Search is not available for this dataset
text
stringlengths
1
60.8k
Die in den 1910er Jahren aufgekommene Filmzensur traf auch den Animationsfilm.
Infolgedessen waren die entstandenen Kurzfilme meist Komödien oder zeigten japanische und chinesische Mythen, Märchen und Fabeln, die von der Zensur weniger scharf beurteilt wurden.
Außerdem entstanden Lehrfilme, die durch ihre Entstehung im öffentlichen Auftrag vor Zensur sicher waren.
Nachdem zu Beginn die Produktion an Trickfilmen zunahmen, wurden beim Großen Kantō-Erdbeben 1923 die Studios und die meisten bis dahin produzierten Filme zerstört.
Die Branche verlagerte sich in die Kansai-Region, wo ihr Schwerpunkt bis nach dem Zweiten Weltkrieg blieb.
Sie konnte sich dort von den Einflüssen der traditionellen Theater- und Schaustellerszene in Tokio lösen.
Dazu kam der Einfluss amerikanischer Trickfilme, die nun zunehmen in Japan aufgeführt wurden.
Die Produktion wurde rationalisiert und entfernte sich von der noch kunsthandwerklichen Herstellung der ersten Jahre.
Dabei wurden einfache Kamera- und Bild-Gestelle für die Belichtung genutzt.
Das verwendete Material blieb zunächst meist Papier mit Schwarz-Weiß-Zeichnungen, die Inszenierung einfach gehalten und die Studios hatten nicht mehr als eine Handvoll Mitarbeiter.
Von diesen blieb Kitayamas das über lange Zeit erfolgreichste, wobei mehrere Mitarbeiter sich abwandten und eigene Studios gründeten.
Der Großteil der Produktion waren nun Lehr- und Werbefilme und fiktionale Inhalte wurden die Ausnahme.
Um 1930 kam der Tonfilm auch nach Japan und bereitete damit dem Beruf der Benshi ein Ende.
Einige von ihnen wurden die ersten Synchronsprecher.
Der aufwändige Tonfilm erhöhte auch wieder den Bedarf nach kurzen Filmen und damit nach Trickfilmen.
Der von diesen wohl am häufigsten gesehene war das 1931 entstandene "Kokka Kimiyao" von Ōfuji Noburō – die japanische Nationalhymne zum Mitsingen, die zu Beginn der meisten Filmvorführungen gezeigt wurde.
Während ab 1934 mit der Einrichtung einer Celluloid-Produktion von Fujifilm die Produktion von Papier auf modernere Cels umgestellt werden konnte, blieben Farbfilme bis nach dem Krieg die Ausnahme.
In den 1930er Jahren wurden zunehmend Propagandafilme produziert, die vor amerikanischem Einfluss warnten und Japans Kriege in China und die Expansion im Pazifik vorbereiteten und begleiteten.
Die Mehrheit der produzierten Filme waren weiterhin keine Unterhaltungsfilme, wobei der Schwerpunkt sich zu animierten Anleitungen für militärisches Personal sowie (Propaganda-)Nachrichtenfilmen verlagerte.
Das Verbot ausländischer Filme, die Regierungsaufträge und der staatliche Druck insbesondere auf Schulkinder, die Filme anzuschauen, brachten den Animatoren bis dahin ungekannte Nachfrage und Ressourcen und Studios konnten über die Zahl weniger Mitarbeiter hinaus wachsen.
Die japanische Regierung war außerdem gewillt, ihre Überlegenheit auch in der Filmproduktion unter Beweis zu stellen und mit den Filmen Disneys und dem chinesischen Film "Tiě shàn gōngzhǔ" von 1941 gleichzuziehen.
So konnte auch der erste abendfüllende Animefilm entstehen: "".
Die in schwarz-weiß erzählte Geschichte von Tieren, die Pazifikinseln von der britischen Kolonialmacht befreien und ihnen die japanische Kultur bringen, kam 1945 nicht lange vor der Kapitulation in die Kinos.
Nach Ende des Krieges scheiterten Versuche, die japanischen Animatoren bei wenigen Studios zu bündeln an der schlechten Wirtschaftslage, Arbeitskämpfen und politischer Konflikte um Mitwirkung an Kriegspropaganda.
Dazu kam die Konkurrenz durch die jetzt ins Land kommenden ausländischen Filme.
So kamen nur noch selten japanische Animationsfilme heraus.
Die nun vor allem kleinen Studios der Branche verlegten sich großteils auf Werbefilme, denen im Laufe der 1950er Jahre mit dem Privatfernsehen ein wachsender Markt entstand.
