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2024-01-10 | Hochwasserlage entspannt sich weiter | Wasser fließt langsam ab | In den Hochwassergebieten sinken die Wasserstände. Das trockene Winterwetter lässt Anwohner und Einsatzkräfte aufatmen. Eine vollständige Entwarnung gibt es laut Behörden aber noch nicht. | In den Hochwassergebieten sinken die Wasserstände langsam. Das trockene Winterwetter lässt Anwohner und Einsatzkräfte aufatmen. Eine vollständige Entwarnung gibt es laut Behörden aber noch nicht. In den Hochwassergebieten in Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt entspannt sich die Lage immer mehr. Entwarnung geben die Behörden aber noch nicht. Die niedersächsischen Behörden gingen aber davon aus, dass Wasserstände der Flüsse Aller, Leine, Oker, Hunte, Hase und Weser weiter sinken werden, weil dort für die kommenden Tage kein neuer Regen oder Schnee vorhergesagt wird. "Die Hochwasserlage entspannt sich deutlich", sagte ein Sprecher des Umweltministeriums in Hannover. Noch gebe es aber mehrere Pegelstände, die über der höchsten Meldestufe 3 liegen. In Niedersachsen rechnete der zuständige Landesbetrieb damit, dass die Pegelstände im Einzugsbereich vieler Flüsse erst Ende der Woche oder in der kommenden Woche unter die Meldestufen fallen dürften. Die länger andauernde Situation mit deutlich erhöhten Wasserstände werde "noch einige Tage andauern", hieß es mit Blick auf Aller, Leine und Oker. Schulbetrieb soll wieder ohne Einschränkungen ablaufen In Sachsen-Anhalt kehrt in dem betroffenen Gebiet im Süden des Landes Schritt für Schritt die Normalität zurück. Weil ausreichend Reserven vorhanden seien, könne die Sandsackbefüllung eingestellt und die Arbeit von Helferinnen und Helfern aus anderen Landesteilen schrittweise zurückgefahren werden, sagte der Landrat des Landkreises Mansfeld-Südharz, André Schröder. Auch solle der Schulbetrieb am Donnerstag im gesamten Kreis wieder weitgehend ohne Einschränkungen ablaufen, so der CDU-Politiker. Kurz vor Jahresende war dort der Fluss Helme stellenweise weit über seine Ufer getreten. Der Landkreis hatte daraufhin den Katastrophenfall ausgerufen und auch die Bundeswehr um Hilfe gebeten. Rund 200 Zeit- und Berufssoldaten sind seit vergangenem Freitag vor Ort im Einsatz. "Die Lage muss auch in den kommenden Tagen beobachtet werden", sagte Schröder. Mehr Anstrengungen für besseren Schutz gefordert Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sind aktuell noch am schlimmsten von Überschwemmungen betroffen, in anderen Ländern entspannte sich die Situation. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft forderte mehr Schutzmaßnahmen. "Länder und Kommunen haben beim Thema Flächen- und Bauplanung sowie bei der Prävention große Defizite. Hier wurde jahrzehntelang zu wenig investiert", sagte Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Allein in Niedersachsen sind nach Angaben des dortigen Wirtschaftsministeriums noch 65 Straßen wegen des Hochwassers gesperrt. Diese sollten ausdrücklich weiterhin nicht befahren werden, auch wenn die Straßen womöglich mittlerweile wieder befahrbar aussehen würden. Hochwasser in England und Frankreich Von Überschwemmungen waren auch andere europäische Länder betroffen wie Frankreich. In England kämpfen einige Regionen noch immer mit den Folgen eines Hochwassers. Die Menschen wurden aufgerufen, dort weiterhin vorsichtig zu sein. Langanhaltender ergiebiger Dauerregen hatte rund um den Jahreswechsel viele Flüsse in Deutschland anschwellen und über die Ufer treten lassen. Besonders betroffen war Niedersachsen, dort waren in mehreren Städten und Gemeinden auch Gebäude betroffen. Teilweise wurden Anwohner in Sicherheit gebracht. Tausende Einsatzkräfte sicherten die aufgeweichte Deiche und pumpten das Wasser ab. Zuletzt trat eine Wetterbesserung ein. Deutschland liegt nach Angaben des Deutschen Wetterdiensts weiter unter dem Einfluss trockener und kalter Luft. | /inland/gesellschaft/hochwasser-niedersachsen-bremen-100.html |
2024-01-10 | Größtes globales Risiko: Desinformation | Weltrisikobericht 2024 | Falschinformationen, die auf künstlich generierten Bildern und Videos basieren, halten Experten verschiedener Sparten für das größte Risiko in diesem Jahr. Das besagt der aktuelle Weltrisikobericht, der pessimistisch ausfällt. Von Kathrin Hondl. | Falschinformationen, die auf künstlich generierten Bildern und Videos basieren, halten Experten verschiedener Sparten für das größte Risiko in diesem Jahr. Das besagt der aktuelle Weltrisikobericht, der pessimistisch ausfällt. Von Kathrin Hondl Das Weltwirtschaftsforum (WEF) sieht schwarz: Von fast 1.500 im Auftrag des WEF befragten Fachleuten und Risikoanalysten aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft hält ein gutes Drittel schon in den kommenden zwei Jahren eine globale Katastrophe für wahrscheinlich. Zwei Drittel erwarten sie in einem Zeitraum von zehn Jahren - wie auch immer das Horrorszenario genau aussehen mag. Die Risiken sind vielfältig: Klimawandel, Konflikte, Verschiebungen in den globalen Machtverhältnissen, gesellschaftliche Spaltung, soziale Ungleichheit, Künstliche Intelligenz. Die Anpassungsfähigkeit der Welt stoße an ihre Grenzen, so eine Kernaussage des Weltrisikoberichts. Der "Global Risks Report" ist ein Bericht, den die Schweizer Stiftung Weltwirtschaftsforum (abgekürzt WEF nach dem englischen Namen World Economic Forum) jährlich herausgibt. Sorge vor Fake News bei Wahlen "Als größtes Risiko für die kommenden zwei Jahre nennt der Bericht Falsch- und Desinformation, gefolgt von Extremwetter-Ereignissen, gesellschaftlicher Polarisierung und bewaffneten Konflikten", sagt Saadia Zahidi, Geschäftsführerin des Weltwirtschaftsforums. KI-generierte Fake News und Cyberangriffe seien weltweit das unmittelbare Top-Risiko - gerade mit Blick auf die anstehenden Wahlen in mehreren großen Ländern wie den USA, Großbritannien und Indien. Mit Künstlicher Intelligenz könnten Falschinformationen und Deepfake-Videos schnell produziert und verbreitet werden - und so Wahlen entscheidend beeinflussen, erklärt Carolina Klint vom Risikoberatungsunternehmen Marsh McLennan: Sie könnten "dazu führen, dass die Legitimität gewählter Regierungen in Frage gestellt wird, was wiederum demokratische Prozesse bedroht und zu weiterer sozialer Polarisierung, zu Unruhen, Streiks oder sogar innerstaatlicher Gewalt führen könnte." Ein Ausblick ist keine Vorhersage Auf längere Sicht - in den kommenden zehn Jahren - dominiert bei den globalen Risiko-Analysten die Sorge vor den Folgen des Klimawandels: Extremwetter, Veränderungen der Erdsysteme, Verlust biologischer Vielfalt, Knappheit natürlicher Ressourcen. "Es ist, als würde man in eine große Schüssel Spaghetti schauen: Alles ist miteinander verbunden. Zieht man an einem Strang, gerät alles in Bewegung, und es ist nicht leicht herauszufinden, wo man anfangen soll, um dieses Durcheinander zu entwirren", beschreibt es Klint. Als Menschen sind wir so gepolt, dass wir immer nur das sehen, was direkt vor uns ist, aber wir müssen einen besseren Weg finden, um die kurzfristige Risikobetrachtung mit der längerfristigen in Einklang zu bringen. Fast schon verzweifelt wirkte da Saadia Zahidis Hinweis vom Weltwirtschaftsforum: Der neue Risikobericht sei ein sehr trüber Ausblick, aber keine fixe Vorhersage für die Zukunft. Denn wie die aussehe, das liege ganz in unserer Hand. Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version enthielt der Text eine Infobox mit Hinweisen auf einen anderen Bericht - den Weltrisikobericht, der vom deutschen Verein Bündnis Entwicklung Hilft und dem Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht der Ruhr-Universität Bochum (IFHV) herausgegeben wird. Die falsche Zuordnung haben wir korrigiert und bitten den Fehler zu entschuldigen. | /ausland/weltrisikobericht-100.html |
2024-01-10 | Warum manche Frauen mehr leiden als andere | Schwangerschaftsübelkeit | Viele Schwangere leiden an Übelkeit und Erbrechen, manche sogar so stark, dass sie kaum Nahrung zu sich nehmen können. Warum ist das so? Die Geschichte eines Forschungserfolgs. Von Nina Kunze. | Viele Schwangere leiden an Übelkeit und Erbrechen, manche sogar so stark, dass sie kaum Nahrung zu sich nehmen können. Warum ist das so? Die Geschichte eines Forschungserfolgs. Von Nina Kunze, SWR Übelkeit und Erbrechen sind typische Symptome zu Beginn einer Schwangerschaft. Forschende aus den USA, Großbritannien und Sri Lanka konnten kürzlich die Ursache für die Übelkeit nachweisen: ein Hormon mit dem Namen GDF-15. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin "Nature". Bis zu dieser Entdeckung war es jedoch ein langer Weg. Bei den meisten Betroffenen ist die Schwangerschaftsübelkeit zwar lästig, aber für Mutter und Kind nicht gefährlich. Doch bei etwa ein bis zwei Prozent bleibt die Übelkeit über längere Zeit bestehen und ist dabei so schlimm, dass die Betroffenen kaum Nahrung zu sich nehmen können - bekannt als Hyperemesis gravidarum oder unstillbares Schwangerschaftserbrechen. Nicole (Name von der Redaktion geändert) war davon betroffen: "Bei mir war es so, dass ich ziemlich von Anfang der Schwangerschaft an eine ganz starke Übelkeit hatte und mich sehr häufig erbrechen musste, viele Male pro Tag", erinnert sie sich. Erst im fünften Monat ihrer Schwangerschaft habe sich ihr Zustand mit der Einnahme eines Medikaments gebessert. Wenig Verständnis für Betroffene Während dieser Zeit hat Nicole stark abgenommen, konnte nur wenig Essen und Trinken zu sich nehmen. Sie fühlte sich schwach, konnte kaum arbeiten, selbst Aufstehen fiel ihr schwer. Dennoch fühlte sie sich von ihrem Umfeld nicht verstanden. Denn häufig werden derartige Beschwerden als normal angesehen, immerhin leiden fast zwei Drittel aller Schwangeren im ersten Trimester an Schwangerschaftsübelkeit. Das erlebte Ende der 90er-Jahre auch Marlena Schoenberg Fejzo. Die US-Amerikanerin mit österreichischen Wurzeln, die heute an der University of Southern California lehrt und arbeitet, musste selbst wegen extremer Schwangerschaftsübelkeit ins Krankenhaus - und verlor dabei ihr zweites Kind. Verständnis für ihre Erkrankung von Seiten der Ärztinnen und Ärzte bekam sie nicht: "Mein Arzt sagte mir, dass ich mir das alles nur einbilde und lediglich die Aufmerksamkeit meiner Familie wolle." Eine ehrgeizige Forscherin Das wollte Fejzo nicht auf sich sitzen lassen. Als Forscherin beschloss sie, sich auf die Suche nach dem wahren Grund für ihre Erkrankung zu machen. Zunächst war es schwierig, Geld für ihre Forschung zu bekommen. Deshalb tat sich Fejzo mit 23andMe zusammen, einem Unternehmen, das Erbgut-Analysen für Privatpersonen anbietet. Wer sein Erbgut dort untersuchen lässt, kann sich dafür entscheiden, die Daten für Forschungszwecke zur Verfügung zu stellen. So wurde Fejzo auf ein bestimmtes Hormon namens GDF-15 aufmerksam. Aus der Krebsforschung gab es bereits Hinweise, dass dieses Hormon mit einem starken Gewichtsverlust in Zusammenhang steht, ähnlich wie bei der Schwangerschaftsübelkeit. Außerdem war bereits bekannt, dass das Hormon GDF-15 während der Schwangerschaft von der Plazenta produziert wird. Es kommt auf den Anstieg an Ein Verdächtiger war also gefunden. Weitere Studien bestätigten, dass Schwangere mit viel GDF-15 im Blut häufiger an starker Übelkeit leiden. Doch es fehlte an Beweisen, dass das Hormon tatsächlich die Übelkeit auslöst und nicht etwa eine Folge davon ist. Fejzo machte sich auf die Suche und arbeitete mit einer Forschungsgruppe aus Cambridge in Großbritannien zusammen. Dabei fiel ihnen etwas auf: Manche Schwangere haben zwar normale Mengen des Hormons GDF-15 in ihrem Blut, leiden aber trotzdem an starker Übelkeit. Die Forschenden stellten eine Theorie auf. Danach sorgen Veränderungen im Erbgut dafür, dass manche Frauen vor der Schwangerschaft nur wenig GDF-15 im Blut haben. Kommt dann aufgrund der Schwangerschaft ein starker Anstieg des Hormons hinzu, reagieren diese Frauen heftiger darauf. "Es ist die Kombination aus einem niedrigen Wert vor der Schwangerschaft und einem höheren Wert während der Schwangerschaft, die darüber entscheidet, wie stark die Schwangerschaftsübelkeit ausfällt", erklärt Fejzo. Vermutungen bestätigt Versuche mit Mäusen bestätigten diese Theorie. Gaben die Forschenden ihnen eine hohe Dosis GDF-15, verloren die Tiere an Appetit und Gewicht - genau wie Menschen mit starker Schwangerschaftsübelkeit. Mäuse, die bereits an eine geringe Dosis GDF-15 gewöhnt waren, zeigten dagegen kein auffälliges Verhalten. Das Auftreten von Schwangerschaftsübelkeit könnte also durch eine Form von Desensibilisierung verhindert werden. Beim Anblick der Ergebnisse habe sie Tränen in den Augen gehabt, erinnert sich Fejzo. Um ihre Theorie weiter zu untermauern, befragten die Forschenden Betroffene der sogenannten Beta-Thalassämie. Diese erbliche Blutkrankheit geht mit dauerhaft erhöhten GDF-15-Werten einher. Lediglich fünf Prozent der Befragten gaben an, während ihrer Schwangerschaft an Übelkeit und Erbrechen gelitten zu haben. In der Kontrollgruppe war der Anteil dagegen mehr als zehnmal so hoch. Zudem konnten die Forschenden nachweisen, dass das Hormon hauptsächlich vom Fötus produziert wird. Fejzo vermutet, dass es sich dabei um einen evolutionären Schutzmechanismus handelt, damit sich Schwangere nicht zu sehr verausgaben. Weitere Forschung nötig Ob Betroffene wie Nicole in Zukunft vor einer Schwangerschaft an das Hormon gewöhnt werden können, soll nun in weiteren Studien untersucht werden. Auch während der Schwangerschaft könnte der Rezeptor für GDF-15 im Gehirn gezielt blockiert oder das Hormon mit Antikörpern neutralisiert werden. Bis eine solche Therapie verfügbar sein wird, ist allerdings noch viel Forschungsarbeit nötig. | /wissen/schwangerschaftsuebelkeit-100.html |
2024-01-10 | Schwere Krawalle in Papua-Neuguinea | Nach Panne bei Gehaltszahlung | Proteste, Plünderungen und ein brennendes Einkaufszentrum: In Papua-Neuguinea ist es zu heftigen Ausschreitungen gekommen. Zuvor waren Sicherheitsbeamten fehlerhafte Gehälter ausgezahlt worden. Grund dafür war offenbar eine technische Panne. | Proteste, Plünderungen und ein brennendes Einkaufszentrum: In Papua-Neuguinea ist es zu heftigen Ausschreitungen gekommen. Zuvor waren Sicherheitsbeamten fehlerhafte Gehälter ausgezahlt worden. Grund dafür war offenbar eine technische Panne. In Papua-Neuguinea ist es zu schweren Krawallen und Plünderungen gekommen, nachdem zahlreichen Sicherheitsbeamten zu geringe Gehälter ausgezahlt worden waren. Was als friedliche Demonstration von Polizisten und anderen Beamten vor dem Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Port Moresby begann, sei unerwartet zu einer dramatischen Sicherheitslage eskaliert, berichteten örtliche Medien. Dabei kam es auch zu gewaltsamen Protesten vor dem Sitz des Regierungschefs, wie die Nachrichtenagentur AFP meldete und wie auf Videos in Online-Netzwerken zu sehen war. Eine Menschenmenge versuchte, eine Kette am Tor zu dem Sitz aufzusprengen. Dann versuchten die Demonstranten, einen Wachposten in Brand zu setzen. Als dies nicht gelang, zündeten sie ein Polizeiauto an, wie ein AFP-Mitarbeiter vor Ort berichtete. Technische Panne als Auslöser Auslöser der Ausschreitungen soll eine technische Panne bei der Auszahlung von Gehältern gewesen sein. Vielen Beamten wurde demnach nur etwa die Hälfte dessen gezahlt, was sie sonst verdienen. Die Betroffenen dachten offenbar, ihnen sei kurzfristig das Einkommen gekürzt worden und traten in einen Streik. Hunderte Bürger nutzten die Situation, um Läden zu plündern. Unter anderem wurde ein großes Einkaufszentrum in Brand gesetzt. Zahlreiche Geschäfte in der Stadt seien geplündert worden, berichtete die Zeitung "Post Courier". Sie veröffentlichte Bilder und Videos von Rauchschwaden über der Stadt und zahlreichen Menschen, die durch die Straßen rannten. "Port Moresby brennt", titelte das Blatt. Auch wenn Sicherheitskräfte demonstriert hatten, war noch unklar, wer für die Ausschreitungen verantwortlich ist. Ein AFP-Reporter in Port Moresby sagte, es sei eine Mischung aus "Polizisten, Soldaten und Zivilisten" dabei gewesen. Präsident appelliert an Bürger Nach Angaben des australischen Senders ABC hat die Regierung das Militär zur Hilfe gerufen, um die Unruhen unter Kontrolle zu bringen. Immer wieder würden Rettungsdienste gerufen, um Verletzten zu helfen, hieß es. Es sollen auch Schüsse gefallen sein. Premierminister James Marape versicherte den Menschen, dass es sich bei den fälschlichen Auszahlungen um einen Irrtum gehandelt habe: "Ich möchte an die Bürger appellieren, unsere Stadt zu schützen", sagte er. "Die Beschwerden der Polizei und der Beamten werden angegangen, und bei der nächsten Zahlung wird das fehlende Geld ausgezahlt." | /ausland/ozeanien/papua-neuguinea-krawalle-100.html |
2024-01-10 | Özdemir verteidigt seine Politik - und warnt | Landwirtschaftsminister bei Bauernprotest | Pfiffe, aber auch Applaus: Bei einer Kundgebung hat sich Agrarminister Özdemir dem Unmut der Landwirte gestellt. Er habe sich teils erfolgreich für die Rücknahme der Kürzungen eingesetzt. Zugleich warnte er vor der gesellschaftlichen Spaltung. | Pfiffe, aber auch Applaus: Bei einer Kundgebung hat sich Agrarminister Özdemir dem Unmut der Landwirte gestellt. Er habe sich teils erfolgreich für die Rücknahme der Kürzungen eingesetzt. Zugleich warnte er vor der gesellschaftlichen Spaltung. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat bei einer Bauernkundgebung im baden-württembergischen Ellwangen seine Agrarpolitik verteidigt. Er betonte, dass er sich gleich nach Bekanntwerden der Subventionskürzungen durch die Ampel-Spitzen für eine Rücknahme eingesetzt habe. Als Fachminister sei er nicht mit einbezogen worden. "Wäre dies der Fall gewesen, wären die Beschlüsse so nicht gekommen", sagte er. Künftig dürfe so etwas nicht am grünen Tisch entschieden werden. Auch müsse der Berufsverband zwingend einbezogen werden. "Es kann nicht sein, dass ein Berufsstand über Gebühr strapaziert wird, vor allem ohne dass er vorher Gehör gefunden hat", so Özdemir. Deshalb habe er gesagt, er könne die Beschlüsse so nicht mittragen. Nun sei erreicht worden, dass eine der beiden Maßnahmen vollkommen zurückgezogen wurde. "Die Kfz-Steuerbefreiung bleibt, die grüne Plakette bleibt ihnen erhalten, das haben wir immerhin schon mal erreicht", sagte Özdemir. Die Beihilfen zum Agrardiesel würden immerhin nicht auf einen Schlag, sondern über drei Jahre abgeschafft. "Das ist ja nicht nix", unterstrich der Minister. "Ich habe schon auch was gemacht, ich habe schon auch was durchgesetzt." Aufruf zu gegenseitigem Verständnis Bei dem Besuch bekam der Minister den Unmut der Landwirte zu spüren. Zunächst sprach er vor mehr als 700 Teilnehmern in der Stadthalle, dann forderte ihn die Menge auf, sich Fragen draußen zu stellen. Dem kam Özdemir nach. Seine Worte wurden mit Buhrufen und Trillerpfeifen begleitet. An der Straße entlang der Stadthalle standen laut Polizei rund 600 Traktoren sowie 2.500 Landwirte und Interessierte. Applaus erntete Özdemir für seinen Aufruf für mehr Wertschätzung und gegenseitiges Verständnis in der Debatte. In der Vergangenheit, vor seinem Amtsantritt als Bundeslandwirtschaftsminister, sei eine Politik gemacht worden, "die hieß: billig für den Export - und nicht Qualität", sagte er. Zudem hätten sich "vier Große" den Lebensmitteleinzelhandel untereinander aufgeteilt. "Waren das alles Grüne? War das alles ich?", fragte der Minister mit Blick auf die Agrarpolitik der vergangenen Jahrzehnte und mahnte "etwas mehr Fairness" an. "Lassen Sie uns das gemeinsam anpacken", sagte er. "Nur so werden wir erfolgreich sein." Özdemir hob hervor, dass es für "gute Produkte" auch einen angemessenen Preis geben müsse. Wenn es von der Politik Anforderungen an die Landwirtschaft gebe - wie etwa mehr Tierwohl oder mehr Artenvielfalt -, dann müsse die Politik auch die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung stellen. Außerdem müsse die Stellung der Landwirte in der Wertschöpfungskette gestärkt werden. Auch die Entwicklung von Alternativen zum Agrardiesel brachte Özdemir ins Gespräch. "Mehr Tierschutz muss finanziert werden" Er rief dazu auf, grundsätzlich über die Rolle der Landwirtschaft zu reden. "Wir haben ein massives Problem, wenn die Interessen von Verbrauchern und Landwirtschaft auseinandergehen", mahnte er. "Der Verbraucher möchte mehr Tierwohl, mehr Klimaschutz, mehr Umwelt- und Artenvielfalt - und das ist auch richtig so. Aber er kauft nicht so ein, auch wenn er sich das leisten könnte." Es könne nicht sein, dass der Landwirt die Rechnung für die Wünsche der Verbraucher zahle. "Wenn wir beispielsweise mehr Tierschutz im Stall wollen, muss das finanziert werden, etwa durch eine Tierwohlabgabe. Das würde eine maßvolle Belastung beim Fleisch bedeuten - um wenige Cent pro Kilo. Das Geld würde der Landwirtschaft zugutekommen." Warnung vor "Verhältnissen wie in den USA" In einem Interview hatte der Minister mit Blick auf die Proteste zuvor vor einer tiefen Spaltung der deutschen Gesellschaft gewarnt. "Die Menschen auf dem Land haben das Gefühl, abgehängt zu sein. Sie sorgen sich, dass sie in einer zunehmend von Städtern dominierten Politik unter die Räder kommen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Das ist ein gefährlicher Spaltpilz, der zu Verhältnissen wie in den USA führen kann: Man redet nicht mehr miteinander, man glaubt einander nicht mehr und unterstellt sich gegenseitig alles Böse dieser Welt." Özdemir warnte: Wir dürfen nicht die Schwelle überschreiten, die Amerika mit Donald Trump überschritten hat. Unser Ziel muss es sein, das Land in der Mitte zusammenzuhalten. Im Zuge von Einsparungen im Bundeshaushalt 2024 soll die Begünstigung beim Agrardiesel schrittweise abgeschafft werden. Bisher können sich Betriebe die Energiesteuer teilweise zurückerstatten lassen - mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Ursprünglich wollte die Ampelkoalition die Hilfe sofort ganz streichen. Nun soll es ein Auslaufen über drei Jahre geben. Eine geplante Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte hatte die Bundesregierung bereits in der vergangenen Woche zurückgenommen. | /inland/bauernproteste-oezdemir-102.html |
2024-01-10 | Verkehr in deutschen Städten wird immer zäher | Hamburg an der Spitze | In Deutschlands größeren Städten ist der Verkehr im vergangenen Jahr im Schnitt langsamer geflossen als im Jahr 2022. Besonders zäh kommt man in Hamburg vorwärts, in Wuppertal geht es hingegen zügig voran. | In Deutschlands größeren Städten ist der Verkehr im vergangenen Jahr im Schnitt langsamer geflossen als im Jahr 2022. Besonders zäh kommt man in Hamburg vorwärts, in Wuppertal geht es hingegen zügig voran. Aus einer aktuellen Analyse der Verkehrsmuster durch den Kartierungsspezialisten TomTom geht hervor, dass der Verkehr in größeren Städten Deutschlands 2023 langsamer geflossen ist als im Vorjahr. TomTom analysierte den Verkehr in 27 Städten. Dabei registrierte das Unternehmen in 13 Städten einen Rückgang der Geschwindigkeit im Tagesdurchschnitt, in zehn Städten wurde keine Veränderung festgestellt. In vier Städten, darunter Berlin und Frankfurt am Main, deuten die Zahlen dagegen auf eine leichte Beschleunigung des Verkehrsflusses hin. Wie im Jahr 2022 ist Hamburg über den gesamten Tag hinweg die Stadt mit der niedrigsten Durchschnittsgeschwindigkeit. Für eine Fahrstrecke von zehn Kilometern benötigten die Hanseaten rund 24 Minuten, rund eine halbe Minute mehr als im Jahr 2022. Am flottesten kamen statistisch gesehen die Fahrerinnen und Fahrer in Wuppertal voran. Sie benötigten für diese Entfernung nur rund 13 Minuten. In Berlin lag der Wert wie in Leipzig bei 22 Minuten, in Frankfurt/Main und München waren es 21 Minuten, in Köln, Kassel, Dresden und Wiesbaden jeweils 20 Minuten. Tunnel und Brücken bremsen Für den besonders zähen Verkehrsfluss in Hamburg machte TomTom gleich mehrere Ursachen aus. "Einen entscheidenden Anteil daran haben die statischen Faktoren: Zahlreiche Tunnel und Brücken sowie der Hamburger Hafen im Stadtgebiet führen dazu, dass selbst unter idealen Verkehrsbedingungen Hamburg die niedrigste Durchschnittsgeschwindigkeit aller deutschen Städte aufweist." Im internationalen Vergleich steht aber selbst die Hansestadt noch gut da: So dauerte in London eine typische Zehn-Kilometer-Fahrt im Schnitt gut 37 Minuten. Staugeplagt sind auch Fahrerinnen und Fahrer in Dublin, Toronto, Mailand, Lima, Bengaluru und Puna in Indien sowie in Bukarest, Manila und Brüssel mit Werten von 27 Minuten und mehr. Staubedingte Verzögerungen in Hamburg am längsten In Deutschland steht Hamburg auch an der Spitze, wenn es um die staubedingten Verzögerungen zu den Hauptverkehrszeiten morgens und abends geht. Pendlerinnen und Pendler verbrachten 2023 dort im Schnitt am Tag 55 Minuten im Auto, wenn sie eine typische zehn Kilometer lange Strecke während des Berufsverkehrs zurücklegten. Mehr als 19 Minuten entfallen dabei auf Verzögerungen, die auf Staus zurückzuführen sind. Auf das gesamte Jahr hochgerechnet summierte sich die Zeit, die die Hamburger so zusätzlich im Auto verbrachten, auf mehr als 74 Stunden. 2022 waren es noch 8,5 Stunden weniger. Damals hatte München diese Rangliste angeführt. Für den "TomTom Traffic Index" für das Jahr 2023 wurden den Angaben zufolge die Daten von Smartphones und fest verbauten Navigationssystemen ausgewertet. Schätzungen zufolge war jedes siebte Automobil in Deutschland an der Datenerhebung beteiligt. Weltweit wertete TomTom Daten aus rund 600 Millionen Fahrzeugen aus. | /wirtschaft/verbraucher/stau-hamburg-berufsverkehr-pendeln-grossstadt-verkehr-100.html |
2024-01-10 | Norwegens Parlament stimmt für Mangan-Abbau | Tiefseebergbau | In Norwegen hat das Parlament sich für den Abbau Seltener Erden vor seiner Küste ausgesprochen. Den Beginn von Bohrungen bedeutet das noch nicht. Umweltaktivisten und Forscher warnen bereits vor den Folgen. Von Ann-Britt Bakkenbüll. | In Norwegen hat das Parlament sich für den Abbau Seltener Erden vor seiner Küste ausgesprochen. Den Beginn von Bohrungen bedeutet das noch nicht. Umweltaktivisten und Forscher warnen bereits vor den Folgen. Von Ann-Brit Bakkenbüll, ARD Stockholm Eine Manganknolle ist ein kleiner schwarzer Brocken, etwa so groß wie eine Kartoffel. Aber die hat es in sich: Sie enthält neben Mangan auch Seltene Erden, die für grüne Technologien wie den Bau von Windkraftanlagen oder Elektroautos eine Schlüsselrolle spielen. Der Haken: Die Knolle wächst in bis zu 6.000 Metern Tiefe - am Meeresboden des norwegischen Festlandsockels. Ein Bereich, der bislang vom kommerziellen Bergbau verschont geblieben ist. Doch das könnte sich bald ändern. Denn die Regierung in Oslo treibt das Vorhaben voran, mehr als 280.000 Quadratkilometer der Fläche ihres Meeresbodens für den Tiefseebergbau schrittweise zu öffnen. Nun stimmte das Storting, also das norwegische Parlament in Oslo, für diesen Plan. "Doch, wir hören auf die Forschung" Pedro Ribiero ist Leiter des Zentrums für Meeres-Tiefenforschung in Bergen. Er warnt - wie viele andere Wissenschaftler - vor irreversiblen Umweltschäden: "Man kann keine Mineralien aus dem Meeresboden gewinnen, ohne dass das Konsequenzen hat", sagt er. "Wir wissen aber noch nicht, wie groß diese Konsequenzen sein können." Im November vergangenen Jahres hatten rund 120 EU-Parlamentarier ebenfalls an die norwegischen Abgeordneten appelliert, gegen den Tiefseebergbau zu stimmen. Dennoch wird der Plan bislang von allen vier großen norwegischen Parteien unterstützt - einschließlich der Opposition. Auch Norwegens Energieminister Terje Aasland verteidigt das Vorhaben. "Wir glauben, dass es sich auf eine nachhaltige Weise machen lässt", sagte er zuletzt einer Reporterin. Als die entgegnete: "Hören Sie nicht auf die Forschung?", antwortete er: "Doch, wir hören auf die Forschung. Wir werden nicht unmittelbar mit der Gewinnung loslegen - was wir tun, ist die Grundlage für die Öffnung eines Gebietes zu legen." Das Argument: Seltene Erden für die Energiewende Das skandinavische Königreich könnte damit nun zu einem der ersten Länder gehören, die den Meeresboden nach Bodenschätzen absuchen. Juristen vermuten, dass sich Norwegen gleich auf mehrere internationale Rechtsverfahren einstellen müsste, wenn mit dem Abbau tatsächlich begonnen würde. Denn das Land hat diverse internationale Verträge unterschrieben, deren Kernanliegen durch die Folgen des Tiefseebergbaus konterkariert werden könnten. Allerdings führt die die Mitte-Links-Regierung in diesem Zusammenhang immer wieder den enormen Bedarf an Mineralien und Seltenerdmaterialien an: Diese würden für die grüne Energiewende dringend benötigt. Kaja Lønne Fjærtoft, Expertin für Meeresfragen vom WWF Norwegen, hält diese Argumentation für fragwürdig. "Man handelt hier entgegen der Meinung der europäischen Spitzenforschung, die geschlossen sagt, dass es Greenwashing ist, zu behaupten, dass diese Mineralien für die grüne Umstellung nötig sind", sagt sie. Unternehmen müssen sich bewerben Norwegen ist der größte Öl- und Gasproduzent Europas. Mit dem sich abzeichnenden Ende der fossilen Energiegewinnung steigt nun der Druck, neue Vermarktungsquellen zu finden. Die Entscheidung im Parlament diese Woche bedeutet nicht, dass sofort mit Bohrungen begonnen wird. Unternehmen, die sich für den Abbau interessieren, müssen sich nun beim Parlament um Lizenzen bewerben. | /ausland/europa/norwegen-tiefseebergbau-100.html |
2024-01-10 | Mieten steigen immer weiter | Wohnungsmarkt | Die Mieten in Deutschland sind zuletzt deutlich gestiegen - vor allem in Großstädten kostet der Quadratmeter häufig mehr als 20 Euro. Und auch die Kaufpreise könnten in den kommenden Monaten wieder anziehen. | Die Mieten in Deutschland sind zuletzt deutlich gestiegen - vor allem in Großstädten kostet der Quadratmeter häufig mehr als 20 Euro. Und auch die Kaufpreise könnten in den kommenden Monaten wieder anziehen. Die Mietpreise in deutschen Großstädten sind zuletzt auf ein neues Rekordniveau gestiegen. Laut einer aktuellen Studie der Online-Plattform ImmoScout24 stiegen die Mietpreise für Bestandsmietwohnungen im vierten Quartal 2023 deutschlandweit um 1,6 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum legten die Preise um 5,8 Prozent zu. Auch bei neu gebauten Wohnungen stiegen die Angebotsmieten: Im Vergleich zum dritten Quartal 2023 wurden 1,4 Prozent mehr verlangt, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stiegen die Angebotsmieten sogar um 7,7 Prozent. Der Quadratmeterpreis lag laut ImmoScout24 im vierten Quartal 2023 im Bestand damit bei 8,42 Euro, bei Neubauten bei 11,72 Euro. Angespanntester Mietmarkt in Berlin Zwar ist die Nachfrage nach Mietwohnungen leicht zurückgegangen, sie bleibt aber insbesondere in den acht größten deutschen Städten auf einem hohen Niveau. "Neue Preisrekorde zeigen, wie angespannt der Mietmarkt in den Metropolen weiterhin ist", sagte die Geschäftsführerin von ImmoScout24, Gesa Crockford. Das betreffe besonders den Neubau. "In München zahlt man durchschnittlich 24 Euro pro Quadratmeter", sagte Crockford. Auch in Stuttgart (+14,6 Prozent) und Köln (+14,1 Prozent) stiegen die Angebotspreise prozentual zweistellig. Angespanntester Mietmarkt Deutschlands bleibt aber weiterhin Berlin: "In Berlin sind Neubauwohnungen 20 Prozent teurer als noch vor einem Jahr." Hier liegt der Quadratmeterpreis mittlerweile bei 19,45 Euro. Auf der Suche nach einer neuen Wohnung schauten sich die Menschen deshalb zunehmend außerhalb der Metropolen um. "Dort finden sie ein größeres Angebot und günstigere Mieten", sagte Crockford. Kaufpreise könnten deutlich steigen Am Kaufmarkt registrierten die Expertinnen und Experten von ImmoScout24 nach einem eher von Zurückhaltung geprägten Jahr zuletzt einen Aufschwung. Bei Neubauwohnungen zeigte sich danach im vierten Quartal ein klarer Aufwärtstrend der Angebotspreise. Auch bei Bestandsimmobilien sei der Trend positiv. "Es gibt nur noch vereinzelt Preisabschläge", hieß es dazu. Neue Eigentumswohnungen verteuerten sich im vierten Quartal deutschlandweit im Schnitt um 2,4 Prozent zum Vorjahreszeitraum, neue Häuser sogar um 2,9 Prozent. Im Bestand gab es dagegen noch leichte Rückgänge - bei Eigentumswohnungen von 1,6 Prozent, bei Häusern von 0,5 Prozent. "Angesichts der gesunkenen Inflationsrate und der wieder stabileren Zinslage kehrt eine gewisse Planungssicherheit und damit auch die Kaufnachfrage zunehmend zurück", sagte Crockford. Eine ähnliche Entwicklung beobachtet auch das Vergleichsportal immowelt: "Nach eineinhalb herausfordernden Jahren für die komplette Immobilienbranche blicken wir zuversichtlich auf das Jahr 2024. Die Bauzinsen scheinen ihren Höhepunkt bereits überwunden zu haben und sinken derzeit", sagt immowelt Geschäftsführer Felix Kusch. Danach dürfte der Tiefpunkt der Immobilienpreise bald erreicht sein. | /wirtschaft/verbraucher/mietwohnungen-grossstaedte-rekordpreise-100.html |
2024-01-10 | Kaufkraft steigt in diesem Jahr | GfK-Berechnungen | Die vergleichsweise hohen Lohnabschlüsse im abgelaufenen Jahr machen es möglich: Die Kaufkraft der Deutschen wird 2024 deutlich größer sein als 2023. Davon wird allerdings die Inflation einen Gutteil auffressen. | Die vergleichsweise hohen Lohnabschlüsse im abgelaufenen Jahr machen es möglich: Die Kaufkraft der Deutschen wird 2024 deutlich größer sein als 2023. Davon wird allerdings die Inflation einen Gutteil auffressen. Im Jahr 2024 können die Bundesbürger einen deutlichen Zuwachs der Kaufkraft erwarten. Das hat die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in einer aktuellen Studie ermittelt. Unter Kaufkraft ist das für Konsumzwecke verfügbare Einkommen von Privathaushalten zu verstehen. Dies ist der Betrag, der einem Haushalt nach Abzug aller regelmäßig wiederkehrenden Zahlungsverpflichtungen wie Miete, Versicherungen oder Kreditraten zur Verfügung steht. Auch staatliche Transferzahlungen wie Renten, Arbeitslosen- und Kindergeld sind darin enthalten. Ein wenig mehr Kaufkraft als Inflation Laut GfK wird die Kaufkraft im gerade begonnenen Jahr stärker zulegen als die Inflation. Die Kaufkraft wird nach den Berechnungen des Instituts bei 27.848 Euro pro Kopf liegen, wie die GfK-Marktforscher prognostizierten. Das entspricht einem Plus von 2,8 Prozent oder 767 Euro. Insgesamt sagen die Forscher für dieses Jahr eine Kaufkraftsumme von rund 2,35 Billionen Euro voraus. "Damit würde der Kaufkraftzugewinn zumindest die aktuell von der Bundesbank prognostizierte Inflation von 2,7 Prozent ausgleichen können", so GfK-Experte Filip Vojtech. "Aufgrund der politischen Unsicherheiten ist die Konsumneigung dennoch weiterhin verhalten und die Deutschen werden auch in diesem Jahr vermutlich wieder mehr Geld sparen." Real wohl mehr in der Tasche Dank der guten Lohnabschlüsse für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist im laufenden Jahr von minimal steigenden Reallöhnen auszugehen. Der Reallohn bestimmt den Verdienst, über den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter der Berücksichtigung von Preisänderungen tatsächlich verfügen. Seit 2020 sind die Reallöhne dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge in jedem Jahr gesunken. Langfristig folgen die Löhne aber der Inflation und gleichen diese tendenziell aus. Starnberg besonders reich, Gelsenkirchen besonders arm Regional ist die Kaufkraft in Deutschland auch im Jahr 2024 unterschiedlich groß. In Bayern ist sie seit Jahren schon am höchsten und liegt laut den Berechnungen bei 30.130 Euro. Das liegt gut acht Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Baden-Württemberg belegt erneut den zweiten Platz mit 29.675 Euro, was 18 Euro mehr sind als bei den drittplatzierten Hamburgern. Den hintersten Platz belegt Bremen: Dort stehen den Einwohnern im Schnitt 24.702 Euro zur Verfügung, womit sie etwas mehr als elf Prozent unter dem landesweiten Durchschnitt liegen. In Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern ist das Niveau ebenfalls vergleichsweise niedrig. Reichster Landkreis bleibt Starnberg in Bayern. Dort liegt die Pro-Kopf-Kaufkraft bei 38.702 Euro und um 39 Prozent über dem Bundesschnitt. Damit haben die Starnberger 1.157 Euro mehr als die Einwohner des zweitplatzierten Landkreises München. Schlusslicht im Kaufkraftvergleich ist wie in den Vorjahren der Stadtkreis Gelsenkirchen. Mit einer Pro-Kopf-Kaufkraft von 22.007 Euro haben die Einwohner dort 21 Prozent weniger für ihre Ausgaben und zum Sparen zur Verfügung als der Durchschnittsdeutsche. | /wirtschaft/verbraucher/kaufkraft-verbraucher-inflation-100.html |
2024-01-10 | Bewaffnete stürmen TV-Studio | Gewalt erschüttert Ecuador | Ecuador galt lange als relativ friedlich und stabil. Seit einiger Zeit nimmt die Bandengewalt aber massiv zu. Bewaffnete haben nun einen Fernsehsender gestürmt. Mindestens zehn Menschen wurden durch Bandenangriffe getötet. | Ecuador galt lange als relativ friedlich und stabil. Seit einiger Zeit nimmt die Bandengewalt aber massiv zu. Bewaffnete haben nun einen Fernsehsender gestürmt. Mindestens zehn Menschen wurden durch Bandenangriffe getötet. In Ecuador eskaliert die Gewalt. Bewaffnete haben während einer Livesendung ein Studio des staatlichen Senders TC gestürmt und mehrere Mitarbeitende als Geiseln genommen. Obwohl das Licht im Studio ausging wurde die Übertragung nicht unterbrochen, Schüsse und Schreie waren zu hören. Maskierte Männer schlugen auf Mitarbeitende ein und zwangen sie zu Boden. Nach etwa 30 Minuten war zu sehen, wie die Polizei eintraf. Sie meldete später die Festnahme von 13 Angreifern. Präsident Noboa erklärte, sein Land befinde sich in einem "internen bewaffneten Konflikt". Er ordnete Militäreinsätze gegen die kriminellen Banden im Land an, um sie "zu neutralisieren". Wegen der eskalierenden Gewalt in den Gefängnissen - darunter die Geiselnahmen von Wärtern und die Flucht eines Bandenchefs - hatte er bereits am Montag den Ausnahmezustand verhängt. Seitdem wurden von Behörden mehrere Explosionen gemeldet, die sich gegen die Polizei richteten. Zudem wurden mindestens sieben Polizisten entführt. Mindestens zehn Tote durch Gewaltausbruch Nach Polizeiangaben wurden bei Ausschreitungen mindestens zehn Menschen getötet. Acht in der Hafenstadt Guayaquil, wo auch das Fernsehstudio liegt. Kriminelle haben dort auch mehrere Krankenhäuser kurzzeitig besetzt. Insgesamt seien in der Stadt mehr als 600 Notrufe eingegangen, berichtete die Polizei auf einer Pressekonferenz. In der nahegelegegenen Stadt Nobol sollen zwei Polizisten "von bewaffneten Kriminellen brutal ermordet" worden sein, hieß es von den Behörden. Auswärtiges Amt rät von Reisen ab Angesichts der aktuellen Entwicklungen rät das Auswärtige Amt von nicht notwendigen Reisen nach Guayaquil und in die Umgebung, sowie in die Stadt Esmeraldas ab. Vor allem die Lage in Guayaquil sei unübersichtlich, heißt es in den Reise- und Sicherheitshinweisen des Ministeriums. Auch andere Staaten haben auf die zunehmend schlechte Sicherheitslage reagiert. Der oberste US-Diplomat für Lateinamerika, Brian Nichols, äußerte sich im Onlinedienst X "äußerst besorgt über die heutige Gewalt und die Entführungen in Ecuador". China schließt seine Botschaft und seine Generalkonsulate bis auf weiteres. Peru hat im Grenzgebiet zu Ecuador den Ausnahmezustand erklärt und verlegt Sicherheitskräfte in die Region. Brasilien, Kolumbien und Chile sprachen der ecuadorianischen Regierung ihre Unterstützung aus. Social-Media-Beitrag auf X von Brian A. Nichols: "Extremely concerned by today's violence & kidnappings in Ecuador. The United States stands with the people of Ecuador. We are ready to provide assistance to the Ecuadorian government and will remain in close contact with President @DanielNoboaOk's team regarding our support. -BAN" Drehscheibe für den Drogenhandel Ecuador liegt zwischen Kolumbien und Peru, den beiden größten Kokainproduzenten der Welt. Lange galt das kleine Land dennoch als friedlich und stabil. In den vergangenen Jahren hat die Bandenkriminalität aber stark zugenommen, das Land wurde zur Drehscheibe für den internationalen Drogenhandel, vor allem in die USA und Europa. Seitdem eskaliert auch die Gewalt. Die Mordrate ist eine der höchsten in Lateinamerika. Erst im vergangenen August wurde ein Präsidentschaftskandidat, der sich gegen die Korruption im Land einsetzte, nach einer Wahlkampfveranstaltung erschossen. | /ausland/amerika/ecuador-gewalt-ausnahmezustand-100.html |
2024-01-10 | Mindestens vier Tote durch Unwetter | Winterstürme und Regen in den USA | Bei schweren Unwettern in den USA sind mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. Wirbelstürme wüteten im Süden, im Nordosten fiel in Hunderttausenden Haushalten und Unternehmen der Strom aus. | Bei schweren Unwettern in den USA sind mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. Wirbelstürme wüteten im Süden, im Nordosten fiel in Hunderttausenden Haushalten und Unternehmen der Strom aus. Schneestürme im Osten und Westen, Tornados im Süden und Regen mit Hochwassergefahr: Weite Teile der USA werden derzeit von Unwettern heimgesucht, wie US-Medien und Behörden berichten. Mindestens vier Menschen seien bisher im Zusammenhang mit dem Wetter ums Leben gekommen, schrieb die Zeitung New York Times am Dienstagabend (Ortszeit). Der US-Sender CNN berichtete übereinstimmend von mindestens vier Toten durch Stürme in den US-Staaten Alabama, Georgia und North Carolina. In weiten Teilen des Landes herrschten CNN zufolge eisige Temperaturen. An der Ostküste seien am Dienstagabend mehr als 800.000 Haushalte und Unternehmen ohne Strom gewesen, meldete die Webseite PowerOutage.us. Am stärksten betroffen waren die Bundesstaaten New York, Pennsylvania und New Jersey. In der Millionenmetropole New York City wurden nach Angaben der New York Times knapp 2.000 Migranten - darunter Familien mit Kindern - vor erwarteten heftigen Regenfällen und Winden aus einem Zeltcamp im Stadtteil Brooklyn in sichere Unterkünfte gebracht. In mehreren Staaten im Osten der USA galten Hochwasserwarnungen. Tornados im Südosten Unterdessen zogen Tornados durch den Südosten der USA. Im Bundesstaat North Carolina starb ein Mensch örtlichen Behörden zufolge in einer Wohnwagensiedlung. Südlich von Atlanta im Bundesstaat Georgia kam ein Mensch, ums Leben als nach Polizeiangaben ein Baum auf ein Fahrzeug stürzte. In Alabama starb eine 81-Jährige, als ein Wirbelsturm ihren Wohnwagen traf, wie lokale Behörden mitteilten. Wetterlage soll noch bis Freitag anhalten Für das nördliche Zentrum der USA wurde überdies starker Schneefall von zwei bis fünf Zentimetern pro Stunde gemeldet. Im Nordwesten wurde nach einem Bericht der New York Times erstmals seit einem Jahrzehnt eine Blizzard-Warnung für die Kaskadenkette und das Olympic-Gebirge ausgegeben. "Unterschätzen Sie ihn nicht", warnte Phil Murphy, der Gouverneur von New Jersey, vor dem Sturm. Murphy beschrieb das Unwetter als "ungewöhnlich". Die Wetterlage sorgte auch dafür, dass die Air Force 2, das Flugzeug von Vizepräsidentin Kamala Harris, zu einem anderen Landeort als üblich umgeleitet werden musste. Mehr als 1.300 Flüge wurden laut der Website flightaware.com in den USA gestrichen, 8.600 weitere Flüge hatten Verspätung - allerdings erfolgten einige der Flugabsagen infolge der Inspektionen an Flugzeugen der Modelle Boeing 737 Max. In der vergangenen Woche war während eines Flugs von Alaska Airlines ein Wandteil einer solchen Maschine herausgeflogen. Die Wetter-Turbulenzen werden nach Einschätzung des US-Wetterdienstes National Weather Service noch bis mindestens Freitag anhalten. Die Schneestürme an der US-Westküste dürften demnach weiter ins Inland ziehen und sehr tiefe Temperaturen mit sich bringen. Für die Region New England sagte der Wetterdienst starke Stürme voraus. | /ausland/amerika/usa-wintersturm-unwetter-stromausfall-100.html |
2024-01-10 | PiS-Abgeordnete im Präsidentenpalast verhaftet | Machtkampf in Polen | In Polen spitzt sich der Konflikt zwischen dem neuen und dem alten Regierungslager zu: Zwei verurteilte PiS-Politiker suchten offenbar Schutz bei Präsident Duda, kamen nun aber doch ins Gefängnis. Einer der beiden trat in den Hungerstreik. | In Polen spitzt sich der Konflikt zwischen dem neuen und dem alten Regierungslager zu: Zwei verurteilte PiS-Politiker suchten offenbar Schutz bei Präsident Duda, kamen nun aber doch ins Gefängnis. Einer der beiden trat in den Hungerstreik. Nach ihrer Verhaftung in Polens Präsidentenpalast sind zwei verurteilte Abgeordnete der nationalkonservativen PiS ins Gefängnis gebracht worden. Der frühere Innenminister Mariusz Kaminski und sein Staatssekretär Maciej Wasik waren im Dezember rechtskräftig wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Doch statt ihre Haftstrafen anzutreten, erschienen sie auf einem Empfang bei Präsident Duda, der ebenfalls aus der PiS stammt. Nach mehreren Stunden im Palast konnte die Polizei die beiden Politiker dann abführen. Vor dem Gefängnis im Warschauer Stadtteil Grochow versammelten sich in der Nacht mehrere PiS-Anhänger, darunter auch Parteichef Jaroslaw Kaczynski. Er bezeichnete die Verhafteten Kaminski und Wasik als "politische Gefangene" und forderte vergeblich Zugang zur Haftanstalt. An seinem ersten Tag im Gefängnis trat Kaminski in einen Hungerstreik. Eine entsprechende Erklärung veröffentlichte die PiS auf der Plattform X (vormals Twitter). Er halte seine Verurteilung für politische Rache, schrieb Kaminski darin. Machtkampf der Parteien Damit hat sich der Konflikt zwischen dem neuen und dem alten Regierungslager in Polen weiter zugespitzt. Zwischen dem seit Mitte Dezember regierenden Mitte-Links-Bündnis von Donald Tusk und der abgewählten nationalkonservativen PiS tobt ein Machtkampf. Ministerpräsident Tusk warf Duda vor, er behindere die Justiz, indem er den Männern Unterschlupf gewähre. Tusk drohte Duda und dem PiS-Chef Kaczynski, sie würden wegen "Sabotage der Verfassung" zu Verantwortung gezogen. Eine für heute geplante Parlamentssitzung wurde wegen der chaotischen Lage verschoben. Duda hält an Begnadigung fest Der Fall hat eine lange Vorgeschichte. Nach der Machtübernahme der PiS im Jahr 2015 hatte Präsident Duda die beiden Politiker Kaminski und Wasik begnadigt. Sie waren in erster Instanz zu drei Jahren Haft wegen Amtsmissbrauchs verurteilt worden. Kaminski hatte 2007 als Amtsleiter der Antikorruptionsbehörde gezielt einen Fall inszeniert, um den damaligen Landwirtschaftsminister zu diskreditieren. Kaminski und Wasik gingen gegen das Urteil in Berufung. Der Oberste Gerichtshof hatte die Begnadigung dann aufgehoben. Begnadigt werden könne nur, wer rechtskräftig verurteilt sei, hieß es in der Begründung. Beide mussten sich erneut einem Verfahren stellen und wurden zu zwei Jahren Haft verurteilt. Außerdem dürfen sie für fünf Jahre kein öffentliches Amt bekleiden und verlieren ihr Abgeordnetenmandat. Duda hatte in den vergangenen Tagen betont, dass seiner Auffassung nach die Begnadigung Bestand habe - auch wenn Polens Verfassungsrechtler das anders sehen. | /ausland/europa/polen-pis-abgeordnete-gefaengnis-100.html |
2024-01-10 | 2024 wird wohl noch weniger gebaut | Auftragslage und Stimmung schlecht | Der erhoffte Aufschwung am Bau wird noch auf sich warten lassen. Darin sind sich Forschungsinstitute einig. Und auch in den kommenden Jahren dürfte die Bauwirtschaft nur langsam wachsen, so Studien. | Der erhoffte Aufschwung am Bau wird noch auf sich warten lassen. Darin sind sich Forschungsinstitute einig. Und auch in den kommenden Jahre dürfte die Bauwirtschaft nur langsam wachsen, so Studien. Die Lage am Bau wird wohl noch über Jahre hinweg schwierig bleiben. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und das Münchner ifo-Institut erwarten nach aktuellen Studien und Umfragen 2024 einen Rückgang der Bauleistungen - und nur ein Mini-Wachstum in den folgenden Jahren. Wohnungsbau besonders hart getroffen So werden die Ausgaben für Bauleistungen in Deutschland laut einer Studie des DIW in diesem Jahr erstmals seit dem Finanzkrisenjahr 2009 zurückgehen. Sie werden demzufolge um 3,5 Prozent auf rund 546 Milliarden Euro sinken, heißt es in der Untersuchung. Noch deutlicher soll es beim Wohnungsbau bergab gehen. Dieser soll um 5,4 Prozent schrumpfen. Der Tiefbau, zu dem der staatlich dominierte Straßenbau zählt, federt laut Studie die Lage etwas ab, denn er soll um 1,8 Prozent wachsen. Im vergangenen Jahr war das Bauvolumen insgesamt noch um 6,1 Prozent gewachsen. Hauptverantwortlich waren allerdings die hohen Baupreise infolge der gestiegenen Inflation. Inflationsbereinigt gab es dagegen mit 1,1 Prozent den dritten realen Rückgang in Folge, der 2024 mit minus 1,5 Prozent noch etwas größer ausfallen soll. "Der Einbruch in der Bauwirtschaft zieht sich länger hin als erwartet", so Studienautorin Laura Pagenhardt. "Erst im kommenden Jahr wird wohl bei weiter sinkenden Baupreisen wieder ein kleines Plus erwirtschaftet." 400.000 neue Wohnungen nicht erreichbar Für das Jahr 2025 erwartet das DIW eine Zunahme um 0,5 Prozent. Aber auch dann dürfte der Wohnungsneubau noch hinterherhinken. Das Ziel, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, rückt laut den Studienautoren noch weiter in die Ferne. 2024 dürften es nur etwa 265.000 werden. Entsprechend trübe ist die Stimmung in den Unternehmen der Baubranche. Im Wohnungsbau ist das vom ifo ermittelte Geschäftsklima auf ein Allzeittief seit 1991 gefallen. Die Stimmung der Unternehmen erreichte im Dezember minus 56,8 Punkte nach minus 54,4 im Vormonat, so das Institut. Das sei der niedrigste Stand seit Beginn der Erhebung 1991. Mehr gestrichene Projekte Die Unternehmen befürchten für das erste Halbjahr 2024 weitere Geschäftseinbußen. "Obwohl die Zinsen für Baufinanzierungen zuletzt wieder gesunken sind, ist noch keine Entspannung in Sicht", so der Leiter der ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. 22,1 Prozent der befragten Bauunternehmen beklagten im Dezember gestrichene Projekte; im November waren es 21,5 Prozent gewesen. Über zu niedrige Auftragsbestände klagten im Dezember 56,9 Prozent der Unternehmen. Grund für die schlechte Lage sind neben dem enormen Anstieg der Baupreise auch die Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB), die innerhalb kürzester Zeit auf die Zinsen für Wohnbaukredite durchschlugen. Die Finanzierungsbedingungen sind insbesondere für viele private Haushalte derzeit kaum zu stemmen. Die Folge: Neubauprojekte werden eingeschränkt, storniert oder gar nicht erst in Angriff genommen. | /wirtschaft/konjunktur/bauwirtschaft-ifo-diw-100.html |
2024-01-10 | GDL-Chef droht mit weiteren Streiks | Tarifkonflikt bei der Bahn | Seit dem Morgen läuft der aktuelle Streik der GDL - und Gewerkschaftschef Weselsky droht bereits mit einem weiteren. Sollte die Bahn bis Freitag kein neues Angebot vorlegen, gehe es in den nächsten Arbeitskampf. | Seit dem Morgen läuft der aktuelle Streik der GDL - und Gewerkschaftschef Weselsky droht bereits mit einem weiteren. Sollte die Bahn bis Freitag kein neues Angebot vorlegen, gehe es in den nächsten Arbeitskampf. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, hat den Bahnstreik verteidigt und gedroht, den Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn (DB) mit Streiks weiterzuführen. "Wenn nichts kommt bis Freitag, machen wir eine Pause und gehen in den nächsten Arbeitskampf", sagte Weselsky im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF nach Beginn des aktuellen Lokführerstreiks. Weselsky kritisierte das jüngste Angebot der Bahn als Provokation. Die GDL fordert neben mehr Geld auch, die Arbeitszeit für Schichtarbeitenden bei vollem Lohn zu reduzieren. Der Gewerkschaftschef verwies dabei auf Tarifabschlüsse mit anderen Bahnunternehmen. Man sei bereit, hier Kompromisse zu machen und die geringere Arbeitszeit schrittweise einzuführen. Die Bahn hält diese Forderung für unerfüllbar. Sie ist lediglich bereit, mit der Gewerkschaft über die Ausweitung bereits bestehender Arbeitszeit-Wahlmodelle zu reden. Wissing ruft zu Verhandlungen auf Die DB hatte die GDL zuvor aufgerufen, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing forderte beide Seiten zu Verhandlungen auf. "Es muss ein Weg gefunden werden, mit dem beide Seiten zurechtkommen. Dazu muss miteinander gesprochen werden", sagte der FDP-Politiker der "Bild". Der Fahrgastverband Pro Bahn forderte ebenfalls eine zügige Einigung zwischen der DB und der GDL. Als demokratischer Verband stehe man "grundsätzlich hinter dem Streikrecht", sagte der bayerische Landesvorsitzende und Bundesvize von Pro Bahn, Lukas Iffländer, dem Bayerischen Rundfunk. Allerdings müsse das "die letzte große Streikrunde" sein, beide Seiten müssten sich einigen. Nicht alle Bahnunternehmen von Streik betroffen Am Morgen hatte der mehrtägige Streik der GDL auch im Personenverkehr begonnen. Seit 2.00 Uhr haben zahlreiche Beschäftigte die Arbeit niedergelegt, wie die DB mitteilte. Im Güterverkehr war der Ausstand bereits am Dienstagabend um 18.00 Uhr losgegangen. Der Arbeitskampf soll bis Freitagabend um 18.00 Uhr andauern. Es gilt erneut ein Notfahrplan der DB, im Fernverkehr fallen dabei gut 80 Prozent des üblichen Angebots aus. Auch im Regionalverkehr komme es zu weitreichenden Einschränkungen, die regional allerdings unterschiedlich stark ausfallen. Zuvor war die Bahn mit einem letzten Versuch vor dem Landesarbeitsgericht Hessen gescheitert, den Arbeitskampf juristisch zu kippen. Zur Arbeitsniederlegung aufgerufen sind die Beschäftigten der Deutschen Bahn sowie der Eisenbahnunternehmen Transdev und City-Bahn Chemnitz. Alle anderen Bahnunternehmen können ihre Fahrten theoretisch anbieten. Die GDL vertritt bei der Bahn hauptsächlich Lokführer und das Zugpersonal. Fahrdienstleiter, die den Zugverkehr bundesweit koordinieren, sind zwar ebenfalls zum Warnstreik aufgerufen. Aber nur wenige von ihnen sind GDL-Mitglieder. Das Schienennetz dürfte also in weiten Teilen des Landes grundsätzlich befahrbar sein. Einschränkungen auch auf den Straßen Der Streik fällt zeitlich mit den bundesweiten Bauernprotesten zusammen, die heute erneut zu Verkehrsbehinderungen führen könnten. Angekündigt sind etwa Sternfahrten, Kundgebungen und Blockaden an Autobahnauffahrten - für Pendlerinnen und Pendler droht damit mancherorts ein anstrengender Tag. Der Ausstand bei der Bahn ist der dritte und bisher längste im aktuellen Tarifstreit mit den Lokführern der GDL. Auch das Eisenbahnunternehmen Transdev wird bestreikt. Mit Einschränkungen ist auch in den Stunden nach dem offiziellen Streikende noch zu rechnen. Reisende sollen Fahrten möglichst verschieben Ob der eigene Zug fährt oder nicht, können Fahrgäste über die üblichen Auskunftskanäle der Bahn erfahren. Der Notfahrplan ist dort bereits eingepflegt. Reisende sind dazu aufgerufen, ihre geplanten Fahrten zwischen Mittwoch und Freitag zu verschieben. Erfahrungsgemäß sind gerade in den ostdeutschen Bundesländern sowie im Südwesten viele Beschäftigte bei der GDL organisiert. Die Zugbindung für sämtliche Tickets während des Streikzeitraums vom 10. bis 12. Januar ist laut Bahn aufgehoben. Kundinnen und Kunden können also auch in den Tagen danach ihre Fahrt noch antreten. "Wie auch schon in den vergangenen Streiks werden wir 20 Prozent unserer Fernverkehrszüge fahren können", sagte Bahn-Sprecherin Anja Bröker. Die Bahn könne nur das Beste aus dieser Situation machen. | /wirtschaft/unternehmen/gdl-bahn-streik-weselsky-100.html |
2024-01-10 | Früherer Scorpions-Schlagzeuger Kottak ist tot | Mit 61 Jahren | Rund 20 Jahre war der US-Amerikaner James Kottak ein Teil der Scorpions. Nun ist der ehemalige Schlagzeuger im Alter von 61 Jahren gestorben. Die Band würdigte ihn als "wunderbaren Menschen" und "großartigen Musiker". | Rund 20 Jahre war der US-Amerikaner James Kottak ein Teil der Scorpions. Nun ist der ehemalige Schlagzeuger im Alter von 61 Jahren gestorben. Die Band würdigte ihn als "wunderbaren Menschen" und "großartigen Musiker". Die Scorpions trauern um ihren ehemaligen Schlagzeuger: Der US-Musiker James Kottak, der von 1996 bis März 2016 in der Rockband spielte, ist am Dienstag im Alter von 61 Jahren gestorben. Das bestätigte Scorpions-Manager Peter Lanz der Nachrichtenagentur dpa. Die Umstände des Todes blieben unklar. Kottak war der erste US-amerikanische Musiker der deutschen Band. Sein Platten-Debüt gab er 1999 im Studioalbum "Eye II Eye". "Ein wunderbarer Mensch" Die Band um Frontmann Klaus Meine hatte Kottak am Dienstagabend auf ihrer Homepage und auf ihren Social-Media-Kanälen gewürdigt: "James war ein wunderbarer Mensch, ein großartiger Musiker und liebevoller Familienvater, er war unser 'Bruder von einer anderen Mutter' und wird uns sehr fehlen. Rock 'n' Roll für immer, RIP James." Kottak war rund 20 Jahre Schlagzeuger der Scorpions, im Frühjahr 2016 verließ er die Rockband, um eine langwierige Erkrankung in einer Klinik auszukurieren. Der Ex-Motörhead-Drummer Mikkey Dee übernahm damals und ist bis heute Teil der Band. | /inland/gesellschaft/scorpions-schlagzeuger-kottak-tod-100.html |
2024-01-10 | Mietautos deutlich günstiger als 2023 | Internationaler Vergleich | In vielen Urlaubsländer sind Mietautos aktuell günstiger als im Vorjahr. Das ergeben Daten des Vermittlungsportals Check24. In einem beliebten Reiseland sind die Preise jedoch gestiegen. | In vielen Urlaubsländer sind Mietautos aktuell günstiger als im Vorjahr. Das ergeben Daten des Vermittlungsportals Check24. In einem beliebten Reiseland sind die Preise jedoch gestiegen. Mietwagen für die Sommerferien sind nach Daten des Vermittlungsportals Check24 in vielen Urlaubsländern günstiger als vor einem Jahr. Im Schnitt seien die Leihauto-Preise für Frühbucher um 15 Prozent günstiger als 2023, teilte das Münchner Unternehmen mit. Die Zahlen unterscheiden sich laut Check24 von Land zu Land: In Portugal und Spanien sind Mietautos für den Sommerurlaub danach derzeit um jeweils über 20 Prozent günstiger, in der Türkei dagegen um sieben Prozent teurer - allerdings sind Mietwagen dort laut Check24 immer noch am günstigsten. Verleiher mit erweiterter Mietautoflotte Grund der Preisnachlässe ist demnach, dass viele Autoverleiher ihre Fahrzeugflotten nach der Corona-Pandemie wieder vergrößert haben. Gleichzeitig steige aber auch die Nachfrage. Nach Angaben einer Sprecherin liegen die Mietwagen-Buchungen für die Sommerferien über 50 Prozent höher als 2022 zum selben Zeitpunkt für die vergangenen Sommerferien. Grundlage der Analyse sind die eigenen Daten des Unternehmens für 15 Länder inklusive Deutschland, Stand 27. Dezember. In der Bundesrepublik ist die Frühbuchung eines Urlaubsautos danach sieben Prozent günstiger als vor einem Jahr. Das Online-Portal vermittelt neben Versicherungen, Hotels oder Flugtickets auch Leihwagen - nach eigenen Angaben von mehr als 300 Autovermietern - und hat insofern ein finanzielles Eigeninteresse an möglichst vielen Buchungen. | /wirtschaft/verbraucher/mietwagen-billiger-2024-100.html |
2024-01-10 | Nawalny für sieben Tage in Isolationshaft | Inhaftierter Kremlkritiker | Der inhaftierte Kremlkritiker Nawalny muss eigenen Angaben zufolge sieben Tage in Isolationshaft. Während Unterstützer zum Jahrestag seiner Verhaftung zu Protesten aufriefen, zeigte sich Nawalny erstmals seit seiner Verlegung in einem Video. | Der inhaftierte Kremlkritiker Nawalny muss eigenen Angaben zufolge sieben Tage in Isolationshaft. Während Unterstützer zum Jahrestag seiner Verhaftung zu Protesten aufriefen, zeigte sich Nawalny erstmals seit seiner Verlegung in einem Video. Der russische Kremlkritiker Alexej Nawalny ist nach eigenen Angaben wegen einer Lappalie in eine winzige Gefängniszelle gesteckt worden. Vertreter des Straflagers in der Arktis hätten ihm vorgeworfen, er habe sich geweigert, "sich im Einklang mit dem Protokoll vorzustellen", ließ Nawalny in seinen Telegram-Kanal wissen. Sie hätten angeordnet, dass er sieben Tage in einer Strafzelle verbringen muss. Das bedeute, dass er nur um 6.30 Uhr raus in einen schmalen Gefängnishof dürfe. Häftlinge dürften unter normalen Umständen zu einer Zeit raus, wenn es etwas wärmer sei. Derzeit lägen die Temperaturen bei bis zu minus 32 Grad. Erstes Video aus "Polarwolf" Der größte politische Feind von Präsident Wladimir Putin war am 21. Januar 2021 zu 19 Jahren Haft verurteilt worden. Die russischen Behörden haben ihm Extremismus vorgeworfen. Die Vorwürfe gegen ihn betrachtet Nawalny als politisch motiviert. Seit Dezember ist Nawalny in dem berüchtigten Gefängnis "Polarwolf" in der eiskalten sibirischen Jamal-Region. Der 47-Jährige teilte mit, es sei naiv gewesen zu denken, "dass Putin damit zufrieden sein wird, mich in eine Kaserne im hohen Norden zu stecken". Erstmals seit seiner Verlegung an den Polarkreis war Nawalny in einem Video zu sehen. Darauf schien der Kremlkritiker gut gelaunt zu sein, als er über eine Videoschaltung aus der Strafkolonie IK-3 mit Journalisten sprach, die sich vor dem Kowrowski-Gericht in der Region Wladimir eingefunden hatten. Anlass der Videoschalte war eine Anhörung zu Nawalnys Beschwerden über seine Haftbedingungen. Nawalnys Anhänger rufen zu Demonstrationen auf Anlässlich des bevorstehenden dritten Jahrestags seiner Inhaftierung haben Nawalnys Anhänger weltweit zu Demonstrationen aufgerufen. Putin habe Nawalny hinter den Polarkreis wegsperren lassen, um ihn zum Schweigen zu bringen. "Lasst Putin nicht gewinnen", schrieb Nawalnys ins Ausland geflüchteter Chefstratege Leonid Wolkow auf seinem Telegram-Kanal. Geplant sind Demonstrationen allerdings nur im Ausland - auch wegen der starken Repressionen in Russland. Besonders viele Demonstrationen soll es in Deutschland geben. Hierzulande sind gleich zehn Veranstaltungsorte aufgeführt: Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart, Hannover, Saarbrücken, Ludwigshafen und Göttingen. | /ausland/europa/russland-nawalny-haft-100.html |
2024-01-10 | Bitcoin-Boom nach Hacker-Attacke | Gefälschte SEC-Mitteilung | Eine gefälschte SEC-Mitteilung zur Zulassung börsengehandelter Bitcoin-Fonds sorgte gestern für Verwirrung. Hacker hatten sich Zugriff auf das SEC-Nutzerkonto bei der Kurznachrichtenplattform X verschafft. | Eine gefälschte SEC-Mitteilung zur Zulassung börsengehandelter Bitcoin-Fonds sorgte gestern für Verwirrung. Hacker hatten sich Zugriff auf das SEC-Nutzerkonto bei der Kurznachrichtenplattform X verschafft. Widersprüchliche Mitteilungen zur Zulassung von börsengehandelten Bitcoin-Fonds (ETF) haben die Kryptobranche gestern in Aufruhr versetzt. Nach einer Mitteilung vom offiziellen Account der US-Börsenaufsicht SEC bei Elon Musks Online-Plattform X (ehemals Twitter) hatte es am Dienstag zunächst den Anschein gehabt, dass der Weg für eine Notierung solcher Fonds in den USA frei ist, mit denen direkt in den Bitcoin investiert werden kann (Bitcoin-Spot-ETF). Daraufhin war der Bitcoin-Kurs gestiegen, denn für Investoren wären das gute Nachrichten: "Anleger hätten dann über regulierte Anbieter Zugang zum Bitcoin, ohne den Umweg über eine Krypto-Börse gehen zu müssen, der sie nicht vertrauen", erklärt Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. "Auf diesem Wege wären dann auch große Investitionssummen denkbar, die bisher vielen einfach zu riskant gewesen sind." SEC-Account gehackt Die falsche Mitteilung passte auch zu den Erwartungen vieler Anlegerinnen und Anleger, denn mit der ETF-Zulassung wird für diese Woche gerechnet. Mehrere Anbieter hatten die Zulassung solcher Fonds beantragt. Die Frist zur Entscheidung über zumindest einen der Anträge läuft diese Woche ab. Es wurde deshalb spekuliert, dass die SEC das als Anlass für eine grundsätzliche Entscheidung über mehrere Anträge nehmen wolle. Beobachter rechneten mit einer Entscheidung am heutigen Mittwoch. Nach dieser Mitteilung vom offiziellen Account der US-Börsenaufsicht SEC bei X schien es also zunächst, dass der Weg für eine Notierung frei sei. Doch wenig später teilte der Behörden-Chef Gary Gensler mit, die Ankündigung sei falsch gewesen. Der SEC-Account bei X sei gehackt worden. Bitcoin-Kurs reagiert Der Kurs der ältesten und bekanntesten Digitalwährung sprang gestern auf der Handelsplattform Coinbase erst nach oben, kehrte aber dann knapp über der Marke von 47.900 Dollar um und rutschte zeitweise an die Marke von 46.000 Dollar. Der Bitcoin-Kurs hatte zuletzt bereits deutlich von der Spekulation auf eine erhoffte positive Entscheidung profitiert: Allein seit Mitte Oktober hatte er in der Spitze 76 Prozent gewonnen. X zufolge konnte das SEC-Profil gekapert werden, weil jemand sich Zugriff auf die damit verknüpfte Telefonnummer verschafft habe. Zugleich ließ X die Öffentlichkeit wissen, dass der SEC-Account zum Zeitpunkt des Hacks nicht mit der sogenannten Zwei-Faktor-Authentifizierung geschützt gewesen sei, die es viel schwieriger gemacht hätte, ihn zu kapern. "Fader Beigeschmack in Anlegerkreisen" "Das jüngste Wirrwarr um die vermeintliche Zulassung eines Bitcoin-Spot-ETF in den USA dürfte einen faden Beigeschmack in Anlegerkreisen hinterlassen", kommentiert Marktanalyst Timo Emden. Die irreführenden Nachrichten würden die Herausforderungen des Anlegerschutzes auf eindrucksvolle Art und Weise unterstreichen, so der Marktbeobachter. "Die Chancen dürften gestiegen sein, dass die SEC in letzter Minute ihre Entscheidung doch noch auf Eis legt." James Angel, außerordentlicher Professor an der McDonough School of Business der Georgetown University sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: "Wir werden definitiv immer anfälliger für diese Art von sofortigen Fehlinformationen." Was eine Zulassung für den Bitcoin-Kurs kurzfristig bedeuten würde, ist unklar. Da die Kryptowährung im Vorfeld bereits kräftig gestiegen sei, könnten laut Stanzl viele Anlegerinnen und Anleger deshalb nach einer positiven Entscheidung dazu neigen, auf ihre erfolgreiche Spekulation Gewinne einzustreichen. | /wirtschaft/digitales/bitcoin-etf-zulassung-hack-sec-100.html |
