können wir uns ein Beispiel nehmen", sagte Blienert der Bild-Zeitung. Die britische Regierung etwa will den Kauf von Tabak für Menschen, die nach dem 1. Januar 2009 geboren wurden, illegal machen. Dafür soll das Mindestalter, das derzeit bei 18 Jahren liegt, schrittweise erhöht werden. Auf diese Weise würde es de facto jedes Jahr um ein Jahr angehoben, bis langfristig die gesamte Bevölkerung betroffen ist. Buschmann gegen generelles Rauchverbot Bundesjustizminister Marco Buschmann sprach sich gegen ein Rauchverbot aus, wie es in Großbritannien diskutiert wird. "Ich glaube, erwachsene Menschen können selber entscheiden, was sie konsumieren wollen und was sie nicht konsumieren wollen", sagte der FDP-Politiker den Sendern RTL und ntv. Er bleibe auch angesichts der Belastungen für Krankenkassen und Gesellschaft durch Folgeerkrankungen des Rauchens bei seiner Position. Er sei der Meinung, "dass wir den einzelnen Menschen nicht so sehr vergesellschaften dürfen, dass irgendwann jede Alltagsentscheidung vom Staat und von der Politik bestimmt wird." Blienert dringt auf Werbeverbot Der Drogenbeauftragte Blienert verwies in der "Bild" auch auf die Vereinbarungen der Ampel-Regierung. "Schritt Nummer eins ist bei uns, jetzt die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und endlich dafür zu sorgen, dass für Zigaretten und Co. nicht mehr geworben werden darf und es auch kein Sponsoring durch die Tabakindustrie mehr gibt." Jedes Jahr sterben nach Blienerts Angaben 127.000 Menschen infolge des Rauchens. "Das darf so nicht bleiben", sagte er. Schon länger Kritik an Tabakkontrolle Im vergangenen Jahr attestierte bereits die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Deutschland schleppende Fortschritte im Kampf gegen den Tabakkonsum. Man könne "nicht wirklich nachvollziehen", warum die Politik in Deutschland "so lax" in der Umsetzung von Maßnahmen in der Tabakkontrolle sei, sagte damals Rüdiger Krech, WHO-Direktor für Gesundheitsförderung. International hingegen gingen mehr Länder gegen das Rauchen vor. | /inland/innenpolitik/drogenbeauftragter-rauchen-kurs-100.html |
2024-04-18 | Habeck zu Gesprächen in Kiew eingetroffen | Unterstützung für die Ukraine | Bundeswirtschaftsminister Habeck ist zu einem Besuch in die Ukraine gereist. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen die jüngsten Angriffe Russlands auf die ukrainische Energie-Infrastruktur und die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland. | Bundeswirtschaftsminister Habeck ist zu einem Besuch in die Ukraine gereist. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen die jüngsten Angriffe Russlands auf die ukrainische Energie-Infrastruktur und die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland. In Begleitung einer Wirtschaftsdelegation ist Vizekanzler Robert Habeck zu einem Besuch in die Ukraine gereist. Er traf am Morgen mit einem Zug in Kiew ein. Deutschland stehe auch im dritten Jahr des brutalen und völkerrechtswidrigen Angriffskriegs fest an der Seite der Ukraine, erklärte der Bundeswirtschaftsminister nach seiner Ankunft. Zur Unterstützung gehörten auch der Wiederaufbau und eine widerstandsfähige Energieversorgung. Dafür seien private Investitionen zentral. Dass eine Wirtschaftsdelegation ihn begleite, zeige, "dass auch die deutsche Wirtschaft die Zukunft der Ukraine in Europa fest im Blick" habe, betonte er. Als künftiges EU-Mitglied und mit gut ausgebildeten Menschen böten sich Chancen für deutsche und internationale Unternehmen. Maßnahmenpaket für Wiederaufbau Das Bundeskabinett hatte in der vergangenen Woche einen 15-Punkte-Plan zum wirtschaftlichen Wiederaufbau der Ukraine beschlossen. Im Zentrum des Maßnahmenpakets stehen finanzielle Zuschüsse und Zinsverbilligungen für kleine und mittlere Unternehmen in der Ukraine sowie Investitionsgarantien für deutsche Unternehmen. Habeck will in Kiew unter anderem Präsident Wolodymyr Selenskyj, Vizepremier und Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko sowie Energieminister Herman Haluschtschenko treffen. Russland hatte seine Raketen- und Bombenangriffe auf die Ukraine zuletzt verstärkt. Dabei wurden auch viele ukrainische Kraftwerke ausgeschaltet. Habeck sagte, Russlands Präsident Wladimir Putin ziele neben der militärischen Zerstörung an der Front auch auf die Zivilbevölkerung. Die Ukraine befindet sich in einer zusehends schwierigen Lage: Sie appelliert seit Monaten immer wieder an ihre Verbündeten, mehr Munition und mehr Mittel für die Luftabwehr zur Verfügung zu stellen. Am Wochenende hatte die Bundesregierung angekündigt, dem Land ein weiteres "Patriot"-Abwehrsystem zu liefern. Nächste Station Moldau Habeck will nach der Ukraine auch das Nachbarland Moldau besuchen. "Moskaus Aggression wirkt sich mit voller Wucht auch auf die Nachbarn der Ukraine aus. Deutschland unterstützt die Republik Moldau als verlässlicher Partner dabei, russischen Destabilisierungsversuchen zu begegnen, und begleitet das Land auf seinem Weg in die EU", so der Vizekanzler. | /ausland/europa/habeck-ukraine-112.html |
2024-04-18 | "De facto stellen sie fehlerhafte Flugzeuge her" | Anhörung zu Boeing-Pannen | In einer Anhörung vor dem US-Senat hat ein Boeing-Ingenieur auf erhebliche Sicherheitsmängel hingewiesen. Die Senatoren forderten von dem US-Flugzeugbauer ein verbessertes Sicherheitskonzept.Von Claudia Sarre. | In einer Anhörung vor dem US-Senat hat ein Boeing-Ingenieur auf erhebliche Sicherheitsmängel hingewiesen. Die Senatoren forderten von dem US-Flugzeugbauer ein verbessertes Sicherheitskonzept. Von Claudia Sarre Mal ist es eine Triebwerksabdeckung, mal eine herausgerissene Kabinentür. Die technischen Probleme häuften sich zuletzt bei Boeing - und beschäftigten am Mittwoch auch den US-Senat in Washington. Boeing-Ingenieur Sam Salehpour wiederholte vor Senatoren seine massiven Anschuldigungen gegen den Flugzeugbauer. "De facto stellen sie fehlerhafte Flugzeuge her", so der Whistleblower. Unter anderem, um die Produktion zu beschleunigen, seien bei der Montage von Rumpfteilen des Langstreckenfliegers 787 Dreamliner erhebliche Fehler toleriert worden. "Ich war Zeuge von schweren Montagefehlern beim Zusammenbau des Flugzeugs. Ich habe gesehen, wie Monteure auf den Flugzeugen herumsprangen, um Teile passend zu machen. Das war nur eine von vielen unsachgemäßen Methoden." "Keine Kultur der Sicherheit" Salehpour erklärte, dass Abstände zwischen Flugzeugteilen, die größer als 0,127 mm seien, gemäß den Vorgaben geschlossen werden müssten. An knapp 1.500 Flugzeugen seien diese Lücken jedoch nicht geschlossen worden. Dies könnte zu frühzeitiger Materialermüdung und somit zu einer Katastrophe führen, so Salehpour. "Ich habe im Unternehmen wiederholt meine Sorge geäußert. Ich wurde ins Abseits gedrängt, mir wurde gesagt, ich solle den Mund halten, ich wurde körperlich bedroht", sagte der Whistleblower. "Dies ist keine Kultur der Sicherheit", wenn man bedroht werde, weil man Sicherheitsbedenken habe, sagte Sahlepour weiter. Auch ein ehemaliger Ingenieur von Boeing sagte vor dem Senatsausschuss aus. Ed Pierson schied bereits 2018 aus dem Konzern aus, kurz bevor zwei Boeing-Maschinen vom Typ 737 Max abstürzten. Damals kamen 346 Menschen ums Leben. "Die Welt ist schockiert über die aktuellen Probleme mit der Produktionsqualität von Boeing. Ich bin nicht überrascht, weil sich nach den beiden Abstürzen nichts geändert hat. Es gab keine Rechenschaftspflicht, kein einziger Boeing-Mitarbeiter wurde ins Gefängnis gesteckt." Boeing weist Vorwürfe zurück Boeing wies die aktuellen Vorwürfe zum 787 Dreamliner zurück. Man habe die Maschinen gründlich gecheckt und dabei keinerlei Mängel entdeckt. Und auch die Flugaufsichtsbehörde FAA erklärte, die Flugzeuge entsprächen den vorgeschriebenen Sicherheitsstandards. US-Senatoren forderten, dass der Flugzeugbauer dringend seine Sicherheitskultur verbessern müsse. "Das bestätigt, dass wir uns ansehen müssen, was Boeing tut, und nicht nur, was es behauptet zu tun. Boeing sagt, dass Sicherheit für das Unternehmen oberste Priorität hat. Doch als es aufgefordert wurde, Beweise dafür vorzulegen, lieferte Boeing - ich zitiere - keine objektiven Beweise für eine grundsätzliche Verpflichtung zur Sicherheit", erklärte die demokratische Senatorin Tammy Duckworth aus Illinois. Wegen der nicht abreißenden Pannen gerät Boeing immer mehr unter Druck. Das Unternehmen zog bereits personelle Konsequenzen. Konzernchef David Calhoun kündigte an, bis zum Jahresende abtreten zu wollen. | /wirtschaft/unternehmen/boeing-anhoerung-102.html |
2024-04-18 | Tsunamiwarnung nach Vulkanausbruch | Indonesien | Im Nordosten Indonesiens drohen Teile einer Vulkaninsel nach mehreren Eruptionen ins Meer zu stürzen. Die Behörden warnen vor einem möglichen Tsunami. Tausende Menschen wurden bereits in Sicherheit gebracht. | Im Nordosten Indonesiens drohen Teile einer Vulkaninsel nach mehreren Eruptionen ins Meer zu stürzen. Die Behörden warnen vor einem möglichen Tsunami. Tausende Menschen wurden bereits in Sicherheit gebracht. Nachdem der Vulkan Ruang im Nordosten Indonesiens ausgebrochen ist, haben die Behörden die höchste Alarmstufe ausgegeben und vor einem möglichen Tsunami gewarnt. Auf der Vulkaninsel im Sangihe-Archipel nördlich von Sulawesi hatte es in den vergangenen zwei Tagen mehrere heftige Eruptionen gegeben. Das Zentrum für Vulkanologie und geologische Gefahrenabwehr (PVMBG) warnte, dass Teile des Vulkans ins Meer stürzen und hohe Flutwellen auslösen könnten. Tausende Menschen wurden in Sicherheit gebracht. Insgesamt mehr als 11.000 Menschen wurden aufgefordert, das Gebiet zu verlassen. Touristen sollten mindestens sechs Kilometer Abstand vom Ruang-Vulkan halten. Flughafen in Manado geschlossen Am Mittwoch hatte der 725 Meter hohe Feuerberg Asche- und Gesteinswolken 3.000 Meter hoch in den Himmel geschleudert. Die Behörden verhängten eine Sperrzone in einem Umkreis von sechs Kilometern um den Krater. Asche und Steine seien auch auf der fünf Kilometer entfernten Insel Tagulandang niedergegangen und hätten dort Einwohner verletzt, sagte ein Sprecher des Katastrophenschutzes. Am Donnerstag wurde der Flughafen in Manado, der Provinzhauptstadt von Nord-Sulawesi, vorsorglich geschlossen. Auch Flüge zwischen der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur und den Bundesstaaten Sarawak und Sabah auf der Insel Borneo seien gestrichen, berichtete die Zeitung "The Borneo Post" unter Berufung auf die Fluglinie Malaysia Airlines. Indonesien liegt auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring, der geologisch aktivsten Zone der Erde. Vulkanausbrüche und Erdbeben sind dort keine Seltenheit. Der Ruang hatte vor mehr als 150 Jahren bereits einmal einen heftigen Tsunami ausgelöst. Bei der Naturkatastrophe im Jahr 1871 starben 400 Menschen. | /ausland/asien/indonesien-vulkanausbruch-102.html |
2024-04-18 | Abstimmung über Milliarden für Musk | Tesla-Hauptversammlung im Juni | Bekommt Tesla-Chef Elon Musk nachträglich ein milliardenschweres Aktienpaket? Darüber sollen die Aktionäre entscheiden. Derweil erreichen die Stellenstreichungen auch das deutsche Werk in Grünheide. | Bekommt Tesla-Chef Elon Musk nachträglich ein milliardenschweres Aktienpaket? Darüber sollen die Aktionäre entscheiden. Derweil erreichen die Stellenstreichungen auch das deutsche Werk in Grünheide. Tesla will seine Aktionäre erneut über ein Dutzende Milliarden Dollar schweres Aktienpaket für Firmenchef Elon Musk abstimmen lassen, das von einem Gericht torpediert wurde. Zugleich sollen sie nach dem Willen des Elektroauto-Herstellers über eine Verlegung des offiziellen Firmensitzes von Delaware nach Texas entscheiden. Das geht aus Unterlagen zur Tesla-Hauptversammlung am 13. Juni hervor. Der Schritt kommt wenige Tage nach der Ankündigung, mehr als jede zehnte Stelle zu streichen - was auch Folgen für das deutsche Werk in Grünheide hat. Aktionäre wurden 2018 nicht korrekt über das Verfahren informiert Das 2018 von Aktionären gebilligte Aktienpaket, dessen Wert damals mit 56 Milliarden Dollar angegeben wurde, war von einer Richterin in Delaware nach einer Anlegerklage gekippt worden. Sie kam zu dem Schluss, dass Musk bei der Vereinbarung der großzügigen Vergütung im Tesla-Verwaltungsrat zu viel Einfluss im Hintergrund gehabt habe, als dass man von einem fairen Verfahren sprechen könne. Und die Aktionäre darüber im Dunkeln gelassen worden seien, wodurch sie keine Möglichkeit gehabt hätten, eine gut überlegte Entscheidung zu treffen. Musk zeigte sich nach dem Urteil Ende Januar umgehend offen für einen Umzug von Tesla nach Texas. Er hatte bereits die Firmenzentrale von Kalifornien zum großen Werk im texanischen Austin verlegen lassen. Für seine Vergütung in dem Zeitraum bis zu einem Umzug würden weiter die Regeln von Delaware gelten. Nach dem Plan von 2018 konnte Musk in zwölf Schritten Aktienoptionen mit einem maximalen Wert von damals bis zu 55,8 Milliarden Dollar bekommen, wenn Börsenwert und Geschäftszahlen von Tesla mit bestimmten Mindestwerten wachsen. Die Richterin entschied, dass Teslas Aktionäre nicht korrekt über das Verfahren informiert worden seien, in dem das Riesen-Paket ausgehandelt wurde. So habe Musk enge Verbindungen mit einigen Personen gehabt, die auf Teslas Seite an den Verhandlungen beteiligt waren. Frage von "Fairness und Respekt"? Tesla räumte in den Unterlagen zugleich ein, dass man nicht sicher sei, ob eine erneute Bestätigung des Aktienpakets durch die Aktionäre angesichts des Urteils Bestand haben würde. Mehrere Verwaltungsratsmitglieder sind Musk weiterhin sehr nah. Andererseits könnte Tesla nun argumentieren, dass allein schon durch das ausführliche Urteil der Richterin die Anleger nun darüber Bescheid wüssten. Tesla hatte zudem angekündigt, gegen die Gerichtsentscheidung in Berufung zu gehen. Ein weiterer Haken ist, dass seit 2018 der Börsenwert von Tesla zwar deutlich die damals für die Maximal-Vergütung von Musk gesetzte Marke von rund 650 Milliarden Dollar überschritten hatte - inzwischen aber nach der jüngsten rapiden Talfahrt der Aktie wieder darunter liegt. Die Chefin des Tesla-Verwaltungsrates, Robyn Denholm, betonte in einem Brief an die Aktionäre, dass Musk nach der Gerichtsentscheidung nicht für seine Arbeit bei dem Elektroauto-Hersteller in den vergangenen sechs Jahren bezahlt worden sei. Es sei eine Frage von "Fairness und Respekt", erneut für das Aktienpaket zu stimmen. Musk gehört dank seiner Anteile vor allem an Tesla und der Raumfahrtfirma SpaceX zu den reichsten Menschen der Welt. Allerdings schrumpfte auch sein Vermögen etwas mit der Talfahrt der Tesla-Aktie. Der Finanzdienst Bloomberg führt ihn aktuell in seiner Reichen-Liste auf Rang vier mit einem geschätzten Vermögen von 174 Milliarden Dollar. Tesla trennt sich von 300 Mitarbeitern in Deutschland Tesla hatte zuletzt nach mehreren Jahren rasanter Zuwächse einen Absatzrückgang verzeichnet. Musk hatte zwischenzeitlich gesagt, dass Tesla sich zwischen zwei Wachstumswellen befinde. Vor wenigen Tage wurden dann die Streichungen angekündigt, die mehr als 14.000 Jobs kosten können. Wegen der schwächeren Nachfrage nach seinen Fahrzeugen weltweit soll mehr als jeder zehnte Arbeitsplatz gestrichen werden. Das hat auch Auswirkungen auf das Werk bei Berlin. So will sich der US-Elektroautobauer einem Medienbericht zufolge auch an seinem deutschen Standort Grünheide von 300 Mitarbeitern trennen. Von dem Jobabbau ab Montag seien zunächst Leiharbeiter betroffen, berichtete das digitale Wirtschaftsmagazin "Business Insider" unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Deren Zugänge zum Werksgelände sollen mit Auslaufen der Arbeitsverträge gesperrt werden. | /wirtschaft/unternehmen/tesla-musk-aktienpaket-stellenstreichung-100.html |
2024-04-18 | Investitionen in Europa sollen attraktiver werden | Die EU-Kapitalmarktunion | Bei Autos oder Käse funktioniert der Binnenmarkt. Doch Europas Kapitalmarkt ist weiter zersplittert. Um Wachstum zu fördern und Europa wettbewerbsfähiger zu machen, wird auf dem EU-Gipfel heute die Kapitalmarktunion diskutiert. Von C. Feld. | Bei Autos oder Käse funktioniert der Binnenmarkt. Doch Europas Kapitalmarkt ist weiter zersplittert. Um Wachstum zu fördern und Europa wettbewerbsfähiger zu machen, wird auf dem EU-Gipfel heute die Kapitalmarktunion diskutiert. Von Christian Feld Wo kommen die Millionen her? Hanno Renner nennt gleich ein konkretes Beispiel, in dem seine eigene Familie eine Rolle spielt. Der 34-Jährige ist CEO und Mitgründer von Personio. Das Start-up bietet eine Personalmanagement-Software für kleine und mittelständische Unternehmen an. In die Firma hat unter anderem ein kanadischer Pensionsfonds investiert, der die Altersversorgung von Lehrerinnen und Lehrern verwaltet. Renners Eltern sind auch pensionierte Lehrer, erzählt er im Gespräch mit dem ARD Studio Brüssel: "Ich würde auch eine baden-württembergische Pensionskasse bei uns reinholen, aber die investiert eben nicht in Start-ups und Wachstumsunternehmen." Kapitalgewinne fließen oft ins Ausland Und so kommt gerade bei solchen Unternehmen das private Kapital häufig aus dem Ausland - Gewinne fließen dorthin wieder zurück. Besonders in den USA sind Bereitschaft und Expertise groß, wenn es darum geht, in Firmen mit Potenzial zu investieren. Das bestätigt auch Jan Dzulko, dessen Unternehmen Everphone sich kürzlich eine Kapitalspritze von 270 Millionen Euro gesichert hat. Für etablierte und profitable Mittelständler seien die Probleme nicht so groß. "Aber wenn man noch kein Geld verdient, findet man in Europa einfach keine Investoren, die in der Größenordnung investieren." Mehr Kapital für die Wirtschaft "Unser Wettbewerbsnachteil ist der Kapitalmarkt, der nicht so leistungsfähig und nicht in der Lage ist, Zukunftsaufgaben zu finanzieren", sagte auch Bundesfinanzminister Christian Lindner vergangene Woche in Luxemburg. Er erhofft sich vom heutigen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs Impulse bei einem Projekt, das schon lange in der Planung aber nicht einmal in der Nähe der Zielgeraden ist: die Kapitalmarktunion. Der Plan ist, deutlich mehr privates Kapital für die Wirtschaft in der EU zu mobilisieren. Lindners französischer Amtskollege Bruno Le Maire formulierte es in Berlin kürzlich so: "Ohne Kapitalmarktunion werden wir erleben, dass unsere Start-ups in Berlin geboren werden, in Paris entstehen und in Washington, New York oder San Francisco wachsen." "Schlüssel zur Erschließung von privatem Kapital" Die Kapitalmarktunion ist ein wichtiger Baustein, wenn die Staats- und Regierungschefs am Gipfeltisch nun darüber sprechen, wie die Europäische Union im Wettbewerb mit den USA oder China bestehen kann. Das betrifft weit mehr als nur Start-ups. "Die Kapitalmarktunion zu vertiefen ist der Schlüssel zur Erschließung von privatem Kapital", heißt es in einem Entwurf des Gipfel-Abschlusstextes. Das helfe, die Herausforderungen anzugehen, "insbesondere den grünen und digitalen Wandel und die Bedürfnisse der europäischen Verteidigungsindustrie". Bei Autos oder Käse funktioniert der Binnenmarkt in der EU. Beim Kapitalmarkt gibt es bisher nur gemeinsame Ziele. Bundeskanzler Olaf Scholz spricht von der "entscheidenden Ressource für künftiges Wachstum". Europäischer Kapitalmarkt ist zersplittert Der frühere italienische Ministerpräsident Enrico Letta hat zum Gipfel einen langen Bericht zur Zukunft des Binnenmarktes vorgelegt. Dort heißt es, die EU sei die Heimat von 33 Billionen Euro allein an privaten Ersparnissen. Doch dieses Geld muss auch bei Unternehmen landen, bei denen es gebraucht wird. Und in der Umsetzung einer Kapitalmarktunion müssen noch viele Hürden genommen werden. Der europäische Kapitalmarkt wird als zersplittert wahrgenommen. In jedem Land warten unterschiedliche Regularien. Bundesbankpräsident Joachim Nagel sagte beispielsweise: "Es schreckt ausländische Investoren ab, wenn ein Wirtschaftsraum wie die EU 27 verschiedene Insolvenzregelungen hat." Damit ist das Problem beschrieben. Doch wer ist bereit, seine nationalen Regelungen anzugleichen und Hoheiten einzuschränken oder abzugeben? So gibt es für eine mögliche Kapitalmarktunion unterschiedliche Vorstellungen, wie zentralisiert eine Aufsicht sein soll. Wann kommt die Reform? Es wäre ungewöhnlich, wenn die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in die technischen Tiefen der Kapitalmarktunion eintauchen würden. Diese Arbeit liegt bei Finanzministerinnen und -ministern. Die Vorsitzende des Start-up-Verbandes, Verena Pausder, setzt jedoch darauf, dass das Vorhaben vorankommt: "Ohne stärkere Investitionen in Innovationen verliert Europa nicht nur technologisch den Anschluss an die USA und China, wir verbauen uns zudem unsere Wachstumsperspektiven." Personio sieht sich als Unternehmen mit europäischen Wurzeln und "mit starker Verbundenheit zu Europa". CEO Renner sagt aber auch: "Um das bleiben zu können - auch wenn wir den Börsengang in den nächsten Jahren gehen - braucht es Reformen unseres Kapitalmarktes." Dzulko vom Unternehmen Everphone weist darauf hin, dass Start-ups in erheblich kürzeren Zeiträumen denken würden als die Politik: "Ich beobachte das eher, als dass ich das in irgendeiner Form in meine Pläne einbauen würde." | /ausland/europa/eu-kapitalmarktunion-100.html |
2024-04-18 | "Russland ist kein verlässlicher Partner" | Diskussion über Gaslieferungen | Jeder Deutsche verliert Panorama-Recherchen zufolge jährlich etwa 2.600 Euro durch die Folgen der Energiekrise. Die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht fordern deshalb eine Rückkehr zum russischen Gas. Dem Verbraucher würde das wenig bringen. | Jeder Deutsche verliert Panorama-Recherchen zufolge jährlich etwa 2.600 Euro durch die Folgen der Energiekrise. Die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht fordern deshalb eine Rückkehr zum russischen Gas. Dem Verbraucher würde das wenig bringen. Von Johannes Edelhoff, Milan Panek und Lennart Richter, NDR Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sind die Auswirkungen auf Deutschland spürbar: Fast kein Gas fließt mehr aus Russland. Das belastet nicht nur die Industrie, sondern auch die Geldbeutel der Bürger. Doch wie hoch sind die finanziellen Einbußen tatsächlich? Sebastian Dullien, Wirtschaftswissenschaftler der Hans-Böckler-Stiftung, hat für das ARD-Magazin Panorama versucht, diese Frage zu berechnen. Das Ergebnis: Deutschlands Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpft durch die Kriegsfolgen deutlich stärker als das anderer Länder. Deutschland hat fünf Prozent seines BIP verloren. Umgerechnet verlieren Deutsche pro Kopf durchschnittlich etwa 2.600 Euro pro Jahr. In Schweden sind es 1.700 Euro, in Italien hingegen sogar nur 230 Euro. Der Durchschnitt im EU-Raum liegt bei etwa 880 Euro. Deutschland besonders stark belastet Die Verluste für Deutsche sind damit im Schnitt fast dreimal so hoch wie die anderer Bürger. Um zu diesen Zahlen zu kommen, hat Dullien die Schätzung des Internationen Währungsfonds (IWF) für das Bruttoinlandsprodukt für die Jahre bis 2024 aus dem Herbst 2021 genommen, der letzten Schätzung vor der Ukraine-Invasion und dem Energiepreisanstieg, der schon im Winter 2021 begann, als Russland weniger Gas lieferte. Die hat er mit der aktuellen Schätzung aus dem Januar 2024 für 2024 verglichen. Die Differenz kann man grob als Folgen von Ukraine-Invasion betrachten, weil das die große Veränderung zwischen den beiden Prognosen ist. "Deutschland hat ein paar strukturelle Charakteristika, die es besonders verwundbar gemacht haben", sagt Dullien. "Wir haben einen sehr großen Industriesektor. Das heißt, wir verbrauchen viel Energie. Zweitens: Sehr viel dieser Energie kam in Form von Gas aus Russland. Und drittens hat die deutsche Bundesregierung relativ spät eingegriffen in die Gasmärkte." In der Summe ergebe sich daraus eine besonders starke Belastung für Deutschland. Energieintensive Unternehmen besonders betroffen Das Stahlwerk Bochum nutzte jahrelang russisches Gas. Bis das im Sommer 2022 plötzlich fehlte. "Den August 2022 werde ich nie vergessen", sagt Stefan Mayer, Geschäftsführer des Stahlwerks in Bochum. "Der Energiepreis ist um das Fünffache gestiegen. Das bringt Sie als Unternehmen in Bedrängnis. Russisches Gas war lange Zeit sehr preiswert zu bekommen. Es war sicherlich ein Vorteil." Das Stahlwerk Bochum schickte seine Belegschaft fünf Monate in Kurzarbeit - die längste Zeit in der Firmengeschichte seit 1988. Viele Unternehmen straucheln, der Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel etwa plant am Standort Duisburg seine Produktion zu reduzieren, begründet das in einer Mitteilung unter anderem mit den Energiepreisen. Zahlreiche Arbeitsplätze sollen wegfallen. Von den Kriegsfolgen sind energieintensive Unternehmen hart getroffen. Solche Unternehmen, auch aus der Chemieindustrie, leisten einen großen Beitrag zur Wertschöpfung in Deutschland, sagt Ökonom Dullien: "Dann wird die Produktion einfach teurer und dann wird Produktion ins Ausland verlagert, wird heruntergefahren, weil dann Konkurrenten aus den USA günstiger liefern können. Und das sieht man dann unmittelbar in den Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt." Deshalb seien die Auswirkungen in Deutschland so viel stärker zu spüren gewesen als in anderen europäischen Ländern. Politiker fordern Rückkehr zu russischem Gas Einige Politiker fordern nun, wieder Gas aus Russland zu importieren, um die deutsche Industrie zu stabilisieren. Etwa Steffen Kotré, energiepolitischer Sprecher der AfD: "Wir brauchen schnell eine Reparatur von Nord Stream 2 und dann fließt auch wieder russisches Gas. So einfach ist das." Sahra Wagenknecht vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sagt: "Wir haben keine realistische Alternative, die sich auf einem ähnlichen Preislevel bewegt." Würde es helfen? Österreich importiert nach wie vor Gas aus Russland. Im Januar 2024 kam sogar 97 Prozent des Rohstoffs per Pipeline aus Russland, im Februar waren es 87 Prozent. Billig ist das Gas dort dennoch nicht. Laut dem Preismonitor des Instituts für Höhere Studien (IHS) ist der Gaspreis für Endkunden in Österreich in den vergangenen Jahren sogar stärker gestiegen als in Deutschland. Und in Österreich ist Gas sogar teurer als in Deutschland. In Deutschland liegt der Gaspreis für Verbraucher 2024 bei etwa 9 Cent, in Österreich bei etwa 12 Cent. Bei einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden zahlt ein Haushalt in Deutschland etwa 1.800 Euro, in Österreich 2.400 Euro im Jahr. Lage in Österreich ist schlecht Was Österreich für das Gas an Russland bezahlt, ist zwar nicht bekannt, denn der Vertrag zwischen dem Österreichischen Energieunternehmen (OMV) und Gazprom unterliegt der Geheimhaltung. Joel Tölgyes, Energiereferent bei der Arbeiterkammer in Wien, sagt dennoch: "Wir wissen nur, dass die Verträge bis 2040 laufen, also noch sehr lange. Wir wissen auch, dass eine große Gasmenge abgenommen wird. Und wir wissen, Österreich muss die Abnahme bezahlen, egal ob wir das Gas nehmen oder nicht." Die hohe Preise machen vielen Österreichern schwer zu schaffen. Die Lage ist schlecht - trotz des russischen Gases. Die Stahlwerke Bochum können sich keine Rückkehr zu russischem Gas vorstellen. Mayer lenkt seine Investitionen bereits um: "Wir sind alle in einer Transformation. Wir versuchen, von unseren 50 Prozent Gasverbrauch komplett wegzugehen in Richtung 100 Prozent Elektrizität, um dann nachher erneuerbare Energien zu nutzen. Also wir möchten uns von dem ganzen Thema verabschieden." Russisches Gas wäre ein Standortnachteil Viele Gasmarkthändler und Ökonomen glauben, dass eine Rückkehr zu russischem Gas Deutschlands Industrie eher schwächen würde und ein Standortnachteil wäre. Deutschlands Wirtschaft sei gerade deshalb so stark eingebrochen, weil es so abhängig vom russischen Gas war. Wenn Nordstream einsatzfähig wäre und Russland wieder Gas liefern würden, stellt sich für Dullien die Frage, ob Deutschland das wirklich etwas bringen würde. Für die Investitionsentscheidungen der Unternehmen und auch für die Entscheidung, ob bestimmte Standorte hier weiterbetrieben werden, ist nicht nur der aktuelle Preis wichtig, sondern die Frage: Wie sicher und wie verlässlich ist sowohl die Lieferung als auch der Preis in der Zukunft? Russland ist kein verlässlicher Partner für Gaslieferungen. Das ist deutlich klar geworden. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Pipelines repariert sind. Das heißt: Sollte Deutschland wieder große Mengen aus Russland importieren, könnte es sogar dazu führen, dass Unternehmen deshalb ihre Produktionsstätten nicht hier ansiedeln - ein Standortnachteil. AfD-Politiker Kotré hingegen hält Russland für verlässlich: "Die haben uns nie im Stich gelassen. Es gab keinerlei Einfluss auf die Politik. Wir sind dadurch relativ unabhängig gewesen." Auch Sahra Wagenknecht bleibt im Panorama-Interview bei ihrer Haltung zum russischen Gas: "Ich sehe nicht, dass wir mit Sonne und Wind unsere Volkswirtschaft betreiben. Also sollten wir gucken, wo wir Gas beziehen können und Russland ist auch schon geografisch für uns relativ alternativlos." Mehr zu diesem Thema sehen Sie am Donnerstag, 18. Januar, um 21.45 Uhr im Ersten in Panorama oder in der ARD-Mediathek. | /inland/innenpolitik/gas-preise-russland-panorama-100.html |
2024-04-18 | EU will Beziehung mit Türkei wiederbeleben | Nach jahrelangem Stillstand | Die Beziehungen zwischen Brüssel und Ankara sind seit Jahren kompliziert. Nun möchte die EU wieder engere Bande - es gibt aber noch einige Hürden. | Die Beziehungen zwischen Brüssel und Ankara sind seit Jahren kompliziert. Nun möchte die EU wieder engere Bande - es gibt aber noch einige Hürden. Nach jahrelangem Stillstand möchte die EU die Beziehungen zur Türkei wieder aufleben lassen. Die Europäische Union habe ein strategisches Interesse an einem stabilen Umfeld im östlichen Mittelmeer und einer für beide Seiten vorteilhaften Beziehung, heißt es in einer in der Nacht in Brüssel verabschiedeten Erklärung der Staats- und Regierungschefs. Entscheidend sei aber, inwiefern sich Ankara konstruktiv beteilige. Konkret soll mit Vorschlägen der EU-Kommission gearbeitet werden. Diese hatte sich zuletzt zum Beispiel dafür ausgesprochen, in Erwägung zu ziehen, die Gespräche über die Modernisierung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei wieder aufzunehmen. Zuvor waren dieses Projekt, eine geplante Visaliberalisierung und EU-Beitrittsgespräche wegen Rückschritten bei der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei auf Eis gelegt worden. Die EU-Kommission betonte zuletzt auch, dass die vergleichsweise unkritische türkische Haltung zur militant-islamistischen Hamas im Widerspruch zur Position der EU stehe. Diese stuft die Hamas als Terrororganisation ein. Streitpunkt Zypern Zypern setzte bei den Verhandlungen durch, dass auch sein Konflikt mit der Türkei thematisiert wurde. Die Insel Zypern ist seit 1974 nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention de facto zweigeteilt. Im Norden gibt es die nur von der Türkei anerkannte Türkische Republik Nordzypern. Dort sind türkische Soldaten stationiert. Die Regierung der EU-Inselrepublik in Nikosia kontrolliert den Süden der Insel. Ganz Zypern ist seit 2004 Mitglied der EU. Das EU-Recht gilt jedoch - solange es keine Wiedervereinigung gibt - nur im Süden der Insel. Man setze sich weiterhin für eine umfassende Lösung ein, die im Einklang mit früheren UN-Resolutionen und den Grundsätzen der EU stehe, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Die Europäische Union sei bereit, eine aktive Rolle zu spielen. Die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei sind seit Jahren schwer belastet, der Beitrittsprozess liegt auf Eis. | /ausland/europa/eu-tuerkei-annaehrung-100.html |
2024-04-18 | Konservative gewinnen Parlamentswahl in Kroatien | Regierungspartei HDZ | In Kroatien hat die konservative Regierungspartei HDZ die Parlamentswahl klar gewonnen. Nach vorläufigen Ergebnissen ist sie aber auf Unterstützung anderer Parteien angewiesen. Jetzt droht dem EU-Mitgliedsstaat eine Phase politischer Instabilität. | In Kroatien hat die konservative Regierungspartei HDZ die Parlamentswahl klar gewonnen. Nach vorläufigen Ergebnissen ist sie aber auf Unterstützung anderer Parteien angewiesen. Jetzt droht dem EU-Mitgliedsstaat eine Phase politischer Instabilität. Bei der Parlamentswahl in Kroatien hat sich die regierende konservative Partei HDZ von Ministerpräsident Andrej Plenkovic offiziellen Angaben zufolge durchgesetzt. Die HDZ kam auf 60 der 151 Sitze im Parlament, wie die staatliche Wahlkommission am späten Abend nach Auszählung von knapp 95 Prozent der Stimmen mitteilte. Die Konservativen wären damit für einen Machterhalt auf die Unterstützung rechter Parteien angewiesen. Den Angaben zufolge landete die sozialdemokratische SDP von Präsident Zoran Milanovic mit 42 Mandaten auf Platz zwei. Drittstärkste Kraft wurde mit deutlichem Abstand die rechtsextreme Heimatbewegung, auf die 14 Sitze entfielen. Sie dürfte damit in künftigen Koalitionsgesprächen zur Königsmacherin werden. Der knappe Sieg der HDZ wird in dem EU-Mitgliedsstaat wahrscheinlich eine Phase politischer Instabilität einleiten. Die großen Parteien werden versuchen, Allianzen mit anderen Fraktionen zu schmieden, auch wenn die politischen Ansichten auseinander liegen. Rekord bei Wahlbeteiligung Plenkovic hielt am Abend vor Anhängern eine Siegesrede. "Ab morgen früh werden wir beginnen, eine neue Parlamentsmehrheit zu formen, um unsere dritte Regierung zu bilden", erklärte er, und: "Ich will den anderen Parteien gratulieren, die von der HDZ bezwungen wurden." Die Wahlbeteiligung lag bei mehr als 50 Prozent - ein Rekord. Die HDZ und die SDP müssen nun mit kleineren Partnern auf der rechten und linken Seite verhandeln, um eine Koalition zu bilden. Auch für die Politik des Landes gegenüber der Ukraine und seine Position innerhalb der EU ist der Wahlausgang maßgeblich. Plenkovic unterstützt die Ukraine, die Opposition dagegen nicht. Wahlkampf im Zeichen erbitterter Rivalität Im Wahlkampf stand die erbitterte Rivalität zwischen dem Präsidenten und dem Ministerpräsidenten des Landes im Mittelpunkt. Nachdem Milanovic die Wahl angesetzt hatte, kündigte er überraschend seine Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten an. Das Verfassungsgericht intervenierte und erklärte, Milanovic müsse erst als Präsident zurücktreten, um sich für einen Sitz im Parlament bewerben zu können. Milanovic ignorierte dies jedoch, blieb im Amt und setzte seinen Wahlkampf fort. Weitere Wahlkampfthemen waren die höchste Inflationsrate in der Eurozone, Arbeitskräftemangel, illegale Migration und Berichte über weit verbreitete Korruption. Milanovic hat der HDZ "massiven Diebstahl" staatlicher Gelder vorgeworfen. Der seit 2016 regierende Plenkovic weist das zurück und warnte, Milanovic könnte das EU- und Nato-Mitglied Kroatien als Ministerpräsident näher an Russland heranführen. Seit sich Kroatien 1991 vom ehemaligen Jugoslawien unabhängig erklärte, war weitgehend die HDZ an der Macht. 2013 wurde das Balkanland jüngstes Mitglied der EU, im vergangenen Jahr trat es auch dem Schengenraum und der Eurozone bei. | /ausland/europa/kroatien-wahlen-104.html |
2024-04-18 | EU beschließt neue Iran-Sanktionen | Gipfel in Brüssel | Die EU-Staats- und Regierungschefs haben beschlossen, die Sanktionen gegen den Iran auszuweiten. Zudem sicherten sie der Ukraine weitere Waffenlieferungen zu. Heute soll es nun um den eigentlichen Anlass ihres Treffens gehen.Von Sabrina Fritz. | Die EU-Staats- und Regierungschefs haben beschlossen, die Sanktionen gegen den Iran auszuweiten. Zudem sicherten sie der Ukraine weitere Waffenlieferungen zu. Heute soll es nun um den eigentlichen Anlass ihres Treffens gehen. Von Sabrina Fritz Es ist das letzte Mal, dass die 27 Staats- und Regierungschefs vor der Europawahl zusammenkommen. Bei dem Treffen sollte es eigentlich um die Wahl und die Wirtschaft in der Gemeinschaft gehen. Aber der Angriff des Iran auf Israel hat die Schwerpunkte verschoben. Beim gemeinsamen Abendessen standen die beiden Krisenherde - die Ukraine und der Nahen Osten - im Mittelpunkt. Anschließend betonte der Ratsvorsitzende Charles Michel, die EU sei vereint in ihrer Haltung gegenüber dem Iran: "Wir verurteilen diese Attacke, wir werden Sanktionen verhängen, und wir wollen alles tun, um die Zivilisten in der Region zu schützen." Die neuen Sanktionen sollen die Firmen treffen, die Drohnen und Raketen herstellen. Allerdings bestehen schon erhebliche Lieferverbote gegen das Land, die bislang recht erfolgreich umgangen wurden. Appell auch an Israel Der Iran soll nach dem Willen der Regierungschefs isoliert und eine weitere Eskalation in der Region verhindert werden, so Luc Frieden aus Luxemburg. "Wir glauben, dass hier jeder zur großen Besonnenheit aufgerufen werden muss, denn der Nahe Osten liegt an der Grenze zu Europa, und wir wollen einen Flächenbrand für die ganz Region und für Europa vermeiden." Ob Israel allerdings dem Aufruf folgt, auf eine Vergeltung zu verzichten, konnten die EU-Länder nicht bestätigen. Während die 27 Staats- und Regierungschefs sich also bei Maßnahmen gegen den Iran einig sind, ist die Lage im Gazastreifen unverändert. Hier fordern die Länder nach wie vor eine Waffenruhe und eine Freilassung der israelischen Geiseln. Scholz sagt Ukraine weiteres "Patriot"-Flugabwehrsystem zu Immer dramatischer wird die Lage offenbar auch in der Ukraine. Das Land brauche mehr Abwehrsysteme. Es gehe dabei um "Tage und Wochen", so der Vertreter der EU-Länder, Michel, wörtlich. Der ukrainische Regierungschef Selenskyj war am Abend zugeschaltet. Er klang enttäuscht, dass sein Land nicht die gleichen Abwehrsysteme bekomme wie Israel. "Jeder Himmel muss gleich geschützt werden", sagte er. Bundeskanzler Olaf Scholz will ein weiteres "Patriot"-Flugabwehrsystem abgeben und forderte die anderen Länder auf, ebenfalls mehr an die Ukraine zu liefern. "Es geht jetzt um Luftverteidigung, und alle müssen in ihre Bestände schauen, ob sie weitere Luftverteidigungssysteme entbehren können, weil sie in dieser Situation so dringend erforderlich sind", so der Kanzler in Brüssel. EU will begrenzten Einfluss geltend machen Die Sorge über das aggressive Verhalten des Iran und Russlands in der EU wächst. Dazu gehört auch die Angst, dass Russland durch Falschinformationen die Europawahl in wenigen Wochen beeinflussen könnte. Der erste Gipfeltag hat gezeigt, dass der Einfluss der EU bei den aktuellen Krisen klein, aber vorhanden ist. Sie will geschlossen gegen den Iran vorgehen, die Türkei als Verbündeten gewinnen und die Verteidigungsfähigkeit Europas stärken. Für all dies braucht es aber Geld und eine starke Wirtschaft. Darüber soll nun heute am zweiten Gipfeltag gesprochen werden, wie Europa bei allen Herausforderungen seine Wettbewerbsfähigkeit stärken kann. | /ausland/europa/eu-gipfel-nahost-ukraine-100.html |
2024-04-17 | ++ US-Abstimmung über Ukraine-Hilfen am Samstag ++ | Krieg gegen die Ukraine | Der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses erwartet, dass am Samstag über das Hilfspaket für Kiew abgestimmt wird. Die Bundesregierung startet eine Initiative, um weiteres Gerät zur Flugabwehr bereitzustellen. Die Entwicklungen im Liveblog. | Der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses erwartet, dass am Samstag über das Hilfspaket für Kiew abgestimmt wird. Die Bundesregierung startet eine Initiative, um weiteres Gerät zur Flugabwehr bereitzustellen. Die Entwicklungen im Liveblog. US-Abstimmung über Ukraine-Hilfen wohl am SamstagBundesregierung startet Initiative für mehr FlugabwehrTote nach Raketenangriff in TschernihiwTschechien sagt Geld für 500.000 Schuss Munition zu Ende des Liveblogs Für heute endet der Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse! Selenskyj: Brauchen mehr Flugabwehrsysteme Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vom EU-Gipfel dringend einen verbesserten Schutz seines Landes vor russischen Luftangriffen gefordert. In seiner Rede vor den Staats- und Regierungschefs verwies er auf die erfolgreiche Abwehr des iranischen Raketen- und Drohnenangriffs auf Israel. "Leider haben wir in der Ukraine, in unserem Teil Europas nicht das Niveau an Verteidigung, dass wir vor einigen Tagen im Nahen Osten gesehen haben", sagte er. "Unser ukrainischer Himmel und der Himmel über unseren Nachbarn verdient die gleiche Sicherheit." Selenskyj war dem Gipfel in Brüssel per Video zugeschaltet. Die Ukraine brauche mehr Flugabwehrwaffen, sagte er und nannte als eine Begründung den russischen Raketenangriff auf die Stadt Tschernihiw mit 17 Toten. Sein Land habe unter den Luftangriffen aber auch fast alle seine Wärmekraftwerke verloren. Russland ziele auf Wasserkraftwerke und die Gasversorgung. Mit dem besetzten Atomkraftwerk Saporischschja betreibe Moskau nukleare Erpressung. Selenskyj schloss nicht aus, dass auch die Infrastruktur anderer ukrainischer Kernkraftwerke zum Ziel werden könnte. "Das kann nur mit Flugabwehr gestoppt werden, durch bestimmte Systeme wie Patriot, Iris-T, Samp-T, Nasams", sagte er. Kallas fordert Flugabwehr wie für Israel Eine Flugabwehr wie beim iranischen Angriff auf Israel hat die estnische Regierungschefin Kaja Kallas auch für die Ukraine gefordert. "Wir können der Ukraine in ähnlicher Weise eine Luftverteidigung zur Verfügung stellen, damit sie in der Lage ist, die Angriffe abzuwehren", sagte sie vor dem Treffen mit ihren EU-Kollegen in Brüssel. Unter Mithilfe unter anderem der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Jordaniens hatte Israel in der Nacht zum Sonntag nach eigenen Angaben fast alle der mehr als 300 vom Iran abgefeuerten Drohnen und Raketen abgewehrt. "Das zeigt, dass wir mehr tun können", betonte Kallas nun mit Blick auf die Ukraine. Estlands Regierungschefin verwies auf iranische Waffenlieferungen an Russland: "Es sind die gleichen Drohnen, die Tag und Nacht die Ukraine angreifen", sagte sie mit Blick auf die Schahed-Drohnen aus iranischer Produktion. "Wenn die gleichen Verbündeten sie dort abschießen können, dann können sie es auch in der Ukraine." Flugabwehr für Kiew: Baerbock und Pistorius appellieren an Verbündete In dringlichen Schreiben haben Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die Verbündeten zu einer besseren und raschen Unterstützung der Ukraine mit Flugabwehrsysteme aufgefordert. Die Beiträge für den Abwehrkampf gegen die russische Aggression "müssen schnell kommen", heißt es in gemeinsamen Briefen an ihre Amtskollegen. Angesichts der Lage, der sich die Ukraine gegenübersehe, seien sie von großer Dringlichkeit. Beide Minister appellierten an die Verbündeten, eine Bestandsaufnahme aller Luftabwehrsysteme in ihren Arsenalen vorzunehmen und zu überlegen, was direkt oder in Tauschvereinbarungen mit Partnern an die Ukraine gegeben werden könnte. Auch sollten Kapazitäten für die Produktion geprüft und genutzt werden. Die Verbündeten könnten sich auch mit Finanzhilfen an der Initiative beteiligen, um den Kauf zu ermöglichen oder Partner zu entschädigen, die Ausrüstung an die Ukraine spendeten. Litauen dringt auf mehr Zölle für russische Lebensmittelimporte Litauen hat sich für strengere Importbeschränkungen in der EU für Lebensmittel aus Russland ausgesprochen. Höhere Zollgebühren sollten nicht nur für Weizen, Ölsaaten und daraus hergestellte Produkte eingeführt werden, sondern auch für andere Lebensmittel, sagte Litauens Präsident Gitanas Nauseda am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. Er forderte von den anderen EU-Staats- und Regierungschefs, "wirtschaftliche Maßnahmen zu ergreifen, zusätzliche Zölle zu erheben, um diese Importe aus Russland und Weißrussland wettbewerbsunfähig zu machen." Trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben die EU-Staaten in den vergangenen Jahren demnach ihre Getreideimporte aus Russland deutlich hochgefahren. "Deshalb müssen wir eine Entscheidung treffen, um deren Import zu verhindern", sagte Nauseda. Belgien und Tschechien fordern Russland-Sanktionen Angesichts einer möglichen russischen Unterwanderung der kommenden Europawahlen fordern Belgien und Tschechien neue Sanktionen gegen Moskau. "Wir können nicht zulassen, dass Russland mit einem solch eklatanten Angriff auf unsere demokratischen Institutionen und Grundsätze davonkommt", schrieben die Regierungschefs beider Länder in einem zum EU-Gipfel veröffentlichten Brief. Deswegen sei es an der Zeit für ein neues Sanktionsregime. Damit ist der rechtliche Rahmen gemeint, in dem Strafmaßnahmen gegen Personen und Organisationen verhängt werden können. Belgiens Justiz ermittelt derzeit zu einem russischen Einflussversuch auf die im Juni anstehenden Europawahlen. Nach Angaben des belgischen Regierungschefs Alexander De Croo haben Nachrichtendienste die Existenz prorussischer Einmischungsnetzwerke mit Aktivitäten in mehreren europäischen Ländern und auch in Belgien bestätigt. Flugabwehr: Scholz fordert von EU-Partnern weitere Lieferungen Bundeskanzler Olaf Scholz hat von den EU-Partnern die Lieferung weiterer Waffensysteme für die Ukraine gefordert. Deutschland habe bereits Luftverteidigungssysteme vom Typ Patriot geliefert und ein weiteres zugesagt, sagte er vor einem Gipfeltreffen mit EU-Kollegen in Brüssel. "Wir wollen auch andere ermutigen, dasselbe zu tun", fügte er hinzu. "Der russische Angriffskrieg wird mit großer Brutalität unverändert vorangetragen, und wir wissen, dass wir mehr tun müssen, als wir bisher machen, um die Ukraine zu unterstützen", führte der Kanzler aus. Deshalb müssten nun alle "in ihre Bestände gucken, ob sie weitere Luftverteidigungssysteme, insbesondere Patriots, entbehren können". Medien: Votum über Ukraine-Hilfen im US-Kongress am Wochenende geplant Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, erwartet nach monatelanger Blockade eine Abstimmung in der Parlamentskammer über weitere US-Hilfen für die Ukraine am Samstagabend (Ortszeit). Den Gesetzentwurf werde er im Laufe des Tages veröffentlichen, teilte Johnson seiner Fraktion mit, wie US-Medien übereinstimmend berichteten. Zahl der Toten in Tschernihiw gestiegen Nach dem schweren russischen Raketenangriff auf die nordukrainische Großstadt Tschernihiw sprechen Rettungskräfte und Behörden inzwischen von 17 Toten. Lindner für Vorsicht beim Umgang mit russischem Vermögen Finanzminister Christian Lindner plädiert für einen vorsichtigen Umgang mit den eingefrorenen russischen Vermögenswerten. Sie einzuziehen, könne unvorhersehbare negative Folgen haben, warnte der FDP-Chef am Rande der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington. Deswegen müsse man Schritt für Schritt vorgehen. Die EU sei gerade dabei, Erträge aus den eingefrorenen Vermögenswerten für die von Russland angegriffene Ukraine nutzbar zu machen. "Das ist der nächste Schritt", sagte Lindner. Früheren Angaben zufolge könnte dadurch zunächst ein einstelliger Milliardenbetrag zusammenkommen, der aber weiter anwachsen soll. Die sieben führenden westlichen Industrienationen (G7) wollen in Washington unter anderem über dieses Thema beraten. Vor allem die USA machen Druck, die russischen Vermögen stärker zu nutzen - die europäischen G7-Staaten sehen das kritisch. Mehrere Russen wegen "Hochverrats" für Ukraine festgenommen Der russische Geheimdienst FSB hat eigenen Angaben zufolge mehrere russische Staatsbürger festgenommen, die des "Hochverrats" oder der Beteiligung an einer "terroristischen Vereinigung" zugunsten der Ukraine beschuldigt werden. In der westsibirischen Region Tomsk seien zwei Menschen festgenommen worden, denen zur Last gelegt wird, Geld an die ukrainischen Streitkräfte überwiesen zu haben, erklärte die dortige Vertretung des FSB laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Zwei weitere Russen im Alter von 19 Jahren wurden den Geheimdienstangaben zufolge in der Region Mordwinien in Zentralrussland festgenommen, weil sie "strategische" Infrastrukturen in der Stadt Saransk gefilmt haben sollen, um die Aufnahmen anschließend der Ukraine für mögliche Drohnenangriffe zur Verfügung zu stellen. Die beiden jungen Männer hätten zudem vorgehabt, selbst in die Ukraine zu reisen, um dort gegen die russischen Truppen zu kämpfen, hieß es. Gegen sie seien Ermittlungen wegen der "Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung" eingeleitet worden. In Brjansk an der Grenze zur Ukraine wurde ein Einwohner festgenommen, der beschuldigt wird, im Auftrag einer "pro-ukrainischen Terrororganisation" einen Anschlag auf eine Militärstation geplant zu haben. Stoltenberg beruft NATO-Ukraine-Rat ein Auf Bitten der Ukraine hin beruft NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg an diesem Freitag eine Sitzung des NATO-Ukraine-Rats ein. Es werde darum gehen, den dringenden Bedarf der Ukraine an mehr Luftverteidigungssystemen und Artilleriegeschossen anzugehen, sagte er. An der Tagung sollten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und die Verteidigungsminister der Mitgliedstaaten teilnehmen. Ob sie per Videokonferenz oder auch als ein physisches Treffen organisiert wird, wurde zunächst nicht bekannt. Selenskyj hatte zuvor den Wunsch geäußert, den Rat für eine bessere Verteidigung des Luftraums seines Landes nach israelischem Vorbild einzuberufen. Die Ukraine werde dabei den Antrag auf Lieferung von Flugabwehrsystemen und Raketen stellen, sagte er in einer am Dienstagabend verbreiteten Videobotschaft. Auch die Menschen in der Ukraine hätten einen Anspruch auf Schutz vor Terror, argumentierte Selenskyj mit Blick auf die Luftverteidigung in Israel, die iranische Luftschläge am Wochenende erfolgreich abgewehrt hatte. Die Ukraine beklagt immer wieder schwere Schäden nach heftigem Beschuss durch Russland auch mit Drohnen iranischer Bauart. Ukrainische Angriffe auf Ziele auf der Krim und in Russland Die Ukraine hat offenbar mehrere Ziele in Russland und auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim mit Drohnen und Raketen angegriffen. Eines der Ziele der vom Militärgeheimdienst eingesetzten Drohnen war einer Meldung der Nachrichtenagentur RBK-Ukrajina zufolge ein Flugzeugwerk in Kasan. In dem fast 1.000 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernten Werk werden strategische Bomber der Typen Tupolew 22M und 160M gebaut und repariert. Mehrere Explosionen sollen in der Nähe des Werksgeländes zu hören gewesen sein. Dem russischen Verteidigungsministerium nach wurde über der Teilrepublik Tatarstan eine Drohne flugzeugähnlichen Typs abgefangen. Ein weiterer Angriff galt übereinstimmenden ukrainischen Medienberichten zufolge einer Radarstation bei der Stadt Kowylkino in Mordwinien gut 600 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums wurde auch dieser Drohnenangriff abgewehrt. Von der Leyen: Europa muss bei Verteidigung "aufwachen" Kurz vor Beginn des Gipfels der EU-Staats- und Regierungschefs hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mehr Einsatz für die europäische Verteidigung gefordert. Es sei "an der Zeit, dass Europa in Sachen Verteidigung und Sicherheit aufwacht", sagte sie in ihrer Rede bei einer Verteidigungskonferenz in Brüssel. Sie warnte unter anderem vor Drohnen aus dem Iran, die auch Russland einsetze. "Iranische Drohnen fliegen täglich über ukrainische Städte", sagte sie. Die EU müsse ihr Handeln an den "sich wandelnden Sicherheitskontext" anpassen. Die 27 Mitgliedstaaten müssten deshalb die Einsatzbereitschaft ihrer Truppen verbessern und mehr in die Verteidigungsindustrie investieren BBC: Mehr als 50.000 russische Gefallene Die Zahl bestätigter russischer Gefallener im Krieg gegen die Ukraine ist einer Analyse der britischen Rundfunkanstalt BBC zufolge inzwischen höher als 50.000. Das geht aus Zählungen der russischsprachigen BBC-Redaktion, der unabhängigen Mediengruppe Mediazona sowie Freiwilliger hervor, hieß es in einem BBC-Bericht. Die tatsächliche Zahl dürfte westlichen Schätzungen zufolge jedoch mehr als doppelt so hoch sein, da viele Todesfälle nicht bestätigt werden können. Ausgewertet wurden demnach Satellitenbilder von Friedhöfen, die teils mit Bildern und Videos vom Boden verifiziert wurden, offizielle Berichte, Zeitungen und soziale Medien. Nicht mitgezählt worden seien die Toten unter den prorussischen Kämpfern aus den von Moskau besetzten ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk. Eine aktuelle offizielle Zahl über die Höhe der russischen Verluste gibt es dem BBC-Bericht zufolge nicht. Bundesregierung startet Initiative für mehr Flugabwehr Die Bundesregierung startet eine neue Initiative, um der Ukraine weiteres Gerät zur Flugabwehr bereitzustellen. Dazu hätten sich Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius an Partner gewandt, teilten Sprecher beider Ministerien mit. Die Adressaten seien Partner bei NATO und Europäischer Union sowie auch Drittstaaten, sagt ein Sprecher des Auswärtigen Amts, ohne dabei konkreter werden zu wollen. Bei der Initiative "Immediate Action on Air Defense" gehe es darum, die Ukraine schnellstmöglich bei der Flugabwehr noch stärker zu unterstützen. Es müsse "nochmal ernsthaft geschaut werden, ob noch weitere Systeme verfügbar sind, die der Ukraine schnell zur Verfügung gestellt werden können", so der Sprecher. Nötig seien nun "Sofortlieferungen". Opferzahl in Tschernihiw steigt Nach einem russischen Raketenangriff auf die nordukrainische Großstadt Tschernihiw ist die Zahl der Toten auf mindestens 13 angestiegen. Nach Angaben der ukrainischen Rettungsdienste wurden bei dem Angriff am Morgen mindestens 61 Menschen, darunter zwei Kinder, verletzt. Die Rettungsarbeiten dauerten noch an. Zunächst hatten die Behörden von zehn Toten und rund zwanzig Verletzten gesprochen. Am Mittwochmorgen waren nach Behördenangaben drei russische Raketen im Zentrum von Tschernihiw eingeschlagen, gut 70 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Europarat-Resolution fordert Beschlagnahme russischen Vermögens Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat sich für eine Beschlagnahmung russischen Staatsvermögens auf Auslandskonten und dessen Verwendung für den Ukraine-Aufbau ausgesprochen. Das teilte der Europarat in Straßburg mit. Die Abgeordneten der 46 Mitgliedstaaten votierten demnach einstimmig für die Entschließung, die allerdings nicht bindend ist. Russland müsse für die durch den Angriffskrieg verursachten Schäden in vollem Umfang Ersatz leisten, hieß es. Die Parlamentarische Versammlung schlug vor, einen internationalen Treuhandfonds einzurichten, in den russische Staatsgelder überwiesen werden sollten, die sich in Staaten des Europarats und anderen Ländern befinden. Eine Entschädigungskommission solle über die Auszahlung an Anspruchsberechtigte entscheiden. Den Umfang der derzeit eingefrorenen russischen Finanzen beziffert die Resolution mit 300 Milliarden US-Dollar. Die Schäden an der ukrainischen Infrastruktur und Wirtschaft summierten sich den Abgeordneten zufolge im Juni 2023 bereits auf 416 Milliarden Selenskyj fordert nach Angriff mehr Unterstützung Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach dem russischen Raketenangriff auf die Stadt Tschernihiw mehr Entschlossenheit und Unterstützung der westlichen Partner gefordert. "Dies wäre nicht passiert, wenn die Ukraine ausreichend Luftabwehrausrüstung erhalten hätte und wenn die Welt entschlossen genug gewesen wäre, dem russischen Terror entgegenzutreten", schrieb Selenskyj auf X. Es werde weiter nach Opfern unter den Trümmern gesucht. Selenskyj zufolge wurden bisher zehn Tote geborgen. 20 weitere Menschen wurden demnach verletzt. Social-Media-Beitrag auf X von Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський: "Chernihiv. A rescue operation is underway following a Russian missile strike. There are people under the rubble. As of now, 20 people are reported to have been injured and ten killed. My condolences to their close ones.Unfortunately, the death toll may still rise. This would… pic.twitter.com/0t7QybrNk6" Zahl der Toten in Tschernihiw steigt auf acht Nach dem russischen Raketenangriff auf die Großstadt Tschernihiw im Norden der Ukraine ist die Zahl der Toten Behördenangaben zufolge auf mindestens acht gestiegen. Mindestens 18 seien verletzt worden. Die Zahlen werden aber voraussichtlich noch steigen, sagte Bürgermeister Olexander Lomako im Fernsehen. Ein achtstöckiges Wohngebäude soll getroffen worden sein. Ärzte und Rettungstrupps seien bereits im Einsatz, versicherte er. Die Bevölkerung wurde zum Blutspenden aufgerufen. Als im Februar 2022 russisches Militär in die Ukraine einmarschierte, wurde auch Tschernihiw angegriffen. Den Angreifern gelang es aber nicht, die Stadt einzunehmen. Vier Tote bei Angriff auf Tschernihiw Bei dem russischen Raketenangriff auf die nordukrainische Stadt Tschernihiw sind nach Angaben der Behörden mindestens vier Menschen getötet worden. Es sei zivile und soziale Infrastruktur getroffen worden, teilte die Stadtverwaltung im Fernsehen mit. Tschernihiw liegt rund 150 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kiew. Ukraine meldet Tote nach russischem Angriff auf Nordukraine Im der Stadt Tschernihiw im Norden der Ukraine sind bei russischen Raketenangriffen nach Behördenanagaben mehrere Menschen getötet und weitere verletzt worden. "Der Feind hat drei Raketen praktisch direkt aufs Zentrum der Stadt abgefeuert. Es gibt getötete Zivilisten und viele Verletzte", sagte Regionalgouverneur Wjatscheslaw Tschaus in einem auf Telegram veröffentlichten Video. Rettungskräfte seien im Einsatz. Mehrere Gebäude seien beschädigt worden. Beratungen über Militärhilfen für die Ukraine Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union treffen sich ab heute Abend zu einem EU-Gipfel in Brüssel. Dort beraten sie neben der Lage in Nahost auch über weitere Militärhilfen für die Ukraine. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wird nach ihrem Besuch in Israel zum Treffen der G7-Außenminister nach Italien weiterreisen. Auch dort dürfte es um mögliche Hilfen für die Ukraine gehen. Tschechien sagt Geld für 500.000 Schuss Munition zu Die von Tschechien geführte internationale Initiative für den Einkauf von Waffen für die Ukraine außerhalb von Europa kann nach Angaben von Ministerpräsident Petr Fiala dank der Unterstützung von 20 Staaten rund 500.000 Schuss Artilleriemunition kaufen. "Ich freue mich, dass sich bereits rund zwanzig Länder unserer Initiative angeschlossen haben - von Kanada über Deutschland und die Niederlande bis hin zu Polen", sagte Fiala bei einem Besuch in Washington. "Dank ihnen können wir jetzt 500.000 Schuss Artilleriemunition bereitstellen. Wir glauben, dass weitere Lieferungen folgen werden", sagte er. Er sehe keinen Grund, warum die Geber nicht auch "eine weitere Million in den nächsten zwölf Monaten" bereitstellen könnten. Fiala betonte, es handele sich bei der Initiative nicht um ein einmaliges Projekt. "Unser Ziel ist es, ein langfristiges System für die Versorgung mit Munition für schwere Waffen aufzubauen. Dies wird unmittelbar dazu beitragen, die Situation an der Front zu verändern", fügte er hinzu. Zu den Unterstützern der Initiative gehören tschechischen Medienberichten zufolge auch die baltischen Staaten, Belgien, Dänemark, Finnland, Island, Luxemburg, Norwegen, Portugal und Slowenien. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen Der ukrainische Präsident hofft, dass China sich bei einer Konferenz in der Schweiz für ein Ende des Kriegs einsetzen wird. Der US-Kongress könnte demnächst über ein neues Hilfspaket für die Ukraine abstimmen. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-ukraine-mittwoch-354.html |
