url
stringlengths
36
178
topic
stringclasses
15 values
title
stringlengths
4
117
date
stringclasses
108 values
text
stringlengths
881
4.1k
summary
stringlengths
71
473
https://www.sueddeutsche.de/politik/personaldebatte-bei-der-linken-wer-kommt-nach-lafontaine-1.70041
politik
Personaldebatte bei der Linken - Wer kommt nach Lafontaine?
00/01/2010
Wenn an diesem Montag die Landesvorsitzenden der Linken über die Nachfolger der derzeitigen Chefs Lothar Bisky und Oskar Lafontaine sowie des Bundesgeschäftsführers Dietmar Bartsch beraten, geht es nicht nur darum, wer die Partei führen soll. Es geht auch um die künftige Ausrichtung und Stärke einer Partei, die vor allem von Lafontaine zusammengehalten worden war. Ihm war es schließlich vor fünf Jahren gelungen, aus der ostdeutschen PDS und der westedeutschen WASG eine Partei zu formen. Eine Partei allerdings, die zerrissen ist in Ost und West, in Regierungswillige und ewige Oppositionelle, in Realos und Ideologen, in gemäßigte und radikale Linke. Wir stellen mögliche Kandidaten vor. Stimmen Sie ab: Wen halten Sie für geeignet und wen für unfähig? Kampf um Lafontaines Erbe: Gregor Gysi Sollte überhaupt jemand die Partei alleine führen, wie es sich viele Ostdeutsche wünschen, käme dafür wohl nur der 62-jährige Gregor Gysi in Betracht. Er ist nach Lafontaine einer der bekanntesten Politiker der Linken und derzeit Fraktionsvorsitzender der Partei im Bundestag. Allerdings ist der ehemalige PDS-Vorsitzende und Rechtsanwalt nach drei Herzinfarkten gesundheitlich angeschlagen. Wahrscheinlich wäre deshalb, dass er die zerstrittene Partei nur übergangsweise führt. Doch noch ist nicht klar, ob eine Person allein die Partei führen soll oder eine Doppelspitze. Viele Linke wünschen sich ein Duo aus einem westdeutschen und einem ostdeutschen Politiker, Mann und Frau. Foto: Getty Images
Oskar Lafontaine gibt den Parteivorsitz der Linken ab - und seine Kollegen streiten, wer ihn beerben soll. sueddeutsche.de stellt die derzeit aussichtsreichsten Anwärter für Führungsaufgaben vor. Mit Vote.
https://www.sueddeutsche.de/politik/schwarz-gelber-koalitionskrach-die-fuenf-dicksten-brocken-1.69234
politik
Schwarz-gelber Koalitionskrach - Die fünf dicksten Brocken
00/01/2010
Es knirscht in der schwarz-gelben Koalition. Obwohl dem Koalitionsvertrag intensive Verhandlungen vorausgegangen sind, obwohl die Parteien inzwischen drei Monate Zeit hatten, sich zusammenzuraufen. Es knirscht so sehr, dass sich die Parteichefs von CDU, CSU und FDP noch Mitte Januar treffen wollen, um den Motor wieder zum Laufen zu kriegen. Die fünf größten Konflikte im Überblick: Steuersenkung Der Konflikt: Um 24 Milliarden Euro pro Jahr sollen die Bürger entlastet werden. So steht es im Koalitionsvertrag. Spätestens zum Ende der Legislaturperiode soll das Ziel erreicht sein. Das umstrittene "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" - seit Jahresanfang in Kraft - ist der erste Schritt. Weitere sollen folgen. Die CSU aber will davon plötzlich nichts mehr wissen. 24 Milliarden seien zu viel. Sie sieht noch maximal Spielraum für 15 Milliarden, wovon gut die Hälfte mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz schon abgedeckt sei. Die Lösung: Entlastungen wird es geben, auch wenn sich der Staat das eigentlich nicht leisten kann. Aber womöglich werden die Entlastungsschritte gestreckt werden. Die angestrebte Gesamtjahresentlastung von 24 Milliarden könnte dann erst 2012 oder 2013 erreicht werden und vielleicht auch um die ein oder andere Milliarde geringer ausfallen. Wenn die Konjunktur nicht spürbar anzieht, das weiß auch die FDP, steht ohnehin alles in Frage. Foto: dpa
Die Koalitionäre zoffen im neuen Jahr munter weiter. Bald treffen sich die Parteichefs zum Krisengipfel. sueddeutsche.de zeigt die größten Konflikte - und mögliche Lösungen.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/airbus-pannenflieger-a400m-pleiten-pech-und-peinlichkeiten-1.65920
wirtschaft
Airbus: Pannenflieger A400M - Pleiten, Pech und Peinlichkeiten
00/01/2010
Das Projekt A400M steht auf der Kippe - wieder einmal. Der Hersteller Airbus möchte von den Käufern Geld sehen, sonst - so die Drohung - wird der Militärflieger aufgegeben. Nun treffen sich die Staatssekretäre der Abnehmerstaaten, um ihr weiteres Vorgehen zu beraten. Hinter allen Beteiligten liegt ein jahrelanger Kampf um Geld, Macht und Technik. Die Geschichte eines Pannenfliegers. 1991 Am Anfang steht ein Problem - und das heißt Transall C-160 (Foto). Der von Franzosen und Deutschen gemeinsam entwickelte Militärtransporter entstand bereits Ende der fünfziger Jahre und war entsprechend veraltet. Im Rahmen des aktuellen Afghanistan-Einsatzes fliegen 40 Jahre alte Maschinen an den Hindukusch, lästert die Zeit - weil die Reichweite der Transporter zu gering ist, geht das nur mit Zwischenstopp. Ein neuer Flieger muss her - und um den zu entwickeln, wird im Jahr 1991 der europäische Herstellerverbund Euroflag gegründet. Jahre später setzt London eine Ausschreibung durch, zu der die Hersteller Airbus, Boeing, Lockheed und später Iljuschin zugelassen werden. Transall-Maschinen auf dem Fliegerhorst Wunstorf bei Hannover; Foto: AP
Der A400M steht auf der Kippe - wieder mal. In London beraten die Käuferstaaten, ob sie Hersteller Airbus entgegenkommen. Endet das Projekt in einem Fiasko? In Bildern.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-vorschau-20-spieltag-das-leid-des-generals-1.70386
sport
Bundesliga-Vorschau, 20. Spieltag - Das Leid des Generals
00/01/2010
Hamburger SV - VfL Wolfsburg (Freitag, 20.30 Uhr) Bruno Labbadia hat vor der Partie gegen Wolfsburg keine leichte Aufgabe. Der Trainer des HSV muss seine Mannschaft auf ein Spiel vorbereiten, das - überspitzt gesagt - in Hamburg diese Woche niemanden interessierte. Die Hansestadt schwankte hin und her zwischen Euphorie und Ratlosigkeit, zwischen der Begrüßung des Heilsbringers Ruud van Nistelrooy und der Anteilnahme am Schicksal von Paolo Guerrero, der noch immer in Peru sitzt und wegen seiner Flugangst Flieger um Flieger Richtung Deutschland ziehen lässt. Mit der Partie gegen Wolfsburg hat beides nichts zu tun: Guerrero wird nicht pünktlich kommen, und van Nistelrooy befindet sich noch im Aufbautraining. Vielleicht beruhigt es Bruno Labbadia, dass Lorenz-Günther Köstner in Wolfsburg keine weniger turbulente Woche hinter sich hat. Der Trainer der zweiten Mannschaft wurde nach der Entlassung von Armin Veh vom Gardasee in die VW-Chefetage gerufen und steht nun vor seinem ersten Spiel als Interimstrainer bei den Wölfen, die seit sieben Partien nicht mehr gewonnen haben und weiterhin auf Torhüter Diego Benaglio (Knieprobleme) verzichten müssen. Auch der brasilianische Defensivmann Rever kommt noch nicht zum Einsatz: Der Fünf-Millionen-Euro-Einkauf brach sich am Sonntag im letzten Spiel für seinen bisherigen Verein Gremio Porto Alegre die Hand und fällt drei Wochen aus. Foto: Getty Texte: Christian Aichner, Johannes Aumüller, Fabian Heckenberger, Jürgen Schmieder
Warum van Gaal nicht mehr über Ribéry sprechen will, sich Freiburg über ein 1:4 sogar freuen dürfte und Gladbach nach allen Regeln der Logik verlieren muss. Die Vorschau auf den 20. Spieltag.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-vorschau-19-spieltag-robbens-rat-fuer-ribery-1.60290
sport
Bundesliga-Vorschau, 19. Spieltag - Robbens Rat für Ribéry
00/01/2010
SC Freiburg - VfB Stuttgart (Freitag, 20.30 Uhr) Das Derby im Abstiegskampf verspricht Spannung pur. Aber Robin Dutt will lieber keinen Druck auf seine Mannschaft ausüben: "Wir halten uns nun seit Monaten konstant über dem Strich", freut er sich lieber über den 15. Tabellenplatz, auf dem Freiburg steht. Stuttgart sei Favorit, auch wenn beide Mannschaften nur ein Punkt voneinander trennt: "Wir werden elf gute Einzelleistungen brauchen, um Stuttgart zu schlagen." Auch die Statistik spricht gegen die Breisgauer: Freiburg hat seit vier Spielen keinen Sieg mehr eingefahren, ist außerdem die schlechteste Heimmannschaft der Liga, während in Stuttgart die Ergebnisse seit dem Trainerwechsel kurz vor der Winterpause wieder stimmen. In den vergangenen vier Spielen mussten die Schwaben (im Bild Roberto Hilbert) keine Niederlage hinnehmen. Dennoch warnt Manager Horst Heldt vor einer übermäßigen Euphorie - und dem Gegner: "Wir sind noch nicht über den Berg. Mit einer Niederlage in Freiburg sind wir schnell wieder unten drin." Foto: dpa
Der FC Bayern freut sich auf die Rückkehr von Rib & Rob, auf Schalke löst sich ein Problem fast wie von selbst, und Mats Hummels greift Maik Franz an. Die Vorschau auf den 19. Spieltag.
https://www.sueddeutsche.de/sport/fluegelflitzer-der-nutella-fluch-die-abgefruehstueckten-fussballer-1.56152
sport
Flügelflitzer: Der Nutella-Fluch - Die abgefrühstückten Fußballer
00/01/2010
Von den Nutella-Boys zu den "Nulltella-Boys" - meist folgt auf die Schokoladentage im DFB-Team der große Knick. Haben Özil, Neuer, Höwedes und Hummels jetzt mehr Glück? Der Flügelflitzer. Pünktlich zum Start des WM-Jahres wird bei der Nationalmannschaft wieder ordentlich aufgestrichen - und zwar die braune Schokocreme von Nutella. Und weil die Frühstücksveredler für ihre Werbekampagnen nicht irgendwelche mürrischen Morgenmuffel ins Boot holen, gibt's ab 24. Januar wieder einmal unverbrauchte, junge Gesichter in TV-Spots zu sehen: Manuel Neuer, Benedikt Höwedes, Mats Hummels und Mesut Özil sind die neuen Nutella-Boys. Mit der U-21-Version der Schoko-Bande setzt Nutella sein Pennäler-Plattitüden-Projekt fort und das, obwohl weder der Schalker Höwedes noch der Dortmunder Hummels bisher im A-Team des DFB gespielt haben. Ob das eine gute Idee ist, wird sich zeigen. Bisher lag auf den Nutella-Boys nämlich eine Art Fluch: Die meisten von ihnen hatten nach ihren ersten Schokoladentagen ziemlich schnell abgefrühstückt in der Nationalmannschaft. Foto: obs/Ferrero MSC GmbH & Co. KG
Von Nutella-Boys zu "Nulltella-Boys" - auf die Schoko-Tage beim DFB folgt oft der große Knick. Wie wird's bei Neuer, Özil, Höwedes und Hummels?
https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-bundesliga-trau-keinem-ueber-23-1.53091
sport
Fußball-Bundesliga - Trau keinem über 23
00/01/2010
Am Freitag startet die Bundesliga mit der Partie des FC Bayern gegen die TSG Hoffenheim (im Bild eine Szene aus dem Hinspiel) in die Rückrunde. Schon vor dem ersten Anpfiff lässt sich erahnen, dass dies eine Rückrunde wird, die sich liebgewonnenen Klischees verweigert. Bislang durfte Deutschland davon ausgehen, dass entweder die beste Abwehr, der beste Sturm, die besten Führungsspieler oder im Zweifel die besten deutschen Tugenden die Meisterschaft entscheiden. Ein Blick auf die Kader der Titelkandidaten zeigt, dass die Bundesliga in ihrer 47. Saison etwas völlig Neues erleben könnte: Diesmal könnte die Jugend den Ausschlag geben. Die Einführung der Jugendinternate in den Klubs und ein Mentalitätwandel in der Liga haben dazu geführt, dass die Generation Internat flächendeckend in der Ligaspitze angekommen ist. Die SZ prüft das Jugendpotential der Spitzenklubs und untersucht, welche Jugendlichen schon titelreif sind. Foto: Getty Teaserfoto: Manuel Neuer, Benedikt Höwedes, Mats Hummels und Mesut Özil, die neuen "Nutella-Boys"
Jugend als Tugend: Noch nie zuvor spielten Talente im Meisterschaftskampf eine so maßgebliche Rolle wie in diesem Jahr. Ein Überblick zum neuen Jugendstil.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-vorschau-van-gaal-ein-bisschen-angst-verbreiten-1.57794
sport
"Bundesliga: Vorschau - Van Gaal: ""Ein bisschen Angst verbreiten"""
00/01/2010
FC Bayern München - TSG 1899 Hoffenheim (Fr. 20:30 Uhr) Den einzigen Test in der Winterpause konnte der FC Bayern in Basel gewinnen, auch wenn Mario Gomez das nicht so sieht. In der tz sagte der Stürmer: "Wir können nicht zufrieden sein. Wir haben das Spiel verloren, die andere Mannschaft hat dann das Spiel gewonnen." Gemeint war die zweite Garnitur mit dem Doppeltorschützen Miroslav Klose, die das 0:1 in ein 3:1 verwandelt hatte. Louis van Gaal war zufrieden mit der Vorbereitung. Mit einem Sieg im Freitagsspiel können die Münchner nach über einjähriger Absenz wieder auf den ersten Tabellenplatz gelangen und Leverkusen sowie Schalke unter Druck setzen: "Das wäre auch psychologisch wichtig. Wir können ein bisschen Angst verbreiten", sagt der Trainer (Bild). Die Hoffenheimer zittern aber (noch) nicht vor den Münchnern: "Auch die 15 Tore der Bayern in den letzten vier Spielen machen mir keine Angst", sagte Torwart Timo Hildebrand tollkühn - und sieht die Chance auf einen Sieg. Die sieht auch Trainer Ralf Rangnick, zu gut lief die eigene Vorbereitung: "Meine Jungs sind mit besseren Laktatwerten zurückgekommen, als sie sich vor Weihnachten verabschiedet haben." Das trifft auch auf Carlos Eduardo zu, dessen Einsatz aber fraglich ist. Er plagt sich mit einer Patellasehnenentzündung herum, weil er "in der Winterpause zu viel auf hartem Boden gelaufen ist", wie Teamarzt Pieter Beks auf Bild.de mutmaßt. Angst ist nicht der Grund für sein Fehlen. Foto: Getty/cai
Bayern-Trainer warnt, sein Boss fordert einen Blumenstrauß von Leverkusen. Hertha wird das Pech nicht los und Dortmund will kein Streichelzoo sein. Die Vorschau
https://www.sueddeutsche.de/sport/fluegelflitzer-so-wird-die-rueckrunde-was-erlaube-franck-1.79833
sport
"Flügelflitzer: So wird die Rückrunde - ""Was erlaube Franck?"""