2024-01-10 | Verbände sprechen sich für CO2-Speicherung aus | Klimaziele in Gefahr | Ein Bündnis aus Umweltverbänden, Gewerkschaften und Industrie hat sich für die umstrittene Speicherung von CO2 im Erd- oder Meeresboden ausgesprochen. Nur so seien die Klimaziele noch erreichbar. | Ein Bündnis aus Umweltverbänden, Gewerkschaften und Industrie hat sich für die umstrittene Speicherung von CO2 im Erd- oder Meeresboden ausgesprochen. Nur so seien die Klimaziele noch erreichbar. In einem gemeinsamen Thesenpapier sprechen sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Umweltschutzorganisationen Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der World Wildlife Fund (WWF) für die umstrittene Speicherung abgeschiedener Kohlendioxid-Emissionen aus. Sie fordern die Bundesregierung auf, diese sogenannte CCS-Technik einzusetzen. Für die Umweltverbände bedeutet dies einen Kurswechsel gegenüber ihren vorherigen Positionen. Umweltverbände sehen "letzte Option" Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, begründen NABU und WWF dies damit, dass alles zur Begrenzung der Erderwärmung getan werden müsse. Umweltschützer hatten die CCS-Technologie bislang abgelehnt, unter anderem weil Umweltschäden durch entweichendes Gas befürchtet werden. Der WWF etwa hatte noch in einer Presseerklärung Ende Dezember die CO2-Speicherung lediglich als "letzte Option" bezeichnet. Allerdings wies er bereits darauf hin, dass Deutschland ohne die Abscheidung und Speicherung von CO2 aus der Industrie seine Klimaziele bis zum Jahr 2045 nicht werde erreichen können. Es sei richtig, so das Thesenpapier nun, die Abscheidungstechniken dort einzusetzen, wo Kohlendioxid-Emissionen nach aktuellem technischem Stand nicht vermieden werden können. Der Fachbereichsleiter Klima- und Umweltpolitik beim NABU, Daniel Rieger, sagte der Zeitung, man müsse zur Kenntnis nehmen, dass man zur Begrenzung der Erderwärmung "einfach alle Hebel in Bewegung setzen" müsse und "zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine andere Option für die Dekarbonisierung einzelner Industrien besteht". Wichtiger Baustein für die Industrie Denn auch mit hundert Prozent erneuerbaren Energien blieben etwa in der Kalkindustrie oder auch der Landwirtschaft noch Emissionen übrig. Viviane Raddatz, die Klimachefin des WWF, verlangte eine Carbon-Management-Strategie, die deutlich macht, dass das Abscheiden und Speichern von Kohlendioxid für die Industrie ein wichtiger Baustein sein wird - aber nur für Prozesse, in denen sich Emissionen aktuell nicht vollständig vermeiden lassen. Die Reduktion müsse immer Vorrang haben. Laut der Zeitung war das Thesenpapier dem Medienbericht vom BDI ausgegangen. Ihm gehe es darum, den Industriestandort zu stärken und dafür zu sorgen, dass etwa klimaneutraler Zement künftig auch in Deutschland statt nur im Ausland produziert wird. Kurswechsel bei den Grünen Ende 2023 In der Bundesregierung könnten die Chancen, dass die Abscheidungstechniken befürwortet werden, durchaus gegeben sein. Die Grünen hatte auf ihrem Parteitag in Karlsruhe Ende November einen Kurswechsel im Umgang mit der unterirdischen Speicherung und Nutzung von Kohlendioxid (CO2) beschlossen. Die Abscheidung und unterirdische Speicherung des Treibhausgases CO2 ist danach für die Grünen nun ein legitimes Instrument im Umgang mit der zunehmenden Erderwärmung - allerdings nur in bestimmten Fällen. Bereits im vergangenen Jahr hatte Dänemark ein Projekt zur CO2-Speicherung in der Nordsee gestartet. Ab 2030 - so der Plan - sollen in der dänischen Nordsee bis zu 13 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich eingelagert werden. Auch Deutschland könnte sich an der Initiative beteiligen. | /wirtschaft/technologie/verbaende-co2-speicherung-thesenpapier-100.html |
2024-01-10 | Der Mond in weiter Ferne? | Raumfahrt | Am Montag machte sich die US-Raumsonde "Peregrine" auf den Weg zum Mond, dort wird sie aber nie ankommen. Jetzt der nächste Rückschlag: Die NASA verschiebt einen bemannten Mondflug. Wie steht es um die aktuellen Missionen? Von G. Meyer. | Am Montag machte sich die US-Raumsonde "Peregrine" auf den Weg zum Mond, dort wird sie aber nie ankommen. Jetzt der nächste Rückschlag: Die NASA verschiebt einen bemannten Mondflug. Wie steht es um die aktuellen Missionen? Von Von Guido Meyer, NDR Alles fing gut an. Eine "neue Raumfahrt-Ära zum Mond und darüber hinaus" sollte der Start von "Peregrine" am Montag einläuten, so die Sprecherin bei der Übertragung des Lift Offs. Die Rakete funktionierte einwandfrei - aber ihre Nutzlast nicht, die Sonde auf ihrer Spitze. Ihre bordeigenen Triebwerke spielen derart verrückt, dass sie ein Aufsetzen auf der Mondoberfläche unmöglich machen. Deutsches Mondexperiment liefert Daten Aber auch ohne den krönenden Abschluss einer gelungenen Landung auf dem Mond ist die Mission jetzt schon ein Erfolg für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dort, in der Abteilung für Strahlenbiologie, freut sich Thomas Berger über den bisherigen Verlauf der Mission. Das DLR hat ein Experiment namens M42 - benannt nach dem Orionnebel am nächtlichen Sternenhimmel - zur "Peregrine"-Mission beigesteuert. "Es misst die Strahlung auf dem Weg zum Mond und schickt diese Messdaten jetzt bereits zurück auf die Erde", so Berger. Das werden die Instrumente wohl noch bis Donnerstag schaffen, bevor "Peregrine" der Sprit ausgeht. Auch ohne Landung ist zumindest dieser Teil der Mission geglückt. Aber trotzdem lassen die schlechten Nachrichten vom Mond nicht nach: Gestern teilte die US-Raumfahrtbehörde NASA mit, dass sie nun doch nicht Ende des Jahres - erstmals seit den 1970er-Jahren - vier Astronauten um den Mond herum schicken will. Vor etwas mehr als einem Jahr hätten alle den Testflug von "Artemis I" gesehen, so Bill Nelson. "Er war so erfolgreich, dass weitere Tests nötig sind", so die merkwürdige Logik des NASA-Chefs. Nur keine Hektik Was genau schiefgegangen ist, ergänzt Amit Kshatriya aus der Abteilung für Explorationssysteme bei der NASA: "Bei der Rückkehr zur Erde hat sich mehr Material vom Hitzeschild der 'Orion'-Mannschaftskapsel gelöst, als die Ingenieure erwartet hatten. Wir gehen der Ursache derzeit auf den Grund und hoffen, unsere Untersuchungen im Frühjahr abgeschlossen zu haben." "Artemis I" fand im Dezember 2022 statt. Seitdem untersucht die NASA den Hitzeschild. Und untersucht. Und untersucht. NASA-Chef Nelson rechtfertigt diese Verschiebungen: "Um den Artemis-Teams mehr Zeit zu geben, werden wir nicht dieses, sondern erst gegen Ende nächsten Jahres 'Artemis II' starten. Die Folgemission "Artemis III" soll dann erst Ende 2026 Menschen zum Mond-Südpol bringen. Andere Staaten überholen die USA Mehrjährige Verzögerungen also aus allerlei Gründen, die eine private Raumfahrtfirma wie SpaceX möglicherweise binnen Wochen beseitigt hätte. Elon Musks Unternehmen will im kommenden Monat zum dritten Mal sein neues Starship ins All schicken. Dass die nächsten Menschen auf dem Mond eine Stars-and-Stripes-Flagge im Gepäck haben werden, ist nach diesen neuerlichen Verschiebungen mehr als fraglich - nicht aber für Bill Nelson: "Ich mache mir keine Sorgen, dass China vor uns auf dem Mond landen könnte", wiegt der NASA-Administrator ab. Zwar habe China ein sehr ambitioniertes Programm. Und vor den USA Menschen zum Mond zu schicken, wäre ein riesiger PR-Coup. "Aber ich glaube nicht, dass sie es schaffen." Als nächstes sind sowieso weder Amerikaner noch Chinesen dran: Am 19. Januar wird die unbemannte japanische Sonde SLIM auf dem Mond aufsetzen - oder auch nicht. | /wissen/technologie/mondmissionen-100.html |
2024-01-10 | Tesla muss Reichweiten-Angaben korrigieren | Neue US-Vorschriften | So weit wie bislang angegeben kommt man mit einer Akku-Ladung in einem Tesla nicht. Der US-Elektroauto-Hersteller korrigiert die Angaben zur Reichweite seiner Fahrzeuge in den USA nach unten. | So weit wie bislang angegeben kommt man mit einer Akku-Ladung in einem Tesla nicht. Der US-Elektroauto-Hersteller korrigiert die Angaben zur Reichweite seiner Fahrzeuge in den USA nach unten. Tesla hat die Informationen zu den Reichweiten für seine gesamte Autopalette gesenkt. Damit reagiere der E-Auto-Pionier auf neue Vorschriften der US-Behörden, so die Nachrichtenagentur Reuters. Diese waren offenbar für die Tesla-Modelle zu optimistisch. Reuters hatte dabei die aktuellen Angaben von Tesla mit früheren Informationen verglichen. Das Unternehmen hat bislang keine Stellungnahme dazu gegeben. Die Nachricht über die Änderung der Reichweiten setzte sogar den Aktienkurs des Unternehmens an der New Yorker Börse unter Druck. Die Tesla-Aktie verlor 2,3 Prozent an der Technologiebörse Nasdaq. Kleinere und größere Korrekturen Mit den Änderungen kommt Tesla offenbar den neuen Vorschriften der US-Umweltbehörde EPA für 2024 nach, die bereits 2022 beschlossen wurden. Sie schreiben vor, dass die erwartete Reichweite von E-Autos nach ihrer Grundeinstellung angegeben wird, in der das Fahrzeug beim Einschalten läuft. Gibt es keinen solchen "Default"-Modus, muss ein Mittelwert zwischen dem besten und schlechtesten Fall gebildet werden. Die Reichweitenänderungen, von denen auch alle anderen US-Hersteller betroffen sind, fallen bei den Tesla-Modellen unterschiedlich stark aus. So wurde bei dem Model X Plaid die geschätzte Reichweite von 333 Meilen (knapp 536 Kilometer) auf 326 Meilen gesenkt. Bei dem Model S Plaid ging dagegen der von Tesla angegebene Wert von 396 auf 359 Meilen zurück. Nach Angaben der Fachzeitschrift Edmunds sind die Änderungen ein wichtiger Schritt für Tesla-Kunden: "Alle acht von uns getesteten Tesla-Fahrzeuge haben die EPA-Schätzungen nicht erreicht", so, Chefredakteur Alistair Weaver zu der bisherigen Norm. Zu rosige Reichweiten-Versprechen In den USA ist die "Reichweiten-Angst" wegen der großen Entfernungen im Land ein wichtiges Kriterium für oder gegen den Kauf eines Fahrzeugs. Laut Reuters hatte Tesla in der Vergangenheit aus Marketinggründen den Fahrern bewusst "rosige" Prognosen für die Entfernung anzeigen ließ. Zudem sei 2022 heimlich ein spezielles "Diversion Team" gebildet worden, um Kundinnen und Kunden mit Beschwerden zur Reichweite daran zu hindern, einen Wartungstermin in Anspruch zu nehmen. Der E-Auto-Pionier kommt derzeit in mehrfacher Hinsicht unter Konkurrenzdruck. So hat sich der chinesische Konkurrent BYD inzwischen als weltgrößter Hersteller bei elektrischen Fahrzeugen etabliert. Konkurrenz im Batterie-Markt Zudem geht die Entwicklung von neuen Batterietechniken, die günstiger und haltbarer sind und zugleich eine höhere Reichweite versprechen als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien, weiter. Dazu gehören neue Natrium-Ionen-Batterien, bei dessen Produktion der chinesische Hersteller CATL führend ist. Auch Feststoff-Batterien gelten als vielversprechend. Hier wiederum hat die Firma Quantumscape, an der Volkswagen beteiligt ist, kürzlich einen Durchbruch vermeldet. | /wirtschaft/unternehmen/tesla-reichweite-usa-100.html |
2024-01-10 | Boeing verspricht nach Beinahe-Unglück Aufklärung | "Hundertprozentige Transparenz" | Boeing-Chef Calhoun hat nach dem jüngsten Vorfall mit einer 737 MAX einen Unternehmensfehler eingeräumt und verspricht Aufklärung. Im Jahr 2023 lieferte der US-Flugzeugbauer mehr Maschinen aus als im Vorjahr. | Boeing-Chef Calhoun hat nach dem jüngsten Vorfall mit einer 737 MAX einen Unternehmensfehler eingeräumt und verspricht Aufklärung. Im Jahr 2023 lieferte der US-Flugzeugbauer mehr Maschinen aus als im Vorjahr. Nach dem Zwischenfall mit einer Boeing-Maschine, bei der im Flug ein Rumpfteil herausgebrochen war, hat Konzernchef Dave Calhoun einen Fehler des Flugzeugbauers eingeräumt und Aufklärung versprochen. "Wir werden das zuallererst so angehen, dass wir unseren Fehler eingestehen", sagte Calhoun vor Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch sagte er laut einem von Boeing veröffentlichten Auszug seiner Ansprache "hundertprozentige Transparenz" zu. Boeing werde mit den Unfallermittlern der US-Behörde NTSB zusammenarbeiten, die die Ursache des Zwischenfalls herausfinden wollen. Mangel kein Einzelfall? Die US-Luftfahrtaufsicht FAA hatte am Wochenende angeordnet, Flugzeuge des Typs Boeing 737 MAX 9 am Boden zu lassen und zu inspizieren. Der gravierende Mangel an einer Maschine des Modells Boeing 737 MAX bei Alaska Airlines in den USA ist womöglich kein Einzelfall. Bei ersten Untersuchungen entdeckten Alaska Airlines an der Stelle, wo ein Bauteil kurz nach dem Start herausgerissen war, Probleme bei weiteren Maschinen des Typs - wie etwa lockere Schrauben. Die zweite große Nutzerin des Flugzeugs, United Airlines, teilte mit, bei Kontrollen ebenfalls lockere Schrauben gefunden zu haben. Das war nach Informationen einer mit der Sache vertrauten Person bei fast zehn Maschinen der Fall, und es könnten noch mehr sein. Mehr Flugzeuge ausgeliefert Die Aktie des US-Flugzeugbauers verlor gestern bis zu 2,5 Prozent und pendelte sich bei einem Minus von rund einem Prozent ein. Offenbar halfen auch aktuelle Auslieferungszahlen für das Jahr 2023 nicht, die Stimmung zu verbessern. Boeing lieferte im vergangenen Jahr mehr Flugzeuge aus als im Vorjahr. Insgesamt wurden 528 Maschinen an die Kunden übergeben nach 480 Flugzeugen ein Jahr zuvor. Vom Typ 737 lieferte Boeing 73 Flugzeuge aus. Die Zahl der Nettobestellungen stieg um 70 Prozent auf 1.314 Maschinen. Der europäische Erzrivale Airbus will seine Bestellungen und Auslieferungen am Donnerstag offiziell bekannt geben. Insidern zufolge hat Airbus im vergangenen Jahr so viele Flugzeuge ausgeliefert wie seit dem Jahr 2019 nicht mehr. Mit rund 735 Verkehrsmaschinen sei das Ziel von 720 Auslieferungen trotz der anhaltenden Probleme bei Zulieferern 2023 deutlich übertroffen worden, hatte die Nachrichtenagentur Reuters aus Branchenkreisen erfahren. | /wirtschaft/unternehmen/boeing-737-max-flugzeug-flugzeugbauer-aufklaerung-unglueck-100.html |
2024-01-10 | Trifft die Boeing-Krise auch Europas Airlines? | 737 MAX 9 | Nach der Beinahe-Katastrophe der Boeing 737 MAX 9 steht das Modell unter scharfer Beobachtung der US-Behörden. Hat der Vorfall auch Folgen für europäische Fluggesellschaften und Fluggäste? | Nach der Beinahe-Katastrophe der Boeing 737 MAX 9 steht das Modell unter scharfer Beobachtung der US-Behörden. Hat der Vorfall auch Folgen für europäische Fluggesellschaften und Fluggäste? Wie viele Flugzeuge dieses Typs sind weltweit im Einsatz? Die US-Luftfahrtbehörde FAA hatte aufgrund des Vorfalls mit einer Boeing 737 MAX 9 am 6. Januar ein Flugverbot für 171 Maschinen der Baureihe in den USA verhängt. Nach Angaben des Flugverkehr-Analysedienstes Cirium sind global rund 215 Maschinen dieses Typs in Betrieb. Die Flotte von United Airlines umfasst 79 dieser Flugzeuge, es ist weltweit die größte. Alaska Airlines verwendet 65 Flugzeuge dieses Typs. Neben United Airlines und Alaska Airlines werde die Boeing 737 MAX 9 unter anderem noch von Copa Airlines aus Panama geflogen. Aeromexico, Flydubai, die kasachische Airline SCAT, Turkish Airlines, Icelandair sowie die indonesische Fluggesellschaft Lion Air verwendeten ebenfalls einige Boeing 737 MAX 9. Die Lufthansa betreibt nach Angaben einer Sprecherin die Boeing 737 MAX 9 nicht und hat auch keine bestellt. Wie hat europäische Flugsicherheitsbehörde reagiert? Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) hat das US-Flugverbot für die Flugzeuge des Typs Boeing 737 MAX 9 übernommen, heißt es in einer Mitteilung. Weiter schreibt die Behörde aber, dass nach ihrer Kenntnis keine Fluggesellschaft der EASA-Mitgliedsstaaten ein solches Flugzeug in der spezifisch betroffenen Konfiguration fliegt. Mitglieder der EASA sind die EU-Staaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. Auch die britische Flugaufsicht CAA erklärte, dieser Flugzeugtyp sei in Großbritannien nicht im Einsatz. Was ist das Besondere am betroffenen Flugzeugtyp? Die Boeing 737 MAX 9 wird in verschiedenen Versionen produziert, die sich in der Anzahl der Sitzplätze unterscheidet. Wenn die Version mit einer größeren Anzahl von Sitzplätzen gewählt wird, steigt die Anzahl der erforderlichen Notausgänge. Dieses Modell ist die Standardausführung der Boeing 737 MAX 9. Aber es gibt auch Versionen für weniger Passagiere. Eine solche wurde von Alaska Airlines geflogen. In der Konfiguration, bei der der Schaden eintrat, werde ein Ausgang in der Mitte der Kabine durch einen Platzhalter ersetzt, schreibt die EASA. Dieser Typ werde in der Regel von Fluggesellschaften übernommen, die mit geringerer Passagierkapazität fliegen. Hier sei dieser zusätzliche Ausgang nicht erforderlich, um die Sicherheitsanforderungen für die Evakuierung zu erfüllen, heißt es weiter. Diese Abdeckplatte für den Notausgang wird mit zwölf Beschlägen am Flugzeug befestigt. Vier Bolzen verhindern eine vertikale Bewegung. "Die Tür hat sich nach oben bewegt und sich von den Anschlägen gelöst, wodurch die Beschläge zerbrochen sind", erklärte Clint Crookshanks, Ingenieur bei der US-Luftsicherheitsbehörde National Transportation Safety Board (NTSB). Was unternehmen die Fluggesellschaften? Die Fluggesellschaft Icelandair hatte am Montag mitgeteilt, dass sie von dem FAA-Flugverbot für Boeing 737 MAX 9-Flugzeuge nicht betroffen sei. "Es wurde bestätigt, dass das Problem mit Ausrüstung zusammenhängt, die nicht Teil der Boeing 737 MAX 9-Konfiguration von Icelandair ist", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen Sprecher der Fluggesellschaft. Icelandair betreibt vier Flugzeuge dieses Typs, allerdings alle mit Notausgang. Auch bei der von Lion Air geflogenen Version ist er eingebaut. Gleichwohl bleiben die Flugzeuge vorerst am Boden. Im Herbst 2018 war eine Lion-Air-Maschine vom Typ 737-8 Max abgestürzt, alle Menschen an Bord starben. Die Fluggesellschaft Turkish Airlines hatte mitgeteilt, dass sie ihre fünf Maschinen überprüfe. Bis die technische Untersuchung abgeschlossen und die von den Behörden geforderten Maßnahmen ergriffen seien, habe Turkish Airlines beschlossen, die fünf Boeing 737 Max 9 ihrer Flotte aus dem Betrieb zu ziehen, zitiert das Informationsportal "aeroTELEGRAPH" einen Sprecher von Turkish Airlines. Wie geht es jetzt weiter für Boeing? Aktuell sieht es danach aus, als könnte es sich bei den festgestellten Mängeln möglicherweise um ein gravierenderes Problem handeln. Die Fluggesellschaft Alaska Airlines hatte ebenso wie United Airlines bei weiteren Maschinen lose Befestigungsteile an den fraglichen Stellen entdeckt. Das NTSB konzentriere sich zunächst auf das betroffene Flugzeug, werde aber nicht zögern, bei Bedarf im Laufe der Untersuchung umfassendere Sicherheitsempfehlungen abzugeben, erklärte Behördenchefin Jennifer Homendy. "Wir müssen in erster Linie herausfinden, was mit diesem Flugzeug passiert ist", so Homendy. Wenn man ein größeres systemweites oder flottenweites Problem habe, werde das NTSB eine dringende Sicherheitsempfehlung aussprechen, um eine Veränderung zu erreichen. Welche Folgen hat der Vorfall für Boeings Ruf? Die sicherheitsrelevanten Vorfälle der vergangenen Jahre werden immer mehr zu einem Problem für das US-Unternehmen. Erst im vergangenen Dezember hatte Boeing Betreiber neuerer 737-Max-Jets angewiesen, die Steuerruder ihrer Maschinen auf lose Befestigungsteile hin zu überprüfen. Zuvor war es wegen Produktionsfehlern beim Zulieferer Spirit Aerosystems zu Problemen gekommen. Spirit Aerosystems hatte unsachgemäß Löcher in das hintere Druckschott vieler Maschinen gebohrt, das für die Aufrechterhaltung des Luftdrucks in der Kabine wichtig ist. Mitarbeitende mussten daraufhin an jeder Maschine Hunderte Bohrlöcher überprüfen und instandsetzen. Der Chef des Boeing-Großkunden Ryanair, Michael O'Leary, forderte den US-Konzern im Gespräch mit der "Financial Times" auf, seine Qualitätskontrollen zu verbessern. Ryanair betreibt eine reine 737-Flotte. Bei der Flotte des Billigfliegers sei alles in Ordnung, so O’Leary. "Aber diese Art von kurzfristigen Reputationsproblemen kann sie nicht gebrauchen." | /wirtschaft/unternehmen/boeing-unfall-flugesellschaften-panne-flugzeug-737-max-9-100.html |
2024-01-10 | Was Proteste und Streiks für die Wirtschaft bedeuten | Deutsche Konjunktur | Bauern blockieren in Städten den Verkehr, der Bahnstreik behindert die Logistikketten: Welche Folgen haben Proteste und harte Tarif-Auseinandersetzungen für die deutsche Wirtschaft? Von Samir Ibrahim. | Bauern blockieren in Städten den Verkehr, der Bahnstreik behindert die Logistikketten: Welche Folgen haben Proteste und harte Tarif-Auseinandersetzungen für die deutsche Wirtschaft? Von Samir Ibrahim Die erste Protest- und Streikwoche im Januar ist möglicherweise nur der Auftakt - Tarifverhandlungen sind in verschiedenen Branchen in einem Stadium, in dem die Gewerkschaften mit Arbeitskampf drohen. Dazu kommt noch der Streit über die Kürzung von Subventionen. Es sei eine schwierige Lage, vor der Deutschland hier stehe, sagt Karsten Junius, Chefvolkswirt beim Bankhaus Safra Sarasin. Streiks und Proteste kämen aus wirtschaftlicher Sicht zur Unzeit. "Wir müssen damit rechnen, dass sich die deutsche Wirtschaft, die sich sowieso schon in einer Rezession befindet und weiter mit hohen Zinsen zu kämpfen hat, in den kommenden Wochen und Monaten nicht deutlich erholen wird", so der Ökonom. "Wir brauchen höhere Lohnabschlüsse" Unberechtigt sind die Forderungen der Gewerkschaften allerdings aus Sicht von Volkswirten nicht. Die hohen Energiekosten und die gestiegenen Preise betreffen nicht nur die Unternehmen selbst - sondern auch ihre Mitarbeitenden. Und diese bräuchten langsam schlicht mehr Geld im Portemonnaie, meint Chefvolkswirt Carsten Brzeski von der ING, denn die realen Einkommen seien zuletzt geschrumpft. "Es sollte jetzt endlich mal mehr sein als die Inflationsrate", sagt er mit Blick auf die Lohnabschlüsse. Im Jahr 2023 hätten die wenigsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Teuerungsrate von sechs Prozent unter dem Strich ein reales Plus gesehen haben, so Brzeski. "Wir haben einen schwachen privaten Konsum in Deutschland, das heißt, wir brauchen höhere Lohnabschlüsse." Der Verteilungsspielraum wird kleiner Normalerweise gehören Streiks zum wirtschaftlichen Alltag dazu und sind grundsätzlich kein Problem - wenn es nicht eben über Wochen zu einem Stillstand kommt. Was den Ökonominnen und Ökonomen allerdings Sorgen macht, ist die Art und Weise - und die Kompromisslosigkeit, mit der Forderungen vorgebracht werden. Gerade der Staat sei in der Bredouille, so die Experten. So hätten die Krisen in den vergangenen Jahren Unsummen an Geld verschlungen. "Irgendwann müssen wir als Volkswirtschaft realisieren, dass wir aufgrund der Pandemie, der höheren Energiepreise und der veränderten Sicherheitslage nicht mehr den Verteilungsspielraum haben, den wir noch vor Jahren hatten", sagt Volkswirt Junius. Der Ton ist rauer geworden Dazu kommt der neuerdings sehr raue Ton: die Blockade von Autobahnen und Verkehrsknotenpunkten, um Forderungen durchzusetzen - Handgreiflichkeiten eingeschlossen. Das sei neu in Deutschland und nicht gut, meint auch ING-Volkswirt Brzeski: "Ich kann nur hoffen, dass wir nicht die französischen Zustände bei der Aggressivität von solchen Streiks bekommen. Denn das sendet ein verkehrtes Bild nach außen." In der Sache könne zwar hart verhandelt werden, der Ton müsse aber normal bleiben. Junius bekommt viel mit, wie man im Ausland auf Deutschland schaut. Die Bank, für die er arbeitet, hat ihren Sitz in der Schweiz. Dort "reiben sich die Investoren und Banker verwundert die Augen, wie beim großen Nachbar im Norden plötzlich miteinander umgegangen wird", berichtet er. Das sei eine Art und Weise, die man von der größten Volkswirtschaft im Euroraum schlicht nicht gewohnt sei. | /wirtschaft/konjunktur/proteste-streiks-folgen-konjunktur-100.html |
2024-01-10 | Israel bestätigt Tötung von Hisbollah-Kommandeur | Krieg im Nahen Osten | Israels Armee hat nach eigenen Angaben den "Kommandeur der Hisbollah-Lufteinheit" im Libanon "eliminiert". Zuvor hatte sich die Hisbollah zum Angriff auf eine Kommandozentrale in Israel bekannt - den Dienstgrad des jetzt Getöteten bestreitet sie. | Israels Armee hat nach eigenen Angaben den "Kommandeur der Hisbollah-Lufteinheit" im Libanon "eliminiert". Zuvor hatte sich die Hisbollah zum Angriff auf eine Kommandozentrale in Israel bekannt - den Dienstgrad des jetzt Getöteten bestreitet sie. Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge einen Kommandeur der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon getötet. Der "Kommandeur der Hisbollah-Lufteinheit im Südlibanon", Ali Burdschi, sei am Dienstag "eliminiert" worden, erklärte ein Sprecher der israelischen Armee. Er sei für den Angriff auf einen israelischen Armeestützpunkt am Tag zuvor verantwortlich gewesen. Israels Armee nimmt in der Regel zu solchen Aktionen nicht Stellung. Die Hisbollah bezeichnete Burdschi in ihrer Mitteilung über seinen Tod nicht als Kommandeur. Burdschi sei "absolut nicht" der Kommandeur der Hisbollah-Lufteinheit oder für den besagten Angriff verantwortlich gewesen, hieß es laut der Nachrichtenagentur AFP aus Kreisen der Hisbollah. Hisbollah: Haben Kommandozentrum beschossen Die Hisbollah hatte sich zuvor zu dem Angriff auf eine Kommandozentrale in Israel als Vergeltung für die Tötung eines ihrer Kommandeure und des Hamas-Vizechefs Saleh al-Aruri bekannt. Die mit der palästinensischen Terrororganisation Hamas verbündete Miliz erklärte, mehrere Drohnen auf das "Kommandozentrum der Nordregion der Armee" abgefeuert zu haben. Die israelische Armee bestätigte den Absturz eines "feindlichen Flugzeugs" auf einem ihrer Stützpunkte im Norden des Landes. Verletzte oder Schäden habe es demnach nicht gegeben. Laut einem Bericht der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur NNA kam es am Dienstag zudem zu einem erneuten israelischen Angriff auf den Südlibanon. Zunächst hieß es aus Sicherheitskreisen, dass dabei drei Hisbollah-Kämpfer getötet worden seien. Später erklärte die Hisbollah, vier ihrer Kämpfer seien getötet worden. | /ausland/asien/israel-libanon-hisbollah-100.html |
2024-01-10 | Lokführerstreik hat begonnen | Tarifkonflikt mit der Bahn | Bundesweit läuft seit dem frühen Morgen der Streik der Lokführer im Personenverkehr. Bis zum Freitagabend gilt ein Notfahrplan der Deutschen Bahn. Bundesverkehrsminister Wissing rief beide Seiten zu Verhandlungen auf. | Bundesweit läuft seit dem frühen Morgen der Streik der Lokführer im Personenverkehr. Bis zum Freitagabend gilt ein Notfahrplan der Deutschen Bahn. Bundesverkehrsminister Wissing rief beide Seiten zu Verhandlungen auf. Der mehrtägige Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat am Morgen auch im Personenverkehr begonnen. Seit 2.00 Uhr haben zahlreiche Beschäftigte die Arbeit niedergelegt, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Im Güterverkehr ging der Ausstand bereits am Dienstagabend um 18.00 Uhr los. Der Arbeitskampf soll bis Freitagabend um 18.00 Uhr andauern. Es gilt erneut ein Notfahrplan der Deutschen Bahn, im Fernverkehr fallen dabei gut 80 Prozent des üblichen Angebots aus. Auch im Regionalverkehr komme es zu weitreichenden Einschränkungen, die regional allerdings unterschiedlich stark ausfallen. Zuvor war die Bahn mit einem letzten Versuch vor dem Landesarbeitsgericht Hessen gescheitert, den Arbeitskampf juristisch zu kippen. Einschränkungen auch auf den Straßen Der Streik fällt zeitlich mit den bundesweiten Bauernprotesten zusammen, die heute erneut zu Verkehrsbehinderungen führen könnten. Angekündigt sind etwa Sternfahrten, Kundgebungen und Blockaden an Autobahnauffahrten - für Pendlerinnen und Pendler droht damit mancherorts ein anstrengender Tag. Der Ausstand bei der Bahn ist der dritte und bisher längste im aktuellen Tarifstreit mit den Lokführern der GDL. Auch das Eisenbahnunternehmen Transdev wird bestreikt. Mit Einschränkungen ist auch in den Stunden nach dem offiziellen Streikende noch zu rechnen. Reisende sollen Fahrten möglichst verschieben Ob der eigene Zug fährt oder nicht, können Fahrgäste über die üblichen Auskunftskanäle der Bahn erfahren. Der Notfahrplan ist dort bereits eingepflegt. Reisende sind dazu aufgerufen, ihre geplanten Fahrten zwischen Mittwoch und Freitag zu verschieben. Erfahrungsgemäß sind gerade in den ostdeutschen Bundesländern sowie im Südwesten viele Beschäftigte bei der GDL organisiert. Die Zugbindung für sämtliche Tickets während des Streikzeitraums vom 10. bis 12. Januar ist laut Bahn aufgehoben. Kundinnen und Kunden können also auch in den Tagen danach ihre Fahrt noch antreten. "Wie auch schon in den vergangenen Streiks werden wir 20 Prozent unserer Fernverkehrszüge fahren können", sagte Bahn-Sprecherin Anja Bröker. Die Bahn könne nur das Beste aus dieser Situation machen: "Wir sind vorbereitet mit unseren Kolleginnen und Kollegen, doch noch 20 Prozent Personenverkehr anbieten zu können." Wissing ruft zu Verhandlungen auf Die Bahn forderte die GDL am Dienstagabend auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing rief beide Seiten zu Verhandlungen auf. "Es muss ein Weg gefunden werden, mit dem beide Seiten zurechtkommen. Dazu muss miteinander gesprochen werden", sagte der FDP-Politiker der "Bild". Der Fahrgastverband Pro Bahn forderte ebenfalls eine zügige Einigung zwischen der Deutschen Bahn und der GDL. Als demokratischer Verband stehe man "grundsätzlich hinter dem Streikrecht", sagte der bayerische Landesvorsitzende und Bundes-Vize von Pro Bahn, Lukas Iffländer, dem Bayerischen Rundfunk. Allerdings müsse das "die letzte große Streikrunde" sein, beide Seiten müssten sich einigen. GDL-Chef Claus Weselsky betonte dagegen, dass es an der Bahn sei, ein verbessertes Angebot vorzulegen. "Die Frage der Verkürzung des Streiks steht nicht zur Debatte", machte der 64-Jährige deutlich. Seit Anfang November ringt die GDL mit der Bahn und anderen Eisenbahnunternehmen um höhere Tarife. Kern des aktuellen Tarifkonflikts ist aber die Forderung der Gewerkschaft nach einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeitende von 38 auf 35 Stunden. Die Bahn hält diese Forderung für unerfüllbar. Sie ist lediglich bereit, mit der Gewerkschaft über die Ausweitung bereits bestehender Arbeitszeit-Wahlmodelle zu reden. | /wirtschaft/unternehmen/gdl-gericht-erlaubt-streik-102.html |
2024-01-10 | Geschäfte mit CO2-Zertifikaten - heiße Luft? | Vorwurf von Greenwashing | Viele Unternehmen werben mit Klimaneutralität. Möglich wird das oft durch den Kauf von CO2-Gutschriften aus anderen Regionen der Welt. Doch am Beispiel einer Firma aus Sachsen zeigen sich die Probleme beim Zertifikate-Handel. Von C. Salas und K. Vetten. | Viele Unternehmen werben mit Klimaneutralität. Möglich wird das oft durch den Kauf von CO2-Gutschriften aus anderen Regionen der Welt. Doch am Beispiel einer Firma aus Sachsen zeigen sich die Probleme beim Zertifikate-Handel. Von Carmen Salas und Knud Vetten, MDR In großen Buchstaben stand auf dem Etikett der Plastikflasche: "Klimaneutral". Damit wirbt "Lichtenauer Mineralwasser" seit Anfang 2021. Das Unternehmen erklärt auf seiner Homepage, dass es dieses selbstgesteckte Ziel unter anderem mit so genannten CO2-Kompensationen erreichen würde, da es seinen Kohlendioxid-Ausstoß nicht aus eigener Kraft auf null reduzieren könnte. So wie die Mineralwasserfirma aus Sachsen werben viele deutsche Unternehmen mit Klimaneutralität oder ähnlichem. Doch stimmt das auch? Lichtenauer kauft für den Ausgleich CO2-Zertifikate, die aus einem Regenwaldgebiet in Peru stammen. Die Idee dahinter: In dem Wald soll Abholzung verhindert werden. Die so geschützten Bäume binden dann auch weiterhin Kohlendioxid. Ein Zertifikat steht für eine Tonne CO2, die angeblich auch weiterhin nicht in die Atmosphäre gelangt. Damit sei nicht nur dem Klima geholfen, behauptet Lichtenauer, sondern auch der Bevölkerung vor Ort. Das ARD-Magazin FAKT hat in Peru recherchiert und zwei Redakteure waren Mitte November 2023 in dem Land in Südamerika. Das CO2-Kompensationsprojekt, aus dem Lichtenauer seine Zertifikate bezog, liegt rund zwei Flugstunden östlich von Lima, im peruanischen Bundesstaat Madre de Dios. Seit Jahrzehnten gibt es dort Probleme mit illegalen Goldsuchern. La Pampa heißt das großflächige Gebiet, in dem sie aktiv sind. Dort, wo es vor 30 Jahren dichten Dschungel gab, steht kaum noch ein Baum. Eine Mondlandschaft mit kontaminiertem Wasser, da Quecksilber benutzt wird. Polizei und Militär in Peru versuchen immer mal wieder die illegalen Einrichtungen der Goldgräber zu zerstören. Seit Jahren - allerdings ohne langfristige Erfolge. Zertifikate für nicht abgeholzten Regenwald La Pampa war offenbar Teil der Berechnung für die künftig angenommene Abholzung des Waldes im Gebiet des CO2-Projektes, aus dem Lichtenauer Zertifikate erworben hatte. Das CO2-Projektgebiet grenzt direkt an das Referenzgebiet und besteht aus über 400 kleineren Flächen. Es sind Parzellen von Paranussbauern, die per Vertrag verpflichtet sind, den Wald zu erhalten. Der Vergleich zwischen Projektgebiet und Referenzgebiet ist für die Berechnung der CO2-Zertifikate bedeutsam. Das Projekt besteht seit fast zehn Jahren. Entwickelt hat es das peruanische Unternehmen Bosques Amazonicos (BAM). Es schließt die Verträge mit den Paranussbauern und verkauft die CO2-Zertifikate. Im Projektgebiet steht ein weitgehend intakter Wald. Doch die Frage lautet: War wirklich eine derart große Abholzung zu befürchten, wie prognostiziert wurde? Großes Problem mit illegalem Goldabbau Bevor ein Projekt zertifiziert werden kann, wird anhand eines ähnlichen Referenzgebietes kalkuliert, wie sich die Entwaldung ohne das Kompensationsprojekt künftig entwickelt. Zum Projekt, auf das sich Lichtenauer mit seiner Klimaneutralität bezieht, verfasste Simon Counsell - ein internationaler Experte für CO2-Projekte in Regenwäldern - für die Nichtregierungsorganisation Foodwatch eine Studie. Sein Ergebnis: "Damit haben sie ein sehr hohes Abholzungsszenario geschaffen." Denn: Wie viele CO2-Zertifikate ausgegeben werden können, ist vom Referenzgebiet abhängig. Dieses ist die Basis der zu erwartenden Waldschäden und entscheidend für die Anzahl der CO2-Zertifikate. Je mehr Abholzung im Referenzgebiet des Projektes stattfindet, umso mehr Zertifikate sind - bezogen auf das Projektgebiet - möglich. In La Pampa und der umliegenden Region gibt es ein extremes Problem mit illegalem Goldabbau. "Auch kommerzielle Abholzung, Ansiedlung von Bauern und eine extrem hohe Rate von Abholzung über zwei Jahrzehnte, bevor das Kompensationsprojekt begann", sagt Counsell. Mit Satellitenbildern und Luftaufnahmen hat er die Gebiete verglichen und schätzt, dass ein Vielfaches an CO2-Zertifikaten generiert wurde. Die Berechnung sei inflationär und so ein Millionengeschäft. Betreiber steht schon länger in der Kritik Der Projektbetreiber BAM stehe schon länger in der Kritik, sagt Jutta Kill, die als Sachverständige für CO2-Kompensationen Organisationen in Deutschland und Südamerika berät. Auch sie geht davon aus, dass massenhaft so genannte Phantom-Gutschriften geschaffen wurden, die nach Klimagesichtspunkten wertlos seien. "Bis heute nutzt der Projektbetreiber dieses Referenzgebiet, was von Anfang an in den Projektdokumenten ausgewiesen und nachweislich nicht adäquat ist. Das heißt, seit nahezu zehn Jahren werden hier Gutschriften verkauft und generiert, die auf einer wirklich nicht vergleichbaren Referenzfläche beruhen." Ob zu viele Zertifikate erstellt wurden, beantwortet BAM nicht. Die Firma erklärt, ihr Projekt sei nach einer strengen Methodik erstellt worden: "…validiert und verifiziert mehrfach von diversen Prüfern und Verra." Verra ist eine Non-Profit-Organisation und einer der größten Zertifizierer von CO2-Projekten mit Sitz in den USA und seit Monaten unter Druck. Anfang 2023 berichteten Medien wie der englische "The Guardian" und die deutsche Wochenzeitschrift "Die Zeit", dass Verra über viele Jahre wertlose Zertifikate ausgeben haben soll. Verra geriet dadurch in Turbulenzen. Im Mai trat Chef David Antonioli zurück. Verra sagt auf FAKT-Anfrage, das Projekt sei zum Zeitpunkt der Registrierung ordnungsgemäß zertifiziert und die Anzahl der erzeugten CO2-Zertifikate nicht überhöht gewesen. Ende November 2023 kündigte Verra schließlich eine neue Methodik zum Schutz der Wälder an. Man wolle es Projektbefürwortern ermöglichen, ihre Projekte freiwillig auf die neue Methodik umzustellen. Mehr Details soll es aber erst in den kommenden Monaten geben. Die Struktur und das Volumen der Geschäfte Doch wer spielt bei diesen Geschäften überhaupt alles mit? Im Fall von Lichtenauer ist Bosques Amazonicos der Organisator. BAM engagiert den Zertifizierer Verra aus den USA. Als Vermittler für das Geschäft mit den Zertifikaten trat ClimatePartner in München auf. Käufer war dann der Mineralwasserhersteller - neben anderen. Die FAKT-Recherchen zeigen nun das Volumen des Geschäfts erstmals öffentlich. Laut BAM hat ClimatePartner knapp 2,7 Millionen Zertifikate erworben. Zwischen 2019 und 2022, bestätigt ClimatePartner. Ein lukratives Geschäft, sagen die von FAKT befragten Expertinnen und Experten übereinstimmend. Lichtenauer lehnt ein Interview zur angeblichen Klimaneutralität trotz mehrfacher Anfragen ab und verweist schriftlich auf ClimatePartner. Die Münchner erklären schriftlich: "Auch die Firma Lichtenauer arbeitet mit uns im Rahmen ihrer Klimaschutzstrategie zusammen. Das Unternehmen macht sehr viel mehr, als ausschließlich in Klimaschutzprojekte zu investieren. Seit 2018 berechnen wir für die Lichtenauer Mineralquellen kontinuierlich deren CO2-Fußabdruck, als Grundlage, um Reduktionspotenziale zu identifizieren und daraus Maßnahmen abzuleiten." Expertin: "Das ist fatal" Auf seinen Internetseiten wirbt ClimatePartner mit Transparenz. Anfang 2023 gab die Firma das Label "klimaneutral" auf und ersetzte es durch "ClimatePartner-zertifiziert" oder "finanzieller Klimabeitrag". Dass dennoch auf Wasserflaschen von Lichtenauer Ende November 2023 noch "klimaneutral" stand, hänge laut ClimatePartner damit zusammen, dass bereits so bedruckte Verpackungen noch im Umlauf seien, bis sie abverkauft worden sind. "Eine Vernichtung all dieser Produkte und Verpackungen halten wir nicht für sinnvoll." Das Netzwerk der Organisatoren, Zertifizierer und Vermittler funktioniert, weil sie - so Biologin Jutta Kill - alle davon profitieren: "All diese Profiteure bereichern sich letzten Endes an Gutschriften, die keine Basis in reellen Emissionsminderungen haben. Das heißt, der Profit geht auf Kosten nicht nur der Bevölkerung vor Ort, sondern - letzten Endes - auch auf Kosten des Klimas, weil hier zum großen Teil Phantomgutschriften gehandelt werden." Die Expertin sieht noch eine weitere Gefahr bei diesen Kompensationen: "Sie gaukelt uns vor, hier ist doch eine Netto-Null auf dem Papier, also können wir weiter Erdöl, Erdgas, Kohle konsumieren. In Realität gibt es diese Null aber in der Atmosphäre nicht. Das ist fatal." | /investigativ/fakt/greenwashing-co2-zertifikate-100.html |
2024-01-10 | Pentagon-Chef macht Krebserkrankung öffentlich | US-Verteidigungsminister Austin | Lange war unklar, weshalb sich US-Verteidigungsminister Austin im Krankenhaus befindet. Nun macht der 70-Jährige seine Krebsdiagnose öffentlich. Für die Ungewissheit hagelt es Kritik - selbst Präsident Biden war nicht informiert. | Lange war unklar, weshalb sich US-Verteidigungsminister Austin im Krankenhaus befindet. Nun macht der 70-Jährige seine Krebsdiagnose öffentlich. Für die Ungewissheit hagelt es Kritik - selbst Präsident Biden war nicht informiert. Nach tagelangem Rätselraten um seinen Gesundheitszustand hat US-Verteidigungsminister Lloyd Austin eine Prostatakrebserkrankung öffentlich gemacht. Die Erkrankung sei früh erkannt worden und die Prognose für eine Heilung "exzellent", teilte die zuständige Klinik nahe der Hauptstadt Washington mit. Wegen Komplikationen nach einem Eingriff Ende Dezember muss der 70-Jährige seit Beginn des Jahres im Krankenhaus behandelt werden. Der Krankenhausaufenthalt hatte für Aufregung gesorgt, weil das Ministerium ihn zunächst nicht öffentlich gemacht hatte. Pentagon verteidigt Informationspolitik Das Pentagon verteidigte das Vorgehen am Abend. "Trotz der Häufigkeit von Prostatakrebs sind Diskussionen über Vorsorge, Behandlung und Unterstützung oft sehr persönlich und privat", sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder, als er auf die Verzögerungen bei der öffentlichen Bekanntgabe angesprochen wurde. Unklar bleibt, wie sich die Erkrankung auf Austins Amtsführung, etwa auf seine Reisetätigkeit und andere öffentliche Auftritte, auswirken wird. Es wird erwartet, dass die stellvertretende Verteidigungsministerin Kathleen Hicks einige seiner täglichen Aufgaben übernehmen wird, während er sich erholt. Auch Biden war nicht informiert Austin steht wegen seiner intransparenten Informationspolitik in der Kritik. Präsident Joe Biden erfuhr erst am Dienstag davon, dass sein Kabinettsmitglied erkrankt ist - etwa einen Monat nach der Diagnose. "Niemand im Weißen Haus wusste bis heute Morgen, dass Minister Austin Prostatakrebs hat", sagte John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates. Austins überraschende Krankenhauseinlieferung am 22. Dezember diente seinen Ärztinnen und Ärzten zufolge einem chirurgischen Eingriff wegen der Krebserkrankung. Am Tag nach der Operation sei der 70-Jährige nach Hause gegangen. Doch am 1. Januar habe er über Übelkeit und starke Bauch-, Hüft- und Beinschmerzen wegen einer Harnwegsinfektion geklagt. Deshalb kam er wieder ins Krankenhaus. Von diesem Hintergrund erfuhr der Präsident zunächst nichts. Dabei hatten Austin und Biden noch am Samstag miteinander telefoniert. An jenem Tag gab der Minister eine öffentliche Erklärung ab, in der er einräumte, dass er die Öffentlichkeit besser über seinen Krankenhausaufenthalt hätte informieren können, und beteuerte: "Ich verpflichte mich, es besser zu machen." Dass er Krebs hat, sagte er Biden in diesem Telefonat jedoch nicht. Weißes Haus reagiert umgehend Das Weiße Haus verschärfte am Dienstag die Richtlinien bezüglich Ausfällen von Ministerinnen und Ministern. Bidens Stabschef Jeff Zients teilte den Kabinettsmitgliedern in einer Nachricht mit, dass sie bis Freitag bereits vorhandene Regelungen für den Fall eines Ausfalls einer Ministeriumsleitung vorlegen müssen. Er fordert, dass sein Büro informiert wird, wenn Minister ihre Amtspflichten nicht erfüllen können. Für den Abstand zwischen Krankenhauseinlieferung und Benachrichtigung des Weißen Hauses machte ein Pentagon-Sprecher die Grippeerkrankung eines Mitglieds des Personals verantwortlich. Republikaner fordern Austins Entlassung Mehrere republikanische Abgeordnete forderten die Entlassung des Verteidigungsministers. Der Republikaner Mike Rogers, Vorsitzender des Militärausschusses im Repräsentantenhaus, leitete eine Untersuchung der Vorgänge ein. Das Weiße Haus teilte mit, Präsident Biden wolle an Austin festhalten. Nach Angaben der Ärztinnen und Ärzte wurde die Krebserkrankung Anfang Dezember bei einer Routineuntersuchung festgestellt. Da sie frühzeitig erkannt worden sei, habe Austin sehr gute Heilungschancen. | /ausland/amerika/lloyd-austin-erkrankung-klinik-100.html |
2024-01-10 | Zwei Ärzte und ein Polizeichef | Taiwan vor der Wahl | Am Samstag wählt Taiwan ein neues Staatsoberhaupt. Fest steht: Nachfolger von Präsidentin Tsai Ing-wen wird ein Mann. Wer sind die Kandidaten - und welchen Kurs verfolgen sie gegenüber Peking? Von Kathrin Erdmann. | Am Samstag wählt Taiwan ein neues Staatsoberhaupt. Fest steht: Nachfolger von Präsidentin Tsai Ing-wen wird ein Mann. Wer sind die Kandidaten - und welchen Kurs verfolgen sie gegenüber Peking? Von Kathrin Erdmann Locker lenkt Taiwans scheidende Präsidentin Tsai Ing-wen das Auto auf Taiwans Straßen. Ihr Beifahrer ist Vizepräsident und ihr potentieller Nachfolger William Lai. Selten hat man Tsai so entspannt gesehen wie in diesem Wahlwerbevideo, das auf der Pazifikinsel mit seinen 23 Millionen Einwohnern für viel Aufmerksamkeit gesorgt hat. Nach ein paar Minuten fährt Tsai rechts ran, steigt aus, Lai setzt sich ans Steuer, sie setzt sich neben ihn. Lai sinniert, während er nun über die Insel kurvt: "Ohne Frieden und Demokratie ist Taiwan nicht mehr Taiwan. Alles an Taiwan ist so wertvoll. Ich werde es mit meinem Leben verteidigen." Ein halbes Leben für die Politik Lai, der auch Vorsitzender der demokratischen Fortschrittspartei DPP ist, wurde mit fünf Geschwistern groß. Weil sein Vater früh starb, musste seine Mutter die Kinder allein durchbringen, die Verhältnisse waren bescheiden. Er galt stets als fleißig und ernsthaft, mancher sagt auch: als ein bisschen langweilig. Karriere machte er als Spezialist für Erkrankungen des Rückenmarks - und gab diese 1996 unter dem Eindruck eines wachsenden Drucks der Volksrepublik China auf Taiwan für die Politik auf. Außenpolitische Erfahrung fehlt Politisch hat der 64-Jährige viele Stationen hinter sich, war Abgeordneter, Bürgermeister, Premierminister. Seit 2020 ist er Vizepräsident. Innenpolitisch hat er viel Erfahrung, außenpolitisch nicht. Deshalb hat er sich Hsiao Bi-Khim als Vize an seine Seite geholt, die ehemalige Quasi-Botschafterin Taiwans in Washington. Von allen drei Teams, die sich um das höchste Staatsamt bewerben, so Lai bei der einzigen, gemeinsamen Präsidentschaftsdebatte, werde nur seins weiter an der Seite der demokratischen Länder stehen. Die anderen beiden könnten Taiwan nicht auf den richtigen Weg führen. Lai setzt auf eine pragmatische Politik gegenüber der Volksrepublik. Dialog Ja, aber eine Vereinigung sei nicht verhandelbar. Galt er früher als starker Verfechter einer Unabhängigkeit, ist er heute moderater, will Tsais Politik fortsetzen. Kandidat mit 3D-Strategie Sein schärfster Konkurrent ist mit Hou Yu-ih ein ehemaliger Polizeichef. Seine Anhänger schwingen blaue Fähnchen und rufen: "Hou Yu-ih wird gewinnen". Auch Hou, der für die als chinafreundliche bekannte Partei Kuomintang, KMT antritt, stammt aus einfachen Verhältnissen. Er ist nach vielen Jahren in der Polizei noch Bürgermeister Neu-Taipehs, das an die Hauptstadt angrenzt. Er wirbt mit einer 3D-Strategie: "Deterrence, Dialogue and De-escalation" - Abschreckung, Dialog und Deeskalation. Hou, der durch seine Laufbahn in den Sicherheitsdiensten für Ordnung und Regeln steht, will nun in der Politik die Dinge wieder ins Lot bringen, die angespannten Beziehungen zum großen Nachbar ein wenig entspannen: "Mit der DPP gibt es keinen Dialog mehr zwischen China und Taiwan. Es wird schon berichtet, dass Taiwan der gefährlichste Ort der Welt ist, und die Kriegsflugzeuge umkreisen uns. Wenn das Land diesen Weg weitergeht, wird sich die Welt immer mehr Sorgen um die Sicherheit in der Taiwanstraße machen", warnte der 66-Jährige in der Präsidentschaftsdebatte kurz vor Jahresende. Dabei sprach er fast nur Taiwanisch, kaum Chinesisch - möglicherweise um die Wähler anzusprechen, die durch ihre lokale Identität bisher eher zur DPP tendieren. Entscheidung zwischen Krieg und Frieden? Anfang des Jahres - Hou liegt in letzten Umfragen immer noch knapp hinter Lai - wird der Ton schärfer: Eine Entscheidung für ihn sei auch eine zwischen Krieg und Frieden, sagt er. Unter der DPP hätten sich die Beziehungen zu China so verschlechtert, dass die Kinder nicht mehr sicher seien. Er werde den Frieden wahren, verspricht er. Die KMT, so war zu lesen, denke darüber nach, bei einem Wahlsieg ein umstrittenes Dienstleistungsabkommen mit China wieder aufleben zu lassen. Das Abkommen hatte vor zehn Jahren die sogenannten Sonnenblumenproteste in Taiwan ausgelöst und scheiterte an der Kritik vor allem von Studierenden, die einen wachsenden wirtschaftlichen Einfluss der Volksrepublik fürchteten. Was Hou Stimmen kosten könnte: Sein Vize gilt als als entschiedener Verfechter einer Vereinigung mit der Volksrepublik und hat den Ruf eines Hardliners. Ein dritter Weg? Als Alternative zwischen den beiden etablierten Kandidaten präsentiert sich der Facharzt für Transplantationen und langjährige Bürgermeister Taipehs, Ko wen-je. Er spricht all diejenigen an, die von den etablierten Parteien enttäuscht sind und sich mehr erhofft hatten. Das sind vor allem junge Taiwaner, die sich trotz guter Ausbildung über geringe Löhne, lange Arbeitszeiten und unbezahlbaren Wohnraum ärgern. Da kommen Parolen wie die von Ko wen-je gerade recht, der skandiert: "Wir werden uns Taiwan zurückerobern und dem Volk zurückgeben." Er ist auch Vorsitzender der Taiwanischen Volkspartei, die er erst vor vier Jahren, zu seinem 60. Geburtstag, gegründet hat. Diese Wahlen seien eine Chance, die etablierten Parteien abzuwählen, die das Land manipuliert und in die Irre geführt hätten - so wirbt Ko für sich. Wankelmütiger Kandidat Kos Haltung ist oft nicht eindeutig. Während er mal sagte, er hasse nichts so sehr wie Moskitos, Kakerlaken und die KMT, diskutierte er noch vor wenigen Monaten mit eben dieser Partei darüber, einen gemeinsamen Kandidaten für die Wahl aufzustellen, was letztlich jedoch an den Eitelkeiten der beiden Politiker scheiterte. In der Chinafrage spricht Ko von Respekt, Anerkennung und Kooperation. Kos Vize, Cynthia Wu, entstammt einer der reichsten Familien des Landes. Bekannt ist sie weniger durch politische Statements als durch eine Klatschgeschichte ihrer ersten Ehe. Ihr damaliger Mann ließ sie wegen mutmaßlicher Untreue per GPS überwachen. Der Arzt Ko, dessen Anhänger gern ein KP für "Ko Professor" am Revers tragen, hat zwar von den drei Kandidaten die geringsten Chancen auf einen Sieg, allerdings könnte seine Partei im Parlament künftig das Zünglein an der Waage sein. Bislang verfügt die DPP über eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus, doch die wird sie nach allen Umfragen wohl verlieren. Lai, Hou, Ko - zwei Ärzte und ein Polizeichef. Alle Mitte 60, alle drei waren früher erfolgreich im Beruf. Innenpolitisch sind sie erfahren, außenpolitisch nicht. | /ausland/asien/taiwan-kandidaten-100.html |
2024-01-10 | Das müssen Bahnreisende jetzt beachten | Lokführerstreik läuft | Welche Bahnunternehmen sind von dem GDL-Streik betroffen - und welche nicht? Wo gibt es Informationen, welche Züge fahren? Können Tickets storniert werden? Antworten auf Fragen rund um den Streik. | Welche Bahnunternehmen sind von dem GDL-Streik betroffen - und welche nicht? Wo gibt es Informationen, welche Züge fahren? Können Tickets storniert werden? Antworten auf Fragen rund um den Streik. Wann wird gestreikt? Seit dem frühen Morgen um 2.00 Uhr wird im Personenverkehr die Arbeit niedergelegt. Zuvor hatte der Streik der Lokführergewerkschaft GDL im Güterverkehr bereits am Dienstagabend um 18.00 Uhr begonnen. Enden soll der Ausstand am Freitagabend um 18.00 Uhr. Der Personenverkehr dürfte damit an mindestens drei Tagen betroffen sein. Wenn vollumfänglich gestreikt wird, wird auch nach Streikende am Freitagabend absehbar kein allzu großes Zugangebot auf der Schiene unterwegs sein. Die Bahn dürfte sich wie zuvor auf einen reibungslosen Betriebsstart am Samstag konzentrieren. Details hat der Konzern noch nicht bekannt gegeben. Welche Verkehre sind betroffen? Zur Arbeitsniederlegung aufgerufen sind die Beschäftigten der Deutschen Bahn sowie der Eisenbahnunternehmen Transdev und City-Bahn Chemnitz. Sowohl im Fern-, im Regional- als auch im Güterverkehr ist daher bundesweit mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen. Die Bahn will einen Notfahrplan anbieten. Allerdings sichere dieser "nur ein sehr begrenztes Zugangebot im Fern-, Regional- und S-Bahn Verkehr der DB", teilte der Konzern mit. "Bitte sehen Sie von nicht notwendigen Reisen während des GDL-Streiks ab und verschieben Sie Ihre Reise auf einen anderen Zeitpunkt", lautet die Empfehlung der Bahn. Welche Regionen könnten besonders betroffen sein? Bei den beiden zurückliegenden GDL-Warnstreiks konnte die Bahn rund 20 Prozent des üblichen Angebots im Fernverkehr aufrechterhalten. Im Regionalverkehr waren die Auswirkungen je nach Region sehr unterschiedlich. Erfahrungsgemäß sind gerade in den ostdeutschen Bundesländern sowie im Südwesten viele Beschäftigte bei der GDL organisiert. Dort dürfte daher der Regionalverkehr besonders betroffen sein. Wo kann ich mich über meinen Zug informieren? Ob ein Fern- oder Regionalzug fährt oder nicht, lässt sich über die Bahn-App oder die Internetseite der Bahn einsehen. Für individuelle Auskünfte wurde eine Streik-Hotline eingerichtet (08000 99 66 33). Was passiert mit meinem Ticket? Alle Fahrgäste, die ihre für Mittwoch bis Freitag geplante Reise aufgrund des Streiks verschieben möchten, können ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Die Zugbindung ist aufgehoben. Das Ticket gilt dabei für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. Fällt der gebuchte Zug aus, ist auch eine komplette Ticketerstattung möglich. Sind weitere Bahnunternehmen vom Warnstreik betroffen? Außer den genannten Unternehmen, die direkt bestreikt werden, können theoretisch alle anderen Bahnunternehmen ihre Fahrten anbieten. Die GDL vertritt bei der Bahn hauptsächlich Lokführer und das Zugpersonal. Fahrdienstleiter, die den Zugverkehr bundesweit koordinieren, sind zwar ebenfalls zum Warnstreik aufgerufen. Aber nur wenige von ihnen sind GDL-Mitglieder. Das Schienennetz dürfte also in weiten Teilen des Landes grundsätzlich befahrbar sein. Wieso streikt die GDL? Die Gewerkschaft will in der aktuellen Tarifrunde vor allem eine Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeitende von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich erkämpfen. Die Bahn lehnt das ab. GDL-Chef Claus Weselsky erklärte die Verhandlungen daher für gescheitert und kritisierte, dass mit dem bundeseigenen Konzern keine Kompromisse zu finden seien. Zusätzlich zur Arbeitszeitabsenkung fordert die Gewerkschaft 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie. Die Bahn hatte elf Prozent höhere Entgelte bei einer Laufzeit von 32 Monaten angeboten sowie ebenfalls die Inflationsausgleichsprämie. Sowohl Transdev als auch die Deutsche Bahn hatten vergeblich versucht, die Streiks per einstweiliger Verfügung gerichtlich zu stoppen. Wie stehen die Chancen auf Tarifverhandlungen? Die Gewerkschaft und die Bahn haben sich in dem Tarifkonflikt festgefahren, zumindest offiziell wird seit mehreren Wochen nicht mehr verhandelt. Das von der Bahn vergangene Woche präsentierte Angebot hat daran nichts geändert. Der Konzern schlug darin vor, bestehende Wahlmodelle bei der Arbeitszeit auszuweiten. Bisher können sich Beschäftigte entscheiden, ob sie mehr Geld, mehr Urlaub oder weniger Wochenarbeitstage haben wollen. Sie können etwa ihre Arbeitszeit von 39 auf 37 Wochenstunden verringern, bekommen dafür aber 5,7 Prozent weniger Lohn. Die Bahn bietet an, die Wochenarbeitszeit in diesem Modus bis auf 35 Stunden verringern zu können. Wer möchte, könnte zudem für etwas mehr Geld auch bis zu 40 Stunden in der Woche arbeiten. Wer sich für kürzere Arbeitszeiten entscheide, müsse dafür Abstriche bei einer tariflich vereinbarten Lohnerhöhung machen, betonte die Bahn. Die GDL sieht allerdings in dem Vorstoß der Bahn kein Angebot, über das man verhandeln könne. | /wirtschaft/verbraucher/deutsche-bahn-bahnstreik-gdl-bahnverkehr-fahrplan-100.html |
2024-01-10 | Gericht sieht Trumps Immunitätsargument kritisch | Anklage wegen versuchten Wahlbetrugs | Im Prozess um Wahlbetrug behauptet Ex-US-Präsident Trump, qua Amtes immun gewesen zu sein. Die Verteidigung warnt, ein Präsident, der nach Amtsende mit Strafverfolgung rechnen müsse, könne nicht mehr frei entscheiden. Ein Gericht sieht das Argument kritisch. | Im Prozess um Wahlbetrug behauptet Ex-US-Präsident Trump, qua Amtes immun gewesen zu sein. Die Verteidigung warnt, ein Präsident, der nach Amtsende mit Strafverfolgung rechnen müsse, könne nicht mehr frei entscheiden. Ein Gericht sieht das Argument kritisch. Der frühere US-Präsident Donald Trump ist zum ersten Mal seit Monaten zu einem Prozess über den Sturm seiner Anhängerinnen und Anhänger auf das Kapitol erschienen. Seine Anwälte argumentierten vor einem Berufungsgericht in Washington, Trump genieße für sein Handeln als Präsident absolute Immunität. Sollte sein Mandant für Amtshandlungen vor Gericht gestellt werden, öffne dies die Tür für politisch motivierte Strafanklagen, sagte Verteidiger John Sauer. Mehrere Richterinnen und Richter zeigten sich skeptisch. Trump wiegelte Menge auf Trump hatte vor knapp drei Jahren seine Anhängerinnen und Anhänger aufgerufen, "zum Kapitol zu marschieren", wo seine Wahlniederlage gegen Joe Biden beglaubigt werden sollte, und "wie die Teufel zu kämpfen". Eine wütende Menge drang in das Gebäude ein und demolierte Teile der Einrichtung. Die Abgeordneten mussten in Sicherheit gebracht werden. Fünf Menschen wurden getötet. Sonderermittler Jack Smith hat Trump wegen Versuchen, den Ausgang der Wahl 2020 zu beeinflussen, angeklagt: Wegen Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten, Verschwörung zum Stopp der Beglaubigung von Bidens Wahlsieg und Verschwörung gegen das Wahlrecht. Trump hat auf nicht schuldig plädiert und hält sich außerdem für immun gegen Strafverfolgung wegen seiner Amtshandlungen. Die mit dem Fall befasste Bezirksrichterin Tanya Chutkan sieht das anders, hat das Verfahren gegen Trump aber erst einmal ausgesetzt, bis das Berufungsgericht über dessen Argumentation entschieden hat. Anklage: Keine "absolute Immunität" in der Verfassung Trumps Anwalt Sauer sagte vor dem Berufungsgericht: "Wenn ein Präsident oder eine Präsidentin jedes Mal, wenn er oder sie eine umstrittene Entscheidung treffen muss, über die Schulter schauen und sich fragen muss, ob er oder sie nach dem Ausscheiden aus dem Amt dafür ins Gefängnis muss, wenn meine politischen Gegner an die Macht kommen, dann schwächt das unweigerlich die Möglichkeiten des Präsidenten." Die Anklage hielt dagegen, die US-Verfassung sehe keine absolute Immunität für Präsidenten vor. Eine solche Regel widerspräche auch dem Prinzip der Gewaltenteilung. Richterinnen skeptisch Zwei Richterinnen zeigten sich kritisch gegenüber den Argumenten der Verteidigung. "Ich denke, es ist paradox zu sagen, dass die verfassungsmäßige Pflicht [des Präsidenten], dafür zu sorgen, dass die Gesetze gewissenhaft angewendet werden, es ihm erlaubt, gegen das Strafrecht zu verstoßen", sagte Karen LeCraft Henderson. Ihre Kollegin Florence Pan verwies darauf, dass die Verteidigung selbst gewisse Einschränkungen bei der Immunität eingeräumt habe. Das Berufungsgericht ließ zudem die Möglichkeit durchblicken, sich zu diesem Zeitpunkt für nicht zuständig zu erklären. Das Strafverfahren soll erst im März beginnen. Verteidigung spielt auf Zeit Trump sagte nach dem Gerichtstermin, die Anhörung sei ein ganz entscheidender Tag in dem Verfahren. Er beteuerte seine Unschuld und erklärte sich wieder einmal zum politisch Verfolgten. "Ein Präsident muss politische Immunität haben", sagte er. Der Ausgang des Berufungsverfahrens könnte entscheidend für die Strategie Trumps werden, den Beginn des Strafprozesses hinauszuzögern. Sollte sich das Gericht für nicht zuständig erklären, würde der Fall schneller beim Obersten Gericht landen. Trumps Verteidiger wollen erreichen, dass der Prozess erst nach den Wahlen im November beginnt. Sollte Trump dabei wieder zum Präsidenten gewählt werden, könnte er das Justizministerium anweisen, die Strafverfolgung einzustellen oder sogar versuchen, sich selbst zu begnadigen. Trump warnt vor "Chaos im Land" Trump hat vor "Chaos im Land" gewarnt, sollten die gegen ihn laufenden Strafverfolgungen weitergehen. Es sei "sehr unfair", wenn er als politischer Gegner von Präsident Joe Biden vom Justizministerium verfolgt werde, so Trump. Es handle sich um den Versuch, auf "diese Weise" die Präsidentschaftswahl im November zu gewinnen. Trump will Biden bei der Wahl herausfordern und hat den Umfragen zufolge beste Chancen, von seiner Republikanischen Partei für die Wahl am 5. November nominiert zu werden. Die Vorwahlen der Republikaner zur Kür ihres Präsidentschaftskandidaten beginnen am kommenden Montag im Bundesstaat Iowa. | /ausland/usa-trump-berufungsgericht-102.html |
