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Transport im Viehwaggon, Fleischgeruch in der Luft, Selektion mit Doktor Mengele: Holocaust-Überlebende Lisa Miková erinnert sich an das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Lisa Miková kam 1922 in Prag zur Welt. In ihrer weitgehend säkularen jüdischen Familie wurde Deutsch und Tschechisch gesprochen. 1942 wurde sie ins KZ Theresienstadt deportiert. Von dort wurden zunächst ihre Eltern, dann, im Herbst 1944, ihr Ehemann František ins Vernichtungslager Auschwitz geschafft. Lisa Miková meldete sich kurz später freiwillig für einen Frauentransport. Detailansicht öffnen Lisa Miková im Jahre 1939. Damals erlebte sie, wie die Wehrmacht in Prag einmarschierte. Die Deutschen enteigneten sofort das Geschäft ihres Vaters. (Foto: oh) Welche Qualen Lisa Miková durchlebte und wie sie überlebte, schildert sie immer wieder tschechischen und deutschen Schülern. Die agile Seniorin engagiert sich unter anderem in der Stiftung Brücke/Most, die sich für die deutsch-tschechische Verständigung einsetzt. Frau Miková lebt bis heute in ihrer Wohnung in der Prager Altstadt. Dort wurde der folgende Bericht aufgezeichnet. Ihre Schilderungen beginnen mit dem Transport vom Konzentrationslager Theresienstadt nach Auschwitz. "Am 28. September 1944 verließ der Transport, in dem sich mein Mann befand, das Lager Theresienstadt. 5000 Männer wurden damals weggebracht. Zwei Tage später ließ die SS verlauten, dass sich zu diesen 5000 Männern 1000 Frauen melden könnten - Mütter und Gattinnen samt Kindern. Damals ließ ich natürlich sämtliche Versprechen außer Acht, die ich meinen Eltern gegeben hatte, wonach ich unbedingt in Theresienstadt hätte bleiben sollen. Aber ich wollte zu meinem Mann. Also habe ich mich freiwillig gemeldet. Am 2. Oktober fuhren wir los - nicht in Güterwaggons, sondern in einem normalen Personenzug. Wir waren in Hochstimmung. Wohin wir gebracht werden, wussten wir nicht. Nach etwa einem Tag Fahrzeit kamen wir an, es war etwa neun oder zehn Uhr abends. Da war kein Bahnhof, sondern nur viele Gleise auf einem großen Platz, der von Scheinwerfern erhellt war. Eine Menge SS-Leute stand herum. Und Männer, deren Kleidung und Kappen seltsam gestreift waren. Mütter, Kinder, Ältere - sofort ins Gas Diese Männer - es waren Polen - sind in den Zug hereingekommen. Sie schrien: 'Alles raus, alles aussteigen, Gepäck bleibt im Zug!' Und danach: 'Ihr könnt arbeiten, Kinder könnt ihr sowieso nicht retten'. Wir wunderten uns. Diese Männer sprachen Polnisch - wir konnten sie verstehen. Aber wir wussten nicht, was sie meinten - und dachten, wir hätten uns verhört. Wir stiegen aus und stellten uns in einer Fünferreihe auf. Da kamen die SS-Leute an. Einer hatte eine Reitpeitsche dabei, er ging auf und ab. Das war Doktor Mengele, aber das erfuhr ich erst später. Dann wurde sortiert: Die eine nach links, die andere rechts. Ich stand ziemlich weit hinten und konnte sehen, wer zur einen und wer zur anderen Seite ging. Nach links gingen die jungen Frauen, die gutaussehenden. Rechts gingen ältere Frauen und Mütter mit Kindern. Frau mit Brille? Rechts. Ins Gas! "Wo sind wir eigentlich?" Ein Hin- und Herlaufen war unmöglich, es wurde gleich geschossen. Es wurde erklärt, diejenigen, die nach rechts gingen, kommen in ein besonderes Lager, wo sie nicht arbeiten müssten. Dort bekämen die Kinder auch Milch. Mindestens ein Viertel der Frauen ging nach rechts. Sie mussten in Lastwagen steigen und wurden weggefahren. Sie kamen sofort ins Gas. Die Selektion an der Rampe ging recht schnell, 1000 Frauen wurden schnell verteilt. Ich musste nach links gehen. Wir wurden stark bewacht abgeführt auf einem Weg, der von Draht gesäumt war - ein Zaun, der unter Hochspannung stand. 'Wo sind wir eigentlich?', haben wir die Polen gefragt. Dann hörte ich zum ersten Mal den Namen des Ortes: Auschwitz.
Transport im Viehwaggon, Fleischgeruch in der Luft, Selektion mit Doktor Mengele: Holocaust-Überlebende Lisa Miková erinnert sich an das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/kz-auschwitz-zeitzeugin-mikova-frauen-mit-brille-ins-gas-1.948570
So war Auschwitz: Erinnerungen einer Holocaust-Überlebenden
00/01/2010
Marmorner Zebrastreifen, pompöse Gebäude: Sindelfingen galt - auch dank Daimler - einst als reichste Kommune Europas. Gerade deswegen ist die Stadt jetzt klamm. Die Kassen deutscher Städte sind leer - mit zum Teil skurrilen Ideen wollen sie sich aus der Krise kämpfen. sueddeutsche.de stellt in einer Serie besondere Kommunen und kreative Sparpläne vor. Detailansicht öffnen Protest in Sindelfingen: Viele Bürger wollen die geplante Schließung der Klostergartenschule nicht hinnehmen. (Foto: Foto: buergerentscheid-klostergarten.de) 25 statt 26 Grad! Auch die Wassertemperatur in Sindelfingens opulentem Bäderzentrum senkte die Kommune ab, um Geld zu sparen - und die Finanzen der Daimler-Stadt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Der verzweifelte Versuch der Haushaltskonsolidierung vor drei Jahren scheiterte allerdings jämmerlich: "Das ging in die Hosen - da machten unsere Frühschwimmer nicht mit", sagt Betriebsleiter Thomas Renz. Die Wassertemperaturen sind inzwischen wieder da, wo sie waren. Die Finanzprobleme der württembergischen 60.000-Einwohner-Stadt bei Stuttgart allerdings auch: An allen Ecken und Enden fehlt das Geld. Ende November des vergangenen Jahres paukte der Gemeinderat daher eine neue Sparmaßnahme durch: Die Klostergartenschule, eine der vier Hauptschulen in Sindelfingen, soll zum Schuljahr 2012/13 geschlossen werden. Geballter Volkszorn Inzwischen formiert sich in Sindelfingen aber so etwas wie geballter Volkszorn - die Bürger haben aus den Erfahrungen der Frühschwimmer gelernt: Sparen, schön und gut - aber nicht mit uns. Und so erlebt die Heimatstadt des erfolgreichen Hollywood-Regisseurs Roland Emmerich derzeit ungewohnte Meutereien: Am Tag bevor der Gemeinderat das Aus für die Klostergartenschule beschloss, zogen 300 Schüler, Eltern, Lehrer und Unterstützer von der Schule durch die Innenstadt zum Rathaus, wo sie eine Kundgebung veranstalteten und 2500 Unterschriften gegen die Schließung an Sindelfingens Oberbürgermeister Bernd Vöhringer übergaben. Nach mehreren Straßenaktionen, einer Lichterkette und einem kämpferischen Weihnachtsgottesdienst hatte die Bürgerbewegung Anfang Januar knapp 5400 Unterschriften gegen die Abwicklung der Schule zusammengetragen, was Bernd Laurer frohlocken ließ: "Wir haben das Ziel erreicht", triumphierte der Sprecher der Bürgerbewegung. Denn um einen Bürgerentscheid zu erzwingen, der den Gemeinderatsbeschluss aufheben könnte, wären nach geltendem Recht sogar nur etwa 4200 Stimmen notwendig gewesen. Die Gemeinde gibt sich aber nicht geschlagen. Sie prüft erst noch, wie viele Unterschriften durchs Raster fallen - außerdem hegt sie rechtliche Zweifel, ob die Schließung einer Schule überhaupt durch einen Bürgerentscheid verhindert werden kann. Die finanzielle Not ist schließlich groß in Sindelfingen. Im vergangenen Jahr brachte die Stadt keinen genehmigungsfähigen Haushalt zusammen, weil sich zunächst ein Budgetloch von 38 Millionen Euro auftat. Der Grund: An einen einzelnen Gewerbesteuerzahler der Stadt waren seit 2008 in jedem Jahr enorme Rückzahlungen zu leisten - insgesamt 80 Millionen Euro. "Ich glaube sie müssen in Deutschland weit gehen, bevor sie einen negativen Gewerbesteueransatz finden", sagt dazu Albrecht Reusch, Leiter des Amtes für Finanzen. Ausgehöhltes Ergebnis Offiziell dringt aus der Sindelfinger Verwaltung kein Sterbenswörtchen darüber, bei welchem Gewerbesteuerzahler die Kommune so tief in der Kreide steht - das Steuergeheimnis gilt auch in schwierigen Zeiten. Aber jedem ist klar, dass es sich bei dem Gläubiger nur um die Daimler AG handeln kann, die am Ort ihr weltweit größtes Werk mit 27.000 Beschäftigten unterhält. Das Kuriose daran: Wieso ist eine Kommune bei einem bei ihr angesiedelten Weltkonzern verschuldet? Müsste es nicht umgekehrt sein? Die Antwort auf die Frage könnte mit dem Kern der Finanzprobleme zu tun haben, mit denen heute so viele Gemeinden kämpfen: Steuerschlupflöcher in einer globalisierten Welt: "Deutschlands Unternehmen verstehen es mittlerweile sehr gut, ihr Ergebnis im Inland auszuhöhlen und die Steuerlast in Länder zu verschieben, in denen der Fiskus nicht so hart zuschlägt", sagt dazu Frank Hechtner, Steuerexperte an der Freien Universität Berlin. Ob Daimler in Sindelfingen diese Möglichkeiten ebenfalls regelmäßig ausreizt, ist offiziell nicht bekannt. Der Konzern selbst macht kein Geheimnis daraus, dass er hinter dem Rückzahlungsanspruch in Sindelfingen steht und verweist auf die Finanzkrise: "Unser Ergebnis brach 2008 massiv ein. Auf Grund der sprudelnden Gewinne des Geschäftsjahres 2007 hatten wir einen hohen Millionenbetrag als Steuervorauszahlung geleistet, den wir nach dem Ergebniseinbruch des Folgejahres zurückverlangt haben", sagt eine Sprecherin. Über weitere mögliche Gründe für die enormen Rückzahlungsansprüche wird in Sindelfingen dennoch spekuliert. Unternehmerische Abenteuer der früheren Welt AG oder mögliche Bilanztricks hätten in diesem Fall jedoch keine Rolle gespielt, versichert Daimler - aber bei manchem Sindelfinger bleiben dennoch Zweifel bestehen. Wenn Millionen wenig werden Dabei hat Sindelfingen Daimler auch enorm viel zu verdanken - wegen des Konzerns genoss die Stadt in den achtziger Jahren das Privileg, die reichste Stadt Europas zu sein. Damals sprudelten die Gewerbesteuereinnahmen noch in dreistelliger Millionenhöhe - die Kommune wusste gar nicht, wohin mit dem Geld: Marmorne Zebrastreifen wurden verlegt, Hallenbäder und Sportstätten mit Großstadtniveau aus dem Boden gestampft. Der fiskalische Niedergang Sindelfingens begann in dem Moment, als es den Unternehmen offenbar immer besser gelang, Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen und die Gewerbesteuern in der Konsequenz auszutrocknen: Kam Sindelfingen 1986 noch auf Einnahmen aus diesem Bereich von 136 Millionen Euro, so überstiegen die Einnahmen seit den neunziger Jahren kaum noch die 40-Millionen-Euro-Marke. Für eine Stadt mit einem der größten Badezentren Süddeutschlands, einer Veranstaltungshalle mit 5000 Sitzplätzen und topausgestatteten Schulen ist das wenig Geld.
Marmorner Zebrastreifen, pompöse Gebäude: Sindelfingen galt - auch dank Daimler - einst als reichste Kommune Europas. Gerade deswegen ist die Stadt jetzt klamm.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/kommunen-in-not-3-sindelfingen-jenseits-goldener-zeiten-1.60894
Kommunen in Not (3): Sindelfingen - Jenseits goldener Zeiten
00/01/2010
Wenn an diesem Montag die Landesvorsitzenden der Linken über die Nachfolger der derzeitigen Chefs Lothar Bisky und Oskar Lafontaine sowie des Bundesgeschäftsführers Dietmar Bartsch beraten, geht es nicht nur darum, wer die Partei führen soll. Es geht auch um die künftige Ausrichtung und Stärke einer Partei, die vor allem von Lafontaine zusammengehalten worden war. Ihm war es schließlich vor fünf Jahren gelungen, aus der ostdeutschen PDS und der westedeutschen WASG eine Partei zu formen. Eine Partei allerdings, die zerrissen ist in Ost und West, in Regierungswillige und ewige Oppositionelle, in Realos und Ideologen, in gemäßigte und radikale Linke. Wir stellen mögliche Kandidaten vor. Stimmen Sie ab: Wen halten Sie für geeignet und wen für unfähig? Kampf um Lafontaines Erbe: Gregor Gysi Sollte überhaupt jemand die Partei alleine führen, wie es sich viele Ostdeutsche wünschen, käme dafür wohl nur der 62-jährige Gregor Gysi in Betracht. Er ist nach Lafontaine einer der bekanntesten Politiker der Linken und derzeit Fraktionsvorsitzender der Partei im Bundestag. Allerdings ist der ehemalige PDS-Vorsitzende und Rechtsanwalt nach drei Herzinfarkten gesundheitlich angeschlagen. Wahrscheinlich wäre deshalb, dass er die zerstrittene Partei nur übergangsweise führt. Doch noch ist nicht klar, ob eine Person allein die Partei führen soll oder eine Doppelspitze. Viele Linke wünschen sich ein Duo aus einem westdeutschen und einem ostdeutschen Politiker, Mann und Frau. Foto: Getty Images
Oskar Lafontaine gibt den Parteivorsitz der Linken ab - und seine Kollegen streiten, wer ihn beerben soll. sueddeutsche.de stellt die derzeit aussichtsreichsten Anwärter für Führungsaufgaben vor. Mit Vote.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/personaldebatte-bei-der-linken-wer-kommt-nach-lafontaine-1.70041
Personaldebatte bei der Linken - Wer kommt nach Lafontaine?
00/01/2010
Das Portrait von 1791 zeigt Haitis Nationalhelden François-Dominique Toussaint L'Ouverture. Er war einer der Anführer der Revolution in Haiti und Autor der ersten Verfassung. Die Wurzeln des Elends liegen in der Vergangenheit. Haiti bezahlt immer noch für seine Befreiung vor 200 Jahren. Auch damals nahmen die Wichtigen der Welt den Insel-Staat nicht ernst. Am vergangenen Wochenende schickte der britische Architekt und Gründer der Organisation Architecture for Humanity eine atemlose, verzweifelte E-Mail an seine Freunde und Unterstützer. "Nicht Erdbeben, sondern Gebäude töten Menschen" schrieb er in die Betreffzeile. Damit brachte er auf den Punkt, was auch der Geologe und Autor Simon Winchester oder der Urbanist Mike Davis immer wieder geschrieben haben - es gibt keine Naturkatastrophen. Es gibt nur gewaltige Naturereignisse, die tödliche Folgen haben. Die Konsequenz aus dieser Schlussfolgerung ist die Schuldfrage. Einfach lässt sie sich beantworten: Gier und Korruption sind fast immer die Auslöser einer Katastrophe. In Haiti aber liegen die Wurzeln der Tragödie tief in der Geschichte des Landes. Diese begann nach europäischer Rechnung im Jahre 1492, als Christopher Kolumbus auf der Insel landete, die ihre Ureinwohner Aytí nannten. Kolumbus benannte die Insel in Hispaniola um und gründete mit den Trümmern der gestrandeten Santa Maria die erste spanische Kolonie in der Neuen Welt. Ende des 17. Jahrhunderts besetzten französische Siedler den Westen der Insel, den Frankreich 1691 zur französischen Kolonie Sainte Domingue erklärte. Ideale der Französischen Revolution Gut hundert Jahre währte die Herrschaft der beiden Kolonialherren über die geteilte Insel. "Saint Domingue war die reichste europäische Kolonie in den Amerikas", schrieb der Historiker Hans Schmidt. 1789 kam fast die Hälfte des weltweit produzierten Zuckers aus der französischen Kolonie, die auch in der Produktion von Kaffee, Baumwolle und Indigo Weltmarktführer war. 450000 Sklaven arbeiteten auf den Plantagen, und sie erfuhren bald vom neuen Geist ihrer Herren. Die Französische Revolution brachte die Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in die Karibik. Im August 1791 war es so weit. Der Voodoo-Priester Dutty Boukman rief während einer Messe zum Aufstand. Einer der erfolgreichsten Kommandeure der Rebellion war der ehemalige Sklave François-Dominique Toussaint L'Ouverture, nach dem heute der Flughafen von Port-au-Prince benannt ist. 1801 gab Toussaint dem Land seine erste Verfassung, die gleichzeitig eine Unabhängigkeitserklärung war. Für Napoleon sollte Haiti eine Schmach bleiben. Daraufhin sandte Napoleon Bonaparte Kriegsschiffe und Soldaten. Toussaint wurde verhaftet und nach Frankreich gebracht, wo er im Kerker starb. Doch als Napoleon im Jahr darauf die Sklaverei wieder einführen wollte, kam es erneut zum Aufstand. Verzweifelt baten die französischen Truppen im Sommer 1803 um Verstärkung. Da aber hatte Napoleon schon das Interesse an der Neuen Welt verloren. Im April hatte er seine Kolonie Louisiana an die Nordamerikaner verkauft, ein Gebiet, das rund ein Viertel des Staatsgebietes der heutigen USA umfasste. Für Napoleon sollte Haiti eine Schmach bleiben. Am 1. Januar 1804 erklärte der Rebellenführer Jean-Jacques Dessalines, die ehemalige Kolonie heiße nun Haiti und sei eine freie Republik. Der erste und bis zur Abschaffung der Sklaverei einzige erfolgreiche Sklavenaufstand der Neuen Welt war ein Schock für die Großmächte der Kolonialära, die ihren Reichtum auf der Sklaverei gegründet hatten. Ein Handel, der die Geschichte Haitis bis heute bestimmt Die Freiheit hatte ihren Preis. Ein Großteil der Plantagen war zerstört, ein Drittel der Bevölkerung Haitis den Kämpfen zum Opfer gefallen. Vor allem aber wollte keine Kolonialmacht die junge Republik anerkennen. Im Gegenteil -die meisten Länder unterstützten das Embargo der Insel und die Forderungen französischer Sklavenherren nach Reparationszahlungen. In der Hoffnung, als freie Nation Zugang zu den Weltmärkten zu erhalten, ließ sich die neue Machtelite Haitis auf einen Handel ein, der die Geschichte der Insel bis heute bestimmt. Mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Sieg der Rebellen entsandte König Karl X. seine Kriegsschiffe nach Haiti. Ein Emissär stellte die Regierung vor die Wahl: Haiti sollte für die Anerkennung als Staat 150 Millionen Francs bezahlen. Sonst würde man einmarschieren und die Bevölkerung erneut versklaven. Haiti nahm Schulden auf und bezahlte. Bis zum Jahre 1947 lähmte die Schuldenlast die haitianische Wirtschaft und legte den Grundstein für Armut und Korruption. 2004 ließ der damalige haitianische Präsident Jean-Bertrand Aristide errechnen, was diese "Reparationszahlungen" für Haiti bedeuteten. Rund 22 Milliarden amerikanische Dollar Rückzahlung forderten seine Anwälte damals von der französischen Regierung. Vergebens. Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Haiti von den Akteuren der Weltbühne geschnitten wurde.
Die Wurzeln des Elends liegen in der Vergangenheit. Haiti bezahlt immer noch für seine Befreiung vor 200 Jahren. Auch damals nahmen die Wichtigen der Welt den Insel-Staat nicht ernst.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/geschichte-von-haiti-napoleons-schmach-1.67062
Geschichte von Haiti - Napoleons Schmach
00/01/2010
Neue Köpfe und alte Bekannte: Die neue Regierungsmannschaft von Angela Merkel hielt einige Überraschungen parat. Mittlerweile haben sich die Minister in ihrem neuen Job eingefunden - die einen mit mehr, die anderen mit weniger Erfolg. KANZLERIN: Angela Merkel (55, CDU) Angela Merkel ist jetzt da, wo sie schon 2005 hin wollte: Sie ist Kanzlerin einer schwarz-gelben Koalition. Allerdings gehört sie auch zu denen in der Union, die die große Koalition mit der SPD in den vergangenen vier Jahren schätzen gelernt haben. Am Ende wurde spekuliert, sie hätte lieber mit der SPD weiterregiert, als mit der FDP einen unwägbaren Neuanfang zu starten. Wie unwägbar dieser Neuanfang werden sollte, hätte aber wohl auch die weitsichtigste Kanzlerin nicht erahnen können. An Streit und Meinungsverschiedenheiten zwischen CDU, CSU und FDP mangelt es nicht. Vermisst wird: eine Kanzlerin mit Mut zum Machtwort. Foto: ddp
Schwarz-Gelb ist noch nicht jene Traumkoalition, die sich die Beteiligten erhofft hatten. Welche Minister aus Merkels Regierungsmannschaft leisten trotzdem gute Arbeit? Und welche sind Fehlbesetzungen? Stimmen Sie ab!