2024-04-17 | ++ Türkei führt Gespräche mit der Hamas ++ | Nahost-Krieg | Die Türkei versucht, im Gaza-Krieg in eine Vermittlerrolle zu kommen. Außenminister Fidan traf dazu in Katar Hamas-Auslandschef Hanija. Israel wehrt sich gegen Bevormundung von außen. Alle Entwicklungen im Liveblog. | Die Türkei versucht, im Gaza-Krieg in eine Vermittlerrolle zu kommen. Außenminister Fidan traf dazu in Katar Hamas-Auslandschef Hanija. Israel wehrt sich gegen Bevormundung von außen. Alle Entwicklungen im Liveblog. Baerbock: Kluge Zurückhaltung wäre Zeichen der StärkeHamas: "Krise" in Verhandlungen über WaffenruheUS-Militär: Zwei Drohnen in Huthi-Gebieten bekämpft Ende des Liveblogs Für heute endet der Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse! Baerbock fordert Hamas zu Freilassung israelischer Geiseln auf Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat bei ihrem Besuch in Israel die militant-islamistische Hamas aufgerufen, die im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln freizulassen. "Hamas-Anführer Sinwar hat es in der Hand: Die Geiseln könnten heute freikommen", erklärte Baerbock im Onlinedienst X. Stattdessen spiele der Hamas-Chef im Gazastreifen mit der eigenen Bevölkerung und israelischen Zivilisten "ein zynisches Spiel". "Wie perfide kann man sein. Lassen Sie endlich diese unschuldigen Kinder, Frauen und Männer frei", forderte Baerbock. Zugleich appellierte sie an Israel, die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen verstärkt mit Hilfsgütern zu versorgen. Deutschland lasse nicht zu, "dass sich die Blicke der Weltgemeinschaft von den Menschen in Gaza abwenden". Die Ministerin rief Israel auf, "die dritte Phase des humanitären Korridors von Jordanien nach Gaza" sowie eine sichere Verteilung der Hilfslieferungen in dem Palästinensergebiet zu ermöglichen. "Bis zu hundert Lkw pro Tag mit Hilfe sind so möglich", erklärte sie. Social-Media-Beitrag auf X von Auswärtiges Amt: "Hamas-Anführer Sinwar hat es in der Hand: Die Geiseln könnten heute freikommen. Aber er spielt mit der eigenen Bevölkerung & israelischen Zivilisten ein zynisches Spiel. Wie perfide kann man sein. Lassen Sie endlich diese unschuldigen Kinder, Frauen & Männer frei! @ABaerbock 3/3" Berichte: Israels Armee zieht Truppen aus Beit Hanun ab Die israelische Armee hat sich nach Angaben von Einwohnern aus der Ortschaft Beit Hanun im Nordosten des Gazastreifens zurückgezogen. Ein Armeesprecher sagte, man prüfe die Berichte. Israelische Militäreinsätze in dem Gebiet hätten schwere Zerstörungen hinterlassen, sagten Augenzeugen. Dutzende Männer seien dort festgenommen und in israelische Gefängnisse zum Verhör gebracht worden. Anwohner berichteten außerdem, Israels Militär habe auch im Flüchtlingsviertel Nuseirat im zentralen Teil des Gazastreifens einen Einsatz beendet. Dieser dauerte rund eine Woche an. Scholz sieht Ansatzpunkt für Terrorlistung von Revolutionsgarden Bundeskanzler Olaf Scholz sieht einen möglichen Ansatz für die von Israel geforderte Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation. Es gebe ein Urteil zu der Frage der Aktivitäten dieser Organisation, sagte er am Rande des EU-Gipfels. Dies könnte ein Ausgangspunkt für die Listung der Revolutionsgarden sein. Eine juristische Prüfung in der EU zu dem Thema laufe derzeit. Eine Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation wird von Israel bereits seit langem gefordert, nach dem iranischen Angriff vom Wochenende war dies noch einmal bekräftigt worden. In der Vergangenheit hatte die EU immer betont, eine Terror-Listung der Garden sei derzeit rechtlich nicht möglich, weil es dafür eine nationale Gerichtsentscheidung oder Verbotsverfügung einer Verwaltungsbehörde brauche. Armee: Erstmals Hilfsgüter über Hafen von Aschdod abgewickelt Erstmals seit der Öffnung des Hafens von Aschdod in Südisrael sind Hilfsgüter für den Gazastreifen über den Hafen abgewickelt worden. Acht Transporter mit Mehl seien dort kontrolliert und dann in den Gazastreifen gebracht worden, teilte Israels Armee mit. Die Lkw des Welternährungsprogramms (WFP) seien allerdings über den Grenzübergang Kerem Schalom im Süden in das Küstengebiet gefahren - nicht über Erez im Norden des Gazastreifens, dessen Öffnung Israel ebenfalls jüngst angekündigt hat. Kerem Schalom wird schon länger für Hilfslieferungen genutzt. Die USA hatten angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen jüngst ihren Verbündeten Israel zur raschen Ausweitung der humanitären Hilfe für die Zivilbevölkerung aufgefordert. Das israelische Kriegskabinett beschloss daraufhin Anfang April, den Grenzübergang Erez sowie vorübergehend den Hafen von Aschdod für Hilfslieferungen zu öffnen. Scholz: Israel sollte nicht mit massivem Angriff antworten Bundeskanzler Olaf Scholz hat Israel erneut aufgefordert, auf die iranischen Angriffe nicht mit einem massiven Gegenschlag zu antworten. "Für uns ist wichtig, dass dieser Moment genutzt wird für eine weitere Deeskalation, um die eigene Position zu stärken", sagte der SPD-Politiker vor dem EU-Gipfel in Brüssel. Israel solle "eben nicht mit einem massiven Angriff antworten". Seiner Ansicht nach sollten neue EU-Sanktionen gegen den Iran in Erwägung gezogen werden. Diese müssten aber vorher juristisch geprüft werden, so Scholz. Vor EU-Gipfel: Französischer Präsident fordert neue Iran-Sanktionen Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat im Vorfeld eines EU-Sondergipfels gefordert, dass Europa seine Sanktionen gegen den Iran ausweiten sollte. Die Sanktionen sollten sich insbesondere gegen Unternehmen richten, die an der Herstellung von Drohnen und Raketen beteiligt sind. Auch die USA kündigten bereits neue Sanktionen an. Bericht: Israelische Reservisten bei Hisbollah-Angriff verletzt Die israelische Zeitung Haaretz berichtet unter Berufung auf das israelische Militär, dass bei dem Angriff der Hisbollah auf ein Dorf im Norden des Landes insgesamt 18 Personen verletzt worden seien, darunter auch 13 Reservisten. Insgesamt sechs Militärangehörige seien in Arab al-Aramsche schwer verletzt worden. Warum die Raketen und Dronen nicht abgewehrt wurden, werde nun untersucht. Zunächst war berichtet worden, dass ein Gemeindezentrum in dem Beduinendorf angegriffen worden sei. Abstimmung über UN-Mitgliedsantrag der Palästinenser Der UN-Sicherheitsrat stimmt am Freitag über den Antrag der Palästinenser auf Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen ab. Das Vorhaben gilt allerdings als wenig aussichtsreich. Die USA, Israels engster Verbündeter, haben sich gegen die Initiative ausgesprochen und können ein Veto einlegen. Der palästinensische UN-Gesandte Rijad Mansur hatte Anfang des Monats in einem Schreiben an UN-Generalsekretär António Guterres darum gebeten, das Verfahren zur Vollmitgliedschaft der Palästinenser wiederaufzunehmen. Die Palästinenser haben seit 2012 einen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen. Sie fordern seit Jahren eine Vollmitgliedschaft. Türkischer Außenminister trifft Hamas-Auslandschef Der türkische Außenminister Hakan Fidan hat bei einem Besuch in Katar auch den Auslandschef der islamistischen Hamas, Ismail Hanija, getroffen. Dabei sei es unter anderem um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und die Freilassung von Geiseln gegangen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch unter Berufung auf Diplomatenkreise. Medienberichten zufolge will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Hamas-Auslandschef am Wochenende auch in der Türkei empfangen. Erdogan attackierte zudem einmal mehr die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu. Diese sei für den Tod von Tausenden Kindern verantwortlich und habe "Hitler schon längst übertroffen". Erdogan hatte Netanyahu schon in der Vergangenheit wiederholt mit Adolf Hitler verglichen. Die Türkei hatte sich zuletzt trotz Erdogans Verbalattacken verstärkt darum bemüht, eine vermittelnde Rolle im Gaza-Krieg einzunehmen. UN-Nothilfe braucht 2,5 Milliarden Dollar für Gazastreifen Das UN-Nothilfebüro OCHA braucht für die Versorgung der Not leidenden Bevölkerung des Gazastreifens und im von Israel besetzten Westjordanland in diesem Jahr nach eigenen Angaben Milliarden. Es gehe um zusätzliche 2,8 Milliarden US-Dollar (rund 2,6 Milliarden Euro) von denen der Großteil, rund 2,5 Milliarden Dollar, für die Menschen im Gazastreifen vorgesehen sei. Diese Summe sei nötig, um gut drei Millionen Menschen im Gazastreifen, im Westjordanland und in Ost-Jerusalem bis Dezember mit dem Dringendsten zu versorgen. Der Gesamtbedarf sei eigentlich noch höher, rund vier Milliarden Dollar, aber die Experten schätzten, dass in den kommenden Monaten unter den schwierigen Bedingungen nicht alle nötigen Programme umgesetzt werden könnten. In Teilen des Gazastreifens droht Experten zufolge eine Hungersnot. Was beschließen die Staats- und Regierungschefs beim EU-Sondergipfel? Bei dem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten sollen Israel und der Iran zu einem Verzicht auf weitere Angriffe gegeneinander aufgefordert werden. "Der Europäische Rat (...) fordert alle Parteien nachdrücklich auf, äußerste Zurückhaltung zu üben und keine Maßnahmen zu ergreifen, die die Spannungen in der Region verstärken könnten", heißt es in einem Entwurf für die Abschlusserklärung des Treffens, das am Mittwochabend beginnt. Zugleich wird in dem Text noch einmal der iranische Angriff auf Israel verurteilt, mit dem die Regierung in Teheran am Wochenende auf einen mutmaßlich israelischen Luftschlag auf das iranische Botschaftsgelände in Damaskus reagiert hatte. Die EU sei bereit, weitere Sanktionen gegen den Iran zu verhängen, insbesondere im Zusammenhang mit Drohnen und Raketen. Ob weitere Sanktionen allerdings zielführend sind, gilt als umstritten. "Es ist eine gewisse Skepsis zu hören", sagt ARD-Korrespondent Christian Feld. Bisherige Sanktionen hätten die gewünschte Wirkung verfehlt. Baerbock: Kluge Zurückhaltung wäre Zeichen der Stärke Israels Bundesaußenministerin Annalena Baerbock fordert nach dem Angriff Irans Zurückhaltung von Israel und sieht darin ein Zeichen der Stärke. "Ich rede hier nicht von klein beigeben", sagte Baerbock. "Ich rede hier von einer klugen Zurückhaltung, die nichts weniger ist als Stärke." Diese Stärke habe Israel mit seinem "Defensivsieg" am vergangenen Woche schon gezeigt. Die bislang verhaltene Reaktion auf den iranischen Angriff habe gezeigt, dass Israel "sich mit starken Partnern und Staaten der Region verteidigen kann, und dadurch, dass es dem iranischen Regime damit deutlich gemacht hat, wie sehr Iran sich verrechnet hat und in der Region isoliert dasteht". Mit Blick auf den Nahen und Mittleren Osten sagte die Außenministerin: "Eine der stärksten Waffen gegen Iran ist der Wunsch der Menschen, in allen Ländern der Region einfach nur in Frieden zu leben." Netanyahu: "Werden unsere Entscheidungen selbst treffen" Im Anschluss an sein Treffen mit Außenministerin Annalena Baerbock und dem britischen Außenminister David Cameron hat Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu auf die Unabhängigkeit seines Landes gepocht. "Ich danke unseren Freunden für ihre Unterstützung bei der Verteidigung Israels, in Worten und in Taten", sagte er. "Sie haben auch alle möglichen Vorschläge und Ratschläge", sagte Netanyahu zu Beginn einer anschließenden Kabinettssitzung. "Ich schätze das, aber ich möchte klarstellen, dass wir unsere Entscheidungen selbst treffen werden. Der Staat Israel wird alles Notwendige tun, um sich selbst zu verteidigen." Israel will nach eigenen Angaben militärisch auf den ersten Direktangriff des Irans reagieren. Israels Verbündete haben sich für eine maßvolle Reaktion ausgesprochen. Chef der Atombehörde will "Informationslücken" bei Iran-Besuch klären Angesichts der jüngsten Eskalation zwischen dem Iran und Israel hat sich der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, besorgt über mögliche Angriffe auf Atomanlagen geäußert. Dies würde ein "schrecklicher Fehler" sein, sagte Grossi und rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Zum iranischen Atomprogramm sagte er: "Es bestehen noch immer wichtige Informationslücken." Um Antworten zu geheimen nuklearen Aktivitäten des Iran in der Vergangenheit zu erhalten, werde er nach Teheran reisen, sagte er dem US-Sender CNN. Es gebe noch kein Datum und keine Agenda dafür. Experten halten Irans friedliche Nutzung des fast waffenfähigen Urans für nicht plausibel. Auch soll es ungeklärte Nuklear-Projekte und geheime Atomanlagen geben, zu denen der Iran der IAEA keinen Zugang gewährt. Menschenrechtsorganisation: Israel trägt Mitschuld an Siedlergewalt Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat wegen der Attacken israelischer Siedler auf Palästinenser im Westjordanland schwere Vorwürfe gegen das israelische Militär erhoben. Die Streitkräfte hätten sich an Gewalthandlungen entweder beteiligt oder es versäumt, diese zu stoppen. Die Gewalt israelischer Siedler habe nach dem Terrorangriff der militant-islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober zugenommen. Nach Angaben von Human Rights Watch wurden seitdem mindestens sieben palästinensische Beduinen-Gemeinschaften vertrieben. Siedler hatten in der vergangenen Woche eine neue Reihe von Angriffen gestartet, nachdem ein 14-jähriger israelischer Junge getötet worden war. Das UN-Menschenrechtsbüro forderte die israelischen Sicherheitskräfte am Dienstag auf, "ihre aktive Teilnahme an und ihre Unterstützung für Siedlerangriffe auf Palästinenser unverzüglich zu beenden" Rettungskräfte: Mindestens 13 Menschen bei Hisbollah-Angriff verletzt Bei einem Angriff aus dem Libanon sind nach Angaben von Sanitätern im Norden Israels mindestens 13 Menschen verletzt worden, vier davon schwer. Die Nachrichtenagentur AFP spricht unter Berufung auf das Krankenhaus Galiläa Medical Centre von 14 Verletzten. Das Geschoss sei am Mittwoch in einem Gemeindezentrum in dem Beduinendorf Arab al-Aramsche eingeschlagen, berichteten israelische Medien. Der von der proiranischen Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon kontrollierte Fernsehsender Al-Manar berichtete, es sei ein Gebäude beschossen worden, in dem sich israelische Soldaten aufgehalten hätten. Es habe Opfer unter ihnen gegeben. Dies sei eine Reaktion auf die Tötung von Mitgliedern und Kommandeuren der Hisbollah im Libanon durch Israel. Beratungsanfragen zu Antisemitismus sprunghaft angestiegen Die auf Antisemitismus spezialisierte Beratungsstelle Ofek registriert seit dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel einen enormen Anstieg an Anfragen. Vom 7. Oktober bis 6. April habe sich der Bedarf an spezialisierter Beratung auf 1.333 Anfragen versiebenfacht, teilte der Verein mit. Allein in den ersten vier Wochen habe sich das Beratungsaufkommen verzwölffacht im Vergleich zu den Vorjahren. Damit überträfen die aktuellen Zahlen die Gesamtzahl aller Beratungsanfragen seit der Ofek-Gründung im Juli 2017. Bis Juni 2023 zählte die Stelle bundesweit insgesamt 1.110 Anfragen. Steinmeier erwartet besonnene Reaktion Israels gegen Iran Nach Einschätzung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird es eine eher zurückhaltende Reaktion Israels auf den Angriff des Iran geben. Sein Eindruck sei es nicht, "dass es in der politischen Führung des Landes bereits beschlossen wäre, das Land Israel in einen Abgrund zu führen", sagte Steinmeier. "Ich kann es nicht beurteilen, ob es eine Reaktion gegen den Iran geben wird. Wenn Sie mich persönlich fragen, sage ich 'Nein'", sagte Steinmeier, der sich bei einer Veranstaltung im Schloss Bellevue äußerte. Irans Führung feiert Angriff auf Israel bei jährlicher Militärparade Die Führung des Iran hat bei der jährlichen Militärparade ihren Angriff auf Israel vom vergangenen Wochenende als "Erfolg" gefeiert. "Dieser Einsatz hat gezeigt, dass unsere Streitkräfte bereit sind", sagte Präsident Ebrahim Raisi am Mittwoch auf einer Militärbasis am Rande der Hauptstadt Teheran vor Soldaten und Mitgliedern der Revolutionsgarde. Der Schlag gegen Israel habe den "Ruhm des zionistischen Regimes zunichte gemacht", führte er fort. Raisi wiederholte die Warnung gegenüber Israel, auf jede "noch so kleine Aggression" werde aus dem Iran eine "heftige und harte Reaktion" folgen. Israel hatte Vergeltung für den Angriff Teherans angekündigt. Katar: Verhandlungen über Feuerpause stocken Die Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas sind nach Angaben des Vermittlers Katar ins Stocken geraten. "Wir befinden uns in einer heiklen Phase, in der es zu einem gewissen Stillstand gekommen ist, und wir versuchen so weit wie möglich, diesen Stillstand zu überwinden", sagte der katarische Regierungschef Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani auf einer Pressekonferenz mit dem rumänischen Ministerpräsidenten Marcel Ciolacu. Die Verhandlungsführer versuchten, "voranzukommen und dem Leid der Menschen im Gazastreifen ein Ende zu setzen und die Geiseln zurückzubringen", sagte Al-Thani weiter. Katar ist gemeinsam mit den USA und Ägypten seit Monaten als Vermittler bei vertraulichen Verhandlungen über eine Feuerpause und Geiselfreilassungen tätig, die Gespräche gestalten sich als schwierig. Sowohl Israel als auch die Hamas werfen einander vor, die indirekten Gespräche zu behindern. Erdogan empfängt laut Medien am Wochenende Hamas-Chef Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan empfängt am Wochenende Hamas-Chef Ismail Hanija, wie der türkische Sender NTV berichtet. Erdogan hat das israelische Vorgehen im Gazastreifen nach dem Hamas-Überfall am 7. Oktober wiederholt scharf kritisiert und die militant-islamistische Palästinenser-Organisation, die von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird, als Befreiungsbewegung bezeichnet. Cameron ruft G7 zu neuen Sanktionen gegen Iran auf Der britische Außenminister David Cameron hat die G7-Staaten vor ihrem Treffen in Italien zur Verabschiedung neuer "koordinierter Sanktionen" gegen den Iran aufgerufen. "Was wir wollen, sind koordinierte Sanktionen gegen Iran", sagte Cameron in Israel. Er warf Teheran vor, "hinter so vielen bösartigen Aktivitäten in dieser Region" zu stecken. "Ich denke, wir können mehr tun, um eine einheitliche Front zu zeigen", sagte Cameron über die G7, deren Außenminister sich bis Freitag auf der Insel Capri treffen. Es müsse eine "klare, unmissverständliche Botschaft" an den Iran gesendet werden bezüglich Teherans Unterstützung für die radikal-islamische Palästinensergruppe Hamas, die verbündete Hisbollah-Miliz im Libanon und die Huthis im Jemen. "Ich hoffe, das wird beim Treffen geschehen", fuhr er fort. Er nannte die Situation im Nahen Osten "sehr besorgniserregend". Hamas und Katar sprechen von stockenden Verhandlungen Die Verhandlungen über eine neue Waffenruhe in Gaza und die Freilassung weiterer Geiseln stecken nach Darstellung der islamistischen Hamas in einer "Krise". Das sagte ein ranghohes Hamas-Mitglied dem Nachrichtensender Al-Jazeera. Die USA, die zusammen mit Katar und Ägypten zwischen Israel und der Hamas vermitteln, würden "Partei für Israel ergreifen" und zuvor gemachte Angebote zurückziehen, hieß es. Die USA hätten einen Vorschlag gemacht, der die israelische Position komplett übernehme. Israel habe zuvor einen Vorschlag der Hamas abgelehnt. Die israelische Zeitung Haaretz hatte zuletzt berichtet, dass die Hamas eine Freilassung von Geiseln aus Gaza im Gegenzug für palästinensische Häftlinge erst nach Ablauf einer 42-tägigen Feuerpause vorgeschlagen habe. Die Hamas hatte zuvor einen Vorschlag der USA abgelehnt, der die Freilassung von 40 Geiseln gegen 900 palästinensische Häftlinge während einer sechswöchigen Waffenruhe vorsah. Auch der katarische Premier- und Außenminister Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani sagte, die Gespräche über einen Waffenstillstand im Gazastreifen und die Freilassung der Geiseln befänden sich in einer "heiklen Phase". "Wir versuchen so weit wie möglich, dieses Hindernis zu überwinden", fügte er hinzu, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. Steinmeier glaubt an zurückhaltende Reaktion Israels auf iranischen Angriff Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier glaubt an eine zurückhaltende Reaktion Israels auf den Angriff des Iran am vergangenen Samstag. Er habe am Sonntagmorgen mit Israels Staatspräsident Isaac Herzog telefoniert und "nicht den Eindruck, dass die politische Führung des Landes entschlossen wäre, dieses Land in einen Abgrund zu führen", sagte Steinmeier bei einer Veranstaltung im Schloss Bellevue. Er glaube dass es in Israel "viele Leute" gebe, die die Lage "sehr verantwortlich und nachdenklich" beurteilten. Steinmeier geht davon aus, dass Israel "nach wie vor die Priorität" habe, die sunnitischen Partner in der Region an sich zu binden und "Amerika nicht zu verlieren". Er glaube daher, dass die Reaktion Israels "eine andere sein wird als die, die medial erwartet wird", fuhr Steinmeier fort. Er glaube nicht, "dass dieses Land auf dem Weg zu einem endlosen Krieg ist". Gesundheitsministerium in Gaza meldet 33.899 tote Palästinenser Durch die israelische Militäroffensive im Gazastreifen sind nach Angaben des Hamas-geführten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen seit dem 7. Oktober mindestens 33.899 Palästinenser getötet und 76.664 verwundet worden. 56 Palästinenser wurden demnach in den vergangenen 24 Stunden getötet und 89 verletzt. Die Vereinten Nationen halten die Angaben der Behörde für realistisch. Die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte noch höher sein, da viele Menschen vermisst werden und noch immer Tote unter den Trümmern zerstörter Gebäude liegen. Herzog dankt Deutschland und Großbritannien für Unterstützung Israels Präsident Izchak Herzog hat sich beim Besuch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihrem britischen Amtskollegen David Cameron für die Unterstützung bedankt. Herzog sprach nach Angaben seines Büros von einer "warmen Diskussion" mit Baerbock und Cameron. "Wir danken Großbritannien und Deutschland dafür, dass sie stark an der Seite Israels stehen angesichts des verwerflichen Angriffs des Irans", sagte Herzog. Israel sei eindeutig verpflichtet, sein Volk zu verteidigen. Baerbock traf auch ihren israelischen Kollegen Israel Katz. Neben dem Angriff des Irans stehen auch die Bemühungen um die Freilassung der Geiseln aus den Händen der Hamas und die humanitäre Lage der notleidenden Zivilbevölkerung im Gazastreifen auf dem Programm. "Die sofortige Rückkehr aller Geiseln, die von der Hamas in Gaza festgehalten werden, hat für uns - und die internationale Gemeinschaft - weiter höchste Priorität", sagte Herzog nach Angaben seines Büros weiter. Gleichzeitig erhöhe man "dramatisch" die humanitären Hilfsleistungen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Iranischer Präsident droht Israel bei Militärparade Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hat Israel vor weiteren Aktionen gegen sein Land gewarnt. Selbst die "kleinste Invasion" Israels werde zu einer "massiven und harten" Reaktion des Iran führen, sagte Raisi laut einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Irna während der jährlichen Armeeparade. Der iranische Angriff vom Wochenende habe nur begrenzte Ziele gehabt. Wenn der Iran einen härteren Schlag hätte führen wollen, "wäre vom zionistischen Regime nichts mehr übrig", sagte Raisi. Der Befehlshaber der iranischen Luftwaffe erklärte, die Kampfflugzeuge seien in Bereitschaft. Zudem werden nach Angaben der Seestreitkräfte iranische Handelsschiffe bis zum Roten Meer von Marineschiffen eskortiert. Israel: 500 Geschosse bei Großangriff Irans Bei dem Großangriff auf Israel am Wochenende haben der Iran und seine Verbündeten nach Angaben des israelischen Verteidigungsministers Yoav Galant mehr als 500 Geschosse abgefeuert. Diese Zahl bestätigte eine Sprecherin Galants. Die Armee hatte zuvor von mehr als 300 Geschossen allein aus dem Iran gesprochen. An der Attacke waren jedoch nach Medienberichten auch mit Teheran verbündete Milizen im Libanon, in Syrien, im Jemen und im Irak beteiligt. Herzog ruft zu Widerstand gegen Iran auf Israels Präsident Isaac Herzog hat bei seinem Treffen mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und dem britischen Chefdiplomaten David Cameron die internationale Gemeinschaft aufgerufen, sich dem Iran gemeinsam und entschieden entgegenzustellen. Die Führung in Teheran gefährde mit ihrem Handeln "die Stabilität in der gesamten Region", sagte er in Jerusalem. "Die ganze Welt muss entschlossen und entschieden gegen die Bedrohung des iranischen Regimes handeln", hieß es. Weber fordert Aufnahme von iranischen Revolutionsgarden auf EU-Terrorliste Nach dem Angriff des Iran auf Israel mit mehr als 300 Drohnen und Raketen hat der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, gefordert, die iranische Revolutionsgarde auf die EU-Terrorliste zu setzen. "Der Hintergrund dieser Organisation ist eindeutig klar", sagte Weber im ZDF-"Morgenmagazin". Sie bringe Terror in die Region. "Auch im mittleren Osten ist die wahre Natur Irans jedem bewusst", fügte er hinzu. Das zeige die Tatsache, dass neben den westlichen Staaten auch beispielsweise Jordanien bei der Abwehr der Raketen geholfen habe. Bei dem Regime im Iran handele es sich um einen "Terrorstaat", betonte der CSU-Politiker. Italien fordert Israel zum Stopp der Kämpfe in Gaza auf Der italienische Außenminister Antonio Tajani hat Israel zum Stopp des Militäreinsatzes im Gazastreifen und zu einer Waffenruhe aufgefordert. Der Gaza-Krieg sei zwar durch den "barbarischen" Angriff der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas ausgelöst worden, sagte Tajani der Tageszeitung "La Stampa". "Aber jetzt ist eine Waffenruhe notwendig", fügt er hinzu. Israel müsse seine Militäreinsätze einstellen, die massiv zulasten der palästinensischen Bevölkerung gingen. Italien hat das Vorgehen Israels nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober zunächst unterstützt, dies aber angesichts von Tausenden Toten unter der Zivilbevölkerung zuletzt abgeschwächt. Baerbock trifft Israels Präsident Herzog Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist bei ihrem siebten Israel-Besuch seit dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas am 7. Oktober mit dem Staatspräsidenten Izchak Herzog zusammengetroffen. Bei der Unterredung am Morgen in Jerusalem war nach Angaben des Auswärtigen Amtes auch der britische Außenminister David Cameron dabei. Im Anschluss wollte Baerbock auch ihren israelischen Amtskollegen Israel Katz sowie Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und Benny Gantz treffen, der Mitglied des israelischen Kriegskabinetts ist. Bei ihren Gesprächen dürften die wachsenden Sorgen vor einem drohenden Flächenbrand im Nahen Osten bei einem harten israelischen Gegenschlag nach dem iranischen Großangriff vom Wochenende eine zentrale Rolle spielen. Die Grünen-Politikerin dürfte auch die humanitäre Lage der notleidenden Zivilbevölkerung im Gazastreifen zur Sprache bringen. Wohl Abstimmung im Sicherheitsrat über palästinensische UN-Mitgliedschaft Der UN-Sicherheitsrat stimmt am Donnerstag über den Antrag der Palästinenser auf Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen ab. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP und beruft sich auf Diplomatenkreise. Der palästinensische UN-Gesandte Rijad Mansur hatte Anfang des Monats in einem Schreiben an UN-Generalsekretär António Guterres darum gebeten, das Verfahren zur Vollmitgliedschaft der Palästinenser wiederaufzunehmen. Das Vorhaben gilt jedoch als wenig aussichtsreich, da sich die USA dagegen ausgesprochen haben - der Israel-Verbündete kann ein Veto einlegen. "Wir sehen nicht, dass uns die Verabschiedung einer Resolution im Sicherheitsrat zwangsläufig zu einem Punkt führen wird, an dem wir eine Zwei-Staaten-Lösung finden können", sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, vor der Presse in Seoul. Die Palästinenser haben seit 2012 einen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen. Sie fordern seit Jahren eine Vollmitgliedschaft. UN kämpfen trotz besserer Koordination mit Israel gegen Hunger in Gaza Die Vereinten Nationen (UN) ringen weiterhin darum, eine Hungersnot im Gazastreifen zu verhindern. Obwohl es bei der Koordination mit Israel gewisse Verbesserungen gegeben habe, seien Hilfslieferungen in das Palästinensergebiet noch immer mit Schwierigkeiten verbunden, sagte Andrea De Domenico, der Leiter des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA). So komme es an den Kontrollpunkten zu erheblichen Verzögerungen. In der vergangenen Woche seien 41 Prozent der UN-Anfragen zur Lieferung von Hilfsgütern in den Norden des Gazastreifens abgelehnt worden. "Wir beschäftigen uns mit diesem Tanz, bei dem wir einen Schritt vor, zwei Schritte zurück oder zwei Schritte vor und einen Schritt zurück machen, wodurch wir im Grunde immer am selben Punkt bleiben", sagte De Domenico vor der Presse. "Für jede neue Chance, die wir bekommen, gibt es eine neue Herausforderung, die wir bewältigen müssen." US-Militär: Zwei Drohnen in Huthi-Gebieten bekämpft Das US-Militär hat nach eigenen Angaben erfolgreich zwei Drohnen in den von den Huthi-Rebellen kontrollierten Gebieten im Jemen bekämpft. Von Schiffen der US-Marine, der Koalition oder Handelsschiffen seien keine Schäden oder Verletzten gemeldet worden, erklärte das US Central Command (Centcom), das für den Nahen Osten zuständige Regionalkommando des US-Militärs. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen Der britische Premier Sunak empfiehlt Israel, besonnen auf die Angriffe des Iran zu reagieren. Der türkische Präsident Erdogan erhebt schwere Vorwürfe gegen Israels Premier Netanyahu. Der Liveblog zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-nahost-mittwoch-122.html |
2024-04-17 | Bayern München steht im Halbfinale | Champions League | Bayern München hat nun auch nach Borussia Dortmund das Halbfinale in der Champions League erreicht. Der deutsche Fußball-Rekordmeister siegte nach dem 2:2 im Hinspiel im Viertelfinal-Rückspiel mit 1:0 gegen den FC Arsenal. | Bayern München hat nun auch nach Borussia Dortmund das Halbfinale in der Champions League erreicht. Der deutsche Fußball-Rekordmeister siegte nach dem 2:2 im Hinspiel im Viertelfinal-Rückspiel mit 1:0 gegen den FC Arsenal. Joshua Kimmich hat die letzte Titelchance des FC Bayern München am Leben erhalten – und dem deutschen Fußball die Hoffnung auf eine Neuauflage des legendären Wembley-Finales. Einen Tag nach dem furiosen Halbfinal-Einzug von Borussia Dortmund führte Kimmich den deutschen Rekordmeister in der Champions League mit seinem wuchtigen Kopfballtor in der 64. Minute beim 1:0 (0:0) gegen den FC Arsenal in das erste Halbfinale seit dem letzten Königsklassen-Triumph 2020. Nach dem 2:2 beim Hinspiel in London boten die Münchner im hochspannenden Rückspiel vor 75.000 Zuschauern eine extrem konzentrierte Vorstellung. Elf Jahre nach dem Königslassen-Finale zwischen Bayern und Dortmund mit dem 2:1-Siegtor von Arjen Robben im Londoner Wembley-Stadion ist eine Neuauflage am 1. Juni in realistische Nähe gerückt. Trainer Thomas Tuchel bleibt auch ohne Meisterschaft und Pokal die Möglichkeit auf einen glorreichen Abschied aus München. Als "ein Geschenk und Privileg" bezeichnete Tuchel das Duell mit dem Tabellenzweiten der Premier League. Vor allem war es aber eine hohe Hürde, entsprechend groß war der Respekt der Münchner. Die Bayern agierten sehr konzentriert, arbeiteten defensiv mit viel Hingabe, ohne allzu sehr ins Risiko zu gehen. Den ausführlichen Spielbericht lesen Sie hier. | /eilmeldung/championsleague-198.html |
2024-04-17 | Erholungsversuche gescheitert | Nahost-Sorgen dominieren | Zinssorgen und die unsichere Lage im Nahen Osten ließen zur Wochenmitte wenig Raum für steigende Kurse. Während der DAX kaum verändert aus dem Handel ging, drehten die US-Märkte ins Minus. | Zinssorgen und die unsichere Lage im Nahen Osten ließen zur Wochenmitte wenig Raum für steigende Kurse. Während der DAX kaum verändert aus dem Handel ging, drehten die US-Märkte ins Minus. Nach einem positiven Start drifteten die US-Aktienmärkte im Handelsverlauf wieder ins Minus. Marktteilnehmer machten dafür vor allem Zinssorgen verantwortlich. Die Risikobereitschaft bleibe auch wegen der jüngsten Äußerungen von US-Notenbankchef Jerome Powell gering. Powell hatte am Dienstag erklärt, es sei angesichts der Lage an der Inflationsfront und des noch immer starken Arbeitsmarkts derzeit angebracht, die straffe Geldpolitik weiter wirken zu lassen. Auch die unsichere Lage im Nahen Osten lastete wieder auf den Kursen. Der Dow Jones ging schließlich 0,12 Prozent tiefer aus dem Handel. Die Technologietitel an der Nasdaq gerieten im Verlauf deutlich stärker unter Druck. Auslöser waren hier vor allem überraschend schwache Quartalszahlen des niederländischen Chip-Ausrüsters ASML. Der Nasdaq 100 büßte 1,24 Prozent ein. Der am Abend veröffentlichte Konjunkturbericht der US-Notenbank Fed, das so genannte Beige Book, bestätigte das Bild einer leichten Wachstumsbelebung in den USA. Angesichts der robusten ökonomischen Verfassung sehen Händler an den US-Terminmärkten nur noch geringe Aussichten, dass die Fed mehr als eine Zinssenkung im laufenden Jahr wagen wird. An den Finanzmärkten wird eine geldpolitische Wende nun frühestens für September erwartet. DAX gibt Tagesgewinne wieder ab Am deutschen Markt startete der DAX zunächst einen weiteren Erholungsversuch auf Kurse über 17.900 Punkte, musste im Verlauf aber fast seine ganzen Gewinne wieder abgeben. Am Ende blieb dem Leitindex ein Zuwachs von 0,02 Prozent auf 17.770 Punkte. Die Unsicherheit bleibe hoch, auch wenn derzeit noch Gelassenheit herrsche, sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager bei QC Partners. "Und solange unklar ist, ob der Konflikt zwischen Israel und dem Iran weiter eskalieren wird, wird das auch so bleiben." Der nach Ostern eingeschlagene Abwärtstrend im deutschen Leitindex bleibt damit weiter intakt. An den vergangenen Handelstagen hatte sich die charttechnische Lage im Börsenbarometer deutlich eingetrübt, der DAX war nachhaltig unter sein altes Rekordhoch bei 18.039 Punkten gerutscht. Gold leicht unter Druck Die Feinunze Gold kostete am späten Abend 2.370 Dollar und damit 0,5 Prozent weniger als gestern. In der vergangenen Woche hatte das gelbe Edelmetall bei knapp 2.432 Dollar einen historischen Höchststand erreicht. Der Euro tendierte am Abend bei 1,0666 Dollar 0,4 Prozent höher. Nachfrageerwartungen lassen Ölpreise fallen Die Erwartung einer schwächelnden Nachfrage aufgrund der mauen Konjunkturdynamik in China hat die Ölpreise gedrückt. Rohöl der Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich am Abend um deutliche 2,3 Prozent auf 87,33 Dollar pro Barrel (159 Liter). Auch ein Anstieg der US-Rohölvorräte ließ Versorgungsängste aufgrund der Spannungen in Nahost in den Hintergrund treten. In der vergangenen Woche stiegen die Rohölbestände der USA unerwartet deutlich um 2,7 Millionen auf 460 Millionen Barrel. Die Furcht vor einer Eskalation im Nahen Osten hatte zuletzt die Risikoaufschläge am Ölmarkt in die Höhe getrieben. United Airlines mit weniger Verlust als erwartet An der Wall Street fiel United Airlines mit zweistelligen Gewinnen auf. Die US-Fluggesellschaft hat im vergangenen Quartal trotz der wochenlangen Stilllegung von Maschinen des Typs Boeing 737-9 Max weniger Verlust eingefahren als an der Wall Street erwartet. Das Fehlen mehrerer Dutzend Maschinen des Boeing-Typs im Januar kostete United rund 200 Millionen Dollar. Unter dem Strich gab es einen Verlust von 124 Millionen Dollar nach einem Minus von 194 Millionen Dollar im Vorjahresquartal. Anhörung im US-Senat zu Sicherheitsproblemen bei Boeing Die Qualitätsprobleme bei Boeing standen heute im Mittelpunkt zweier Anhörungen im US-Senat. Unter anderem sagte ein Boeing-Mitarbeiter aus, der nun als Whistleblower auftritt. Er erklärte, dass Boeing bei der Herstellung des Modells 787 "Dreamliner" Fehler beim Zusammenfügen von Rumpfteilen toleriert habe. Boeing wies die Vorwürfe zurück. Müssen 300 Tesla-Mitarbeiter in Grünheide gehen? Die Aktie von Tesla gab leicht nach. Der Autobauer will seine Aktionäre erneut über ein milliardenschweres Aktienpaket für Firmenchef Elon Musk abstimmen lassen, das von einem Gericht torpediert wurde. Zugleich sollen sie über eine Verlegung des offiziellen Firmensitzes von Delaware nach Texas abstimmen. Das 2018 von Aktionären gebilligte Aktienpaket, dessen Wert damals mit 56 Milliarden Dollar angegeben wurde, war von einer Richterin in Delaware nach einer Anlegerklage gekippt worden. Sie kam zu dem Schluss, dass Musk bei Vereinbarung der großzügigen Vergütung im Tesla-Verwaltungsrat zu viel Einfluss im Hintergrund gehabt habe. Musk zeigte sich danach offen für einen Umzug von Tesla nach Texas. Am frühen Abend berichtete das digitale Wirtschaftsmagazin "Business Insider", dass sich der US-Elektroautobauer von 300 Mitarbeitern an seinem deutschen Standort Grünheide trennen wolle. Von dem Jobabbau seien zunächst Leiharbeiter betroffen. Musk hatte am Montag angekündigt, weltweit mehr als jeden zehnten Arbeitsplatz zu streichen. Adidas schraubt Prognose hoch Am deutschen Aktienmarkt stachen die Papiere von Adidas an der DAX-Spitze mit plus 8,7 Prozent hervor. Der Sportartikelhersteller zeigte sich nach einem überraschend guten Start ins Jahr optimistischer für 2024. Der Umsatz solle in diesem Jahr währungsbereinigt um einen mittleren bis hohen einstelligen Prozentsatz wachsen, teilte der Sportartikelhersteller mit. Beim Betriebsergebnis rechnen die Franken jetzt mit 700 Millionen Euro. Conti schreibt in der Autozulieferung wieder rote Zahlen Am DAX-Ende lag Continental mit einem Minus von 5,4 Prozent. Der Konzern schrieb im ersten Quartal in der Autozulieferung wieder rote Zahlen. Vor Zinsen, Steuern und bereinigt um Sondereffekte machte Conti mit der Autozulieferung je 100 Euro Umsatz rund 4,30 Euro Verlust. Analysten hatten zwar mit einem schwierigen Jahresstart gerechnet, aber nicht in dieser Größenordnung. VW will mit neuer Plattform günstige E-Autos in China bauen Volkswagen will die Kosten von Elektroautos mit der neuen, gemeinsam mit dem chinesischen Partner Xpeng geplanten Kompaktwagen-Plattform kräftig senken. Die eigens für China gedachte "China Electrical Architecture" (CEA) senke die Kosten um 40 Prozent im Vergleich zu der in Deutschland entstandenen Plattform MEB, erklärte der Autobauer heute in Peking. Das werde unter anderem erreicht, indem die Zahl der Steuergeräte durch einen zentralen Computer reduziert werde. Volvo mit überraschend starkem Quartalsgewinn Der schwedische Lkw-Hersteller Volvo war bei den Anlegern nach einem überraschend starken Quartalsgewinn gefragt. Das bereinigte Betriebsergebnis im ersten Quartal belief sich auf 18,2 Milliarden Kronen, Analysten hatten im Schnitt mit 16,9 Milliarden Kronen gerechnet. Jefferies hob lobend hervor, dass es keine Bereinigungen gegeben habe. Zudem sei das Ergebnis angesichts starker Barmittel qualitativ hochwertig. Die Fundamentaldaten der Branche entwickelten sich auch für 2025 positiv, sagten die Analysten. Infineon und Aixtron wegen ASML im Minus Chip-Werte wie Infineon und Aixtron standen nach einem schwächer als erwarteten ersten Quartal des niederländischen Halbleiterkonzerns ASML unter Druck. Bei den Niederländern war der Auftragseingang gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 3,8 auf 3,6 Milliarden Euro gesunken. Analysten hatten hingegen im Schnitt eine Steigerung auf 4,6 Milliarden Euro erwartet. Tarifverhandlungen bei Postbank wohl ohne Ergebnis Die Tarifverhandlungen für rund 12.000 Beschäftigte der Deutsche-Bank-Tochter Postbank haben offenbar auch in der vierten Verhandlungsrunde noch kein Ergebnis gebracht. In den Gesprächen mit ver.di habe die Deutsche Bank zwar gestern ihr Angebot auf eine Gehaltserhöhung von zehn Prozent in zwei Stufen aufgestockt, sagte ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Dieses sei aber abgelehnt worden. Siemens eröffnet neuen Forschungsstandort in Garching Der Technologiekonzern Siemens eröffnet einen neuen Forschungsstandort am Universitätscampus in Garching bei München. Im fertiggestellten ersten Bauabschnitt des Projekts sollen etwa 450 Siemens-Beschäftigte mit 150 Wissenschaftlern der Technischen Universität München an Zukunftstechnologien forschen. Zahl der Flugausfälle europaweit bei Lufthansa am höchsten Bei der deutschen Fluggesellschaft Lufthansa sind im ersten Quartal dieses Jahres im europaweiten Vergleich die meisten Flüge ausgefallen. Die Airline stornierte in den ersten drei Monaten des Jahres 5,99 Prozent ihrer Flüge, im gleichen Zeitraum 2023 waren es 2,97 Prozent, wie der Rechtsdienstleister Flightright mitteilte. Insgesamt schnitt Deutschland in dem Ranking schlecht ab. Grund dafür seien die wiederholten Streiks im ersten Quartal. BVB winkt Geldregen nach CL-Halbfinal-Einzug Die Aktionäre von Borussia Dortmund bejubelten den Einzug ins Halbfinale der UEFA Champions League (CL). Die Aktien des Fußballvereins schossen um bis zu 10,7 Prozent auf 3,77 Euro nach oben. Der erste CL-Halbfinal-Einzug seit elf Jahren beschere dem Verein zusätzliche Preisgelder in Höhe von mindestens 12,5 Millionen Euro, rechneten die Analysten von NuWays vor. Deswegen sei mit einer Anhebung der Gewinnprognose in derselben Höhe zu rechnen. Schwächelnde Luxus-Nachfrage bremst LVMH Der französische Luxusgüter-Hersteller LVMH hat nach seinem Rekordjahr eine schwächere Nachfrage seiner betuchten Kundschaft zu spüren bekommen. Im ersten Quartal sank der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent und verfehlte damit die durchschnittlichen Analystenerwartungen, wie der Konzern mit Marken wie Louis Vuitton, Christian Dior und Loewe am Abend in Paris mitteilte. | /wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-nach-kursrutsch-dow-nikkei-geldanlage-gold-oel-zinsen-aktien-boerse-100.html |
2024-04-17 | Mehr als 100 Menschen sterben durch Unwetter | Afghanistan und Pakistan | Überschwemmte Straßen und verwüstete Landstriche - dieses Bild bietet sich aktuell in Teilen von Pakistan und Afghanistan. Überschwemmungen zerstörten tausende Häuser. Mehr als 100 Menschen starben. | Überschwemmte Straßen und verwüstete Landstriche - dieses Bild bietet sich aktuell in Teilen von Pakistan und Afghanistan. Überschwemmungen zerstörten tausende Häuser. Mehr als 100 Menschen starben. Seit Samstag hat es in Afghanistan in vielen Provinzen heftig geregnet. Die Böden waren durch einen ungewöhnlich trockenen Winter stark ausgetrocknet und konnten die Wassermassen kaum aufnehmen. Durch Überschwemmungen und Sturzfluten wurden laut Behördenangaben in den vergangenen fünf Tagen etwa 70 Tote gezählt. 50 Menschen seien verletzt. Durch die Überschwemmungen wurden außerdem mehr als 2.600 Häuser beschädigt oder zerstört und 95.000 Hektar Ackerland vernichtet. Nordwesten Pakistans besonders stark betroffen In Pakistan starben innerhalb von vier Tagen mindestens 65 Menschen, wie die Behörden mitteilten. Die meisten Todesopfer gab es in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa im Nordwesten des Landes. Dort kamen 32 Menschen ums Leben, unter ihnen 15 Kinder. Alle Opfer seien von einstürzenden Wänden und Dächern erschlagen worden, sagte der Sprecher der Katastrophenschutzbehörde der Provinz Anwar Khan. Viele Bewohner überfluteter Häuser flohen in höher gelegene Gebiete und kamen in provisorischen Notunterkünften unter. Afghanistan war auf das Unwetterereignis besonders schlecht vorbereitet. Jahrzehntelanger Bürgerkrieg hat die Infrastruktur zerstört. Zudem haben viele Menschen im Land keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Ungewöhnlich viel Regen Nach Angaben des Wetterdienstes fiel in Pakistan seit Anfang April doppelt so viel Regen wie üblich. Seit Anfang April beobachten Meteorologen im Land ungewöhnliche Niederschlagsmuster, wie der Sprecher des Wetterdienstes, Zaheer Ahmad Babar, sagte. "Vom 1. bis 17. April haben wir Niederschlagsmengen registriert, die den historischen Durchschnitt um 99 Prozent übertrafen", erklärte er. Der Klimawandel sei ein wesentlicher Faktor dieser Entwicklung. Der Regen ließ gestern und heute in weiten Teilen des Landes nach. In den kommenden Tagen wird jedoch mit neuen Unwettern gerechnet. | /ausland/asien/unwetter-pakistan-afghanistan-100.html |
2024-04-17 | Verletzte bei Hisbollah-Angriff auf Nordisrael | Libanon | Fast täglich kommt es an der israelisch-libanesischen Grenze zu Gefechten, bei einem Angriff der Hisbollah-Miliz wurden im Norden Israels nun mehrere Menschen verletzt. Unter ihnen seien 14 Soldaten, teilte das Militär mit. | Fast täglich kommt es an der israelisch-libanesischen Grenze zu Gefechten, bei einem Angriff der Hisbollah-Miliz wurden im Norden Israels nun mehrere Menschen verletzt. Unter ihnen seien 14 Soldaten, teilte das Militär mit. Bei einem Angriff der Hisbollah-Miliz aus dem Libanon sind im Norden Israels mehrere Menschen verletzt worden. Mindestens 14 Soldaten seien verletzt, sechs von ihnen schwer, teilte das Militär mit. Israelische Medien berichteten unter Berufung auf eine behandelnde Klinik, insgesamt hätten 18 Menschen Verletzungen erlitten. Eine Person befinde sich in kritischem Zustand. Laut der Times of Israel sollen unter den Opfern vier Zivilisten sein. Das Geschoss sei in dem Beduinendorf Arab al-Aramsche eingeschlagen, hieß es von der Armee weiter. Israelischen Medien zufolge traf es dort ein Gemeindezentrum, in dem Soldaten geschlafen hätten. Die Hisbollah teilte mit, sie habe mit Lenkraketen und Sprengdrohnen eine militärische Einrichtung angegriffen. Es handele sich um eine Vergeltungsaktion für den Tod einer Reihe ihrer Mitglieder bei israelischen Angriffen am Vortag. Dabei war auch ein Kommandeur der Miliz gestorben. Israels Armee habe eine Reihe von Raketenstarts aus dem Nachbarland Richtung Arab al-Aramsche identifiziert und die Abschussorte angegriffen, teilte das Militär weiter mit. Die Armee habe zudem unter anderem Militärstützpunkte der Hisbollah im Südlibanon attackiert. Zuvor war es zu gegenseitigem Beschuss gekommen. Fast täglich Gefechte an der Grenze Seit dem Ausbruch des Gaza-Krieges als Folge des Terrorangriffs der militant-islamistischen Hamas am 7. Oktober hat sich der Konflikt Israels mit der proiranischen Hisbollah verschärft. Die Schiitenmiliz hat sich in der Pufferzone eingerichtet, die nach Ende des zweiten Libanon-Kriegs 2006 im Grenzgebiet im Südlibanon festgelegt worden war, und feuert von dort auf den Norden Israels. Israel greift wiederum mit seiner Artillerie und Luftwaffe die Hisbollah-Stellungen in der Pufferzone an. Fast täglich kommt es entlang der israelisch-libanesischen Grenze zu Gefechten. Israel warnte bereits mehrmals, dass es auch zu einem größeren Militäreinsatz bereit sei, falls diplomatische Bemühungen ins Leere laufen sollten. Es wird auch damit gerechnet, dass sich die Hisbollah im Fall eines größeren Konflikts zwischen Israel und dem Iran verstärkt an Angriffen auf Israel beteiligen könnte. Die Hisbollah ist mit der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen verbündet, gilt aber als deutlich schlagkräftiger. | /ausland/libanon-angriff-verletzte-100.html |
2024-04-17 | Plenkovics Partei liegt laut Umfragen vorn | Parlamentswahl in Kroatien | Für den kroatischen Premier Plenkovic zeichnet sich ein Wahlsieg ab. Seine konservative Partei liegt laut Nachwahlbefragungen vorn. Zweitstärkste Kraft wurden die Sozialdemokraten. Beide bräuchten Koalitionspartner. Von S. Hahne. | Für den kroatischen Premier Plenkovic zeichnet sich ein Wahlsieg ab. Seine konservative Partei liegt laut Nachwahlbefragungen vorn. Zweitstärkste Kraft wurden die Sozialdemokraten. Beide bräuchten Koalitionspartner. Von Silke Hahne Bei der kroatischen Parlamentswahl können die regierenden Konservativen von Premier Andrej Plenkovic wohl ihre führende Position behaupten. Laut Nachwahlbefragung wird Plenkovics Partei stärkste Kraft. Demnach kann die konservative Regierungspartei HDZ mit 58 Sitzen im Parlament rechnen. Dahinter folgen die Sozialdemokraten der SDP mit 44 Sitzen. Auf Platz drei landet die rechtspopulistische "Heimatbewegung" mit 13 Sitzen. HDZ und SDP bräuchten Koalitionspartner Für eine Mehrheit braucht es im kroatischen Parlament 76 Sitze. Sowohl die SDP als auch die HDZ bräuchten also Koalitionspartner, um eine Regierung zu bilden. Der Präsident des Landes, Zoran Milanovic, hat angekündigt, das Mandat zur Regierungsbildung an denjenigen zu geben, der 76 Stimmen im Parlament nachweisen kann. Die konservative MOST und die links-grüne Mozemo lehnen eine Koalition mit der HDZ ab. Möglich wäre hingegen eine Koalition mit der rechtspopulistischen "Heimatbewegung" (Domovinski pokret). Laut der aktuellen Umfrage würde es aber auch mit ihren Stimmen nicht für eine Mehrheit reichen. Starke Abneigung im Wahlkampf Der Wahlkampf war geprägt von einem Duell der beiden wichtigsten politischen Figuren in Kroatiens Innenpolitik und ihrer gegenseitigen Abneigung: Dem Premierminister und HDZ-Chef Plenkovic auf der einen Seite und Präsident Milanovic auf der anderen Seite. Milanovic zählt als der schärfste Kritiker Plenkovics. Der durchaus beliebte Politiker ist ein Hau-Drauf-Populist, dessen Positionen zwischen links und rechts pendeln und sich auch mal innerhalb weniger Tage um 180 Grad drehen. Plenkovic - pragmatischer Machtpolitiker Sein Gegenspieler Plenkovic gilt als gemäßigt in den Reihen der konservativen HDZ, von der Teile nationalistisch agieren. Der Premier ist ein pragmatischer Machtpolitiker. Das hat ihn bisher anschlussfähig gemacht, auch für Koalitionspartner, die der HDZ ideologisch nicht unbedingt nahestehen, etwa Vertreter der serbischen und italienischen Minderheiten. Bei der Wahl hat sich eine hohe Wahlbeteiligung abgezeichnet. Schon bis 16.30 Uhr hatten 50,6 Prozent der Wähler abgestimmt. Das sind mehr als 2020 bis zum Wahlschluss abgestimmt hatten. | /ausland/europa/kroatien-wahlen-102.html |
2024-04-17 | Schulterschluss der Rechtspopulisten | Konferenz in Brüssel | Warnungen vor dem Verlust der freien Rede sowie Angriffe auf die Politik der EU dominierten eine Konferenz von Rechtspopulisten in Brüssel. Orban, Morawiecki, Farage und Co suchten dabei kurz vor den Europawahlen den Schulterschluss. Von K. Schmid. | Warnungen vor dem Verlust der freien Rede sowie Angriffe auf die Politik der EU dominierten eine Konferenz von Rechtspopulisten in Brüssel. Orban, Morawiecki, Farage und Co suchten dabei kurz vor den Europawahlen den Schulterschluss. Von K. Schmid. Von Kathrin Schmid Warnungen vor dem Verlust der freien Rede sowie Angriffe auf die Politik der EU dominierten eine Konferenz von Rechtspopulisten in Brüssel. Orban, Morawiecki, Farrage und Co suchten dabei kurz vor den Europawahlen den Schulterschluss. Es war ein wilder Ritt durch die großen Herausforderungen der EU - gesehen durch die national-konservative Brille. Von Gloria von Thurn und Taxis` These: Das große Problem sei, "dass Heterosexuelle in Europa vor allem Haustiere wollten statt Kinder". Über die Prognose von Brexit-Parteichef Nigel Farage, eine mögliche Wiederwahl Donald Trumps "will be great!". Bis zur alle Reden durchziehenden Warnung, die freie Rede in Brüssel und in der EU sei in Gefahr. Katz- und-Maus-Spiel zum Konferenzauftakt Drei verschiedene Veranstaltungsorte in der Brüsseler Innenstadt waren innerhalb von wenigen Tagen im Spiel. Zunächst war ein Ballsaal am Rande des Europaviertels vorgesehen, dann das Sofitel Brussels - in beiden Fällen zogen die Verantwortlichen der Räumlichkeiten ihre Zusagen kurzfristig zurück. Die Behörden der jeweiligen Stadtteile hatten Widerstand angekündigt, darüber hinaus hatten antifaschistische Verbände damit gedroht, das Treffen zu stören. Erst am Morgen des ersten Konferenztages stand fest: Der Saal Claridge, ebenfalls ein Veranstaltungsgebäude ganz in der Nähe des Europaviertels, empfängt die bunte Runde an Rechtskonservativen und Nationalisten. Nicht ohne Ironie, dass sogar Ungarns Premier Viktor Orban - Stargast der Konferenz - der "tunesischen muslimischen Familie" dankte, die den Veranstaltungsort in der Brüsseler Gemeinde Saint-Josse betreibt. Und die gute Nerven bewies. Räumungsfantasien des Bürgermeisters Denn der zuständige Bürgermeister des Stadtteils Saint-Josse, Emir Kir, versuchte nach wenigen Stunden, die "National Conservatism Conference" zu stoppen und zu verbieten - er berief sich auf eine Empfehlung seines Polizeichefs und des staatlichen Antiterrorstabs: "Es liegt ein Risiko einer Störung der öffentlichen Ordnung vor, wenn diese Konferenz stattfindet", so Kir. Ein gefundenes Fressen für die Rednerinnen und Redner auf der Bühne. "Sie wollten uns sogar aushungern: Caterer wurden gehindert, uns hier mit Getränken zu versorgen", spottete Nigel Farage, der britische Vater des Brexits - mit Blick auf ein dann doch gut bestücktes Lunch-Buffet. Er war gerade mitten in seiner Hass-Tirade auf die EU, als die Polizei anrückte, die Veranstaltung jedoch nicht auflöste, sondern Besucherinnen und Besucher über Stunden am Eintritt hinderte. Am Dienstagabend schaltete sich schließlich Belgiens liberaler Premierminister Alexander De Croo ein und bezeichnete das Vorpreschen des Bürgermeisters als inakzeptabel. "Politische Zusammenkünfte verbieten, verstößt gegen das Grundgesetz. Punkt", schrieb de Croo auf X. Social-Media-Beitrag auf X von Alexander De Croo 🇧🇪🇪🇺: "What happened at the Claridge today is unacceptable. Municipal autonomy is a cornerstone of our democracy but can never overrule the Belgian constitution guaranteeing the freedom of speech and peaceful assembly since 1830. Banning political meetings is unconstitutional.Full stop." Verbot der Konferenz gerichtlich aufgehoben Am Morgen des zweiten Konferenz-Tages hatte schließlich auch ein belgisches Gericht das behördliche Verbot der Konferenz aufgehoben. Ob das der richtige Umgang von Behörden und Politikern mit Zusammenkünften rechtskonservativer Politikerinnen und Politiker war, ist umstritten. Immerhin befanden sich unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Wissenschaftler und ideologische Vordenker dieser Szene. "Freie Rede ist in Gefahr" Kritik kommt auch von außerhalb der Konferenz. Der britische Premierminister Rishi Sunak sprach von einer "extrem verstörenden Entscheidung". Im Saal wiederum deutete Mateusz Morawiecki, ehemaliger polnischer Ministerpräsident von der nationalkonservativen PiS-Partei an, dass über die Sache noch zu reden sein werde. Unglaublich, was derzeit in Brüssel passiere, die freie Rede sei in Gefahr, erklärte Morawiecki zum Abschluss der Konferenz. Ähnlich formulierte es auch Viktor Orban: "Derzeit ist Ungarn eine Insel der Vielfalt in der EU, auf der Konservative frei sprechen und politische Pläne schmieden können." Europa könne das Zum-Schweigen-Bringen nach kommunistischer Art und eine Zensurkultur nicht länger hinnehmen, so Orban. Das "Danube Insitut", ein Think Tank aus Budapest, der staatliche Gelder erhält, gehört zu den großen Geldgebern der Konferenz. Organisiert wird sie auch von der konservativen US-Denkfabrik "Edmund Burke Foundation". "Konservativer Ansatz auf europäischer Ebene" "It`s all about freedom" - so war auch Orbans Botschaft mit Blick auf die Europawahlen Anfang Juni. Es gehe um einen Führungswechsel, um einen "deutlich konservativeren Ansatz auf europäischer Ebene". Die aktuelle Bilanz der EU zeige es: "Der Übergang zur klimaneutralen Wirtschaft ist gescheitert, der Landwirtschaft wurden bessere Zeiten versprochen, und nun stehen die Bauern überall auf den Barrikaden“, so Orban. Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit, alles sei auf dem absteigenden Ast. Und dann noch die Migration: In seinem Land gebe es keine Einwanderer. "Das ist keine Frage von Menschenrechten, Grenzen zu überschreiten, ist ein Verbrechen". Muslime im Land zu haben, führe zu einer Reihe von Problemen, denn "wir haben eine christliche Tradition auf diesem Kontinent", so der ungarische Ministerpräsident. Schulterschluss der Rechtsnationalen Wie viele seiner Vorredner macht er die Tour durch die fundamentale Kritik an der EU. Vor allem aber sollte ein Zeichen gesetzt werden - eine Warnung gewissermaßen auch an die anderen Parteien und Wählerinnen: Die rechtsnationalen, konservativen Parteien hätten ihre Schwäche erkannt - die Zerstrittenheit untereinander. "Wir müssen künftig mehr das Verbindende als das Trennende suchen", hieß es immer wieder. Um, so die Botschaft, die wachsende Macht zu konzentrieren. | /ausland/europa/belgien-rechtspopulisten-100.html |
2024-04-17 | Lauterbach will Klinikreform vorantreiben | Trotz Kritik aus Ländern | Angst vor Klinikschließungen, Kritik an Finanzierungsplänen - die geplante Krankenhausreform sorgt weiter für Streit zwischen Bund und Ländern. Dennoch will Bundesgesundheitsminister Lauterbach sie zügig vorantreiben. | Angst vor Klinikschließungen, Kritik an Finanzierungsplänen - die geplante Krankenhausreform sorgt weiter für Streit zwischen Bund und Ländern. Dennoch will Bundesgesundheitsminister Lauterbach sie zügig vorantreiben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach setzt trotz anhaltender Differenzen mit den Ländern auf zügige nächste Schritte zur geplanten Krankenhausreform. In einigen geforderten Punkten wie einer stärkeren Entbürokratisierung könne man mitgehen, sagte der SPD-Politiker nach Bund-Länder-Beratungen in Berlin. Dagegen seien einheitliche Qualitätsvorgaben für den Bund nicht verhandelbar. Die Notwendigkeit der Reform sei bei dem Treffen nicht infrage gestellt worden. Alle wüssten, dass es eine "historische Gelegenheit" sei, das Krankenhaussystem so neu aufzubauen, wie es benötigt werde. Erste Lesung noch vor dem Sommer Zu einem nun vorgelegten Gesetzentwurf können Länder und Verbände bis zum 30. April Stellung nehmen, wie der Minister erläuterte. Am 8. Mai soll sich das Kabinett damit befassen, die erste Lesung im Bundestag wird noch vor dem Sommer angestrebt. Lauterbach sagte, er glaube nicht, dass die Reform noch scheitere. Die Krankenhausreform ist so angelegt, dass sie im Bundesrat nicht mehr zustimmungsbedürftig sein soll. Einwände aus den Ländern Aus den Ländern kommen weiter Einwände gegen das Vorgehen Lauterbachs. Die bayerische Ressortchefin Judith Gerlach (CSU) kritisierte eine Gefährdung der Versorgungssicherheit. "Viel zu viele Krankenhäuser müssen infolge seines Reformvorschlags ihr Leistungsangebot ganz erheblich verringern. Das ist unverantwortlich", so Gerlach. Wenn Lauterbach sein Vorhaben nicht korrigieren sollte, werde Bayern vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen klagen. Ein neues Gutachten im Auftrag von Bayern, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg ergab unter anderem, dass eine Gesetzesverabschiedung ohne Zustimmung des Bundesrates berge "das Risiko einer formellen Verfassungswidrigkeit". Die vier Länder kritisieren Eingriffe in die Planungshoheit der Länder. Kritik auch von Krankenkassen Auch die Krankenkassen erwägen im Streit um die Krankenhausreform juristische Schritte. Dabei geht es darum, dass laut Gesetzentwurf der Umbau der Krankenhauslandschaft auch mit Mitteln aus der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden soll. "Es werden munter weiter Lasten auf die Gesetzliche Krankenversicherung verteilt", kritisierte die Chefin des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" (Donnerstag). "Die angedachte Finanzierung des Klinikumbaus ist etwas, was Beitragszahlerinnen und Beitragszahler über Jahre hinweg massiv belasten würde", fügte sie hinzu. Ziele der Krankenhausreform Mit der Krankenhausreform will Bundesgesundheitsminister Lauterbach die Finanzierung, Organisation und das Leistungsspektrum der rund 1.900 Krankenhäuser in Deutschland grundlegend verändern. Ein wesentliches Ziel ist es, die Behandlungsqualität zu verbessern, indem nicht mehr jede Klinik alles machen darf, sondern die für eine Leistung notwendigen Mindeststrukturen vorgewiesen werden müssen. Nur dann erhält die Klinik auch eine entsprechende Leistungsgruppe und darf die Leistung abrechnen. Das dürfte auch die Zahl der Kliniken verringern und für mehr große Kliniken sorgen. Grundlegende Änderung der Finanzierung Auch soll sich die Finanzierung der Krankenhäuser ändern, sodass die Kliniken von dem finanziellen Druck befreit werden, immer mehr Patienten behandeln zu müssen. Künftig sollen sie 60 Prozent der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Angeboten bekommen. Kritiker hatten erklärt, in Deutschlands Kliniken werde zu viel operiert, weil das für die Häuser lukrativ sei. Auch waren medizinische Abteilungen, die nicht wirtschaftlich betrieben werden können, vielfach geschlossen worden, etwa Kinderkliniken oder Geburtsstationen. Das soll sich mit dem neuen Finanzierungssystem ändern. | /inland/innenpolitik/krankenhausreform-118.html |