Künstlerische Qualität und die Produktionsprozesse blieben hinter den Entwicklungen der vorherigen beiden Jahrzehnte zurück.
In der gleichen Zeit kam es zu ersten Auftragsarbeiten für amerikanische Filmproduzenten.
Diese, insbesondere Jules Bass und Arthur Rankin Jr., wurden ab den 1960er Jahren zu einem regelmäßigen Auftraggeber mehrerer japanischer Studios.
Diese nur wenig sichtbare und wahrgenommene Zusammenarbeit hielt bis in die 1980er Jahre an.
Von den Studiogründungen nach Kriegsende blieb nur Nichidō, das schließlich von Tōei aufgekauft wurde.
Aus diesem Zusammengehen unter dem Namen Tōei Animation ging 1958 mit "Hakujaden" wieder ein abendfüllender, nun farbiger Anime-Kinofilm hervor.
Er war der Beginn einer Reihe von Filmen des Studios, die als Klassiker vor der Zeit des Fernseh-Animes gelten und erheblichen Einfluss auf die späteren Produktionen hatten.
Ihre Ästhetik war bereits vom zeitgenössischen Manga beeinflusst und an den Produktionen waren viele beteiligt, die später eigene Studios gründeten und dabei ihre ersten Erfahrungen von Tōei mitnahmen.
Unter ihnen war der Manga-Zeichner Osamu Tezuka, der zunächst an drei Verfilmungen seiner Serien mit dem Studio zusammen arbeitete und dann mit Mushi Production sein eigenes Studio gründete.
1963 veröffentlichte dieses "Astro Boy", die erste Anime-Fernsehserie mit halbstündigen Folgen.
Noch im gleichen Jahr folgten Serien anderer Studios.
Tezukas Studio produzierte weitere Serien, die auf seinen Geschichten basierten, darunter den ersten farbigen Fernsehanime "Kimba, der weiße Löwe".
Die Finanzierung seiner Produktionen sicherte Tezuka oftmals mit Lizenzverkäufen, insbesondere in die USA, und Merchandising ab und etablierte damit neue Finanzierungswege.
Ab Ende der 1960er Jahre schuf Tezuka anspruchsvollere und experimentellere Filme sowie einige der ersten erotischen Animefilme.
Tezuka war – wie auch bei seinen Mangas – noch stark von den Filmen Walt Disneys und deren Ästhetik beeinflusst.
Seine eigenen Werke hatten wiederum großen Einfluss auf die ihm nachfolgenden Filmschaffenden, entweder in Anlehnung oder Abgrenzung seiner Stile und Arbeitsweisen.
Neben und durch Tezuka hatten vor allem die Hollywood-Filme, die nach dem Krieg in großer Zahl in Japan in die Kinos kamen, starken Einfluss auf die aufwachsende Generation späterer Animatoren und Regisseure.
In ihren eigenen Werken orientierten sie ihre Inszenierungen an den westlichen Vorbildern und beherrschten und verwendeten cineastische Techniken bald umfangreicher als ihre Kollegen in amerikanischen Fernsehproduktionen.
In effizienter Arbeits- und Produktionsweise für Fernsehserien wiederum waren amerikanische Studios wie Hanna-Barbera Vorbilder.
Mit Tezukas und den in Folge entstandenen Studios expandierte die Branche von nach Schätzungen etwa 500 Mitarbeitern um 1960 auf die doppelte Zahl 1967 und schließlich etwa 2.000 um 1970.
1966 wurden erstmals Animationsarbeiten nach Südkorea ausgelagert.
Doch war Tezukas von vielen nachgeahmtes Geschäftsmodell nicht dauerhaft erfolgreich und durch die so entstehenden Spekulationsblase, den sich ansammelnden Schulden und Überproduktion an Trickserien kam die Branche zu Beginn der 1970er in eine Krise, als auch Japan als ganzes in eine Wirtschaftskrise geriet.
Die auch durch Tezukas bereits zum Start zu gering ausgehandelten Preise verursachte andauernde Finanznot der Branche prägte noch über Jahrzehnte und führte zu andauerndem finanziellem Druck auf die Studios.
Ab Ende der 1960er Jahre begann sich das Medium in seiner Zuschauerschaft, Zielgruppen und inhaltlichen Angebot zu verbreitern und aufzusplitten.
Es wurde in einigen Serien erwachsener und ernsthafter, anderer konnten Kinder wie Erwachsene begeistern und das Segment für Kinder – insbesondere Filme für Kino und Festivals – blieb ein beständiger Markt.