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/schwarz-gelbes-kabinett-merkels-mannschaft-im-test-1.63927
Schwarz-gelbes Kabinett - Merkels Mannschaft im Test
00/01/2010
Es knirscht in der schwarz-gelben Koalition. Obwohl dem Koalitionsvertrag intensive Verhandlungen vorausgegangen sind, obwohl die Parteien inzwischen drei Monate Zeit hatten, sich zusammenzuraufen. Es knirscht so sehr, dass sich die Parteichefs von CDU, CSU und FDP noch Mitte Januar treffen wollen, um den Motor wieder zum Laufen zu kriegen. Die fünf größten Konflikte im Überblick: Steuersenkung Der Konflikt: Um 24 Milliarden Euro pro Jahr sollen die Bürger entlastet werden. So steht es im Koalitionsvertrag. Spätestens zum Ende der Legislaturperiode soll das Ziel erreicht sein. Das umstrittene "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" - seit Jahresanfang in Kraft - ist der erste Schritt. Weitere sollen folgen. Die CSU aber will davon plötzlich nichts mehr wissen. 24 Milliarden seien zu viel. Sie sieht noch maximal Spielraum für 15 Milliarden, wovon gut die Hälfte mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz schon abgedeckt sei. Die Lösung: Entlastungen wird es geben, auch wenn sich der Staat das eigentlich nicht leisten kann. Aber womöglich werden die Entlastungsschritte gestreckt werden. Die angestrebte Gesamtjahresentlastung von 24 Milliarden könnte dann erst 2012 oder 2013 erreicht werden und vielleicht auch um die ein oder andere Milliarde geringer ausfallen. Wenn die Konjunktur nicht spürbar anzieht, das weiß auch die FDP, steht ohnehin alles in Frage. Foto: dpa
Die Koalitionäre zoffen im neuen Jahr munter weiter. Bald treffen sich die Parteichefs zum Krisengipfel. sueddeutsche.de zeigt die größten Konflikte - und mögliche Lösungen.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/schwarz-gelber-koalitionskrach-die-fuenf-dicksten-brocken-1.69234
Schwarz-gelber Koalitionskrach - Die fünf dicksten Brocken
00/01/2010
Sind deutsche Politiker käuflich? Die Debatte um Parteispenden ist im vollen Gange - ausgelöst durch die Spende des Hotel-Unternehmers August Baron von Finck (hier mit seiner Frau Francine), der der FDP zwischen 2008 und 2009 ingesamt 1,1 Millionen Euro überwiesen hatte. Und der sich nach der Wahl freuen durfte, dass die schwarz-gelbe Regierung den Mehrwertsteuersatz auf Hotelübernachtungen senkte. Die Grünen fordern nun, Parteispenden zu begrenzen. Die Linkspartei will sie gleich ganz verbieten. Beide Parteien sehen allerdings auch kaum etwas von dem Geldregen - CDU und FDP hingegen käme ein Verbot teuer zu stehen. Sie profitieren ganz wesentlich von der finanziellen Zuwendungen von Industriellen, Verbänden und Einzelpersonen. Wer sind die Menschen, die der Politik Hunderttausende Euro schenken? Ein Überblick in Bildern. Foto: dpa
Sind deutsche Politiker käuflich? Der Streit um Parteispenden ist entfacht, die Finck-Affäre belastet die FDP. Doch der Hotelunternehmer ist nicht der Einzige, der kräftig Geld in die Politik steckt. Ein Überblick in Bildern.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/umstrittene-parteispenden-deutschland-deine-spender-1.71490
Umstrittene Parteispenden - Deutschland, deine Spender
00/01/2010
Das Projekt A400M steht auf der Kippe - wieder einmal. Der Hersteller Airbus möchte von den Käufern Geld sehen, sonst - so die Drohung - wird der Militärflieger aufgegeben. Nun treffen sich die Staatssekretäre der Abnehmerstaaten, um ihr weiteres Vorgehen zu beraten. Hinter allen Beteiligten liegt ein jahrelanger Kampf um Geld, Macht und Technik. Die Geschichte eines Pannenfliegers. 1991 Am Anfang steht ein Problem - und das heißt Transall C-160 (Foto). Der von Franzosen und Deutschen gemeinsam entwickelte Militärtransporter entstand bereits Ende der fünfziger Jahre und war entsprechend veraltet. Im Rahmen des aktuellen Afghanistan-Einsatzes fliegen 40 Jahre alte Maschinen an den Hindukusch, lästert die Zeit - weil die Reichweite der Transporter zu gering ist, geht das nur mit Zwischenstopp. Ein neuer Flieger muss her - und um den zu entwickeln, wird im Jahr 1991 der europäische Herstellerverbund Euroflag gegründet. Jahre später setzt London eine Ausschreibung durch, zu der die Hersteller Airbus, Boeing, Lockheed und später Iljuschin zugelassen werden. Transall-Maschinen auf dem Fliegerhorst Wunstorf bei Hannover; Foto: AP
Der A400M steht auf der Kippe - wieder mal. In London beraten die Käuferstaaten, ob sie Hersteller Airbus entgegenkommen. Endet das Projekt in einem Fiasko? In Bildern.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/airbus-pannenflieger-a400m-pleiten-pech-und-peinlichkeiten-1.65920
Airbus: Pannenflieger A400M - Pleiten, Pech und Peinlichkeiten
00/01/2010
Die Weltspitze spielt ohne Deutschland: Nur vier deutsche Firmen haben es in die Top 100 der wertvollsten Unternehmen geschafft. Asiatische Firmen sind die Gewinner. Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young haben die teuersten Unternehmen der Welt ermittelt: In den Top 100 finden sich nur noch vier deutsche Konzerne. Im vergangenen Jahr waren es acht Unternehmen. In anderen Ländern sei die Erhohlung der Aktienmärkte stärker gewesen, heißt es in der Studie. Das schwache Abschneiden der deutschen Konzerne wundert selbst die Herausgeber. Anführer der Hitparade und damit das wertvollste Unternehmen der Welt ist der chinesische Ölkonzern Petrochina, dessen Marktkapitalisierung mit etwa 353 Milliarden Dollar angegeben wird. Diese Zahl spiegelt wider, was ein Konzern an der Börse wert ist. Foto: AFP
Die Weltspitze spielt ohne Deutschland: Nur vier deutsche Firmen haben es in die Top 100 der wertvollsten Unternehmen geschafft. Asiatische Firmen sind die Gewinner. Ein Überblick in Bildern.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/die-wertvollsten-unternehmen-der-welt-deutschland-stuerzt-ab-1.72504
Die wertvollsten Unternehmen der Welt - Deutschland stürzt ab
00/01/2010
Bei der Hilfe für die Erdbebenopfer in Haiti sind die Anfangsprobleme nach Worten von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon überwunden. "Ich weiß, dass es in den ersten Tagen gewisse Verzögerungen gab. Aber mittlerweile haben wir ein sehr effektives System aufgebaut, um Engpässe zu umgehen", sagte Ban in New York nach einem Gottesdienst für die Zehntausenden Toten in Haiti. Haitianer warten in der zerstörten Stadt Leogane vor den Toren der Hilfsorganisationen auf Hilfe. "Die Haitianer sind nicht gewaltsam ­- sie sind nur hungrig. Wir sind hierhergekommen, um ihnen Essen zu bringen", sagte ein Rettungsarbeiter aus den USA. Quelle: dpa, Foto: getty
Die Hoffnung, Überlebende zu finden, schwindet mit jedem Tag - doch die Suche hört nicht auf. Und manchmal geschehen kleine Wunder im zerstörten Haiti.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/haiti-nach-dem-beben-wunder-inmitten-der-katastrophe-1.51782
Haiti nach dem Beben - Wunder inmitten der Katastrophe
00/01/2010
Hamburger SV - VfL Wolfsburg (Freitag, 20.30 Uhr) Bruno Labbadia hat vor der Partie gegen Wolfsburg keine leichte Aufgabe. Der Trainer des HSV muss seine Mannschaft auf ein Spiel vorbereiten, das - überspitzt gesagt - in Hamburg diese Woche niemanden interessierte. Die Hansestadt schwankte hin und her zwischen Euphorie und Ratlosigkeit, zwischen der Begrüßung des Heilsbringers Ruud van Nistelrooy und der Anteilnahme am Schicksal von Paolo Guerrero, der noch immer in Peru sitzt und wegen seiner Flugangst Flieger um Flieger Richtung Deutschland ziehen lässt. Mit der Partie gegen Wolfsburg hat beides nichts zu tun: Guerrero wird nicht pünktlich kommen, und van Nistelrooy befindet sich noch im Aufbautraining. Vielleicht beruhigt es Bruno Labbadia, dass Lorenz-Günther Köstner in Wolfsburg keine weniger turbulente Woche hinter sich hat. Der Trainer der zweiten Mannschaft wurde nach der Entlassung von Armin Veh vom Gardasee in die VW-Chefetage gerufen und steht nun vor seinem ersten Spiel als Interimstrainer bei den Wölfen, die seit sieben Partien nicht mehr gewonnen haben und weiterhin auf Torhüter Diego Benaglio (Knieprobleme) verzichten müssen. Auch der brasilianische Defensivmann Rever kommt noch nicht zum Einsatz: Der Fünf-Millionen-Euro-Einkauf brach sich am Sonntag im letzten Spiel für seinen bisherigen Verein Gremio Porto Alegre die Hand und fällt drei Wochen aus. Foto: Getty Texte: Christian Aichner, Johannes Aumüller, Fabian Heckenberger, Jürgen Schmieder
Warum van Gaal nicht mehr über Ribéry sprechen will, sich Freiburg über ein 1:4 sogar freuen dürfte und Gladbach nach allen Regeln der Logik verlieren muss. Die Vorschau auf den 20. Spieltag.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-vorschau-20-spieltag-das-leid-des-generals-1.70386
Bundesliga-Vorschau, 20. Spieltag - Das Leid des Generals
00/01/2010
SC Freiburg - VfB Stuttgart (Freitag, 20.30 Uhr) Das Derby im Abstiegskampf verspricht Spannung pur. Aber Robin Dutt will lieber keinen Druck auf seine Mannschaft ausüben: "Wir halten uns nun seit Monaten konstant über dem Strich", freut er sich lieber über den 15. Tabellenplatz, auf dem Freiburg steht. Stuttgart sei Favorit, auch wenn beide Mannschaften nur ein Punkt voneinander trennt: "Wir werden elf gute Einzelleistungen brauchen, um Stuttgart zu schlagen." Auch die Statistik spricht gegen die Breisgauer: Freiburg hat seit vier Spielen keinen Sieg mehr eingefahren, ist außerdem die schlechteste Heimmannschaft der Liga, während in Stuttgart die Ergebnisse seit dem Trainerwechsel kurz vor der Winterpause wieder stimmen. In den vergangenen vier Spielen mussten die Schwaben (im Bild Roberto Hilbert) keine Niederlage hinnehmen. Dennoch warnt Manager Horst Heldt vor einer übermäßigen Euphorie - und dem Gegner: "Wir sind noch nicht über den Berg. Mit einer Niederlage in Freiburg sind wir schnell wieder unten drin." Foto: dpa
Der FC Bayern freut sich auf die Rückkehr von Rib & Rob, auf Schalke löst sich ein Problem fast wie von selbst, und Mats Hummels greift Maik Franz an. Die Vorschau auf den 19. Spieltag.
sport
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Bundesliga-Vorschau, 19. Spieltag - Robbens Rat für Ribéry
00/01/2010
Von den Nutella-Boys zu den "Nulltella-Boys" - meist folgt auf die Schokoladentage im DFB-Team der große Knick. Haben Özil, Neuer, Höwedes und Hummels jetzt mehr Glück? Der Flügelflitzer. Pünktlich zum Start des WM-Jahres wird bei der Nationalmannschaft wieder ordentlich aufgestrichen - und zwar die braune Schokocreme von Nutella. Und weil die Frühstücksveredler für ihre Werbekampagnen nicht irgendwelche mürrischen Morgenmuffel ins Boot holen, gibt's ab 24. Januar wieder einmal unverbrauchte, junge Gesichter in TV-Spots zu sehen: Manuel Neuer, Benedikt Höwedes, Mats Hummels und Mesut Özil sind die neuen Nutella-Boys. Mit der U-21-Version der Schoko-Bande setzt Nutella sein Pennäler-Plattitüden-Projekt fort und das, obwohl weder der Schalker Höwedes noch der Dortmunder Hummels bisher im A-Team des DFB gespielt haben. Ob das eine gute Idee ist, wird sich zeigen. Bisher lag auf den Nutella-Boys nämlich eine Art Fluch: Die meisten von ihnen hatten nach ihren ersten Schokoladentagen ziemlich schnell abgefrühstückt in der Nationalmannschaft. Foto: obs/Ferrero MSC GmbH & Co. KG
Von Nutella-Boys zu "Nulltella-Boys" - auf die Schoko-Tage beim DFB folgt oft der große Knick. Wie wird's bei Neuer, Özil, Höwedes und Hummels?
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/fluegelflitzer-der-nutella-fluch-die-abgefruehstueckten-fussballer-1.56152
Flügelflitzer: Der Nutella-Fluch - Die abgefrühstückten Fußballer
00/01/2010
Van Bommel läuft weniger als die Mannschaftsärzte, Klose klaut Gomez ein Tor, und Butt sollte das Zeitunglesen aufhören. Die Bayern, die gegen Hoffenheim 2:0 siegten, in der Einzelkritik. Jörg Butt: Muss fast täglich in den Zeitungen lesen, an welchem Torwart der FC Bayern für die kommende Saison dran sei, am Freitag war es mal wieder der Name von Samir Handanovic von Udinese Calcio. Spielt aber so, dass man sich fragen muss, warum der FC Bayern für die kommende Saison einen Torwart sucht. War zwar nur selten gefordert, dann aber stets reaktionsschnell und auf dem Posten. Leistete sich lediglich kurz vor Schluss bei einem Rückpass eine kleine Unsicherheit. Foto: dpa
Van Bommel läuft weniger als die Mannschaftsärzte, Klose klaut Gomez ein Tor, und Butt sollte das Zeitunglesen aufhören. Die Bayern in der Einzelkritik.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/bayern-muenchen-einzelkritik-das-quartett-der-harten-1.69939
Bayern München: Einzelkritik - Das Quartett der Harten
00/01/2010
Udo Lattek wundert sich selbst über seinen Werdegang. Er "kam aus dem Nichts" und wurde zum erfolgreichsten deutschen Trainer. An diesem Samstag wird er 75. Seine Karriere in Bildern Unter Bundestrainer Helmut Schön (Mitte) war Udo Lattek (links) Kotrainer. Mit 30 machte er den DFB-Trainerlehrgang, Helmut Schön suchte gerade einen Assistenten. Lattek wurde von Gladbachs Trainer Hennes Weisweiler empfohlen: "Ich habe da noch einen Jungen, der ist zwar Student und kein Fußballer, aber der kann das." Vom "Bauernsohn", wie er sich selbst nennt, auf die DFB-Trainerbank: Lattek wundert sich im Rückblick selbst über seinen Werdegang. "Ich bin aus dem Nichts gekommen, außer dem, was ich kann, habe ich nichts mitgebracht. Ich habe dem Fußball alles zu verdanken." Aber auch der deutsche Fußball ... Foto: Imago Texte: Christian Aichner
Udo Lattek wundert sich selbst über seinen Werdegang. Er "kam aus dem Nichts" und wurde zum erfolgreichsten deutschen Trainer. Seine Karriere in Bildern
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/udo-lattek-wird-75-vom-bauernsohn-zum-fussball-philosophen-1.71966
Udo Lattek wird 75 - Vom Bauernsohn zum Fußball-Philosophen
00/01/2010
Am Freitag startet die Bundesliga mit der Partie des FC Bayern gegen die TSG Hoffenheim (im Bild eine Szene aus dem Hinspiel) in die Rückrunde. Schon vor dem ersten Anpfiff lässt sich erahnen, dass dies eine Rückrunde wird, die sich liebgewonnenen Klischees verweigert. Bislang durfte Deutschland davon ausgehen, dass entweder die beste Abwehr, der beste Sturm, die besten Führungsspieler oder im Zweifel die besten deutschen Tugenden die Meisterschaft entscheiden. Ein Blick auf die Kader der Titelkandidaten zeigt, dass die Bundesliga in ihrer 47. Saison etwas völlig Neues erleben könnte: Diesmal könnte die Jugend den Ausschlag geben. Die Einführung der Jugendinternate in den Klubs und ein Mentalitätwandel in der Liga haben dazu geführt, dass die Generation Internat flächendeckend in der Ligaspitze angekommen ist. Die SZ prüft das Jugendpotential der Spitzenklubs und untersucht, welche Jugendlichen schon titelreif sind. Foto: Getty Teaserfoto: Manuel Neuer, Benedikt Höwedes, Mats Hummels und Mesut Özil, die neuen "Nutella-Boys"
Jugend als Tugend: Noch nie zuvor spielten Talente im Meisterschaftskampf eine so maßgebliche Rolle wie in diesem Jahr. Ein Überblick zum neuen Jugendstil.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-bundesliga-trau-keinem-ueber-23-1.53091
Fußball-Bundesliga - Trau keinem über 23
00/01/2010
FC Bayern München - TSG 1899 Hoffenheim (Fr. 20:30 Uhr) Den einzigen Test in der Winterpause konnte der FC Bayern in Basel gewinnen, auch wenn Mario Gomez das nicht so sieht. In der tz sagte der Stürmer: "Wir können nicht zufrieden sein. Wir haben das Spiel verloren, die andere Mannschaft hat dann das Spiel gewonnen." Gemeint war die zweite Garnitur mit dem Doppeltorschützen Miroslav Klose, die das 0:1 in ein 3:1 verwandelt hatte. Louis van Gaal war zufrieden mit der Vorbereitung. Mit einem Sieg im Freitagsspiel können die Münchner nach über einjähriger Absenz wieder auf den ersten Tabellenplatz gelangen und Leverkusen sowie Schalke unter Druck setzen: "Das wäre auch psychologisch wichtig. Wir können ein bisschen Angst verbreiten", sagt der Trainer (Bild). Die Hoffenheimer zittern aber (noch) nicht vor den Münchnern: "Auch die 15 Tore der Bayern in den letzten vier Spielen machen mir keine Angst", sagte Torwart Timo Hildebrand tollkühn - und sieht die Chance auf einen Sieg. Die sieht auch Trainer Ralf Rangnick, zu gut lief die eigene Vorbereitung: "Meine Jungs sind mit besseren Laktatwerten zurückgekommen, als sie sich vor Weihnachten verabschiedet haben." Das trifft auch auf Carlos Eduardo zu, dessen Einsatz aber fraglich ist. Er plagt sich mit einer Patellasehnenentzündung herum, weil er "in der Winterpause zu viel auf hartem Boden gelaufen ist", wie Teamarzt Pieter Beks auf Bild.de mutmaßt. Angst ist nicht der Grund für sein Fehlen. Foto: Getty/cai
Bayern-Trainer warnt, sein Boss fordert einen Blumenstrauß von Leverkusen. Hertha wird das Pech nicht los und Dortmund will kein Streichelzoo sein. Die Vorschau
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https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-vorschau-van-gaal-ein-bisschen-angst-verbreiten-1.57794
"Bundesliga: Vorschau - Van Gaal: ""Ein bisschen Angst verbreiten"""
00/01/2010
Für alle Greenkeeper und Stadion-Reinigungsgesellschaften unfasslich: Am Freitag beginnt die Rückrunde in der Fußball-Bundesliga. In Hannover blasen sie den Schnee mit mobilen Geräten aus dem Stadion, die Rasenheizungen werden angeworfen, Franck Ribéry überlegt, welche Farbe auf weißem Untergrund besondern leuchtet. Nein, halt! Franck Ribéry ist ja wieder mal nicht dabei gegen Hoffenheim. Der Franzose fehlt wegen einer Zehenverletzung. Es ist ein betrüblicher Beginn dieser 47. Bundesliga-Rückrunde, so ohne Ribéry, dafür mit Schnee. Die Zukunft wird dafür umso erfreulicher: Ein Ausblick in eine turbulente zweite Saisonhälfte: Januar Louis Podolski bringt weiterhin ganz Köln durcheinander. Nachdem sein Vater Anfang Januar beim Abflug ins Trainingslager keine Reisedokumente hatte (Zitat Podolski: "Der Pass nicht war im Portemonnaie, mein Sohn muss damit gespielt haben"), schnappt sich der Einjährige vor dem ersten Spiel gegen Dortmund die roten Schuhe von Vater Lukas. Als "Poldi" das im Stadion bemerkt, weigert er sich zu spielen: "Mit schwarzen Schuhen treffe ich nicht." Felix Magath nominiert Joel Matip zum Kapitän. Grund: Beim Spiel gegen Nürnberg ist der 18-Jährige der Schalker Spieler mit den drittmeisten Bundesliga-Partien in der Startelf, nämlich sechs. Die Mannschaft gewinnt trotzdem souverän 2:0 durch Tore von Tore Reginiussen und Lubos Hanzel. Ein Klatsch-Magazin macht Auflage mit einem Foto, das Mesut Özil zusammen mit Sarah Connor in einem Auto zeigt. Nachdem die Hertha die ersten drei Rückrunden-Spiele verloren hat, sagt Trainer Friedhelm Funkel: "Das ist mein härtester Job." Kurz vor dem dritten Spieltag wirbelt Franck Ribéry im Training um die Bayern-Pfeiler van Buyten, Demichelis und Badstuber herum, dass sich diese hinterher bei Ko-Trainer Gerland stützen müssen. Gegen Mainz spielt der Franzose trotzdem nicht, Kommentar van Gaal: "Wenn ein Spieler so lange gefehlt hat, kann er noch nicht hundertprozentig fit sein." Auch Robben kommt nach einer Muskelverletzung erst zur zweiten Halbzeit. Bayern gewinnt durch ein Tor von van Buyten 1:0. Foto: dpa
Wie Ribéry kaum spielt und die Bayern doch zum Titel führt, Lehmann einem Spanier eine Locke abschneidet und Podolskis Sohn für Verwirrung sorgt. Die Rückrundenvorschau.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/fluegelflitzer-so-wird-die-rueckrunde-was-erlaube-franck-1.79833
"Flügelflitzer: So wird die Rückrunde - ""Was erlaube Franck?"""
00/01/2010
Hauptsache exotisch: Ins Ausland geht irgendwann fast jeder. Um wirklich von der Studienzeit fernab der Heimat profitieren zu können, gilt es ein paar Dinge zu beachten. Ob Medizin in Kalkutta oder Geschichte in Oxford - ein Studium im Ausland macht sich nicht nur gut im Lebenslauf. Es ist auch eine spannende Erfahrung, mit der sich Weichen für die Zukunft stellen lassen. Etwa jeder vierte Student in Deutschland geht nach Angaben des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) für ein oder zwei Semester ins Ausland. Manche entscheiden sich sogar, das gesamte Studium jenseits der deutschen Grenzen zu absolvieren. Unabhängig von der Dauer des Aufenthalts muss vorher alles genau geplant werden. "Am besten fängt man schon anderthalb, spätestens aber ein Jahr vor dem geplanten Aufenthalt an", rät DAAD-Sprecherin Francis Hugenroth in Bonn. Ansonsten verpassen Studenten schnell die Fristen, wenn sie sich um ein Stipendium bewerben wollen. "Will man das komplette Studium im Ausland absolvieren, wird die Planung noch komplizierter." Dann sind rechtliche Punkte wie die Aufenthaltsgenehmigung zu klären. Und die Suche nach einer passenden Hochschule läuft anders als bei Austauschprogrammen in Eigenregie. Es gibt zwar private Organisation, die dabei helfen - das kostet aber. Nützliche Grenznähe Gründe für ein Auslandsstudium gibt es ganz verschiedene: Einige nutzen die Gelegenheit, weil sie ohnehin in Grenznähe zu Nachbarstaaten wie Österreich oder den Niederlanden leben. Bei anderen hängt es mit ihrem Fach zusammen - wer Anglistik studiert, sollte vielleicht einmal in Großbritannien gewesen sein. Und manche haben sogar schon länger den Wunsch, später in einem anderen Land zu leben. "Häufig spielen aber auch die Zulassungsbeschränkungen an deutschen Universitäten eine große Rolle bei der Entscheidung, etwa bei Medizinstudenten", erläutert DAAD-Sprecherin Hugenroth. Rechtzeitig Kurse belegen Wichtig sind zunächst die Sprachkenntnisse - auch wenn an der Wunsch-Uni Seminare auf Englisch angeboten werden. "Je besser ich die Landessprache spreche, desto besser", sagt Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk in Berlin. Wer die Sprache noch nicht kann, sollte rechtzeitig Kurse belegen. Oft ist ein Auslandsstudium auch eine Frage des Geldes. "Nach wie vor hängt die Mobilität der Studierenden vom sozioökonomischen Hintergrund ab", erklärt Grob. "Damit entscheidet die soziale Herkunft nicht nur über einen Auslandsaufenthalt, sondern über eine Chance fürs Leben." Keine Finanzierung für das komplette Studium Die Finanzierung ist bei einem kompletten Auslandsstudium noch schwieriger - vor allem, wenn Eltern oder Verwandte nicht für die Mehrkosten aufkommen können. "Für ein komplettes Auslandsstudium vergibt der DAAD keine Stipendien", erklärt Hugenroth. Auch die Austauschprogramme Sokrates und Erasmus, die für Stipendiaten die Studiengebühren übernehmen und einen Zuschuss zahlen, sehen kein ganzes Auslandsstudium vor. Mit den Kosten zu tun hat auch die Frage nach dem geeigneten Studienort und der passenden Uni. "Es muss nicht immer Yale oder Harvard sein", meint Grob. "Stattdessen sollte man nach seinem Bauchgefühl gehen und einen Ort auswählen, wo man schon immer mal hin wollte." Im Hinblick auf die spätere Karriere könne ein exotischer Studienort bei Vorstellungsgesprächen durchaus hilfreich sein und einen interessant machen. "Unbedingt geklärt werden muss aber, welche Studienleistungen später in Deutschland anerkannt werden." Eingeschränkte Auswahl bei Erasmus Beim Erasmus-Programm ist die Auswahl des Studienortes eingeschränkt, weil die Heimat- mit der Gastuniversität eine Austauschvereinbarung abgeschlossen haben muss. "Große Universitäten haben meist Austauschkontakte in allen Fächern", erläutert Eva Lack, Erasmus-Hochschulkoordinatorin der Freien Universität Berlin. In den einzelnen Fächern gebe es aber nicht mit allen möglichen Ländern einen Austausch. Welche Länder ihnen in ihrem Fach offenstehen, prüfen Studenten daher besser rechtzeitig. Seit der der Bachelor-Einführung ist das Studieren im Ausland nicht einfacher geworden. "Die Mobilitätsphase muss schließlich irgendwo in die wenigen Studiensemester eingepasst werden", erklärt Lack. Wann dafür der günstigste Zeitpunkt ist, hängt vom jeweiligen Studienplan ab - am besten lassen Studenten sich hierzu beraten.
Hauptsache exotisch: Ins Ausland geht irgendwann fast jeder. Um wirklich von der Studienzeit fernab der Heimat profitieren zu können, gilt es ein paar Dinge zu beachten.
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https://www.sueddeutsche.de/karriere/studieren-im-ausland-ich-bin-dann-mal-weg-1.38720
Studieren im Ausland - Ich bin dann mal weg
00/01/2010
Erotik-SMS schreiben und nebenher noch Heißluftballone verfolgen: Es gibt viele Möglichkeiten, sich als Student seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Immer nur kellnern ist ja auch langweilig. Eine Auswahl außergewöhnlicher Studentenjobs in Bildern. Berufsbezeichnung: Hundebestandsaufnehmer Voraussetzungen: Gutes Gehör, Spürnase und ein gewisser Fahnderinstinkt Tätigkeit: Durch die Straßen und Hausflure der Stadt laufen, auf der Suche nach "Schwarzhunden", also Hunden, die nicht bei der Stadt angemeldet sind. Deren Halter werden zur Kasse gebeten. Wo gebellt wird, muss auch Hundesteuer gezahlt werden. Wo: Derzeit schickt die Stadt Aachen Studenten los. Das Geschäftsmodell könnte jedoch auch anderen Kommunen liegen, die ihre Kassen auffüllen müssen. Foto: dpa
Erotik-SMS schreiben und nebenher noch Heißluftballone verfolgen: Es gibt viele Möglichkeiten, sich als Student seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Skurrile Jobs in Bildern.
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Außergewöhnliche Studentenjobs - Besser als kellnern
00/01/2010
Die Zahl der Fluggesellschaften mit einer langen unfallfreien Tradition nimmt weltweit zu. Das geht aus der jährlichen Sicherheitsstatistik des deutschen Unfalluntersuchungsbüros JACDEC (Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre) hervor, die vom deutschen Magazin für Zivilluftfahrt Aero International veröffentlicht wurde. In den vergangenen 30 Jahren - seit dem 1. Januar 1979 - blieben 17 der 60 größten Fluggesellschaften der Welt von schweren Unfällen, Totalverlusten oder Unglücken mit Todesfällen verschont. In der JACDEC-Rangliste sind immerhin sieben Airlines mit der Sicherheitsrate 0,000 vertreten, die schon älter als 30 Jahre alt sind. Dazu gehören die bereits 1922 gegründeten australischen Qantas, die in punkto Sicherheit seit Jahrzehnten als das Non plus ultra der Branche gilt. Zwar musste die australische Airline gerade in den vergangenen Jahren mehrere Zwischenfälle melden, darunter die spektakuläre Notlandung einer Boeing 747 mit einem Loch im Rumpf. Da dabei aber weder die Maschine abgeschrieben werden musste, noch Tote zu beklagen waren, gehen diese Vorfälle nicht in die JACDEC-Statistik ein. Foto: dpa
In der aktuellen Statistik des Unfalluntersuchungsbüros JACDEC gehört Qantas noch immer zu den Spitzenreitern, doch auch Billigflieger sind ganz vorne mit dabei.