2024-04-17 | AfD-Politiker Krah und seine "Bargeldreserve" | Ermittlungen zu russischer Einflussnahme | Der AfD-Politiker Krah hat nach Recherchen von WDR, NDR und SZ bei einer FBI-Kontrolle im Dezember letzten Jahres eine vierstellige Summe Bargeld bei sich. Weil er verdächtigt wurde, Zahlungen von einem prorussischen Aktivisten erhalten zu haben, hatte das FBI Krah befragt. | Der AfD-Politiker Krah hatte nach Recherchen von WDR, NDR und SZ bei einer FBI-Kontrolle im Dezember letzten Jahres eine vierstellige Summe Bargeld bei sich. Weil er verdächtigt wurde, Zahlungen von einem prorussischen Aktivisten erhalten zu haben, hatte das FBI Krah befragt. Von Florian Flade, Katja Riedel, WDR und Sebastian Pittelkow, NDR Nach gemeinsamen Recherchen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" soll der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah bei einer Reise in die USA im vergangenen Dezember eine größere Summe Bargeld mit sich geführt haben, auf die ihn auch das FBI angesprochen haben soll. Krah räumte auf Anfrage ein, "ungefähr 3.000 Euro" als "Bargeldreserve" dabei gehabt zu haben. Das Geld habe er mitgenommen, weil er sein Kartenetui im Büro in Brüssel vergessen hätte. Er habe das Geld benötigt, um sein Hotel und etwas Essen zu zahlen. Ein ursprünglich geplantes "Weihnachtsshopping" sei ausgefallen. Aber er habe mit dem Geld auch seinem guten Bekannten David Bendels, dem Chefredakteur des rechtspopulistischen Deutschland-Kurier, das Geld für seinen Sitzplatz bei der Veranstaltung erstattet, die er in New York besuchen wollte. Krah war damals mit einigen anderen AfD-Politikern auf einem Treffen mit den "Young Republicans" in New York gewesen, an der auch Donald Trump teilnahm. Diese Veranstaltung wurde vom "Deutschland-Kurier" teilweise gesponsert. Krah: Eine Stunde Gespräch mit FBI Es war ein ereignisreicher Trip für Krah. Nach einem Bericht des "Spiegel" und des ZDF sollen die US-Ermittler Krah bei der Einreise einen schon älteren Chatverlauf vorgelegt haben, in dem es um mögliche Zahlungen an ihn gegangen sein soll. In einer Nachricht des prorussischen Aktivisten Oleg Woloschyn an Krah soll die Rede von "Kompensationen" für Krahs "technische Ausgaben" gegangen sein. Krah sagte nun auf Anfrage, er hätte diese betreffende Chatnachricht nicht gelesen und deshalb auch nicht beantwortet. Geld habe er von Woloschyn nicht angenommen. Das bestätigte auch Woloschyn gegenüber dem "Spiegel", der von einer Erstattung möglicher Reisekosten sprach, die aber nie angefallen seien. Das Gespräch mit dem FBI habe damals eine Stunde gedauert, berichtet Krah. All dies steht offenbar im Zusammenhang mit internationalen Ermittlungen zu einem russischen Einflussnahme-Netzwerk. Die Aufklärung des Netzwerkes um das Internetportal "Voice of Europe" und dessen mutmaßliche Hintermänner findet seit einigen Monaten in Polen und Tschechien durch eine gemeinsame Operation der dortigen Nachrichtendienste ABW und BIS statt. Dabei sollen Erkenntnisse zu mehreren Personen gewonnen worden sein, die als Geldkuriere für Moskau tätig gewesen sein sollen. Diese Akteure wiederum, so die bisherigen Ermittlungsergebnisse, sollen sich teilweise mehrfach mit europäischen Politikern getroffen haben. In den Fokus sollen dabei Maximilian Krah und der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron geraten sein. Deutsche Sicherheitsbehörden tun sich bislang schwer zu ermitteln, ob es Bezahlungen an AfD-Politiker gegeben hat. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat zwar Vorermittlungen gegen Bystron wegen Bestechlichkeit von Amtsträgern eingeleitet. Doch ohne Belege könnten sie nicht beantragen, die Immunität des Bundestagsabgeordneten Bystron aufzuheben. So könnten sie auch kein offizielles Ermittlungsverfahren einleiten. Gegen Maximilian Krah gibt es weder Ermittlungen noch Vorermittlungen. Spärliche Informationen aus Tschechien Deutsche Behörden sollen bislang nur spärliche Informationen aus Tschechien zu dem Fall bekommen haben. Eine angebliche Audio-Aufzeichnung eines verdächtigen Gesprächs Petr Bystrons durch den tschechischen Geheimdienst, über das die tschechische Zeitung "Denik N” mit Verweis auf Informationen aus tschechischen Regierungskreise berichtet hatte, wurde bislang nicht übermittelt. Mittlerweile soll nach Informationen von WDR, NDR und SZ sogar fraglich sein, ob überhaupt eine Audiodatei eines Gesprächs zwischen Bystron und einem mutmaßlichen russischen Einflussagenten existiert. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) erhielt demnach lediglich Zusammenfassungen des Sachverhalts. Es soll sich um übliche Meldungen auf Grundlage nachrichtendienstlicher Erkenntnisse handeln, deren genauer Ursprung allerdings unklar ist. Petr Bystron bestreitet alle Vorwürfe, auch jemals Geld angenommen zu haben. Durchsuchungen in Polen Ende März durchsuchten polnische Ermittler in Warschau und der südlich gelegenen Stadt Tychy mehrere Wohnungen und befragten Verdächtige. Dabei sollen auch mehrere Beweismittel beschlagnahmt worden sein, die auf eine koordinierte Aktion zur Beeinflussung der europäischen Politik hindeuten. Ziel des russischen Spionagenetzwerks sei "die Umsetzung der außenpolitischen Interessen des Kremls", darunter die Schwächung der polnischen Position auf internationaler Bühne, die Diskreditierung der Ukraine und von EU-Institutionen, sagte ein Sprecher der polnischen Spionageabwehr ABW. Schon vor zwei Jahren waren polnische Ermittler auf der Spur einer mutmaßlichen Einflussnahme-Operation, die aus Moskau gesteuert worden sein soll. Damals gerieten auch schon Bystron und Krah in den Blick der polnischen Spionageabwehr. Im Rahmen der Rechtshilfe baten die polnischen Ermittler im Sommer 2022 die deutschen Behörden um eine Zeugenvernehmung von Krah und Bystron sowie der AfD-Bundestagsabgeordneten Steffen Kotre und Stefan Keuter. | /investigativ/ndr-wdr/afd-krah-byston-voice-of-europe-russland-100.html |
2024-04-17 | Frauenrechte werden weltweit weiter eingeschränkt | Bericht der UN | Trotz wichtiger Fortschritte steht es um die Rechte von Frauen auf der ganzen Welt weiterhin schlecht. Armut, Diskriminierung und fehlende Gleichberechtigung kosten Leben, heißt es in einem UN-Bericht. | Trotz wichtiger Fortschritte steht es um die Rechte von Frauen auf der ganzen Welt weiterhin schlecht. Armut, Diskriminierung und fehlende Gleichberechtigung kosten Leben, heißt es in einem UN-Bericht. Fast die Hälfte aller Frauen und Mädchen auf der Welt wird daran gehindert, eigenständig über ihre Sexualität und Fortpflanzung zu bestimmen. Das geht aus dem Weltbevölkerungsbericht 2024 hervor, den der UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) vorgestellt hat. Rechte von "Frauen, Mädchen und geschlechtsdiversen Menschen werden immer stärker zurückgedrängt", sagte UNFPA-Chefin Natalia Kanem. Überall seien die Ärmsten und Minderheiten am stärksten benachteiligt, insbesondere beim Thema Schwangerschaft. Laut Bericht sterben jeden Tag 800 Frauen während oder nach einer Geburt. Die Hälfte der Todesfälle im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt oder Komplikationen danach entfalle auf Länder mit humanitären Krisen oder Konflikten. Große Unterschiede bei der Sicherheit von Geburten Die Weltbevölkerungskonferenz von 1994 habe "Jahrzehnte des Fortschritts" eingeleitet. Die Müttersterblichkeit sei zwischen den Jahren 2000 und 2020 um 34 Prozent zurückgegangen. Profitiert hätten davon aber nicht alle Frauen gleichermaßen. Rassismus, Sexismus und andere Formen von Diskriminierung verhinderten größere Fortschritte. Dem Report zufolge gibt es große regionale Unterschiede bei der Sicherheit von Geburten. So sei das Risiko für Frauen in afrikanischen Ländern südlich der Sahara, an den Komplikationen einer Schwangerschaft oder Geburt zu sterben, 130-mal höher als in Europa oder Nordamerika. Zudem gebe es immer noch in allen Ländern Ungleichheiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung. Frauenrechte werden politisch ausgenutzt Gerade bei Fragen zu Fruchtbarkeitsbehandlungen und Schwangerschaftsabbrüchen würden Frauenkörper in der Politik aber oft als "Schlachtfeld" genutzt. Dem stehe entgegen, dass politische Entscheidungsgremien weiterhin zu sehr von Männern dominiert seien und Frauen zu wenig Mitspracherecht hätten. Fehlende Repräsentanz und eingeschränkte Selbstbestimmung führe auch dazu, dass jede vierte Frau nicht Nein zu Sex sagen könne, wenn ihr Partner Sex wolle, führte die UNFPA-Direktorin Kanem aus. Jede zehnte Frau könne keine eigenen Entscheidungen über Empfängnisverhütung treffen und sexuelle Gewalt sei in nahezu jedem Land der Welt ein Problem. UNFPA-Ziel: Ungeplante Schwangerschaften verhindern UNFPA verlangt Programme zur Verbesserung der Situation, die sich spezifisch an die benachteiligten Frauen richten. Investitionen von 79 Milliarden Dollar (rund 74 Milliarden Euro) in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen könnten bis 2030 rund 400 Millionen ungeplante Schwangerschaften verhindern und eine Million Leben retten. In einer früheren Version des Artikels hieß es - basierend auf einer Meldung einer Nachrichtenagentur-, die Müttersterblichkeit sei seit 1994 um 34 Prozent gesunken. Die Angaben der Nachrichtenagentur waren nicht korrekt, die Müttersterblichkeit ist zwischen den Jahren 2000 bis 2020 um 34 Prozent zurückgegangen. | /ausland/weltbevoelkerungsbericht-frauenrechte-un-100.html |
2024-04-17 | Mindestens 17 Tote nach schwerem Raketenangriff | Krieg gegen die Ukraine | Nach einem schweren Raketenangriff auf eine ukrainische Großstadt gibt es mehrere Tote. Die Rettungsarbeiten dauern an. Laut einer Analyse der BBC gibt es auf russischer Seite inzwischen mehr als 50.000 Tote. | Nach einem schweren Raketenangriff auf eine ukrainische Großstadt gibt es mehrere Tote. Die Rettungsarbeiten dauern an. Laut einer Analyse der BBC gibt es auf russischer Seite inzwischen mehr als 50.000 Tote. Ein russischer Raketenangriff auf die Großstadt Tschernihiw im Norden der Ukraine hat viele Menschen getötet. Nach Angaben von Rettungskräfte und Behörden stieg die Zahl der Toten auf 17. Zudem gebe es mehr als 60 Verletzte. Darunter seien auch mehrere Kinder. Bei dem Angriff seien drei Raketen in der Nähe des Stadtzentrums eingeschlagen, hatte der Militärgouverneur der Region, Wjatscheslaw Tschaus, kurz nach der Attacke in seinem Telegram-Kanal mitgeteilt. Er sprach von einem fürchterlichen Morgen. Tschernihiw liegt etwa 150 Kilometer nördlich von Kiew unweit der Grenze zu Russland. Suche nach sechs Vermissten Russland soll für den Beschuss das mobile Raketensystem Iskander benutzt haben. Die Reichweite des Systems liegt bei etwa 500 Kilometern. Nach offiziellen Angaben wurden ein Hotel, das Kreiskrankenhaus, das Hauptgebäude der Universität und mehrere Wohngebäude getroffen. Die Rettungskräfte suchten unter den Trümmern nach weiteren Opfern der Attacke. Die Polizei spricht von sechs Vermissten. Selenskyj fordert erneut Stärkung der Flugabwehr Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach den Hinterbliebenen der Opfer sein Beileid aus. Zugleich erneuerte er angesichts der Tragödie seine Forderung nach einer Stärkung der Flugabwehr. "Das wäre nicht passiert, wenn die Ukraine ausreichend Flugabwehr erhalten hätte und wenn die Welt entschlossen genug gewesen wäre, dem russischen Terror entgegenzutreten", schrieb der Staatschef auf Telegram. Schon in den vergangenen Tagen und Wochen hatte Selenskyj wiederholt darauf verwiesen, dass die russischen Truppen durch die schleppende Waffenhilfe des Westens im Krieg immer mehr die Oberhand gewännen. Durch fehlende Flugabwehrsysteme und -munition zerstörten die Russen inzwischen viele wichtige Objekte in der Ukraine, sagte Selenskyj. Außerdem sei das Defizit bei der Artilleriemunition kritisch, wo die Russen inzwischen das Zehnfache dessen verschössen, was die Ukrainer zur Verfügung hätten. Dunkelziffer der Toten wahrscheinlich deutlich größer Laut einer Analyse der britischen Rundfunkanstalt BBC gibt es auf russischer Seite inzwischen mehr als 50.000 Tote. Das gehe aus Zählungen der russischsprachigen BBC-Redaktion, der unabhängigen Mediengruppe Mediazona sowie Freiwilliger hervor, hieß es im Bericht vom BBC. Die tatsächliche Zahl dürfte westlichen Schätzungen zufolge jedoch mehr als doppelt so hoch sein, da viele Todesfälle nicht bestätigt werden können. Ausgewertet wurden demnach Satellitenbilder von Friedhöfen, die teils mit Bildern und Videos vom Boden verifiziert wurden, offizielle Berichte, Zeitungen und soziale Medien. "Fleischwolf"-Taktik sehr verlustreich Nicht mitgezählt worden seien die Toten unter den prorussischen Kämpfern aus den von Moskau besetzten ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk. Eine aktuelle offizielle Zahl über die Höhe der russischen Verluste gibt es dem BBC-Bericht zufolge nicht. Einer der Gründe für die hohen Verluste der russischen Invasionstruppen ist nach Einschätzung von Experten eine sogenannte "Fleischwolf"-Taktik, bei der die gegnerischen Linien mit einer großen Zahl von Angreifern überrannt werden sollen. Diese habe sich jedoch als sehr verlustreich herausgestellt und nur geringe Gebietsgewinne gebracht. Die Ukraine hat Angaben Kiews zufolge bis Februar dieses Jahres 31.000 Soldaten verloren. Die wahre Zahl dürfte nach Einschätzung von US-Geheimdiensten jedoch auch höher sein, hieß es in dem BBC-Bericht. | /ausland/europa/ukraine-tschernihiw-raketenangriff-100.html |
2024-04-17 | Diplomatischer Dauereinsatz in Nahost | Baerbock und Cameron in Israel | Bundesaußenministerin Baerbock ist nach dem iranischen Angriff auf Israel im diplomatischen Dauereinsatz: In Jerusalem warnte sie erneut vor einer "Eskalationsspirale". Die Entscheidung für einen Gegenschlag ist aber offenbar schon gefallen. Von J.-C. Kitzler | Bundesaußenministerin Baerbock ist nach dem iranischen Angriff auf Israel im diplomatischen Dauereinsatz: In Jerusalem warnte sie erneut vor einer "Eskalationsspirale". Die Entscheidung für einen Gegenschlag ist aber offenbar schon gefallen. Von Jan-Christoph Kitzler Krisendiplomatie in Nahost, mal wieder. Dieses Mal reist Annalena Baerbock, die deutsche Außenministerin, eng abgestimmt mit David Cameron, ihrem britischen Counterpart. Zusammen trafen sie Israels Staatspräsidenten Herzog. Später hatte Baerbock noch Gespräche mit Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu und Außenminister Israel Katz. Und mit Benny Gantz, der eigentlich Oppositionsführer ist - nun aber im israelischen Kriegskabinett sitzt, das über einen Vergeltungsschlag gegen Iran entscheidet. Gantz hatte zuvor davon gesprochen, dass die Bedrohung durch Iran nicht nur Israel betreffe, sondern die ganze Region. Deshalb müsse die Welt dagegen vorgehen - militärisch, mit Sanktionen, um die Aggression zu beenden. Grundsatzentscheidung offenbar gefallen Dabei ist die Grundsatzentscheidung durch das Kriegskabinett offenbar schon gefallen. Diesen Eindruck jedenfalls hat Cameron gewonnen, er sagte nun, es sei klar, dass sich Israel entscheide zu handeln. Er hoffe, dass das so wenig wie möglich zu einer Eskalation führe. Und er sprach von einem ebenso "smarten wie harten" Schlag. Dass Israel auf den iranischen Angriff reagieren wird, gilt als also sicher. Zwar gibt es weiter keine Informationen, was genau das Land plant - aber genügend Aussagen von in die Planung involvierten Personen. Beispielsweise von Herzi Halevi, dem Generalstabschef der israelischen Streitkräfte. Er sagte, es sei unmöglich, nicht auf einen solchen Angriff zu antworten, man werde das zu dem Zeitpunkt und auf die Art tun, für die Israel sich entscheide. Mögliche Sanktionen gegen Iran Die, die in den letzten Tagen versucht haben, Israel von einem harten Schlag und damit einer weiteren Eskalation abzuhalten, haben das Thema wirtschaftlicher Sanktionen ins Spiel gebracht, um den Iran zu treffen. Entsprechende Vorschläge kommen unter anderem aus den USA, aber auch vonseiten der Europäischen Union. Der EU-Gipfel verständigt sich am Abend auf eine entsprechende Ausweitung der Sanktionen gegen den Iran. Solche Sanktionen brauchen, damit sie wirksam sein können, eine breite Basis. Auch arabische und weitere Staaten, die sich an der Abwehr des iranischen Angriffs beteiligt hatten, könnten mitmachten. Und es gibt auch in Israel Fachleute, die das als eine Option sehen - zum Beispiel Udi Levi, der die Wirtschaftsabteilung des israelischen Geheimdienstes Mossad geleitet hat. "Die Koalition, die es jetzt gab, gibt uns eine seltene Chance für eine strategisch-wirtschaftliche Aktion gegen Iran. Denn das ist eine sehr wichtige Frage: Wie konnte der Iran, auch unter den bisher bestehenden Sanktionen, die Hamas, die Huthis, die Hisbollah, sein Atomprogramm und die Milizen im Irak finanzieren", so Levi. Strategische Operation gegen Irans Finanzen Jetzt kann Israel den Amerikanern und weiteren Alliierten sagen: Ihr wollt nicht, dass wir angreifen. Also lasst uns eine strategische Operation durchführen, mit der wir am Ende Irans Fähigkeiten lähmen, ihre gesamten Terroraktivitäten in der Welt zu finanzieren. Doch solange noch nicht klar ist, wie Israel auf den iranischen Angriff reagiert, läuft die Krisendiplomatie weiter auf Hochtouren. Und solange geht auch das Warten auf den israelischen Gegenschlag weiter. | /ausland/europa/baerbock-nahost-g7-102.html |
2024-04-17 | Neue Anreize für energetische Sanierung? | Vorschlag von BUND und Mieterbund | Wenn die CO2-Emissionen weiter sinken sollen, müssen viele Gebäude in Deutschland saniert werden. Bislang trugen die Kosten dafür vor allem die Mieter. BUND und Mieterbund schlagen vor, das zu ändern. Von Andre Kartschall. | Wenn die CO2-Emissionen weiter sinken sollen, müssen viele Gebäude in Deutschland saniert werden. Bislang trugen die Kosten dafür vor allem die Mieter. BUND und Mieterbund schlagen vor, das zu ändern. Von Andre Kartschall Noch ist nicht endgültig klar, ob sich die Zahlen so bestätigen werden. Aber bislang sieht es danach aus, dass Deutschlands Gebäudebestand im Jahr 2023 etwas zu viel CO2 emittiert hat: 102 Millionen Tonnen statt der gesetzlich vorgeschriebenen maximal 101 Millionen Tonnen. Die Umweltschutzorganisation BUND und der Deutsche Mieterbund (DMB) kritisieren, der Klimaschutz in Gebäuden hinke hinterher. Sie fordern eine "sofortige Kurskorrektur". Und das heißt insbesondere: mehr staatliche Förderung für die energetische Gebäudesanierung. "Die Ziellücke bis 2030 droht, immer größer zu werden. Es reicht nicht, einfach nur die Energieversorgung umzustellen", sagt Antje von Broock, Geschäftsführerin beim BUND. Sanierung ist teuer für Mieter Bislang werde erstens zu selten saniert und zweitens blieben die Kosten der Sanierungen in der Regel an den Mietern hängen. "Jeder dritte Mieterhaushalt ist von seinen Mietkosten her bereits jetzt überlastet", sagt Melanie Weber-Moritz, Bundesdirektorin des DMB. Theoretisch sollten energetische Sanierungen dauerhaft Heizkosten senken - und so die Investition wieder hereinholen. "Praktisch steigen dadurch aber vor allem die Wohnkosten", beklagt Weber-Moritz. Denn Vermieter dürfen acht Prozent der Kosten auf die Jahresmiete umlegen. Genau das sollte geändert werden, so der Vorschlag von DMB und BUND. Die von ihnen in Auftrag gegebene Studie "Sozialer Klimaschutz in Mietwohnungen" des ifeu-Instituts kommt zu dem Schluss, dass eine Absenkung der möglichen Umlage von acht auf drei Prozent sinnvoll wäre. Dafür dürften die Vermieter die Förderung komplett behalten. Zudem sollten die Fördersätze angehoben werden. Mehr Förderung für schnellere Sanierung "Der wirtschaftliche Anreiz, energetisch zu sanieren, ist bislang für Vermietende relativ klein", sagt Peter Mellwig vom ifeu-Institut. "Bislang werden die Förderungen von Vermietenden kaum abgerufen." Das heißt: Fördertöpfe werden nicht ausgeschöpft und entsprechend wenige Häuser saniert. BUND und DMB fordern zudem, dass der Staat unterschiedlich stark fördern soll. "Für einen ambitionierten Standard soll die Förderung auf 40 Prozent erhöht werden, für den geringeren Standard auf 20 Prozent", erklärt von Broock. Sie verspricht sich davon einen Sanierungsschub im Gebäudebestand, besonders im Segment der Mietshäuser, die bislang hinterher hinkten. Gerade dort sei es aber möglich, besonders viel CO2 einzusparen - im Vergleich zu Einfamilienhäusern. "Das bedeutet, wenn hier etwas erreicht wird, sind sofort viele Quadratmeter Wohnfläche betroffen", so von Broock. Kosten bislang unbekannt Da in der Zukunft eher mit steigenden Heizkosten zu rechnen sei, müsse auch im Hinblick auf die soziale Lage von Mietern dringend gehandelt werden, so der Mieterbund. "Wir haben enormen Handlungsdruck. Der Gebäudesektor hat zum vierten Mal in Folge die Klimaschutzziele nicht erreicht", sagt Bundesdirektorin Weber-Moritz. "Das Nichtstun wird sich vor allem auf einkommensschwache Mietende negativ auswirken." Einen Haken hat der Vorschlag von BUND und DMB allerdings: Er ist nicht durchgerechnet. Niemand kann also sagen, wie viel die Steuerzahler für ein Programm wie das vorgeschlagene bezahlen müssten. "Wie viel das kostet, hängt sehr stark von der Nachfrage ab. Am Ende ist es eine Frage der Priorisierung, ob ich das Geld ausgeben will", so Studienautor Mellwig vom ifeu-Institut. | /wirtschaft/energetische-sanierung-bund-mieterbund-100.html |
2024-04-17 | Länder wollen Deutschlandticket bis 2036 verlängern | Tagung der Verkehrsminister | Die Verkehrsminister der Länder wollen das Deutschlandticket langfristig bis 2036 sichern. Doch um die Zuschüsse der Länder und des Bundes zu deckeln, könnte der Abopreis regelmäßig erhöht werden. | Die Verkehrsminister der Länder wollen das Deutschlandticket langfristig bis 2036 sichern. Doch um die Zuschüsse der Länder und des Bundes zu deckeln, könnte der Abopreis regelmäßig erhöht werden. In der Debatte über die Zukunft des Deutschlandtickets will Nordrhein-Westfalen die gemeinsame Finanzierung durch Bund und Länder möglichst für die kommenden zehn Jahre aushandeln. Das Ziel sei, dass Bund und Länder den staatlichen Zuschuss zum Ticket weiter je zur Hälfte tragen - und zwar "in einem ersten Schritt für einen Zeitraum von zehn Jahren ab dem Jahr 2026 an", heißt es in der Beschlussvorlage des Vorsitzlandes für die Verkehrsministerkonferenz in Münster, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Zuvor hatte der "Tagesspiegel" berichtet. Das Deutschlandticket für 49 Euro im Monat kann seit dem 1. Mai 2023 bundesweit im Nah- und Regionalverkehr genutzt werden. Gut elf Millionen Tickets wurden zuletzt monatlich verkauft. Das Geld von Bund und Ländern wird benötigt, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsbetrieben durch den im Vergleich zu früheren Angeboten günstigeren Fahrschein auszugleichen. Laut Regionalisierungsgesetz zahlen Bund und Länder je 1,5 Milliarden Euro. Über die Verteilung der Kosten wurde in den vergangenen Monaten immer wieder hart gerungen. Die Verkehrsminister der Länder beraten bis morgen in Münster. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wurde von Staatssekretären vertreten. 350 Millionen Euro werden benötigt In dem Papier aus dem Haus von NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer wird zugleich gewarnt, die drei Milliarden Euro könnten nicht reichen, um den bisherigen Preis von 49 Euro beizubehalten. Es drohe eine erhebliche Preisdynamik mit der Folge, dass das Deutschlandticket zu "nicht nachfragegerechten Preisen" angeboten werden müsse, sagte der Grünen-Politiker. Für 2024 soll der Preis laut einer Einigung der Verkehrsminister von Januar eigentlich stabil bei 49 Euro pro Monat bleiben. Doch auch das scheint inzwischen nicht mehr ganz sicher zu sein. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter sagte vor der Verkehrsministerkonferenz, der Beschluss sei auf der Grundlage einer Zusage von Bundeskanzler Olaf Scholz geschehen, dass Restmittel aus dem Vorjahr auf dieses Jahr übertragen werden könnten. Es gehe um 350 Millionen Euro, die die Länder und die Verkehrsbetriebe dringend bräuchten. Seit November sei hier aber nichts passiert, kritisierte der CSU-Politiker. "Kommt die Übertragung der Mittel nicht, muss das Deutschlandticket noch dieses Jahr teurer werden, oder es wird sogar ganz auslaufen", sagte Bernreiter. Beides wolle er nicht, denn dies wäre ein großer Vertrauensverlust. Verbraucherzentrale: Preis muss bis 2030 stabil bleiben "Wir brauchen klare Finanzierungszusagen des Bundes für das Deutschlandticket ab 2026 und endlich eine verbindliche Übertragbarkeit der Bundesmittel aus 2023 auf das Jahr 2024, da ansonsten eine erneute Diskussion über die Preishöhe stattfinden muss", sagte Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen von der CDU. Ramona Pop von der Verbraucherzentrale Bundesverband forderte, dass der Preis bis mindestens 2030 stabil gehalten wird. Um langfristig noch mehr Menschen in Busse und Bahnen zu holen, sei eine gesicherte dauerhafte Finanzierung des Deutschlandtickets notwendig. | /inland/deutschlandticket-zuschuss-nrw-100.html |
2024-04-17 | Mit Cyber-Attacken hat Israel Erfahrung | Reaktion auf Irans Angriff | Noch ist unklar, wie Israel auf den massiven iranischen Angriff am Wochenende reagieren wird. Doch es gibt Spekulationen, dass es Cyber-Angriffe auf die Infrastruktur des Iran geben könnte. Damit hat Israel Erfahrung. Von M. Rosch. | Noch ist unklar, wie Israel auf den massiven iranischen Angriff am Wochenende reagieren wird. Doch es gibt Spekulationen, dass es Cyber-Angriffe auf die Infrastruktur des Iran geben könnte. Damit hat Israel Erfahrung. Von Markus Rosch Keine Explosionen. Kein Rauch. Keine Toten. Keine schrecklichen Bilder. Cyber-Kriegsführung läuft oft im Verborgenen. Es geht vor allem darum, kritische Infrastruktur lahmzulegen. Doch die Folgen können verheerend sein. Vor allem Israel soll in diesem Hochtechnologiebereich weltweit führend sein. Auch wenn Israel solche Angriffe nie kommentiert - es soll in der Vergangenheit auf diese Art immer wieder dem Iran geschadet haben. Verkehr lahmgelegt So mutmaßlich auch Mitte Dezember 2023. Vor den Tankstellen überall im Land bildeten sich lange Menschenschlangen. Der Grund: Die elektronischen Bezahlsysteme an den Tankstellen waren ausgefallen, die Software funktioniert nicht mehr. Selbst Barzahlung war nicht mehr möglich. Der iranische Ölminister macht den Erzfeind Israel dafür verantwortlich. Nach Informationen der israelischen Zeitung "Times of Israel" steckt hinter dem Cyber-Angriff eine israelische Hackergruppe. Sie soll bereits des Öfteren im Iran aktiv gewesen sein, unter anderem bei einem Angriff auf die iranische Ölindustrie. Computerwurm Stuxnet Den wohl größten Angriff in der Geschichte der digitalen Sabotage haben angeblich Cyberkrieger aus den USA und Israel initiiert. Mit dem Stuxnet-Virus, einem sogenannten Computerwurm, soll es gelungen sein, tausende Uran-Zentrifugen in der Atom-Anlage Natans irreparabel zu beschädigen und das Atomprogramm des Mullah-Regimes so auszubremsen. In die Anlage, die nicht mit dem Internet verbunden ist, sollen Stuxnet-Versionen per USB-Stick gelangt sein. Dann soll die interne Überwachungssoftware überlistet worden sein. Der Journalist David E. Sager der "New York Times" will das aufgedeckt haben. Unter dem Decknamen "Olympic Games", einem bis heute streng geheimen Programm, arbeiteten die USA und Israel schon seit der Regierungszeit George W. Bushs (2000-2008) an diesem Virus. Auch die legendäre israelische Spezialeinheit 8200 soll mitgearbeitet haben. Der Iran bestätigte Angriffe durch Stuxnet im September 2010. Es sollen 30.000 Computer infiziert worden sein. Dem Westen wurde "Cyber-Propaganda" vorgeworfen. "Der Spiegel" zitierte Insider, dass Stuxnet eine "blue-and-white operation" gewesen sein soll. Blau und weiß sind die Farben Israels. Das Fatale an dieser Operation: Im Sommer 2010 soll sich Stuxnet durch einen Fehler ausgehend von den iranischen Rechnern über das Internet weltweit verbreitet haben - mit großen Schäden. Immer wieder Atomanlagen im Visier Immer wieder sind iranische Atomanlagen im Visier der Cyber-Angriffe. Im Oktober 2022 berichteten Medien über einen Hacker-Angriff auf den iranischen Atomreaktor Buschehr. Die iranische Atomenergie-Organisation bestätigt die Berichte. Offenbar war der E-Mail-Verkehr des Atomkraftwerks betroffen. Die iranische Nachrichtenagentur ISNA spielt den Angriff herunter und machte "ein bestimmtes Land" dafür verantwortlich - also Israel. Über einen Nachrichtendienst erklärte aber auch eine iranische Exilgruppe namens Black Reward, dass sie verwickelt sei. Auch der Iran nutzt Cyper-Kriegsführung Doch auch der Iran ist wohl in diesem Schattenkrieg aktiv. Im März 2022 gab es die wohl größte Cyber-Attacke auf Israel seit der Staatsgründung. So zumindest zitierte die Zeitung "Haaretz" einen Sprecher des Verteidigungsministeriums. Zahlreiche israelische Websites wurden mit einer sogenannten DDoS-Attacke (Distributed Denial of Service) lahmgelegt, auch Seiten der Regierung. Eine Stunde soll der Ausfall gedauert haben. Israelische Medien beschuldigten den Iran. Stunden zuvor hatte das regimetreue staatliche Fernsehen gemeldet, dass Mossad-Agenten versucht hätten, die unterirdische Atom-Anreicherungsanlage in Fordo zu sabotieren. Nun könnte eine neue Dimension des Cyber-Kriegs zwischen dem Iran und Israel drohen. Klassische militärische Aktionen könnten immer mehr durch diesen Cyber-War ergänzt oder gar ersetzt werden. Sabotage und Spionage der gegnerischen Infrastruktur könnten zunehmen. | /ausland/asien/israel-iran-cyberangriffe-100.html |
2024-04-17 | Razzia bei AfD Niedersachsen | Verdacht auf schwarze Kasse | Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen den stellvertretenden AfD-Landeschef. Er soll Zahlungen nicht als Parteispenden abgerechnet haben. Eingezahlt haben wohl auch Bundestagsabgeordnete. Von J. Koch, M. Sarti und A. Wieschnewski. | Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen den stellvertretenden AfD-Landeschef. Er soll Zahlungen nicht als Parteispenden abgerechnet haben. Eingezahlt haben wohl auch Bundestagsabgeordnete. Von Johannes Koch, Mandy Sarti und Amelia Wieschnewski, NDR Polizei und Staatsanwaltschaft haben am Morgen die Büros der AfD-Parteizentrale in Hannover durchsucht. Kurz zuvor hatte das Parlament in Niedersachsen die Immunität des AfD-Abgeordneten Ansgar Schledde aufgehoben. Hannovers erste Staatsanwältin Kathrin Söfker bestätigte dem NDR die Ermittlungen. Es gehe um den Verstoß gegen das Parteiengesetz. "Es sollen Spenden auf einem privaten Konto vereinnahmt nicht unverzüglich an die Partei weitergeleitet worden sein." Diese Gelder sollen teilweise für Parteizwecke verwendet worden sein. AfD spricht von "Schmutzkampagne" Der niedersächsische Landesvorsitzende Frank Rinck weist die Vorwürfe schriftlich zurück. Sie "entbehren jeder Grundlage. Man könnte auch sagen: Kalter Kaffee von vorgestern". Die AfD habe der Staatsanwaltschaft vollste Zusammenarbeit und Transparenz zugesichert, sagt Rinck. Er schreibt weiter: "Ebenso legt der Zeitpunkt, wenige Tage vor dem Landesparteitag und im Vorfeld der EU-Wahl, den starken Verdacht nahe, dass es sich hier wieder einmal um eine Schmutzkampagne gegen die AfD Niedersachsen handelt." Neue Hinweise rufen Ermittlungsbehörden auf den Plan Der Fall ist nicht unbekannt: Bereits vor zwei Jahren wurde dem inzwischen stellvertretenden Landesvorsitzenden der AfD, Ansgar Schledde, vorgeworfen, eine "schwarze Kasse" zu führen. Christopher Emden, ehemaliger Landtagsabgeordneter und einstiges AfD-Mitglied, unterstellte ihm damals, Geld für aussichtsreiche Listenplätze verlangt zu haben. Schledde bestritt das vehement. Die Ermittlungen wegen Untreue wurden von der Staatsanwaltschaft Osnabrück eingestellt. Nun gibt es offenbar neue Hinweise - diese rufen die Staatsanwaltschaft Hannover auf den Plan. Denn Ein- und Ausgaben müssen zwingend weitergeleitet und offiziell gemeldet werden. Spätestens im Rechenschaftsbericht der Bundes-AfD hätten diese Gelder verzeichnet werden müssen. Staatsanwältin Söfker sagt: "Der Rechenschaftsbericht könnte deshalb falsch sein." Der Bundestag, der den Rechenschaftsbericht prüft, bestätigte auf NDR-Anfrage, den Sachverhalt zur Niedersachsen-AfD zu kennen. Zu einem laufenden Verfahren wolle man sich aber nicht äußern, sagte ein Sprecher. Bundestagsabgeordnete haben auf Konto eingezahlt Nach Informationen des NDR und der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung handelt es sich um rund 48.000 Euro, die mit klarem AfD-Bezug auf Schleddes Privatkonto eingegangen sein sollen. Auf das Konto sollen demnach unter anderem Abgeordnete Zahlungen geleistet haben, die inzwischen im Landtag oder im Bundestag sitzen. Konkret geht es offenbar um die Bundestagsabgeordneten Thomas Erhorn, Jörn König, Frank Rinck und Dirk Brandes, sowie um die Landtagsabgeordneten Klaus Wichmann, Jens Brockmann, Harm Rykena, Dennis Jahn und auch Ansgar Schledde selbst. Die Namen und Summen liegen dem NDR Niedersachsen vor. Die Zahlungen variieren zwischen mehreren Hundert und mehreren Tausend Euro. Zum Teil soll es sich um regelmäßige Überweisungen handeln. Die Verwendungszwecke sollen unter anderem die Begriffe "Kriegskasse" und "K-Kasse Mandatsträger", sowie "Aufstellungsversammlung", "eventueller Parteitag" und "Wahlkampf" enthalten. AfD dementiert Vorwürfe Die AfD-Bundes- und Landtagsabgeordneten haben geschlossen schriftlich auf eine NDR-Anfrage geantwortet. In der Stellungnahme heißt es: Richtig sei, dass auf einem privaten Konto private Zahlungen von verschiedenen Personen geleistet wurden. "Falsch ist, dass dieses Geld für Parteizwecke verwendet wurde." Das Geld sei lediglich für private politische Treffen und private Reisekosten verwendet worden. "Kein einziger Euro wurde der AfD zur Verfügung gestellt", schreiben die neun AfD-Mitglieder weiter. "Eine Aufnahme solcher Gelder in den Rechenschaftsbericht einer Partei wäre sachlich falsch und rechtlich strafbar." Dabei berufen sie sich auf das Parteienrecht. Ehemaliges AfD-Mitglied erhebt schwere Vorwürfe Das frühere AfD-Mitglied Christopher Emden sprach kürzlich erneut mit dem NDR über das in Parteikreisen als "Kriegskasse" bezeichnete Konto von Schledde: "Mir wurde damals angeboten, einen Betrag von 4.000 Euro zu zahlen, um die Unterstützung für die Aufstellung zur nächsten Landtagswahl zu bekommen." Die Kontoverbindung für die "Kriegskasse" sei die von Schledde gewesen. "Ich hätte es aber auch in bar zahlen können." Emden entschied sich dagegen und machte die "schwarze Kasse"” öffentlich. Es folgte eine Unterlassungsklage gegen ihn. Im März stellte das Landgericht Verden fest, Emdens Vorwürfe seien glaubhaft. Das bestätigte eine Sprecherin dem NDR. Das Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig. Schledde hat Rechtsmittel eingelegt. Schledde will AfD-Landesvorsitzender werden Die Razzia heute findet vier Tage vor dem AfD-Landesparteitag in Unterlüß statt. Dort will Ansgar Schledde sich zum neuen Landesvorsitzenden wählen lassen und den bisherigen Parteichef Frank Rinck ablösen. Schledde gilt als Netzwerker in der Partei, der die Zügel in der Hand hält und Ambitionen hat, Karriere in der AfD zu machen. Rinck erfuhr nach eigenen Angaben erst aus der Presse, dass Schledde für seinen Posten kandidiert. Personalie auf der Kippe? Ob angesichts der Durchsuchungen diese Personalie nun auf der Kippe steht, zieht Politikwissenschaftler an der Leuphana Universität Lüneburg, Michael Koß, in Zweifel: "Die Wählerschaft der AfD hat weniger Erwartung, dass das politische Personal den Regeln des politischen Betriebes folgt. Das Personal ist im Gegenteil sogar angetreten, um Regeln zu brechen." Trotz der Durchsuchungen heute gilt für Ansgar Schledde weiter die Unschuldsvermutung. Grüne fordern umfassende Aufklärung Die niedersächsische Grünen-Fraktionsvorsitzende Anne Kura nennt die Vorwürfe schwerwiegend: "Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, hat Schledde gezielt und systematisch gegen die Regeln unserer Demokratie verstoßen." Der Fall Schledde müsse umgehend aufgeklärt und umfassend aufgeräumt werden. "Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, ob und welche AfD-Abgeordnete Teil eines Systems möglicherweise illegaler Parteienfinanzierung sind", so Kura. Gegen keine Fraktion in der Geschichte des niedersächsischen Landtags seien in so kurzer Zeit so viele Ermittlungen geführt worden wie gegen die derzeitige AfD-Fraktion. | /inland/innenpolitik/razzia-afd-niedersachsen-100.html |
2024-04-17 | Staaten verschulden sich wieder mehr - nur Deutschland nicht | Prognose des IWF | Die Schuldenquote steigt laut Prognosen des Internationalen Währungsfonds wieder weltweit. Deutschland entwickelt sich allerdings gegen den Trend und macht weniger Schulden. Woran liegt das? | Die Schuldenquote steigt laut Prognosen des Internationalen Währungsfonds wieder weltweit. Deutschland entwickelt sich allerdings gegen den Trend und macht weniger Schulden. Woran liegt das? Die öffentliche Verschuldung auf der Welt steigt Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge wieder an. Zwei Jahre ging sie zurück, doch bis Ende des Jahrzehnts soll sie wieder deutlich nach oben gehen. Getrieben wird die Entwicklung dabei vor allem von den beiden führenden Volkswirtschaften der Welt, den USA und China, wie die Finanzorganisation in Washington mitteilte. "Eine Konsolidierung ist in den meisten Ländern nötig, um die Schuldentragfähigkeit und die Finanzstabilität zu gewährleisten." In den Haushalten müssten wieder Puffer geschaffen werden. Entwicklung in Deutschland gegen den Trend Gegen den Trend wird die Schuldenquote in Deutschland schrittweise zurückgehen und ab 2027 wieder unter 60 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen, was innerhalb der EU eigentlich als Obergrenze vorgegeben ist. Dies gelang in den vergangenen Jahren jedoch vielen Mitgliedsstaaten nicht, der EU-weite Durchschnitt lag 2022 bei 84 Prozent. Vor der Pandemie lag die Quote in Deutschland sogar schon unter 60 Prozent - doch mit Corona und dem Ukrainekrieg kamen viele schuldenfinanzierte staatliche Hilfen dazu. Die Schuldenquote sprang 2020 auf 68,7 Prozent. Seit 2022 sinkt sie wieder. Durchschnittlich lag die Verschuldung der Staaten 2023 bei 93,2 Prozent der Wirtschaftsleistung. Zum Vergleich: Weltweit war sie 2020 wegen der Corona-Pandemie sprunghaft auf 99,4 Prozent gestiegen, seit 2021 und 2022 wieder gesunken. 2023 drehte der Wind. Die Schuldenquote erhöhte sich um knapp zwei Prozentpunkte. Bis 2029 sagt der IWF wieder einen Wert von knapp 99 Prozent voraus. Ab wann sind Staatsschulden ein Problem? Ab welchem Wert die Schuldenstandsquote ein ernsthaftes Problem für ein Land darstellt, ist in der Ökonomik umstritten, sagte Martin Beznoska, Senior Economist für Finanz- und Steuerpolitik am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) im vergangenen Jahr dem ARD-faktenfinder. "Allgemein lässt sich sagen, dass, wenn die Schuldenstandsquote über mehrere Jahre hinweg abdriftet, es zu einem Problem wird." Denn dann drohe sich die Verschuldung zu verselbstständigen. "Wenn die Zinsbelastung eines Staatshaushalts immer weiter ansteigt, dann ist das Land irgendwann nur durch die Zinsen bereits im Defizit." Im schlimmsten Falle könne es dann irgendwann zu einer Staatspleite kommen, wenn die Kapitalmärkte nicht mehr daran glaubten, dass der Staat seine Schulden bedienen könne. Entscheidend ist auch, ob ein Land in der Landeswährung oder einer Fremdwährung verschuldet ist. Bei ersterem können zur Not Staatsanleihen gekauft werden, um den Kurs zu stabilisieren. Damit ist eine Staatspleite quasi ausgeschlossen. Letzteres passierte Griechenland 2010: Damals drohte der Staatsbankrott. Ökonomen fordern mehr Investitionen in Deutschland In den USA dürfte sich die Schuldenquote von gut 122 Prozent im vergangenen Jahr bis 2029 auf fast 134 Prozent erhöhen. Für China wird ein Sprung von 83,6 Prozent auf gut 110 Prozent geschätzt. Dennoch sei bei diesen Ländern die Gefahr einer Staatspleite laut Experten momentan gering. Das liegt unter anderem an der starken Wirtschaft der Länder. Deutschland dürfte 2029 nur noch bei 57,7 Prozent liegen, weswegen zahlreiche Ökonomen höhere Investitionen fordern. Die Bemühungen zur Normalisierung der Finanzpolitik seien in vielen Ländern nicht von Erfolg gekrönt, hieß es in einer Analyse des IWF. Das erschwere es den Notenbanken, ihren Kampf gegen die zu hohe Inflation abzuschließen. Die höheren Zinsen machten es vielen Staaten jetzt noch schwieriger, auf Herausforderungen wie den demografischen Wandel oder den Klimawandel zu reagieren. IWF: In Wahljahren geben Staaten oft mehr aus Nur noch die Hälfte der Länder haben 2023 laut IWF ihre Finanzpolitik restriktiver ausgelegt. 2022 waren es noch rund 70 Prozent. In diesem Jahr wird oder wurde bereits in 88 Ländern gewählt. Auf diese Staaten entfallen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung und der Wirtschaftsleistung. Die Erfahrung lehre, dass Regierungen in Wahljahren mehr ausgäben und weniger Steuern verlangten, warnte der IWF. | /ausland/iwf-verschuldung-deutschland-100.html |
2024-04-17 | Der "YouTube-Erzieher" | Indien vor der Wahl | Millionen Follower, Milliarden Video-Abrufe: Die regierungskritischen Videos von Polit-Influencer Dhruv Rathee stoßen in Indien auf große Resonanz. Für Indiens Hindunationalisten sind sie wohl ein Alptraum. Von P. Hornung. | Millionen Follower, Milliarden Video-Abrufe: Die regierungskritischen Videos von Polit-Influencer Dhruv Rathee stoßen in Indien auf große Resonanz. Für Indiens Hindunationalisten sind sie wohl ein Alptraum. Von Peter Hornung Wenn Dhruv Rathee loslegt, dann bewegt das Millionen. "Namaskar Dosto", begrüßt er seine Follower, "Hallo Freunde" heißt das auf Hindi - und davon hat der 29-Jährige sehr viele. Alleine bei YouTube folgen dem Inder weit mehr als 20 Millionen Menschen, als "großartigsten und meistgeliebten YouTuber seiner Generation" stellte ihn jüngst ein renommierter Journalist vor. Und wohl auch deshalb hat ein bestimmtes Video vor einigen Wochen so eingeschlagen. "Wird Indien zur Diktatur?", fragte der YouTuber darin provokativ. "Ganz offenbar nein", sei wahrscheinlich zunächst die Antwort seiner Follower, sagt er selbst. Denn augenscheinlich sei im Land doch alles in Ordnung: "Wir können jede politische Partei wählen, die wir wollen. Der Politiker, der die meisten Stimmen erhält, kommt an die Macht. Also gibt es in unserem Land noch Demokratie." Doch so einfach sei es nicht - und um das zu erläutern, listet Dhruv Rathee eine halbe Stunde lang detailliert auf, was dafür spreche, dass Indiens Demokratie in Gefahr sei: wie die Medien kontrolliert und Ermittlungsbehörden gegen die Opposition eingesetzt würden - und wie es insgesamt darum gehe, Kritiker von Premierminister Narendra Modi und seiner hindunationalistischen Partei BJP zum Schweigen zu bringen. Der Einfluss der Regierung auf die Medien Ihm sei vor allem wichtig, sachlich korrekt zu sein, sagte er im ARD-Interview. Und deshalb zitiere er seriöse Quellen für alles, was in seinen Videos präsentiert werde. Dahinter stehe die gründliche investigative Arbeit von vielen oft unbekannten Journalistinnen und Journalisten, die, so Rathees Eindruck, an anderer Stelle nicht ausreichend gewürdigt werde. Die wichtigsten Zeitungen seien weitgehend abhängig von Anzeigen der Regierung, und auch im Fernsehen sei wenig Kritik zu vernehmen, so der Politikwissenschaftler Vikram Visana von der Universität Leicester. "Das Medienumfeld in Indien besteht mittlerweile vollständig aus Pro-Modi-, Pro-BJP-Nachrichtenkanälen. Und die gehören im Wesentlichen den großen Konzernen, also Unternehmen, die von Premierminister Modi profitiert haben." Arbeit aus sicherer Entfernung Und deshalb ist es vor allem YouTube, wo auch unabhängige Journalisten noch ein Massenpublikum finden. In Indien nutzt fast eine halbe Milliarde Menschen die Videoplattform. Wer sieben- oder gar achtstellige Followerzahlen hat, kann sich gut über Werbung finanzieren, die zwischen den Videos läuft. Ein Journalist aber sei er gar nicht, sagt Dhruv Rathee, vielmehr eine Art "YouTube-Erzieher". Es gehe ihm und seinem Team darum, komplexe Themen in einfacher Sprache zu formulieren: zu Politik, Wissenschaft, Geschichte, auch zu Sozialem oder aktuellen Nachrichten. Rathee tut das allerdings nicht von Indien aus. Der 29-Jährige hat in Karlsruhe seinen Master gemacht, er ist mit einer Deutschen verheiratet - und spricht auch Deutsch. Und deshalb arbeitet er inzwischen auch von Europa aus - aus sicherer Entfernung sozusagen. Sorge um die Demokratie Die Regierung selbst habe zwar öffentlich noch nie etwas zu seinen Videos gesagt. Doch gerade von regierungsnahen Medien werde er massiv angefeindet. Rathee schade dem Ruf Indiens im Ausland, so der Vorwurf gerade nach dem "Diktatur"-Video. Zudem seien "von einer bestimmten Partei" sogenannte Trolle auf ihn angesetzt, die online Kampagnen gegen ihn führten. Es gehe darum, seinen Ruf zu zerstören. Tatsächlich dürften seine Videos Indiens Hindunationalisten kaum gefallen, gerade weil sie so viele Menschen im Land erreichen. Rein rechnerisch hat jeder der 500 Millionen indischen YouTube-Nutzer vier seiner Filme gesehen. Und er wäre nicht der Erste, dessen YouTube-Videos auf Betreiben der indischen Regierung gesperrt werden. Gerade weil er in seinem millionenfach gesehen Video einen düsteren Ausblick wagt. Wenn sich die Situation in Indien nach den Wahlen noch weiter verschlechtere, so Rathee am Ende seines halbstündigen "Diktatur"-Videos, dann werde es nicht lange dauern, bis das Land wie Russland oder Nordkorea sei. Es würden zwar weiterhin Wahlen abgehalten. "Aber in Wirklichkeit wird die Demokratie ihren letzten Atemzug getan haben", so Rathee. Ob er eines Tages wegen solcher Aussagen vielleicht gar nicht mehr nach Indien zurückkehren könne? Rathee gibt sich da gelassen. "Ich hoffe, dass es nie dazu kommt", sagt er lachend. "Ich bin immer noch fest davon überzeugt, dass die Menschen in Indien ihre Wahl weise treffen werden, bevor es zu spät ist." | /ausland/asien/indien-wahl-youtube-100.html |
2024-04-17 | Gaspreis steigt auf höchsten Stand seit Jahresbeginn | Lage in Nahost | Der Preis für europäisches Erdgas ist heute stark nach oben geklettert und hat den höchsten Stand seit über drei Monaten erreicht. Hintergrund ist die Sorge vor einer Eskalation im Nahen Osten. | Der Preis für europäisches Erdgas ist heute stark nach oben geklettert und hat den höchsten Stand seit über drei Monaten erreicht. Hintergrund ist die Sorge vor einer Eskalation im Nahen Osten. Wegen der politisch angespannten Lage im Nahen Osten ist der Preis für europäisches Erdgas erneut gestiegen und ist so teuer wie seit über drei Monaten nicht mehr. Der richtungweisende Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat legte am Mittwoch an der Börse in Amsterdam auf 33,95 Euro je Megawattstunde (MWh) zu. Das ist der höchste Preis seit Anfang Januar. Bereits seit mittlerweile einer Woche geht es mit dem Gaspreis deutlich nach oben. In dieser Zeit verteuerte sich Erdgas um mehr als 20 Prozent. Damit ist der Preisrückgang in den ersten Monaten des Jahres wieder ausgeglichen. Milder Winter, schwache Konjunktur und volle Speicher Als eine Ursache für den Preisanstieg gilt die Furcht der Anlegerinnen und Anleger vor einem neuen Krieg im Nahen Osten inklusive möglicher Auswirkungen auf Gaslieferungen aus der Region. Nach dem Angriff des Iran auf Israel vom Wochenende wird an den Rohstoffmärkten auf die israelische Reaktion gewartet und eine Eskalation der Lage befürchtet. Zuvor hatte unter anderem ein ungewöhnlich milder Winter sowie die schwache Konjunktur in Europa den Gaspreis belastet. Im Februar war die Notierung zeitweise bis auf 22,31 Euro gefallen und damit auf den tiefsten Stand seit vergangenen Sommer. Außerdem ist es Deutschland und anderen Staaten in der EU mittlerweile gelungen, Gas aus Russland zu ersetzen, das vor Beginn des Krieges in der Ukraine den größten Teil der Gaslieferungen ausgemacht hatte. Dazu kommt, dass die Lagerbestände für die Jahreszeit ungewöhnlich hoch sind. So beträgt der Füllstand aller europäischen Gasspeicher derzeit 62 Prozent, wie aus jüngsten Daten des europäischen Gasspeicherverbands GIE hervorgeht. Nach Angaben des Verbands liegt die durchschnittliche Füllmenge der vergangenen fünf Jahre für diesen Zeitpunkt normalerweise nur bei 43 Prozent. | /wirtschaft/energie/erdgas-europa-preis-100.html |
2024-04-17 | Eine Konferenz für den Frieden | Konfliktpolitik | Weltweit nehmen Konflikte zu und Lösungen fehlen. Viele Kriege werden vergessen, sobald ein neuer auftaucht. Wie Frieden gelingen kann, untersucht die vielfältig besetzte MOOT-Konferenz in Berlin. Von Claudia Buckenmaier. | Weltweit nehmen Konflikte zu und Lösungen fehlen. Viele Kriege werden vergessen, sobald ein neuer auftaucht. Wie Frieden gelingen kann, untersucht die vielfältig besetzte MOOT-Konferenz in Berlin. Von Claudia Buckenmaier Heute startet in Berlin eine Konferenz unter dem Titel "Reshaping Peace" - übersetzt: den Frieden neu gestalten. Das Ziel: Experten aus der ganzen Welt sollen zwei Tage lang neue Lösungsvorschläge für Friedensprozesse erarbeiten. Sie wollen über den Tellerrand klassischer Friedens- und Konfliktpolitik hinaus schauen, mit Vertretern aus privater Wirtschaft, aus der Klimapolitik oder auch den Neurowissenschaften. Andrew Gilmour, Direktor der Berghof Foundation, die die Konferenz "Berlin Moot" organisiert hat, sieht darin eine Ergänzung zur Münchner Sicherheitskonferenz: "Unsere Melodie ist etwas lauter im Bereich des Friedens, die der Münchner im Bereich der Sicherheit." Friedensprozesse auf dem Prüfstand Seit dem Zweiten Weltkrieg habe es keine Zeit gegeben, in der so viele Konflikte gleichzeitig geherrscht hätten, beschreiben die Organisatoren ihre Motivation für die Konferenz. Die Idee entstand vor zwei Jahren. "Es ist ganz klar, dass die traditionellen Wege, Frieden wieder herzustellen, nicht mehr wirklich funktionieren", sagt Gilmour. Unsere Annahmen, wie Friedensprozesse ablaufen, müssen auf den Prüfstand. Wir suchen nach Verbesserungen." Berghof Foundation vermittelt in Konflikten Die Berghof Foundation wurde 1971 gegründet und ist eine unabhängige Nichtregierungsorganisation, die sich über öffentliche Fördermittel finanziert. Ein großer Geldgeber ist das Auswärtige Amt. Aber auch andere europäische Staaten unterstützen die Arbeit, wie Norwegen oder Finnland. Gefördert werden immer einzelne Projekte, nicht die Stiftung als Ganzes. Die Organisation hat sich einen Namen als Vermittlerin zwischen Konfliktparteien gemacht. Im Jahr 2023 war die Berghof Foundation unter anderem in Afghanistan, Äthiopien, Irak, Jemen, Libanon und Somalia aktiv - allesamt Konflikte, die nun angesichts der Kriege in der Ukraine und in Gaza in den Hintergrund geraten sind. Das erfährt Andrew Gilmour immer wieder, wenn er mit Parlamentariern darüber spricht, warum die Arbeit der Stiftung wichtig ist. "Ich war dann immer bereit über fünfzehn andere Konflikte zu sprechen, aber die Menschen wollten mit mir über die Ukraine reden, weil das der Hauptkonflikt war. Heute würde es wohl Gaza sein." Vergessene Konflikte im Blick Die Gespräche mit den Abgeordneten oder auch mit Gebern in anderen Ländern sind entscheidend, wenn es um die Bewilligung neuer Gelder geht. Eine seiner Hauptargumentationslinien, so Gilmour, sei immer gewesen: "Wir helfen euch mit unserer Arbeit, denn außerhalb Europas gewinnen Länder den Eindruck, dass ihr euch von vergessenen Konflikten abwendet." Aber das sei nicht gut, argumentiert er weiter. Man sehe das daran, dass die Europäer einen großen Teil der Welt beim Ukraine-Thema verloren hätten. "Für mich ist es unglaublich traurig, dass es eine solche Kluft zwischen NATO-Mitgliedern und vielen anderen Regionen in der Welt gibt, sowohl wenn es um die Ukraine geht als auch bei Gaza." Deutsche Politik profitiert Gerade weil die Berghof Foundation als eine deutsche Organisation zeige, dass sie sich noch für Äthiopien, Somalia oder Afghanistan interessiere, sei das auch gut für die deutsche Politik. "Ich denke, die Politiker akzeptieren dieses Argument", sagt Gilmour. Friedensarbeit zu finanzieren ist immer wieder eine enorme Herausforderung - gerade in Zeiten wie diesen, wo ein strenger Sparhaushalt alle Ministerien zwingt, ihre Ausgaben zu überdenken. "Die Regierungen in der Europäischen Union finanzieren Projekte wie unsere oft von Jahr zu Jahr", so Gilmour. Aber Frieden und Versöhnung, die zukunftsfähig sind, bräuchten 20, 30, 40 Jahre, weiß der Berghof-Direktor. "Uns ist voll und ganz bewusst, dass es viel Zeit braucht, um das Bewusstsein der Menschen zu verändern, damit ein langanhaltender Frieden möglich ist." Krieg kostet mehr als Frieden Gilmour kennt die Vorhaltungen unter anderem im Internet, wo Kritiker Investitionen in Friedensprojekte für verschwendetes Geld halten. Denen hält er entgegen, dass die Summen, die für Friedensbemühungen ausgegeben werden, unglaublich klein seien - "wirklich winzig". Die von Kanzler Olaf Scholz ausgerufene Zeitenwende sei großartig, aber "könnten wir einfach ein Prozent des 100-Milliarden Euro-Programms für Frieden ausgeben. Das hätte eine enorme Wirkung. Eine Milliarde Euro für Friedensprozesse im Jemen, Äthiopien, Afghanistan, sogar Palästina, das könnte die Wende bringen, wäre ein 'game changer'." Mediation gegen Ängste von Konfliktparteien Charlotte Hamm hat vier Jahre lang im Afghanistan-Team der Berghof Foundation gearbeitet. Sie erklärt, was Mediatoren machen. "Es geht darum herauszufinden, was die Konfliktparteien bewegt, was sie motiviert, was ihre Ängste sind und welche Gemeinsamkeiten man herausarbeiten kann, um dann darauf aufzubauen." Man müsse geduldig sein, denn es seien lange und zähe Prozesse. "Als Mediatorin muss man offen sein, allen zuzuhören und mit allen zu reden. Auch wenn es teilweise Menschen sind, die Kriegsverbrechen begangen haben." In Äthiopien und im Jemen zum Beispiel waren Mediationen der Berghof Foundation erfolgreich. Auch in Bezug auf Afghanistan gab es anfangs positive Signale. Der erste innerafghanische Dialog zwischen der Regierung und den Taliban in Doha wurde von Deutschland und Katar organisiert; die Berghof Foundation hat ihn unterstützt. Als Vertreter der afghanischen Regierung und der Taliban das erste Mal aufeinandertrafen, durften nur die Mitarbeiter der Berghof Fopundation im Raum bleiben. Alle anderen internationalen Akteure mussten raus. Allein schon, dass beide Seiten miteinander ins Gespräch kamen, war damals ein Erfolg, auch wenn es nicht dabei blieb. Neurowissenschaft gegen Entmenschlichung Bei der Konferenz in Berlin sollen nun Akteure zu Wort kommen, die bisher in Friedensprozessen nicht beteiligt waren. Die Privatwirtschaft zum Beispiel - oder Neurowissenschaftler. Auf die Frage, was die Wissenschaft bei Friedensverhandlungen beitragen kann, erläutert Charlotte Hamm, dass Neurowissenschaftler sich intensiv mit der Entmenschlichung des Feindes beschäftigen, etwas, das im Krieg geschehe. "Während Friedensverhandlungen treffen Feinde, die sich entmenschlicht haben, oft das erste Mal aufeinander", so Hamm. Sie säßen am Verhandlungstisch, äßen zusammen Mittag und wohnten teilweise sogar im gleichen Hotel. "Durch die gemeinsame Zeit und all die kleinen Interaktionen beginnt ein Prozess der Wiedervermenschlichung", sagt Hamm. Was sich abstrakt anhört, ist laut Wissenschaft im Gehirn nachweisbar. Versammlung mit konkreten Empfehlungen "MOOT", der Name der Konferenz, ist übrigens ein altes englisches Wort, das eigentlich eine Gemeindeversammlung bezeichnet, in der früher lokale Angelegenheiten diskutiert und dann auch entschieden wurden. Das ist den Organisatoren der Konferenz wichtig: nicht nur reden, sondern Konkretes empfehlen. Von 2026 an hofft Andrew Gilmour, die MOOT-Konferenz jährlich zu organisieren. | /inland/innenpolitik/friedenskonferenz-friedenspolitik-konflikte-berghof-100.html |
2024-04-17 | Baerbock warnt vor "Eskalationsspirale" | Vor G7-Treffen auf Capri | Bundesaußenministerin Baerbock ist nach dem iranischen Angriff auf Israel im diplomatischen Dauereinsatz: Nach Gesprächen in Jerusalem und vor der Weiterreise zum G7-Treffen auf Capri warnte sie erneut vor einer "Eskalationsspirale" im Nahen Osten. | Bundesaußenministerin Baerbock ist nach dem iranischen Angriff auf Israel im diplomatischen Dauereinsatz: Nach Gesprächen in Jerusalem und vor der Weiterreise zum G7-Treffen auf Capri warnte sie erneut vor einer "Eskalationsspirale" im Nahen Osten. Außenministerin Annalena Baerbock hat den Iran und Israel angesichts des drohenden Flächenbrands im Nahen und Mittleren Osten zu "maximaler Zurückhaltung" aufgerufen. Mit einer Eskalationsspirale wäre niemandem gedient, warnte die Grünen-Politikerin vor einem Treffen der Gruppe sieben großer Industrienationen (G7) auf der italienischen Insel Capri. Dies gelte sowohl für die Sicherheit Israels, die vielen Dutzend Geiseln in den Händen der Hamas, die Bevölkerung Gazas, die Menschen im Iran und auch für andere Staaten der Region. Das Treffen der G7-Außenminister dauert bis Freitag. Italien hat in der Gruppe in diesem Jahr den Vorsitz. Dabei sind auch die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich und Japan sowie die EU. Zudem werden NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf Capri erwartet. Denn der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist neben dem Nahost-Konflikt das zweite bestimmende Thema des Treffens. "Brandgefährliche Lage in Nahost" Mit Blick auf den iranischen Angriff auf Israel sagte Baerbock, man wolle verhindern, dass aus der brandgefährlichen Lage in Nahost ein regionaler Flächenbrand werde. "Als G7 sprechen wir mit einer Stimme: Alle Akteure in der Region sind zu maximaler Zurückhaltung aufgefordert", so Baerbock. Stärkere Flugabwehr für Ukraine gefordert Zugleich sprach sie sich für mehr Hilfe für die Ukraine bei der Flugabwehr aus. "Eine stärkere Luftabwehr ist eine Frage des Überlebens für Tausende Menschen in der Ukraine und der beste Schutz für unsere eigene Sicherheit." Dazu müssten die Partner weltweit bei der Abwehr des russischen Terrors aus der Luft nachlegen. Großeinsatz zum Schutz der Minister Zum Schutz der Minister sind auf Capri mehr als 1.300 Polizisten und sonstige Sicherheitskräfte im Einsatz, die meisten davon vom italienischen Festland. Die Insel im Golf von Neapel zählt weniger als 15.000 Einwohner. Zur Hauptsaison kommen aber Tag für Tag ähnlich viel oder noch mehr Touristen. | /ausland/europa/baerbock-nahost-g7-100.html |
2024-04-17 | Immer noch Feuer in historischer Börse | Kopenhagen | Am Dienstag war in der historischen Börse in Kopenhagen ein Feuer ausgebrochen. Obwohl es unter Kontrolle ist, ist die Feuerwehr weiterhin im Löscheinsatz. Außerdem muss sie die Außenwände des Gebäudes stabilisieren. | Am Dienstag war in der historischen Börse in Kopenhagen ein Feuer ausgebrochen. Obwohl es unter Kontrolle ist, ist die Feuerwehr weiterhin im Löscheinsatz. Außerdem muss sie die Außenwände des Gebäudes stabilisieren. In der historischen Börse in Kopenhagen gehen die Löscharbeiten weiter. Die Feuerwehr war die gesamte Nacht im Einsatz. "Heute Morgen sind wir noch dabei, das Feuer in dem ausgebrannten Teil zu löschen, von dem nur noch die Außenwände stehen", teilte die Feuerwehr am Morgen auf X (vormals Twitter) mit. Die Einsatzkräfte gehen davon aus, dass die Löscharbeiten noch mindestens einen Tag dauern werden. Außenwände müssen stabilisiert werden Es wird daran gearbeitet, die Außenwände des Gebäudes zu stabilisieren. Damit sie nicht umstürzen, werden Container an die Außenseite der Mauern gestellt. Außerdem sind Mannschaften der Feuerwehr in dem Teil der Börse, der noch intakt ist, im Einsatz. "In dem Teil, den wir vor den Flammen retten konnten, sorgen Mannschaften weiter dafür, dass das Feuer nicht wieder aufflammt", erklärte die Feuerwehr. Seit Dienstagnachmittag ist das Feuer unter Kontrolle. Hälfte des Gebäudes zerstört Das Feuer war am Dienstagmorgen unter dem Kupferdach des roten Backsteingebäudes ausgebrochen und hatte sich dann vom Dach nach unten ausgebreitet. Stundenlang schlugen riesige Flammen in den Himmel und dichter schwarzer Rauch stieg auf. Als die Einsatzkräfte das Feuer unter Kontrolle gebracht hatten, waren etwa die Hälfte des einzigartigen Gebäudes und wichtige tragende Strukturen bereits zerstört. Auch der Turm des Gebäudes brannte ab und stürzte ein. Dabei wurde die Spitze aber nicht beschädigt. Die sogenannte Drachenspitze wurde der Dänischen Handelskammer zurückgeben. Brian Mikkelsen, Chef der Handelskammer, nannte das ein "kleines Licht in der Dunkelheit". Der Handelskammer gehört die historische Börse. Ursache für Feuer noch unklar Die Ursache für das Feuer ist noch unklar. Die Polizei will die Ermittlungen aufnehmen, sobald das Gebäude gesichert ist. Bis die Ursache gefunden ist, könne es aber lange dauern, sagte Brian Belling von der Kopenhagener Polizei. Das knapp 400 Jahre alte Gebäude war eingerüstet, um es zu restaurieren. Dabei sollte eine unsachgemäße Renovierung des Gebäudes im 19. Jahrhundert korrigiert werden, um der Fassade ihr ursprüngliches Aussehen wiederzugeben. Als Börse im eigentlichen Sinne wird das Gebäude schon lange nicht mehr genutzt. | /ausland/europa/daenemark-kopenhagen-brand-boerse-100.html |