Diese größere Bandbreite förderte zusammen mit Innovationen aus den USA auch die weitere technische Entwicklung und Gründung neuer Studios, die teils Personal aus zuvor geschlossenen Unternehmungen oder aus Konflikten wie bei Toei übernahmen.
In den späten 1960er und den 1970er Jahren entstanden vor allem Science-Fiction-Serien und mit ihnen wuchs die erste Generation an Fans auf, die ab den 1980er Jahren selbst als Produzenten in der Anime-Industrie aktiv wurde.
Mit dieser Generation nahm in den 1970ern auch die Quervermarktung von Spielzeugen und Merchandise zusammen mit Animeserien zu und veränderte die Produktions- und Eigentumsstrukturen, sodass Teile der Branche stärker von Sponsoren und Produktionskomitees geprägt wurden.
Neben den von Mecha dominierten Science Fiction entstanden für das Kinderprogramm vor allem Märchenadaptionen bei großen Studios wie Toei Animation und Nippon Animation, die auch international ausgestrahlt wurden und auch ein weibliches Publikum erreichten.
Seit Ende der 1960er wurden Comedy- und Drama wichtige Genres, dabei vor allem Sportdramen.
Dabei entstanden im bisher männlich dominierten Medium die ersten Serien, die sich an Mädchen richteten.
"Ribon no Kishi" (1967) von Tezuka und "Mila Superstar" (1969) zählten zu den ersten, mit denen der Entstehung des Shōjo-Mangas auch dessen Adaptionen als Anime folgten.
Diese Serien brachten neuen Themen in das Medium, insbesondere Emanzipation, Selbstfindung und Liebesgeschichten.
In diesem Umfeld entstanden neue Genres: In den 1980ern die von sich magisch verwandelnden Mädchen erzählenden Magical-Girl-Serien, in den 1990ern kamen Geschichten über homoerotische Beziehungen zunehmend aus dem Manga auch in den Anime und generell fanden ästhetische Prinzipien aus Serien für Mädchen stärkere Verbreitung, darunter die Darstellung schöner Jungen als Bishōnen.
Auch das Aufkommen von Videokassetten und Videotheken in den 1980er Jahren veränderte das Medium: Studios konnten nun direkt über Kaufmedien veröffentlichen und mussten nicht mehr an Fernsehsender verkaufen.
Die erste Original Video Animation war 1983 "Dallos", weitere vor allem aus dem Bereich Science-Fiction folgten.
Dieser neue Vertriebsweg öffnete den Markt für kleine Studios, die sich direkt über kleine Aufträge von Videovertrieben finanzieren konnten.
Entsprechend wuchs in den 1980ern die jährlich produzierte Zahl von Animes durch dieses neue Segment erneut deutlich und es entstanden erstmals überhaupt Absetzwege für Nischenproduktionen wie Science-Fiction-Produktionen für ältere Zuschauer, aber auch Erotik und Pornografie.
Während zugleich in den Kinos weiterhin Ableger oder Zusammenschnitte von Fernsehserien dominierten, wurden neue Studios mit realistischen und fantastischen Stoffen auch im Kino erfolgreich, insbesondere Studio Ghibli.
Die OVAs und Kinofilme beförderten die Weiterentwicklung und Erhaltung der seit den 1970er Jahren gewachsenen Fanszene.
In den 1990er Jahren wurden dann im Fernsehanime realistischere Stoffe, vor allem Komödien und Dramen an Oberschulen, beziehungsweise Coming-of-Age-Geschichten beliebter, teilweise auch in Verbindung mit Magical Girls und Fantasy.
Seit den 1970er Jahren kamen Animes ins europäische und amerikanische Kino und Fernsehen, zunächst vor allem Kinderserien, die auch in Koproduktion mit westlichen Sendern und Studios entstanden.
Gegenüber erwachseneren, actionhaltigen Stoffen bestanden große Vorbehalte.
In den Videotheken wurden zunächst vor allem pornografische und erotische Titel vertrieben, was Anime generell einen entsprechenden Ruf gab.
Vereinzelt kamen Science-Fiction-Serien in die Kabelprogramme in den USA und Süd- und Westeuropa.
Das änderte sich ab Ende der 1980er mit dem Erfolg des Science-Fiction-Films "Akira" im Kino, in den 1990ern dann mit den Filmen des Studio Ghibli und mit international erfolgreichen Fernsehserien wie "Sailor Moon", "Pokémon" und "Dragon Ball", sodass das Medium um das Jahr 2000 herum international seinen Durchbruch erlebte und eine große Fangemeinde gewinnen konnte.