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https://www.sueddeutsche.de/reise/luftfahrt-statistik-2009-die-sichersten-airlines-1.68507
Luftfahrt-Statistik 2009 - Die sichersten Airlines
00/01/2010
In Kanada ist es kalt - vor allem im Norden des zweitgrößten Landes der Erde. Der allerdings ist dünn bevölkert. Etwa 90 Prozent der Kanadier leben nicht weiter als ein paar hundert Kilometer von der amerikanischen Grenze entfernt - je weiter nach Norden man kommt, um so wilder wird die Landschaft. Etwa ein Drittel des Gebietes Kanadas liegt nördlich des Polarkreises. Im Winter sind die Bedingungen vergleichsweise unwirtlich. Und doch haben hier zahlreiche Stämme der First Nations, der kanadischen Ureinwohner, Jahrhunderte überlebt. Und es siedeln sich immer wieder Weiße an - im Yukon und in den Northwest Territories. Im Winter wird es monatelang nicht hell im Norden der Northwest Territories, der nördlichsten Provinz Nordamerikas und der größten Kanadas - und auch im Norden des Yukon und Nunavuts kann man die Sonnenstunden an einer Hand abzählen. Das Thermometer zeigt in dieser Zeit minus 40, minus 50 Grad an - manchmal sogar noch weniger. Dazu kommt ein eisiger Wind. Gefühlt fallen die Temperaturen damit um weitere zehn Grad - das reicht, um mit der Nase an einem Fotoapparat festzukleben oder innerhalb weniger Minuten Erfrierungen an nackter Haut zu bekommen. Spezielle Ausrüstung für alle Tage Normale Anoraks helfen dabei nicht mehr, auch eine noch so gute Gesichtscreme hat in dieser Umgebung ausgedient. Skihosen sind immer eine Notwendigkeit, ebenso Mütze und Handschuhe. Und Daunen. Denn nur die halten in dieser rauen Umgebung warm. Wie man das mit der Haut macht, die trotzdem noch aus all der Bekleidung hervorschaut? "Am besten mit Öl eincremen", sagt Carlos Gonzales, den es schon vor vielen Jahren nach Yellowknife verschlagen hat. Gefährlich hingegen: "Alles, worin Wasser ist - denn das friert sofort fest." Das gilt für Gesichtscreme ebenso wie für Haargel oder Make-up. Die Kanadier sind auf ihre Winter vorbereitet, die im Oktober beginnen und mindestens bis April dauern. "Gute Kleidung ist das Wichtigste - viele Lagen", sagt Carlos. Warme Wäsche, polartaugliche Hosen, schwere Filzstiefel mit Kautschukfuß und lange Daunenmäntel mit fellbesetzten Ärmeln und Kapuzen - das ist die Kleidung, die man auf den Straßen am häufigsten sieht. Doch die Kälte ist trocken. "Dadurch wird man sofort wieder warm, wenn man in ein geheiztes Haus kommt." Oder in ein Auto mit Standheizung - oder eines, das auch läuft, wenn sich kein Fahrer darin befindet. "Bei bestimmten Temperaturen muss man das machen, sonst springen die Autos nicht mehr an", sagt er. Und: es gibt im Norden kaum ein Auto, dessen Windschutzscheibe ohne gewaltigen Riss durch den Winter kommt. "Das liegt an den Temperaturen und den Steinschlägen." Die schönen Seiten der Kälte Aber der Winter hat auch seine schönen Seiten - sogar sehr viele. Ayaka aus Osaka etwa ist vor allem wegen eines Phänomens in den Norden Kanadas gereist: Aurora Borealis, die Nordlichter. Es hat unter minus 40 Grad in dieser Winternacht, und es ist schon seit vielen Stunden dunkel. Doch die zierliche Japanerin lässt sich von der Kälte nicht schrecken. Denn was sie am Himmel sieht, ist Entschädigung für alles Frieren: Langsam gehen über den Northwest Territories die Nordlichter auf - geladene Teilchen des Sonnenwindes, die auf die Erdatmosphäre treffen und so grüne Schleier erzeugen. Bei guten Bedingungen gesellen sich rote Streifen dazu. "Dann tanzen sie", sagt Buffalo Mike, einer der wenigen Einheimischen unter den asiatischen Himmelsguckern im Aurora Village, einer kleinen Tipi-Stadt jenseits der Grenzen der Hauptstadt Yellowknife. Die Lichter sind während des gesamten Winterhalbjahres am Himmel zu sehen, am besten in tiefster Nacht. "Man kann aber nie sagen, wann sie kommen und wie stark sie leuchten". Besonders für Japaner halten diese Lichter, die durch das Auftreffen geladener Teilchen des Sonnenwindes auf die Erdatmosphäre an den Polen entstehen, eine besondere Faszination, denn sie wachsen mit Geschichten über die Nordlichter auf, wie Ayaka erzählt. Daher hege fast jeder Japaner den Traum, diese Lichter ein Mal in seinem Leben unter dem Sternenhimmel zu erleben. Im Norden Kanadas, der am Rande der Arktis liegt, sind die natürlichen Bedingungen besonders gut und die Reise vergleichsweise mühelos. Einzigartige Nächte, traumhafte Tage Doch nicht nur die Nächte sind einzigartig, im Winter in der Nähe des Polarkreises. Carlos Gonzales' liebste Beschäftigung ist es, an einem klaren, klirrend kalten Tag mit dem Schneemobil auszurücken und dabei noch ein paar Touristen mitzunehmen. Am liebsten fährt er auf den Großen Sklavensee (Great Slave Lake). Dieser gut 27.000 Quadratkilometer große See gilt als achtgrößter der Erde und ist mit einer maximalen Tiefe von 614 Metern der tiefste Nordamerikas - und doch friert er im Winter zu großen Teilen zu. "Die Eisschicht kann bis zu zwei Meter dick werden", sagt Carlos. Damit trägt der See nicht nur die Fahrer, die mit den 125 PS starken Maschinen über die unberührte Schnee- und Eisfläche fliegen. Carlos hat eine kleine Hütte am Ufer des Sees - fließendes Wasser gibt es hier nicht und nur ein outhouse, ein Plumpsklo, gut 100 Meter entfernt. Und doch ist es äußerst gemütlich, wenn er am Gasherd steht, einen schmackhaften Lunch zubereitet und vom Leben in Eis und Schnee erzählt. Von den "ice roads" etwa, die eine wichtige Lebensader für all jene sind, die in den Diamantenminen im Norden des Territoriums arbeiten. Im Winter werden auf dem See Eisstraßen planiert, die breit sind wie Autobahnen. Der Verkehr ist rege - vor allem Lastwagenkonvois sind nicht zu knapp. "Sie bringen Vorräte für das ganze Jahr in die Minen." Damit das Wasser unter der meterdicken Eisschicht nicht zu viele Wellen schlägt und Risse an der eisigen Oberfläche verursacht, dürfen die Laster allerdings nur noch mit zehn Stundenkilometern über das Eis schleichen - damit brauchen sie für ihre Touren eine halbe Ewigkeit. Gold- und Diamantenrausch Oder Carlos plaudert über die Gründung der Stadt Yellowknife in diesem wahrhaft unwirtlichen Gebiet: "Yellowknife kam vor rund einem halben Jahrhundert zu Ruhm und Reichtum, als abenteuerlustige Goldgräber in den Minen nach Gold suchten, denn hier gab es wesentlich mehr Gold als am Klondike." Die Vorräte waren bald erschöpft, doch da gab es noch einen Geologen, der aufgrund seiner Studien davon überzeugt war, dass es in der Region Diamanten geben muss. Er suchte viele Jahre, wurde schließlich fündig und erzählte drei Jahre lang niemandem von seinem milliardenschweren Fund. Inzwischen sind drei Diamantenminen am Werk und fördern die Edelsteine, die gleich an Ort und Stelle verarbeitet werden. Die strahlendsten und reinsten die Diamanten der Welt seien das, sagen die Einheimischen. Und dann gibt es da noch die natürlichen Wettervorhersagen, von denen Carlos mit einem breiten Grinsen erzählt: die wilden Tiere. "Wenn du über den Highway fährst und siehst kein einziges Tier, dann weißt du, dass es noch kälter wird." Denn die Tiere seien von Natur aus neugierig - und wenn sie sich allzu weit in die flachen Kiefernwälder verziehen, dann ist es sogar Wildbüffeln, Elchen, Karibus, Luchsen, Schneefüchsen und Wölfen zu kalt. Elch-Burger, Karibu-Hackbraten, Bison-Suppe Für die Einheimischen sind die wilden Tiere Teil des täglichen Lebens. Elch-Burger, Karibu-Hackbraten, Bison-Suppe und Trockenfleisch (Jerky) der arktischen Fische gehören zum Speiseplan, denn viele jagen und verarbeiten Fleisch und Felle. Buffalo Mike, der Kanadier aus dem Camp, hat sich in Sachen Lebensart einiges von den Indianern abgeschaut, die seit Jahrhunderten in der Eiswüste überleben. Er trägt eine Lederkappe mit Fell und Handschuhe, die so groß sind wie Einkaufstüten - genäht aus einem Wolf, den er selbst geschossen hat. Und auch Carlos hat scharf gewürztes Jerky dabei von einem Elch, den er im Herbst erlegt hat. Carlos drängt zum Aufbrauch, draußen beginnt die Sonne schon langsam zu sinken. Es geht wieder auf das Schneemobil, vorbei an bizarr geformtem Eis und an allerlei Schneewehen, zurück Richtung Yellowknife. "Es kann gut sein", sagt er, "dass dir auf der langen Fahrt über den See kein einziger Mensch entgegen kommt." Das sei übrigens förderlich, wenn er sich mal abends aufmacht in seine Hütte. "Denn auch hier ist es so einsam; dass man einen hervorragenden Blick auf die Nordlichter hat."
In Kanadas Norden ist es einen Großteil des Jahres kalt, sehr kalt. Und viele Monate ziemlich dunkel. Doch die kurzen Sommer reißen alles wieder raus.
reise
https://www.sueddeutsche.de/reise/kanada-der-norden-daunen-gold-und-warme-gedanken-1.33523
Kanada - Der Norden - Daunen, Gold und warme Gedanken
00/01/2010
Mit Kanada verbindet man lauter schöne Dinge: viel Landschaft, freundliche Menschen und atemberaubende Natur. Das alles stimmt - und doch hat Kanada noch so viel mehr zu bieten. Der nördliche Nachbar der USA ist nach Russland der zweitgrößte Flächenstaat der Erde. Kanada erstreckt sich zwischen Atlantik im Osten und Pazifik im Westen über fünfeinhalb Zeitzonen - manchmal ist man nämlich auch speziell: Kanada hat nicht sechs Zeitzonen, sondern fünfeinhalb. In Neufundland ticken die Uhren eher ungewöhnlich: vier Stunden und dreißig Minuten ist man dort hinter der mitteleuropäischen Zeit zurück. Neben zahlreichen Bodenschätzen wie Öl, Gas, Erzen, Uran, Gold und Diamanten verfügt Kanada über die größten Wasserreserven der Welt: Das Land besitzt ein Zehntel des gesamten Oberflächensüßwassers, damit muss allerdings nur weniger als ein Prozent der Weltbevölkerung versorgt werden. Die größten Seen sind der Obere See (Lake Superior) mit 82.103 und der Huronsee (Lake Huron) mit 59.580 Quadratkilometern. Allein 3000 Kubikmeter Wasser fallen in der Sekunde an den Niagara-Fällen in die Tiefe - das entspricht etwa 250.000 vollen Badewannen. Die längsten Flüsse Kanadas sind der Mackenzie River im Nordwesten des Landes mit 4241 und der Sankt-Lorenz-Strom im Osten mit 3350 Kilometern. Dazu ist Kanada von drei Ozeanen umgeben. Viel Land, wenig Menschen Für die Größe ist die Besiedlung sehr dünn: nur rund 33 Millionen Menschen leben in dem Land - und das auf 9.984.670 Quadratkilometern. Die meisten von ihnen haben sich in einem Streifen bis etwa 300 Kilometer jenseits der Grenze zu den USA angesiedelt. Fast vier Fünftel der Kanadier leben in Städten, die meisten in den Metropolen Toronto, Montreal, Vancouver und Ottawa. Der dünn besiedelte Norden liegt zum Teil in der Selbstverwaltung der First Nations, der kanadischen Ureinwohner. Die Hauptstädte der zehn Provinzen und drei Territorien sind gut besiedelt - doch wer auf dem Land wohnt, hat viel Platz und wenig Nachbarn. Beispiel Yukon: Etwa 30.000 Menschen leben dort auf etwa 500.000 Quadratkilometern - das ist nur ein Bruchteil dessen, was das Territorium nördlich von British Columbia und an der Grenze zu Alaska an Elchen, Bären und Rentieren aufzuweisen hat. Etwa 23.000 Einwohner hat die Hauptstadt Whitehorse im Süden des Territoriums, das so groß ist wie Deutschland und die Benelux-Länder zusammen - der Rest verteilt sich auf die Wildnis nördlich der Hauptstadt, in der es nur noch wenige Straßen gibt, keine einzige Ampel und viel Natur. Die große Leere Wie im Yukon ist mehr als ein Drittel der Landesfläche von dichten Wäldern bedeckt. Das Land erstreckt sich von der Insel Neufundland im Osten über 5500 Kilometer bis zu den Kordilleren im Westen. Vom Kanadisch-Arktischen Archipel im Norden zieht es sich über 4600 Kilometer über den Kanadischen Schild bis in die fruchtbaren Großen Ebenen im Süden. Noch ein Vorurteil hält sich hartnäckig - dass Kanada nämlich ein eisiges Land sei. Das stimmt wohl, wenn man im tiefsten Winter in den hohen Norden reist. Wieder ein Beispiel aus dem Yukon: Dort wurde die tiefste, jemals gemessene Temperatur in Kanada mit minus 63 Grad aufgezeichnet. In dieser trockenen Witterung ist es sogar zu kalt für Schnee. Das ist nichts für Frostfürchter. Extremes Klima Doch sogar dort, wo im Winter die Temperaturen arktisch sind, kann das Quecksilber im Sommer bis zu 30 Grad plus ansteigen. Experten erklären die Klimazonen wie folgt: Der Norden und Nordosten Kanadas liegen in der arktischen, das Zentrum und der Nordwesten in der subarktischen Klimazone. Während der gemäßigte Südosten unter maritimem Einfluss steht, herrscht im größten Teil des Landes ein kontinentales Klima mit kalten, langen Wintern und kurzen, relativ warmen Sommern. Denn: Die arktischen Luftmassen stoßen bis weit in den Süden vor, ohne dass sich ihnen ein Gebirge in den Weg stellt. In mehr als der Hälfte des Landes liegen die Temperaturen im Jahresdurchschnitt unterhalb des Gefrierpunktes, im Sommer steigen sie allerdings stark an. Die pazifische Südwestküste hat unter dem Einfluss einer warmen Meeresströmung relativ milde Witterungsverhältnisse. Beispiel Vancouver: Hier liegen die Temperaturen fast immer über dem Gefrierpunkt - zwar ist es im Winter oft nebelig und feucht, aber es schneit nur selten in der Metropole am Pazifik. Ganz anders 100 Kilometer entfernt in Whistler: In den Rocky Mountains sorgen meterhohe Schneemengen für beste Wintersportverhältnisse. Multikulti-Society Wenn die Bevölkerung Kanadas eines gut beschreibt ist es das Wort Multikulti. Die Wurzeln der meisten Kanadier liegen in Großbritannien und Irland sowie in Frankreich. Die rund sieben Millionen Frankokanadier, die vor allem in der Provinz Quebec leben, gehen auf die französischen Immigranten des 17. und 18. Jahrhunderts zurück. Heute kommen die meisten Einwanderer aus Asien. In Kanada lebt knapp eine Million Ureinwohner, die - politisch korrekt - mit der Bezeichnung First Nations betitelt sind. Die meisten von ihnen leben im gesamten Süden und in den bewaldeten Gebieten im Norden. Hinzu kommen etwa 50.000 Inuit an den nördlichen Küsten und auf den arktischen Inseln. 1999 wurde ihnen mit Nunavut das erste weitgehend autonom verwaltete Gebiet übertragen. Ein junges Land Es lebt sich sehr friedlich zwischen Atlantik und Pazifik. Und: Alle Strukturen sind noch recht jung, auch wenn die Entdeckung durch die Europäer schon recht lang zurückliegt. John Cabot war es, der 1497 den Seeweg nach Indien suchte - und an der kanadischen Küste landete. Knapp 40 Jahre später nahm Jacques Cartier das Gebiet beiderseits des St.-Lorenz-Stroms für Frankreich in Besitz, 1663 wurde Kanada zur königlichen französischen Kolonie Neufrankreich. Zahlreiche Kriege folgten, hundert Jahre später trat Frankreich im Frieden von Paris 1763 alle nordamerikanischen Festlandsbesitzungen an Großbritannien ab. Mit dem Quebec Act von 1774 sicherten die Briten den Frankokanadiern Religionsfreiheit und Eigentum zu. 1791 wurde das Gebiet in Oberkanada (englisch) und Unterkanada (französisch) geteilt, 1840 wurden die beiden Regionen durch den Canadian Union Act wiedervereinigt. Erst 1867 verabschiedete das Londoner Parlament den British North America Act, der die Dominion of Canada schuf. Das war der Zusammenschluss von Nova Scotia, New Brunswick, Quebec und Ontario. Bald darauf wurden neue Territorien und Provinzen gebildet: Saskatchewan und Alberta (1870), Manitoba und British Columbia (1870/71). 1931 erlangte das Land mit dem Statut von Westminster die vollständige Unabhängigkeit. Nach der Verfassung von 1982 ist Kanada eine bundesstaatliche parlamentarische Monarchie im Commonwealth, Staatsoberhaupt ist die britische Königin, die durch den Generalgouverneur vertreten wird. Die Exekutive liegt bei der dem Parlament verantwortlichen Bundesregierung unter Führung des Premierministers. Das Zweikammerparlament besteht aus dem Unterhaus, mit 308 Abgeordneten, die für fünf Jahre nach Mehrheitswahlrecht gewählt werden und dem Senat. Zwar geht es weitgehend ruhig zu in der der Politik Kanadas - innenpolitischen Konfliktstoff gibt es allerdings immer wieder, vor allem durch die immer wieder aufkeimenden Autonomiebestrebungen der Frankokanadier in Quebec.
Mit Kanada verbindet man lauter schöne Dinge: viel Landschaft, freundliche Menschen und atemberaubende Natur. Das alles stimmt - und doch hat Kanada noch so viel mehr zu bieten.
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https://www.sueddeutsche.de/reise/kanada-ein-ueberblick-land-der-superlative-1.34254
Kanada - Ein Überblick - Land der Superlative
00/01/2010
Von der Siegessäule durch das Brandenburger Tor bis zur Humboldt-Uni in Berlin sind es rund 2,9 Kilometer. Ungefähr so lang wäre auch die Reihe der Kreuzfahrtschiffe, die 2010 getauft werden sollen, wenn sie hintereinander in einem Hafenbecken lägen. Die elf Neubauten bieten zusammen exakt 24.836 Passagieren Platz - das entspricht etwa der Einwohnerzahl von Bad Honnef am Rhein oder Lindau am Bodensee. Zwar geben die Reedereien dafür immer wieder ältere Schiffe ab. Unterm Strich aber wächst das Bettenangebot auf hoher See auch 2010 deutlich - und damit der Druck, mehr Urlauber für Kreuzfahrten zu begeistern. Foto: dpa
Diese Schiffe laufen 2010 aus. Sie bieten Skaterbahn, Formel-1-Simulator, Zirkuszelt und Brauerei - was man auf See eben so braucht. Ein Überblick in Bildern.
reise
https://www.sueddeutsche.de/reise/neue-kreuzfahrtschiffe-2010-auf-rollschuhen-uebers-meer-1.763678
Neue Kreuzfahrtschiffe 2010 - Auf Rollschuhen übers Meer
00/01/2010
Es gibt Gegenden in der Welt, die sollte man gesehen haben - damit Sie aber nicht erst nach dem eigenen Urlaub erfahren, wo es vielleicht schöner gewesen wäre, hat der Lonely Planet zehn Regionen ausgewählt, die 2010 eine Reise wert sind - dabei ist die Nummer eins der Top 10 nah genug für einen Kurztrip: Platz 1: Elsass, Frankreich Die Mischung macht`s: Im Elsass mit der größten Stadt Straßburg findet man deutsch anmutende rustikale Häuser, über und über bewachsen mit Geranien, aber auch französischen Einfluss, der unter anderem bei Modeboutiquen oder Kunstmuseen sichtbar wird - und das alles kombiniert mit der hügeligen Landschaft im milden Klima des Rheintales, das für kulinarischen Wein- und Essensgenuss steht. Am besten erkundet man das Elsass, indem man einen Tag auf der Weinstraße entlang radelt, und dann wieder ins kulturelle Leben der Städte eintaucht. Foto: Barbara Van Zanten/Lonely Planet Images
Es gibt Gegenden auf der Welt, die muss man einfach bereist haben - und eine der schönsten ist nah genug für einen Kurztrip.
reise
https://www.sueddeutsche.de/reise/reisetipps-die-schoensten-ziele-fuer-2010-1.69161
Reisetipps - Die schönsten Ziele für 2010
00/01/2010
Ein Mal im Jahr ist alles anders in Calgary. Zehn Tage lang lässt die größte Stadt der kanadischen Provinz Alberta im Juli den Wilden Westen wieder aufleben - es herrscht Ausnahmezustand in der Prärie. Seit 1912 die erste Stampede veranstaltet wurde, macht die ganze Stadt mit: Krawatten und Anzüge bleiben im Schrank; Cowboystiefel, blitzende Gürtelschnallen und schneeweiße Cowboyhüte sind dann angesagt. Tausende von Freiwilligen verteilen morgens umsonst frisch gebackene Pfannkuchen mit Speck und Ahornsirup. Und eine bunte Parade mit Pferdewagen und Schwarzfuß-Indianern im vollen Federschmuck verwandelt die Innenstadt mit den gläsernen Wolkenkratzer-Fassaden in eine schräge Kulisse. Wettbewerbe für harte Männer Jeden Tag sind 15.000 bis 20.000 Zuschauer beim Bull Riding dabei. Zu den anderen Wettbewerbskategorien gehört zum Beispiel das Reiten ungesattelter Wildpferde. Auch das Einfangen und Niederringen von jungen Stieren mit dem Lasso, waghalsige Planwagenrennen und Hindernisreiten um ein Bierfass haben zahlreiche Fans. Für die Cowboys ist es kein Zeitvertreib, sondern ein Profisport, mit dem sie sich ihren Lebensunterhalt verdienen. 1,6 Millionen kanadische Dollar werden jeden Tag als Preisgelder vergeben. Zeb Lanham ist so einer. In ein paar Sekunden kann er ein Jahresgehalt verdienen - oder sich alle Knochen brechen. Sein Glück hängt von Wranglers Rock Star ab. Der Stier besteht aus gut 500 Kilogramm stampfender und schnaubender Muskelmasse. Auf ihm muss sich Zeb Lanham halten, acht Sekunden lang. Zeb hält sich nur mit einer Hand an einem Seil fest, das um den Bauch des Tieres geschlungen ist, als es aus dem Gatter bricht. Nur 4,7 Sekunden dauert der Machtkampf, dann landet der Cowboy im Staub. Enttäuscht springt Lanham auf. Für Wranglers Rock Star ist die Show allerdings noch nicht zu Ende: Mit einem heftigen Stoß nimmt er den Cowboy auf die Hörner und schleudert ihn mehrere Meter in die Höhe. Lanham stürzt zum zweiten Mal in den Staub. 20.000 Zuschauer schreien vor Schreck auf, selbst der routinierte Stadionsprecher ringt einen Moment um Fassung. "Oh mein Gott, das war ein Stoß", sagt er, als Lanham sich mit schmerzverzerrtem Gesicht aufrappelt. Es sind Episoden wie diese, die aus der Calgary Stampede in der kanadischen Provinz Alberta Nordamerikas aufregendstes Rodeo machen. Eine wilde Meute Dabei ist die Stampede eigentlich eine Landwirtschaftsausstellung für die Farmer der Prärieprovinzen - doch landwirtschaftliche Maschinen sind lange nicht so aufregend wie Bullenreiten oder eine andere waghalsige Veranstaltung, das Planwagenrennen. Vier Pferde sind vor jeden Wagen gespannt, vier weitere Pferde mit Reiter, die "Outrider" genannt werden, jagen nebenher. In jedem Rennen gibt es vier Konkurrenten. 32 Pferde sind also immer gleichzeitig auf der Bahn. Den Überblick über die wilde Meute zu behalten, ist schwer. Auch hier gibt es um die 100.000 Dollar Preisgeld. Aber der Planwagenlenker ist nur so gut wie seine Pferde. Deshalb behandelt Darcy Flad seine Vierbeiner wie Top-Athleten: "Sie bekommen Sportgetränke verabreicht, damit die Elektrolyte stimmen, wir haben Pferdemasseure hier und Chiropraktiker", erzählt der 37-jährige Stampede-Teilnehmer.
Flaches Farmland dominiert die drei Prärie-Provinzen Manitoba, Sasketchewan und Alberta - ein Outdoor-Spielplatz für echte Kerle.
reise
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Kanada - Die Prärie - Cowboys, Öl und viel Landschaft
00/01/2010
Das Highlight am Mercedes-Stand sind weder SLS noch das neue E-Klasse Cabriolet. Beide sind bereits bekannt - im Gegensatz zum neuen CLS. Den gab es zumindest als Skulptur. Dieses Jahr gibt es bei den Stuttgartern an sich nur eine echte Neuheit - den Mercedes CLS. Der Vorgänger hat zwar schon ein paar Jahre auf dem Buckel, sieht jedoch selbst neben der aktuellen E-Klasse immer noch attraktiv aus und erfreut sich daher auch bei den Kunden auf der internationalen Märkten einer ordentlicher Nachfrage.