00/01/2010
Für alle Greenkeeper und Stadion-Reinigungsgesellschaften unfasslich: Am Freitag beginnt die Rückrunde in der Fußball-Bundesliga. In Hannover blasen sie den Schnee mit mobilen Geräten aus dem Stadion, die Rasenheizungen werden angeworfen, Franck Ribéry überlegt, welche Farbe auf weißem Untergrund besondern leuchtet. Nein, halt! Franck Ribéry ist ja wieder mal nicht dabei gegen Hoffenheim. Der Franzose fehlt wegen einer Zehenverletzung. Es ist ein betrüblicher Beginn dieser 47. Bundesliga-Rückrunde, so ohne Ribéry, dafür mit Schnee. Die Zukunft wird dafür umso erfreulicher: Ein Ausblick in eine turbulente zweite Saisonhälfte: Januar Louis Podolski bringt weiterhin ganz Köln durcheinander. Nachdem sein Vater Anfang Januar beim Abflug ins Trainingslager keine Reisedokumente hatte (Zitat Podolski: "Der Pass nicht war im Portemonnaie, mein Sohn muss damit gespielt haben"), schnappt sich der Einjährige vor dem ersten Spiel gegen Dortmund die roten Schuhe von Vater Lukas. Als "Poldi" das im Stadion bemerkt, weigert er sich zu spielen: "Mit schwarzen Schuhen treffe ich nicht." Felix Magath nominiert Joel Matip zum Kapitän. Grund: Beim Spiel gegen Nürnberg ist der 18-Jährige der Schalker Spieler mit den drittmeisten Bundesliga-Partien in der Startelf, nämlich sechs. Die Mannschaft gewinnt trotzdem souverän 2:0 durch Tore von Tore Reginiussen und Lubos Hanzel. Ein Klatsch-Magazin macht Auflage mit einem Foto, das Mesut Özil zusammen mit Sarah Connor in einem Auto zeigt. Nachdem die Hertha die ersten drei Rückrunden-Spiele verloren hat, sagt Trainer Friedhelm Funkel: "Das ist mein härtester Job." Kurz vor dem dritten Spieltag wirbelt Franck Ribéry im Training um die Bayern-Pfeiler van Buyten, Demichelis und Badstuber herum, dass sich diese hinterher bei Ko-Trainer Gerland stützen müssen. Gegen Mainz spielt der Franzose trotzdem nicht, Kommentar van Gaal: "Wenn ein Spieler so lange gefehlt hat, kann er noch nicht hundertprozentig fit sein." Auch Robben kommt nach einer Muskelverletzung erst zur zweiten Halbzeit. Bayern gewinnt durch ein Tor von van Buyten 1:0. Foto: dpa
Wie Ribéry kaum spielt und die Bayern doch zum Titel führt, Lehmann einem Spanier eine Locke abschneidet und Podolskis Sohn für Verwirrung sorgt. Die Rückrundenvorschau.
https://www.sueddeutsche.de/reise/luftfahrt-statistik-2009-die-sichersten-airlines-1.68507
reise
Luftfahrt-Statistik 2009 - Die sichersten Airlines
00/01/2010
Die Zahl der Fluggesellschaften mit einer langen unfallfreien Tradition nimmt weltweit zu. Das geht aus der jährlichen Sicherheitsstatistik des deutschen Unfalluntersuchungsbüros JACDEC (Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre) hervor, die vom deutschen Magazin für Zivilluftfahrt Aero International veröffentlicht wurde. In den vergangenen 30 Jahren - seit dem 1. Januar 1979 - blieben 17 der 60 größten Fluggesellschaften der Welt von schweren Unfällen, Totalverlusten oder Unglücken mit Todesfällen verschont. In der JACDEC-Rangliste sind immerhin sieben Airlines mit der Sicherheitsrate 0,000 vertreten, die schon älter als 30 Jahre alt sind. Dazu gehören die bereits 1922 gegründeten australischen Qantas, die in punkto Sicherheit seit Jahrzehnten als das Non plus ultra der Branche gilt. Zwar musste die australische Airline gerade in den vergangenen Jahren mehrere Zwischenfälle melden, darunter die spektakuläre Notlandung einer Boeing 747 mit einem Loch im Rumpf. Da dabei aber weder die Maschine abgeschrieben werden musste, noch Tote zu beklagen waren, gehen diese Vorfälle nicht in die JACDEC-Statistik ein. Foto: dpa
In der aktuellen Statistik des Unfalluntersuchungsbüros JACDEC gehört Qantas noch immer zu den Spitzenreitern, doch auch Billigflieger sind ganz vorne mit dabei.
https://www.sueddeutsche.de/reise/kanada-die-praerie-cowboys-oel-und-viel-landschaft-1.31378
reise
Kanada - Die Prärie - Cowboys, Öl und viel Landschaft
00/01/2010
Ein Mal im Jahr ist alles anders in Calgary. Zehn Tage lang lässt die größte Stadt der kanadischen Provinz Alberta im Juli den Wilden Westen wieder aufleben - es herrscht Ausnahmezustand in der Prärie. Seit 1912 die erste Stampede veranstaltet wurde, macht die ganze Stadt mit: Krawatten und Anzüge bleiben im Schrank; Cowboystiefel, blitzende Gürtelschnallen und schneeweiße Cowboyhüte sind dann angesagt. Tausende von Freiwilligen verteilen morgens umsonst frisch gebackene Pfannkuchen mit Speck und Ahornsirup. Und eine bunte Parade mit Pferdewagen und Schwarzfuß-Indianern im vollen Federschmuck verwandelt die Innenstadt mit den gläsernen Wolkenkratzer-Fassaden in eine schräge Kulisse. Wettbewerbe für harte Männer Jeden Tag sind 15.000 bis 20.000 Zuschauer beim Bull Riding dabei. Zu den anderen Wettbewerbskategorien gehört zum Beispiel das Reiten ungesattelter Wildpferde. Auch das Einfangen und Niederringen von jungen Stieren mit dem Lasso, waghalsige Planwagenrennen und Hindernisreiten um ein Bierfass haben zahlreiche Fans. Für die Cowboys ist es kein Zeitvertreib, sondern ein Profisport, mit dem sie sich ihren Lebensunterhalt verdienen. 1,6 Millionen kanadische Dollar werden jeden Tag als Preisgelder vergeben. Zeb Lanham ist so einer. In ein paar Sekunden kann er ein Jahresgehalt verdienen - oder sich alle Knochen brechen. Sein Glück hängt von Wranglers Rock Star ab. Der Stier besteht aus gut 500 Kilogramm stampfender und schnaubender Muskelmasse. Auf ihm muss sich Zeb Lanham halten, acht Sekunden lang. Zeb hält sich nur mit einer Hand an einem Seil fest, das um den Bauch des Tieres geschlungen ist, als es aus dem Gatter bricht. Nur 4,7 Sekunden dauert der Machtkampf, dann landet der Cowboy im Staub. Enttäuscht springt Lanham auf. Für Wranglers Rock Star ist die Show allerdings noch nicht zu Ende: Mit einem heftigen Stoß nimmt er den Cowboy auf die Hörner und schleudert ihn mehrere Meter in die Höhe. Lanham stürzt zum zweiten Mal in den Staub. 20.000 Zuschauer schreien vor Schreck auf, selbst der routinierte Stadionsprecher ringt einen Moment um Fassung. "Oh mein Gott, das war ein Stoß", sagt er, als Lanham sich mit schmerzverzerrtem Gesicht aufrappelt. Es sind Episoden wie diese, die aus der Calgary Stampede in der kanadischen Provinz Alberta Nordamerikas aufregendstes Rodeo machen. Eine wilde Meute Dabei ist die Stampede eigentlich eine Landwirtschaftsausstellung für die Farmer der Prärieprovinzen - doch landwirtschaftliche Maschinen sind lange nicht so aufregend wie Bullenreiten oder eine andere waghalsige Veranstaltung, das Planwagenrennen. Vier Pferde sind vor jeden Wagen gespannt, vier weitere Pferde mit Reiter, die "Outrider" genannt werden, jagen nebenher. In jedem Rennen gibt es vier Konkurrenten. 32 Pferde sind also immer gleichzeitig auf der Bahn. Den Überblick über die wilde Meute zu behalten, ist schwer. Auch hier gibt es um die 100.000 Dollar Preisgeld. Aber der Planwagenlenker ist nur so gut wie seine Pferde. Deshalb behandelt Darcy Flad seine Vierbeiner wie Top-Athleten: "Sie bekommen Sportgetränke verabreicht, damit die Elektrolyte stimmen, wir haben Pferdemasseure hier und Chiropraktiker", erzählt der 37-jährige Stampede-Teilnehmer.
Flaches Farmland dominiert die drei Prärie-Provinzen Manitoba, Sasketchewan und Alberta - ein Outdoor-Spielplatz für echte Kerle.
https://www.sueddeutsche.de/app/service/iphone/
app
SZ.de-App - Für iPhone
00/01/2010
News, Hintergründe und mehr: SZ.de bietet Ihnen ab sofort die gesamte aktuelle Nachrichtenseite der SZ in einer praktischen App. Mit Berichten in gewohnter SZ-Qualität, Analysen, Kommentaren, Videos, Bildergalerien und einer großen Sport-Liveticker-Welt. Die SZ.de-App mit vielen Extras Teilen und merken Empfehlen Sie unsere Texte mit einem Klick auf Facebook, Twitter, per SMS oder mailen Sie unsere Artikel weiter. Außerdem können Sie sich Texte merken, um sie später zu lesen. Dashboard/Texte to-go Im Dashboard finden Sie die meistempfohlenen Artikel von SZ.de sowie Ihre gemerkten und gelesenen Artikel - die alle to-go, auch ohne Netzverbindung, verfügbar sind. Das Dashboard bietet Ihnen außerdem eine Übersicht über die aktuell am meisten gelesenen und geteilten Artikel auf SZ.de. Eilmeldungen Eilmeldungen können Sie sich jederzeit als Push-Nachrichten auf Ihrem Handy anzeigen lassen, diese Funktion bei Bedarf aber auch ganz einfach wieder deaktivieren. Nachrichtenticker Die App zeigt Ihnen in einem roten Hinweisfeld neben unserem Logo an, sobald neue News auf SZ.de publiziert werden. Klicken Sie auf das Feld, werden Ihnen die neusten Artikel im Ticker-Format chronologisch sortiert angezeigt. Individuelle Schriftgröße Die Schriftgröße in den Artikeln können Sie in fünf verschiedenen Stufen ganz individuell für sich anpassen. Kompakt oder klassisch Wenn Sie einen schnelleren Überblick wollen, können Sie sich in der Kompaktversion unserer Seite nur die Überschriften anzeigen lassen, ohne die Textvorspänne. Suche Sie suchen nach bestimmten Themen oder Artikeln? Nutzen Sie die Suche im Menü. >>> zurück zur Übersicht
Nachrichten in gewohnter Qualität jetzt einfach und schnell auf Fingerdruck für iPhone und iPod touch.
https://www.sueddeutsche.de/politik/nordrhein-westfalen-die-steuer-cd-ist-gekauft-1.9026
politik
Nordrhein-Westfalen - Die Steuer-CD ist gekauft
00/02/2010
Die Gespräche dauerten fast drei Wochen und sie liefen sehr diskret ab. Ein Team der Wuppertaler Steuerfahndung, das von dem Vorsteher des Amtes, dem 60 Jahre alten Peter B., angeführt wurde, verhandelte im Ausland mit einem Informanten über den Ankauf einer CD mit den Daten von 1500 deutschen Kunden der Schweizer Bank Credit Suisse. Der Informant hatte diese CD den Wuppertalern bereits vor einem Jahr zum Kauf angeboten und 2,5 Millionen Euro verlangt. Die Fahnder hatten ihn dann zunächst um eine Namensliste von Personen aus Nordrhein-Westfalen gebeten, weil sie auf deren Steuerakten Zugriff haben. Sie erhielten ein halbes Dutzend Arbeitsproben und verglichen die Kontodaten mit den Akten. Es waren allesamt Treffer. Dann lieferte der Unbekannte noch einmal weitere hundert Namen und es waren wieder viele Treffer darunter. Außerdem übergab er Interna der Credit Suisse aus den Jahren 2004 bis 2008. Die Steuerfahnder werteten diese Unter-lagen bis September 2009 aus und informierten dann das Bundeszentralamt für Steuern darüber, dass nach internen Schätzungen der Großbank 88 Prozent der deutschen Kunden, die Konten bei dem Geldinstitut in der Schweiz haben, dieses Geld dem deutschen Fiskus verschwiegen haben. Bereits im vergangenen Herbst gingen dann die Wuppertaler Steuerfahnder davon aus, dass es ein Hauptverfahren gegen die deutschen Steuerhinterzieher und Beihilfeverfahren gegen Bankangestellte geben müsse. Im Februar war das Angebot aus der Schweiz öffentlich bekannt geworden und das Bundesfinanzministerium sowie das Kanzleramt hatten sich dafür ausgesprochen, die CD zu kaufen. Auch die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung, die in dem Fall federführend ist, hatte zugestimmt. Das Honorar zahlte zunächst NRW. Der Bund will 1,25 Millionen Euro beisteuern, auch andere Bundesländer sollen sich beteiligen. Ein Geschäft ist der Kauf auf jeden Fall. Nach internen Schätzungen rechnen die Steuerbehörden mit Mehreinnahmen von bis zu 400 Millionen Euro. Bei den Verhandlungen mit dem Datenbeschaffer soll die Frage, ob seine Identität geschützt wird, eine große Rolle gespielt haben. Im Fall des Ex-Mitarbeiters der Liechtensteiner LGT Treuhand, Heinrich Kieber, der 2007 Daten der Vaduzer Bank übergeben hatte, war dessen Name bekannt geworden. Kieber hatte jedoch zuvor versucht, die Bank erpressen. Wer der Unbekannte ist, der jetzt die Schweizer CD übergeben hat, ist derzeit nicht bekannt. Die Steuerfahndung will seinen Namen geheim halten. Daran soll auch ein Rechtshilfeersuchen der Schweizer Regierung nichts ändern. Die Eidgenossen bitten darin die deutschen Behörden um Informationen über die Identität des Informanten, gegen den in der Schweiz ein Verfahren läuft. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte, die Ressortabstimmungen, ob der Bund gegen die Rechtshilfe Bedenken habe, liefen noch. Der Spielraum, das Ersuchen abzulehnen, sei allerdings relativ klein. Experten rechnen damit, dass das Bundesjustizministerium und vermutlich auch das Auswärtige Amt dem Ersuchen stattgeben wollen und dass das Bundesfinanzministerium und das Kanzleramt dies ablehnen werden. "Wir geben dem Informanten keine Zusage, seine Identität zu schützen und beteiligen uns dann an Ermittlungen gegen ihn", sagt ein Düsseldorfer Ministerialer. Die Landesregierung in Stuttgart, deren Finanzbehörden auch eine Steuer-CD angeboten worden war, will die ihr angebotenen Daten nach Angaben vom Freitag dagegen nicht kaufen.