2024-01-10 | ++ Israel meldet Tod von Hisbollah-Kommandeur ++ | Nahost-Krieg | Israels Armee behauptet, einen Luftwaffen-Kommandeur der Schiitenmiliz Hisbollah im Süden des Libanon getötet zu haben. Hamas-Chef Hanija ruft muslimische Länder zu Waffenlieferungen auf. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. | Israels Armee behauptet, einen Luftwaffen-Kommandeur der Schiitenmiliz Hisbollah im Süden des Libanon getötet zu haben. Hamas-Chef Hanija ruft muslimische Länder zu Waffenlieferungen auf. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. Weiteres Mitglied der Schiitenmiliz Hisbollah getötetBaerbock übergibt Zehn-Tonnen-Hilfspaket für PalästinenserHisbollah-Mitglieder bei Angriff getötetBaerbock reist an Grenze des GazastreifensSüdkorea: Hinweis für Waffenhandel zwischen Nordkorea und HamasIsrael: Große unterirdische Waffenfabrik entdeckt Ende des Liveblogs Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Israel: Haben hochrangiges Hisbollah-Mitglied getötet Israel hat nach eigenen Angaben den Kommandeur der Luftwaffeneinheit der radikal-islamischen Hisbollah-Miliz im südlichen Libanon getötet. Ali Hussein Bardschi habe Dutzende von Drohnenangriffen auf Israel geleitet, sagt ein Sprecher des israelischen Militärs. Bardschi sei für den jüngsten Angriff auf einen israelischen Armeestützpunkt verantwortlich gewesen. Die Hisbollah bezeichnete Burdschi in ihrer Mitteilung über seinen Tod nicht als Kommandeur. Wie die Nachrichtenagentur AFP aus der Hisbollah nahestehenden Kreisen erfuhr, war Burdschi "absolut nicht" der Kommandeur der Hisbollah-Lufteinheit oder oder für den Angriff verantwortlich. Gallant: Mehr Druck auf Iran könnte Eskalation verhindern Israels Verteidigungsminister Joav Gallant hält mehr Druck auf den Iran für "entscheidend", um die Gefahr eines regionalen Flächenbrandes einzudämmen. Zunehmender "Druck auf Iran" sei "von entscheidender Bedeutung" und "könnte eine regionale Eskalation" des Kriegs zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen an anderen Fronten verhindern, sagte Gallant bei einem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken in Tel Aviv laut einer Erklärung der israelischen Regierung. Zudem habe der Minister bei dem Gespräch mit Blinken betont, dass Israel seine Einsätze in der Region Chan Yunis im Süden des Gazastreifens intensivieren werde - einer Hamas-Hochburg, wo Israel die Spitzen der islamistischen Palästinenserorganisation sowie die von ihr verschleppten Geiseln vermutet. Blinken mahnt Schutz und Hilfe für Menschen im Gazastreifen an US-Außenminister Antony Blinken hat bei Gesprächen mit Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu und dem Kriegskabinett in Tel Aviv die Vermeidung weiterer Opfer unter der Zivilbevölkerung des Gazastreifens und mehr humanitäre Hilfe gefordert. Zugleich betonte Blinken das Recht Israels, alles zu tun, damit sich ein terroristischer Angriff wie der durch die islamistische Hamas am 7. Oktober auf Israel nicht wiederhole. Zudem hätten Blinken und Netanyahu auch über den Stand der Bemühungen zur Freilassung aller noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln gesprochen, hieß es in einer Mitteilung des US-Außenministeriums weiter. Israels Verteidigungsminister Joav Galant habe gegenüber Blinken jedoch betont, dass der israelische Militäreinsatz in der Region der Stadt Chan Yunis im Süden des Gazastreifens weiter intensiviert werde, bis die Führung der Hamas im Gazastreifen entdeckt und die Geiseln sicher nach Hause zurückgekehrt seien. Zudem müsse der Druck auf den Iran erhöht werden, um eine regionale Eskalation des Gaza-Krieges zu vermeiden, teilte das Presseamt Netanyahus weiter mit. Mit Blick auf die Kämpfe mit der Schiitenmiliz im Südlibanon sagte Galant, Israel bevorzuge eine diplomatische Lösung, sei aber auch zu einem Militäreinsatz bereit. Cameron besorgt über mögliche Völkerrechtsverstöße Israels Der britische Außenminister David Cameron hat sich besorgt über mögliche Verstöße Israels gegen humanitäres Völkerrecht gezeigt. "Wenn Sie mich fragen, ob ich besorgt darüber bin, dass Israel internationales Recht gebrochen haben könnte, weil ein bestimmtes Gebäude bombardiert wurde, ja, natürlich bin ich darüber besorgt", sagte der konservative Politiker im Auswärtigen Ausschuss des britischen Parlaments in London. Er könne sich aber nicht an eine juristische Einschätzung seines Ministeriums erinnern, die einen Rechtsbruch ausdrücklich feststellte, so Cameron. UN-Experten verurteilen tödliche Drohnenangriffe auf Hamas-Führer UN-Experten haben Drohnenangriffe auf einen Anführer der terroristischen Palästinenserorganisation Hamas und sechs weitere Akteure im Libanon vergangene Woche verurteilt. Die Angriffe seien mutmaßlich aus Israel gekommen, teilten die UN-Sonderberichterstatter Ben Saul und Morris Tidball-Binz in Genf mit. Bei solchen Angriffen handele es sich um außergerichtliche Tötungen und Mord. Der UN-Menschenrechtsrat hat Saul und Tidball-Binz als Experten für den Schutz der Menschenrechte beim Vorgehen gegen Terrorismus und für außergerichtliche und willkürliche Tötungen eingesetzt. Israel äußerte sich zu den kritisierten Angriffen bislang nicht. Westjordanland: Palästinenser nach Messerangriff erschossen Nach einem mutmaßlichen Messerangriff auf einen Soldaten im Westjordanland ist nach Angaben des israelischen Militärs ein Palästinenser erschossen worden. Der Mann habe versucht, nahe der Stadt Ramallah auf ein Mitglied des Militärs einzustechen, teilte das Militär mit. Daraufhin habe man auf ihn geschossen. Laut dem palästinensischen Gesundheitsministerium wurde der 31-jährige Palästinenser im nahegelegenen Ort Ein Sinja getötet. OCHA-Chefin warnt vor Kämpfen in Rafah Das UN-Nothilfebüro Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA) hat während eines Besuchs von Außenministerin Annalena Baerbock in Ägypten eindringlich davor gewarnt, dass größere Kämpfe auch den Süden des Gazastreifens erreichen. "Dieser Konflikt kann nicht in großem Stil nach Rafah kommen", sagte Gemma Connell, Leiterin des OCHA-Teams in Gaza, am Grenzübergang Rafah. Durch die Stadt Rafah verläuft die Grenze zwischen Ägypten und Gaza. In Rafah lebten auf palästinensischer Seite vor dem Krieg etwa 280.000 Menschen. Inzwischen suchen dort 1,5 Millionen Schutz vor den Kämpfen. Israels Armee konzentriert sich nach eigenen Angaben inzwischen darauf, Strukturen der islamistischen Terrorgruppe Hamas im Zentrum und Süden des Gazastreifens zu zerstören. Baerbock fordert bessere medizinische Versorgung für Gazastreifen Außenministerin Annalena Baerbock hat sich erschüttert über die Lage der Menschen im Gazastreifen geäußert und dringend einen besseren Zugang zu medizinischer und humanitärer Hilfe verlangt. Es müsse "jetzt dringend eine Antwort auf dieses medizinische Desaster geben", sagte die Grünen-Politikerin in der ägyptischen Stadt Al-Arisch nach einem Besuch an der Grenze zum Gazastreifen in Rafah. Krankenhäuser müssten funktionieren können, und die Ärzte in Gaza müssten arbeiten und genug Narkosemittel sowie Medikamente haben, forderte Baerbock. Weiteres Mitglied der Schiitenmiliz Hisbollah getötet Bei einem mutmaßlich israelischen Angriff im Süden des Libanons ist ein weiteres wichtiges Mitglied der Schiitenmiliz Hisbollah getötet worden. Einem israelischen Medienbericht zufolge handelt es sich um Ali Hussein Bardschi, der seit dem Überfall der radikal-islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober für Dutzende Angriffe mit Drohnen auf den Norden Israels verantwortlich gewesen sei. Ein Hisbollah-Sprecher bestätigte den Tod Bardschis, betonte jedoch, er sei kein Kommandeur der Schiitenmiliz gewesen. Die israelische Armee äußerte sich zunächst nicht zu dem Angriff. Blinken: "Schaden" von Zivilbevölkerung im Gazastreifen abwenden Bei seinem Besuch in Israel hat US-Außenminister Antony Blinken bei Regierungschef Benjamin Netanyahu darauf gedrungen, dass weiterer "Schaden" von der Zivilbevölkerung im Gazastreifen abgewendet werden müsse. Nach Angaben des US-Außenministeriums bekräftigte Blinken im Gespräch mit Netanyahu die Unterstützung der USA für das Recht Israels, einen erneuten Angriff der radikal-islamistischen Terrororganisation Hamas zu verhindern. Dann habe der US-Außenminister "die Wichtigkeit betont, weiteren zivilen Schaden zu vermeiden und zivile Infrastruktur in Gaza zu schützen", teilte Außenministeriumssprecher Matthew Miller mit. Baerbock fordert 24-stündige Öffnung des Grenzübergangs Rafah Bundesaußenministerin Annalena Baerbock fordert eine 24-stündige Öffnung des ägyptischen Grenzübergangs Rafah zum Gazastreifen. In dem Grenzgebiet stauten sich 3.000 Lastwagen, die nicht in den Gazastreifen einfahren könnten, sagt Baerbock nach einem Besuch in Rafah. Geladen hätten die Trucks dringend notwendige Mittel für die Menschen im Gazastreifen. Hisbollah: Wollen trotz Angriff keine Eskalation mit Israel Trotz eines Angriffs auf einen israelischen Armee-Stützpunkt hat die libanesische Hisbollah-Miliz betont, dass sie keine Eskalation des Konflikts anstrebe. Seine Miliz wolle den Krieg nicht vom Libanon aus ausweiten, "aber wenn Israel ihn ausweitet, ist die Antwort unvermeidlich, und zwar in dem Maße, das zur Abschreckung Israels erforderlich ist", sagte der stellvertretende Chef der vom israelischen Erzrivalen Iran unterstützten Hisbollah, Naim Kassem, in einer im libanesischen Fernsehen übertragenen Rede. WHO: 590 Angriffe auf palästinensische Gesundheitseinrichtungen Seit Beginn des Krieges zwischen der Terrororganisation Hamas und Israel am 7. Oktober hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 590 Angriffe auf palästinensische Krankenhäuser, Arztpraxen und Ambulanzen erfasst. Bei Attacken auf Gesundheitseinrichtungen im umkämpften Gaza-Streifen seien 606 Menschen getötet und 774 verletzt worden, sagte der WHO-Beauftragte Rik Peeperkorn in einer Videokonferenz in Genf. Die tatsächlichen Angriffs- und Opferzahlen dürften höher liegen, hieß es von der WHO. Von den 36 Krankenhäusern im Gaza-Streifen könnten aufgrund von Zerstörungen 21 nicht mehr betrieben werden. 15 Hospitäler seien teilweise noch funktionstüchtig. Grundsätzlich dürfen Gesundheitseinrichtungen laut Völkerrecht nicht angegriffen werden. Die Einrichtungen können ihren Schutz jedoch dann verlieren, wenn sie militärisch genutzt werden und den Feind schädigen. Israel begründet militärisches Vorgehen gegen bestimmte Gesundheitseinrichtungen im Gaza-Streifen damit, dass die Hamas die Orte als Kommandozentralen und Waffenlager nutze. Baerbock besucht Grenze zum Gazastreifen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat die Grenze zum Gazastreifen besucht. Am Grenzübergang Rafah zwischen dem südlichen Gazastreifen und Ägypten wolle sie auf das Leid der Zivilisten im Gazastreifen aufmerksam machen, sagte die Ministerin vor ihrer Ankunft. Baerbock forderte die Öffnung weiterer Grenzübergänge und neue humanitäre Feuerpausen, um Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen zu können. In Rafah will die Außenministerin den Grenzübergang besichtigen und mit Vertretern der im Gazastreifen tätigen UN-Organisationen UNRWA und OCHA sprechen. Danach will Baerbock ein Krankenhaus im ägyptischen al-Arisch besuchen, in dem Verwundete aus dem Gazastreifen behandelt werden. Baerbock übergibt Zehn-Tonnen-Hilfspaket für Palästinenser Außenministerin Annalena Baerbock hat fast zehn Tonnen Hilfsgüter für die notleidende palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen an den Ägyptischen Roten Halbmond übergeben. Die Grünen-Politikerin landete von Kairo aus kommend in einem Luftwaffen-Transporter vom Typ A400M in der Hauptstadt des ägyptischen Gouvernements Nordsinai am Mittelmeer, Al-Arisch. Anschließend wollte sie die rund 50 Kilometer westlich liegende Grenzstadt Rafah zwischen Ägypten und dem südlichen Teil des Gazastreifens besuchen. Der Besuch der Bundesaußenministerin in Rafah war aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehalten worden. Durch die größtenteils von Palästinensern bewohnte Stadt verläuft die Demarkationslinie zwischen Ägypten und Gaza. Über den Grenzübergang wird ein Großteil der Hilfslieferungen in den Gazastreifen gebracht. Die auf fast 40 Paletten transportierten Hilfsgüter wurden aus Mitteln des Auswärtigen Amts finanziert und im niedersächsischen Wunstorf von der Bundeswehr eingeladen. Es handelt sich um Isomatten, Decken, Kinderschlafsäcke und Feldbetten für Menschen in Gaza, die in provisorischen Unterkünften leben. Die Güter werden vom Roten Halbmond ausgeladen und von der UN-Organisation für Migration (IOM) in den Küstenstreifen transportiert. Die Verteilung an die Menschen dort ist durch eine norwegische Flüchtlingsorganisation vorgesehen Hamas: Seit 7. Oktober 23.210 Palästinenser getötet Bei israelischen Angriffen sollen seit dem 7. Oktober nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen insgesamt 23.210 Palästinenser getötet und 59.167 verletzt worden sein. In den vergangenen 24 Stunden seien etwa 126 Palästinenser getötet und 241 verletzt worden, fügte das Ministerium hinzu. Habeck: Können "deutliche Worte" zu Nahost-Krieg finden Vizekanzler Robert Habeck sieht angesichts der engen Beziehungen zu Israel eine besondere Rolle Deutschlands im Umgang mit dem Krieg im Nahen Osten. "Gerade weil die israelische Öffentlichkeit weiß, dass Deutschland, dass die Bundesregierung ein besonderes Schutzversprechen für Israel gegeben hat, was auch nicht relativiert werden kann, können wir auch deutliche Worte finden", sagte der Grünen-Politiker bei einem Besuch in Maskat, der Hauptstadt des Golfstaats Oman. Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf die aktuellen Reisen von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und US-Außenminister Antony Blinken durch die Region. "Man redet aus einer Solidarität heraus natürlich auch klar miteinander", sagte Habeck. Man dringe etwa darauf, dass Israel keine Flächen bombardiere, dass die humanitäre und medizinische Versorgung der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen sichergestellt sei und es nicht zu Hungersnöten komme. "Das muss Israel leisten." Zugleich betonte Habeck die Verantwortung der islamistischen Hamas für den Ausbruch des Krieges Anfang Oktober. Israel habe das Recht zu verhindern, "dass die Hamas wieder mordend durch Israel zieht und willkürlich Menschen abschlachtet". WHO: Gesundheitsversorgung im südlichen Gazastreifen vor Kollaps Ein Vertreter der Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich besorgt über den möglichen Kollaps von Krankenhäusern im südlichen Gazastreifen geäußert. Das Gesundheitssystem breche sehr schnell zusammen, sagte Sean Casey, WHO-Koordinator medizinischer Notfallteams in Gaza. Der Kampf um die Stadt Chan Yunis habe sich verschärft. Deshalb würden viele Mitarbeiter des medizinischen Personals und auch Patienten fliehen, um ihr Leben zu retten. Israel: Neun weitere Soldaten im Gaza-Krieg getötet Bei den Kämpfen im Gazastreifen sind auf israelischer Seite nach Angaben des Militärs neun weitere Soldaten getötet worden. Die meisten von ihnen gehörten zu Einheiten, die gegen die Hamas-Tunnel im Süden und im Zentrum des Palästinenser-Gebiets vorgegangen seien. Zunächst hatte das Militär von vier toten Soldaten gesprochen. Die aktualisierte Zahl von neun, die den Angaben zufolge alle am Montag getötet wurden, wurde demnach erst nach der Benachrichtigung der betroffenen Familien bekannt gegeben. Damit erhöht sich die Zahl der in dem Konflikt getöteten israelischen Soldaten den Militärangaben zufolge auf 187. Hamas-Chef ruft muslimische Länder zu Waffenlieferungen auf Der Anführer der radikalislamischen Hamas, Ismail Hanija, hat muslimische Länder in der ganze Welt zu Waffenlieferungen an die Palästinenserorganisation aufgerufen. "Die Zeit ist gekommen, um den Widerstand mit Waffen zu unterstützen", sagte Hanija bei einer Rede in Doha, wie eine von der Hamas veröffentlichte Mitschrift zeigte. Der Krieg gegen Israel sei eine "Schlacht um Al-Aksa und nicht nur die Schlacht des palästinensischen Volkes", argumentierte der Hamas-Chef mit Verweis auf die Al-Aksa-Moschee in Jerusalem, eine der wichtigsten heiligen Stätten im Islam. Die Rolle der "muslimischen Nation" in dem Konflikt sei "von großer Bedeutung". Baerbock: Gazastreifen und Westjordanland gehören Palästinensern Bundesaußenministerin Annalena Baerbock pocht auf den Gazastreifen und das von Israel besetzte Westjordanland als Heimat der Palästinenser. Darin seien sich Deutschland und Ägypten einig, sagte Baerbock nach einem Treffen mit dem ägyptischen Außenminister Samih Schukri Kairo. Die Palästinenser dürften aus diesen Gebieten nicht vertrieben werden. Nach einem Ende des Krieges komme auf die internatonale Gemeinschaft die Verantwortung zu, die Sicherheit im Gazastreifen zu gewährleisten, sagte Baerbock, ohne dies näher auszuführen. Nationalistische Minister der israelischen Regierung hatten angeregt, alle Palästinenser sollten den Gazastreifen verlassen und damit weltweit Empörung ausgelöst. Zudem betrachten die Vertreter der an der Regierung in Jerusalem beteiligten extremistischen Parteien das Westjordanland als israelischen Territorium. Hisbollah bestätigt Tötung von Mitgliedern Bei einem weiteren mutmaßlich israelischen Angriff im Süden des Libanons sind am Dienstag mindestens drei Mitglieder der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah getötet worden. Nach Angaben der Hisbollah und libanesischer Sicherheitskreise wurde ihr Fahrzeug von einer israelischen Drohne beschossen. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Reuters darüber berichtet. Die Hisbollah teilte mit, als Reaktion auf die Tötung ihrer Mitglieder habe die Gruppierung eine Militärbasis in Safed im Norden Israels mit Drohnen angegriffen. Israelische Medien zeigten ein Video von dem Vorfall und schrieben, es sei bei der Explosion der Drohne nur Sachschaden entstanden. Zuvor hatte die Schiitenmiliz Angriffe auf israelische Militärposten im Grenzgebiet für sich reklamiert. Dabei seien "direkte Treffer" erzielt worden. Die israelische Armee teilte mit, es habe mehrere Raketenangriffe vom Libanon aus auf israelisches Grenzgebiet gegeben. Nach Angaben aus libanesischen Sicherheitskreisen beschossen israelische Truppen als Reaktion mehrere Ortschaften im Süden des Libanons. Baerbock reist an Grenze des Gazastreifens Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) reist heute zu einem Besuch an die Grenze des Gazastreifens. Am ägyptischen Grenzübergang Rafah wolle sie sich ein Bild von der Lage der Menschen machen. Das Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen sei kaum auszuhalten, sagte Baerbock nach einem Gespräch mit ihrem ägyptischen Kollegen Samih Schukri in Kairo Sie forderte die Öffnung weiterer Grenzübergänge und neue humanitäre Feuerpausen, um Hilfsgüter nach Gaza zu bringen. Angesichts der drohenden Hungersnot komme es nun "ganz entscheidend auf die Schnelligkeit der Lieferungen an", sagte Baerbock. Die bisherige Abfertigung der Hilfen, die vor allem über Rafah kommen, sei zu ineffizient, kritisierte sie. Es müsse sichergestellt werden, "das diese Hilfe nicht in bürokratischen Sackgassen strandet". Aktuell sei es "nicht genug, was bei den Menschen ankommt", so die Außenministerin. Ägyptens Außenminister Schukri will Baerbock nach eigenen Worten bei dem Besuch in Rafah begleiten. Die Reise diene dazu, "dass Sie real das Leiden des Palästinensischen Volks sehen können", sagte Schukri an Baerbock gewandt. Der Minister beklagte, dass die internationale Gemeinschaft zu wenig gegen das Leid in Gaza unternehme. Baerbock war am späten Montagabend zu einem Besuch in Ägypten eingetroffen - nach Stationen in Israel und im Westjordanland. Blinken: Chancen für bessere Intergration Israels in Nahost-Region US-Außenminister Antony Blinken hält nach eigenen Worten eine bessere Einbindung Israels in die Nahost-Region nach einem Ende des Kriegs für möglich. Israel bemühe sich seit Jahren um bessere Beziehungen und eine stärkere Integration im Nahen Osten, und er sehe dafür "tatsächlich echte Chancen", sagte Blinken bei einem Treffen mit seinem israelischen Kollegen Israel Katz. "Aber wir müssen diese schwierige Zeit überstehen und sicherstellen, dass sich der siebte Oktober nicht wiederholt, und wir müssen daran arbeiten, eine andere und bessere Zukunft aufzubauen", fügte Blinken mit Blick auf den Überfall der militant-islamistischen Palästinenser-Organisation Hamas auf Israel hinzu. Blinken will über "den Weg voran" in Gaza-Frage sprechen Bei einem Gespräch mit dem israelischen Präsidenten Izchak Herzog hat sich US-Außenminister Antony Blinken weiter um Vermittlung im Gaza-Krieg bemüht. Blinken sagte bei dem Treffen in Tel Aviv, er wolle bei seinen Gesprächen in Israel teilen, was er bei Besuchen in Ländern der Region, der Türkei, Griechenland, Jordanien, Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien, gehört habe. "Es gibt viel zu besprechen, vor allem über den Weg voran", sagte Blinken auch mit Blick auf den Gaza-Krieg. Die USA wollen ein Übergreifen des Konflikts auf benachbarte Staaten - insbesondere den Libanon - verhindern. Blinken sprach von "einer unglaublich herausfordernden Zeit für Israel, für die Länder in der Region und vor allem für die Menschen, die weiter leiden". Blinken wollte auch Angehörige von Geiseln treffen, die drei Monate nach Kriegsbeginn weiter im Gazastreifen festgehalten werden. Herzog dankte Blinken dafür, dass die USA "sicherstellen, dass Israel diesen Krieg gewinnt, weil es ein Krieg ist, der internationale Werte und die Werte der freien Welt betrifft". Offenbar drei Hisbollah-Mitglieder bei Angriff getötet Drei Mitglieder der mit dem Iran verbündeten Hisbollah sind Insidern zufolge bei einem gezielten Angriff auf ihr Fahrzeug im Süden des Libanon getötet worden. Die Identität der getöteten Menschen sei noch unklar, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Südkorea: Hinweis für Waffenhandel zwischen Nordkorea und Hamas Südkoreas Geheimdienst hat Medienberichten zufolge Belege für den möglichen Einsatz nordkoreanischer Waffen durch die islamistische Hamas. Der nationale Aufklärungsdienst habe das Foto einer in Nordkorea hergestellten F-7-Panzerfaust veröffentlicht, die von der militanten Palästinenserorganisation benutzt worden sei, berichtete die südkoreanische Zeitung "Joongang Ilbo". Die Markierungen auf dem Zünder sind demnach auf koreanisch. Berichte über einen möglichen Waffenhandel zwischen der Hamas und dem von Machthaber Kim Jong Un regierten Ein-Parteien-Staat gibt es schon länger. Pjöngjang hatte bestritten, dass nordkoreanische Waffen bei der Terrorattacke der Hamas und anderer extremistischer Gruppen auf Israel am siebten Oktober zum Einsatz gekommen seien. Minister: Israel für Tötung von Hisbollah-Kommandeur verantwortlich Israel steht nach Aussagen seines Außenministers hinter der gezielten Tötung eines Kommandeurs der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah. Minister Israel Katz sagte dies am Montagabend dem israelischen Sender Kanal 14, obwohl Israel den Angriff nicht offiziell für sich reklamiert hatte. Der Minister von der rechtskonservativen Regierungspartei Likud reagierte dabei auf drängende Fragen der Moderatoren des Senders, der weit rechts auf dem politischen Spektrum verortet wird. In der Regel äußert sich Israel nicht zu Medienberichten über Auslandseinsätze. "Was den Angriff in Südlibanon angeht, haben wir Verantwortung übernommen", sagte Katz. Die gezielte Tötung von Wissam al-Tauil am Sonntag sei "Teil unseres Krieges". Dieser schließe auch Angriffe auf Hisbollah-Milizionäre ein. Al-Tauil wurde am Sonntag beim Angriff einer Drohne auf sein Auto im Südlibanon getötet. Laut der Staatsagentur NNA wurde dabei auch ein weiterer Mensch getötet. Sicherheitskreisen zufolge gehörte Al-Tauil den sogenannten Radwan-Truppen an. Dies ist eine Eliteeinheit der Hisbollah, die von den iranischen Revolutionsgarden zum Kampf ausgebildet wurden. Präsident Herzog: Völkermord-Klage gegen Israel ist absurd Israels Präsident Izchak Herzog hat die Forderung Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) zurückgewiesen, das israelische Vorgehen gegen die Hamas im Gazastreifen als Völkermord einzustufen. Es gebe "nichts Abscheulicheres und Absurderes", sagte Herzog bei einem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken. Die Anhörungen beim IGH sollen am Donnerstag beginnen. Israelische Armee: 40 Hamas-Kämpfer getötet Israelische Streitkräfte haben bei Operationen in Chan Yunis im südlichen Gazastreifen rund 40 Kämpfer der radikal-islamischen Hamas getötet. Zudem seien Tunnelschächte und eine Militäranlage der Terrororganisation ausgehoben worden, teilte das Militär am Dienstag mit. Blinken in Israel eingetroffen US-Außenminister Antony Blinken ist im Rahmen seiner Nahost-Vermittlungsreise am Montagabend in Israel eingetroffen. In Tel Aviv kam er heute mit Präsident Izchak Herzog zu einem Gespräch zusammen. Zuvor hatte Blinken Gespräche in Saudi-Arabien mit Kronprinz Mohammed bin Salman geführt. In Israel stehen nun Gesprächen mit Israels Premierminister Benjamin Netanyahu und weiteren Kabinettsmitgliedern auf dem Programm. Dabei dürfte es darum gehen, wie ein Übergreifen des Gaza-Kriegs auf andere Teile der Region - insbesondere den Libanon - verhindert werden kann. Auch die Frage, wie es im Gazastreifen nach einem Ende des Kriegs weitergehen könnte, dürfte erörtert werden. "Wir wollen zusammenzuarbeiten und unsere Bemühungen koordinieren, um Gaza bei der Stabilisierung und Erholung zu helfen, einen politischen Weg für die Palästinenser festzulegen und auf langfristigen Frieden, Sicherheit und Stabilität hinzuarbeiten", sagte Blinken zuvor in Saudi-Arabien, wie die Zeitung "Times of Israel" berichtete. Israelische Armee: Vier Soldaten im Gazastreifen getötet Die israelische Armee hat den Tod von vier weiteren Soldaten im Gazastreifen bestätigt. Die Gesamtzahl der in dem Küstenstreifen getöteten israelischen Soldaten steigt damit nach offiziellen Angaben auf 182. Blinken zu möglicher Annäherung Saudi-Arabiens und Israels US-Außenminister Antony Blinken sieht trotz des Gaza-Kriegs ein "klares Interesse" an einer weiteren Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Israel. Er habe bei jeder Station seiner Nahost-Reise über eine mögliche Normalisierung der Beziehungen der beiden Länder gesprochen und "natürlich auch hier in Saudi-Arabien", sagte Blinken nach einem Treffen mit dem saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. "Und ich kann Ihnen sagen, dass es hier ein klares Interesse daran gibt, dies weiter zu verfolgen." Zwischen Israel und Saudi-Arabien hatte sich in den vergangenen Monaten eine Annäherung abgezeichnet, die Gespräche wurden jedoch wegen des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas auf Eis gelegt. Blinken reiste nach seinem Treffen mit dem saudiarabischen Kronprinzen und De-facto-Herrscher nach Israel weiter. Israel: Große unterirdische Waffenfabrik entdeckt Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben eine große unterirdische Waffenfabrik im Gazastreifen entdeckt. Dort seien weit reichende Raketen und Mörsergranaten hergestellt worden. Über ein Tunnelsystem hätten die Waffen zu den Kämpfern im gesamten Gazastreifen gebracht werden können. Baerbock in Ägypten eingetroffen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist im Rahmen ihrer Nahost-Reise am Abend in der ägyptischen Hauptstadt Kairo eingetroffen. Sie will am Morgen in Ägyptens neuer Verwaltungshauptstadt nahe Kairo ihren Kollegen Samih Schukri für eine Unterredung treffen. Zuvor war Baerbock in Israel und im Westjordanland; am Dienstagabend reist sie dann weiter in den Libanon. Ägypten spielt eine wichtige Vermittlerrolle im Konflikt zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas. Eine bedeutende Rolle kommt dem Land auch bei der humanitären Hilfe für die Menschen im Gazastreifen zu: Ein Großteil der Lieferungen kommt über den ägyptischen Grenzübergang Rafah in das Palästinensergebiet. Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge einen Raketenexperten der islamistischen Hamas in Syrien getötet. In Tel Aviv und anderen Städten Israels wurde Raketenalarm ausgelöst. Die Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-israel-dienstag-128.html |
2024-01-09 | Lauterbach will Hausärzten mehr Freiräume geben | Spitzentreffen in Berlin | Es knirscht in den Hausarztpraxen: Mediziner sind überlastet, Patienten müssen lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Auf einem Krisentreffen mit den Hausärzten sicherte Gesundheitsminister Lauterbach nun weitreichende Reformen zu. | In Deutschlands Hausarztpraxen knirscht es: Mediziner sind überlastet, Patienten müssen lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Auf einem Krisentreffen mit den Hausärzten sicherte Gesundheitsminister Lauterbach nun Reformen zu, die sie entlasten sollen. Hausärztinnen und Hausärzte sollen nach Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mehr finanzielle Freiräume bekommen, um Wartezeiten und Engpässe zu vermeiden. Er werde noch im Januar einen Gesetzentwurf vorstellen, um die bisherigen Honorarobergrenzen aufzuheben, sagte der SPD-Politiker nach einem Spitzentreffen mit Ärztevertretern in Berlin. Lauterbach hofft auf weniger Patienten in Wartezimmern Konkret sollen für Hausärzte Budgets mit Obergrenzen bei der Vergütung durch die Kassen wegfallen. Dies soll dazu führen, dass alle in den Praxen erbrachten Leistungen bezahlt werden. Zudem soll sich der bürokratische Aufwand verringern. Honorarobergrenzen können dazu führen, dass Ärztinnen und Ärzte noch vor Monatsende ihr Behandlungsbudget ausgeschöpft haben und deshalb für weitere Patienten nicht mehr bezahlt werden. "Wir wollen auch die Hausarztpraxen ent-ökonomisieren", sagte Lauterbach. Im Vordergrund solle nicht mehr stehen, wie oft ein Patient einbestellt werden müsse, damit Praxen das volle Honorar auslösen können. Es werde damit weniger Patienten im Wartezimmer geben, so dass sich Praxen auf jene konzentrieren könnten, die medizinisch versorgt werden müssten, erklärte Lauterbach. Jahres- und "Vorhaltepauschale" geplant Vereinfachungen sollen bei erwachsenen Versicherten mit chronischen Erkrankungen kommen, die kontinuierlich Arzneimittel benötigen. Durch eine Umstellung der Vergütungspraxis für die Hausärzte will Lauterbach erreichen, dass etwa chronisch kranke Patienten nicht mehr nur deswegen quartalsweise einbestellt werden, damit Ärzte eine Pauschale für sie bekommen. Statt der Quartalspauschale soll es eine Jahrespauschale geben, die beim ersten Kontakt abgerechnet wird. Dies soll die Zahl vermeidbarer Praxisbesuche deutlich senken und mehr Behandlungszeit ermöglichen. Damit werde es möglich, mehr Anfragen wie Rezeptausstellungen oder Krankschreibungen auch telefonisch statt mit Besuchen in ohnehin überfüllten Praxen zu erledigen, sagte der Minister. Wenn Praxen bestimmte Kriterien wie Hausbesuche oder eine Mindestzahl an Versicherten in Behandlung erfüllen, sollen sie eine gesetzlich geregelte "Vorhaltepauschale" bekommen können. Dies soll Praxen eine Förderung bringen, die besonders zur Versorgung beitragen. Einmal pro Jahr sollen Hausarztpraxen auch eine qualifizierte Hitzeberatung für Risikogruppen mit der Kasse abrechnen können. Lauterbach rechnet nicht mit höheren Beiträgen Im Interview mit den tagesthemen sagte Lauterbach, dass die Reform durch die derzeit steigenden Einnahmen der Krankenkassen bei nahezu konstanten Beitragssätzen finanziert werden soll. "Das wird im Großen und Ganzen bei Beitragssatzstabilität funktionieren." Durch die Reform werden nach seinen Angaben Kosten in einem dreistelligen Millionenbereich anfallen. Wie hoch genau diese ausfallen werden, werde derzeit berechnet. Es werde auf jeden Fall nicht in der Größenordnung von einer Milliarde Euro sein, schätzte der Gesundheitsminister. Virchowbund kritisiert Ankündigungen Anders als bei den Hausärzten soll es bei den Fachärzten durch die Reformpläne keine sogenannte Entbudgetierung bei den Honoraren geben. Lauterbach will bei den Fachärzten durch einen fast vollständigen Verzicht auf sogenannte Arzneimittelregresse Entlastung schaffen. Demnach haften Ärzte bisher mit ihrem eigenen Einkommen dafür, wenn sie zu viele oder zu teure Medikamente verschrieben haben. Die Reform wird Lauterbach zufolge dazu führen, dass 80 Prozent der bisherigen Regressfälle entfallen. Die Ärzte-Vertretung Virchowbund kritisierte die Zusagen des Gesundheitsministers als "unvollständig und viel zu vage". "Mit dem heutigen Gesprächsergebnis sind wir jedenfalls völlig unzufrieden", teilte der Vorsitzende Dirk Heinrich mit. Die Wut an der Basis steige. "Daher ist für uns klar, dass die Proteste weitergehen müssen, wenn nicht die gesamte ambulante Versorgung durch Haus- und Fachärzte in den Blick genommen wird." Damit könnten Patienten auch vor weiteren Praxisschließungen bei Fachärzten nicht verschont sein. Hausärzte streikten nach Weihnachten Schon seit Langem klagen niedergelassene Ärzte über eine große Arbeitsbelastung. Aus Protest gegen die Gesundheitspolitik hatten Tausende Praxen in den Tagen nach Weihnachten nicht geöffnet. Bereits im Vorfeld des Streiks hatten die Mediziner ein Krisentreffen mit Lauterbach eingefordert. Nach Angaben des Hausärzteverbandes fehlen aktuell 5.000 Praxen. Lauterbach räumte nach dem Treffen in Berlin ein, dass es genug Ärzte geben müsse - dafür brauche es mehr Medizinstudierende. Er kündigte einen Vorschlag an, nachdem ihre Zahl um 5.000 pro Jahr erhöht werden solle. Der Chef des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Beier, lobte Lauterbachs Pläne als "richtig und wichtig". Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, begrüßte das Vorhaben im Grundsatz. | /inland/innenpolitik/lauterbach-hausaerzte-praxen-reform-100.html |
2024-01-09 | Gericht weist Bahn-Antrag gegen Streik ab | Tarifkonflikt mit der GDL | Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL kann stattfinden. Das Hessische Landesarbeitsgericht lehnte einen Antrag der Deutschen Bahn gegen den Ausstand ab. Passagiere müssen von Mittwoch bis Freitag mit zahlreichen Ausfällen rechnen. | Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL kann stattfinden. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat einen Antrag der Deutschen Bahn auf eine Einstweilige Verfügung abgelehnt. Passagiere müssen von Mittwoch bis Freitag mit zahlreichen Ausfällen rechnen. Die Lokführer der Deutschen Bahn können wie geplant streiken. Die Bahn scheiterte auch in zweiter Instanz am Hessischen Landesarbeitsgericht mit dem Versuch, den Ausstand der Gewerkschaft GDL gerichtlich zu stoppen. Der Antrag der Bahn werde zurückgewiesen, erklärte Richter Michael Horcher in Frankfurt am Main. Weitere juristische Mittel gegen den dreitägigen Arbeitskampf sind nicht möglich. Die DB drang nicht mit ihrem Argument durch, dass die GDL nach Gründung der Leiharbeitergenossenschaft "Fair Train" ihre Tariffähigkeit verloren habe. Diese Prüfung sei im Eilverfahren nicht möglich, sagte der Vorsitzende Richter Horcher zur Begründung. Der Konzern bedauerte die Entscheidung. "Wir haben uns, insbesondere für die Fahrgäste, ein anderes Ergebnis gewünscht und müssen die Entscheidung des Gerichts aber akzeptieren", sagte Florian Weh, Hauptgeschäftsführer des DB-Arbeitgeberverbands AGV MOVE, nach der Verhandlung. Die Frage der Tariffähigkeit der GDL sei damit aber nicht geklärt. Auswirkungen bis zum Wochenende Der Streik trifft Millionen Bahn-Reisende, vor allem im Fernverkehr. Von Mittwoch 2 Uhr bis Freitag 18 Uhr will die GDL den Zugverkehr weitgehend lahmlegen. Aber auch in den Stunden davor und danach dürften die Auswirkungen zu spüren sein. Güterzüge stehen schon seit Dienstagabend still. Die Deutsche Bahn hat einen Ersatzfahrplan erarbeitet. Fahrgäste können sich dort oder über eine kostenlose Rufnummer (08000 996633) informieren. Erfahrungsgemäß sind gerade in den ostdeutschen Bundesländern sowie im Südwesten viele Beschäftigte bei der GDL organisiert. "Wie auch schon in den vergangenen Streiks werden wir 20 Prozent unserer Fernverkehrszüge fahren können", sagte DB-Konzernsprecherin Anja Bröker in Berlin. Die Bahn könne nur das Beste aus dieser Situation machen: "Wir sind vorbereitet mit unseren Kolleginnen und Kollegen, doch noch 20 Prozent Personenverkehr anbieten zu können." Streitpunkt ist die Wochenarbeitszeit Seit Anfang November ringt die GDL mit der Bahn und anderen Eisenbahnunternehmen um höhere Tarife. Kern des aktuellen Tarifkonflikts ist aber die Forderung der Gewerkschaft nach einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn hält diese Forderung für unerfüllbar. Sie ist lediglich bereit, mit der Gewerkschaft über die Ausweitung bereits bestehender Arbeitszeit-Wahlmodelle zu reden. Das ist aus Sicht der Lokführergewerkschaft inakzeptabel, da die Bezahlung der Arbeitszeitverkürzung entsprechend gesenkt würde. Pro Bahn fordert baldige Einigung Im aktuellen Tarifstreit hat die GDL bereits zwei Mal zu Warnstreiks aufgerufen, die im Personenverkehr maximal 24 Stunden dauerten. Im Dezember hatte die Gewerkschaft ihre Mitglieder per Urabstimmung über unbefristete Streiks abstimmen lassen. Rund 97 Prozent der Teilnehmer sprachen sich dafür aus. Seither sind längere Streiks möglich. Der Aufforderung des Arbeitgebers zu einer neuen Verhandlungsrunde am Mittwoch hatte GDL-Chef Claus Weselsky am Montag eine Absage erteilt. Der Fahrgastverband Pro Bahn forderte nach der Gerichtsentscheidung eine zügige Einigung zwischen der Deutschen Bahn und der GDL. Als demokratischer Verband stehe man "grundsätzlich hinter dem Streikrecht", sagte der bayerische Landesvorsitzende und Bundes-Vize von Pro Bahn, Lukas Iffländer, dem Bayerischen Rundfunk. Allerdings müsse das "die letzte große Streikrunde" sein, beide Seiten müssten sich einigen. | /wirtschaft/unternehmen/gdl-gericht-erlaubt-streik-100.html |
2024-01-09 | ++ Ukraine meldet viele Bodengefechte ++ | Krieg gegen die Ukraine | Die ukrainischen Bodentruppen sehen sich trotz heftigem Frost weiter vielen russischen Attacken ausgesetzt. Um Energie in der Ukraine zu sparen, ist in 1.025 Kommunen der Strom abgeschaltet worden. Der Liveblog zum Nachlesen. | Die ukrainischen Bodentruppen sehen sich trotz heftigem Frost weiter vielen russischen Attacken ausgesetzt. Um Energie in der Ukraine zu sparen, ist in 1.025 Kommunen der Strom abgeschaltet worden. Der Liveblog zum Nachlesen. Mehr als 1.000 Orte ohne StromTote und Verletzte nach Drohnenangriffen in WestrusslandUN brauchen 4,1 Milliarden US-Dollar für 2024Ukrainische Luftwaffe: Haben zu wenig FlugabwehrraketenDrei Menschen bei Luftangriff auf Belgorod verletztUkraine vermutet mehr als 19.500 verschleppte Kinder in Russland Ende des Liveblogs Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse. Ukrainisches Militär meldet viele Bodengefechte Ukrainische Soldaten sehen sich trotz Frost weiter vielen russischen Attacken ausgesetzt. Am Dienstag habe es 64 versuchte russische Sturmangriffe gegeben, wie der ukrainische Generalstab mitteilte. Die Zahl war etwas höher als in den vergangenen Tagen. "Die operative Lage im Osten und Süden der Ukraine bleibt schwierig", hieß es. Alle russischen Angriffe seien abgewehrt worden, teilte der Generalstab mit, ohne dass diese Angaben unabhängig überprüfbar waren. Allein auf die Stadt Awdijiwka gab es demnach zehn russische Angriffe, dazu elf weitere bei den benachbarten Ortschaften Perwomajske und Newelske. Russische Truppen versuchen seit Oktober unter hohen Verlusten, Awdijiwka abzuriegeln und zu erobern. Hier verläuft die Front dicht an der von Russland kontrollierten Großstadt Donezk. Auf einen ukrainischen Brückenkopf am Dnipro im Gebiet Cherson gab es den Angaben zufolge neun russische Angriffe. Ukrainische Soldaten halten diese Stellung, auch wenn ihre Versorgung über den Fluss schwierig ist. Russisches Innenministerium fahndet nach Chodorkowski Das russische Innenministerium hat den im Exil lebenden früheren Oligarchen Michail Chodorkowski auf seine Fahndungsliste gesetzt. Chodorkowski habe Falschinformationen über die russische Armee und den russischen Staat verbreitet, begründete das Ministerium seinen Schritt der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Darauf stünden bis zu fünf Jahre Haft. Bereits seit September werde gegen Chodorkowski wegen Aussagen zu Onlinezahlungen für in der Ukraine getötete russische Soldaten ermittelt. Russland hat das Gesetz gegen Diskreditierung der Armee nach Beginn seines Angriffskrieges gegen die Ukraine erlassen und es wiederholt genutzt, um Kritiker des Krieges und von Präsident Wladimir Putin ins Gefängnis zu bringen. Chodorkowski gilt seit Anfang des Jahrhunderts als Putin-Kritiker. Er saß zehn Jahre lang in russischen Gefängnissen, lebt heute in London und hat Putin und den russischen Krieg gegen die Ukraine immer wieder kritisiert. Grüne fordern Entscheidung über "Taurus"-Lieferung Die Grünen haben die Bundesregierung zu einer baldigen Entscheidung über die Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine aufgefordert. Co-Parteichef Omid Nouripour sagte in Berlin nach einer Klausur des Bundesvorstandes: "Es ist jetzt, nachdem monatelang darüber diskutiert worden ist, verständlich, dass die Ukraine hofft, dass die Entscheidung sehr bald kommt". Seines Wissens nach werde genau diese Frage sehr eng abgestimmt mit den Partnerstaaten. Der "Taurus" ist einer der modernsten Flugkörper der Luftwaffe. Die Waffen finden auch aus großen Höhen und Entfernungen ihr Ziel und können zum Beispiel Bunkeranlagen zerstören. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Anfang Oktober entschieden, vorerst keine "Taurus"-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. Dahinter steckte die Befürchtung, dass auch russisches Territorium von den Präzisionswaffen mit einer Reichweite von 500 Kilometern getroffen werden könnte. Selenskyj kommt persönlich zum Weltwirtschaftsforum Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt in diesem Jahr persönlich am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos teil. Das kündigte WEF-Präsident Børge Brende an. Am Sonntag, einen Tag vor dem Auftakt des WEF, findet in Davos bereits ein Ukraine-Treffen statt. Daran nehmen Sicherheitsberater und ranghohe Beamte aus rund 70 Ländern nehmen teil. Tote und Verletzte nach Drohnenangriffen in Westrussland Bei Drohnenangriffen auf verschiedene strategische Ziele in Westrussland sind nach Behördenangaben eine Frau getötet und drei weitere Menschen verletzt worden. In der Ortschaft Gornal sei eine Einwohnerin durch Splitterverletzungen nach einem Drohneneinschlag ums Leben gekommen, teilte der Gouverneur der Region Kursk, Roman Starowoit, auf seinem Telegram-Kanal mit. Ziel der Attacke war laut Medienberichten der militärisch genutzte Flughafen der Region. Im benachbarten Gebiet Orjol wurde eine Ölanlage getroffen. Moskau macht Kiew für die Angriffe verantwortlich. Das russische Verteidigungsministerium meldete lediglich den angeblichen Abschuss von vier ukrainischen Drohnen über dem Gebiet Kursk und von zwei Drohnen über dem Gebiet Orjol. Kiews Versuch eines "Terroranschlags" auf russische Objekte sei vereitelt worden, heißt es da. In der Darstellung anderer russischer Behörden liest sich das anders Briten: Russland hat einmal mehr Probleme bei Flugabwehr Das britische Verteidigungsministerium sieht weiterhin Schwachstellen bei der russischen Flugabwehr. Die Ukraine hatte vergangene Woche russische Ziele auf der annektierten Halbinsel Krim angegriffen und nach eigenen Angaben einen Kommandopunkt am Flughafen Saky zerstört. Moskau hatte dagegen angegeben, mehrere Marschflugkörper abgeschossen zu haben. Diese Angriffe haben höchstwahrscheinlich die russische Flugabwehr in der Region beeinträchtigt, wie die Briten mitteilten. Als Reaktion darauf habe Russland gestern eine Reihe von Raketenangriffen auf die Ukraine verübt. "Das zeigt einmal mehr, wie ineffektiv die russische Flugabwehr beim Schutz wichtiger Orte trotz besserer Vorbereitung ist", schrieb das Ministerium bei X (früher Twitter). Das Ausmaß der russischen Reaktion sei wahrscheinlich ein Hinweis darauf, wie erfolgreich die Aktionen der ukrainischen Streitkräfte gewesen seien. Die Ukraine verteidigt sich seit fast zwei Jahren gegen einen Angriffskrieg Russlands. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seitdem regelmäßig Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor. Russland sieht sich auf dem Schlachtfeld zurück in der Initiative Das russische Militär will im Jahr 2023 nach eigenen Angaben die Initiative auf dem Schlachtfeld in der Ukraine zurückerobert haben. "Im vergangenen Jahr haben die Verluste des Gegners 215.000 Soldaten und 28.000 Einheiten überschritten", sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu bei einer Militärbesprechung. Entlang der gesamten Front habe sich Russland die strategische Initiative gesichert, fügte er hinzu. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Zahlen allerdings nicht. Die ukrainische Führung wiederum beziffert die Gesamtverluste der russischen Armee nach fast zwei Jahren Krieg auf inzwischen mehr als 365.000. Offiziell macht keine der beiden Kriegsparteien Angaben zu den eigenen Verlusten. Die Zahlen zu den angeblichen Ausfällen der Gegenseite gelten beiderseits als überhöht. Der ukrainische Oppositionspolitiker Jurij Luzenko sprach zuletzt davon, dass Kiew monatlich sogar 30.000 Soldaten verloren haben könnte. Das wären 360.000 im Jahr. Die Schätzung basiert freilich nur auf einer Forderung des Militärs an Präsident Wolodymyr Selenskyj, eine weitere halbe Million Soldaten einzuberufen. Mehr als 1.000 Orte ohne Strom Nach ukrainischen Angaben sind Kommunen in neun Regionen des Landes von der Stromversorgung abgeschnitten. "Seit heute Morgen wurde aufgrund des schlechten Wetters - starker Wind, Eis - in 1.025 Orten der Strom abgeschaltet", teilt der Betreiber des Stromnetzes des Landes, Ukrenergo, mit. Alle Bürger seien aufgefordert, Strom zu sparen, da die Energieversorgung durch russische Angriffe beschädigt wurde. Der Stromverbrauch erreicht derzeit Spitzenwerte, da die Temperaturen in vielen Landesteilen auf bis zu minus 15 Grad gefallen sind. Ukraine-Hilfe: UN brauchen 4,1 Milliarden US-Dollar für 2024 Die Vereinten Nationen brauchen rund 4,1 Milliarden US-Dollar (umgerechnet 3,75 Milliarden Euro) für die humanitäre Ukraine-Hilfe im laufenden Jahr. Mehr als 14,6 Millionen Menschen, rund 40 Prozent der Bevölkerung der Ukraine, benötigten Unterstützung, teilte das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) in Genf mit. OCHA-Sprecher Jens Laerke betonte, die Menschen seien auf die Lieferung von Lebensmitteln, Wasser, Medizin und andere humanitäre Güter angewiesen. Am kommenden Montag werde der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths den humanitären Appell für die Ukraine vorstellen. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR wächst in dem osteuropäischen Land der Bedarf an humanitärer Hilfe, da die Bevölkerung und die zivile Infrastruktur immer stärker unter militärischen Beschuss gerieten. Zudem seien die Temperaturen auf den Gefrierpunkt gesunken. Ifo: China und Türkei liefern Russland von EU sanktionierte Waren Die EU-Exporte nach Russland sind seit Beginn des Ukrainekriegs um zwei Drittel gesunken. Nach einer Auswertung des Ifo-Instituts im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums könnten aber viele der sanktionierten EU-Waren über China, die Türkei und andere Länder nach Russland geliefert werden. Durch die Ausfuhrbeschränkungen der EU und anderer westlicher Länder fehle in Russland ein Drittel der sanktionierten Produkte. Das wichtigste alternative Herkunftsland dafür sei China, teilte das Ifo-Institut mit: Russland importiere 61 Prozent der sanktionierten Produkte aus China, fast doppelt so viel wie 2021. "Aus der Türkei kommen 13 Prozent aller Produkte nach Russland, die vom Westen sanktioniert sind; im Jahr 2021 waren es knapp 3 Prozent." Aus Armenien beziehe Russland heute ein Prozent aller sanktionierten Güter. Im gleichen Zeitraum hätten sich die Exporte aus der EU nach Armenien verdoppelt. "Im Falle von China können die zunehmenden Exporte nach Russland zumindest teilweise mit einer stärkeren inländischen Produktion erklärt werden", sagte Feodora Teti, stellvertretende Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft. "Im Falle der Türkei und Armenien legt der plötzliche und starke Anstieg der Exporte nach Russland jedoch den Verdacht der Sanktionsumgehung nahe." Merz fordert erneut Ende des Zögerns bei "Taurus"-Lieferung CDU-Chef Friedrich Merz hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erneut aufgefordert, mit einer Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine nicht weiter zu zögern. "Das würde der Ukraine immens helfen", sagte Merz der "Rheinischen Post". Scholz müsse seine Zurückhaltung in dieser Frage endlich aufgeben. Die Aufforderung von Scholz an die Verbündeten, ihre Anstrengungen für die Ukraine zu verstärken, begrüßte Merz grundsätzlich. "Das ist eine gute Botschaft", sagte Merz. "Sie sollte allerdings auch für Deutschland selbst gelten." Mit Blick auf die Debatte über die "Taurus"-Lieferungen sagte der CDU-Chef, wenn Scholz seinen Widerstand dagegen aufgebe, "dann wäre die Äußerung des Kanzlers auch glaubwürdiger". Scholz hatte bei einem Treffen mit Luxemburgs Premierminister Luc Frieden die Ukraine-Verbündeten in der Europäischen Union aufgefordert, das von Russland angegriffene Land stärker zu unterstützen. Berichte: Selenskyj möglicherweise beim Weltwirtschaftsforum in Davos Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reist nach einem Schweizer Medienbericht möglicherweise zum Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos. Laut "Tages-Anzeiger" laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Das Außenministerium in Bern hielt sich bedeckt. "Wir kommentieren diese Berichte nicht", sagte ein Sprecher am Dienstag. Das WEF beginnt am 15. Januar. Fest steht bislang, dass am Sonntag - einen Tag vor dem Beginn - in Davos das vierte sogenannte Friedensformel-Treffen zur Ukraine stattfindet, auf dem über die Zukunft des von Russland angegriffenen Landes beraten werden soll. Strack-Zimmermann: Kanzler drängt zurecht auf mehr Militärhilfe Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann unterstützt den Druck von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf EU-Partner, mehr Militärhilfe für die Ukraine zu leisten. "Der Bundeskanzler hat recht", sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages der Nachrichtenagentur Reuters. "Nur Europa gemeinsam kann der Ukraine wirkungsvoll helfen. Deutschland kann das definitiv nicht bilateral und alleine lösen." Mit Blick auf die von Scholz bislang verweigerte Lieferung eines bestimmten Marschflugkörpers aus Bundeswehrbeständen sagte sie: "Das ändert allerdings nichts daran, dass wir schnellstmöglich die 'Taurus' liefern müssen." Scholz hatte am Montag mit Hinweis auf die geplante Verdopplung der deutschen Militärhilfe 2024 die EU-Partner aufgefordert, ihre Anstrengungen zu verstärken. Ukraine wehrt russische Cyberangriffe auf Zahlungssysteme ab Die Ukraine kämpft einem ukrainischen Politiker zufolge gegen Angriffe auf seine Zahlungssysteme. Das Land wehre sich seit zwei Wochen gegen massive russische Cyberattacken auf staatliche Zahlungsnetzwerke, sagte der Vorsitzende des parlamentarischen Finanzausschusses, Danilo Hetmantsew. Russische Hacker hätten zuletzt versucht, systemrelevante Software für Zahlungen aus der ukrainischen Staatskasse zu zerstören. Die Angriffe seien erfolgreich abgewehrt worden. Für Nutzer aus dem Ausland seien einige geringfügige Zugangsbeschränkungen möglich. Ifo: EU-Exporte nach Russland sinken auf 37 Prozent des Vorkriegsniveaus Die EU-Exporte nach Russland sind seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Frühjahr 2022 laut Ifo-Institut auf 37 Prozent des Vorkriegsniveaus gesunken. "Ein Grund für das immer noch hohe Exportvolumen nach Russland ist, dass insgesamt nur 32 Prozent aller Produkte aus der EU sanktioniert sind", sagte Feodora Teti, stellvertretende Leiterin des Ifo Zentrums für Außenwirtschaft. "Bei Luxusgütern ist beispielsweise der Export von Champagner nach Russland sanktioniert, nicht aber von Prosecco." Hinzu komme, dass viele der sanktionierten EU-Waren indirekt über Drittländer nach Russland geliefert werden könnten, wie Auswertungen der neuen Ifo-Sanktionsdatenbank nahelegen. Ukrainische Luftwaffe: Haben zu wenig Flugabwehrraketen Die Ukraine fehlen nach Angaben der Luftstreitkräfte lenkbare Flugabwehrraketen. Das Land habe einen erheblichen Vorrat dieser Waffengattung während der letzten drei russischen Angriffe verbraucht, sagte Luftwaffensprecher Juri Ihnat im ukrainischen Fernsehen. Scholz ruft EU-Staaten zu stärkerer Unterstützung der Ukraine auf Bundeskanzler Olaf Scholz hat die anderen EU-Staaten dazu aufgerufen, die Ukraine in diesem Jahr stärker zu unterstützen. "Die bisher von der Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten geplanten Waffenlieferungen für die Ukraine sind jedenfalls zu gering", sagte der SPD-Politiker nach einem Treffen mit Luxemburgs Premierminister Luc Frieden in Berlin. "Ich rufe deshalb die Verbündeten in der Europäischen Union auf, ihre Anstrengungen zugunsten der Ukraine ebenfalls zu verstärken." Drei Menschen bei Luftangriff auf russisches Belgorod verletzt Bei ukrainischen Angriffen auf die grenznahe russische Region Belgorod sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau drei Menschen verletzt worden. Die Flugabwehr habe zehn Raketen abgefangen. In mehrstöckigen Wohngebäuden seien Fenster zersplittert, mehrere Fahrzeuge seien beschädigt worden, sagte der örtliche Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow auf Telegram. Ukraine vermutet mehr als 19.500 verschleppte Kinder in Russland Die Ukraine geht von mehr als 19.500 Kindern aus, die im Krieg illegal nach Russland verschleppt worden sind. Das sagte der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak. "Russland hat im Laufe seines Krieges gegen die Ukraine schreckliche Verbrechen begangen, doch die Deportation und gewaltsame Entführung von Kindern, unseren Schutzbedürftigsten, zählt zu den grausamsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit seit dem Zweiten Weltkrieg", sagte Jermak einer Mitteilung zufolge. Die genannte Zahl stützt sich auf UN-Angaben. Selenskyj droht Russland mit Vergeltung Die Ukraine will die jüngsten Angriffe Russlands eigenen Angaben zufolge nicht unbeantwortet lassen. "Der Terrorstaat wird definitiv unsere Antwort spüren", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag in seiner abendlichen Videoansprache. In den Gebieten Charkiw, Saporischschja, Chmelnyzkyj sowie in seiner Heimatregion Krywyj Rih seien insgesamt vier Menschen getötet und 45 weitere verletzt worden. Zudem seien die Verhandlungen mit internationalen Partnern in den kommenden Wochen auf die Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung ausgerichtet, sagte Selenskyj. "Viele Schritte werden unternommen, und ich bin zuversichtlich, dass wir in der Lage sein werden, unseren Staat zu stärken. Unser Luftverteidigungssystem. Unsere Arbeit mit Partnern an Drohnen." Russland hatte die Ukraine gestern zum wiederholten Mal binnen weniger Tage mit Dutzenden Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen bombardiert. Von den insgesamt knapp 60 Geschossen konnten allerdings weniger abgefangen werden als üblich - unter anderem, weil Landesteile bombardiert wurden, die nicht so gut geschützt sind wie die Hauptstadt Kiew. Ukraine: Keine Einberufung für Frauen geplant Ein ukrainischer Gesetzentwurf zur militärischen Mobilisierung sieht nach offiziellen Angaben weder die Einberufung von Frauen noch eine Lotterie vor. "Ich kann definitiv sagen, dass es keine Lotterie für die Einberufung und keine Mobilisierung von Frauen geben wird", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsausschusses des Parlaments, Jehor Tschernew, im staatlichen Rundfunk. "Es wird keine verfassungswidrigen Regelungen geben." Die Reform der Wehrpflicht, die es der Regierung in Kiew erlauben würde, mehr Ukrainer einzuziehen und die Strafen für Verweigerer zu verschärfen, stößt jedoch auf Kritik. 22 Monate nach Kriegsbeginn sinkt die Zahl der Ukrainer, die sich freiwillig zum Kriegsdienst melden. Der Liveblog vom Montag zum Nachlesen Bundeskanzler Scholz ruft die Verbündeten auf, ihre "Anstrengungen zugunsten der Ukraine" zu verstärken. An einer russischen Bahnstrecke im Ural soll es unweit eines Öldepots eine Explosion gegeben haben. Der Liveblog zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-ukraine-dienstag-312.html |
2024-01-09 | NASA verschiebt Mondmission | US-Raumfahrt | Mit der "Artemis"-Mission will die US-Raumfahrtbehörde NASA zurück zum Mond. Ursprünglich sollte das noch in diesem Jahr geschehen - doch der Zeitplan verzögert sich. Eine andere US-Mission war zuvor mit dem Versuch einer Mondlandung gescheitert. | Mit der "Artemis"-Mission will die US-Raumfahrtbehörde NASA zurück zum Mond. Ursprünglich sollte das noch in diesem Jahr geschehen - doch der Zeitplan verzögert sich. Eine andere US-Mission war zuvor mit dem Versuch einer Mondlandung gescheitert. Die US-Raumfahrtbehörde NASA hat die zuvor für November 2024 geplante bemannte Mondumrundung "Artemis II" wegen Problemen mit Rakete und Raumschiff auf September 2025 verschoben. Die geplante bemannte Mondlandung "Artemis III" werde sich entsprechend auf September 2026 verschieben, teilte die NASA bei einer Pressekonferenz mit. "Artemis IV", eine weitere geplante Mondlandung, sei nach wie vor für September 2028 anvisiert. "Wir machen etwas unglaublich Schwieriges", sagte NASA-Chef Bill Nelson. "Und Sicherheit hat für uns höchste Priorität." Deswegen wolle man den Teams mehr Zeit geben, um an den derzeitigen Herausforderungen zu arbeiten. Die US-Astronautin Christina Koch, ihre Kollegen Victor Glover und Reid Wiseman sowie der kanadische Raumfahrer Jeremy Hansen sollten ursprünglich schon im November 2024 mit der "Orion"-Kapsel rund zehn Tage lang um den Mond herumfliegen. Auch Astrobotic hat Probleme Derweil scheiterte der erste Versuch einer US-Mondlandung seit mehr als einem halben Jahrhundert. Wegen eines Treibstofflecks und Problemen mit den Solarzellen sei es nicht mehr möglich, das Landemodul "Peregrine" sanft auf der Mondoberfläche aufsetzen zu lassen, teilte das Unternehmen Astrobotic Technology mit. Wie es zu dem Schaden kam, blieb offen. Astrobotic wolle jetzt versuchen, den Lander so lange wie möglich im All fliegen zu lassen, um Erkenntnisse für einen nächsten Flug zum Mond - in etwa einem Jahr - zu gewinnen. Es sei gelungen, das Raumschiff so zur Sonne auszurichten, dass die Batterie voll aufgeladen sei und über Energie für noch etwa 40 Stunden verfüge. 108 Millionen US-Dollar teurer Versuch Der unbemannte "Peregrine"-Lander hätte am 23. Februar als erste US-Raumfähre seit 50 Jahren auf dem Mond landen sollen. Die Kosten gab das Unternehmen mit 108 Millionen US-Dollar (rund 98,5 Millionen Euro) an. Die USA waren zuletzt 1972 auf dem Mond gelandet. Astrobotic aus Pittsburgh hatte sich zum Ziel gesetzt, als erstes kommerzielles Unternehmen auf dem Mond zu landen. Ein Astrobotic-Konkurrent aus Houston hat sich dasselbe Ziel gesetzt. Er könnte im Februar seine Landefähre als erstes Privatunternehmen auf die Mondoberfläche bringen. Eine Mondlandung ist bisher nur den Raumfahrtorganisationen von vier Ländern gelungen: der Sowjetunion, den USA, China und Indien. | /ausland/amerika/nasa-mondmission-verschiebung-100.html |
2024-01-09 | Wie die SPD die Schuldenbremse reformieren will | Arbeitspapier der Fraktion | Auf dem Parteitag im Dezember hatte die SPD eine Reform der Schuldenbremse beschlossen. Nun versucht sich die Bundestagsfraktion offenbar an der Umsetzung. In einem Papier ist etwa von Krediten mit langer Laufzeit die Rede. Von Moritz Rödle. | Auf dem Parteitag im Dezember hatte die SPD eine Reform der Schuldenbremse beschlossen. Nun versucht sich die Bundestagsfraktion offenbar an der Umsetzung. In einem Papier ist etwa von Krediten mit langer Laufzeit die Rede. Von Moritz Rödle Heute und morgen tagt der geschäftsführende Fraktionsvorstand der SPD in Brüssel. Ab Donnerstag trifft sich die komplette Fraktion zur Klausur in Berlin. Dabei soll unter anderem ein Papier zur Schuldenbremse beschlossen werden, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Die Schuldenbremse sei nicht mehr zeitgemäß: Man wolle neue "Leitplanken" für eine moderne, zukunftsorientierte Haushaltsführung im Grundgesetz verankern, heißt es in dem dreiseitigen Text. Diese "Leitplanken" werden von den Autorinnen und Autoren auch weiter definiert. Heute anfallende Aufgaben dürften weder zulasten künftiger Generationen verschoben, noch zu ihren Lasten finanziert werden. Eine verantwortungsvolle Finanzpolitik trage dafür Sorge, die Übertragung von finanziellen Altlasten zu vermeiden. Finanzierungslast soll verteilt werden Es sei aber klar, dass Investitionen zum Wohle zukünftiger Generationen sehr wohl zu einem "erheblichen Anteil" auch sinnvoll über Kredite finanziert werden könnten. Die Bedienung dieser Kredite erstrecke sich über die von den Investitionen profitierenden Generationen. Die Finanzierungslast liege damit nicht allein auf der heutigen Generation, sondern werde über die Zeit gestreckt und gerecht unter den von den Zukunftsinvestitionen profitierenden Generationen verteilt. Unter "Maßgabe dieser Leitplanken" sollen nun Eckpunkte entwickelt werden. Ziel sei es dabei, eine verantwortliche Haushaltsführung in der Gegenwart mit einer "generationenübergreifenden solidarischen Finanzierung der großen Zukunftsaufgaben zu verbinden". Das sei eine Frage der Gerechtigkeit. Gegen starre Begrenzungen Das Papier sei in einer Linie mit den Beschlüssen der Partei zu betrachten, heißt es aus der Fraktion. Auf dem Parteitag im Dezember 2023 waren die Delegierten weitgehend den Vorschlägen der Parteiführung gefolgt, die Schuldenbremse nicht abzuschaffen, aber zu reformieren. Im Beschluss hieß es damals, man lehne starre Begrenzungen der Kreditaufnahme von Bund und Ländern ab, da diese Investitionen verhinderten und die Handlungsfähigkeit des Staates beeinträchtigten. | /inland/innenpolitik/spd-schuldenbremse-104.html |