Das Highlight am Mercedes-Stand ist eigentlich der neue CLS. Zu sehen gibt es das Modell aber nur verdeckt.
auto
https://www.sueddeutsche.de/auto/detroit-2010-mercedes-cls-skulptur-statt-auto-1.69384
Detroit 2010: Mercedes CLS - Skulptur statt Auto
00/01/2010
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00/01/2010
"Jung, gnadenlos, verfassungsfeindlich, das ist die FDP": Mit markigen Sprüchen gibt SPD-Chef Sigmar Gabriel den Weg im Wahlkampf vor. Zehn Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat SPD-Chef Sigmar Gabriel seine Partei auf eine harte Auseinandersetzung mit Schwarz-Gelb eingeschworen. Von der Wahl am 9. Mai müsse auch ein kräftiges Signal gegen die Politik von CDU und FDP im Bund ausgehen, sagte er beim Landesparteitag der nordrhein-westfälischen SPD in Dortmund. Mit der Ablösung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, CDU, könne "ein Politikwechsel in Berlin eingeleitet werden". Die SPD müsse die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat brechen, um die Pläne der Bundesregierung für die Einführung einer Kopfpauschale in der Krankenversicherung zu verhindern. Mit diesem Vorhaben machten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und FDP-Chef Guido Westerwelle zu "Dienstboten derjenigen, die sich den Sozialstaat zur Beute machen wollen". Die nordrhein-westfälische SPD hat ihre Landesvorsitzende Hannelore Kraft zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl am 9. Mai gekürt. Ein Landesparteitag setzte Kraft am Samstag in Dortmund einstimmig auf den ersten Platz der Landesliste. Auf Kraft entfielen alle 404 abgegebenen gültigen Stimmen. Die Sozialdemokraten verabschiedeten in Dortmund ihr Programm für die Landtagswahl. Bei einem Regierungswechsel wollen sie eine Gemeinschaftsschule für alle Kinder bis zur zehnten Klasse einführen. In den Schulzeugnissen soll es keine Kopfnoten mehr geben, und auch die von der schwarz-gelben Koalition eingeführten Studiengebühren will die SPD wieder abschaffen. Die Sozialdemokraten versprechen Jugendlichen eine Ausbildungsgarantie und kleinen Betrieben Prämien für zusätzliche Lehrstellen. Den beschlossenen Ausstieg aus der Steinkohleförderung wollen sie rückgängig machen. Gabriel warf Merkel mangelnden Führungswillen vor. Sie sei nur noch "Geschäftsführerin einer Nicht-Regierungsorganisation". Die Kanzlerin könne die schwarz-gelbe Koalition in keiner einzigen wichtigen Frage auf eine gemeinsame Linie bringen. Merkel sei nur solange eine gute Kanzlerin gewesen, "wie sie von Sozialdemokraten bewacht wurde". Den FDP-Chef nannte Gabriel einen Radikalen im öffentlichen Dienst. "Jung, gnadenlos und verfassungsfeindlich in ihren Forderungen, das ist die FDP von heute." Heiße Wahlkampfphase auch für die Linke Anders als SPD-Landeschefin Hannelore Kraft in ihrer Parteitagsrede am Freitagabend legte Gabriel ein klares Bekenntnis zu einer rot-grünen Koalition in Nordrhein-Westfalen ab. Die Grünen seien die einzige Partei, mit denen die SPD eine Politik für Arbeit und Umwelt durchsetzen könne. Auf die Linkspartei ging Gabriel nur kurz ein. Die Linke in NRW sage von sich selbst, sie könne gar nicht regieren. "Warum sollen wir denen widersprechen", sagte der SPD-Chef. Auch die NRW-Linken sind in die heiße Wahlkampfphase gestartet - und streiten über den Umgang mit der SPD. Eine mögliche Regierungszusammenarbeit blieb bei einem Sonderparteitag am Samstag in Duisburg umstritten. Bundestagsfraktions-Vize Klaus Ernst warb dafür. "Es gibt mit dem Wahlprogramm der SPD durchaus Überschneidungen", sagte er. Dagegen regte sich aber auch heftigen Widerspruch, weil die SPD bundespolitische Verantwortung für Hartz IV trage. "Bloß nicht", rief ein Parteimitglied zum Thema Rot-Rot. "Die CDU kann uns ruhig weiter diffamieren. Wir ziehen mit einer starken Fraktion in den Landtag ein", rief Parteisprecher Wolfgang Zimmermann. Die NRW-Linke hat nach der jüngsten Umfrage mit rund sechs Prozent Chancen auf einen Einzug in den Landtag. Mit großer Mehrheit verabschiedete der Sonderparteitag ein Zehn-Punkte-"Dringlichkeitsprogramm". Das Programm enthält in komprimierter Form bekannte Linken-Forderungen wie kostenlose Bildung vom Kindergarten bis zur Universität, eine Gemeinschaftsschule bis zur 10. Klasse, 10 Euro Mindestlohn, die Entschuldung der Kommunen, 400 000 neue Jobs unter anderem im öffentlichen Sektor und eine deutliche Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes. Die besonders umstrittene Forderung nach einem "Recht auf Rausch" hatte die Landespartei nach heftiger öffentlicher Kritik bereits beim vergangenen Parteitag fallengelassen. Zur Finanzierung ihrer Forderungen will die Partei unter anderem die Steuern auf Vermögen und Spitzeneinkünfte deutlich erhöhen und mehr Steuerfahnder einstellen. Insgesamt seien so landesweit 21 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen möglich.
"Jung, gnadenlos, verfassungsfeindlich, das ist die FDP": Mit markigen Sprüchen gibt SPD-Chef Sigmar Gabriel den Weg im Wahlkampf vor.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/gabriel-im-nrw-wahlkampf-aetzen-gegen-schwarz-gelb-1.24893
Gabriel im NRW-Wahlkampf - Ätzen gegen Schwarz-Gelb
00/02/2010
"Es gibt keine Straße ohne Trümmer": Die chilenische Großstadt Concepción ist am stärksten von dem Erdbeben betroffen. Alle wichtigen Gebäude der Millionenstadt seien eingestürzt. Die chilenische Großstadt Concepción ist von dem verheerenden Erdbeben mit am schlimmsten getroffen worden. Brücken seien eingestürzt, Straßen regelrecht zusammenschoben worden, berichtete der Fernsehsender TVN am Samstag. Alle wichtigen Gebäude der etwa 500 Kilometer südlich von Santiago de Chile gelegenen Stadt stürzten unter der Wucht des Bebens ein. "Es gibt keine Straße ohne Trümmer. Es ist uns noch nicht gelungen, bis zur Stadtmitte vorzudringen", berichtete ein Reporter. Öffentliche Gebäude, darunter der Sitz der Regionalregierung, seien ebenso wie erst jüngst fertiggestellte Bauten in sich zusammengefallen. Auf den Straßen der 200.000-Einwohner-Stadt türmten sich Trümmerberge, überall seien Risse im Boden zu sehen. Noch in der Nacht wurden Hunderte von Patienten aus dem regionalen Krankenhaus geholt. In Decken gehüllte Frauen, schreiende Kinder und Männer mit Taschenlampen, die im Schlaf von dem Unglück überrascht wurden, seien die ersten gewesen, die versucht hätten, sich einen Weg aus den Trümmern zu bahnen. Innenminister Edmundo Pérez Yoma bestätigte, es gebe gravierende Kommunikationsprobleme mit der Stadt. Präsidentin Michelle Bachelet entsandte Helfer in das Katastrophengebiet und rief ihre Minister zu einem Krisentreffen zusammen. Kupferbau stark beeinträchtigt Das schwere Erdbeben hat auch den Bergbau der weltgrößten Kupferproduzenten beeinträchtigt. Der Konzern Anglo American stoppte die Arbeit in seinen Kupferminen Los Bronces und El Soldado. Die Stromversorgung sei zusammengebrochen, teilte ein Sprecher mit. Das dortige Sicherheitspersonal erklärte, die Zugangsstraßen zu den Gruben seien verschüttet. Beim Kupferproduzent Codelco war die Lage zunächst noch unklar. Es habe kein Kontakt zu den Bergwerken El Teniente und Andina hergestellt werden können, sagte ein Sprecher des Staatskonzerns. Chile stellt 34 Prozent der weltweiten Kupferproduktion. Anglo American produziert in den beiden betroffenen Bergwerken jährlich rund 280.000 Tonnen Kupfer. Aus den Codelco-Gruben werden jedes Jahr zusammen 600.000 Tonnen des Rohstoffs geholt, der vor allem in Elektrogeräten, Autos und Kühlschränken zum Einsatz kommt. Experten befürchten starke Nachbeben "Ein Beben der Stärke 8,3 bis 8,8 hat mehr als 100 Mal so viel Kraft wie das Erdbeben von Haiti mit einem Wert von 7,1 Anfang des Jahres", sagte Jochen Zschau vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ. In den kommenden Tagen, Monaten, wenn nicht sogar Jahren müsse mit zum Teil schweren Nachbeben gerechnet werden. "Einige davon könnten noch stärker als das Beben von Haiti sein", sagte er. An den Rändern der tektonischen Platten hatten sich über einen langen Zeitraum starke Spannungen aufgebaut, die sich nun schlagartig entladen hätten, sagte der Wissenschaftler. Dabei seien enorme Bewegungen in Gang gesetzt worden. Nun müsse genau festgestellt werden, wie die Bewegeungen abliefen und wie sie verursacht wurden. Die Nasca-Platte - sie ist die Ursache vieler schwerer Erdbeben und Tsunamis in Chile - schiebe sich beispielsweise mit etwa sechs bis sieben Zentimetern im Jahr unter Südamerika. Darüber hinaus rutsche der Kontinent etwa zwei bis drei Zentimeter pro Jahr in Richtung Westen. "Beide Bewegungen kollidieren miteinander und führen so zu großen Spannungen", sagte der Experte. Beim Haiti-Beben habe es enorme Bewegungen an der Grenze zwischen karibischer und nordamerikanischer Platte gegeben, erinnerte Zschau. Die kleinere karibische rutsche dort rund sieben Millimeter im Jahr Richtung Osten an der nordamerikanischen Platte vorbei. "Innerhalb von 24 Stunden wird sich nun ein Tsunami von der einen Seite des Pazifiks zur anderen bewegen", sagte Zschau. Mit einer an der chilenischen Küste gemessenen Höhe von anderthalb Metern habe die Wasserwelle aber bei weitem nicht die Macht wie beim Tsunami von Sumatra 2004, als sich eine Wasserwand von teilweise 30 Metern Höhe bildete. "Nach derzeitigem Stand muss diesmal nicht mit einer Katastrophe wie damals gerechnet werden", sagte Zschau. Weltweit gibt es nur einmal im Jahr ein Erdbeben mit der Magnitude 8 und zehnmal mit der Stärke 7.
"Es gibt keine Straße ohne Trümmer": Die chilenische Großstadt Concepción ist am stärksten von dem Erdbeben betroffen. Alle wichtigen Gebäude der Millionenstadt seien eingestürzt.
politik
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Concepción - eine Stadt wird zerstört
00/02/2010
"Irre Aussagen" von "Schreihals" Westerwelle: Die Hartz-IV-Debatte geht weiter - unvermindert greift die Opposition den FDP-Chef an. Auch Westerwelle äußert sich wieder - und nimmt einen ungewohnten Gegner ins Visier. Auch am Wochenende hält die Debatte um Hartz IV weiter an. Der frühere SPD-Bundesarbeitsminister Olaf Scholz hat FDP-Chef und Außenminister Guido Westerwelle vorgeworfen, mit seinen Hartz-IV-Aussagen Ressentiments zu schüren. "Was er gesagt hat, ist irre", sagte der Hamburger SPD-Chef am Samstag auf einem Programmparteitag in der Hansestadt. Das ähnele dem Vorgehen der Lega Nord in Italien. "Die lebt auch vom Ressentiment, in ihrem Fall von Ressentiments des Nordens gegen den Süden." Westerwelle wiederum wolle das Ressentiment beleben, schlecht verdienende, aber hart arbeitende Arbeitnehmer gegen Arbeitslose aufzubringen. Gleichzeitig warf Scholz der Bundesregierung Tatenlosigkeit vor. "Wir werden gar nicht regiert." Man müsse schon die Frage stellen, ob im Kanzleramt nicht eine "Ansammlung von Nichtregierungsorganisationen" sitze. Auch die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Manuela Schwesig griff den Außenminister an bezeichnete den FDP-Chef als "Schreihals". Wer fordere, dass Arbeit sich lohnen müsse, müsse auch etwas dafür tun - erst recht, wenn er in Regierungsverantwortung sei, sagte die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern in einem Interview mit der Schweriner Volkszeitung vom Samstag. "Westerwelle ist ein Schreihals, der auch als Vize-Kanzler immer noch den Oppositionspolitiker macht." Der Bundesaußenminister habe "keine Debatte um Hartz IV angeschoben, sondern eine Neidkampagne gestartet". Die SPD-Politikerin forderte erneut, gesetzliche Mindestlöhne einzuführen. Auch Westerwelle äußerte sich noch einmal zum Thema - und nahm dabei die Wirtschaft ins Visier. Es werde viel zu wenig darüber gesprochen, dass es auch einen Missbrauch des Sozialstaates in der Wirtschaft gebe, etwa durch Schwarzarbeit, sagte Westerwelle dem Tagesspiegel vom Samstag. Es gebe "Unternehmen, die mit ihren Beschäftigten Kleinstverträge machen, um einem ordentlichen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zu entgehen und sich darauf verlassen, dass sich der Sozialstaat um ihre Mitarbeiter kümmert". Westerwelle zeigte sich überzeugt, dass es auch in der Wirtschaft "schwarze Schafe gibt, die die Mittel des Sozialstaats preisgünstig mitnehmen, obwohl sie eigentlich in der Lage wären, Arbeitsplätze zu schaffen". "Das sollte hier niemand vergessen." Westerwelle hatte mit umstrittenen Äußerungen zu Hartz IV eine Debatte über Sozialleistungen entfacht. Der Parteichef hatte unter anderem fehlende Leistungsanreize bemängelt und von "spätrömischer Dekadenz" gesprochen. Opposition fordert Machtwort Köhlers Die Forderung der Opposition nach einem Machtwort von Bundespräsident Horst Köhler wies unterdessen CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich scharf zurück. Friedrich sprach am Samstag in Berlin von einem "Zeugnis der Unfähigkeit" der Opposition. "Es ist unsäglich und unverschämt, jetzt nach dem Bundespräsidenten zu rufen, nur weil Rot-Grün selbst nicht in der Lage ist, die Sozialstaatsdebatte konstruktiv zu führen", sagte Friedrich. Zuvor hatten Oppositionspolitiker eine Einmischung Köhlers verlangt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sprach in der Leipziger Volkszeitung von der "Stunde des Bundespräsidenten". Der designierte Linke-Parteichef Klaus Ernst nannte es "wünschenswert, dass sich der Bundespräsident mit der Autorität seines Amtes in die aktuellen Debatten einschaltet". Auch die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth bemängelte: Angesichts der Debatte um Sozialstaat, Gerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit "vermisse ich die starke Stimme eines Präsidenten, der in der Vergangenheit gerade in Gerechtigkeitsfragen viel zu sagen hatte." Papier schaltet sich ein Auch der scheidende Gerichtspräsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, schaltete sich erneut in die Diskussion ein. Das Urteil aus Karlsruhe zu Hartz IV begründet nach Erläuterungen Papiers keinen Anspruch auf eine Erhöhung der Regelsätze. Die vom Gericht geforderten zusätzlichen Leistungen für Kinder wie Schulbücher oder Taschenrechner könne der Staat auch in Form von Sachleistungen erbringen, sagte Papier der Welt am Sonntag. Bedenken gegen eine Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger hielt Papier für unbegründet. Das heiß diskutierte Urteil war am 9. Februar vom Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichtes unter seinem Vorsitz gefällt worden. Nach Ansicht des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, können Hartz-IV-Leistungen für besondere Ereignisse wie Klassenfahrten aus dem Regelsatz herausgerechnet werden. Dafür könne es Gutscheine geben, sagte Kauder dem Hamburger Abendblatt. Der Staat könnte auch den Nachhilfe- oder Musikunterricht über Gutscheine fördern. Für mehr Sachleistungen plädierte auch der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart. "Das könnten kostenlose Schulessen sein, Übermittagsbetreuung oder auch Nachhilfe", sagte Pinkwart der Wirtschaftswoche. Papier sagte, die Festlegung der Regelsätze für Hartz IV - derzeit 359 Euro - sei nicht Sache des Verfassungsgerichts, sondern liege in der Gestaltungskompetenz des Gesetzgebers. "Ein bezifferbarer Anspruch ist dem Grundgesetz nicht zu entnehmen." Es sei Aufgabe der Politik, auf der einen Seite für Solidarität mit denjenigen zu sorgen, die sich nicht selbst helfen können, vor allem auch den betroffenen Kindern. "Auf der anderen Seite muss bedacht werden, dass die Mittel dafür vom Steuerzahler aufgebracht werden." Papier unterstrich, er habe keine verfassungsmäßigen Bedenken gegen die in der Politik diskutierte Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger. "Juristisch handelt es sich genau genommen nicht um Pflichten, sondern um Obliegenheiten zur Erlangung einer Leistung", sagte Papier. "Und die sind im geltenden Recht durchaus schon vorgesehen. Wer eine zumutbare Arbeit ohne triftige Gründe ablehnt, muss mit einer Leistungskürzung rechnen." Kauder forderte, dass alle Bundesländer die vorgesehenen Sanktionen anwenden, wenn Hartz-IV-Empfänger Jobangebote ablehnen. "Die Arbeitsagenturen und Kommunen in allen Bundesländern sind aufgerufen, nicht nur zu fördern, sondern auch zu fordern." Eine Änderung der Vorschriften lehnte der CDU-Politiker jedoch ab: "Schärfere Sanktionen als die bestehenden sind in einem Sozialstaat nicht möglich." Nach dem Gesetz müssen Arbeitslose, die mehrfach Vermittlungsangebote ohne stichhaltige Begründung ablehnen, mit einer Kürzung oder im Extremfall sogar mit einer Streichung ihrer Unterstützung rechnen. Die SPD warnte die schwarz-gelbe Koalition davor, die Zahl der Arbeitsvermittler abzubauen und die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik zu kürzen. Entsprechende FDP-Pläne hätten eine "verheerende Wirkung", sagte SPD-Partei- und Fraktionsvize Olaf Scholz der Deutschen Presse-Agentur dpa. Ohne diese Förderung könne man Arbeitslosen nicht zu einer Beschäftigung verhelfen. "Es wäre dann auch nicht mehr möglich, diejenigen, die gar nicht arbeiten wollen, herauszufinden und mit Leistungskürzungen zu sanktionieren", sagte der frühere Bundesarbeitsminister.
"Irre Aussagen" von "Schreihals" Westerwelle: Die Hartz-IV-Debatte geht weiter - unvermindert greift die Opposition den FDP-Chef an. Auch Westerwelle äußert sich wieder - und nimmt einen ungewohnten Gegner ins Visier.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/hartz-iv-debatte-alle-gegen-westerwelle-1.12698
Hartz-IV-Debatte - Alle gegen Westerwelle
00/02/2010
Die Koalition kommt nicht zur Ruhe: Die CSU verstärkt ihren Widerstand gegen die von der FDP geplante Gesundheitsprämie. Kurzmeldungen im Überblick Im Streit über die Gesundheitspolitik verschärft die CSU den Ton gegenüber dem Koalitionspartner FDP. CSU-Chef Horst Seehofer kündigte sein Veto gegen eine Gesundheitsprämie an. "Eine Umstellung der bestehenden, am Lohn orientierten und sozial gerechten Arbeitnehmerbeiträge auf eine Pauschale wird es mit mir nicht geben", sagte der bayerische Ministerpräsident der Rheinischen Post. Die von der Koalition eingesetzte Regierungskommission zur Gesundheitsreform dürfe sich nur mit den Zusatzausgaben in der Krankenversicherung beschäftigen, die aufgrund der Alterung der Bevölkerung und des medizinischen Fortschritts zu erwarten seien, sagte Seehofer. Die Arzneimittelkosten könnten mit einer Ausweitung der Festpreise für Medikamente gedrückt werden. Warum die Internetseite von der Frau des Ministerpräsidenten Christian Wulff für Wirbel sorgt und was ein deutsches Unternehmen mit afghanischem Drogenschmuggel offenbar zu tun hat: Auf den folgenden Seiten finden Sie weitere Kurzmeldungen.
Die Koalition kommt nicht zur Ruhe: Die CSU verstärkt ihren Widerstand gegen die von der FDP geplante Gesundheitsprämie. Kurzmeldungen im Überblick
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-seehofer-kuendigt-veto-gegen-kopfpauschale-an-1.12821
Politik kompakt - Seehofer kündigt Veto gegen Kopfpauschale an
00/02/2010
Der Zwang zur Ehelosigkeit der Priester ist für die Krise der katholischen Kirche verantwortlich. Jetzt ist es an der Zeit, das Zölibatsgesetz zu diskutieren. Massenhafter sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch katholische Kleriker von den USA über Irland bis Deutschland: ein enormer Imageverlust der katholischen Kirche, aber auch eine Offenbarung ihrer tiefen Krise. Für die Deutsche Bischofskonferenz hatte zuerst ihr Vorsitzender, Erzbischof Robert Zollitsch aus Freiburg, öffentlich Stellung bezogen. Dass er die Missbrauchsfälle als "abscheuliche Verbrechen" bezeichnete und später die Bischofskonferenz in ihrer Erklärung vom vergangenen Donnerstag alle Opfer um Vergebung bat, sind erste Schritte der Aufarbeitung, aber weitere müssen folgen. Zollitschs Stellungnahme weist freilich schwerwiegende Fehleinschätzungen auf, denen widersprochen werden muss. Erste Behauptung: Sexueller Missbrauch durch Kleriker hat nichts mit dem Zölibat zu tun. Einspruch! Nicht zu bestreiten ist zwar, dass solcher Missbrauch auch in Familien, Schulen, Vereinen und auch in Kirchen ohne Zölibatsgesetz vorkommt. Aber warum massenhaft gerade in der von Zölibatären geleiteten katholischen Kirche? Selbstverständlich ist nicht allein der Zölibat schuld an diesen Verfehlungen. Aber er ist der strukturell wichtigste Ausdruck einer verkrampften Einstellung der katholischen Kirchenleitung zur Sexualität, wie dies auch in der Frage der Empfängnisverhütung und anderem zum Ausdruck kommt. Ein Blick ins Neue Testament zeigt jedoch: Jesus und Paulus haben Ehelosigkeit für den Dienst an den Menschen zwar exemplarisch vorgelebt, aber dem Einzelnen diesbezüglich die volle Freiheit gewährt. Nicht nur mit dem Dienst verheiratet Ehelosigkeit kann vom Evangelium her nur als frei ergriffene Berufung (Charisma) und nicht als allgemein verbindliches Gesetz vertreten werden. Paulus hat sich entschieden gegen diejenigen gewendet, die schon damals die Ansicht vertraten, "dass es für einen Mann gut sei, keine Frau zu berühren": "Wegen der Versuchungen zur Unzucht soll jeder Mann seine Frau und jede Frau ihren Mann haben" (1 Kor. 7,1f). Nach dem neutestamentlichen Ersten Brief an Timotheus soll "der Bischof Mann nur einer (nicht: keiner!) Frau sein" (3,2). Petrus und die übrigen Apostel waren in ihrem Dienst verheiratet. Dies blieb durch viele Jahrhunderte für Bischöfe und Presbyter selbstverständlich und hat sich im Osten auch bei den mit Rom unierten Kirchen, wie in der ganzen Orthodoxie, zumindest für die Priester bis heute durchgehalten. Das römische Zölibatsgesetz aber widerspricht dem Evangelium und der alten katholischen Tradition. Es gehört abgeschafft. Zweite Behauptung: Es ist "völlig falsch", die Missbrauchsfälle auf Fehler im System der Kirche zurückzuführen. Einspruch! Das Zölibatsgesetz gab es im 1. Jahrtausend noch nicht. Im Westen wurde es im 11. Jahrhundert unter dem Einfluss von Mönchen (die ja freiwillig ehelos leben), vor allem vom Canossa-Papst Gregor VII., gegen den entschiedenen Widerstand des Klerus in Italien und noch mehr in Deutschland durchgesetzt, wo nur drei Bischöfe das römische Dekret zu verkünden wagten. Zu Tausenden protestierten Priester gegen das neue Gesetz. In einer Eingabe brachte der deutsche Klerus vor: "Ob der Papst das Wort des Herrn nicht kenne: Wer es fassen kann, der fasse es (Mt 19,12)?" In dieser einzigen Aussage Jesu zur Ehelosigkeit plädiert er für die Freiwilligkeit dieser Lebensform. Vom Volk abgehoben Das Zölibatsgesetz wird so - zusammen mit päpstlichem Absolutismus und forciertem Klerikalismus - zu einem wesentlichen Pfeiler des "römischen Systems". Anders als in den östlichen Kirchen erscheint der zölibatäre Klerus des Westens vor allem durch seine Ehelosigkeit als vom christlichen Volk ganz und gar abgehoben: ein eigener dominierender sozialer Stand, der dem Laienstand grundsätzlich übergeordnet, aber dem römischen Papst völlig untergeordnet ist. Der Pflichtzölibat ist Hauptgrund für den katastrophalen Priestermangel, die folgenschwere Vernachlässigung der Eucharistiefeier und vielerorts den Zusammenbruch der persönlichen Seelsorge. Dies wird durch die Fusion von Pfarreien zu "Seelsorgeeinheiten" mit völlig überlasteten Pfarrern verschleiert. Was aber wäre die beste Förderung des Priesternachwuchses? Die Abschaffung des Zölibatsgesetzes, Wurzel allen Übels, und die Zulassung von Frauen zur Ordination. Die Bischöfe wissen das, sollten aber auch den Mut haben, es auszusprechen. Sie hätten die große Mehrheit der Bevölkerung und auch der Katholiken hinter sich, die allen neueren Umfragen zufolge wünscht, dass die Priester heiraten dürfen. Dritte Behauptung: Die Bischöfe haben genügend Verantwortung übernommen. Dass jetzt ernsthafte Maßnahmen zur Aufklärung und zur Prävention ergriffen werden, ist selbstverständlich zu begrüßen. Aber tragen nicht die Bischöfe selbst die Verantwortung für die jahrzehntelange Praxis der Vertuschung der Missbrauchsfälle, die oft nur zur Versetzung der Missetäter im Zeichen strenger Verschwiegenheit führte? Sind also die früheren Vertuscher allein glaubwürdige Aufklärer oder müssten nicht unabhängige Kommissionen eingesetzt werden? Päpstliche Geheimhaltung Zu seiner Mitschuld hat sich bisher noch kaum ein Bischof bekannt. Aber er könnte darauf verweisen, er sei nur den Weisungen Roms gefolgt. Aus Gründen absoluter Geheimhaltung zog in der Tat die verschwiegene vatikanische Glaubenskongregation alle wichtigen Fälle von Sexualvergehen von Klerikern an sich und so kamen die Fälle in den Jahren 1981 bis 2005 auf den Tisch ihres Präfekten Kardinal Ratzinger. Dieser sandte noch am 18. Mai 2001 ein feierliches Schreiben über die schweren Vergehen ("Epistula de delictis gravioribus") an alle Bischöfe der Welt, in welchem die Missbrauchsfälle unter die "päpstliche Geheimhaltung" ("secretum Pontificium") gestellt wurden, deren Verletzung unter Kirchenstrafe steht. Dürfte also die Kirche nicht auch vom Papst, in Kollegialität mit den Bischöfen, ein "mea culpa" erwarten? Und dies verbunden mit der Wiedergutmachung, dass das Zölibatsgesetz, das auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil nicht diskutiert werden durfte, jetzt endlich frei und offen in der Kirche überprüft werden kann. Mit der gleichen Offenheit, mit der nun endlich die Missbrauchsfälle selbst aufgearbeitet werden, müsste auch eine ihrer wesentlichen strukturellen Ursachen, das Zölibatsgesetz, diskutiert werden. Dies sollten die Bischöfe unerschrocken und mit Nachdruck Papst Benedikt XVI. vorschlagen.