2024-04-17 | Russland umschmeichelt Afrikas Putschisten | Söldner im Sahel | Russland baut seinen Einfluss in Afrika beständig aus. Seit der Umbenennung der Wagner-Truppe in "Afrikakorps" hat ihre Bedeutung dort sogar zugenommen. Vor wenigen Tagen sind etwa 100 Soldaten im Sahel-Staat Niger eingetroffen. Von Kai Küstner. | Russland baut seinen Einfluss in Afrika beständig aus. Seit der Umbenennung der Wagner-Truppe in "Afrikakorps" hat ihre Bedeutung dort sogar zugenommen. Vor wenigen Tagen sind etwa 100 Soldaten im Sahel-Staat Niger eingetroffen. Von Kai Küstner, zzt. Rabat Deutlicher hätte die Botschaft kaum ausfallen können: "Nieder mit dem US-Imperialismus", riefen die Demonstrierenden, die am vergangenen Wochenende durch die Straßen von Nigers Hauptstadt Niamey zogen. Die unmissverständliche Forderung der Unterstützer des nigrischen Militärregimes: Die Amerikaner sollten ihre noch etwa 1.000 Soldaten aus dem Land abziehen und ihre im Antiterrorkampf strategisch wichtige Drohnenbasis schließen. Welch ein Kontrast zu dem Wohlwollen, mit dem nur zwei Tage davor die Ankunft der ersten russischen Soldaten in Niger bedacht wurde. Das unter Kontrolle der Regierung stehende Staatsfernsehen zeigte eine Iljuschin-76-Transportmaschine auf dem nächtlichen Rollfeld in Niamey beim Entladen von Material. Und zwei weiße Männer mit Mützen und Uniform, die ihre Tarnfleck-Halstücher in Cowboy-Manier über die Münder gezogen hatten: "Wir sind hier, um die nigrische Armee auszubilden", erklärt einer der Männer. Es gehe darum, die militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und dem Niger weiterzuentwickeln. "War nur eine Frage der Zeit" Da war er also, der für alle Welt sicht- und hörbare Beweis, dass Moskau nach Mali und Burkina Faso nun also auch im dritten von Putschisten regierten Sahel-Staat seinen Fuß- beziehungsweise Militärstiefel-Abdruck hinterlassen würde. In Niger harren derzeit auch noch rund 100 Bundeswehr-Soldaten an einem Lufttransport-Stützpunkt aus, über dessen Zukunft noch nicht endgültig entschieden ist. Dass Russland seinen Einfluss auch auf Niger ausweiten würde, war aus Sicht des Analysten Nicodemus Minde vom Institute for Security Studies nur eine Frage der Zeit: "Wenn Sie sich neueste Studien zu russischen Desinformations-Kampagnen ansehen, dann zeigen die Recherchen, wie sehr Russland bereits den Militärcoup beeinflusst hatte." Ende Juli 2023 hatte sich die Präsidentengarde in Niger an die Macht geputscht, womit Deutschland, Frankreich und Europa quasi über Nacht einen ihrer vermeintlich verlässlichsten Partner im Sahel verloren. Russland umschmeichelt autoritär geführte Staaten Eine ganze Region verschränkt die Arme vor dem Westen - und öffnet sie für Russland. Was Moskau davon hat, das sich seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine aus internationaler Isolation befreien will, liegt auf der Hand: "Es spielt sich zwischen den großen Mächten eine Art Wettkampf ab, der global, aber auch hier auf dem Kontinent ausgetragen wird - zwischen Russland, Frankreich, den USA, der Europäischen Union und China", erklärt Minde. Es ist ein Machtkampf, der ideologisch wie wirtschaftlich stattfindet. In Zentralafrika ist Moskau schon sehr lange aktiv, in Libyen ebenfalls. Aus Mindes Sicht sucht Russland mithilfe einer aggressiven Charmeoffensive sich in Afrika auszudehnen. Dabei umschmeichelt es zuletzt vor allem autoritär geführte Staaten. Da sich die Putsch-Regierungen in Mali, Burkina Faso und Niger im Rekordtempo von ihren europäischen Partnern entfremdeten, sah der Kreml offensichtlich die Chance gekommen, auch in diese Lücke zu stoßen und gleichzeitig den Europäern eins auszuwischen. Aber, gibt Ulf Laessing zu bedenken, der die Konrad-Adenauer-Stiftung im malischen Bamako leitet: "Die Russen machen nichts umsonst. Anders als wir mit der Entwicklungshilfe." Im Kern ist es ein Tauschgeschäft, das die russischen Söldner den Putschisten anbieten: Wir helfen Euch im Kampf gegen die Terrormilizen. Vor allem aber: Wir sorgen dafür, dass Ihr an der Macht bleibt. Im Gegenzug entlohnt Ihr uns mit Geld und Bodenschätzen. Erst kürzlich kursierten Fotos von russischen Söldnern, die sich eine Goldmine im Norden Malis, in Gao, sicherten - genau da, wo bis Mitte Dezember noch die Bundeswehr stationiert war. Enttäuschung über Westen und UN Nun stellt sich für den Westen rückblickend die unangenehme Frage, ob er nicht in gewisser Weise als Türöffner für russische Kräfte fungierte: "Es gibt eine große Debatte darüber, wer eigentlich wen im Stich gelassen hat", sagt Vincent Foucher von der Denkfabrik Crisis Group. Auch wenn sie für einen gewissen Grad an Stabilität sorgten - die Bundeswehr und die UN-Blauhelme haben es nicht vermocht, in Mali die Ausbreitung der Terroristen von Al-Kaida und des IS zu verhindern. Auch beklagte sich die malische Armee wiederholt, sie erhalte weder die benötigten Waffen noch würden die UN-Truppen Seite an Seite mit ihnen in den Kampf gegen Terroristen ziehen. Das sah der Blauhelm-Auftrag auch gar nicht vor - die russischen Söldner tun aber genau das. Mit fatalen Folgen und ohne Rücksicht auf Zivilisten: Organisationen wie Human Rights Watch werfen den Söldnern massive Menschenrechtsverletzungen und sogar systematische Tötungen in Mali vor. Zahlt sich die Präsenz für Russland aus? Bei all dem scheint die Umbenennung der ehemals als "Wagner"-Truppe bekannten Söldner in "Afrikakorps" nach dem Tod ihres Chefs Jewgeni Prigoschin den russischen Aktivitäten in Afrika keinerlei Abbruch getan zu haben. Im Gegenteil - die Ausweitung nach Niger mit zunächst etwa 100 Mann ist dafür der beste Beweis. Dass die Ex-Wagner-Soldaten nun direkt und ganz offiziell dem Verteidigungsministerium in Moskau unterstehen, ist aus Sicht der Sahel-Staaten eher von Vorteil, meint Ulf Laessing: "Mali wollte nie etwas mit Söldnern zu tun haben. Das gleiche gilt in Burkina Faso: Die Regierung hat sich erst dazu entschlossen, mit dem neuen 'Afrikakorps' zusammen zu arbeiten, als es offiziell Teil des russischen Staates wurde." Ein gewisses Risiko birgt das für Moskau allerdings auch: Bei neuen Menschenrechtsverstößen wird es nicht mehr so leicht wie früher vorgeben können, mit den Soldaten vor Ort offiziell nichts zu tun zu haben. Eine ganz andere Frage ist, ob sich die neue Freundschaft für die Putschregierungen langfristig auszahlt: Das Terrorismus-Problem in den Griff zu bekommen, ist eine Sisyphos-Arbeit, die etwa 1.000 russische Söldner in Mali kaum werden bewältigen können. Und auch in Niger war die Zahl der Anschläge zuletzt stark gestiegen. Es gibt also keine Garantie, dass sich Menschen und Regierungen im Sahel nicht irgendwann auch von Moskau entfremden. Vorerst allerdings vergrößert sich der russische Fußabdruck im selben Maße, wie der europäische schwindet. | /ausland/afrika/sahel-soeldner-russland-100.html |
2024-04-17 | Deutsche Verlage immer mehr im Visier von Hackern | Neue Studie zu Cybersicherheit | Die deutsche Medienbranche investiert viel Geld in die Sicherheit ihrer IT-Systeme. Aus gutem Grund: Laut einer neuen Untersuchung ist zuletzt die Hälfte der befragten Verlage Opfer von Attacken im Internet geworden. | Die deutsche Medienbranche investiert viel Geld in die Sicherheit ihrer IT-Systeme. Aus gutem Grund: Laut einer neuen Untersuchung ist zuletzt die Hälfte der befragten Verlage Opfer von Attacken im Internet geworden. Medienhäuser in Deutschland werden immer häufiger Opfer von Kriminellen im Internet und reagieren mit verstärkten Sicherheitsvorkehrungen. Jeder zweite befragte Verlag sei in den vergangenen zwölf Monaten Ziel von mindestens einem Cyberangriff geworden, geht aus einer Studie des Medienverbands der freien Presse (MVFP), der Beratungsgesellschaft KPMG und dem Institut für Digitales Management und Neue Medien der Universität München hervor. Insgesamt sind 118 deutsche Verlage befragt worden. Bei der Befragung gaben rund 75 Prozent der Unternehmen an, das Thema Cybersicherheit habe eine sehr hohe Priorität. Und das kostet Geld: Bei 45 Prozent der Medienhäuser liegen die Investitionen in IT-Sicherheit bei rund einem Prozent des Jahresumsatzes, heißt es. Doch trotz aller Anstrengungen werden die Angriffe mehr: Bei fast 40 Prozent der Angegriffenen war mindestens eine Attacke erfolgreich. "Die Auswirkungen der Angriffe sind schwerwiegend", warnte Institutsdirektor Thomas Hess von der Uni München. Geschäfte werden durch Angriffe eingeschränkt Trotz Vorkehrungen wie Datensicherung, Zugangskontrollen und Schulungen der Belegschaft komme es besonders häufig zu Fällen von Phishing (42 Prozent), dem Einsatz von Ransomware (38 Prozent) oder Datenlecks (31 Prozent). Phishing ist das verdeckte Entlocken von Zugangsdaten oder anderen geschützen Informationen. Die Hälfte derjenigen, die Opfer von Cyberkriminellen wurden, berichtete von einer spürbaren Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit. Bei fast einem Viertel kam es zu Datenverlust und finanziellen Einbußen, zwölf Prozent erlitten nach eigenen Angaben einen Imageschaden durch das Bekanntwerden eines Angriffs. Fast alle Medienhäuser müssen sich mit dem Thema auseinandersetzen: Als Reaktion auf Cyberangriffe haben 81 Prozent der befragten Verlage ihre Sicherheitsmaßnahmen überprüft und Schutzmechanismen verstärkt, die deutliche Mehrheit rechnet zudem mit einer Zunahme der Gefahren in den nächsten zwei bis drei Jahren. Social-Media-Beitrag auf X von MVFP: "#Verlage verstärken ihre Anstrengungen im Kampf gegen #Cyber-#Kriminalität – neue Verlagsstudie verdeutlicht die aktuelle Bedrohungslage und unterstreicht die wachsende Sensibilität für #Cybersicherheit.https://t.co/5TJIn4y6Em#MVFP #cybersecurity pic.twitter.com/KvZxR13qCN" Darum sind Verlage attraktive Ziele "Verlagshäuser sind ein besonders attraktives Ziel für Cyberkriminalität", erklärte der MVFP. Sie verfügten über einen großen Bestand an umfangreichen Nutzerdaten und das Erpressungspotenzial beim Diebstahl von Identitätsdaten aus Bereichen wie Politik und Prominenz sei hoch. Ferner eigne sich die Glaubwürdigkeit von Medienmarken für den Missbrauch zur Verbreitung von Fake News und politischer Propaganda. | /inland/verlage-cyberangriffe-schutzmassnahmen-100.html |
2024-04-17 | Großbritannien will Zigaretten verbieten | Gesetz nimmt wichtige Hürde | Wer heute unter 16 ist, soll nie legal Zigaretten kaufen dürfen: Das Mindestalter für Tabak soll in Großbritannien künftig jedes Jahr steigen. Vor allem die Regierungspartei diskutiert das sehr kontrovers. Von Gabi Biesinger. | Wer heute unter 16 ist, soll nie legal Zigaretten kaufen dürfen: Das Mindestalter für Tabak soll in Großbritannien künftig jedes Jahr steigen. Vor allem die Regierungspartei diskutiert das sehr kontrovers. Von Gabi Biesinger Der britische Premierminister Winston Churchill zeigte sich gerne lässig mit Zigarre. Und für Churchills selbsternannten Enkel im Geiste, Ex-Premierminister Boris Johnson, ist es deshalb totaler Wahnsinn, dass ausgerechnet Churchills konservative Partei Zigarren verbieten will. Doch das britische Unterhaus hat mit großer Mehrheit in zweiter Lesung für ein Gesetz gestimmt, das künftigen Generationen den Kauf von Tabakprodukten verbieten will. Das Gesetz muss noch mehrere parlamentarische Hürden nehmen, aber eine Verabschiedung scheint wahrscheinlich. Wer heute 15 oder jünger ist, soll nie legal Zigaretten kaufen dürfen Nur noch zwölf Prozent der Briten greifen regelmäßig zur Zigarette. Hohe Preise und Rauchverbote in Innenräumen haben den Tabakkonsum immer weiter sinken lassen. Trotzdem gelten die Folgen des Rauchens in Großbritannien als Todesursache Nummer eins und sollen den britischen Gesundheitsdienst und die Wirtschaft jährlich mehr als 20 Milliarden Euro kosten. Das Mindestalter für den Kauf von Zigaretten liegt bei 18 Jahren, trotzdem qualmen geschätzt 100.000 jüngere Jugendliche regelmäßig. Die konservative Regierung will Zigaretten nun quasi "ausschleichen": Das Gesetz sieht vor, das Mindestalter für den Kauf von Tabak jedes Jahr um ein Jahr zu erhöhen. Wer heute 15 Jahre oder jünger ist, soll nie legal Zigaretten kaufen dürfen. Der Weg in die Abhängigkeit soll unterbunden werden, erklärte Gesundheitsministerin Victoria Atkins in der Parlamentsdebatte: "Sucht ist keine Freiheit. Nikotin-Abhängigkeit bietet den Betroffenen keine Wahl", sagte sie. Die meisten würden in jungen Jahren anfangen zu rauchen. Und drei Viertel würden rückblickend sagen, sie wünschten, sie hätten nie damit begonnen. Liz Truss nennt Gesetz "un-konservativ" Die Labour-Opposition unterstützt das Gesetz. Für die Abstimmung wurde der Fraktionszwang aufgehoben. Und so waren es bei der Debatte im Unterhaus vor allem Kritiker von Premierminister Rishi Sunak aus den eigenen Reihen, die gegen sein Gesetz wetterten. Kurzzeit-Premierministerin Liz Truss nannte es "un-konservativ": "Das Establishment, das sich heute in diesem Parlament in einem parteiübergreifenden Konsens vereint hat, glaubt, bessere Entscheidungen für die Menschen zu treffen, als die Menschen selbst es können." Kritiker vor allem aus den eigenen Reihen der Regierungspartei Am Ende stimmte rund die Hälfte der konservativen Abgeordneten gegen das Gesetz ihres Premierministers, oder enthielt sich. Neben der Gefahr des "Nanny-Staats", der den Menschen immer mehr vorschreiben will, wurde auch davor gewarnt, dass ein Schwarzmarkt entstehe und die Verbote von den Behörden gar nicht durchgesetzt werden könnten. Menschen sollten stattdessen durch Aufklärung und höhere Preise vom Rauchen abgebracht werden. Der Gesetzentwurf sieht auch vor, E-Zigaretten unattraktiver für Jugendliche zu machen. Man wollte zwar sicherstellen, dass Vaping weiterhin für Menschen verfügbar sei, die mit echten Zigaretten aufhören wollen, weil diese viel gefährlicher seien, sagte der Chefmediziner der Regierung, Chris Whitty, in der BBC. "Aber süße Geschmacksrichtungen oder knallige Verpackungen für Vapes sollen eingeschränkt werden, um sie weniger attraktiv zu machen für Kinder." In einem anderen Gesetz sollen Einweg-E-Zigaretten grundsätzlich verboten werden. Umfragen zeigen, dass 60 Prozent der Briten die Anti-Raucher-Maßnahmen unterstützen. Aber junge Leute auf der Straße sind skeptisch, ob etwa neutrale Verpackungen etwas bringen. "Vapen ist bei jungen Leuten gerade total in. Jeder macht das", sagen sie - und fragen: "Ist Rauchen für Jugendliche nicht jetzt schon verboten - und es wird trotzdem gequalmt?" | /ausland/europa/grossbritannien-rauchverbot-kauf-tabak-100.html |
2024-04-17 | Wie soll die Kirche mit Ehrenamtlichen umgehen? | Katholische Bischöfe und AfD | Für die katholischen Bischöfe ist klar: Völkisch-nationalistisches Gedankengut passt nicht zu ihrer Kirche. Im Saarland hat eine Gemeinde heute einen AfD-Politiker vom Kirchenamt ausgeschlossen. Von K. Becker und O. Künzel. | Für die katholischen Bischöfe ist klar: Völkisch-nationalistisches Gedankengut passt nicht zu ihrer Kirche. Im Saarland hat eine Gemeinde heute einen AfD-Politiker vom Kirchenamt ausgeschlossen. Von Kristin Becker und Owusu Künzel, SWR Christoph Schaufert ist raus - der Trierer Generalvikar Ulrich von Plettenberg hat den AfD-Politiker aus dem Verwaltungsrat der Kirchengemeinde St. Marien Neunkirchen im Saarland entlassen. So hat es heute das zuständige Bistum Trier verkündet. Demnach sei die Mitgliedschaft in einem kirchlichen Gremium "nicht vereinbar mit einer die Partei 'Alternative für Deutschland' (AfD) repräsentierenden Funktion". Schaufert sitzt für die AfD im saarländischen Landtag und ist dort auch stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Den Ausschluss hatte die Pfarrei beantragt, der Generalvikar hatte nach eigenen Angaben ausführlich geprüft, "sowohl formal und juristisch wie auch inhaltlich", mit Experten und Expertinnen in und außerhalb der Diözese beraten und auch mit Schaufert selbst gesprochen. Deutliches Urteil im Fall Schaufert Inhaltlich sei vor allem die Erklärung der deutschen Bischöfe "Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar" vom Februar 2024 maßgeblich gewesen. Die Gemeinde hatte um den Ausschluss gebeten, weil es sich bei Schaufert "um einen hohen Funktions- und Mandatsträger" der AfD handele und er sich von extremistischen AfD-Positionen nicht öffentlich distanziere und dadurch der Ruf der Gemeinde Schaden erleide. Das Urteil des Bistums fällt deutlich aus: Wer eine Partei vertritt, die Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Sprache, Religion oder Kultur diffamiere, beleidige, beschimpfe oder ihnen das Recht auf ein faires Asylverfahren verweigere und dadurch deren Menschenwürde angreife, sei im kirchlichen Dienst oder in einem Ehrenamt nicht mehr tragbar. Fall in Baden-Württemberg Der Umgang mit Ehrenamtlichen aus dem Umfeld der AfD ist ein schwieriges Terrain. Auch die Entscheidung von Gerd Möller, katholischer Pfarrer im baden-württembergischen Weil am Rhein, hat kürzlich Schlagzeilen gemacht. Es geht um eine ehrenamtliche Helferin, Edith Tucci, die ab und an in örtlichen katholischen Kindergärten zum Puppenspiel vorbeikam. Der Pfarrer und die Kitaleitung wollen das nun nicht mehr. Der Grund: Tucci kandidiert für den Gemeinderat, und zwar auf der Wahlliste der AfD. Christliches Menschenbild als Orientierung Möller hält das für nicht vereinbar mit den Werten der katholischen Kirche - das christliche Menschenbild und das Bekenntnis zur Menschenwürde seien für ihn das "Leitbild". Die AfD mit ihren "völkisch-nationalistischen Tendenzen" und einem "ausgrenzenden Menschenbild" stünde dagegen. Auch Möller orientiert sich dabei an der Erklärung der deutschen Bischöfe. Kerngeschäft Seelsorge und nicht Politik Edith Tucci zeigt sich sehr enttäuscht über den Ausschluss von der ehrenamtlichen Mitarbeit, "weil ich in dem einen Kindergarten über 20 Jahre gearbeitet habe, die Kolleginnen sehr gut kenne und mir etwas mehr Rückgrat erwartet hätte". Das sagt die Rentnerin in einem Interview mit dem SWR kurz vor Ostern. Sauer ist sie aber vor allem auf Pfarrer Möller. Für sie seien das "Kerngeschäft" der Kirchen die Seelsorge und das Verkünden des Evangeliums: "Ich finde es schwierig, wenn eine Kirche sich in politische Geschichten einmischt." Evangelium in Gefahr? Möller sieht das anders: "Wenn man sich positioniert, wird man angreifbar. Aber es wäre falsch, sich nicht zu positionieren, wenn das Evangelium in Gefahr ist." Die Bestrebungen von Parteien wie der AfD sieht der Geistliche als eine solche Gefahr. Teile der Partei werden vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. Wenn jemand öffentlich für eine solche Partei antrete, passe das nicht zu seiner Kirche, findet der Pfarrer. Deshalb sei die Zusammenarbeit mit Tucci "ausgesetzt". AfD-Kandidatur auch ohne Mitgliedschaft ein Problem Edith Tucci ist nicht Mitglied der AfD. Aber ihre Kandidatur für die Wahlliste der AfD ist "ein klares Bekenntnis zu den Werten und Anliegen" der Partei, findet Pfarrer Möller. Sie stehe Parteien grundsätzlich skeptisch gegenüber, lässt Tucci wissen, aber die "traditionelle Familie" sei ihr sehr wichtig, da fühle sie sich von der AfD am Besten verstanden. Die Klima- und Verkehrspolitik der Regierung empfindet sie als "gängelnd" wie auch die Coronamaßnahmen der vergangenen Jahre. Vor allem aber geht es ihr um das Thema Zuwanderung. Sie habe viele Jahre Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund gemacht, betont die ehemalige Erzieherin, aber es sei "ein Problem, wenn ein Land immer mehr überfremdet. Dann ist eine Integration, eine Assimilation überhaupt nicht mehr möglich - und wir sind ja in Deutschland schon an dem Punkt." Auschluss vom Ehrenamt schwierig Beim österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner sieht sie "vernünftige Ansätze", die Recherchen von Correctiv zum Treffen in Potsdam, bei dem Pläne zur massenhaften Ausweisung besprochen worden sein sollen, bezeichnet sie als "Riesenspektakel und Farce". Mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk will sie inzwischen nicht mehr reden. Menschen vom Ehrenamt in der Kirche auszuschließen, ist ein schwieriger Vorgang, sagt Thomas Schüller. Vieles sei dabei - anders als etwa beim Umgang mit hauptamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen - bislang nicht geregelt, erläutert der Kirchenrechtler von der Universität Münster. Rechtsgrundlage von Bischöfen gefordert Die Erklärung der Bischofskonferenz sei erst einmal nur eine politische Positionierung gewesen. Wichtig sei das gewesen, aber es müssten nun auch klare Ansagen folgen, wie die Gemeinden damit umgehen sollen. Schüller sieht die Bischöfe in der Pflicht, entsprechende Regeln aufzustellen, statt solche Entscheidungen auf die einzelnen Pfarreien abzuwälzen. Aktuell fehle in den meisten Diözesen eine "saubere Rechtsgrundlage". Lediglich die Bistümer Würzburg und Berlin hätten in ihren Satzungen Regelungen dazu. Der Kirchenrechtler hält dabei nicht viel davon, explizit eine Partei zu benennen. Vielmehr sollte es bei der Frage, wen man ausschließt, um nachweisbare Äußerungen oder Verhalten gehen. Wenn sich jemand rassistisch, antisemitisch oder demokratieverachtend gebärde, sei die Parteizugehörigkeit egal. Allerdings stehe jemand, der eine Kandidatur oder ein Mandat für eine bestimmte Partei übernehme, eben auch für eine "Identifikation mit der Partei als Ganzes" und deren Inhalten und könne sich dann nicht rausreden, wenn diese problematisch seien. Konkrete Regelungen fehlen Die Kirche könne Bedingungen stellen, wer ehrenamtlich mitarbeite, betont Schüller. Wenn man jemanden von einem Gremium ausschließe, sei aber wichtig, dass es für Betroffene einen Rechtsweg gebe, um sich gegen eine Entscheidung wehren zu können. Er kritisiert, dass viele Bischöfe sich um konkretere Regelungen drückten, weil sie den Konflikt scheuten. Anders als im Fall Tucci, die selbst übrigens formell keiner Kirche mehr angehört, geht es bei Chistoph Schaufert um ein katholisches Ehrenamt, in das er gewählt wurde. Wie das Bistum Trier mitteilte, hat der AfD-Politiker das Recht gegen die Entscheidung innerhalb von zehn Tagen Beschwerde beim Bischof von Trier als Ordinarius einzulegen. Anschließend könne er sich zudem an die zuständige Behörde im Vatikan wenden. | /inland/gesellschaft/kirche-afd-unvereinbarkeit-100.html |
2024-04-17 | Großeinsatz gegen mutmaßliche Schleuser | Razzien in acht Bundesländern | Sie sollen gegen fünf- und sechsstellige Beträge Aufenthaltstitel an Ausländer verkauft haben: Bei einem Großeinsatz in acht Bundesländern wurden zehn mutmaßliche Mitglieder einer Schleuserbande festgenommen. | Sie sollen gegen fünf- und sechsstellige Beträge Aufenthaltstitel an Ausländer verkauft haben: Bei einem Großeinsatz in acht Bundesländern wurden zehn mutmaßliche Mitglieder einer Schleuserbande festgenommen. Bundespolizei und Staatsanwaltschaft sind am Morgen bei einem Großeinsatz in acht Bundesländern gegen Mitglieder einer international agierenden Schleuserbande vorgegangen. Zehn Menschen seien dabei festgenommen worden, teilten die Staatsanwaltschaft Düsseldorf und die Bundespolizeidirektion Sankt Augustin (Nordrhein-Westfalen) mit. Mehr als 1.000 Beamte hatten in den frühen Morgenstunden rund 100 Wohn- und Geschäftsräume durchsucht, darunter auch zwei Rechtsanwaltskanzleien. Im Visier sind 38 mutmaßliche Bandenmitglieder und 147 Menschen, die geschleust worden sein sollen. Zähle man später nachgeholte Familienmitglieder hinzu, gehe es um etwa 350 zumeist chinesische Staatsangehörige, so die Ermittler. Offenbar Mitarbeiter von Ausländeramt bestochen Einsätze gab es in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Der Schwerpunkt der Ermittlungen lag in Nordrhein-Westfalen, wo auch die zehn Beschuldigten festgenommen wurden. Unter ihnen waren auch ein Rechtsanwalt und eine Rechtsanwältin aus dem Raum Köln, laut der Polizei Sankt Augustin die beiden Hauptverdächtigen. Sie sollen über ihre Kanzleien wohlhabende ausländische Staatsangehörige für Schleusungen angeworben haben, vor allem aus China und arabischen Ländern. Den Geschleusten soll eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis versprochen worden sein - dafür hätten sie zwischen 30.000 und 350.000 Euro bezahlt. Die Aufenthaltserlaubnisse liefen laut Polizei über vier Ausländerämter: von den Städten Kerpen und Solingen, des Rhein-Erft-Kreises und des Kreises Düren. Zu den Festgenommenen gehöre auch ein Mitarbeiter des Kreises Düren, der Bestechungsgelder erhalten haben soll. Neben "umfangreichen Beweismitteln" wurden laut Polizei etwa 210.000 Euro Bargeld sichergestellt. Zunahme von Schleuserkriminalität Im Jahr 2022 haben Bundeskriminalamt und Bundespolizei deutschlandweit fast 5.000 Fälle von Schleusungen registriert - ein Plus von knapp 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Hintergrund ist der starke Anstieg irregulärer Migration nach Europa. Im aktuellen Lagebild Schleusungskriminalität von 2022 heißt es, die Täter agierten "sehr professionell und flexibel", auch sei eine zunehmende Risikobereitschaft feststellbar. | /inland/razzien-schleuser-102.html |
2024-04-17 | Mit Gentherapie gegen die Bluterkrankheit | Medizinforschung | Hämophilie ist eine genetisch bedingte Blutgerinnungsstörung. Den Betroffenen fehlt ein wichtiges Eiweiß. Das lässt sich nun per Genfähre in die Leberzellen schleusen. Von B. Augustin. | Hämophilie ist eine genetisch bedingte Blutgerinnungsstörung. Den Betroffenen fehlt ein wichtiges Eiweiß. Das lässt sich nun per Genfähre in die Leberzellen schleusen. Von Birgit Augustin, NDR Wenn wir uns verletzen, startet unser Körper eine sogenannte "Gerinnungskaskade" - spezielle, in der Leber produzierte Eiweiße sorgen dafür, dass Blutplättchen die Wunde verschließen und ein stabiles Netz um den Pfropf gebildet wird. Der Blutfluss ist so gestoppt. Menschen, die an Hämophilie leiden, fehlt eines der benötigten Eiweiße, ein sogenannter Gerinnungsfaktor - der gesamte Prozess ist gestört. Seltene, aber gefährliche Erkankung Mit der Folge, dass bei den schwer Erkrankten schon kleine Risse zu großen Hämatomen führen können. Noch schlimmer: spontane Einblutungen in die Gelenke ohne jede äußere Einwirkung. Diese Blutungen können auf Dauer massive Schäden in Gelenken anrichten, nicht selten brauchen Bluter schon in jungen Jahren künstliche Gelenke. Die bekanntesten Formen der Bluterkrankheit sind Hämophilie A und B. Bei der einen Variante fehlt der Gerinnungsfaktor VIII, bei der anderen Gerinnungsfaktor IX. Betroffen sind fast ausschließlich Jungen und Männer: Die Gene für die Gerinnungsfaktor-Eiweiße liegen auf den X-Chromosomen. Die Zellen von Männern haben nur ein X-Chromosom - weshalb sie, anders als Frauen, über kein intaktes Reserve-Gen verfügen. Von 10.000 Männern sind etwa zwei an einer Hämophilie erkrankt. In Deutschland leben schätzungsweise 10.000 Jungen und Männer mit dieser Erkrankung, etwa 3.000 bis 5.000 haben eine schwere Form. Klassische Therapie: Lebenslanges Spritzen Bislang mussten Bluter die fehlenden Gerinnungsfaktor-Eiweiße regelmäßig zwei bis drei Mal pro Woche spritzen - und zwar ein Leben lang. Eine mühselige Therapie: In der Regel haben die Erkrankten zwar gelernt, sich selbst eine Infusion zu legen. Aber die Medikamente müssen teils gekühlt werden und gehören bei jeder Reise, ob beruflich oder privat, mit ins Gepäck. Denn die Konzentration des zugeführten Gerinnungsfaktors im Blut sinkt nach wenigen Stunden wieder ab. Gentherapie statt Medikamente Doch nun stellen zwei neuartige Gentherapeutika den Betroffenen ein blutungsfreies Leben ohne regelmäßige Medikamentengabe in Aussicht. Dabei wird einmalig über die Vene das intakte Faktor VIII beziehungsweise Faktor IX-Gen verabreicht. Und zwar mittels einer Virus-Fähre, die sich im Menschen nicht vermehrt. Die Hoffnung: Zumindest einigen der adressierten Leberzellen eine funktionsfähige Kopie des benötigten Gerinnungsfaktors zur Verfügung zu stellen. Teure Therapie Kosten für die einmalige Gabe der Gentherapie: 800.000 Euro. Allerdings ist auch die lebenslange Gabe des fehlenden Gerinnungsfaktors eine kostspielige Angelegenheit: Zwischen 150.000 und 300.000 Euro pro Jahr - je nach individuellem Bedarf des Patienten. Nach wenigen Jahren könnte sich die Gentherapie für die Krankenkassen also sogar rechnen - vorausgesetzt, die Leber schüttet nachhaltig die benötigten Mengen des fehlenden Gerinnungsfaktors aus. Chancen und Risiken Das allerdings ist individuell sehr unterschiedlich. Bei den Patienten mit Hämophilie A, die Faktor VIII-Gerinnungsfaktor-Gene bekommen haben, profitieren manche nur über wenige Jahre, bei den Hämophilie-B-Patienten erreichen andere ausreichende Gerinnungsfaktor-Spiegel über mehr als zehn Jahre. Über die Ursachen gibt es verschiedene Vermutungen, etwa, dass die intakte Gen-Information verlorengeht, wenn sich Leberzellen teilen. Oder dass die speziellen Leberzellen, in die das intakte Gen eingeschleust wird, nicht für beide Gerinnungsfaktor-Eiweiße die richtige Zieladresse sind. Zudem muss bei Menschen, die die Gentherapie bekommen, vor allem in der Anfangszeit engmaschig kontrolliert werden, ob das Abwehrsystem der Leberzellen die eingeschleusten Gene attackiert. Bei vier von fünf Hämophilie-A-Patienten war das bisher der Fall. Mit der Konsequenz, dass sie Kortison oder andere, die Immunabwehr unterdrückende, Medikamente nehmen mussten - mit teils erheblichen Nebenwirkungen. Ein weiteres, ungelöstes Problem: Wenn der Faktorspiegel im Blut absinkt, lässt sich die Gentherapie nicht wiederholen. Denn unser Immunsystem würde die Transporterviren beim zweiten Mal erkennen und sie sofort bekämpfen - und dabei die korrekten Gene in ihren Hüllen vernichten. Trotz solcher Probleme halten Ärztinnen und Ärzten die Gentherapie bei Hämophilie für einen Meilenstein der Medizin. Mittlerweile wird aber auch an weiteren, nicht viren-basierten Verfahren gearbeitet. Die allerdings sind - anders als die jetzt verfügbare Gentherapie - von einer Marktreife noch Jahre entfernt. | /wissen/gesundheit/haemophilie-bluterkrankheit-gentherapie-100.html |
2024-04-17 | Neue Anklage wegen Plan für Lauterbach-Entführung | 61-Jähriger aus Hessen | Er soll sich dazu bereit erklärt haben, bei einer Entführung von Gesundheitsminister Lauterbach mitzumachen: Ein 61-Jähriger ist unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation angeklagt worden. | Er soll sich dazu bereit erklärt haben, bei einer Entführung von Gesundheitsminister Lauterbach mitzumachen: Ein 61-Jähriger ist unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation angeklagt worden. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat einen weiteren mutmaßlichen Unterstützer der "Vereinten Patrioten" angeklagt, die laut Anklage Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) entführen und die Bundesregierung stürzen wollten. Dem 61-jährigen Deutschen werden die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens und die Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung vorgeworfen, wie die Behörde mitteilte. Der Mann aus dem Kreis Bergstraße in Hessen habe an der Konkretisierung der Pläne maßgeblich mitgearbeitet. Er soll sich bereit erklärt haben, an der geplanten Entführung Lauterbachs mitzuwirken. Mit Russland über einen "Schulterschluss" verhandeln Einem Rädelsführer der Gruppe soll der jetzt Angeklagte im April 2022 die Nutzung seiner Garage zugesagt haben, damit dort für den Umsturz nötige Waffen zwischengelagert werden könnten. Dazu sei es nie gekommen, weil der Rädelsführer unmittelbar nach der Übergabe der Waffen festgenommen wurde. Schließlich habe sich der Beschuldigte dazu bereit erklärt, nach dem beabsichtigten Umsturz als Teil einer Delegation mit einem Schiff über die Ostsee nach Russland zu fahren, um mit staatlichen russischen Stellen über einen "Schulterschluss" zu verhandeln. Der Mann befindet sich seit Oktober in Untersuchungshaft. Über die Zulassung der Anklage muss das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entscheiden. Plan von bürgerkriegsähnlichen Zuständen Gegen fünf mutmaßliche Führungsmitglieder der Gruppe wird bereits seit Mai vor dem Oberlandesgericht im rheinland-pfälzischen Koblenz verhandelt. Ihr Ziel war es laut Ermittlungsbehörden, die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Deutschland zu beseitigen und eine Verfassung nach dem Vorbild des Deutschen Reiches 1871 einzuführen. Teil ihres Plans sei es gewesen, bürgerkriegsähnliche Zustände in Deutschland auszulösen, dazu habe man etwa Anschläge auf die Energieversorgung geplant. Nach Beginn des Prozesses gab es mehrere weitere Festnahmen im Zusammenhang mit der Gruppe und ihren Plänen. Im Oktober wurden fünf mutmaßliche Mitglieder oder Unterstützer festgenommen. Anfang April erhob die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg Anklage gegen einen weiteren mutmaßlichen Unterstützer. Vor dem Oberlandesgericht Koblenz soll ab Donnerstag in einem weiteren Verfahren gegen zwei Unterstützer verhandelt werden. | /inland/gesellschaft/lauterbach-entfuehrung-anklage-100.html |
2024-04-17 | Inflation im Euroraum geht weiter zurück | Teuerung im März | Die Inflation in der Eurozone setzt ihren Sinkflug fort. Die Preise stiegen im März nur noch um 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit scheint der Weg für eine Zinswende durch die EZB frei. | Die Inflation in der Eurozone setzt ihren Sinkflug fort. Die Preise stiegen im März nur noch um 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit scheint der Weg für eine Zinswende durch die EZB frei. Die Inflation in der Eurozone weicht immer weiter zurück und ebnet den Weg für eine baldige Zinswende. Die Verbraucherpreise stiegen im März nur noch um 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat an, wie das EU-Statistikamt Eurostat heute mitteilte und damit eine erste Schätzung von Anfang April bestätigte. Im Februar lag die Teuerung noch bei 2,6 Prozent, im Januar bei 2,8 Prozent. Der dritte Rückgang der Teuerungsrate ist bereits der dritte in Folge. Vor einem Jahr hatte die Inflation noch 6,9 Prozent betragen, im Herbst 2022 wurde ein Höchststand von mehr als zehn Prozent markiert. Hauptgrund für die hohen Inflationsraten war der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die damit in Verbindung stehenden Preissteigerungen von Energie und Rohstoffen. Erste Zinssenkung im Juni? Das Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von einer Inflationsrate von zwei Prozent, die sie als ideal für die Wirtschaft erachtet, rückt damit in greifbare Nähe. Auf ihrer jüngsten Zinssitzung vergangene Woche hatte die Notenbank zwar an den Zinsen erneut nicht gerüttelt und die Schlüsselsätze auf einem Rekordniveau belassen. Gleichzeitig stieß sie aber die Tür für eine mögliche baldige erste Zinssenkung weit auf. "Sollte seine aktualisierte Beurteilung der Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission die Zuversicht des EZB-Rats weiter stärken, dass die Inflation sich nachhaltig dem Zielwert annähert, wäre eine Lockerung der aktuellen geldpolitischen Straffung angemessen", so die Euro-Wächter nach ihrem Zinsentscheid. Bereits gestern sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde dem Sender CNBC, der Prozess des Abebbens der Inflation verlaufe wie erwartet. Sofern kein zusätzlicher Schock auftrete, werde es an der Zeit sein, in angemessen kurzer Frist die restriktive Geldpolitik abzuschwächen. Eine Reihe von Währungshütern wies bereits auf den Juni als möglichen Starttermin für die Zinswende hin. Die nächste Sitzung der EZB steht am 6. Juni in Frankfurt an. Inflation in Kroatien am höchsten Derweil war Energie abermals günstiger als ein Jahr zuvor, der Trend fallender Preise schwächt sich aber seit längerem ab. Im März sanken die Preise gegenüber dem Vorjahresmonat nur noch um 1,8 Prozent. Im Februar hatte der Rückgang 3,7 Prozent betragen. Lebensmittel, Alkohol und Tabak verteuerten sich dagegen um 2,6 Prozent, während sich Industriewaren um 1,1 Prozent verteuerten. Die Preise für Dienstleistungen stiegen mit 4,0 Prozent weiter überdurchschnittlich. Hier machen sich der hohe Lohnanteil in den Preisen und die zuletzt deutlichen Tariflohnerhöhungen bemerkbar. Die EZB hat die Entwicklung besonders im Blick. Die Kerninflation, in der die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise sowie Alkohol und Tabak ausgeklammert bleiben, verringerte sich im März weiter. Sie sank auf 2,9 Prozent, nach 3,1 Prozent im Februar. Bei der nachlassenden Inflation sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern allerdings beträchtlich: Während die Inflation in Finnland im März lediglich bei 0,6 Prozent lag, wies Kroatien eine Rate von 4,9 Prozent auf. In Österreich lag die Teuerungsrate bei 4,1 Prozent. In Deutschland, der größten Volkswirtschaft im Euroraum, erhöhten sich die Verbraucherpreise um 2,3 Prozent. | /wirtschaft/finanzen/inflation-euroraum-zinsen-100.html |
2024-04-17 | Land unter nach Unwettern in Dubai | Überschwemmungen am Flughafen | Noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen ist in der Region Dubai so viel Regen in so kurzer Zeit gefallen: Heftige Niederschläge haben in der Stadt zu Chaos auf Straßen und am Flughafen geführt. | Noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen ist in der Region Dubai so viel Regen in so kurzer Zeit gefallen: Heftige Niederschläge haben in der Stadt zu Chaos auf Straßen und am Flughafen geführt. Binnen 24 Stunden ist in den Vereinigten Arabischen Emiraten die durchschnittliche Niederschlagsmenge eines ganzen Jahres heruntergekommen. Durch die heftigen Unwetter wurden zahlreiche Straßenzüge in der Metropole Dubai unter Wasser gesetzt, am Flughafen der Stadt herrschten chaotische Szenen. Auf Bildern in sozialen Medien war zu sehen, wie Flugzeuge rund um das Terminal durch knöcheltiefes Wasser rollten. Bei der Fluggesellschaft Emirates waren zeitweise keine Check-ins möglich, weil Personal und Passagiere angesichts überfluteter Zufahrtsstraßen und eingestellter U-Bahn-Linien Schwierigkeiten hatten, den Flughafen zu erreichen. Social-Media-Beitrag auf X von Breaking Aviation News & Videos: "Dubai Airport enjoying a light shower 👀✈️ pic.twitter.com/4g9pEf3RKg" Ein Ehepaar nannte die Situation am Flughafen ein "absolutes Gemetzel". "Man kann kein Taxi bekommen. Die Leute schlafen in der Metrostation. Es gibt Leute, die im Flughafen schlafen", sagte der Mann der Nachrichtenagentur AP. Der Flughafen erklärte, die Behinderungen würden noch einige Zeit dauern und bat um Geduld: "Wir bemühen uns darum, den Betrieb unter sehr schwierigen Bedingungen so schnell wie möglich wiederherzustellen." Social-Media-Beitrag auf X von DXB: "⚠️We advise you NOT to come to the airport, unless absolutely necessary.Flights continue to be delayed and diverted. Please check your flight status directly with your airline.We are working hard to recover operations as quickly as possible in very challenging conditions." Mehr als 140 Liter Regen pro Quadratmeter Dubai registrierte allein am Dienstag 142 Liter Regen pro Quadratmeter, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet. Andere Quellen sprechen von bis zu 254 Litern pro Quadratmeter. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge pro Jahr liegt im Emirat bei 95 bis 140 Litern pro Quadratmeter. Bei den jüngsten Unwettern kamen noch Hagel und Sturm dazu. In Ras al-Chaimah, dem nördlichsten der sieben Emirate, kam ein 70-Jähriger nach Polizeiangaben ums Leben, als sein Auto von den Wassermassen mitgerissen wurde. In den Staatsmedien war von der größten Niederschlagsmenge seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1949 die Rede, also weit vor der Gründung der Emirate im Jahr 1971. In der Hauptstadt Abu Dhabi gab es für Schulen, Regierungseinrichtungen und Unternehmen die Aufforderung, so weit möglich von zu Hause aus zu lernen und zu arbeiten. In Dubai blieben diejenigen, die sich auf die Straßen wagten, mit ihren Fahrzeugen in Überschwemmungen stecken. Einige mussten in ihren Autos übernachten. Die Behörden schickten Tanklastwagen auf die Straßen und Autobahnen, um das Wasser abzupumpen. In einige Häuser drang Wasser ein. 18 Tote im Oman Regen ist in den trockenen Emiraten selten, kommt aber in den kühleren Wintermonaten regelmäßig vor. Weil es so selten regnet, haben viele Straßen und andere Gebiete keine Entwässerung. Wenn es dann doch stärker regnet, kommt es Überschwemmungen. Regen gab es auch in Katar, Bahrain und Saudi-Arabien. Im Sultanat Oman starben bei heftigen Regenfällen 18 Menschen, darunter zehn Schulkinder, wie die dortigen Behörden mitteilten. | /ausland/asien/dubai-unwetter-100.html |
2024-04-17 | Lufthansa bei Stornierungen europaweit vorn | Flugausfälle im ersten Quartal | Die Lufthansa führt europaweit die Liste der Airlines mit den meisten Flugausfällen an. Insgesamt wurden im ersten Quartal einem Portal zufolge 6.803 Flüge storniert - ein Anteil von knapp sechs Prozent. | Die Lufthansa führt europaweit die Liste der Airlines mit den meisten Flugausfällen an. Insgesamt wurden im ersten Quartal einem Portal zufolge 6.803 Flüge storniert - ein Anteil von knapp sechs Prozent. Bei der Lufthansa sind im ersten Quartal des Jahres im europaweiten Vergleich die meisten Flüge ausgefallen. Die deutsche Airline stornierte in den ersten drei Monaten des Jahres 5,99 Prozent ihrer Flüge, wie der Rechtsdienstleister Flightright mitteilte. Im gleichen Zeitraum 2023 waren es nur knapp drei Prozent gewesen. "Die aktuellen Daten zeigen deutlich, dass die Lufthansa bei Flugstornierungen europaweit am schlechtesten abschneidet", sagte Jan-Frederik Arnold, Geschäftsführer von Flightright. Insgesamt fielen dem Portal zufolge 6.803 Lufthansa-Flüge aus und damit hundert Prozent mehr als im Vorjahr. Ein Grund dafür seien die wiederholten Streiks im ersten Quartal. Meiste Flugausfälle in Deutschland Das Streikaufkommen habe deutlich das Niveau der vergangenen Jahre überstiegen, erklärte Flightright und kritisierte im Zuge dessen die Fluggesellschaft deutlich: Die Streiks signalisierten "die Unfähigkeit der Lufthansa, ihre internen Probleme in den Griff zu bekommen". Die Flugreisenden seien die Leidtragenden "des Missstands innerhalb des Konzerns, der seine Mitarbeiter:innen trotz Rekordumsätzen scheinbar nicht ausreichend wertschätzt." Auf dem zweiten Platz im Ranking steht die niederländische Airline KLM - allerdings mit einem klaren Abstand. Ihr Anteil von Annullierungen beträgt 2,27 Prozent (1.294 Stornierungen). Dahinter folgt Austrian Airlines mit 2,25 Prozent. Die zweite deutsche Airline Eurowings landet auf dem vierten Rang (1,51 Prozent). Auch an den Flughäfen schnitt Deutschland in dem Ranking schlecht ab. Die Lufthansa-Drehkreuze in Frankfurt am Main und München belegten die ersten beiden Plätze. In Frankfurt wurden 5,7 Prozent der Flüge gestrichen, in München 3,7 Prozent. Auf Platz drei und vier lagen Berlin und Düsseldorf. Deutschlandweit wurden im ersten Quartal bei 4,04 Prozent der 167.675 Flüge storniert. In Österreich, das Platz zwei des Länder-Rankings belegt, waren es 1,38 Prozent. Rote Zahlen durch "diverse Streiks" In den vergangenen Monaten hatten sowohl das Kabinen- als auch das Bodenpersonal der Lufthansa ihre Arbeit niedergelegt. Mit beiden verhandelnden Gewerkschaften einigte sich das Unternehmen mittlerweile auf einen neuen Tarifvertrag. Zudem kam es zu Flugausfällen, weil auch das Sicherheitspersonal an den Flughäfen streikte. Dieses allerdings ist nicht bei der Fluggesellschaft angestellt. Zu Wochenbeginn hatte die Lufthansa hatte einen Quartalsverlust von 849 Millionen Euro gemeldet und dabei auf "diverse Streiks" verwiesen. Die Tarifauseinandersetzungen werden den Angaben zufolge auch ihr Betriebsergebnis im zweiten Quartal von April bis Juni belasten - voraussichtlich mit 100 Millionen Euro. Flightright-Geschäftsführer Arnold mahnte Flugreisende, sich besonders in der Hauptreisezeit im Sommer auf weitere Verspätungen und Ausfälle einzustellen. Streiks bei anderen Fluggesellschaften seien nicht auszuschließen. "Zudem könnten die Lieferprobleme neuer Flugzeuge von Boeing und Airbus zu Engpässen bei Flugzeugflotten führen, die die Flugpläne ordentlich durcheinanderwirbeln", erklärte er. | /wirtschaft/unternehmen/lufthansa-flugausfaelle-104.html |
2024-04-17 | Konflikte an mehreren Fronten für Khamenei | Der ewig Mächtige des Iran | Seit 35 Jahren ist Khamenei oberster Führer des Iran. Bislang kommt an ihm im Land niemand vorbei. Neben dem eskalierenden Konflikt mit Israel steht der 85-Jährige auch vor dem Machtkampf um seine Nachfolge. Von Uwe Lueb. | Seit 35 Jahren ist Khamenei oberster Führer des Iran. Bislang kommt an ihm im Land niemand vorbei. Neben dem eskalierenden Konflikt mit Israel steht der 85-Jährige auch vor dem Machtkampf um seine Nachfolge. Von Uwe Lueb Ayatollah Ali Khamenei leitet das letzte Gebet am Ende des Ramadans. In der Imam Khomeini Moschee in Teheran jubeln ihm Tausende Menschen zu. "Wir sind gekommen aus Liebe zum Führer, Friede sei mit dem Heiligen Propheten", rufen sie. Tatsächlich ist Khamenei so etwas wie ein iranischer Papst: In religiösen aber auch in politischen Fragen ist er die letzte Instanz im Land. Er ist geistliches Oberhaupt und damit auch oberster Führer. Und er beruft auch den Kommandeur der wichtigen Revolutionsgarde. Revolutionsgarde als Staat im Staate Sie unterhält eine eigene Armee, ist so etwas wie ein Staat im Staate Iran. Und der, sagt Khamenei auf einer Veranstaltung der Revolutionsgarde, sei ein "Gottesstaat" mit einer großen Zukunft. Die Verfassung des Staates sei "göttlich" und werde durch die Hände "dieser glorreichen Nation überleben". "So Gott will, wird dieser Baum seine Wurzeln vertiefen und festigen und wer sich dem entgegenstellt, wird vor Euren Augen zerstört werden." Mit "Baum" ist das Regime gemeint, das Khamenei anführt - seit 35 Jahren. Seit einem Anschlag auf ihn 1981 kann er seinen rechten Arm nicht mehr bewegen. Auch dadurch und wegen seines hohen Alters wirkt er bei seinen Auftritten mitunter mild, nicht greis. In Wahrheit hat er über die Jahrzehnte aber nicht an Schärfe verloren. Khamenei spielt die wirtschaftlichen Probleme herunter Khamenei beschimpft die US-Regierung als Clowns und nennt den Westen dumm und idiotisch, weil der vom Iran erwarte, sein Rüstungsprogramm zu begrenzen. Als das Regime 2022 Demonstrationen im Land nach dem Tod Jina Mahsa Aminis blutig niederschlagen lässt, greift Khamenei nicht ein. Im Gegenteil: Hinter den Protesten steckt für ihn eine Verschwörung ausländischer Mächte. Und die teils großen wirtschaftlichen Probleme der Menschen im eigenen Land spielt Khamenei herunter: "Ich prophezeie dem Iran eine große Zukunft." Mitunter gebe es "Schwierigkeiten", Menschen würden hoffnungslos und "auf unerwünschte Phänomene" stoßen. "Aber die können überall auftauchen." Das habe es auch schon zu Zeiten des heiligen Propheten und davor gegeben. Iran schoss ukrainisches Passagierflugzeug ab An anderer Stelle ist es mit Allerweltsweisheiten nicht getan. Anfang 2020 schießt der Iran ein ukrainisches Passagierflugzeug kurz nach dem Start in Teheran ab. Alle 176 Menschen an Bord sterben. Wenige Tage später sagt eine Nachrichtensprecherin, die Maschine sei irrtümlich für ein feindliches Flugzeug gehalten worden. Es ist Khamenei, der angeordnet hat, das öffentlich zuzugeben. Die Bitte um Entschuldigung kommt dagegen vom amtierenden Präsidenten Hassan Rouhani. Wer könnte Khameneis Nachfolger werden? Vor einigen Jahren ist Rouhani als möglicher Nachfolger Khameneis im Gespräch. Doch die Revolutionsgarde gewinnt weiter an Macht. Reformorientierte behaupten daraufhin, statt Rouhani solle Khamenei irgendwann dessen ältester Sohn Mojtaba nachfolgen. Favorit dürfte inzwischen jedoch der amtierende Präsident Raisi sein. Er hat die Unterstützung der Revolutionsgarde. Spekulationen, der eskalierende Konflikt des Iran mit Israel habe auch etwas mit dem internen Machtkampf und die über kurz oder lang anstehende Frage der Nachfolge Khameneis zu tun, greifen ins Leere. Denn in der Ablehnung des erklärten Erzfeindes Israel sind sich die Mächtigen im Iran einig. | /ausland/asien/iran-khamenei-85-100.html |
2024-04-17 | Geldabheben beim Einkaufen wird immer beliebter | EHI-Studie | Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland heben einer Studie zufolge Bargeld beim Einkaufen ab. Die Gründe sind Bequemlichkeit und vor allem der Trend zu Filialschließungen bei Banken. | Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland heben einer Studie zufolge Bargeld beim Einkaufen ab. Die Gründe sind Bequemlichkeit und vor allem der Trend zu Filialschließungen bei Banken. Beim Bezahlen im Supermarkt Geld abzuheben wird bei deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern immer beliebter. Das Gesamtvolumen der Auszahlungen stieg im vergangenen Jahr um gut 20 Prozent auf 12,31 Milliarden Euro, zeigt eine Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI. Sie umfasst die Daten von etwa 420 Unternehmen mit 100.000 Betrieben aus 35 Branchen. Zahl der Filialen schrumpft rasant "Es ist bequem für die Kunden, denn sie sparen sich dadurch zusätzliche Wege", erklärt Studienautor Horst Rüter. Ein weiterer Grund für die wachsende Nachfrage nach Bargeld an der Kasse sei die rückläufige Zahl der Geldautomaten. So gab etwa die Deutsche Bank kürzlich bekannt, dass sie bald das Angebot von Finanzdienstleistungen ihrer Tochter Postbank in Post-Partnerfilialen aufgeben will. Der Trend zu Filialschließungen und weniger Geldautomaten ist jedoch nicht nur bei der Postbank, sondern branchenweit schon seit Jahren zu beobachten. So schrumpfte etwa die Zahl der Bankstellen von Volksbanken und Raiffeisen Banken in Deutschland rasant - von 13.211 im Jahr 2012 auf 7.512 zehn Jahre später. 2022 ist die Zahl der für Deutschland gemeldeten Geldautomaten um fast fünf Prozent gefallen. Zu den Unternehmen, die die Bargeldausgabe an der Kasse anbieten, zählen unter anderem die Lebensmitteleinzelhändler Rewe und Edeka, Drogerien wie dm und Rossmann und auch Baumärkte. Der Studie zufolge geben sie mehr als 13 Prozent ihres vereinnahmten Bargelds wieder an ihre Kunden aus. Knapp 26 Prozent mehr Gebühren bezahlt Mit der zunehmenden Nutzung steigen jedoch auch die Gebühren, die die Unternehmen an die Banken zahlen müssen. Diese liegen laut EHI pro Transaktion zwischen 0,1 und 0,2 Prozent des ausgezahlten Betrages. Im vergangenen Jahr zahlten die Einzelhändler infolgedessen 17,23 Millionen Euro und damit 25,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Angebot der Bargeldauszahlung wurde vor etwa 20 Jahren von den ersten Einzelhändlern eingeführt. Nutzung und Verbreitung sind seitdem rasant gestiegen. 2019 lag das Volumen der Bargeldauszahlung noch bei 2,23 Milliarden Euro. Beim Bezahlen nutzen die Verbraucherinnen und Verbraucher dagegen mehr denn je die Girocard. Ob beim Bäcker, an der Tankstelle oder im Supermarkt: Beim bargeldlosen Bezahlen haben sie im vergangenen Jahr so oft zur Girocard gegriffen wie nie. 7,48 Milliarden Bezahlvorgänge mit der Plastikkarte zählte die Frankfurter Einrichtung EURO Kartensysteme. Das waren 11,5 Prozent mehr als im bisherigen Rekordjahr 2022. | /wirtschaft/verbraucher/geldabheben-einkaufen-100.html |
2024-04-17 | "Wir rennen, während Drohnen über uns fliegen" | Kampf in Ukraine um Tschassiw Jar | An der ukrainischen Ostfront steht besonders das strategisch wichtige Tschassiw Jar unter russischem Dauerbeschuss. Soldaten schildern noch härtere Kämpfe als in Bachmut. Sie hoffen auf mehr Munition. Von A. Beer. | An der ukrainischen Ostfront steht besonders das strategisch wichtige Tschassiw Jar unter russischem Dauerbeschuss. Soldaten schildern noch härtere Kämpfe als in Bachmut. Sie hoffen auf mehr Munition. Von Andrea Beer Der dunkelhaarige Mediziner sieht müde aus. Er hält die Infusion für einen verletzten ukrainischen Soldaten, der vor ihm auf einer schmalen Liege liegt. Er wurde bei Tschassiw Jar im Gebiet Donezk verwundet und vom Evakuierungsteam in den sogenannten Stabilisierungspunkt nahe der Front gebracht. Nachts sei es einfacher, Verwundete zu holen - auch mit dem Auto -, denn es flögen weniger russische Drohnen, sagt die 24-jährige Militärmedizinerin mit dem Rufnahmen "Tora", die im "Stabilisierungspunkt" auf einer Bank sitzt: "Es kommt vor, dass verwundete Soldaten seit drei Uhr in der Nacht zu Fuß unterwegs waren, weil sie keine andere Möglichkeit hatten, ihre Stellungen zu verlassen, um Erste Hilfe zu bekommen." Nach Angaben der ukrainischen Armeeführung greift Russland im Gebiet Donezk an mehreren Frontabschnitten an. Moskau versuche, die ukrainischen Verteidigungslinien westlich von Bachmut zu durchbrechen und Tschassiw Jar einzunehmen, schreibt Ameechef Oleksandr Sirskyj auf Facebook. Unter anderem durch Artilleriedauerfeuer und den Einsatz tonnenschwerer Gleitbomben. Die Situation an der Front im Osten habe sich erheblich verschlechtert, sagte Sirskyj vergangenen Samstag. Die Brigaden bekämen zusätzliche Munition, Drohnen und elektronische Ausrüstung. "Die Russen stürmen rund um die Uhr" "Sie stürmen rund um die Uhr und schießen mit allem, was sie haben", berichtet Oles Maljarewitsch im ukrainischen Fernsehen. Er ist Vizekommandeur der 92. Spezialsturmbrigade, die in Tschassiw Jar im Einsatz ist. Es werde alles getan, um für drei bis vier Tage einen Vorrat an Munition und Drohnen zu haben. Doch die russische Seite nutze ihr gesamtes Potenzial und greife mit Dutzenden Gefechtsformationen gleichzeitig an - das mache es schwierig, sagt Maljarewitsch. Wir wissen, dass die Russen Tschassiw Jar unbedingt erobern wollen. Wir tun alles, damit ihnen das nicht gelingt, denn jeder weiß, wie wichtig Tschassiw Jar ist Härter als in Bachmut Tschassiw Jar liegt knapp 20 Kilometer westlich von Bachmut, das nach monatelangen, schmerzhaft verlustreichen Kämpfen vor einem knappen Jahr von Russland besetzt wurde. Artillerist Ihor kämpfte damals dort - und wird nun bei Tschassiw Jar eingesetzt. Der 27-Jährige beschrieb die Kämpfe gegenüber der Nachrichtenagentur AFP: "In Bachmut war ich sicherer, denn dort gab es Gebäude und Platz, um sich zu verstecken. Wir haben unsere Aufgabe erledigt und konnten dann irgendwo hineingehen. Hier rennen wir, während russische Drohnen über uns fliegen." Das Kämpfen in Tschassiw Jar sei härter als in Bachmut. "Putin wollte in Awdijiwka zeigen, dass er vorankommt" Bachmut, Soledar, Sjewjerodonezk, Lyssytschansk, Mariupol und Awdijiwka. Unter anderem um diese Städte im Osten der Ukraine tobten nach der russischen Großinvasion vor mehr als zwei Jahren monatelange erbitterte Kämpfe, in denen sich die ukrainische Seite den Invasoren am Ende geschlagen geben musste. Fehlende Waffen, keine oder keine moderne Flugabwehr für die Front und zu wenig Munition trugen aus ukrainischer Sicht entscheidend zu diesen schmerzhaften und verlustreichen Niederlagen bei. Die russischen Invasoren unternähmen alles, um Tschassiw Jar unter ihre Kontrolle zu bringen, sagt Oleksandr Kowalenko, der Sicherheitsexperte am Kiewer Dmytro-Tymchuk-Zentrum ist. Die Besetzung der Ruinen von Awdijiwka vor rund zwei Monaten sei für Wladimir Putin eher eine Propagandaoffensive vor den Schein-Präsidentenwahlen gewesen, sagt er. Damit habe der russische Machthaber zeigen wollen, dass er in der Ukraine vorankomme. Abhängig von der Versorgung mit Artillerie und Munition Mit Tschassiw Jar sei es anders. Die Stadt liegt auf einer strategisch wichtigen Anhöhe, deren Kontrolle es Russland ermöglichen würde, im geschundenen Donbass weiter vorzudringen. Von dort aus seien es noch rund zehn Kilometer nach Kostjantyniwka - und von dort aus führe die Straße in Richtung der ukrainisch kontrollierten Städte Kramatorsk und Slowjansk. Die Russen unternähmen für die Einnahme Tschassiw Jars maximale Anstrengungen und zögen viele Truppen zusammen. Andererseits hätten die ukrainischen Verteidiger rund um den Ort ein ziemlich großes Gebiet befestigt. Die Frage sei nun, ob es ausreichend Ressourcen der internationalen Partner gebe, sagt Kowalenko: "Wir sind immer noch von der Versorgung mit Artillerie und Munition abhängig, um die ständigen russischen Wellenangriffe stoppen zu können." Militärverwaltung: Jedes Gebäude in Tschassiw Jar ist beschädigt In Tschassiw Jar lebten bis zur russischen Großinvasion rund 13.000 Menschen. Laut Serhii Tschaus von der dortigen Militärverwaltung harren nun noch etwa 700 Personen dort aus, die den Aufrufen der Evakuierung bisher nicht folgen wollen. Es gebe kein Gebäude in der Stadt, das nicht beschädigt sei. Die russische Armee wolle Tschassiw Jar bis zum 9. Mai einnehmen, erklärte der ukrainische Armeechef Sirsky. An diesem Tag wird in Russland der "Tag des Sieges" begangen, der an den Sieg der Alliierten über Deutschland im Zweiten Weltkrieg erinnert. In der Ukraine wird am 8. Mai an das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert, und der 9. Mai ist Europatag. "Rhetorik schützt den Himmel nicht" Die militärische und politische Führung der Ukraine schickt unterdessen täglich eindringliche Appelle an die Welt, Kiew militärisch und finanziell mehr zu unterstützen. Sei es mit moderner Flugabwehr, sei es mit Munition. Man dürfe keine Zeit mehr verlieren, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj: "Der Himmel wird nicht durch Rhetorik geschützt, die Produktion von Raketen und Drohnen wird nicht durch Gedanken begrenzt, und das Selbstbewusstsein des Terrors wächst." Sanktionen gegen Russland würden immer noch umgangen, die Ukraine warte seit Monaten auf ein wichtiges Unterstützungspaket aus den USA und eine Abstimmung im Kongress. Die erfolgreiche gemeinsame Abwehr des iranischen Angriffs auf Israel habe gezeigt, wir wirksam moderne Luftverteidigung Leben schützen könne, sagte Selenskyj. In den "Stabilisierungspunkt" nahe der Frontlinie werden unterdessen weitere verwundete ukrainischen Soldaten gebracht. Der braunhaarige Mediziner dort sieht müde aus, denn der Kampf um Tschassiw Jar ist noch nicht zu Ende. | /ausland/europa/ukraine-tschassiw-jar-102.html |
2024-04-17 | Neue russische Schadsoftware für Windows entdeckt | Angebliches Add-in für Word | Russland rüstet immer weiter für Cyberangriffe gegen den Westen auf. Nun haben finnische Experten eine neue gefährliche Hintertür für Windows-Systeme entdeckt, die offenbar vom russischen Geheimdienst gesteuert wird. | Russland rüstet immer weiter für Cyberangriffe gegen den Westen auf. Nun haben finnische Experten eine neue gefährliche Hintertür für Windows-Systeme entdeckt, die offenbar vom russischen Geheimdienst gesteuert wird. Das finnische Sicherheitsunternehmen WithSecure hat nach eigenen Angaben eine neuartige Schadsoftware entdeckt, die als Hintertür für Angriffe auf bestimmte Windows-Systeme genutzt werde. Die Malware, die die IT-Sicherheitsexperten "Kapeka" getauft haben, könne den Angreifern einen langfristigen Zugang zum System des Opfers gewähren. Das Sicherheitsunternehmen führt die Schadsoftware auf die russische Cyberangriffgruppe "Sandworm" zurück, die von der Hauptverwaltung des russischen Militärnachrichtendienstes (GRU) betrieben werde. "Sandworm" sei vor allem für seine zerstörerischen Angriffe gegen die Ukraine berüchtigt. Microsoft bestätigt Existenz der Schadsoftware Die Erkenntnisse von WithSecure wurden von Microsoft bestätigt. Beim US-Softwarekonzern wird die Schadsoftware unter dem Namen "KnuckleTouch" geführt. Rüdiger Trost, Sicherheitsexperte bei WithSecure, wertete die Entdeckung als "großen Schlag gegen Russland, das diese Hintertür in der Ukraine und in Osteuropa eingesetzt hat". "Mit der Aufdeckung fehlt dem russischen Geheimdienst nun eine wichtige Hintertür, denn die jetzt eingerichteten Schlupflöcher werden nun in kurzer Zeit gefunden und geschlossen." Russland verliere damit an Schlagkraft im Cyberkrieg, der den konventionellen Russland-Ukraine-Krieg begleite, sagte Trost. Zielgerichtetes und maßgeschneidertes Tool Nach weiteren Angaben von WithSecure tarnt sich die Schadsoftware als Erweiterung ("Add-in") für die Microsoft-Textverarbeitung Word. Die Hintertür werde nicht massenhaft verbreitet, sondern sehr zielgerichtet. "Bei der 'Kapeka'-Hintertür (...) handelt es sich vermutlich um ein maßgeschneidertes Tool, das bei Angriffen mit begrenztem Umfang eingesetzt wird", sagte Mohammad Kazem Hassan Nejad, Sicherheitsforscher bei WithSecure Intelligence. Das Angriffswerkzeug sei seit Mitte 2022 in Osteuropa verwendet worden. | /wirtschaft/digitales/cyberangriffe-windows-russland-100.html |
2024-04-17 | Entscheidung nach einem Duell voller Abneigung | Parlamentswahl in Kroatien | Heute wird in Kroatien gewählt. Vor vier Jahren gewannen die Konservativen deutlich - diesmal wohl nicht. Wahrscheinlich werden kleine Parteien entscheidend sein. Der Wahlkampf war von einem Duell geprägt. Von S. Hahne. | Heute wird in Kroatien gewählt. Vor vier Jahren gewannen die Konservativen deutlich - diesmal wohl nicht. Wahrscheinlich werden kleine Parteien entscheidend sein. Der Wahlkampf war von einem Duell geprägt. Von Silke Hahne Am Tag der Wahl ist völlig offen, wie Kroatien in Zukunft regiert wird. Die Umfragen sehen zwar die konservative Regierungspartei HDZ als stärkste Kraft. Sie dürfte aber Probleme haben, die Mehrheit der 151 Abgeordneten hinter sich zu bringen. Der Wahlkampf war geprägt von einem Duell der beiden wichtigsten politischen Figuren in Kroatiens Innenpolitik und ihrer gegenseitigen Abneigung: Premierminister und HDZ-Chef Andrej Plenkovic auf der einen Seite und Präsident Zoran Milanovic auf der anderen Seite. Hau-Drauf-Populist Milanovic Milanovic gilt als der schärfste Kritiker Plenkovics. Immer wieder bemängelt er Vetternwirtschaft und Korruption der Regierung. Die HDZ hat Kroatien seit der Unabhängigkeit die meiste Zeit regiert und hat den Staat und seine Institutionen durchdrungen. In den letzten acht Jahren Regierungszeit hat sie 30 Minister verschlissen, viele mussten wegen Korruptionsvorwürfen und ähnlichen Skandalen ihren Hut nehmen. Für Milanovic war dies eine Steilvorlage. Eigentlich dürfte er sich als Präsident gar nicht in den Wahlkampf einmischen. Doch Mitte März verkündete Milanovic überraschend, für die Sozialdemokraten (SDP) als Premier-Kandidat ins Wahlrennen zu gehen. Das Verfassungsgericht schritt ein und untersagte Milanovic, aus dem Amt heraus zu kandidieren, ohne vorher als Präsident zurückgetreten zu sein. Milanovic beschimpfte die Richter daraufhin als "lästige Stallfliegen" - und blieb Präsident. Offiziell ist er zwar nicht mehr im Rennen, die SDP tritt nun ohne einen Spitzenkandidaten an. Doch Milanovic war im Wahlkampf mit seinen markigen Parolen weiter präsent. Der durchaus beliebte Politiker ist ein Hau-Drauf-Populist, dessen Positionen zwischen links und rechts pendeln und sich auch mal innerhalb weniger Tage um 180 Grad drehen. Pragmatischer Machtpolitiker Plenkovic Sein Gegenspieler Plenkovic gilt als gemäßigt in den Reihen der konservativen HDZ, von der Teile nationalistisch agieren. Der Premier ist ein pragmatischer Machtpolitiker. Das hat ihn bisher anschlussfähig gemacht, auch für Koalitionspartner, die der HDZ ideologisch nicht unbedingt nahestehen, etwa Vertreter der serbischen und italienischen Minderheiten. Doch schon in der vergangenen Legislaturperiode war Plenkovics Mehrheit im Parlament hauchdünn, seine Koalition hatte nur zwei Sitze mehr als nötig. Diese stehen jetzt infrage. Die HDZ und ihre Partner könnten weniger Mandate bekommen als nach der letzten Wahl 2020, so die Umfragen. Kleine Parteien werden wohl Ausschlag geben Viel hängt deshalb von den Minderheiten und den kleineren Parteien ab. Die konservative MOST und die links-grüne Mozemo lehnen eine Koalition mit der HDZ ab. Möglich wäre hingegen eine Koalition mit der rechtspopulistischen "Heimatbewegung" (Domovinski pokret), die drittstärkste Kraft werden dürfte. Möglicherweise reicht es aber auch mit ihren Stimmen nicht für eine Mehrheit. Auch die SDP bräuchte wohl mehrere andere Parteien, um eine Mehrheit im Parlament zu sichern. Sollte diese in Aussicht sein, könnte Milanovic doch noch als Präsident zurücktreten und sich um den Premierposten bemühen. Beobachter glauben aber, dass Milanovic nicht koalitionsfähig ist. Seine Positionen sind oft nicht klar, auf Kritik reagiert er empfindlich. Eine Regierung unter ihm könnte also wacklig sein und schnell zerbrechen. Dann wären Neuwahlen wahrscheinlich. Von insgesamt 151 Mandaten im "Sabor", dem kroatischen Parlament, werden jeweils 14 Sitze in zehn Wahlkreisen vergeben, also insgesamt 140. Dabei gilt die Fünf-Prozent-Hürde. Weitere acht Mandate sind für die Minderheiten reserviert, drei für die mehr als 200.000 Menschen starke Diaspora. Die Auslandskroaten wählen traditionell eher konservativ. Der Wahltag ist in Kroatien arbeitsfrei. Die Wahllokale öffnen um 7.00 und schließen um 19.00 Uhr. | /ausland/europa/kroatien-wahlen-100.html |