Wuppertaler Fahnder haben die CD mit Daten von etwa 1500 mutmaßlichen Steuerhinterziehern erworben. Der Informant soll 2,5 Millionen Euro erhalten haben.
https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-obama-in-der-sackgasse-1.5023
politik
Obama in der Sackgasse
00/02/2010
Obama: Gesundheitsreform notfalls im Alleingang Neue Runde im Kampf um die US-Gesundheitsreform: Nach dem gescheiterten Spitzentreffen will Präsident Barack Obama sein wichtigstes Reformwerk notfalls ohne die oppositionellen Republikaner durchs Parlament boxen. Angesichts der Blockadepolitik der Republikaner erwägen die Demokraten, das Gesetz im Zuge der Etatberatungen zu verabschieden. Dabei brauchen sie im Senat keine "Supermehrheit" von 60 Stimmen und sind damit nicht auf die Republikaner angewiesen. US-Medien kommentierten, der siebenstündige "Gesundheitsgipfel" vor laufenden Kameras habe die Kluft zwischen den Lagern eher noch vertieft. Die Washington Post warnte vor "komplizierten parlamentarischen Manövern, die keinen Erfolg garantieren". Dagegen verwies die New York Times darauf, dass in der Vergangenheit sowohl Republikaner als auch Demokraten wichtige Gesetze im Zuge der Haushaltsdebatte durchgebracht hätten. "Der Präsident hat es klugerweise vermieden, sich die Hände zu binden." Obama machte bei dem Treffen unmissverständlich klar, dass er jetzt aufs Tempo drücken wolle. "Wir können uns nicht noch ein weiteres Jahr der Debatte darüber erlauben." Dagegen warnten Republikaner davor, bei einem derart zentralem Gesetzeswerk zu parlamentarischen Tricks zu greifen. Bisher haben zwar Senat und Repräsentantenhaus die Reform in einer ersten Lesung verabschiedet. Doch seitdem verloren die Demokraten ihre 60-zu-40-Mehrheit im Senat, so dass sie bei einer zweiten Lesung die Blockadepolitik des Dauerredens (Filibuster) der Republikaner nicht mehr verhindern könnten. Warum sich die Union in der Atompolitik nicht einig wird und wie eine IRA-Splittergruppe in Nordirland Schrecken verbreitet: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.
US-Präsident Barack Obama will die Gesundheitsreform notfalls ohne die Opposition durchs Parlament boxen. Kurzmeldungen im Überblick
https://www.sueddeutsche.de/politik/urteil-des-eugh-juedische-siedlungen-gehoeren-nicht-zu-israel-1.20445
politik
Urteil des EuGH - Jüdische Siedlungen gehören nicht zu Israel
00/02/2010
Das Westjordanland und auch die dort gelegenen jüdischen Siedlungen sind zollrechtlich nicht Israel zuzurechnen. Dort wie auch im Gazastreifen gilt ausschließlich das Zollabkommen zwischen der Europäischen Union und den Palästinensern, urteilte an diesem Donnerstag der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. In dem schon im Vorfeld des Urteils aufmerksam verfolgten Streit um Soda-Club-Produkte stärkte der EuGH damit die palästinensische Selbstverwaltung und zurrte die ohnehin klare politische Haltung der Europäischen Union auch rechtsverbindlich in aller Öffentlichkeit fest (Az: C-386/08). Das deutsche Unternehmen Brita importiert Sprudelwasserbereiter und Zubehör von Soda-Club, einem im Industriegebiet Mishor Adumin im Westjordanland ansässigen Unternehmen. Brita beantragte für die Einfuhr der Soda-Club-Produkte einen ermäßigten Zolltarif gemäß dem Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und Israel. Das Hauptzollamt Hamburg-Hafen lehnte dies ab. Der EuGH bestätigte diese Entscheidung jetzt. Waren aus dem Westjordanland oder dem Gazastreifen können zwar nach dem Abkommen zwischen der EWG und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ebenfalls mit einem ermäßigten Zolltarif in die EU importiert werden - aber nicht, wenn sie als israelische Waren deklariert werden. Weil Israel die Siedlung aber unter eigene Zollhoheit stellte, hatte Brita für die Soda-Club-Produkte Zollfreiheit nach dem Abkommen mit Israel beantragt. Israelische Behörden bestätigten die israelische Zollzuständigkeit, machten aber auch auf Nachfrage keine Angaben über die genaue Herkunft. Der deutsche Zoll habe dies zu Recht nicht anerkannt, urteilte nun der EuGH. Israel sei verpflichtet, anzugeben, ob die Produkte aus Israel selbst stammen. Der EuGH wies auch das Argument ab, Brita könne die Soda-Club-Produkte zollfrei einführen, weil sie ja ohnehin - auch nach dem Abkommen mit den Palästinensern - begünstigt seien. Das Völkerrecht lasse es nicht zu, die erforderliche Herkunftsbestätigung durch die palästinensischen Behörden durch eine Bescheinigung Israels zu ersetzen.
Ein Urteil von politischer Brisanz: Im Zollstreit um die Firma Soda-Club hat der Europäische Gerichtshof jüdische Siedlungen im Westjordanland Palästina zugeordnet.
https://www.sueddeutsche.de/politik/kaessmanns-erklaerung-du-kannst-nie-tiefer-fallen-als-in-gottes-hand-1.24886
politik
"Käßmanns Erklärung - ""Du kannst nie tiefer fallen als in Gottes Hand"""
00/02/2010
"Am vergangenen Samstagabend habe ich einen schweren Fehler gemacht, den ich zutiefst bereue. Aber auch wenn ich ihn bereue, und mir alle Vorwürfe, die in dieser Situation berechtigterweise zu machen sind, immer wieder selbst gemacht habe, kann und will ich nicht darüber hinweg sehen, dass das Amt und meine Autorität als Landesbischöfin sowie als Ratsvorsitzende beschädigt sind. Die Freiheit, ethische und politische Herausforderungen zu benennen und zu beurteilen, hätte ich in Zukunft nicht mehr so wie ich sie hatte. Die harsche Kritik etwa an einem Predigtzitat wie 'Nichts ist gut in Afghanistan' ist nur durchzuhalten, wenn persönliche Überzeugungskraft uneingeschränkt anerkannt wird. Einer meiner Ratgeber hat mir gestern ein Wort von Jesus Sirach mit auf den Weg gegeben: 'Bleibe bei dem, was dir dein Herz rät' (37,17). Und mein Herz sagt mir ganz klar: Ich kann nicht mit der notwendigen Autorität im Amt bleiben. So manches, was ich lese, ist mit der Würde dieses Amtes nicht vereinbar. Aber mir geht es neben dem Amt auch um Respekt und Achtung vor mir selbst und um meine Gradlinigkeit, die mir viel bedeutet. Hiermit erkläre ich, dass ich mit sofortiger Wirkung von allen meinen kirchlichen Ämtern zurücktrete. Ich war mehr als 10 Jahre mit Leib und Seele Bischöfin und habe all meine Kraft in diese Aufgabe gegeben. Ich bleibe Pastorin der hannoverschen Landeskirche. Ich habe 25 Jahre nach meiner Ordination vielfältige Erfahrungen gesammelt, die ich gern an anderer Stelle einbringen werde. Es tut mir Leid, dass ich viele enttäusche, die mich gebeten haben, im Amt zu bleiben, ja die mich vertrauensvoll in diese Ämter gewählt haben. Ich danke allen Menschen, die mich so wunderbar getragen und gestützt haben, für alle Grüße und Blumen, die meiner Seele sehr gut getan haben in diesen Tagen. Dem Rat der EKD danke ich sehr, dass er mir gestern Abend deutlich sein Vertrauen ausgesprochen hat. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der hannoverschen Landeskirche und in der EKD, die mich haupt- und ehrenamtlich unterstützt haben. Insbesondere danke ich meinem engsten Team, das mir in manchem Sturm die Treue gehalten hat. Ich danke allen Freundinnen und Freunden, allen guten Ratgebern. Und ich danke meinen vier Töchtern, dass sie meine Entscheidung so klar und deutlich mittragen und heute hier sind. Zuletzt: Ich weiß aus vorangegangenen Krisen: Du kannst nie tiefer fallen als in Gottes Hand. Für diese Glaubensüberzeugung bin ich auch heute dankbar." Hannover, 24. Februar 2010 Dr. Margot Käßmann
In ihrer Rücktrittserklärung bezieht sich die EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann auf Worte der Bibel und ihre Selbstachtung. sueddeutsche.de dokumentiert die Erklärung der Bischöfin im Wortlaut
https://www.sueddeutsche.de/politik/straftat-steuerhinterziehung-steuersuender-sind-keine-suender-1.5738
politik
Straftat Steuerhinterziehung - Steuersünder sind keine Sünder
00/02/2010
Kein Mensch sagt "Urkundensünder" über den, der Urkunden fälscht. Kein Mensch würde sich trauen, einen Kindsmissbraucher "Sexualsünder" zu nennen. Und kein Mensch spricht von demjenigen, der klaut oder unterschlägt, als einem "Eigentumssünder". Wer falsche eidesstattliche Versicherungen abgibt, ist kein "Wahrheitssünder", sondern Straftäter. Und wer besoffen einen Menschen totfährt, ist kein Verkehrssünder, sondern der fahrlässigen Tötung schuldig. Nur derjenige, der Steuern hinterzieht, wird gern "Steuersünder" genannt - so, als handele es sich um einen, der falsch geparkt hat oder zu schnell gefahren ist. Ein Steuerhinterzieher muss nicht reuig sein, er muss nur zahlen Margot Käßmann wird man vielleicht als "Verkehrssünderin" bezeichnen, aber nicht deswegen, weil man eine Alkoholfahrt mit 1,54 Promille für eine Lappalie hält, sondern weil das Wort "Sünde" im Zusammenhang mit einer Bischöfin so schön ist. Es gibt keine Straftat, die allgemein als "Sünde" tituliert wird - nur die Steuerhinterziehung. Das hat auch damit zu tun, dass der deutsche Staat bei Steuerhinterziehung seit Urzeiten eine Art Beichte anbietet, mit der man seine Schuld abschütteln und der Strafe entgehen kann. Diese Beichte heißt "Selbstanzeige" und funktioniert so: Solange die Tat zwar längst geschehen, aber noch nicht entdeckt ist, kann man sich bei der Finanzbehörde melden, die Steuer nachzahlen plus sechs Prozent Hinterziehungszinsen - und entgeht so jeglicher Strafe. So eine Spezialbehandlung, so eine Möglichkeit der Selbst-Amnestierung gibt es ansonsten im ganzen Strafrecht nicht (nur, angelehnt an die Steuerhinterziehung, beim Vorenthalten von Beiträgen zur Sozialversicherung). Diese Wohltat für den Steuerkriminellen hat nichts mit Reue zu tun; der Steuerhinterzieher muss gar nicht reuig sein, er muss nur nachträglich zahlen. Für eine solche Strafbefreiung gibt es keinen anderen vernünftigen Grund als den: Es geht um die "Erschließung bisher verheimlichter Steuerquellen". Einen anderen Grund können auch die dicksten juristischen Bücher nicht angeben. Böse formuliert: Der Staat ist ein wenig korrupt; er lässt sich seinen Strafanspruch abkaufen. Das sollte man nun endgültig, und sei es mit einer angemessenen Übergangszeit, beenden. Es gibt seit dem Verbrechensbekämpfungsgesetz 1994 den Paragraphen 46 a Strafgesetzbuch, in dem der Täter-Opfer-Ausgleich geregelt ist; er gilt für alle Straftaten: Wenn der Täter den Schaden wiedergutmacht, kann das Gericht die Strafe mildern oder gar (wenn keine höhere Strafe als Gefängnis bis zu einem Jahr oder Geldstrafe drohen) von Strafe absehen. Diese Regel kann man, soll man auch auf die Steuerhinterziehung anwenden. Für die schweren Fälle kommt das freilich nicht in Frage: Da droht ja schon jetzt Haft bis zu zehn Jahren. Die Forderung des SPD-Vorsitzenden Gabriel nach noch härterer Strafe ist Unsinn. Sinnvoll ist es, die Steuerfahndung so auszustatten, dass sie die schweren Fälle erwischt.
Ruf nach neuen Regeln: Die Möglichkeit der Reinwaschung per Selbstanzeige bei Steuerstraftätern muss abgeschafft werden.
https://www.sueddeutsche.de/politik/us-aussenministerin-clinton-warnung-vor-abruestung-1.2958
politik
US-Außenministerin Clinton - Warnung vor Abrüstung
00/02/2010
In einer Grundsatzrede zur künftigen Nato-Strategie hat US-Außenministerin Hillary Clinton die europäischen Mitglieder der Allianz gemahnt, sich stärker neuen Bedrohungen wie Cyber-Angriffen und Gefährdungen der Energieversorgung zu stellen. "Da werden mehr Investitionen der Mitgliedsnationen erforderlich sein", sagte sie auf einer Sicherheitskonferenz des Atlantic Council in Washington. Zugleich warnte sie davor, die nukleare Abschreckung in Frage zu stellen. "Wir leben in einer gefährlichen Welt", in der Abschreckung weiter nötig sei. "Uns ist klar, dass es in Europa gerade eine Debatte selbst bei einigen der führenden Mitgliedsländer darüber gibt, was das bedeutet", erklärte Clinton, ohne Länder beim Namen zu nennen. Es dürfte aber klar sein, dass Clinton auf die von ihrem deutschen Kollegen Guido Westerwelle (FDP) initiierte Debatte über den Abzug der noch in Deutschland verbliebenen US-Atomwaffen anspielte. "Wir hoffen, dass es keine voreiligen Schritte gibt, die unsere Abschreckungsfähigkeit unterminieren würde", sagte Clinton weiter. Erst vergangene Woche hatte der Nuklearexperte der Carnegie-Stiftung in Washington, George Perkovich, die Debatte über die US-Atomwaffen in Deutschland ungewöhnlich deutlich kritisiert. Zwar bezeichnete auch er die wenigen verbliebenen taktischen Bomben als "nutzlos". Keine Zusagen Zugleich bemängelte er, dass Westerwelles Vorstoß nicht mit Zusagen für die neuen Mitgliedsländer der Nato im Osten unterfüttert würden. "Wenn es Deutschland mit dem Vorstoß ernst ist, sollte es innerhalb der Nato und mit Russland zusammenarbeiten, um die Zukunft der atomaren Abschreckung in Europa und der Nachbarschaft des Kontinents zu regeln". Atomwaffen könnten in die Hände von Terroristen geraten, dazu komme die Bedrohung durch Nordkorea und Iran, sagte Clinton. Dagegen reiche nukleare Abschreckung nicht aus. "Die Nato muss eine eigene Raketenabwehrarchitektur entwickeln, die Europa verteidigen kann", sagte sie. Die US-Regierung sehe die Neuausrichtung der amerikanischen Raketenabwehr in Europa als Beitrag dazu. Clinton mahnte an, auch Russland einzubeziehen. "Wir laden Russland ein, bei der Entwicklung eines Raketenabwehrsystems der Nato mitzumachen, so dass es nicht nur die Menschen in Europa beschützen kann, sondern auch in Russland." Zugleich nannte sie die Energiesicherheit "eine besonders drängende Priorität". US-Verteidigungsminister Robert Gates kritisierte am Dienstag die in Europa verbreitete Ablehnung von Militäreinsätzen als Schwäche. Diese Einstellung behindere das Bemühen der Nato um "echte Sicherheit und dauerhaften Frieden im 21. Jahrhundert", so Gates. "Echte oder vermeintliche Schwäche" könnte die Gegner der westlichen Welt zu "Aggressionen" verleiten.