Der Zwang zur Ehelosigkeit der Priester ist für die Krise der katholischen Kirche verantwortlich. Jetzt ist es an der Zeit, das Zölibatsgesetz zu diskutieren.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/missbrauch-an-klosterschulen-zoelibat-und-missbrauch-1.9568
Missbrauch an Klosterschulen - Zölibat und Missbrauch
00/02/2010
Wie ihre NRW-Kollegen vermarkten offenbar auch die sächsischen Christdemokraten in Sponsoring-Verträgen ihren Landeschef. Ab 3900 Euro gibt es "kurze Gespräche" mit Ministerpräsident Tillich. Die Sponsoring-Affäre der CDU weitet sich aus. Der Spiegel berichtet über ein Schreiben an potenzielle Unterstützer der CDU-Veranstaltung "Denkfabrik Sachsen", die am Montag in Dresden stattfindet. Danach können interessierte Firmen vier "Präsentationsstufen" zum Preis von 500 bis 8.000 Euro wählen. Die Stufen drei und vier beinhalten dem Bericht zufolge ein "kurzes Gespräch mit dem Landesvorsitzenden Stanislaw Tillich". Zusätzlich wird Sponsoren ab Präsentationsstufe drei, die 3.900 Euro kostet, die Erwähnung ihres Firmennamens in der Begrüßungsrede des sächsischen CDU-Generalsekretärs Michael Kretschmer in Aussicht gestellt. Für Sponsoren der Stufe vier (8.000 Euro) organisiert die CDU zudem noch "ein separates Fachgespräch im Rahmen der Veranstaltung". CDU-Generalsekretär Kretschmer bestätigte dem Hamburger Magazin die Sponsoring-Praxis, bezeichnete die versprochenen Kurzgespräche mit Tillich jedoch als "Nebensache". Der Politiker sagte: "Wir verkaufen Standplätze, nicht den Ministerpräsidenten." Wegen ähnlich formulierter Sponsoring-Angebote trat am vergangenen Montag der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen CDU, Hendrik Wüst, zurück. Die CDU hatte Parteitags-Sponsoren Einzelgespräche mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers versprochen. Durch die Schreiben wurde Rüttgers mit dem Vorwurf der Käuflichkeit konfrontiert und geriet politisch unter Druck. Die Sponsorenaffäre um Rüttgers beschäftigt inzwischen auch die Bundestagsverwaltung. Die SPD bat Parlamentspräsident Norbert Lammert um eine genaue Prüfung des umstrittenen Vorgangs. Im Raum stehe der "Verdacht der verdeckten Parteienfinanzierung". Geklärt werden muss laut SPD, ob die Landes-CDU gegen das Parteiengesetz verstieß, weil sie in Briefen an Sponsoren gegen Geld exklusive Gesprächstermine mit Rüttgers oder den Ministern auf dem Landesparteitag im März anbot. Die Sozialdemokraten hoffen auf eine Klärung noch vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai und verlangen den Rücktritt von Rüttgers als CDU-Landeschef. Die "kommerzielle Vermarktung" von Ministerkontakten sei nicht statthaft. Rüttgers hatte die Vorwürfe, er sei käuflich, als "völligen Quatsch" zurückgewiesen und der Opposition bescheinigt, sie wolle "billigen Wahlkampf" machen.
Wie ihre NRW-Kollegen vermarkten offenbar auch die sächsischen Christdemokraten in Sponsoring-Verträgen ihren Landeschef. Ab 3900 Euro gibt es "kurze Gespräche" mit Ministerpräsident Tillich.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/sponsoring-affaere-in-der-cdu-auch-tillich-im-angebot-1.13185
Sponsoring-Affäre in der CDU - Auch Tillich im Angebot
00/02/2010
Liebe ist ein großes Wort. Manche scheuen sich ein Leben lang davor, es in den Mund zu nehmen. Nicht so Guido Westerwelle. "Mit Dank für Ihr Interesse", schreibt er nach seinem Auftritt vor der Bundespressekonferenz an diesem Freitag auf eine Pressemitteilung, die er einer Journalistin übergeben lässt. Und "In Liebe, Ihr Guido Westerwelle". "In Liebe", setzte er in Anführungszeichen, immerhin. Vorangegangen war der Wunsch einer Kollegin von der Berliner Zeitung, er möge doch bitte noch einmal vorlesen, was er Mitte Februar in der Welt über Hartz IV, "anstrengungslosen Wohlstand" und "spätrömische Dekadenz" geschrieben habe. Zum besseren Verständnis halt. Westerwelle hatte nämlich zuvor mehrfach darauf hingewiesen, dass wer richtig gelesen habe, gar nicht auf die Idee kommen könne, er habe Böses im Schilde geführt. Der Bitte zur Rezitation aber wollte er nicht nachkommen. Er könne ihr nicht abnehmen, selber zu lesen. "Wenn Sie lesen und hören, was ich gesagt habe, dann kommen Sie zum Schluss, dass die Debatte angestoßen werden musste", erklärt er. Aber er gebe ihr "den Zettel gern und schreibe 'In Liebe, Guido' darauf". Alles also nur ein Missverständnis? Alles aus dem Zusammenhang gerissen? Hier dazu mal das vollständige Zitat, damit nicht wieder etwas untergeht: "Wer kellnert, verheiratet ist und zwei Kinder hat, bekommt im Schnitt 109 Euro weniger im Monat, als wenn er oder sie Hartz IV bezöge. Diese Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Leistungsgedanken besorgt mich zutiefst. Die Missachtung der Mitte hat System, und sie ist brandgefährlich. Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein. An einem solchen Denken kann Deutschland scheitern. In vielen aufstrebenden Gesellschaften andernorts auf der Welt wird hart gearbeitet, damit die Kinder es einmal besser haben." Vielleicht sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die angesprochene Kellnerin zwar tatsächlich ein Arbeitseinkommen unterhalb von Hartz IV haben kann. Da aber Hartz IV eine Mindestsicherung darstellt, würde ihr Einkommen auf Hartz-IV-Niveau angehoben werden. Höhere Hartz-IV-Sätze kämen also auch ihr zugute. Aber das meint Westerwelle ja nicht. Westerwelle wird gefragt, ob er nachvollziehen könne, wenn ihm Rechtspopulismus oder Demagogie vorgeworfen werde. Seine Antwort: Es sei immer so, wenn der politische Gegner feststelle, dass eine Mehrheit der Menschen hinter einem stünde, dass man dann in die rechte Ecke gestellt werde. Er werde das "nicht akzeptieren". Wie seine "Man wird ja noch sagen dürfen"-Sätze, oder der Verweis auf die angeblich "schweigende Mehrheit" ist auch dieses rhetorische Instrument dem Baukasten der Demagogie entnommen. Westerwelle beherrscht das Instrumentarium eben perfekt. Kritische Fragen von Journalisten nach dem Krisentreffen von Kanzlerin Angela Merkel, Westerwelle und CSU-Chef Horst Seehofer in dieser Woche im Kanzleramt wischt Westerwelle beiseite mit dem wenig glaubwürdigen Hinweis, sein Verhältnis zur Bundeskanzlerin sei "sehr gut". Bei dem Satz müssen einige Journalisten hörbar hüsteln. Außerdem müssten die Journalisten ja "Krisentreffen" schreiben, weil sie sonst keinen Platz in ihren Zeitungen für die Geschichte bekämen. Westerwelle kennt sich eben aus. Um noch etwas Heiterkeit in den Saal zu bringen, erzählt er freimütig, es habe neben alkoholfreiem Bier auch Saft, Wasser und Käse gegeben. Er habe Wasser getrunken. Die Heiterkeit bleibt diesmal aus. Lesen Sie auf der nächsten Seite, wann Guido Westerwelle zur Schmallippigkeit neigt.
Vor der Bundespressekonferenz begegnet Guido Westerwelle seinen schärfsten Kritikern. Über einen missglückten Versuch der Sympathiewerbung.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/westerwelle-auf-schmusekurs-in-liebe-ihr-guido-1.11085
"Westerwelle auf Schmusekurs - ""In Liebe, Ihr Guido"""
00/02/2010
Es ist ein bemerkenswertes Zeichen, wenn der pakistanische Sicherheitsapparat die Deckung für die Taliban fallenlässt und die Verhaftung von Kommandeuren ermöglicht. Während in Deutschland das Parlament bei der Mandats-Abstimmung einen für den Hausgebrauch inszenierten Tanz aufführt, bewegen sich in Afghanistan die Ereignisse in hohem Tempo. Im Süden meldet die Isaf erste Erfolge - die zusätzlich eingesetzten Soldaten können in Gebiete vordringen, die bisher nicht zu sichern waren. Damit werden die Taliban nach Pakistan zurückgedrängt. In Pakistan selbst häufen sich die Festnahmen hochrangiger Taliban-Funktionäre. Auch wenn die Strukturen der Gruppierung flexibel sind und Führungsfiguren schnell rekrutiert werden: Es ist ein bemerkenswertes Zeichen, wenn der pakistanische Sicherheitsapparat die Deckung für die Gotteskrieger fallenlässt und die Verhaftung von mindestens 15 Kommandeuren, darunter sieben aus dem innersten Führungszirkel um Mullah Omar, ermöglicht. Doch Vorsicht: Die Taliban sind eine heterogene Gruppierung. Nicht alle verhafteten Kommandeure müssen automatisch Feinde der afghanischen Regierung sein. Auch unter den Taliban wächst die Versöhnungsbereitschaft. Nun geht es um den Preis. Die pakistanische Regierung will ihren Einfluss in Kabul sichern und vor allem verhindern, dass Indien eine stärkere Rolle spielt. Der Anschlag in Kabul war auch gegen Inder gerichtet und ist wohl nicht nur Zeichen blinder Taliban-Wut. Bei den Verhaftungen wie bei dem Anschlag gilt: Die Zusammenhänge sind nicht so simpel, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Nur in Deutschland wird man die Chancen, die sich nun eröffnen, nicht sehen. Hier ist alles wie immer: Die Öffentlichkeit will raus aus Afghanistan, die Linke will punkten, und die Mehrheit im Bundestag hofft, dass alles irgendwie gutgehen möge.
Es ist ein bemerkenswertes Zeichen, wenn der pakistanische Sicherheitsapparat die Deckung für die Taliban fallenlässt und die Verhaftung von Kommandeuren ermöglicht.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/afghanistan-pakistans-preis-1.1198
Afghanistan - Pakistans Preis
00/02/2010
Hannelore Kraft überzeugt auf dem Parteitag mit klassischer SPD-Rhetorik. Ihre Rede war aber auch eine Bewerbung für das Amt der Ministerpräsidentin - doch da ist die Aussicht wenig rosig. Der Ort für den Landesparteitag war mit Bedacht gewählt. Nirgendwo sonst fühlt sich die nordrhein-westfälische SPD so heimisch wie in Dortmund, der vermeintlichen "Herzkammer der Sozialdemokratie". Von hier aus, sagte NRW-SPD-Generalsekretär Michael Groschek zum Auftakt des zweitägigen Parteitages, solle "das Signal ausgehen, dass dies der letzte Parteitag als Oppositionspartei auf lange, lange Zeit ist." Der CDU dagegen, sagt Groschek, verspreche er "Regeneration in der Opposition". Dabei sind die Aussichten der SPD für die Landtagswahl am 9. Mai nicht besonders rosig. Die Sozialdemokraten unter ihrer Partei- und Fraktionschefin Hannelore Kraft liegt in allen Umfragen hinter der CDU von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zurück, derzeit würde einzig eine rot-rot-grüne Koalition eine Mehrheit erreichen können. Zu diesem Bündnis aber sagte Hannelore Kraft in ihrer knapp 60-minütigen Rede am Freitag nicht ein einziges Wort. "Wir in NRW. Mutig - Herzlich - Gerecht", hieß das Motto des Parteitages. Und vor allem das Herz betonte die 48-Jährige, die am frühen Freitagabend im Amt der Landesvorsitzenden bestätigt wurde. Sie erhielt 413 Ja- und nur drei Nein-Stimmen - 99 Prozent der Stimmen. In einem thematischen Rundumschlag betonte Kraft den Anspruch der SPD , "die Kümmererpartei" zu sein, während die schwarz-gelbe Koalition "die Entsolidarisierung der Gesellschaft" anstrebte. Knapp eine Stunde sprach Kraft zu den 450 Delegierten in der Dortmunder Westfalenhalle, schrie am Ende ihre Forderungen in den Saal zu den Delegierten, der anschließend knapp vier Minuten stehend applaudierte. "Wir haben den Mut, Strukturen zu verändern und es wird Zeit, dass sie verändert werden", hatte Kraft betont. Und daraus vor allem einen umfangreichen Forderungskatalog entwickelt: Kostenfreie Bildung vom Kindergarten bis zur Hochschule, mehr Sozialarbeiter und bessere Vorsorge, "damit kein Kind mehr verloren geht", mehr Mitbestimmung, Wiedereinführung des Tariftreuegesetzes, Mindestlöhne, Begrenzung der Leih- und Zeitarbeit, und nicht zuletzt eine Übernahme der kommunalen Schulden durch das Land in einer Art "Bad Bank". "Es soll wieder Spaß machen, die SPD zu wählen" Es war in der Rede viel traditionelle SPD zu spüren, es war von Aufstieg die Rede, von den Schwächsten der Gesellschaft, von Kinden, Alleinerziehenden und Armen. Sie wolle "nah bei den Menschen sein", hatte Kraft zuvor betont: "Da, wo wir Sozialdemokraten hingehören." Und so erzählte sie in ihrer mäandernden Rede ausgiebig von ihren Besuchen in Handwerksbetrieben und im Altenheim, wo sie jeweils einen Tag mitgearbeitet habe. "Initiative Tatkraft" haben die Sozialdemokraten die Tour genannt, bei der Hannelore Kraft, wie der SPD-Werbetrailer feststellte, "Menschen getroffen hat". Es war eine Bewerbungsrede für das Amt der Ministerpräsidentin, die sich an das richtete, was Berichterstatter dann gerne "Seele der Partei" nennen. Dazu gehört auch, dass der Forderungskatalog zwar opulent ausfällt, die Vorschläge zur Finanzierung dagegen naturgemäß etwas dünner. "Wir werden mehr Geld brauchen", sagte Kraft, und nannte Vermögensteuer, Erhöhung des Spitzensteuersatzes und die Börsenumsatzsteuer als einzige Instrumente. Die Delegierten goutierten den Weg zurück zu vermeintlich klassischer SPD-Politik. Der SPD-Generalsekretär Groschek hatte das passende Motto dazu geprägt: "Es soll wieder Spaß machen, die SPD zu wählen."
Hannelore Kraft überzeugt auf dem Parteitag mit klassischer SPD-Rhetorik. Ihre Rede war aber auch eine Bewerbung für das Amt der Ministerpräsidentin - doch da ist die Aussicht wenig rosig.
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SPD-Parteitag in Nordrhein-Westfalen - Die 99-Prozent-Kraft
00/02/2010
Die Gespräche dauerten fast drei Wochen und sie liefen sehr diskret ab. Ein Team der Wuppertaler Steuerfahndung, das von dem Vorsteher des Amtes, dem 60 Jahre alten Peter B., angeführt wurde, verhandelte im Ausland mit einem Informanten über den Ankauf einer CD mit den Daten von 1500 deutschen Kunden der Schweizer Bank Credit Suisse. Der Informant hatte diese CD den Wuppertalern bereits vor einem Jahr zum Kauf angeboten und 2,5 Millionen Euro verlangt. Die Fahnder hatten ihn dann zunächst um eine Namensliste von Personen aus Nordrhein-Westfalen gebeten, weil sie auf deren Steuerakten Zugriff haben. Sie erhielten ein halbes Dutzend Arbeitsproben und verglichen die Kontodaten mit den Akten. Es waren allesamt Treffer. Dann lieferte der Unbekannte noch einmal weitere hundert Namen und es waren wieder viele Treffer darunter. Außerdem übergab er Interna der Credit Suisse aus den Jahren 2004 bis 2008. Die Steuerfahnder werteten diese Unter-lagen bis September 2009 aus und informierten dann das Bundeszentralamt für Steuern darüber, dass nach internen Schätzungen der Großbank 88 Prozent der deutschen Kunden, die Konten bei dem Geldinstitut in der Schweiz haben, dieses Geld dem deutschen Fiskus verschwiegen haben. Bereits im vergangenen Herbst gingen dann die Wuppertaler Steuerfahnder davon aus, dass es ein Hauptverfahren gegen die deutschen Steuerhinterzieher und Beihilfeverfahren gegen Bankangestellte geben müsse. Im Februar war das Angebot aus der Schweiz öffentlich bekannt geworden und das Bundesfinanzministerium sowie das Kanzleramt hatten sich dafür ausgesprochen, die CD zu kaufen. Auch die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung, die in dem Fall federführend ist, hatte zugestimmt. Das Honorar zahlte zunächst NRW. Der Bund will 1,25 Millionen Euro beisteuern, auch andere Bundesländer sollen sich beteiligen. Ein Geschäft ist der Kauf auf jeden Fall. Nach internen Schätzungen rechnen die Steuerbehörden mit Mehreinnahmen von bis zu 400 Millionen Euro. Bei den Verhandlungen mit dem Datenbeschaffer soll die Frage, ob seine Identität geschützt wird, eine große Rolle gespielt haben. Im Fall des Ex-Mitarbeiters der Liechtensteiner LGT Treuhand, Heinrich Kieber, der 2007 Daten der Vaduzer Bank übergeben hatte, war dessen Name bekannt geworden. Kieber hatte jedoch zuvor versucht, die Bank erpressen. Wer der Unbekannte ist, der jetzt die Schweizer CD übergeben hat, ist derzeit nicht bekannt. Die Steuerfahndung will seinen Namen geheim halten. Daran soll auch ein Rechtshilfeersuchen der Schweizer Regierung nichts ändern. Die Eidgenossen bitten darin die deutschen Behörden um Informationen über die Identität des Informanten, gegen den in der Schweiz ein Verfahren läuft. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte, die Ressortabstimmungen, ob der Bund gegen die Rechtshilfe Bedenken habe, liefen noch. Der Spielraum, das Ersuchen abzulehnen, sei allerdings relativ klein. Experten rechnen damit, dass das Bundesjustizministerium und vermutlich auch das Auswärtige Amt dem Ersuchen stattgeben wollen und dass das Bundesfinanzministerium und das Kanzleramt dies ablehnen werden. "Wir geben dem Informanten keine Zusage, seine Identität zu schützen und beteiligen uns dann an Ermittlungen gegen ihn", sagt ein Düsseldorfer Ministerialer. Die Landesregierung in Stuttgart, deren Finanzbehörden auch eine Steuer-CD angeboten worden war, will die ihr angebotenen Daten nach Angaben vom Freitag dagegen nicht kaufen.
Wuppertaler Fahnder haben die CD mit Daten von etwa 1500 mutmaßlichen Steuerhinterziehern erworben. Der Informant soll 2,5 Millionen Euro erhalten haben.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/nordrhein-westfalen-die-steuer-cd-ist-gekauft-1.9026
Nordrhein-Westfalen - Die Steuer-CD ist gekauft
00/02/2010
Weil sich Schwarz-Gelb in Baden-Württemberg nicht einigen kann, soll nun der Bund über den Erwerb einer CD mit Daten mutmaßlicher Steuerhinterzieher entscheiden. Die Schwaben stehen in dem Ruf, ein auf Sparsamkeit bedachter Menschenschlag zu sein. Auch die Landesregierung übt sich nun in dieser Tugend: Baden-Württemberg hat die Entscheidung über den Ankauf einer CD mit Daten mutmaßlicher Steuerhinterzieher an das Bundeszentralamt für Steuern abgeschoben. Wenn zwei sich streiten, soll der Bund entscheiden Die Landessregierung werde die angebotenen Steuerhinterzieherdateien zur Prüfung und abschließenden Bewertung dem Bonner Amt übergeben, teilte Staatsminister Helmut Rau (CDU) mit. Die Stuttgarter Koalition aus CDU und FDP delegierte die Kaufentscheidung an den Bund, weil man sich nicht einig werden konnte, ob ein Kauf der CD rechtlich zulässig sei. Während Justizminister Ulrich Goll (FDP) den Kauf vehement ablehnte, war Finanzminister Willi Stächele (CDU) dafür. Sollte die Behörde im Rahmen ihrer Bewertung zu dem Schluss kommen, dass die auf der CD gespeicherten Daten rechtssicher nutzbar seien, solle die Daten-CD durch das Bundeszentralamt verwertet werden, so Rau. Ein Sprecher des Finanzministeriums stellte unterdessen klar, dass der Bund die Daten nicht selbst kaufen werde. Dies sei einzig Sache der Länder. Der Bund unterstütze lediglich die Länder, indem er einen Kauf rechtlich bewerte. Auch könne er koordinierend tätig werden, wenn sich einzelne Bundesländer zum Daten-Kauf entscheiden sollten. Ein Informant hatte sich bei der Steuerfahndung in Freiburg gemeldet und forderte 500.000 Euro für eine CD mit 1700 Namen mutmaßlicher Steuerhinterzieher. 52 Namen von Anlegern hatte er schon geliefert. Das Finanzministerium rechnet mit Steuermehreinnahmen zwischen sechs und sieben Millionen Euro. Rau sagte, man wolle eine rechtssichere Entscheidung. Die Landesregierung von Baden-Württemberg vertrete weiterhin die Meinung, dass unabhängig von der Frage, wie populär eine Entscheidung sei, grundsätzlich immer das Legalitätsprinzip gelte. Es müsse grundsätzlich immer überprüft werden, ob staatliches Handeln auf geltendem Recht basiere. Es müsse auch zukünftig immer sicher sein, dass der Staat nichts machen dürfe, was er seinen Bürgern über die Gesetzgebung verbiete.