2024-01-09 | "Attal kann auch zum rechten Lager sprechen" | Neuer Premier in Frankreich | Ein junger Premierminister soll der angeschlagenen Regierung von Frankreichs Präsident Macron neuen Schwung geben. Der Frankreich-Experte Seidendorf erklärt, welche Probleme Attal erbt - und was er anders machen kann. | Ein junger Premierminister soll der angeschlagenen Regierung von Frankreichs Präsident Macron neuen Schwung geben. Der Frankreich-Experte Seidendorf erklärt, welche Probleme Attal erbt - und was er anders machen kann. tagesschau.de: Elisabeth Borne hat in ihrer Rücktrittserklärung geschrieben, sie müsse zurücktreten. Wie lesen Sie das? War das ein Abgang wider Willen? Stefan Seidendorf: Ich denke, sie wäre gerne noch eine Weile im Amt geblieben. In der französischen Verfassung, die sehr stark durch den Präsidenten dominiert wird, ist der Premierminister stärker abhängig vom Präsidenten als vom Parlament. Er kann sogar ohne Vertrauensabstimmungen im Parlament regieren, solange er das Vertrauen des Präsidenten hat. "Borne ging die Puste aus" tagesschau.de: Das hatte Borne offenbar nicht mehr. Woran ist sie Ihrer Einschätzung nach gescheitert? Seidendorf: Ihre Bilanz kann sich angesichts der Umstände durchaus sehen lassen. Aus der Parlamentswahl 2022 ging keine klare Mehrheit hervor. Die größte Fraktion unterstützt Präsident Macron, aber sie hat keine absolute Mehrheit; zugleich gibt es keine Mehrheit gegen sie. In dieser Situation hat Borne mit wechselnden Mehrheiten immerhin mehr als 40 Gesetzesvorhaben durchgebracht - vor allem die sehr umstrittene Rentenreform und die Reform des Einwanderungsgesetzes. Und trotzdem ging ihr jetzt ein Stück weit die Puste aus. Meistens ist so ein Wechsel des Premierministers während der laufenden Legislatur ein Zeichen, dass der Präsident einen neuen Elan benötigt oder auch einen Sündenbock sucht. Und das ist hier beides ein Stück weit der Fall. Macron war bei der Reform des Einwanderungsgesetzes zum ersten Mal damit konfrontiert, dass seine eigene Fraktion nicht zu 100 Prozent hinter Borne stand, sondern sich darüber zerstritten hat. Wenn man keine absolute Mehrheit hat und dann auch die eigene Fraktion von der Stange geht, ist das fatal. Und das wird ihr wahrscheinlich von Macron zum Vorwurf gemacht. Hier würde ich die Bruchlinie sehen. "Einer der politischen Stars in Frankreich" tagesschau.de: Nun gibt es einen Nachfolger, Gabriel Attal. Wofür steht er? Seidendorf: Attal unterscheidet er sich stark von Borne und auch von deren Vorgänger Jean Castex - beide waren Technokraten, etwas spröde, die dem Präsidenten die ganze Bühne gelassen hatten. Attal ist sehr jung, 34 Jahre, der jüngste Premierminister der Fünften Republik und im Moment einer der politischen Stars in Frankreich. Er hat viel bessere Zustimmungswerte als der Präsident selbst und verkörpert die Ausrichtung von Macrons Partei, dass man weder links noch rechts sein, sondern in der Mitte die Probleme angehen wollte. Er ist sehr erfolgreich darin, sich selbst zu verkaufen, war an mehreren wichtigen Stellen kurz Minister, zuletzt im Bildungsressort, was in Frankreich eine sehr wichtige Position darstellt. Obwohl er dort nur rund fünf Monate war, hat er es geschafft, einen Aufbruch zu verkörpern, der vor allem in seiner Person und seiner Art, Politik zu machen und sich selbst zu verkaufen, begründet lag. "Bekommt der junge Nachfolger das hin?" tagesschau.de: Die Mehrheitsverhältnisse im Parlament ändern sich aber nicht. Wird Attal nicht vor demselben Problem stehen wie Borne? Seidendorf: Ganz sicher, vielleicht sogar noch mehr, weil die verschiedenen Oppositionskräfte Morgenluft wittern werden. Borne war Verwaltungsspezialistin und hat es immer geschafft, dass am Ende die Verfahren und die Mehrheiten gestanden haben, auch wenn es manchmal über Umwege ging, wie zuletzt beim Einwanderungsgesetz. Ich will erst mal sehen, ob der junge Nachfolger das auch hinbekommt. Borne hatte immer angestrebt, mit den gemäßigten Konservativen, mit den Republikanern, eine Zusammenarbeit zu finden. Das ist ja nicht gelungen und ich denke, dass das auch Attal nicht gelingen wird, weil er stärker als Sozialdemokrat markiert ist als sie. Außerdem steht der Europawahlkampf bevor, der in Frankreich stark über nationale Themen laufen wird. "Attal kann auch zum rechten Lage sprechen" tagesschau.de: Haben Borne und Macron im Grunde nicht sogar die konservativen und die rechten Parteien gestärkt? Seidendorf: Beim Migrationsgesetz gab es den Versuch, unter den gemäßigten Rechten eine Zustimmung zu bekommen - die dann aber große Teile des Gesetzes beeinflusst haben. Insofern war die Strategie nicht überzeugend. Das Gesetz wurde verabschiedet um den Preis des Streits im Präsidentenlager, und das wird man so nicht oft wiederholen können. Einige Minister drohten damit, zurückzutreten. Attal hielt sich dabei erstaunlich bedeckt. Er hat in seiner Zeit als Bildungsminister versucht, eine linksrepublikanische Linie zu fahren: Bildung als das zentrale Instrument, das es allen Schichten ermöglichen soll, sich zu emanzipieren, aber verbunden mit einer Botschaft der Autorität - Autorität des Lehrpersonals, Autorität der Republik gegenüber denjenigen, die diese Bildung oder auch die Autorität der Schule infrage stellen. Er hat aber auch versucht, sich auch nach rechts hin abzusichern, indem er unter anderem vorgeschlagen hat, dass Schuluniformen eingeführt werden. Von daher ist er jemand, der auch zu dem rechten Lager sprechen kann. Aber er wird sich nicht mit den Rechtsaußen und Rechtsextremen gemein machen. "Rendezvous mit der Nation" - und dann? tagesschau.de: Haben Sie den Eindruck, dass Macron inzwischen einen Umgang damit gefunden hat, dass er sich im Parlament Mehrheiten suchen und stärker für seine Politik werben muss? Seidendorf: Im Rahmen der französischen Verfassung verfügt ein Präsident über weitreichende Vollmachten. Er kann das Instrument des Artikels 49 III anwenden. Wenn es kein konstruktives Misstrauensvotum gegen die Premierministerin gibt, ist ein Gesetzesvorschlag angenommen, auch ohne eigene Mehrheit. Das hat die nun zurückgetretene Premierministerin sehr häufig benutzt. Damit ist ein Gesetz zwar legal zustande gekommen, aber die Frage nach der Legitimität stellt sich doch. Macron hat sich wenig darum gekümmert, Zustimmung zu seinen Gesetzesvorhaben einzuholen und steckt jetzt in einem Zustimmungstief - das ist ein genaues Abbild der schwierigen Situation im Parlament. Für den Januar hat er einen Neustart angekündigt, ein "Rendezvous mit der Nation". Die Regierungsumbildung ist der erste Schritt dazu. Was danach kommt, weiß man nicht genau. Macron hat in der Vergangenheit verschiedene Versuche mit partizipativen Instrumenten gemacht - Bürgerbeteiligung, Bürgerräten. Ob er in diese Richtung denkt? tagesschau.de: Signale im Sinne von "Wir haben verstanden" hat Macron schon mehrmals ausgesandt. Nimmt man ihm das noch ab? Seidendorf: Die ihn ablehnenden Menschen hat das nicht überzeugt. Vielmehr wird das als PR oder sogar Propaganda abgetan. Man spricht diesen Versuchen die Aufrichtigkeit ab. Dabei waren einige Reformen von ihm von Erfolg gekrönt. Er hat schwierige Gesetzesvorschläge zur Energiewende oder zum Klimawandel über Bürgerräte entwickeln lassen und dann in großen Teilen auch umgesetzt. Aber das ist ihm nicht gedankt worden. "Die Stimmung ist schlecht" tagesschau.de: Macron wollte seine zweite Amtszeit liberaler gestalten. Was ist davon geblieben? Seidendorf: Einerseits hat die Präsidialverfassung in Frankreich stets dafür gesorgt, dass noch jeder Präsident der Versuchung erlegen ist, diese große Machtfülle zu nutzen. Macron regiert mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. Am Anfang hat er das damit begründet, dass der Reformstau so gewaltig sei, dass man durchregieren müsse. Das haben ihm die Leute auch abgenommen und gut gefunden. Jetzt ist die Opposition zwar ohne strukturierte Mehrheit gegen ihn, aber doch sehr lautstark - auf der extremen Linken wie auf der extremen Rechten, und die Stimmung ist schlecht. Da kommt ein Regieren mit den Instrumenten der Präsidialverfassung umso schlechter an. Macron wird vorgeworfen, dass er zunehmend autoritär sei und autoritär regiere. Das Einwanderungsgesetz wäre ein Beispiel dafür. Davon kommt er nicht mehr los. tagesschau.de: Profitiert davon nicht am Ende die extreme Rechte, so dass bei der nächsten Präsidentschaftswahl Marine Le Pen gewinnen könnte? Seidendorf: Präsidentschaftswahlkämpfe sind in Frankreich häufig kurz und heftig. Von daher ist es noch lange nicht ausgemacht, dass tatsächlich Marine Le Pen in den Präsidentenpalast einziehen kann. Im Moment versucht sie einfach, gar nichts zu machen und möglichst nicht unangenehm aufzufallen. Und vieles läuft auf sie hinaus. Aber es gibt im Umfeld von Macron Kandidaten, denen zugetraut wird, eine bürgerlich konservative Mehrheit für sich zu gewinnen und Präsident zu werden. Es kann sein, dass sich die konstruktive Linke, die bereit ist, Regierungsverantwortung zu übernehmen, aufrappelt und einen Neustart sucht. Noch ist alles offen. Das Gespräch führte Eckart Aretz, tagesschau.de | /ausland/europa/frankreich-macron-borne-100.html |
2024-01-09 | Baerbock fordert leichteren Einlass für Hilfen | Besuch am Grenzübergang Rafah | Um den Menschen im Gazastreifen besser helfen zu können, fordert Außenministerin Baerbock eine 24-stündige Öffnung des Grenzübergangs Rafah. Dort warten 3000 mit Hilfsgütern beladene Lkw auf die Einfahrt. | Um den Menschen im Gazastreifen besser helfen zu können, fordert Außenministerin Baerbock eine 24-stündige Öffnung des Grenzübergangs Rafah. Dort warten 3000 mit Hilfsgütern beladene Lkw auf die Einfahrt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat sich nach einem Besuch in Rafah an der ägyptischen Grenze erschüttert über die humanitäre Not der Menschen im Gazastreifen geäußert. "Das Leben in Gaza ist die Hölle", so Baerbock. Sie forderte eine 24-stündige Öffnung des ägyptischen Grenzübergangs Rafah zum Gazastreifen, um den Menschen dort besser helfen zu können. "Dafür werden wir uns mit aller Kraft einsetzen", sagte sie weiter. In dem Grenzgebiet stauten sich 3000 vollgeladene Lkw mit Hilfsgütern, die nicht in den Gazastreifen einfahren könnten, um 1,9 Millionen Menschen ein paar Kilometer weiter im Gazastreifen zu versorgen. Dies könne angesichts der dramatischen Lage der Bevölkerung nicht so weitergehen. Die Lastwagen könnten nicht an diesem Flaschenhals über Tage warten, sagte Baerbock. "Die Krankenhäuser, die es überhaupt noch gibt in Gaza, müssen funktionieren können", ergänzte die Bundesaußenministerin. Die Ärzte in Gaza müssten arbeiten und genug Narkosemittel sowie Medikamente haben, forderte Baerbock. Zugleich müssten jene Palästinenser, die dort nicht behandelt werden könnten, an Orte wie in das ägyptische Krankenhaus in Al-Arisch gebracht werden können. "Das ist für uns alle eine Riesenaufgabe", sagte sie vor einem Besuch des Hospitals. Humanitäre Waffenruhen In Israel müssten ebenfalls weitere Grenzübergänge geöffnet werden, um auch von dort Hilfsgüter in den Gazastreifen transportieren zu können. Israel fordert vor einer Lieferung eine eigene Überprüfung der Güter. Im Anschluss stecken die Lastwagen wegen Auflagen oft tagelang am Grenzübergang fest, wie auch die Vereinten Nationen vor Ort berichten. Es sei zudem zentral, dass es wieder zu humanitären Waffenruhen komme, forderte Baerbock. Hilfsorganisationen brauchten einen besseren Zugang zu dem Küstenstreifen, und die Sicherheit der Mitarbeiter müsse garantiert werden. Zehn Tonnen Hilfsgüter für die Palästinenser Am Flughafen in Al-Arish in der Nähe des Grenzübergangs hatte Baerbock zuvor ein Zehn-Tonnen-Hilfspaket für Palästinenser übergeben. Die Güter werden dem Ägyptischen Roten Halbmond zur Verfügung gestellt. Enthalten sind Isomatten, Decken, Kinderschlafsäcke und Feldbetten für Menschen in Gaza. Seit Beginn des Krieges als Reaktion auf das Hamas-Massaker vom 07. Oktober hat Deutschland seine humanitäre Hilfe für die palästinensischen Gebiete nach Angaben des Auswärtigen Amts auf insgesamt 203 Millionen Euro nahezu verdreifacht. | /ausland/baerbock-gaza-hilfsgueter-100.html |
2024-01-09 | Einknicken, standhalten oder was völlig anderes | Ampel und Forderungen der Bauern | Die Landwirte bleiben beharrlich - die Ampelregierung auch. Viele Stichwörter in der Debatte sind bekannt und es stellt sich die Frage, warum es nicht schon längst Lösungen für alte Probleme in der Agrarpolitik gibt. Von Eva Huber. | Die Landwirte bleiben beharrlich - die Ampelregierung auch. Viele Stichwörter in der Debatte sind bekannt und es stellt sich die Frage, warum es nicht schon längst Lösungen für alte Probleme in der Agrarpolitik gibt. Von Eva Huber Die ganze Woche wollen Bäuerinnen und Bauern auf die Straße gehen. Ihre Wut richtet sich gegen die Kürzung bei Agrarsubventionen, aber nicht nur. Dass die Bundesregierung schon vor dem Beginn der Protestwoche die Pläne teilweise zurückgenommen hat, hat dem Protest nicht den Wind aus den Segeln genommen. Seit Tagen versuchen Ampel-Vertreter dem Eindruck entgegenzuwirken, sie seien eingeknickt. Die Landwirte seien zuvor überproportional belastet worden, das habe man letzte Woche korrigiert, wiederholt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), immer wieder. Dem Kalkül, mit weiteren Protesten würde die Ampel bald noch mehr korrigieren und die Einsparungen komplett zurücknehmen, erteilt die Bundesregierung eine Absage. Wer neue Subventionen wolle, der müsse auf alte verzichten, verteidigt etwa Finanzminister Christian Lindner (FDP) den Kompromiss. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bleibt dabei: "Das ist jetzt unser Vorschlag." Über diesen Vorschlag beraten als Nächstes die Fraktionen im Bundestag. Dort wäre es theoretisch noch möglich, Änderungen einzuarbeiten. Muss der Bundestag es richten? Denn nicht nur von Unionsseite, sondern auch von mehreren Ministerpräsidenten der SPD, wie aus Niedersachen und Mecklenburg-Vorpommern, kommt Druck, nachzubessern. Es wäre eine gesichtswahrende Lösung - nicht die Regierung, sondern das Parlament nimmt die verbliebene Einsparung zurück. Aber die Ampel steht vor einem Dilemma: Kritiker, die ihr chaotisches Arbeiten vorwerfen, würden mehr Zündstoff bekommen. Außerdem dürften die Ampelparteien den Eindruck verhindern wollen, dass der, der am lautesten hupt, gewinnt. Gleichzeitig zeigt sich im Protest, wie groß der Unmut mit der Arbeit der Regierung ist. Andere Berufsgruppen, wie Gastronomen und Handwerker, solidarisieren sich. Den Landwirten geht es um mehr als nur um die Einsparung beim Agrardiesel und der zurückgenommenen Kfz-Steuer. Probleme ohne Verfallsdatum? Aus Sicht der Bauernschaft ist das nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Dann stellt sich - um im Bild der Landwirte zu bleiben - die Frage: Wer hat dieses Fass befüllt? Vor der Ampel stellten 16 Jahre lang CDU und CSU die Bundesagrarminister. Vieles, was die Landwirte gerade anprangern, haben sie auch schon damals kritisiert - kaum Planungssicherheit, wachsende Bürokratie und strengere Auflagen. Einiges davon ist dem Strukturwandel geschuldet, die EU mischt kräftig mit und Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich mehr Umwelt- und Tierschutz. Die letzten großen Bauernproteste entzündeten sich an den strengen Auflagen zum Düngen, um die Nitratbelastung im Grundwasser zu reduzieren. Die damalige schwarz-rote Regierung rief daraufhin die Zukunftskommission Landwirtschaft ins Leben, in der Bauern, Tier- und Umweltschützer und Wissenschaftler gemeinsam Vorschläge erarbeiteten. Ein Schachzug, den die Ampel jetzt schwer wiederholen kann. Eine Komission? Gab es schon Denn diese Kommission war ein Momentum: alle gemeinsam am Tisch, nicht gegeneinander. Bisher aber wurden die Vorschläge von der Politik kaum angegangen, ebenso wenig wie die Ideen für ein Finanzierungskonzept für mehr Tierwohl. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir verweist gern darauf hin, dass die Vorgängerregierung, als die Steuereinnahmen noch sprudelten, die Tierwohlfinanzierung nicht umgesetzt hat. Jetzt sei es viel schwieriger. Doch auch die Ampel kommt seit einem Jahr nicht voran beim Konzept einer Tierwohlabgabe. Tierwohlabgabe versus Fleischpreis Gefragt nach einer Lösung für die Bauernproteste, wirbt Grünen-Politiker Özdemir erneut für eine Tierwohlabgabe, um den Umbau der Tierhaltung zu finanzieren. Doch eine Abgabe auf Fleisch würde dieses teurer machen, davor schrecken manche in der Koalition angesichts stark gestiegener Lebensmittelpreise zurück. | /inland/innenpolitik/proteste-landwirte-100.html |
2024-01-09 | Märkte finden keine gemeinsame Richtung | Anleger halten sich zurück | In den USA warten Anleger gespannt auf die am Donnerstag anstehenden Inflationsdaten. Neue Rezessionsängste nach enttäuschenden Konjunkturdaten haben derweil die deutschen Indizes ins Minus gedrückt. | In den USA warten Anleger gespannt auf die am Donnerstag anstehenden Inflationsdaten. Neue Rezessionsängste nach enttäuschenden Konjunkturdaten haben derweil die deutschen Indizes ins Minus gedrückt. Die US-Börsen haben im heutigen Verlauf einen unterschiedlichen Weg eingeschlagen. Die an der Nasdaq konzentrierten Technologiewerte schafften es moderat ins Plus, während die Standardwerte das bisher durchwachsene Börsenjahr 2024 mit Verlusten fortsetzten. Der Dow Jones beendete den Handel 0,42 Prozent tiefer bei 37.525 Punkten. Der marktbreite S&P 500 verlor 0,15 Prozent auf 4.756 Zähler. Der schwächer gestartete Nasdaq 100 legte hingegen um 0,17 Prozent auf 16.678 Punkte zu. Damit knüpfte der technologielastige Index ein Stück weit an seine schwungvolle Vortagserholung an. Unter den Einzelwerten fiel vor allem Juniper Networks mit einem Kurssprung um mehr als 22 Prozent auf. Diesen gab es nach einem Bericht im "Wall Street Journal", wonach der IT-Konzern Hewlett Packard Enterprise (HPE) an dem Netzwerkausrüster interessiert ist. Die Rede ist von fortgeschrittenen Gesprächen und einer 13 Milliarden US-Dollar schweren Transaktion. Bei HPE waren die Anleger allerdings gar nicht begeistert, wie das Minus von rund acht Prozent bei der Aktie zeigt. Warten auf Inflationsdaten "Die Technologieaktien in den USA haben gestern ihren Ausverkauf der vergangenen Woche vorläufig beendet", sagte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets. Diese Erholung konnten sie weiter fortsetzen. Ob aber weitere Anleger in den Markt einsteigen, hänge auch von den am Donnerstag anstehenden Inflationsdaten aus den USA ab. Sie dürften über den Kurs der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) mitentscheiden. Dennoch halten es Experten wie Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets für möglich, dass auch nach der Veröffentlichung der US-Inflationsdaten am Donnerstag ungewiss bleibt, wann die Fed 2024 zum ersten Mal die Zinsschraube nach unten dreht. In Europa könnte es dagegen schon früher als gedacht zu Zinssenkungen kommen: Portugals Notenbankchef Mario Centeno sagte am Dienstag in einem Interview mit Econostream Media, dass die Europäische Zentralbank mit ihrer Entscheidung über eine Zinssenkung nicht bis Mai warten sollte, da es keine Anzeichen für zusätzlichen Inflationsdruck gebe. DAX schwächelt nach Industriedaten Anleger in Europa konnte das aber nicht mehr beruhigen: Schwache Industriedaten aus Deutschland haben sie wieder etwas vorsichtiger gestimmt. Der DAX ging am Dienstag mit 16.688 Punkten 0,2 Prozent tiefer aus dem Handel. Der EuroStoxx50 verlor 0,4 Prozent auf 4.468 Zähler. Marktexperte Andreas Lipkow verwies vor allem auf die schwachen Daten zur Industrieproduktion in Deutschland, die bei den Investoren nicht gut ankämen. Deutsche Produktion rückläufig Deutsche Unternehmen haben im November überraschend den sechsten Monat in Folge 0,7 Prozent weniger hergestellt als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. "Der Tiefpunkt bei der Produktion kommt wohl erst noch. Bei der Regierung müssten die Alarmglocken lauter schrillen denn je", sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Insbesondere die zyklischen Chemie-Aktien wurden haben nach dieser Nachricht mit Verlusten zu kämpfen. Wacker Chemie, im MDAX gelistet, verloren rund vier Prozent. Auch der im DAX gelistete Ludwigshafener Konzern BASF, der - auch belastet von einer Abstufung durch Bernstein Research - heute mehr als drei Prozent verlor, gehörte zu den DAX-Verlierern. Weltbank erwartet weniger Wachstum Das Wachstum der globalen Wirtschaft wird sich nach Ansicht der Weltbank 2024 das dritte Jahr in Folge verlangsamen. Das weltweite Bruttoinlandsprodukt werde voraussichtlich nur um 2,4 Prozent zulegen, heißt es in der heute veröffentlichten Prognose. Damit dürfte das Wachstum schwächer ausfallen als in den Jahren um die weltweite Finanzkrise 2008/09 oder nach der geplatzten Internetblase Anfang der 2000er Jahre, sagte der stellvertretende Weltbank-Chefvolkswirt Ayhan Kose. Eurokurs sinkt zum US-Dollar Zunächst stabil, im Tagesverlauf aber schwächer gegenüber dem Dollar bewegt sich der Euro am Devisenmarkt. Am Nachmittag kostete die Gemeinschaftswährung 1,0942 US-Dollar und damit etwas weniger als am Morgen. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0940 (Montag: 1,0946) Dollar fest. Überraschend schwache Konjunkturdaten aus Deutschland bremsten den Euro. Zusammen mit den fallenden Einzelhandelsumsätzen deute laut Ökonomen immer mehr auf ein erneutes Schrumpfen der größten Volkswirtschaft der Eurozone im vierten Quartal hin. Ölpreise erholen sich langsam Nach den deutlichen Verlusten an den vergangenen Handelstagen legt der Ölpreis inzwischen wieder zu. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostet am Abend mit 77,93 Dollar rund zwei Prozent mehr als gestern. Zuletzt hatte die Ankündigung Saudi-Arabiens, den Verkaufspreis für wichtige Handelspartner in Asien zu reduzieren, die Preise belastet. Dies unterstreiche die sich verschlechternden globalen Aussichten für die Ölnachfrage, hieß es von Marktbeobachtern. SEC macht Weg frei für Bitcoin-ETF Kurz nach Börsenschluss in New York am Dienstagabend meldeten Nachrichtenagenturen, die US-Börsenaufsicht SEC mache den Weg frei für einen neuen Bitcoin-Fonds des US-Vermögensverwalters Blackrock, mit dem Anleger direkt in den Bitcoin investieren können. Eine endgültige Genehmigung sei das aber nicht. Kurz nach Ankündigung verlor der Bitcoin deutlich an Wert, stabilisierte sich dann aber wieder. Spekulationen um eine mögliche Zulassung eines Bitcoin-Fonds in den USA hatten den Kurs der Digitalwährung in den vergangenen beiden Tagen deutlich schwanken lassen. Zuletzt pendelte er sich bei rund 46.800 Dollar ein und lag damit nur knapp unter dem Wert von Montagabend. Nasa verschiebt Mondlandung Die US-Raumfahrtbehörde Nasa hat die geplante Rückkehr von Astronauten zum Mond um fast ein Jahr auf September 2026 verschoben. Betroffen sei auch ein Vorbereitungsflug, bei der eine bemannte Umrundung des Trabanten geplant sei, sagte Nasa-Chef Bill Nelson am Dienstag. Dieser Einsatz soll nun im September 2025 stattfinden. Damit solle den Entwicklern der Artemis-Missionen mehr Zeit eingeräumt werden. Die Missionen Artemis 2 und 3 basieren auf Kapseln und Raumschiffen von Lockheed Martin und SpaceX des Tesla-Chefs Elon Musk. Boeing liefert 2023 mehr Jets aus Der US-Flugzeughersteller Boeing hat trotz anhaltender Probleme mit seinen Mittelstreckenjets im vergangenen Jahr mehr Flugzeuge ausgeliefert als 2022. Insgesamt fanden 528 Passagier- und Frachtjets den Weg zu ihren Käufern und damit zehn Prozent mehr als im Vorjahr, wie Boeing mitteilte. Von den Mittelstreckenjets der 737-Reihe lieferte Boeing 396 Exemplare aus. Damit erreichte der Konzern fast das obere Ende seiner im Oktober auf 375 bis 400 Maschinen gesenkten Zielspanne. Tesla senkt Schätzungen für Fahrzeug-Reichweite Tesla hat die Schätzungen für die Reichweite seiner Fahrzeuge gesenkt. Hintergrund ist das Inkrafttreten einer neuen Verordnung der US-Regierung über Fahrzeugtests. Diese soll sicherstellen, dass Autobauer Angaben zur Leistung ihrer Produkte bei normaler Nutzung und nicht nur unter Laborbedingungen bekanntgeben. Neue Regelung in den USA drückt Uber & Co Eine neue Regelung in den USA drückt die Aktien von Lyft und Uber, sie verlieren bis zu 2,5 und knapp ein Prozent. Das US-Arbeitsministerium hat eine endgültige Regelung erlassen, die Unternehmen dazu zwingt, einige Arbeitnehmer als Angestellte und nicht als unabhängige Auftragnehmer zu behandeln. Die Regelung könnte die Arbeitskosten in der Branche in die Höhe treiben. Commerzbank kauft ab Mittwoch eigene Aktien zurück Die Commerzbank startet am Mittwoch mit ihrem angekündigten Aktienrückkauf im Umfang von bis zu 600 Millionen Euro. Der Rückkauf laufe bis spätestens zum 4. April. Die so erworbenen Aktien sollen eingezogen werden. Das Frankfurter Geldhaus will mit dem Schritt sein Grundkapital verringern. EU prüft Partnerschaft von Microsoft und OpenAI Die Beteiligung des US-Softwarekonzerns Microsoft an OpenAI von über zehn Milliarden Dollar, die im vergangenen Jahr beschlossen worden war, hat die EU-Wettbewerbshüter auf den Plan gerufen. Die Europäische Union wolle prüfen, ob die Investition von Microsoft in den Entwickler der Chatbot-Software ChatGPT möglicherweise der EU-Fusionsverordnung unterliege, teilte die EU-Kommission heute mit. BioNTech erwartet 2024 deutlich weniger Umsatz Der Mainzer Impfstoffhersteller BioNTech erwartet angesichts eines schrumpfenden Absatzes des Covid-19-Impfstoffs im Geschäftsjahr 2024 einen deutlich sinkenden Umsatz. Es werde mit Erlösen von insgesamt rund drei Milliarden Euro gerechnet, teilte das Unternehmen heute mit. Die Zahlen für 2023 will BioNTech am 20. März vorlegen, zuletzt wurde ein Umsatz von rund vier Milliarden Euro erwartet. BMW mit Rekordabsatz BMW hat für 2023 einen neuen Absatzrekord gemeldet. Der Konzern habe mehr als 2,5 Millionen Fahrzeuge der Marken BMW, Mini und Rolls-Royce ausgeliefert und damit 6,5 Prozent mehr als im vorherigen Jahr, so das Unternehmen. Besonders stark legten demnach die Verkäufe von elektrischen Modellen zu, deren Anteil auf 15 Prozent stieg. Hohe Nachfrage bei VW Volkswagen hat 2023 mehr Autos seiner Kernmarke VW verkauft. Der Absatz legte um 6,7 Prozent auf rund 4,87 Millionen Autos zu. In allen Regionen hätten die Auslieferungszahlen das Vorjahresniveau übertroffen. Volkswagen hatte zudem gemeldet, dass das Unternehmen den populären Chatbot ChatGPT in seine Fahrzeuge integrieren will. Airbus erhält Großauftrag aus Taiwan Airbus hat einen Großauftrag aus Taiwan erhalten. EVA Air habe 18 Langstreckenflieger des Typs A350-1000 sowie 15 Maschinen des Mittelstreckenjets A321neo bestellt, hieß es vom Unternehmen. Neuer Auftrag für Nordex Der Windenergie-Spezialist Nordex hat einen Auftrag über insgesamt 16 Windturbinen für drei Windparks in Schottland erhalten. Die Turbinen mit einer Nabenhöhe zwischen 83 und 125 Metern sollen laut Nordex ab 2026 im Norden des Landes errichtet werden. Ergebnisrückgang bei Samsung Der Elektronik-Riese Samsung hat das sechste Quartal in Folge einen Rückgang des operativen Ergebnisses verzeichnet. Das Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit fiel im vierten Quartal 2023 im Jahresvergleich um 35 Prozent auf 2,8 Billionen Won (etwa 1,95 Milliarden Euro), hieß es auf Basis vorläufiger Zahlen. | /wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-dow-jones-372.html |
2024-01-09 | Gericht entscheidet erneut gegen Virologen Kekulé | Dienstenthebungsverfahren | Weil er seine Pflichten vernachlässigt haben soll, darf Virologe Kekulé nicht mehr an seiner Uni forschen und lehren. Dagegen ging er vor. Doch auch das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt bestätigte die vorläufige Dienstenthebung. | Weil er seine Pflichten vernachlässigt haben soll, darf Virologe Kekulé nicht mehr an seiner Uni forschen und lehren. Dagegen ging er vor. Doch auch das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt bestätigte die vorläufige Dienstenthebung. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat die vorläufige Dienstenthebung des Virologen Alexander Kekulé an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) bestätigt. Laut Gericht ist der Schritt auch deshalb gerechtfertigt, weil durch einen Verbleib der Dienstbetrieb ernsthaft beeinträchtigt würde. Die MLU wirft dem in der Corona-Pandemie bundesweit bekannt gewordenen Wissenschaftler unter anderem vor, über drei Semester seine Lehrverpflichtungen nicht erfüllt zu haben. Laut Pressemitteilung erhebt die MLU zudem den Vorwurf, Kekulé habe ihm obliegende Aufgaben in der Krankenversorgung nicht wahrgenommen. Bekanntheit erlangte Kekulé während der Pandemie auch mit dem MDR-Podcast "Kekulés Corona-Kompass". Dieser lief bis Ende 2023. 20 Prozent der Bezüge einbehalten Die Universität hatte bereits im Dezember 2021 eine vorläufige Dienstenthebung erlassen. Seitdem darf Kekulé an der Hochschule nicht mehr forschen und lehren. Im April 2022 entschied die MLU zudem, 20 Prozent seiner Dienstbezüge einzubehalten. Die hiergegen gerichteten Anträge des Hochschullehrers wies das Verwaltungsgericht Ende August vergangenen Jahres zurück. Die Beschwerde dagegen blieb beim OVG nun ohne Erfolg. Der Disziplinarsenat teilte die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass bereits die schwerwiegende Verletzung der Lehrverpflichtung über einen Zeitraum von drei Semestern die Prognose der Entfernung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis wahrscheinlich mache und damit die vorläufige Dienstenthebung rechtfertige. Auch die teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge bestätigte das OVG. Der Beschluss ist nach dessen Angaben rechtskräftig. Das Disziplinarverfahren gegen Kekulé ist noch nicht abgeschlossen. Kekulé könne Vorwürfe nicht nachvollziehen Kekulé bedauerte die Entscheidung des Gerichts. "Im September gehe ich in den Ruhestand. Ich befürchte deshalb nach diesem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, dass ich an der Universität Halle keine Vorlesungen mehr halten werde", sagte der 65-Jährige der Nachrichtenagentur dpa. Sachlich könne er die Vorwürfe nicht nachvollziehen. Dies werde er im Disziplinarverfahren auch darlegen. | /inland/gesellschaft/vorlaeufige-dienstenthebung-virologe-kekule-100.html |
2024-01-09 | Sinead O'Connor starb eines natürlichen Todes | Befund des Gerichtsmediziners | Im vergangenen Sommer war die irische Sängerin Sinead O'Connor leblos in einer Londoner Wohnung gefunden worden. Ein Gerichtsmediziner ist nun zu dem Schluss gekommen, dass die Musikerin eines natürlichen Todes gestorben ist. | Im vergangenen Sommer war die irische Sängerin Sinead O'Connor leblos in einer Londoner Wohnung gefunden worden. Ein Gerichtsmediziner ist nun zu dem Schluss gekommen, dass die Musikerin eines natürlichen Todes gestorben ist. Die Musikerin Sinead O'Connor ist nach Einschätzung eines Gerichtsmediziners eines natürlichen Todes gestorben. Das meldete die britische Nachrichtenagentur PA unter Berufung auf den Southwark Coroner's Court. Weitere Details wurden nicht bekannt gegeben. Die Mitteilung bedeutet, dass es bei dem Todesfall keine Einwirkungen von außen gab. Die irische Musikerin war Ende Juli 2023 überraschend im Alter von 56 Jahren gestorben. Die Polizei erklärte damals, der Todesfall werde nicht als verdächtig behandelt. O'Connor war für kontroverse Auftritte bekannt O'Connor war eine der bekanntesten Musikerinnen Irlands. Den internationalen Durchbruch hatte sie 1990 mit dem von Prince geschriebenen Song "Nothing Compares 2 You". Insgesamt veröffentlichte sie zehn Studioalben unterschiedlicher Musikrichtungen von traditioneller irischer Musik über Blues bis hin zu Reggae. Sie war auch für kontroverse Auftritte bekannt und zerriss zum Beispiel 1992 vor laufender Kamera ein Bild von Papst Johannes Paul II. Die Sängerin sprach zu Lebzeiten offen über psychische Probleme. Sie gestand ein, dass bei ihr eine bipolare Störung diagnostiziert worden sei. "Psychische Krankheiten sind ein bisschen wie Drogen - sie kümmern sich nicht darum, wer du bist", sagte sie in einem Video, das im Jahr 2017 Sorgen um die Sängerin ausgelöst hatte. 2022 verlor sie ihren damals erst 17-jährigen Sohn. Sie hinterließ drei weitere Kinder. Tausende nahmen Abschied Bei ihrer Beisetzung Anfang August säumten Tausende den Weg des Trauerzugs in Bray, einem Badeort bei Dublin, in dem O'Connor 15 Jahre lang gewohnt hatte. An einer privaten Trauerzeremonie nahmen die irischen Popstars Bono, Frontman der Band U2, und Bob Geldof teil. Auch Irlands Premierminister Leo Varadkar nahm dort Abschied von der Sängerin. | /ausland/europa/sinead-o-connor-tod-ursache-100.html |
2024-01-09 | Metallgitter und Stacheldraht - kilometerweit | Lettische Grenze zu Belarus | Von Belarus aus versuchten jahrelang Zehntausende Migranten, in die EU zu gelangen. Minsk konnte so Druck auf die EU ausüben. Lettland reagierte mit dem Bau eines Grenzzauns. Der ist nun fast fertig - und hat schon Lücken. Von Ann-Britt Bakkenbüll. | Von Belarus aus versuchten jahrelang Zehntausende Migranten, in die EU zu gelangen. Minsk konnte so Druck auf die EU ausüben. Lettland reagierte mit dem Bau eines Grenzzauns. Der ist nun fast fertig - und hat schon Lücken. Von Ann-Brit Bakkenbüll, ARD Stockholm Der Winter hat Lettland fest im Griff. Für Grenzschutzoffizier Vladimirs Šersts und seinen Kollegen geht es - umgeben von nichts als Nadelbäumen - im Auto durch den Schnee. Ihr Ziel hier draußen mitten Wald: eines der letzten Löcher im Grenzzaun zum Nachbarn Belarus. "Wir schauen hier längs der Grenze, ob wir Spuren von illegalen Grenzgängern finden. Fußspuren oder ähnliches, die uns auf illegale Übertrittversuche hinweisen", erklärt Šersts. Mehrere Lagen Stacheldraht, vergleichsweise einfach zu überwinden, stopfen die etwa 70 Meter lange Lücke provisorisch. Fußspuren im Schnee finden die Beamten dort heute nicht. Šersts ist zufrieden. Schleuserei-Vorwürfe an Minsk Bis kurz vor Weihnachten waren bereits 110 Kilometer des Zauns fertig gebaut. 172 Kilometer ist die Grenze lang, die sich Lettland mit dem autoritär regierten Nachbarn Belarus teilt. Anders als in Polen oder Litauen existierte in dem baltischen EU-Staat jedoch bislang keine durchgängige physische Barriere an der Grenze. Doch die Lage ist seit langer Zeit angespannt, wie Šersts erläutert: "Illegale Versuche, die Grenze von Belarus aus zu überschreiten, sind hier aktuell unsere größte Herausforderung. Das begann 2021 im August und setzt sich bis heute fort." Immer wieder versuchen Migranten aus Krisengebieten über Belarus in das Land zu gelangen. Minsk wird in diesem Zusammenhang vorgeworfen, die illegale Grenzübertritte nicht nur zu dulden, sondern die Schutzsuchenden gezielt an die Grenze zu schleusen. Ein politisches Instrument, um auf die EU Druck auszuüben. So gab Lettland zuletzt an, im vorletzten Jahr mehr als 13.000 Migranten daran gehindert haben, aus Belarus kommend die EU-Grenze zu überqueren - fast eine Verdreifachung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. "Er gibt uns Zeit zu reagieren" Der neue Zaun zum baltischen NATO-Land soll die illegale Migration nun eindämmen. Der Zaun werde nicht alle Grenzübertritte Richtung Lettland verhindern können, da macht Šersts sich keine Illusionen - "aber er gibt uns Zeit zu reagieren", sagt er. "Wie man sieht, bauen wir eine komplett neue Infrastruktur längs der Grenze mit Sensoren und Kamerasystemen. Alles zusammen wird uns helfen, unsere Grenze zu schützen." Entlang der Gewässer soll der Bau des Zauns bis Juli abgeschlossen sein. So laufen am Fluss Daugava momentan die Planungsarbeiten für den Bau von sechs Kommunikationstürmen, Zufahrtsstraßen sowie einen fast 17 Kilometer langen Patrouillenweg. Um mehr Kapazitäten und Personal zur Überwachung der Grenze zu schaffen, hatte die Regierung in Riga bereits im vergangenen September einen der beiden Kontrollpunkte am Grenzübergang zu Belarus geschlossen. Auch Militär und Polizei unterstützen derzeit bei den Kontrollen. Grenzschützer interpretieren Fußspuren im Schnee Guntis Pujāts ist Chef des staatlichen Grenzschutzes. Er berichtet, dass in den vergangenen Wochen zwar weniger Migranten versucht hätten, den Zaun zu überqueren. Fußspuren im Schnee belegten jedoch, dass es noch immer versucht werde: "Wir haben wiederholt beobachtet, dass große Gruppen illegaler Migranten, Dutzende Menschen, am Zaun entlanggehen und nach einer Stelle suchen, an der der Zaun an einem Flussufer endet." Solche Gruppen rechtzeitig aufzuspüren gehört auch zum Job von Vladimirs Šersts. Er geht davon aus, dass weiterhin Menschen versuchen werden, die Grenze zu überqueren: Schon jetzt seien fertige Abschnitte des neuen Zauns beschädigt oder aufgeschnitten. | /ausland/europa/lettland-grenzzaun-100.html |
2024-01-09 | Bisheriger Bildungminister wird Regierungschef | Frankreich | In Frankreich ist der 34-jährige Gabriel Attal zum neuen Regierungschef ernannt worden. Er war bislang Bildungsminister. Präsident Macron vollführt damit so etwas wie eine Flucht nach vorne. | In Frankreich ist der 34-jährige Gabriel Attal zum neuen Regierungschef ernannt worden. Er war bislang Bildungsminister. Präsident Macron vollführt damit so etwas wie eine Flucht nach vorne. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat den bisherigen Bildungsminister Gabriel Attal zum neuen Ministerpräsidenten ernannt. Das teilte der Élyséepalast offiziell mit. Macron beauftragte ihn zugleich mit der Bildung einer neuen Regierung. Der 34-Jährige ist damit der jüngste Premierminister in der Geschichte Frankreichs. Attal folgt auf Elisabeth Borne, die gestern ihren Rücktritt bekannt gegeben hatte. Neustart für französische Regierung In französischen Medien hatte es bereits seit Tagen Spekulationen über eine Regierungsumbildung gegeben. Bornes Amtszeit war von der ungeliebten Rentenreform und dem heftig umstrittenen Einwanderungsgesetzes geprägt gewesen. Die Opposition warf ihr den häufigen Einsatz eines Verfassungsartikels vor, um ungeliebte Reformen durchzudrücken. Selbst Bornes Rücktritt weckte in der Opposition aber keine Hoffnung auf einen Neustart. Egal, wer jetzt komme, sie erwarte keine großen Veränderungen, sagte die Fraktionschefin der oppositionellen Europe Écologie Les Verts, Cyrielle Chatelain, im Radiosender France Info: "Je nachdem, was ich höre, wird der Präsident sich auf seine engsten Vertrauten stützen." Frankreich werde die gleiche Politik haben, und das noch über Monate. Nach dem Abschied von der diskreten, aber effizienten Regierungschefin holt Macron sich nun einen aufstrebenden und beliebten jungen Politiker an seine Seite. Als Bildungsminister hatte Attal sich unter anderem für ein Verbot langer, bei manchen muslimischen Mädchen beliebter Gewänder und für das Testen von Schuluniformen eingesetzt. Attal hat die besten Umfragewerte und den Ruf, auch mit Vertretern anderer politischer Lager in der Sache diskutieren zu können. Macron ringt um Stabilität Der Premierminister hat in Frankreich eine dem Präsidenten untergeordnete Rolle. Frankreichs Staatschef hat ähnlich wie der US-Präsident wichtige Befugnisse. Mit Blick auf Frankreich wird deshalb auch von einer "Präsidenten-Monarchie" gesprochen. Der Präsident gibt die großen Linien in der Innen- und Außenpolitik vor, nach denen sich der Premier und die Regierung in aller Regel richten. Für Macron geht es mit der Ernennung Attals und der damit verbundenen Umbildung des Kabinetts um eine Flucht nach vorne. Seit den Parlamentswahlen 2022 hat Macrons Lager in der Nationalversammlung keine absolute Mehrheit mehr und ist auf Stimmen der Opposition angewiesen. Schon die heftig umstrittene Rentenreform im vergangenen Jahr setzte Macron letztlich ohne Endabstimmung in der Kammer durch. Mit Informationen von Carolin Dylla, ARD Paris | /ausland/europa/frankreich-regierung-attal-100.html |
2024-01-09 | Zwischen Zukunftsangst und Instrumentalisierung | Bauernprotest | Für viele Landwirte geht es um ihre Existenz und Arbeitsweise. Für andere sind die Proteste Gelegenheit, ihre rechtsextreme Agenda auf die Straße zu bringen. Wie man mit diesem Interessenskonflikt umgehen kann, erklärt Protestforscher Saldivia Gonzatti. | Für viele Landwirte geht es um ihre Existenz und Arbeitsweise. Für andere sind die Proteste Gelegenheit, ihre rechtsextreme Agenda auf die Straße zu bringen. Wie man mit diesem Interessenskonflikt umgehen kann, erklärt Protestforscher Saldivia Gonzatti. tagesschau.de: Warum eskalieren die Bauernproteste gerade so? Was hat die Politik da losgetreten? Daniel Saldivia Gonzatti: Man muss erst einmal feststellen, dass es eine plötzliche Sparmaßnahme gab. Also die Subventionen wurden erst gestrichen, das wird später zurückgenommen. Aber diese Sparmaßnahme hat dazu geführt, dass viele Bauern und Bäuerinnen sich finanziell marginalisiert gesehen haben, und um ihre finanzielle Existenz und Zukunft fürchten. Das hat sie zum Protest mobilisiert. Hinzu kommt, dass im Zuge dieser Mobilisierung gewisse Akteure, vor allem aus dem rechtsradikalen und sogar rechtsextremen Spektrum, versuchen mitzumischen. Diese versuchen teilweise, die Proteste zu instrumentalisieren, teilweise rufen sie zu parallelen Protesten auf. Es gibt zurzeit nicht nur Bauernproteste. Wir haben gestern in Dresden gesehen, dass es parallel dazu auch reine rechtsradikale Proteste gibt. Allgemein wird versucht, aus einem landwirtschaftlichen Thema, bei dem es eigentlich um Subventionen und um die Existenzängste der Landwirtschaft geht, ein großes Thema zu machen. Mit dem Ziel Systemkritik zu äußern, um rechtsradikales Gedankengut auch auf den Straßen zu platzieren. tagesschau.de: Wer mischt sich denn da jetzt alles unter die Landwirte? Es sind ja nicht nur Landwirte, die jetzt protestieren, zum Beispiel auch Logistikunternehmen oder Handwerker. Aber wer sind die Extremisten? Wo kommen die her? Saldivia Gonzatti: Es gibt eine starke Mobilisierung. Zu dieser Aktionswoche hat der Deutschen Bauernverband aufgerufen. Er hat sich von Radikalen und Rechtsextremisten klar distanziert. Aber gleichzeitig finden wir, zum Beispiel in Dresden, Bewegungen wie "Freie Sachsen", teilweise auch Gruppen aus der "Identitären Bewegung" in anderen Teilen von Deutschland Ortsvereine der NPD. Also man sieht, dass sie versuchen mitzumischen. Und gleichzeitig sehen wir auch, dass "Querdenker" versuchen bei den Bauernprotesten zu mobilisieren, aber auch in parallelen Demonstrationszügen. Am Sonntag gab es in Dortmund einen Korso durch die Innenstadt. Das heißt, alles findet irgendwie parallel statt. Die Lage ist gemischt, sodass es nicht genau klar ist, wie sich die Bauernproteste weiterentwickeln. Man muss deutlich sagen, es gibt einen klar demokratischen Teil. Es gibt auch andere, linke Bewegungen, aus dem Bauernspektrum, die versuchen, Ende des Monats in Berlin zu mobilisieren. Dass gewisse rechte, rechtsradikale Gruppen versuchen, die Proteste zu unterwandern, war vor allem gestern sehr prägnant und das haben wir auch letzte Woche gegenüber Wirtschaftsminister Habeck gesehen. tagesschau: Wie verhält man sich denn da als Protestierender, wenn man so etwas nicht mittragen will? Saldivia Gonzatti: Da ist das große Dilemma für die Bauernproteste zurzeit. Also klar ist es ein legitimes Anliegen, gegen gewisse Sparmaßnahmen zu demonstrieren. Und in einer Demokratie ist Protest eine gesunde Sache und auch wünschenswert. Es ist auch wichtig, dass Konflikte auf der Straße ausgetragen werden. Zeitgleich sehen wir diese Mobilisierung von rechts. Zwei Sachen sollte man da machen. Das erste ist schon geschehen: Der Deutsche Bauernverband hat sich klar distanziert von diesen rechtsradikalen Akteuren, die versuchen, gewisse Symboliken, auch diese Galgen-Symboliken, bei Protesten dabei zu haben. Das ist ein erster guter Schritt. Zweitens muss man tatsächlich vor Ort dafür plädieren, dass demokratische, wahre Protestler eine klare Grenze ziehen und sagen: Es gibt einen Platzverweis vom Organisator, es gibt eine klare Grenze und es wird gesagt, solche Symbole oder teilweise auch Umsturzfantasien gegenüber der Regierung sind nicht willkommen. Das sind zwei verschiedene Schritte. Den institutionellen haben wir großenteils schon gesehen. Der zweite Schritt, vor Ort, ist kompliziert. Das heißt, Protestierende müssten ihren demokratischen Geist auch zeigen und auch sagen: Das ist bei uns hier nicht zu machen. tagesschau.de: Das heißt also, wenn ich sehe, mein Demo-Nachbar hat einen Galgen mit einer Ampel dranhängen oder ein persönlich diffamierendes Plakat gegen einen Minister, eine Ministerin, dann müsste ich ihm sagen, nimm das mal weg oder fahre nach Hause? Saldivia Gonzatti: Das ist eine Möglichkeit. Aber man kann auch direkt zu einem Organisator oder einer Organisatorin gehen. Die können direkt mit der Polizei sprechen, wenn sich jemand nicht wünschenswert verhält, und dann gemeinsam gucken, inwiefern diese Person von der Demonstration entfernt werden sollte oder nicht. Das Interview führte André Schünke für tagesschau24. Für die schriftliche Version wurde es redigiert und gekürzt. | /inland/innenpolitik/bauernproteste-interview-gonzatti-100.html |
2024-01-09 | Wie es nach der Galeria-Pleite weitergeht | Drittes Insolvenzverfahren | Mit der dritten Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof seit 2020 müssen Tausende Beschäftige abermals bangen. Wie stehen die Chancen, dass etwas von dem Traditionsunternehmen bleibt? Von Detlev Landmesser. | Mit der dritten Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof seit 2020 geht das Bangen der Mitarbeiter weiter. Wie stehen die Chancen, dass etwas von dem Traditionsunternehmen bleibt? Von Detlev Landmesser Zum dritten Mal in weniger als vier Jahren geht Galeria Karstadt Kaufhof in die Insolvenz. Was bedeutet das für die Zukunft des Unternehmens und seiner mehr als 15.000 Beschäftigen? Erklärtes Ziel des Managements um Galeria-Chef Olivier van den Bossche und des vorläufigen Insolvenzverwalters Stefan Denkhaus ist ein Eigentümerwechsel, um sich aus der "Umklammerung" des bisherigen Eigentümers Signa zu befreien. Problematisch seien hier vor allem "hohe Mieten und teure Dienstleistungen". Diese schränkten die künftigen Entwicklungsmöglichkeiten stark ein. Die zahlreichen Insolvenzen der Signa-Gruppe schädigten Galeria "massiv" und behinderten das laufende Geschäft. Das erneute Insolvenzverfahren sei insofern ein "Befreiungsschlag". Stabilisierung des Geschäfts im Vordergrund Zunächst werden Denkhaus und das Management aber alles daran setzen müssen, das laufende Geschäft der Kaufhauskette zu sichern, was insbesondere bei einem Handelsunternehmen mit drohenden Liquiditätsschwierigkeiten eine besondere Herausforderung darstellt. "Die ersten Tage einer Insolvenz gehen recht turbulent zu", erläutert Georg Stemshorn, Insolvenzverwalter bei der PLUTA Rechtsanwalts GmbH in Augsburg. "Oberste Priorität hat dabei die Bezahlung der Mitarbeiter." Grundsätzlich kann ein Insolvenzverwalter jedes Vertragsverhältnis des Unternehmens beenden, mit Ausnahme der Miet- und Beschäftigungsverhältnisse, für die eine Kündigungsfrist von drei Monaten gilt. Beschäftigte erhalten Insolvenzgeld Eine wichtige Hürde ist dabei schon genommen. Die Bundesanstalt für Arbeit teilte bereits unmittelbar nach dem Insolvenzantrag mit, dass die Beschäftigten Insolvenzgeld in Höhe ihres Nettoeinkommens für bis zu drei Monate nach Eröffnung des Verfahrens erhalten sollen. In einem Wiederholungsfall wie diesem war eine solche Zusage, der "intensive Beratungen mit dem Unternehmen und eine detaillierte Prüfung der Voraussetzungen" vorausgegangen seien, nicht selbstverständlich. Galeria-Chef van den Bossche erklärte unterdessen gegenüber dem "Handelsblatt", sein Unternehmen sei "zahlungsfähig". Allerdings bestehe für das Unternehmen angesichts der ausbleibenden Zahlungen von Signa "keine positive Fortführungsprognose". Das deutet auf den Insolvenzgrund einer "drohenden Zahlungsunfähigkeit" hin. Verrechnung der Mieten mit Forderung an Signa? Was die Mieten angeht, wird das Unternehmen versuchen, die Verträge neu zu verhandeln. Gerade die Mieten für die 18 Standorte, die verschiedenen Signa-Gesellschaften gehören, gelten als ungewöhnlich hoch. Dabei wird bereits geprüft, ob Galeria seine Mietschulden gegenüber den Signa-Gesellschaften mit den aus dem zweiten Insolvenzverfahren zugesagten 200 Millionen Euro verrechnen kann, die voraussichtlich niemals fließen werden. Damit betritt das Unternehmen aber schwieriges juristisches Terrain. Besonders dringend für das Handelsunternehmen sind natürlich auch die Verhandlungen mit den Lieferanten, um an neue Ware zu kommen. Diese sind in der Regel zu Einkaufsgemeinschaften zusammengeschlossen, was die Verhandlungen erleichtert, erklärt Sanierungsexperte Stemshorn. In der Regel wird hier mit Eigentumsvorbehalten für die nicht verkaufte Ware und Kreditausfallversicherungen gearbeitet. "Zerschlagung ist nicht Ziel" Denkhaus erklärte, "mit aller Kraft" daran zu arbeiten, Galeria zu erhalten. "Eine Zerschlagung ist ausdrücklich nicht Ziel des Verfahrens", betonte der Insolvenzverwalter. Gespräche mit möglichen Investoren seien bereits angelaufen, erklärte das Unternehmen. Diese hätten "gezeigt, dass das Warenhausgeschäft von Galeria in deutschen Innenstädten und Einkaufsmetropolen nach einem solchen Befreiungsschlag hoch attraktiv ist". Auch der Insolvenzexperte Manfred Hunkemöller zeigte sich zuversichtlich, dass die schwer angeschlagene Kaufhauskette erneut gerettet werden könne. "Die neue Geschäftsführung hat zuletzt viel richtig gemacht, das Unternehmen zu sanieren. Sie hat das Pech, dass der Gesellschafter seinen Verpflichtungen nicht nachkommt." Deutlich pessimistischer äußerte sich Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. "Eine dritte Insolvenz innerhalb von gut drei Jahren zeigt definitiv, dass dieses Unternehmen nicht zukunftsfähig ist", sagte er gegenüber tagesschau24. Der Wirtschaftsprofessor hält es sogar für möglich, dass das nun beantragte Regelinsolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt werden könnte. Weitere Standortschließungen zu erwarten "Was ich mir vorstellen kann, dass Teile des Unternehmens, vielleicht einzelne Standorte übernommen werden", so Heinemann. Auch andere Experten halten einen Verkauf der Kaufhauskette als Ganzes für unrealistisch. Dies umso mehr, als Galeria aller Voraussicht nach dieses Mal nicht erneut mit substanzieller staatlicher Unterstützung rechnen kann. "In der heutigen Markt- und Zinslage gibt es kaum Chancen, einen Käufer zu finden", sagte etwa Johannes Berentzen, Chef der Handelsberatung BBE, im November. Trotz des nach Unternehmensangaben erfreulich verlaufenen Weihnachtsgeschäfts dürfte auch im laufenden Geschäftsjahr 2023/24 nur ein Teil der verbliebenen 92 Filialen profitabel gearbeitet haben. Das macht ein Szenario eines Teilverkaufs einzelner Innenstadtgeschäfte an einen oder mehrere Investoren wahrscheinlicher. Auch im Zuge der dritten Insolvenz dürften also weitere Standortschließungen unvermeidlich sein. | /wirtschaft/unternehmen/galeria-insolvenz-wie-weiter-100.html |
2024-01-09 | Premier mit 34 Jahren - wer ist Gabriel Attal? | Frankreichs neuer Regierungschef | Ähnlich wie Präsident Macron hat er eine politische Blitzkarriere hingelegt: Gabriel Attal ist mit 34 Jahren der jüngste Premierminister in der jüngeren Geschichte Frankreichs. Dort ist er seit Langem kein Unbekannter mehr. | Ähnlich wie Präsident Macron hat er eine politische Blitzkarriere hingelegt: Gabriel Attal ist mit 34 Jahren der jüngste Premierminister in der jüngeren Geschichte Frankreichs. Dort ist er seit Langem kein Unbekannter mehr. Gabriel Attal entstammt einer Familie mit jüdischen und russisch-orthodoxen Wurzeln und wuchs mit seinen drei jüngeren Schwestern in Paris auf. Er ist rasch in der politischen Hierarchie aufgestiegen. Nach seiner Ausbildung an der Pariser Eliteschule Ecole d'Alsace und der Hochschule Sciences Po verbrachte er ein Jahr als Stipendiat der Villa Medici in Rom. Berufserfahrung außerhalb der Politik hat Attal kaum - nach einer kurzen Zeit bei den Sozialisten schloss er sich bereits 2016 der Partei von Emmanuel Macron an und wurde zu einem frühen Weggefährten des späteren Präsidenten. Im Juni 2017 wurde Attal schließlich in die Nationalversammlung gewählt. Nach seiner Tätigkeit als Parteisprecher hatte er 2018 bis 2020 das Amt eines Staatssekretärs im Bildungsministerium inne. Seinen Durchbruch verdankt Attal seinem Posten als Regierungssprecher, auf dem er sich von 2020 bis 2022 als äußerst medientauglich erwies. Anschließend wurde er mit nur 29 Jahren zum jüngste Regierungsmitglied der Republik in ihrer aktuellen Verfassung ernannt - zunächst zum Haushaltsminister, bevor er im Juli 2023 ins Bildungsressort wechselte. Öffentliche Aufmerksamkeit schon als Minister Attal wird jetzt Nachfolger von Élisabeth Borne, die nach Streit um die Zuwanderungspolitik von ihrem Posten als Premierministerin zurückgetreten war. Nach der eher diskreten Borne folgt nun ein junger Politiker, der es als einer der wenigen bisherigen Regierungsmitglieder immer wieder schaffte, öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, etwa durch das Verbot muslimischer Kleidungsstücke für Schülerinnen und Schüler. Die von Mädchen und Frauen getragenen Abayas und die von Jungen genutzten Khamis verstießen gegen das französische Verfassungsprinzip eines säkularen Staates, argumentierte Attal. Muslime nutzten sie, um den säkularen Charakter der Schulen infrage zu stellen. Kritiker entgegneten, Abayas und Khamis seien keine religiösen Symbole, sondern bloß eine Mode. Darüber hinaus hat Attal die Einführung von Schuluniformen an einigen öffentlichen Schulen auf dem Weg gebracht. Damit soll verhindert werden, dass Kleidung als Statussymbol gewertet wird, was immer wieder auch zu Mobbing unter Schülern führt. Der neue Premier gilt als beliebt Attal ist auch der erste französische Regierungschef, der offen homosexuell ist. Er galt vor seiner Ernennung Umfragen zufolge als das beliebteste Regierungsmitglied und hat den Ruf, auch mit Vertretern anderer politischer Lager in der Sache diskutieren zu können. Als eine "sehr große ideologische Plastizität" charakterisiert der Politikexperte des Nachrichtensenders BFM-TV, Benjamin Duhamel, den Politikstil Attals. "Er hat als Mitglied der Sozialistischen Partei begonnen. Das hat seine Arbeit als Haushaltsminister beeinflusst, wo er die Mittelschicht mit einem Gesetz gegen Steuerhinterziehung verteidigt hat. Als Bildungsminister hat er Autorität und Laizität gestärkt. Das ist pragmatisch." Ansonsten ähnele Attal ideologisch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron - "er verdankt ihm alles", so Duhamel. Ob das reicht, dem krisengeschüttelten Präsidentenlager Raum für Reformen zu verschaffen, bleibt abzuwarten. Macron könnte Attal vom Typ her besser liegen als Borne. Attals dynamische Art und seine steile Karriere erinnern an den Präsidenten. Die erste Aufgabe als Regierungschef besteht für Attal nun darin, seine Regierungsmannschaft neu zusammenzustellen. Mit Informationen von Stefanie Markert, ARD-Studio Paris | /ausland/europa/gabriel-attal-frankreich-100.html |
2024-01-09 | "Wut ist kein guter Ratgeber in der Demokratie" | Steinmeier zu Protestformen | Tag zwei der Aktionswoche der Landwirte verlief ruhiger als der erste. Bundespräsident Steinmeier nutzte seinen Neujahrsempfang dennoch zur Mahnung: Er sehe mit Sorge, wie die politische Kultur bei Demonstrationen verrohe. | Tag zwei der Aktionswoche der Landwirte verlief ruhiger als der erste. Bundespräsident Steinmeier nutzte seinen Neujahrsempfang dennoch zur Mahnung: Er sehe mit Sorge, wie die politische Kultur bei Demonstrationen verrohe. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat angesichts des Klimas bei Demonstrationen in Deutschland zur Gewaltfreiheit aufgerufen. "Demonstrationen, Proteste, sie gehören zur Demokratie. Und es ist auch legitim, Regierungen scharf zu kritisieren", sagte Steinmeier beim Neujahrsempfang im Schloss Bellevue in Berlin. "Die Grenze ist aber überschritten, wo zu Hass und Gewalt aufgerufen wird, wo gewählte Politikerinnen und Politiker beschimpft, verunglimpft, angegriffen werden, ihnen und ihren Angehörigen gar mit dem Tod gedroht wird." Die Zeiten seien schwierig, sagte Steinmeier weiter. Er verwies unter anderem auf die Kriege in der Ukraine und in Nahost, auf den Klimawandel, gravierende Mängel in Bildung und Ausbildung und die Aufgaben bei Migration und Integration. "Das sind große Herausforderungen. Aber Wut ist kein guter Ratgeber in der Demokratie." "Schockiert" über Verhalten gegenüber Habeck Der Bundespräsident ging auch auf die Attacke gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein. "Dass ein Minister der Bundesregierung von einer aggressiven Menschenmenge auf einer privaten Reise so beschimpft und bedroht wurde, dass er eine Fähre nicht verlassen konnte und sich in Sicherheit bringen musste, das hat mich schockiert." Er sehe mit Sorge, wie die politische Kultur bei Protesten und Demonstrationen verrohe, sagte Steinmeier. Demokratinnen und Demokraten sollten sich genau überlegen, mit wem sie auf die Straße gehen und wo die Regeln der Demokratie angetastet würden. Beim traditionellen Neujahrsempfang des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue werden in diesem Jahr rund 50 Ehrenamtliche und Repräsentanten des öffentlichen Lebens aus ganz Deutschland für ihr Engagement geehrt. Zweiter Tag der Aktionswoche ruhig Mit Traktorfahrten und anderen Protesten machten Landwirte auch heute in mehreren Regionen Deutschlands gegen den Abbau von Steuervergünstigungen beim Agrardiesel mobil. Am zweiten Tag einer bundesweiten Aktionswoche kam es durch Kolonnen mit Landwirtschaftsfahrzeugen teils zu Verkehrsbehinderungen - nach Protesten mit Tausenden Teilnehmern und Traktoren am Montag aber eher mit kleineren Aktionen. Zu Einschränkungen kam es am Morgen etwa im Raum Ulm und im Alb-Donau-Kreis. In Niederbayern sorgten laut Polizei etwa 20 Traktoren in der Nähe des Grenzübergangs Philippsreut zu Tschechien für Behinderungen. Nach der Aktionswoche plant der Deutsche Bauernverband für den 15. Januar eine Großkundgebung in Berlin. Der Verband fordert, dass auch die Kürzungen beim Agrardiesel vom Tisch müssten. Mehrere Landwirtschaftsorganisationen und Politiker hatten sich deutlich gegen mögliche Vereinnahmungen von Protesten gewandt. Versuche einiger Rechtsextremisten, durch Solidaritätsbekundungen oder eigene Aktionen eine Brücke zu den protestierenden Bauern zu schlagen, waren nach Einschätzung aus Sicherheitskreisen zunächst nicht erfolgreich. Rede Özdemirs erwartet Auch in Sachsen kam es zu Protesten, Bauern besetzten Anschlussstellen an der Autobahn 72. In Schleswig-Holstein fuhren unter anderem bei Lübeck Trecker-Korsos. Zudem wurde in Niedersachsen und Brandenburg protestiert. An diesem Mittwoch wird auch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) als Redner bei einer Kundgebung im baden-württembergischen Ellwangen erwartet. Die Bundesregierung hält trotz der Proteste an den bereits abgeschwächten Plänen für Subventionskürzungen fest. Die Ampelkoalition will auf die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft verzichten. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll zudem gestreckt und in mehreren Schritten in den kommenden Jahren vollzogen werden. Der Deutsche Bauernverband hält das aber für unzureichend: Auch die Kürzungen beim Agrardiesel müssten vom Tisch. | /inland/gesellschaft/steinmeier-aufruf-friedlichkeit-proteste-landwirtschaft-100.html |
2024-01-09 | Fast 15 Millionen Hilfsbedürftige in der Ukraine | UN-Schätzung für 2024 | Die Vereinten Nationen rechnen in diesem Jahr mit etwa 14,6 Millionen Ukrainern, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Auch wegen des strengen Winters sei eine kontinuierliche Hilfsoperation dringend nötig. | Die Vereinten Nationen rechnen in diesem Jahr mit etwa 14,6 Millionen Ukrainern, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Auch wegen des strengen Winters sei eine kontinuierliche Hilfsoperation dringend nötig. Wegen des russischen Angriffskrieges sind in der Ukraine UN-Schätzungen zufolge in diesem Jahr 40 Prozent der Bevölkerung also mehr als 14,6 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Das UN-Nothilfebüro (OCHA) braucht dafür 3,1 Milliarden Dollar (2,8 Milliarden Euro) und bittet um Spenden, wie ein OCHA-Sprecher in Genf sagte. Das ist weniger als für 2023, als das OCHA 3,95 Milliarden Dollar für die Ukraine veranschlagt hatte. Von der Summe kamen aber nach der OCHA-Statistik bislang nur rund 64 Prozent zusammen. Kritische Lage in der Ukraine Spendenaufrufe werden den Angaben zufolge immer weniger gedeckt. Die Vereinten Nationen hätten daher weltweit einen neuen Fokus nur noch auf die Menschen gerichtet, die in allergrößter Not sind, und Programme gekürzt, sagte der Sprecher. Deshalb seien manche Spendenaufrufe in diesem Jahr kleiner als in vorangegangenen Jahren. Täglich würden Zivilisten getötet und verletzt sowie Wohnungen und lebenswichtige Infrastruktur zerstört, sagte der stellvertretende OCHA-Sprecher Jens Laerke. Hinzu komme ein bislang harscher Winter in der Ukraine. Eine kontinuierliche humanitäre Operation großen Umfangs sei jetzt so dringend wie je zuvor. Millionen Ukrainer geflohen Zur Unterstützung der Nachbarländer der Ukraine, die Flüchtlinge aufgenommen haben, benötigen die Vereinten Nationen in diesem Jahr eine Milliarde Dollar. Seit Beginn des Krieges sind nach UN-Angaben rund 6,3 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer aus dem Land geflohen. Davon hätten 5,9 Millionen Menschen in anderen Staaten Europas Schutz gesucht. Innerhalb der Ukraine harrten weitere 3,7 Millionen Binnenflüchtlinge aus. Rund ein Viertel der Bevölkerung sei somit vertrieben. | /ausland/europa/ukraine-hilfe-un-100.html |
2024-01-09 | Zahl der Sterbefälle 2023 gesunken | Statistisches Bundesamt | Laut Statistischem Bundesamt sind 2023 etwa vier Prozent weniger Menschen gestorben als im Vorjahr. Die Sterbefallzahlen in den Wintermonaten Januar und Dezember waren im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit dennoch auffällig hoch. | Laut Statistischem Bundesamt sind 2023 etwa vier Prozent weniger Menschen gestorben als im Vorjahr. Die Sterbefallzahlen in den Wintermonaten Januar und Dezember waren im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit dennoch auffällig hoch. Im Jahr 2023 sind in Deutschland 1,02 Millionen Menschen gestorben - etwa 45.000 weniger als im Vorjahr. Das ist ein Rückgang der Sterbefälle um vier Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Wegen des zunehmenden Anteils älterer Menschen an der Bevölkerung werde seit mehr als 20 Jahren zwar mit einer jährlich steigenden Zahl der Sterbefälle in Deutschland gerechnet. Gleichzeitig sei die Lebenserwartung - bereits vor Beginn der Corona-Pandemie - tendenziell angestiegen. "Der Effekt der steigenden Lebenserwartung schwächte damit den Alterungseffekt ab", so die Statistiker. Anstieg der Sterbefälle im Winter In den Pandemiejahren 2020 bis 2022 sei die Zahl der Sterbefälle dann höher gewesen als in fast allen Jahren zuvor, die Lebenserwartung sank. Ausgehend von einem entsprechend hohen Niveau von 1,07 Millionen Gestorbenen im Jahr 2022 seien die Sterbefallzahlen 2023 erstmals seit 2019 im Vorjahresvergleich wieder gesunken. Im Januar 2023 hat laut Bundesamt die Zahl der Sterbefälle in Deutschland 14 Prozent über dem mittleren Wert (Median) der Jahre 2019 bis 2022 für diesen Monat gelegen. Eine Grippewelle hatte kurz vor dem Jahreswechsel ihren Höhepunkt überschritten. Auch die Zahl der Covid-19-Todesfälle erreichte zu dieser Zeit erneut ein zwischenzeitliches Maximum. Im Zuge des Abklingens dieser Erkrankungswellen seien auch die gesamten Sterbefallzahlen zu Jahresbeginn 2023 zurückgegangen. Im weiteren Jahresverlauf habe es dann kaum Auffälligkeiten bei den Sterbefallzahlen gegeben. Zum Jahresende seien die Zahlen im Vergleich zu vorpandemischen Zeiten dennoch auffällig hoch gewesen. | /inland/gesellschaft/sterberegister-sterbefaelle-2023-100.html |
2024-01-09 | Dauerkrise der Industrie ein schlechtes Omen? | Rezessionsrisiko steigt | Die schlechten Nachrichten aus der deutschen Industrie wollen einfach nicht abreißen. Das bedeutet für die Konjunktur nichts Gutes: Droht Deutschland auch 2024 eine Rezession? Eine Analyse von Angela Göpfert. | Die schlechten Nachrichten aus der deutschen Industrie wollen einfach nicht abreißen. Das bedeutet für die Konjunktur nichts Gutes: Droht Deutschland auch 2024 eine Rezession? Von Angela Göpfert Die Industrie gilt nicht umsonst als Motor der deutschen Wirtschaft, trägt sie doch etwas mehr als ein Viertel zum hiesigen Bruttoinlandsprodukt bei. Doch dieser Motor stottert gewaltig - und das nicht erst seit gestern. So ist die Industrieproduktion im November gegenüber Oktober um 0,7 Prozent gefallen. Das war nicht nur eine deutlichere Schwäche als erwartet - Ökonomen hatten im Schnitt mit einem Plus von 0,2 Prozent gerechnet. Es war auch der sechste Rückgang in Folge. Eine vergleichbar lange Negativserie hatte es zuletzt 2008 während der Finanzkrise gegeben. Dabei ist der abermalige Rückgang der Produktion im November nur das Tüpfelchen auf dem i im langfristigen Niedergang der deutschen Industrie. Denn der Aufwärtstrend der deutschen Industrieproduktion war bereits vor Jahren zum Erliegen gekommen; seit 2018 zeigt der Produktionsindex des produzierenden Gewerbes in Deutschland eine fallende Tendenz. Zwar konnte der Einbruch im ersten Pandemiejahr rasch aufgeholt werden, doch der übergeordnete Abwärtstrend ist weiter intakt. Rutscht Deutschland erneut in die Rezession? Die Rezession in der Industrie hat sich somit verfestigt - und das hat wiederum massive Folgen für die deutsche Konjunktur. Denn die Industrie hat hierzulande einen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern recht hohen Anteil an der Wirtschaftsleistung. Das wird Deutschland nun zum Verhängnis. Es deute immer mehr auf ein erneutes Schrumpfen der deutschen Wirtschaft im vierten Quartal hin, schlussfolgert Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Im dritten Quartal 2023 war das Bruttoinlandsprodukt um 0,1 Prozent gesunken. Ökonomen sprechen bei zwei Quartalen mit schrumpfender Wirtschaftsleistung in Folge von einer "technischen Rezession". Diese scheint einer Vielzahl von Experten zufolge nun nahezu unausweichlich. So schrieb etwa die Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht: "Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland dürfte im vierten Quartal 2023 erneut zurückgehen." Schlechte Ausgangsbasis für das Wirtschaftsjahr 2024 Die Schwächephase der deutschen Wirtschaft dauerte somit auch zum Jahresende an. Doch wie sieht es 2024 aus, wird im neuen Jahr endlich alles besser? Ökonomen sind skeptisch. Die Ausgangsbasis für das neue Jahr habe sich verschlechtert, erklärt Commerzbank-Chefvolkswirt Krämer, der für 2024 mit einem Minus von 0,3 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt rechnet. Auch Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), erwartet, dass die deutsche Wirtschaftsleistung im neuen Jahr um 0,3 Prozent schrumpfen wird. Frühindikatoren zeigen Richtung Rezession Denn die Industrie dürfte auch 2024 zunächst nicht aus dem Krisenmodus herauskommen - das signalisieren jedenfalls die sinkenden Auftragseingänge. In die gleiche Richtung deutet auch der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex, bei dem es sich dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge um einen "nützlichen Frühindikator für die Industrieproduktion" handelt. Kein Wunder, erfolgt hierzulande doch rund 80 Prozent der Warenbeförderung per Lkw. Die Mauterhebung beim Lkw-Verkehr auf Bundesautobahnen liefert dadurch sehr früh Hinweise zur aktuellen Konjunkturentwicklung. Im Dezember brach der entsprechende Index um 9,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat ein, auch der übergeordnete Trend zeigt nach unten. Weitere wichtige Frühindikatoren deuten in die gleiche Richtung, so befindet sich das ifo-Geschäftsklima im Rezessionsbereich. Zu allem Übel schwächelt nicht nur die Industrie - auch der private Konsum lahmt. Darauf deuten die sinkenden Umsätze im Einzelhandel hin. Druck auf EZB steigt Doch warum tut sich die deutsche Wirtschaft so schwer, wieder Tritt zu fassen? Der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel, spricht von einem "giftigen Cocktail": einer Kombination aus hoher Inflation und Zinsen bei einer gleichzeitig schwachen Weltwirtschaft. Die Europäische Zentralbank hatte den Leitzins im Dezember zum zweiten Mal in Folge unverändert bei 4,5 Prozent belassen. Vorangegangen waren zehn Zinserhöhungen. Höhere Zinsen bedeuten höhere Finanzierungskosten für die Unternehmen, das dämpft die Investitionen. Fakt ist: Die sich eintrübenden Konjunkturperspektiven für die größte Volkswirtschaft der Eurozone sind ein wichtiger Fingerzeig in Richtung EZB. Der Druck auf die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde steigt, die Zinswende im neuen Jahr rasch einzuleiten - und so der Wirtschaft wieder etwas Luft zum Atmen zu geben. | /wirtschaft/konjunktur/deutsche-industrie-rezession-konjunktur-ezb-100.html |