2024-04-17 | Verzweifeln am Familiennachzug | Bürokratie | Mohammed kämpft seit Monaten darum, seine neunjährige Tochter aus Kabul nach Deutschland zu bringen. Selbst mit Hilfe klappt es nicht. Was bringt ein Aufnahmeprogramm, wenn es kaum genutzt werden kann? Von L. Löwe. | Mohammed kämpft seit Monaten darum, seine neunjährige Tochter aus Kabul nach Deutschland zu bringen. Selbst mit Hilfe klappt es nicht. Was bringt ein Aufnahmeprogramm, wenn es kaum genutzt werden kann? Von Leander Löwe, HR Mohammed ist erst 30 Jahre alt, doch er wirkt, als hätte er schon mehrere Leben hinter sich. Still zieht er zwei Blätter aus einem Stapel zerknitterter Unterlagen heraus, die er aus seinem Rucksack geholt hat. Das eine Foto zeigt einen schwer verletzten Mann im weißen Gewand, durch Schmutz und Blutspuren kaum zu erkennen. "Das bin ich, nachdem vor unserem Büro eine Autobombe explodiert ist", sagt er. Bis heute werde er verfolgt, weil er für eine Firma gearbeitet hat, die den Taliban die Zusammenarbeit verweigert hat. Sein Nachname wird deshalb nicht genannt. Das andere Foto zeigt ihn mit seiner kleinen Tochter Nila, die ihren Kopf auf seine Schulter legt. Ihr Name wurde zu ihrem Schutz verändert. Mohammed musste sie in Kabul zurücklassen, denn auf der Flucht, die er nach dem Anschlag auf seine Firma antrat, habe er ihr nicht ausreichend Sicherheit bieten können. Nun möchte er sie zu sich nach Kassel holen. Nur 49 Menschen kommen Für Fälle wie den von Mohammed hat die Landesregierung Hessen nach der Machtübernahme der Taliban 2021 ein Aufnahmeprogramm aufgelegt - wie auch Thüringen, Berlin und Bremen. Dafür wurde extra ein Team aus vier Sachbearbeitern und einem Juristen abgestellt. Nach Hessen sollten 1.000 Menschen bis zum Auslaufen des Programms Ende 2023 kommen dürfen. Insgesamt wurden beim zuständigen Regierungspräsidium in Gießen 780 Anträge gestellt und 177 Anträge davon bewilligt. 591 lehnte die Behörde ab. 277 der Ablehnungen beruhen auf fehlenden Unterlagen - "erledigt wegen Unvollständigkeit" heißt das offiziell. Bisher sind nur 49 Menschen eingereist. Komplexes Antragsverfahren, kurze Fristen Zweieinhalb Stunden saßen Mohammed und die Flüchtlingshelferin Elisa Cardillo gemeinsam am Computer, um nur das erste Antragsformular für das Landesaufnahmeprogramm auszufüllen. Selbst für Cardillo, die soziale Arbeit studiert hat und beruflich Geflüchteten hilft, war das eine Herausforderung. "Eine Person, die selbst betroffen ist, kann das einfach gar nicht alleine schaffen", sagt sie. Dass so viele Anträge als unvollständig abgelehnt wurden, wundert sie nicht. Die Standardfrist zum Nachreichen von Dokumenten beträgt nämlich nur drei Tage. Um eine Meldebescheinigung und das Familienbuch aus Afghanistan zu besorgen, ist dieser Zeitraum knapp bemessen. Geklappt habe das in Mohammeds Fall nur mit viel Geld und guten Kontakten. In Kabul dauerhaft in Gefahr Für Mohammeds neunjährige Tochter Nila fühlt sich die Zeit wie eine Ewigkeit an. Sie sei einsam und habe keine Beschäftigung, berichtet ihr Vater. Die Taliban lassen sie nicht in die Schule gehen. Ihre Mutter starb bereits kurz nach der Geburt. Heute lebt sie mit ihren Großeltern, Tante, Onkel und Cousine in einem 40 Quadratmeter großen Zimmer und schwebt ständig in der Gefahr, entführt zu werden. Eine Geheimpolizei suche explizit nach Menschen, mit denen Afghanen im Exil erpresst werden könnten, so Mohammed. Auch sein 75-jähriger Vater sei schon befragt worden. Viele Hürden im Lauf des Verfahrens Regelmäßig fragt Nila Mohammed bei ihren WhatsApp-Anrufen, wann sie sich endlich wiedersehen könnten. Er kann die Frage nicht beantworten. Zu viele unvorhergesehene Hürden hatten die Antragstellung bisher verzögert - zuletzt ein Besuch des Jugendamtes. Dieses wird laut hessischem Sozialministerium hinzugezogen, "wenn eine dauerhafte Fürsorge und Aufnahme der Minderjährigen ggf. als nicht vollständig gesichert erscheint". Jugendamt verzögert die Zustimmung Obwohl Mohammed den Anforderungen entsprechend umgezogen war, musste ein Besuchstermin vereinbart werden. Jeden Tag hatte er mehrere Wochen lang Besichtigungen. Nun wohnt er in einer großen Drei-Zimmer-Wohnung. Die Kosten dafür muss er selbst tragen. Für die Unterbringung von Verwandten im Landesaufnahmeprogramm hat die Landesregierung das grundsätzlich so vorgesehen. Um die laufenden Kosten decken zu können, arbeitet Mohammed bereits in mehreren Jobs. Helferin Cardillo sieht das kritisch. "Die gesamte Verantwortung wird auf die Menschen abgewälzt, das ist schon absurd", sagt sie. Fehlende Erfahrungswerte Im Vergleich zur aktuellen Situation in Kabul wäre für seine Tochter sogar ein Zimmer im Flüchtlingsheim eine Verbesserung gewesen, sagt Mohammed inzwischen. Seine große Wohnung fühlt sich nun umso leerer an. "Die Situation ist für mich zu schwer auszuhalten, um sie zu beschreiben." Der Antragsprozess zieht sich Monate hin. Währenddessen herrschte eine große Unwissenheit, beobachtet Flüchtlingshelferin Cardillo. "Die Behörden waren per Hotline zwar super zu erreichen", sagt sie. Doch habe niemand ihre spezifischen Fragen beantworten können. Erfahrungswerte gab es nicht. Vorabzustimmung liegt vor Im Januar 2024 stimmt das Regierungspräsidium Gießen der Einreise von Mohammeds Tochter schließlich zu. Seitdem wartet der Vater auf einen Termin in der deutschen Botschaft im Iran. Dort soll seine Tochter Nila ihr deutsches Visum erhalten und von ihrem Großvater in seine Obhut übergeben werden. Doch die Wartezeiten für solche Termine sind immens. An einigen Botschaften ist die Situation besonders schwierig. So auch in Teheran, wie das Auswärtige Amt bestätigt. Der Behörde sei die belastende Situation "insbesondere im Bereich der Familienzusammenführung" aber bewusst. Starke psychische Belastung Mohammed macht das Warten stark zu schaffen. Seine Erwartungshaltung, seine Hoffnungen hätten sich seit dem vergangenen Sommer stark verändert, sagt Helferin Elisa Cardillo. Der anfänglichen Energie und Motivation, seine Tochter endlich nach Deutschland zu holen, seien Stress und Resignation gewichen. "Guck mich an, Elisa, ich habe so viele graue Haare bekommen, sogar mein Bart ist schon grau", soll er ihr einmal gesagt haben. Cardillo ist pessimistisch und befürchtet, dass die ganze Angelegenheit in den kommenden Monaten im Sand verlaufen wird. | /inland/innenpolitik/familiennachzug-gefluechtete-buerokratie-mittendrin-100.html |
2024-04-17 | Ein berühmter Stern im Kleinen Wagen | Astronomie | Das Sternbild Kleiner Wagen ist nicht so bekannt wie der Große Wagen. Doch sein hellster Stern ist einer der berühmtesten - um ihn dreht sich am Firmament alles: um den Polarstern. Von H. Westram. | Das Sternbild Kleiner Wagen ist nicht so bekannt wie der Große Wagen. Doch sein hellster Stern ist einer der berühmtesten - um ihn dreht sich am Firmament alles: um den Polarstern. Von Heike Westram, BR Das Sternbild Kleiner Wagen ist längst nicht so hell wie der Große Wagen ganz in seiner Nähe und daher nicht so leicht zu finden. Doch sein hellster Stern ist einer der prominentesten des Nordhimmels: der Polarstern. Und der ist mit Hilfe des Großen Wagens ganz leicht zu finden. Starhopping vom Großen Wagen zum Polarstern Wenn Sie die hintere Achse des Großen Wagens etwa um das Fünffache nach oben beziehungsweise nach Norden verlängern, dann treffen Sie auf einen hellen Stern: Polaris, wie der Polarstern offiziell heißt. Er ist der hellste Stern des Kleinen Wagens und die Spitze seiner Deichsel. Kleiner Wagen und Großer Wagen im Vergleich Insgesamt formen sieben Sterne den Kleinen Wagen: Vier bilden das Viereck des Wagenkastens, drei weitere die vom Wagenkasten nach oben weisende Deichsel. Das Sternbild ähnelt stark dem Großen Wagen, nur ist bei diesem die Deichsel nach unten gekrümmt. Und es ist etwas kleiner als der Große Wagen. Den Kleinen Wagen können Sie mit der Hand am ausgestreckten Arm abdecken. Zwei Bären, von Zeus an den Himmel gebracht Eigentlich handelt es sich bei beiden Sternbildern um Bären, den Großen Bären (Ursa Maior) und den Kleinen Bären (Ursa Minor). Der Große Wagen bildet nur einen Teil des Großen Bären. Kleiner Wagen und Kleiner Bär sind in der Form identisch. Der griechischen Mythologie zufolge ist der Kleine Bär Arkas, der Sohn der Nymphe Kallisto und des Göttervaters Zeus, der die Nymphe vergewaltigte. Zeus' Gattin Hera verwandelte Kallisto aus Eifersucht in eine Bärin. Damit diese nicht versehentlich von ihrem Sohn Arkas bei der Jagd erlegt würde, machte Zeus auch Arkas zum Bären, packte die beiden an ihren Schwänzen und schleuderte sie hoch an den Sternenhimmel. Daher auch die langen Schwänze der beiden Bären - die Deichseln der beiden Wagen. Die hellsten Sterne des Kleinen Bären Polaris, der Polarstern, ist mit rund 2,0 mag scheinbarer Helligkeit (leicht schwankend) der hellste Stern des Sternbilds und wird astronomisch daher auch als Alpha Ursae Minor (α UMi) bezeichnet. Fast ebenso hell ist der Stern Kochab (β UMi), der zusammen mit Pherkad die hintere Achse des Wagens bildet. Diese drei Sterne kann man recht leicht entdecken, selbst bei etwas Umgebungslicht sind sie noch zu sehen. Die übrigen vier Sterne dazwischen - zwei der Deichsel und zwei der vorderen Achse - sind leider nur Sterne der vierten Größenklasse und deutlich schlechter zu erkennen. Polaris, der Polarstern Polaris ist zwar gut zu sehen, kommt aber auf der Rangliste der hellsten Sterne erst auf Platz 47. Dabei ist er eigentlich eine sehr helle Sonne mit einer Leuchtkraft, die die unserer Sonne um das 2.000-fache übersteigt. Aber Polaris ist fast 450 Lichtjahre von uns entfernt. Alles dreht sich um den Polarstern Polaris ist auch nicht wegen seiner Helligkeit so berühmt, sondern aufgrund seiner Position. Seine anderen Namen Polarstern oder Nordstern weisen darauf hin. Die beste Bezeichnung wäre "Nordpolstern": Der Polarstern befindet sich fast genau am Himmelsnordpol - einem gedachten Punkt in der Verlängerung der Erdachse -, senkrecht über dem Nordpol der Erde. Und damit ist der Polarstern der einzige Stern, der immer am gleichen Ort zu finden ist. Da die Erde einmal täglich um die Erdachse kreist, bewegen sich auch alle Sterne einmal täglich eine Runde rings um den Himmelsnordpol - gegen den Uhrzeigersinn, wenn man nach Norden blickt. Strichspuren um den Polarstern Mit Langzeitaufnahmen kann man das selbst leicht nachvollziehen: Richten Sie eine Kamera mit Stativ und vollaufgeladenen Akkus auf Polaris aus und belichten Sie etwa eine Stunde lang (oder machen Sie entsprechend viele Einzelbildern von je zwei Minuten Belichtungszeit). Inmitten eines solchen "Startrail"-Bildes bleibt ein ruhender Punkt: der Polarstern. Er steht als einziger still. Obwohl: Wenn Sie genügend nahe an ihn heranzoomen könnten, dann würden Sie einen winzig kleinen Kreis sehen, denn tatsächlich ist Polaris 0,7 Grad vom Himmelsnordpol entfernt - das ist etwas mehr, als der Vollmond breit ist. Immer im Norden: Der Polarstern gibt Orientierung Weil Polaris (fast) senkrecht über dem Nordpol steht, war er lange Zeit für die Navigation enorm wichtig. Und auch Sie können sich jetzt, da Sie den Polarstern kennen, jederzeit orientieren, wann immer Sie unter freien Himmel treten: Schauen Sie zum Polarstern und wählen Sie von ihm die kürzeste Strecke zum Horizont, dann blicken Sie genau nach Norden. Sie können mit Hilfe des Polarsterns auch jederzeit feststellen, auf welchem Breitengrad Sie sich gerade befinden: Sein Abstand zum Horizont, in Grad gemessen, entspricht Ihrem Breitengrad. Kein Winkelmesser zur Hand? Kein Problem: Ihre Hand am ausgestreckten Arm ist etwa zehn Grad breit, damit bekommen Sie zumindest eine recht gute Abschätzung. Polaris wird nicht immer der Polarstern sein In knapp achtzig Jahren wird Polaris noch etwas näher beim Himmelsnordpol sein. Einige Jahrtausende später wird aber nicht mehr er der Polarstern sein. Denn die Erdachse taumelt etwas, vereinfacht ausgedrückt. Der Himmelsnordpol verändert sich dadurch laufend - er dreht ganz langsam einen Kreis am Himmel. Der nächste Polarstern wird in rund 2.000 Jahren Errai im Sternbild Kepheus (auch: Cepheus) sein, danach verschiedene Sterne aus dem Schwan. In etwa 25.000 Jahren ist Polaris erneut der Polarstern. Wer auch immer sich dann mit seiner Hilfe orientiert. | /wissen/forschung/astronomie-kleiner-wagen-100.html |
2024-04-17 | Wirtschaftsgipfel, von Kriegen überschattet | Europäische Union | Auf dem EU-Gipfel heute werden wieder die jüngsten Entwicklungen in den Krisenregionen der Welt diskutiert. Dabei sollte es vor allem um Wirtschaftspolitik und Europas Wettbewerbsfähigkeit gehen. Von Jakob Mayr. | Auf dem EU-Gipfel heute werden wieder die jüngsten Entwicklungen in den Krisenregionen der Welt diskutiert. Dabei sollte es in Brüssel vor allem um Wirtschaftspolitik und Europas Wettbewerbsfähigkeit gehen. Von Jakob Mayr Drei Jahrzehnte lang hat der europäische Binnenmarkt wachsenden Wohlstand in den EU-Mitgliedsstaaten garantiert. Er gilt als eine der größten Errungenschaften der Europäischen Union. Damit das so bleibt, muss sich manches ändern: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie anfällig Lieferketten sind. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine machte der EU ihre Abhängigkeit von ausländischen Energielieferungen bewusst. Systemrivale und Konkurrent China verzerrt den Wettbewerb mit massiven Subventionen. Sogar der Partner USA benachteiligt aus EU-Sicht mit seinem Förderprogramm europäische Firmen im Rennen um grüne Technologien. Kurz: Die EU sieht sich bei Wachstum, Produktivität und Innovationen von Partnern und Konkurrenten bedrängt oder sogar abgehängt. Binnenmarkt krisenfest machen Deshalb will die Gemeinschaft den Binnenmarkt krisenfest und zukunftsfähig machen - durch eine neue Vereinbarung über Wettbewerbsfähigkeit. Dafür sollen die Mitgliedsstaaten Hindernisse beseitigen und bestehende Vorschriften besser umsetzen. Das soll helfen, über EU-Grenzen hinweg einfacher Dienstleistungen zu erbringen und Kapital arbeiten zu lassen. In den vergangenen Jahren waren Mitgliedsstaaten allerdings nicht immer bereit, rechtliche und bürokratische Hürden für Dienstleister und Arbeitnehmer aus Partnerländern abzubauen. Der frühere italienische Ministerpräsident Enrico Letta hat monatelang an einem Bericht dazu gearbeitet, den er den Staats- und Regierungschefs und -chefinnen nun präsentiert. Fortschritte bei der Kapitalmarktunion? Europas Wirtschaft nachhaltig umzubauen kostet Hunderte Milliarden Euro pro Jahr. Darüber hinaus wollen EU-Regierungen angesichts der Bedrohung durch Russland massiv aufrüsten. Aber die Mitgliedsstaaten können die dafür nötigen Investitionen nicht allein stemmen. Um zusätzliche private Mittel aufzubringen, wollen sie den Kapitalmarkt harmonisieren, also nationale Vorschriften angleichen. Das betrifft das Börsen- und Insolvenzrecht sowie die Unternehmens- und Dividendenbesteuerung. Fachleute arbeiten daran seit Jahren ohne greifbare Fortschritte. Genau die hat der EU-Gipfel Ende März verlangt, und darüber debattieren die 27 Mitgliedsstaaten auch diesmal. Bundeskanzler Olaf Scholz nennt die Kapitalmarktunion die "entscheidende Ressource für künftiges Wachstum". Er schlägt Reformen von Insolvenzrecht und Körperschaftsbesteuerung vor. Scholz beklagt, dass Geld aus Europa in amerikanische Kapitalsammelstellen fließe, bevor es von dort in europäische Start-ups reinvestiert werde. Mehrere Mitgliedsstaaten fordern außerdem einen europäischen Markt für Verbriefungen, um Kapital freizusetzen. Dabei fassen Banken Kredite zu einem Paket zusammen, in das Anleger investieren. Seit der Finanzkrise von 2008 haben Verbriefungen einen schlechten Ruf. Der Bankenverband betont aber, sie zählten zu den besonders transparenten und regulierten Finanzmarktinstrumenten. Die Hauptstädte sind sich zwar einig, dass ein harmonisierter Kapitalmarkt besser kontrolliert werden müsste. Viele lehnen aber Frankreichs Forderung ab, diese Aufsicht in Paris anzusiedeln und dafür die dort ansässige Börsenaufsichtsbehörde ESMA auszubauen. Debatte über iranischen Angriff Seit dem vergangenen Wochenende hat der Gipfel ein neues Thema: Der iranische Angriff auf Israel hat die Sorge befördert, dass sich der Krieg in Nahost zu einem Flächenbrand ausweiten könnte. Washington und Berlin haben Teherans Attacke scharf verurteilt und gleichzeitig Israel zur Zurückhaltung aufgerufen. Dieser Tenor dürfte auch die Abschlusserklärung des Gipfels prägen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte nach einer G7-Videokonferenz am Sonntag, die EU werde mit Blick auf Irans Drohnen- und Raketenprogramme über zusätzliche Sanktionen beraten. Mehrere Mitgliedsstaaten haben vorgeschlagen, bestehende EU-Strafmaßnahmen zu erweitern, die auf die iranische Drohnen-Produktion für Russland abzielen. Hilfe für die Ukraine Moskau setzt solche Drohnen im Angriffskrieg gegen die Ukraine ein. Die Lage dort ist aus westlicher Sicht ebenfalls besorgniserregend und wird beim Gipfel diskutiert. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rechnet mit einer Offensive der russischen Armee Ende Mai oder Anfang Juni. Er bittet EU und USA nachdrücklich um mehr militärische Hilfe - und zwar vor allem in Form von "Patriot"-Flugabwehrsystemen, weiterer Artillerie und Munition. Die könnten teilweise aus Zinserträgen aus dem in der EU eingefrorenen russischen Vermögen bezahlt werden. Laut einem EU-Diplomaten könnten erste Erlöse schon im Juni fließen. Belgiens Regierungschef Alexander de Croo will auf dem Gipfel außerdem den Verdacht ansprechen, dass Moskau Europaabgeordnete bestochen hat. Belgien habe als Sitz der EU-Institutionen die Verantwortung, das Recht jedes Bürgers auf eine freie und sichere Stimmabgabe zu wahren, erklärte De Croo mit Blick auf die Europawahl im Juni. | /ausland/europa/eu-gipfel-wirtschaft-kriege-100.html |
2024-04-17 | Ein Netzwerk aus Terrorismus-Finanzierern | Prozess in Düsseldorf | Sie sollen Hunderttausende Euro nach Syrien transferiert haben. Deshalb müssen sich seit heute fünf mutmaßliche IS-Unterstützer in Düsseldorf vor Gericht verantworten. Ermittlungen ergaben nach SWR- und BR-Recherchen tiefe Einblicke in das Netzwerk. | Sie sollen Hunderttausende Euro nach Syrien transferiert haben. Deshalb müssen sich seit heute fünf mutmaßliche IS-Unterstützer in Düsseldorf vor Gericht verantworten. Ermittlungen ergaben nach SWR- und BR-Recherchen tiefe Einblicke in das Netzwerk. Von Eric Beres, SWR, und Joseph Röhmel, BR Als die Polizei im Mai 2023 in zehn Bundesländern anrückte, um mehr als 100 Objekte zu durchsuchen, war die Salafisten-Szene aufgeschreckt und präsentierte sich in sozialen Netzwerken als Opfer. Man habe unschuldigen Familien Geld für Kleidung, Windeln und Lebensmitteln geschickt. Die Bundesanwaltschaft sieht das anders. Sie hat seit Jahren Personen im Visier, die mutmaßlich Terrorfinanzierung im Namen der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) organisieren. Bei der Razzia im Mai gab es mehrere Festnahmen. Durch ein ausgeklügeltes Spendensystem soll das Unterstützernetzwerk zwischen 2020 und 2022 mehr als 250.000 Euro von Deutschland nach Syrien transferiert haben. Damit sollten in Lagern in Nordostsyrien inhaftierte Angehörige des IS freigekauft werden oder ein "den Vorgaben des IS entsprechender Lebensstil innerhalb der Lager" finanziert werden, so der Vorwurf der Bundesanwaltschaft. Ende November erhob sie Anklage gegen fünf Beschuldigte. Der Prozess startet heute vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Der Fall Elif Ö. aus Bayern Die Ermittlungen ergaben nach Informationen von SWR und BR, wie die Angeklagten in das Netzwerk eingebunden waren. Unter anderem gab es offenbar Kontakt zu Elif Ö. Sie ist eine mutmaßliche IS-Unterstützerin, aufgewachsen in Bayern. 2015 machte ihr Fall Schlagzeilen, weil sie sich als 16-jährige Schülerin dem IS in Syrien angeschlossen hatte. Nun zeigen die Ermittlungen, dass Elif Ö. mutmaßlich eine wichtige Rolle in dem Netzwerk spielte. Bis heute wird sie in Syrien vermutet. Als der IS 2019 viele Gebiete verlor und in die Defensive geriet, wurde Ö. von kurdischen Sicherheitskräften festgenommen. In dem Frauen-Lager "Al Hol" soll sie sich Ermittlungen zufolge weiter für die IS-Ideologie eingesetzt und auch via Messengerdienst Telegram um Spenden gebeten haben. Zudem soll sie an einem tätlichen Angriff auf eine Frau beteiligt gewesen sein, die sich dem IS widersetzte. Nach ihrer Flucht in den Westen Syriens, in die von Islamisten kontrollierte Region Idlib, propagierte Elif Ö. über Telegram weiter die IS-Ideologie und warb unter anderem mit dem Kanal "Unsere Schwestern" um Spenden aus Deutschland, so Erkenntnisse von Ermittlern. Nach Recherchen von SWR und BR gehen die Ermittler davon aus, dass Elif Ö. mindestens 40.000 Euro eingeworben hat. Auch nach ihrer Flucht soll sie Geld aus Deutschland an inhaftierte IS-Frauen weitergegeben haben. Angeklagter im Prozess hatte offenbar Kontakt zu Elif Ö. Eine von Elif Ö.s mutmaßlichen Kontaktpersonen ist der nun in Düsseldorf angeklagte kosovarische Staatsbürger Kujtim B. aus Rheinland-Pfalz. Er sollte offenbar eingeworbene Spenden in die Türkei oder nach Syrien transferieren. Laut Zeugenaussagen soll B. in Zusammenhang mit Geldtransfers mit mehreren Personen zusammengearbeitet haben - unter anderem mit der in Düsseldorf ebenfalls angeklagten marokkanischen Staatsbürgerin Siham O. aus Bremen. Mit ihr soll sich B. laut Chatprotokollen mindestens zweimal persönlich getroffen haben. Dabei kam es offenbar auch zu Geldübergaben. Um welche Summen es dabei ging, ist unklar. Zwischen Januar und September 2021 überwies die Bremerin laut den Ermittlungen zudem über mehrere Bankkonten mehr als 13.000 Euro an Kujtim B. - teils getarnt als Geld für "Urlaub", "Geschenk" oder "Uwe", aber auch mit Verwendungszwecken wie "Lebensmittelpaket" oder "Medizin". Unklar ist, wie das Geld O. in Syrien erreichte. Ermittler vermuten, B. könnte diese über Mittelsmänner in die Türkei transferiert haben. 2022 kam es womöglich zu weiteren Geldtransfers nach Syrien. Nach persönlicher Aufforderung von Elif Ö. soll sich der 29-jährige Kujtim B. bereit erklärt haben, 1.000 Euro an den Ehemann von Elif. Ö zu spenden. Der Ehemann von Ö. befand sich den Ermittlern zufolge zu diesem Zeitpunkt als Kämpfer des IS in einem anderen Teil Syriens. Ö. und ihr Ehemann tauschten sich wohl via Telegram aus. Sie versuchte offenbar, für ihren Ehemann finanzielle Mittel zu organisieren. Das Geld von Kujtim B. sollte wohl für ein Motorrad und einen Minen-Detektor dienen. Spendennetzwerke zur Verbreitung der IS-Ideologie Für Sofia Koller, die als Analystin bei der Organisation "Counter Extremism Project" unter anderem zu deutschen IS-Dschihadisten forscht, haben solche Spenden-Netzwerke eine hohe Bedeutung für die Salafisten-Szene: "Sie dienen natürlich der Verbreitung und Aufrechterhaltung extremistischer Ideologie. Es wird etwa aktiv darauf hingewiesen, dass die Unterstützung oder Befreiung von Gefangenen eine der größten Pflichten ist und eine der besten Möglichkeiten, Gott näher zu kommen." Die Anwälte von Kujtim B. und Siham O. wollten sich auf Anfragen von SWR und BR nicht zu den Vorwürfen äußern. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat für den aufwändigen Prozess vorerst 18 Verhandlungstage angesetzt. Von einem "spektakulären Fall" spricht Koller: "Einmal sind es relativ viele Angeklagte, insgesamt fünf Angeklagte, darunter auch drei Frauen. Außerdem natürlich der Umfang. Es geht um mehrere Hunderttausend Euro, was schon eine große Summe ist", so die Analystin. | /investigativ/swr/terrorismus-finanzierung-is-gerichtsprozess-100.html |
2024-04-17 | Die Modernisierung stockt | Elektrifizierung der Bahn | Im Koalitionsvertrag steht: Bis 2030 sollen drei Viertel der Schienen mit elektrischen Oberleitungen ausgestattet sein. Aktuelle Zahlen zeigen jedoch, dass das schwierig werden könnte. Von T. Ostermann. | Im Koalitionsvertrag steht es schwarz auf weiß: Bis 2030 sollen drei Viertel der Schienen mit elektrischen Oberleitungen ausgestattet sein. Aktuelle Zahlen zeigen jedoch, dass das schwierig werden könnte. Von Torben Ostermann SPD, Grüne und FDP hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, das deutsche Schienennetz zu modernisieren. Konkret steht dort, dass bis 2030 insgesamt 75 Prozent des Schienennetzes elektrifiziert sein sollen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Ein mit Strom betriebenes Schienennetz verursacht weniger CO2, ist also klimafreundlicher und außerdem leistungsfähiger. Bislang sind allerdings nur 62 Prozent des deutschen Schienennetzes elektrifiziert. Das geht aus Zahlen hervor, die der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und Allianz pro Schiene heute Mittag vorstellen und die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegen. Dirk Flege, der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, nennt die Zahlen "bedauerlich" und fordert von der Bundesregierung mehr Tempo. Verbände fordern Bürokratieabbau Um die selbstgesteckten Ziele zu erreichen, müssten 4.500 Streckenkilometer innerhalb der nächsten Jahre mit Oberleitungen versehen werden. Aus Sicht der beiden Verbände kann das nur gelingen, indem Bürokratie abgebaut wird. "Konkret schlagen wir vor, nicht bei jedem einzelnen Vorhaben aufs Neue eine Kosten-Nutzen-Bewertung durchzuführen", so Flege. Auch die Finanzierung der Projekte müsse vereinfacht werden. Andere Länder machen es vor Es ist wenig überraschend, dass die Schweiz auch bei der Elektrifizierung der Schiene die Nase vorn hat. Im ÖPNV-Vorzeigeland können die Bahnen auf jedem einzelnen Meter mit Strom fahren - die Quote liegt bei beeindruckenden einhundert Prozent. Deutschland befindet sich im europäischen Ranking eher im Mittelfeld, zwischen Polen und Frankreich. Auch innerhalb Deutschlands sind die Unterschiede gewaltig. Während vor allem die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin fast alle Strecken mit Oberleitungen versehen haben, sind es in Schleswig-Holstein und Thüringen weit weniger als die Hälfte. | /inland/innenpolitik/modernisierung-bahnstrecken-100.html |
2024-04-17 | CDU ändert umstrittene Formulierung zu Muslimen | Grundsatzprogramm | Ein Entwurf des CDU-Grundsatzprogramms zu Islam und Muslimen hatte zu einer kontroversen Debatte geführt. Nun hat die Antragskommission der Partei reagiert und die umstrittene Passage geändert. | Gehören "Muslime, die unsere Werte teilen", zu Deutschland? Zumindest die Formulierung ist in der CDU umstritten. Deswegen hat sie den Entwurf des Grundsatzprogramms nach kontroverser Debatte jetzt geändert. Nach einer kontroversen Debatte über einen Satz hat die Antragskommission die Passage über den Islam im geplanten neuen CDU-Grundsatzprogramm geändert. Das Papier liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor. Darin heißt es: "Ein Islam, der unsere Werte nicht teilt und unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnt, gehört nicht zu Deutschland." Zuvor lautete der Satz: "Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland." Über das Grundsatzprogramm stimmt der CDU-Parteitag ab, der vom 6. bis 8. Mai in Berlin stattfindet. Die von der Antragskommission beschlossene Passage zum Islam beginnt jetzt mit den Worten: "Muslime sind Teil der religiösen Vielfalt Deutschlands und unserer Gesellschaft." Zudem bekennt sich die CDU dazu, Forschung und Lehre der islamischen Theologie und die Ausbildung von deutschsprachigen Imamen an deutschen Hochschulen weiter auszubauen. Zentralrat der Muslime lehnt auch geänderte Aussage ab Der Zentralrat der Muslime in Deutschland kritisierte auch die Neufassung der Passage. Sie sei "ein weiterer Versuch der Christlich Demokratischen Union, in trüben Gewässern zu fischen, um Muslime zu stigmatisieren", sagte der Zentralrats-Vorsitzende Aiman Mazyek dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Mazyek kritisierte: „Wenn überhaupt, wäre eine Formulierung, die alle Weltanschauungen und religiösen Gemeinschaften anspricht, akzeptabel, anstatt nur eine bestimmte herauszugreifen und negativ zu markieren.“ Die Vorgehensweise der CDU sei "selektiv" und bediene antimuslimische Ressentiments und Stereotypen, bemängelte der Zentralrats-Vorsitzende. Ziel ist ein lebendiges Gemeindeleben Im CDU-Entwurf wird auch darauf hingewiesen, dass viele Muslime in Deutschland schon seit Jahrzehnten eine neue Heimat gefunden hätten. Die wenigsten von ihnen seien in den großen Islam-Verbänden organisiert. Man unterstütze sie dabei, sich hier zu organisieren. "Unser Ziel ist ein lebendiges Gemeindeleben auf dem Boden des Grundgesetzes und seiner Werte." Die CDU wendet sich zugleich gegen jede "Einflussnahme ausländischer Regierungen auf hiesige Moscheegemeinden, Islamverbände, muslimische Organisationen und deutsche Muslime". Es müssten Alternativen zur Auslandsfinanzierung von Moscheegemeinden und zur Entsendung von Imamen aus dem Ausland gefunden werden. Anders als die großen Kirchen und jüdischen Gemeinden haben Moscheegemeinden keine klassischen Mitgliederstrukturen, tun sich daher in der Regel schwer mit dem Status einer Körperschaft und ziehen keine Steuer ein. Viele islamische Gemeinden greifen auch aus finanziellen Gründen auf Imame aus dem Ausland zurück. Diskussion nach Wulff-Rede Bereits in der Vergangenheit hatten Formulierungen über den Islam in Deutschland immer wieder Diskussionen ausgelöst. Etwa 2010, als der damalige Bundespräsident Christian Wulff in einer Rede zum 20. Jahrestag der deutschen Einheit sagte, dass der Islam inzwischen auch zu Deutschland gehöre. Vier Jahre zuvor hatte bereits Wolfgang Schäuble, CDU, eine ähnliche Formulierung genutzt, als er als Bundesinnenminister die erste Islamkonferenz eröffnete: "Der Islam ist Teil Deutschlands und Teil Europas." Später griff die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel Wulffs Satz wieder auf und sagte: "Das ist so - dieser Meinung bin ich auch." | /inland/gesellschaft/cdu-grundsatzprogramm-muslime-100.html |
2024-04-17 | Suu Kyi aus Gefängnis in Hausarrest verlegt | Myanmar | Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi ist in Myanmar aus dem Gefängnis in Hausarrest verlegt worden. Ihr und anderen Häftlingen habe in der Haftanstalt ein Hitzschlag gedroht, erklärte die Militärjunta. | Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi ist in Myanmar aus dem Gefängnis in Hausarrest verlegt worden. Ihr und anderen Häftlingen habe in der Haftanstalt ein Hitzschlag gedroht, erklärte die Militärjunta. In Myanmar ist die frühere De-facto-Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin, Aung San Suu Kyi, nach Angaben der Militärregierung vom Gefängnis in den Hausarrest verlegt worden. Dies sei geschehen, um einen Hitzschlag zu vermeiden, teilte der Sprecher der Militärregierung, Generalmajor Zaw Min Tun, mit. Auch andere ältere Gefangene seien aus diesem Grund von der Haft in den Hausarrest überstellt worden. "Die extreme Hitze betrifft nicht nur Aung San Suu Kyi. Wir arbeiten daran, alle, die die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen müssen, insbesondere die älteren Gefangenen, vor einem Hitzschlag zu schützen." Suu Kyi ist 78 Jahre alt und seit dem Militärputsch vor mehr als drei Jahren in Gewahrsam. Bürgerkriegsartige Zustände in Myanmar In Myanmar herrschen seit Längerem bürgerkriegsartige Zustände. Die Armee kämpft an mehreren Fronten gegen eine lose Allianz von Aufständischen. Einige westliche Staaten werfen dem Militär Gräueltaten vor, was es zurückweist. Die Armee verlängerte Ende Januar den Ausnahmezustand um ein weiteres halbes Jahr. Das Militär in dem südostasiatischen Land hatte am 1. Februar 2021 unter Führung von Min Aung Hlaing geputscht und die demokratisch gewählte Regierung gestürzt. Tausende Menschen wurden damals festgenommen, Hunderte durch Sicherheitskräfte getötet. Suu Kyi mehrfach verurteilt Myanmars Armee begründete die Absetzung der Regierung mit mutmaßlicher Fälschung bei der Parlamentswahl im November 2020, bei der Suu Kyis Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) einen erdrutschartigen Sieg errungen hatte. Suu Kyi wurde damals - wie auch andere führende Politiker - inhaftiert. In mehreren Verfahren wurde sie unter anderem wegen Hochverrats, Bestechung und Verstößen gegen das Telekommunikationsgesetz verurteilt. Die Haftstrafe summierte sich auf 33 Jahre. In einigen Punkten wurde Suu Kyi begnadigt, die Haftstrafe auf 27 Jahre verringert. Sie bestreitet die Vorwürfe. Das Militär rechtfertigt seinen Anspruch auf eine zentrale Rolle in der Politik seit langem damit, dass nur es in der Lage sei, das Land mit seinen 53 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern und seinen zahlreichen ethnischen Minderheiten zusammenzuhalten. | /ausland/asien/myanmar-suu-kyi-110.html |
2024-04-17 | EU und USA planen neue Sanktionen gegen Iran | Angriff auf Israel | Nach dem Angriff des Iran auf Israel arbeitet die EU an weiteren Sanktionen gegen Teheran. Sie könnten Handelsbeschränkungen beinhalten oder auf das Drohnenprogramm zielen. Auch die USA kündigten neue Sanktionen an. | Nach dem Angriff des Iran auf Israel arbeitet die EU an weiteren Sanktionen gegen Teheran. Sie könnten Handelsbeschränkungen beinhalten oder auf das Drohnenprogramm zielen. Auch die USA kündigten neue Sanktionen an. Der Iran muss nach seinem Raketen- und Drohnenangriff auf Israel mit neuen Sanktionen sowohl der EU als auch von den USA rechnen. EU-Chefdiplomat Josep Borrell teilte nach einer Videoschalte der Außenminister der Mitgliedstaaten mit, er werde sein Team um Vorbereitungen für weitere Strafmaßnahmen bitten. "Wir werden das Sanktionsregime (...) ausweiten und verschärfen." Handelsbeschränkungen und Maßnahmen gegen Drohnenbau Demnach könnten unter anderem Handelsbeschränkungen erweitert werden, um dem Iran den Bau von Raketen zu erschweren. Zudem ist geplant, auch die iranischen Lieferungen von Drohnen und Raketen an Verbündete in der Region ins Visier zu nehmen. Für beide Maßnahmen soll eine Sanktionsregelung ausgeweitet werden, die nach dem Beginn der iranischen Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mit der Lieferung von Drohnen eingerichtet wurde. Über sie wurde bislang unter anderem die Ausfuhr von Bauteilen in den Iran verboten, die für den Bau und die Produktion von unbemannten Luftfahrzeugen verwendet werden. Zudem sind auch Personen und Organisationen von Strafmaßnahmen betroffen. Einstufung der Revolutionsgarden als Terrororganisation schwierig Wann die geplanten neuen Iran-Sanktionen in Kraft gesetzt werden könnten, sagte Borrell am Abend nicht. Er verwies lediglich darauf, dass es bereits am kommenden Montag wieder ein reguläres EU-Außenministertreffen in Luxemburg gibt. Zu Forderungen nach einer Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation erklärte Borrell, dazu müsse die Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte nach EU-Recht zunächst einmal durch eine nationale Behörde wegen Terroraktivitäten verfolgt werden. Dies sei bislang aber nicht der Fall. Auch US-Regierung kündigt neue Sanktionen an Auch die USA werden nach dem iranischen Angriff auf Israel neue Sanktionen gegen Teheran verhängen. Das teilte der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am Abend (Ortszeit) mit. Die Sanktionen richten sich demnach gegen das Raketen- und Drohnenprogramm der Islamischen Republik, gegen Unterstützer der iranischen Revolutionsgarden sowie gegen das iranische Verteidigungsministerium. Die Schritte würden mit Alliierten und Verbündeten inklusive der G7-Staaten koordiniert wie auch mit den Spitzen von Demokraten und Republikanern im US-Kongress, hieß es in der Mitteilung. Weiterhin arbeiteten das Pentagon sowie das US-Regionalkommando Centcom daran, die Verteidigungsfähigkeiten in der Region zu stärken. Aufruf zur Deeskalation EU-Chefdiplomat Borrell sagte nach der Videokonferenz der Außenminister, man sei sich einig, dass eine weitere Eskalation verhindert werden müsse. Man fordere deswegen alle Beteiligten zu Zurückhaltung auf. "Die Region befindet sich am Rande des Abgrunds", betonte Borrell. Von ihm müsse man nun wegkommen. Wenn Angriff auf Gegenangriff folge und die Intensität immer weiter zunehme, werde man am Ende einen richtigen Krieg haben. Auch der Krieg im Gazastreifen werde dann nicht enden. Borrell selbst war nach Angaben von Diplomaten zunächst zurückhaltend in der Frage neuer Sanktionen gewesen. Als ein Grund gelten die Bemühungen, den Iran zu einem Festhalten an einem Abkommen zur Einschränkung seines Nuklearprogramms zu bewegen. Dieses soll verhindern, dass der Iran eine Atombombe baut. Der Iran hatte in der Nacht zum Sonntag erstmals in der Geschichte von seinem Staatsgebiet aus Israel direkt angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden fast alle der 300 vom Iran aus abgefeuerten Drohnen und Raketen abgewehrt. | /ausland/eu-iran-sanktionen-100.html |
2024-04-17 | Tausende protestieren wieder gegen Agenten-Gesetz | Georgien | In Georgien ist es erneut zu pro-europäischen Protesten gekommen - dabei gab es auch Zusammenstöße mit der Polizei. Der Ärger richtet sich gegen ein geplantes Gesetz, das ausländische Einflüsse auf die Zivilgesellschaft offenlegen soll. | In Georgien ist es erneut zu pro-europäischen Protesten gekommen - dabei gab es auch Zusammenstöße mit der Polizei. Der Ärger richtet sich gegen ein geplantes Gesetz, das ausländische Einflüsse auf die Zivilgesellschaft offenlegen soll. Tausende pro-europäische Demonstranten haben in der Südkaukasusrepublik Georgien den zweiten Tag hintereinander gegen ein geplantes Gesetz zur Kontrolle von Einflussnahme aus dem Ausland protestiert. In der Hauptstadt Tiflis kam es vor dem Parlament, wo der Gesetzentwurf in erster von drei Lesungen debattiert wurde, teils zu Rangeleien zwischen Protestierenden und der Polizei. Sicherheitskräfte hätten Pfefferspray eingesetzt, berichteten georgische Medien. Wie schon bei den Protesten am Montag gab es demnach auch Festnahmen. Das Innenministerium meldete, ein Polizist sei verletzt worden. Das als "russisches Gesetz" kritisierte Vorhaben sieht vor, dass etwa Nichtregierungsorganisationen, die Geld aus dem Ausland bekommen, diese Finanzquellen offenlegen. Die georgische Regierung will so nach eigenen Angaben für mehr Transparenz sorgen und das Ausmaß ausländischer Einflussnahme stärker kontrollieren. Viele Projekte der Zivilgesellschaft und zur Demokratieförderung in Georgien werden vom Westen finanziert, darunter mit Geldern aus der EU und den USA. Kritik von Opposition und EU Kritiker befürchten allerdings, dass ein solches Gesetz nach russischem Vorbild missbraucht werden könnte, um diese Geldflüsse zu stoppen und pro-westliche Kräfte politisch zu verfolgen. Die pro-europäische georgische Präsidentin Salome Surabischwili, die mit der nationalkonservativen Regierung über Kreuz liegt, kritisierte, dass trotz der Proteste an dem Gesetzesentwurf festgehalten werde. Es handele sich um eine Provokation. Das spiele der russischen Strategie der Destabilisierung Georgiens in die Hände, sagte sie. EU-Ratspräsident Charles Michel erinnerte daran, dass Georgien im vergangenen Dezember den Status als Beitrittskandidat der Europäischen Union erhalten habe und dieses Gesetz damit nicht vereinbar sei. Die Initiative werde Georgien weiter von der EU entfernen und nicht näherbringen, schrieb er im sozialen Netzwerk X. Regierung will Gesetz nicht zurückziehen Dagegen wies die Regierungspartei Georgischer Traum die Kritik zurück und betonte, dass es sich um ein Gesetz im Interesse des Landes handele. Trotz Appellen der EU-Staaten, darunter Deutschland, werde der Entwurf nicht zurückgezogen, hieß es. 2023 hatte die georgische Führung ein solches Gesetz nach massiven Straßenprotesten noch zurückgezogen. | /ausland/europa/georgien-protest-agenten-gesetz-100.html |
2024-04-16 | Dortmund zieht ins Champions League-Halbfinale ein | 4:2-Sieg gegen Atlético Madrid | Borussia Dortmund steht erstmals seit 2013 wieder im Halbfinale der Champions-League. Die Mannschaft besiegte Atlético Madrid in einem packenden Spiel mit 4:2 und trifft nun in zwei Wochen auf Paris Saint-Germain. | Borussia Dortmund steht erstmals seit 2013 wieder im Halbfinale der Champions-League. Die Mannschaft besiegte Atlético Madrid in einem packenden Spiel mit 4:2 und trifft nun in zwei Wochen auf Paris Saint-Germain. Mit einem 4:2-Sieg über Atlético Madrid hat Borussia Dortmund das Halbfinale der Fußball Champions-League erreicht. Mit dem Ergebnis machte das Team von Trainer Edin Terzic die 1:2-Niederlage aus dem Viertelfinal-Hinspiel wett. Julian Brandt (34.), Ian Maatsen (39.), Niclas Füllkrug (71.) und Marcel Sabitzer (74.) schossen den Dortmunder Sieg heraus. Atlético hatte zwischenzeitlich durch ein Eigentor von Mats Hummels (49.) und Angel Correa (64.) ausgeglichen. Halbfinale gegen PSG Bereits in zwei Wochen trifft der BVB im Halbfinale nun auf Paris Saint-Germain, die den FC Barcelona mit 4:1 besiegten. Das Endspiel der Fußball-Königsklasse findet dann am 1. Juni im Londoner Wembley-Stadion statt. Beim letzten Halbfinal-Einzug vor elf Jahren zog der BVB anschließend sogar ins Finale ein, verlor dort aber im deutschen Finale gegen den FC Bayern. Dieses Szenario ist auch dieses Mal noch möglich, die Münchner treffen am Mittwoch in ihrem Viertelfinal-Rückspiel auf den FC Arsenal. Den ausführlichen Spielbericht lesen Sie hier: | /eilmeldung/dortmund-madrid-champions-league-halbfinale-100.html |
2024-04-16 | ++ Sunak ruft Israel zu Besonnenheit auf ++ | Krieg in Nahost | Der britische Premier Sunak empfiehlt Israel, besonnen auf die Angriffe des Iran zu reagieren. Der türkische Präsident Erdogan erhebt schwere Vorwürfe gegen Israels Premier Netanyahu. Der Liveblog zum Nachlesen. | Der britische Premier Sunak empfiehlt Israel, besonnen auf die Angriffe des Iran zu reagieren. Der türkische Präsident Erdogan erhebt schwere Vorwürfe gegen Israels Premier Netanyahu. Der Liveblog zum Nachlesen. Putin telefoniert mit Irans Präsident RaisiAußenministerin Baerbock reist nach IsraelEasyjet fliegt vorerst nicht mehr nach IsraelIsraels Außenminister Katz fordert mehr Iran-SanktionenIran will laut Außenminister Zurückhaltung übenIAEA warnt vor Angriffen auf Irans Atomanlagen Ende des Liveblogs An dieser Stelle beenden wir den Liveblog - vielen Dank für Ihr Interesse! Sunak rät Israel zu Besonnenheit Der britische Premierminister Rishi Sunak hat in einem Telefonat mit seinem israelischen Amtskollegen Benjamin Netanyahu zu Besonnenheit nach den iranischen Angriffen geraten. Eine erhebliche Eskalation sei in niemandes Interesse, betonte Sunak einer Mitteilung der britischen Regierung zufolge. Sunak habe bei dem Gespräch die Unterstützung Großbritanniens für Israels Sicherheit und die Stabilität in der Region bekräftigt, hieß es weiter. Iran habe sich schwer verrechnet und sei international zunehmend isoliert, während die G7-Gruppe der führenden westlichen Industrienationen eine diplomatische Antwort vorbereiteten, wurde der Premierminister zitiert. EU kündigt neue Sanktionen gegen Iran an Der Iran muss nach seinem Raketen- und Drohnenangriff auf Israel mit neuen EU-Sanktionen rechnen. EU-Chefdiplomat Josep Borrell teilte am Abend nach einer Videoschalte der Außenminister der Mitgliedstaaten mit, er werde sein Team um Vorbereitungen für weitere Strafmaßnahmen bitten. Den Angaben von Borrell zufolge sollen unter anderem Handelsbeschränkungen ausgeweitet werden, um dem Iran den Bau von Raketen zu erschweren. Zudem ist geplant, auch die Lieferung von Drohnen und Raketen an Verbündete in der Region ins Visier zu nehmen. Für beide Maßnahmen soll eine Sanktionsregelung ausgeweitet werden, die nach dem Beginn der iranischen Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mit der Lieferung von Drohnen eingerichtet wurde. Israel tötet Hisbollah-Kommandeur Bei einem Angriff im Südlibanon ist nach Angaben der israelischen Armee ein Kommandeur der Hisbollah getötet worden. Die proiranische Miliz bestätigte dessen Tod. Sie teilte jedoch nicht mit, wann, wo und wie genau das Hisbollah-Mitglied ums Leben kam. Libanons staatliche Nachrichtenagentur NNA berichtete, zwei weitere Personen seien verletzt worden. Demnach wurde bei dem israelischen Angriff ein Auto in dem Ort Ain Baal nahe der israelischen Grenze getroffen. Auch libanesische Medien berichteten unter Berufung auf Sicherheitsquellen aus dem Südlibanon, dass es sich bei dem Getöteten um ein führendes Mitglied der Hisbollah-Miliz handele. Die Person sei für die militärischen Aktivitäten der proiranischen Miliz in dem betroffenen Gebiet zuständig gewesen. Der Befehlshaber habe unter anderem Raketenstarts Richtung Israel geplant, hieß es von Israels Militär. Er wurde demnach von einem Flugobjekt in der Gegend von Ain Baal getötet. Türkei richtet schwere Vorwürfe an Israel Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sieht in Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu den einzig Verantwortlichen für die Spannungen im Nahen Osten. "Israel versucht, einen Konflikt in der Region zu provozieren und der Angriff auf die iranische Botschaft in Damaskus war der letzte Tropfen", sagte Erdogan bei einer Pressekonferenz nach einer Kabinettssitzung. Solange "die Grausamkeit und der Völkermord" im Gazastreifen anhalte, sei ein Konflikt in der gesamten Region möglich. Alle müssten mit gesundem Menschenverstand agieren. Es gehe nicht, dass der Westen den Angriff des Iran auf Israel verurteile, den israelischen Angriff auf die iranische Botschaft in Damaskus aber nicht. Yellen droht Iran mit weiteren Sanktionen US-Finanzministerin Janet Yellen hat dem Iran "bösartige und destabilisierende Aktivitäten" im Nahen Osten vorgeworfen und mit weiteren Sanktionen gedroht. Dabei verwies Yellen auf den Raketen- und Drohnenangriff des Irans auf Israel vom Wochenende. "Vom Angriff dieses Wochenendes bis hin zu den Huthi-Angriffen im Roten Meer - die Handlungen des Irans gefährden die Stabilität der Region und könnten wirtschaftliche Auswirkungen verursachen", teilte Yellen mit. Seit dem Amtsantritt der US-Regierung seien mehr als 500 Einzelpersonen und Einheiten im Zusammenhang mit Terrorismus und Terrorfinanzierung durch das iranische Regime und dessen Stellvertreter ins Visier genommen worden, erklärte sie. Sie verwies auf Sanktionen gegen Drohnen- und Raketenprogramme des Irans, die militante Gruppe Hamas, die Huthi-Rebellen, die militante Hisbollah und andere Milizengruppen. Yellen ließ wissen, dass sie davon ausgehe, dass zeitnah weitere Strafmaßnahmen gegen den Iran ergriffen würden. Israels Botschafter rechnet mit Schlag gegen Irans Militäreinrichtungen Nach dem iranischen Angriff auf Israel geht der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, von einem Gegenschlag auf militärische Einrichtungen des Irans aus. Israel werde keine zivilen Ziele angreifen, obwohl die Angriffe Teherans sehr wohl auch zivilen Zielen gegolten hätten, sagte Prosor dem Sender "Welt TV". Die israelische Antwort werde sich "gegen diese militärischen Einrichtungen von den Mullahs und den Ajatollahs" richten. Darauf könne man nicht verzichten: "Wir müssen darauf reagieren. Es ist auch wichtig für die Region, dass diese Abschreckung - auch in dieser Region - ganz klar ist." Prosor unterstrich die Entschlossenheit Israels zum Gegenschlag, nannte aber keine Details. "Wann, wo und wie - das wird unser Kriegskabinett entscheiden", sagte er. Von den Verbündeten forderte er Verständnis für die israelische Position und härtere Sanktionen. "Erstmal hören wir zu - unseren Freunden - also den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Deutschland. Aber ich möchte in Erinnerung rufen, dass Iran gegen Israel ohne Provokation jetzt über 300 Raketen geschossen hat, um israelische Zivilisten zu töten. Und wir müssen darauf reagieren." Pakistan und Saudi-Arabien fordern Waffenruhe Pakistan und Saudi-Arabien haben sich für eine Waffenruhe im Nahost-Krieg sowie die uneingeschränkte Lieferung humanitärer Hilfe in den Gazastreifen ausgesprochen. Internationale Bemühungen um eine Waffenruhe seien "völlig unzureichend" gewesen, sagte der saudi-arabische Außenminister, Prinz Faissal bin Farhan, bei einem Besuch in Islamabad. Humanitäre Hilfe erreiche die Menschen im Gazastreifen nicht. "Das ist eine inakzeptable Situation", sagte der Minister. Der pakistanische Außenminister Ishaq Dar sagte, die Tötungen im Gazastreifen seien Völkermord. Es sollte "eine sofortige und bedingungslose Waffenruhe" geben. Libanon: Ein Toter nach israelischem Angriff Bei einem israelischen Angriff im Südlibanon ist nach libanesischen Angaben ein Mensch getötet worden. Die staatliche Nachrichtenagentur NNA berichtete, zwei weitere Personen seien verletzt worden. Demnach wurde bei dem Angriff ein Auto in dem Ort Ain Baal nahe der israelischen Grenze getroffen. Ob es sich bei den Opfern um Mitglieder der Hisbollah-Miliz handelte, ist unklar. Israels Armeesprecher: Iran wird "nicht ungeschoren davonkommen" Der Iran wird nach Worten des israelischen Armeesprechers für den Angriff auf Israel am vergangenen Wochenende einen Preis zahlen. "Der Iran wird mit dieser Aggression nicht ungeschoren davonkommen", sagte Armeesprecher Daniel Hagari auf dem Militärstützpunkt Julis. "Wir werden diese Aggression in der Region nicht erlauben." Während die Welt über die "nukleare Bedrohung durch den Iran" spreche, baue das Land "eine konventionelle Bedrohung auf, das heißt, es will einen Feuerring um Israel legen", fuhr Hagari fort. Hisbollah-Miliz: Drohnenangriff auf Norden Israels Die vom Iran unterstützte libanesische Hisbollah-Miliz hat nach eigenen Angaben den Norden Israels mit zwei mit Sprengstoff beladenen Drohnen angegriffen. Die Kämpfer hätten mit einem Luftangriff in zwei Phasen Stellungen des israelischen Raketenabwehrsystems Iron Dome und deren Besatzung attackiert, erklärte die islamistische Gruppe. Zuvor hatte die israelische Armee den Abschuss von zwei bewaffneten Drohnen gemeldet. Die Drohnen seien in der Gegend von Beit Hillel über israelischem Gebiet explodiert, hieß es weiter von der Armee. Regionalen israelischen Behörden zufolge wurden dabei drei Menschen verletzt. Nach Armeeangaben wurde eine Untersuchung des Vorfalls eingeleitet. Kreml: Irans Präsident will keine Eskalation Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hat sich in einem Telefonat mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin über den Konflikt der Islamischen Republik mit Israel ausgetauscht. Laut Präsidialamt in Moskau sagte Raisi gegenüber Putin, der Iran sei nicht an einer Eskalation interessiert. Die iranischen Angriffe auf Israel seien eingeschränkt gewesen. Putin äußerte den Angaben zufolge die Hoffnung, dass alle Beteiligten Zurückhaltung üben. Damit solle eine Konfrontation verhindert werden, die "katastrophale Folgen für die gesamte Region" haben könne. Der Iran und Russland sind befreundete Staaten. Russland setzt nach westlichen Erkenntnissen im Krieg gegen die Ukraine Drohnen aus iranischer Produktion ein. Zudem unterstützen beide Länder im syrischen Bürgerkrieg Präsident Baschar al-Assad. UN warnen israelische Truppen vor Beteiligung an Siedlerangriffen Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hat israelische Sicherheitskräfte zu einem Ende der Beteiligung an Angriffen von Siedlern gegen Palästinenser aufgerufen. "Palästinenser sind Angriffswellen Hunderter israelischer Siedler ausgesetzt gewesen, die häufig von israelischen Sicherheitskräften begleitet oder unterstützt wurden", teilten die Vereinten Nationen mit. Zuvor hatte die Tötung eines 14-jährigen Israelis mehrere Angriffe von Siedlern in palästinensischen Städten und Dörfern hervorgerufen. Nach Behördenangaben fiel der Junge einem Extremistenanschlag zum Opfer. Laut palästinensischem Gesundheitsministerium sind seit dem Beginn der dadurch ausgelösten Angriffe am Freitag sieben Palästinenser von israelischen Sicherheitskräften oder Siedlern getötet worden. 75 wurden verletzt. Aktivisten werfen israelischen Truppen seit langem vor, Angriffe durch Siedler regelmäßig zu ignorieren oder sich daran zu beteiligen. Baerbock reist nach Israel Außenministerin Baerbock besucht erneut den Nahen Osten. Noch heute werde sie zu Gesprächen nach Israel fliegen, kündigte sie nach einem Gespräch mit ihrem jordanischen Amtskollegen Ayman Safadi in Berlin an. Sie werde Israel bei ihrem Besuch die volle Solidarität Deutschlands versichern. Außerdem werde sie darüber sprechen, wie eine weitere Eskalation mit dem Iran verhindert werden könne. Es komme jetzt darauf an, Teheran Einhalt zu gebieten, sagte Baerbock. Easyjet streicht Flüge nach Israel Die Airline Easyjet fliegt bis Ende Oktober nicht mehr nach Israel. Wegen der sich stetig entwickelnden Lage in dem Land habe man sich entschieden, die Flüge nach Tel Aviv für den Rest des Sommerflugplans zu streichen, hieß es von Easyjet. Für die betroffenen Passagiere gebe es verschiedene Erstattungsmöglichkeiten, darunter auch die Auszahlung des Flugpreises. UN Women: Katastrophale Lage für Frauen in Gaza Seit Beginn des Nahost-Kriegs sind im Gaza-Streifen laut UN Women mehr als 10.000 Frauen getötet worden. Unter ihnen seien schätzungsweise 6.000 Mütter. Sie hätten 19.000 Kinder zurückgelassen. Laut UN Women litten mehr als eine Million Frauen und Mädchen im Gaza-Streifen unter katastrophalem Hunger und hätten nahezu keinen Zugang zu Nahrungsmitteln, sauberem Trinkwasser oder funktionierenden Toiletten. Das sei lebensbedrohlich. Der Zugang zu sauberem Wasser sei vor allem für stillende Mütter und schwangere Frauen von großer Bedeutung. Sie hätten einen höheren Tagesbedarf an Wasser und Kalorien. Sauberes Wasser sei auch entscheidend dafür, dass Frauen und Mädchen ihre Menstruationshygiene in Würde und Sicherheit erledigen könnten. UN kritisieren erneut Blockaden von humanitärer Hilfe Das UN-Büro für Menschenrechte hat Israel erneut vorgeworfen, die Belieferung des Gazastreifens mit humanitärer Hilfe zu erschweren. "Israel verhängt weiterhin rechtswidrige Beschränkungen für die Einreise und die Verteilung von humanitärer Hilfe und führt weitreichende Zerstörungen der zivilen Infrastruktur durch", zitierte die Nachrichtenagentur Reuters die Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros Ravina Shamdasani. Saudi-Arabien an Abwehr von iranischem Angriff wohl nicht beteiligt Das mit den USA verbündete Saudi-Arabien hat laut einem Bericht des staatlich finanzierten Nachrichtenkanals Al-Arabija nicht bei der Abwehr von Irans Großangriff auf Israel geholfen. Das Königreich sei nicht daran beteiligt gewesen, iranische Drohnen und Raketen abzufangen, berichtete der Kanal unter Berufung auf "informierte Kreise". Zuvor hatten israelische Medien berichtet, Saudi-Arabien habe Israel angeblich bei der Abwehr des Drohnen- und Raketenangriffs unterstützt. Die israelische Nachrichtenseite KAN hatte unter Berufung auf eine Quelle mit Verbindungen zur saudischen Königsfamilie berichtet, dass die Streitkräfte des Königreichs offenbar beteiligt waren. Zentralrat der Juden fordert IZH-Schließung Nach dem iranischen Angriff auf Israel fordert der Zentralrat der Juden eine Schließung und ein Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH). "Spätestens jetzt sollte jedem klar sein, wer hinter dem IZH steht: ein verbrecherischer Staat, der einen Terrorkrieg gegen die westliche Welt und Israel führt - übrigens nicht erst seit dem vergangenen Wochenende", sagte der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, der Zeitung "Welt". Laut Bundesinnenministerium steht der Verein im Verdacht, sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung zu richten und der vom Iran unterstützten libanesischen Terrororganisation Hisbollah nahezustehen. Im November waren bei Razzien in sieben Bundesländern Einrichtungen des Vereins und ihm zugerechneten Teilorganisationen durchsucht worden. Israelischer Pavillon bei Kunstbiennale bleibt geschlossen Der Israelische Pavillon bei der Kunstbiennale in Venedig öffnet nach Angaben der ausstellenden Künstlerin aus politischem Protest nicht wie geplant. Die Künstlerin und Kuratoren des Pavillons würden die Ausstellung eröffnen, wenn eine Vereinbarung über einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg und die Freilassung der von der militant-islamistischen Hamas festgehaltenen Geiseln erreicht sei, hieß es am Dienstag auf der Webseite der Künstlerin Ruth Patir. Die Kunstbiennale in Venedig wird am Samstag eröffnet. Luxemburg skeptisch gegenüber Terror-Einstufung von Revolutionsgarden Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel steht der von Israel geforderten Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation skeptisch gegenüber. Hier fehle es einerseits an den formalen Voraussetzungen, sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Denn dafür brauche es erst ein Gerichtsurteil gegen die Organisation in mindestens einem EU-Mitgliedsstaat. Zudem stellte Bettel infrage, ob es angesichts der angespannten Lage zwischen dem Iran und Israel und dem Ringen um diplomatische Lösungen der richtige Weg sei. "Man sollte nicht vergessen: Die sitzen aber am Ruder, das heißt, diese Organisationen sind die Leute, die da entscheiden. Und wenn wir die jetzt als Terroristen bezeichnen und nicht mehr mit denen reden wollen, dann haben wir auch keine Partner, mit denen wir reden müssen", betonte Bettel. Strack-Zimmermann für mehr Sanktionen gegen Iran Nach dem iranischen Angriff auf Israel am Wochenende hat die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ein härteres Vorgehen Deutschlands und der EU gegen den Iran gefordert. "Es wird Zeit, dass diese Handlungen Folgen haben", sagte sie den Sendern RTL und ntv. Sie nannte dabei eine Einschränkung der Wirtschaftsbeziehungen sowie weitere Sanktionen und die Aufnahme der iranischen Revolutionsgarden auf die EU-Terrorismusliste. Verfahren gegen iranischen Journalisten nach Kritik an Angriff Der iranische Journalist Abbas Abdi muss sich wegen regierungskritischer Berichterstattung nach dem Angriff auf Israel vor Gericht verantworten. Das berichteten iranische Medien. Abdi hatte in einem Zeitungsbericht der Regierung geraten, auf übertriebene und nutzlose Angriffe zu verzichten und stattdessen ihre Nahostpolitik zu ändern. Darauf gab es gegen ihn eine Strafanzeige der Justiz - mit dem Vorwurf, Abdi habe "die psychologische Sicherheit des Landes gestört". "Es ist schade, da solches Vorgehen den Journalismus untergräbt. (…) Das ist ein klares Beispiel für die Selbstzerstörung (im Land)", erklärte der Journalist beim Kurznachrichtendienst X zu dem Verfahren gegen ihn. Beim Prozess wolle er seinen Standpunkt erläutern und vehement verteidigen. Israels Außenminister fordert "diplomatischen Angriff" auf Iran Israel Katz, israelischer Außenminister, drängt neben einer "militärischen Antwort" auf den Angriff des Iran auch auf einen "diplomatischen Angriff" gegen das Land. In einem Beitrag beim Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, teilte Katz mit, er habe Briefe an die Regierungen von 32 Ländern geschickt und zahlreiche Telefonate geführt - mit dem Ziel, mehr internationale Sanktionen gegen den Iran durchzusetzen. So forderte Katz weitere Strafmaßnahmen gegen das iranische Raketenprogramm und dass die iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation eingestuft werden müssten. Social-Media-Beitrag auf X von ישראל כ”ץ Israel Katz: "Alongside the military response to the firing of the missiles and the UAVs, I am leading a diplomatic offensive against Iran. This morning I sent letters to 32 countries and spoke with dozens of foreign ministers and leading figures around the world calling for sanctions to be…" Japan appelliert an den Iran In einem Telefonat mit ihrem iranischen Amtskollegen Hussein Amir-Abdollahian hat die japanische Außenministerin Yoko Kamikawa die iranische Regierung zur Zurückhaltung gegenüber Israel aufgefordert. Zudem rief sie den Iran auf, die Sicherheit der Schifffahrt in den Gewässern der Region zu gewährleisten, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Raisi warnt vor Reaktion auf jede Aktion gegen eigene Staatsinteressen Der Iran bekräftigt, dass er auf jegliche Aktion reagieren werde, die sich gegen seine Interessen richte. Das sagt Präsident Ebrahim Raisi laut einem Bericht der iranischen Nachrichtenagentur Isna dem katarischen Emir Tamim bin Hamad al-Thani. Wer könnte deeskalieren? International wächst die Sorge vor einem weiteren Krieg im Nahen Osten. Der Podcast 11KM geht der Frage nach, wer angesichts der neuen Spannungen zwischen dem Iran und Israel möglicherweise eine deeskalierende Rolle einnehmen könnte. US-Sicherheitsberater verschiebt Indien-Reise Der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, verschiebt eine für diese Woche vorgesehene Reise nach Indien. Grund seien die "laufenden Ereignisse im Nahen Osten", teilte die US-Botschaft in Neu-Delhi mit. Pro-palästinensische Proteste legen US-Verkehr teils lahm In Teilen der USA ist der Straßenverkehr durch pro-palästinensische Proteste teilweise lahmgelegt worden. Der Protest richtete sich gegen das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen. Betroffen waren etwa Illinois, Kalifornien, New York und der pazifische Nordwesten. Die Protestierenden blockierten unter anderem Routen zu den am stärksten frequentierten Flughäfen des Landes, zur Golden Gate Bridge und zur Brooklyn Bridge. Laut Polizei gab es mehrere Festnahmen. Faeser warnt vor Gefahren durch iranische Stellen in Deutschland Nach dem Angriff des Iran auf Israel hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser vor den Gefahren durch iranische Stellen in Deutschland gewarnt. "Das Mullah-Regime ist ein Regime der Unterdrückung", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Nicht wenige Iranerinnen und Iraner leben in Deutschland, um vor dieser Schreckensherrschaft in Sicherheit zu sein", fuhr Faeser fort. "Die Sicherheitsbehörden haben mögliche Einschüchterungsversuche und Bedrohungen dieser Menschen durch iranische Stellen seit langem im Blick." Die Sicherheitsbehörden seien wachsam und handelten, wenn es Hinweise auf Bedrohungen gebe, sagte sie weiter. "In der Innenministerkonferenz haben wir uns hierzu mehrfach ausgetauscht, da etwaige konkrete Schutzmaßnahmen in der Verantwortung der Länder liegen." China: Iran kann Lage meistern und weitere Spannungen vermeiden Der Iran ist nach Einschätzung Chinas in der Lage, "die Situation gut zu meistern und der Region weitere Instabilität zu ersparen". Zugleich könne der Iran seine Souveränität und Würde wahren. Das habe der chinesische Außenminister Wang Yi in einem Telefonat mit seinem iranischen Amtskollegen Hossein Amir-Abdollahian gesagt, meldete die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Amir-Abdollahian habe in dem Gespräch erklärt, dass der Iran zur Zurückhaltung bereit sei und nicht die Absicht habe, die Lage zu eskalieren. China ist einer der wichtigsten Handelspartner des Irans und bezieht von dort vor allem Erdöl. IAEA besorgt über möglichen Angriff Israels auf Irans Atomanlagen Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, zeigt sich besorgt, dass Israel bei einem Vergeltungsschlag gegen den Iran dessen Atomanlagen angreifen könnte. "Wir sind immer besorgt über diese Möglichkeit", antwortete er in New York vor der Presse auf eine entsprechende Frage. Grossi rief zu äußerster Zurückhaltung auf. Der Iran habe aus "Sicherheitserwägungen" seine Atomanlagen am Sonntag geschlossen, sagte Grossi weiter. Obwohl die Anlagen am Montag wieder geöffnet worden seien, habe er die IAEA-Inspektoren ferngehalten, bis man sehe, dass die Lage völlig ruhig sei. "Wir werden morgen wieder anfangen", sagte er. "Dies hat keine Auswirkungen auf unsere Inspektionstätigkeit." Die IAEA inspiziert regelmäßig die wichtigsten iranischen Atomanlagen, darunter die Uran-Anreicherungsanlage in Natans, die das Herzstück des Atomprogramms des Irans bilden. Der Iran nutzt nach eigenen Angaben sein Atomprogramm nur zu friedlichen Zwecken. Westliche Staaten werfen dem Land vor, es strebe nach Atomwaffen. Israel: Tote in Damaskus beteiligt an "Terrorismus gegen Israel" Die Toten des Angriffs auf das iranische Konsulat in Syrien sind nach den Worten von Israels Militärsprecher Daniel Hagari an "Terrorismus gegen Israel" beteiligt gewesen. "Nach meinem Wissen waren diejenigen, die in Damaskus getötet wurden, Mitglieder der Kuds-Brigaden", sagte er am Montag auf eine Frage bei einer Pressekonferenz. "Das waren Leute, die sich am Terrorismus gegen den Staat Israel beteiligt haben", fügte er hinzu. Es handelt sich um die erste offizielle Äußerung zum Angriff in Damaskus am 1. April. Netanyahu: Kluge Reaktion auf Iran-Angriff nötig Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu hat einem Bericht des Rundfunksenders Kan zufolge bei einem privaten Treffen mit Ministern seiner Likud-Partei betont, auf den Raketenangriff des Irans müsse eine kluge Reaktion folgen. Der Iran solle nervös warten müssen, wann die Gegenreaktion erfolge, so wie es Israel vor dem Angriff am späten Samstagabend ergangen sei. Der Sender berichtete unter Berufung auf einen hochrangigen Beamten, Israel habe zugesichert, die USA vor einem Gegenschlag zu informieren. Damit solle US-Truppen in der Region Zeit gegeben werden, sich auf iranische Vergeltungsmaßnahmen vorzubereiten. Palästinenser: Zwei Tote bei Angriff durch Siedler im Westjordanland Bei einem Angriff israelischer Siedler im nördlichen Westjordanland sind nach palästinensischen Angaben am Montag zwei Palästinenser getötet worden. Das palästinensische Büro für zivile Angelegenheiten erklärte, die beiden Männer im Alter von 21 und 30 Jahren seien in der Stadt Akraba bei Nablus erschossen worden. Die Lage in dem Gebiet war in den vergangenen Tagen nach dem Tod eines 14 Jahre alten israelischen Jungen bei einem, wie Israel es nannte, nationalistischen Angriff angespannt. Siedler reagierten auf den Vorfall mit gewaltsamen Angriffen in einer Reihe von palästinensischen Gemeinden trotz offizieller Aufrufe, das Gesetz nicht in die eigenen Hände zu nehmen. Die israelische Armee teilte mit, dass es in dem Gebiet zu einer gewaltsamen Konfrontation zwischen israelischen und palästinensischen Zivilisten gekommen sei. Soldaten seien zum Ort des Geschehens geeilt, um die Menschenmenge aufzulösen. Eine erste Untersuchung habe ergeben, dass die Palästinenser nicht von Schüssen des Militärs getroffen worden seien. Die israelische Polizei und die Armee hätten Ermittlungen aufgenommen. Der Liveblog vom Montag Die EU-Außenminister wollen bei einer Dringlichkeitssitzung über eine Reaktion auf den iranischen Angriff beraten - auch Sanktionen könnten folgen. Mehrere Länder, darunter Deutschland, haben die iranischen Botschafter einbestellt. Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-nahost-dienstag-128.html |