Die nun seit den 1990ern aus dem Ausland zusätzlich zur Verfügung stehenden Finanzierungsquellen beförderten eine weitere Expansion des Mediums, insbesondere die Produktion von mehr Titeln, aber kürzeren, leichter verkaufbaren Serien.
Nach 2000 entstand durch viele interessierte Investoren eine Spekulationsblase mit immer höheren Lizenzgebühren, die schließlich Mitte des Jahrzehnts platzte und sowohl die internationale – vor allem amerikanische – aber auch die japanische Euphorie für das Medium dämpfte.
Die Nachfrage durch die international gewachsene Fanszene blieb aber erhalten und in Japan selbst haben sich die institutionalisierten Kinderfilme und -Franchises, die Produktionen für die große Fangemeinschaft sowie einige allgemein beliebte Serien und Studios erfolgreich etabliert.
Zugleich kam es durch das Aufkommen von Computeranimation und der Digitalisierung darüber hinaus zu einer Umwälzung der Produktionsprozesse und Vermarktungswege.
Diese halfen, Kosten in Produktion und Vertrieb zu senken, die Verknüpfungen mit anderen Medien zu stärken und neue, insbesondere Nischen-Zielgruppen und solche im Ausland zu erschließen.
Neue Studios entstanden, die sich auf die Nutzung von Computern und auf 3D-Animationen spezialisierten.
Im Wesentlichen blieb trotz Digitalisierung die bis dahin kultivierte 2D-Bildsprache jedoch erhalten.
Auch die Entwicklung hin zu erwachseneren und realistischeren Inhalten wurde auf diesem Weg gestärkt.
Andererseits wurden durch Kopierbarkeit und die damit erleichterte illegale Verbreitung bis dahin genutzte Vertriebsarten in Frage gestellt.
In den 2010er Jahren kam mit Streamingangeboten schließlich ein neuer Vertriebsweg hinzu, der den neuen technischen Möglichkeiten entsprach.
Während der bis in die 2000er gewachsene heimische Markt für auf Fans zielende Produktionen sowie die Gewinnerzielung mit Merchandising gesättigt sind oder gar rückläufig, wird durch diese neuen Ausspielwege sowie die gezieltere Ansprache von Zuschauern weltweit dem Anime ein weiterer Markt erschlossen.
Inhalte, Genres und Zielgruppen.
Animes decken ein breitgefächertes Themenspektrum für alle Altersstufen ab.
Geschichten sind oft komplexer und vielschichtiger als bei vielen westlichen Trickfilmproduktionen üblich.
Es findet mehr Charakterentwicklung statt und auch der Tod wichtiger, vom Zuschauer lieb gewonnener Charaktere kann vorkommen.
Bei Heldenfiguren ist ihre Motivation, Loyalität und Durchsetzungswille wichtiger als dass sie gewinnen und Antihelden treten häufiger auf.
Auch historische Heldenideale wie der Ninja oder Samurai (Bushidō) spiegeln sich in vielen Animes wider.
Ein klassischer Konflikt aus dieser Tradition ist "giri-ninjō", der Konflikt zwischen der gesellschaftlichen Verpflichtung und den eigenen Bedürfnissen.
Antagonisten sind häufig differenziert und verfügen über eine Hintergrundgeschichte, die ihre Handlungen erklärt.
Auch der häufiger vorkommende Seitenwechsel einer Figur trägt dazu bei.
Klischees über typische Bösewichte werden gebrochen und beispielsweise gerade die Gegenspieler als besonders schön dargestellt.
Frauen haben öfter wichtigere Rollen, sind starke Heldinnen gleichberechtigt mit Männern und werden dennoch meist attraktiv dargestellt.
Obwohl oder gerade weil dies oft noch immer nicht der Stellung von Frauen in der japanischen Gesellschaft entspricht, trägt es zu einer breiteren Zuschauerschaft bei.
Dennoch lassen sich oft klassische Frauenrollen feststellen.
Dazu gehört die Rolle der Mutter und (im Hintergrund) sorgenden Hausfrau oder der ruhigen, niedlichen, empathischen Schülerin.
Diese Rollen lassen sich mit dem japanischen Begriff „yasashii“ (rein, warm, empathisch) beschreiben.
Dazu gehören auch Kriegerinnen, die "yasashii" mit den Idealen des Bushidō verbinden, und Mädchen und Frauen mit magischer Begabung.