2024-01-09 | Die Geschichte eines Niedergangs | Kaufhauskette Galeria | Fusionen, Pleiten, Verluste: Einst waren die großen Kaufhäuser Konsum-Magneten der Innenstädte, doch schon seit Langem sind Galeria, Karstadt und Kaufhof Sanierungsfälle. Wie kam es dazu? Eine Chronologie von Lukas Wiehler. | Fusionen, Pleiten, Verluste: Einst waren die großen Kaufhäuser Konsum-Magneten der Innenstädte, doch schon seit Langem sind Galeria, Karstadt und Kaufhof Sanierungsfälle. Wie kam es dazu? Eine Chronologie. Von Lukas Wiehler, ARD-Finanzredaktion Große Warenhäuser gibt es in Deutschland bereits seit den 1880er-Jahren. Jahrzehntelang prägten die Kaufhäuser die Innenstädte, wurden in Zeiten des "Wirtschaftswunders" nach dem Zweiten Weltkrieg zu den zentralen Anlaufstellen des Konsums. In den 1980er-Jahren setzt ein Schwund der Kundschaft ein. Spätestens seit den 2000er-Jahren sind die verbleibenden Ketten Galeria Kaufhof und Karstadt Dauersanierungsfälle. Eine Chronologie des Niedergangs. 1879 - die Anfänge In Stralsund eröffnet Leonhard Tietz ein Textilgeschäft - die Keimzelle von Kaufhof. Zwei Jahre später startet der Unternehmer Rudolph Karstadt in Wismar sein "Tuch- Manufactur- und Confectionsgeschäft". Ihr Konzept: Festpreise statt Verhandlungen zwischen Kunden und Verkäufern. 1994 - aus vier werden zwei Kaufhausketten Durch zwei große Fusionen bleiben nur noch Kaufhof und Karstadt als große Warenhausketten auf dem deutschen Markt. Die Kaufhof AG schluckt den Konkurrenten Horten, und die Karstadt AG übernimmt die Hertie-Gruppe. 1999 - die KarstadtQuelle AG Die Karstadt AG fusioniert mit dem Versandhaus Quelle-Schickedanz zur KarstadtQuelle AG, ein Handelsgigant mit mehr als 116.000 Mitarbeitern und 32,5 Milliarden D-Mark Umsatz. Mit einem Unternehmenswert von 4,5 Milliarden Euro ist das Unternehmen im deutschen Leitindex DAX notiert. 2000 - KarstadtQuelle: Fusionsträume und Stellenstreichungen Nach 18 Jahren legt der Chef von KarstadtQuelle, Walter Deuss, das Amt nieder. Sein Nachfolger Wolfgang Urban streicht 7.000 Stellen und strebt die Fusion mit dem Konkurrenten Kaufhof an. Die "Deutsche Warenhaus AG" kommt aber nicht zu Stande. 2005 - "Es geht ums Überleben" Der Manager Thomas Middelhoff übernimmt die Führung bei KarstadtQuelle. Direkt zum Amtsantritt erklärt er, dass es beim "Patienten" KarstadtQuelle "ums Überleben gehe". Für insgesamt 4,5 Milliarden Euro verkauft Middelhoff konzerneigene Warenhausimmobilien. Der Immobiliendeal wird als Befreiungsschlag gefeiert - die hohen Mieten werden jedoch später zur Belastung. 2007- der Arcandor-Konzern entsteht KarstadtQuelle bekommt einen neuen Namen: Der Kunstbegriff "Arcandor" ziert nun die Unternehmenszentrale. Gleichzeitig wächst mit der Übernahme des britischen Reiseveranstalters "mytravel" die Reisetochter Thomas Cook zum damals drittgrößten Reiseanbieter der Welt. Trotzdem ziehen die Warenhäuser von Karstadt den Arcandor-Konzern tief in die Verlustzone. Für das Geschäftsjahr 2007/2008 liegt das Minus unter dem Strich bei 745,7 Millionen Euro. 2009 - Karstadt: die erste Insolvenz Mitten in der Finanzkrise muss Arcandor Insolvenz für seine Töchter Quelle und Karstadt beantragen. Es ist die größte Pleite der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Bund und Länder springen mit einer Bürgschaft von 50 Millionen Euro ein, um das laufende Geschäft zu stützen. Trotzdem verkündet die Insolvenzverwaltung die Schließung von zehn Filialen sowie die Entlassung von 1.200 Mitarbeitern. 2010 bis 2014 - ein US-Investor erhält den Zuschlag Im April 2010 gibt der Gläubigerausschuss dem amerikanischen Investor Nicolas Berggruen den Kaufzuschlag für die übrigen Karstadt-Kaufhäuser. Unter der Berggruen-Holding werden bald über 2.000 der verbliebenen 25.000 Stellen gestrichen. Trotzdem fährt Karstadt weiter hohe Verlust ein - 2012/2013 sind es 131 Millionen Euro. 2014 - René Benko übernimmt bei Karstadt Nach nur vier Jahren zieht sich Investor Nicolas Berggruen zurück. Sein Nachfolger René Benko kauft die sanierungsbedürftigen Karstadt-Kaufhäuser für einen symbolischen Euro. Eine Chance für Karstadt sieht Benko in der Fusion mit Galeria Kaufhof. Die Idee einer "Deutschen Warenhaus AG" steht wieder im Raum. 2015 - Metro trennt sich von Galeria Kaufhof Mit der Übernahme von Galeria Kaufhof durch den US-Handelsriesen HBC platzen Benkos Pläne für eine "Deutsche Warenhaus AG". Der ehemalige Besitzer Metro sieht in HBC den Bieter mit dem besseren Sanierungskonzept. 2018 - Karstadt und Kaufhof: "Fusion unter Gleichen" Nach langen Verhandlungen geben HBC und Benkos Signa-Holding eine "Fusion unter Gleichen" bekannt. Bei der Fusion erhält Signa eine knappe Mehrheit von 51,01 Prozent. Die deutschen Warenhäuser heißen künftig "Galeria Karstadt Kaufhof". April 2020 - Galeria-Karstadt-Kaufhof: die zweite Insolvenz Schon vor der Corona-Pandemie schrieb Galeria-Karstadt-Kaufhof hohe Verluste, doch während des Lockdowns verliert Galeria mehr als 80 Millionen Euro pro Woche. Nach nur einem Pandemie-Monat ist der Konzern zahlungsunfähig und steuert in ein Schutzschirm-Insolvenzverfahren. September 2020 bis 2022 - Schuldenschnitt, Staatshilfen und neuer Name Im September 2020 verkündet der Insolvenzverwalter einen Schuldenschnitt, trotzdem braucht der Konzern Geld vom Staat. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes gibt im Januar 2021 die Zusage für ein Darlehen von 460 Millionen Euro. Ein Jahr später kommt eine stille Einlage von 220 Millionen Euro hinzu, womit sich die Staatshilfen auf 680 Millionen Euro summieren. Von nun an sollen alle Kaufhäuser einheitlich "Galeria" heißen. Oktober 2022 - zurück ins Schutzschirm-Insolvenzverfahren Zum zweiten Mal in zwei Jahren muss der Konzern die Rettung durch ein Schutzschirm-Insolvenzverfahren beantragen. Laut Insolvenzverwalter sollen nur die profitablen Filialen bestehen bleiben. Mai 2023 - ein Drittel der verbleibenden Filialen sollen schließen Mit dem Ende des Insolvenzverfahren sollen 41 der 129 Filialen schließen. Die Gläubiger von Galeria verzichten angeblich auf Kredite in Höhe von 1,3 Milliarden Euro - also den Großteil der Galeria-Schulden. Im Juni 2023 werden die ersten 19 Filialen geschlossen, Ende Januar 2024 sollen die restlichen 21 folgen. Gleichzeitig deuten sich Schwierigkeiten bei Benkos Immobilienimperium an. Dezember 2023 - die Signa-Holding ist pleite Stück für Stück rutscht die das Imperium von René Benko in die Insolvenz - zuerst die Holding und später weitere zentrale Signa-Gesellschaften. Obwohl die verbleibenden Filialen zuletzt einen operativen Gewinn von 70 Millionen Euro erwirtschaftet hatten, bleibt der Galeria-Konzern in den roten Zahlen. 9. Januar 2024 - Galeria meldet erneut Insolvenz an Zum nunmehr dritten Mal binnen weniger Jahre reicht die Galeria-Kette einen Insolvenzantrag ein. Damit wolle sich das Unternehmen "aus den durch Signa gesetzten Rahmenbedingungen" befreien, heißt es in einer Mitteilung. Angestrebt werde ein Eigentümerwechsel, der die Fortführung der Kaufhauskette ermöglicht. | /wirtschaft/unternehmen/galeria-karstadt-kaufhof-chronologie-insolvenz-100.html |
2024-01-09 | "Wärmer als in den vergangenen 100.000 Jahren" | EU-Klimadienst Copernicus | Es wird immer wärmer auf der Erde: Im vergangenen Jahr lag die globale Temperatur laut EU-Klimawandeldienst Copernicus 1,48 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900 - ein neuer Höchstwert. | Es wird immer wärmer auf der Erde: Im vergangenen Jahr lag die globale Temperatur laut EU-Klimawandeldienst Copernicus 1,48 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900 - ein neuer Höchstwert. Das vergangene Jahr ist laut EU-Klimawandeldienst Copernicus nur knapp unterhalb der 1,5-Grad-Schwelle geblieben. Die Temperatur lag global 1,48 Grad höher als im Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900, wie Copernicus zum Bericht "Global Climate Highlights 2023" mitteilte. "Es ist wahrscheinlich, dass die Temperaturen 2023 wärmer waren als in den vergangenen 100.000 Jahren", sagte Samantha Burgess, stellvertretende Direktorin des Copernicus Climate Change Service (C3S). Klimaforschende können das historische Klima indirekt etwa aus Baumringen oder Luftblasen in Gletschern rekonstruieren. Dass das Jahr das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen 1850 war, hatte Copernicus bereits im Dezember mitgeteilt. Es sei davon auszugehen, dass noch im Januar oder Februar 2024 ein Zeitraum von dann 12 Monaten über der 1,5-Grad-Schwelle liege, hieß es nun. Wird 2024 noch wärmer? Fachleute halten es durchaus für möglich, dass 2024 noch wärmer wird und das Gesamtjahr erstmals die 1,5 Grad-Schwelle reißen könnte. Das heißt aber noch nicht, dass das Pariser 1,5-Grad-Ziel verfehlt ist, da dafür auf längerfristige Durchschnittswerte geschaut wird. Die globale Durchschnittstemperatur im Jahr 2023 betrug Copernicus zufolge 14,98 Grad Celsius und lag damit 0,17 Grad höher als im bisherigen Rekordjahr 2016. Im vergangenen Jahr habe zum ersten Mal jeder Tag des Jahres mindestens ein Grad über dem vorindustriellen Niveau gelegen, an zwei Tagen im November waren es sogar mehr als zwei Grad. Von Juni bis Dezember sei jeder Monat wärmer als die bisher gemessenen Rekordwerte für den jeweiligen Monat gewesen. Europa erlebte das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Hauptgrund: Anstieg der Treibhausgaskonzentration "Eine entscheidende Ursache für die ungewöhnlichen Lufttemperaturen im Jahr 2023 waren die beispiellos hohen Oberflächentemperaturen der Ozeane", heißt es von Copernicus. Hauptgrund für die warmen Meere sei der anhaltende Anstieg der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre. Ein weiterer Faktor sei das wiederkehrende Wetterphänomen El Niño, das im vergangenen Jahr begann. Es heizt alle paar Jahre den Pazifik auf. Insgesamt hätten die globalen Meeresoberflächen-Temperaturen von April bis Dezember Rekordwerte für diesen Zeitraum erreicht. "Die extremen Ereignisse, die wir in den letzten Monaten beobachtet haben, sind ein dramatisches Zeugnis dafür, wie weit wir uns von dem Klima entfernt haben, in dem unsere Zivilisation bisher florierte", sagte C3S-Direktor Carlo Buontempo. Er forderte, die Dekarbonisierung der Wirtschaft voranzutreiben. Der Klimawandeldienst Copernicus der Europäischen Union veröffentlicht regelmäßig Daten zur Temperatur an der Erdoberfläche, zur Meereisdecke und zu Niederschlägen. Die Erkenntnisse beruhen auf computergenerierten Analysen, in die Milliarden von Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt einfließen. | /wissen/copernicus-klimadaten-100.html |
2024-01-09 | Verletzte bei Gondelabsturz im Ötztal | Österreich | Bei einem Gondelabsturz im österreichischen Ötztal sind nach Behördenangaben vier Menschen schwer verletzt worden. Offenbar war ein Baum auf das Tragseil einer Gondel der Acherkogelbahn gefallen. | Bei einem Gondelabsturz im österreichischen Ötztal sind nach Behördenangaben vier Menschen schwer verletzt worden. Offenbar war ein Baum auf das Tragseil der Gondel der Acherkogelbahn gefallen. In einem beliebten Skigebiet in Österreich ist eine Gondel abgestürzt. Vier Menschen seien schwer verletzt worden, teilte die Polizei mit. Das Unglück habe sich an der Acherkogelbahn im Tiroler Ötztal ereignet. "Die Bergung der Verletzten ist derzeit im Gange", hieß es in der Mitteilung. Über die Identität der Verletzten ist bislang nichts bekannt. Ersten Erkenntnissen zufolge fiel ein Baum auf das Tragseil der Achtergondel, woraufhin diese in die Tiefe stürzte. Es handele sich also offenbar nicht um einen technischen Defekt, betonte die Polizei. Die Bahn wurde aufgrund des Vorfalls vorübergehend außer Betrieb genommen. Die weiteren Fahrgäste befinden sich laut dem Bergbahn-Unternehmen mittlerweile auf dem Berg oder wieder im Tal. Mit Informationen von Silke Hahne, ARD-Studio Wien | /ausland/europa/oesterreich-oetztal-gondel-absturz-100.html |
2024-01-09 | Polens politisches Labyrinth | Justizreform nach Regierungswechsel | Die frühere PiS-Regierung in Polen hat massiv ins Justizsystem des Landes eingegriffen. Die neue Regierung will das rückgängig machen. Nun herrscht viel Verwirrung, welche Urteile überhaupt noch rechtmäßig sind. Von Martin Adam. | Die frühere PiS-Regierung in Polen hat massiv ins Justizsystem des Landes eingegriffen. Die neue Regierung will das rückgängig machen. Nun herrscht viel Verwirrung, welche Urteile überhaupt noch rechtmäßig sind. Von Martin Adam Der PiS-Abgeordnete Mariusz Kamiński betritt den Plenarsaal. Die PiS-Fraktion im Sejm, im polnischen Parlament, jubelt. Kaminski macht mit seiner Hand erst das Victoryzeichen, dann eine verächtliche Geste in Richtung Parlamentspräsident, die frei mit "ihr könnt mir gar nichts" übersetzt werden kann. Denn Kamiński sollte eigentlich im Gefängnis sein. Das hatte ein Warschauer Gericht im Dezember entschieden. Kamiński hatte daraufhin auch sein Parlamentsmandat verloren. Aber jetzt sitzt er hier im Sejm als Abgeordneter. Denn ein anderer Richter an einem anderen Gericht hatte anders entschieden. Vermutlich widerrechtlich, aber so genau weiß das niemand. "Rumfummelei am Justizwesen" Für Parlamentspräsident Szymon Hołownia ist das sinnbildlich dafür, welches Chaos die Eingriffe der PiS in der polnischen Justiz hinterlassen haben. "Jetzt sehen die Polinnen und Polen, wohin das geführt hat." Er nennt als Beispiel einen Streit vor Gericht um die Erbschaft der Großmutter: "Der Mann wird vielleicht in einem Urteil bestätigt bekommen, er habe geerbt, in einem anderen, die Großmutter habe von ihm eine Erbe erhalten, in einem dritten, in Wirklichkeit sei er die Großmutter und im vierten, dass er doch der Enkel sei, der geerbt hat." Das seien die Folgen dieser "Rumfummelei am Justizwesen". Fast alle Gerichte umbesetzt Mit ihrer sogenannten Justizreform hatte die PiS das Rechtswesen auf den Kopf gestellt. Der Justizminister war plötzlich in Personalunion Generalstaatsanwalt. Der Landesrichterrat, der darüber entscheidet, wer wo Richter oder Richterin wird, wurde plötzlich von Politikern besetzt. Nahezu alle Gerichte des Landes, inklusive Verfassungsgericht, sind umbesetzt worden und eine eigens dafür geschaffene Disziplinarkammer konnte unliebsame Richterinnen und Richter bestrafen. Welche Urteile, welche Richter in Polen überhaupt noch rechtmäßig sind, ist gerade unklar. Justizminister ergreift Maßnahmen "Die Probleme gingen 2017 mit dem Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit los", sagt Adam Bodnar. Als Obudsmann für Bürgerrechte hat er über Jahre gegen die PiS und ihren Justizumbau protestiert. Jetzt ist er der neue Justizminister und hat damit das Problem geerbt. "Mein Ziel und meine Verantwortung ist, das Problem zu lösen. [...] Wenn wir das nicht tun, wird jedes weitere Urteil infrage gestellt werden können." Und: Die EU-Kommission wird weiterhin das Geld zurückhalten, das sie wegen Zweifeln an der Rechtsstaatlichkeit gesperrt hat - immerhin mehr als 130 Milliarden Euro. Noch am Tag seiner Vereidung beantragt Bodnar die Aufnahme der polnischen in die europäische Staatsanwaltschaft. Kurz darauf verändert er ein Gremium zur Selbstverwaltung der Staatsanwälte - Handlungen, die entschlossen wirken, aber eher symbolisch sind. Denn derzeit hat der neue Justizminister nicht nur den PiS-nahen Präsidenten Andrzej Duda gegen sich, sondern auch viele von der PiS ernannte Richterinnen und Richter, inklusive derer am Verfassungsgericht. Es ist ein politisches Labyrinth, das die PiS ihren Nachfolgern hinterlassen hat. Und Bodnar wird einen Weg hindurch finden müssen, wenn er tatsächlich den Kern der polnischen Justiz reformieren will. | /ausland/europa/polen-justiz-refom-100.html |
2024-01-09 | Trump kämpft um seine Immunität | Anklage wegen versuchten Wahlbetrugs | Ex-US-Präsident will heute ein Berufungsgericht in Washington davon überzeugen, dass er Immunität genießt - und nicht wegen seines Versuches, das Ergebnis der Wahl 2020 zu kippen, belangt werden kann. Die kommende Wahl hat er dabei fest im Blick. | Ex-US-Präsident will heute ein Berufungsgericht in Washington davon überzeugen, dass er Immunität genießt - und nicht wegen seines Versuches, das Ergebnis der Wahl 2020 zu kippen, belangt werden kann. Die kommende Wahl hat er dabei fest im Blick. Ein Berufungsgericht in der US-Hauptstadt Washington befasst sich mit der Frage der Immunität des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Der 77-Jährige will nach eigenen Angaben persönlich bei der Anhörung an diesem Dienstag (15.30 Uhr MEZ) erscheinen. Geklärt werden soll, ob der Republikaner wegen seiner Versuche, das Wahlergebnis der Präsidentenwahl 2020 zu kippen, auf Bundesebene strafrechtlich verfolgt werden kann - oder ob er als Ex-Präsident Immunität genießt. Trump ist in Washington im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug angeklagt. Er hat seine Niederlage bei der Wahl im Jahr 2020 bis heute nicht akzeptiert. Anhänger Trumps hatten am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington gestürmt. Dort war der US-Kongress zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl formal zu bestätigen. Trump hatte seine Anhänger zuvor bei einer Rede aufgewiegelt. Infolge der Krawalle kamen damals fünf Menschen ums Leben. Immunitätsfrage dürfte vor dem Supreme Court landen Trumps Anwälte hatten beantragt, dass die Anklage gegen ihren Mandaten fallengelassen wird. Sie sind der Ansicht, dass Trump nicht rechtlich für Handlungen belangt werden kann, die sie zu seinen Pflichten als Präsident zählen. Die zuständige Richterin in dem Verfahren hatte den Antrag abgelehnt. Gegen diese Entscheidung legte Trumps Team wiederum Berufung ein, deshalb ist nun ein Berufungsgericht am Zug. Sonderermittler Jack Smith, der die Untersuchung leitet, hatte versucht, das Berufungsgericht zu umgehen. Er wandte sich dafür direkt an den Obersten Gerichtshof des Landes und bat diesen darum, die Frage schnell zu klären. Diese Bitte lehnte der Supreme Court aber ab - ein Erfolg für Trump. Deshalb muss die Berufung nun ihren Weg durch die Instanzen gehen, was sich hinziehen kann. Es ist davon auszugehen, dass der Fall nach der Entscheidung des Berufungsgerichts wieder beim Supreme Court landen wird. Der bisher anvisierte Prozessbeginn Anfang März ist damit unwahrscheinlich, da auf die höchstinstanzliche Entscheidung gewartet werden muss. Ex-US-Präsident verteidigt sich Es wäre das erste Mal, dass sich das Oberste Gericht der USA mit der Frage beschäftigt, ob Ex-Präsidenten Immunität vor Strafverfolgung auf Bundesebene genießen. Das liegt auch daran, dass noch nie zuvor in der Geschichte der Vereinigten Staaten ein ehemaliger US-Präsident wegen strafrechtlicher Vergehen angeklagt wurde. Auf der von ihm mitbegründeten Online-Plattform Truth Social machte Trump am Vortag nochmals seine Sicht der Dinge klar: Natürlich habe er als Präsident der USA und Oberbefehlshaber Anspruch auf Immunität gehabt. Er habe als Präsident lediglich sein Land verteidigt, schrieb er. Seiner Argumentation nach hat es sich bei seinem Verhalten damals nicht um Wahlkampf gehandelt. Verbale Angriffe auf Staatsanwältin in Georgia Auch im Bundesstaat Georgia wurde gegen Trump und 18 weitere Beschuldigte Anklage wegen versuchter Wahlbeeinflussung erhoben. Am Montag beantragten Trumps Anwälte hier ebenfalls, dass das Verfahren eingestellt wird und führten die Immunität des damaligen Präsidenten an. Die Abgabe von Erklärungen an die Öffentlichkeit zu Angelegenheiten von nationalem Interesse wie Wahlen gehöre zum Kernbereich der historischen Rolle und Verantwortung des Präsidenten, heißt es in dem Antrag. Ein Prozessbeginn ist hier für August angesetzt. Ein Mitangeklagter Trumps in Georgia stellte am Montag außerdem einen Antrag, die zuständige Staatsanwältin Fani Willis von dem Fall abzuziehen. In dem Antrag wirft die Anwältin des ehemaligen Trump-Wahlkampfhelfers Michael Rothman der Staatsanwältin vor, eine unangemessene, romantische Beziehung mit einem der anderen Staatsanwälte in dem Fall zu haben. Der Antrag stützt sich auf nicht namentlich genannte Quellen. Das Büro von Willis sagte laut US-Medien, man werde mit der Einreichung entsprechender Gerichtsunterlagen reagieren. Es ist offen, ob der Antrag bedeutende Auswirkungen auf den Fall insgesamt haben könnte. Willis war in der Vergangenheit immer wieder Ziel diverser verbaler Angriffe und Verleumdungen aus Trumps Lager. Trump nutzt Verfahren für Wahlkampf Dass Trump nun bei der Anhörung des Berufungsgerichts in Washington persönlich erscheinen will, dürfte vor allem seinem Wahlkampf geschuldet sein. Trump, der insgesamt mit vier strafrechtlichen Anklagen konfrontiert ist, ist der zurzeit aussichtsreichste republikanische Kandidat für die diesjährigen Präsidentschaftswahlen. Trump nutzte die Termine bei seinen verschiedenen Verfahren in der Vergangenheit bereits für große Auftritte. Dabei stellt er sich immer wieder als Justizopfer dar - eine Rhetorik, die bei den Republikanern durchaus verfängt. Trump setzt außerdem aus taktischen Gründen darauf, die Prozesse gegen ihn zu verzögern - möglicherweise sogar bis nach der Präsidentenwahl im November dieses Jahres. Sollte er die Wahl gewinnen, könnte er seinen Justizminister auffordern, die Ermittlungen auf Bundesebene gegen ihn einzustellen. | /ausland/usa-trump-berufungsgericht-100.html |
2024-01-09 | Galeria Karstadt Kaufhof stellt Insolvenzantrag | Suche nach neuem Eigentümer | Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof hat im Zuge der Schieflage ihres Eigners Signa beim Amtsgericht Essen einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist der dritte Insolvenzantrag binnen drei Jahren. Ziel sei es nun, einen neuen Eigentümer zu finden. | Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof hat im Zuge der Schieflage ihres Eigners Signa beim Amtsgericht Essen einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist der dritte Insolvenzantrag binnen drei Jahren. Ziel sei es nun, einen neuen Eigentümer zu finden. Die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) ist infolge der Finanzprobleme des österreichischen Mutterkonzerns Signa erneut pleite. Ein Insolvenzantrag sei beim Amtsgericht Essen eingereicht worden, erklärte das Unternehmen. Demnach strebt Galeria einen Eigentümerwechsel an. Gespräche mit potenziellen Investoren seien bereits angelaufen, Ziel sei die Fortführung von Galeria. Galeria-Chef Olivier van den Bossche sagte: "Galerias operativer Erfolg wird durch die Rahmenbedingungen der alten Eigentümerstruktur belastet. Wir sehen in dem heutigen Tag ausdrücklich einen Befreiungsschlag." Weiter heißt es in der Mitteilung: "Die Insolvenzen der Signa-Gruppe schädigen Galeria massiv, behindern das laufende Geschäft und schränken durch hohe Mieten und teure Dienstleistungen die künftige Entwicklungsmöglichkeit stark ein." Ungewissheit über Millionen-Zahlungen von Signa Für GKK ist es schon die dritte Insolvenz innerhalb von weniger als vier Jahren. Vorausgegangen war die Schieflage des Mutterkonzerns Signa. In den vergangenen Wochen hatten mehrere Unternehmen aus der Handels- und Immobiliengruppe des österreichischen Unternehmers René Benko Insolvenz angemeldet - darunter die Signa Retail Selection AG, zu der GKK gehört. Sie hatte Ende November angekündigt, ihr Geschäft geordnet abzuwickeln, was einen Verkauf von GKK bedeutet. Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern hatte erst Ende 2022 Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Im März 2023 stimmte die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan zu. Signa hatte für die Sanierung 200 Millionen Euro zugesagt, die in mehreren Tranchen bis 2025 fließen sollen, die ersten 50 Millionen dem Vernehmen nach im Februar. Ob GKK mit der Zahlung rechnen kann, ist weiter unklar. Der österreichische Insolvenzexperte Karl-Heinz Götze von der Gläubigerschutzorganisation KSV1870 geht nicht davon aus. Er kenne jedoch die entsprechenden Zahlungsvereinbarungen nicht, betonte Götze, dessen Organisation im Gläubigerausschuss der Holding-Insolvenz vertreten ist. Der Insolvenzverwalter von Signa Holding wollte sich auf Anfrage dazu nicht äußern. Bangen um mehr als 15.000 Jobs Nach der vergangenen Insolvenz hatte der Warenhauskonzern etwa 40 Filialen schließen müssen. Die letzten 18 davon machen im Laufe dieses Monats dicht. Galeria betreibt aktuell 92 Warenhäuser und beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 15.000 Menschen. Was die neue Insolvenzanmeldung für die Beschäftigten bedeutet, lässt sich noch nicht sagen. Während des letzten Insolvenzverfahrens hatte die Bundesagentur für Arbeit den Galeria-Beschäftigten drei Monate lang Insolvenzgeld gezahlt. In den beiden zurückliegenden Insolvenzverfahren hatten die Gläubiger von Galeria auf Milliardenforderungen verzichtet, damit die Warenhauskette einen Weg aus der Krise findet. Auch der deutsche Staat half mit viel Geld: 2021 und 2022 hatte der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Unternehmen mit insgesamt 680 Millionen Euro unter die Arme gegriffen. Insolvenzverwalter nun im Geschäft Diesmal hat die Galeria Karstadt Kaufhof GmbH ein Regel-Insolvenzverfahren beantragt. Dabei wird vom Gericht ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Die Geschäftsführung bleibt zwar im Amt, aber alle Geschäfte bedürfen der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters. Der muss ein Gutachten erstellen, ob die Insolvenzantragsgründe gegeben und die Kosten des Verfahrens gedeckt sind. Sind die Voraussetzungen erfüllt, wird das Verfahren eröffnet. Die Erstellung eines Insolvenzplans kann entweder schon jetzt durch die Geschäftsführung oder nach der Verfahrenseröffnung durch den Insolvenzverwalter erfolgen. | /wirtschaft/unternehmen/insolvenz-galeria-karstadt-100.html |
2024-01-09 | Glücksspiel für Kinder? | Virtuelle Schatzkisten | Ein Klick und die virtuelle Schatzkiste öffnet sich: Paul zahlt und zockt im FIFA-Online-Game in der Hoffnung auf den Mega-Star für sein Team. Doch meistens gibt es eine Niete. Denn hier gewinnt vor allem der Spielehersteller. Von M. Mohr. | Ein Klick und die virtuelle Schatzkiste öffnet sich: Paul zahlt und zockt im FIFA-Online-Game in der Hoffnung auf den Mega-Star für sein Team. Doch meistens gibt es eine Niete. Denn hier gewinnt vor allem der Spielehersteller. Von Marvin Mohr, WDR Vor 30 Jahren startete das Fußball-Simulationsspiel FIFA. Heute ist es auf allen Plattformen, Konsolen und auch mobil längst ein Klassiker der Computer-Spielewelt. Millionen Kinder und Jugendliche wie Paul kicken täglich auf ihren Bildschirmen. Echte Superstars wie Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Kylian Mbappé bewerben das Spiel und sind auch als virtuelle Spielfiguren zu haben. Der 17-jährige Paul hat sich über Jahre seine eigene Mannschaft aufgebaut - oder besser: zusammengekauft. Die Top-Stars können zwar auch erspielt werden, aber dafür muss man sehr viel und sehr gut FIFA spielen. Faktisch öffnet sich der Weg zur Spitzenmannschaft nur mit Geld. Das wird erst in die FIFA-Spielwährung und dann in sogenannte Lootboxen gesteckt - virtuelle Überraschungspakete ähnlich den Panini-Sammelbildern von einst. Auch die Preise sind ähnlich. Lootboxen in Videospielen kosten etwa einen Euro. FIFA allein hat seinen Machern 2021 durch den Verkauf von Lootboxen 1,6 Milliarden US-Dollar eingespielt. Der Markt ist gigantisch: 2020 betrugen die Einnahmen durch Lootboxen weltweit über 15,2 Milliarden US-Dollar, Tendenz steigend. Denn nicht nur FIFA, sondern der Großteil der Spieleanbieter setzt auf Lootboxen, ob für Konsole oder Handy. Mal sind es Waffen, mal Rüstungen aus Gold. Aber immer wird damit gelockt, dass dieser Gegenstand entscheidend für den Spielerfolg sein könnte. Süchtig machende Glücksspielautomaten Der Suchtfaktor ist hoch, die Chancen auf einen sinnvollen Gewinn liegen meistens unter einem Prozent. "Ich denke mir da schon: Ja, jetzt ist das Geld weg und ich habe nichts Gutes gezogen, ich hätte es besser wissen müssen. Aber beim nächsten Mal geht es dann wieder genauso schnell", erzählt Paul. Seit seinem 14. Lebensjahr hat Paul schon mehr als 1.000 Euro verspielt. Der Suchttherapeut Christian Groß betreut seit Jahren glücksspielabhängige junge Patienten und Patientinnen in der Bernhard-Salzmann-Klinik in Gütersloh. Er warnt: "Die Computerspiele von heute, mit diesen Glücksspiel-immanenten Faktoren sind ein enormes Risiko für die Entwicklung einer Glücks- und Computerspielsucht bei Kindern und Jugendlichen." So tobt in Millionen Kinderzimmern, was früher in Spielhöllen mit Altersbeschränkung verbannt war: das Zocken mit echtem Geld. Wie in Pauls Fall sind die Eltern nur wenige Meter entfernt, aber meist völlig ahnungslos. Zu niedrige Altersbeschränkungen? In Deutschland ist Glücksspiel erst ab 18 Jahren erlaubt, aber Spiele mit Lootbox-Inhalten sind teilweise schon ab 0 Jahren freigegeben. Was ein jugendgefährdendes Glücksspiel sei, entscheide nicht der Suchtfaktor, hier zähle eine juristische Definition, sagt der Rechtswissenschaftler Martin Maties von der Uni Augsburg. Bei Spielautomaten bestehe die Chance auf echten Geldgewinn, bei Computerspielen hingegen nur auf virtuelle Belohnung. Aber schon längst existieren Online-Plattformen, die mit echtem Geld gewonnene Gegenstände aus Lootboxen gegen echtes Geld zurücktauschen. Damit wäre die Unterscheidung hinfällig, so Maties. 2023 wurde das FIFA-Spiel mit seinen Lootboxen von einem österreichischen Gericht in Wien erstmals als Glücksspiel eingestuft. Mit der Konsequenz, dass die Hersteller das für Lootboxen ausgegebene Geld zurückerstatten müssen. In Belgien gelten Lootboxen bereits seit 2018 als illegales Glücksspiel. In Deutschland berufen sich die Industrie und die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) hingegen weiter darauf, nicht gegen Gesetze zu verstoßen. Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, fordert jedoch endlich ein Eingreifen der Politik und eine eindeutige Altersbeschränkung für Spiele mit Lootbox-Inhalten. Das wäre revolutionär für das Geschäftsmodell der Gaming-Welt. Deutschland ist der größte Computerspielmarkt Europas, mit beachtlichen Steuereinnahmen. Dass diese zu einem Teil aus den Taschengeld-Etats der Kinder sprudeln und auch noch Glücksspiel- und Suchtgefahr droht, scheint den Erwachsenen erst allmählich zu dämmern. Mehr dazu sehen Sie in der Doku "Glücksspiele für Kinder? - Wie Fifa & Co an Kids verdienen" in der ARD Mediathek. | /inland/gesellschaft/computerspiele-gluecksspiel-kinder-100.html |
2024-01-09 | Unsummen durch Unwetter | Bericht von Munich Re | Naturkatastrophen haben laut dem Rückversicherer Munich vergangenes Jahr Schäden von 250 Milliarden Dollar verursacht und Zehntausende Menschenleben gefordert. In Nordamerika und Europa gab es so hohe Gewitterschäden wie noch nie. | Naturkatastrophen haben laut dem Rückversicherer Munich vergangenes Jahr Schäden von 250 Milliarden Dollar verursacht und Zehntausende Menschenleben gefordert. In Nordamerika und Europa gab es so hohe Gewitterschäden wie noch nie. Erdbeben, Wirbelstürme, Überschwemmungen, Unwetter und sonstige Naturereignisse haben 2023 weltweit Schäden von 250 Milliarden Dollar angerichtet und kosteten 74.000 Menschen das Leben. Das berichtet der Rückversicherer Munich Re in der neuen Ausgabe seines jährlichen Naturkatastrophenreports. Verheerende Erdbeben in der Türkei und Syrien Die Zahl der Todesopfer sei die höchste seit 2010, sagte Ernst Rauch, der Chef-Geowissenschaftler des DAX-Konzerns. Die meisten Opfer forderte die verheerende Erdbebenserie in der Türkei und Syrien im Februar mit 58.000 Toten. Auch mit Blick auf die volkswirtschaftlichen Schäden von 50 Milliarden Dollar war dies die schlimmste Naturkatastrophe des vergangenen Jahres. Die Munich Re dokumentiert seit Jahrzehnten die weltweiten von der Natur verursachten Zerstörungen, da dies für die Berechnung der Versicherungsbeiträge von Bedeutung ist. Das Geschäft des Konzerns besteht darin, die Risiken von Versicherungsunternehmen abzusichern. Mehr Unwetter-Schäden durch Klimawandel Dem Bericht zufolge wich das weltweite Schadensbild 2023 vom Gewohnten ab. Anders als in den Jahren zuvor gab es laut Munich Re in den Industrieländern keine immensen Schäden durch einzelne sehr große Wirbelstürme, Hochwasserfluten oder eine sonstige Großkatastrophe. "Typischerweise hatten wir in der Vergangenheit ein oder mehrere wirkliche Großereignisse, die einen großen Teil der Schadensumme verursacht haben", sagte Chef-Geowissenschaftler Rauch. Doch 2023 gab es keine solche Spitzenbelastung. Dennoch sei es ein Jahr mit "gravierenden und auffälligen Schäden" gewesen, sagte der Wissenschaftler. "Neu und sowohl gesellschaftlich als auch ökonomisch relevant ist, dass die Schäden sehr stark von sogenannten Schwergewitter-Ereignissen getrieben waren." Die Vielzahl mittelgroßer und kleinerer Unwetter bewirkte nach Angaben der Munich Re deutlich mehr als die Hälfte der Schäden. "Beim Ereignistyp Schwergewitter/Unwetter sehen wir seit Jahren eine Entwicklung zu immer höheren Schäden, also so etwas wie einen Trend, der wahrscheinlich mit dem Klimawandel zusammenhängt", sagte Rauch. 2023 wärmstes bislang gemessenes Jahr Laut Munich Re wurden sowohl in Nordamerika als auch in Europa noch nie derart hohe Gewitterschäden verzeichnet: In Nordamerika waren es 66 Milliarden Dollar. Für Europa bezifferte der Konzern die Gesamtschäden auf 10 Milliarden Dollar. Die Versicherungswirtschaft müsse ihr Risikomanagement entsprechend anpassen, erklärte Rauch. "Aber auch die breitere Gesellschaft muss darauf vorbereitet sein, dass Unwetterereignisse deutlich höhere Schäden verursachen." Begünstigt würden die Unwetter durch die im globalen Schnitt sehr hohen Temperaturen. Der DAX-Konzern verwies darauf, dass die Durchschnittstemperaturen bis November rund 1,3 Grad Celsius über denen der vorindustriellen Zeit (1850-1900) lagen und 2023 damit das wärmste Jahr seit Beginn der Temperaturmessungen war. Schäden steigen im langfristigen Trend Experte Rauch sprach sich dafür aus, Gebäude und Infrastruktur besser gegen Extremereignisse zu schützen. Die 2023 verzeichneten volkswirtschaftlichen Gesamtschäden von 250 Milliarden Dollar entsprachen indes ungefähr dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Der längerfristige Trend zeigt jedoch nach oben: Inflationsbereinigt lagen die Gesamtschäden im Zehn-Jahres-Schnitt (2013 bis 2022) bei 230 Milliarden Dollar, im Mittel der 30 Jahre von 1993 bis 2022 waren es noch 180 Milliarden gewesen. | /wirtschaft/weltwirtschaft/naturkatastrophen-ueberschwemmung-gewitter-erdbeben-munich-re-100.html |
2024-01-09 | Die Signale stehen auf Streik | Tarifkonflikt bei der Bahn | Die Lokführergewerkschaft GDL hat vor Gericht einen Etappensieg errungen: Sie darf streiken. Die Bahn will zwar in Berufung gehen, doch laufen alle Vorbereitungen für den bislang längsten Ausstand. Für Bahnreisende dürften es stressige Tage werden. | Die Lokführergewerkschaft GDL hat vor Gericht einen Etappensieg errungen: Sie darf streiken. Die Bahn will zwar in Berufung gehen, doch laufen alle Vorbereitungen für den bislang längsten Ausstand. Für Bahnreisende dürften es stressige Tage werden. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) darf den Schienenverkehr in Deutschland bestreiken. Versuche der Bahn und des ebenfalls betroffenen Wettbewerbers Transdev, den Ausstand juristisch stoppen zu lassen, scheiterten am Montagabend vorerst vor dem Arbeitsgericht Frankfurt. Die Bahn kündigte an, in Berufung zu gehen und das Urteil in der zweiten Instanz vom Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) überprüfen zu lassen. Wie das LAG Hessen mitteilte, soll am späten Nachmittag über den Eilantrag beraten werden. Die Berufungsverhandlung werde um 17 Uhr beginnen, erklärte das Gericht. Ungeachtet der juristischen Auseinandersetzung laufen die Vorbereitungen für den Streik, der heute Abend kurz nach Verhandlungsbeginn ab 18 Uhr im Güterverkehr starten soll. Ab Mittwochfrüh um 2 Uhr will die Gewerkschaft dann auch den Personenverkehr der Deutschen Bahn und weiterer Bahnunternehmen weitgehend lahmlegen. Der Ausstand soll laut GDL voraussichtlich bis Freitagabend um 18 Uhr andauern, bis dahin ist mit massiven Beeinträchtigungen des Bahnverkehrs zu rechnen. Bahn reagiert mit Ersatzfahrplan Die Bahn kündigte für Mittwoch bis Freitag einen Ersatzfahrplan mit stark eingeschränktem Angebot an. "Für diese Fahrten setzt die DB längere Züge mit mehr Sitzplätzen ein, um möglichst viele Menschen an ihr Ziel bringen zu können. Dennoch kann eine Mitfahrt nicht garantiert werden", teilte das Unternehmen mit. Nach Einschätzung der Bahn trifft der Lokführerstreik Millionen Kundinnen und Kunden. Bei den GDL-Warnstreiks im vergangenen Jahr musste die Bahn jeweils rund 80 Prozent des Fernverkehrsangebotes streichen. In manchen Bundesländern fuhr so gut wie kein Zug mehr. Sofern sich die Streikbeteiligung nicht grundlegend unterscheidet, sind nun ähnliche Auswirkungen zu erwarten. Fahrgäste seien gebeten, während des Streiks auf nicht unbedingt notwendige Bahnreisen zu verzichten oder die Reise zu verschieben. Es werde deutschlandweit große Unterschiede geben, wie viele Züge im Regionalverkehr fahren könnten. "Auch im Schienengüterverkehr wird es zu massiven Einschränkungen für Industrie und Wirtschaft kommen", hieß es in der Mitteilung. Landesarbeitsgericht Hessen berät kurz vor Streikbeginn Wie das Landesarbeitsgericht Hessen bekannt gab, will berät am späten Dienstagnachmittag kurz vor Streikbeginn in zweiter Instanz über den Eilantrag der Deutschen Bahn gegen den Arbeitskampf der Lokführergewerkschaft GDL. Die Berufungsverhandlung werde um 17.00 Uhr beginnen, erklärte das Frankfurter Gericht. Der Streik beginnt planmäßig um 18.00 Uhr im Güterverkehr, der Personenverkehr soll ab Mittwochfrüh um 02.00 Uhr bestreikt werden. Keine Einigung im Tarifstreit in Sicht Vorbehaltlich der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist es der dritte und bisher längste Arbeitskampf im laufenden Tarifkonflikt. Seit Anfang November streitet die GDL mit der Bahn und weiteren Unternehmen um mehr Geld. Die Verhandlungen mit der Bahn hat die Gewerkschaft bereits für gescheitert erklärt. Zwei Mal kam es dabei bisher zu Warnstreiks von maximal 24 Stunden. Im Dezember stimmten die Gewerkschaftsmitglieder per Urabstimmung unbefristeten Streiks zu. Die Bahn hatte am Freitag ein neues Angebot vorgelegt und erklärt, Streiks damit verhindern zu wollen. Die GDL lehnte das Angebot als substanzlos ab. "Dieser Streik ist nicht nur absolut überflüssig, sondern wir halten ihn auch rechtlich für nicht zulässig" sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler. Streitpunkt: Arbeitszeitverkürzung Größter Streitpunkt im andauernden Tarifkonflikt ist die von der Gewerkschaft geforderte Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 35 Stunden pro Woche für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn hält diese Forderung für unerfüllbar. Sie ist lediglich bereit, mit der Gewerkschaft über die Ausweitung bereits bestehender Arbeitszeit-Wahlmodelle zu reden. Dazu verlangt die GDL 555 Euro mehr im Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro. Die Deutsche Bahn forderte in ihrer Pressemitteilung die GDL auf, den Streik abzusagen und stattdessen den von der DB vorgeschlagenen Verhandlungstermin am 10. Januar wahrzunehmen. "Lösungen kann es nur am Verhandlungstisch geben", sagte Bahn-Personalvorstand Seiler. | /wirtschaft/unternehmen/bahn-streik-vorbereitung-100.html |
2024-01-09 | Südkorea verbietet Verkauf von Hundefleisch | Traditionelle Delikatesse | Südkorea hat ein Gesetz beschlossen, das die Zucht, Schlachtung und den Verkauf von Hunden zum Zweck des menschlichen Verzehrs verbietet. Hundefleisch hat eine lange Tradition im Land, zuletzt wuchs aber der Druck durch Tierschützer. | Südkorea hat ein Gesetz beschlossen, das die Zucht, Schlachtung und den Verkauf von Hunden zum Zweck des menschlichen Verzehrs verbietet. Hundefleisch hat eine lange Tradition im Land, zuletzt wuchs aber der Druck durch Tierschützer. In Südkorea ist der Verkauf von Hundefleisch für den menschlichen Verzehr künftig verboten. Das Parlament in Seoul billigte ein Sondergesetz, das unter Strafandrohung die Einstellung der Zucht, des Schlachtens und Vertriebs von Hunden zum Zweck des Essens vorsieht. Es gibt eine dreijährige Übergangszeit, bis das Gesetz wirksam wird. Ein Verstoß gegen das Gesetz soll mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder 30 Millionen Won (etwa 20.800 Euro) Geldstrafe geahndet werden. Die Hundefleisch verarbeitende Industrie hat Widerstand angekündigt. Das Gesetz greife "in die Freiheit der Berufsausübung ein", sagte der Bauernverbandsvorsitzende Son Won Hak. Hundefleisch hat Tradition Das Essen von Hundefleisch hat in dem asiatischen Land eine lange Tradition. In den vergangenen Jahren nahm der Verbrauch aber immer mehr ab. Besonders die junge und urbane Bevölkerung des Landes verzichtet auf das Essen der Tiere, und auch der Druck von Tierschützern auf die Regierung nahm immer weiter zu. Die Aktivisten hatten vornehmlich die qualvollen Haltungsbedingungen und Tötungsmethoden kritisiert. Die meisten Hunde werden bei der Schlachtung durch einen Stromschlag oder durch Erhängen getötet. Züchter und Händler argumentierten, es habe Fortschritte hin zu einer weniger leidvollen Schlachtung gegeben. Schätzungen zufolge wurden zeitweise bis zu einer Million Hunde pro Jahr für den Handel getötet. Nach Regierungsangaben gibt es etwa 1.100 Hundefarmen, in denen Tiere gezüchtet werden, um sie anschließend landesweit in Restaurants als Delikatesse anzubieten. Südkoreas Präsident ist Tierfreund Der als Tierliebhaber bekannte Präsident Yoon Suk Yeol unterstützt das Verbot. Zusammen mit First Lady Kim Keon Hee hat er zahlreiche streunende Hunde und Katzen adoptiert. Tierschützer begrüßen das neue Gesetz: "Ich bin überglücklich, dass Südkorea nun dieses traurige Kapitel seiner Geschichte schließt und eine hundefreundliche Zukunft einleitet", erklärte die koreanische Geschäftsführerin der Organisation Humane Society International, Jungah Chae. | /ausland/asien/suedkorea-hundefleisch-100.html |
2024-01-09 | Spanien führt Maskenpflicht wieder ein | Im Gesundheitswesen | In allen spanischen Gesundheitseinrichtungen soll wegen zunehmender Atemwegserkrankungen wie Grippe und Corona ab Mittwoch offenbar wieder eine Maskenpflicht gelten. | In allen spanischen Gesundheitseinrichtungen soll wegen zunehmender Atemwegserkrankungen wie Grippe und Corona ab Mittwoch offenbar wieder eine Maskenpflicht gelten. Erst im Juli 2023 war in Spanien die Maskenpflicht im Gesundheitswesen aufgehoben worden, nun soll sie ab Mittwoch wieder gelten: Wegen der steigenden Zahl an Atemwegserkrankungen wie Grippe und Corona kehrt das Land zurück zur Teil-Maskenpflicht. Das berichtete der staatliche TV-Sender RTVE unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Zuvor hatte es Gesundheitsministerin Mónica García nicht geschafft, alle Regionen von der Notwendigkeit zu überzeugen, die Maskenpflicht aus eigenen Stücken einzuführen. Die Ministerin begründete die vorübergehende Maßnahme mit dem Schutz gefährdeter Bevölkerungskreise wie Kleinkinder und ältere Menschen sowie des Gesundheitspersonals. In manchen Teilen des Landes sind die Notaufnahmen der Krankenhäuser wegen eines hohen Patientenaufkommens stark unter Druck. Mehr Infektionen über Feiertage Fünf spanische Regionen hatten bereits am Freitag die Wiedereinführung der Maskenpflicht in Gesundheitseinrichtungen angekündigt. Über die Feiertage wurde ein starker Anstieg der Grippe- und Covid-19-Fälle registriert: In der Region Valencia stieg die Zahl der Atemwegsinfektionen zwischen dem 26. Dezember und dem 1. Januar beispielsweise auf 1.501 Fälle pro 100.000 Einwohner - nach Kastilien-La Mancha die zweithöchste gemeldete Fallzahl des Landes in dieser Woche. Katalonien und Aragonien ordneten ebenfalls das Tragen von Masken in Gesundheitszentren an. Die dortige Regionalregierung empfahl Arbeitnehmern und Bürgern insgesamt "dringend", an öffentlichen Orten und insbesondere in geschlossenen Räumen Masken zu tragen. Murcia an der Südostküste führte ebenfalls eine Maskenpflicht ein, während im Nordwesten Galiciens das Tragen von Masken bislang nur empfohlen wurde. | /ausland/europa/spanien-maskenpflicht-grippe-corona-100.html |
2024-01-09 | Gelingt Macron der Neustart? | Nach Rücktritt von Borne | Sie müsse zurücktreten - so hat Frankreichs Premierministerin Borne ihre Demission umschrieben. Präsident Macron erzwingt also einen Neustart, doch ob ihm der gelingen kann, bezweifeln politische Beobachter. Von Carolin Dylla. | Sie müsse zurücktreten - so hat Frankreichs Premierministerin Borne ihre Demission umschrieben. Präsident Macron erzwingt also einen Neustart, doch ob ihm der gelingen kann, bezweifeln politische Beobachter. Von Carolin Dylla Es war eine denkbar lapidare Art, auf die Präsident Emmanuel Macron den Rücktritt seiner Regierungschefin ankündigte - mit einem Post auf X, dem ehemaligen Twitter. Ein Bild, auf dem beide mit verschränkten Armen dastehen, sich aber freundlich anlachen. Darunter ein herzlicher Dank in ein paar wenigen Zeilen. Egal, wer jetzt kommt - sie erwarte keine großen Veränderungen, sagte die Fraktionschefin der oppositionellen Les Écologistes, Cyrielle Chatelain, im Radiosender franceinfo: "Je nachdem, was ich höre, wird der Präsident sich auf seine engsten Vertrauten stützen. Er sucht gewissermaßen eine Kontinuität seiner selbst", sagte Chatelain. Frankreich werde die gleiche Politik haben, und das noch über Monate. "Was wir brauchen, ist ein Premierminister, der seine politische Existenz nicht dem Präsidenten verdankt und der starke Akzente setzen kann. Ich sehe nicht, wie das unter Emmanuel Macron möglich ist." "Eindruck des Stillstands" Tatsächlich scheint es, als sei Élisabeth Borne nicht freiwillig gegangen. "Jetzt, wo ich und meine Regierung zurücktreten müssen, möchte ich Ihnen sagen, mit wie viel Leidenschaft ich diese Aufgabe erfüllt habe", schrieb sie in ihrem Entlassungsgesuch. Sie, die von Beginn an immer betont hatte, der Nation dienen zu wollen. Politisch gedient hat sie vor allem dem Präsidenten, boxte alles Unangenehme für ihn durch. Trotzdem sei der Eindruck des Stillstands am Ende zu groß gewesen, glaubt Politikwissenschaftler Bruno Cautrès: "Macron hat das Problem, dass er den Menschen eine Art Neustart versprochen hat, neues Tempo für seine zweite Amtszeit", so Cautrès. Gleichzeitig habe Macron die Regierungsmannschaft bisher immer größtenteils behalten. "Wenn Macron also wirklich den Eindruck erzeugen will, dass er seine Politik grundlegend neu ausrichten möchte, klarere Ziele definieren, dann auch durch einen neuen Premierminister." Regieren auf die harte Tour Für Macron und die Regierung war es ein politisch hartes Jahr. Erst die unbeliebte Rentenreform, zuletzt die Hängepartie um das Einwanderungsgesetz. "Madame 49.3" so haben viele Borne genannt. Sie musste in ihrer Zeit als Regierungschefin ganze 23 Mal auf den umstrittenen Artikel 49.3 der Verfassung zurückgreifen. Der erlaubt es unter bestimmten Voraussetzungen, Gesetze auch ohne Abstimmung durchs Parlament zu bringen. "Vielleicht kann ein neuer Regierungschef versuchen, anders Kompromisse auszuhandeln, mit den unterschiedlichen politischen Fraktionen im Parlament anders umzugehen, um für mehr Stabilität zu sorgen. Nichts wäre schlimmer, als wenn er jetzt Borne austauscht. Und in ein paar Monaten wird wieder nur über Artikel 49.3 regiert und es gibt keine stabilen Mehrheiten." Das Problem: die fehlende Mehrheit Der Name, der als potenzieller neuer Regierungschef am häufigsten fällt, ist der von Bildungsminister Gabriel Attal, 34 Jahre alt und mit Erfahrung auf unterschiedlichen Regierungsposten. Doch das grundlegende Problem bleibt: Egal, wer es wird - es fehlt die absolute Mehrheit im Parlament, ohne die politische Projekte nur schwer umzusetzen sind. Der Erfolg von Macrons restlicher Amtszeit hängt davon ab, ob der oder die neue Premier diese Mehrheiten organisieren kann. | /ausland/europa/borne-ruecktritt-102.html |
2024-01-09 | VW holt ChatGPT ins Auto-Cockpit | Textroboter an Bord | Als erster großer Autohersteller baut Volkswagen den Chatbot ChatGPT in seine Serienfahrzeuge ein. Außerdem hat der Wolfsburger Konzern Pläne für das fahrerlose Laden von Elektroautos vorgestellt. | Als erster großer Autohersteller baut Volkswagen den Chatbot ChatGPT in seine Serienfahrzeuge ein. Außerdem hat der Wolfsburger Konzern Pläne für das fahrerlose Laden von Elektroautos vorgestellt. Der populäre Textroboter ChatGPT erobert den Automarkt und wird schon bald in den ersten Serienfahrzeugen zu finden sein. Während Konkurrenten noch den möglichen Einsatz von ChatGPT im Auto prüfen, prescht der Wolfsburger Volkswagen-Konzern vor: Auf der Technik-Messe CES in Las Vegas kündigte VW an, ChatGPT in seine Fahrzeuge zu integrieren. Recherchierte Inhalte werden vorgelesen Auf der Innovationsshow in Las Vegas wird es erste Fahrzeuge mit der Funktion zu sehen geben. Ab dem zweiten Quartal will VW den Chatbot dann auf ersten Märkten und in einer Vielzahl von Modellen serienmäßig anbieten. Nach eigenen Angaben wird Volkswagen damit der erste Volumenhersteller sein, der ChatGPT in Serienfahrzeuge einbaut. Künftig sollen Kunden somit in allen VW-Modellen, die über den hauseigenen Sprachassistenten IDA verfügen, auf die ständig wachsende Datenbank der Künstlichen Intelligenz zugreifen können. So soll es möglich sein, sich etwa während der Fahrt recherchierte Inhalte vorlesen zu lassen und mit dem Auto in natürlicher Sprache zu interagieren. Umgesetzt wird die Integration mit dem Sprachsoftware-Spezialisten Cerence, dessen Lösung in IDA eingesetzt wird. Roboterarm steckt Ladekabel ein VW stellte darüber hinaus in Las Vegas ein weiteres Projekt vor: das fahrerlose Laden von Elektroautos. Hierbei kooperiert Volkswagens Software-Tochter Cariad mit dem weltgrößten Autozulieferer Bosch. Gemeinsam lassen sie Elektroautos probeweise automatisch zu einer Ladesäule fahren und ihre Batterien aufladen. Danach suchen sich die Fahrzeuge eigenständig einen freien Platz im Parkhaus. Bosch und VW sehen in der Idee eine Lösung für Wartezeiten vor den Säulen und Blockierungsgebühren für Fahrer, die ihre Autos nach Abschluss des Ladevorgangs nicht schnell genug wegfahren. Getestet wird das fahrerlose Laden im Entwicklungs-Parkhaus von Bosch in Ludwigsburg. Das Ladekabel wird dabei von einem Roboterarm eingesteckt und rausgezogen. Das System, mit dem sich Fahrzeuge automatisch einen Platz im Parkhaus suchen, gibt es bereits seit einiger Zeit. Für Verbraucher mit entsprechend ausgerüsteten Autos ist das bereits in einem Parkhaus am Stuttgarter Flughafen möglich. Bosch hat nach eigenen Angaben begonnen, weitere Parkhäuser in Deutschland mit der nötigen Infrastruktur auszustatten. | /wirtschaft/digitales/vw-chatgpt-laden-elektroautos-100.html |
2024-01-09 | Özdemir zeigt Verständnis für Bauernproteste | Debatte über Subventionen | Nach dem Protest gestern legen die Bauern heute eine kleine Ruhepause ein. Doch die politische Debatte läuft weiter. Agrarminister Özdemir zeigte Verständnis für die Landwirte. Kanzler Scholz hält an den Plänen fest - trotz SPD-Kritik. | Nach dem Protest gestern legen die Bauern heute eine kleine Ruhepause ein. Doch die politische Debatte läuft weiter. Agrarminister Özdemir zeigte Verständnis für die Landwirte. Kanzler Scholz hält an den Plänen fest - trotz SPD-Kritik. Bundesagrarminister Cem Özdemir hat Verständnis für die Bauernproteste geäußert, wirbt aber auch für Akzeptanz für die bereits abgeschwächten Pläne zur Streichung von Subventionen. "Dass viele Landwirtinnen und Landwirte immer noch sagen, das reicht ihnen nicht, kann ich nachvollziehen. Das ist ihr gutes Recht", sagte der Grünen-Politiker in Berlin. Andererseits sei es so, dass man angesichts der Probleme bei der Haushaltssanierung schwierige Kompromisse finden müsse. Er würde es sich auch anders wünschen, aber so sei nun einmal die Haushaltslage, die er nicht ändern könne. Özdemir verwies darauf, dass die ursprünglichen Pläne auch nach Warnungen von seiner Seite korrigiert worden seien. Es sei gelungen, die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung voll zurückzunehmen. Agrardiesel-Vergünstigungen sollten zumindest in drei Schritten und nicht sofort zurückgenommen werden. Der Minister sprach sich dafür aus, nun auch Alternativen wie Biodiesel zu prüfen und die Position der Bauern zu verbessern. Er denke etwa daran, wie man die Marktmacht der Landwirtschaft stärken könne. Özdemir warb auch erneut für eine dauerhaft gesicherte Finanzierung für einen Umbau der Tierhaltung zu höheren Standards. Debatte über Subventionspolitik Die frühere Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) forderte Veränderungen in der Subventionspolitik. Die Landwirtschaft sei seit Jahrzehnten in der Krise, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Weil sie darüber hinaus ein wichtiger Sektor im Klima- und Umweltschutz ist, muss sich etwas grundlegend verändern." Nötig sei dafür laut Künast aber ein "Transformationspfad und keine vollendeten Tatsachen ohne Alternativen". Sie plädierte dafür, "die Subvention stufenweise abzubauen und das Gespräch mit der Branche zu suchen". Die Unionsfraktion im Bundestag lehnte eine Debatte um Reformen bei den Finanzhilfen hingegen ab. Die Subventionen seien zeitgemäß, weil es sich um Ausgleichszahlungen für öffentliche Güter wie Versorgungssicherung und Landschaftspflege handele, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Steffen Bilger den Funke-Zeitungen. "Sie entsprechen der besonderen Rolle der Landwirtschaft, die eine verlässliche Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen, gesunden und bezahlbaren Lebensmitteln aus unseren heimischen Regionen sicherstellt." Scholz steht zu Sparplänen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits erklärt, dass er trotz der Proteste an den Kürzungsplänen festhalten will. "Die Bundesregierung steht dazu", sagte er im Kanzleramt. Die Subventionen seien schon seit vielen Jahren kritisiert worden - und bei einem Subventionsabbau gebe es immer Stimmen, die sagen, "aber nicht diese". Nun bleibe die Regierung bei ihrem Vorhaben, das "in sehr kurzer Zeit" im Bundestag zur Abstimmung stehen soll. Auch Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte, es gebe "keine Überlegungen" in der Bundesregierung, die Beschlüsse im Agrarbereich noch einmal zu ändern. Vielmehr gebe es jetzt einen Kabinettsbeschluss. Mehrere Ministerpräsidenten wollen jedoch eine komplette Rücknahme der finanziellen Kürzungen. Das verlangten etwa die Regierungschefin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Weniger Proteste heute erwartet Am Montag hatten Tausende Landwirte, Bus- und Lastwagenfahrer in vielen Regionen Deutschlands demonstriert. Sie blockierten Autobahnauffahrten und zogen mit Traktorkolonnen in die Städte. Im Vorfeld hatte es Sorge vor einer Unterwanderung der Proteste durch rechte Gruppierungen gegeben. Die rechtsextreme Partei "Freie Sachsen" legte eine Demonstration in Dresden auf denselben Tag. Mehrere tausend Menschen nahmen nach Polizeiangaben daran teil. Auf Bannern wurden das Ende der Regierung sowie eine Neuwahl gefordert. Bauernverbände gingen vorab auf Distanz zu solchen Aktionen aus dem rechten Spektrum. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sieht keine Anzeichen für eine Unterwanderung der Proteste durch Rechtsextremisten. "Die Landwirte haben deutlich kommuniziert, dass sie ihre eigenen Proteste durchführen und dabei für rechtes Gedankengut kein Platz sei, sodass beispielsweise die 'Freien Sachsen' zu einer eigenen Versammlung aufrufen mussten", sagte er der "Rheinischen Post". Auch heute dürften Bauern den Verkehr mit Protesten stören, allerdings in deutlich geringerem Ausmaß. Es sind im Vergleich zum Auftakt der Aktionswoche nur wenige Aktionen geplant. | /inland/innenpolitik/bauernproteste-debatte-oezdemir-100.html |
2024-01-09 | Kuba erhöht Kraftstoffpreise massiv | Wirtschaftskrise | Vor dem Hintergrund einer schweren Wirtschaftskrise hat der Inselstaat Kuba angekündigt, die Preise für Benzin massiv zu erhöhen. An einigen Tankstellen ist Sprit nur noch gegen Dollar zu haben, denn das Land braucht dringend Devisen. | Vor dem Hintergrund einer schweren Wirtschaftskrise hat der Inselstaat Kuba angekündigt, die Preise für Benzin massiv zu erhöhen. An einigen Tankstellen ist Sprit nur noch gegen Dollar zu haben, denn das Land braucht dringend Devisen. Das wirtschaftlich schwer angeschlagene Kuba hat eine massive Erhöhungen der Preise von Benzin und Diesel ab Februar angekündigt. Der Preis für Normalbenzin werde von 25 auf 132 kubanische Pesos pro Liter angehoben, teilte Finanzminister Vladimir Regueiro mit. Ein Liter Superbenzin soll ab Februar 156 kubanische Pesos kosten und damit ebenfalls mehr als das Fünffache des derzeitigen Preises. Außerdem würden landesweit 29 Tankstellen eröffnet, die Benzin ausschließlich gegen Dollar verkaufen würden, sagte Regueiro. Dadurch sollten dringend benötigte Devisen für den Kauf von Kraftstoff auf dem internationalen Markt eingenommen werden. Ausländische Touristen sollen Benzin nach Regierungsangaben künftig mit Devisen bezahlen. Ziel sei es, die Wirtschaft anzukurbeln, "Verzerrungen" auszubessern und die Versorgung mit Kraftstoff und Strom zu gewährleisten, erklärten Regueiro und Energieminister Vicente de la O Levy im Staatsfernsehen. Preiserhöhungen sind ab März auch bei Flüssiggas und für Haushalte mit hohem Stromverbrauch vorgesehen. Schwere Wirtschaftskrise in Kuba Die Preiserhöhungen sind Teil eines umfassenden Maßnahmenpakets, dessen Details noch vorgestellt werden sollen. Damit will die Regierung in Havanna das Haushaltsdefizit bekämpfen und Mittel für den Import unverzichtbarer Güter einnehmen. Die Staatsführung der Kommunistischen Partei hatte zuvor schwierige Maßnahmen angekündigt. Das kommunistisch regierte Kuba erlebt derzeit die schlimmste Wirtschaftskrise seit den 1990er-Jahren. Der karibische Inselstaat unterliegt seit 1962 einem weitgehenden US-Embargo. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte nach offiziellen Angaben im vergangenen Jahr um zwischen einem und zwei Prozent, die Inflation lag demnach bei rund 30 Prozent. Die Lage verschlimmerte sich zuletzt unter anderem wegen des Einbruchs des Tourismus in der Corona-Pandemie und durch das Schwinden der Unterstützung durch den ebenfalls kriselnden Verbündeten Venezuela. In Kuba sind unter anderem Nahrungsmittel, Medizin und Kraftstoff knapp - unter letzterem Mangel leidet auch die Landwirtschaft. Kuba muss Lebensmittel importieren, Devisen sind jedoch knapp. Selbst die Produktion von Zucker, einem Kernerzeugnis des Landes, reichte zuletzt nicht mehr, um den einheimischen Bedarf zu decken. | /ausland/amerika/kuba-verfuenffacht-benzinpreis-100.html |
2024-01-09 | Ecuador verhängt Ausnahmezustand | Nach Gewalt in Gefängnissen | Wegen verbreiteter Gewalt in Gefängnissen und der Flucht eines Drogenbosses in Ecuador hat Präsident Noboa den Ausnahmezustand verhängt. Er gilt erstmal für 60 Tage. | Wegen verbreiteter Gewalt in Gefängnissen und der Flucht eines Drogenbosses in Ecuador hat Präsident Noboa den Ausnahmezustand verhängt. Er gilt erstmal für 60 Tage. Angesichts der Zustände in den überfüllten Gefängnissen in Ecuador hat die Regierung des südamerikanischen Landes den Ausnahmezustand verhängt. "Ich habe soeben ein Dekret über den Ausnahmezustand unterzeichnet, um den Streitkräften die politische und rechtliche Rückendeckung für ihr Vorgehen zu geben", sagte Noboa. Der Ausnahmezustand beinhaltet den Einsatz von Militär auf den Straßen und in den Gefängnissen sowie eine landesweite nächtliche Ausgangssperre. Der Ausnahmezustand gilt für 60 Tage. Eine Flucht und "Zwischenfälle" mit rivalisierenden Banden Die ecuadorianische Strafvollzugsbehörde hatte am Montag bekanntgegeben, dass es in sechs der überfüllten Gefängnisse des Landes zu "Zwischenfällen" mit rivalisierenden Banden gekommen sei. Dem Chef der mächtigen Bande "Los Choneros", Adolfo Macías alias "Fito", war nach Angaben der Gefängnisverwaltung dabei offenbar die Flucht aus dem Gefängnis gelungen, in dem er eine 34-jährige Haftstrafe verbüßt. Noboa war im November als Präsident mit dem Versprechen angetreten, gegen die zunehmende Gewalt in dem südamerikanischen Land vorzugehen. Er werde nicht eher ruhen, bis er "allen Ecuadorianern Frieden gebracht" habe, schrieb Noboa auf Instagram. Seine Regierung sei entschlossen, Verbrechen in Gefängnissen die Stirn zu bieten. Ecuador kämpft mit zunehmender Gewaltwelle Bereits frühere Regierungen hatten in den vergangenen Jahren den Ausnahmezustand zur Erhöhung der Sicherheit verhängt, allerdings ohne großen Erfolg. Das südamerikanische Land mit rund 18 Millionen Einwohnern kämpft mit wachsender Gewalt und dem wachsenden Einfluss von Drogenkartellen. Allein in den Gefängnissen wurden Hunderte Häftlinge bei Auseinandersetzungen getötet. Das Drogenkartell "Los Choneros" gehört zu jenen Gangs, die Behörden für einen starken Anstieg der Gewalt in Ecuador verantwortlich machen, die im vergangenen Jahr mit dem blutigen Attentat auf den Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio ein neues Ausmaß erreichte. Die Bande unterhält auch Verbindungen zum mexikanischen Sinaloa-Kartell. | /ausland/amerika/ecuador-196.html |