2024-04-16 | + Selenskyj: China kann Weg zu Frieden beschleunigen + | Krieg gegen die Ukraine | Der ukrainische Präsident hofft, dass China sich bei einer Konferenz in der Schweiz für ein Ende des Kriegs einsetzen wird. Der US-Kongress könnte demnächst über ein neues Hilfspaket für die Ukraine abstimmen. Der Liveblog zum Nachlesen. | Der ukrainische Präsident hofft, dass China sich bei einer Konferenz in der Schweiz für ein Ende des Kriegs einsetzen wird. Der US-Kongress könnte demnächst über ein neues Hilfspaket für die Ukraine abstimmen. Der Liveblog zum Nachlesen. Selenskyj fordert Einigkeit wie bei IsraelAtomenergiebehörde warnt vor Atomunfall in der UkraineMachte Ukraine Rückzieher bei Schifffahrtsabkommen mit Russland? Ende des Liveblogs An dieser Stelle beenden wir den Liveblog - vielen Dank für Ihr Interesse! Selenskyj fordert besseren Schutz für sein Land - nach Vorbild Israels Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will den NATO-Ukraine-Rat für eine bessere Verteidigung des Luftraums seines Landes nach israelischem Vorbild einberufen. Die Ukraine werde dabei den Antrag auf Lieferung von Flugabwehrsystemen und Raketen stellen, sagte er in seiner am Abend in Kiew verbreiteten Videobotschaft. Auch die Menschen in der Ukraine hätten einen Anspruch auf Schutz vor Terror, sagte Selenskyj mit Blick auf die Luftverteidigung in Israel, die iranische Luftschläge am Wochenende erfolgreich abgewehrt hatte. Die Ukraine beklagt immer wieder schwere Schäden nach heftigem Beschuss durch Russland auch mit Drohnen iranischer Bauart. Rheinmetall vereinbart mit Vilnius Bau von Munitionsfabrik in Litauen Das deutsche Rüstungsunternehmen Rheinmetall hat mit Litauen den Bau einer Munitionsfabrik in dem baltischen Staat vereinbart. Die litauische Regierung und der Konzern unterzeichneten eine Absichtserklärung für die Errichtung einer Produktionsstätte für Artilleriegeschosse vom Kaliber 155 Millimeter. "Dies wird die größte Verteidigungsinvestition aller Zeiten in Litauen sein", sagte der litauische Wirtschaftsminister Ausrine Armonaite. Der litauische Verteidigungsminister Laurynas Kasciunas erklärte, der Krieg in der Ukraine zeige die Bedeutung einer unabhängigen Munitionsversorgung "als integralen Bestandteil der nationalen Sicherheit und Verteidigung". Deutschland ist ein wichtiger Waffenlieferant für Litauen. Unter anderem hat das NATO-Land Panzerhaubitzen des Typs PzH 2000 gekauft, die Geschosse des Kalibers 155 Millimeter nutzen. Rheinmetall beabsichtigt nach eigenen Angaben auch den Bau von mindestens vier Fabriken in der Ukraine. Kiew braucht dringend Munition, um sich der russischen Invasion entgegenzustellen. Selenskyj unterschreibt umstrittenes Gesetz zur Wehrpflicht Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ein umstrittenes Gesetz für eine mögliche Ausweitung der Wehrpflicht im Krieg gegen Russland unterschrieben. Das sogenannte Mobilisierungsgesetz, das auf der Webseite des ukrainischen Parlaments veröffentlicht wurde, soll in einem Monat in Kraft treten. Damit soll es leichter werden, Männer zu finden, die für einen Einzug zum Militärdienst in Frage kommen. Viele Männer haben sich der Wehrpflicht entzogen, indem sie Kontakt mit den Behörden gemieden haben. Die Ukraine hat derzeit Probleme dabei, den russischen Vormarsch aufzuhalten. Die ukrainischen Soldaten haben eine geringere Truppenstärke und verfügen über weniger Waffen als das russische Militär. Das unterzeichnete Gesetz wurde im Vergleich zum ursprünglichen Textentwurf abgeschwächt. Nicht mehr enthalten ist eine Klausel, derzufolge eine Rotation für Soldaten vorgesehen wäre, die 36 Monate lang Kampfdienst geleistet haben. Behördenangaben zufolge soll ein getrenntes Gesetz zur Rotation in den kommenden Monaten vorbereitet werden. Dass es dabei eine Verzögerung gibt, hat Angehörige von Soldaten verärgert, die seit zwei Jahren ohne Unterbrechung kämpfen. Selenskyj hatte im Dezember mitgeteilt, dass das ukrainische Militär bis zu 500.000 weitere Soldaten mobilisieren wolle. Scholz bittet Chinas Präsident Xi um Einsatz für Kriegsende bei Putin Zum Abschluss seines Besuchs in China hat Bundeskanzler Olaf Scholz den chinesischen Präsidenten Xi Jinping gebeten, bei Russlands Präsident Wladimir Putin auf ein Ende des Ukraine-Kriegs zu dringen. "Chinas Wort hat Gewicht in Russland", erklärte Scholz im Onlinedienst X. Er habe Xi daher gebeten, "auf Russland einzuwirken, damit Putin seinen irrsinnigen Feldzug endlich abbricht, seine Truppen zurückzieht und diesen furchtbaren Krieg beendet". Xi sagte nach Angaben des Kanzlers zu, eine Ukraine-Friedenskonferenz zu unterstützen, die Mitte Juni in der Schweiz stattfinden soll. "China und Deutschland wollen sich über die Förderung der Ausrichtung einer hochrangigen Konferenz in der Schweiz und künftiger internationaler Friedenskonferenzen intensiv und positiv abstimmen", erklärte Scholz. Der russische Angriffskrieg und die "Aufrüstung Russlands" verletzten "einen Grundsatz der Charta der Vereinten Nationen, den Grundsatz der Unverletzlichkeit von Staatsgrenzen", sagte Scholz. Es gebe eine breite Unterstützung, diplomatische "Gesprächsprozesse" voranzubringen. "Ich halte das für einen Fortschritt, der notwendig ist, denn neben der militärischen Unterstützung der Ukraine durch Deutschland und seine Freunde und Verbündeten geht es eben auch um die Frage der Diplomatie, und das ist das, was gegenwärtig im Mittelpunkt steht." Selenskyj: China kann Weg zum Frieden in der Ukraine beschleunigen China könnte nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj den Weg zum Frieden in der Ukraine beschleunigen. Dies könne gelingen, indem China bei der geplanten Ukraine-Konferenz in der Schweiz eine "aktive Rolle" einnehme, schrieb Selenskyj im Onlinedienst X. "Ich bin überzeugt, dass der erste globale Friedensgipfel in der Schweiz den Weg eröffnen kann zu einem gerechten Frieden für die Ukraine", schrieb Selenskyj weiter. "Die aktive Rolle Chinas kann sicherlich unseren Fortschritt auf diesem Weg beschleunigen." Zugleich dankte der ukrainische Präsident Bundeskanzler Olaf Scholz für Deutschlands Führungsrolle. Der Kanzler hatte kurz zuvor seinen dreitägigen Besuch in China beendet und dabei den chinesischen Staatschef Xi Jinping gebeten, bei Russlands Präsident Wladimir Putin auf ein Ende des Ukraine-Kriegs zu dringen. Xi sagte nach Angaben des Kanzlers zu, die für Mitte Juni in der Schweiz geplante Konferenz zu unterstützen. China kommt durch seine engen Beziehungen zu Russland eine Schlüsselrolle in dem Konflikt zu. Der Westen kritisiert, dass Peking den russischen Angriff auf das Nachbarland zu keiner Zeit verurteilt hat. Seit Kriegsbeginn vor mehr als zwei Jahren haben Moskau und Peking ihre Wirtschaftsbeziehungen und ihre strategische Partnerschaft noch vertieft. Ukrainische Behörden: Fast 37.000 Menschen seit Kriegsbeginn verschwunden In der Ukraine sind seit Beginn des Krieges 2022 nach Angaben der Behörden etwa 37.000 Menschen verschwunden. "Fast 37.000 Personen werden vermisst: Kinder, Zivilisten und Soldaten", teilte der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinez im Online-Netzwerk Facebook mit. "Diese Zahlen könnten noch viel höher sein", fügte er hinzu. Die Zählung laufe noch. Die Einschätzung der Anzahl der Vermissten ist schwierig, da Russland fast 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt hält. Zudem wurden viele Ukrainer von der russischen Armee verschleppt. Lubinez schrieb, er gehe davon aus, dass etwa 1.700 Ukrainer in Russland "illegal festgehalten" werden und etwa 20.000 Kinder ins Nachbarland verschleppt wurden. Wegen der mutmaßlichen Verschleppung ukrainischer Kinder hatte der Internationale Strafgerichtshof 2023 einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die russische Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa ausgestellt. Der Kreml bestreitet die Vorwürfe. Nauseda: Scholz besucht im Mai deutsche Soldaten in Litauen Bundeskanzler Olaf Scholz will nach Angaben des litauischen Staatspräsidenten Gitanas Nauseda am 6. Mai zu einem Truppenbesuch in das baltische EU- und NATO-Land reisen. Dort wolle Scholz die ersten in Litauen stationierten Soldaten der deutschen Bundeswehr-Brigade besuchen, sagte Nauseda der Agentur BNS zufolge. Deutschland will bis 2027 einen gefechtsbereiten und eigenständig handlungsfähigen Verband fest in Litauen stationieren. Vorgesehen ist eine dauerhafte Präsenz von etwa 4.800 Soldaten sowie rund 200 zivilen Bundeswehrangehörigen, die ihre Familien mitbringen können. Ein Vorkommando mit rund 20 Soldaten war Anfang vergangener Woche in Vilnius eingetroffen. Selenskyj unterzeichnet Mobilisierungsgesetz Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat das umstrittene Gesetz zur Mobilisierung von Soldaten unterzeichnet. Wie das Parlament in Kiew auf seiner Website mitteilte, erhielt es das am 11. April verabschiedete Gesetz vom Präsidenten unterschrieben zurück. Nach mehr als zwei Jahren Krieg verzeichnet die ukrainische Armee massive Verluste und hat große Schwierigkeiten, weitere Soldaten zu rekrutieren. Das Mobilisierungsgesetz soll dem entgegenwirken. Zum einen sieht es härtere Strafen für Kriegsdienstverweigerer vor. Zum anderen soll die Einberufungsprozedur erleichtert werden, indem ein digitales System eingeführt wird. Einen Tag vor der Verabschiedung durch das Parlament war zudem ein Passus gestrichen worden, der eine Entlassung von Soldaten aus der Armee vorgesehen hatte, die 36 Monate gedient haben. Selenskyj: Brauchen Raketen zur Verteidigung der Energieversorgung Der Ukraine fehlen nach Angaben von Staatschef Wolodymyr Selenskyj dringend Abwehrraketen, um die Zerstörung der ukrainischen Energieversorgung durch Russland zu verhindern. In einem Interview mit dem US-Sender PBS verwies Selenskyj auf das Kohlekraftwerk Trypilska in der Region Kiew, das am 11. April durch russische Raketen zerstört wurde. "Da kamen elf Raketen angeflogen. Wir zerstörten die ersten sieben. Die vier weiteren zerstörten Trypilska - warum? Weil es null Raketen gab. Wir hatten keine Raketen mehr, um Trypilska zu verteidigen", sagte Selenskyj dem Sender. Russland bombardiert seit dreieinhalb Wochen nahezu ohne Unterlass das ukrainische Netz zur Energieversorgung; derzeit sind etwa eine Million Menschen ohne Strom. Nächtliche Stürme sorgten in der Ukraine zusätzlich dafür, dass viele Menschen von der Stromversorgung abgeschnitten wurden. Das Energieministerium in Kiew teilte mit, in vier Regionen des Landes seien insgesamt 173 Ortschaften ohne Strom. Am stärksten sei die zentral gelegene Region Dnipropetrowsk betroffen. Scholz und Xi wollen Friedenskonferenz fördern Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei seinem Besuch in Peking mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping vereinbart, eine geplante Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz zu unterstützen. "China und Deutschland wollen sich über die Förderung der Ausrichtung einer hochrangigen Konferenz in der Schweiz und künftiger internationaler Friedenskonferenzen intensiv und positiv abstimmen", erklärte Scholz nach seinem Treffen mit Xi im Onlinedienst X. Die Konferenz in der Schweiz soll Mitte Juni stattfinden, Russland wird daran nicht teilnehmen. Scholz bat Xi nach eigenen Angaben bei dem Treffen in Peking, beim russischen Präsidenten Wladimir Putin auf ein Ende des Kriegs in der Ukraine zu dringen. "Chinas Wort hat Gewicht in Russland", erklärte Scholz auf X. Er habe Xi daher gebeten, "auf Russland einzuwirken, damit Putin seinen irrsinnigen Feldzug endlich abbricht, seine Truppen zurückzieht und diesen furchtbaren Krieg beendet". Social-Media-Beitrag auf X von Bundeskanzler Olaf Scholz: "Präsident Xi und ich haben vereinbart: China und Deutschland wollen sich über die Förderung der Ausrichtung einer hochrangigen Konferenz in der Schweiz und künftiger internationaler Friedenskonferenzen intensiv und positiv abzustimmen. #Ukraine pic.twitter.com/UzbP0Kfsui" Russland lehnt Frankreichs Initiative zur Olympia-Waffenruhe ab Russland hat ablehnend auf die französische Initiative zu einer Waffenruhe während der Olympischen Spiele in Paris reagiert. Offiziell habe Moskau noch keine solche Anfrage erhalten, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. In der Vergangenheit seien Präsident Wladimir Putin öfter solche Fragen gestellt worden "Sowohl der Präsident als auch unsere Militärs haben darauf hingewiesen, dass das Kiewer Regime in der Regel solche Ideen und Initiativen für Versuche nutzt, sich umzugruppieren oder wiederzubewaffnen", sagte Peskow. Das mache es schwierig, solche Initiativen zu befürworten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte am Montag erklärt, sein Land werde auf einen olympischen Frieden hinarbeiten. Er hoffe bei den Bemühungen um einen Waffenstillstand in der Ukraine auch auf die diplomatische Unterstützung Chinas. Es ist nicht der erste Vorstoß Macrons für eine Feuerpause während Olympia. Vor einem Monat hatte Kremlchef Putin noch angedeutet, dass eine solche Waffenruhe möglich sei. Russland werde aber von der Lage auf dem Schlachtfeld ausgehen, sagte er da. Die Sommerspiele finden vom 26. Juli bis 11. August in Paris statt. Selenskyj drängt erneut auf Militärhilfen Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat erneut einen Mangel an Munition beklagt - insbesondere für Artilleriesysteme und die Flugabwehr. Die ukrainische Armee habe eine Artillerie-Granate gegen zehn russische. "Können wir so standhalten?", fragte der Staatschef in einem vom US-amerikanischen Sender PBS veröffentlichten Interview. Es sei notwendig, bei der Artillerie zumindest ein ausgewogenes Verhältnis zu erreichen, um dem russischen Druck weiter zu widerstehen. Dabei warnte der Präsident vor den Folgen des Ausbleibens US-amerikanischer Militärhilfen. "Ich sage es Ihnen offen, ohne diese Hilfe werden wir keine Chance auf einen Sieg haben", unterstrich Selenskyj im Hinblick auf das seit Monaten durch republikanische Kongressabgeordnete blockierte Unterstützungspaket. Nach Bombenanschlag: Russland gibt Festnahme bekannt Vier Tage nach einem Bombenanschlag auf einen ehemaligen Mitarbeiter des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU in Moskau haben Russlands Behörden die Festnahme eines Verdächtigen bekanntgegeben. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB erklärte, er habe einen 1983 geborenen russischen Staatsbürger festgenommen, der "auf Befehl ukrainischer Spezialeinheiten" das Auto des übergelaufenen Ex-Agenten Wassili Prosorow in die Luft gesprengt habe. Nach Angaben des FSB war der Verdächtige im März aus der Ukraine nach Russland gekommen. Er beschaffte sich demnach die Bauteile "für einen ferngesteuerten Sprengsatz, baute ihn zusammen" und platzierte ihn unter dem Auto des Ex-Agenten. Gegen den Mann wird nun wegen versuchten Mordes ermittelt. Prosorow, der den Anschlag am Freitag überlebt hatte, machte auch selbst "das Terrorregime in Kiew" verantwortlich. Er hatte sich im März 2019 nach seiner Emigration nach Russland auf einer Pressekonferenz in Moskau als Überläufer zu erkennen gegeben. China verteidigt eigenen Weg im Ukraine-Krieg Chinas Staats- und Regierungschef Xi Jinping hat beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz die chinesische Haltung im Ukraine-Krieg verteidigt. China sei keine Partei und kein Beteiligter in der Ukraine-Krise, hieß es in einer Mitteilung nach dem Treffen der beiden Regierungschefs. Peking habe "die Friedensgespräche auf seine eigene Weise gefördert". Eine internationale Friedenskonferenz unterstütze Peking nur, wenn Russland und die Ukraine zu einer Teilnahme bereit seien. Eine in der Schweiz geplante Konferenz war von Moskau bereits abgesagt worden, Chinas Antwort steht noch aus. Das Land gilt als enger Verbündeter Russlands, unter anderem weil Güter geliefert werden sollen, die zu zivilen und auch militärischen Zwecken verwendet werden können. Die USA haben deswegen bereits Sanktionen gegen Unternehmen aus China verhängt. Neue Abstimmung über Ukraine-Hilfe in den USA Die Ukraine könnte nun doch neue finanzielle Hilfen aus den USA bekommen. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, kündigte eine entsprechende Abstimmung an. Zuletzt war das Vorhaben von US-Präsident Joe Biden von den Republikanern blockiert worden. Ursprünglich war über ein Paket finanzieller Hilfen abgestimmt worden, wovon auch Israel, Taiwan und andere Länder im Indopazifik profitieren sollten. Der Republikaner Johnson plant nun, über jeden Teil des ursprünglichen Pakets einzeln abstimmen zu lassen. Es geht um rund 60 Milliarden US-Dollar für die Ukraine, 14 Milliarden Dollar für Israel und weiteres Geld für die indopazifischen Länder. Dies würde auch bedeuten, dass ein erneutes Votum über die Hilfen im Senat notwendig wäre, wo die Demokraten Mehrheitsführer sind. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 haben die USA mehr als 44 Milliarden US-Dollar (rund 40 Milliarden Euro) für Kiew bereitgestellt. Dieses Geld ist nach Angaben der US-Regierung aufgebraucht. Social-Media-Beitrag auf X von Speaker Mike Johnson: "I have just spoken with the @HouseGOP conference on my plan to address national security supplemental legislation on the growing security crises. This week, we will consider separate bills with a structured and germane amendment process to:•Fund our ally Israel•Support…" Scholz will mit Xi über "gerechten Frieden" beraten Kanzler Olaf Scholz hat zu Beginn seines Treffens mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping angekündigt, dass er über Wege zu einem "gerechten Frieden in der Ukraine" reden will. "Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die Aufrüstung Russlands haben ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa. Sie beeinträchtigen unsere Kerninteressen unmittelbar", sagte Scholz in Peking. "Mittelbar beschädigen sie die gesamte internationale Ordnung. Denn sie verletzen einen Grundsatz der Charta der UN, die Unverletzlichkeit der Staatsgrenzen." Sowohl Xi als auch er hätten bereits deutlich gemacht, dass mit dem Einsatz von Nuklearwaffen nicht einmal gedroht werden dürfe. "Gerne möchte ich mit Ihnen heute darüber diskutieren, wie wir mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen können", fügte Scholz hinzu. Staatsmedien: Scholz trifft Xi in Peking Bundeskanzler Olaf Scholz hat nach Angaben chinesischer Staatsmedien den chinesischen Präsidenten Xi Jinping getroffen. Beide Politiker hätten sich am Morgen im Staatsgästehaus Diaoyutai in Peking getroffen, meldete der staatliche Fernsehsender CCTV. "Bei meinem Treffen mit Staatspräsident Xi geht es auch darum, wie wir mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen können", schrieb Scholz im Onlinedienst X. "Es ist gut, dass es seit meinem letzten China-Besuch einen intensiven Austausch zwischen unseren Regierungen gibt. Wir haben viele Themen." Das Treffen von Scholz und Xi erfolgt am letzten Tag der insgesamt drei Tage umfassenden China-Reise von Scholz. Vorgesehen ist heute auch ein Treffen mit Ministerpräsident Li Qiang. Scholz will in Peking neben der Ukraine auch Wettbewerbsfragen zur Sprache bringen. Weiteres wichtiges Thema dürfte die Lage im Nahen Osten nach dem iranischen Angriff auf Israel sein. Selenskyj fordert gleiche Einigkeit bei Unterstützung von Ukraine Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert nach dem iranischen Angriff auf Israel seine Verbündeten auf, sein Land mit der gleichen Einigkeit zu unterstützen wie Israel. "Die ganze Welt war Zeuge des Einsatzes der Alliierten am Himmel über Israel und den Nachbarländern", so Selenskyj. Niemand sei in den Krieg hineingezogen worden. "Der europäische Luftraum hätte schon längst das gleiche Schutzniveau erhalten können, wenn die Ukraine von ihren Partnern beim Abfangen von Drohnen und Raketen ähnlich umfassend unterstützt worden wäre." Die Ukraine wolle das mit ihren Partnern besprechen. Social-Media-Beitrag auf X von Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський: "The entire world witnessed allied action in the skies above Israel and neighboring countries. It demonstrated how truly effective unity in defending against terror can be when it is based on sufficient political will.Israel, the United States, the United Kingdom, France, and… pic.twitter.com/dKQqt6TXit" IAEA: AKW Saporischschja einem Atomunfall "gefährlich nahe" Die jüngsten Angriffe auf das Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine haben das Kraftwerk laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) "gefährlich nahe" an einen Atomunfall gebracht. "Diese rücksichtslosen Angriffe müssen sofort eingestellt werden", sagte IAEA-Chef Rafael Grossi am Montag auf einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates. Seit dem 7. April war die Anlage mehrfach von Drohnen angegriffen worden, wobei sich die Ukraine und Russland jeweils gegenseitig dafür verantwortlich machten. Es handelt sich um die ersten direkten Angriffe auf das AKW seit November 2022. Insider: Ukraine machte Rückzieher bei Schifffahrtsabkommen Die Ukraine hat Insidern zufolge im März nach zwei Monaten Verhandlungen eine Vereinbarung mit Russland über Schifffahrt auf dem Schwarzen Meer abgebrochen. Die Gespräche seien von der Türkei vermittelt worden, sagen vier mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Es sei eine Einigung erzielt worden, "um die Sicherheit der Handelsschifffahrt im Schwarzen Meer zu gewährleisten". Zwar habe die Ukraine das Abkommen nicht formell unterzeichnen wollen. Sie habe jedoch einer türkischen Ankündigung zugestimmt. "In letzter Minute zog sich die Ukraine plötzlich zurück und das Abkommen platzte", sagte einer der Insider. Der Grund sei nicht bekannt. Die genannten Staaten lehnten laut Reuters eine Stellungnahme ab. Der Liveblog vom Montag Bei russischen Raketenangriffen sind laut Ukraine sechs Menschen getötet worden. Bundeskanzler Scholz will bei seinem China-Besuch Pekings Unterstützung für Russland thematisieren. Alle Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-ukraine-dienstag-340.html |
2024-04-16 | Wall Street macht etwas Boden gut | Starke Konzernbilanzen | Starke Konzernbilanzen haben bei den US-Anlegern wieder für etwas mehr Zuversicht gesorgt. Zinshoffnungen sind hingegen weiter gesunken. Der DAX sackte zuvor ab. | Starke Konzernbilanzen haben bei den US-Anlegern wieder für etwas mehr Zuversicht gesorgt. Zinshoffnungen sind hingegen weiter gesunken. Der DAX sackte zuvor ab. Starke Bilanzen unter anderem von wichtigen Banken haben die Wall Street trotz Zins- und Nahost-Sorgen am Ende stabilisiert. Gestern hatten die US-Börsen nach solidem Start noch schwächer tendiert. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte am Ende 0,17 Prozent höher bei 37.798 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 mit 0,2 Prozent sowie die Technologiebörse Nasdaq um 0,1 Prozent rutschten am Ende noch leicht ins Minus. Bilanzen im Fokus Stimmungsaufheller kamen im Verlauf von der laufenden Berichtssaison, unter anderem mit weiteren Berichten aus dem Bankensektor. Vor allem die US-Großbank Morgan Stanley hat zum Jahresstart dank anziehender Geschäfte im Investmentbanking mehr verdient. Auch die Ergebnisse der Bank of New York Mellon gefielen den Anlegern. "Die Berichte von heute Morgen waren gut", sagte Rick Meckler, Partner bei Cherry Lane Investments. "Darüber hinaus sucht der Markt nach seinem jüngsten Ausverkauf nach neuen Gründen, Aktien zu kaufen. Die Anleger sind nun über die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen hinweg und wählen eher Einzeltitel nach starken Zahlen aus, statt in ganze Indizes zu investieren." Morgan Stanley verdient überraschend gut Konkret haben höhere Einnahmen im Wertpapierhandel und Investmentbanking Morgan Stanley im ersten Quartal unerwartet viel Gewinn beschert. Mit 3,4 Milliarden US-Dollar (rund 3,2 Milliarden Euro) lag der Überschuss der Bank gut 14 Prozent höher als ein Jahr zuvor, wie das Institut vor Börsenbeginn in New York mitteilte. Damals hatte Morgan Stanley unter einer Flaute im Investmentbanking gelitten. Analysten hatten jedoch auch diesmal einen leichten Rückgang erwartet. Doch die Bank überraschte die Anleger ähnlich positiv wie die Rivalin Goldman Sachs einen Tag zuvor. Die Morgan-Stanley-Aktie legt nach den Neuigkeiten um 2,47 Prozent zu. Fed-Chef drückt auf die Zinsbremse Angesichts der hartnäckigen Inflation in den USA signalisierte die Notenbank einmal mehr einen unverändert straffen Kurs und schiebt die Zinswende auf die lange Bank. Jüngste Inflationsdaten seien nicht geeignet, den Währungshütern mehr Zuversicht mit Blick auf einen nachhaltigen Rückgang des Preisdrucks hin zum Ziel einer Teuerungsrate von zwei Prozent zu geben, sagte Notenbankchef Jerome Powell in Washington. Vielmehr signalisierten die Zahlen, dass es wahrscheinlich länger dauern werde, diese Zuversicht zu erlangen. Angesichts der Lage an der Inflationsfront und des noch immer starken Arbeitsmarkts sei es derzeit angebracht, die straffe Geldpolitik weiter wirken zu lassen. Powell, der noch nach der letzten Zinssitzung im März weiter von drei Zinssenkungen im Jahresverlauf gesprochen hatte, schwenkte damit auf die Linie zahlreicher Kolleginnen und Kolleginnen aus der Fed um, die zuletzt deutlich vor schnellen Zinssenkungen gewarnt hatten. Zunehmend wird die erwartete Zinswende an der Wall Street wieder kritischer hinterfragt wegen guter Wirtschaftsdaten und neuer Inflationssorgen, die von den geopolitischen Krisen ausgehen könnten. So fielen Daten zur US-Industrieproduktion heute mit einem Wachstum von 0,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat wie erwartet aus und zeigen damit weiterhin keinerlei Anzeichen von Schwäche. Die Reaktion auf Powells Äußerungen fiel am Markt zurückhaltend aus. Die Investoren hatten Analysten zufolge die Hoffnung auf eine schnelle Zinswende bereits aufgegeben. DAX bleibt im Minus stecken Der DAX hat es am Nachmittag nicht geschafft, sich aus der Minuszone heraus zu arbeiten und hat tief im Minus geschlossen. Am Ende schloss der deutsche Leitindex bei 17.766 Punkten um 1,44 Prozent schwächer. Das Tagestief hatte bei 17.713 Punkten gelegen. Auch der MDAX der mittelgroßen Werte verlor 1,79 Prozent auf 25.973 Zähler. Gestern hatte der DAX noch 0,6 Prozent auf 18.026 Punkte zugelegt. Zu Wochenbeginn hatte Erleichterung darüber geherrscht, dass der Angriff des Iran auf Israel nicht heftiger ausfiel und iranische Geschosse abgefangen werden konnten. Die Risiken werden nicht weniger Von Erleichterung und Gelassenheit kann aber derzeit keine Rede mehr sein, denn noch immer ist nicht wirklich klar, wie Israel auf den iranischen Drohnenangriff reagieren wird. Restrisiken einer Ausweitung des Konfliktes mit allen Konsequenzen bleiben somit und sorgen für viel Unsicherheit - was bekanntlich an der Börse nie gut ankommt. "In den Nachrichten gibt es sicherlich nicht viel, was die Anleger zu einer erhöhten Risikobereitschaft ermuntern würde", sagte Chris Weston, Chefanalyst beim Broker Pepperstone. "Die Liste von Faktoren, die zur Zurückhaltung mahnen, wird dagegen immer länger." Allen voran die scheinbar unendliche Diskussion um die US-Geldpolitik. Denn erneut heizten am Vortag robuste Konjunkturdaten die Furcht vor einer eher späteren Zinswende in den USA an. Die US-Einzelhandelsumsätze für März waren deutlich stärker als erwartet. Dadurch wurden Spekulationen weiter befeuert, dass es die US-Notenbank Fed in diesem Jahr angesichts der brummenden Wirtschaft und der hartnäckigen Inflation nicht eilig haben wird, die Zinsen zu senken. "Der Mai, Juni und Juli wurden als Termine für wahrscheinliche Zinssenkungen der Fed aus den Kursen ausgepreist", sagte Jochen Stanzl, Chefanalyst des Brokers CMC Markets. Euro kaum bewegt Die Gemeinschaftswährung stabilisierte sich am Nachmittag auf niedrigem Niveau bei 1,0627 Dollar. Zuletzt wurde sie im US-Handel bei 1,0622 Dollar wieder etwas tiefer gehandelt. Sie lag damit etwa auf dem Niveau vom Vorabend. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0637 (Montag: 1,0656) US-Dollar fest. ZEW und IWF im Fokus Die am Vormittag veröffentlichten Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten stützten den Euro etwas, nachdem er zunächst leicht gefallen war. Das Stimmungsbarometer des Forschungsinstituts ZEW ist im April auf den höchsten Stand seit gut zwei Jahren gestiegen. Der Anstieg war auch stärker als von Volkswirten erwartet. "Eine sich erholende Weltwirtschaft hebt die Erwartungen für Deutschland", kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach. Er verweist auch auf die erwartete Aufwertung des US-Dollar zum Euro. Eine schwächere Währung kommt in der Regel dem Außenhandel zugute, da sie Ausfuhren wechselkursbedingt vergünstigt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat derweil erneut die Wachstumserwartungen für Deutschland gesenkt. Im Jahr 2024 sei nur noch mit einer Zunahme der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent zu rechnen, heißt es in der am Nachmittag vorgestellten Wachstumsprognose. Im Januar hatten die Experten noch 0,5 Prozent Wachstum prognostiziert, im Oktober noch 0,9 Prozent. Lagarde denkt an baldige Zinssenkungen Die Europäische Zentralbank (EZB) wird aus Sicht ihrer Präsidentin Christine Lagarde die Zinsen bald senken, sollte es nicht zu großen Schocks kommen. Der Prozess des Zurückweichens der Inflation verlaufe wie erwartet, sagte Lagarde heute dem Sender CNBC. Lagarde hatte am Donnerstag nach der Zinssitzung in Frankfurt die Finanzmärkte auf eine nahende erste Zinssenkung womöglich schon im Juni vorbereitet. Die Inflation war im März auf 2,4 Prozent gesunken, womit sie nicht mehr weit von der EZB-Zielmarke von 2,0 Prozent entfernt liegt. Die EZB werde nicht warten, bis alles zurückgehe auf zwei Prozent, um die Entscheidungen zu fällen, die notwendig sein würden, hatte die Notenbankchefin gesagt. Ähnlich hatte sich auch der französische Notenbankpräsident Francois Villeroy de Galhau geäußert. Für die Märkte ist eine erste Zinssenkung im Juni eine ausgemachte Sache. Zweifel waren zuletzt nur deshalb aufgekommen, weil die EZB bisher der US-Notenbank meist nicht vorgelaufen war. Chinas Wirtschaft wächst stärker als gedacht Auch aus China kamen positive Konjunktursignale: Die Wirtschaft dort ist nach offiziellen Angaben mit einem stärkeren Wachstum als erwartet ins neue Jahr gestartet. Wie das Statistikamt in Peking mitteilte, wuchs die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt im ersten Quartal um 5,3 Prozent im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Vorjahres. Analysten hatten im Durchschnitt mit einem geringeren Wachstum gerechnet. Ölpreise im Fokus Die Ölpreise stehen derzeit unter besonderer Beobachtung. Am Markt wird eine Reaktion Israels auf den Angriff des Iran vom Wochenende erwartet. Das verstärkt die Sorge vor einer weiteren Eskalation in der ölreichen Region des Nahen Ostens und sorgt für Unsicherheit. Ein Konflikt-Flächenbrand in Nahost könnte die Ölpreise und damit auch die Inflation erneut explodieren lassen, kommentierte Analyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets. Dies würde die ersehnte geldpolitische Lockerung der US-Notenbank Fed weiter hinauszögern. "Es scheint jedem klar, dass ein Ölpreis über 100 Dollar seine Bremsspuren in der Wirtschaft und an der Börse hinterlassen dürfte", sagte Oldenburger. "Noch ist es allerdings nicht soweit und die Bemühungen der Staats- und Regierungschefs, einen gewissen Anschein von Stabilität im Nahen Osten aufrechtzuerhalten, überwiegt." Die Preise für die Norsee-Rohölsorte Brent und die leichte US-Sorte WTI lagen am Abend leicht schwächer. Seit Anfang 2024 sind sie allerdings um jeweils rund 20 Prozent gestiegen. Fresenius gegen den Trend besser Unter den Einzelwerten legten Fresenius an der DAX-Spitze kräftig um 4,8 Prozent zu. Der Klinikbetreiber und Gesundheitskonzern gab am Vorabend die US-Markteinführung des Biosimilars Tyenne bekannt. Dabei handelt es sich um ein Nachahmerprodukt des zuvor patentgeschützten Antikörpers Tocilizumab gegen verschiedene Autoimmunerkrankungen. Aktien des Autobauers Porsche Ing. standen am DAX-Ende, auch Airbus gaben stärker nach. Adidas erhöht Prognose Gute Nachrichten gab es nach Börsenschluss von Adidas. Der Herzogenauracher Sportartikelhersteller hebt nach einem kräftigen Gewinnplus zu Jahresauftakt seine Prognose an. Für das Gesamtjahr erwartet der Nike-Rivale aus dem DAX nun einen Betriebsgewinn von ungefähr 700 Millionen Euro, das sind 200 Millionen Euro mehr als zuvor erwartet. Der Umsatz soll währungsbereinigt um einen mittleren bis hohen einstelligen Prozentsatz zulegen. Bislang hatte Adidas ein mittleres einstelliges Plus erwartet. Im ersten Quartal legten die Erlöse um acht Prozent zu auf knapp 5,5 Milliarden Euro. Der Betriebsgewinn verbesserte sich auf 336 Millionen Euro von 60 Millionen vor Jahresfrist. Allein der Verkauf der Yeezy-Bestände aus der gestoppten Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Rapper Kanye West ("Ye") brachte Erlöse von ungefähr 150 Millionen Euro ein. Adidas-Papiere legten nachbörslich zu. Aufwind erhofft sich die Sportartikelbranche im laufenden Jahr von der Fußball-Europameisterschaft und den Olympischen Spielen in Paris. Im abgelaufenen Jahr hatte der Abbau der auf 5,9 Milliarden Euro angeschwollenen Lagerbestände auf die Margen gedrückt. Die Sportartikelbranche leidet darunter, dass sie in der Corona-Krise aus Angst vor Lieferschwierigkeiten zu viel Ware bestellt hat. Mehr Gegenwind für Continental Der Autozulieferer Continental bekommt die Abkühlung auf dem Automarkt zu spüren. Das DAX-Unternehmen erwirtschaftete zu Jahresbeginn nach Angaben vom Dienstag weniger Gewinn als am Markt erwartet. Die bereinigte Gewinnmarge sei in den ersten drei Monaten bei rund zwei Prozent gelegen, Analysten hätten im Schnitt 3,7 Prozent vorhergesagt. Auch der Umsatz sei mit 9,8 Milliarden Euro hinter den Erwartungen zurückgeblieben, teilte das Unternehmen ebenfalls nach Börsenschluss am Abend mit. Vor allem die kriselnde Sparte Automotive ist unter Druck und rutschte tiefer in die roten Zahlen als bislang angenommen. Auch im renditestarken Reifengeschäft spürte Continental die schwächere Autokonjunktur, die Rendite sei ebenfalls geringer als am Markt erwartet. Allerdings zeigte sich Continental zuversichtlich für das Gesamtjahr und hält an seiner Prognose fest. Boehringer überholt Bayer als größten deutschen Pharmakonzern Boehringer Ingelheim hat im vergangenen Jahr kräftig zugelegt und damit Bayer vom Platz des größten deutschen Pharmaunternehmens verdrängt. Der Umsatz kletterte 2023 um sechs Prozent auf 25,6 Milliarden Euro, teilte der Familienkonzern mit. Währungsbereinigt stand ein Plus von fast zehn Prozent zu Buche. Auf das Humanmedizingeschäft entfielen knapp 20,8 Milliarden Euro nach 18,46 Milliarden 2022. Damit schlug sich Boehringer besser als Bayer: Der Leverkusener Konzern musste im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang von sechs Prozent auf 18,08 Milliarden Euro im Pharmageschäft verkraften. Beiersdorf setzt sich höhere Ziele Eine rege Nachfrage nach Deos und Sonnenschutzmitteln sowie Preiserhöhungen haben dem Konsumgüterriesen Beiersdorf zum Jahresauftakt einen kräftigen Schub beschert. Der Umsatz legte organisch gegenüber dem Vorjahresquartal um 7,3 Prozent auf rund 2,6 Milliarden Euro zu. Damit schnitt der Konzern leicht besser ab als von Analysten erwartet. Für das Gesamtjahr rechnen Konzernchef Vincent Warnery und Finanzchefin Astrid Hermann nun mit einem organischen Umsatzwachstum von sechs bis acht Prozent. LVMH bekommt Konsumschwäche zu spüren Der französische Luxusgüter-Hersteller LVMH bekommt nach seinem Rekordjahr eine schwächere Nachfrage seiner betuchten Kundschaft zu spüren. Im ersten Quartal stieg der Umsatz währungsbereinigt und auf vergleichbarer Basis lediglich um drei Prozent auf 20,7 Milliarden Euro, wie der Konzern mit Marken wie Louis Vuitton, Christian Dior und Loewe am Abend in Paris mitteilte. In Euro gerechnet sank der Erlös im Vergleich zum Vorjahr sogar um zwei Prozent und verfehlte die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten. Einbußen erlitt LVMH besonders im Geschäft mit alkoholischen Getränken wie Hennessy Cognac. Aber auch die größte Sparte mit Mode und Lederwaren wie Handtaschen von Louis Vuitton kam auf vergleichbarer Basis nur auf ein Plus von zwei Prozent. Bei der Schmucksparte mit der Marke Tiffany ging der Erlös organisch um zwei Prozent zurück. 2023 war dem Konzern dank einer starken Nachfrage nach Mode, Schmuck und Parfüm noch das beste Jahr seiner Geschichte gelungen. Bank of America verdient weniger Ein Rückgang der Zinseinnahmen hat der Bank of America im ersten Quartal hingegen einen Gewinnrückgang eingebrockt. Zudem musste das Institut, wie schon zuvor Platzhirsch JPMorgan Chase, 700 Millionen Dollar in den Einlagensicherungsfonds nachschießen und legte mehr Geld für drohende Kreditausfälle zurück. Dadurch sank der Überschuss im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 18 Prozent auf 6,7 Milliarden Dollar (6,3 Mrd Euro), wie das US-Geldhaus heute in Charlotte mitteilte. Nachdem die gestiegenen Zinsen die Gewinne von Banken in den vergangenen Jahren nach oben getrieben hatten, lässt der Rückenwind inzwischen nach. Bei der Bank of America sank der Zinsüberschuss im ersten Quartal im Jahresvergleich um drei Prozent auf 14 Milliarden Dollar. Höhere Erträge im Fondsgeschäft und bei der hauseigenen Investmentbank konnten dies nicht ausgleichen. UnitedHealth wieder gefragt Der Verkauf des Brasilien-Geschäfts und ein Hackerangriff haben den im Dow Jones vertretenen US-Krankenversicherer UnitedHealth zu Jahresbeginn in die roten Zahlen gerissen. Unter dem Strich stand ein Verlust von 1,4 Milliarden Dollar (rund 1,3 Milliarden Euro), wie das Unternehmen heute in Minnetonka mitteilte. Trotzdem bestätigte das Unternehmen, das mit eine Bösenbewertung von fast 450 Milliarden Dollar zu den Schwergewichten außerhalb des Tech-Sektors zählt, seine Jahresziele. Abseits der Sonderbelastungen lief das Geschäft jedoch überraschend profitabel, obgleich die Folgen der Cyberattacke noch nicht ausgestanden sind. Die seit Februar gebeutelte UnitedHealth-Aktie legt in der Folge um über sechs Prozent zu. Der Hackerangriff auf die Konzernsparte UnitedHealthcare hatte im Februar wichtige Zahlungs- und Datennetze lahmgelegt, die im gesamten US-Gesundheitssystem genutzt werden. Die Aufräumarbeiten sind noch im Gange. Nach eigenen Angaben hat UnitedHealth sechs Milliarden Dollar in Form von Vorauszahlungen und Darlehen an die betroffenen Anbieter überwiesen. Johnson & Johnson mit gutem Jahresstart Der Pharma- und Medizintechnikkonzern Johnson & Johnson (J&J) aus dem Leitindex Dow Jones hat im ersten Quartal von einem starken Medizintechnikgeschäft profitiert. Das Auftaktquartal beendeten die US-Amerikaner auch dank eines besseren Geschäfts mit Krebsmedikamenten besser als von Analysten erwartet. Zur Zahlenvorlage am Dienstag grenzte das Management zudem seine Prognosen für das laufende Jahr ein. Im laufenden Jahr soll der Erlös nun um mindestens 5,5 bis 6,0 Prozent wachsen. Zuvor hatte das Unternehmen ein Wachstum von mindestens 5,0 Prozent im Visier. Im ersten Quartal verdiente Johnson & Johnson nach Steuern gut 5,35 Milliarden Dollar (5 Mrd. Euro), wie der Konzern in New Brunswick mitteilte. Ein Jahr zuvor hatte der Konzern wegen eines milliardenschweren Vergleichs im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit vor allem um Körperpuder noch einen Verlust von 68 Millionen Dollar ausgewiesen. Der Umsatz kletterte in den drei Monaten im Jahresvergleich um 2,3 Prozent auf knapp 21,4 Milliarden Dollar. Die Aktie tendiert in einem schwächelnden Gesamtmarkt leichter. UBS braucht bis zu 25 Milliarden Franken frisches Kapital Laut der Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter wird die neue Bankenregulierung für die UBS sehr teuer. Nachdem der Bundesrat vergangenen Mittwoch seinen Plan zur Bankenstabilität veröffentlicht hatte, spekulierte als Erstes die "Handelszeitung" über eine Summe von bis zu 25 Milliarden Dollar, welche die UBS an zusätzlichem Kapital aufbauen muss. Die Finanzanalysten von Autonomous Research kamen auf eine Summe von 15 Milliarden Dollar. "Es stimmt, die Größenordnungen sind plausibel", bestätigte Keller-Sutter. | /wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-dow-nikkei-geldanlage-zinsen-konjunktur-aktien-rente-100.html |
2024-04-16 | Schlusslicht unter den G7 | IWF zu Wachstum in Deutschland | Während es im Rest der Welt bergauf geht, wird die deutsche Wirtschaft nur um 0,2 Prozent wachsen - so die Prognose des Internationalen Währungsfonds. Für das Land gibt es zwei große Herausforderungen. Von Ralf Borchard. | Während es im Rest der Welt bergauf geht, wird die deutsche Wirtschaft nur um 0,2 Prozent wachsen - so die Prognose des Internationalen Währungsfonds. Für das Land gibt es zwei große Herausforderungen. Von Ralf Borchard Es ist ein weiterer Dämpfer für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland: Der Internationale Währungsfonds sagt nur noch ein Wachstum von 0,2 Prozent voraus. Im Januar hatte der IWF noch 0,5 Prozent Wachstum für die deutsche Wirtschaft in Aussicht gestellt. 0,2 Prozent - das ist die schwächste Wachstumsprognose innerhalb der Gruppe der sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7). Als einen Hauptgrund nennt der Währungsfonds die weiter schwache Verbraucherstimmung in Deutschland. Als langfristiges Problem betont der IWF die alternde Bevölkerung. Immerhin sagt der Währungsfonds für 2025 wieder ein Wachstum von 1,3 Prozent für Deutschland voraus. Gute Aussichten für Weltwirtschaft Für die Weltwirtschaft insgesamt sieht der Ausblick besser aus. "Die Weltwirtschaft zeigt eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit, mit einem anhaltend stabilen Wachstum und sinkender Inflation", so der Chefvolkswirt des Währungsfonds, Pierre-Olivier Gourinchas. Der IWF stellt ein globales Wachstum von 3,2 Prozent in diesem Jahr in Aussicht und nennt unter anderem die robuste Entwicklung in den USA und in einigen Schwellenländern als Grund. Die globale Wachstumsprognose hat der IWF im Vergleich zum Januar damit leicht angehoben. Inflation und mangelnder Klimaschutz machen Sorgen Die Welt sei trotz einiger anderslautender, düsterer Vorhersagen von einer Rezession verschont geblieben, betont der Chefvolkswirt des Währungsfonds, spricht aber auch von bleibenden Problemen. "Die Inflationstendenzen sind ermutigend, aber wir sind noch nicht am Ziel", so Gourinchas. Ein Hauptziel müsse bleiben, die Inflation dauerhaft zu senken. Ein anderes, die internationale Zusammenarbeit zu verbessern, etwa beim Klimaschutz: "Den CO2-Ausstoß zu senken ist mit Wachstum vereinbar", betont Gourinchas. "Aber der Schadstoffausstoß steigt immer noch. Es muss mehr getan werden - und zwar schnell." Alternde Bevölkerung als Problem Das Problem einer alternden Bevölkerung in den meisten Industrieländer hatte auch IWF-Chefin Kristalina Georgiewa in ihrer Rede zum Auftakt des Frühjahrstreffens betont. Um den Teil der arbeitenden Bevölkerung hoch und eine Volkswirtschaft robust zu halten, brauche es unter anderem Einwanderung, so die IWF-Chefin. Die Bulgarin wird weitere fünf Jahre IWF-Chefin bleiben. Obwohl vereinzelt auch Kritik an der ehemaligen EU-Kommissarin aufkam, haben sich neben Frankreich und Deutschland auch die USA für eine zweite Amtszeit der 70-Jährigen ausgesprochen. Der Spitzenjob beim Währungsfonds wird traditionell aus Europa besetzt, der Chefposten bei der Weltbank traditionell aus den USA. Reform des IWF als Thema An der Frühjahrstagung in Washington nehmen im Laufe der Woche auch Bundesfinanzminister Christian Lindner und Entwicklungsministerin Svenja Schulze teil. Zwei von vielen weiteren Themen: Wie können die beiden oft schwerfälligen Institutionen IWF und Weltbank reformiert werden? Und: Wie wird verhindert, dass die ärmsten Länder der Welt immer weiter abgehängt werden? Mit Blick auf die zurückliegende Covid-Pandemie und die Kriege in der Ukraine und in Nahost sagte IWF-Chefin Georgiewa: "Wir leben weiter in einer Welt, in der wir das Unerwartete erwarten müssen." | /wirtschaft/iwf-deutschland-wachstum-100.html |
2024-04-16 | Wissing kann sich nicht zurücklehnen | Änderung des Klimaschutzgesetzes | Die Ampel hat sich auf ein neues Klimaschutzgesetz geeinigt. Sie nimmt Abschied von Sektorenzielen, dafür zählt die Gesamtbilanz beim CO2-Ausstoß. Was heißt das für die Klimaziele? Und was für den Verkehrsminister? Von A. Budweg. | Die Ampel hat sich auf ein neues Klimaschutzgesetz geeinigt. Sie nimmt Abschied von Sektorenzielen, dafür zählt die Gesamtbilanz beim CO2-Ausstoß. Was heißt das für die Klimaziele? Und was für den Verkehrsminister? Von Alexander Budweg Bundesweite Fahrverbote und das an gleich zwei Tagen in der Woche - mit dieser Drohkulisse meldet sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing Ende letzter Woche zu Wort. Dass es der FDP-Mann damit tatsächlich ernst meint, davon ist nicht auszugehen. Schließlich gilt Wissing nicht gerade als Freund von Einschränkungen im individualisierten Straßenverkehr. Sein kategorisches Nein zum generellen Tempolimit auf Autobahnen ist da nur ein Beispiel. Stattdessen wollte der Minister wohl noch einmal einen Punkt in den Verhandlungen zum Klimaschutzgesetz machen. Auf eine Änderung des 2019 in der Großen Koalition mühsam ausgehandelten Gesetzes verständigten sich SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag. Dort heißt es: "Alle Sektoren werden einen Beitrag leisten müssen." Also auch das bisherige Problemkind in Sachen Klimaschutz, der Verkehrssektor. Seit Jahren verfehlt dieser deutlich seine Klimaschutzziele - so auch im vergangenen Jahr. Expertenrat: Große Lücke im Verkehrssektor Das bestätigt auch der Expertenrat für Klimafragen in seinem diesjährigen Prüfbericht. Die Lücke im Verkehrssektor sei mittlerweile sogar so groß, dass "man mit einer Maßnahme immer nur ein bisschen was erreicht", sagt die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrates, Brigitte Knopf. Das Erreichen der Klimaschutzziele ist aus ihrer Sicht schon jetzt ambitioniert, weshalb es eigentlich ein "erweitertes Maßnahmenpaket" allein für den Verkehrssektor bräuchte. Doch derzeit werde weder um Einzelmaßnahmen noch um ein größeres Paket ernsthaft gestritten, erklärt Knopf. Doch ob es dazu in absehbarer Zeit kommt, ist fraglich. Insbesondere, nachdem die Ampelfraktionen nun den Weg für eine Änderung des Klimaschutzgesetzes geebnet haben. Bislang werden Klimaschutzziele für jeden einzelnen Sektor festgelegt - also jeweils für Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft. Verfehlt einer dieser Sektoren seine Ziele, muss innerhalb weniger Monate ein Sofortprogramm aufgelegt werden. Es ginge mehr beim Verkehr Neben den von Wissing nicht ernsthaft ins Feld geführten Fahrverboten kommen im Bereich Verkehr auch andere unpopuläre Maßnahmen wie Tempolimits in Betracht. Zwar weist der Minister zurecht darauf hin, dass Klimaschutz im Verkehrssektor besonders herausfordernd ist. Immerhin werden hier etwa 20 Prozent des CO2-Ausstoßes produziert. Zudem lassen sich nicht alle alten Autos von heute auf morgen austauschen. Doch gegensteuern ließe sich auch mit deutlich milderen Mitteln. So kann auch der Hochlauf der E-Auto-Mobilität, der Ausbau der Ladeinfrastruktur, eine Stärkung des Öffentlichen Nahverkehrs und nicht zuletzt der Ausbau von Radwegen zu CO2-Einsparungen führen. Bilanzausgleich statt Sofortprogramme Derartige Sofortprogramme sind im geänderten Klimaschutzgesetz aber nicht mehr vorgeschrieben. Stattdessen soll es eine sektorübergreifende, mehrjährige Gesamtabrechnung geben. Das bedeutet: Stößt der Verkehr auch künftig zu viele schädliche Klimagase aus, kann dies durch eine höhere Einsparung zum Beispiel bei der Stromerzeugung ausgeglichen werden. Zudem sollen zusätzliche Maßnahmen erst nötig werden, wenn die Gesamtbilanz aller Sektoren in zwei aufeinanderfolgenden Jahren nicht stimmt. Vor allem diese Änderung wird von zahlreiche Umweltverbänden scharf kritisiert. Dass es dadurch künftig aber geteilte Verantwortungslosigkeit statt Verbindlichkeit und Zuständigkeit gebe, wie es BUND-Chef Olaf Bandt meint, ist nicht der Fall. Schließlich bleiben die Klimaschutzziele bestehen. Die Bundesregierung hat weiterhin die Gesamtverantwortung für deren Einhaltung. Allerdings erhält sie nun deutlich mehr Flexibilität beim Nachsteuern. Mehr Verbindlichkeit bis 2040? Letztlich soll das geänderte Klimaschutzgesetz aber vor allem mehr Verbindlichkeit für den Zeitraum zwischen 2030 und 2040 bringen. Ein Punkt, der insbesondere von den Grünen betont wird. Dabei war auch schon in der derzeitigen Fassung nicht nur das Ziel für 2030 geregelt, die Emissionen insgesamt um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Auch das 88-Prozent-Minderungsziel für 2040 findet sich dort. Neu ist nun jedoch, dass die Bundesregierung dazu verpflichtet wird, auch für die Jahre 2031 bis 2040 konkrete Klimaschutzmaßnahmen zu erlassen. Zudem muss jede neue Regierung innerhalb der ersten zwölf Monate ihrer Amtszeit ein Klimaschutzprogramm beschließen. Die Ampelkoalition bindet damit auch ihre Nachfolger - die allerdings das Gesetz auch wieder ändern können. Druck von der EU Der Druck kommt künftig aber wohl vor allem von anderer Stelle. So haben sich die EU-Staaten Ende des vergangenen Jahres darauf geeinigt, den CO2-Emissionshandel von 2027 an deutlich auszuweiten. Neben dem Industrie- und Energiesektor gelten künftig auch für die Bereiche Verkehr und Gebäude Obergrenzen für den Ausstoß von Treibhausgasen. Für Klimasünder wird es damit teuer, denn zum einen müssen Unternehmen Verschmutzungsrechte kaufen, um Treibhausgase überhaupt ausstoßen zu dürfen. Zum anderen drohen den Mitgliedsstaaten Strafen, wenn sie ihre Klimaschutzziele nicht erreichen. Dies gilt auch für einzelne Bereiche, wie etwa den Verkehrssektor. Insofern kann sich ein deutscher Verkehrsminister - ob er nun Wissing oder anders heißt - auch künftig in Sachen Klimaschutz nicht zurücklehnen. | /inland/innenpolitik/klimaschutzgesetz-bundesregierung-100.html |
2024-04-16 | Die Optionen des Benjamin Netanyahu | Reaktion auf iranischen Angriff | Nach Irans Großangriff hat Israel klar gemacht, dass es entschieden reagieren will. Unklar ist, wann und vor allem wie, denn eine Eskalation soll vermieden werden. Experten sehen mehrere Möglichkeiten. Von Tim Aßmann. | Nach Irans Großangriff hat Israel klar gemacht, dass es entschieden reagieren will. Unklar ist, wann und vor allem wie, denn eine Eskalation soll vermieden werden. Experten sehen mehrere Möglichkeiten. Von Tim Assmann, ARD-Studio Tel Aviv "Wollt ihr gewinnen? Seid ihr bereit zu kämpfen" - "Ja", antworten die jungen Männer ihrem Regierungschef im Chor. Benjamin Netanyahu traf sich heute mit neuen Rekruten der Armee und er sprach dabei von grausamen Feinden, die Israel angegriffen hätten. "Wir werden kraftvoll und gnadenlos zurückschlagen und wir werden siegreich sein." Netanyahu zeigt sich entschlossen Dann zählte Netanyahu auf: Die Hamas im Gazastreifen, die Hisbollah im Libanon - hinter diesen Feinden Israels stehe immer der Iran. Sein Land sei entschlossen, sich zu verteidigen und zu gewinnen, unterstrich der israelische Premierminister. Dass Israel entschlossen ist, auf den iranischen Angriff vom vergangenen Wochenende zu antworten, haben die politische und die militärische Führung des Landes deutlich gemacht. Die Armee präsentierte nun Trümmerteile einer ballistischen iranischen Rakete und Militärsprecher Daniel Hagari unterstrich dabei, "der direkte Beschuss Israels mit 110 ballistischen Raketen wird nicht ungestraft bleiben. Wir werden antworten. Zeitpunkt, Ort, Umfang - das entscheiden wir." Analysten sehen mehrere Optionen Nach Ansicht von Militärexperten hat Israel verschiedene Optionen. Eine davon ist ein direkter Angriff auf iranisches Gebiet. Damit verbunden wäre aber das erhebliche Risiko eines erneuten iranischen Angriffs und des Einstiegs in eine Eskalationsspirale, wie die ehemalige Offizierin und jetzige Analystin an der Universität Tel Aviv, Orna Mizrahi, im Interview mit dem Fernsehsender KAN sagte. "Eine andere Möglichkeit ist, auf eine Weise zu reagieren, die keine klassische Antwort auf direktem Weg ist, aber eine Antwort, die dennoch verstanden wird, weil sie sich gegen iranische Interessen richtet. Dazu ist nicht zwingend ein direkter Schlag gegen den Iran selbst nötig. Das kann auch woanders stattfinden." Experten: Netanyahu sollte Verbündete nicht ignorieren Gemeint sind mögliche israelische Militärschläge gegen Verbündete des Iran, wie die Hisbollah im Libanon oder verschiedene Milizen in Syrien und im Irak. Solche Angriffe hätten aus Sicht von Experten ein geringeres Eskalationsrisiko, als ein direkter Angriff der israelischen Armee auf den Iran. Israels Partner, allen voran der wichtigste Verbündete, die USA, warnen vor einem Flächenbrand. Das sollte die Regierung in Jerusalem nicht ignorieren, glaubt der Ex-General und ehemalige nationale Sicherheitsberater Yaakov Amidror. "Wir müssen berücksichtigen, was unsere sehr guten Freunde in den USA sagen, aber am Ende trägt die Verantwortung für Israels Sicherheit unser Premierminister und nicht der US-Präsident", so Amidror. Er glaube nicht, dass es zu einem regionalen Krieg komme. "Denn die Iraner kennen nun ihre Grenzen nach dem großen Scheitern ihres Angriffs auf Israel." Unterdessen gehen die Kämpfe im Gazastreifen weiter. Die israelische Armee operiert unter anderem im Zentrum des Küstengebiets und plant auch weiterhin eine Offensive gegen die Stadt Rafah. | /ausland/asien/israel-iran-angriff-102.html |