Weil sich Schwarz-Gelb in Baden-Württemberg nicht einigen kann, soll nun der Bund über den Erwerb einer CD mit Daten mutmaßlicher Steuerhinterzieher entscheiden.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/baden-wuerttemberg-steuer-cd-daten-auf-der-durchreise-1.20890
Baden-Württemberg: Steuer-CD - Daten auf der Durchreise
00/02/2010
Die CDU in NRW bot Unternehmern gegen Honorar Gespräche mit Ministerpräsident Rüttgers an - Generalsekretär Wüst ist deshalb zurückgetreten. Ausgestanden ist die Affäre dennoch nicht. Anfang Februar bekamen die Kandidaten der nordrhein-westfälischen CDU für die Landtagswahl am 9.Mai Post aus der Landesgeschäftsstelle in Düsseldorf. In den Unterlagen befand sich eine "Musterrede zur Landespolitik", sozusagen als Handreichung, damit die Parteifreunde bei ihren Auftritten im Land auch ja die richtige Botschaft verbreiten. Und die lautet: In der Ruhe liegt die Stärke. Einen Dauerwahlkampf, wie ihn die SPD plane, werde die CDU nicht mitmachen. Erst nach Ostern beginne der Wahlkampf der eigenen Partei, sollten die Redner an der Basis verkünden. Nur ja nicht der SPD ein Mobilisierungsthema liefern. Das war das Ziel der Wahlkampfplaner. Mit Jürgen Rüttgers habe man schließlich einen sehr erfolgreichen Ministerpräsidenten, der über die Parteigrenzen hinweg hohes Ansehen bei den Menschen genieße. Mit dieser Schlafwagen-Strategie hatte Kanzlerin Angela Merkel im vergangenen Herbst bei der Bundestagswahl die SPD auf Abstand gehalten. Eine besondere Finanzierungsform Doch an Rhein und Ruhr wird die CDU auf diese Weise ihre vor fünf Jahren eindrucksvoll gewonnene Macht nicht verteidigen können. Die Affäre um Werbebriefe, in denen Sponsoren gegen Zahlung einer bestimmten Summe exklusive Gesprächstermine mit Rüttgers und Landesministern offeriert wurden, ist auch nach dem Rücktritt von Generalsekretär Hendrik Wüst am Montag nicht ausgestanden. Wie sich jetzt zeigt, ist diese besondere Finanzierungsform schon seit 2004 angewandt worden, also zu einem Zeitpunkt, als Wüst noch nicht im Amt war, Rüttgers hingegen schon. Dieser hatte seit seiner Wahl zum Landeschef 1999 den lange Zeit zerstrittenen Landesverband geeint und ganz auf seine Person ausgerichtet, mit dem Ziel, Ministerpräsident zu werden. Dass er vor diesem Hintergrund von den umstrittenen Briefen nichts gewusst haben will, wie er behauptet, daran gibt es Zweifel. Im November 2004 veranstaltete die NRW-CDU erstmals einen Zukunftskongress, an dem im ehemaligen Bonner Bundestag über 900 Menschen teilnahmen. Im Vorfeld wurde Sponsoren ein bis zu 14.000 Euro teures Paket angeboten. Als Gegenleistung versprachen die Organisatoren Gespräche mit dem damaligen CDU-Spitzenkandidaten und exklusive Plätze bei der abendlichen Business-Veranstaltung. Der besondere Clou sei eine halbstündige "Road-Show", bei der sich Rüttgers dann zu den Ständen der Sponsorenfirmen begebe, berichtete der Spiegel. Im Frühjahr 2006 bedankte sich Rüttgers dann bei der Veranstaltungsagentur für die während des zweiten Zukunftskongresses geführten "Gespräche mit Sponsoren, Referenten und Teilnehmern". Wie Flyer und Einladungen belegen, wurde die Aktion "Rent-a-Rüttgers" auch in den folgenden Jahren fortgesetzt, um die nach der Landtagswahl 2005 in finanzielle Nöte geratene Partei wieder zu konsolidieren. Etwa eine Million Euro mehr als geplant hatte der professionell geführte Wahlkampf gekostet. Zudem war die Parteizentrale aufwendig saniert worden. Über diese Dinge sei im Landesvorstand im Beisein des Parteichefs gesprochen worden, bestätigen Mitglieder des Gremiums. Und so wurde die Praxis des Verkaufens von Nähe zu Politikern weiter verfeinert. Bis zu 22.000 Euro muss inzwischen ein so genannter "Platinsponsor" zahlen, um ganz nah an den Ministerpräsidenten heranzukommen. Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum das Vorgehen der CDU in NRW gängige Praxis und dennoch ungewöhnlich ist.
Die CDU in NRW bot Unternehmern gegen Honorar Gespräche mit Ministerpräsident Rüttgers an - Generalsekretär Wüst ist deshalb zurückgetreten. Ausgestanden ist die Affäre dennoch nicht.
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NRW: Rüttgers und die Sponsoren-Affäre - Die Ware Nähe
00/02/2010
No Dr.: Der CDU-Abgeordnete Dieter Jasper hat mit einem falschen Doktortitel Wahlkampf gemacht - und muss jetzt "harte Konsequenzen" fürchten. Er selbst sieht sich als Opfer. Der CDU-Abgeordnete Dieter Jasper hat schon jetzt Historisches geleistet. Sein Fall ist einzigartig in 60 Jahren bundesrepublikanischer Parlamentsgeschichte. Spätestens Mitte kommender Woche entscheidet Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), ob sich der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages mit ihm befassen muss. Die Frage: Hat Jasper mit einem falschen Doktortitel den Wahlausgang bei der Bundestagswahl in seinem Wahlkreis zu seinen Gunsten verfälscht? Seinen Wahlkreis Steinfurt III im nordrhein-westfälischen Münsterland hat er am 27. September nur knapp mit etwas mehr als 2.000 Stimmen Vorsprung gewonnen. Jasper, 47, trat im Wahlkampf noch als "Dr. Dieter Jasper" auf. Ein Ökonom, ein Wirtschaftsversteher, einer, der es bis in die Kienbaum-Unternehmensberatung geschafft hat. In einem seiner Wahlprospekte heißt es: "Mit seiner wirtschaftlichen Kompetenz setzt er sich dynamisch und zielführend für unsere Region ein." Heute sitzt er im Wirtschaftsausschuss des Bundestages. "Dynamisch und zielführend" hat er wenige Jahre zuvor vor allem nach einem Weg gesucht, auf möglichst einfache Weise einen Doktortitel zu erwerben. Nach einem Weg, der frei ist von größeren Lernverpflichtungen und zeitraubenden Prüfungsvorbereitungen. Ein Doktor so nebenbei, neben seiner Arbeit im väterlichen Betrieb "Behälter- und Apparatebau Josef Jasper GmbH". Er wählte den einfachsten Weg. Geld statt Grips Jasper hat studiert, hat es an der Uni Münster zum diplomierten Wirtschaftswissenschaftler gebracht. Es fehlte ihm offenbar noch das Sahnehäubchen: 14 Jahre nach seinem Diplom kaufte er sich einen Doktortitel an der als Titelmühle verschrienen "Freien Universität Teufen" in der Schweiz. Diese angebliche Universität ist in etwa so vertrauenswürdig wie die "Sofort-Kredit-ohne-Schufa"-Inserate im lokalen Anzeigenblatt. Eine Briefkastenfirma, wie sie in der Schweiz auch mit diesem Namen legal zu betreiben ist, weil dort kein Hochschulgesetz das Wort "Universität" schützt. Jasper hat sich seine "Promotions-Urkunde" dort 2004 ausstellen lassen. Dafür brauchte es keinen Grips, nur Geld. "Die Urkunde gibt es ausschließlich auf Rechnung", weiß Manuel Theisen. Der Wirtschaftswissenschaftler an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität beschäftigt sich seit etlichen Jahren mit Titelmissbrauch. Die "Freie Universität Teufen" ist ihm wohlbekannt: "Teufen ist die allermieseste und allerälteste Titelmühle, die es gibt", sagt er zu sueddeutsche.de. Sie sei der "Marktführer" in dieser verrufenen Branche. Wer hier seinen Titel erwerbe, der wisse, was er tut. Jasper bestreitet das bisher. In lokalen Medien erklärte er, er sei - "naiv" wie er war - Betrügern aufgesessen. Der CDU-Politiker beteuert, dass er erst 2009 durch Medienberichte über dubiose Titelkäufe aufgeschreckt worden sei. Er habe dann eine Anwaltskanzlei beauftragt zu prüfen, ob sein Titel in Deutschland anerkannt sei. Das wenig überraschende Ergebnis: Jasper schmückt sich hierzulande zu Unrecht mit dem Titel. Strategisch gut gesetzt ist der Zeitpunkt der plötzlichen Eingebung: Im Oktober 2009 ließ er den Titel überprüfen, also nach der Bundestagswahl und kurz vor Ablauf der Zweimonatsfrist, in der jeder Bürger die Wahl noch hätte anfechten können. Danach geht das nur dann, wenn der Bundestagspräsident sich persönlich der Sache annimmt. "Schlicht Kokolores" Still und heimlich strich er von nun an den Doktortitel aus seiner Biographie. Die Internetseite "www.dr-dieter-jasper.de" stellte er ab, bei den biographischen Angaben auf den Bundestagswebseiten taucht der Doktortitel nicht mehr auf. Erst als ihn ein Lokaljournalist darauf anspricht, warum er seinen Titel nicht mehr führe, kommt die Geschichte zu Beginn des Jahres ins Rollen. Anfang Februar erreichten die ersten Beschwerden Bundestagspräsident Lammert, der nun entscheiden muss, ob er die Angelegenheit dem Wahlprüfungsausschuss des Bundestages übergeben will. Manuel Theisen hält die Darstellung Jaspers schlicht für "Kokolores". Wer Geld für einen Doktortitel bezahle, müsse wissen, dass das nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Er könne sich "kein Szenario vorstellen, in dem jemand glaubhaft erklären kann, dass er da unwissentlich in etwas hineingelaufen ist". Jasper verweist dagegen auf die Doktorarbeit, die er geschrieben habe. Das Thema dieser Arbeit: "Elemente und Strukturen von Managementsystemen in KMU (Klein- und Mittelständische Unternehmen) - Betriebswirtschaftliche Analyse für einen Betrieb der Metall verarbeitenden Industrie." Er hat die Arbeit auch seinem CDU-Kreisvorstand als Beweis vorgelegt. Teilnehmer berichten, das Werk sei merkwürdig dünn gewesen. Experte Theisen hält das für wenig glaubwürdig: "In Teufen gibt niemanden, der eine Doktorarbeit entgegennehmen könnte". Keine Mitarbeiter, kein Büro. Nur einen Briefkasten. Jaspers Argumentation könnte eine klassische Schutzbehauptung sein. Titelmissbrauch wird nach Paragraph 132a Strafgesetzbuch "mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft". Allerdings muss dem Täter Vorsätzlichkeit nachgewiesen werden. Jasper aber stellt sich als Opfer dar und hofft damit durchzukommen. Die Staatsanwaltschaft Münster prüft noch, ob gegen Jasper ermittelt werden soll, erklärte sie auf Nachfrage von sueddeutsche.de. In einem schreiben vom 23. Februar, das sueddeutsche.de vorliegt, vergab sie dem Fall das Aktenzeichen 72Js1347/10. (Nachtrag vom 02. März 2010: Das bisherige Aktenzeichen weist mit der kennung "Js" fälschlicherweise auf ein Ermittlungsverfahren hin, das die Staatsanwaltschaft ohne Zustimmung des Immunitätsauschusses des Bundestages jedoch nicht einleiten darf. Da bisher der Immunitätsauschuss noch gar nicht mit dem Fall befasst ist, hat die Staatsanwaltschaft das Aktenzeichen in 500ar11/2010 geändert.) Für Theisen ist die Sache klar: "In diesem Fall kann es gar keine Nichtvorsätzlichkeit geben." Sollte Bundestagspräsident Lammert den Fall dem Wahlprüfungsausschuss vorlegen, womit allgemein gerechnet wird, könnte es auch politisch eng werden für Jasper. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Peter Altmeier wollte sich zwar nicht festlegen, wies aber Anfang der Woche darauf hin, das es in vergleichbaren Fällen im außerparlamentarischen Bereich "harte Konsequenzen" gegeben habe. Lesen Sie auf Seite 2, was man bei SPD und Linken über die Causa denkt - und wie sich Jasper verhält.
No Dr.: Der CDU-Abgeordnete Dieter Jasper hat mit einem falschen Doktortitel Wahlkampf gemacht - und muss jetzt "harte Konsequenzen" fürchten. Er selbst sieht sich als Opfer.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/cdu-falscher-doktor-jasper-der-tiefe-fall-des-titeltraegers-1.12913
CDU: Falscher Doktor Jasper - Der tiefe Fall des Titelträgers
00/02/2010
Eklat im Reichtagsgebäude: Während der Debatte zum Afghanistan-Einsatz verweist Bundestagspräsident Lammert die Abgeordneten der Links-Fraktion wegen einer Protestaktion des Saales. In der Bundestagsdebatte über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr ist es zu einem Eklat gekommen: Bundestagspräsident Norbert Lammert schloss Abgeordnete der Linksfraktion am Freitag von der Sitzung aus, weil sie mit Protestplakaten gegen den Einsatz demonstriert hatten. Daraufhin verließ die Fraktion geschlossen den Plenarsaal. Nach der Rede ihrer Parteikollegin Christine Buchholz erhoben sich alle Abgeordneten der Linksfraktion von den Plätzen und hielten Plakate gegen den Luftangriff von Kundus hoch. Lammert verlangte von den Abgeordneten zunächst, die Plakate unverzüglich herunterzunehmen. Als sie dieser Aufforderung nicht folgten, forderte er sie unter dem Applaus der Abgeordneten anderer Fraktionen mehrfach zum Verlassen des Plenarsaals auf. Die Linken-Parlamentarier folgten schließlich der Aufforderung und zogen sich zu Beratungen zurück. Die Debatte wurde ohne sie fortgesetzt. "Herr Präsident, so weiter zu verhandeln halte ich für unwürdig" Der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele intervenierte kurz nach der Entscheidung von Lammert. Es seien von Abgeordneten der Linken lediglich Schilder hochgehalten worden mit den Namen der "auf deutschen Befehl" getöteten Afghanen. "Sie haben nicht randaliert, sie waren nicht laut." Es sei ein "völlig falsches Zeichen", wenn sich in Afghanistan die Nachricht verbreite, es seien diejenigen aus dem "Saal geworfen worden", die der Opfer gedenken wollten. Er bitte den Bundestagspräsidenten, seine Entscheidung zu überprüfen. "Herr Präsident, so weiterzuverhandeln halte ich für unwürdig." Lammert erwidert umgehend. Er hätte die Wortmeldung Ströbeles nicht zulassen müssen, sagte er. Auch er empfinde die Situation als "nicht routinemäßig". Dennoch: "Demonstrationen im Plenarsaal sind mit der Ordnung des Hauses nicht vereinbar." Es habe schon mehrfach Vorfälle ähnlicher Art mit Teilen der Linken gegeben. Er habe sich immer wieder versichern lassen, dass die Fraktionsspitze weder von den Aktionen gewusst noch sie gebilligt habe. Er habe bei einem der letzten Vorgänge ausdrücklich gewarnt, dass er "im Wiederholungsfall die Fraktion ausschließen werde." Lammert schloss: "Das Vorgehen ist alternativlos unter Berücksichtigung unserer Geschäftsordnung." "Stiller Akt des Gedenkens" Die Geschäftsordnung des Bundestags sieht eigentlich vor, dass ausgeschlossene Parlamentarier am kompletten Sitzungstag nicht mehr teilnehmen dürfen. Das hätte bedeutet, dass die Links-Fraktion sich nicht an der Abstimmung zum Afghanistan-Einsatz hätte beteiligen dürfen. Doch am Ende der Debatte ließ Lammert den Bundestag darüber abstimmen, die Links-Fraktion wieder zuzulassen. Mit großer Mehrheit stimmten die anderen Fraktionen dafür. Der Sprecher der Links-Fraktion, Hendrik Thalheim, sagte sueddeutsche.de, die Aktion sei ein "bewusster und stiller Akt des Gedenkens" gewesen. Es habe dazu keinen Fraktionsbeschluss gegeben, sondern sie sei von Abgeordneten mit Unterstützung aller anderen Abgeordneten der Fraktion vorbereitet und umgesetzt worden. Die Linke habe mit der Aktion deutlich machen wollen, dass der "Krieg ganz konkrete Opfer hat". Es habe überdies bislang keinen "Akt der Trauer und des Gedenkens" von Seitens des Bundestages oder der Regierung gegeben. Wenn der Bundestagspräsident nun meine, dafür die Fraktion der Linken von der Afghanistan-Debatte ausschließen zu müssen, "dann muss er das tun". Die Fraktionen sei jedoch über das Vorgehen Lammerts "ausgesprochen bestürzt". "Wir bleiben dabei, dass man der Opfer gedenken muss", sagte Thalheim. In der nächsten Sitzung des Ältestenrates werde es "sicher eine entsprechende Auseinandersetzung geben". Florian Hahn sagte für die CDU/CSU-Fraktion, der Vorfall sei "ein unerträglicher parteipolitischer Missbrauch der Opfer vom 4. September". Die FDP-Bundestagsfraktion begrüßte den Ausschluss der Linken. "Das Parlament ist der Ort der Diskussion und nicht der Demonstration", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen. "Deutschland ist an einem Krieg beteiligt" Auf den Spruchbändern der Linken waren die Namen der Toten des Luftangriffs von Kundus zu lesen, der von der Bundeswehr angeordnet worden war. Bei dem Bombardement zweier Tanklaster waren im September 2009 bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt worden. "Deutschland ist an einem Krieg gegen die einfache Bevölkerung in Afghanistan beteiligt", hatte die Linkspolitikerin Buchholz in ihrer Rede vor dem Bundestag unmittelbar zuvor kritisiert. Nach einer kurzen Pause stimmte der Bundestag der Verlängerung des Mandats um ein weiteres Jahr zu. Die klare Mehrheit wurde durch die Stimmen der schwarz-gelben Koalition sowie aus der SPD geschaffen. 429 Parlamentarier votierten für den Antrag der Bundesregierung, 111 lehnten ihn ab. Es gab 46 Enthaltungen. Im Rahmen des veränderten Mandats will die Bundesregierung das deutsche Truppenkontingent von bislang 4.500 Bundeswehr-Angehörigen um insgesamt bis zu 850 Soldaten aufstocken. Künftig sollen sich deutlich mehr Soldaten für die Ausbildung der afghanischen Streitkräfte einsetzen; auch die Zahl der deutschen Polizeiausbilder soll auf insgesamt 260 steigen. Ab 2011 sollen die Bundeswehr-Einheiten am Hindukusch reduziert werden. Bei der Frage des endgültigen Abzugs legt sich die Bundesregierung aber nicht fest. Im Video: Der Bundestag hat am Freitag mit großer Mehrheit die Aufstockung der deutschen Truppen in Afghanistan beschlossen. Weitere Videos finden Sie hier
Eklat im Reichtagsgebäude: Während der Debatte zum Afghanistan-Einsatz verweist Bundestagspräsident Lammert die Abgeordneten der Links-Fraktion wegen einer Protestaktion des Saales.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/afghanistan-debatte-im-bundestag-linke-provozieren-rausschmiss-1.12184
Afghanistan-Debatte im Bundestag - Linke provozieren Rausschmiss
00/02/2010
Bundestagspräsident Norbert Lammert berief sich bei seinem Rauswurf der Linken-Abgeordneten auf die Geschäftsordnung des Bundestags. Der entsprechende Paragraph im Wortlaut. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat sich beim Ausschluss von Linke-Abgeordneten aus dem Plenum auf die Geschäftsordnung des Bundestages berufen. Der entsprechende Parapgraph im Wortlaut: §38 Ausschluss von Mitgliedern des Bundestages (1) Wegen gröblicher Verletzung der Ordnung kann der Präsident ein Mitglied des Bundestages, auch ohne dass ein Ordnungsruf ergangen ist, für die Dauer der Sitzung aus dem Saal verweisen. Bis zum Schluss der Sitzung muss der Präsident bekanntgeben, für wieviel Sitzungstage der Betroffene ausgeschlossen wird. Ein Mitglied des Bundestages kann bis zu dreißig Sitzungstage ausgeschlossen werden. (2) Ein Sitzungsausschluss kann auch nachträglich, spätestens in der auf die gröbliche Verletzung der Ordnung folgenden Sitzung ausgesprochen werden, wenn der Präsident während der Sitzung eine Verletzung der Ordnung ausdrücklich feststellt und sich einen nachträglichen Sitzungsausschluss vorbehält. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Ein bereits erteilter Ordnungsruf schließt einen nachträglichen Sitzungsausschluss nicht aus. (3) Der Betroffene hat den Sitzungssaal unverzüglich zu verlassen. Kommt er der Aufforderung nicht nach, wird er vom Präsidenten darauf hingewiesen, dass er sich durch sein Verhalten eine Verlängerung des Ausschlusses zuzieht. (4) Der Betroffene darf während der Dauer seines Ausschlusses auch nicht an Ausschusssitzungen teilnehmen. (5) Versucht der Betroffene, widerrechtlich an den Sitzungen des Bundestages oder seiner Ausschüsse teilzunehmen, findet Absatz 3 Satz 2 entsprechend Anwendung.
Bundestagspräsident Norbert Lammert berief sich bei seinem Rauswurf der Linken-Abgeordneten auf die Geschäftsordnung des Bundestags. Der entsprechende Paragraph im Wortlaut.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/ausschluss-von-abgeordneten-was-die-geschaeftsordnung-sagt-1.6850
Ausschluss von Abgeordneten - Was die Geschäftsordnung sagt
00/02/2010
Kurz vor der Bundestags-Abstimmung über das Afghanistan-Mandat attackieren Selbstmordattentäter Kabul. Unter den Toten sind auch Ausländer. Bei einem Anschlag auf ein Einkaufszentrum und ein benachbartes Hotel in Kabul sind am Freitag mindestens 15 Menschen ums Leben gekommen. Augenzeugen berichteten von heftigen Schießereien. Wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in der afghanischen Hauptstadt mitteilte, wurden 18 weitere Menschen verletzt. Andere Quellen sprechen von 17 Toten und 32 Verletzten. Unter den Opfern sind mehrere Ausländer. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner bestätigte in Paris den Tod eines Franzosen, der sich zu einem Besuch in Afghanistan aufgehalten habe. Der Sprecher des afghanischen Innenministeriums, Semarai Baschari, sagte, bei dem Anschlag sei auch ein Italiener getötet worden. Ein Vertreter der indischen Botschaft in Kabul, der namentlich nicht genannt werden wollte, bestätigte zudem den Tod mehrerer Inder. Wie der Sender Tolo TV meldete, sollen in dem Hotel im Stadtzentrum mehrheitlich indische Staatsbürger untergebracht gewesen sein sollen. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür bislang nicht. Starke Polizeikräfte riegelten das Gebiet ab. Auf Fernsehbildern waren beschädigte Geschäfte zu sehen, ebenso wie eine leicht beschädigte Fassade des Hotels. Über dem Gebiet standen Rauchwolken. Nach Berichten von Augenzeugen sprengten sich zwei Selbstmordattentäter in die Luft. Danach kam es zu einem Schusswechsel. Zu dem Terrorakt bekannte sich die Taliban-Miliz. Ein Sprecher der Organisation, Sabiullah Mudschahid, sagte, dass fünf Selbstmordattentäter zwei von Ausländern benutzte Gebäude angegriffen hätten. Westerwelle kündigt Pressekonferenz an In Kabul waren erst Mitte Januar bei koordinierten Angriffen und Selbstmordanschlägen der radikal-islamischen Taliban mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen. Im vergangenen Oktober waren bei einem Selbstmordanschlag auf die indische Botschaft mindestens zwölf Menschen getötet worden. Bereits im Juli 2008 starben ebenfalls bei einem Selbstmordanschlag auf die indische Botschaft mehr als 40 Menschen, darunter zwei indische Diplomaten. Indien hat keine Truppen in Afghanistan, engagiert sich aber massiv beim zivilen Wiederaufbau. Die aktuellen Anschläge in Kabul trugen sich vor einer wichtigen Entscheidung im fernen Berlin zu. Der Bundestag entscheidet darüber, ob mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan geschickt werden. Die Zahl der Bundeswehrsoldaten in der Isaf-Schutztruppe soll von derzeit 4.500 auf 5.350 aufgestockt werden. Davon sind 350 Männer und Frauen als "flexible Reserve" vorgesehen. Das Mandat ist auf ein Jahr befristet. Die Regierung hat dazu einen Antrag vorgelegt, über den namentlich abgestimmt wird. Der Auswärtige Ausschuss hat bereits zugestimmt. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) will sich in einer Pressekonferenz zur deutschen Afghanistan-Politik und anderen aktuellen Fragen äußern. Im Video: In unmittelbarer Nähe zum größten Einkaufszentrum der afghanischen Hauptstadt Kabul hat sich am frühen Freitagmorgen ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt und dabei mehrere Menschen getötet. Weitere Videos finden Sie hier
Kurz vor der Bundestags-Abstimmung über das Afghanistan-Mandat attackieren Selbstmordattentäter Kabul. Unter den Toten sind auch Ausländer.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/terror-in-kabul-taliban-schicken-attentaeter-in-einkaufszentrum-1.5633
Terror in Kabul - Taliban schicken Attentäter in Einkaufszentrum
00/02/2010
Obama: Gesundheitsreform notfalls im Alleingang Neue Runde im Kampf um die US-Gesundheitsreform: Nach dem gescheiterten Spitzentreffen will Präsident Barack Obama sein wichtigstes Reformwerk notfalls ohne die oppositionellen Republikaner durchs Parlament boxen. Angesichts der Blockadepolitik der Republikaner erwägen die Demokraten, das Gesetz im Zuge der Etatberatungen zu verabschieden. Dabei brauchen sie im Senat keine "Supermehrheit" von 60 Stimmen und sind damit nicht auf die Republikaner angewiesen. US-Medien kommentierten, der siebenstündige "Gesundheitsgipfel" vor laufenden Kameras habe die Kluft zwischen den Lagern eher noch vertieft. Die Washington Post warnte vor "komplizierten parlamentarischen Manövern, die keinen Erfolg garantieren". Dagegen verwies die New York Times darauf, dass in der Vergangenheit sowohl Republikaner als auch Demokraten wichtige Gesetze im Zuge der Haushaltsdebatte durchgebracht hätten. "Der Präsident hat es klugerweise vermieden, sich die Hände zu binden." Obama machte bei dem Treffen unmissverständlich klar, dass er jetzt aufs Tempo drücken wolle. "Wir können uns nicht noch ein weiteres Jahr der Debatte darüber erlauben." Dagegen warnten Republikaner davor, bei einem derart zentralem Gesetzeswerk zu parlamentarischen Tricks zu greifen. Bisher haben zwar Senat und Repräsentantenhaus die Reform in einer ersten Lesung verabschiedet. Doch seitdem verloren die Demokraten ihre 60-zu-40-Mehrheit im Senat, so dass sie bei einer zweiten Lesung die Blockadepolitik des Dauerredens (Filibuster) der Republikaner nicht mehr verhindern könnten. Warum sich die Union in der Atompolitik nicht einig wird und wie eine IRA-Splittergruppe in Nordirland Schrecken verbreitet: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.