2024-01-09 | Wie die Grünen 2024 punkten wollen | Europawahl und Landtagswahlen | Der Grünen-Bundesvorstand will bei einer Klausurtagung die Weichen für das Wahljahr 2024 stellen. Ideen, wie die Partei auch in Ostdeutschland punkten will, gibt es bereits. Von Tina Handel. | Der Grünen-Bundesvorstand will bei einer Klausurtagung die Weichen für das Wahljahr 2024 stellen. Ideen, wie die Partei auch in Ostdeutschland punkten will, gibt es bereits. Von Tina Handel Tannengrün statt grell - so kann man das Selbstverständnis zusammenfassen. Seit dem Herbst nutzen die Grünen ein neues Design, neue Logos. Früher sollten die Farben möglichst "frisch" sein, jetzt ist alles gesetzter: Das Tannengrün stehe "symbolisch für die Rolle als Regierungspartei", so hat Bundesgeschäftsführerin Emily Büning den neuen Anstrich erklärt. Man sei "pragmatisch und abwägend". Die Farben der Verantwortung verdunkeln nun die Wahlplakate, die gerade in Berlin hängen. Die Partei startet in ein schwieriges Wahljahr. Genau darauf bereitet sich der Bundesvorstand bei seiner Klausur in der Hauptstadt vor. Die Februar-Wahl in Berlin ist dabei vielleicht noch die einfachste Aufgabe: Es wird vor allem in grünen Hochburgen wie Pankow oder Charlottenburg-Wilmersdorf noch einmal gewählt. Dort waren bislang bis zu 24 Prozent drin. Wenn die Partei annähernd solche Werte erreicht, könnte das aus grüner Sicht schöne Schlagzeilen bei einer sonst recht bedeutungslosen Wahl bringen - und Rückenwind für die Europa- und Kommunalwahlen im Mai und Juni. Welche Strategien helfen in Ostdeutschland? Dass es Verluste geben wird, ist eigentlich allen klar: Bei der Europawahl 2019 erreichten die Grünen ein Rekordergebnis, wurden zweitstärkste Kraft mit gut 20 Prozent. Es waren andere Zeiten. Die Ampel ist in Umfragen unbeliebt. Die Grünen sind innerhalb der Koalition immerhin der Partner mit den stabilsten Werten, zwischen 13 und 15 Prozent, nie weit weg vom Bundestagswahlergebnis. Die größte Herausforderung wartet im Herbst: Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Im Osten gibt es etliche Landkreise, in denen die Partei bei der vergangenen Bundestagswahl der Fünf-Prozent-Hürde nicht einmal nahe kam - von Elbe-Elster bis ins Eichsfeld. Grüne brauchen dort besondere Strategien, um überhaupt gehört zu werden: "Es hilft, mal anders ins Gespräch einzusteigen", sagt Heiko Knopf, Stellvertretender Parteivorsitzender und im Bundesvorstand als Jenaer so etwas wie der Mann für den Osten. "Ich starte oft mit einem 'Danke'", erklärt Knopf. "Vieles kommt vom Land, beispielsweise Energie, Nahrungsversorgung und Rohstoffe." Man müsse auch mal würdigen, dass dort "viele früh aufstehen". So will Knopf die Stimmung am Wahlkampfstand im Oderbruch oder im Altenburger Land heben. Hoffen auf die Stimmen der Frauen Es gibt einen Moment auf dem vergangenen Bundesparteitag im November 2023, der zeigt, welche Strategien den Grünen bei den drei Wahlen noch helfen könnten: Da steht Heiko Knopf auf der Bühne zusammen mit Delegierten aus dem Osten - und es sind zum großen Teil Frauen. Bei den Grünen sei Politik auch "familienfreundlich" organisierbar, das solle man überall weitererzählen, ruft Knopf damals. Die Grünen hoffen im Osten auf die Stimmen der Frauen, heißt es aus Parteikreisen. Offiziell will man natürlich alle ansprechen. Aber Studien zeigen auch: Die AfD wird zu zwei Dritteln von Männern gewählt. Diese Anhänger seien "für uns nachweislich nicht erreichbar", sagt beispielsweise Brandenburgs grüner Spitzenkandidat Benjamin Raschke. Dagegen sind die Grünen traditionell eine Partei, die stärker Frauen anspricht. Hinzu kommt, dass die Wahl in Polen gezeigt hat, wie man Rechtsaußen-Parteien besiegt: Die Bürgerkoalition um Donald Tusk hatte im Wahlkampf bewusst auf Themen gesetzt wie Familienplanung und ein modernes Frauenbild - und so versucht, die weibliche Wahlbeteiligung zu erhöhen. "Menschen nicht vor den Kopf stoßen" Die Parteispitze will sich zugleich nicht mehr in Kulturkämpfe, beispielsweise ums Gendern, verwickeln lassen. "Die Menschen nicht vor den Kopf stoßen", hat sich auch Heiko Knopf vorgenommen. Er setzt eher auf Fragen wie: Woher kommen die ganzen Fachkräfte, die nicht nur der Osten braucht? Dazu will der Bundesvorstand auf seiner Klausur beraten. Als Gäste haben sich die Grünen dafür Arbeitsagenturchefin Andrea Nahles und die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner eingeladen. Damit ihre Ideen bei den Wählern ankommen, setzen die Grünen auch auf Schützenhilfe aus anderen Regionen. Auf dem vergangenen Parteitag warb ein ganzer Stand mit einem schönen Sommer im Osten: "Lerne Thüringen, Sachsen oder Brandenburg beim Wahlkampfurlaub kennen", steht in der Broschüre dazu. Die Bilder werben mit jungen Gesichtern im Sonnenuntergang, ruhig schippernden Booten, Burgen und Elblandschaften. Ganz so entspannt dürfte es im Wahlkampf nicht werden. | /inland/innenpolitik/gruene-bundesvorstand-100.html |
2024-01-09 | Kinderärzte beklagen Medikamentenmangel | Engpässe bei Antibiotika | Die Kinderärzte beklagen massive Engpässe bei der Versorgung von kranken Kindern und Jugendlichen: So gebe es jetzt schon wieder bundesweit zu wenig Penicillin. Zudem schlagen sie eine Grippeimpfung ab dem Kleinkindalter vor. | Die Kinderärzte beklagen massive Engpässe bei der Versorgung von kranken Kindern und Jugendlichen: So gebe es jetzt schon wieder bundesweit zu wenig Penicillin. Zudem schlagen sie eine Grippeimpfung ab dem Kleinkindalter vor. Der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) hat massive Engpässe bei der Versorgung von kranken Kindern und Jugendlichen beklagt. Bundesweit fehle es an diversen Medikamenten, unter anderem dem Antibiotikum Penicillin. "Das ist deshalb so gefährlich, weil Penicillin das beste Antibiotikum gegen Streptokokken-Infektionen ist", sagte BVKJ-Präsident den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Penicillin wirke gezielt. "Wenn wir auf breiter angelegte Antibiotika ausweichen müssen, erhöhen wir die Gefahr von Resistenzen." Engpässe gebe es darüber hinaus aktuell auch bei Salbutamol, einem wichtigen Wirkstoff gegen Asthma und chronische Lungenerkrankungen. Überlastung durch Bürokratie Außerdem seien die Arztpraxen bereits seit geraumer Zeit überlastet. "30 Prozent in unserer Arbeit haben nichts mit der Versorgung der Kinder zu tun - sondern mit überflüssiger Bürokratie. Klappt das nicht, werden wir die Versorgung auf dem jetzigen Niveau nicht aufrecht erhalten können", sagte Hubmann. "In den vergangenen 30 Jahren wurden viel zu wenige Kinderärzte ausgebildet, jetzt gehen die Babyboomer in Rente und hinterlassen eine gewaltige Lücke." Der Kinderärzte-Präsident beklagte zudem, dass viele Kinderkliniken aus Überlastung nach wie vor gezwungen seien, schwerkranke Kinder zu verlegen: "Das gehört inzwischen zum bitteren Alltag im Winter", so Hubmann. "Wir haben uns schon daran gewöhnt, regelmäßig Kinder von München nach Garmisch zu transportieren, weil es in München kein freies Bett mehr gibt." So lange sich nichts grundlegend an der Ausstattung der Kinderkliniken ändere, reichten kleine Infektionswellen, um wieder an die Belastungsgrenze zu kommen. Ruf nach Ausweitung der Impfempfehlung Zu solchen Infektionswellen zähle etwa auch die Grippe. Eine Ausweitung der Impfempfehlung könnte nach Auffassung Hubmanns dabei helfen, Praxen und Kliniken zu entlasten: "Die aktuelle Impfempfehlung gegen Influenza zielt nur auf Kinder mit Risikofaktoren. Das ist aus unserer Sicht falsch". Auch gesunde Kinder seien sehr oft Überträger der Grippeviren. "Unser Ziel muss es sein, die Ausbreitung des Virus durch Impfung zu verhindern und damit die Krankheitslast für alle zu mindern." An diesem Dienstag kommen Ärztevertreter bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu einem Krisengespräch zusammen. Dabei soll es vor allem um die Lage der niedergelassenen Hausärzte und Kinderärzte gehen. | /inland/innenpolitik/kinderaerzte-versorgungslage-100.html |
2024-01-09 | Foltern für den Artenschutz? | Deutscher Naturschutzfonds | Mit einem Prestigeprojekt will die Bundesregierung Naturparks in Entwicklungs- und Schwellenländern schützen. Doch Recherchen zeigen: Partner der Initiative begehen wohl Menschenrechtsverstöße gegen Indigene. Von B. Kaiser und T. Dammers. | Mit einem Prestigeprojekt will die Bundesregierung Naturparks in Entwicklungs- und Schwellenländern schützen. Doch Recherchen zeigen: Partner der Initiative begehen wohl Menschenrechtsverstöße gegen Indigene. Von Bastian Kaiser und Tobias Dammers Zuerst kamen die Fesseln, dann die Hiebe mit Gürteln, dann das Waterboarding. So schildert der indigene Jäger Mingo Bernard einen Vorfall aus dem Jahr 2021, der ihn bis heute aufwühlt. Parkranger hätten ihn und drei andere Männer im Regenwald aufgegriffen und gefoltert, in das Wasser eines Flusses gedrückt und ein Ertrinken simuliert. "Das Wasser war voller Blut von meinem Körper. So, wie wenn man ein Tier schlachtet", erzählt Bernard. Einer seiner Begleiter bestätigt die Details. Bernards Heimatdorf liegt mehr als 5.600 Kilometer von Berlin entfernt in der Republik Kongo. Doch für den Vorfall macht er auch deutsche Beamte verantwortlich. "Sie sind dabei Schlimmes anzurichten, vielleicht sogar zu töten", sagt er. Mit einem millionenschweren Naturerbe-Fonds will die Bundesregierung eigentlich den Artenschutz fördern und das Klima schützen. Der Legacy Landscapes Fund soll bedeutende Naturgebiete in Entwicklungs- und Schwellenländern nachhaltig finanzieren und erhalten. 182,5 Millionen Euro hat das Bundesentwicklungsministerium schon zugesagt, teils auch schon investiert. 30 Schutzgebiete weltweit sollen langfristig gefördert werden. Deutschland will Vorbild sein "Deutschland nimmt eine Schlüsselrolle im internationalen Biodiversitätsschutz ein", sagte Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) bei einer Pressekonferenz. Doch Recherchen in zwei Projekten des Legacy Landscapes Fund stellen Deutschlands Vorzeigeprojekt in Frage. Indigene in Bolivien und der Republik Kongo kritisieren den Fonds und die Bundesregierung. Die Vorwürfe reichen bis hin zu Folter. Mingo Bernards Dorf Badekok liegt am Rande des tropischen Odzala-Kokoua-Regenwaldes, einem der ältesten Nationalparks Afrikas. Bewaffnete Parkranger durchstreifen das Gebiet, um vom Aussterben bedrohte Arten wie Gorillas oder Waldelefanten zu schützen. Sie werden unter anderem geschult und bezahlt durch den Legacy Landscapes Fund. Für Mingo Bernard sind die Parkranger "Banditen" und "schlechte Menschen". Er zeigt sein eingerissenes linkes Ohr. Die Ranger, die er für seine Verletzungen verantwortlich macht, gehören zur Naturschutzorganisation African Parks Network. Als Grund für die Waterboarding-Folter hätten die Parkranger angegeben, Bernard und die anderen seien zu tief in einen verbotenen, besonders geschützten Bereich des Parks vorgedrungen. Der Park ist in verschiedene Zonen eingeteilt. Die Randzone dürfen Einheimische eigentlich zur Nahrungssuche nutzen. African Parks äußert sich nicht zu diesem konkreten Fall. Die Organisation teilt aber mit, sie sei kürzlich auf "potenzielle neue Vorwürfe" aufmerksam gemacht worden. Für die Untersuchung sei auch eine externe Anwaltskanzlei beauftragt worden. Allerdings mangele es bei den Vorwürfen an Details. Die "Wahrhaftigkeit bleibt unbekannt", so African Parks. Mehrere Berichte über Menschenrechtsverletzungen In den Dörfern um Badekok in der Republik Kongo finden sich weitere Berichte über Misshandlungen durch Parkranger. Eine Frau schildert ihre Vergewaltigung. Ein Bananenpflanzer zeigt Narben auf seinem Rücken, die von einer Folter mit brennenden Fackeln stammen sollen. Andere erzählen von Schlägen, Fesseln, Raub und Brandschatzung. Auf Anfrage bestätigt das Entwicklungsministerium, von Vorwürfen zu Menschenrechtsverstößen zu wissen. Sie hätten sich "im Laufe der Untersuchungen in zwei Fällen erhärtet". Darauf habe African Parks unter anderem mit "internen Untersuchungen", "Entlassungen" und "menschenrechtlichen Auffrischungstrainings" reagiert. Außerdem seien die Fälle der kongolesischen Justiz übergeben worden. African Parks verweist auf einen "Null-Toleranz-Ansatz", den es verfolge. Trotz aller Bemühungen "kann Missbrauch leider vorkommen", so die Organisation. Der Jäger Mingo Bernard fürchtet dennoch um sein Leben, sollte er wieder zu weit in den Regenwald hineingehen - und das, obwohl sein Volk, die indigenen Baka, seit Generationen von den Früchten und Tieren des Waldes lebt. Wegen der Gewalt von African Parks sei das nun kaum noch möglich. "Deutschland sollte die Parkranger nicht mehr finanzieren", fordert er. Eine Milliarde US-Dollar für den Artenschutz Das Bundesentwicklungsministerium hat den Legacy Landscapes Fund Ende 2020 ins Leben gerufen. Der Grund: Eine Million Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht. Die globale Artenvielfalt sinkt dramatisch, pro Tag sterben schätzungsweise bis zu 150 Pflanzen- und Tierarten aus. Inzwischen fördert der Fonds sieben als besonders wertvoll eingestufte Schutzgebiete. Jeder Park bekommt eine Million US-Dollar pro Jahr. Vor Ort übernehmen internationale Naturschutzorganisationen wie African Parks die konkreten Aufgaben - und werden dafür aus dem Fonds bezahlt. Neben der Bundesregierung beteiligen sich auch Frankreich, Norwegen und vermögende private Spender. Bis 2030 soll rund eine Milliarde US-Dollar zur Verfügung stehen. Auch die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warb prominent um weitere Beteiligungen für das Leuchtturmprojekt. Das Geld verwaltet eine eigens dafür eingerichtete gemeinnützige Stiftung: die Stiftung "Internationaler Naturerbe Fonds - Legacy Landscapes Fund". Verseuchte Flüsse in Bolivien Die ausgewählten Schutzgebiete liegen in Afrika, Asien und Südamerika. Eines davon ist der Madidi-Nationalpark in Bolivien. Er gilt als eines der artenreichsten Schutzgebiete der Welt. Eine Studie zählte in den Flüssen des Parks mehr als 300 Fischarten. Doch Fischer wie Oscar Lurici klagen, es würden immer weniger. Die Siedlung der indigenen Gemeinschaft Ese Ejjas liegt am Rande des Parks. Die Ese Ejjas leben vom Fischfang. Das Problem: Goldgräber buddeln sich mit Nassbaggern immer näher an das Herz des Madidi heran. Die Zuflüsse des Parks sind mit Quecksilber belastet - Rückstände aus dem Bergbau. "Wir fühlen uns schlecht", sagt Oscar Lurici. "Wir haben Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Schwindel und manchmal plötzlichen Sehverlust. Wir spüren also schon die Auswirkungen der Quecksilberverschmutzung in unseren Flüssen, weil wir viel Fisch konsumieren." Geld für zweifelhafte Umweltschützer Denn Bolivien ist eines der wenigen Länder, die den Einsatz von Quecksilber im Bergbau erlauben. Dennoch zeigen interne Dokumente zum Projekt in Bolivien, dass 46,4 Prozent der Fördermittel über Umwege an den bolivianischen Staat fließen sollen. Empfänger ist die staatliche Naturschutzbehörde SERNAP. Sie soll nun mit dafür sorgen, dass die deutschen Umweltziele umgesetzt werden. "Manchmal macht es die Sache schlimmer, wenn die Ressourcen kommen, unter solchen Bedingungen", sagt der Umwelt- und Politikwissenschaftler Marco Gandarillas. "Es verlängert die Qual einer Institution, die ihre Funktion nicht erfüllt." Auch das Bundesentwicklungsministerium fordert strukturelle Reformen in der bolivianischen Verwaltung, bestätigt aber nicht, dass knapp die Hälfte der Mittel an die Naturschutzbehörde fließen. Die Rede ist von nur 15 Prozent, die SERNAP über einen "Sub-Grant" erhalten habe. Repressalien gegen kritische Parkranger Lokale Ranger berichten außerdem, dass sie den illegalen Bergbau im Madidi nicht unabhängig melden können. Ansonsten drohten Repressalien - unter anderem von SERNAP, ihrem eigenen Arbeitgeber, dem deutschen Partner. Ein Parkranger erzählt beispielsweise, er sei zwangsversetzt worden, nachdem er sich kritisch über den Goldbergbau geäußert hatte. SERNAP sagt dazu, ein solcher Vorfall solle "von jetzt an nicht mehr passieren". Dabei ist es eigentlich Aufgabe von SERNAP, Strafverfahren gegen illegale Goldgräber im Madidi einzuleiten. Diese Behörde sei von den Interessen des Bergbausektors gesteuert, sagt Alex Villca, Sprecher der Indigenen-Vereinigung CONTIOCAP: "Es beunruhigt uns, dass diese Ressourcen in den Händen von Institutionen sind, die ihre Mission verloren haben, die ihre Ausrichtung verloren haben." Er fürchtet, dass die deutschen Mittel Institutionen stärken könnten, die beim Naturschutz bislang versagt hätten. SERNAP entgegnet, die bolivianische Regierung bekenne sich fest zum Umweltschutz, aber: "Wir hatten Führungspersonen und leitende Angestellte in den Institutionen, die ihre Aufgaben nicht erfüllt haben." Das Bundesentwicklungsministerium sagt, dass eine "angemessene und nachhaltige Verbesserung der Verwaltung von Schutzgebieten" nur in Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden erreicht werden könne. In Bolivien sei das eben SERNAP. Menschenrechtsrisiken waren vorab bekannt Interne Dokumente aus dem Bundesentwicklungsministerium zeigen: Obwohl öffentlich die Rechte indigener Gruppen betont werden, wissen die Beamten im Entwicklungsministerium und bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) offenbar früh, dass Menschenrechtsverletzungen bei dem Projekt wahrscheinlich sind. Schon vor dem Start des Legacy Landscapes Funds hatte es intern immer wieder Warnungen gegeben. Die KfW schätzte die allgemeinen Risiken der Förderung als "potenziell hoch" ein und warnte vertraulich, es könnten für indigene Gemeinschaften "Menschenrechtsrisiken entstehen". Die EU beteiligt sich bis heute nicht, obwohl Deutschland intensiv darum warb. In einer internen Mail vermerken deutsche Beamte: "Aufgrund der Menschenrechtsproblematik in den Schutzgebieten ist auch die EU-Kom (EU-Kommission, Anm. d. Redaktion) sensibilisiert." Profiteure wurden an interner Prüfstudie beteiligt Trotzdem halten Ministerium und KfW an den Plänen fest. Aber die Beamten wollen sich absichern. Die KfW fordert vor der Förderung eines Schutzgebietes eine unabhängige Studie, die vor Ort die Menschenrechtssituation überprüft. Aus der internen Korrespondenz geht allerdings hervor, dass in verschiedenen Ländern die lokalen Partner-NGOs an der Erstellung der Studien eng beteiligt worden sind - auch Mitarbeiter von African Parks in der Republik Kongo, der Organisation, der nun Folter vorgeworfen wird. Das Bundesentwicklungsministerium bestätigt die Beteiligung von African Parks an der Studie, sieht deren Aussagekraft aber nicht beeinträchtigt. Laut African Parks sei lediglich die Logistik der Studie unterstützt worden. Dem Ministerium zufolge konnten mit dem Legacy Landscapes Fund bereits "zahlreiche Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden": In der Republik Kongo nehmen demnach zum Beispiel 2.200 Kinder pro Jahr an Umweltschulungen teil. In Bolivien habe man die Produktion von Schattenkaffee und Vikunja-Wolle gefördert. Bei den Vereinten Nationen in New York kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz zuletzt an, dass Deutschland ab 2025 jährlich insgesamt 1,5 Milliarden Euro für den internationalen Biodiversitätsschutz bereitstellen werde. Entwicklungsministerin Svenja Schulze sagte dazu: "Ambitionierter Naturschutz ist zugleich auch kluge Entwicklungspolitik." Diese Recherche wurde durch ein Stipendium von "Journalismfund Europe" unterstützt. | /investigativ/wdr/artenschutz-deutschland-menschenrechte-indigene-100.html |
2024-01-09 | Wie sich die Australier für El Niño rüsten | Wetterphänomen | Das Wetterphänomen El Niño wird Australien einen extrem heißen und trockenen Sommer bescheren. Die betroffenen Farmer versuchen, Land und Tiere bestmöglich zu schützen - dabei greifen sie auch zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Von J. Johnston. | Das Wetterphänomen El Niño wird Australien einen extrem heißen und trockenen Sommer bescheren. Die betroffenen Farmer versuchen, Land und Tiere bestmöglich zu schützen - dabei greifen sie auch zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Von Jennifer Johnston Der Avocado-Farmer Timothy Kemp startet die Bewässerungsanlage. Unter jedem Baum dreht sich ein kleiner Sprinkler. "Ich wünsche mir mal wieder einen ganz normalen Sommer", sagt der Landwirt aus New South Wales. Doch nach drei sehr nassen Jahren erwarten Meteorologinnen und Meteorologen dieses Jahr das Gegenteil: Hitze und Trockenheit. Im Juli 2023 hat die Weltorganisation für Meteorologie das Wetterphänomen El Niño ausgerufen. Im September 2023 wurde es auch in Australien offiziell erklärt. Im Pazifikraum drohen extreme Wetterbedingungen wie Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen. El Niño taucht alle zwei bis sieben Jahre auf Seinen Höhepunkt erreicht das Wetterphänomen meist um die Weihnachtszeit, die Lateinamerikaner haben es daher El Niño getauft, was übersetzt "der Junge" heißt. Der Name bezieht sich auf das neugeborene Christkind, dessen Geburt zu Weihnachten, also dem Zeitpunkt des Auftretens des Wetterphänomens, gefeiert wird. Klimaforscher wie Andrea Taschetto von der University of New South Wales betonen, El Niño sei ein natürliches Wetterphänomen, das alle zwei bis sieben Jahre auftritt und das Wetter durcheinanderwirbelt. Taschetto zeigt auf eine Karte des Pazifischen Ozeans zwischen Südamerika und Australien. Im Osten, an der Küste Südamerikas, ist das Wasser rot gefärbt, dort ist die Wasseroberfläche derzeit heißer als üblich. Die Fläche zieht sich wie eine längliche Zunge in die Mitte des Pazifiks. Im Westen vor der Küste Australiens ist das Wasser kühler als üblich. "Als hätte jemand einen starken Föhn ausgestellt" In normalen Jahren weht der Wind über dem Pazifik von Ost nach West und drückt damit warme Wassermassen Richtung australischer Küste. Im Fall von El Niño verändert sich die Meeresströmung im Pazifik. Es sei, als hätte jemand einen starken Föhn ausgestellt, sagt Scott Heron von der James-Cook-Universität in Townsville. Das wärmere Oberflächenwasser staut sich vor der Küste Südamerikas, warme feuchte Luft steigt auf und führt zu starken Regenfällen. Die Ostküsten Australiens und Südostasiens hingegen leiden unter Hitze und Trockenheit. Viele kleine Feuer gegen ein großes Der australische Avocado-Farmer Kemp hofft, dass er gut durch den trockenen El-Niño-Sommer kommt. Von den verheerenden Buschbränden 2019/20 sei er wie durch ein Wunder verschont geblieben, erzählt er, während er über sein weites Land schaut. "Um ehrlich zu sein, wir hatten Todesangst. Mein Herz klopft immer noch, wenn ich daran zurückdenke. Wir hätten alles verlieren können." Das Feuer stoppte kurz vor seiner Farm, der Wind drehte. Weil es damals nicht gebrannt hat, ist nun besonders viel trockenes Grün am Waldboden. Das macht die Lage für ihn diesen Sommer besonders gefährlich. Es gibt viel Futter für ein Feuer. Kemp hat daher vorsorglich Grün zurückgebrannt. Dabei entzündet er mit Absicht kleinere Feuer und brennt kontrolliert kleinere Flächen ab, wenn das Wetter stabil und nicht windig ist. Er brenne maximal zwei Hektar ab, also eine Fläche etwa so groß wie drei Fußballfelder. Viele kleine Feuer seien einfacher als ein großes verheerendes. Dabei orientiere er sich am Vorbild der Indigenen Australiens, die seit Jahrtausenden diese Praxis verfolgen. Auswirkungen weltweit zu spüren Das natürliche Wetterphänomen El Niño dauert ungefähr ein Jahr und hat weltweite Auswirkungen. Die aufgeheizte Wasseroberfläche gibt Wärme an die Atmosphäre ab. Dadurch kann die Wärme sogar bis zu den Polen wandern und dort das antarktische Eis beeinflussen. Laut EU-Wissenschaftlern war 2023 wohl das heißeste Jahr seit 125.000 Jahren. Die australische Pferdezüchterin Sally Barberra sorgt für den El-Niño-Sommer vor. Sie stockt seit Wochen ihre Heuvorräte für die Tiere auf, da das Gras auf der Weide vertrocknet. Die Lieferung von zusätzlichem Wasser ist bestellt. "Wir fangen sonst Regenwasser auf vom Dach und leiten es in zwei Tanks. Aber ohne Regen bleiben die Tanks leer." Kurzfristig bedeute das trockene Wetter für sie höhere Kosten. Die Preise für Heu und Wasser gingen durch die Decke, sagt sie. In den vergangenen Tagen habe sich die Lage rund um Sydney ein wenig entspannt, da es immer mal wieder geregnet habe. Doch sie dürften sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. "Es reicht ein heißer Tag und es geht wieder los." Ein Land der Wetterextreme Das Wetterphänomen El Niño sei jedes Mal anders, sagt Klimaforscherin Taschetto. Doch trotz der ungewöhnlichen Niederschläge im Osten Australiens, die im Nordosten sogar zu schweren Überschwemmungen geführt haben, sei El Niño immer noch da und entwickele sich weiter. Die kurzfristigen untypischen Wetterereignisse würden daran nichts ändern. Australien ist ein Land der Wetterextreme. "Überschwemmungen, dann Dürre, Überschwemmungen, Buschfeuer. Das ist eben Australien", sagt Pferdezüchterin Barberra. Erst vor rund zwei Jahren stand ihr das Wasser auf dem Grundstück bis zum Hals. Sie zeigt auf die Hürden, über die ihre Pferde sonst springen. Sie seien nicht mehr zu sehen gewesen. Langfristig zerstörten Wetterextreme wie Überschwemmungen und Dürren ihr Land, die Koppeln, die Bäume. Dieses Schicksal teilt auch Farmer Kemp. Er hat seit 2020 durch schwere Überschwemmungen zwei Drittel seiner Avocadobäume verloren. Die Wurzeln sind durch die dauerhafte Nässe vergammelt. Jetzt macht er sich Sorgen wegen der Trockenheit. "Es ist, als würdest du mit einem preisgekrönten Boxer in den Ring steigen. Ein paar Schläge kannst du wegstecken. Aber wenn er dich mehrfach voll von rechts und links trifft, dann fällst du irgendwann um", sagt der Farmer in dritter Generation. Folgen werden immer dramatischer Das letzte extreme El-Niño-Event in Australien war 2016, davor 1998 und 1982. Dazwischen gab es mildere El-Niño-Jahre. Wie stark El Niño dieses Jahr wird, lässt sich noch nicht genau sagen. "Wir wissen, dass die Folgen von El Niños mit dem Klimawandel immer dramatischer werden", sagt Nicki Hutley, Mitglied des Australischen Klimarats. Zudem werde El Niño in Zukunft häufiger auftreten. "Obwohl es ein natürliches Phänomen ist, wird es von der Erderwärmung beeinflusst." Anders als die von Menschen verursachte Erderwärmung sei die Erwärmung in El-Niño-Jahren allerdings nur vorübergehend. Die Auswirkungen dürfe man jedoch nicht unterschätzen. Sie gingen durch alle Bereiche der Gesellschaft. El Niño verringert die Ernte vieler landwirtschaftlicher Produkte. Im Jahr 2022/23 hatte Australien eine Rekordernte von rund 40 Millionen Tonnen Weizen wegen des nassen La-Niña-Wetters. Wegen des gegenteiligen Wetterphänomens El Niño, das Trockenheit bringt, könnte sich die Ernte etwa halbieren. Auf Baustellen kann wegen der Hitze nicht gearbeitet werden, mehr Menschen entwickeln Krankheiten wie Asthma, Allergien oder Herzprobleme. Sorge vor Naturkatastrophen ist groß Pferdezüchterin Barberra sagt, das Wetter sei bei den Farmern ein Dauerthema. Sie arbeitet nebenher noch als Verkäuferin in einem Futtermitteladen in der Nachbarschaft. "Ich denke, das ist der Hauptgrund, warum viele Farmer psychische Probleme haben. Ihr Leben hängt komplett vom Wetter ab." Eine aktuelle Umfrage unter australischen Farmern zeigt, dass 30 Prozent versucht haben, Suizid zu begehen oder sich selbst verletzt haben. Alle zehn Tage nehme sich ein Farmer in Australien das Leben. Das sei eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit wie im Durchschnitt der australischen Bevölkerung, erklärt die National Farmers Federation. Als Hauptgründe für die Sorgen werden das Wetter und Naturkatastrophen genannt. Auswirkungen auf das Great Barrier Reef Eine Erhöhung der Wassertemperatur durch El Niño könnte auch Auswirkungen auf Australiens berühmtes Great Barrier Reef haben. "Wir vermuten, dass die Temperaturen bis April so hoch sind, dass es zu einer Korallenbleiche am Great Barrier Reef kommen kann", sagt Scott Heron von der James-Cook-Universität. Je nachdem wie schwer die Bleiche ist und wie lange sie dauert, hat dies Auswirkungen auf das Korallenwachstum und ihre Fortpflanzung. Wenn die Bleiche zu lange dauert, kann dies zum vollständigen Absterben der Korallen führen. Das wäre verheerend, weil das Great Barrier Reef nicht nur Lebensraum für Millionen Lebewesen unter Wasser ist, sondern auch für viele Menschen an Land, die von einem gesunden Riff leben. Australien ist nur eine von vielen Regionen in der Welt, die von El Niño betroffen sind - wie schwer, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. | /wissen/klima/el-nino-108.html |
2024-01-09 | Doktor in Not - Heilung beim Minister? | Hausärzte bei Lauterbach | Zu viel Bürokratie, keine gerechte Bezahlung - dagegen haben die Hausärztinnen und Hausärzte zuletzt immer wieder protestiert. Heute sind sie zum Krisengespräch bei Gesundheitsminister Lauterbach. Von N. Bader und V. Wolfskämpf. | Zu viel Bürokratie, keine gerechte Bezahlung - dagegen haben die Hausärztinnen und Hausärzte zuletzt immer wieder protestiert. Heute sind sie zum Krisengespräch bei Gesundheitsminister Lauterbach. Von Nadine Bader, Vera Wolfskämpf Die Wartezimmer sind voll, nicht nur in der Erkältungszeit. Und einige Hausarztpraxen nehmen schon längst keine neuen Patienten mehr auf. Kein Wunder, sagt Markus Beier - er ist Co-Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes und arbeitet in einer Gemeinschaftspraxis in Bayern. Bundesweit fehlten jetzt schon 5.000 Praxen. Für die anderen Praxen heißt das: Sie müssen mehr Patientinnen und Patienten übernehmen. "Wer in unsere Praxen muss, der weiß, es gibt Schlangen, es gibt Wartezeiten", sagt Beier. Praxisalltag: 60 Tage im Jahr Papierkram Und es könnte noch schwieriger werden: Wer will schon eine Praxis gründen oder übernehmen, wenn die Belastungen zu groß sind? Die Berufsverbände klagen über die zunehmende Bürokratie. Rund 60 Tage im Jahr verbringen Praxen mit Papierkram, statt sich in dieser Zeit um Kranke zu kümmern. Die Digitalisierung macht zusätzliche Probleme: Ob E-Rezept oder elektronische Patientenakte, vieles funktioniert noch nicht gut. Dazu kommen Überprüfungen durch die Krankenkassen. Dabei kann es vorkommen, dass die Kassen zum Beispiel bestimmte verordnete Medikamente beanstanden. Krankenkassenkontrollen: großer Aufwand, geringer Nutzen? Für Nicola Buhlinger-Göpfarth, Co-Vorsitzende vom Hausärztinnen- und Hausärzteverband, ist das nur teilweise nachvollziehbar, etwa wenn es sich um teure Medikamente handelt. "Aber bei Beträgen unter 100 Euro ist der Prüfauftrag für die Kassen oder der Aufwand der Beantwortung für die Ärzte größer als das, was die Kassen dann am Ende sparen", sagt die Hausärztin, die in einer Gemeinschaftspraxis in Baden-Württemberg arbeitet. Ein weiteres Beispiel: Nachfragen der Kassen, etwa wenn ein Patient oder eine Patientin über einen längeren Zeitraum krankgeschrieben wird. Standardmäßig komme dann eine Anfrage vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen, warum die Krankschreibung nötig ist. Am liebsten würde sie dann antworten: "Siehe Diagnose", sagt Buhlinger-Göpfarth. Einsicht beim Minister: weniger Bürokratie, aber wie? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verspricht schon länger Erleichterungen. Dass es nicht nur bei Kliniken, sondern auch im ambulanten Bereich Reformen braucht, ist offenkundig. Insbesondere in der überbordenden Bürokratie sieht Lauterbach einen legitimen Kritikpunkt. Anfang November hatte er bereits ein sogenanntes Bürokratieentlastungsgesetz angekündigt. Die Praxen bräuchten bessere Arbeitsbedingungen, räumt Lauterbach ein. Daran arbeite man schon seit einiger Zeit im Ministerium. Darum geht es nun beim Krisengespräch mit den Berufsverbänden. Sie hoffen darauf, dass es bald konkret wird. Auch bei den Honoraren: Einer allgemeinen Erhöhung hat SPD-Minister Lauterbach zwar eine Absage erteilt. Vor allem die Fachärzte seien im internationalen Vergleich gut bezahlt. Aber Lauterbach spricht von einer Ungleichverteilung der Honorare. Er hält eine Entbudgetierung bei den Hausärzten für notwendig. Hausärzte setzen auf Ende der Budgetierung Entbudgetierung - dahinter verbirgt sich Folgendes: Für jede Behandlung gibt es Geld von der Krankenkasse. Insgesamt ist die Summe jedoch gedeckelt, auf ein Budget. Wenn die Praxen mehr behandeln, bekommen sie ihre Kosten nicht voll erstattet. Für Kinder- und Jugendärzte hat die Regierung das bereits geändert. Sie bekommen seit April 2023 fast alle Untersuchungen und Behandlungen in voller Höhe vergütet. SPD-Minister Lauterbach will so auch bei den Hausärztinnen und Hausärzten verfahren. Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf geeinigt: "Wir heben die Budgetierung der ärztlichen Honorare im hausärztlichen Bereich auf", heißt es darin. Doch bisher gibt es nur die Ankündigung von Lauterbach. Regelungen für einen konkreten Gesetzentwurf dazu stehen noch aus. Womöglich verzögern auch die geringen finanziellen Spielräume das Vorhaben. Die Finanzsituation der Kassen bleibt angespannt. Das von Lauterbach ebenso angekündigte Konzept für eine nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung steht noch aus. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen GKV jedenfalls sieht die geplante Entbudgetierung kritisch. Sprecher Florian Lanz erklärt, die Deckelung solle dafür sorgen, "dass Patientinnen und Patienten nicht unnötige Leistungen bekommen". Er befürchtet, dass ansonsten nur deshalb jemand wieder einbestellt werden könnte, damit am Ende mehr Geld abgerechnet werden könne. Den Kassen gehe es darum, dass "die Ausgaben für die Arzthonorare nicht ins Uferlose steigen." Hoffnung auf konkrete Gesetze Markus Beier vom Hausärzteverband weist das zurück. Im hausärztlichen Bereich hätten die Kolleginnen und Kollegen überhaupt keine Zeit dafür, mehr zu erbringen, als das, was ihnen von den Patientinnen und Patienten abgefordert werde. "Irgendwelche Extrarunden drehen, dafür fehlt uns schlicht die Zeit", sagt Beier. Schon die tägliche Arbeit bereite genug Probleme. Die alle zu lösen, ist in einem Gespräch mit dem Bundesgesundheitsminister wohl nicht möglich. Deshalb hofft der Hausärzteverband auf konkrete Gesetze und mehr Austausch. | /inland/innenpolitik/lauterbach-hausaerzte-krisengespraech-100.html |
2024-01-09 | Lose Schrauben bei mehreren Boeing-Fliegern gefunden | US-Fluggesellschaften | Lose Schrauben an mehreren 737 Max 9 verschiedener US-Fluggesellschaften verschärfen die Krise beim Hersteller Boeing nach dem jüngsten Zwischenfall mit dem Pannenflugzeug. United Airlines und Alaska Airlines entdeckten das Problem bei mehreren Flugzeugen. | Lose Schrauben an mehreren 737 Max 9 verschiedener US-Fluggesellschaften verschärfen die Krise beim Hersteller Boeing nach dem jüngsten Zwischenfall mit dem Pannenflugzeug. United Airlines und Alaska Airlines entdeckten das Problem bei mehreren Flugzeugen. Bei Inspektionen von Flugzeugen des Typs Boeing 737 Max 9 haben die US-Fluggesellschaften United Airlines und Alaska Airlines lose Schrauben an dem Rumpf-Bauteil gefunden, das vor wenigen Tagen während des Flugs einer solchen Maschine herausgebrochen war. Beide Fluggesellschaften machten keine Angaben dazu, bei wie vielen Flugzeugen das Problem festgestellt wurde. Eine United-Sprecherin sagte, die Airline habe insgesamt 79 Maschinen des Typs. Bei Inspektionen seien mutmaßliche Mängel im Zusammenhang mit dem Einbau von Abdeckplatten entdeckt worden, die einen nicht benötigten Notausgang verschließen, erklärte die Fluggesellschaft. Offenbar mindestens fünf United-Maschinen betroffen So habe es bei United Schrauben gegeben, die nachgezogen werden mussten. Beim Einbau der Abdeckplatte handelt es sich um eine Konfiguration, die Boeing anbietet, wenn die Anzahl der vorhandenen Notausgänge im Hinblick auf die Anzahl der Sitze im Flugzeug bereits ausreichend ist. Nach Informationen der Website "The Air Current" wurden die losen Schrauben und andere Probleme mit dem Bauteil bei mindestens fünf United-Maschinen gefunden. Ein mit der Angelegenheit vertrauter Insider sprach gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sogar von bereits 10 betroffenen United-Maschinen. "Das ändert alles, weil es jetzt ein Flottenproblem ist. Es ist ein Problem der Qualitätskontrolle", sagte der US-Flugsicherheitsexperte John Cox. Die Ermittler hatten am Sonntag erklärt, es sei noch zu früh, um die Ursache zu bestimmen. Bauteil verschließt Türöffnung Die US-Luftfahrtaufsicht FAA hatte am Wochenende angeordnet, Flugzeuge am Boden zu lassen und zu inspizieren. Bei einem Flug von Alaska Airlines am Freitag riss das Teil plötzlich kurz nach dem Start im Steigflug heraus. Die 171 Passagiere kamen weitgehend mit dem Schrecken davon. Experten zufolge ist das auch glücklichen Umständen zu verdanken: Niemand saß unmittelbar an dem herausgebrochenen Teil und alle Passagiere waren in dieser Flugphase noch angeschnallt. In der Europäischen Union sind laut der hiesigen Behörde EASA keine Flugzeuge von den Stilllegungen und Inspektionen betroffen. Neue Zweifel an Fertigung von Boeings 737 Max-Reihe Der Vorfall weckt bei Branchenexperten neue Zweifel an der Fertigung der 737 Max. "Es war wirklich wichtig herauszufinden, ob nur dieses eine Flugzeug am Freitagabend betroffen war", sagte Anthony Brickhouse, Flugsicherheitsexperte an der Embry-Riddle Aeronautical University. "Die Tatsache, dass United jetzt mehrere Flugzeuge mit losen Schrauben gefunden hat, bedeutet, dass die Untersuchung ausgeweitet wird." Der Aktienkurs von Boeing fiel am Montag um acht Prozent. Kritik an Alaska Airlines wegen Entschluss, Boeing starten zu lassen Derweil steht auch Alaska Airlines unter Erklärungsdruck. Experten werfen angesichts der Entscheidung der Fluggesellschaft, die Boeing 737-9 Max aufgrund von Warnungen eines Kabinendrucksystems nur noch über Land fliegen zu lassen, die Frage auf, ob das betroffene Flugzeug überhaupt einsatzfähig war. Steven Wallace, ein Berater für Flugsicherheit und ehemaliger Leiter von Unfalluntersuchungen der US-Luftfahrtbehörde FAA, verlangte Auskunft darüber, warum die Verantwortlichen Angst vor dem Einsatz des Flugzeugs über dem Meer gehabt hätten. "Das muss von Alaska Airlines beantwortet werden", so Wallace. Alan Diehl, ein ehemaliger Unfallermittler sowohl für die Verkehrssicherheitsbehörde NTSB als auch für die FAA, kritisierte, die Airline hätte das Flugzeug nicht einsetzen dürfen. Er sagte jedoch auch, dass die Entscheidung, das Flugzeug nicht mehr für Flüge nach Hawaii einzusetzen, möglicherweise eine Katastrophe verhindert habe. | /wirtschaft/united-airlines-boeing-737-max-schrauben-locker-100.html |
2024-01-09 | Warum Biden über den Öl-Boom kaum spricht | Vier Milliarden Barrel gefördert | 2023 haben US-Ölfirmen so viel "schwarzes Gold" aus dem Boden der Vereinigten Staaten geholt wie noch nie. Der Boom hat geholfen, die Benzinkosten wieder zu senken. US-Präsident Biden steckt dennoch in der Zwickmühle. Von J. Kastein. | 2023 haben US-Ölfirmen so viel "schwarzes Gold" aus dem Boden der Vereinigten Staaten geholt wie noch nie. Der Boom hat geholfen, die Benzinkosten wieder zu senken. US-Präsident Biden steckt dennoch in der Zwickmühle. Von Julia Kastein Neulich im Sender Fox News: Donald Trump wurde gefragt, ob er wirklich ein Diktator werden will. "Nein, nein, nur am ersten Tag", sagte der Ex-Präsident. Und an diesem ersten Tag nach seiner Wahl wolle er die Grenze dicht machen und "bohren, bohren, bohren". Tatsächlich passiert das längst. Und zwar in Rekord-Mengen: Über 13 Millionen Barrel Öl am Tag wurden im vergangenen Jahr in den USA aus der Erde gesprengt und gepumpt. Das ist so viel wie nie. Und das, obwohl Trumps Nachfolger Joe Biden sich gerne als Klima-Präsident präsentiert und mittelfristig den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern plant. Preisanstieg kurbelte die Förderung an Aber der Demokrat stecke in einer Zwickmühle, sagt Jacob Kirkegaard von der Washingtoner Denkfabrik Peterson Institute for International Economics: "Es gibt da eine Spannung, zwischen dieser Menge an Öl und Bidens Klima-Agenda, die natürlich ein wichtiger Teil seiner Wahlkampf-Agenda ist." Vor allem in Texas sprudelt das Öl wie selten: über 40 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Das sei eine verspätete Reaktion auf den enormen Preisanstieg nach Beginn des Ukraine-Krieges, erklärt Kirkegaard. Die Öl-Produzenten hätten danach mehr Bohranlagen gebaut: "Aber dann dauert es noch mal zehn bis zwölf Monate, bis die Produktion tatsächlich ansteigt." Klimaschützer beklagen Wortbruch Die Biden-Regierung unterstützt den Boom: Sie erteilte mehr Bohrgenehmigungen auf staatlichem Boden als die Trump-Regierung. Beispielsweise auch für das größte und umstrittenste Fördergebiet - das "Willow-Project" in Alaska. Der texanische Energie-Konzern ConocoPhillips will dort in der Arktis die noch schlummernden Reserven anzapfen. Es geht um fast neun Milliarden Barrel Rohöl. Umwelt- und Klimaschützer sind entsetzt, da die geplanten Ölanlagen dort unter anderem die Lebensräume von Eisbären zerstören. Und weil Biden damit eines seiner Wahlkampf-Versprechen gebrochen hat. Aber da das Land schon vorher an die Öl-Firmen verpachtet worden sei, hätte die Regierung keine andere Wahl gehabt, lautet die Rechtfertigung aus dem Weißen Haus. Biden rügt Konzerne für ausbleibende Investitionen Biden selbst spricht möglichst wenig über den Öl-Boom. Wenn überhaupt, dann lobt er sich dafür, dass die Benzin-Preise inzwischen von über fünf US-Dollar wieder auf durchschnittlich drei US-Dollar pro Gallone gesunken sind. Das sind rund 70 Euro-Cent pro Liter. Oder er kritisiert die Öl-Konzerne: Die hätten Rekord-Profite eingestrichen, aber kaum etwas in den Ausbau der Produktion investiert. "Skandalös" sei das, sagte Biden bei seiner Rede zur Lage der Nation im Februar 2023. Aber auf seinen Hinweis, die USA seien noch mindestens zehn Jahre auf fossile Energieträger angewiesen, erntete Biden damals Hohngelächter von den Republikanern. Ein politisches Plus für den Präsidenten? Denn genau wie der Ölindustrie geht den meisten Republikanern Bidens Politik nicht weit genug: "Es könnte noch viel mehr Öl gefördert werden, wenn es eine Regierung gäbe, die fossile Energieträger unterstützt", sagte Rick Perry, ehemaliger Energie-Minister in der Trump-Regierung und Ex-Gouverneur von Texas, kürzlich im Sender CNBC. "Aber die Biden-Regierung tut das nicht." Für den Energiepolitik-Experten Kirkegaard bedeutet die Rekord-Öl-Produktion und die deshalb gesunkenen Benzinpreise in der Summe ein politisches Plus für Biden. Die linke Basis, die Klimaaktivisten, lautet seine Prognose, werden den Demokraten im November trotzdem wählen. Vor allem wenn die Alternative Trump ist. Deshalb sei es politisch klüger, sich vor allem "den preisbewussten Wechselwählern zu empfehlen", erklärt Kierkegaard, und weiter dafür zu sorgen, dass sich die Benzinpreise in einem politisch verträglichen Bereich bewegen. | /ausland/amerika/oelbohrungen-arktis-usa-100.html |
2024-01-09 | Die NRA im Visier der Justiz | Prozessauftakt in New York | In New York hat der Prozess gegen mehrere hochrangige Führungsmitglieder der US-Waffenlobby begonnen. Der Vorwurf lautet Veruntreuung - doch auch politisch ist der Prozess hochbrisant. Von Antje Passenheim. | In New York hat der Prozess gegen mehrere hochrangige Führungsmitglieder der US-Waffenlobby begonnen. Der Vorwurf lautet Veruntreuung - doch auch politisch ist der Prozess hochbrisant. Von Antje Passenheim Praktisch kopflos tritt die mächtigste US-Waffenlobbygruppe in Manhattan vor Gericht. Trotz seines kurz zuvor angekündigten Rücktritts erscheint auch NRA-Chef Wayne LaPierre persönlich. New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James hat klar gemacht, dass sie den Prozess - mit oder ohne ihn an der Spitze - wie geplant durchziehen werde. Dabei hatte sich die Demokratin bereits verhoben, als sie im August 2020 erklärte: "Mein Büro hat eine Klage gegen die National Rifle Association erhoben, um die Organisation zu zerschlagen. Für Jahre der Selbstbereicherung und illegaler Machenschaften, die New Yorks Gesetz und ihre eigene Mission unterwandern." Die Zerschlagungspläne hat bereits ein Gericht durchkreuzt. Die Vorwürfe reichten nicht dafür aus. Doch sie tun es, um führende Gesichter der mächtigsten Waffenlobby der Welt an ihrem Gründungsort New York vor ein Geschworenengericht zu bringen. Der Veruntreuung angeklagt LaPierre und drei weitere - teils ehemalige - hochrangige NRA-Vertreter sollen Mitgliedsbeiträge und Spenden in Millionenhöhe für private Ausgaben abgezwackt haben. Die Jury soll nun entscheiden, welche Summen sie zurückzahlen müssen. Mit einem Angeklagten hatte sich das Gericht zuvor in einem Vergleich geeinigt. Aber Generalstaatsanwältin James gehe es vor allem darum, die NRA zu beschädigen, meint Strafverteidiger Ken Belkin im privaten Fernsehsender Scripps News aus dem Mittleren Westen: "Sie wird viel interne Kommunikation einbringen, mit der die NRA sich schadet. Oder sie wird sie zumindest schädlich erscheinen lassen." Staatsanwältin sagt NRA den Kampf an Die New Yorkerin James macht daraus keinen Hehl. Mit dem Prozess will sie zeigen: Auch die NRA ist in den USA, wo sich 40 Prozent aller Schusswaffen der Welt befinden, nicht unantastbar. "Der Einfluss der NRA wurde so groß, dass die Organisation über Jahrzehnte unkontrolliert blieb, während ihre Top-Funktionäre Millionen von Dollar in ihre Taschen gewirtschaftet haben", so James' Vorwurf. Besonders schwere Vorwürfe gegen Ex-NRA-Chef Besonders kräftig soll "das Gesicht" der gemeingütigen Organisation zugelangt haben. Wayne LaPierre soll auf NRA-Kosten mehrfach mit seiner Familie Luxus-Urlaube auf den Bahamas gemacht haben. Er soll Spendengelder in teure Anzüge und biedere Schuhe investiert haben. Dabei gilt der heute 74-Jährige gebürtige New Yorker als derjenige, der den Verband mit rund fünfeinhalb Millionen Mitgliedern vom harmlosen Sportschützenverein zur aggressiven politischen Kampfmaschine gebracht hat. Seit er 1991 den Job als geschäftsführender Vizepräsident übernahm, hat LaPierre sich knallhart allen Versuchen in den Weg gestellt, auch nur kleinste und noch so sinnvolle Beschränkungen zum Besitz und Kauf von Waffen zu beschließen. Kurz nachdem ein junger Mann 2012 in der Sandy Hook Grundschule in Connecticut 20 Kinder erschossen hatte, riet LaPierre dem schockierten Land, zum Schutz der Kinder doch alle Lehrer zu bewaffnen. LaPierres Drohung an die Politik Der frühere Demokrat LaPierre ist ein beinharter Unterstützer des Trump-Lagers und in seiner Haltung zu Waffen oft drastischer als der Ex-Präsident selbst. Dabei galt der blasse, hagere Mann mit dem angeblich weichen Händedruck in seiner Umgebung immer mehr als Aktenfresser denn als Waffennarr. Bei Schießübungen soll er ausgelacht worden sein. Die Jagd habe er gehasst. Und im Magazin "Vanity Fair" verglich ein NRA-Kollege Wayne LaPierres Rückgrat gar mit dem eines Schokoladen-Eclairs. Nach Außen gab er dagegen den harten Knochen und drohte Waffengegnern: "Politiker, die Waffen hassen, sollten abends ängstlich zu Bett gehen, wenn sie daran denken, was dieser Verband und seine Millionen Mitglieder ihren politischen Karrieren antun können." New Yorks Generalstaatsanwältin ließ sich nicht einschüchtern. Der Prozess soll bis zu zwei Monate dauern. Bis dahin wird die NRA voraussichtlich einen neuen Boss haben. | /ausland/amerika/nra-waffenlobby-usa-prozess-100.html |
2024-01-09 | ++ Israel meldet Tötung von Hamas-Anführer in Syrien ++ | Krieg in Nahost | Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge einen Raketenexperten der islamistischen Hamas in Syrien getötet. In Tel Aviv und anderen Städten Israels wurde Raketenalarm ausgelöst. Die Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. | Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge einen Raketenexperten der islamistischen Hamas in Syrien getötet. In Tel Aviv und anderen Städten Israels wurde Raketenalarm ausgelöst. Die Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen. Israel meldet Tötung von Hamas-Anführer in SyrienErneut Raketenalarm in Zentralisrael Hisbollah bestätigt Tod von Kommandeur Wissam Al-Tauil Sicherheitskreise: Hisbollah-Kommandeur im Libanon getötet Baerbock ruft zum Schutz von Zivilisten aufReporter ohne Grenzen kritisiert Israel scharfBlinken warnt vor einer Ausweitung des Konflikts Ende des Liveblogs Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse. Blinken ist zu Gesprächen in Israel gelandet US-Außenminister Anthony Blinken ist im Rahmen seiner Nahost-Vermittlungsreise am Montagabend in Israel eingetroffen. Zuvor hatte er Gespräche in Saudi-Arabien mit Kronprinz Mohammed bin Salman geführt. Bei Treffen in Tel Aviv am Dienstag unter anderem mit seinem neuen israelischen Kollegen Israel Katz dürfte es darum gehen, wie ein Übergreifen des Gaza-Kriegs auf andere Teile der Region - insbesondere den Libanon - verhindert werden kann. Auch die Frage, wie es im Gazastreifen nach einem Ende des Kriegs weitergehen könnte, dürfte erörtert werden. Baerbock in Ägypten eingetroffen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist im Rahmen ihrer Nahost-Reise am Montagabend in der ägyptischen Hauptstadt Kairo eingetroffen. Sie will am Dienstagmorgen in Ägyptens neuer Verwaltungshauptstadt nahe Kairo ihren Kollegen Samih Schukri für eine Unterredung treffen. Zuvor war Baerbock in Israel und im Westjordanland; am Dienstagabend reist sie dann weiter in den Libanon. Israel: Unterirdische Waffenfabrik entdeckt Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge im Gazastreifen "die größte Waffenproduktionsstätte" der Hamas seit Beginn des Krieges gegen die islamistische Palästinenserorganisation entdeckt. Einige der Tunnelschächte mit den darin lagernden Raketen und Granaten in Bureidsch im Zentrum des Gazastreifens seien 30 Meter tief, erklärte die Armee. Die Tunnel seien Teil eines Netzwerks, das Hamas-Kämpfer im gesamten Gazastreifen verbinde. Blinken: Staaten der Region wollen Wiederaufbau mitplanen Vier arabische Staaten und die Türkei haben nach Aussage von US-Außenminister Antony Blinken ihre Bereitschaft signalisiert, gemeinsam mit den USA Planungen für den Wiederaufbau und die Verwaltung des Gazastreifens nach dem Krieg zu beginnen. Bei seinen Besuchen in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, Jordanien und der Türkei habe er die Zusicherung erhalten, dass diese Staaten eine Beteiligung an solchen Plänen in Erwägung ziehen würden, sagte Blinken nach einem Treffen mit dem saudischen Thronfolger und De-facto-Machthaber Mohammed bin Salman am königlichen Wintersitz in Al Ula. Diese Staaten hatten sich bisher geweigert, mit den USA eine Zukunft für den Gazastreifen zu planen, solange Israel nicht in eine Waffenruhe dort einwilligt. Laut Blinken seien diese Staaten jetzt offener für solche Planungen und würden jeweils darüber nachdenken, wie sie sich beteiligen können. Einzelheiten, wie diese Beteiligung aussehen könnte, nannte der US-Außenminister nicht. Habeck zu Krieg in Nahost: "Es muss wieder Frieden geben" Bei einer Reise in mehrere Länder des Nahen Ostens will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angesichts Kriegs in Nahost den Dialogprozess in der Region unterstützen. "Es muss wieder Frieden geben. Die palästinensische Bevölkerung braucht eine klare Perspektive hin zu einer Zweistaatenlösung", sagte Habeck vor dem Abflug nach Oman. "Israel braucht Schutz und hat das Recht, sich zu verteidigen. Aber vor allem muss das Töten jetzt auch aufhören", forderte er. Biden will Israel zur Reduzierung des Militäreinsatzes bewegen US-Präsident Joe Biden will Israel nach eigenen Worten davon überzeugen, den Militäreinsatz im Gazastreifen stark herunterzufahren. Er setze sich in vertraulichen Gesprächen mit der israelischen Regierung dafür ein, die israelische Militärpräsenz in dem Palästinensergebiet zu verringern und einen "erheblichen" Teil der Soldaten abzuziehen, sagte Biden bei einem Besuch in Charleston im US-Bundesstaat South Carolina. Israel: Haben Hamas-Anführer in Syrien getötet Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge einen Raketenexperten der islamistischen Hamas in Syrien getötet. Hassan Hakascha sei für Raketenbeschuss Israels aus Syrien in den vergangenen Wochen verantwortlich gewesen, teilte die Armee mit. Er habe Hamas-Terrorzellen dirigiert, die aus dem nördlichen Nachbarland Raketen auf israelisches Territorium abgefeuert hätten. Hakascha sei in dem Ort Beit Dschinn südwestlich von Damaskus in der Nähe der israelisch besetzten Golanhöhen getötet worden. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht mitgeteilt. "Wir werden keinen Terrorismus von syrischem Territorium zulassen und Syrien für alle Aktivitäten verantwortlich machen, die von seinem Territorium ausgehen", erklärte die Armee weiter. Normalerweise äußert sich Israel nicht zu Angriffen auf Gegner im Ausland. Nur Stunden zuvor war im Libanon ein wichtiger Kommandeur der Schiitenmiliz Hisbollah, Wissam al-Tauil, bei einen mutmaßlich israelischen Drohnenangriff getötet worden. Dafür gab es von israelischer Seite ebenso wenig eine Bestätigung wie für den ebenfalls mutmaßlich von Israel ausgeführten tödlichen Angriff auf den zweithöchsten Anführer der Hamas im Ausland, Saleh al-Aruri, am vergangenen Dienstag in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Kronprinz betont Bedeutung der Beendigung der Militäroperationen in Gaza-Erklärung Der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman hat betont, wie wichtig es sei, die Militäroperationen im Gazastreifen zu beenden und einen Weg zum Frieden zu finden, berichtete die staatliche saudische Nachrichtenagentur SPA. Die Äußerungen des Kronprinzen erfolgten anlässlich eines Besuchs des US-Außenministers Antony Blinken in der Stadt Al Ula. Er erklärte auch, dass die Bedingungen für die Wiederherstellung der Stabilität und des Friedens geschaffen werden müssten, um sicherzustellen, dass das palästinensische Volk seine legitimen Rechte erhalte und ein gerechter und dauerhafter Frieden erreicht werde. UN fordern Rechenschaft für Verbrechen gegen Israeli Experten der Vereinten Nationen (UN) fordern, die Täter brutaler Tötungen, Entführungen und Sexualverbrechen gegen Israelis am 7. Oktober 2023 juristisch zur Rechenschaft zu ziehen. "Die wachsende Zahl an Beweisen für die Berichte über sexuelle Gewalt ist besonders erschütternd", sagten Alice Jill Edwards, die UN-Sonderberichterstatterin für Folter und Morris Tidball-Binz, UN-Sonderberichterstatter für willkürliche Hinrichtungen. Edwards und Tidball-Binz wiesen auf mutmaßliche Gruppenvergewaltigungen sowie Verstümmelungen und Schusswunden in den Genitalbereich hin. Dabei handle es sich nicht nur um sexuelle Folter und Kriegsverbrechen, sondern möglicherweise auch um Verbrechen gegen die Menschlichkeit. "Es gibt nichts, was dieses Taten rechtfertigt", sagten sie. Die Fachleute forderten die Anerkennung aller Opfer sowie die Untersuchung und juristische Verfolgung der Taten. Die beiden Fachleute richteten ihre Forderungen an palästinensische Vertreter und an die Hamas. Eine Kopie ihres Briefes ging an Israel. Erneut Raketenalarm in Zentralisrael In südlichen Vorstädten der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv und auch weiter östlich im Zentrum des Landes hat es nach Angaben der Armee erneut Raketenalarm gegeben. Die Sirenen heulten und auch in Tel Aviv selbst waren dumpfe Explosionen in der Ferne zu hören, Fensterscheiben klirrten. In den betroffenen Gebieten eilten Menschen in die Schutzräume. Angaben zu Schäden oder Opfern gab es zunächst nicht. Die Explosionen rührten vermutlich von Israels Raketenabwehrsystem "Iron Dome" (Eisenkuppel) her, das anfliegende feindliche Raketen noch in der Luft zerstört. Militante Palästinenser aus dem Gazastreifen hatten zuletzt in der Neujahrsnacht Raketen Richtung Tel Aviv abgefeuert. Laut Militärangaben sind seit Beginn des Gaza-Krieges mehr als 13.000 Raketen von dem Küstenstreifen aus auf Israel abgefeuert worden. Rund ein Fünftel davon schlug noch im Gazastreifen selbst ein. Scholz mahnt Schutz der Zivilbevölkerung an Bundeskanzler Olaf Scholz hat im Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas einen besseren Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen gefordert. "Die israelische Regierung muss alles in ihrer Macht Stehende dafür tun, dass die Zivilbevölkerung in Gaza in diesem Konflikt besser geschützt wird und deutlich besseren Zugang zu humanitären Hilfeleistungen erhält", sagte Scholz in Berlin bei einer Pressekonferenz mit dem luxemburgischen Ministerpräsidenten Luc Frieden. Es stehe fest, dass Israel "im Rahmen des humanitären Völkerrechts handeln" müsse. "Die humanitäre Versorgung in den palästinensischen Gebieten ist prekär, die Warnungen internationaler Hilfsorganisationen dürfen nicht ignoriert werden", sagte Scholz. Der SPD-Politiker betonte jedoch, der Krieg könne "sofort enden". Die islamistische Palästinenserorganisation Hamas müsse ihr "menschenverachtendes Treiben beenden", zwei Millionen Bewohner des Gazastreifens müssten "aus der Geiselhaft entlassen" werden und die Hamas-Führung müsse sich ergeben. Blinken spricht mit Saudi-Arabiens Kronprinzen Bei seiner Nahost-Mission ist US-Außenminister Antony Blinken in Saudi-Arabien mit dem Kronprinzen und De-facto-Herrscher Mohammed bin Salman zusammengetroffen. Bei dem privaten Treffen in der historischen Oase al-Ula sollte es laut einem hochrangigen US-Beamten darum gehen, wie eine Ausweitung des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf die Region verhindert werden kann. Auch die Angriffe der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen dürften bei dem Treffen demnach erörtert worden sein. Zudem sollte auch eine mögliche Normalisierung der Beziehungen zu Israel zur Sprache kommen, nachdem die ersten Gespräche darüber wegen des Krieges zwischen Israel und der Hamas auf Eis gelegt worden waren. Video von mutmaßlicher israelischer Geisel veröffentlicht Die militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad hat ein Video veröffentlicht, in dem nach ihren Angaben eine aus Israel in den Gazastreifen entführte Geisel zu sehen ist. In dem Video des bewaffneten Arms der Organisation fordert der Mann die israelischen Behörden auf, sich für seine Freilassung einzusetzen und an einem Austausch mit palästinensischen Gefangenen zu arbeiten. Er spricht auf Englisch und Hebräisch und sagt, es sei Freitag, der 5. Januar. UN beklagt Tod von Journalisten in Gaza Nach dem Tod von zwei palästinensischen Journalisten im Gazastreifen hat sich die UNO "sehr besorgt" über hohe Opferzahl gezeigt und eine Untersuchung verlangt. "Sehr besorgt über die hohe Zahl der Todesopfer unter Medienschaffenden im Gazastreifen", erklärte das Büro des UN-Menschenrechtskommissars im Onlinedienst X, dem ehemaligen Twitter. Alle Fälle müssten gründlich und unabhängig untersucht werden, "um die strikte Einhaltung des Völkerrechts sicherzustellen und Verstöße strafrechtlich zu verfolgen". Hapag-Lloyd will keinen Handel mit Huthi-Rebellen eingegangen sein Deutschlands größte Container-Reederei Hapag-Lloyd hat einen Bericht zurückgewiesen, das Unternehmen habe sich mit jemenitischen Huthi-Milizen auf einen Deal eingelassen, um Angriffe im Roten Meer zu vermeiden. "Wir dementieren klar", erklärte ein Sprecher der Reederei. Auch der Konkurrent Maersk versicherte, es gebe keine solche Übereinkunft. Das Branchenportal Shippingwatch hatte von einem solchen Deal berichtet. Die Huthi-Rebellen haben sich mit der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas im Gaza-Krieg mit Israel solidarisch erklärt und wiederholt Schiffe vor der von ihnen kontrollierten Küste attackiert. Die großen Reedereien leiten ihre Frachter deswegen um, die Frachtraten sind deutlich gestiegen. Wissam Al-Tauil soll bei Drohnenangriff getötet worden Im Libanon ist Kommandeur der schiitischen Hisbollah ,Wissam al-Tauil bei einen mutmaßlich israelischen Drohnenangriff getötet worden. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen der Hisbollah und der Sicherheitsbehörden. Wissam al-Tauil wurde demnach beim Angriff einer israelischen Drohne auf sein Auto im Südlibanon getötet. Auch die Staatsagentur NNA berichtete, dass er bei einem Angriff mit einer israelischen Drohne am Morgen getötet worden sei. Auch ein weiterer Mensch sei dabei ums Leben gekommen. Israels Armee kommentiert Angriffe im Ausland oder Berichte darüber in der Regel nicht und äußerte sich auch heute nicht zum Angriff im Libanon. Hisbollah bestätigt Tod von Kommandeur Wissam Al-Tauil Nach Berichten über die Tötung eines hochrangigen Hisbollah-Kommandeurs im Südlibanon durch einen israelischen Angriff hat die Miliz bestätigt, dass der Kommandeur Wissam Al-Tauil ums Leben gekommen ist. Weitere Details wurden nicht genannt. Israels Armee kommentiert Angriffe im Ausland oder Berichte darüber in der Regel nicht und äußerte sich auch nun nicht zum Angriff im Libanon. Sicherheitskreisen zufolge gehörte Al-Tauil einer Eliteeinheit der Hisbollah an. Israel hat diese aufgefordert, sich aus Gegenden nahe der gemeinsamen Grenze zurückzuziehen. Dort kommt es regelmäßig zu gegenseitigem Beschuss zwischen der Hisbollah und Israels Armee. UN-Experten fordern Aufarbeitung von Gewalttaten bei Hamas-Angriff Angesichts von Berichten über eine Vielzahl Gewalttaten während des Angriffs der militant-islamistischen Hamas auf Israel haben UN-Menschenrechtsexperten dazu aufgerufen, diese zu verfolgen und zu bestrafen. "Diese Taten stellen grobe Verstöße gegen das Völkerrecht dar", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der UN-Sonderberichterstatterin für Folter, Alice Jill Edwards, und des Sonderberichterstatters für außergerichtliche Hinrichtungen, Morris Tidball-Binz. Laut den beiden unabhängigen Experten, die vom UN-Menschenrechtsrat ernannt wurden, aber nicht im Namen der Vereinten Nationen sprechen, könnten die Vorfälle als Kriegsverbrechen und "angesichts der Zahl der Opfer und der umfassenden Planung und Vorbereitung" als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft werden. Vor allem die zunehmende Zahl von Berichten über sexuelle Gewalt sei "erschütternd", erklärten Edwards und Tidball-Binz. Es gebe Vorwürfe sexueller Folter, "einschließlich Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen, sexuellen Übergriffen, Verstümmelungen und Schüssen in den Genitalbereich". "Die Anerkennung und Dokumentation des angerichteten Schadens und das Streben nach Gerechtigkeit sind entscheidende Schritte in Richtung eines Friedens", betonten die UN-Experten. Jordanischer König: Israel verursacht Generation von Waisen Der jordanische König Abdullah hat Israel vorgeworfen, durch das Vorgehen im Gazastreifen eine Generation von Waisen zu verursachen. Eine der Lehren, die aus Israels "unüberlegter Aggression" gezogen werden müsse, sei, dass sie die Sicherheit Israels nicht garantiere, hieß es in einer Mitteilung des Palastes, die über Staatsmedien veröffentlicht wurde. Medizinerteam muss Arbeit in Klinik einstellen Medizinische Helfer sind laut einer Hilfsorganisation gezwungen, wegen zunehmender Militäreinsätze Israels im Zentralabschnitt des Gazastreifens das dortige Al-Aksa-Krankenhaus zu verlassen. Die Klinik verbleibe "das einzige funktionierende Krankenhaus in der Mitte von Gaza", teilte die private Hilfsorganisation International Rescue Committee (IRC) mit Hauptsitz in New York mit. Die israelische Armee habe Flugblätter abgeworfen, welche die Umgebung des Krankenhauses als "rote Zone" kennzeichneten, hieß es in der Mitteilung. Man befürchte daher Angriffe und das Medizinische Notfallteam von Medical Aid for Palestinians (MAP/Großbritannien) und IRC könne nicht zurückkehren. Viele örtliche Mitarbeiter hätten wegen des Konflikts ebenfalls keinen Zugang zu dem Krankenhaus, um dort Hunderte von Patienten zu versorgen. Der Chirurg Professor Nick Maynard berichtete: "Die Anzahl der Verletzungen, die in den letzten Tagen eingeliefert wurden, ist erschreckend." Wegen des Mitarbeitermangels würden Menschen sterben, die sonst gerettet werden könnten. MAP und IRC seien "schockiert, dass das Medizinische Notfallteam zum Rückzug und damit zur Einstellung der Arbeit gezwungen wurde". Israel wirft der islamistischen Terrororganisation Hamas vor, Krankenhäuser für militärische Zwecke zu missbrauchen. Die Hamas dementiert das. Israel: Nach drei Monaten nicht alle Ziele erreicht Drei Monate nach Beginn des Kriegs hat Israel nicht alle Ziele erreicht. Dies räumte Regierungssprecher Eylon Levy in einem Gespräch mit Journalisten ein. Die Ziele seien weiterhin die Zerstörung der islamistischen Hamas, die Freilassung aller in den Gazastreifen verschleppten Geiseln sowie die Gewährleistung, dass Israel nie wieder von dem Küstenstreifen aus angegriffen werden könne. "Besonders in der Frage der Geiseln, die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Geiseln noch in den Terror-Verliesen der Hamas gefangen sind, ist eine Quelle heftigen Schmerzes und der Frustration für die Israelis", sagte Levy. Dennoch habe Israel insgesamt deutlich mehr Erfolge als erwartet. Man habe "die Terrorinfrastruktur der Hamas erheblich dezimiert" und im Norden des Küstenstreifens sogar komplett demoliert. Hamas-Behörde: Zahl der Toten in Gaza steigt auf mehr als 23.000 Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist nach Angaben der von der militant-islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde seit Kriegsbeginn vor drei Monaten auf 23.084 gestiegen. Fast 59.000 Menschen seien verletzt worden, hieß es in der Mitteilung. Binnen 24 Stunden seien bei israelischen Angriffen in dem Küstenstreifen 249 Menschen getötet worden. Es wird dabei nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern unterschieden. Die Zahlen lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen. Auslöser des Kriegs war der Anschlag, den Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt haben. Auf israelischer Seite wurden dabei 1200 Menschen getötet. Sicherheitskreise: Hochrangiger Hisbollah-Kommandeur im Libanon getötet Bei einem israelischen Luftangriff im Süden des Libanon soll ein ranghoher Kommandeur der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah getötet worden sein. Das berichten mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend unter Berufung auf libanesische Sicherheitskreise. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters handelt es sich bei dem Mann um Wissam al-Tauil, den stellvertretenden Chef einer Einheit der Hisbollah-Elitetruppe Radwan. Al-Tauil und ein weiterer Hisbollah-Kämpfer seien gestorben, als ihr Auto bei einem Angriff auf das Dorf Majdal Selm getroffen worden sei. Israels Armee: Getötete Journalisten waren im Auto eines Terroristen Der bei einem Raketenangriff im Gazastreifen getötete Sohn eines bekannten Al-Dschasira-Korrespondenten soll nach Darstellung der israelischen Armee in einem Fahrzeug mit einem militanten Palästinenser unterwegs gewesen sein. "Ein israelisches Kampfflugzeug hat einen Terroristen identifiziert und angegriffen, der einen Flugkörper einsetzte, der israelische Truppen gefährdete", hieß es in der Mitteilung. Der Vorfall hatte sich am Sonntag im Süden des umkämpften Gazastreifens ereignet. "Wir sind uns der Berichte bewusst, denen zufolge zwei weitere Verdächtige in demselben Auto wie der Terrorist auch getroffen wurden", teilte die Armee mit. Nach Angaben des arabischen Senders Al-Dschasira wurden der 27 Jahre alte Hamza al-Dahduh und ein weiterer palästinensischer Journalist bei einem Raketenangriff auf ein Fahrzeug im Westen der Stadt Chan Yunis getötet. Ein dritter Insasse sei verletzt worden. Habeck besucht mehrere Länder des Nahen Ostens Vizekanzler Robert Habeck reist ab heute in mehrere Länder des Nahen Ostens. Geplant seien Besuche in Oman, Saudi-Arabien, Israel sowie dem Westjordanland, sagte eine Sprecherin. Die Reise solle am Donnerstag enden. Als Themen der Reise nannte die Sprecherin den Umstieg auf klimafreundliche Energieträger und die Intensivierung der Wasserstoffproduktion. Die Länder des Nahen Ostens seien stark verankert im fossilen Energiesystem, deswegen sei ein Umsteuern wichtig. Auch um die Sicherheitslage und die Bemühungen um Frieden nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel solle es gehen. In Israel will Habeck den Angaben zufolge in Tel Aviv und Jerusalem Gespräche mit Regierungsvertretern führen. In Ramallah im Westjordanland soll er den palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Schtaje treffen sowie lokale Wirtschaftsvertreter. Baerbock ruft zum Schutz von Zivilisten auf Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat von Israel gefordert, die Palästinenser im Westjordanland besser zu schützen. "Es ist die Verantwortung der israelischen Regierung, bei Angriffen auf Menschen, die hier legitim leben und illegal angegriffen werden, den Rechtsstaat umzusetzen und durchzusetzen", sagte Baerbock bei einem Besuch der palästinensischen Ortschaft Al-Masra ah al Kiblijah im Westjordanland. "Das, was hier passiert, ist illegal, illegal unter israelischem Recht und illegal unter internationalem Recht." Und es sei "die Verantwortung der israelischen Armee, die Palästinenserinnen und Palästinenser vor gewaltsamen Siedlern zu schützen", betonte Baerbock. WHO streicht Hilfslieferungen in den nördlichen Gazastreifen Die Weltgesundheitsorganisation hat eine Hilfslieferung von Medizinprodukten in den nördlichen Gazastreifen am Sonntag abgesagt. Hintergrund seien fehlende Sicherheitsgarantien gewesen, teilte die WHO mit. Es sei bereits das vierte Mal seit dem 26. Dezember, das die WHO eine Lieferung an das Al-Awda Krankenhaus und die Zentralapotheke habe streichen müssen, teilte die WHO-Vertretung in den Palästinenser-Gebieten auf X mit. "Schwerer Beschuss, Bewegungseinschränkungen und gestörte Kommunikationsmittel machen es nahezu unmöglich, medizinischen Bedarf regelmäßig und sicher in den Gazastreifen zu bringen, insbesondere in den Norden." Social-Media-Beitrag auf X von WHO in occupied Palestinian territory: "Today, @WHO cancelled a planned mission to Al-Awda hospital and the central drug store in northern #Gaza for the fourth time since 26 Dec because we did not receive deconfliction and safety guarantees.The mission planned to move urgently needed medical supplies to sustain the… pic.twitter.com/6v09rPbBb1" Nach drei Monaten Krieg: Noch 136 Geiseln im Gazastreifen Zu Beginn des vierten Monats des Krieges in Nahost geht Israel davon aus, dass noch 136 Geiseln im Gazastreifen festgehalten werden. 25 davon seien vermutlich nicht mehr am Leben, teilte eine israelische Regierungssprecherin mit. Zu den Geiseln zählt Israel auch die Leichen zweier Soldaten, die während des letzten großen Gaza-Kriegs 2014 entführt worden waren, sowie zwei weitere Israelis, die seit damals in dem Küstenstreifen festgehalten werden. Auslöser des Krieges vor drei Monaten war der Terrorangriff der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Palästinensergruppen. Dabei wurden nach israelischen Informationen mehr als 1.200 Menschen getötet. Rund 250 Menschen wurden dabei nach neuesten Informationen in den Gazastreifen verschleppt. Geteilte Reaktionen auf Besuch von Außenministerin Baerbock Außenministerin Annalena Baerbock ist am Sonntag erneut nach Israel gereist. Für Baerbock ist es seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas bereits der vierte Besuch im Nahen Osten. "Wenn man in die Fernsehnachrichten schaut hier in Israel, dann findet man dort keine sonderlich große Resonanz", kommentiert ARD-Korrespondent Oliver Feldforth die Lage vor Ort. Dennoch werde der Besuch der Außenministerin als Zeichen der Unterstützung gewertet, wenngleich Deutschland mit seinen Forderungen an Israel kritischer wird. Baerbock fordere etwa ein geringeres militärisches Eskalationslevel im Gazastreifen, um die Zivilbevölkerung zu schützen, erklärt Feldforth. "Damit tut sich natürlich das offizielle Israel schwer, insoweit schaut man etwas ambivalent auf den Besuch". Israelisches Militär: Zehn Kämpfer im Gazastreifen getötet Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben in Chan Yunis, der größten Stadt im südlichen Gazastreifen, zehn palästinensische Kämpfer getötet. Dort seien 30 "bedeutende Terrorziele" angegriffen worden. Zudem sei bei einem Einsatz im Zentrum des von der Hamas kontrollierten Gebietes ein Waffenlager bombardiert worden. Auch ein Tunnelschacht sei freigelegt worden, teilte das Militär mit. Israel beschießt Stellungen der Hisbollah-Miliz im Libanon Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben wieder mehrere Ziele der Hisbollah-Miliz im nördlich angrenzenden Libanon unter Beschuss genommen. Kampfjets der Luftwaffe hätten eine militärische Anlage nahe Marwahin und einen Raketenwerfer andernorts an der Grenze angegriffen, teilten die Streitkräfte mit. Zudem hätten eine israelische Drohne und ein Hubschrauber Stellungen attackiert, von denen aus Israel beschossen worden sei. WHO: Hilfslieferungen für Nord-Gaza seit zwölf Tagen unmöglich Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist nach eigenen Angaben im laufenden Krieg zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas seit zwölf Tagen nicht mehr in den Norden des Gazastreifens gelangt. Eine geplante Mission zum Krankenhaus Al-Awda sei zum vierten Mal abgesagt worden, weil die Sicherheit nicht gewährleistet gewesen sei, teilte die WHO in der Nacht auf der Plattform X mit. Schwere Bombardierungen, nur eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten und unterbrochene Kommunikation hätten es "nahezu unmöglich" gemacht, medizinische Hilfsgüter in den isolierten Küstenstreifen und vor allem in dessen Norden zu liefern. Die Krankenhäuser seien ernsthaft unterbesetzt, weil das medizinische Personal nach den Evakuierungsaufrufen geflohen sei, sagte die UN-Organisation. Reporter ohne Grenzen kritisiert Israel scharf Der Generalsekretär der Organisation Reporter ohne Grenzen hat sich nach Berichten getöteter Journalisten im Gazastreifen erschüttert gezeigt. "Es ist definitiv ein nie endendes Gemetzel", schrieb Christophe Deloire im Onlinedienst X, ehemals Twitter. "Wir werden uns weiterhin an den Internationalen Strafgerichtshof wenden, damit Verbrechen gegen Journalisten höchste Priorität eingeräumt wird." Insgesamt steige demnach die Zahl getöteter Journalisten im Gazastreifen auf 79. Am Sonntag sind nach Angaben des Fernsehsenders Al-Dschasira im Gazastreifen zwei palästinensische Journalisten bei einem israelischen Angriff getötet worden. Der Sender erklärte, der auch für die Nachrichtenagentur AFP tätige Videojournalist Mustafa Thuria und der Al-Dschasira-Journalist Hamsa Wael Dahduh seien bei einem "gezielten Angriff" auf ihr Auto getötet worden. Die israelische Armee erklärte, der Angriff habe einem "Terroristen" in dem Auto gegolten. Social-Media-Beitrag auf X von Christophe Deloire: "According to @RSF_inter figures, the deaths of Hamza and Moustafa bring to 79 the number of journalists killed in Gaza by Israeli strikes. 79 journalists killed! This unbearable massacre must stop. Israel must be held accountable for this eradication of journalism in Gaza. We…" Blinken warnt vor einer Ausweitung des Konflikts US-Außenminister Antony Blinken warnt erneut vor einer Ausweitung des Krieges im Nahen Osten. "Dies ist ein Moment tiefgreifender Spannungen in der Region. Dieser Konflikt könnte sich leicht ausweiten und noch mehr Unsicherheit und Leid verursachen", sagte Blinken bei einer Pressekonferenz in Doha. Ohne konzertierte Friedensbemühungen könne er sich auf die gesamte Region ausweiten. Gegenüber israelischen Vertretern werde er deutlich machen, dass sie mehr tun müssten, um zivile Opfer im Gazastreifen zu vermeiden und dass palästinensische Zivilisten nach Hause zurückkehren könnten und nicht gezwungen werden dürften, den Gazastreifen zu verlassen. Die USA sind Israels wichtigster Verbündeter. Blinken hält sich seit Freitag in der Region auf und bemüht sich um eine Deeskalation der Lage. Für diese Woche ist ein Besuch im Westjordanland und in Ägypten geplant. Der Liveblog vom Sonntag Israels Armee hat nach eigener Darstellung mehr als 100 Ziele palästinensischer Terroristen in der Stadt Chan Yunis im Süden Gazas zerstört. Außenministerin Baerbock ist zu ihrem vierten Besuch in Israel gelandet. Alle Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-israel-montag-124.html |
2024-01-08 | Gegenbewegung an der Nasdaq | Deutliche Gewinne | Unter Führung der Nasdaq sind die US-Börsen mit Gewinnen in die neue Woche gestartet. Lediglich der Dow Jones konnte nicht mithalten, was aber primär an einer einzelnen Aktie lag. | Unter Führung der Nasdaq sind die US-Börsen mit Gewinnen in die neue Woche gestartet. Lediglich der Dow Jones konnte nicht mithalten, was aber primär an einer einzelnen Aktie lag. Kursgewinne im Technologiesektor haben die US-Börsen zum Wochenstart gestützt. Der Index der Technologiebörse Nasdaq kletterte deutlich um 2,2 Prozent auf 14.843 Stellen, der Auswahlindex Nasdaq 100 um 2,11 Prozent auf 16.649 Punkte. Beide Indizes führten nach dem schleppenden Jahresauftakt damit die heutige Gegenbewegung an der Wall Street an. Ein Kurseinbruch bei Boeing dämpfte allerdings den Dow-Jones-Index der Standardwerte, der lange Zeit gegen den Trend sogar im Minus notierte. Am Ende gab es aber auch beim Dow noch ein Plus von 0,58 Prozent auf 37.683 Punkte. Übeltäter im Leitindex war heute die Boeing-Aktie, die zwischenzeitlich rund neun Prozent verlor nach einem weiteren Zwischenfall mit dem Pannenmodell 737-MAX. Am Ende stand ein Minus von acht Prozent auf 229,00 Dollar. Der breit gefasste S&P 500 rückte um 1,41 Prozent auf 4.763 Zähler vor. Zinsthema bleibt bestimmend Von mehr als einer Erholung nach dem verhaltenen Jahresauftakt wollten Marktbeobachter aber noch nicht sprechen. Übergeordnet bleibt die Frage nach dem weiteren geldpolitischen Kurs der Notenbank Federal Reserve (Fed), der derzeit für viel Unsicherheit sorgt. "In der vergangenen Woche ist die blinde Euphorie, mit der die Aktienmärkte das letzte Jahr beendeten, zu einem Großteil verflogen", sagte Konstantin Oldenburger, Analyst vom Broker CMC Markets. Grund sei die Erkenntnis, dass der bevorstehende Zyklus von Zinssenkungen der US-Notenbank Fed wahrscheinlich nicht so viele Zinssenkungen mit sich bringen werde, wie aktuell von den Anlegern erhofft. In der ersten Handelswoche des Jahres hatten die großen US-Indizes allesamt Verluste eingefahren, allen voran der Nasdaq 100 mit einem Wochenminus von 3,1 Prozent. Das Bewertungsniveau sei schon hoch und damit auch die Gefahr von Enttäuschungen in der anlaufenden Berichtssaison, schrieben die Analysten der französischen Bank Exane BNP Paribas. Damit überwögen die Risiken die Chancen. Nvidia zieht die Chipbranche hoch Für gute Stimmung sorgte unter anderem ein Kurssprung um 6,43 Prozent bei Nvidia auf ein neues Fünf-Jahres-Hoch. Rivalen wie Intel, heute einer der größten Gewinner im Dow, und Marvell gewannen in ihrem Kielwasser ebenfalls zwischen 3,33 und gut sieben Prozent. Auch andere Technologiewerte wie Amazon, Alphabet und Microsoft rückten vor. Nvidia fängt Insidern zufolge im zweiten Quartal mit der Massenproduktion eines für China entwickelten Chips für die Künstliche Intelligenz (KI) an. Der Konzern habe das Produkt entworfen, um die zuletzt verschärften US-Exportvorschriften einzuhalten. "Wir glauben, dass die Gewinne bei Megacaps nach der Rally im letzten Jahr nachhaltig sein werden", sagte Chris Zaccarelli, Chefanleger bei Independent Advisor Alliance. "Viele Anleger greifen bei Wachstumswerten zu, weil sie in guten Zeiten zu echten Gewinnmaschinen werden." Der DAX kann es noch Der DAX hat sich nach anfänglich holprigem Kursverlauf am Nachmittag noch gefangen und beendete den Handelstag mit einem Gewinn von 0,74 Prozent auf 16.716 Punkten. Er folgte damit einer ebenso erholten Wall Street und rückte wieder über die Marke von 16.700 Zählern. Auch der MDAX der mittelgroßen Werte stoppte seinen jüngsten Negativlauf und schloss erstmals nach vier Handelstagen wieder höher. Der Schlussstand lag bei 26.316 Punkten um 0,99 Prozent höher. Die heutigen Tagesgewinne können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass vor allem die Unsicherheit über die weitere Zinspolitik der US-Notenbank Fed den Anlegern derzeit schwer zu schaffen macht und für ein wechselhaftes Börsengeschehen sorgt. Die mächtigste Notenbank der Welt hatte zuletzt zwar Zinssenkungen signalisiert, Zeit und Umfang bleiben aber unklar. Dabei verwiesen führende Fed-Banker zuletzt auf die Bedeutung der Inflationsbekämpfung. "Die ungeachtet der Korrektur in der letzten Woche noch immer sehr ausgeprägten Zinssenkungserwartungen bezüglich der Fed werden erneut auf die Probe gestellt, wenn die Inflation wieder zulegt", bemerkt Ralf Umlauf von der Helaba. Zudem startet diese Woche die Berichtssaison in den USA. Am Freitag legen die ersten Unternehmen ihre Zahlen zum vierten Quartal 2023 offen, konkret die Bankhäuser J.P. Morgan, Bank of America und die Citigroup. Euro legt im Sog der steigenden Börsen zu Am Devisenmarkt hat sich der Euro am Nachmittag aufgerappelt und erreichte bei 1,0979 Dollar sein Tageshoch. Zuletzt wurde die Gemeinschaftswährung im US-Handel wieder etwas tiefer bei 1,0956 Dollar gehandelt. Dem Handel fehlte es heute insgesamt an klaren Impulsen. Es wurden in den USA keine wichtigen Konjunkturdaten veröffentlicht. Daten aus Deutschland lieferten zum Wochenstart ein gemischtes Bild. Börsianer sprachen von einer Konsolidierung des Dollar vor wichtigen US-Inflationsdaten für Dezember, die am Donnerstag veröffentlicht werden. Diese sind von Bedeutung für die Geldpolitik der US-Notenbank, die ihre Leitzinsen zuletzt nicht weiter angehoben hat. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0946 (Freitag: 1,0921) Dollar fest Industrie: starkes Exportplus, schwache Neuaufträge Hierzulande richteten sich die Blicke der Anleger heute zunächst auf Daten aus der Industrie. Diese sendet gemischte Signale. So stiegen die Exporte im November um 3,7 Prozent und damit so stark wie seit Februar 2022 nicht mehr. Zugleich stagnierten die Neuaufträge nahezu, die Umsätze schrumpften sogar. "Der kräftige Anstieg der Exporte ist ein Paukenschlag, aber wohl kaum ein Befreiungsschlag", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. Denn die Auftragsentwicklung signalisiere, dass keine großen Sprünge mehr zu erwarten seien. Der deutsche Außenhandel zog derweil im November gegenüber dem Vormonat unerwartet deutlich an. Doch im Vergleich zum Vorjahresmonat sanken die Exporte und die Importe. Experten äußerten sich unter dem Strich ernüchtert: "Das weltwirtschaftliche Umfeld ist schwach, und das Umfeld für anziehende Investitionen ist ungünstig", sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Ölpreise massiv unter Druck Die Ölpreise verzeichnen deutliche Kursverluste. Ein Fass (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im März kostete am Abend rund drei Prozent weniger. Fachleute begründeten die Kursverluste damit, dass Saudi-Arabien die offiziellen Verkaufspreise für alle Regionen gesenkt hat. Dies unterstreiche die sich verschlechternden globalen Aussichten für die Ölnachfrage. Qiagen will 300 Millionen Dollar an Aktionäre ausschütten Qiagen gehörte zu den größten Gewinnern im DAX mit einem Kursplus von zeitweise mehr als zwei Prozent. Der Diagnostikkonzern hatte am Sonntagabend mitgeteilt, über einen sogenannten synthetischen Aktienrückkauf von Ende Januar an bis zu 300 Millionen Dollar an seine Aktionäre zurückgeben zu wollen. Die Hauptversammlung hatte dafür bereits im Juni 2023 grünes Licht gegeben. Airbus-Aktie profitiert von Boeing-Debakel Auch bei Airbus griffen die Anleger zu. Die Titel des Boeing-Rivalen waren mit einem Plus von rund 2,5 Prozent zweitgrößter DAX-Gewinner. Nach einem dramatischen Zwischenfall mit einem herausgebrochenen Kabinen-Teil bei einer brandneuen Boeing 737 Max 9 erteilte die US-Luftfahrtbehörde am Wochenende ein vorübergehendes Flugverbot für einige Maschinen des Typs. VW integriert ChatGPT im Auto Volkswagen integriert den populären Chatbot ChatGPT in seine Fahrzeuge. Die Software, die Sätze auf dem sprachlichen Niveau eines Menschen bilden kann, werde innerhalb des hauseigenen Sprachassistenten IDA verfügbar sein, kündigte der Autobauer am Montag auf der Technik-Messe CES an. Auf der Innovationsshow in Las Vegas wird es erste Fahrzeuge mit der Funktion zu sehen geben. Umgesetzt wird die Integration mit dem Sprachsoftware-Spezialisten Cerence, dessen Lösung in IDA eingesetzt wird. ChatGPT soll vom zweiten Quartal an in mehrere Serienfahrzeuge kommen. Die Idee ist, die Kommunikation mit dem Auto natürlicher zu machen und Volkswagens Sprachassistenz-Software bei mehr Fragen über die Bedienung von Fahrzeugsystemen hinaus helfen zu lassen. Volkswagen wird nach eigenen Angaben der erste Volumenhersteller sein, der ChatGPT in Serienfahrzeuge einbaut. Auch Konkurrenten prüfen das. Evotec erhält millionenschwere Meilensteinzahlung Das Biotechunternehmen Evotec erhält eine sogenannte Meilensteinzahlungen von 25 Millionen Dollar von seinem Partner Bristol Myers Squibb. Evotec habe erhebliche Fortschritte in der Kooperation mit dem US-Konzern gemacht, was die erfolgsabhängige Zahlung ausgelöst habe, teilte die Firma heute mit. Die Kooperation konzentriert sich auf neurodegenerative Erkrankungen und besteht seit 2016, im Mai 2022 war sie um weitere acht Jahre verlängert und erweitert worden. Vorerst keine Entlastung des Aurubis-Vorstands Nach dem Ärger rund um Diebstahl- und Betrugsfälle beim Hamburger Kupferkonzern Aurubis sollen Vorstand und Aufsichtsrat auf der anstehenden Hauptversammlung noch nicht entlastet werden. Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, die Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder beider Organe zu vertagen, wie aus der am Freitag veröffentlichten Einladung zum Online-Aktionärstreffen am 15. Februar hervorgeht Watzke-Ära endet beim BVB im Jahr 2025 Hans-Joachim Watzke scheidet im Herbst 2025 aus der Geschäftsführung von Borussia Dortmund aus. Das teilte der börsennotierte Fußball-Bundesligist heute mit. Der Vertrag des 64-Jährigen läuft dann aus, damit endet nach 20 Jahren eine Ära bei dem Revierclub. Watzke rechnet derweil mit einer baldigen Rückkehr von Jadon Sancho. Allerdings wird der 23 Jahre alte Flügelstürmer von Manchester United nicht mehr ins Trainingslager nach Marbella kommen. Der angestrebte Wechsel Sanchos ziehe sich in die Länge, sei aber wohl nicht problematisch. EDF treibt Pläne für Fessenheim-Projekt voran Der französische Stromkonzern EDF treibt Pläne für eine Verwertungsanlage für schwach radioaktiv belasteten Schrott am elsässischen Standort Fessenheim voran. Beim mehrstufigen Verfahren zur Genehmigung soll die Öffentlichkeit auch im benachbarten Deutschland eingebunden werden, teilte eine EDF-Sprecherin auf Anfrage mit. In Deutschland gibt es Bedenken gegen das Industrievorhaben. CES: Technikmesse in Las Vegas beginnt mit Medientag Die weltweit wichtigste Technikmesse CES in Las Vegas geht heute mit einem Medientag an den Start. Unter den Unternehmen, die zum Auftakt ihre Neuheiten vorstellen, sind die Elektronikriesen Samsung, LG und Sony sowie der deutsche Bosch-Konzern. Zu den Trends gehört in diesem Jahr der stärkere Einfluss von Software mit Künstlicher Intelligenz, die unter anderem zur Bildverbesserung in Fernsehern verwendet wird. Apple bringt teure Datenbrille im Februar heraus Apple wird seine rund 3.500 Dollar teure Datenbrille in den USA Anfang Februar auf den Markt bringen. Die Vorbestellungen sollen am 19. Januar beginnen und der Verkauf am 2. Februar, wie der iPhone-Konzern mitteilte. Wann das Gerät in Europa erhältlich sein wird und wie viel es hier kosten soll, ist bisher unbekannt. Die Apple Vision Pro soll besser als bisherige Brillen zur Anzeige Virtueller Realität (VR) digitale Inhalte in die reale Umgebung einbetten können. Der Konzern sieht darin auch einen Weg, zum Beispiel seine Facetime-Videotelefonie oder TV-Inhalte ohne einen Bildschirm nutzen zu können. Aktuell ist auf dem Markt für VR-Brillen der Facebook-Konzern Meta besonders stark. Sein neuestes Modell Quest 3 blendet ebenfalls digitale Inhalte in reale Umgebungen ein, ist aber mit einem Preis von 500 Dollar in den USA deutlich günstiger als das Apple-Gerät. Apple platzierte die Ankündigung in den Medientag der Technik-Messe CES, auf der der Konzern traditionell nicht vertreten ist. | /wirtschaft/finanzen/marktberichte/marktbericht-dax-kurse-verluste-chart-dow-gold-oel-aktien-boerse-100.html |
2024-01-08 | Lokführergewerkschaft darf streiken | Einstweilige Verfügung abgelehnt | Die Deutsche Bahn ist mit dem Versuch gescheitert, den geplanten Lokführerstreik zu stoppen. Das Arbeitsgericht Frankfurt lehnte eine einstweilige Verfügung gegen den Streikaufruf der Gewerkschaft GDL ab. Die Bahn will in Berufung gehen. | Die Deutsche Bahn ist mit dem Versuch gescheitert, den geplanten Lokführerstreik zu stoppen. Das Arbeitsgericht Frankfurt lehnte eine einstweilige Verfügung gegen den Streikaufruf der Gewerkschaft GDL ab. Die Bahn will in Berufung gehen. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) darf ab Mittwoch den Schienenverkehr in Deutschland bestreiken. Das Arbeitsgericht Frankfurt lehnte eine einstweilige Verfügung, die die Deutschen Bahn erreichen wollte, in erster Instanz ab. Damit ist der bundeseigene Konzern mit seinem Versuch zunächst gescheitert, den Arbeitskampf im Rahmen des Tarifstreits mit der Gewerkschaft juristisch stoppen zu lassen. Bahn kündigt Berufung an Die Deutsche Bahn will nach der Entscheidung in Berufung gehen und wird nun in der zweiten Instanz vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht das Urteil überprüfen lassen. "Diesem Streik fehlt die Legitimation und die Grundlage. Im Sinne unserer Kundinnen und Kunden tun wir deshalb alles, um ihn zu verhindern", sagte Florian Weh, Hauptgeschäftsführer des DB-Arbeitgeberverbands AGV MOVE, nach der Verhandlung. "Die Hürden liegen bei einem Eilverfahren für den Arbeitgeber immer hoch. Das Streikrecht ist aus gutem Grund ein hohes Gut. Aber dieser Streik ist keine Ultima Ratio, sondern eine Zumutung, die auf Sand gebaut ist", so Weh weiter. Zudem habe die DB ein neues Angebot vorgelegt, in dem wir der GDL nicht nur insgesamt 11 Prozent anbieten, sondern ihr auch bei ihrer Kernforderung zur Arbeitszeit weit entgegenkommen. Das ist eine hervorragende Grundlage für einen Kompromiss." Urteile der zweiten Instanz sind voraussichtlich für Dienstag zu erwarten. Streiks ab Mittwoch bei Scheitern der Bahn Sollte die Bahn auch vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht scheitern, müssen sich Fahrgäste zwischen Mittwoch und Freitag erneut auf weitreichende Einschränkungen im Personenverkehr der Deutschen Bahn einstellen. Der Streik der GDL soll von Mittwochmorgen um 2.00 Uhr bis Freitagabend um 18.00 Uhr bundesweit andauern. Betroffen wäre nicht nur die Deutsche Bahn, sondern unter anderem auch der Wettbewerber Transdev. Die Auswirkungen dürften wie bei den bisherigen Arbeitskämpfen auch schon in den Stunden davor und danach zu spüren sein. Knackpunkt: Arbeitszeitreduzierung bei vollem Lohnausgleich Vorbehaltlich der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist es der dritte und bisher längste Arbeitskampf im laufenden Tarifkonflikt. Seit Anfang November streitet die GDL mit der Bahn und weiteren Unternehmen auch um mehr Geld. Knackpunkt ist aber vielmehr die Forderung der Gewerkschaft nach einer Arbeitszeitreduzierung für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich. Die Verhandlungen mit der Bahn hat die GDL bereits für gescheitert erklärt. Zwei Mal kam es dabei bisher zu Warnstreiks von maximal 24 Stunden. Im Dezember stimmten die Gewerkschaftsmitglieder per Urabstimmung mit einer Mehrheit von 97 Prozent unbefristeten Streiks zu. Seither sind längere Arbeitskämpfe möglich. GDL-Chef Claus Weselsky hatte den fast dreitägigen Ausstand am Montag als verhältnismäßig bezeichnet. Ähnliche Auswirkungen wie vor einem Jahr Bei den GDL-Warnstreiks im vergangenen Jahr musste die Bahn jeweils rund 80 Prozent des Fernverkehrsangebotes streichen. Die Auswirkungen im Regionalverkehr waren je nach Region sehr unterschiedlich. In manchen Bundesländern fuhr so gut wie kein Zug mehr. Sofern sich die Streikbeteiligung nicht grundlegend unterscheidet, sind nun ähnliche Auswirkungen zu erwarten. "Dieser Streik ist nicht nur absolut überflüssig, sondern wir halten ihn auch rechtlich für nicht zulässig" sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler. Das Arbeitsgericht in Frankfurt teilte diese Auffassung allerdings nicht. | /wirtschaft/unternehmen/bahn-streik-gdl-108.html |
2024-01-08 | Bahn reagiert mit Ersatzfahrplan | GDL plant Streik | Nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt könnte es ab Mittwoch zu Streiks bei der Bahn kommen. Das Unternehmen kündigte einen Ersatzfahrplan mit stark eingeschränktem Angebot an. | Nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt könnte es ab Mittwoch zu Streiks bei der Bahn kommen. Das Unternehmen kündigte einen Ersatzfahrplan mit stark eingeschränktem Angebot an. Die Deutsche Bahn geht davon aus, dass der Lokführerstreik in dieser Woche Millionen Fahrgäste trifft. Das Unternehmen kündigte für Mittwoch bis Freitag einen Ersatzfahrplan mit stark eingeschränktem Angebot an. "Für diese Fahrten setzt die DB längere Züge mit mehr Sitzplätzen ein, um möglichst viele Menschen an ihr Ziel bringen zu können. Dennoch kann eine Mitfahrt nicht garantiert werden", teilte das Unternehmen mit. Fahrgäste seien gebeten, während des Streiks auf nicht unbedingt notwendige Bahnreisen zu verzichten oder die Reise zu verschieben. Es werde deutschlandweit große Unterschiede geben, wie viele Züge im Regionalverkehr fahren könnten. "Auch im Schienengüterverkehr wird es zu massiven Einschränkungen für Industrie und Wirtschaft kommen", hieß es in der Mitteilung. Fahrten im Fernverkehr können vorgezogen werden Das Unternehmen kündigte zudem wieder Kulanzregeln an: Alle Fahrgäste, die ihre für zwischen Mittwoch und Freitag geplante Reise wegen des Streiks verschieben möchten, können ihr Ticket später nutzen. Die Zugbindung ist aufgehoben. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. Zudem haben Fahrgäste im Fernverkehr die Möglichkeit, ihre Reise vorzuverlegen. Die Lokführergewerkschaft GDL will im Personenverkehr von Mittwoch, 2.00 Uhr, bis Freitag, 18.00 Uhr, streiken - in einer Woche, in der im Straßenverkehr wegen der Bauernproteste starke Behinderungen erwartet werden. Erfahrungsgemäß fahren schon vor dem Ausstand einige Züge nicht nach Plan. Zudem dauert es danach normalerweise einige Zeit, bis sich der Verkehr normalisiert. Ähnliche Auswirkungen wie bei Warnstreiks erwartet Bei zwei kürzeren GDL-Warnstreiks im vergangenen Jahr musste die Bahn jeweils rund 80 Prozent des Fernverkehrsangebotes streichen. Die Auswirkungen im Regionalverkehr waren je nach Region sehr unterschiedlich. In manchen Bundesländern fuhr so gut wie kein Zug mehr. Sofern sich die Streikbeteiligung nicht grundlegend unterscheidet, sind nun ähnliche Auswirkungen zu erwarten. Die Arbeitsniederlegung bei DB Cargo soll bereits am Dienstag um 18 Uhr beginnen. Der Bahnkonzern habe den Weihnachtsfrieden nicht genutzt, um mit einem verhandlungsfähigen Angebot Arbeitskampfmaßnahmen entgegenzuwirken, hieß es von der GDL. DB-Personalvorstand Martin Seiler hatte erklärt, dass der Streik nicht nur absolut überflüssig, sondern auch rechtlich nicht zulässig sei. "Denn die Lokführergewerkschaft hat ihre Tariffähigkeit durch die Gründung ihrer Leiharbeiter-Genossenschaft verloren", erklärte er. Die DB sei aber zu Kompromissen bereit. "Es ist jetzt an der Zeit, wieder zu verhandeln. Die GDL-Spitze hat überzogen, sie muss sich endlich besinnen", forderte Seiler. Weselsky warnte bereits vor Arbeitskampf Im laufenden Tarifstreit hatte sich die GDL bei ihren Mitgliedern bereits vor Weihnachten grünes Licht für unbefristete Streiks geholt. GDL-Chef Claus Weselsky hatte angekündigt, Reisende müssten ab dem 8. Januar mit längeren Arbeitskämpfen rechnen. GDL bezeichnet DB-Vorschlag als "vergiftet" Die Bahn hatte am Freitag ein neues Angebot vorgelegt und erklärt, Streiks damit verhindern zu wollen. Die GDL teilte mit, diese Ankündigung des Konzerns vom 5. Januar sei bewusst irreführend gewesen. Das neue Angebot sei substanzlos und vergiftet. GDL-Chef Weselsky wählte wie schon in der Vergangenheit scharfe Worte: "Für die GDL ist es unerträglich, wie weit sich die durch Steuergelder finanzierten Manager der DB AG von den Lebens- und Arbeitsbedingungen ihrer eigenen Mitarbeiter entfernt haben und jetzt bewusst irreführend vorgeben, mit einem 'neuen Angebot' generös auf die GDL zuzugehen." Der Vorstand der DB verfolge auch in dieser Tarifrunde die Taktik "Tarnen, Tricksen, Taschen füllen". Streitpunkt: Arbeitszeitverkürzung Die GDL hatte Ende November die Gespräche mit der Bahn für gescheitert erklärt. Größter Streitpunkt ist die von der Gewerkschaft geforderte Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 35 Stunden pro Woche für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn hält das auch angesichts des Fachkräftemangels für nicht umsetzbar. Dazu verlangt die GDL 555 Euro mehr im Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro. Die Deutsche Bahn forderte in ihrer Pressemitteilung die GDL auf, den Streik abzusagen und stattdessen den von der DB vorgeschlagenen Verhandlungstermin am 10. Januar wahrzunehmen. "Lösungen kann es nur am Verhandlungstisch geben", sagte DB-Personalvorstand Seiler. | /wirtschaft/unternehmen/gdl-aufruf-bahnstreik-100.html |
2024-01-08 | ++ Scholz fordert mehr Hilfen für Kiew ++ | Krieg gegen die Ukraine | Bundeskanzler Scholz ruft die Verbündeten auf, ihre "Anstrengungen zugunsten der Ukraine" zu verstärken. An einer russischen Bahnstrecke im Ural soll es unweit eines Öldepots eine Explosion gegeben haben. Der Liveblog zum Nachlesen. | Bundeskanzler Scholz ruft die Verbündeten auf, ihre "Anstrengungen zugunsten der Ukraine" zu verstärken. An einer russischen Bahnstrecke im Ural soll es unweit eines Öldepots eine Explosion gegeben haben. Der Liveblog zum Nachlesen. Scholz fordert mehr Hilfen für Kiew einRussland attackiert Ukraine massiv mit RaketenRettungsarbeiten in Pokrowsk dauern an Ende des Liveblogs Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse. Selenskyj kündigt Antwort auf Raketenangriffe an Die Ukraine will die jüngsten schweren Angriffe Russlands eigenen Angaben zufolge nicht unbeantwortet lassen. "Der Terrorstaat wird definitiv unsere Antwort spüren", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. In den Gebieten Charkiw, Saporischschja, Chmelnyzkyj sowie in seiner Heimatregion Krywyj Rih seien insgesamt vier Menschen getötet und 45 weitere verletzt worden. Zudem seien die Verhandlungen mit internationalen Partnern in den kommenden Wochen auf die Stärkung der ukrainischen Luftabwehr ausgerichtet, sagte Selenskyj. "Viele Schritte werden unternommen, und ich bin zuversichtlich, dass wir in der Lage sein werden, unseren Staat zu stärken. Unser Luftverteidigungssystem. Unsere Arbeit mit Partnern an Drohnen." Ukraine will 15 Millionen Tonnen Waren ausgeschifft haben Trotz des russischen Angriffskriegs hat die Ukraine eigenen Angaben zufolge in den letzten fünf Monaten des Jahres 2023 knapp 15 Millionen Tonnen Waren verschiedener Art über das Schwarze Meer exportiert. "Davon sind zehn Millionen Tonnen Produkte unserer Landwirte", teilte Infrastrukturminister Olexander Kubrakow mit. Insgesamt haben demnach 469 Frachter die drei Schwarzmeerhäfen Odessa, Tschornomorsk und Piwdennyj angelaufen. Knapp 40 Schiffe werden aktuell beladen. Weitere rund 80 planen nach diesen Angaben, demnächst die Häfen in der Südukraine anzulaufen und 2,4 Millionen Tonnen Fracht zu laden. Scholz fordert mehr Hilfen für Kiew ein Bundeskanzler Olaf Scholz hat die anderen EU-Staaten aufgerufen, die von Russland angegriffene Ukraine in diesem Jahr stärker zu unterstützen. "Die bisher von der Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten geplanten Waffenlieferungen für die Ukraine sind jedenfalls zu gering", sagte der SPD-Politiker nach einem Treffen mit Luxemburgs Premierminister Luc Frieden. "Ich rufe deshalb die Verbündeten in der Europäischen Union auf, ihre Anstrengungen zugunsten der Ukraine ebenfalls zu verstärken." Spätestens bis zum EU-Gipfel am 1. Februar müsse ein möglichst präziser Überblick vorliegen, welchen Beitrag die europäischen Partner zur Unterstützung der Ukraine in diesem Jahr leisten werden. "Europa muss demonstrieren, dass es eng an der Seite der Ukraine steht, an der Seite der Freiheit, des Völkerrechts, der europäischen Werte", mahnte Scholz. Berichte über Explosion an russischer Bahnstrecke im Ural Die russischen Nachrichtenagenturen Tass und RBC melden eine Explosion an einer Bahnstrecke der russischen Ural-Region. Der als "Knall" bezeichnete Vorfall ereignete sich demnach nahe der Stadt Nischni Tagil. Es habe weder Verletzte noch Schäden gegeben. Medienberichten zufolge kam es in der Nähe eines Öldepots zu der Explosion. Ein Insider hatte der Nachrichtenagentur Reuters im Dezember gesagt, der Inlandsgeheimdienst der Ukraine habe Sprengstoff auf einer russischen Eisenbahnlinie in Sibirien gezündet. Es war damals der zweite Angriff innerhalb einer Woche auf militärische Versorgungsrouten in der Region. Sportminister: Ukraine spricht jetzt nicht über Olympia-Boykott Die Ukraine hat laut Sportminister Matwij Bidny noch nicht entschieden, wie sie auf die Teilnahme russischer Athletinnen und Athleten an den Olympischen Spielen in Paris reagieren wird. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte zugestimmt, im Sommer Einzelsportlerinnen und -sportler aus Russland und Belarus unter bestimmten Auflagen als neutrale Athleten teilnehmen zu lassen. "Alle sind sich einig, dass wir mit einem Protest reagieren sollten", sagte Bidny in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Das Wort 'Boykott' ist nicht das, worüber wir jetzt sprechen. Wir wissen, dass jede Entscheidung, die wir treffen, im Interesse unseres Landes getroffen werden muss. Denn für uns geht es jetzt nicht nur um einen Sieg im Sport." Kiewer Oberbefehlshaber: Russischer Angriff mit 59 Sprengkörpern Die russische Armee hat bei ihrem schweren Luftangriff nach Kiewer Angaben 59 Marschflugkörper, Raketen und Drohnen eingesetzt. Das teilte der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj auf Telegram mit. Alle acht eingesetzten Shahed-Drohnen iranischer Bauart und 18 von 24 Marschflugkörpern der Typen Ch-101, Ch-555 und Ch-55 seien abgewehrt worden. Unabhängige Bestätigungen seiner Angaben gab es nicht. Saluschnyj sprach davon, dass Objekte der zivilen Infrastruktur, industrielle und militärische Ziele angegriffen worden seien. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, es habe einen kombinierten Angriff auf militärisch-industrielle Objekte in der Ukraine gegeben. Nach dem 29. Dezember 2023 und dem 2. Januar 2024 war es das dritte derartig schwere Bombardement binnen weniger Tage. Diesmal lagen die Ziele im Osten und Süden der Ukraine, die weniger gut durch Flugabwehr geschützt sind als die Hauptstadt Kiew. Kein Abwehrmittel gab es diesmal gegen vier besonders gefährliche Hyperschallraketen Kinschal (Dolch). Sie waren nach Saluschnyjs Angaben von Kampfjets MiG-31 aus dem russischen Luftraum über Tambow und Rjasan abgefeuert worden. Mindestens drei Tote bei russischen Angriffen auf die Ukraine Bei einer neuen russischen Angriffswelle sind in der Ukraine mindestens drei Menschen getötet worden. "Der Feind feuerte Dutzende Raketen auf Städte und Dörfer ab", erklärte der stellvertretende Leiter des Präsidentenbüros, Oleksij Kuleba, im Onlinedienst Telegram. Mehr als 30 Menschen seien bei den Angriffen verletzt worden, darunter fünf Kinder. Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal erklärte, Russland habe Marschflugkörper und Hyperschallraketen vom Typ Kinschal eingesetzt. Strack-Zimmermann zu Eurofightern: Taurus an Ukraine liefern Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat zurückhaltend auf die mögliche Öffnung zur Lieferung von Eurofightern an Saudi-Arabien reagiert. "Wer Eurofighter nach Saudi-Arabien exportiert, der muss auch umgehend den Taurus an die Ukraine liefern", sagte die FDP-Politikerin. "Auch Sicherheitspolitik braucht einen Werte-Kompass." Die Bundesregierung ist nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock offen für die Lieferung der Kampfjets an Saudi-Arabien. Insider: Zwei Tote bei Angriff auf Chmelnyzkyj In der Region Chmelnyzkyj sind bei den erneuten russischen Luftangriffen nach ukrainischen Angaben zwei Menschen getötet worden. Zudem sei kritische Infrastruktur getroffen worden, verlauten örtlichen Behörden. Russland meldet Evakuierung von 300 Einwohnern aus der Grenzstadt Belgorod Nach Angriffen aus der Ukraine hat Russland eigenen Angaben zufolge rund 300 Einwohner der in der Nähe zur ukrainischen Grenze gelegenen Stadt Belgorod evakuiert. Die Bewohner, die sich freiwillig für eine Evakuierung entschieden hätten, würden zunächst in Notunterkünften in den weiter von der Grenze entfernten Bezirken Stary Oskol, Gubkin und Korotschansky untergebracht, sagte der Gouverneur der Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, in einem im Onlinedienst Telegram veröffentlichten Video. Russland attackiert Ukraine massiv mit Raketen Die russische Luftwaffe hat die Ukraine erneut massiv mit Raketen angegriffen. Am Morgen meldeten ukrainische Medien Explosionen um die südostukrainische Großstadt Dnipro. Beobachtern zufolge sind von knapp einem Dutzend strategischen Bombern Marschflugkörper auf Ziele in der Ukraine abgefeuert worden. Ebenso seien Hyperschallraketen des Typs Kinschal (Dolch) im Einsatz. In der gesamten Ukraine wurde Luftalarm ausgelöst. "Kiew - in Deckung!", teilte die Luftwaffe auf dem Kurzmitteilungsdienst Telegram mit. Die Hauptstadt sei einer Bedrohung durch ballistische Raketen ausgesetzt. Auch die Städte Krywyj Rih, Saporischschja, Charkiw, Dnipro und Chmelnyzkyj seien einem "massiven Raketenangriff" der russischen Streitkräfte ausgesetzt, hieß es vom Militär in den jeweiligen Städten mit. Nach Angriff: Rettungsarbeiten in Pokrowsk dauern an Nach den schweren russischen Raketenangriffen auf den ostukrainischen Landkreis Pokrowsk mit mindestens elf Toten am Samstag dauern die Rettungsarbeiten noch immer an. In den betroffenen Orten, die im ukrainisch kontrollierten Teil der Region Donezk liegen, werde weiter nach Opfern unter den Trümmern gesucht, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag in seiner abendlichen Videoansprache. Er dankte allen Rettern, die seit Samstagabend vor Ort im Einsatz sind. Auch der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko sagte, dass die Identifikation der Todesopfer, unter denen vorläufigen Angaben zufolge mindestens fünf Kinder sind, noch nicht abgeschlossen sei. "Die Wucht des feindlichen Angriffs war zu stark, daher braucht diese Arbeit Zeit", sagte er. Die schweren Angriffe am Samstagabend hatten neben der Kreisstadt Pokrowsk auch den Ort Riwne erschüttert. Eine Rakete schlug offiziellen ukrainischen Angaben zufolge in das Haus einer sechsköpfigen Familie ein. Demnach erfolgte der Beschuss durch umfunktionierte Flugabwehrraketen vom Typ S-300. Der Liveblog vom Sonntag Japans Außenministerin Kamikawa hat bei ihrem Besuch in Kiew versichert, dass ihr Land weitere Hilfe leisten will. In der Region Cherson sind bei russischen Angriffen Menschen getötet und verletzt worden. Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen. | /newsticker/liveblog-ukraine-montag-324.html |
2024-01-08 | Franz Beckenbauer ist tot | Trauer um Fußball-Legende | Er war einer der Größten der deutschen Fußball-Geschichte und holte die Fußball-WM 2006 nach Deutschland: Franz Beckenbauer. Im Alter von 78 Jahren ist "der Kaiser" nun gestorben. | Er war einer der Größten der deutschen Fußball-Geschichte und holte die Fußball-WM 2006 nach Deutschland: Franz Beckenbauer. Im Alter von 78 Jahren ist "der Kaiser" nun gestorben. Franz Beckenbauer ist tot. Die deutsche Fußball-Legende starb im Alter von 78 Jahren, wie seine Familie und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mitteilten. Auch weltweit gehörte Beckenbauer zu den Allergrößten im Fußball, er wurde Weltmeister als Spieler und Trainer, holte die WM 2006 nach Deutschland. Geboren wurde Beckenbauer am 11. September 1945, er wuchs im Münchner Arbeiterviertel Giesing auf. Mit 13 Jahren kam Beckenbauer als Junioren-Spieler zum FC Bayern und stieg schnell zum Leistungsträger bei den Münchnern auf, mit 20 Jahren war er Nationalspieler. Der erste Superstar des deutschen Fußballs Er holte unter anderem vier nationale Meistertitel, wurde dreimal Sieger im Europapokal der Landesmeister und Weltpokalsieger. Wegen seiner Leichtigkeit und Eleganz stieg Beckenbauer auf zum "Kaiser" des deutschen Fußballs - so sein Spitzname. Er war der erste deutsche Fußball-Superstar. Später spielte Beckenbauer in den USA bei Cosmos New York und bis zu seinem Karriereende als Spieler beim HSV. Nach der aktiven Karriere wurde Beckenbauer Teamchef der Nationalmannschaft und 1990 auch Weltmeister als Trainer. Später wurde er Coach und Präsident seines FC Bayern. Beckenbauer holte "das Sommermärchen" Einen großen Triumph feierte Beckenbauer auch, als er als Funktionär die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nach Deutschland holte - das "Sommermärchen", wie das Turnier oft bezeichnet wurde. Große Schatten auf seinen Ruf warfen allerdings Millionenzahlungen, die rund um die Vergabe der WM flossen. Ein Vergehen konnte ihm dabei nie nachgewiesen werden. Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb auf der Plattform X in einer ersten Reaktion auf die Todesnachricht, Beckenbauer sei für viele "der Kaiser" gewesen - "auch, weil er über Generationen für den deutschen Fußball begeistert hat. Er wird uns fehlen." Social-Media-Beitrag auf X von Bundeskanzler Olaf Scholz: "Weltmeister als Spieler und Trainer: Franz Beckenbauer war einer der größten Fußballer in Deutschland und für viele „der Kaiser“ - auch, weil er über Generationen für den deutschen Fußball begeistert hat. Er wird uns fehlen. Meine Gedanken sind bei seiner Familie und Freunden. pic.twitter.com/hSEWFfYk7R" Hans-Joachim Watzke, Aufsichtsratschef der Deutschen Fußball Liga DFL, würdigte Beckenbauer als "definitiv größten deutschen Fußballer aller Zeiten" und "einen der tollsten Menschen, die ich je kennengelernt habe". Gesundheitlich angeschlagen, hatte Beckenbauer sich schon länger fast vollständig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. "In tiefer Trauer teilen wir mit, dass mein Mann und unser Vater Franz Beckenbauer am gestrigen Sonntag im Kreise seiner Familie friedlich eingeschlafen ist", teilte die Familie der Nachrichtenagentur dpa mit. | /inland/gesellschaft/beckenbauer-gestorben-100.html |
2024-01-08 | "Ein großer Sportler", "ein Botschafter des Landes" | Reaktionen auf Beckenbauers Tod | Einer der Besten, "den unser Sport je gesehen hat" - so würdigt DFB-Präsident Neuendorf Franz Beckenbauer. Auch andere Sportler finden bewegende Worte - ebenso wie Politiker. Ein Überblick über die Reaktionen auf den Tod des Ausnahme-Fußballers. | Einer der Besten, "den unser Sport je gesehen hat" - so würdigt DFB-Präsident Neuendorf Franz Beckenbauer. Auch andere Sportler finden bewegende Worte - ebenso wie Politiker. Ein Überblick über die Reaktionen auf den Tod des Ausnahme-Fußballers. Der Tod von Franz Beckenbauer hat in Sport und Politik Trauer ausgelöst. In den Reaktionen wird klar, welch hohe Anerkennung der Fußball-Star genoss. Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb auf der Plattform X in einer ersten Reaktion auf die Todesnachricht, Beckenbauer sei für viele "der Kaiser" gewesen - "auch, weil er über Generationen für den deutschen Fußball begeistert hat. Er wird uns fehlen." Social-Media-Beitrag auf X von Bundeskanzler Olaf Scholz: "Weltmeister als Spieler und Trainer: Franz Beckenbauer war einer der größten Fußballer in Deutschland und für viele „der Kaiser“ - auch, weil er über Generationen für den deutschen Fußball begeistert hat. Er wird uns fehlen. Meine Gedanken sind bei seiner Familie und Freunden. pic.twitter.com/hSEWFfYk7R" Steinmeier: "Herausragender Botschafter unseres Landes" Bundespräsident Steinmeier kondolierte Heidrun Beckenbauer zum Tod ihres Mannes. "Wohl niemand hat den deutschen Fußball so stark geprägt wie Franz Beckenbauer. Als Spieler, Teamchef und Trainer hat er Fußballgeschichte geschrieben. Er war eine Ausnahmeerscheinung, das Wort Libero in seiner ganzen Bedeutung scheint für ihn erfunden zu sein", schrieb Steinmeier. Mit seinem Führungsstil und seiner Spielphilosophie habe Beckenbauer die deutsche Nationalmannschaft in der ganzen Welt "zu einem herausragenden Botschafter unseres Landes gemacht", so Steinmeier weiter. Auch wäre das "Sommermärchen in unserem Land 2006" ohne Beckenbauer undenkbar gewesen. Als Sportfunktionär hatte Beckenbauer die Fußball-WM 2006 nach Deutschland geholt. Der Bundespräsident erwähnte aber auch ausdrücklich Beckenbauers soziales Engagement: "Mit seiner Stiftung unterstützte er Menschen mit Behinderung und Personen, die krank und unverschuldet in Not geraten sind", schrieb Steinmeier. Aigner: "Eleganter Libero und ein Mann der Fairness" Bayerns Ministerpräsident Markus Söder würdigte den in München geborenen Beckenbauer als Botschafter Bayerns in der Welt. "Auch als Weltstar hat er seine Herkunft nie vergessen und ist immer bescheiden geblieben", schrieb Söder auf X. Seine unvergleichlich bodenständige, sympathische und herzerwärmende Art habe ihn nahbar für alle Menschen gemacht - auch außerhalb des Fußballgeschehens. Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner nannte Beckenbauer ein "Jahrhundertidol". Er sei "auf dem Rasen ein eleganter Libero und ein Mann der Fairness", gewesen. Völler: "Lichtgestalt des deutschen Fußballs" Groß ist die Trauer auch in der Fußball- und Sportwelt. "Der 'Kaiser' war eine Inspiration für mehr als eine Generation, er wird für immer die Lichtgestalt des deutschen Fußballs bleiben", schrieb Rudi Völler, DFB-Direktor der A-Nationalmannschaft. "Mit Franz Beckenbauer verliert der deutsche Fußball seine größte Persönlichkeit, ich verliere einen guten Freund." DFB-Präsident Bernd Neuendorf nannte den Tod Beckenbauers "eine echte Zäsur". Er sei einer der besten Spieler gewesen, "den unser Sport je gesehen hat. Mit seiner Leichtigkeit, seiner Eleganz und seiner Übersicht hat er auf dem Spielfeld Maßstäbe gesetzt". Nagelsmann: "Er konnte über den Rasen schweben" "Für mich war Franz Beckenbauer der beste Fußballer der deutschen Geschichte", so die Reaktion von Bundestrainer Julian Nagelsmann. Bis zuletzt habe ihn eine Aura umgeben, "an der auch die gesundheitlichen Probleme und Schicksalsschläge, die er zu verkraften hatte, nicht rütteln konnten". Franz Beckenbauer konnte über den Rasen schweben, als Fußballer und später auch als Trainer war er erhaben, er stand über den Dingen. Wenn Franz Beckenbauer einen Raum betrat, hat der Raum geleuchtet, den Titel "Lichtgestalt des deutschen Fußballs" trug er zu Recht. Hoeneß: "Ein Geschenk an uns alle" Beckenbauer war am Sonntag im Alter von 78 Jahren gestorben. Er prägte den deutschen Fußball über viele Jahrzehnte - als Spieler, Trainer und Funktionär. Eine besondere Rolle spielte er für den FC Bayern. "Franz Beckenbauer ist die größte Persönlichkeit, die der FC Bayern jemals hatte", schrieb Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß. "Die Menschen können sagen, sie haben Fußball gesehen zu Zeiten von Franz Beckenbauer. Er war mir ein Freund, ein einzigartiger Weggefährte - und ein Geschenk an uns alle. Lieber Franz, Ruhe in Frieden!" | /inland/gesellschaft/beckenbauer-gestorben-reaktionen-100.html |
2024-01-08 | Bauernproteste sorgen bundesweit für Störungen | Aktionswoche gestartet | Seit dem Morgen protestieren Bauern bundesweit gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung. In zahlreichen Städten und etwa an Autobahnen gibt es Blockaden und erhebliche Verkehrsbehinderungen. Die Polizei rief zu einem friedlichen Umgang auf. | Seit dem Morgen protestieren Bauern bundesweit gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung. In zahlreichen Städten und etwa an Autobahnen gibt es Blockaden und erhebliche Verkehrsbehinderungen. Die Polizei rief zu einem friedlichen Umgang auf. Mit Blockaden an Autobahnauffahrten und Traktorkolonnen haben die bundesweiten Bauernproteste begonnen. In Mecklenburg-Vorpommern etwa blockierten Landwirte landesweit mit Hunderten Traktoren Auffahrten von Autobahnen. Unterstützt wurden sie von Speditionsunternehmen, die gegen die Erhöhung der Lkw-Maut protestierten. Auf der A81 bei Böblingen in Baden-Württemberg waren nach Polizeiangaben in einer unangemeldeten Demonstration mehrere Traktoren auf der Autobahn unterwegs. Im Kreis Cloppenburg in Nordwestniedersachsen wurde eine Bundesstraße von 40 Fahrzeugen blockiert. In Sachsen waren laut Polizei etwa im Raum Dresden einige Autobahnauffahrten nicht nutzbar. In Bayern meldete die Polizei vielerorts Verkehrsbehinderungen, etwa weil Straßen nur einspurig befahrbar waren oder Autobahnauffahrten blockiert wurden. Weitere Blockaden und Verkehrsbehinderungen durch langsam fahrende Traktorenkonvois gab es darüber hinaus am Vormittag in praktisch allen Bundesländern von Süddeutschland über Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bis nach Schleswig-Holstein. Mehr als 5.000 Traktoren in München Auch in den Städten kam es zu Protestaktionen. In Hamburg und Bremen erreichten größere Treckerkonvois die Stadtgebiete und blockierten den Verkehr, wie die Polizei mitteilte. Dort wollen sich laut Demonstrationsanmeldungen jeweils 2.000 Traktoren versammeln. Am Brandenburger Tor in Berlin kamen bis zehn Uhr laut der Polizei Protestteilnehmer mit 566 Traktoren, Lkw, Autos, Transportern und Anhängern zusammen. Neben den Bauern nahmen dort auch viele Bus- und Lastwagenfahrer an dem Protest teil, auch viele Handwerker befanden sich demnach unter den Demonstranten. In München begleitete die Polizei nach eigenen Angaben rund 5.500 Traktoren aus der umliegenden Region in Richtung Innenstadt, wo später eine Kundgebung geplant ist. Komplette Städte abgeriegelt Durch Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern bewegte sich laut Polizei "ein etwa 20 Kilometer Konvoi mit rund 1.000 Fahrzeugen". Aus Brandenburg meldeten die Beamten die Abriegelung kompletter Städte durch protestierende Landwirte. Es bestehe "aktuell keine Möglichkeit", in das Stadtgebiet von Brandenburg an der Havel einzufahren, teilte die Polizei im Kurzbotschaftendienst X, ehemals Twitter, mit. Auch die Zufahrt nach Cottbus werde voraussichtlich in kürzester Zeit nicht mehr möglich sein. In Rheinland-Pfalz bewegte sich laut Polizei ein 18 bis 20 Kilometer langer Konvoi mit mehr als 1.000 Traktoren und Lastwagen über die Autobahn 63 in Richtung der Landeshauptstadt Mainz. Die Autobahn war demnach voll gesperrt. Auch in Düsseldorf in Nordrhein-Westfalen waren nach Angaben der Polizei am Montag bereits zahlreiche demonstrierende Bauern mit schweren Maschinen unterwegs. Proteste bringen Produktion in VW-Werk zum Erliegen Im Zuge der Bauernproteste kam auch die Produktion am Volkswagen-Werk in Emden in Ostfriesland zum Erliegen. "Die Produktion steht heute", sagte eine VW-Sprecherin. Die Wege zum Werk seien durch die Bauernproteste versperrt gewesen. Es sei für die Beschäftigten daher nicht möglich, zur Arbeit zu kommen. Betroffen war die Produktion der Verbrenner-Modelle. Die Fertigung der E-Autos soll planmäßig nach den Weihnachtsferien erst in der kommenden Woche wieder anlaufen. Wie viele Beschäftigte genau von dem Ausfall betroffen waren, ist nicht bekannt. Am Dienstag soll die Produktion wieder aufgenommen werden. Demonstrant von Auto erfasst Ein Teilnehmer der Proteste in Niedersachsen wurde von einem Autofahrer erfasst und verletzt. Das teilte die Polizeidirektion Oldenburg auf der Plattform X, vormals Twitter, mit. Der Vorfall ereignete sich bei Friesoythe. Der Autofahrer wollte demnach eine Blockade über einen Geh- und Radweg umfahren, wobei er mit einem Demonstranten kollidierte. Der Fahrer flüchtete nach Angaben der Beamten zunächst, wurde später aber gestellt. Ein Sprecher der Polizei sagte, der Teilnehmer sei mutmaßlich schwer verletzt. Er sei mit einem Rettungshubschrauber in eine Klinik gebracht worden. Genauere Angaben konnte die Polizei nicht machen. Es sei noch unklar, ob der Autofahrer den Teilnehmer beim Umfahren absichtlich verletzt habe oder nicht. "Wir appellieren an die Friedlichkeit" Mehrere Kultusministerien der Länder kündigten an, dass Schüler entschuldigt werden, sollten sie es wegen der Aktionen nicht zum Unterricht schaffen. Im Landkreis Friesland (Niedersachsen) fiel heute etwa wegen der angekündigten Protestaktionen der Präsenzunterricht an allen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen aus. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, rief die Teilnehmer der Proteste zur Friedfertigkeit auf. "In Anbetracht der zu erwartenden Massen an Protestierenden wird die Polizei sehr schnell, sehr stark flexibel in Deutschland agieren müssen. Dafür ist sie aber nicht ausreichend aufgestellt", sagte Kopelke den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wir appellieren daher an die Friedlichkeit und Sensibilität der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und insbesondere an die verantwortlichen Versammlungsleiter." Scholz: Kein Abrücken von Agrar-Beschlüssen Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte, er wolle trotz der Proteste an den Kürzungsplänen der Ampel festhalten. "Die Bundesregierung steht dazu", sagte er nach einem Treffen mit Luxemburgs Premierminister Luc Frieden im Kanzleramt in Berlin. Die Subventionen seien schon seit vielen Jahren kritisiert worden - und bei einem Subventionsabbau gebe es immer Stimmen, die sagen, "aber nicht diese". Nun bleibe die Regierung bei ihrem Vorhaben, das "in sehr kurzer Zeit" im Bundestag zur Abstimmung stehen solle. Mit Blick auf die Protestwoche der Bauern sagte der Kanzler: "Kritik ist Teil der Demokratie. Sie ist nötig und gehört dazu. Darüber darf sich keiner beschweren. Ich tue es jedenfalls nicht." Scholz fügte hinzu: "Der Zweck heiligt natürlich nicht alle Mittel. Deshalb sei angesichts des Entgegenkommens der Bundesregierung, die Teile der Kürzungen beim Agrardiesel nach Protesten bereits wieder zurückgenommen hat, wichtig, "dass jetzt Maß und Mitte gehalten werden". Das solle auch ein Anliegen von Demokratinnen und Demokraten sein, "gerade in Zeiten wie diesen". Verband bittet um Verständnis Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, bat die von den Blockadeaktionen der Landwirte betroffenen Menschen erneut um Verständnis. Es gehe um "die Zukunft unserer Bauernfamilien" und auch um die Ernährungssicherheit und somit "die Zukunft unseres Landes", sagte Rukwied am Rande der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Kloster Seeon. Die Politik der Bundesregierung richte sich gegen die deutschen Bauern. "Hier versucht man ein Abwicklungsszenario auf den Weg zu bringen, das absolut inakzeptabel ist", sagte Rukwied weiter. Der Bauernverband hatte zu der Aktionswoche aufgerufen, um gegen die Streichung von Subventionen für die Branche zu demonstrieren. Dabei geht es vor allem um die Steuervergünstigung von Agrardiesel. Eine teilweise Rücknahme der Sparpläne der Bundesregierung reicht dem Verband nicht aus. Weil fordert Rücknahme von Kürzungen Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil forderte die Ampel-Regierung auf, ihre geplanten Subventionskürzungen für die Landwirtschaft zurückzunehmen. Es sei seine "dringende Empfehlung an die Bundesregierung, klaren Tisch zu machen", sagte der SPD-Politiker im Morgenmagazin von ARD und ZDF. "Ich glaube, es wäre gut, wenn man diesen Konflikt beenden würde", fügte er hinzu. Weil nannte als Beispiel die Streichung des Agrardiesels, die schrittweise bis 2026 erfolgen soll. Dies sei gerade für kleinere Betriebe "eine arge Belastung". Auch die höheren CO2-Preise würden die Landwirte treffen. | /inland/bauernproteste-stoerungen-strassen-100.html |
2024-01-08 | Frankreichs Premierministerin Borne tritt zurück | Regierungsumbildung | In Frankreich kommt es zu der Regierungsumbildung, über die schon länger spekuliert wird: Premierministerin Borne reichte ihren Rücktritt ein. Es wird erwartet, dass Präsident Macron mehrere Kabinettsmitglieder auswechselt. | In Frankreich kommt es zu der Regierungsumbildung, über die schon länger spekuliert wird: Premierministerin Borne reichte ihren Rücktritt ein. Es wird erwartet, dass Präsident Macron mehrere Kabinettsmitglieder auswechselt. Die französische Premierministerin Elisabeth Borne ist zurückgetreten. Das teilte der Elysée-Palast am frühen Abend mit. Präsident Emmanuel Macron nahm ihren Rücktritt demnach an. Er dankte Borne "von ganzem Herzen" für ihre "vorbildliche" Arbeit im Dienste des Landes. In französischen Medien hatte es bereits seit Tagen Spekulationen über eine Regierungsumbildung gegeben. Hintergrund ist, dass Macron nach den jüngsten Schwierigkeiten mit dem Immigrationsgesetz unter Druck steht. Das Schlüsselvorhaben Macrons wurde in einer Zitterpartie verabschiedet, nachdem die Regierung den konservativen Républicains massive Zugeständnisse gemacht hatte. Der verschärfte Gesetzestext sorgte aber für heftige Spannungen innerhalb des Macron-Lagers. Borne war zweite Frau an der Regierungsspitze Borne hatte Macrons Vorhaben immer energisch verteidigt und sich dabei die Wut vieler Abgeordneter zugezogen, die ihr Verfassungstricks vorwarfen, um ungeliebte Reformen durchzudrücken. Im Gespräch für die Nachfolge Bornes sind unter anderem der bisherige Verteidigungsminister Sébastien Lecornu, Bildungsminister Gabriel Attal und der ehemalige Landwirtschaftsminister Julien Denormandie. Borne war nach Edith Cresson, die 1991 für ein knappes Jahr im Amt war, erst die zweite Frau an der Spitze der französischen Regierung. Es wird damit gerechnet, dass Macron auch zahlreiche Kabinettsmitglieder auswechselt. | /ausland/europa/borne-ruecktritt-100.html |
2024-01-08 | Bewährungsstrafen nach Angriff auf ZDF-Team | Drehtermin bei Querdenker-Demo | Im Prozess wegen eines Angriffs auf ein ZDF-Kamerateam sind die vier Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Zudem müssen sie eine Geldbuße zahlen. | Im Prozess wegen eines Angriffs auf ein ZDF-Kamerateam sind die vier Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Zudem müssen sie eine Geldbuße zahlen. Es war ein gezielter Angriff. Davon ist das Gericht überzeugt. "Ausspähen und draufhauen", sagte Richterin Ulrike Hauser bei der Urteilsverkündung. Fast vier Jahre nach einem Angriff auf ein ZDF-Team am Rande einer Demonstration der Querdenkerbewegung in Berlin hat das Amtsgericht Tiergarten drei Männer und eine Frau jeweils zu Bewährungsstrafen von zwei Jahren verurteilt. Es sprach sie der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Binnen eines Jahres müssen die 28- bis 34-Jährigen zudem je 5000 Euro Geldbuße zahlen. Die 20.000 Euro sollen die sechs Opfer - Journalisten und Wachleute - als Schmerzensgeld bekommen. Die Verteidigung hatte Bewährungsstrafen von jeweils eineinhalb Jahren beantragt. Ob sie Rechtsmittel einlegen, ließen die Anwälte zunächst offen. Geständnis und Entschuldigung Die beiden Männer aus Berlin und das Geschwisterpaar aus Baden-Württemberg hatten zuvor gestanden, am 1. Mai 2020 auf das Fernsehteam eingetreten und eingeschlagen zu haben. Es habe sich um eine Verwechslung gehandelt, ließen sie jeweils über ihre Verteidiger erklären. Man sei davon ausgegangen, es handele sich um "Personen aus dem rechten Spektrum", hieß es. In knappen Erklärungen ließen die Angeklagten vortragen, sie würden einen Angriff auf Pressevertreter nicht gutheißen und wollten sich aufrichtig bei den Opfern entschuldigen. Eine Distanzierung von der Gewalt an sich fehlte jedoch bei allen. Das Geständnis der bislang nicht vorbestraften Angeklagten war Voraussetzung dafür, dass das Gericht Bewährungsstrafen aussprach. Mit "großer Wucht" niedergeschlagen Das Fernsehteam war damals im Auftrag für das ZDF-Satireformat "heute-show" unterwegs und berichtete über die Demonstration der Querdenkerbewegung. Plötzlich sei ein "schwarzer Block" mit etwa 20 vermummten Menschen auf sie zu gerannt gekommen, so die Zeugen. Jeweils drei- bis vierköpfige Gruppen hätten sie attackiert. "Ich sah, wie ein Kollege zusammengetreten wurde", schilderte der Regisseur vor Gericht. Dann habe er einen Schlag auf ein Bein, dann auf den Hinterkopf bekommen. Auf die Entschuldigung reagierte der 63-Jährige, der als Nebenkläger im Prozess auftrat, zurückhaltend. "Das war eine Erklärung, die von Verteidigern vorgelesen wurde." Die sechs Opfer seien niedergeschlagen worden, danach sei "mit großer Wucht" gegen die Köpfe der am Boden liegenden Menschen getreten worden, so die Anklage. Zwei der Opfer verloren zeitweilig das Bewusstsein. Ein Kameramann erlitt einen Nasenbeinbruch. Aus Sicht des Gerichts ließen sich die Hintergründe für den Angriff nicht mehr klären. Dies sei bedauerlich, betonte Richterin Hauser. DJV bis heute schockiert Nach Angaben des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) handelte es sich bei der Attacke um den schwerwiegendsten Überfall auf Journalistinnen und Journalisten im Jahr 2020. "Wir waren damals schockiert und sind es noch heute", erklärte am Montag die DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. "Es war ein brutaler Angriff auf das Grundrecht der Pressefreiheit." Mit Blick auf die Erklärung, es handele sich um ein Versehen, betonte der Jurist, dass es keinerlei Rechtfertigung für solch einen Angriff gebe. Ein politischer Diskurs dürfe nicht auf gewaltvolle Weise ausgetragen werden. Mit seinem Urteil folgte das Amtsgericht dem Antrag des Staatsanwalts. | /inland/gesellschaft/zdf-urteil-strafen-100.html |