2024-04-16 | Zwei neue Schutzgebiete in griechischen Gewässern | Ionisches Meer und Ägäis | Zwei neue Meeresschutzgebiete in Griechenland sollen Artenvielfalt und Ökosysteme schützen. Umweltschutzorganisationen zeigen sich wenig beeindruckt von den Plänen. Zudem zeigt sich die Türkei verärgert. | Zwei neue Meeresschutzgebiete in Griechenland sollen Artenvielfalt und Ökosysteme schützen. Umweltschutzorganisationen zeigen sich wenig beeindruckt von den Plänen. Zudem zeigt sich die Türkei verärgert. Griechenland will zwei neue Meeresschutzgebiete einrichten, eines davon im Ionisches Meer und eines in der Ägäis. Das hat das Land als Teil eines Programms für Artenvielfalt und Ökosysteme im Meer angekündigt. Bei der internationalen Ozean-Konferenz, die am Mittwoch in Athen beginnt, soll der Plan offiziell bekannt gegeben werden. Die Kosten sollen bei 780 Millionen Euro liegen. "Wir erhöhen die Größe unserer geschützten Gebiete im Meer um 80 Prozent", teilte der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis mit. Dadurch sollen Meeresschutzgebiete mehr als 30 Prozent der griechischen Gewässer ausmachen. Laut EU-Kommission schützte Griechenland 2019 gut 17 Prozent seiner Meere und lag damit in der EU auf Platz fünf hinter Portugal (46 Prozent), Dänemark (44 Prozent), den Niederlanden (40 Prozent), Frankreich (24 Prozent) - Großbritannien ausgenommen (damals noch EU-Land). In Deutschland waren nur etwa sieben Prozent geschützt. Was Meeresschutzgebiete bringen Sinn von Meeresschutzgebieten ist es laut EU-Kommission, gefährdete Arten und Ökosysteme zu schützen, die biologische Vielfalt zu erhalten und nachhaltige Nutzung zu fördern. Viele Meeresschutzgebiete dienen auch als lebendige Laboratorien für die Forschung. Was es konkret bedeutet, wenn ein Teil des Meeres geschützt ist, unterscheidet sich lokal sehr stark. Teilweise sind bestimmte Fischfangmethoden verboten, mancherorts gibt es Schonzeiten oder es ist festgelegt, wie viel Fisch maximal gefangen werden darf. In sogenannten "No-Take"-Zonen darf gar nicht gefischt werden - darunter fällt aber nur ein kleiner Teil der Meeresschutzgebiete weltweit. In Europa sind "No-Take"-Zonen nicht üblich. Umweltorganisationen gehen die Pläne nicht weit genug Umweltschutzorganisationen zeigen sich wenig beeindruckt von Griechenlands Plänen. Die Initiative gehe nicht weit genug, sie fordern strengere Maßnahmen. Greenpeace und WWF kritisierten unter anderem, dass Griechenland weiterhin Forschung in der Tiefsee zu Energiequellen im Mittelmeer zulasse. Auf die Frage, ob Griechenland auch in diesen Gebieten mehr Schutz plane, antwortete der griechische Umwelt- und Energieminister ausweichend. Dafür bräuchte es mehr Geld und eine wissenschaftliche statt ideologische Basis. Nikos Charalambidis, der griechische Greenpeace-Chef, sagte, die Ozean-Konferenz dürfe nicht einfach eine Gelegenheit sein für Regierungen, sich selbst dazu zu beglückwünschen, was sie bisher gesagt haben. An der Konferenz nehmen laut griechischer Regierung rund 300 Vertreter aus mehr als 100 Ländern teil. Dabei sollen Zusagen für Umweltprojekte im Umfang von insgesamt etwa zehn Milliarden Dollar gemacht werden. Türkei verärgert über Griechenlands Pläne in der Ägäis Das Vorhaben sorgt auch für Ärger mit dem Nachbarland Türkei, mit dem Griechenland seit Jahrzehnten ein angespanntes Verhältnis hat - darunter auch wegen Territorialansprüchen in der Ägäis. Griechenland wolle offenbar Umweltthemen für eigene Vorteile ausnutzen, teilte das türkische Außenministerium mit. Das griechische Außenministerium warf der Türkei daraufhin vor, sie versuche "ein eindeutiges Umweltthema zum Politikum" zu machen. | /ausland/europa/griechenland-meeresschutzgebiete-ionisches-meer-aegaeis-100.html |
2024-04-16 | "Weit kommt Scholz damit nicht" | Deutsch-chinesische Beziehungen | Deutschlands Einfluss auf Chinas Führung ist nach Ansicht der Asien-Expertin Shi-Kupfer "nicht substanziell". Kanzler Scholz erreiche wenig mit seiner Forderung nach fairen Handelsbeziehungen - und auch im Ukraine-Krieg folge China den eigenen Interessen. | Deutschlands Einfluss auf Chinas Führung ist nach Ansicht der Asien-Expertin Shi-Kupfer "nicht substanziell". Kanzler Scholz erreiche wenig mit seiner Forderung nach fairen Handelsbeziehungen - und auch im Ukraine-Krieg folge China den eigenen Interessen. tagesschau.de: Der chinesische Präsident Xi Jinping hat gegenüber Bundeskanzler Olaf Scholz die Bedeutung des deutsch-chinesischen Handels betont, der für stabile Beziehungen sorge, kein Risiko darstelle und Zukunftschancen eröffne. So haben sich im weitesten Sinne auch die Vorstandsvorsitzenden von Mercedes Benz und BMW gegenüber der ARD geäußert. Das klingt danach, als seien die Handelsbeziehungen in einem guten Zustand. Teilen Sie den Eindruck? Kristin Shi-Kupfer: Den Eindruck sollte man nur bedingt teilen. Es ist auffällig, dass sowohl Xi als auch die deutschen Vorstandsvertreter sich bemüht haben, aus unterschiedlichen Motiven die positiven Aspekte zu betonen. Trotz der Bemühungen um Diversifizierung und De-Risking sehen einzelne Unternehmen nach wie vor gute Geschäftschancen in China. Die deutschen Investitionen haben sich insgesamt etwas erhöht, aber auch die Probleme. In der neuesten Blitz-Umfrage der Auslandshandelskammer werden die Probleme, die es nach wie vor gibt und die nicht besser geworden sind, beschrieben - vor allen Dingen bei der Benachteiligung ausländischer Unternehmen beim Marktzugang oder auch öffentlichen Ausschreibungen. Und dann gibt es das Problem, das der Bundeskanzler am Vortag in Shanghai sehr viel deutlicher angesprochen hat: dass die Volksrepublik China Überkapazitäten zum Beispiel bei der Elektromobilität zu Dumpingpreisen am europäischen Markt anbietet. Forderungen finden "wenig Gehör" tagesschau.de: Haben Sie den Eindruck, dass die Forderung nach einem fairen Wettbewerb in der Volksrepublik Gehör findet? Shi-Kupfer: Sie finden Gehör, aber mir scheint: wenig Gehör. Und ob sie auf Verständnis treffen, ist eine andere Frage - und ob das dann zu Änderungen in der Wirtschaftspolitik führt, noch eine weitere Frage. Mir scheint das jeweils nicht so zu sein. In den privaten Medien und in den sogenannten sozialen Medien wird auf einen Unterschied zwischen Scholz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verwiesen, die fast zeitgleich EU-Maßnahmen gegen die Volksrepublik angedroht hat. Zwischen ihnen gebe es einen Widerspruch, und der Scholz-Besuch mit zwölf Unternehmensführern zeige, dass man China weiter brauche und ein "De-Risking" weder realistisch noch sinnvoll sei. "Offensichtlich, dass es in der Regierung Differenzen gibt" tagesschau.de: Diesen Unterschied gibt es auch in der Bundesregierung. Das Außenministerium hat im vergangenen Jahr eine China-Strategie veröffentlicht, die China vorwirft, es wolle die Abhängigkeit des Westens bei der Produktion vergrößern. Der Bundeskanzler schlägt einen sanfteren Ton an. Treten hier Differenzen zu Tage? Shi-Kupfer: Die Chinastrategie war ein notwendiger Prozess, innerhalb der Bundesregierung zumindest einen groben Rahmen für die Prioritäten im Umgang mit China zu setzen. Aber es ist offensichtlich, dass es innerhalb der Regierung Differenzen gibt. Das wird auch in China wahrgenommen. Der pro-chinesische Sender Hong Kong Satellite Television schreibt auf der chinesischen Plattform Weibo mit sarkastischem Unterton und in Bezug auf - fiktive - deutsche Medienberichte, dass Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck zu Hause geblieben seien, weil sie Scholz nur Ärger bereiteten. Diese Uneinigkeit gegenüber China hilft sicher nicht - das gilt aber auch für die Uneinigkeit innerhalb der Europäischen Union. "Nicht ganz verständliche Sorge" tagesschau.de: Was erreicht der Kanzler denn mit seiner etwas zurückgenommenen Herangehensweise? Shi-Kupfer: Weit kommt er damit nicht. Scholz scheint von einer mir nicht ganz verständlichen Sorge getragen, angesichts der Bedeutung Chinas für einzelne Branchen die chinesische Regierung nicht unnötig zu verprellen. Dabei sprechen wir von einer wechselseitigen Verflechtung. Es gibt kritische Abhängigkeiten bei einzelnen Rohstoffen oder Chemikalien, aber China hat auch weiter ein Interesse an ausländischen und deutschen Investitionen. Und es spürt, dass EU-Strafmaßnahmen im Handel greifen und sicherlich weh tun würden, ebenso wie Beschränkungen für chinesische Digitalunternehmen auf dem europäischen Markt. Hier könnte und sollte die Bundesregierung China durchaus klarere Bedingungen stellen, so wie es die EU-Kommission auch macht. "Darüber spricht die chinesische Regierung nicht offen" tagesschau.de: Bei den geopolitischen Fragen ging es zwischen Scholz und Xi unter anderem um Chinas Position im Krieg gegen die Ukraine. Hier sagte der chinesische Präsident gegenüber Scholz, China sei keine Partei in diesem Kontext. Ist das nicht eine reichlich beschönigende Darstellung? Shi-Kupfer: In der chinesischen Übersetzung hieß es, China sei keine direkt involvierte Partei. Aber in der Tat beschönigt das die Unterstützung Russlands durch China, sei es durch die Ausweitung des Handels mit Russland, sei es durch Lieferung von zum Beispiel Drohnen, Flugzeugmotoren oder anderen Maschinenteilen, die für Kriegsgerät wie Raketen verwenden werden, was Russland dabei hilft, in diesem Konflikt durchzuhalten und so dazustehen, wie es jetzt dasteht. Das vertuscht China mit dieser Formulierung und ist etwas, worüber die chinesische Regierung nicht offen spricht. tagesschau.de: Welche Strategie verfolgt China in diesem Krieg? Shi-Kupfer: Der Krieg verläuft aus Sicht der chinesischen Regierung in ihrem Interesse. Ein anhaltender, nicht eskalierender Konflikt bindet die US-amerikanische und die europäischen Regierungen und beschränkt ihre Möglichkeiten, sich mit der spannungsgeladenen Lage im Südchinesischen Meer zu beschäftigen - mit den Ansprüchen, die China zudem auf Taiwan und weitere Regionen erhebt. Wenn der Ukraine-Krieg weiter eskalieren und die Sanktionen gegen Russland noch härter würden, könnte China wegen seiner Unterstützung für Russland noch stärker ins Visier geraten. Ich möchte zwar der chinesischen Regierung nicht absprechen, dass sie auch an einem Friedensschluss interessiert ist. Aber unter geopolitischen Gesichtspunkten missfällt der anhaltende Konflikt China sicher nicht. Ambitionen im "Windschatten" des Ukraine-Krieges tagesschau.de: Über allem steht aber das Ziel, den Einfluss im südpazifischen Raum auszudehnen, inklusive der Unterordnung Taiwans? Shi-Kupfer: Stellen wir uns vor, es würde zu einer - und sei es nur unbeabsichtigten - Eskalation in der Taiwanstraße kommen. Dann hätten die liberalen Demokratien, die sich nicht nur im Krieg zwischen Russland und der Ukraine, sondern auch im Nahen Osten engagieren, ein Ressourcenproblem und wahrscheinlich auch innenpolitisch Schwierigkeiten, ein weiteres Engagement zu rechtfertigen. In diesem Windschatten kann China seine zunehmend aggressiver und provokanter vorgetragenen Ambitionen mit Blick auf Taiwan und das Südchinesische Meer weiterverfolgen. "Keinen substanziellen Einfluss" tagesschau.de: Es gibt Beobachter, die Scholz dafür loben, China dazu bewegt zu haben, Russland im Ukraine-Krieg vor dem Einsatz von Atomwaffen zu warnen. Hat er also doch eine Form von Einfluss auf Xi? Shi-Kupfer: Ich glaube nicht, dass die deutsche Bundesregierung hier wirklich substanziellen Einfluss auf China ausüben kann. Zwar gibt es eine auffällig positive offizielle Berichterstattung über den Bundeskanzler, der sehr freundlich gezeichnet wird. Auch in den sozialen Medien gibt es nicht nur nationalistische Stimmen, sondern einen vielfältigen und auch neugierigen Blick auf Deutschland, der weit über das Wirtschaftliche hinausgeht und sich auch auf gesellschaftliche Entwicklungen bezieht. Aber grundsätzlich ist es Kerninteresse Chinas, dass der Konflikt nicht eskaliert, denn das würde die chinesische Regierung zwingen, sich ganz klar zu positionieren. Und anders als Russland will die Volksrepublik nicht völlig mit der internationalen Gemeinschaft brechen und möchte die dann wohl zwangsläufigen Sanktionen vermeiden. Das allerdings können Deutschland, die EU und die USA weiter unterstützen. Auch das steckt in der Äußerung Xis zu Beginn des Gespräches mit Scholz. Das Gespräch führte Eckart Aretz, tagesschau.de | /ausland/asien/china-scholz-wirtschaft-ukraine-100.html |
2024-04-16 | Kleine Schritte statt großer Wurf | Scholz beendet Chinareise | Mehr als drei Stunden dauerte das Treffen von Kanzler Scholz und Chinas Staatschef Xi. Hauptthema war die Ukraine. Eine Zusage, dass China an einem Friedensgipfel teilnimmt, gab es nicht - immerhin aber positive Signale. | Mehr als drei Stunden dauerte das Treffen von Kanzler Scholz und Chinas Staatschef Xi. Hauptthema war die Ukraine. Eine Zusage, dass China an einem Friedensgipfel teilnimmt, gab es nicht - immerhin aber positive Signale. China und Deutschland wollen die Bemühungen um Frieden in der Ukraine künftig gemeinsam voranbringen. Wie die Rolle Chinas dabei genau aussehen kann, blieb nach einem Treffen des chinesischen Präsidenten Xi Jinping mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Peking aber unklar. Scholz konnte Xi nicht zur Zusage einer chinesischen Teilnahme an der für Juni geplanten Schweizer Friedenskonferenz bewegen. Die beiden verständigten sich aber darauf, sich über diese und mögliche weitere Konferenzen "intensiv und positiv" abzustimmen. Scholz und Xi sprachen insgesamt drei Stunden und 20 Minuten miteinander - ungewöhnlich lang. Das Treffen begann mit einer Stunde in großer Runde, dann folgte eine 45-minütige Teezeremonie unter vier Augen und schließlich ein gemeinsames Essen. Das soll Xi als Gleichnis in Anspielung auf die Lösungsinitiativen beim Ukraine-Krieg genutzt haben: Alle sollten mit am Tisch sitzen, aber keiner sollte auf der Speisekarte stehen, wurde er zitiert. Unterschiedliche Äußerungen Chinas zur Ukraine Zu den Bemühungen um die Friedenskonferenz gab es von chinesischer Seite mehrere unterschiedliche Äußerungen. In der ersten Stellungnahme hieß es, China unterstütze eine internationale Friedenskonferenz nur, wenn sie sowohl von Russland als auch von der Ukraine akzeptiert werde. Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Schweizer Initiative aber bereits abgelehnt und wurde auch gar nicht eingeladen. Später ergänzten die Chinesen, dass man sich weiter über diese und andere Konferenzen abstimme. Wie groß die Bereitschaft in Peking ist, an dem Gipfel in der Schweiz teilzunehmen, blieb letztlich offen. Die Gastgeber wollen hundert Länder dazu einladen und möglichst viele Staaten mit an den Tisch bringen, die Russland freundlich gesinnt sind - allen voran China. Die Atommacht mit ihren 1,4 Milliarden Einwohnern gilt als wichtigster Verbündeter Russlands. Die Konferenz in der Schweiz steht und fällt deswegen mit der Teilnahme Chinas. Scholz bittet China um Hilfe Aus deutscher Sicht war der Ukraine-Krieg das Thema Nummer eins bei den politischen Gesprächen in Peking. Nach dem ersten Besuch des Kanzlers in China hatte Xi die russischen Drohungen mit einem Atomschlag zurückgewiesen. Heute wurde das durch die gemeinsame Forderung ergänzt, keine Atomanlagen im Kriegsgebiet anzugreifen. Später äußerte sich der Kanzler noch im Onlinedienst X. Dort schrieb er, Chinas Wort habe Gewicht in Russland. Er habe Xi gebeten, "auf Russland einzuwirken, damit Putin seinen irrwitzigen Feldzug endlich abbricht, seine Truppen zurückzieht und diesen furchtbaren Krieg beendet." Social-Media-Beitrag auf X von Bundeskanzler Olaf Scholz: "Chinas Wort hat Gewicht in Russland.Ich habe Präsident Xi daher gebeten, auf Russland einzuwirken, damit Putin seinen irrsinnigen Feldzug endlich abbricht, seine Truppen zurückzieht und diesen furchtbaren Krieg beendet." Xi: Stabile Zusammenarbeit wichtig Xi sprach von einer "neuen Epoche der Turbulenzen und der Umbrüche", in der die Risiken für die gesamte Menschheit zunähmen. "Um diese Fragen zu lösen, ist es unabdingbar, dass zwischen den Großmächten die Kooperation die Oberhand gewinnt." In diesem Sinne sei eine stabile Zusammenarbeit der großen Volkswirtschaften Deutschland und China wichtig. "Gemeinsam können wir der Erde mehr Stabilität und Sicherheit einhauchen." Scholz hatte Xi zu Beginn des Gesprächs eindringlich auf die verheerenden Auswirkungen des Krieges hingewiesen. "Mittelbar beschädigen sie die gesamte internationale Ordnung, denn sie verletzen einen Grundsatz der Charta der Vereinten Nationen: den Grundsatz der Unverletzlichkeit von Staatsgrenzen", sagte Scholz. "Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die Aufrüstung Russlands haben ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa." Lieferungen an Russland - für China kein Thema Der Westen wirft China vor, Russland mit Gütern zu versorgen, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können und so die russische Kriegswirtschaft zu unterstützen. Scholz hatte schon vor dem Treffen klargemacht, dass er dieses Thema deutlich ansprechen wolle. Xi ging darauf in seiner Erklärung nicht ein. Er sagte lediglich, dass China sei "keine Partei und kein Beteiligter in der Ukraine-Krise". Es war die zweite China-Reise des Kanzlers seit seiner Vereidigung im Dezember 2021. Sein Antrittsbesuch im November 2022 war wegen der noch anhaltenden Corona-Pandemie nur ein Tagestrip. Diesmal nahm er sich drei Tage Zeit - so viel wie noch nie zuvor für ein einziges Land bei einer Reise. | /ausland/asien/scholz-china-xi-100.html |
2024-04-16 | "Es tut in der dänischen Volksseele weh" | Historische Börse in Kopenhagen | Die Menschen in Kopenhagen stehen unter Schock. Mit der historischen Börse ist ein Wahrzeichen der Stadt in Flammen aufgegangen. Der Schaden ist immens. Von Julia Wäschenbach. | Die Menschen in Kopenhagen stehen unter Schock. Mit der historischen Börse ist ein Wahrzeichen der Stadt in Flammen aufgegangen. Der Schaden ist immens. Von Julia Wäschenbach Von Kopenhagens "Notre-Dame-Moment" spricht Dänemarks Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen beim Anblick der Flammen, die aus der alten Börse schießen. Am Morgen geht das Dach des historischen Gebäudes plötzlich in Flammen auf. Riesige Rauchwolken ziehen über die Stadt und sind bis auf die andere Seite des Öresunds in Malmö zu sehen. Passanten erleben geschockt mit, wie kurze Zeit später die ikonische Turmspitze einstürzt. Das Gebäude ist prägend für das Stadtbild Die frühere Börse gilt als eines der Wahrzeichen der dänischen Hauptstadt. Um 1620 war sie im Auftrag von König Christian IV. entstanden. Seit einigen Jahren wurde sie restauriert und war deshalb in ein Gerüst gehüllt. Heute ist sie der Hauptsitz des Gewerbe- und Arbeitgeberverbandes Dansk Erhverv. Ministerpräsidentin Frederiksen erschüttert Das historische Gebäude liegt mitten in Kopenhagen, direkt neben dem dänischen Parlament. Regierungschefin Mette Frederiksen zeigte sich erschüttert: "Es ist ein Stück dänischer Geschichte, das vor unseren Augen brennt. Ich glaube, es hat uns alle erschüttert, als der Turm fiel. Es tut in der dänischen Volksseele weh. Hier gehen viele, viele hundert Jahre Geschichte in Flammen auf." Neben den Büros beheimatete das Gebäude eine große Kunstsammlung. Einige der wertvollen Gemälde konnten Helfer vor den Flammen retten. Mehrere Menschen brauchte es, um das Werk "Von der Kopenhagener Börse" des norwegisch-dänischen Malers P. S. Kröyer davonzutragen. Alte Bauweise erschwert die Löscharbeiten Doch ein großer Teil der historischen Börse ist zerstört. Nachdem das Feuer sich auf alle Etagen des Gebäudes ausgebreitet hatte, bestand in Teilen sogar Einsturzgefahr, wie Jakob Vedsted von den Einsatzkräften erklärte. Er beschreibt den Brand als gewaltig. "Ältere Gebäude bestehen meist aus Holzkonstruktionen und dieses hat außerdem ein Kupferdach, das die Hitze drinnen hält." Das erschwere die Löscharbeiten. Immerhin: Verletzte gibt es nach vorläufigen Angaben der Behörden nicht. Doch der materielle und kulturelle Schaden ist riesig. Und für die Kopenhagener geht ein vertrauter Anblick im Stadtbild für lange Zeit verloren. Rentnerin Marianne Trier Mörk ist sogar extra vorbeigekommen, um die Überreste des Gebäudes zu sehen. "Ich musste einfach herkommen, es fühlt sich an wie ein historischer Moment. Und es ist auch irgendwie eine Art Abschied für mich", sagt sie. König Frederik dankt den Einsatzkräften Noch trauen sich die Däninnen und Dänen nicht, darüber nachzudenken, wie viel von den Kulturschätzen unter dem Dach der Börse zerstört ist. König Frederik X. bedankte sich in einer Mitteilung bei allen Einsatzkräften und Freiwilligen. Die charakteristische Turmspitze habe Kopenhagens Ruf als Stadt der Türme geprägt, erklärte der Monarch. Jetzt ist die dänische Hauptstadt um einen Turm ärmer. | /ausland/europa/kopenhagen-boerse-brand-102.html |
2024-04-16 | UN-Kritik wegen Beteiligung an Siedlerangriffen | Israelische Truppen | Immer wieder greifen gewalttätige Siedler im Westjordanland Palästinenser an - offenbar unterstützt durch israelische Sicherheitskräfte. Seit dem Tod eines israelischen Teenagers vor wenigen Tagen eskaliert die Lage. Die UN kritisieren das deutlich. | Immer wieder greifen gewalttätige Siedler im Westjordanland Palästinenser an - offenbar unterstützt durch israelische Sicherheitskräfte. Seit dem Tod eines israelischen Teenagers vor wenigen Tagen eskaliert die Lage. Die UN kritisieren das deutlich. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hat israelischen Sicherheitskräften die Beteiligung an Gewaltakten von Siedlern an Palästinensern im besetzten Westjordanland vorgeworfen und Israel aufgefordert, diese Gewalt umgehend zu unterbinden. "Palästinenser sind Angriffswellen Hunderter israelischer Siedler ausgesetzt gewesen, die häufig von israelischen Sicherheitskräften begleitet oder unterstützt wurden", teilten die Vereinten Nationen mit. "Die israelischen Behörden müssen weitere Angriffe verhindern, insbesondere indem sie die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen", sagte die Sprecherin des UN-Hochkommissariats, Ravina Shamdasani, in Genf. Menschen, die "krimineller Handlungen, einschließlich Mord oder anderer ungesetzlicher Tötungen" verdächtigt würden, müssten "nach einer schnellen, unparteiischen, unabhängigen, effektiven und transparenten Untersuchung in einem Gerichtsverfahren, das den internationalen Menschenrechtsstandards entspricht, vor Gericht gestellt werden", erklärte das Hochkommissariat weiter. Gewalt durch israelische Soldaten und Siedler Zuletzt hatte die Tötung eines 14-jährigen Israelis mehrere Angriffe von Siedlern in palästinensischen Städten und Dörfern hervorgerufen. Nach Behördenangaben fiel der Junge einem Extremistenanschlag zum Opfer. Seit der Tat am vergangenen Freitag wurden UN-Angaben zufolge vier Palästinenser, darunter ein Kind, bei Vergeltungsmaßnahmen durch Siedler und bei Einsätzen der israelischen Armee getötet. Hunderte Häuser und Fahrzeuge seien in Brand gesteckt worden. Die palästinensischen Behörden sprechen von sieben Toten und 75 Verletzten. Aktivisten werfen israelischen Truppen seit langem vor, Angriffe durch Siedler regelmäßig zu ignorieren oder sich daran zu beteiligen. "Israel als Besatzungsmacht muss alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen ergreifen, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit im besetzten Westjordanland so weit wie möglich wiederherzustellen und zu garantieren", hieß es in der UN-Mitteilung. Palästinenser: Fast 500 Tote seit 7. Oktober Israel hat das Westjordanland 1967 eingenommen und dort Dutzende Siedlungen errichten lassen, in denen mehr als 500.000 israelische Siedler wohnen. In der Gegend leben rund drei Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser. Die Palästinenser beanspruchen das Westjordanland für einen eigenen Staat. Die Gewalt im Westjordanland hat seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober und dem dadurch ausgelösten Gazakrieg zugenommen. Mindestens 468 Menschen wurden palästinensischen Angaben zufolge seither von der israelischen Armee oder von israelischen Siedlern getötet. UN: Israel verhindert Aufklärung von Terrorattacken Kritik an Israel kam auch in einer anderen Angelegenheit: UN-Experten werfen der Regierung vor, ihnen das Sammeln von Beweisen zur Untersuchung der Hamas-Attacke vom 7. Oktober zu verwehren. "Was die israelische Regierung angeht, erleben wir bisher nicht nur einen Mangel an Kooperation, sondern eine aktive Verhinderung unserer Bemühungen, über israelische Zeugen und Opfer Beweise für die Vorfälle in Südisrael zu erhalten", sagte Chris Sidoti, einer der Vertreter der vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzten Untersuchungskommission. Das Gremium wurde vom Menschenrechtsrat im Mai 2021 beauftragt, Verstöße gegen die Menschenrechte und gegen das humanitäre Völkerrecht in Israel und in den Palästinensergebieten zu untersuchen. Inzwischen konzentrieren sich die Ermittler auf die Ereignisse am 7. Oktober sowie das nachfolgende Kriegsgeschehen. "Ich bedauere, dass Menschen in Israel, die mit uns sprechen möchten, diese Möglichkeit verweigert wird, weil wir keinen Zugang zu Israel erhalten", sagte die Vorsitzende der Kommission, die frühere UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay. | /ausland/asien/un-menschenrechte-siedler-israel-100.html |
2024-04-16 | Verdächtiger nach Mord an V-Mann gefasst | Tod in Spanien | Im Sommer 2022 ist in Spanien ein V-Mann der Frankfurter Polizei ermordet worden. Nun wurde in der Türkei nach Recherchen von WDR und NDR ein Tatverdächtiger festgenommen. | Im Sommer 2022 ist in Spanien ein V-Mann der Frankfurter Polizei ermordet worden. Nun wurde in der Türkei nach Recherchen von WDR und NDR ein Tatverdächtiger festgenommen. Von Florian Flade, WDR, Reiko Pinkert und Jonas Schreijäg, NDR Für die spanische Polizei war es zunächst kein außergewöhnlicher Fall: ein brutaler Mord im Drogenmilieu, wie es ihn tatsächlich an der Costa del Sol häufiger gibt. Im Juni 2022 wurde in einer Ferienanlage in Marbella im Süden Spaniens eine Leiche entdeckt: Ein Mann, an einen Stuhl gefesselt, um den Kopf eine Plastikfolie gewickelt. Er war mit mehreren Schüssen getötet worden. Bei dem Toten handelt sich um Aleksandar K., einen 34 Jahre alten Serben, der zuletzt im hessischen Offenbach gelebt hatte - und zum Zeitpunkt seiner Ermordung als V-Mann für die Frankfurter Kriminalpolizei tätig war, wie WDR und NDR im vergangenen Jahr recherchiert hatten. K. hatte jahrelang Informationen aus dem Drogenmilieu an die deutschen Ermittler geliefert: über Schmugglernetzwerke, die Cannabis und Kokain aus Spanien nach Deutschland gebracht haben sollen. Während er für die deutsche Polizei spitzelte, soll K. selbst im großen Stile Drogentransporte organisiert haben. Genaue Umstände ungeklärt Der Polizei-Informant soll vor seinem Tod gefoltert worden sein. Offenbar wurde er ermordet, weil seine Spitzeltätigkeit aufgeflogen war. Die genauen Umstände der Ermordung sind allerdings bis heute nicht geklärt. Die Tatverdächtigen jedenfalls, die aus Deutschland stammen, konnten ins Ausland fliehen. Die spanischen Ermittler aber konnten unter anderem durch Aufnahmen von Überwachungskameras und Fingerabdrücken schnell ihre Identitäten feststellen und sie zur internationalen Fahndung ausschreiben. Nach Informationen von WDR und NDR wurde nun einer der Tatverdächtigen in der Türkei festgenommen. Es handelt sich um Tolga S., der Mitglied eines deutschen Ablegers der Hells Angels sein soll. Aleksandar K. soll Tolga S. Geld geschuldet haben, mutmaßlich aus Drogengeschäften. Tolga S. soll zunächst aufgrund eines anderen Delikts von der türkischen Polizei festgehalten worden sein, bei einer Überprüfung stellte sich dann heraus, dass der Mann mit einem internationalen Haftbefehl von der spanischen Justiz gesucht wird. Mutmaßliche Mittäter auf der Flucht Ein Sprecher der spanischen Gerichtsbehörden bestätigte auf Anfrage eine Festnahme in dem Fall. Aus Kreisen der spanischen Policía Nacional erfuhren NDR und WDR, dass Tolga S. am 08. April aus der Türkei nach Málaga überstellt wurde. Tolga S. droht nun in Spanien eine Anklage wegen des Mordes an Aleksandar K. Die mutmaßlichen Mittäter sind weiterhin auf der Flucht. In Deutschland hatte zunächst die Staatsanwaltschaft Hanau in dem Fall ermittelt. Inzwischen aber wurde das Verfahren eingestellt, wie ein Sprecher der Behörde mitteilte, "da alle in Bundesrepublik Deutschland möglichen Ermittlungen erfolgt sind und daher keine weiteren Ermittlungsansätze vorliegen". Die bisherigen Erkenntnisse zum Mordfall seien auf dem Wege der Rechtshilfe an die spanischen Behörden übermittelt worden. Der Fall des toten V-Mannes beschäftigt indes auch schon jetzt Gerichte in Hessen, denn die Informationen, die Aleksandar K. den Frankfurter Ermittlern geliefert hatte, sollen in gleich mehrere Verfahren gegen Drogennetzwerke eingeflossen sein. Unter anderem in Gießen laufen derzeit Prozesse gegen mehrere Personen, denen gewerbsmäßiger Handel mit Rauschgift vorgeworfen wird. Sie waren teilweise frühere Geschäftspartner von K. Es gibt Hinweise, wonach die Frankfurter Polizei Ermittlungen gegen den V-Mann ausgebremst haben könnte, vermutlich um ihre Quelle zu schützen. Strengere Regeln für V-Personen geplant Die Bundesregierung möchte den Einsatz von V-Personen durch die Polizei gesetzlich strenger regeln. Ein entsprechender Gesetzesentwurf, der federführend durch das FDP-geführte Bundesjustizministerium erarbeitet wurde, liegt mittlerweile vor. Der Vorschlag, etwa den Einsatz von V-Leuten zeitlich zu begrenzen, vorab durch eine richterliche Kontrolle zu genehmigen und die Aussagen der Informanten umfangreich zu protokollieren, stößt dabei auch auf Kritik. Insbesondere Polizeigewerkschaften äußerten in den vergangenen Monaten die Sorge, dass durch ein solches Gesetz ein Einsatz der menschlichen Quellen nahezu unmöglich werde, da sich unter diesen Bedingungen kaum noch Personen anwerben lassen würden und sogar eine Enttarnung der V-Leute drohe. Angeworbene und bezahlte Informanten gelten als wichtiges Ermittlungswerkzeug, insbesondere im Bereich der Organisierten Kriminalität und beim Staatsschutz. Verabschiedung ungewiss Befürworter einer gesetzlichen Regelung führen hingegen an, dass die Anwerbung, das Führen und Abschalten von Quellen durch die Polizei bislang gesetzlich nicht einheitlich geregelt ist. Wie ein solcher Einsatz abläuft, das beruht im Wesentlichen auf den Dienstvorschriften der Polizeibehörden der Länder und des Bundes - im Gegensatz zu den Quellen des Verfassungsschutzes etwa, deren Einsatz ist durch das Gesetz klar geregelt. Der aktuelle Gesetzesentwurf, der Mitte März im Kabinett der Ampel-Koalition beschlossen wurde, soll nun Ende April dem Bundesrat zur Beratung vorgelegt werden, bevor er in den Bundestag geht. Niedersachsen hat bereits einen Antrag auf vollständige Ablehnung des Gesetzes gestellt. | /investigativ/ndr-wdr/drogenkriminalitaet-v-mann-mord-verdaechtiger-100.html |
2024-04-16 | "Überall sind die Zahlen tiefrot" | Zukunft des Nahverkehrs | Um die Klimaziele zu erreichen, soll der Bahnverkehr in Deutschland eigentlich ausgebaut werden. Doch nun droht sogar, dass künftig weniger Regionalbahnen fahren. Denn den Ländern geht offenbar das Geld aus. Von B. Hümbs. | Um die Klimaziele zu erreichen, soll der Bahnverkehr in Deutschland eigentlich ausgebaut werden. Doch nun droht sogar, dass künftig weniger Regionalbahnen fahren. Denn den Ländern geht offenbar das Geld aus. Von Balthasar Hümbs, ARD Berlin Zahlreiche Bundesländer funken auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios beim Thema Nahverkehr SOS. Oliver Krischer von den Grünen, Verkehrsminister in NRW und Vorsitzender der deutschen Verkehrsministerkonferenz, sagt: "Wir sind jetzt in einer Situation, dass keine Reserven mehr da sind. Ganz im Gegenteil: Überall sind die Zahlen tiefrot." Er ist sicher, "alle Bundesländer werden Verkehre reduzieren müssen". Die Länder fordern mehr Geld vom Bund. Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter von der CSU erklärt: "Die Lage ist sehr ernst. Die bisherigen Zusagen sind minimal, und sie lösen das Problem nicht." Länder: Geld des Bundes reicht nicht aus Der Bund ist gemeinsam mit den Ländern für den Verkehr von S- und Regionalbahnen zuständig. Die Arbeitsteilung sieht so aus: Die Länder entscheiden, wo Züge fahren und wie dicht der Takt ist. Der Bund überweist den Ländern dafür jedes Jahr einen pauschalen Betrag, die sogenannten Regionalisierungsmittel. Laut Bundesverkehrsministerium bekommen die Länder in diesem Jahr rund elf Milliarden Euro. Jedes Jahr steigt diese Summe um drei Prozent. Doch das Geld reicht nicht aus, meint NRW-Verkehrsminister Krischer. Der Nahverkehr auf der Schiene sei "mit erheblichen Kostensteigerungen in den letzten Jahren konfrontiert" gewesen. "Das sind natürlich Lohnkosten, aber das sind auch Energiekosten in Folge des Ukraine-Krieges." Deutschlandticket problematisch Ein weiteres Problem ist das Deutschlandticket. Bei den Fahrgästen ist es zwar beliebt, es sorgt aber bei den Ländern für weniger Einnahmen aus dem Ticketverkauf. Und es kostet Bund und Länder je 1,5 Milliarden Euro. Außerdem hilft es vor allem den Menschen in den Städten, da wo das Angebot von Bus und Bahn ohnehin schon gut ist. Auf dem Land sieht das anders aus. Damit auch hier mehr Menschen den Nahverkehr nutzen, müssten besonders hier mehr Busse und Bahnen fahren. Laut einer Studie im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums müssten im Jahr 2031 dann bis zu 31 Milliarden Euro in den Nahverkehr fließen, fast dreimal so viel wie aktuell. Beteiligen sich die Länder genug? Aber viele trauen den Ländern bei der Finanzierung des Nahverkehrs nicht über den Weg. Denn auch sie sollen sich eigentlich an der Finanzierung von Bussen und Bahnen beteiligen. Doch manche geben nur wenig Geld dazu. Im vergangenen Jahr beteiligte sich etwa Niedersachen nur mit neun Prozent an der Finanzierung seines Nahverkehrs. "Dieses Spiel, dass nur die Länder mehr Geld vom Bund fordern, ich glaube das funktioniert so nicht", sagt Stefan Gelbhaar, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag. "Da ist eine Gesamtverantwortung drin." Gelbhaar fordert erst mal kein zusätzliches Geld für die Länder - und das, obwohl er eigentlich den Nahverkehr ausbauen möchte. Denn erst mal müsse sichergestellt werden, dass sich alle Bundesländer gleichermaßen an den Kosten für den Nahverkehr in ihrem Land beteiligen. "Wir brauchen insgesamt einen Pakt von Bund, Ländern und Gemeinden, wo beschrieben wird: Wie sieht der ÖPNV der Zukunft aus? Was müssen Kommunen und Länder, und was muss auch der Bund tun?" "Sind keinen Millimeter vorangekommen" Das Vorhaben steht im Koalitionsvertrag. Vor zwei Jahren wurde eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern eingerichtet. Das Bundesverkehrsministerium bezeichnet das als "einzigartiges Gesprächsformat". Aber NRW-Verkehrsminister Krischer kritisiert bei Bundesverkehrsminister Volker Wissing mangelnde Gesprächsbereitschaft. "Leider sind wir in der Situation, dass wir keinen Millimeter weitergekommen sind", kritisiert er. "Ein vernünftiges Gespräch mit dem Bundesverkehrsministerium findet seit geraumer Zeit praktisch nicht statt." Jetzt soll wieder Bewegung in die Sache kommen. Ab morgen treffen sich Bund und Länder zur Verkehrsministerkonferenz. | /inland/nahverkehr-bundeslaender-finanzierung-100.html |
2024-04-16 | Israel-Pavillon auf Biennale bleibt geschlossen | Protest gegen den Gaza-Krieg | Eigentlich sollten Pressevertreter heute schon Einblick in die Pavillons der Biennale in Venedig bekommen. Doch der israelische Beitrag bleibt unter Verschluss - bis es eine Feuerpause im Gaza-Krieg gibt, so die Künstlerin. | Eigentlich sollten Pressevertreter heute schon Einblick in die Pavillons der Biennale in Venedig bekommen. Doch der israelische Beitrag bleibt unter Verschluss - bis es eine Feuerpause im Gaza-Krieg gibt, so die Künstlerin. Die Verantwortlichen für den israelischen Pavillon bei der Kunstausstellung Biennale in Venedig verweigern die Eröffnung. Es ist eine Protest-Aktion gegen den Gaza-Krieg. Im Fenster des Pavillons hängt ein Schild, auf dem auf Englisch steht "Die Künstlerin und die Kuratorinnen des israelischen Pavillons werden die Ausstellung öffnen, wenn es eine Feuerpause und ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln gibt." Künstlerin erklärt die Aktion auf Instagram Die Video-Installation der Künstlerin Ruth Patir mit dem Titel "(M)otherland" hätte eigentlich am kommenden Samstag in dem Pavillon präsentiert werden sollen. Patir erklärte jedoch, dass ihr Kunstwerk verhüllt bleibe. Angesichts aktueller Diskussionen über Israels Biennale-Teilnahme vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs führte die Künstlerin im Online-Netzwerk Instagram aus, sie und die Kuratorinnen Mira Lapidot und Tamar Margalit seien mittlerweile "die Nachricht geworden, nicht die Kunst". Und wenn mir solch eine bemerkenswerte Bühne geboten wird, möchte ich, dass sie zählt." Sie habe daher entschieden, dass der Pavillon erst geöffnet werde, wenn es eine Freilassung der Geiseln und eine Feuerpause gibt. Petition gegen Israels Biennale-Teilnahme Zu Jahresbeginn hatten Tausende Künstler, Architekten und Kuratoren die Biennale-Organisatoren in einer Petition aufgefordert, Israel in diesem Jahr wegen seines Militäreinsatzes im Gazastreifen von der internationalen Kunstschau auszuschließen. Italiens Kulturminister Gennaro Sangiuliano hatte diesen Aufruf als "schändlich" verurteilt, weil er "die Freiheit der Gedanken und der Kreativität" bedrohe. Patir erklärte zu dem Aufruf: "Ich bin eine Künstlerin und Erzieherin, ich bin entscheiden gegen kulturelle Boykotte." In diesem Fall habe sie aber das Gefühl, dass es "keine richtige Antwort(en)" gebe. Sie könne daher "nur tun, was ich kann, mit dem Raum, den ich habe". "Ich ziehe es vor, meine Stimme zu erheben mit denjenigen, denen ich beistehe in ihrem Ruf 'Feuerpause jetzt, bringt die Menschen aus der Gefangenschaft zurück'", fügte Patir hinzu. Der anhaltende Konflikt sei nicht mehr zu ertragen. Sie gehöre zu der großen Gruppe in Israel, "die zu einem Wandel aufruft". Die Biennale in Venedig findet in diesem Jahr zum 60. Mal statt. An der Ausstellung für zeitgenössische Kunst nehmen 88 Nationen teil. Sie ist vom 20. April bis 24. November geöffnet. Am heutigen Dienstag sollen Pressevertreter schon Einblicke in die Pavillons der Länder bekommen. | /ausland/europa/kunstbiennale-israel-pavillon-100.html |
2024-04-16 | "Wir werfen niemanden raus" | Leben in der Mädchen-WG | Eine ungewöhnliche WG in Rheinhessen: Hier leben Kinder und Jugendliche, die nicht mehr bei ihren Eltern sein können. Nach vielen Stationen haben die Mädchen hier einen Ort zum Bleiben gefunden. Von Lucretia Gather. | Eine ungewöhnliche WG in Rheinhessen: Hier leben Kinder und Jugendliche, die nicht mehr bei ihren Eltern sein können. Nach vielen Stationen haben die Mädchen hier einen Ort zum Bleiben gefunden. Von Lucretia Gather Es gibt Rührei. Sophie lädt Mika und Lara eine große Portion auf den Teller und greift sich ein Stück Toast. Zeit fürs Mittagessen in der Wohngruppe. Die Atmosphäre ist entspannt, die Mädels quatschen über ihre Lieblingsserie. Doch das hier ist keine gewöhnliche WG. Hier leben Kinder und Jugendliche, die nicht mehr bei ihren Eltern sein können. Drogen, Gewalt, Überforderung Sophie ist 14 Jahre alt, ein Mädchen mit langen dunklen Haaren und blauen Augen. Sie ist seit etwas mehr einem Jahr hier in der Jugendhilfe-Einrichtung. Wenn sie auf die vergangenen Monate zurückblickt, dann war die Zeit "okay", so beschreibt sie es. "Ich bin eigentlich glücklich, wie es gerade so ist, ich bin zufrieden." Sophie hat in ihrem Leben viel durchgemacht. Schon mit einem Jahr kam sie in eine Pflegefamilie. Ihre Mutter ist süchtig und psychisch krank, erzählt Sophie, während sie mit Mika auf dem Bett in ihrem Zimmer sitzt. Die Mutter konnte sich nicht um Sophie kümmern. In der Pflegefamilie blieb Sophie, bis sie in die Pubertät kam. Dann begann ein Hin und Her, das viele Kinder hier in der WG kennen: Sophie wechselte mehrmals die Wohngruppen, zwischendurch gab es kurze Phasen bei ihrer Mutter, bis sie schließlich in die Einrichtung in Rheinhessen kam. "Wir bieten ein Zuhause" Die Wohngruppe liegt in einem kleinen Dorf in Rheinhessen in der Nähe von Bad Kreuznach. Um die Kinder und Jugendlichen zu schützen, möchte der Leiter der Einrichtung, Patrick Schulze, den genauen Ort nicht nennen. Das Haus hat insgesamt acht Plätze für Mädchen zwischen 13 und 17 Jahren. Jede Bewohnerin hat ihr eigenes Zimmer. Küche, Bad und Wohnraum teilen sie sich. "Wir bieten den Kindern und Jugendlichen ein Zuhause", erläutert Schulze, "und wollen ihnen helfen, stabile und verlässliche Beziehungen aufzubauen." Denn genau das haben sie in ihren Elternhäusern nicht erlebt. Stattdessen mussten die Kinder und Jugendlichen häufig traumatische Erfahrungen machen: "Missbrauch, Gewalt, Sucht, Vernachlässigung, das alles sind Dinge, die unsere Bewohnerinnen erlebt haben. Hier in der Einrichtung begleiten wir die Kinder dabei, ihre individuellen Erfahrungen zu verarbeiten", erläutert Markus Spang, der als Sozialpädagoge hier arbeitet. "Wir wollen Konflikte aushalten und die Kinder so annehmen, wie sie sind, mit allen Schwierigkeiten, die sie mitbringen", sagt Spang, und lächelt liebevoll. Er mag die Mädchen, und sie mögen ihn. Kinder mit schwierigen Biographien Mika ist 17 und wurde mit 8 Jahren aus der Familie geholt. "Weil mein Vater ein Alkoholproblem und eine Panikstörung hatte und gewalttätig war, hat das Jugendamt gesagt, dass ich nicht zuhause bleiben kann, weil das Kindeswohlgefährdung ist." Auch für Mika begann danach eine instabile Zeit: Erst nahmen die Großeltern das Kind, dann ging es wieder zu den Eltern, schließlich in verschiedene Wohngruppen. "Da bin ich dann mehrmals rausgeflogen, weil die mit mir überfordert waren", erzählt Mika. Konflikte im Alltag lösen lernen Seit fast drei Jahren hat Mika jetzt hier ein festes Zuhause. Mit festen Bezugspersonen - und klaren Regeln. Hier in der Wohngruppe gibt es ein großes Ziel: Sie wollen niemanden rauswerfen. Doch der Alltag ist nicht immer einfach. Oft gibt es zwischen den Mädchen Konflikte und immer wieder auch körperliche Auseinandersetzungen. "Das ist nicht so ungewöhnlich hier in der Gruppe", erläutert Pädagoge Spang, "denn es gibt Mädchen, für die war das überlebenswichtig in ihrem alten Umfeld, die Fähigkeit, sich selbst zu verteidigen. Und wir haben auch keine Mädchen, die depressiv in der Ecke sitzen, sondern Mädels, die Power haben und stark sind." Enger Kontakt mit Jugendamt, Schule und Eltern Träger der Wohngruppe ist der Evangelische Verein für Innere Mission in Nassau (EVIM), der mehr als 60 soziale Einrichtungen in Hessen und Rheinland-Pfalz betreibt. Die Erzieherinnen und Pädagogen der Wohngruppen arbeiten eng mit dem Umfeld der Kinder und Jugendlichen, die in ihrer Obhut sind, zusammen: mit der Schule, der Ausbildungsstätte, aber auch mit Ärzten, Therapeuten, dem Jugendamt und schließlich auch den Eltern der Kinder. Denn häufig fällt die Entscheidung, Kinder aus ihren Familien zu nehmen, sogar gemeinsam mit den Erziehungsberechtigten, erläutert Einrichtungsleiter Patrick Schulze. Inobhutnahmen durch das Jugendamt nehmen zu Die rechtliche Grundlage dafür findet sich im Sozialgesetzbuch. Darin ist festgehalten, dass Eltern Anspruch auf Hilfe zur Erziehung haben, wenn eine "dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist". Gemeinsam mit dem Jugendamt und den Kindern wird dann die Entscheidung getroffen, das Kind in einer Einrichtung der Jugendhilfe unterzubringen. Wenn Kinder jedoch akut gefährdet sind, weil sie etwa Gewalt ausgesetzt sind oder vernachlässigt werden, muss das Jugendamt die Kinder akut und auch gegen den Willen der Eltern "in Obhut nehmen". Bundesweit steigt die Zahl der so genannten Inobhutnahmen von Minderjährigen durch Jugendämter. Das geht aus dem Kinder- und Jugendhilfereport 2024 hervor. Gleichzeitig ist die Zahl der Betreuungsplätze nicht mehr geworden. Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe Verschärft wird das Problem dadurch, dass viele Jugendhilfeeinrichtungen unterbesetzt sind und händeringend Personal suchen. "Der sozialpädagogische Arbeitsmarkt ist leergefegt", heißt es im Kinder- und Jugendhilfereport. Anfragen von Jugendämtern aus ganz Deutschland Auch Patrick Schulze hat in seiner Einrichtung damit zu kämpfen, dass die Nachfrage nach Plätzen viel größer ist als der Platz, den er anbieten kann. "Unser Trägerverein bekommt jede Woche mindestens 15 Anfragen von Jugendämtern", erzählt Schulze, "und zwar aus der gesamten Republik. Den Bedarf können wir nicht bedienen." Zudem ist das Personal knapp. Die Pädagogen in seiner Wohngruppe arbeiten im Schichtbetrieb, sind immer zu zweit 24 Stunden da, an 365 Tagen im Jahr. Wenn jemand kurzfristig ausfällt, hat er oft Probleme, die Löcher im Dienstplan zu stopfen. Mehr Hilfe durch Prävention Schulze wünscht sich, dass Kinder, die akut in Not sind, nicht in Jugendhilfeeinrichtungen in ganz Deutschland verteilt werden müssen, so wie aktuell. "Im Moment werden die Kinder in Einrichtungen durch ganz Deutschland geschickt, von Süden nach Norden, das kann nicht das Ziel sein." Er und seine Kollegen fänden es, dass mehr für Prävention getan wird: "Wir müssen als Jugendhilfe den Familien viel mehr vor Ort helfen und frühzeitig schauen, was sie an Hilfe brauchen", so Schulze. Damit weniger Kinder ihre Familien verlassen müssen. Denn schließlich sehnen sich fast alle Kinder und Jugendlichen nach einem guten Kontakt zu ihren Eltern, erläutert der Pädagoge, und nehmen diese häufig auch dann noch in Schutz, wenn sie viel Leid in ihrem Leben erfahren haben. Auch die 14-Jährige Sophie hat nur einen großen Wunsch: "Ich träume davon, dass ich irgendwann wieder zu meiner Mutter ziehen darf." | /inland/mittendrin/jugendhilfeeinrichtung-maedchen-wg-100.html |
2024-04-16 | Wiener Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Benko | Signa-Pleite | Im Zuge des Zusammenbruchs der Signa-Gruppe ermittelt die Wiener Staatsanwaltschaft nun auch gegen Firmengründer René Benko selbst. Es geht um den Vorwurf des Kreditbetrugs. | Im Zuge des Zusammenbruchs der Signa-Gruppe ermittelt die Wiener Staatsanwaltschaft nun auch gegen Firmengründer René Benko selbst. Es geht um den Vorwurf des Kreditbetrugs. René Benko, Gründer der insolventen Signa-Gruppe, ist erneut ins Visier der österreichischen Justiz geraten. Die Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) habe Ermittlungen wegen Betrugsverdachts gegen den Tiroler Investor eingeleitet, berichtete der ORF. Danach geht es um einen 25-Millionen-Kredit einer österreichischen Bank, der im vergangenen Sommer ausgelaufen wäre, aber dann verlängert wurde. Benko soll als de-facto-Geschäftsführer die Finanzierungsgespräche geführt und die Bank über die finanzielle Situation der Signa-Gruppe getäuscht haben. Benkos Anwalt Norbert Wess bestätigte die Ermittlungen gegenüber dem ORF. "Die Vorwürfe, die hier erhoben wurden, sind haltlos und werden vollumfänglich zurückgewiesen, sagte Wess. "Wir haben bereits Akteneinsicht bekommen und werden der WKStA so rasch wie möglich unsere Sicht der Dinge präsentieren." Mehrere Ermittlungen Im Zuge des Zusammenbruchs von Benkos Firmengeflecht gibt es in Deutschland bereits mehrere Ermittlungskomplexe. Seit März geht die Staatsanwaltschaft München einem Geldwäsche-Verdacht bei der Signa-Gruppe nach. Auch andere Staatsanwaltschaften in Deutschland sind mit dem Fall befasst, ohne dass bisher konkrete Beschuldigte genannt wurden. Seit Ende Februar ermittelt zudem die Schwerpunktabteilung für Wirtschaftskriminalität der Staatsanwaltschaft Bochum gegen Verantwortliche von Galeria Karstadt Kaufhof und zwei weitere Personen unter anderem wegen des Verdachts der Untreue. Dabei wird auch geprüft, ob ein Zusammenhang mit einem weiteren Ermittlungsverfahren besteht, das seit Anfang 2023 gegen Manager von Galeria geführt wird. Wiederholte Korruptionsvorwürfe Schon vor dem Zusammenbruch standen der heute 46-jährige Benko oder seine Firmengruppe im Visier der Justiz. Im November 2012 sah das Landesgericht Wien den Vorwurf der versuchten Bestechung eines hochrangigen kroatischen Politikers durch Benko und seinen Steuerberater als erwiesen an. Ein weiterer Korruptionsprozess gegen den Tiroler endete im Januar 2023 mit einem Freispruch. Weitere Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gibt es wegen eines angeblichen Bestechungsversuchs bei einem hohen Beamten im Wiener Finanzministerium. | /wirtschaft/unternehmen/benko-justiz-ermittlungen-100.html |
2024-04-16 | IWF senkt Wachstumserwartung für Deutschland | Prognose des Währungsfonds | Der Internationale Währungsfonds sagt für Deutschland nur noch ein Mini-Wachstum von 0,2 Prozent in diesem Jahr voraus. In keinem großen westlichen Industrieland liefe die Konjunktur damit schlechter. | Der Internationale Währungsfonds sagt für Deutschland nur noch ein Mini-Wachstum von 0,2 Prozent in diesem Jahr voraus. In keinem großen westlichen Industrieland liefe die Konjunktur damit schlechter. Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft verschlechtern sich dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge weiter. Für das laufende Jahr stellte der IWF in Washington ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent in Aussicht. Im Januar hatte der IWF noch ein Plus von 0,5 Prozent erwartet. Damit prognostiziert der IWF für die Bundesrepublik für das laufende Jahr das schwächste Wachstum aller führenden westlichen G7-Industriestaaten. 1,3 Prozent im kommenden Jahr erwartet Für 2025 rechnet der Fonds allerdings wieder mit einem Wachstum der deutschen Wirtschaft von 1,3 Prozent. Schlusslicht der G7-Staaten wäre dann Italien mit nur 0,7 Prozent. Doch auch die Prognose für 2025 für die deutsche Wirtschaft hat der IWF im Vergleich zu Januar um 0,3 Prozentpunkte gesenkt. Dies liege an der anhaltend schwachen Verbraucherstimmung, hieß es vom Währungsfonds. Hürden für Investitionen Langfristig sorgt sich der Fonds mit Blick auf Deutschland vor allem wegen struktureller Probleme, etwa des Rückgangs der arbeitenden Bevölkerung und der Hürden für Investitionen. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren für Deutschland für das laufende Jahr ein noch schlechteres Wachstum von 0,1 Prozent. Für das kommende Jahr ist ihr Ausblick mit 1,4 Prozent demnach etwas besser als der des Währungsfonds. | /wirtschaft/konjunktur/iwf-prognose-deutschland-102.html |
2024-04-16 | Zahl der Angriffe auf Journalisten wächst bundesweit | Pressefreiheit | Sie werden nicht nur bedroht - es gibt auch immer wieder Angriffe gegen Journalisten in Deutschland. Eine Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit zeigt, dass die Zahlen steigen. | Sie werden nicht nur bedroht - es gibt auch immer wieder Angriffe gegen Journalisten in Deutschland. Eine Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit zeigt, dass die Zahlen steigen. Die Zahl der Fälle von körperlichen Angriffen ist von 56 Fällen im Jahr 2022 auf 69 Fälle im vergangenen Jahr gestiegen, so das Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (EPCMF) in seiner jährlichen Langzeitanalyse. In Berlin hat es mit 25 Fällen die meisten gegeben. Im Jahr zuvor führte Sachsen noch die Liste der Länder an. Demonstrationen sind der gefährlichste Arbeitsplatz für Journalisten. 77 Prozent der bekannt gewordenen Fälle haben sich dort ereignet - davon 40 Prozent bei pro-palästinensischen Versammlungen. Lokaljournalisten besonders gefährdet Seit einigen Jahren ist die Zahl der Angriffe auf Journalisten um einiges höher. Die Zahl stieg 2019 von 14 tätlichen Angriffen auf 69 im Jahr 2020. Über die vergangenen Jahre hinweg gab es jährlich mindestens bis zu 56 Angriffe auf Journalisten im Jahr. Dabei sind insbesondere Lokaljournalisten von körperlichen Angriffen betroffen. Bereits im Vorjahr hat das ECPMF in seiner Auswertung darauf hingewiesen, dass Lokaljournalisten aufgrund ihrer fehlenden Anonymität teils stärker von Angriffen betroffen sind. In diesem Jahr ist die Anzahl der körperlichen Angriffe zwar gesunken, die Gefahr besteht laut ECPMF dennoch weiterhin. Diese Ergebnisse decken sich auch mit der kürzlich veröffentlichten Untersuchung von Reporter ohne Grenzen. Demnach ist die erhöhte Zahl der Übergriffe auf Journalistinnen und Journalisten während der Pandemiezeit noch nicht vollständig zurückgegangen. "Reporter ohne Grenzen" sieht daher keinen Grund zur Entwarnung. | /inland/gesellschaft/angriffe-journalisten-102.html |
2024-04-16 | AfD mahnt bayerische Abgeordnete ab | Wegen "Wahlbeobachtung" in Russland | Drei bayerische Landtagsabgeordnete der AfD waren auf Einladung im März als "Wahlbeobachter" in Russland - obwohl die AfD-Spitze davon abgeraten hatte. Nun kassierten sie dafür eine Abmahnung ihrer Partei. | Drei bayerische Landtagsabgeordnete der AfD waren auf Einladung im März als "Wahlbeobachter" in Russland - obwohl die AfD-Spitze davon abgeraten hatte. Nun kassierten sie dafür eine Abmahnung ihrer Partei. Der AfD-Bundesvorstand hat drei bayerische Landtagsabgeordnete für ihre Tätigkeit als "Wahlbeobachter" in Russland abgemahnt. Ein AfD-Sprecher bestätigte entsprechende Berichte der Süddeutschen Zeitung und der Augsburger Allgemeinen. Die drei Abgeordneten Ulrich Singer, Andreas Jurca und Elena Roon waren im März zur Präsidentschaftswahl nach Russland gereist, nach eigenen Angaben auf Einladung vom dortigen Bürgerrat als "Demokratie-Experten". Jurca erläuterte damals, es gehe darum, Organisation und Ablauf der Wahlen zu bewerten. Reise sei von Russland organisiert worden Organisiert worden sei die Reise von der einladenden Seite. Sie hätten sich aber dazu entschlossen, die Kosten selbst zu tragen, "um Vorwürfen einer Befangenheit keinen Raum zu bieten", sagte Jurca. Die AfD-Bundesspitze hatte den drei Abgeordneten im Voraus empfohlen, die Reise nach Russland nicht anzutreten. Unabhängige Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) waren in Russland dagegen nicht zugelassen. Deren Bewertung ist für die internationale Anerkennung eines Ergebnisses wichtig. Bei erneutem Verstoß drohen Ämtersperren und Parteiausschluss Präsident Wladimir Putin war bei der umstrittenen Wahl mit gut 87 Prozent der Stimmen zum fünften Mal im Amt bestätigt worden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz verzichteten auf Glückwünsche. Die Wahl wurde nach Angaben einer Regierungssprecherin als "weder frei noch fair" angesehen. Die Abmahnung, wie sie die drei AfD-Abgeordneten nun erhalten haben, ist eine offizielle Verwarnung und ein verhältnismäßig mildes Mittel. Verstoßen Mitglieder gegen die Parteisatzung, Grundsätze oder Ordnung der Partei, können sie abgemahnt werden. Erst wenn sie erneut mit solchem oder vergleichbarem Verhalten auffallen, drohen weitere Ordnungsmaßnahmen - zum Beispiel Ämtersperren oder sogar Parteiausschlussverfahren. Die Partei kann laut Bundessatzung grundsätzlich auch direkt härtere Mittel ergreifen, wenn Mitglieder der Partei mit ihrem Verstoß einen Ansehensverlust oder sonstigen Schaden zufügen, wenn sie "vorsätzlich" gegen die Satzung verstoßen oder es sich um einen erheblichen Verstoß handelt. Dann kann die Partei direkt beantragen, das Mitglied aus einem Amt zu entheben, vorübergehend für Ämter zu sperren oder es aus der Partei auszuschließen. | /inland/innenpolitik/afd-bayern-abgeordnete-russland-wahlbeobachtung-100.html |
2024-04-16 | Neuer Eigner und frisches Geld für FTI | Finanzinvestor kauft Reisekonzern | Die FTI Group, Europas drittgrößter Reisekonzern, bekommt einen neuen Eigentümer und damit frisches Kapital. Der US-Investor Certares übernimmt das in der Pandemie in die Krise geratene Unternehmen für einen symbolischen Euro. | Die FTI Group, Europas drittgrößter Reisekonzern, bekommt einen neuen Eigentümer und damit frisches Kapital. Der US-Investor Certares übernimmt das in der Pandemie in die Krise geratene Unternehmen für einen symbolischen Euro. Das finanziell angeschlagene Touristikunternehmen FTI wechselt den Besitzer und soll frisches Kapital bekommen. Ein Konsortium unter Führung des US-Finanzinvestors Certares übernimmt den drittgrößten europäischen Reisekonzern für einen symbolischen Euro. Die neuen Eigentümer stellen dem Unternehmen aus München zugleich 125 Millionen Euro für Investitionen bereit, wie FTI erklärte. Die Wettbewerbshüter müssen dem Geschäft noch zustimmen. Bisheriger Mehrheitseigner bleibt beteiligt Certares unterstütze das Wachstum als führender Investor in der globalen Tourismusbranche, hieß es. "Wir sind entschlossen, unser nächstes Erfolgskapitel zu beginnen und unsere Position als führender Akteur im deutschen und europäischen Tourismussektor weiter zu festigen", erklärte FTI-Chef Karl Markgraf. "Mit der Unterstützung von Certares und seiner umfangreichen Erfahrung auf diesem Sektor sowie dem vom Konsortium bereitgestellten Kapital ist FTI in einer einzigartigen Position für zukünftiges Wachstum und Rentabilität." Der bisherige Mehrheitseigner, die Unternehmerfamilie Sawiris aus Ägypten, sei an dem Konsortium beteiligt und zu weiteren Investitionen bereit, erklärte FTI weiter. Certares ist in Deutschland kein Unbekannter: Der US-Investor hatte Interesse an der italienischen Fluggesellschaft ITA, bevor die Lufthansa den Zuschlag bekam. In der Pandemie vor der Pleite gerettet Die FTI Group mit etwa 11.000 Beschäftigten erhielt in der Corona-Pandemie, die die gesamte Reisebranche in eine schwere Krise stürzte, Hilfen vom Staat und wurde mit knapp 600 Millionen Euro Finanzhilfen vor einer Pleite bewahrt. Wie das "Handelsblatt" vergangene Woche berichtete, ist davon erst ein kleiner Teil zurückgezahlt. Es sollen Verhandlungen mit der Bundesregierung und der EU-Kommission über einen Schuldenschnitt laufen. FTI wollte sich dazu nicht äußern. Zuletzt hatte der Reisekonzern dank gestiegener Nachfrage wieder einen Wachstumskurs eingeschlagen. Im vergangenen Geschäftsjahr 2022/2023 verzeichnete das Unternehmen ein Umsatzplus von zehn Prozent auf 4,1 Milliarden Euro und erwirtschaftete einen Ertrag in zweistelliger Millionenhöhe. Nähere Details zum Ergebnis machte das Unternehmen nicht. | /wirtschaft/unternehmen/fti-uebernahme-certares-100.html |
2024-04-16 | Immer höhere Immobilienkredite | Durchschnitt bei 300.000 Euro | Kaufinteressierte leihen sich im Schnitt immer höhere Summen für den Erwerb ihres Eigenheims. Gesunkene Zinsen und insgesamt nur verhalten steigende Immobilienpreise belebten den Markt, so Experten. | Kaufinteressierte leihen sich im Schnitt immer höhere Summen für den Erwerb ihres Eigenheims. Gesunkene Zinsen und insgesamt nur verhalten steigende Immobilienpreise belebten den Markt, so Experten. Der Trend zum größeren Immobilienkredit setzt sich auch im neuen Jahr fort. Im März stieg die durchschnittliche Darlehenssumme nach Daten des Kreditvermittlers Dr. Klein auf 299.000 Euro. Das ist der höchste Wert seit August 2022. "Die momentane Seitwärtsbewegung der Bauzinsen, die seit November 2022 gesunkene und nun recht stabile Inflation sowie die bis Mitte 2023 gesunkenen - und bislang vielerorts noch nicht wieder angestiegenen - Immobilienpreise sorgen für eine bessere Leistbarkeit bei Käufern und eine Wiederbelebung des Marktes", erklärte Dr. Klein-Vorstand Michael Neumann. "Signale für Wende am Immobilienmarkt" Auch ImmoScout24 sprach von Signalen für eine Wende am Immobilienmarkt. Auf dem erreichten Niveau der Bauzinsen, die sich derzeit bei 3,5 bis 4,0 Prozent eingependelt haben, sei das Interesse am Immobilienerwerb wieder gestiegen, teilte die Immobilien-Plattform gestern mit. Der Angebotsüberhang am Markt reduziere sich, so Geschäftsführerin Gesa Crockford. "Daher nehmen wir an, dass die Kaufpreise in Zukunft steigen werden." Im ersten Quartal seien die Angebotspreise für Bestandswohnungen im Schnitt um 0,6 Prozent zum Vorquartal gestiegen, so ImmoScout24. In vier von acht Metropolen lägen die Angebotspreise bereits über dem Vorjahresniveau. Tilgungsanteil sinkt weiter Mit den steigenden Darlehenssummen geht der Trend zu geringeren monatlichen Tilgungsraten einher. Die anfängliche Tilgung, mit der Darlehensnehmer ihren Immobilienkredit zurückzahlen, sei im März erneut gesunken, so Dr. Klein-Vorstand Neumann. Sie liege mit 1,78 Prozent erstmals seit Oktober 2023 wieder unterhalb der 1,8-Prozent-Marke. Damit reduzierten Kreditnehmer einerseits ihre monatlichen Kosten, nähmen aber auch in Kauf, dass sich die Gesamtlaufzeit des Kredits verlängert. Das bedeute aber zugleich eine höhere Zinslast. Was die Zinsbindung angeht, stellte Dr. Klein kaum Veränderungen fest. Die durchschnittliche Zinsbindung bewege sich seit fünf Monaten so gut wie gar nicht und liege bei rund elf Jahren und zwei Monaten. "Grundsätzlich entscheiden sich Kreditnehmer in Deutschland bei der Finanzierung ihres Eigenheims für Planungssicherheit und eher lange Zinsfestschreibungen", erklärte Neumann. | /wirtschaft/verbraucher/baukredite-kreditsumme-anstieg-100.html |
2024-04-16 | Avocado-Import verfünffacht | Innerhalb von zehn Jahren | Die Avocado ist in Deutschland seit Jahren im Trend. Doch der Erfolg der Frucht hat auch Schattenseiten - für Umwelt und Menschen. Oft sind sie Tausende Kilometer unterwegs, bis sie im Supermarkt liegen. | Die Avocado ist in Deutschland seit Jahren im Trend. Doch der Erfolg der Frucht hat auch Schattenseiten - für Umwelt und Menschen. Oft sind sie Tausende Kilometer unterwegs, bis sie im Supermarkt liegen. Im vergangenen Jahr wurden knapp 157.800 Tonnen Avocados nach Deutschland importiert, im Wert von 484 Millionen Euro. Damit hat sich die Menge innerhalb von zehn Jahren verfünffacht. 2013 wurden noch 31.400 Tonnen Avocados im Wert von rund 68 Millionen Euro eingeführt. Das zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Der Weg der Avocados nach Deutschland ist meistens weit. Um gut zu wachsen, brauchen sie ein warmes Klima. Deswegen kommen sie meistens aus Peru (49.200 Tonnen), Kolumbien (15.800 Tonnen) oder Chile (14.500 Tonnen), transportiert per Schiff - etwa die Hälfte der importierten Avocados stammt aus diesen südamerikanischen Staaten. Mittlerweile wird die Frucht aber auch anderswo angebaut, beispielsweise in Kenia, Israel und Vietnam. Umstrittene Umweltbilanz Die Avocado boomt auch auf dem globalen Markt. Umweltschützer kritisieren, wie sich das auf die Umwelt auswirkt. Unter anderem würden Wälder abgeholzt, um auf der Fläche Avocados zu pflanzen. Außerdem brauchen Avocado-Bäume viel Wasser. In Anbauregionen, in denen es wenig regnet, führt das laut der Umweltorganisation WWF zu Problemen. So müssten an der peruanischen Küste und in Zentralchile Plantagen bewässert werden. Dem WWF zufolge gibt es dort deshalb Konflikte ums Wasser. Der großflächige Anbau von Avocados habe dazu geführt, dass in einigen dieser Regionen Flüsse und Brunnen ausgetrocknet seien. Die lokale Bevölkerung müsse deswegen notdürftig mit Wasser aus Lastwagen versorgt werden. Auch die Arbeitsbedingungen gelten oftmals als problematisch. Mexiko untersucht zum Beispiel gerade die Arbeitsbedingungen beim Avocado-Produzenten RV-Fresh Foods. | /wirtschaft/verbraucher/avocado-import-rekord-100.html |