Grundsatzrede zur künftigen Nato-Strategie: US-Außenministerin Clinton warnt die Europäer davor, die atomare Abschreckung in Frage zu stellen.
https://www.sueddeutsche.de/politik/leutheusser-schnarrenberger-bischof-attackiert-ministerin-1.4272
politik
Leutheusser-Schnarrenberger - Bischof attackiert Ministerin
00/02/2010
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wegen ihrer Äußerungen zu den bekanntgewordenen Missbrauchsfällen scharf angegriffen. Noch nie habe es in der Politik eine "ähnlich schwerwiegende Attacke auf die katholische Kirche gegeben", sagte der Erzbischof in Freiburg anlässlich der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe. Leutheusser-Schnarrenberger hatte in einem Fernsehinterview gesagt, die katholische Kirche erwecke bislang nicht den Eindruck, dass sie auch nur bei Verdachtsfällen mit den Strafverfolgungs- behörden konstruktiv zusammenarbeiten wollte. Zollitsch nannte die Äußerungen "undifferenziert und emotional". Er erwarte, dass Leutheusser-Schnarrenberger sie innerhalb von 24 Stunden zurücknehme. Die Ministerin hat Zollitsch zufolge zudem suggeriert, dass die inzwischen rund 120 Missbrauchsfälle auch aus der jüngeren Vergangenheit stammten. Fakt sei, dass diese Fälle 25 bis 30 Jahre zurücklägen. "Ich wehre mich nachdrücklich gegen falsche Tatsachenbehauptungen und maßlose Polemik", sagte Zollitsch. Er habe bereits am Montag keinen Zweifel daran gelassen, dass alle Fälle lückenlos aufgeklärt werden müssen. "Die staatlichen Behörden sind schnellstmöglich eingeschaltet", sagte der Bischof. Die Staatsanwaltschaft erhalte alle Einblicke. Er habe der FDP-Politikerin einen Brief geschrieben und wolle außerdem noch am Dienstag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonieren, sagte Zollitsch weiter. Die Äußerungen der Ministerin seien nicht akzeptabel. "Irgendwo gibt es Grenzen", sagte er.
"Undifferenziert und emotional": Erzbischof Zollitsch greift Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger für Äußerungen zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche scharf an.
https://www.sueddeutsche.de/politik/100-tage-schwarz-gelb-wie-gut-war-merkels-mannschaft-1.65235
politik
Bundeskabinett
00/02/2010
100 Tage Schwarz-Gelb – Angela Merkel Die Regierungsmannschaft von Angela Merkel hatte jetzt 100 Tage Zeit zu zeigen, was sie kann. Doch bei weitem nicht alle konnten überzeugen. KANZLERIN: Angela Merkel (CDU) Die Bundestagswahl 2009 ergab die Konstellation, die sich Angela Merkel wünschte: Schwarz-Gelb. Doch statt "durchzuregieren", kam das neue Bündnis bislang aus dem Stolpern nicht heraus - das lag zum guten Teil an der Kanzlerin. Die CDU-Vorsitzende regierte weiter wie während der großen Koalition: Unverbindlich, unspektakulär, ohne Ecken und Kanten - und fand sich bald in schweren Wassern wieder. Steinbach und die Vertriebenen-Stiftung, die Debatte um weitere Steuersenkungen, das EU-Beitrittsverfahren der Türkei, zuletzt der Knatsch in der Gesundheitspolitik - stets initiierten der Christsoziale Seehofer und der Ober-Liberale Westerwelle neue Volten, stets wirkte Merkel wie eine Getriebene. Obendrein brach eine offene Debatte über ihren präsidialen Führungstil aus. Merkel versuchte ihren Kurs damit zu erklären, die CDU öffnen zu wollen, als Volkspartei für jedermann - ihre Kritiker verstummten zunächst, der Unmut blieb. Auch außenpolitisch gab es für die Kanzlerin wenig Grund zur Freude: Beim Scheitern des Weltklimagipfels von Kopenhagen wurde klar, dass Merkel im Kreise der Großen als Maklerin wenig bewirken kann. Zuletzt, als es darum ging, ob die Regierung die gestohlenen Daten mutmaßlicher Steuersünder kaufen soll, tat Merkel, was viele Konservative schmerzlich vermisst hatten: Sie fällte schnell eine Entscheidung. Ob Angela Merkel künftig häufiger klare Kante zeigt, bleibt offen, zu raten wäre ihr es: Ohne den Mut zum Machtwort werden Seehofer und Westerwelle weiterhin als freie Radikale ihre Süppchen kochen. Foto: AP
100 Tage Schwarz-Gelb sind rum. Doch Feierstimmung will nicht aufkommen. Welche Minister haben gute Arbeit geleistet? Und welche sind Fehlbesetzungen? Stimmen Sie ab!
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/sb-verbraucher-mache-es-selbst-1.14916
wirtschaft
Möbel selbst kassieren
00/02/2010
SB-Verbraucher – Möbel selbst kassieren Ob Automatenkasse, Onlinebanking oder Hotels ohne Rezeption: Konzerne drängen die Verbraucher zum Selbstmachen. Der Mann im Pullunder liest offenbar gern: Drei flach verpackte "Billy"-Regale stapeln sich auf seinem Wagen, darauf ein Dutzend weitere Ikea-Produkte. Das kann dauern, bis der gezahlt hat. Also links vorbei: An dieser Kasse steht niemand - auch keine Kassiererin. "Hier kassieren die Kunden selbst", steht auf einem Schild. Selbstbedienungskassen gibt es in immer mehr Geschäften, natürlich auch bei der Kette, die ihre Möbel in Einzelteilen verkauft und einen Inbus-Schlüssel zum Zusammenbauen beilegt. Selbermachen hat bei Ikea Prinzip. An dieser Kasse läuft kein Warenband. Es gibt nur einen Monitor, daneben hängt ein Scanner, der ähnlich aussieht wie eine Zapfpistole an der Tankstelle. Damit sollen die Kunden den Barcode scannen, die schwarzen Striche an der Verpackung, erklärt eine Ikea-Mitarbeiterin, die aber nicht selbst kassiert. Also die Pakete vom Wagen wuchten, den Barcode suchen, darauf den Scanner richten. Der wirft einen roten Strich auf den Barcode. Es piept - "genau so", lobt die Angestellte. Der Ehrgeiz treibt: Schnell soll es gehen, die Kassierer können das ja auch. Und: Es macht Spaß. Nur noch schnell mit Karte zahlen, dann zum Aufzug. Den teilen sich die Selberzahler mit dem Pullunder-Träger samt Billy-Regalen. Schneller geht es an der Selbstbedienungskasse also nicht. lebr Eine Ikea-Kassiererin in Bayern verdient nach Tarif 2108 Euro brutto im Monat. Foto: Stephan Rumpf
Ob Automatenkasse, Onlinebanking oder Hotels ohne Rezeption: Konzerne drängen die Verbraucher zum Selbstmachen. In Bildern.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/toyota-chef-ich-bedauere-zutiefst-jeden-unfall-1.23023
wirtschaft
"Toyota-Chef - ""Ich bedauere zutiefst jeden Unfall"""
00/02/2010
Reuige Versprechungen eines unter Druck geratenen Autoherstellers: Nach einer Reihe tödlicher Unfälle mit Toyota-Fahrzeugen in den USA hat Konzernchef Akio Toyoda die Hinterbliebenen um Vergebung gebeten und Besserung gelobt. "Wir haben zu sehr auf Wachstum gesetzt und dabei die Ausbildung unserer Leute und die Entwicklung unseres Unternehmens aus den Augen verloren", sagte Toyoda laut einem am Dienstag veröffentlichten Redemanuskript für eine Aussage im US-Kongress. "Ich bedauere, dass dies zu den in den Rückrufen geschilderten Sicherheitsproblemen geführt hat, und ich bedauere zutiefst jeden Unfall, der Toyota-Fahrern passiert ist." Der publikumsscheue Konzernchef und Enkel des Firmengründers hatte sich erst nach langem Zögern dazu bereiterklärt, vor dem US-Kongress auszusagen. Seine für Mittwoch angesetzte Befragung wurde deshalb mit besonderer Spannung erwartet. Bereits am Dienstag trat der Chef des US-Geschäfts von Toyota vor den Ausschuss und entschuldigte sich ebenfalls für das Rückruf-Desaster. Jim Lentz räumte Versäumnisse ein und versprach, künftig offensiver mit Schadensmeldungen umzugehen. "Wir haben jetzt begriffen, dass wir anders mit Beschwerden umgehen müssen und dass wir früher, besser und effektiver mit unseren Kunden und den Aufsichtsbehörden sprechen müssen", sagte Lentz vor dem zuständigen Kongressausschuss. US-Verkehrsminister Ray LaHood kündigte an, den japanischen Konzern beim Wort zu nehmen und auf eine rasche Behebung der Mängel zu dringen. Kurz zuvor hatte die New Yorker Staatsanwaltschaft Vertreter des Konzerns vorgeladen. Die US-Börsenaufsicht SEC verlangte die Zusendung von Unterlagen im Zusammenhang mit den Autofahrer-Beschwerden über ein unbeabsichtigtes Beschleunigen. Zugleich erhärteten sich Vorwürfe, Toyota habe sich mit den US Aufsichtsbehörden auf eine Sparlösung zur Reparatur der seit Jahren bekannten Probleme mit den Gaspedalen verständigt. Der Verkehrssicherheitsbehörde sollen die Schwierigkeiten schon seit 2003 bekannt gewesen sein. "Sie haben mein Wort" Toyota hat weltweit mehr als 8,5 Millionen Pkw wegen klemmender Gaspedale, rutschender Fußmatten und defekter Bremsen zurückgerufen. In den USA vermuten die Behörden, dass mindestens fünf Unfälle mit Todesfolge durch die lockeren und sich unter dem Gaspedal verhakenden Fußmatten verursacht wurden. Weitere 29 Todesfälle werden untersucht. In seiner vorab veröffentlichten Rede griff Toyoda einen konkreten Unfall mit einem Lexus auf, bei dem im August ein Polizist außer Dienst mit drei Familienangehörigen ums Leben gekommen war. "Ich möchte gerne wegen des Unfalls in San Diego den Hinterbliebenen der Familie Saylor mein Beileid aussprechen. Ich möchte meine Gebete erneut schicken und ich werde alles in meiner Macht stehende tun, damit so eine Tragödie nie wieder passiert." Toyoda verwies darauf, dass nicht nur der Ruf des Unternehmens auf dem Spiel stehe. "Mein Name steht auf jedem Auto. Sie haben mein Wort, dass Toyota entschieden und unnachgiebig daran arbeiten wird, das Vertrauen der Kunden wiederherzustellen." Im Video: Der USA-Chef des größten Autobauers der Welt sagte bei einer Anhörung vor einem Ausschuss des US-Kongresses, die Probleme bei den Gaspedalen seien noch nicht ausgestanden. Weitere Videos finden Sie hier
Aussage vor dem US-Kongress: Nach einer Reihe tödlicher Unfälle mit Toyota-Fahrzeugen gelobt Konzernchef Toyoda Besserung.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hartz-iv-zusatzleistungen-geld-vom-amt-es-koennte-mehr-werden-1.78098
wirtschaft
Hartz IV: Zusatzleistungen - Geld vom Amt - es könnte mehr werden
00/02/2010
359 Euro bekommt ein alleinstehender Hartz-IV-Empfänger jeden Monat, das ist zumindest der Regelsatz. Weil das jedoch nicht reicht, wird dieser Betrag durch verschiedene Leistungen aufgestockt. So übernimmt das Amt beispielsweise Miete, Heizkosten und die Beiträge zur Krankenversicherung. Außerdem gibt es Geld für Kinder. Der Betrag (60, 70 oder 80 Prozent der Regelleistung, abhängig vom Alter des Kindes) ist allerdings umstritten. Am Dienstag entscheidet das Bundesverfassungsgericht, ob die Regelung rechtmäßig ist. Doch damit endet der Anspruch von Langzeitarbeitslosen nicht. sueddeutsche.de zeigt, welche Kosten zusätzlich übernommen werden können. Erstausstattung der Wohnung Hartz-IV-Empfänger haben einmalig Anspruch auf eine Erstausstattung der Wohnung, etwa auf einen Tisch, Schränke, ein Bett oder auch ein Fernsehgerät. Die Leistung wird jedoch nur dann bewilligt, wenn der Betroffene die Gegenstände bislang nicht besessen hat, also beispielsweise neu in eine Wohnung zieht. Bundesweit werden durchschnittlich für einen Einpersonenhaushalt etwa 800 bis 1200 Euro bezahlt. Auch wenn durch außergewöhnliche Umstände (Geburt eines Kindes, Trennung, Wohnungsbrand) eine Notsituation entsteht, kann das Amt einspringen. Foto: dpa
Wie gerecht ist Hartz IV - mit 359 Euro Regelsatz? Das Verfassungsgericht urteilt am Dienstag. Wer zusätzliche Hilfe erwarten kann - ein Überblick
https://www.sueddeutsche.de/geld/griechenland-schwere-vorwuerfe-gegen-europas-regierungen-1.14806
geld
Schwere Vorwürfe gegen Europas Regierungen
00/02/2010
Der Generaldirektor des Europäischen Statistikamtes, Walter Radermacher, wirft den EU-Regierungen vor, an der griechischen Krise mitschuldig zu sein. Bereits in den Jahren 2004 und 2005 habe es Probleme mit den aus Athen gelieferten Daten gegeben. Eurostat habe schon damals mehr Rechte und Kompetenzen gefordert, um zu prüfen, wie die Daten erhoben wurden. Einem entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission hätten die nationalen Regierungen aber nicht vollständig zugestimmt, sagte Radermacher der Süddeutschen Zeitung. "Die Mitgliedsstaaten haben uns nicht die Instrumente gegeben, mit denen wir die Krise hätten verhindern können." Jahrelang gefälschte Daten, permanente Misswirtschaft, verschleppte Reformen und Korruption gelten als Hauptgründe für das unübersehbare Finanzdesaster, in dem sich Griechenland befindet. Die Regierung in Athen muss immer höhere Zinsen zahlen, um ihre Schulden zu refinanzieren. Ein Konkurs des größten Schuldners in der Währungsunion würde den Euro bedrohen. Die EU hat das Land unter Zwangsaufsicht gestellt. Europas oberstem Statistiker zufolge sind ausschließlich die Mitgliedsstaaten für die Qualität der gelieferten Daten verantwortlich. Eurostat prüfe diese nur. "Wir sind der Daten-TÜV." Radermacher räumte zwar ein, dass auch andere EU-Länder gelegentlich "Zahlen mit gewissen Unschärfen" übermittelten. Gravierende Fälschungen seien jedoch in keinem anderen Land vorgekommen. "Griechenland ist ein singulärer Fall." Die Schlamperei mit den Daten Radermacher fordert nun erneut, sein Amt als unabhängiger Aufseher auszubauen. "Wir müssen nicht nur die Daten prüfen, die geliefert werden, sondern den Weg der Daten von der Erhebung vor Ort bis zu uns", sagte er. Quelle allen Übels in Griechenland sei, "dass sie kein ordentliches Rechnungswesen haben". Öffentlich finanzierte Krankenhäuser, aber auch Gemeinden führten über ihre Finanzen kaum Buch, weshalb praktisch keine Daten erfasst würden. Das zentrale Statistikamt in Athen könne diese fehlenden Daten später auch nur durch Schätzungen ausgleichen. Ob Eurostat tatsächlich mit den geforderten weitreichenden Kontrollrechten ausgestattet wird, ist ungewiss. Die Einführung neuer Methoden stoße in einem "so komplexen System wie der EU schnell an ihre Grenzen", sagte Radermacher. Die Europäische Kommission habe erneut einen Vorschlag vorgelegt, dieser gehe nun durch die europäischen Gremien. Unterdessen verschärft sich der Ton zwischen Griechenland und Deutschland. Eine griechische Verbrauerschutzorganisation forderte am Freitag, deutsche Waren zu boykottieren. Und Premier Giorgos Papandreou sagte, die Frage deutscher Reparationszahlungen aus dem Zweiten Weltkrieg sei offen, solle aber während der derzeitigen Krise nicht diskutiert werden. Die Bundesregierung vertritt den Standpunkt, genügend materielle Entschädigung geleistet zu haben. Am nächsten Freitag kommt Papandreou nach Berlin. Große deutsche Banken wollen wegen der Finanzlage in Griechenland nicht mehr in Staatsanleihen des Landes investieren. Hintergrund der Verstimmung zwischen Berlin und Athen sind die restriktive Haltung Deutschlands zu EU-Hilfen für Griechenland und Berichte deutscher Medien über die dortigen Zustände.