2024-01-08 | Fünf Menschen aus überfluteter Höhle gerettet | Slowenien | Zwei Tage lang hatten sie auf einem Felsvorsprung ausgeharrt - nun wurden in Slowenien fünf Menschen per Boot aus einer überfluteten Höhle gerettet. Wegen des steigenden Wasserstands konnten sie den Ausgang nicht mehr erreichen. | Zwei Tage lang hatten sie auf einem Felsvorsprung ausgeharrt - nun wurden in Slowenien fünf Menschen per Boot aus einer überfluteten Höhle gerettet. Wegen des steigenden Wasserstands konnten sie den Ausgang nicht mehr erreichen. In Slowenien haben Einsatzkräfte fünf Menschen aus einer überfluteten Höhle befreit. Zwei Tage lang hatten die drei Touristen und zwei Höhlenführer in der berühmten Kreuzhöhle (Krizna Jama) ausgeharrt. Erst ein Sinken des Wasserstands machte es nun möglich, die Eingeschlossenen per Boot zu retten. Allen gehe es gut, niemand brauche ärztliche Behandlung, sagte der Einsatzleiter des Katastrophenschutzes, Sandi Curk, nach Angaben slowenischer Medien. Auf einem Felsvorsprung ausgeharrt Die Gruppe hatte am Samstagmorgen ihre Tour per Boot durch die unterirdische Seen-Landschaft von Krizna Jama begonnen. Danach stieg der Wasserstand so stark, dass der Höhlenausgang auch mit dem Boot nicht mehr erreichbar war. Man wurde auf den Notfall aufmerksam, weil die Wanderer zum für den frühen Samstagnachmittag geplanten Zeitpunkt nicht zurückgekehrt waren. Die Eingeschlossenen warteten in einem beheizten Zelt auf einem Felsvorsprung zehn Meter über dem Wasserspiegel auf die Rettungskräfte. Der 2,4 Kilometer vom Ausgang entfernte trockene Ort ist speziell für solche Notlagen hergerichtet. Die Wassertemperatur in der Höhle wurde mit sechs Grad Celsius angegeben, die Sichtweite unter Wasser war gering. Professionelle Taucher des Katastrophenschutzes besuchten die Eingeschlossenen vor ihrer Rettung zwei Mal und versorgten sie mit Nahrung, Medikamenten und warmer Kleidung. Acht Kilometer langes Höhlensystem Slowenien ist bekannt für seine mehr als 14.000 Höhlen. Die Kreuzhöhle etwa 30 Kilometer Luftlinie südlich der Hauptstadt Ljubljana ist das viertgrößte bekannte unterirdische Ökosystem der Welt. Das acht Kilometer lange Höhlensystem mit einer Reihe smaragdfarbener unterirdischer Seen ist nur mit Booten und Flößen und in Begleitung von Höhlenführern zugänglich. | /ausland/europa/slowenien-hoehle-100.html |
2024-01-08 | Technische Probleme bei US-Mondlandemission | Raumfahrt | Zum ersten Mal seit über 50 Jahren ist in den USA wieder eine Mission zum Mond gestartet. Doch die private Mondlandefähre hat technische Probleme. Laut Betreiber Astrobotic konnte die Fähre die gewünschte Position zur Sonne nicht einnehmen. | Zum ersten Mal seit über 50 Jahren ist in den USA wieder eine Mission zum Mond gestartet. Doch die private Mondlandefähre hat technische Probleme. Laut Betreiber Astrobotic konnte die Fähre die gewünschte Position zur Sonne nicht einnehmen. Kurz nach dem Start einer US-Mission mit dem Ziel einer ersten erfolgreichen kommerziellen Landung auf dem Mond hat es dem Unternehmen zufolge eine Störung gegeben. Zunächst habe der Start wie geplant geklappt und die Systeme hätten wie erwartet funktioniert, teilte das Unternehmen Astrobotic aus Pittsburgh mit. "Leider gab es dann eine Störung, die verhindert hat, dass die Fähre eine stabile, der Sonne zugewandte Position einnehmen konnte." Das Team reagiere auf die Situation und werde weitere Informationen weitergeben, sobald diese vorlägen, hieß es. Der Lander "Peregrine" war am Morgen an Bord einer Rakete vom Typ "Vulcan Centaur" des Herstellers ULA vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral gestartet. Die Kapsel sollte eigentlich Ende Februar auf dem Erdtrabanten in einem Gebiet mit dem Namen Sinus Viscositatis (Bucht der Klebrigkeit) landen und die erste - unbemannte - US-Mondlandung seit der Apollo-Mission vor über 50 Jahren perfekt machen. Der Frachtflug zum Mond war der erste von mehreren dieser Art, die für das Jahr 2024 geplant sind. Das dafür notwendige Mondlandegerät wurde von der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA finanziert, ist aber eine Entwicklung und Eigentum des privaten US-Raumfahrtunternehmens Astrobotic. Der Lander "Peregrine" hat wissenschaftliche Geräte, Technikexperimente und kommerzielle Fracht aus mehreren Ländern an Bord. Was ist "Peregrine" genau? Der Lander "Peregrine" - zu deutsch "Wanderfalke" - ist eine Art Lkw für Transporte zum Mond. Menschen können mit diesem Raumschiff nicht befördert werden, aber wissenschaftliche Messinstrumente, technische Ausrüstung, Roboter oder auch Objekte, die Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Gründen und geschäftlichen Interessen auf dem Mond platzieren wollen. Das Mondlandegerät ist zwei Meter hoch und 2,5 Meter breit. "Peregrine" landet, von Raketentriebwerken gebremst, auf vier Beinen. Diese Beine tragen eine Plattform, auf der insgesamt 21 verschiedene "Pakete" montiert sind. Doch anders als beim irdischen Paketzusteller werden die Frachtstücke nach der Landung nicht verteilt, sondern bleiben an Bord oder werden in unmittelbarer Umgebung des Landers auf die Mondoberfläche gesetzt - kleine Roboter und Rover beispielsweise. Peregrine bleibt auf dem Mond Noch ein Unterschied zum Speditions-Lkw: Peregrine ist ein Wegwerftransporter. Das Gerät verbleibt nach der Landung auf der Mondoberfläche, es kehrt nicht zur Erde zurück. Ein Pendelverkehr Erde-Mond ist damit nicht möglich. Fehlerhafte Höhenberechnung bei "Peregrine Mission 1" Im April 2023 war eine japanische Firma bei einer ähnlichen Mission gescheitert. Als Grund gab das Unternehmen Ispace eine fehlerhafte Höhenberechnung des Landers beim Landeversuch an. Bei der "Peregrine Mission 1" konnten Privatpersonen sich Raum für den Transport von Material zum Mond in dem Lander kaufen, der 1,9 Meter hoch ist und einen Durchmesser von 2,5 Metern hat. Auch die US-Weltraumbehörde NASA will mit mehreren Geräten auf der Reise ihre eigenen Expeditionen zum Begleiter der Erde vorbereiten. Die NASA möchte bei der Mission unter anderem die Mondexosphäre untersuchen. Zudem sollen thermische Eigenschaften und der Wasserstoffgehalt des Materials auf der Mondoberfläche (Regolith) erkundet werden. | /wissen/forschung/mondmission-peregrine-102.html |
2024-01-08 | Boeing-Aktien tief im Minus | US-Flugzeughersteller | Der Abriss eines Kabinenteils bei einer Boeing 737 Max 9 löst neue Fragen nach Sicherheit und Qualität der Flugzeuge des US-Herstellers Boeing aus. An der Börse verlieren die Aktien des Konzerns mehr als acht Prozent. | Der Abriss eines Kabinenteils bei einer Boeing 737 Max 9 löst neue Fragen nach Sicherheit und Qualität der Flugzeuge des US-Herstellers Boeing aus. An der Börse verlieren die Aktien des Konzerns mehr als acht Prozent. Nach dem dramatischen Zwischenfall bei einer Boeing 737 Max 9 steht der US-amerikanische Flugzeugbauer Boeing auch an der Börse stark unter Druck. An der Wall Street verloren die Papiere des Konzern zum Handelsstart in den USA mehr als acht Prozent und fielen auf den tiefsten Stand seit November. Damit droht Boeing mehr als 12,5 Milliarden Dollar an Marktwert zu verlieren. Auch die in Frankfurt notierte Boeing-Aktien stürzten heute ab und verloren zwischenzeitlich bis zu neun Prozent. Grund für den heftigen Kursverlust der Boeing-Aktie ist der Abriss eines Kabinenteils samt Fenster während eines Fluges am Freitag bei einer Boeing 737 Max 9. Die Maschine musste kurz nach dem Start umkehren und landete rund 20 Minuten später in Portland. In der Folge verhängte die US-Aufsichtsbehörde FAA ein vorübergehendes Startverbot für Maschinen dieses Typs, weltweit zogen zahlreiche Airlines die Boeings aus dem Verkehr. "Sicherheit hat oberste Priorität" Auch die amerikanische Luftsicherung zog Konsequenzen aus dem Vorfall: Die FFA hatte am Wochenende angekündigt, es werde sofortige Inspektionen der Flugzeuge des Typs 737 Max 9 geben, die jeweils etwa vier bis acht Stunden in Anspruch nähmen. Die Analystin Sheila Kahyaoglu von der US-Investmentbank Jefferies schätzt, dass die Inspektionen für Boeing mit direkten Kosten von 1,7 Millionen Dollar verbunden sein dürften. Erst danach können die Jets, die von US-Fluggesellschaften betrieben werden oder auf amerikanischem Territorium unterwegs sind, wieder in Betrieb gehen. Weltweit geht es um 171 Flugzeuge. Boeing erklärte nach der Ankündigung der FFA, man unterstütze die Entscheidung, die Flugzeuge für eine Sicherheitsprüfung am Boden zu lassen: "Sicherheit hat für uns oberste Priorität und wir bedauern zutiefst die Auswirkungen, die dieses Ereignis auf unsere Kunden und deren Passagiere hatte." Fehler häufen sich Bei Boeing folgt das Unglück auf eine Serie von Entwicklungs- und Produktionsfehlern. Immer wieder gab es bei der "Max" Probleme. So forderte Boeing Fluggesellschaften jüngst dazu auf, das System, das die Seitenruder der Max steuert, auf lose Schrauben zu überprüfen. Anfang 2023 waren bei einigen der Jets außerdem falsch gebohrte Löcher und unsachgemäße Beschläge festgestellt worden. Und nun also ein herausgefallenes Seitenstück, dass anstelle eines Notausgangs in den Rumpf des Flugzeuges eingebaut worden war. "Diese Art von Ausfall sollte in keinem Flugzeug passieren, aber dass es bei einem drei Monate alten Flugzeug passiert, ist inakzeptabel", sagte Nick Cunningham, Analyst bei Agency Partners, der "Financial Times". "Das verstärkt den Eindruck, dass Boeing verlernt hat, wie man Flugzeuge baut." Noch schnellere Produktion? Insbesondere mit Blick auf die verheerenden Konstruktionsfehler, die 2018 und 2019 zu zwei tödlichen Abstürzen und einem weltweiten Startverbot der 737-Max-Reihe führten, könnte der jüngste Vorfall weitreichende Konsequenzen für Boeing haben. Denn nach den Abstürzen überarbeitete Boeing den Typ "Max" und erlangte nach und nach Wiederzulassungen und Vertrauen zurück. Den Hersteller kostete das Desaster Milliarden. Nun steht erneut das Vertrauen in die Qualität der Boeing-Flugzeuge auf dem Spiel. Kritiker hatten dem Konzern vorgeworfen, bei dem US-Hersteller stehe Quantität über Qualität. Nachdem Boeing monatelang mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen hatte, versuchte Boeing zuletzt, die Produktionsrate zu erhöhen. Nach Informationen der "Financial Times" baut Boeing derzeit 38 Jets pro Monat in einer seiner Fabriken in der Nähe von Seattle. Bis Mitte des Jahrzehnts soll dies auf 50 pro Monat steigen. Der jüngste Vorfall werfe nun Fragen auf, so Branchenbeobachter. "Wie läuft die Qualitätskontrolle, wenn sie versuchen, hochzufahren?", sagte der Analyst der Bank of America, Ron Epstein, der FT. Seit Jahren in den roten Zahlen Dabei wäre es für Boeing wichtig, die Produktion hochzufahren. Der Konzern hat sich ehrgeizige finanzielle Ziele gesetzt. So will er es bis 2026 schaffen, jährliche verfügbare liquide Mittel von zehn Milliarden Dollar zu haben. Da Flugzeughersteller erst bei Lieferung bezahlt werden, ist bei Bestellungen das Produktionstempo ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Konzerns. Seit Jahren schreibt Boeing rote Zahlen: Nach vier Verlustjahren in Folge zeichnete sich zuletzt auch für 2023 ein MInus in der Bilanz ab. | /wirtschaft/unternehmen/boeing-flugverbot-aktienkurs-100.html |
2024-01-08 | Hohe Haftstrafen im OneCoin-Prozess | Betrug mit Kryptowährung | Im Mammutprozess um die fiktive Kryptowährung OneCoin hat das Landgericht Münster die Urteile gesprochen. Für ein Ehepaar aus Greven sowie einen Anwalt aus München gab es mehrjährige Haftstrafen. Von J. Eberl und H. Vollmari. | Im Mammutprozess um die fiktive Kryptowährung OneCoin hat das Landgericht Münster die Urteile gesprochen. Für ein Ehepaar aus Greven sowie einen Anwalt aus München gab es mehrjährige Haftstrafen. Von Jens Eberl, Hartmut Vollmari, WDR Fünf Jahre Haft für Frank R. und vier Jahre für Manon H. lautet das Urteil des Landgerichts Münster: Dem Ehepaar wird vorgeworfen, etwa 320 Millionen Euro von rund 90.000 Kunden aus ganz Europa für die erfundene Kryptowährung OneCoin eingesammelt zu haben. Der Anwalt aus München soll Teile dieses Geldes auf Überseekonten transferiert haben. Er wurde zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Das Ehepaar aus Greven hatte Millionen Kunden um bis zu drei Milliarden Euro geschädigt. Die beiden hatten als europäische Finanzzentrale für den weltweiten Betrug mit der fiktiven Kryptowährung fungiert. Die 50jährige Manon H. und ihr 71-jähriger Mann Frank R. hatten dazu in Greven ein Unternehmen für diese Transaktionen gegründet und einen Vertrag mit Ruja Ignatova, der Drahtzieherin des Betruges, abgeschlossen. Ehepaar durch Geldwäscheverdacht aufgeflogen Die Deutsch-Bulgarin war die Ideengeberin der Kryptowährung. Auf prunkvollen Veranstaltungen hatte sie für OneCoin zwischen 2014 und 2016 international Werbung gemacht. Dann war die selbsternannte "Krypto-Queen" untergetaucht. Das FBI zählt sie inzwischen zu den zehn meistgesuchten Kriminellen. Frank R. wird als Profi im Bereich Pyramidengeschäfte, dem sogenannten Multi-Level-Marketing, betrachtet. 2016 fiel das Unternehmen allerdings durch eine Geldwäscheverdachtsanzeige der Kreissparkasse Steinfurt auf. Hunderte Buchungen über insgesamt 320 Millionen Euro innerhalb weniger Wochen hatten Misstrauen geweckt. Prozess dauerte drei Jahre Die Angeklagten hatten offensichtlich bewusst alle Hinweise auf OneCoin bei ihren Bankgeschäften vermieden. Laut Staatsanwaltschaft Bielefeld, die sich schwerpunktmäßig mit Wirtschaftskriminalität beschäftigt, erhielt das Grevener Paar mehrere Millionen Euro Provision für einen geringen Aufwand. Der Prozess in Münster hat insgesamt drei Jahre lang gedauert. In 43 Verhandlungstagen beleuchtete das Landgericht die betrügerische Masche. Danach wurden nach einem Pyramidensystem sogenannte Schulungspakete verkauft, die den Kunden völlig wertlose Anteilscheine der Kryptowährung einbrachten. Über das Internet wurde den Käufern dann vorgegaukelt, dass sie die Währung "schürfen" könnten, und es wurde eine fiktive Wertsteigerung präsentiert. Wenig Hoffnung auf Entschädigung Obwohl den Angeklagten nicht sämtliche Details des OneCoin-Betrugs bekannt sein sollen, ist das Gericht davon überzeugt, dass sie genügend Anzeichen für den Betrug bemerkt hatten. Darüber hinaus fehlte dem Grevener Ehepaar die erforderliche Genehmigung für derartige Finanzgeschäfte. Der Münchner Anwalt soll unter falschen Angaben 20 Millionen Euro auf Überseekonten transferiert haben. Die Verteidigung hingegen argumentierte, dass die Angeklagten OneCoin stets für eine seriöse Währung gehalten hätten. Sie hatten auf Freispruch oder eine milde Bewährungsstrafe plädiert. Auch nach dem Urteilsspruch dürften Betroffene wenig Hoffnung auf eine Entschädigung haben. Die Staatsanwaltschaft konnte von den drei Milliarden Euro lediglich 28 Millionen Euro sicherstellen. | /wirtschaft/onecoin-prozess-kryptowaehrung-urteil-100.html |
2024-01-08 | Bahnstreik vor Gericht | Eilantrag gegen GDL-Pläne | Die Deutsche Bahn geht juristisch mit einem Eilantrag gegen den GDL-Streik vor. Wie hoch liegen dafür die juristischen Hürden? Wie läuft das Gerichtsverfahren ab? Von F. Bräutigam und M. Nordhardt. | Die Deutsche Bahn geht juristisch mit einem Eilantrag gegen den GDL-Streik vor. Wie hoch liegen dafür die juristischen Hürden? Wie läuft das Gerichtsverfahren ab? Von Frank Bräutigam, Michael Nordhardt Ist das Streikrecht vom Grundgesetz garantiert? Ja, das ist es. Im Grundgesetz steht zwar nicht ausdrücklich ein Satz wie etwa "jede Gewerkschaft hat das Recht zu streiken". Aber in Artikel 9 ist ausdrücklich das Recht geregelt, Gewerkschaften zu gründen. Es ist anerkannt, dass der Arbeitskampf mit das wichtigste Recht einer Gewerkschaft ist. Das Streikrecht ist also ein Grundrecht und damit ein hohes Gut. Das wird auch von allen Seiten immer wieder betont. Allerdings gibt es auch gewisse rechtliche Grenzen für einen Streik. Die macht jetzt die Bahn geltend, und darum wird es vor Gericht jetzt gehen. Was sind das für rechtliche Grenzen? Rechtliche Grenzen für einen Streik sind unter anderem: Der Streik muss ein Ziel verfolgen, das man auch wirklich in einem neuen Tarifvertrag regeln kann, also etwa Lohn oder Arbeitsdauer. Es darf also zum Beispiel kein rein politisch motivierter Streik sein. Eine weitere Grenze: Der Streik muss zur Erreichung des Ziels auch "verhältnismäßig" sein. Vereinfacht gesagt muss er das letzte Mittel sein und darf nicht übertrieben hart ausfallen. "Verhältnismäßig" ist ein dehnbarer Begriff, bei dem die Gerichte den Gewerkschaften in der Regel einen großen Spielraum lassen. Die Hürden dafür, dass ein Gericht mit diesem Argument einen Streik stoppt, sind tendenziell eher hoch. Gab es bereits ähnliche Gerichtsverfahren? Vergleichbare Prozesse zum Bahnstreik gab es schon in den Jahren 2014 und 2021, bei denen die Bahn jeweils verloren hat. Bei einem umfassenden Streik im März 2023 hatte ein Gericht in Hamburg aber zum Beispiel angeordnet, dass der Elbtunnel im Notbetrieb offen bleiben müsse. Im Mai vergangenen Jahres wurde ein 50-stündiger Warnstreik der Bahngewerkschaft EVG durch einen gerichtlichen Vergleich abgewendet - auch das immer eine denkbare Variante. Wie es nun im aktuellen Fall vor Gericht ausgeht, kann man aber nicht vorhersagen. Wie läuft das Verfahren jetzt ab? Bei Gerichtsprozessen denkt man häufig an monatelange Verfahren. So ein Eilverfahren wie hier kann aber auch innerhalb kurzer Zeit entschieden werden - sogar innerhalb von Stunden. Die Deutsche Bahn hat einen Eilantrag eingereicht, und zwar beim Arbeitsgericht Frankfurt. Am Montag soll ab 18 Uhr verhandelt werden. Dabei werden dann im Gerichtssaal die Argumente ausgetauscht. Nach einer Entscheidung könnte die unterlegene Seite Rechtsmittel beim Landesarbeitsgericht in Frankfurt einlegen. Sollte der Streik von den Arbeitsgerichten verboten werden, könnte die Gewerkschaft noch einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe stellen. Womit argumentiert die Bahn? Wie schon in der Vergangenheit argumentiert die Bahn, der angekündigte Streik sei nicht verhältnismäßig, also zu hart. Interessant ist, dass jetzt wohl ein weiteres Argument hinzukommt: Im vergangenen Sommer hatte die GDL eine Genossenschaft namens "Fair Train" gegründet - unter anderem mit dem Ziel, Lokführer an die Bahn zu verleihen. Darin sieht die Bahn einen Interessenkonflikt: Eine Gewerkschaft darf nicht gleichzeitig auch als Arbeitgeberin auftreten. Dies sei hier aber der Fall, sagt die Bahn und will feststellen lassen, dass die Gewerkschaft damit ihre Tariffähigkeit verloren habe. Deshalb hat sie geklagt. Hierbei handelt es sich aber um eine andere Klage, die schon vor einigen Tagen eingereicht wurde. In dem Eilverfahren jetzt geht es um den angekündigten Streik ab Mittwoch. Das sind also grundsätzlich zwei Baustellen. Und dennoch: Die Bahn hat angekündigt, das Argument "fehlende Tariffähigkeit" auch in die aktuellen Verhandlungen über den Streik einzubringen. | /wirtschaft/arbeitsmarkt/streikrecht-gerichte-bahn-gdl-100.html |
2024-01-08 | Pegelstände sinken - noch keine Entspannung | Hochwasser in Deutschland | Das Hochwasser in Deutschland geht nur langsam zurück. Der Druck auf die Deiche ist weiterhin hoch, deshalb werden die Deichanlagen vielerorts nach wie vor Tag und Nacht kontrolliert und mit Sandsäcken verstärkt. | Das Hochwasser in Deutschland geht nur langsam zurück. Der Druck auf die Deiche ist weiterhin hoch, deshalb werden die Deichanlagen vielerorts nach wie vor Tag und Nacht kontrolliert und mit Sandsäcken verstärkt. Bei weitgehend trockenem Wetter zum Start in die neue Woche können die Menschen in den von Hochwasser betroffenen Regionen Deutschlands auf Entspannung hoffen. So durften in Meppen etwa 50 Bewohnerinnen und Bewohner eines evakuierten Altenheims nach mehr als einer Woche wieder zurückkehren, wie es hieß. Wasserdruck auf Deiche enorm Wie bei Ems und Hase wurden auch von anderen Flüssen stagnierende oder langsam sinkende Wasserstände gemeldet. In Niedersachsen blieb die Hochwasserlage dennoch in mehreren Regionen kritisch. Betroffen waren die Landkreise Celle, Emsland, Osterholz, Verden, der Heidekreis sowie Landkreis und Stadt Oldenburg, wie ein Sprecher des Innenministeriums in Hannover sagte. Nach wie vor drücke eine große Wassermasse auf die Deiche. So bereiteten in Oldenburg durchweichte Deiche nach wie vor Sorgen. Auch wenn die Pegelstände leicht sinken, sei der Druck der Wassermassen enorm, sagte eine Stadt-Sprecherin. Zum Schulbeginn wurde für Schulen, die wegen überfluteter Straßen nicht angefahren werden konnten, die Präsenzpflicht ausgesetzt. Einsatz der Bundeswehr Bei Sangerhausen in Sachsen-Anhalt half weiterhin die Bundeswehr: Etwa 200 Soldatinnen und Soldaten verstärken gemeinsam mit anderen Einsatzkräften einen Deich bei Oberröblingen. Allein am vergangenen Wochenende seien etwa 110.000 Sandsäcke verbaut worden, hieß es vom Landkreis Mansfeld-Südharz. Hier gilt weiterhin der Katastrophenfall. Die Pegelstände entlang der Helme verharrten auf einem stabilen Niveau, der Zufluss in die Talsperre Kelbra habe sich weiter verringert. Sonniges Winterwetter in den nächsten Tagen In vielen Regionen Deutschlands dürfen sich die Menschen in den kommenden Tagen auf sonniges Winterwetter freuen, es wird aber sehr kalt. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach sagte bis Mittwoch Dauerfrost und viel Sonne voraus. Insbesondere nachts gibt es frostige Temperaturen: Vor allem im Osten und Südosten werden es oft unter minus zehn Grad. | /inland/gesellschaft/hochwasser-316.html |
2024-01-08 | Zahl der Asylanträge gestiegen | BAMF-Statistik | 2023 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen starken Anstieg von Erstanträgen auf Asyl verzeichnet - rund 111.000 mehr als 2022. Hauptherkunftsländer waren dabei Afghanistan, die Türkei und vor allem Syrien. | 2023 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen starken Anstieg von Erstanträgen auf Asyl verzeichnet - rund 111.000 mehr als 2022. Hauptherkunftsländer waren dabei Afghanistan, die Türkei und vor allem Syrien. Die Zahl der Asylanträge in Deutschland ist 2023 deutlich gestiegen. Wie aus der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) veröffentlichten Jahresstatistik hervorgeht, wurden im vergangenen Jahr 329.120 Erstanträge auf Schutz in Deutschland gestellt. Das entspricht einer Zunahme von rund 51 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022, in dem 217.774 Asylerstanträge gestellt wurden. Die Zahl der Folgeanträge ging den Angaben zufolge im vergangenen Jahr zurück. Rechnet man sie hinzu, ergibt sich insgesamt eine Antragszahl von 351.915 für das Jahr 2023. Meiste Anträge aus Syrien, Afghanistan und Türkei Hauptherkunftsländer waren den Angaben zufolge Syrien (104.000 Asylerstanträge seit Jahresbeginn), die Türkei (62.624) und Afghanistan (53.582). Die Quoten fallen für die Länder sehr unterschiedlich aus. Während 88 Prozent der Anträge von Menschen aus Syrien und mehr als jeder vierte Antrag von Afghaninnen und Afghanen anerkannt wurde, gilt das für Menschen aus der Türkei nur in 13 Prozent der Fälle. Die Gesamtschutzquote, also der Anteil positiv beschiedener Anträge, lag laut Bundesamt bei knapp 52 Prozent. Fast 23.000 aller Erstanträge 2023 betrafen nach BAMF-Angaben in Deutschland geborene Kinder unter einem Jahr. Im Schnitt dauerten Verfahren 6,8 Monate Im vergangenen Jahr entschied das Bundesamt über mehr als 260.000 Asylverfahren. Dabei bekam etwa die Hälfte der Menschen einen Schutzstatus zugesprochen. Abgelehnt wurden die Anträge von fast 62.000 Menschen, knapp 65.000 Verfahren wurden aus verschiedenen Gründen eingestellt - zum Beispiel, weil der Asylantrag zurückgenommen wurde. 2023 dauerte das Verfahren für Erst- und Folgeanträge im Schnitt 6,8 Monate. Die Zahl der noch anhängigen Verfahren lag Ende Dezember bei fast 240.000. Flüchtlinge aus Ukraine nicht in Statistik Mehr als 12 Prozent der Asylanträge betrafen sogenannte Dublin-Verfahren, in denen also ein anderer EU-Staat für das Verfahren zuständig ist. Nicht in der Statistik enthalten ist die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine, die automatisch Schutz erhalten und dafür kein Asylverfahren durchlaufen müssen. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs haben mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine, in der Mehrzahl Frauen und Kinder, in Deutschland Schutz gesucht. | /inland/innenpolitik/asylbewerber-migration-100.html |
2024-01-08 | "Es ist etwas ins Rutschen geraten" | Warnung vor Protest-Unterwanderung | Forscher, Verfassungsschützer und Politiker warnen: Extremisten unterwandern zunehmend Demos. Von den Landwirten fordern sie eine klare Abgrenzung. Wenn an Traktoren Galgen hängen, sei eine Grenze überschritten, so Minister Habeck. | Forscher, Verfassungsschützer und Politiker warnen: Extremisten unterwandern zunehmend Demos. Von den Landwirten fordern sie eine klare Abgrenzung. Wenn an Traktoren Galgen hängen, sei eine Grenze überschritten, so Minister Habeck. Am Tag, an dem bundesweit Menschen gegen die Agrarpolitik demonstrieren, warnen erneut mehrere Politiker und Experten davor, dass die Proteste von extremistischen Kräften unterwandert werden könnten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte in einem auf sozialen Medien verbreiteten Video des Ministeriums: Es kursieren Aufrufe mit Umsturzfantasien. Extremistische Gruppen formieren sich, völkisch nationalistische Symbole werden offen gezeigt. Es wird sichtbar, dass in den letzten Jahren etwas ins Rutschen geraten ist, was den legitimen demokratischen Protest und die freie Meinungsäußerung entgrenzt. Versuch, "sich als die wahren Volksvertreter aufzuspielen" Ähnlich äußerten sich auch Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer und der Extremismusforscher Matthias Quent. Kramer sagte der Zeitung "taz": In den vergangenen Jahren hätten Rechtsextremisten "stetig und konsequent versucht, jede Form von legitimem Bürgerprotest zu unterwandern". Sie hätten versucht, "in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen, indem sie sich als die wahren Volksvertreter aufspielen". Kramer ergänzte: "Daher ist es nicht wirklich eine Überraschung, dass jetzt auch die Bauernproteste genutzt werden sollen." Jedes emotionale Thema sei für diese Strategie geeignet und werde auch genutzt. Forscher: Nicht nur verbal abgrenzen Das bestätigte auch der Extremismusforscher Quent. Nationalistische, rechtsextremistische und verschwörungsideologische Akteure versuchten, die Bewegung politisch zu instrumentalisieren, sagte Quent im Deutschlandfunk. Ihnen gehe es nicht um Agrardiesel, sie "wollen Deutschland lahmlegen". Quent ist Professor an der Hochschule Magdeburg-Stendal. An die Bauern richtete er den Appell, sich nicht nur verbal abzugrenzen. Man könne gegen die Ampel-Regierung demonstrieren und gleichzeitig ein Zeichen gegen rechts setzen - beispielsweise durch Schriftzüge wie "Nazis raus" oder Regenbogensymbole auf Plakaten. Ein breites Bündnis versuche, den Protesten ihren Stempel aufzudrücken und sie zu radikalisieren, so Quent weiter. Beispiele seien die "Identitäre Bewegung", aber auch die AfD. Expertin: Nach dem Muster das "gute Volk" gegen "böse Eliten" Die vom Verfassungsschutz in mehreren Bundesländern als rechtsradikal eingestufte AfD ermunterte ihre Anhänger, an den Demonstrationen teilzunehmen. "Wir unterstützen, dass die Bauern und andere Bürger friedlich für ihr Recht und ihre Interessen demonstrieren. Sie gehen stellvertretend für weite Teile der Gesellschaft auf die Straße", heißt es in einer Erklärung der Partei. Nach Einschätzung der Psychologin Pia Lamberty eignen sich die Bauernproteste besonders gut für die Strategie von Rechtsextremen. Themen wie Landwirtschaft stellten eine ideale Projektionsfläche dar, sagt die Expertin für die Erforschung von Verschwörungstheorien im tagesschau.de-Interview: "Man konstruiert auf der einen Seite quasi das 'gute Volk', die Bauern, die für das Ursprüngliche stehen in diesem Weltbild. Und auf der anderen Seite stehen die 'bösen Eliten', die sie angeblich nicht verstehen, die versuchen, die Gesellschaft zu 'zersetzen'." Bauernverband distanziert sich klar Der grüne Minister Habeck war vergangene Woche in Schlüttsiel an der Nordseeküste selbst Opfer einer aufgebrachten Menge geworden, die ihn mit Gewalt daran hinderte, eine Fähre zu verlassen - der Kapitän sah sich gezwungen, umzukehren. Auch in Schlüttsiel hatten Landwirte demonstriert. Der Aufruf dazu war aber auch von Gruppen des rechten Spektrums im Internet geteilt worden. Der Bauernverband hatte sich umgehend deutlich von dieser Form des Protestes distanziert. Auch aus der Politik gab es - parteiübergreifend - scharfe Kritik an den Vorgängen in Schlüttsiel. Aiwanger: Verunglimpfung "von linker Seite" Einzelne Politiker, wie etwa Bayerns Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger, äußerten indirekt aber auch Verständnis. In einem "FAZ"-Interview wurde Aiwanger auf die Fähr-Blockade und auf Vorwürfe, er habe die Stimmung angeheizt, angesprochen und antwortete: Die Schuld für die Bauernwut liege "allein bei der existenzgefährdenden Ampelpolitik". In einem Interview mit der "Welt" wertete der Chef der "Freien Wähler" Warnungen vor einer Unterwanderung der Bauernproteste später als eine gezielte Verunglimpfung "von linker Seite". Verband: Landwirtschaft wird "Zukunftsfähigkeit" genommen Konkreter Aufhänger für die aktuellen Proteste ist, dass die Bundesregierung im Zuge der Sparzwänge durch das Karlsruher Haushaltsurteil auch zwei Subventionen für Landwirte streichen wollte - und das sehr kurzfristig. Davon ist sie inzwischen zum Teil wieder abgerückt. Der Bauernverband fordert aber weiterhin, die geplanten Kürzungen komplett zurückzunehmen. "Die nehmen der Landwirtschaft die Zukunftsfähigkeit. Vor allem gefährden wir am Ende die gesicherte Versorgung mit heimischen, hochwertigen Lebensmitteln", sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied im rbb. Habeck sagte, die Bundesregierung sei den Bauern wegen des Kostendrucks entgegengekommen. Hinter den Protesten stehe aber mehr als die jetzigen Regierungsentscheidungen. "Wir alle erleben einen Umbruch. Kriege und Krisen, die hohe Inflation über die letzten zwei Jahre." Erschöpfung und Enttäuschung, Sorge und Wut machten sich breit. "Aber, und es ist ein großes Aber: wir dürfen nicht zulassen, dass Extremisten diese Verunsicherung kapern. Wir dürfen nicht blind sein. Umsturzfantasien heißen nichts anderes, als unseren demokratischen Staat zerstören zu wollen." Social-Media-Beitrag auf X von Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: ""Diese Republik ist der beste Staat, den Deutschland je hatte. Wir müssen für sie einstehen. Seien wir solidarisch, als Demokratinnen und Demokraten und in diesem Sinne patriotisch. In dieser Woche und in den nächsten, in dieser Zeit." – Bundesminister #Habeck im Video. pic.twitter.com/KPwc3Wjheu" Habeck fordert generelle Debatte über Agrarpolitik Habeck sagte weiter: "Es gibt keine Garantie, dass nicht auch in Deutschland die Debatte immer weiter verroht, so dass am Ende das Recht und der Rechtsstaat gefährdet sind." Die liberale Demokratie sei ein Schatz, der verteidigt werden müsse. "Wenn an Traktoren Galgen hängen, wenn Traktorkolonnen zu privaten Häusern fahren, dann ist eine Grenze überschritten." Gleichzeitig rief Habeck in dem Video seines Ministeriums zu einer Debatte über einen weiteren Wandel der Landwirtschaft auf. Für Landwirte gebe es gute und schlechte Jahre, vor allem aber gebe es ein strukturelles Problem. Bauern könnten ihre Produktionskosten oft nicht weitergeben, weil die Preise nicht von ihnen gemacht würden. Natürlich wolle man angesichts der Probleme an jeder einzelnen Subvention ohne Abstriche festhalten. Es gebe aber auch andere Antworten: "Faire Preise, gute Bezahlung für anspruchsvolle Arbeit, für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Tierschutz, direkte Vermarktung. Meiner Ansicht nach sollte man die Debatte jetzt nutzen, um ernsthaft und ehrlich genau darüber zu diskutieren." | /inland/innenpolitik/bauernproteste-politik-100.html |
2024-01-08 | Was ist erlaubt beim Protest der Landwirte? | Rechtslage | Landesweit protestieren Landwirte gegen die geplanten Maßnahmen der Regierung, blockieren Autobahnen und andere Straßen. Was ist erlaubt? Wo endet das Demonstrationsrecht? Und wo ist der Unterschied zu "Klimaklebern"? Von K. Schwartz. | Landesweit protestieren Landwirte gegen die geplanten Maßnahmen der Regierung, blockieren Autobahnen und andere Straßen. Was ist erlaubt? Wo endet das Demonstrationsrecht? Und wo ist der Unterschied zu "Klimaklebern"? Von Kolja Schwartz Was sind die grundsätzlichen Regeln beim Demonstrieren? Nach dem Grundgesetz haben alle Deutschen das Recht, sich zu versammeln, also für oder gegen etwas zu demonstrieren. Die Versammlungsfreiheit ist eins der wichtigsten Grundrechte für die Demokratie. Eine Versammlung muss auch nicht genehmigt werden. Aber: In der Regel muss man sie rechtzeitig, also 48 Stunden vorher anmelden, damit die Behörden sich darauf vorbereiten können und damit sie prüfen können, ob durch die Versammlung die öffentliche Sicherheit oder die öffentliche Ordnung in Gefahr ist. Nur wenn das der Fall ist, darf die Behörde Auflagen erlassen, also zum Beispiel sagen: Die Versammlung muss an einem anderen Ort oder zu einer anderen Zeit stattfinden oder sie darf nicht so lang stattfinden. Als letztes Mittel dürfte die Versammlungsbehörde eine Versammlung auch verbieten oder auflösen. Aber nur dann, wenn die Auflagen allein nicht reichen, um die öffentliche Sicherheit und öffentliche Ordnung zu gewährleisten. Diese Regeln des Versammlungsrechts gelten allgemein, egal wofür oder wogegen demonstriert wird. Blockade von Straßen - ist das Nötigung oder erlaubt? Grundsätzlich garantiert die Versammlungsfreiheit auch das Recht, selbst zu bestimmen, wann und wo eine Demonstration stattfindet. Dabei werden manchmal auch andere Verkehrsteilnehmer beeinträchtigt. Denn: Versammlungen finden in der Regel im öffentlichen Raum statt. Es ist ihr Zweck, andere auf etwas aufmerksam zu machen und von einem Standpunkt zu überzeugen. Straßen zu blockieren im Rahmen einer Demonstration ist also grundsätzlich auch von der Versammlungsfreiheit gedeckt. Da dadurch aber auch die Grundrechte anderer Menschen beeinträchtigt werden und die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Gefahr sein kann, muss die Versammlungsbehörde genau prüfen und abwägen, wie weit das geht. Dabei spielt es etwa eine Rolle, wie lang die Beeinträchtigung dauert, ob es Umfahrungsmöglichkeiten gibt, ob die Menschen rechtzeitig vorher gewarnt wurden. Wenn eine Versammlung rechtmäßig verboten oder aufgelöst ist und die Demonstranten trotzdem andere Verkehrsteilnehmer konkret blockieren, dann kann sie sich in der Tat unter Umständen wegen Nötigung strafbar machen. Wo liegt der Unterschied zu den Protesten der "Letzten Generation"? Viele Aktivisten der "Letzten Generation" wurden wegen Nötigung verurteilt. Der Hauptunterschied ist, dass sie, anders als die Landwirte, ihre Straßenblockaden, also ihre Demonstrationen, vorher nicht anmelden. Bei einer nicht angemeldeten Versammlung kann die Straße vorher nicht gesperrt, der Verkehr nicht umgeleitet werden, die Menschen haben keine Möglichkeit, die Aktion zu umfahren. Außerdem gibt sich bei den Blockaden der Klimaaktivisten in der Regel auch niemand als Versammlungsleiter zu erkennen. All das führt dazu, dass die Versammlungen von der Versammlungsbehörde schnell aufgelöst werden. Und wer dann noch auf der Straße klebt und weiter blockiert, kann sich unter Umständen wegen Nötigung strafbar machen. Aber auch hier muss das Grundrecht der Versammlungsfreiheit berücksichtigt werden und die Gerichte müssen schauen: Wie lange ging die Blockade, wann war die Straße wieder frei, gab es Umfahrungsmöglichkeiten? Wenn eine Demonstration der Landwirte rechtmäßig aufgelöst ist, ist die rechtliche Bewertung keine andere. Auch dann steht Nötigung im Raum. Keine Rolle bei der Bewertung der Strafbarkeit spielt das Fernziel, dass die Demonstranten verfolgen. Die Gerichte sollen also nicht bewerten, ob das Ziel, für das demonstriert wurde, "gut" oder "schlecht" ist. Machen sich Protestierende strafbar, wenn sie gegen Auflagen verstoßen? Die Behörden haben für Montag zum Teil zur Auflage gemacht, dass Autobahn-Auffahrten maximal eine Stunde blockiert werden dürfen und Ausfahrten frei bleiben müssen. Zunächst ist der Versammlungsleiter dafür verantwortlich, dass die Auflagen eingehalten werden. Wenn er das nicht tut, macht er sich nach dem Versammlungsgesetz strafbar. Und wenn die Versammlung durch die Behörde aufgelöst wurde und die Demonstrierenden stehen bleiben, begehen sie zumindest eine Ordnungswidrigkeit und riskieren eine Geldbuße. Hinzukommen - wie oben beschrieben - möglicherweise Straftaten, wenn sie den Verkehr dann konkret blockieren oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte leisten. Was ist auf Plakaten erlaubt? Es wurden schon bei Protesten Aufschriften wie "Habeck hängen" oder Galgen mit der Ampel oder Politikern gezeigt. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit erlaubt es, die Meinung auch auf Demonstrationen auf Plakaten zum Ausdruck zu bringen. Und das darf auch pointiert geschehen. Natürlich darf man zum Ausdruck bringen, dass man mit der Politik der Ampel nicht einverstanden ist. Die Meinungsfreiheit hat aber da ihre Grenzen, wo Straftaten begangen werden. Wer also eindeutig andere zu Straftaten, beispielsweise zu Gewalttaten gegen Politiker aufruft, macht sich strafbar. Gleiches gilt, wenn Politiker ernsthaft bedroht oder über Gebühr beleidigt werden. Allerdings kann man die Fragen der Strafbarkeit auch hier nicht pauschal beantworten. In Einzelfall gilt es zum Beispiel zu klären, was die Demonstranten mit ihrem Plakat aussagen wollten. | /inland/innenpolitik/bauern-protest-rechtslage-100.html |
2024-01-08 | Der Kampf gegen die globale Steuerflucht | Neue Behörde in Berlin | Vor gut einem Monat wurde das Finanzamt Berlin International gegründet. Es soll dafür sorgen, dass multinationale Konzerne ohne Sitz in Deutschland hier Umsatzsteuer zahlen. Wie läuft das? Von Lukas Haas. | Vor gut einem Monat wurde das Finanzamt Berlin International gegründet. Es soll dafür sorgen, dass multinationale Konzerne ohne Sitz in Deutschland hier Umsatzsteuer zahlen. Wie läuft das? Von Lukas Haas, rbb Aller Anfang ist schwer. Das musste auch Nicole Santo Berg spüren, frisch angelernte Sachbearbeiterin beim neuen Finanzamt Berlin International. Sehr viele Unternehmen, deren Dokumente sie prüfen müsse, stammten aus China, sagt sie Anfang Dezember am Tag des offiziellen Starts der Behörde. "Was ist der Vorname, was ist der Nachname? Das ist für jemanden, der damit noch keine Erfahrung hatte, ein bisschen herausfordernd." Alle Daten müssen händisch übertragen werden, eine automatische Synchronisierung aus den eingegangenen E-Mails gab es damals nicht. Inzwischen ist das Finanzamt seit gut einem Monat an der Arbeit. Es ist für ganz Deutschland zentral für Unternehmen aus mehr als 100 Ländern zuständig, die hierzulande Handel treiben, aber keinen Sitz hier haben. Ein Großteil davon sind Onlinehändler, die auf Handelsplattformen wie Amazon, ebay oder Temu ihre Waren verkaufen. Durch die neue Behörde soll sichergestellt werden, dass sich solche internationalen Unternehmen nicht ihrer Verpflichtung entziehen können, in Deutschland Umsatzsteuer abzuführen. Hauptsächlich Onlinehändler aus Asien im Visier Wie läuft die Arbeit der internationalen Steuereintreiber bislang? Der verantwortliche Berliner Finanzsenator Stefan Evers, CDU, zeigt sich zufrieden. "Wir sehen schon jetzt, dass sich die neue Struktur bewährt", sagt er. "Es war die richtige Entscheidung, organisatorisch ein eigenständiges Finanzamt aufzubauen." Bis Weihnachten hätten etwa 2.000 internationale Unternehmen Anträge gestellt, um sich für die Umsatzsteuer zu registrieren, und etwa 1.000 davon seien registriert worden. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 wurden 25.600 Registrierungsanträge gestellt, das sind im Durchschnitt etwa 2.100 pro Monat. Ihre Bearbeitung zog sich teilweise bis ins Jahr 2023. Insgesamt sind laut Berliner Finanzverwaltung mehr als 115.000 ausländische Unternehmen beim Finanzamt International registriert, mehr als 110.000 davon haben ihren Sitz in Asien - in der Volksrepublik China, Hongkong, Macau und Taiwan. Zuvor war eine Abteilung im Finanzamt Berlin-Neukölln für sie verantwortlich, aber durch die stetig wachsende Zahl der Anträge überfordert gewesen. Zahl der Firmen binnen fünf Jahren verzehnfacht Seit 2019 hat sich die Zahl der steuerlich registrierten Unternehmen verzehnfacht. Die Neugründung einer eigenständigen Behörde sei deshalb notwendig geworden, sagt Finanzsenator Evers. Grund dafür: eine Reform des Umsatzsteuergesetzes, die die Betreiber von Online-Handelsplattformen verpflichtet, mit den Steuerbehörden zu kooperieren. "Die Plattformen müssen sich bei den Finanzämtern vergewissern: Sind meine Onlinehändler, die über meine Plattform handeln, steuerlich korrekt registriert? Kommen sie im laufenden Geschäft ihren steuerlichen Verpflichtungen nach? Wenn das nicht der Fall ist, sind die Plattformbetreiber zur Sperrung gezwungen", sagt Stephan Bennemann, Stellvertretender Leiter des Finanzamt Berlin International. Dadurch würden die Onlinehändler dazu veranlasst, sich ordnungsgemäß zu registrieren und ihre Steuerschulden zu zahlen. Fachkräftemangel als große Herausforderung Das verschärfte Gesetz verhindert zwar, das viele Händler unter dem Radar der Finanzbehörden agieren, aber erhöht auch das Arbeitspensum der Behörden enorm. In der Berliner Finanzverwaltung hat man sich deshalb bis Ende des Jahres das Ziel gesetzt, die Behörde auf 250 Mitarbeiter aufzustocken - ein ambitionierter Plan angesichts des Fachkräftemangels. Aktuell arbeiten rund 160 Mitarbeiter beim Finanzamt Berlin International. "Wir wissen, dass die Personalsituation im Öffentlichen Dienst schwierig ist. Dennoch wollen wir unser Ziel erreichen", sagt Finanzsenator Evers. "Die Bewerberlage ist bislang gut, noch im Januar werden wir erste Gespräche führen." Das Aufgabenprofil beim neuen Finanzamt sei vielfältig und so für viele Bewerber interessant. Die Mitarbeiter müssen etwa Dokumente aus China verifizieren oder Fälschungen erkennen. Die aktuellen Mitarbeiter stammen zu einem überwiegenden Teil aus der früheren Abteilung beim Finanzamt Neukölln. Etwa 20 Mitarbeiter wurden aus anderen Berliner Finanzämtern versetzt. Mehr Einnahmen als noch 2023 erwartet Eine Prognose für die Einnahmen des neuen Finanzamts wollte der Berliner Finanzsenator noch nicht nennen. "Die Einnahmen hängen von vielen Faktoren ab, wie zum Beispiel vom Weltmarktgeschehen oder dem Kundenverhalten beim Onlinehandel. Deshalb kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch keine konkrete Zahl nennen", sagt Evers. "Wir rechnen allerdings mit höheren Einnahmen, als wir sie noch beim Finanzamt Neukölln hatten." Das Finanzamt Neukölln trieb jährlich Steuern in Höhe von 300 Millionen Euro ein. Beim Netzwerk Steuergerechtigkeit, das sich für eine gemeinwohlorientierte Steuerpolitik einsetzt, begrüßt man die Reform des Berliner Finanzamts. "Jetzt gibt es etwas mehr Personal, eine bessere Arbeitsstruktur und damit auch etwas weniger Betrug und eine konsequentere Durchsetzung der großen Reformen der Vergangenheit", sagt Christoph Trautvetter, Referent beim Netzwerk Steuergerechtigkeit. Es sei zwar nicht der große Wurf in Sachen Steuergerechtigkeit, aber ein nötiger Schritt in einer ganzen Reihe von Verbesserungen. Dass Sachbearbeiterinnen wie Nicole Santo Berg viele Daten noch händisch eingeben müssen, wird sich demnächst wohl nicht ändern. Denn die IT-Module für die Verwaltung werden von allen Bundesländern gemeinsam entwickelt, und die Anforderungen an das internationale Finanzamt seien laut Senatsverwaltung für Finanzen speziell. "Wenn aus dem Ausland ein Dokument per PDF mit ganz anderen Schrifttypen kommt, ist das schwierig mit einer Software zu machen, die für alle Finanzämter funktionieren soll", sagt Finanzsenator Evers. Die Mitarbeiter müssen also fürs erste weiterhin abtippen. | /wirtschaft/finanzen/internationales-finanzamt-berlin-102.html |
2024-01-08 | "Den Rechtsextremisten geht es nicht um die Bauern" | Unterwanderung der Proteste | Im Vorfeld der Bauernproteste haben auch Rechtsextremisten und Verschwörungsideologen massiv mobilisiert. Sie versuchen, die Proteste zu unterwandern und für ihre Zwecke zu missbrauchen, sagt Psychologin Lamberty im Interview. | Im Vorfeld der Bauernproteste haben auch Rechtsextremisten und Verschwörungsideologen massiv mobilisiert. Sie versuchen, die Proteste zu unterwandern und für ihre Zwecke zu missbrauchen, sagt Psychologin Lamberty im Interview. tagesschau.de: Warum versuchen Rechtsextreme oder auch Verschwörungsideologen überhaupt, die Bauernproteste für sich zu nutzen? Pia Lamberty: Rechtsextreme haben es länger nicht mehr so richtig geschafft, ihre Themen auf die Straße zu bringen. Wir sehen zwar eine Zunahme in der Zustimmung zur AfD, also dem parlamentarischen Arm des Rechtsextremismus, aber auf der Straße hat sich das in der letzten Zeit nicht mehr erfolgreich niedergeschlagen. Bei den derzeitigen Protesten wittern sie eine Chance, das zu ändern und die Proteste zu unterwandern. Es ist nicht das erste Mal, dass versucht wird, Bauernproteste für die eigene Agenda zu instrumentalisieren. tagesschau.de: Warum wählen sie dafür ausgerechnet die Bauernproteste? Lamberty: Die Proteste eignen sich zum einen, weil Rechtsextreme schon lange versuchen, Themen wie Landwirtschaft für sich zu vereinnahmen. Das liegt einfach auch daran, weil es so eine ideale Projektionsfläche darstellt: Man konstruiert auf der einen Seite quasi das "gute Volk", die Bauern, die für das Ursprüngliche stehen in diesem Weltbild. Und auf der anderen Seite stehen die "bösen Eliten", die sie angeblich nicht verstehen, die versuchen, die Gesellschaft zu "zersetzen". Das sind typische Mobilisierungsmuster, die wir auch aus der Pandemie kennen. Und dadurch, dass dieser Protest schon sehr groß gedacht wurde von den Bauernverbänden, war die Hoffnung da, dass man endlich an frühere Erfolge wieder anknüpfen kann. tagesschau.de: Also spielt für sie der Inhalt der Proteste nur eine untergeordnete Rolle? Lamberty: Auf der einen Seite eignet sich natürlich nicht jeder Protest für eine rechtsextreme Instrumentalisierung. Es müssen schon Themen sein, die zumindest rechtsextrem umgedeutet werden können. Und gerade im Bereich Naturschutz oder Landwirtschaft gibt es in der rechtsextremen Ideologie Anknüpfungspunkte, die darauf projiziert werden können. Aber den Rechtsextremen geht es nicht um die Bauern. Man sieht beispielsweise bei Martin Sellner (ehemaliger Sprecher der rechtsextremen "Identitären Bewegung Österreich", Anm. d. Red.) schon einen sehr strategischen Zugang. Es ist Rechtsextremen egal, wie viele Subventionen die Bauern letzten Endes bekommen. Es geht immer nur darum, dass die Themen, die sich eignen, instrumentalisiert werden für die eigenen Ziele. tagesschau.de: In einschlägigen Kanälen, unter anderem auf Telegram, wurde bereits zu einem Generalstreik für heute aufgerufen. Was erhoffen sich Rechtsextremisten und Verschwörungsideologen von den Protesten? Lamberty: Letztendlich geht es rechtsextremen Akteuren immer darum, die Demokratie zu überwinden, abzuschaffen, zu zerstören. Deswegen hofft man, dass diese Proteste im Endeffekt eskalieren oder dass zumindest auf einzelnen Bildern und Videos dieser Eindruck entsteht. Es werden auch Dinge unternommen, damit genau das passiert, wie vergangene Woche mit Robert Habeck. Man hofft, dass darüber wieder Leute aktiviert werden, auf die Straße zu gehen, dass es Gewalt auf der Straße gibt, um eine Erosion der Demokratie zu beschleunigen. Auch das Thema Generalstreik ist ja eins, das wir aus "Querdenken"-Kreisen schon länger kennen. Während der Corona-Pandemie gab es beispielsweise mehrere Versuche, einen großen Generalstreik zu organisieren, die krachend gescheitert sind. tagesschau.de: Wer sind die treibenden Akteure hinter der versuchten Vereinnahmung der Proteste? Lamberty: Man muss tatsächlich sagen, dass eigentlich alle mit dabei sind - also alle rechtsextremen Akteure, die es so gibt, versuchen das Thema für sich zu nutzen. Die AfD ist mit dabei, die Identitäre Bewegung und auch viele, die bei "Querdenken" mitgemacht haben. Das haben wir in dem Ausmaß schon lange nicht mehr gesehen, und das hat auch eine aktivierende Funktion für diese Netzwerke, die während der Corona-Pandemie entstanden sind. Die sind nicht mehr ganz so aktiv gewesen in letzter Zeit. Als es dann zu der Attacke gegen Habeck kam, haben wir einen enormen Zuwachs der Nachrichten gesehen. Es braucht also nur einen Anlass geben, und dann können sie auf diese Netzwerke wieder zugreifen. Die Gefahr ist da, und dadurch kommt auch so eine Fragilität insgesamt in der Wahrnehmung der Gesellschaft. tagesschau.de: Wie erfolgreich sind AfD und Co. mit ihrer Strategie? Lamberty: Ich kann mir schon vorstellen, dass die Strategie funktioniert. Die AfD ist ja auch vielfach vor Ort oder eben in den sozialen Medien und stellt sich als die vermeintliche Stimme der Bauern dar. Das heißt nicht, dass alle Bauern darauf aufspringen. Aber mit solchen Protesten kann es auch innerhalb von einer Gruppe noch mal eine Verschiebung nach rechts geben. Das ist auf jeden Fall eine Gefahr, wenn sie es schaffen, sich als die Stimme des Volkes zu inszenieren. Dieses Unterhöhlen der Demokratie von unten ist ja eine Strategie der AfD, mit der sie es auch geschafft hat, eine Reichweite aufzubauen. Und da fällt das für mich auch mit rein. tagesschau.de: Welche Rolle spielen die sozialen Netzwerke dabei? Lamberty: Im Zusammenhang mit den Bauernprotesten sehen wir, dass auf Plattformen wie Telegram oder TikTok Inhalte gezielt so produziert werden, dass sie auch bei WhatsApp weiterverbreitet werden können. Denn WhatsApp ist für Landwirte ein wichtiger Kommunikationskanal. Und so kommen diese Inhalte in Gruppen, die vielleicht gar nicht als politischer Raum gedacht waren, sondern eher, um beispielsweise irgendwelche Maschinen zu verkaufen. Hier ist also Medienkompetenz gefragt - also, dass man langfristig auch Strategien hat, wie man auch innerhalb solcher Gruppen dafür sorgen kann, dass rechtsextreme Ideen frühzeitig erkannt werden und ihnen etwas entgegengesetzt wird. tagesschau.de: Die Schulung von Medienkompetenz ist also ein Thema. Was können die Landwirte noch unternehmen, um sich gegen eine Vereinnahmung ihrer Proteste zu wehren? Lamberty: Es ist wichtig, dass der Bauernverband sich distanziert hat - nicht nur einmal, sondern mehrfach. Das ist schon mal ein guter Anfang. Ich glaube aber, dass die recht eskalative Sprache des Verbandes von Anfang an auch ein Stück weit überhaupt dazu geführt hat, dass diese Instrumentalisierung so funktioniert hat. Da sollte man auch sprachlich noch mal überlegen, ob das so geglückt war. Außerdem ist aus meiner Sicht eine bloße Distanzierung zu wenig. Nur weil man sich wünscht, dass Rechtsextreme nicht da sind, heißt es nicht, dass sie nicht kommen. Das heißt, man braucht Maßnahmen. Und da habe ich den Eindruck von außen, dass da noch zu wenig passiert ist, also zu sagen, welche Symboliken nicht Teil der Proteste sein sollten, beispielsweise Galgen, Gewaltaufrufe oder rechtsextreme Fahnen. Und dass man vor Ort auch Leute hat, die das umsetzen und Kenntnisse über lokale Akteure haben. Denn der Schaden für die Bauern und ihr Anliegen ist sehr groß, wenn sie sich nicht erfolgreich abgrenzen. Denn dann wird kaum noch über die eigentlichen Inhalte gesprochen, und es besteht die Gefahr, dass sie die Unterstützung von Teilen der Bevölkerung verlieren. Das Gespräch führte Pascal Siggelkow, tagesschau.de. | /faktenfinder/kontext/bauernproteste-interview-lamberty-100.html |
2024-01-08 | "Ein bisschen auch ein historischer Tag" | "Bündnis Sahra Wagenknecht" gründet Partei | Der Verein um die ehemalige Linken-Politikerin Wagenknecht hat seine Parteigründung nun offiziell vollzogen. Das "Bündnis Sahra Wagenknecht" wird von einer Doppelspitze geführt und will bei der Europawahl zum ersten Mal antreten. | Der Verein um die ehemalige Linken-Politikerin Wagenknecht hat seine Parteigründung nun offiziell vollzogen. Das "Bündnis Sahra Wagenknecht" wird von einer Doppelspitze geführt und will bei der Europawahl zum ersten Mal antreten. Das "Bündnis Sahra Wagenknecht" hat sich offiziell als Partei "Bündnis Sahra Wagenknecht - für Vernunft und Gerechtigkeit" (BSW) gegründet. Zu Beginn des Gründungstreffens in einem Berliner Hotel sagte die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht, es sei "ein bisschen auch ein historischer Tag", dass "wir den Grundstein für eine Partei legen, die das Potenzial hat, das bundesdeutsche Parteiensprektrum grundlegend zu verändern und vor allem die Politik in unserem Land grundsätzlich zu verändern". Die Gründung selbst fand hinter verschlossenen Türen statt. Sie und ihre Mitstreiter hätten die neue Partei gegründet, um "Unfähigkeit und Arroganz" in der Berliner Regierungspolitik zu überwinden, sagte Wagenknecht. Gerade mit Blick auf die Lage in Ostdeutschland werde immer wieder vor einer Gefährdung der Demokratie gewarnt. Damit werde aber Ursache und Wirkung verwechselt. Denn viele Menschen fühlten sich von der Politik im Stich gelassen. Wagenknecht und Mohamed Ali als Doppelspitze Programmatisch will sich die Partei vorerst am Gründungsmanifest des gleichnamigen Vereins orientieren, wie Wagenknecht weiter sagte. Bis zur Bundestagswahl 2025 solle mit den Mitgliedern und auch Experten ein detailliertes Programm erarbeitet werden. Den Vorsitz des BSW übernimmt demnach eine Doppelspitze, der neben Sahra Wagenknecht die frühere Chefin der Linksfraktion im Bundestag, Amira Mohamed Ali, angehört. Stellvertretender Vorsitzender ist der Unternehmer und Hochschulprofessor Shervin Haghsheno; der Bundestagsabgeordnete Christian Leye übernimmt den Posten des Generalsekretärs. De Masi und Geisel führen BSW in Europawahl Bis zur nächsten Bundestagswahl solle nun ein ausführlicheres Parteiprogramm ausgearbeitet werden, in enger Abstimmung mit Experten, sagte Wagenknecht. Das BSW werde im Juni erstmals an der Europawahl teilnehmen. Dabei sollen der ehemalige Linken-Politiker Fabio De Masi und der langjährige SPD-Politiker Thomas Geisel die Partei als Spitzenkandidaten in die Abstimmung führen. An Landtagswahlen wird das BSW dann zum ersten Mal im Herbst bei den Abstimmungen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg antreten. Parteienforscher trauen Wagenknecht und den anderen 43 Gründungsmitgliedern zu, einen größeren Teil der Protestwähler auf sich vereinen zu können und unter anderem der momentan in Umfragen starken AfD Stimmen abzujagen. Verein sammelte 1,4 Mio. Euro an Spenden als Startkapital Wagenknecht und neun weitere Bundestagsabgeordnete waren im Oktober aus der Partei die Linke ausgetreten. Das Bündnis Sahra Wagenknecht wurde zunächst als Verein gegründet, um die Partei vorzubereiten. Sie sammelte 1,4 Millionen Euro an Spenden als Startkapital für die Partei, wie BSW-Schatzmeister Ralph Suikat dem Redaktionsnetzwerk Deutschland mitteilte. Der erste Parteitag des Bündnisses soll laut Generalsekretär Leye am 27. Januar stattfinden. | /inland/innenpolitik/wagenknecht-parteigruendung-bsw-100.html |
2024-01-08 | Scholz unterstützt Eurofighter-Pläne | Kampfjets für Saudi-Arabien | Trotz anderslautender Koalitionsvereinbarung will die Bundesregierung Eurofighter an Saudi-Arabien liefern. Kanzler Scholz unterstützt entsprechende Pläne der Außenministerin. Grund ist die Rolle der Saudis im Gaza-Krieg. | Trotz anderslautender Koalitionsvereinbarung will die Bundesregierung Eurofighter an Saudi-Arabien liefern. Kanzler Scholz unterstützt entsprechende Pläne der Außenministerin. Grund ist die Rolle der Saudis im Gaza-Krieg. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterstützt Pläne, die Lieferung von Eurofighter-Kampfjets an Saudi-Arabien nicht weiter zu blockieren. Scholz teile die Einschätzung von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, dass Saudi-Arabien im Nahost-Konflikt eine "sehr konstruktive Haltung" gegenüber Israel einnehme, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Er verwies auf Angaben, dass die saudi-arabische Luftwaffe unter anderem mit Eurofightern auf Israel abgefeuerte Raketen der Huthi-Rebellen im Jemen abgeschossen habe. Baerbock hatte am Sonntag bei ihrem Besuch in Israel dann gesagt, die Bundesregierung werde sich sich dem britischen Wunsch nach Bau und Lieferung von Eurofighter-Jets an Saudi-Arabien nicht weiter "entgegenstellen". Saudi-Arabien trage durch den Abschuss von Huthi-Raketen maßgeblich zur Sicherheit Israels bei und dämme die Gefahr eines regionalen Flächenbrandes ein, so die Grünen-Politikerin nach Gesprächen mit Israels Präsident Izchak Herzog und dem neuen Außenminister Israel Katz. SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag eigentlich vereinbart, keine Rüstungsgüter an Staaten zu genehmigen, die unmittelbar am Krieg im Jemen beteiligt sind. Saudi-Arabien unterstützt dort die Regierung im Kampf gegen die Huthi-Rebellen, die ihrerseits im Nahost-Krieg an der Seite der radikal-islamischen Hamas stehen. Kritik von Teilen der Grünen Aus der eigenen Partei war Baerbock kritisiert worden. Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang etwa sagte im rbb: "Mit Blick auf die Menschenrechtssituation, auch auf die innere Verfasstheit Saudi-Arabiens, finde ich eine Lieferung von Eurofightern nach wie vor falsch. Ich fände es richtig, wenn wir bei der Position bleiben, dass keine Eurofighter an Saudi-Arabien geliefert werden." Auch der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck räumte ein, dass die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien weiterhin "gar nicht unseren Standards entspricht". Insofern sei die Situation ambivalent, aber eine andere als vor fünf, sechs Jahren. Aktuell schützten saudi-arabischen Abwehrraketen auch Israel. Die Friedensprozesse in der Region hingen auch daran, "dass sich Saudi-Arabien wohlgesonnen gegenüber Israel aufstellt - und das wollen die auch gerne tun", so Habeck. Social-Media-Beitrag auf X von Bericht aus Berlin: "„Insofern ist das immer eine ambivalente Situation, das kann man gar nicht wegreden“ – Vizekanzler Robert Habeck (Grünen) unterstützt die Ankündigung von Außenministerin Baerbock, der Lieferung weiterer Eurofighter an Saudi-Arabien nicht länger im Weg zu stehen. pic.twitter.com/IzMHvjGIkA" Union fordert Klarheit von den Grünen Lobende Worte für den Kurswechsel der Ampel in Sachen Eurofighter kommen aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. "Saudi-Arabien ist ein wichtiger Sicherheitspartner in der Region", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johann David Wadephul der Nachrichtenagentur dpa. Die Bundesregierung habe sich mit ihrem Zögern sicherheitspolitisch, bündnispolitisch und europapolitisch immer mehr ins Abseits manövriert. Frust sei nicht nur bei wichtigen Partnern in der Region entstanden, sondern auch in NATO und EU. "Es ist wichtig, dass sich die Grünen in dieser Frage endlich schütteln und letzte Zweifel an der Zuverlässigkeit beseitigen", so Wadephul. Die Kampfjets sind ein europäisches Gemeinschaftsprojekt, an dem Deutschland beteiligt ist und deswegen ein Vetorecht bei Exportentscheidungen hat. Gefertigt werden sie in Großbritannien, das zu einer Lieferung nach Saudi-Arabien bereit wäre. Dagdelen: "Moralischer Offenbarungseid" Deutliche Kritik kommt von der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen. "Die Lieferung der Eurofighter an Saudi-Arabien ist ein politischer und moralischer Offenbarungseid der Bundesregierung", sagte die Politikerin, die der neu gegründeten Partei "Bündnis Sahra Wagenknecht" angehört. Mit Blick auf die Vereinbarungen der Ampel im Koalitionsvertrag sagte sie, die "fatale Entscheidung" sei "massiver Wahlbetrug - da helfen auch keine Eiertänze bei den unwürdigen Begründungsversuchen". Dagdelen war bis zum Herbst Mitglied der Linkspartei. | /inland/innenpolitik/deutschland-eurofighter-saudi-arabien-102.html |
2024-01-08 | "Was hier passiert, ist illegal" | Baerbock im Westjordanland | Im Westjordanland hat Außenministerin Baerbock Israel aufgefordert, die palästinensische Bevölkerung besser vor Übergriffen gewalttätiger Siedler zu schützen. Ihr Nahost-Besuch ist eine Gratwanderung. Von Bettina Meier. | Im Westjordanland hat Außenministerin Baerbock Israel aufgefordert, die palästinensische Bevölkerung besser vor Übergriffen gewalttätiger Siedler zu schützen. Ihr Nahost-Besuch ist eine Gratwanderung. Von Bettina Meier Ihre Nahostreise führt Außenministerin Annalena Baerbock auch in ein kleines Dorf im Westjordanland südlich der Stadt Nablus. Seit Kriegsbeginn sei für die Menschen hier das Leben äußerst schwierig geworden, betont Baerbock und schaut in den Himmel: "Wir hören über uns eine Drohne, die hier kreist. Offensichtlich, um zu sehen und zu hören, was wir hier tun." Aber diese Drohne kreise tagtäglich über den Menschen, die hier zu Hause seien, "um sie offensichtlich abzuschrecken und von hier zu vertreiben." Während der Krieg im Gazastreifen und der Beschuss an der nördlichen Grenze zu Israel anhält und das Nachrichtengeschehen dominiert, geht unter, dass auch die Gewalt im Westjordanland immer mehr ausufert. Erst gestern verletzte ein Autofahrer einen Soldaten an einem Checkpoint. Die Soldaten schossen auf das Auto, ein dreijähriges Kind einer Beduinenfamilie, das in der Nähe war, wurde versehentlich erschossen. Checkpoints geschlossen, Angst vor Gewalt Dass mehr und mehr Checkpoints zu Israel geschlossen werden und der Siedlungsbau zunimmt, schränke das Leben der Menschen ein, kritisiert die Ministerin: "Die Menschen können hier aus Angst vor Gewalt, vor radikalen Siedlern, die sich gleich neben ihren Häusern angesiedelt haben, nicht mehr hier wohnen. Ihre Kinder können nicht mehr zur Schule gehen und sie können ihre Ernte nicht mehr einholen. Das, was hier passiert, ist illegal." Baerbock fordert Schutz von Israels Regierung Baerbock appelliert an die israelische Regierung und das Militär, die Menschen im Westjordanland zu schützen. Gleichzeitig verurteilt sie Äußerungen rechtsgerichteter israelischer Regierungsmitglieder, die eine Wiederbesiedlung des Gazastreifens durch Israel und eine Umsiedlung der Palästinenser aus Gaza fordern. Israels Präsident Izchak Herzog sagte in einem Fernsehinterview, dies sei nicht die Haltung seiner Regierung: "Absolut nicht. Das ist nicht die Haltung der israelischen Regierung, des Parlaments oder der Öffentlichkeit. Aber wir sind eine Demokratie, und in einer Demokratie gibt es eine Bandbreite an Ideen. In einer Demokratie, wo Meinungsfreiheit zur DNA gehört, können Leute sagen, was sie wollen, auch ein Minister. Ich mag das vielleicht nicht, aber das ist israelische Politik", so Herzog, der sich am Vorabend mit der Ministerin in Jerusalem getroffen hatte. Dabei versuchte Baerbock eine Gratwanderung. Zum einen forderte sie eine ihren Worten nach weniger starke Operationsführung Israels im Krieg gegen die Hamas in Gaza. Andererseits betonte sie das Recht Israels, sich gegen den Angriff der Hamas zu verteidigen und die Geiseln zu befreien. Auch sei es Zeit, an die Zeit nach dem Krieg zu denken. Eine Wiederbesiedlung Gazas schloss Baerbock aus. Hamas-Sprecher zur Zukunft von Gaza Zum ersten Mal äußerte sich zu einem Nachkriegsszenario auch ein hochrangiger Hamas-Sprecher in Beirut, Osama Hamdan. "Die Ideen, dass es in Gaza eine zivile Verwaltung im Schatten der Besatzungsarmee geben wird, wird keinen Erfolg haben. Der Gazastreifen wird einzig von Palästinensern geführt werden. Sie werden über die Zukunft ihres Landes entscheiden und über das Regime. Gaza wird nur ein Teil eines unabhängigen palästinensischen Staates mit Jerusalem als Hauptstadt sein, so Gott will." Nur wenn sich Israel den Bedingungen der Terrororganisation füge, sei diese bereit, die noch festgehaltenen Geiseln freizulassen, so Hamdan. Laut der israelischen Regierung sind noch 136 Geiseln im Gazastreifen. 25 davon seien vermutlich nicht mehr am Leben, teilte eine israelische Regierungssprecherin mit. Am Abend will Baerbock nach Ägypten weiterreisen. Auch US-Außenminister Antony Blinken wird heute in Israel erwartet. | /ausland/asien/baerbock-israel-westjordanland-100.html |