US-Präsident Barack Obama will die Gesundheitsreform notfalls ohne die Opposition durchs Parlament boxen. Kurzmeldungen im Überblick
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Obama in der Sackgasse
00/02/2010
Der Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestags hat am Donnerstag seine Ermittlungen zum Bombenangriff auf zwei von Taliban entführte Tanklaster am 4.September 2009 in Afghanistan fortgesetzt. Im Mittelpunkt stand die Befragung von zwei Soldaten, die neben dem damaligen Kommandeur Oberst Georg Klein an der Führung der Operation beteiligt waren. Der Nachrichtenoffizier der Sondereinheit Task Force47, Hauptmann N., und der sogenannte Fliegerleitoffizier, Oberfeldwebel W., sollten Auskunft darüber geben, aufgrund welcher Nachrichtenlage Klein den Befehl zur Bombardierung erteilte. Klein hatte den Einsatz gegen die Tanker aus dem Gefechtsstand der Task Force heraus geleitet. Das wurde zum einen mit der besseren technischen Ausstattung der Task Force zur Übertragung von Bild- und Videoaufnahmen aus den eingesetzten Flugzeugen begründet. Den unmittelbaren Kontakt zu den Piloten hielt Oberfeldwebel W. unter dem Code-Namen Red Baron (Roter Baron). Der zweite Grund für die Nutzung des Task-Force-Gefechtsstandes war, dass Hauptmann N. der Führungsoffizier eines afghanischen Informanten war, der per Handy über das Geschehen auf der Sandbank im Kundus-Fluss berichtete, wo die Tanklaster festgefahren waren. Hauptaufgabe der nach wie vor existierenden Task Force ist die Suche nach führenden Taliban. Die beiden am Donnerstag gehörten Zeugen waren schon im Zuge der Nato-internen Untersuchung zu dem Angriff ausführlich befragt worden. Dabei hatte Hauptmann N. den ziemlich komplizierten Informationsfluss zwischen seiner "Quelle" an der Sandbank und dem Oberst im Gefechtsstand beschrieben. Demzufolge telefonierte der Späher mit dem Dolmetscher des deutschen Provinz-Aufbauteams (PRT), in dessen Lager sich auch der Gefechtsstand der Task Force befindet. Der Dolmetscher ist gebürtiger Afghane mit einem deutschen Pass und einem deutschen Offiziersrang. Er hielt sich außerhalb des Gefechtsstandes auf. Seine Informationen lieferte er an zwei sogenannten Kollektoren - Bundeswehrsoldaten, die ebenfalls außerhalb der Einsatzzentrale warteten. Diese wiederum informierten Hauptmann N., der dann seinen Kenntnisstand, gefiltert um seine eigenen Geheimhaltungsinteressen, an Oberst Klein weitergab. Der Informant an der Sandbank stand offenbar in Kontakt mit anderen Mittelsleuten, denn er selbst hatte keinen freien Blick auf die Tanklaster. Er meldete wiederholt, dass sich im Umfeld der Laster nur Taliban und keine "Zivilisten" aufhielten. Dies war von entscheidender Bedeutung, denn Luftschläge gegen Aufständische sind nach den Nato-Einsatzregeln nur erlaubt, wenn zivile Opfer weitgehend vermieden werden. Hauptmann N. wurde von den Nato-Ermittlern intensiv nach der Zuverlässigkeit seiner Quelle befragt. N. sagte, er habe Oberst Klein in jener Nacht gesagt, dass seine Quelle normalerweise verlässlich sei, er aber nicht ausschließen könne, dass Fehler passierten oder dass die Quelle ihr eigenes Spiel treibe. Wie Klein diese Bewertung aufnahm, ließ N. offen. Er sei nicht "im Kopf des Kommandeurs", sagte N. den Nato-Ermittlern. Er habe es auch für wahrscheinlich gehalten, dass Klein zusätzliche Informationen gehabt habe, die ihm, N., nicht bekannt gewesen seien. Ähnlich wie im Fall des Informanten an der Sandbank konnte sich Klein auch über die Kommunikation zwischen Red Baron und den Piloten kein unmittelbares Bild machen. Den Funkverkehr hörte Klein nicht mit. Er verließ sich vielmehr ganz auf den Oberfeldwebel, den er nach eigener Aussage für uneingeschränkt vertrauenswürdig hielt. Immerhin hatte Oberfeldwebel W. schon etwa 50 Lufteinsätze geleitet. Gegenüber den Nato-Ermittlern schilderte W., wie Oberst Klein die Anforderung der beiden F-15-Jets, die letztlich die Bomben abwarfen, mit einer unmittelbaren Bedrohung und mit Feindberührung eigener Kräfte begründet hatte. W. bestätigte, dass die US-Einsatzkontrolle nur mit dieser Begründung bereit war, die Flugzeuge zu entsenden. W. sagte aber auch, dass er selbst keine akute Bedrohung gesehen habe. Auch die von Klein herangezogene Einsatzregel der Nato habe er nicht einleuchtend gefunden. Ob er dem Oberst allerdings dezidiert widersprach, wird aus dem Vernehmungsprotokoll der Nato nicht klar. Letztlich führte W. die Befehle seines Vorgesetzten auch aus. "Der Kommandeur ist und bleibt der Kommandeur, und ich bin Soldat", sagte W. Klein hat die volle Verantwortung für den Bombardierungsbefehl übernommen. Zur Rolle von N. und W. sagte Klein vor 14 Tagen im Ausschuss. "Ich bin Oberst, und das waren ein Hauptmann und ein Oberfeldwebel. Die können mich beraten, aber nicht drängen."
Was wusste Oberst Klein, als er den Befehl für den Angriff auf die Tanklaster gab? Der Kundus-Untersuchungsausschuss befragt dazu Zeugen.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/kundus-affaere-ich-war-nicht-im-kopf-des-kommandeurs-1.7092
"Kundus-Affäre - ""Ich war nicht im Kopf des Kommandeurs"""
00/02/2010
Rundungen statt klarer Kante: Auf Hannelore Kraft ruhen die Hoffnungen der SPD in Nordrhein-Westfalen, doch der Landeschefin fällt es schwer, diese zu erfüllen. Diese Dame ist gerade die Hoffnungsträgerin der deutschen Sozialdemokratie. Diese Frau soll der Partei neuen Mut einflößen, am 9. Mai, wenn in Nordrhein-Westfalen gewählt wird und die SPD nicht nur den Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) kippen, sondern zugleich auch die schwarz-gelbe Bundesratsmehrheit schleifen soll. Es ist vielleicht etwas viel verlangt von Hannelore Kraft. SPD-Hoffnungsträger stellt man sich gemeinhin eher vor wie, naja, Sigmar Gabriel. Menschen, die aus dem Bauch heraus Politik machen, gern holzschnittartig vereinfachen, aber eben auch Spuren hinterlassen, selbst wenn die Fußabdrücke mal in unterschiedliche Richtungen weisen. Hannelore Kraft ist eigentlich nicht so, sie wägt im Zweifel lieber so lange ab, bis nichts mehr hängenbleibt. Wenn man etwa mit Hannelore Kraft über die offene SPD-Wunde der Agenda 2010 spricht, sagt sie: Ja, man habe den Anspruch, "die Kümmerer-Partei zu sein, in den Augen der Menschen ein Stück weit verloren, aber das heißt ja nicht, dass wir alles falsch gemacht haben." Ein typisches "Ja, aber". Sie ist damit weit gekommen. Am Freitag wird die 48-Jährige auf dem Landesparteitag als Vorsitzende der NRW-SPD wiedergewählt, tags darauf wird die Fraktionschefin zur Spitzenkandidatin gekürt. Auch für die Landtagswahl verspürt Kraft Aufwind, selbst eine rot-grüne Koalition - vor Monaten noch ein Fall für Utopia - scheint angesichts knapper Umfragen inzwischen wieder denkbar zu sein. Scheu für dem radikalen Bruch "Wir liegen gerade einmal vier Punkte hinter der CDU", sagt Kraft, "das ist zu schaffen." Aber weniger, weil die SPD zu alter Stärke zurückgefunden hat als vielmehr, weil die Rüttgers-CDU derzeit von einer Affäre in die nächste stolpert und die schwarz-gelbe Bundesregierung ihren Gegnern das Feld bereitet. Gern arbeitet sich Kraft am NRW-Ministerpräsidenten ab, der bei seinen Vorstößen wie jüngst zur "Grundrevision" von Hartz IV nur "Begriffe und Überschriften benutzt, die durch nichts unterlegt sind." Ihre Angriffe legen zugleich ihr größtes Dilemma offen: Rüttgers ist zumindest präsent, Kraft dagegen - immerhin wie der CDU-Politiker stellvertretende Bundesvorsitzende ihrer Partei - wirkt merkwürdig defensiv. Sie dringe "mit den Themen nicht durch", klagte Kraft im kleinen Kreis. Sie hat aufwendig programmatische Positionen erarbeitet, etwa zu Bildungspolitik und Kommunalfinanzen, aber es fehlt das eine große, tragende Projekt, das mit ihr in Verbindung gebracht wird. Auch bei den Hartz-IV-Gesetzen hatte die Mülheimerin frühzeitig Korrekturbedarf angemahnt, doch als große Gegnerin ist sie nicht in Erinnerung geblieben, weil sie im Zweifel den radikalen Bruch scheut. "Ich war immer dagegen zu sagen: ,Wir hauen das jetzt alles in die Tonne und damit gewinnen wir Glaubwürdigkeit zurück", sagt Kraft. Es gebe "keine banalen Lösungen". Sie will keine Tabula rasa, nach der sich mancher Parteifreund insgeheim sehnt. "Verantwortlich neue Positionen entwickeln", heißt das bei ihr. Es klingt seltsam kraftlos. Dabei erzählt sie gern, dass sie für "klare Kante" stehe. Doch die Kanten haben bei ihr immer Rundungen. So hält sie es auch bei der Machtfrage, der Frage nach den Koalitionsoptionen. Ja, die Linke in NRW sei "derzeit nicht regierungsfähig", sagt Kraft, gleichwohl will sie eine Koalition nicht formell ausschließen. Sie will das Bündnis nicht, aber sie scheut das letzte Risiko, alles auf eine Karte zu setzen. Kraft lässt bewusst die schmale Hintertür offen, damit es ihr nicht so ergeht wie der Bundes-SPD, die vor der Wahl ohne echte Machtoption dastand. Wer wählt schon eine SPD, die sich nur als Juniorpartner in eine große Koalition flüchten kann? Sie sei "eine Getriebene", sagen Düsseldorfer Sozialdemokraten über ihre Frontfrau. Eine, die alles macht und dabei schon mal die große Linie vermissen lässt. Die Genossen meinen das gar nicht böse und der Eindruck ist so falsch nicht. Aber es ist weniger die Schuld von Hannelore Kraft, es gibt in der einst so stolzen NRW-SPD eben auch keine prägenden Gesichter. So speist sich der Optimismus der SPD, bei der Wahl zu reüssieren, vor allem aus der Schwäche der anderen. "Natürlich hilft uns der Zustand von Schwarz-Gelb in Berlin", gesteht Kraft. Sollte die SPD in zehn Wochen doch gewinnen, hätte weniger Hannelore Kraft gesiegt, vielmehr hätten Rüttgers, Merkel und Westerwelle verloren.
Rundungen statt klarer Kante: Auf Hannelore Kraft ruhen die Hoffnungen der SPD in Nordrhein-Westfalen, doch der Landeschefin fällt es schwer, diese zu erfüllen.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/spd-in-nrw-hannelore-kraft-die-frau-die-sich-nicht-traut-1.21815
SPD in NRW: Hannelore Kraft - Die Frau, die sich nicht traut
00/02/2010
Libyens Machthaber poltert wieder einmal gegen die Schweiz - und ruft diesmal zum Heiligen Krieg gegen das Land auf. Kurzmeldungen im Überblick. Noch Ende vergangenen Jahres hatte der selbst ernannte "König von Afrika" gefordert, die Schweiz abzuschaffen. Nun wettert der libysche Revolutionsführer Muammar Gaddafi wieder gegen das Alpenland - und ruft zum Heiligen Krieg auf. Die Schweiz sei ein ungläubiger Staat, in dem Moscheen zerstört würden, erklärte Gaddafi in Benghasi. "Jeder Muslim in der Welt, der mit der Schweiz zusammenarbeitet, ist ein Abtrünniger und gegen (den Propheten) Mohammed, Gott und den Koran." Gaddafi forderte außerdem die Muslime auf, Schweizer Produkte zu boykottieren und ihre See- und Flughäfen für die Schiffe und Flugzeuge der Eidgenossen zu sperren. "Diejenigen, die Gottes Moscheen zerstören, verdienen es, mit einem Dschihad angegriffen zu werden. Würde die Schweiz an unserer Grenze liegen, würden wir gegen sie kämpfen", wurde Gaddafi von der amtlichen Nachrichtenagentur Jana aus einer Rede vor Anhängern zitiert. Die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Staaten waren 2008 nach der Festnahme eines Sohns Gaddafis in Genf abgebrochen worden. Der junge Gaddafi war beschuldigt worden, eine Hausangestellte misshandelt zu haben. Ende November hatten die Schweizer in einem Referendum mit breiter Mehrheit für ein Bau-Verbot von Minaretten gestimmt. Lesen Sie auf den nächsten Seiten: Merkel, Westerwelle und Seehofer planen, künftig mehr miteinander zu reden, Berlusconis Anwalt kommt straffrei davon und in der Taliban-Hochburg Mardscha weht wieder die afghanische Flagge. Im Video: Der libysche Revolutionsführer Gaddafi hat Muslime in aller Welt zum Heiligen Krieg gegen die Schweiz aufgerufen. Weitere Videos finden Sie hier
Libyens Machthaber poltert wieder einmal gegen die Schweiz - und ruft diesmal zum Heiligen Krieg gegen das Land auf. Kurzmeldungen im Überblick.
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Gaddafi will Heiligen Krieg gegen die Schweiz
00/02/2010
Der US-Kongress ist wie gelähmt, die USA durchleben eine politische Depression. Auch Präsident Obama verzweifelt am System. Er zählt zu den einhundert mächtigsten Politikern Amerikas. Vor 20 Monaten erst hätte Barack Obama diesen Mann beinahe zu seinem Vizepräsidenten gekürt - doch nun ist Evan Bayh, demokratischer Senator aus dem Bundesstaat Indiana, zum Ankläger gegen Washington geworden, zum Kronzeugen gegen das herrschende System. Als "hirntot" beschreibt der Senator den US-Kongress, die ganze Hauptstadt sei gefangen in der Agonie eines Parteienkampfes, der nur noch lähmende Konfrontation statt lösender Kompromisse produziere. Gesundheitsgipfel als Polittheater Bayh bündelt seine vernichtende Kritik in einem Beispiel: Wenn er demnächst als Privatmann wenigstens einen einzigen neuen Arbeitsplatz schaffe, dann werde er "mehr vollbracht haben als der gesamte Kongress in den letzten sechs Monaten". Schlimmer noch als der Frust in den marmornen Hallen der Macht ist freilich die Wut, mit der das Volk vor den Toren Washingtons auf das System starrt. Gerade mal acht von 100 Wählern bekunden, ihr Abgeordneter verdiene seine Wiederwahl in den Kongress. Zwei von drei Amerikanern sehen ihre Nation in die falsche Richtung driften. Die Vereinigten Staaten, erschüttert von der schwersten Rezession seit drei Generationen, durchleben eine politische Depression. Auch Barack Obama, das Staatsoberhaupt, verzweifelt am System. Seine Reformvorhaben - Gesundheit, Klimaschutz, Finanzmarktkontrolle - verrotten seit Monaten in den Katakomben des Kongresses. Ein Präsident ohne Erfolge ist schnell verschrien als gescheiterter Präsident. Also sucht Obama nach Auswegen, vertagt das Thema Klimaschutz und bemüht sich um scheinbar Abwegiges wie jenen "Gesundheitsgipfel", der am Donnerstag Demokraten wie Republikaner für irgendeine Version von "Obama-Care" erwärmen sollte. Das stundenlange Palaver im Weißen Haus muss als reines Polittheater verbucht werden, niemand erwartete ein plötzliches Happy End. Der vorrangige Zweck dieser Inszenierung bestand darin, einmal all jene republikanischen Nein-Sager auf offener Bühne vorzuführen, die ansonsten meist unerkannt im Kongress das komplexe Räderwerk der Gesetzgebung lahmlegen. Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum die Blockadepolitik der Republikaner allein Obama und den Demokraten schadet.
Der US-Kongress ist wie gelähmt, die USA durchleben eine politische Depression. Auch Präsident Obama verzweifelt am System.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/usa-gesundheitsreform-obama-geisel-in-washington-1.17602
USA: Gesundheitsreform - Obama - Geisel in Washington
00/02/2010
CDU, CSU und FDP zanken sich lieber um Hartz IV statt in der Wirtschaftskrise zu handeln. Verantwortungsbewusstes Regieren geht anders. Eine Regierung kann viele Gefühle auslösen. Man kann sich über sie ärgern, wenn man ihre Ziele für falsch hält. Man kann sich über sie freuen, wenn sie tut, was man sich auch wünscht. Man kann sich sorgen, wenn sie nichts unternimmt, wo zu handeln nötig wäre. Und man kann hie und da stolz auf sie sein, wenn sie - wie einst bei der Entschädigung für Zwangsarbeiter - ihrer Verantwortung wirklich gerecht wird. Die schwarz-gelbe Koalition allerdings, die derzeit vorgibt, das Land zu regieren, hat es geschafft, ein neues Gefühl auszulösen. Nach bald vier Monaten fängt man an, vor ihr den Respekt zu verlieren. Der Grund ist so einfach wie ärgerlich: Sie benimmt sich nicht wie eine Regierung, sondern zankt sich, wie Kinder es tun, die im Sand um die schönsten Förmchen streiten. Sie nimmt die Verantwortung, die sie in der schweren Wirtschaftskrise hat, nicht ernst, sonst würde sie nicht wochenlang eine Debatte über den in dieser Krise nicht entscheidenden Schauplatz Hartz IV führen. Und sie hat es, das ist das Schlimmste, bis jetzt nicht geschafft, sich durch Reden und Handeln eine gemeinsame Identität zu geben. Derzeit herrscht nicht das Gefühl vor: Die gehören zusammen. Es dominiert der Eindruck: Die müssten getrennt werden. Schuld daran trägt eine CSU, die nicht aufhört, den vermeintlichen Partner FDP zu piesacken. Schuld daran trägt eine Kanzlerin, die zum Krisentreffen einlädt, aber vorher per Interview schon erklärt, was die Leute hinterher denken sollen. Und Schuld trägt ein Vizekanzler, der noch immer nicht verstanden hat, was Vizekanzler eigentlich bedeutet. Das nämlich hieße, Verantwortung für das Ganze zu übernehmen und auf spaltende Neiddebatten zu verzichten.
CDU, CSU und FDP zanken sich lieber um Hartz IV statt in der Wirtschaftskrise zu handeln. Verantwortungsbewusstes Regieren geht anders.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/schwarz-gelb-eine-regierung-die-man-nicht-respektiert-1.1551
Schwarz-Gelb - Eine Regierung, die man nicht respektiert
00/02/2010
Zehn Mal Zustimmung, aber immer weniger Zuversicht: Noch einmal wird der Bundestag das Afghanistan-Mandat verlängern - das letzte Mal? Als die Abgeordneten des Deutschen Bundestages am 22. Dezember 2001 die Entsendung von 1200 deutschen Soldaten nach Afghanistan beschlossen, taten sie es in der Hoffnung auf eine friedliche Zukunft am Hindukusch. In trauriger Kontinuität haben sie das seitdem Jahr um Jahr wiederholt. Die Truppenstärke ist in dieser Zeit größer, die Hoffnung auf Frieden kleiner geworden. Zum zehnten Mal stimmen die Abgeordneten an diesem Freitag über den Bundeswehr-Einsatz ab. Doch diesmal ist es anders. Diese Mandatsverlängerung markiert das, was in den vergangenen Jahren immer nur vorgetäuscht wurde - einen Wendepunkt. Das hat drei Gründe, die sich mit drei Städtenamen verbinden: Kundus, London und Den Haag. Der Luftangriff auf zwei von Taliban gekaperte Tanklaster bei Kundus hat den Krieg in Afghanistan ins Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit gebombt. Abschied vom Selbstbetrug Auch zuvor schon haben die Deutschen den Einsatz der Bundeswehr mehrheitlich abgelehnt. Erst der verhängnisvolle Befehl des Oberst Klein und dessen Verantwortung für den Tod von Zivilisten hat das Geschehen in Afghanistan auch gefühlt zur Sache der Deutschen gemacht. Das zwang die Politik zum Abschied vom Selbstbetrug, dass ein militärischer Auslandseinsatz auf Dauer gegen die eigene öffentliche Meinung durchzuhalten ist. Von dieser Erkenntnis führte der Weg zur Konferenz nach London. Es ist viel von einem Strategiewechsel die Rede gewesen und davon, dass die Afghanen künftig in die Pflicht genommen werden. Und tatsächlich hat die Weltgemeinschaft in London mehr zivile Hilfe versprochen und hat sich Präsident Hamid Karsai zu größeren eigenen Anstrengungen verpflichtet. In Wahrheit aber ging es nicht um neue Hoffnung für die Menschen in Afghanistan. Adressat war die Öffentlichkeit in den Staaten, die Soldaten nach Afghanistan geschickt haben. Ihnen wurde in London ein Versprechen gemacht: Es geht nicht immer so weiter in Afghanistan, von jetzt an ändert sich was. Ohne dieses Versprechen wäre die Verlängerung des Einsatzes in Deutschland gar nicht mehr durchzusetzen. Es ist dies eine Erkenntnis, die Kanzlerin Angela Merkel, Außenminister Guido Westerwelle und seinen Vorgänger Frank-Walter Steinmeier vereint. Mehr ziviler Aufbau, mehr Ausbildung und die oft beschworene Abzugsperspektive sind der Kitt der christ-liberal-sozialen Afghanistan-Koalition. Diese garantiert noch einmal eine ordentliche Mehrheit für die Mandatsverlängerung. Säule der deutschen Afghanistan-Politik wankt Auf den Weckruf aus Kundus und das Versprechen aus London folgte eine Warnung aus Den Haag. Die niederländischen Soldaten werden Afghanistan demnächst verlassen. An der Bitte der Nato, den schon länger beschlossenen Abzug noch einmal aufzuschieben, ist in Den Haag die Regierung zerbrochen. Die innenpolitischen Umstände, die dazu geführt haben, mögen speziell holländische sein - das Ende des niederländischen Einsatzes wirkt als Präzedenzfall. Er besagt: Europäische Soldaten können auch dann aus Afghanistan heimgeholt werden, wenn die Arbeit dort nicht getan ist. Damit wankt eine Säule auch des deutschen Beitrags. Jene nämlich, dass der Einsatz nicht kopflos abgebrochen werden darf. Mit einer dreifachen Botschaft hat sich die deutsche Afghanistan-Politik Zeit erkauft. Sie lautet: Der Einsatz wird nicht gefährlicher. Die Hoffnung auf Fortschritte ist begründet. Und 2011 beginnt der internationale Truppenabzug. Allein: Die Bundesregierung hat Versprechen abgegeben, deren Einlösung sie gar nicht in der Hand hat. Das wissen auch die Abgeordneten, wenn sie an diesem Freitag der erneuten Verlängerung zustimmen. Sie werden das nicht mehr oft tun. Die Heimkehr der deutschen Soldaten rückt näher. Zu befürchten ist, dass sie die Hoffnung auf Frieden in Afghanistan dann mit nach Hause bringen.
Zehn Mal Zustimmung, aber immer weniger Zuversicht: Noch einmal wird der Bundestag das Afghanistan-Mandat verlängern - das letzte Mal?
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https://www.sueddeutsche.de/politik/bundeswehr-in-afghanistan-erkenntnis-ins-bewusstsein-gebombt-1.24753
Bundeswehr in Afghanistan - Erkenntnis - ins Bewusstsein gebombt
00/02/2010
US-Präsident Obama hat eifrig für sein wichtigstes Projekt gekämpft. Doch am Ende war der Gesundheitsgipfel nicht mehr als ein Polittheater. Eine Einigung gab es nicht. US-Präsident Barack Obama hat die Parteien aufgerufen, sich doch noch auf eine Gesundheitsreform zu verständigen. "Wir müssen Punkte der Gemeinsamkeit finden", sagte er in der mehr als siebenstündigen Debatte mit führenden Republikanern und Demokraten, die live im Fernsehen übertragen wurde. Die Gesundheitsreform ist Obamas wichtigstes innenpolitisches Vorhaben, ein Scheitern wäre ein schwerer Schlag für ihn. Bereits vor dem Treffen hatten führende Republikaner eine Einigung aber als "fast unmöglich" bezeichnet. Und das sollte sich am Ende auch bewahrheiten: In seiner Schlussansprache sagte Obama, beide Seiten würden darüber übereinstimmen, "dass wir Reformen auf dem Krankenversicherungsmarkt brauchen". Doch über die Einzelheiten gebe es "viele Differenzen". Galoppierende Staatsverschuldung In der Debatte hatte Obama zuvor gesagt, dass bisher "parteipolitische Erwägungen den gemeinsamen Nenner in den Hintergrund gedrängt" hätten. Es gehe nicht nur darum, 30 Millionen Amerikanern ohne Krankenversicherung endlich Versicherungsschutz zu verschaffen. Auch alle Versicherten bräuchten dringend die Reform. Die Versicherungsprämien würden sich im Laufe des kommenden Jahrzehnts verdoppeln, wenn nichts geschehe. Die Kosten für sie staatliche Krankenversicherungen für Alte und Arme seien die größten Einzelposten bei der galoppierenden Staatsverschuldung Amerikas. Die Republikaner verlangten dagegen, die Reform völlig neu anzupacken. "Den Amerikanern passt dieser Gesetzentwurf nicht", sagte Eric Cantor, die Nummer Zwei der Republikaner im Repräsentantenhaus, "er sollte ganz neu geschrieben werden". Die Republikaner schlugen stattdessen einen Reformprozess in Einzelschritten vor, um die Kosten des Gesundheitswesens zu drücken. "Unser Land ist zu groß und zu kompliziert, um 17 Prozent der amerikanischen Wirtschaft auf einen Schlag neu zu regeln", sagte Senator Lamar Alexander. Die Demokraten lehnten den Vorstoß der Republikaner erwartungsgemäß ab. "Am Ende der Fahnenstange angelangt" "Die Amerikaner haben nicht die Zeit, dass wir noch einmal von vorn anfangen", sagte die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. "Viele sind am Ende der Fahnenstange angelangt." Obama warf den Republikaner sogar vor, Fakten bewusst zu verdrehen. Der Präsident hegte offenkundig von vornherein weniger die Absicht, mit dem Treffen die Ablehnungsfront der Republikaner aufzubrechen. Vielmehr betrachtete das Weiße Haus die von der Opposition nicht ganz zu Unrecht als "politisches Theater" und "Fototermin" kritisierte Diskussionsrunde als Gelegenheit, die überaus skeptische US-Bevölkerung für die Reform zu erwärmen. "Mehr und mehr und mehr wird das amerikanische Volk erkennen, dass wir die Gesundheitsreform wirklich brauchen", sagte Senator Max Baucus. Eine klare Mehrheit der Amerikaner lehnt das Vorhaben laut Umfragen bisher ab. Ungeachtet der Bemühungen am Donnerstag zeichnete sich indes ab, dass die Demokraten versuchen wollen, die Reform ohne Zustimmung der Republikaner durch den Kongress zu bringen. Zuletzt war das Gesetzgebungsverfahren in eine Sackgasse geraten, weil die Republikaner die Nachwahl für den Sitz des verstorbenen demokratischen Senators Edward Kennedy gewonnen hatten und seither über eine Sperrminorität im Senat verfügen. Die kann indes in einem "reconciliation" genannten komplizierten Verfahren umgangen werden. Der Vorteil des Verfahrens wäre es indes, dass dafür nur jeweils einfache Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus nötig wären. Im Senat zeichnete sich unter den Demokraten Zustimmung dafür ab. Nicht so klar ist es im Repräsentantenhaus. Dort hieß es, dass Obama endlich selbst die Verhandlungen in die Hand nehmen müsse, um eine Einigung bis spätestens Ostern zu erzwingen.