Die EU-Regierungen tragen Mitschuld am griechischen Desaster, sagt der Generaldirektor des Europäischen Statistikamtes, Walter Radermacher.
https://www.sueddeutsche.de/geld/griechenland-in-not-aufpasser-fuer-den-euro-1.9268
geld
Griechenland in Not - Aufpasser für den Euro
00/02/2010
In der aufgeregten Debatte um die griechischen Missstände fehlt ein ganz entscheidendes Wort: Konsequenzen. Zwar werden die Griechen von den Verantwortlichen aller europäischen Institutionen aufgefordert, umgehend den allzu lässigen Lebensstil zu ändern, also regulär zu arbeiten, Steuern sowie Rentenbeiträge zu zahlen und zugleich mit weniger Lohn zufrieden zu sein. Aber was passiert, wenn nichts passiert? Welche Konsequenzen muss Griechenland fürchten? Auch der letzte Liebhaber der schönen griechischen Inseln dürfte mittlerweile begriffen haben, dass das Land dringend grundlegender Reformen bedarf. Aber ebenso unübersehbar ist, dass die europäischen Währungs- und Finanzgremien gründlich reformiert werden müssen. Deren Mitglieder haben es nämlich zugelassen, dass Griechenland den Euro einführt, obwohl die Hellenen offensichtlich gefälschte Daten lieferten. Sie haben jahrelang zu- oder weggeschaut und das Finanzdesaster erst ermöglicht, das inzwischen den Euro gefährdet. Unfassbar kompetenzlos arbeitet das europäische Statistikamt Eurostat. Dessen Beamten schwante zwar längst, dass die aus Athen gelieferten Haushaltszahlen nicht ganz den Tatsachen entsprechen könnten. Sie meldeten diese Zweifel wieder und wieder nach Brüssel, vermochten es aber nicht, sich weitergehende Befugnisse zu sichern, um die Daten endlich auch einmal prüfen zu dürfen. Weitaus dramatischer sind die Versäumnisse der Finanzminister aus den Ländern, die den Euro eingeführt haben. Man stelle sich vor: Jeden Monat treffen sich die 16 Eurominister, um ihre Währungspolitik abzustimmen. Sie wissen, dass die Griechen mit geschönten Zahlen hantieren, dass sie noch niemals die erlaubte Verschuldungsgrenze eingehalten haben, weder den Arbeitsmarkt noch die Sozialsysteme reformieren und damit zwangsläufig dramatisch an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Und doch unterlassen sie es, mit den griechischen Kollegen ein ernstes Wort zu reden. Die Beschützer der jungen Währung machen sich durch ihr wohlwollendes Schweigen zu Handlangern der Betrüger. Die Dritte im Bunde der Verantwortlichen ist die EU-Kommission. In der Behörde, wo schon mal vorgeschrieben wird, ab wann das Wort Krise überhaupt benutzt werden darf, regiert politischer Proporz. Selbst wenn der Währungskommissar ernsthaft würde durchgreifen wollen, müsste er die Zustimmung des Kommissionspräsidenten einholen. Und der sagt im Zweifel nein, denn ihm wiederum sitzen die nationalen Regierungen im Nacken, von denen keine am Pranger stehen will. Das griechische Fiasko zeigt sehr plastisch, dass Mitgliedsstaaten nicht von anderen Mitgliedsstaaten kontrolliert und gemaßregelt werden können. Soll die Währungsunion langfristig überleben, dann muss sie dringend von einer Aufsichtsbehörde kontrolliert werden, die unabhängig ist gegenüber allen EU-Gremien und den Mitgliedsstaaten.
Was passiert, wenn nichts passiert? Griechische Zustände können nur verhindert werden, wenn die Währung unabhängig bewacht wird.
https://www.sueddeutsche.de/geld/griechenland-in-der-krise-angriff-auf-den-euro-1.13549
geld
Griechenland in der Krise - Angriff auf den Euro
00/02/2010
Lange war es ruhig um Wilhelm Hankel und Joachim Starbatty. Die Wirtschaftsprofessoren hatten in den neunziger Jahren gemeinsam gegen die Einführung des Euro gekämpft. Zusammen mit dem Juristen Karl-Albrecht Schachtschneider und dem ehemaligen Zentralbankrat Wilhelm Nölling zogen sie unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit bis vors Bundesverfassungsgericht, um den Euro zu verhindern - allerdings vergebens. Nun rufen Hankel und Starbatty ihre damaligen Mitstreiter erneut zu den Fahnen. Wenn die EU und damit auch Deutschland dem hoch verschuldeten Griechenland helfen sollte, wollen die emeritierten Professoren erneut vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Europäischen Gerichtshof klagen. Die Ankündigung der Vier fügt sich ein in wachsenden Widerstand gegen EU-Hilfen für den finanziellen klammen Staat im Südosten der Gemeinschaft. Hankel, Starbatty und die beiden anderen Euro-Gegner warnen davor, den Euro um jeden Preis zu retten. Milliardenhilfen für Athen widersprächen dem Europäischen Recht. "Die EU ist ein Staatenbund und kein Bundesstaat", sagte Hankel der Süddeutschen Zeitung. Deshalb dürfe es auch keinen Finanzausgleich zwischen den einzelnen Ländern geben. Mit Hilfen für Griechenland verletze die EU das so genannte "Bail-Out"-Verbot. Bundesregierung und EU-Kommission haben bislang zwar gar keine Milliardenhilfen an Griechenland beschlossen, dennoch gilt als ausgemacht, dass im Ernstfall die Gelder fließen. "Europa wird Griechenland helfen, sich selbst zu helfen", sagte EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi und fügte hinzu: "Es ist möglich, dass dafür Geld benötigt wird." Wenn der Pakt langsam aufweicht Der Volkswirt und frühere Präsident der Hessischen Landesbank Wilhelm Hankel warnt seit Jahren davor, dass ärmere Mitgliedsstaaten ihre Haushaltsprobleme nicht lösen könnten und der Stabilitätspakt so langsam aufgeweicht würde. "Der Deutsche Bundestag hat 1992 aber beschlossen, dass die künftige europäische Währung so stabil sein und bleiben muss wie die Deutsche Mark", sagt Hankel. Außerdem habe sich Deutschland verpflichtet, jeden Versuch zu unterbinden, die Stabilitätskriterien aufzuweichen. Man müsse die Politik deshalb an ihre Pflicht erinnern. "Die gemeinsame Währung ist eine Subvention Europas durch den deutschen Steuerzahler", so Hankel. "Wenn Deutschland finanziell nicht mehr kann, bricht das Euro-System zusammen." Er gehe davon aus, dass nicht nur Griechenland, sondern auch Portugal, Spanien, Irland und Italien bald EU-Hilfe benötigen. Auch der Tübinger Ökonom und Euro-Kritiker Joachim Starbatty erwartet ein Scheitern der Währungsunion. "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende", sagt Starbatty der SZ. Hilfen für Griechenland könnten den Euro nicht retten. "Sie würden die Krise nur verlängern. Ein Scheitern der Währungsunion ist unausweichlich. Wir dürfen gutes Geld schlechtem nicht noch hinterherwerfen." Die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands habe seit der Einführung des Euro stark nachgelassen. "Eigentlich müssten die Griechen ihre Währung um 40 Prozent abwerten." Vor der Euro-Einführung konnten die Länder Europas ihre nationale Währung abwerten, Einfuhren so verteuern und Exporte verbilligen, um ihre Wirtschaft zu stimulieren. Die Währungsunion zwingt sie nun zu einem radikalen Sparkurs, was politisch regelmäßig hoch umstritten ist. Euro-Gegner Starbatty befürwortet eine Aufspaltung der Eurozone in eine Gruppe stabiler Länder wie Deutschland und die Niederlande und eine Gruppe der Defizitsünder, in der sich Staaten wie Spanien, Italien, Portugal, Griechenland und Irland finden würden.
Remmidemmi um Athen: Erst wollten die "streitbaren Vier" den Euro mit aller Gewalt verhindern, nun planen sie eine Verfassungsklage - falls EU-Milliarden nach Griechenland fließen.
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-der-medaillenspiegel-milchmedaillenrechnung-1.3432
sport
Olympia: Der Medaillenspiegel - Milchmedaillenrechnung
00/02/2010
Am Sonntagabend um 21.15 Uhr geht es um alles. Es ist Eishockey-Finale, die 86. von 86 Entscheidungen, Kanada trifft auf die USA - ein Spiel, das sich in der Vorberichterstattung wahlweise den Beinamen "Traumfinale" oder den Beinamen "Hassduell" verdiente. Doch Stand Samstagmittag MEZ kann es sehr gut sein, dass sich der Gewinner dieser Partie nicht nur über die Goldmedaille im olympischen Eishockey-Turnier freuen darf, sondern über einen viel wichtigeren Sieg. Den Sieg im Medaillenspiegel. Dieser Medaillenspiegel ist eine irre Sache. Eigentlich listet er nur die Erfolge der teilnehmenden Länder auf, sortiert ihn erst nach der Zahl der Goldmedaillen, bei etwaigem Gleichstand nach der Zahl der Silber-, dann nach der Zahl der Bronze-Medaillen - doch diese einfache Auflistung entwickelt eine unglaubliche Dynamik. Jeder interessiert sich dafür, die Internet-User googeln so oft nach ihm wie nach Maria Riesch, im Fernsehen ist er noch öfter zu sehen als das ZDF-Bibermaskottchen Vancy. In Russland (Stand Samstagmittag: 11. Platz mit 3 Gold, 5 Silber, 7 Bronze) führte er schon zu einer kleinen Staatskrise, in der Schweiz (6., 6/0/2) zum ersten positiven internationalen Echo seit langem, und zwischen Kanada (1., 10/7/4), Deutschland (2., 9/11/7), den USA (3., 8/13/13) und Norwegen (4., 8/6/6) zu einem spannenden Wettkampf. Ständig wechselte die Führung, ständig schickten die Agenturen neue Eilmeldungen, und neun Entscheidungen vor der Abschlussfeier ist immer noch nichts entschieden. Jeder aus dem Länder-Quartett hat noch diverse Goldanwärter am Start, mithin Chancen auf Rang eins im Medaillenspiegel. Es ist ein herausragendes Verdienst der Winterspiele, diesen Kampf bis zum letzten Tag aufrecht zu erhalten - wie erbärmlich langweilig war das doch 2008 in Peking, als es ja gar nicht darum ging, wer die Nationenwertung gewinnen würde, sondern lediglich darum, ob China in den 302 Wettbewerben nun 40, 50 oder 303 Goldmedaillen zu holen würde. Die Deutschen sind dabei in der besten Position: Denn sollten sie am Ende weniger Gold als die Konkurrenz haben, können alle Funktionäre mit voller Freude auf den ewigen Medaillenspiegel zeigen, in dem Deutschland während der Tage von Vancouver Russland von Platz eins gestoßen hat. Wobei man ehrlicherweise einschränken muss: Nur für die Mitteleuropäer ist der Kampf noch offen, für jeden Nordamerikaner ist er längst entschieden. Denn dort sind für das Nationenranking nicht die Goldmedaillen entscheidend, sondern die Aufaddierungen aller Medaillen. Was zur Folge hat, dass die USA mit ihren 34 Medaillen (Deutschland 27, Kanada 21, Norwegen 20) uneinholbar in Führung liegen. Über die Gründe für diesen Modus zu spekulieren, ist hier kein Platz, sie liefert aber einen guten Impuls, sich über den Medaillenspiegel als solches Gedanken zu machen. Als sich 2006 Deutschland über den ersten Platz freute, schrieb SZ-Leser Manuel K. folgende nachdenkenswerte Zeilen: "Bei vollständig unterschiedlichen Mannschaftsgrößen ist die Zahl der gewonnenen Goldmedaillen ungefähr ein so genaues Maß für die sportliche Leistungsfähigkeit unterschiedlicher Nationen wie die Zahl geleerter Apfelsaftflaschen für die Zahl der Birnbäume am Nil. Ermittelt man die Zahl Goldmedaillen pro Einwohner, ergibt sich ein ganz anderes Bild: Platz 1: Estland (Glückwunsch!) mit drei Goldmedaillen, Platz 2: Österreich (neun) und Platz 3: Schweden (sieben)."