2024-04-16 | Was läuft bei Dr. Martens schief? | Kult-Schuhmarke | Schwächelnde Nachfrage von Kunden, aber auch chinesische Billig-Anbieter wie Temu und Shein machen der Londoner Schuhmarke Dr. Martens schwer zu schaffen. Die Aktie bricht um 30 Prozent ein. Von Angela Göpfert. | Schwächelnde Nachfrage von Kunden, aber auch chinesische Billig-Anbieter wie Temu und Shein machen der Londoner Schuhmarke Dr. Martens schwer zu schaffen. Die Aktie bricht um 30 Prozent ein. Von Angela Göpfert Neue Stiefel von Dr. Martens sind steif, drücken und können schmerzhafte Blasen verursachen. Ist das harte Leder aber erst einmal eingelaufen, werden sie bequem. Eine Wachsschicht auf dem Leder macht die klobigen Boots mit den gelben Nähten außerdem wasserfest. An dem britischen Konzern selbst wollen die schlechten Nachrichten, die auf ihn einprasseln, dagegen nicht mehr so einfach abperlen. Im Gegenteil: Heute brachen die Aktien des Kult-Schuhherstellers an der Londoner Börse um 30 Prozent ein, markierten ein Rekordtief. Um die Turbulenzen abzumildern, musste der Handel mit den Papieren sogar zeitweise ausgesetzt werden. Düsterer Ausblick für das nächste Jahr Was genau hatte die Anleger so schockiert? Dr. Martens hatte ein außerplanmäßiges Handelsupdate veröffentlicht - inklusive eines düsteren Ausblicks auf das Jahr 2025. Das kommende Geschäftsjahr werde herausfordernd sein, warnte der britische Konzern und verwies auf die schwache Nachfrage in den USA, dem größten Markt des Unternehmens. Dort bauten die Kunden zurzeit ihre vollen Lager ab. Konzernweit dürften daher die Erlöse 2025 prozentual einstellig sinken. Beim Gewinn vor Steuern rechnet Dr. Martens sogar mit einem Einbruch auf ein Drittel des 2024er-Werts. Doch damit nicht genug: Für große Verunsicherung sorgt auch der angekündigte Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden. Kenny Wilson soll durch den bisherigen Markenchef Ije Nwokorie ersetzt werden. Unterdessen soll ein Aktionsplan zur Wiederbelebung der Stiefelnachfrage in den USA beitragen. Klage gegen Temu in Großbritannien Doch die Probleme von Dr. Martens liegen nicht nur in den USA, sondern auch in China. Erst gestern hatte der britische Schuhhersteller eine Klage gegen den chinesischen Billig-Marktplatz Temu vor dem Obersten Gerichtshof Großbritanniens eingebracht, wie die "Times" berichtet. Der Vorwurf: Markenrechtsverletzungen. Temu soll bei Google mit Begriffen wie "Dr. Martens" und "Airwair" - dabei handelt es sich um ein bekanntes Modell der Marke - für eigene Stiefel geworben haben. Das soll dazu geführt haben, dass plötzlich Anzeigen und Produkte des chinesischen Billighändlers bei Google ganz oben landeten und die echten Dr. Martens verdrängten. Dabei ist Temu nicht der einzige chinesische Marktplatz, mit dem Dr. Martens Ärger hat. Der auf ultrabillige Fast-Fashion-Produkte spezialisierten Firma Shein werfen die Briten vor, die eigenen Designs zu kopieren. Konkurrenz durch Online-Giganten aus China Unglaublich niedrige Preise und ein auf die junge Zielgruppe abgestimmtes Marketing auf Social Media haben die chinesischen Plattformen binnen kürzester Zeit zu Online-Giganten gemacht. Heute sind sie eine Milliardenmacht. So konnte etwa Shein seine Umsätze laut Statista allein zwischen 2021 und 2022 auf 30 Milliarden Dollar verdoppeln. Temu steigerte seine Erlöse im gleichen Zeitraum um knapp 39 Prozent. In Deutschland hat bereits jeder Vierte bei Temu eingekauft. Shein zählt hierzulande zu den umsatzstärksten Online-Shops im Bereich Mode. Gesamte Modebranche stark unter Druck Die Fashionbranche steht wegen der Billig-Konkurrenz aus China massiv unter Druck. Selbst H&M und Primark, quasi die Mutterkonzerne der "Fast Fashion", bekommen das zu spüren. Shein macht ihnen das Online-Geschäft streitig. Im vergangenen Jahr reichte H&M daher in Hongkong Klage gegen Shein und mehrere verbundene Firmen ein. Der schwedische Textilkonzern verlangt Schadenersatz. Eine einstweilige Verfügung soll den Chinesen zudem die weitere Verletzung von Markenrechten untersagen. So sehr Shein und Temu die etablierten Mode-Marken und Hersteller auch in Bedrängnis bringen: Mit Blick auf die geschäftlichen Perspektiven von Dr. Martens dürfte es für einen Abgesang noch viel zu früh sein. Schließlich gibt es - neben den Converse Chucks - kaum einen Schuh, der schon so viele Revivals erlebt hat wie der Stiefel von Dr. Martens. | /wirtschaft/unternehmen/dr-martens-schuhe-temu-shein-aktie-kurseinbruch-100.html |
2024-04-16 | Aufgeheizte Weltmeere bedrohen die Korallenriffe | Massenbleiche nachgewiesen | Die Natur leidet zunehmend unter steigenden Temperaturen in allen Weltmeeren. Wissenschaftler bestätigen jetzt die nächste große Korallenbleiche. Was das für Umwelt bedeutet - und welche Hoffnung es gibt. | Die Natur leidet zunehmend unter steigenden Temperaturen in allen Weltmeeren. Wissenschaftler bestätigen jetzt die nächste große Korallenbleiche. Was das für Umwelt bedeutet - und welche Hoffnung es gibt. Die Weltmeere erleben zur Zeit die zweite globale Korallenbleiche innerhalb von zehn Jahren. Seit Februar 2023 sei in jedem großen Ozeanbecken "eine signifikante Korallenbleiche" dokumentiert worden, teilte die US-Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA mit. Es handle sich um die vierte globale Korallenbleiche seit Beginn der Aufzeichnungen. Als Bleiche wird ein Verblassen der oft farbenprächtigen Korallen bezeichnet. Social-Media-Beitrag auf X von NOAA Satellites: ".@NOAA’s @CoralReefWatch confirms the world is currently experiencing a global #coral bleaching event. This is the fourth global event on record and the second in the last 10 years. More: https://t.co/V5a9zu1BKw pic.twitter.com/ldN0pBlnMC" Korallen sind sogenannte Nesseltiere, die mit verschiedenfarbigen Algen in einer Gemeinschaft zum gegenseitigen Nutzen leben. Bei zu hohen Wassertemperaturen stoßen die Korallen diese Algen jedoch ab und verlieren so ihre Farbe. Die Korallen wachsen dann nicht mehr und können sich schlechter gegen Feinde und Konkurrenten wehren. Kehren die Mikroalgen innerhalb einer bestimmten Zeit zurück, weil die Wassertemperaturen wieder sinken, kann sich die Koralle erholen - andernfalls stirbt sie. Weltbekanntes Riff vor Australien in Gefahr In den Korallenriffen der Erde vollziehe sich seit Monaten eine Tragödie unermesslichen Ausmaßes, hieß es von der Umweltstiftung WWF zum NOAA-Bericht. Halte der Zustand länger an, drohten große Teile dieser Lebensräume abzusterben. "Am Great Barrier Reef sind inzwischen mehr als 60 Prozent der Riffe von der momentan stattfindenden Bleiche betroffen und erste Zeichen von Mortalität sind zu sehen." Das auch bei Touristen beliebte riesige Gebiet vor der Küste Australiens ist seit Jahren massiv von der Korallenbleiche betroffen. Dort ist erst kürzlich die bereits fünfte Massenbleiche von Korallen innerhalb von nur acht Jahren bestätigt worden. "Da sich die Weltmeere immer weiter erwärmen, treten Korallenbleichen häufiger und stärker auf", erklärte der NOAA-Koordinator für die Korallenriff-Überwachung, Derek Manzello. Klima-Modelle legen laut den NOAA-Wissenschaftlern seit Jahren nahe, dass die Korallenbleiche im Zuge der Meereserhitzung häufiger und umfassender wird. So sei etwa die Hitzewelle in Florida im vergangenen Jahr beispiellos gewesen: Sie habe früher angefangen, länger gedauert und schwerwiegendere Folgen als bisherige Hitzephasen in der Region gehabt. Ozeane nehmen Hitze des Treibhauseffekts auf Während der Korallenbleiche in Florida hätten die Forschenden aber auch viel darüber gelernt, wie Schadensbegrenzung funktionieren kann. So seien etwa Zuchtstätten für Korallen in tiefere, kühlere Gewässer verlegt oder andernorts eine Art Sonnenschirme zum Schutz der Korallen aufgestellt worden. Die globale Meeresoberflächentemperatur liegt nach Daten der Plattform "Climate Reanalyzer" der University of Maine inzwischen schon seit mehr als einem Jahr an jedem einzelnen Tag auf dem höchsten Tagesstand seit Messbeginn vor rund 40 Jahren. Als Hauptursache gilt Klimaexperten zufolge der menschengemachte Klimawandel. Die Ozeane nehmen demnach über 90 Prozent der Wärme auf, die durch den Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre verbleibt. | /wissen/korallenbleiche-weltmeere-klimakrise-100.html |
2024-04-16 | Kopenhagens historische Börse in Flammen | "Notre-Dame-Moment" von Dänemark | Eines der bekanntesten Gebäude Kopenhagens brennt: die historische Börse. Die Turmspitze ist eingestürzt, kostbare Kunstwerke konnten gerettet werden. Ein Minister spricht vom "Notre-Dame-Moment" Dänemarks. | Eines der bekanntesten Gebäude Kopenhagens brennt: die historische Börse. Die Turmspitze ist eingestürzt, kostbare Kunstwerke konnten gerettet werden. Ein Minister spricht vom "Notre-Dame-Moment" Dänemarks. Die historische Börse in Kopenhagen steht in Flammen. Die Turmspitze des Gebäudes - eines der ältesten und bekanntesten der dänischen Hauptstadt - ist eingestürzt, ebenso Teile des Dachs. Der Brand hat nach Angaben der Feuerwehr mittlerweile etwa die Hälfte des Gebäudes erfasst, tragende Strukturen wurden beschädigt. Von einem Einsturz des gesamten Gebäudes gingen die Einsatzkräfte zunächst aber nicht aus. Noch ist das Feuer nicht unter Kontrolle. Auch Stunden nach dem Ausbruch steigt dichter schwarzer Rauch auf und Flammen lodern. Etwa 120 Feuerwehrleute und 60 Helfer der Streitkräfte sind im Einsatz. Mehrere Straßen und die Umgebung seien abgesperrt, teilte die Polizei mit. Wie der Chef der Einsatzkräfte, Jakob Vedsted Andersen, der Nachrichtenagentur Ritzau mitteilte, brach das Feuer gegen 7.30 Uhr am Morgen unter dem Dach aus und breitete sich auf das weitere Gebäude aus. "Es ist ein Kupferdach, und es ist einfach unmöglich, unter dieses Dach zu gelangen, daher hat das Feuer genügend Zeit, sich zu entfalten", so Vedsted Andersen. Helfer versuchten noch, historische Gemälde zu retten. Kulturminister Jakob Engel-Schmidt sagte, es sei berührend, dass selbst Passanten den Einsatzkräften beim Retten von Kunstgegenständen zu Hilfe geeilt seien. Die alte Börse beherbergt eine große Kunstsammlung, darunter das Werk "Von der Kopenhagener Börse" von P. S. Kroyer, das während des Brandes von mehreren Personen davongetragen wurde. Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen waren vor Ort, Angaben über Verletzte gibt es bisher nicht. "Unser eigener Notre-Dame-Moment" Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen äußerte sich auf Instagram erschüttert über das Feuer. Die Bilder seien schrecklich. Es tue weh, das zu sehen, schrieb die Ministerpräsidentin. Mit der historischen Börse stehe "ein Stück dänischer Geschichte" in Flammen. Es handele sich um eines der symbolträchtigsten Gebäude in der Hauptstadt - ein Symbol für 400 Jahre Wirtschaftsgeschichte in Dänemark und ein unersetzliches Kulturerbe. Ähnlich reagierte Kulturminister Engel-Schmidt beim Kurznachrichtendienst X: "Schreckliche Bilder von der Börsen heute Morgen. 400 Jahre dänischen kulturellen Erbes gehen in Flammen auf." Der dänische Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen verglich den Brand mit dem verheerenden Feuer in Notre-Dame. Er schrieb bei X: "Schreckliche Bilder aus Borsen. So traurig. Ein ikonisches Gebäude, das uns allen viel bedeutet. Unser eigener Notre-Dame-Moment." In der Pariser Kathedrale war vor fast genau fünf Jahren - am 15. April 2019 - ein Brand ausgebrochen. Das Dach wurde fast vollständig zerstört. Social-Media-Beitrag auf X von Troels Lund Poulsen: "Frygtelige billeder fra Børsen. Så trist. En ikonisk bygning, der betyder meget for os alle, tror jeg. Vores eget Notre Dame-øjeblik. pic.twitter.com/X0jWjfUFVc" Gebäude wurde derzeit restauriert Die Ursache für das Feuer in Kopenhagen ist bislang unklar. Die Börse wurde 1625 fertiggestellt und ist heute Sitz der dänischen Handelskammer. Der Turm, der vier ineinander verschlungene Drachenschwänze darstellt, gilt als ein Wahrzeichen der Stadt und ist eine Touristenattraktion. Derzeit wird das Gebäude restauriert und ist deswegen eingerüstet. Die Restaurierung soll eine unsachgemäße Renovierung des Gebäudes im 19. Jahrhundert korrigieren und der Fassade ihr ursprüngliches Aussehen wiedergeben. Finanzministerium und Teile des Schlosses evakuiert Wegen des Feuers wurde das dänische Finanzministerium sowie ein Flügel des Schlosses Christiansborg evakuiert. Dort haben mehrere Abgeordnete und Journalisten ihr Büro. Die Sitzungen im Plenarsaal und die Ausschusssitzungen sollten zunächst wie geplant in Christiansborg stattfinden. Die Kopenhagener Polizei geht davon aus, dass das Gebiet für längere Zeit abgesperrt bleiben wird. Unnötiges Verlassen des Stadtzentrums wird wegen der massiven Verkehrsprobleme nicht empfohlen. | /ausland/europa/kopenhagen-brand-boerse-100.html |
2024-04-16 | Wie Normen und Vorschriften die Baupreise treiben | Wohnungskrise | Nicht nur Zinsen und Materialkosten lassen Baukosten weiter steigen: Unzählige Vorgaben und Richtlinien kommen noch dazu. Sind all die Vorschriften wirklich notwendig - oder vor allem Preistreiber? Von T. Mischke. | Nicht nur Zinsen und Materialkosten lassen Baukosten weiter steigen: Unzählige Vorgaben und Richtlinien kommen noch dazu. Sind all die Vorschriften wirklich notwendig - oder vor allem Preistreiber? Von Tatjana Mischke, SR Im Dortmunder Kronprinzenviertel entstehen mehr als 700 neue Wohnungen - aber wie bezahlbar die Mieten am Ende sein werden, wird sich erst noch zeigen. Denn die Kosten für den Bau explodieren. Und das aus Sicht von Bauunternehmer Dirk Salewski auch, weil immer höhere Standards vorgeschrieben sind, zum Beispiel für sehr dicke Wände und Decken. Bauen für unter 17 Euro Miete pro Quadratmeter ist so kaum noch möglich. Denn sehr dicke Wände und Decken brauchen fast doppelt so viel Material. Und doppelt so viel Material kostet auch doppelt so viel Geld, wie auch Nicht-Fachleuten schnell einleuchtet. Und die steigenden Preise für Zement, Beton und Stahl verschärfen die Situation weiter. Alles muss genormt sein Viele Baunormen kommen zwar von der EU aus Brüssel, doch die deutschen Vorgaben setzten regelmäßig noch einen drauf. Schon vor fast zehn Jahren hat die sogenannte "Baukostensenkungskommission" die steigenden Anforderungen kritisiert. Geändert hat das sich seitdem nichts. Über 3.900 gelten allein für das Bauwesen: Von der Treppenhöhe über den Lärmschutz bis zur Dachschräge. Das alles läuft beim Deutschen Institut für Normung zusammen. Der eingetragene Verein ist beauftragt, die Prozesse zu organisieren: transparent und im öffentlichen Interesse. 33.500 Normen vermessen unser gesamtes Leben. Hier ist alles ganz genau geregelt. Und wie Normen entstehen, ist natürlich auch festgelegt - nämlich in Arbeitsausschüssen. Dort diskutieren Experten aus Wirtschaft, Forschung, Verbraucherschutz, Umweltverbänden, Gewerkschaften, Gutachtern und der öffentlichen Hand so lange, bis das Ergebnis für alle passt. Normen, die sich widersprechen Die Zahl der Normen nimmt seit Jahren zu, auch zu den 3.900 im Bauwesen gibt es immer wieder Ergänzungen. Architektinnen wie Christine Edmaier beklagen, dass sich Bauzeit und Kosten dadurch immer weiter erhöhen. Erst recht, da es eine ganze Reihe von Normen gebe, die miteinander in Konflikt stünden. Theoretisch müssten Architektinnen wie sie all diese Normen kennen. Aber jeder wisse, dass das völlig unmöglich sei. Ein Beispiel ist die Norm für Barrierefreiheit - ein sinnvolles Ziel für alle. Aber ein ebenerdiger Eingang birgt Probleme, weil er dazu führen könnte, dass Wasser ins Haus läuft. "Das kann ich kompensieren durch eine Regenrinne, die genau vor dem Eingang angeordnet ist", erklärt die Architektin. Doch das berge neue Probleme: "Damit das ganz sicher ist, müsste ich diese Rinne eigentlich auch noch an die Kanalisation anschließen. Und ich müsste sie möglichst auch noch beheizen. Außerdem wird noch empfohlen, dass ich ein Vordach bauen muss und dass das Gefälle vom Haus weggehen soll. Das sind alles sogenannte Kompensationsmaßnahmen dafür, dass ich etwas nicht einhalte", erläutert Edmaier. Normen kommen von der Industrie Eigentlich sind Normen nur Empfehlungen, aber aus Haftungsgründen werden sie häufig verpflichtend - quasi durch die Hintertür. Edmaier war lange in der Architektenkammer tätig und ist dadurch mit den Abläufen vertraut: "Der Normungsprozess in Deutschland ist einer, der hauptsächlich von der Bauindustrie oder überhaupt von der Industrie ausgeht." Und wenn es eine neue Norm gibt, dann schafft die Industrie teure Möglichkeiten, sie einzuhalten. "Das ist vielleicht auch ein wichtiger Aspekt bei den Normen: dass nämlich diese hohen Anforderungen regelmäßig mit sehr komplizierten und teuren Produkten der Bauindustrie dann eben auch erfüllt werden können, die wir dann auch einsetzen müssen", sagt Edmaier. Intransparente Ausschüsse Während in den Arbeitsausschüssen die Experten der Bauindustrie so lange diskutieren, bis eine gemeinsame Lösung erreicht ist, sind die übergeordneten sogenannten Lenkungsgremien die erste Anlaufstelle bei Konflikten und bei der Frage der Besetzung. Doch auch für diese Gremien ist die Besetzung der Arbeitsausschüsse nicht transparent genug - sie wissen teilweise selbst nicht, wer genau bei einer bestimmten Norm mitentschieden hat. Der Dortmunder Bauunternehmer Salewski erklärt, dass die Wohnungswirtschaft in den Ausschüssen oft unterrepräsentiert ist, auch wenn sie die Ergebnisse am Ende bezahlen müsse: "Das liegt an dem System, dass jeder, der das Geld und das Personal hat, sich in einen Ausschuss einzukaufen. Und alle Leute, die das Geld und das Personal nicht haben, kaufen sich eben auch nicht ein." Darin sieht er das Kernproblem: "Die Großen können’s, und die Kleinen fallen hinten rüber." Kartellrecht als Entschuldigung Aber warum werden die teilnehmenden Institutionen und Personen nicht öffentlich bekanntgegeben? Auf Nachfrage von plusminus erklärt Daniel Schmidt vom Deutschen Institut für Normung (DIN), "dass Unternehmen auch teilweise nicht bereit sind, Ross und Reiter zu benennen. Weil dort auch entsprechende Ängste bestehen, dass man kartellrechtlich angreifbar sein kann. Beziehungsweise dem Vorwurf ausgesetzt ist, seine Interessen eben ungenügend umgesetzt zu haben." Außerdem könnten Teilnehmende von außen beeinflusst werden, wenn die involvierten Institutionen oder Personen bekannt wären. Der Kartellrechtsexperte Christian Kersting von der Universität Düsseldorf kann der Argumentation des DIN nicht folgen: "Aus kartellrechtlicher Sicht ist Transparenz wichtig. Das wird in den Leitlinien der Kommission immer wieder betont". Deshalb sei es "sehr sinnvoll", wenn eine Organisation wie das DIN "Ross und Reiter" nenne - also sagt, wer an dieser Normungsarbeit beteiligt sei. | /wirtschaft/verbraucher/baukosten-normen-vorschriften-100.html |
2024-04-16 | Neues Schwarzes Loch in der Milchstraße entdeckt | 2.000 Lichtjahre entfernt | Nach astronomischen Maßstäben ist es ganz nah: Forschende haben ein 2.000 Lichtjahre entferntes Schwarzes Loch aufgespürt. Sie staunen über die ungewöhnliche Masse ihrer Entdeckung inmitten der Milchstraße. | Nach astronomischen Maßstäben ist es ganz nah: Forschende haben ein 2.000 Lichtjahre entferntes Schwarzes Loch aufgespürt. Sie staunen über die ungewöhnliche Masse ihrer Entdeckung inmitten der Milchstraße. Auffällige Taumelbewegungen eines Sterns haben Forschende der Europäischen Südsternwarte (Eso) auf ein bislang unbekanntes Schwarzes Loch in der Milchstraße aufmerksam gemacht. Es handle sich um das bisher massereichste bekannte stellare Schwarze Loch in unserer Galaxie, teilte die Eso mit. Das "Gaia BH3" genannte Schwarze Loch hat die etwa 33-fache Masse unserer Sonne. Bisher gefundene stellare Schwarze Löcher in der Milchstraße messen im Schnitt nur das Zehnfache der Sonnenmasse, das zuvor größte bekannte "Cygnus X-1" etwa 21 Sonnenmassen. Stellare Schwarze Löcher entstehen aus Sternen. "Niemand hat damit gerechnet, ein massereiches Schwarzes Loch zu finden, das in der Nähe lauert und bisher unentdeckt geblieben ist", zitiert die Eso den Astronomen Pasquale Panuzzo. "Diese Art von Entdeckung macht man nur einmal in seinem Forscherleben." Der Erde ist das Schwarze Loch mit einer Entfernung von 2000 Lichtjahren der Eso zufolge extrem nah. Ein Lichtjahr bezeichnet die Entfernung, die Licht in einem Jahr zurücklegt, das ist eine Strecke von 9,46 Billionen Kilometern. Begleitstern bringt Forschende auf die Fährte Die Entdeckung im Sternbild Aquila machten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, als sie Beobachtungen der europäischen Sonde "Gaia" überprüften. Der Begleitstern des Schwarzen Lochs wird von seinem massigen Kompagnon in eine Art Taumelbewegung versetzt - und die fiel auf. Die 2013 begonnene "Gaia"-Mission der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) soll Positionen, Bewegungen, Entfernungen und Helligkeiten von fast zwei Milliarden Himmelskörpern erfassen. Nach der zufälligen Entdeckung nutzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anschließend ein extrem leistungsfähiges Großteleskop der Eso in Chile und weitere erdgestützte Observatorien, um die Entdeckung zu bestätigen und die Masse von "Gaia BH3" genauer zu berechnen. Für die Untersuchung wurden den Angaben zufolge das "Very Large Telescope" der Eso in der Atacama-Wüste in Chile genutzt. Es besteht aus vier einzelnen Telekospen, die zusammengeschaltet werden können. Schwarze Löcher saugen Licht auf Schwarze Löcher sind Objekte mit einer so starken Schwerkraft, dass nicht einmal Licht aus ihnen entkommen kann. Stellare Schwarze Löcher wie "BH3" entstehen, wenn große Sterne mit der vielfachen Masse unserer Sonne am Ende ihrer Existenz als Supernova explodieren und der übrig gebliebene Sternenrest kollabiert. Abgesehen von den stellaren Schwarzen Löchern gibt es sogenannte supermassereiche Schwarze Löcher, die in den Zentren fast aller Galaxien vermutet werden. Diese Schwarzen Löcher können die milliardenfache Masse unserer Sonne besitzen. Das massereichste in unserer Galaxie ist "Sagittarius A*" im Zentrum der Milchstraße, das etwa vier Millionen Mal so viel Masse wie die Sonne hat. Der Ursprung und die Entstehungsweise der supermassereichen Schwarzen Löcher ist bislang nicht vollständig geklärt. | /wissen/schwarzes-loch-milchstrasse-entdeckt-100.html |
2024-04-16 | Polemischer Reichelt-Post ist rechtens | Bundesverfassungsgericht | Im Streit um Kritik an der Bundesregierung gibt Karlsruhe dem Journalisten Julian Reichelt Recht. Die Verfassungsrichter verweisen auf die Meinungsfreiheit. Der Staat müsse polemische Kritik aushalten. Von Klaus Hempel. | Im Streit um Kritik an der Bundesregierung gibt Karlsruhe dem Journalisten Julian Reichelt Recht. Die Verfassungsrichter verweisen auf die Meinungsfreiheit. Der Staat müsse polemische Kritik aushalten. Von Klaus Hempel Im August 2023 hatte der frühere Chefredakteur der Bildzeitung, Julian Reichelt, die Bundesregierung scharf kritisiert. Beim Kurznachrichtendienst X schrieb Reichelt: "Deutschland zahlte in den letzten zwei Jahren 370 MILLIONEN EURO (!!!) Entwicklungshilfe an die TALIBAN (!!!!!!). Wir leben in einem Irrenhaus, in einem absoluten, kompletten, totalen, historisch einzigartigen Irrenhaus. Was ist das nur für eine Regierung?!" Verlinkt war dabei ein längerer Artikel mit der Überschrift: "Deutschland zahlt wieder mehr Entwicklungshilfe an Afghanistan." Kammergericht Berlin untersagte Tweet Auf Antrag der Bundesregierung untersagte ihm das Kammergericht Berlin die Kurznachricht auf X. Begründung: Sie sei eine unwahre Tatsachenbehauptung. Sie stelle auch keine Meinungsäußerung dar, die von der im Grundgesetz geschützten Meinungsfreiheit gedeckt sei. Reichelt erwecke bei einem Durchschnittsleser den Eindruck, als sei Geld direkt an die Taliban geflossen. Das stimme aber nicht. Vielmehr sei das Geld an Hilfsorganisationen wie UNICEF und verschiedene NGOs überwiesen worden. Vertrauen in Regierungsarbeit beschädigt? Die Verlinkung des Artikels, der die Empfängerseite des Geldes zutreffend wiedergebe, spiele bei der rechtlichen Bewertung keine Rolle. Durch die Kurznachricht könne der Anschein erweckt werden, die Bundesregierung unterstütze ein Terrorregime. Dies könne das Vertrauen in die Arbeit der Bundesregierung beschädigen. Reichelt müsse den Post daher löschen. Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung? Dieser legte daraufhin Verfassungsbeschwerde ein - mit Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht entschied nun, dass es sich bei dem Post nicht um eine Tatsachenbehauptung gehandelt habe, sondern dass sie als Meinungsäußerung gewertet werden müsse. Das Kammergericht habe verkannt, dass es einen inhaltlichen Bezug zwischen der Kurznachricht und dem verlinkten Artikel gegeben habe. Außerdem hätte das Kammergericht bedenken müssen, dass Entwicklungshilfe den Taliban auch indirekt zugutekommen kann. Schutz vor Angriff, nicht vor Kritik Insoweit müsse die Kritik von Reichelt an der Bundesregierung als kritische Meinungsäußerung gewertet werden, die vom Grundgesetz geschützt sei. In seinem Beschluss weist das Bundesverfassungsgericht darauf hin, dass gerade der Staat auch scharfe und polemische Kritik aushalten müsse. Zwar dürften auch staatliche Einrichtungen vor verbalen Angriffen geschützt werden. Der Schutz dürfe aber nicht dazu führen, sie gegen öffentliche Kritik abzuschirmen. | /inland/innenpolitik/bundesverfassungsgericht-verfassungsbeschwerde-kritik-reichelt-100.html |
2024-04-16 | Polizei stuft Angriff in Kirche als Terrorakt ein | Zweite Attacke in Sydney | Nach dem Messerangriff in Sydney mit sechs Toten am Samstag folgte Montag gleich die nächste Attacke: In einer Kirche stach ein Jugendlicher auf Geistliche ein. Die Polizei wertet die Tat als Terrorakt. Ein 16-Jähriger wurde festgenommen. | Nach dem Messerangriff in Sydney mit sechs Toten am Samstag folgte Montag gleich die nächste Attacke: In einer Kirche stach ein Jugendlicher auf Geistliche ein. Die Polizei wertete die Tat nun als Terrorakt. Ein 16-Jähriger wurde festgenommen. Der Angriff während eines Gottesdienstes in einer Kirche in Sydney ist von den Ermittlern als Terrorakt eingestuft worden. Das Motiv des mutmaßlichen Täters, der etwa 16 Jahre alt sei, liege im Bereich des "religiös motivierten Extremismus", sagte Karen Webb, die Polizeichefin des australischen Bundesstaats New South Wales, bei einer Pressekonferenz. Die Polizei gehe von einem Einzeltäter aus. Der tatverdächtige Jugendliche wurde festgenommen. Bei dem Angriff während des Gottesdienstes in der "Christ The Good Shepherd Church" in Wakeley bei Sydney wurden am Montag laut Polizei mindestens vier Menschen verletzt. Unter ihnen war demnach auch der Bischof der Assyrer-Gemeinde, der die Messe abgehalten hatte, und mindestens ein Priester. Die Assyrische Kirche ist eine christliche Religionsgemeinschaft. Attacke während Live-Übertragung Im Internet veröffentlichte Aufnahmen von der Live-Übertragung des Gottesdienstes zeigen, wie der Angreifer während der Messe auf den Geistlichen zugeht und auf ihn einsticht, bevor er von Augenzeugen überwältigt wird. Der Angreifer wurde später festgenommen und war laut Webb schon vorher polizeibekannt, stand aber auf keiner Beobachtungsliste für Terrorverdächtige. Erst am Samstag waren bei einem Messerangriff in einem Einkaufzentrum in Sydney sechs Menschen getötet worden. Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler hat der Täter offenbar psychische Probleme. Ein terroristischer Hintergrund wurde in diesem Fall ausgeschlossen. Die Ermittler seien im Gespräch mit seinen Eltern, um Näheres über das Motiv des Jugendlichen herauszufinden. Krawalle vor der Kirche Nach dem Angriff kam es vor der Kirche zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Hunderten empörten Menschen, die versuchten, zu dem Verdächtigen zu gelangen. Bei den Krawallen wurden laut Polizei mehrere Beamte verletzt und sowie mehrere Einsatzfahrzeuge beschädigt. Die Einsatzkräfte seien mit Ziegelsteinen und Zaunpfählen attackiert worden. Auch Sanitäter mussten sich über Stunden hinweg in der Kirche verschanzen, weil sie von der aufgebrachten Menschenmenge bedroht wurden. Der Täter selbst wurde nach Polizeiangaben ebenfalls verletzt - unklar blieb zunächst, wie er die offenbar gravierenden Verletzungen erlitt. Medienberichten zufolge sollen ihm mehrere Finger abgeschnitten worden sein. Auf Fragen von Journalisten, ob der wütende Mob dafür verantwortlich sei, entgegnete Webb, dies sei Teil der Ermittlungen. Insgesamt mussten die Rettungsdienste nach eigenen Angaben 30 Patienten behandeln, sieben Verletzte seien ins Krankenhaus gebracht worden. Die Polizeichefin kündigte an, dass die Sicherheitsbehörden alle Gewalttäter ermitteln und für die Randale zur Rechenschaft ziehen würden. | /ausland/asien/sydney-angriff-terror-100.html |
2024-04-16 | Scholz und Xi setzen weiter auf Kooperation | Trotz Differenzen | Der Kanzler ist derzeit in China und hat dort für eine engere Zusammenarbeit der beiden Länder geworben. Denn Deutschland will in wirtschaftlichen Fragen weiter auf die Volksrepublik setzen - trotz bestehender Differenzen. | Der Kanzler ist derzeit in China und hat dort für eine engere Zusammenarbeit der beiden Länder geworben. Denn Deutschland will in wirtschaftlichen Fragen weiter auf die Volksrepublik setzen - trotz bestehender Differenzen. Bei seinem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping hat Bundeskanzler Olaf Scholz im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine vor Schäden für die "gesamte internationale Ordnung" gewarnt. Der Krieg und die "Aufrüstung Russlands" verletzten "einen Grundsatz der Charta der Vereinten Nationen, den Grundsatz der Unverletzlichkeit von Staatsgrenzen", sagte Scholz zu Beginn seines Treffens mit Xi. Zudem verwies Scholz auf die Bedeutung deutsch-chinesischer Zusammenarbeit im Kampf gegen den Klimawandel. Der Kanzler sprach zudem von der Gefahr einer nuklearen Eskalation. "Klar ist, das haben wir beide bereits bei unseren letzten Begegnungen hier in Peking deutlich gemacht, dass mit dem Einsatz von Nuklearwaffen nicht einmal gedroht werden darf." Scholz fügte an: "Gerne möchte ich mit Ihnen heute darüber diskutieren, wie wir mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen können." Auch Kampf gegen Klimawandel Thema Die USA hatten China im Vorfeld von Scholz' Besuch vorgeworfen, den russischen Rüstungssektor massiv zu unterstützen. "Ohne den Beitrag der Volksrepublik China hätte Russland Schwierigkeiten, seine Kriegsanstrengungen aufrechtzuerhalten", sagte ein hochrangiger US-Vertreter. Nach US-Angaben ist China für Russland der wichtigste Lieferant von Werkzeugmaschinen und Mikroelektronik, die zur Herstellung von Raketen, Drohnen, Panzern und Flugzeugen nötig sind. Scholz betonte vor seinen Gesprächen mit Xi die Bedeutung der Zusammenarbeit mit China beim Kampf gegen den Klimawandel. "Extreme Wetterereignisse wie Stürme, Hochwasser, Dürren und Kälte betreffen die ganze Welt", sagte Scholz. "Nur gemeinsam wird es uns gelingen, Lösungsansätze zu finden, den Klimawandel zu stoppen und die grüne Energiewende sozial gerecht zu bewältigen." Xi befürwortet engere Kooperation Xi wiederum lobte das Verhältnis zu Deutschland. Beide Länder hätten großes Potenzial für eine ebenbürtige Kooperation, sollten aber auch in Bezug auf Protektionismus vorsichtig sein und objektiv auf Produktionskapazitäten schauen. Xi sagte weiter, eine Kooperation wäre kein "Risiko", sondern ein Garant für stabile Verbindungen und eine Gelegenheit für die Zukunft. "Wir müssen die bilateralen Beziehungen in strategischer Hinsicht weiterentwickeln", so Xi weiter. Der Präsident betonte zudem, dass China nicht am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beteiligt sei. China sei keine Partei und kein Beteiligter in der Ukraine-Krise, hieß es in einer Mitteilung nach dem Treffen mit Scholz in Peking. Stattdessen habe China stets "die Friedensgespräche auf seine eigene Weise gefördert", sagte Xi demnach. Eine internationale Friedenskonferenz "zu gegebener Zeit" unterstütze Peking, allerdings müssten Russland und die Ukraine diese akzeptieren, sagte der Chinese. Für die geplante Konferenz in der Schweiz sagte Moskau bereits ab. Die chinesische Antwort auf eine Einladung des Alpenstaates steht noch aus. Xi legte außerdem vier vage formulierte Grundsätze vor, um eine Eskalation in dem Krieg zu vermeiden. Frieden und Stabilität müsse mehr Priorität eingeräumt werden, anstatt die "eigenen egoistischen Interessen" zu verfolgen, hieß es. Zudem solle mehr Mühe zur Entspannung der Lage aufgewendet werden, "statt Öl ins Feuer zu gießen". Drittens brauche es Bedingungen für die Wiederherstellung des Friedens. Zuletzt forderte er mehr Einsatz, um negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft zu verringern, zum Wohle der Stabilität von globalen Industrie- und Lieferketten, hieß es. Treffen mit Ministerpräsident Li Qiang Vor dem Treffen mit Xi hatte Scholz im Onlinedienst X bereits Diskussionen über Wege "zu einem gerechten Frieden in der Ukraine" angekündigt und ergänzt: "Es ist gut, dass es seit meinem letzten China-Besuch einen intensiven Austausch zwischen unseren Regierungen gibt." Das Treffen von Scholz und Xi erfolgte am letzten Tag der insgesamt drei Tage umfassenden China-Reise von Scholz in Begleitung mehrerer Bundesminister und Wirtschaftsvertreter. Vorgesehen ist am Dienstag auch ein Treffen mit Ministerpräsident Li Qiang. Scholz will bei den Gesprächen in Peking neben der Ukraine auch Wettbewerbsfragen zur Sprache bringen. Ein weiteres wichtiges Thema dürfte die Lage im Nahen Osten nach dem iranischen Angriff auf Israel sein. | /ausland/asien/scholz-china-116.html |
2024-04-16 | Großhandelspreise zwölften Monat in Folge gefallen | Hinweis auf sinkende Inflation | Die Preise im Großhandel sind im März erneut gefallen - es war der zwölfte Preisrückgang in Folge. Für Verbraucher sind das gute Nachrichten, denn die Zahlen deuten auf eine sinkende Inflation hin. | Die Preise im Großhandel sind im März erneut gefallen - es war der zwölfte Preisrückgang in Folge. Für Verbraucher sind das gute Nachrichten, denn die Zahlen deuten auf eine sinkende Inflation hin. Die deutschen Großhandelspreise sind im März den zwölften Monat in Folge gefallen. Sie sanken im Schnitt um 3,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Morgen mitteilte. Im Februar hatte es bereits ein Minus in dieser Größenordnung gegeben, im Januar lag der Rückgang bei 2,7 Prozent. Ökonomen nutzen die Entwicklung im Großhandel regelmäßig als Indikator, um Preissteigerungen für den Endverbraucher vorherzusagen. Der Großhandel stellt das Scharnier zwischen Herstellern und Endkunden dar; Preissenkungen kommen meist verzögert und zumindest teilweise auch bei den Verbrauchern an. Ein Wermutstropfen ist allerdings der Preisanstieg der Großhandelspreise im Vergleich zum Vormonat: Im März legten die Preise im Großhandel im Vergleich zum Februar um 0,2 Prozent zu. Mineralölerzeugnisse stiegen im Vormonatsvergleich sogar um 0,7 Prozent. Preise für Benzin und Getreide gesunken Mineralölerzeugnisse wie Benzin und Heizöl haben auf die Gesamtentwicklung der Großhandelspreise den größten Einfluss. Im Vergleich zum Vorjahresmonat fielen sie im März um 3,3 Prozent. Ebenfalls günstiger im Vorjahresvergleich waren insbesondere die Preise im Großhandel mit Getreide, Rohtabak, Saatgut und Futtermitteln (-19,8 Prozent), mit Erzen, Metallen und Metallhalbzeug (-13,6 Prozent), mit chemischen Erzeugnissen (-13,1 Prozent) sowie mit Altmaterial und Reststoffen (-6,4 Prozent). Dagegen verteuerten sich viele Nahrungs- und Genussmittel. So stiegen die Großhandelspreise für Tabakwaren (+5,8 Prozent). Auch für Obst, Gemüse und Kartoffeln (+4,4 Prozent) sowie für Getränke (+4,2 Prozent) musste im März auf Großhandelsebene deutlich mehr bezahlt werden als vor einem Jahr. Fachleute erwarten fallende Inflationsrate Im März war die Inflationsrate mit 2,2 Prozent auf den tiefsten Stand seit fast drei Jahren gefallen. Ökonomen gehen davon aus, dass die Inflation in diesem Jahr deutlich nachlassen wird und sich dem Zwei-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) annähern wird. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen in ihrer Gemeinschaftsdiagnose für die Bundesregierung damit, dass die Teuerungsrate in diesem Jahr bei durchschnittlich 2,3 Prozent liegen wird. Für 2025 werden 1,8 Prozent erwartet. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren die Verbraucherpreise noch um 5,9 Prozent gestiegen. | /wirtschaft/konjunktur/inflation-grosshandel-preise-lebensmittel-benzin-heizoel-100.html |
2024-04-16 | Der neue Boom der Sparkassen | Kreditinstitute profitieren von Zinswende | Die Sparkassen sind im Aufwind und machen satte Gewinne. Obwohl sie Sparern vergleichsweise magere Zinsen zahlen, ist die Treue der Kundschaft groß. Was erklärt den Erfolg? Von Christof Dörr. | Die Sparkassen sind im Aufwind und machen satte Gewinne. Obwohl sie Sparern vergleichsweise magere Zinsen zahlen, ist die Treue der Kundschaft groß. Was erklärt den Erfolg? Von Christof Dörr "Mein Haus, mein Auto, mein Boot! Meine Pferde! Meine Pferdepflegerinnen!" Die Sparkassen-Werbung aus den 1990er-Jahren, in der zwei Alpha-Männchen einen Kampf mit Statussymbolen austragen, ist fast sprichwörtlich geworden. Das Motto damals: Klotzen statt kleckern. Heute undenkbar. Viele Jahre galten die Sparkassen vor allem bei denen, die auf dem Sprung ins Berufsleben standen, als Auslaufmodell. Die Filialen: Braucht man nicht. Die Digitalisierung: verschlafen. Die Produkte: angestaubt. Und jetzt? Die totgesagte Sparkasse ist wieder da, und zwar mit Macht. Um knapp 70 Prozent konnte der Sparkassenverband seinen Gewinn im Vergleich zum Vorjahr steigern. Wie konnte das gelingen? Einfache Ansprechbarkeit als Argument Ronia Herghiligin steht in einer Sparkassen-Filiale in Kassel. "Ich bin schon mein ganzes Leben hier Kundin. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich schon als kleines Kind immer mit meinen Spardosen zur Sparkasse gelaufen bin, und dann ging es weiter mit einem Taschengeldkonto und jetzt eben meinem Tagesgeldkonto", erzählt die 25-Jährige Studentin. "Ich bin geblieben, weil ich immer hier anrufen konnte, wenn ich ein Anliegen hatte, und es war immer jemand da, der recht schnell meine Frage klären konnte." Aktuell plant sie ein Auslandssemester in San Diego und lässt sich von ihrem Berater in der Filiale wegen der Zahlungsmöglichkeiten in Amerika beraten. Viele ihrer Freunde haben Konten bei Direktbanken, für Ronia Herghiligin kommt das aber nicht in Frage: "Natürlich habe ich auch mal rumgeguckt, man kriegt ja überall die Werbung. Aber ich habe festgestellt, dass man gerade bei Onlinebanken immer warten muss, bis man Antworten bekommt, und das habe ich hier nicht." Gewinn auf Kosten der Sparer? Auch dank treuer Kundinnen wie Ronia Herghiligin sind die Geschäftszahlen des vergangenen Jahres herausragend gut. Lag der Überschuss im Jahr 2021 noch bei 9,7 Milliarden Euro, ging es 2022 auf 11,6 Milliarden rauf. 2023 ging es dann steil nach oben: 18,2 Milliarden Euro standen am Ende. Das vermeintliche Sparkassen-Wunder ist für Wirtschaftsprofessor Ralf Jasny aber keine Hexerei, sondern schlicht der Zinswende geschuldet - und der Tatsache, dass die Sparkassen die deutliche Zinserhöhung der europäischen Zentralbank nicht an ihre Kunden weitergeben. "Man kann es so sehen, dass die Sparkassen ihren Gewinn auf Kosten ihrer Sparer machen, denn Kunden wie du und ich geben der Sparkasse Geld, und die verleiht das Geld an Leute, die Kredite brauchen oder legt es bei der Zentralbank an", erläutert Jasny. "Und wenn die Sparkasse ein halbes Prozent Zinsen für die Einlage zahlt und auf der anderen Seite vier Prozent oder mehr bekommt, dann hat man eine große Differenz dazwischen, und diese große Differenz sorgt dafür, dass das Ergebnis im letzten Jahr so sprunghaft nach oben gegangen ist." Andere bieten höhere Zinsen Die Zahlen des Vergleichsportals Verivox untermauern Jasnys Aussage: Im April 2023 lagen die durchschnittlichen Zinsen für Tagesgeldangebote bundesweit bei 0,9 Prozent, bei den Sparkassen waren es 0,2 Prozent. Ein halbes Jahr später, im Oktober, lagen sie bundesweit schon bei 1,5 Prozent. Die Sparkassen gaben 0,5 Prozent. Bis März 2024 ist das Zinsniveau bundesweit auf 1,8 Prozent geklettert, die Sparkassen geben gerade mal 0,6 Prozent an ihre Kunden weiter. Angesichts dieser Zahlen hat der Wirtschaftsprofessor einen Rat: "Man sollte zumindest einmal im Jahr nachschauen, was man für einen Vertrag hat und vergleichen: Was bezahle ich wofür, und was kann ich möglicherweise als Alternative bekommen? Das ist nicht so wahnsinnig anstrengend, und wenn man das regelmäßig tut, kann man eine ganze Menge mehr an Zinserträgen für sein Erspartes realisieren." Sicherheit in unsicheren Zeiten? Sind die Sparer tatsächlich besser beraten, wenn sie sich auf die Produkte anderer Banken verlassen? Ingo Buchholz, der Obmann der hessischen Sparkassen, gibt zu, dass man von der Zinserhöhung profitiert habe, wehrt sich aber gegen die pauschale Kritik: "Diese Aussage ist falsch und bezieht sich offensichtlich auf Tagesgelder. Bei den Tagesgeldern handelt es sich nicht um eine klassische Anlageform, sondern eher um eine kurzfristige Aufbewahrungsform. Damit kann man nicht gegen die Preissteigerung ansparen." Der Ansatz der Sparkassen sei ein anderer, so Buchholz: "Wir beraten unsere Kunden ganzheitlich und bieten ihnen passgenaue Angebote an, die sehr wohl das aktuelle Zinsniveau widerspiegeln." Vielleicht liegt es auch an den unsicheren Zeiten mit Krisen und Kriegen, dass Millionen Menschen den Sparkassen trotz des niedrigeren Zinsangebots vertrauen, denn auch bei den Girokonten konnten sie im vergangenen Jahr kräftig zulegen. Mit mehr als 36 Millionen stehen sie so gut da wie noch nie in ihrer Geschichte. | /wirtschaft/finanzen/sparkassen-114.html |
2024-04-16 | Kann die EU den Iran unter Druck setzen? | Sitzung der Außenminister | Die EU-Außenminister schalten sich außerplanmäßig per Video zusammen, um über eine Reaktion auf den Angriff des Iran auf Israel zu beraten. Bislang gegen das Land verhängte Sanktionen entfalten nicht die erhoffte Wirkung. Von Helga Schmidt. | Die EU-Außenminister schalten sich außerplanmäßig per Video zusammen, um über eine Reaktion auf den Angriff des Iran auf Israel zu beraten. Bislang gegen das Land verhängte Sanktionen entfalten nicht die erhoffte Wirkung. Von Helga Schmidt Es kommt nicht oft vor, dass Europas Außenminister zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengerufen werden. Die Minister treffen sich ohnehin mindestens einmal im Monat, für die meisten Krisen und Konflikte reicht das aus. Als in der Nacht zum Sonntag Israel vom Iran angriffen wurde, zögerte EU-Chefdiplomat Josep Borrell nicht lange. Er wusste, dass in Europas Hauptstädten die gleiche Frage die Runde machen würde: Wie kann man jetzt einen Flächenbrand in der Region verhindern? "Das iranische Regime hat eine ganze Region an den Rand eines Abgrundes geführt, weil erstmalig direkt vom Iran diese direkten Angriffe ausgegangen sind", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im ARD-Brennpunkt. Bei ihrem französischen Kollegen Stéphane Séjourné hörte sich das ganz ähnlich an: Nichts sei jetzt wichtiger als zu deeskalieren und die Region zu befrieden. Frieden in der Region oder zumindest kein neuer regionaler Krieg, dazu wollen die Europäer beitragen. Mit zwei Stoßrichtungen: Israel soll nach dem militärischen Erfolg bei der Abwehr fast aller iranischen Raketen möglichst von massiven Vergeltungsschlägen abgehalten werden. Auf der anderen Seite soll der Iran bestraft werden. Das habe Priorität, fordert Frankreichs Außenminister Séjourné. Die EU müsse eine klare Botschaft an den Iran senden. Fülle an Sanktionen verpufft oder verfehlt Ziel Eine klare Botschaft, das könnten neue Sanktionen sein. Einfach wird das nicht, der Iran ist schon jetzt das Land, gegen das weltweit mit die meisten Sanktionen verhängt wurden. Auch von den Europäern. Da bleibe nicht mehr viel, darauf wies Kommissionssprecher Peter Stano die Außenminister vor ihrer Dringlichkeitssitzung hin: "Wenn man sich die Sanktionen anschaut, dann sind das schon eine Menge." Stano zählt sie auf: Ausfuhrverbote aus Europa für ganze Wirtschaftszweige, darunter Industrieanlagen und Hightech-Produkte für den Bau von Waffen. Die USA haben deutlich mehr Wirtschaftssanktionen verhängt, aber die Bilanz fällt ernüchternd aus. Das Mullah-Regime ist stabil an der Macht, während die Bevölkerung verarmt. Es sind die Menschen, die am meisten unter den Sanktionen leiden, während das Regime sich über Schmuggel und Schwarzmarkt bereichert, auch an den Öl-Exporten, die inzwischen nach China gehen. Terror der Revolutionsgarden hält an Die Europäer haben deshalb nach der brutalen Unterdrückung der Frauen-Proteste gezielt die Verantwortlichen ins Visier genommen. Mitgliedern der berüchtigten Revolutionsgarden wurden ihre Konten in der EU gesperrt. Die Erfolge aber sind überschaubar, der Terror gegen die iranische Opposition hält unvermindert an. Auch bei der Dringlichkeitssitzung werden die Außenminister sich bei neuen Verboten, zum Beispiel von Geschäftsbeziehungen mit dem Iran, immer fragen müssen, ob damit der Bevölkerung mehr Schaden zugefügt wird, als dem Regime in Teheran. | /ausland/europa/eu-iran-druck-dringlichkeitssitzung-100.html |
2024-04-16 | Chinas Wirtschaft wächst überraschend stark | Staat schiebt die Industrie an | Das Statistikamt in Peking meldet für das erste Quartal unerwartet gute Konjunkturdaten. Experten verweisen allerdings auf hohe staatliche Investitionen und zweifeln an einer Nachhaltigkeit des Aufschwungs. | Das Statistikamt in Peking meldet für das erste Quartal unerwartet gute Konjunkturdaten. Experten verweisen allerdings auf hohe staatliche Investitionen und zweifeln an einer Nachhaltigkeit des Aufschwungs. Die Wirtschaft Chinas ist überraschend stark ins neue Jahr gestartet. Laut dem Statistikamt in Peking wuchs die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt im ersten Quartal um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Volkswirte waren im Schnitt nur von einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 4,8 Prozent ausgegangen. Das Statistikamt sprach in der Mitteilung von einem "guten Start" ins Jahr. Andere aktuelle Daten deuten dagegen auf eine Abschwächung des Wachstums im März hin. So stieg die Industrieproduktion im März nach Angaben des Statistikamts im Jahresvergleich mit 4,5 Prozent langsamer als von Analysten erwartet. Die Einzelhandelsumsätze lagen mit einem Plus von 3,1 Prozent ebenfalls unter den Prognosen. Außenhandel trübt das Bild Auch die am Freitag veröffentlichten Außenhandelszahlen für den März hatten das Bild getrübt. Die Exporte sanken in Dollar gerechnet im Jahresvergleich um 7,5 Prozent, während die Importe um 1,9 Prozent zurückgingen. Peking strebt für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent an. Experten halten dies angesichts der andauernden Immobilienkrise und einer vergleichsweise schwachen Konsumneigung für ein ambitioniertes Ziel. Schwaches Verbrauchervertrauen Laut Maximilian Butek, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Ostchina, ist das relativ starke Wachstum in China auch auf den Ausbau neuer Industriezweige zurückzuführen, in die viel Geld fließt. "Besonders bei Erzeugnissen wie Chips und elektrischen Fahrzeugen steht in China der Ausbau der Industrie im Vordergrund. Das schlägt sich nun in den Zahlen nieder", sagte Butek. Es werde zwar viel investiert, das Verbrauchervertrauen sei jedoch weiter schwach. "Es ist fraglich, inwieweit deutsche Firmen von dieser Art des Wachstums profitieren können." Vor dem aktuellen China-Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die Kammer auf Probleme deutscher Unternehmen in der Volksrepublik aufmerksam gemacht. In einer Umfrage klagten rund zwei Drittel der dort tätigen Unternehmen aus der Bundesrepublik über unfairen Wettbewerb. Langsame Erholung nach dem Corona-Knick Nach den massiven Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie erholt sich die Wirtschaft der Volksrepublik insgesamt nur langsam. "Die Abschwächung des Wirtschaftswachstums im März weckt Zweifel, ob die zu Beginn des Jahres verzeichnete wirtschaftliche Erholung von Dauer sein kann", kommentierte Commerzbank-Volkswirt Tommy Wu die aktuellen Daten. "Dies erhöht den Druck auf die Regierung, weitere Maßnahmen zur Konjunkturstützung umzusetzen." Peking werde sich dabei wohl weiterhin auf Anreize für Investitionen in die Infrastruktur und in aufstrebende Industrien konzentrieren. Der Immobiliensektor des Landes - früher ein Garant für starkes Wachstum - steckt tief in der Krise. Eine schwächelnde Weltkonjunktur bremst die auf Export ausgelegte chinesische Wirtschaft. Auch im Inland lässt die Nachfrage zu wünschen übrig. Dazu kommen demographische Probleme: Die Bevölkerung überaltert und schrumpft. Viele junge Leute finden zudem keinen Job. Viele Städte und Kommunen sind hochverschuldet. Herabstufung wegen Staatsausgaben? Wegen der hohen staatlichen Fördermaßnahmen droht der Volksrepublik eine schlechtere Bonitätsbewertung durch die Ratingagentur Fitch. Diese hatte in der vergangenen Woche ihren Ausblick für die Kreditwürdigkeit von "stabil" auf "negativ" gesenkt. Grund seien steigende Risiken für den Haushalt durch die Umstellung auf ein neues Wachstumsmodell. Mit Material von Benjamin Eyssel, ARD-Studio Peking. | /wirtschaft/weltwirtschaft/china-bip-q1-100.html |
2024-04-16 | Mehrere Verletzte und Verspätungen durch Unwetter | In mehreren Bundesländern | In weiten Teilen Deutschlands hat ein Unwetter am Abend für Beeinträchtigungen gesorgt. Es gab mehrere Verletzte. Bei der Deutschen Bahn kam es zu Verspätungen - doch inzwischen läuft der Fernverkehr wieder weitgehend normal. | In weiten Teilen Deutschlands hat ein Unwetter am Abend für Beeinträchtigungen gesorgt. Es gab mehrere Verletzte. Bei der Deutschen Bahn kam es zu Verspätungen - doch inzwischen läuft der Fernverkehr wieder weitgehend normal. Ein Unwetter hat am Abend den Fernverkehr der Deutschen Bahn ausgebremst. Doch inzwischen läuft alles wieder weitgehend normal. Wie die Bahn auf ihrer Internetseite mitteilte, gibt es noch einzelne Streckensperrungen oder Umleitungen. Betroffen sind unter anderem der Fernverkehr zwischen Siegen und Frankfurt am Main, wo einzelne Züge ausfallen. ICE-Züge zwischen Hanau und Gießen werden umgeleitet. Auf den Abschnitten zwischen Erfurt und Nürnberg sowie Koblenz und Köln gibt es noch Verspätungen. Bei dem Unwetter waren Dächer abgedeckt und Autos sowie Strom- und Telefonleitungen beschädigt worden. Mehrere Menschen wurden durch umgestürzte Bäume verletzt. Zugpassagiere erlebten teils Verspätungen von vier Stunden - und mussten den ganzen Abend darauf hoffen, dass ihre vorübergehend gestoppten Züge überhaupt weiterfahren. Einzelne Strecken waren gesperrt und es kam zu Umleitungen mit Verspätungen. Mehrere wetterbedingte Unfälle Von den Beeinträchtigungen betroffen waren unter anderem die Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Es kam zu mehreren wetterbedingten Unfällen. In Hessen verletzten sich eine Autofahrerin und ihr Beifahrer beim Zusammenstoß mit einem durch das Unwetter umgestürzten Baum. Die 20-jährige Fahrerin hatte ihn auf der Strecke vor sich übersehen, wie die Polizei mitteilte. Zudem hatten die Feuerwehren Dutzende Einsätze aufgrund von Sturmböen. In Bottrop in Nordrhein-Westfalen wurde eine 19-jährige Fußgängerin auf dem Heimweg von der Arbeit verletzt, als ein Baum unvermittelt auf den Gehweg stürzte und die Passantin traf. In Hattingen im Ruhrgebiet wurde ein Mann in einem Garten von einem umstürzenden Baum verletzt. In Köln wurde ein Bus der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) von einem umgestürzten Baum beschädigt. Der Fahrer sei leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht worden, teilte die Feuerwehr mit. Mehrere umgestürzte Bäume und abgeknickte Äste behinderten am Abend den Verkehr in der Domstadt. Ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa berichtete, nach Angaben eines Zugbegleiters sei am Frankfurter Hauptbahnhof zwischenzeitlich kein Zug mehr gerollt. Ein Blick auf die Ankunftstafel für den Bahnhof gegen Mitternacht offenbarte teils immense Verspätungen. Beschädigte Strom- und Telefonleitungen In Bayern erlitten drei Menschen in einem Auto schwere Verletzungen, als es durch Aquaplaning auf der A9 zum Unfall kam. Der mit vier Insassen besetzte Wagen habe sich in Fahrtrichtung München überschlagen, teilte die Polizei mit. In Rheinland-Pfalz meldete das Polizeipräsidium Koblenz für seine Region zehn Autos, die durch herabstürzende Bäume oder andere Gegenstände beschädigt worden seien. Auch Strom- und Telefonleitungen wurden demnach durch umstürzende Bäume beschädigt. In Ludwigshafen in der Pfalz stürzten Bäume auf Straßen und Stromleitungen. Auch lose Dachziegel sowie umgestürzte Bauzäune lösten Feuerwehreinsätze aus. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte am Abend vor örtlich starken Gewittern, teils schweren Sturmböen und verbreitet Sturm und Windböen gewarnt. | /inland/unwetter-deutschland-152.html |
2024-04-16 | Neue X-Nutzer sollen für Posts zahlen | Twitter-Nachfolgedienst | Elon Musk will neue Nutzer seiner Online-Plattform X in den ersten Monaten einen "winzigen Betrag" bezahlen lassen, damit sie Posts veröffentlichen dürfen. Ziel sei es, automatisierte Bot-Accounts einzudämmen. | Elon Musk will neue Nutzer seiner Online-Plattform X in den ersten Monaten einen "winzigen Betrag" bezahlen lassen, damit sie Posts veröffentlichen dürfen. Ziel sei es, automatisierte Bot-Accounts einzudämmen. Neue Nutzer des Twitter-Nachfolgers X müssen sich auf Kosten einstellen, wollen sie künftig Beiträge auf der Online-Plattform veröffentlichen. Das kündigte X-Chef Elon Musk gestern Abend auf X an. Ein außergewöhnlicher Schritt, ist es bei Online-Plattformen doch absolut unüblich, für Grundfunktionen Geld zu verlangen. Musk bezifferte nicht, um welche Summen es genau gehen soll. Es handele sich um einen "winzigen" Betrag, betonte der Tech-Milliardär lediglich. Nach drei Monaten bei X sollen neue Nutzer dann kostenlos posten dürfen, fügte er hinzu. Das sei der einzige Weg, um die Aktivität automatisierter Bot-Accounts einzudämmen. Es geht auch um Werbeerlöse Die Frage, wie viele "echte", also menschliche Nutzer Twitter/X hat, beschäftigt das soziale Netzwerk seit jeher. Der Anteil von Bot-gesteuerten Profilen in dem Kurznachrichtendienst ist nicht nur für die Glaubwürdigkeit der Online-Plattform relevant, sondern auch für ihre Zuverlässigkeit als Werbeträger. Musk hatte vor der Übernahme von Twitter im Oktober 2022 immer wieder angeprangert, dass es bei dem Dienst zu viele automatisierte Bot-Profile gebe. Zwischenzeitlich versuchte er sogar, mit dieser Begründung den rund 44 Milliarden Dollar schweren Deal zum Kauf der Plattform platzen zu lassen. Das Risiko, dass er vor Gericht zum Twitter-Kauf gezwungen werden könnte, brachte den US-Unternehmer schließlich dazu, die Übernahme doch noch abzuschließen. Danach versprach Musk immer wieder, das Bot- und Spam-Problem in den Griff zu bekommen. Künstliche Intelligenz könne die gängigen Tests, mit denen Bot-Accounts entlarvt werden sollen, mit Leichtigkeit bestehen, beklagte Musk nun. Tests in Neuseeland und auf den Philippinen Als Gegenmaßnahme testete X die Einführung einer Gebühr bereits seit Herbst. Zunächst in Neuseeland und auf den Philippinen konnten neue Nutzer des Dienstes erst nach einer Zahlung von einem Dollar pro Jahr Beiträge veröffentlichen sowie Posts anderer zitieren oder weiterverbreiten. Kostenlos konnten sie X nur passiv nutzen: also Beiträge lesen, Videos ansehen und anderen Nutzern folgen. Doch schon bei den Tests im vergangenen Jahr kam Skepsis auf. So merkte der IT-Sicherheitsexperte Marcus Hutchins an, ihm falle keine Bot-Aktivität ein, die sich mit der Gebühr von einem Dollar pro Jahr stoppen ließe. Eher werde der Schritt die Plattform Geld kosten. "Spammer werden gestohlene Kreditkarten verwenden - und die Kosten für Rückbuchungen werden höher sein als die Abo-Einnahmen", schrieb Hutchins beim Konkurrenzdienst Threads des Facebook-Konzerns Meta. X laufen die Kunden wegen Hassrede davon Dabei sind automatisierte Bot-Accounts nicht das einzige Problem, mit dem sich X herumschlagen muss: Seit Elon Musk bei Twitter das Sagen hat, haben sich die Werbeeinnahmen halbiert. Große Konzerne wie IBM wandten X dem Rücken zu, nachdem ihre Werbeanzeigen neben Beiträgen mit Gewaltaufrufen oder antisemitischen Parolen aufgetaucht waren. Bislang ist es X nicht gelungen, Hassrede konsequent von der Plattform fernzuhalten. Erst im April stellte Musk daher zwei neue Manager ein, die die Online-Plattform sicherer für Nutzer und Unternehmen machen sollen. | /wirtschaft/digitales/elon-musk-x-nutzer-posts-zahlen-100.html |
2024-04-16 | Israel will mit Härte reagieren - aber Krieg vermeiden | Nach iranischem Angriff | Dass entschieden auf den Angriff durch den Iran geantwortet werden muss, steht für Israel fest. Doch einen weiteren Krieg soll die eigene Reaktion nicht auslösen - auch, weil ein Kampf an dritter Kriegsfront droht. Von Tim Aßmann. | Dass entschieden auf den Angriff durch den Iran geantwortet werden muss, steht für Israel fest. Doch einen weiteren Krieg soll die eigene Reaktion nicht auslösen - auch, weil ein Kampf an dritter Kriegsfront droht. Von Tim Aßmann Der Ort war mit Bedacht gewählt: Israels oberster Offizier, Generalstabschef Herzi Halevi, trat auf der Luftwaffenbasis Nevatim vor die Presse. Von dort waren in der Nacht von Samstag auf Sonntag Kampfjets zur Abwehr des iranischen Angriffs aufgestiegen. Dort waren auch einzelne Geschosse eingeschlagen, hatten aber nur geringen Schaden angerichtet. Die Basis sei ungeachtet des Beschusses durchgehend in Betrieb gewesen, bilanzierte Israels Armeeführung stolz, und Stabschef Halevi machte deutlich: "Wir werden auf diesen Angriff reagieren." Wir schauen voraus und erwägen unsere Schritte. Das Feuern von Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen auf israelisches Staatsgebiet wird beantwortet werden. Israel lässt Zeitpunkt offen Doch wann, mit welchen Mitteln und in welchem Ausmaß - darüber schwieg sich der Generalstabschef aus. Über den Zeitpunkt werde noch entschieden, erklärte Israels Armeesprecher Daniel Hagari. "Wir kämpfen an verschiedenen Fronten. Die Bedrohungen sind unterschiedlich stark und treten unterschiedlich häufig auf, und daran orientiert sich unser Vorgehen", so Hagari. Dieses Vorgehen könne sich "in den nächsten Tagen verändern, und wir werden Sie dann umgehend darüber informieren". Kriegskabinett berät über Umgang mit Angriff Stunden zuvor war ein Treffen des israelischen Kriegskabinetts ohne eine offizielle Bekanntgabe von Ergebnissen zu Ende gegangen. Der israelische Sender Kanal 12 berichtete unter Berufung auf ungenannte Quellen, das Kabinett habe sich darauf geeinigt, mit Härte auf den iranischen Angriff zu reagieren. Dafür solle aber ein Weg gewählt werden, der nicht in einem Krieg münden könnte. Die US-Regierung soll - Medienberichten zufolge - von der israelischen Führung informiert worden sein, dass der massive direkte Angriff des Iran nicht unbeantwortet bleiben könne. Warnung vor Flächenbrand in Nahost Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu steht unter Druck. Der äußerste rechte Rand seiner Koalition dringt auf einen Gegenschlag. Viele westliche Partner, allen voran die USA als wichtigster Verbündeter Israels, warnen vor einem Flächenbrand. Diese Sorge wird von vielen in Israel geteilt. Einer von ihnen ist Yossi Cohen, ehemaliger Chef des Auslandsnachrichtendienstes Mossad. Er sagte im Interview mit dem israelischen Sender KAN: "Neue Fronten aufzumachen ist in der gegenwärtigen Lage nicht gut für Israel. Unser Kampf gegen die Hamas ist noch nicht vorbei. Ich bin nicht dafür, die Last, die auf der Nation liegt, durch das Eröffnen zusätzlicher Fronten zu vergrößern." Grenze zum Libanon bereits zweite Front Eine weitere Front neben dem Krieg im Gazastreifen hat Israel ja schon - an seiner Nordgrenze. Immer wieder gibt es dort Angriffe der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz aus dem Libanon und die israelische Armee greift weiter Ziele in dem Nachbarland an, die sie der Hisbollah zuordnet. Im Gazastreifen hält Israel, trotz großer internationaler Kritik, an seiner geplanten Offensive gegen die Stadt Rafah fest. Verteidigungsminister Yoav Gallant beriet erneut mit Armeevertretern über Maßnahmen zum Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung. Rafah ist mit Flüchtlingen überfüllt. Ein Waffenstillstand im Gazastreifen und eine Freilassung der israelischen Geiseln, die sich weiter in der Gewalt der Terrormiliz Hamas befinden, scheinen aktuell nicht in Sicht. Die Verhandlungen stocken. | /ausland/asien/israel-iran-angriff-100.html |