US-Präsident Obama hat eifrig für sein wichtigstes Projekt gekämpft. Doch am Ende war der Gesundheitsgipfel nicht mehr als ein Polittheater. Eine Einigung gab es nicht.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/usa-gesundheitsreform-obamas-theaterstueck-1.15364
USA: Gesundheitsreform - Obamas Theaterstück
00/02/2010
Die Bischöfe gehen in die Offensive und setzen einen Beauftragten für Missbrauchsfälle ein. Doch viele von ihnen fühlen sich auch an den Pranger gestellt. Einmal verliert der Erzbischof dann doch die Fassung. Als der Journalist aus der dritten Reihe gefragt hat, ob sexueller Missbrauch denn Jesusgemäß sei, hat er noch brav gesagt, dass Missbrauch ein Verbrechen sei. Als der Kollege, von der Glaubensgemeinschaft "Universelles Leben" entsandt, jetzt aber einen Einzelfall besprechen will, fährt er richtig hoch: "Ich muss Sie doch bitten..." Die Bischöfe tun doch was, sagt Zollitschs Empörung. Wir sind doch tief getroffen, wenn jeden Tag Missbrauchsfälle bekannt werden. Und dann werden wir an den Pranger gestellt, in die Enge getrieben, von Leuten, die am liebsten die katholische Kirche aufgelöst sähen. Dabei haben die in Freiburg versammelten Bischöfe und Weihbischöfe tatsächlich einen Schritt nach vorne gemacht. Noch einmal bittet Zollitsch zum Abschluss der Tagung die Opfer sexuellen Missbrauchs um Vergebung, spricht von der Erschütterung der Bischöfe, von Scham und Schock, davon, dass man das Ausmaß der Gewalt gegen Kinder und Jugendliche unterschätzt habe. Sie wollen bis zum Sommer prüfen, ob und wie mehr externe Ombudsleute für die Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs hinzugezogen werden können. Sie betonen, dass "die frühzeitige Einschaltung der Staatsanwaltschaften" bei Missbrauchsfällen "besondere Bedeutung" habe - künftig soll bei begründetem Verdacht dem Opfer zur Anzeige, dem Täter zur Selbstanzeige geraten werden, wenn nicht, wird das Bistum aktiv. Die Bischöfe wollen mit Opfern reden, die Ausbildung der Weihekandidaten verbessern. Sie richten eine bundesweite Hotline ein. Und es gibt nun einen Beauftragten der Bischofskonferenz für Fälle von sexuellem Missbrauch. Es ist der Trierer Bischof Stephan Ackermann. Er hat lange in der Priesterausbildung gearbeitet und war einer der ersten, der klar sagte, dass die katholische Kirche hier ein Problem unterschätzt hat. Das mag nicht revolutionär sein. Es hätte aber auch weniger geschehen können. Denn so sehr sich die Bischöfe einig waren in ihrer Betroffenheit über die immer neuen Missbrauchs-Fälle, so kontrovers diskutierten sie, wie die katholische Kirche in Deutschland sich in dieser Lage positionieren sollte. Die Diskussion soll, so ein Teilnehmer, "emotional und kontrovers" gewesen sein. Viele der älteren Bischöfe sahen sich einer Medienkampagne ausgesetzt, die den Zölibat und die gesamte Sexualmoral der katholischen Kirche an den Pranger stellte; man müsse sich schärfer verteidigen, forderte manche. Es setzten sich aber die durch, die nun maßvolle Selbstkritik für angebracht hielten. Statt Medienschelte steht nur der Satz in der Abschlusserklärung, dass man die Journalisten um eine "faire Berichterstattung" bitte. Die Experten, die die Bischöfe zu den Beratungen gebeten hatten, stärkten ihnen den Rücken für diesen Kurs. Unter anderem kam Norbert Leygraf nach Freiburg, der Essener Professor für forensische Psychiatrie, der auch Priester begutachtet, die übergriffig geworden sind. Er berichtete aus seiner Praxis: 17 Priester und Kirchenmitarbeiter habe er seit 2002 begutachtet, zwölf Fälle seien strafrechtlich relevant gewesen, davon wiederum sei es in sechs Fällen um Kinderpornographie im Internet ohne direkte Opfer gegangen. Leygraf möchte auch nicht ausschließen, dass straffällig gewordene Kirchenmitarbeiter wieder in der Seelsorge eingesetzt werden. Ist das ein Versuch, das Thema flach zu halten? Oder sind das die Erfahrungen eines Fachmanns, der jeden Tag fürchterliche Gewalttäter begutachtet, unter denen die Priester zu den weniger gewalttätigen und einsichtsfähigen gehören? Solche Differenzierungen gehen in diesen Tagen manchmal verloren, das zeigte auch der Streit zwischen Erzbischof Zollitsch und der Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Die hatte am Montagabend in einem Interview gesagt, sie erwarte, "dass die Verantwortlichen der katholischen Kirche endlich konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten." Bisher zeigten sie zu wenig Interesse an"lückenloser Aufklärung". Zollitsch hatte ihr daraufhin ein Ultimatum gesetzt und sich bei Kanzlerin Angela Merkel beschwert. Es war eine merkwürdige Einlassung der Ministerin: Ihre Vorgängerin Brigitte Zypries (SPD) hatte noch einen Gesetzentwurf gekippt, der vorsah, bei jedem Verdacht auf sexuellen Missbrauch zwingend die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Die Vertreter der Opfer befürchteten, dass dann die Hemmschwelle für missbrauchte Kinder steige, sich jemandem anzuvertrauen. Und es war ein merkwürdiges Ultimatum, das die hilflose Empörung Zollitschs zeigte. Am Donnerstag nun kam ein Brief der Ministerin beim Erzbischof an, in dem sie anerkannte, dass die Kirche sich sehr wohl um Aufklärung bemühe, dass aber die Leitlinien der Bischofskonferenz verbessert werden müssten. Das fand Zollitsch akzeptabel - denn die Leitlinien wollen die Bischöfe selber verbessern.
Die Bischöfe gehen in die Offensive und setzen einen Beauftragten für Missbrauchsfälle ein. Doch viele von ihnen fühlen sich auch an den Pranger gestellt.
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Bischofskonferenz - Scham und Schock
00/02/2010
Westerwelle bläst sich auf - Merkel lässt die Luft raus: Eine Rüge der Kanzlerin an die Adresse des Möchtegern-Tabubrechers dürfte beim FDP-Chef unschöne Erinnerungen wecken. Die Sätze der Kanzlerin kommen so harmlos daher. Aber sie sind wie ein Sprengsatz für das Verhältnis Angela Merkels zu Guido Westerwelle. Der Vizekanzler hatte in der Hartz-IV-Diskussion für sich in Anspruch genommen, Anwalt einer "schweigenden Mehrheit" zu sein und eine Debatte zu führen, die bisher gemieden worden sei. Merkel antwortete nun in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, sie wolle nicht, "dass durch bestimmte Formulierungen wie etwa 'Man muss noch sagen dürfen' der Eindruck entstehen kann, es werde etwas ausgesprochen, was nicht selbstverständlich ist, als gebe es also ein Tabu." Der FDP-Chef bläst sich auf - und die Kanzlerin lässt die Luft raus. Allein das reicht für eine mittlere Zerrüttung. Merkel hatte sich schon zuvor wiederholt vom "Duktus" Westerwelles distanziert. Daraufhin war ihr vorgeworfen worden, sie kritisiere lediglich die Form, nicht aber den Inhalt der Aussagen des FDP-Chefs. In diesem Fall allerdings trifft die Stilkritik den Adressaten womöglich viel härter: Indem sie gezielt Westerwelles Attitüde eines Tabubrechers thematisiert, nimmt Merkel die Reminiszenz an schwierige Monate der Liberalen vor acht Jahren mindestens in Kauf. Es ist die Erinnerung an eine Debatte, die fast das politische Ende des FDP-Chefs Westerwelle bedeutet hätte. Die Ähnlichkeiten in der Form sind frappierend: "Es ist eigentlich ein merkwürdiger Zustand, dass die Politiker sich nicht trauen, das zu sagen, was die Mehrheit der Bevölkerung denkt." So ließ sich am 9. Mai 2002 der damalige stellvertretende FDP-Vorsitzende Jürgen Möllemann im Rheinischen Merkur zitieren. Möllemann verteidigte damit seine Kritik an der israelischen Regierung wegen ihres Umgangs mit den Palästinensern. "Ich spreche nur aus, was in Wahrheit alle Politiker wissen, aber sie trauen es sich nicht auszusprechen." So formulierte es Guido Westerwelle am 17. Februar 2010 in seiner Aschermittwochs-Rede, als er in Straubing die von ihm losgetretene Sozialstaatsdebatte verteidigte. Mehrere Wochen tobte 2002 die Debatte um antisemitische Tendenzen in der FDP. Möllemann verwies am 22. Mai 2002 in einer Erklärung auf "mittlerweile über 11000" Zuschriften, im Spiegel vom 4. November 2002 wurde er aus einer internen Besprechung mit dem Satz zitiert, er habe sogar "Zehntausende begeisterte E-Mails" erhalten. Auch in der aktuellen Hartz-Debatte freut sich die FDP-Spitze nun über das angebliche Echo der Bevölkerung: "Ich habe dazu in den vergangenen Tagen Zigtausende Zuschriften von Bürgern erhalten - die weitaus größte Zahl zustimmend", sagte Westerwelle am 21. Februar in der Bild am Sonntag. Und auch die Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger prahlte am Donnerstag im ZDF: "Sie glauben nicht, wie viele Zuschriften wir erhalten haben."
Westerwelle bläst sich auf - Merkel lässt die Luft raus: Eine Rüge der Kanzlerin an die Adresse des Möchtegern-Tabubrechers dürfte beim FDP-Chef unschöne Erinnerungen wecken.
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Merkel gegen Westerwelle - So wie einst Herr Möllemann
00/02/2010
Hannelore Kraft soll die SPD in NRW an die Macht bringen. Ein Gespräch über die Ziele ihrer Partei und Rüttgers Sponsoring-Affäre. Hannelore Kraft ist gerade die Hoffnungsträgerin der deutschen Sozialdemokratie. Die SPD-Landeschefin soll der Partei neuen Mut einflößen, am 9. Mai, wenn in Nordrhein-Westfalen gewählt wird und die SPD nicht nur den Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) kippen, sondern zugleich auch die schwarz-gelbe Bundesratsmehrheit schleifen soll. SZ: Der NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) steht seit Tagen wegen der Sponsoring-Affäre unter Druck. Die NRW-SPD hat Rüttgers zum Rücktritt aufgefordert. Ist das nicht ein bisschen überzogen? Hannelore Kraft: Es muss solchen Entwicklungen Einhalt geboten werden. Wir haben die Mövenpick-Affäre, wo die Käuflichkeit der FDP im Raum steht und jetzt macht die NRW-CDU seit Jahren Angebote einen Ministerpräsidenten gegen Geld exklusiv zu mieten, um mit ihm vertrauliche Gespräche zu führen. Diese Dimension habe ich mir nicht vorstellen können. SZ: Und die SPD schlägt daraus im NRW-Wahlkampf freudig Kapital. Kraft: Der politische Schaden schlägt doch erfahrungsgemäß bei allen ein, weil die Bürger solche Vorgänge insgesamt nicht mehr verstehen. Darunter leiden alle, auch wir. Wir sind, das gehört zur Wahrheit dazu, alle nur Menschen, doch Politiker haben Vorbildfunktion. SZ: Haben Sie mit ihrem Fraktionskollegen Edgar Moron, der für zwei Sitzungen im Beirat der Ruhrkohle AG insgesamt 22.500 Euro kassiert hat, in letzter Zeit auch über Vorbildfunktion gesprochen? Kraft: Edgar Moron hat in der Fraktion erklärt, dass er das Geld gespendet hat. Er hat auch gesagt, dass es ein Fehler war, in den Beirat zu gehen. SZ: Aber in 39 Jahren der SPD-Herrschaft hat es in NRW doch zweifelsohne Filz und Vetternwirtschaft gegeben. Kraft: Dass es auch Verstrickungen gegeben hat, kann ich nicht widerlegen. Aber eines steht fest: Käuflich waren die SPD-Landesregierungen nicht. Mein Ziel ist es, Politik nah bei den Menschen zu machen. Deshalb gehe ich mit unseren Landtagskandidaten zum Beispiel jeweils einen ganzen Tag in Einrichtungen und Betriebe rein, um zu spüren, wo die wirklichen Probleme der Menschen liegen. SZ: Ist diese so genannte "Initiative Tatkraft" aber nicht vor allem ein Eingeständnis, dass genau diese Erdung der SPD in den letzten Jahren gefehlt hat? Kraft: Unsere Stärke war früher, die Kümmerer-Partei zu sein. In den Augen der Menschen hatten wir das ein Stück weit verloren, das stimmt. Aber das heißt ja nicht, dass wir alles falsch gemacht haben. SZ: Aber die Agenda 2010 und die Hartz-Reformen sind weiter die offene Wunde der Partei. Ihr Konkurrent Jürgen Rüttgers fordert die Generalrevision, aber was will eigentlich die stellvertretende SPD-Chefin? Kraft: Herr Rüttgers spricht von Generalrevision, sagt aber nicht, was er damit meint. Das macht er immer so. Er benutzt gerne Begriffe und Überschriften, die durch nichts unterlegt sind. Unser Ziel wird es sein, das Gerechtigkeitsproblem zu lösen, dass darin besteht, das derjenige, der lange gearbeitet hat, nach relativ kurzer Zeit mit demjenigen auf die gleiche Stufe fällt, der noch nie ein Schüppe in der Hand gehalten hat. Das ist der Kern des Problems. SZ: Und die Lösung? Kraft: Die Lösung ist nicht banal, denn man muss aufpassen, nicht neue Ungerechtigkeiten zu schaffen. Mir begegnen oft Leute, die sagen: Macht das einfach nach dem Prinzip 'Wer länger eingezahlt hat, kriegt auch länger Geld.' Aber so einfach ist das nicht, denn was ist zum Beispiel mit denjenigen, die unverschuldet immer wieder arbeitslos werden und damit keine lückenlose Beschäftigung vorweisen können. Ich zumindest möchte nicht, dass aus dem Ganzen ein Prinzip Sparkasse wird - wer viel einzahlt, bekommt auch viel zurück. Das entspricht nicht dem Solidarprinzip und birgt in den Händen der Marktliberalen hohe Risiken.
Hannelore Kraft soll die SPD in NRW an die Macht bringen. Ein Gespräch über die Ziele ihrer Partei und Rüttgers Sponsoring-Affäre.
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"Interview mit Hannelore Kraft - ""Diese Dimension habe ich mir nicht vorstellen können"""
00/02/2010
US-Präsident Obama lädt ins Weiße Haus, um sein Prestige-Projekt, die Gesundheitsreform, doch noch zu retten. Noch gibt er sich zuversichtlich. Es gebe durchaus Gemeinsamkeiten. Sechs Stunden sind für das Spitzengespräch veranschlagt, die Bevölkerung kann die Debatte live im Fernsehen verfolgen: Bei einem Treffen mit Vertretern von Demokraten und Republikanern will US-Präsident Barack Obama die erheblich ins Stocken geratenen Bemühungen um sein wichtigstes innenpolitisches Projekt wiederbeleben: die Reform des Gesundheitswesens. Noch gibt sich Obama zuversichtlich. Zu Beginn der Debatte forderte Obama die Vertreter beider Parteien auf, einen Kompromiss zu finden. Es gebe trotz Meinungsverschiedenheiten in einer ganzen Reihe von Fragen große Übereinstimmungen, sagte der US-Präsident im Weißen Haus. "Wir wissen alle, dass diese Reform dringend notwendig ist." Die Ansichten von Demokraten und Republikanern überlappten sich, sagte Obama. Allerdings räumte auch er ein, er wisse nicht, "ob die Differenzen überbrückt werden können". Beide Lager hatten bereits vor dem Treffen erhebliche Zweifel geäußert, dass in der verhärteten Debatte doch noch Einigung erzielt werden könnte. Einige Vertreter beider Parteien sprachen von "politischem Theater". Um die Pläne im Kongress durchzubringen, ist der Präsident den Republikanern entgegengekommen und hat seine Reformvorschläge abgespeckt. So sollen nach Angaben einer mit dem Vorgang vertrauten Person nur noch 15 Millionen Amerikaner, die derzeit ohne Versicherung sind, in den Genuss einer Krankenversicherung kommen. Das ist gegenüber den ursprünglichen Absichten eine Halbierung des betroffenen Personenkreises. Die Gesundheitsreform ist Obamas wichtigstes innenpolitisches Vorhaben. Nach dem Verlust der strategischen Mehrheit der Demokraten im Senat ist der Präsident auf die Zustimmung der Republikaner angewiesen. Aber auch in seiner eigenen Partei ist die Reform vor der Zwischenwahl im November zunehmend umstritten.
US-Präsident Obama lädt ins Weiße Haus, um sein Prestige-Projekt, die Gesundheitsreform, doch noch zu retten. Noch gibt er sich zuversichtlich. Es gebe durchaus Gemeinsamkeiten.
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USA: Debatte um Gesundheitsreform - Der letzte Anlauf
00/02/2010
"Nichts ist so überzeugend wie die Realität": Während Kanzlerin Merkel mühsam versucht, die Koalition zu beruhigen und Gesundheitsminister Rösler den Rücken zu stärken, setzt CSU-Chef Seehofer das Dauerfeuer gegen die FDP und ihre Kopfpauschale fort. Der Name ist kompliziert, die Mission gewaltig: Die "Regierungskommission zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung des Gesundheitswesens" soll das deutsche Gesundheitssystem komplett umbauen oder - so hieß es offiziell - die im Koalitionsvertrag getroffenen Festlegungen umsetzen. Am Mittwoch ist das Gremium eingesetzt worden, an diesem Donnerstag erklärte die Kanzlerin in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass sie es ernst meint mit dem Umbau. "Unser Ziel ist, dass wir eine bessere Entkopplung der Arbeitskosten von den Gesundheitskosten und ein weiterhin solidarisches System wollen, verbunden mit einem neu zu definierenden Solidarausgleich", sagte Merkel. Um dies umzusetzen, sei keine Kostensteigerung notwendig. "Unterm Strich kostet das nicht unbedingt mehr Geld als heute schon im System vorhanden ist", sagte Merkel. Diese Bemerkung der Kanzlerin galt sicher den besorgten Beitragszahlern in Deutschland, vor allem aber dem sehr besorgten Beitragszahler und CSU-Chef Horst Seehofer. Der hat unterstützt von seinem Gesundheitsminister Markus Söder in der Vergangenheit keine Gelegenheit ausgelassen, Philipp Rösler, den zuständigen Bundesminister von der FDP, in seinen Ambitionen zu bremsen. Merkel wusste, dass die nächste Volte aus München nicht lange auf sich warten lassen würde. Just am Tag nach der Einsetzung der Kommission präsentierte Seehofer neue Berechnungen der CSU zu den Kosten der von Rösler angestrebten Kopfpauschale. Eine solche Prämie würde pro Kassenmitglied 145 Euro betragen und mache einen Sozialausgleich aus Steuermitteln im Umfang von 21 Milliarden Euro nötig, erklärte der CSU-Chef. Entsprechende Berechnungen habe er bereits beim Spitzentreffen mit Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle am Vorabend im Kanzleramt vorgelegt. Die Zahlen seien "verifiziert und belastbar", sagte Seehofer. Sie belegten, dass die Pauschale nicht nur ungerecht, sondern auch sehr teuer sei. Ihre Einführung könne er sich deshalb "beim besten Willen nicht vorstellen". Der CSU-Chef verwies darauf, dass die Koalition auch die Steuern senken, mehr für Bildung ausgeben und in Wachstum und Arbeitsplätze investieren wolle. "Nichts ist so überzeugend wie die Realität", sagte Seehofer. Ein Sprecher von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler wies Seehofers Berechnungen zurück: "Diese Zahlenzauberei dient nur dazu, die Menschen zu verunsichern." Die Kommission werde zeigen, dass der schrittweise Einstieg in ein faireres System möglich sei. Seehofer forderte, das am Mittwoch vom Kabinett beschlossene Gremium müsse jetzt zügig Vorschläge vorlegen. An Rösler appellierte er, rasch gegen den rasanten Ausgabenanstieg bei den gesetzlichen Krankenkassen vorzugehen. "Da muss aufs Tempo gedrückt werden." Ansonsten drohe im Herbst oder Winter ein Beitragsschub, der nicht allein durch Zusatzbeiträge aufgefangen werden könne. In der Spitzenrunde habe Konsens geherrscht, dass die Ausgaben ein Problem darstellten. Seehofer kritisierte vor allem auch die wachsenden Aufwendungen für Arzneimittel. Die Zuwächse in diesem Bereich seien medizinisch nicht mehr zu begründen.
"Nichts ist so überzeugend wie die Realität": Während Kanzlerin Merkel mühsam versucht, die Koalition zu beruhigen und Gesundheitsminister Rösler den Rücken zu stärken, setzt CSU-Chef Seehofer das Dauerfeuer gegen die FDP und ihre Kopfpauschale fort.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/streit-um-die-gesundheitsreform-horst-seehofer-zahlenzauber-gegen-die-fdp-1.16411
Streit um die Gesundheitsreform - Horst Seehofer - Zahlenzauber gegen die FDP
00/02/2010
Das Westjordanland und auch die dort gelegenen jüdischen Siedlungen sind zollrechtlich nicht Israel zuzurechnen. Dort wie auch im Gazastreifen gilt ausschließlich das Zollabkommen zwischen der Europäischen Union und den Palästinensern, urteilte an diesem Donnerstag der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. In dem schon im Vorfeld des Urteils aufmerksam verfolgten Streit um Soda-Club-Produkte stärkte der EuGH damit die palästinensische Selbstverwaltung und zurrte die ohnehin klare politische Haltung der Europäischen Union auch rechtsverbindlich in aller Öffentlichkeit fest (Az: C-386/08). Das deutsche Unternehmen Brita importiert Sprudelwasserbereiter und Zubehör von Soda-Club, einem im Industriegebiet Mishor Adumin im Westjordanland ansässigen Unternehmen. Brita beantragte für die Einfuhr der Soda-Club-Produkte einen ermäßigten Zolltarif gemäß dem Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und Israel. Das Hauptzollamt Hamburg-Hafen lehnte dies ab. Der EuGH bestätigte diese Entscheidung jetzt. Waren aus dem Westjordanland oder dem Gazastreifen können zwar nach dem Abkommen zwischen der EWG und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ebenfalls mit einem ermäßigten Zolltarif in die EU importiert werden - aber nicht, wenn sie als israelische Waren deklariert werden. Weil Israel die Siedlung aber unter eigene Zollhoheit stellte, hatte Brita für die Soda-Club-Produkte Zollfreiheit nach dem Abkommen mit Israel beantragt. Israelische Behörden bestätigten die israelische Zollzuständigkeit, machten aber auch auf Nachfrage keine Angaben über die genaue Herkunft. Der deutsche Zoll habe dies zu Recht nicht anerkannt, urteilte nun der EuGH. Israel sei verpflichtet, anzugeben, ob die Produkte aus Israel selbst stammen. Der EuGH wies auch das Argument ab, Brita könne die Soda-Club-Produkte zollfrei einführen, weil sie ja ohnehin - auch nach dem Abkommen mit den Palästinensern - begünstigt seien. Das Völkerrecht lasse es nicht zu, die erforderliche Herkunftsbestätigung durch die palästinensischen Behörden durch eine Bescheinigung Israels zu ersetzen.
Ein Urteil von politischer Brisanz: Im Zollstreit um die Firma Soda-Club hat der Europäische Gerichtshof jüdische Siedlungen im Westjordanland Palästina zugeordnet.
politik
https://www.sueddeutsche.de/politik/urteil-des-eugh-juedische-siedlungen-gehoeren-nicht-zu-israel-1.20445
Urteil des EuGH - Jüdische Siedlungen gehören nicht zu Israel
00/02/2010

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Original dataset link: https://huggingface.co/datasets/reciTAL/mlsum

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