Deutschland kämpft um Platz eins im Medaillenspiegel. Wobei der ja ziemlich interpretierbar ist. Ein Streifzug durch die Nationenwertungen - mit überraschenden Ergebnissen.
https://www.sueddeutsche.de/sport/debatte-um-bundestrainer-loew-das-darf-kein-alibi-sein-1.18739
sport
"Debatte um Bundestrainer Löw - ""Das darf kein Alibi sein"""
00/02/2010
Im ersten Moment fand Joachim Löw dieses Ergebnis nicht besonders nützlich, aber er merkte bald, dass ein tieferer Sinn in ihm steckte. Der Sinn bestand weniger darin, dass ein paar Politiker den für schuldig befundenen Bundestrainer Jürgen Klinsmann umgehend vor den Sportausschuss des Deutschen Bundestages zerren wollten - Politiker, deren Namen man damals zurecht nicht kannte und heute zurecht wieder vergessen hat. Der Sinn dieser krachenden 1:4-Niederlage in Italien bestand eher darin, "dass die Mannschaft verstanden hat, warum wir in der WM-Vorbereitung so hart arbeiten mussten", sagt Joachim Löw, der damals noch Assistenztrainer war. Vier Jahre ist dieses inzwischen historische 1:4 jetzt her, und Löw findet, dass dieses Spiel ruhig historisch bleiben darf. Er braucht es nicht noch mal. Damals war es offenbar für etwas gut. Heute wäre es eine Katastrophe. Am kommenden Mittwoch wartet wieder ein prominenter Gegner auf die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, und bis vor kurzem hätte man gedacht, dass die Zeiten nicht mehr so sind wie damals. Damals, im Frühjahr 2006, konnte man den Eindruck gewinnen, als sei die Bundesrepublik ausschließlich erfunden worden, um im folgenden Sommer eine Fußball-WM abzuhalten. Alles war politisch, jede Äußerung, jedes Ergebnis, jeder Heimflug von Jürgen Klinsmann. Es wirkte wie eine Erholung, als anschließend der zutiefst unpolitische Löw übernahm, ein Mann, der nichts als Sportlehrer sein will. Nun ist ausgerechnet der Sportlehrer in ein Klima hineingeraten, das die Testpartie gegen Argentinien am Mittwoch zu einem hochpolitischen Spiel gemacht hat. Nachdem der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit Präsident Theo Zwanziger an der Spitze die vollmundig verkündete Vertragsverlängerung mit dem Bundestrainer brüsk platzen ließ, ist aus Löw in der öffentlichen Wahrnehmung ein Bundestrainer auf Abruf geworden. Ein 1:4 gegen Argentinien würde ihn nicht vor den Sportausschuss bringen, aber es würde eine Debatte befeuern, deren Eigendynamik die WM-Vorbereitung schwer belasten würde. "Motivation bei hundert Prozent" Im Schatten der Debatten muss Joachim Löw nun dieses Länderspiel moderieren, und er hat sich fest vorgenommen, wieder den Sportlehrer zu geben. "Für mich spielt die Sache ab sofort keine Rolle mehr", sagt er, "die Geschichte wird mich nicht ablenken, und meine Motivation wird eher noch größer sein." Er macht dann eine kurze Pause und sagt: "Wobei: Die Motivation kann eigentlich gar nicht mehr größer sein. Sie war schon immer bei hundert Prozent." Solche Sätze zeigen, welche Last der DFB seinem Sportlehrer auf die schmalen Schultern gewuchtet hat. Joachim Löw, der eigentlich nur spielen lassen will, muss jetzt plötzlich jedem seiner Worte hinterherhören. Er muss jetzt dauernd überlegen, ob das, was er sagt, trotzig klingt oder ärgerlich oder gar so, als habe er mit dem Job bereits abgeschlossen. Am vergangenen Wochenende, bei der Terminierung der Qualifikationsspiele für die EM 2012, hat er auf die Frage, ob er dann wohl noch Bundestrainer sei, wahrheitsgemäß geantwortet: "Das weiß ich nicht." Lesen Sie weiter auf Seite 2
Im Schatten der Debatten um seine Zukunft bittet Bundestrainer Löw am Mittwoch zum WM-Test gegen Argentinien. Die Spieler erhalten vorher eine Lektion in Krisen-PR.
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-slalom-der-frauen-gold-slalom-im-nebel-1.5340
sport
Olympia: Slalom der Frauen - Gold-Slalom im Nebel
00/02/2010
Die Siegerin kam aus der Nebelwand. Und es war die Siegerin, die erwartet worden war, die aber eine ungemeine Nervenstärke beweisen musste, um ihrer Favoritenrolle gerecht zu werden: Schon nach dem ersten Lauf hatte Maria Riesch geführt, sie hatte einige Stunden nachdenken dürfen über diese Führung und dann doch Form und Fassung bewahrt, um ihren Vorsprung im dichten Schneetreiben ins Ziel zu bringen. Vor der Österreicherin Marlies Schild, die eine scharfe Attacke gefahren war in diesem zweiten Durchgang, vor der Tschechin Sarka Zahrobska, die von Platz zwei auf drei zurückgefallen war. 25 Jahre ist Maria Riesch jetzt und sie besitzt bereits einen Ehrenplatz unter den deutschen Alpinen: Nach Rosi Mittermaier (1976 in Innsbruck) und nach Katja Seizinger (1998 in Nagano) ist sie die Dritte aus dem Deutschen Skiverband, die bei Olympia zwei Mal Gold gewinnen konnte. Bei Sonne hatte sie zuvor die Super-Kombination gewonnen, bei Nebel und Schneetreiben lag sie am Freitag im Slalom vorne. Exzellenter erster Lauf Die Voraussetzungen für ihre zweite Olympia-Medaille hatte Maria Riesch im ersten Lauf geschaffen. Früh, mit Startnummer 5, hatte sie sich hinaus aus dem Starthäuschen katapultiert und trotz diffuser Sicht im Schneetreiben eine klare Linie gefunden. Sie präsentierte einen konstanten Lauf, ohne Hektik, ohne Fehler. Rotes Tor, blaues Tor, rotes Tor, blaues Tor - Zieldurchfahrt, 50,75 Sekunden, Bestzeit. Deutlich schneller auch als Susanne Riesch, ihre Schwester, die in dieser Saison zu einer Konkurrentin um die Podiumsplätze mit der schönsten Aussicht geworden war. Aber Susanne Riesch zeigte kleine Unsicherheiten, die sich summierten (im zweiten Lauf fädelte sie ein, schied aus und weinte danach bitterlich an der Schulter ihrer Schwester); Maria stieg souverän wie in einem Training in dieses Rennen ein. Als Mathias Berthold, der Frauen-Cheftrainer, kurz vor dem Slalom gefragt wurde, wie viel er zur ersten Goldmedaille von Maria Riesch, jener in der Super-Kombination, beigetragen habe, gab er selbstlos zur Antwort: "Bei Maria ist das egal, da kannst du auch einen Hausmeister hinstellen, die fährt trotzdem gut Ski. Wobei ich Hausmeister jetzt nicht abwerten will." Nichts also gegen Hausmeister, und auch nichts gegen Schneemänner (und Schneefrauen). Immer mehr Schneemänner (und Schneefrauen) standen am Streckenrand, während die Attacken der Konkurrenz vom Flockenwirbel ausgebremst wurden. Aus dem Zielraum heraus sah Maria Riesch, wie die Angriffe auf ihre Bestzeit scheiterten - auch jener ihrer Freundin und Rivalin Lindsey Vonn. Deren olympischer Auftritt ging mit einem Einfädler zu Ende. Es sollten ihre Spiele werden, so war es geplant, und ihre Geschichten haben die Tage in Kanada geprägt: mit einer Schuhrandprellung war die US-Amerikanerin angereist, trotzdem dominierte sie die Abfahrt, stürzte im Slalom der Kombination, musste sich mit Super-G-Bronze bescheiden, ehe sie im Riesenslalom in den Fangnetzen landete. Diagnose: Bruch des Fingers der linken Hand. Und jetzt, am Freitag, warf Maria Riesch die Hand vor den Mund, als sie von unten sah, wie Lindsey Vonn im Fähnchen-Parcours erneut die Orientierung verlor.
Wie vor ihr Rosi Mittermaier und Katja Seizinger gewinnt Maria Riesch zwei Goldmedaillen bei Olympischen Winterspielen. Schwester Susanne weint dagegen bittere Tränen.
https://www.sueddeutsche.de/sport/dfb-schiedsrichter-affaere-dfb-verweist-auf-personenschutz-1.23400
sport
DFB: Schiedsrichter-Affäre - DFB verweist auf Personenschutz
00/02/2010
Die Affäre um sexuelle Belästigungen im DFB-Schiedsrichterwesen nimmt offenbar eine Wendung. Am Donnerstag meldete sich nach SZ-Informationen ein Referee bei DFB-Justitiar Jörg Englisch und Personalchef Stefan Hans, der einen Annäherungsversuch nach einem Drittliga-Spiel am 13. Mai 2009 zu Protokoll gegeben haben soll. Der Übergriff soll durch einen Kollegen aus einem anderen Gespann erfolgt sein, das nach einem Bundesligaspiel im selben Hotel einquartiert war. Bei der nun belasteten Person soll es sich um einen Referee handeln, der auch in die laufende Affäre um den zurückgetretenen Schiedsrichterfunktionär Manfred Amerell involviert sei. Amerell spielt in dem neuen Vorfall keine Rolle. Der DFB dementierte den Sachverhalt auf SZ-Anfrage am Freitag nicht. Er reagierte ausweichend. "Wir können uns zu solchen Fragen prinzipiell nicht äußern, weil wir aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und der Diskretion unsere internen Telefongespräche grundsätzlich vertraulich behandeln", sagte ein Sprecher auf die Frage, ob es eine Telefonkonferenz mit dem neuen Beschwerdeführer gab. Ob sich die Beschwerde gegen einen Bundesliga-Referee richte, ließ der DFB gleichfalls unbeantwortet. Irritierend wirkt der Hinweis auf den Persönlichkeitsschutz bei dieser generellen Frage zum Sachverhalt. Zumal der DFB selbst in der Causa Amerell vielfach öffentlich erklärte, es gäbe zahlreiche Referees, die Amerell belasteten. Gäbe es jetzt eine neue Anschuldigung, könnte auch ein neues Verfahren notwendig werden. Die Frage, ob es ein solches Verfahren gibt, ließ der Verband offen. Die Amerell-Affäre hatte ein gleichgelagerter Vorfall ausgelöst. Am 17. Dezember hatte Fifa-Referee Michael Kempter bei Schiedsrichterchef Volker Roth sexuelle Belästigungen durch Amerell beklagt. Der DFB geriet in der Folge unter Druck, weil Roth den Vorgang erst gar nicht, Verbandschef Theo Zwanziger ihn später schleppend behandelt hatte. Nach Öffentlichwerden der Causa am 10. Februar setzte der DFB Anhörungen an. Dabei, so Zwanziger, sollen immer mehr Referees Belästigungen durch Amerell bezeugt haben. Als dieser am 12. Februar zurücktrat, schloss der DFB die Akte. Amerell, dem der DFB Akteneinsicht verwehrt, klagt vor dem Münchner Landgericht gegen die Vorwürfe des DFB. Am 4. März wird dort verhandelt. Amerells Anwalt Jürgen Langer wollte die neuen Anschuldigungen, die nicht auf seinen Mandanten zielen, weder bestätigen noch dementieren. Ob er in Kontakt mit dem neuen Zeugen stünde, ließ er offen. "Unsere Linie bleibt, dass wir am Donnerstag vor dem Münchner Landgericht die Wahrheit auf den Tisch bringen", sagte er. Und, im Hinblick auf den neuen Vorgang: "Mit Spannung beobachten wir, ob der DFB mit dem Sachverhalt ähnlich verkehrt umgeht wie bei Manfred Amerell." Am Dienstag hatte der DFB für Kempter in Frankfurt eine Reihe von Interviews organisiert, bei denen der 27-Jährige erstmals öffentlich Anschuldigungen erhob.
Der DFB-Schiedsrichter-Affäre droht eine Ausweitung: Nach SZ-Informationen gab es auch in der 3. Liga einen Annäherungsversuch.
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-slalom-der-frauen-gemeinsam-sind-sie-stark-1.19755
sport
Olympia: Slalom der Frauen - Gemeinsam sind sie stark
00/02/2010
"Der Freitag mit dem Slalom wird ein Scheißtag", sagt Mathias Berthold, Cheftrainer der deutschen alpinen Skifrauen, "denn für Freitag haben sie Regen ohne Ende angesagt." Für seine beste Fahrerin kompliziert sich die Lage zudem dadurch, dass der zweite Riesenslalom-Durchgang auf Donnerstag verschoben wurde - was sie allerdings nach dem Triumph von Viktoria Rebensburg ganz gut verkraften sollten. Dennoch, am Donnerstag wollten sie ja eigentlich das tun, wozu sie sonst vor lauter Rennen kaum kommen: Slalom trainieren. Das mache ihr nichts aus, sagt Maria Riesch: "Ändern können wir es ohnehin nicht, und für den Slalom fühle ich mich fit!" Seitdem Maria Riesch in Maribor im letzten Weltcupslalom vor Olympia Dritte wurde hinter den Damen Zettel (Österreich) und Maze (Slowenien), sind fünfeinhalb Wochen vergangen, was eine lange Zeit ist in einem Genre, in dem sich die Termine normalerweise jagen. Ihre drei Jahre jüngere Schwester Susanne hatte nach Maribor Pause gemacht, die Slalomski in die Ecke gestellt, dann fuhr sie ein paar Riesenslaloms der unteren Ligen. "Es wichtig, dass man im Rennrhythmus bleibt", sagt sie. "Die lange Zeit von Maribor bis Whistler war kein Grund, dass man rausgebracht wird." Ihre Partenkirchner Klubkollegin Fanny Chmelar pflichtet bei: "Es ist nicht so, dass die Spannung abfällt." Felix Neureuther hingegen sagte, bei ihm sei das durchaus so gewesen. "Ihm fehlt halt das Team", sagt Frau Chmelar. Wenn die deutschen Frauen trainieren, entstehe nämlich schon dadurch Rennatmosphäre, dass sie das im Rennanzug und mit Startnummern machen. Dass Neureuther eine Startnummer trüge, wenn er mutterseelenallein durch den Trainingskurs fräst, würde allerdings ein bisschen skurril wirken. Die deutschen Frauen sind im Slalom breiter aufgestellt als jede andere Equipe, das führte dazu, dass im Trainingslager der Spezialistinnen auf der anderen Seite des Gebirges in Nakiska intern auch ein richtiges Rennen stattfand: die Qualifikation um den vierten Startplatz, in der Fanny Chmelar und Christina Geiger aus Oberstdorf sich gegen die Germeringerin Katharina Dürr durchsetzten. "Die Anspannung war genau so hoch, wie sie im Olympiaslalom sein wird", berichtet Susanne Riesch. Zweifel an dieser Theorie sind angebracht. "Schön", sagt Fanny Chmelar, "dass man innerhalb der Mannschaft Orientierungspunkte hat", das ist zuerst Maria Riesch, die Weltmeisterin, dann deren Schwester, die kürzlich in Flachau erstmals führte im Weltcup nach dem ersten Durchgang (im zweiten leider ausschied). "Gut", sagt Susanne Riesch, dass man so gefordert werde im Team: "Auch wenn man zu den besten der Weltrangliste gehört" (wie sie als Sechste im Slalomweltcup) "muss man sich bei uns im Training brutal reinhauen, immer. Dass vier oder sechs hinter einem stehen, die einen schlagen können, puscht einen noch mehr. Man darf sich keine Fehler erlauben. Der Druck im eigenen Team ist sehr wichtig."
"Man muss sich brutal reinhauen": Maria Riesch, Susanne Riesch, Fanny Chmelar und Christina Geiger - jede aus dem deutschen Slalom-Team ist für eine Medaille gut.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-24-spieltag-aufgeheizt-und-aufgepumpt-1.4198
sport
Bundesliga: 24. Spieltag - Aufgeheizt und aufgepumpt
00/02/2010
Schalke 04 - Borussia Dortmund (Freitag, 20.30 Uhr) Es ist wie immer: Das Revierderby zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund sorgt für Zündstoff. Und die Verantwortlichen sind bemüht die Emotionen in die richtigen Bahnen zu lenken. Die Clubs richteten einen gemeinsamen Appell an ihre Fans und forderten die Anhänger zu einem gewaltfreien und fairen Umgang miteinander auf. Schalke-Coach Felix Magath sagte, er sei sich erst beim Hinspiel in Dortmund so richtig klar geworden über das besondere Flair des Duells. "Die Bedeutung des Ruhrderbys hat eine andere Dimension als andere Derbys. Aber es bleibt ein sportlicher Wettkampf", mahnte er. Allein die Tabellenkonstellation verspricht Brisanz: Der Dritte Schalke und der Fünfte BVB sind nur durch sechs Punkte getrennt. Und die Vorkommnisse nach dem Schalker 1:0-Hinspielsieg erhitzen noch immer die Gemüter. BVB-Profi Kevin Großkreutz (im Bild) hatte damals behauptet, er sei von Schalke-Keeper Manuel Neuer tätlich angegriffen worden, was dieser vehement bestritt. Großkreuz hatte schon vorher über seine Schalke-Allergie gesprochen: "Ich hasse Schalke wie die Pest." Und in einem Fragebogen kreuzte er an: Wenn mein Sohn Schalke-Fan wird, dann - kommt er ins Heim! Dass Großkreutz "auf Schalke" kein freundlicher Empfang winkt, macht Jürgen Klopp keine großen Sorgen. "Wir werden das mit ihm besprechen, ihm erzählen, was auf ihn zukommt und wie er sich zu verhalten hat", sagte der BVB-Coach, der auf Torjäger Luca Barrios (Gelbsperre) verzichten muss. Foto: Getty
Zé Roberto kehrt im HSV-Trikot nach München zurück, der FC Bayern tritt im Jubiläumshemd an, und Bancé muss Balljunge spielen. Die Bundesliga-Vorschau
https://www.sueddeutsche.de/sport/tv-ereignis-olympia-13-rund-um-die-uhr-vor-der-glotze-1.9185
sport
TV-Ereignis Olympia (13) - Rund um die Uhr vor der Glotze
00/02/2010
Es sieht zunächst sonderbar aus, wenn man im Eishockeystadion von Vancouver sitzt und in den Drittelpausen hinter dem Tor eine riesige Bühne ein paar Meter näher an das Tor herangefahren wird, auf der Bühne vier Männer im dunklen Anzug und mit Headsets auf dem Kopf, die mit dem Rücken zum Stadion sitzen. Der Fernsehzuschauer aber empfindet dieses Szenario, wie so vieles, ganz anders: Die vier Männer sind die Moderatoren der Eishockeyübertragungen von CTV, Kanadas größtem englischsprachigen Privatsender. Im Fernsehen wirkt es gut, wie die vier da sitzen, redend, gestikulierend, jeder einen Stift in der Hand, und im Hintergrund ist das sehr große Eishockeystadion. Natürlich analysieren die vier jedes Eishockeyspiel dieser Olympischen Spiele, und das sieht dann so aus: Der Presenter, ein wechselnder CTV-Moderator, lenkt die Runde, was er nur zur Einleitung tun muss, weil sich die Runde von da ab selbst lenkt. Bühne für 250.000 Dollar Schließlich sind die drei Experten, die da sitzen, in Kanada anerkannte Fachmänner, die schon sehr häufig im Fernsehen analysiert haben, eigentlich tun sie das dauernd: Nick Kypreos, ehemals Stürmer und Stanley-Cup-Gewinner mit den New York Rangers, Darren Pang, früher Torwart bei den Chicago Blackhawks und Trauzeuge von Team-Canada-Sportdirektor Steve Yzerman, dazu Bob McKenzie, ehemals Chefredakteur der Fachzeitschrift The Hockey News und seit 1980 Eishockeykommentator. Die Bühne, auf der sie sitzen, hat angeblich 250000 US-Dollar gekostet. Aber hey, es ist Olympia, und da will sich ein Sender wie CTV nicht nachsagen lassen, nicht alles getan zu haben. Umgerechnet 69 Millionen Euro hat CTV für die Übertragungsrechte ausgegeben, und dafür sendet es während der Spiele nur ein einziges Programm: Olympia. Was für die Menschen in Kanada gilt, das gilt auch für die Fernsehstationen: Die Begeisterung für die Spiele ist grenzenlos. Interviews mit den Fans Fast jeder Kanal berichtet auf irgend eine Weise, NBC trägt gar die Olympischen Ringe permanent im Logo, auch, wenn gerade eine günstig produzierte Soap läuft. Und wer keine Übertragungsrechte hat, behilft sich anders: Ein paar Stationen zeigen in ihrer Olympiasendung Fotos der Tagesgeschehnisse, ein Moderator spricht aus dem Off, und dann werden Interviews mit Fans zu den Geschehnissen eingespielt. Wer aber Rechte hat, der überträgt live; und das Fernsehen hier überträgt alles, wirklich alles live. Es konzentriert sich selbstredend auf die kanadischen Sportler, sehr stark sogar - aber es ignoriert den Rest der Welt nicht. Beim Riesenslalom der Männer starteten 103 Läufer, aber CTV blieb drauf, bis zum Schluss. Und beginnt auf TSN ein Wettbewerb, blendet der Schwestersender CTV rechts unten den Hinweis mit Bewegtbild ein, damit umschalten kann, wer möchte. Auf der nächsten Seite: Fast die Hälfte der kanadischen Bevölkerung sitzt vor den Bildschirmen - die Quoten belohnen die Sender für ihren Aufwand.
Kanada ist das Olympia-Schlaraffenland: Das Fernsehen überträgt wirklich alles live. Trotzdem werden die Kommentatoren nie lästig.
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-gold-im-riesenslalom-vicky-die-jaegerin-1.10297
sport
Olympia: Gold im Riesenslalom - Vicky, die Jägerin
00/02/2010
Kurz, nachdem sie sich etwas gefasst hatte, nachdem Viktoria Rebensburg begriffen hatte, dass sie sich fortan und ein Leben lang Olympiasiegerin nennen darf, sprach sie einen Satz, der sie auch ein bisschen charakterisiert: "Ich war die Jagende. Von daher war ich in einer guten Ausgangsposition." Über zwei Tage hatte sich dieser Riesenslalom der Frauen hingezogen, nach dem ersten Lauf hatte Rebensburg Platz sechs belegt, und schon am Morgen, als sie wach wurde, schien sie zu wissen, dass das gut war: "Komisch", sagte sie später im Ziel, "ich war am Start gar nicht nervös." Sätze, die eine enorme Nervenstärke dokumentieren, die mit einem Triumph in diesem Rennen der Hundertstelsekunden belohnt wurde. Denn die Entscheidung fiel denkbar knapp: vier Hundertstel lag Rebensburg in der Addition beider Läufe vor der Slowenin Tina Maze, 14 Hundertstel vor der Österreicherin Elisabeth Görgl, die nach dem ersten Lauf geführt hatte, die aber in der langen Nacht die Konzentration verlor. Nun ist Viktoria Rebensburg, die 20-Jährige, die Jägerin, geboren am Tegernsee, startend für den SC Kreuth, die zweite Deutsche, die je einen olympischen Riesenslalom gewinnen konnte - ihre Vorgängerin in dieser Disziplin war Ossi Reichert, sie siegte 1956 in Cortina d'Ampezzo. Rebensburg hat mit ihren jungen Jahren ein Talent gezeigt, das normalerweise nur Rodlerinnen eigen ist: Über Nacht die Anspannung zu halten, wenn der Wettkampf sich über zwei Tage in die Länge zieht. "Man muss es abrufen können und zwei Mal runterbringen - und sie hat es geschafft", fand Maria Riesch früh Worte der Gratulation. Beide haben bei diesen Spielen jetzt Gold gewonnen, Riesch in der Super-Kombination, Rebensburg im Riesenslalom. Riesch beendete den Riesenslalom als Zehnte, sie hat mit ihrem Olympiasieg ihr persönliches Ziel erreicht. Riesch bot das fast schon Erwartete, der Erfolg von Viktoria Rebensburg (1,70 m, 66 kg) darf, mit Verlaub, eine Sensation dieser Winterspiele genannt werden. Denn wenn es eine deutsche Favoritin für diesen Wettbewerb gegeben hatte, dann war das Kathrin Hölzl aus Bischofswiesen, vor einem Jahr Weltmeisterin geworden und zuletzt im Weltcup Gewinnerin zweier Rennen. Sie vergab aber ihre Chancen schon am Mittwoch, im ersten Durchgang, und wurde insgesamt Sechste. Nicht Hölzl, nicht Riesch, am Ende hat sich die Jüngste des Teams eindrucksvoll durchgesetzt. Dass sie die deutsche Läuferin für die Zukunft ist, hatten ihre Trainer längst angekündigt; nun aber ging alles viel, viel schneller: Die Zukunft ist jetzt! Heute! Am vom Nebel bedeckten Berg von Whistler. "So was ist normal, so was gehört dazu", sagte Mathias Berthold, Cheftrainer der Deutschen. Mit so was muss man zurecht kommen, dass die Läufe geteilt werden: Mittwoch erster Durchgang des Riesenslaloms, dann der Abbruch, weil es sich der berüchtigte Mid mountain fog, der Bergnebel, im Hang bequem gemacht hatte. Donnerstag, früh um 9.30 Uhr, erst das Finale; um ganz sicher zu gehen auf einer um zehn Tore verkürzten Piste. Eine zähe Nervenproge: Am Mittwoch hatten sie die Fortsetzung des Rennens geduldig und halbstundenweise verschoben, aber um drei Uhr am Nachmittag das Vorhaben aufgegeben. Aufschub, Festschreibung des Halbzeitergebnisses. Lesen Sie weiter auf Seite 2
Eine Olympiasiegerin, die aus dem Nebel kommt: Viktoria Rebensburg, 20, fährt nach einer Nacht Pause im zweiten Riesenslalom-Durchgang von Rang sechs zu Gold.
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-2010-hilflos-im-eiskanal-1.8075
sport
Olympia 2010 - Hilflos im Eiskanal
00/02/2010
Seit zwei Wochen steht die olympische Bob- und Rodelbahn von Whistler nun im Fokus der Öffentlichkeit, Scheinwerfer leuchten die Strecke aus, Kameras folgen den von oben kommenden Geschossen in jeder Kurve. Und doch wird man den Eindruck nicht los, als lebten Rodler und Bobfahrer in einer abgeschotteten Welt. Nach einem Todesfall, mehreren schweren Stürzen und dem spektakulären "Ausstieg" der deutschen Anschieberin Romy Logsch behaupten sie immer noch hartnäckig, die Bahn von Whistler sei im Großen und Ganzen sicher. Schon zu Beginn der Spiele, als der Tod eines Rodlers zu betrauern war, klang das aberwitzig, die 14 folgenden Tage haben nun die Widersprüche in den Argumenten aufgedeckt. Obwohl die weltweit schnellste Bahn offiziell als sicher galt, wurde immer wieder nachgebessert, an den Seitenwänden der Kurve 16, im Eisausbau der 13, oder im Eisausbau der elf. Die Bahn hätte also von Anfang an ungefährlicher sein können. Manche Trainer behaupteten dann, nicht die Bahn sei schuld, vielmehr die Unerfahrenheit mancher Piloten. Dieses Argument ist für eine olympische Anlage besonders daneben, weil die Verbände ja gerade Sportler aus neuen Ländern brauchen, um internationale Verbreitung und olympische Eignung nachzuweisen. Der Sturz im Frauenfinale bewies schließlich, dass auch deutsche Fahrerinnen, also die mit der größten Erfahrung, in Whistler die Kontrolle verlieren können. Und dann hörte man immer wieder, dass auch auf der Bahn in Altenberg viele Fahrer stürzten. Das mag richtig sein, unter dem Eindruck der Bilder von Whistler klingt es aber, als rede sich der Hersteller eines fehlerhaften Autos damit heraus, die Konkurrenz habe auch schlechte Bremsen. Das Projekt Tempo und Herausforderung ist schiefgegangen bei diesen Spielen, der Ruf des Rodelns und des Bobfahrens hat dadurch Schaden genommen. Rodeln und Bobfahren sind durchaus faszinierende olympische Sportarten, sie sollten ihre Gefahren nicht als gottgegeben hinnehmen und vielleicht insgeheim stolz darauf sein. Sie sollten aus den zwei Wochen von Whistler lernen und alles dafür tun, dass Stürze künftig vermieden werden. Die Athleten aus der Kufenwelt mögen sich daran gewöhnt haben, aber ansonsten will kein Mensch hilflos herumschlitternde Sportler in Eiskanälen sehen.
Der Sturz im Zweierbob-Finale auf der Bahn von Whistler hat bewiesen, wie sich Rodler und Bobfahrer in Widersprüche verzetteln. Das Projekt Tempo ist schiefgegangen.
https://www.sueddeutsche.de/sport/ailton-premiere-fuer-uerdingen-zum-auftakt-nur-ein-knoellchen-1.20563
sport
Ailton: Premiere für Uerdingen - Zum Auftakt nur ein Knöllchen
00/02/2010
Den besten Schuss setzte Ailton neben das Tor und sein Auto parkte er in der Feuerwehr-Zufahrt. Die Laune wollte sich der Fußballstar aber nicht verderben lassen. "Der Platz war zu tief, deshalb habe ich mit meinem schönen Schlenzer nicht getroffen. Aber ich mache meine Tore in den nächsten Spielen", sagte der frühere Bundesliga-Torschützenkönig nach seinem Debüt in der 6. Liga für den KFC Uerdingen. Ohne einen Treffer des Brasilianers kam der Krefelder Klub nicht über ein 1:1 (1:1) gegen den Wuppertaler SV II hinaus - und Ailton erhielt für sein Falschparken vor dem Grotenburg-Stadion ein Strafmandat. Ehefrau Rosalie bewahrte den Wagen während des Spiels zumindest vor dem Abschleppen, nachdem der Halter ausgerufen wurde. 3525 Zuschauer und mehr Medienvertreter als in den Bundesliga-Jahren der Uerdinger waren gekommen, um den ersten Auftritt des "Kugelblitzes" in der Niederrheinliga zu sehen. "Angesichts des schlechten Wetters ist das eine stolze Kulisse", sagte Klubchef Agissilaos Kourkoudialos, der den spektakulären Transfer bis 2011 möglich gemacht hatte. Mit Ailton und fünf weiteren verpflichteten Ex-Profis will der Unternehmer den Krefelder Klub wieder nach oben führen. "Das ist eine Mission und ich mache mit", sagte Ailton. Bis 1996 spielte Uerdingen in der Bundesliga, zehn Jahre zuvor war der Einzug ins Halbfinale des Europacups gelungen. 500 Ailton-Trikots konnte der KFC bereits verkaufen und einige zusätzliche Sponsoren gewinnen. Ailton genoss die Ovationen des Publikums, bedauerte aber die miserablen Platzverhältnisse. "Auf so einem Boden kannst du nur rennen und lange Bälle schlagen, aber nicht kreativ sein", meinte der 36 Jahre alte Brasilianer. 106 Tore hatte er in 219 Bundesligaspielen für Bremen, Schalke, Hamburg und Duisburg geschossen. Mindestens zehn Treffer sollen es in dieser Saison für Uerdingen werden. "Die 6. Liga ist nicht so attraktiv wie die Bundesliga, aber das ist alles eine Frage der Einstellung", meinte Ailton, der bei seinem Debüt wegen einer Handverletzung und Trainingsrückstand erst in der 63. Minute unter dem Applaus der Zuschauer eingewechselt wurde. Einen Treffer verpasste er zwar, doch der als träge geltende Fußballer ging in die Zweikämpfe, spielte engagiert, erarbeitete sich 15 Ballkontakte und belebte die Offensive. "Er ist ein guter Typ und wird der Mannschaft mit seinem Antrieb und seinen weiteren Qualitäten helfen", erklärte KFC-Trainer Wolfgang Maes. Der Coach erwartet auf dem Weg zum Aufstieg in die 5. Liga diese Saison noch viele enge Partien: "Wir haben Ailton, deshalb gibt jede Mannschaft gegen uns 150 Prozent. Wenn wir aber erst auf besseren Böden unseren Rhythmus gefunden haben, werden wir auch Spiele gewinnen." Auch wenn ihm die Namen der künftigen Gegner VfB Homberg, SV Hönnepel-Niedermörmter und VfR Fischeln noch völlig unbekannt sind, meinte Ailton, dass er froh sei, wieder in Deutschland zu sein. "Hier lieben mich alle Leute und ich liebe die Menschen", sagte der Stürmer, der zuvor in China am Ball war. Den ersten Treffer für seine Fans wolle er schnell nachholen - und sein Auto dann nicht mehr in der Feuerwehr-Zufahrt parken.
Kein Treffer, eine Torchance, ein Auto in der Feuerwehr-Zufahrt: Ailtons amüsierende Bilanz in seinem knapp halbstündigen Sechstliga-Debüt für den KFC Uerdingen.
https://www.sueddeutsche.de/sport/dfb-schiedsrichter-affaere-darf-ich-dich-mein-schatz-nennen-1.15146
sport
"DFB-Schiedsrichter-Affäre - ""Darf ich dich 'Mein Schatz' nennen?"""
00/02/2010
In der DFB-Schiedsrichter-Affäre sind erstmals intime Details über die Beziehung zwischen dem inzwischen zurückgetretenen Schiedsrichtersprecher Manfred Amerell, 62, und Bundesliga-Schiedsrichter Michael Kempter, 27, veröffentlicht worden. In einem Interview mit der Bild-Zeitung berichtete Kempter ausführlich über angebliche sexuelle Belästigungen durch Amerell. "Herr Amerell hat mich auch auf den Mund geküsst", sagte Kempter. Er habe sich abgewendet und deutlich signalisiert, dass er das nicht wolle: "Manchmal hat er nachts an meine Hotelzimmertür geklopft. Da habe ich schon nicht mehr aufgemacht. Am nächsten Morgen beim Frühstück war er beleidigt. Herr Amerell hat auf Ablehnung sehr giftig reagiert." Kempter zufolge war es ein schleichender Prozess, wie sich der Funktionär ihm angenähert habe. Manfred Amerell habe sich über Jahre hinweg Vertrauen geschaffen, und dann sei es irgendwann losgegangen. In den vergangenen zwei Jahren habe sich alles verstärkt, sagte er und nannte sogar intimste Details: "Erst nur mit Hand auflegen auf den Oberschenkeln - und dann wanderte die Hand immer weiter, in die Hose, in den Genitalbereich. Als die Hand in meine Hose ging, habe ich gedacht, 'Was soll ich jetzt machen?' Ich wollte nicht, aber er hat nicht aufgehört." Auf die Frage, wo diese von ihm geschilderten Dinge geschehen seien, sagte Kempter: "Im Auto, auf der Fahrt von einem Spiel zum Hotel und im Hotelzimmer nach einem Spiel." Es habe aber keinen Geschlechtsverkehr gegeben: "Nein, das wäre ja noch schlimmer." Insgesamt habe es nach Kempters Angaben drei Vorfälle gegeben. Sein langes Schweigen erklärte er mit der Angst vor einem möglichen Ende seiner Karriere. "Als ich gemerkt habe, dass es noch mehrere Fälle gibt, habe ich mich durchgerungen, etwas zu sagen. Ich wollte auch andere, jüngere Schiedsrichter schützen. 'Darf ich dich Mein Schatz nennen'?', hat er zum Beispiel einen anderen Schiri gefragt." Amerells Anwalt Jürgen Langer wollte auf Nachfrage von sueddeutsche.de die Anschuldigungen gegen seinen Mandanten nicht im Einzelnen kommentieren. "Wir haben das Interview mit Irritation zur Kenntnis genommen", sagte Langer. Seit Beginn der Affäre hatte Amerell stets den gegen ihn erhobenen Vorwurf, er habe mindestens einen Schiedsrichter sexuell belästigt, bestritten. Langer verwies auf das laufende Verfahren, das seit dem 19. Februar gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) anhängig ist. Am 4. März kommt es vor dem Landgericht München zur mündlichen Verhandlung. Dabei wird es, so Langer, "im Wesentlichen um die Prüfung der Frage gehen, ob Herr Amerell, wie vom DFB behauptet, in der Vergangenheit mehrere Personen bedrängt und/oder belästigt hat, und ob es zu den behaupteten Übergriffen gekommen ist". Rechtliche Schritte wegen des Interviews wollte Amerells Anwalt in Anbetracht des schwebenden Verfahrens nicht einleiten, behält sie sich aber vor. Am Dienstagabend (18:30 Uhr) veröffentlicht auch das DSF ein Interview mit Kempter.
Intime Details in der DFB-Affäre: Michael Kempter schildert in einem Interview, wie ihn der frühere Schiedsrichtersprecher Manfred Amerell belästigt haben soll.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-elf-des-spieltags-im-auftrag-des-aristoteles-1.56935
sport
Bundesliga: Elf des Spieltags - Im Auftrag des Aristoteles
00/02/2010
Louis van Gaal (FC Bayern München) "Louis van Gaal ist ja nicht nur Cheftrainer, sondern auch Philosoph. Manchmal teilt er das der Öffentlichkeit mit, und das ist wunderbar", sagt Manager Christian Nerlinger über den Fußballlehrer des FC Bayern. Welche Fußballphilosophie der Niederländer während der 90 Minuten Spielzeit verfolgt, ist in Deutschland mittlerweile hinlänglich bekannt. Welcher philosophischen Denkschule van Gaal aber nach Schlusspfiff anhängt, ist noch nicht endgültig geklärt. Seit Samstag immerhin kann endgültig ausgeschlossen werden, dass er in die Reihe der Stoiker einzuordnen ist. Ein 1:1 gegen Nürnberg hätten Seneca oder Mark Aurel mit mehr Gelassenheit ertragen als der Trainer, der nach der Partie in das Fernsehmikrofon schimpfte: "Sie können nicht sagen, dass Bayern München schlecht gespielt hat. Das kann nicht wahr sein, das ist unglaublich." Des Trainers Tirade klang eher wie: "Störe meine Kreise nicht." Van Gaal als Archimedes der Bundesliga? Das könnte ihm gefallen, doch das Prinzip, mit dem er Betonabwehrreihen wie in Nürnberg aus den Angeln hebt, sucht der Coach noch vergeblich. Foto: ddp Texte von Fabian Heckenberger und Michael König
Spätrömische Dekadenz im Abstiegskampf, ein Niederländer als Archimedes der Bundesliga und ein Professor, der das Rechnen nicht lassen kann. Die Philosophen-Elf des Spieltags
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-vorschau-23-spieltag-wortlose-dampfwalzen-1.75074
sport
Bundesliga-Vorschau: 23. Spieltag - Wortlose Dampfwalzen
00/02/2010
1899 Hoffenheim - Borussia Mönchengladbach (Freitag, 20.30 Uhr) Es wird eng in Mönchengladbach, zumindest im Sturm. Die Mannschaft, die in der Hinrunde oftmals ansehnlich kombinierte, aber keinen Spieler hatte, der den Ball versenkte, freut sich mittlerweile über ein Luxusproblem im Sturm: Raul Bobadilla (im Bild) und Robert Colautti gehörte zuletzt das Vertrauen des Trainers Michael Fontzeck, doch Karim Matmour und Rob Friend drängen nach. Das Ergebnis dieses offensiven Überangebots: Von den vergangenen zehn Spielen hat Mönchengladbach fünf gewonnen. Nur einen Sieg verbuchte dagegen Hoffenheim in zehn Partien - und die größte Baustelle der Mannschaft ist derzeit der Sturm. Vedad Ibisevic traf zwar nach mehr als 700 Minuten ohne Tor beim 1:2 in Bochum wieder, die gefährliche Offensivreihe der Vorsaison ist allerdings nur noch ein Schatten ihrer selbst. "Wenn du so oft auf die Mütze bekommst, dann fällt das Lachen und Scherzen schwerer", sagt Ibisevic. Vielleicht ist Gladbach aber der richtige Gegner zum richtigen Zeitpunkt: In einem Punktspiel hat Hoffenheim noch nie gegen die Borussia verloren - weder in der ersten, noch in der zweiten Liga. Foto: Getty Texte: Fabian Heckenberger, Jonas Beckenkamp, Rebecca Schäfer
Nürnberg pflastert Bayerns Weg zur Spitze, Leverkusen verliert seinen wichtigsten Mann, in Freiburg ist Luftdruck ungleich Tabellenplatzdruck. Die Bundesliga-Vorschau
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympische-spiele-deutsche-gesichter-1.65751
sport
Olympische Spiele - Deutsche Gesichter
00/02/2010
Neuner, Neureuther, Rodler und Eislaufpaar: Der DOSB will in Vancouver wieder Wintersport-Nation Nummer eins werden. Hier sind einige der großen Hoffnungen.i> Maria Riesch, 25, Ski alpin Die Partenkirchnerin Maria Riesch ist eine der besten Skirennfahrerinnen der Welt, weshalb sie ein gewisses Selbstbewusstsein hat. Nach ihrem Abfahrtssieg in St. Moritz, dem letzten Rennen vor Olympia, sagte sie: "Ich kann in jeder Disziplin eine Medaille holen", aber das war nicht einmal übertrieben. Maria Riesch ist eine der größten Medaillenhoffnungen im deutschen Olympia-Team, obwohl die Spiele von Vancouver ihre ersten sind: Vor vier Jahren, in Turin, fehlte sie verletzt. In dieser Saison aber ist Riesch erneut die Hauptkonkurrentin der Amerikanerin Lindsey Vonn, im Gesamtweltcup ist sie die einzige, die mit Vonn mithalten kann. Noch vor St. Moritz war Vonn gerade in der Abfahrt als unschlagbar erschienen, sie hatte jedes Abfahrtsrennen gewonnen - doch dann siegte Riesch. Und weil sie auch im Riesenslalom, ihrer bisher schwächsten Disziplin, diese Saison schon aufs Podium gefahren ist, hat sie Vonn - deren bestes Riesenslalom-Ergebnis ein neunter Platz war - sogar eines voraus: Maria Riesch ist bei jeder der fünf Disziplinen eine der Favoritinnen. Foto: dpa
Neuner, Neureuther und ein schillerndes Eislaufpaar: Der DOSB will in Vancouver wieder Wintersport-Nation Nummer eins werden. sueddeutsche.de stellt die größten Hoffnungen vor.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-vorschau-22-spieltag-viren-im-kleiderschrank-1.72678
sport
Bundesliga-Vorschau, 22. Spieltag - Viren im Kleiderschrank
00/02/2010
Borussia Mönchengladbach - 1. FC Nürnberg (Freitag, 20.30 Uhr) Manchmal fällt es selbst einem optimistischen Trainer schwer, immer positiv nach vorn zu blicken. Was soll er auch sagen, wenn seine Mannschaft in den vergangenen acht Bundesliga-Spielen nur einen Sieg schaffte, Vorletzter in der Tabelle ist und der Stammtorhüter verletzt ist? Wahrscheinlich das: "Wir fahren da nicht nur hin, um ein gutes Spiel zu machen, sondern um Punkte mitzunehmen." Gesagt hat diesen Satz der Nürnberger Trainer Dieter Hecking - und mit "da" meint er Gladbach. Borussen-Trainer Michael Frontzeck kennt die Probleme der Nürnberger nur zu gut: "Nürnberg steht da, wo wir vor einem Jahr standen, nämlich mehr oder weniger mit dem Rücken zur Wand. Das macht die Sache für uns aber nicht einfacher." Frontzeck muss auf den gesperrten Tobias Levels und den verletzten Thorben Marx verzichten, dafür rücken Tony Jantschke und Marcel Meeuwis in die Startelf. Und eine Warnung sprach der Trainer an seine Mannschaft aus, nach den Erfolgen der vergangenen Wochen nur ja nicht überheblich zu werden. Dieses Arroganz-Virus, es grassiert anscheinend nicht nur in München. Foto: ddp
Louis van Gaal verrät nicht, was ihn derzeit stört, der gegnerische Coach weckt bei Leverkusen ungute Erinnerungen und Frankfurt trainiert wie Barcelona. Die Bundesliga-Vorschau.
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-skurril-burn-out-in-vancouver-1.60564
sport
Olympia skurril - Burn-out in Vancouver
00/02/2010
Vancouvers "leichte Mädchen" fürchten, dass sie die Nachfrage der Olympia-Touristen nicht befriedigen können. "Uns wurde gesagt, dass wir tausendmal mehr zu tun haben werden, als wir es uns vorstellen können. Ich habe ein wenig Angst, dass meine Leute ein Burn-out bekommen", sagte Brandy Sarionder, die in der Stadt der Winterspiele einen Strip-Club und einen Massage-Salon betreibt, der kanadischen Tageszeitung Vancouer Sun. Der Andrang bei Olympia werde den bei der Weltaustellung um ein Vielfaches übertreffen, mutmaßte Sarionder: "Das wird wie Expo auf Steroiden." Um alle Wünsche der Kunden erfüllen zu können, will die Geschäftsfrau die Öffnungszeiten ihrer Läden ausweiten und Personal zusätzlich einstellen. Eineinhalb Wochen vor Olympia-Beginn brummte auch die größte Eskort-Agentur Kanadas (Carman Fox and Friends). Pro Woche gehen 100 Anfragen potentieller neuer Mitarbeiterinnen ein. "Dominatrix" Miss Jasmine freut sich derweil auf Kunden aus Deutschland. "Briten und Deutsche sind in der Regel recht pervers drauf", sagte sie. Die Behörden wollen dem Treiben gelassen zusehen. "Prostitution auf der Straße gab es vor den Spielen, wird es während der Spiele geben und danach", sagte Polizistin Lindsey Houghton. Jedoch sind Aufklärungskampagnen geplant. Freiwillige Helfer sollen mit 20.000 Päckchen, die Kondome und Infobroschüren enthalten, für "Safe Games 2010" werben. Zusammengestellt von dpa/sid Foto: AFP
Prostituierte befürchten "tausendmal mehr zu tun" zu haben, Kondome für Athleten, Ski-Exoten aus Afrika, Schirme sind erlaubt - "aber nur kleine".
https://www.sueddeutsche.de/sport/dfb-von-nerz-bis-loew-machtspiele-und-schattentrainer-1.73567
sport
DFB: Von Nerz bis Löw - Machtspiele und Schattentrainer
00/02/2010
Der Posten des deutschen Fußballnationalmannschaftstrainers war meist umkämpft: Nerz verliert unter Hitler, Beckenbauer putscht über die Bild und Löw streitet mit dem DFB. Ein Streifzug durch die deutsche Fußballhistorie: von Otto Nerz bis Joachim Löw. Es sind freudige Zeiten für den amtierenden Bundestrainer Joachim Löw. Im deutschen Fußball wimmelt es wieder von jungen, talentierten Fußballern - und die Nationalelf agiert seit Jahren auf ansprechendem Niveau. Das ist auch ein Verdienst von Löw. Eigentlich hatte er seinen Vertrag nach der WM 2010 nur bis zur EM 2012 verlängert, danach sollte Schluss sein mit seiner Amtszeit. Doch jetzt wurde bekannt, dass er die Nationalmannschaft sogar zur WM 2014 in Brasilien führen möchte. Der 51-Jährige einigte sich mit dem DFB überraschend schnell auf eine vorzeitige Vertragsverlängerung. "Wir sehen gute Perspektiven für die Nationalmannschaft mit unseren jungen Spielern, der DFB ist mit unserem Konzept einverstanden, von daher ist davon auszugehen, dass wir den Weg auch über die EM 2012 hinaus weitergehen. Denn die EM ist auch ein Zwischenschritt zur WM 2014 in Brasilien", sagte Löw der Sport Bild. Damit ist wohl auch ein zwischenzeitlich diskutierter Wechsel des Bundestrainers zum FC Bayern vom Tisch. Einge seiner acht Vorgänger feierten ebenfalls große Erfolge - so mancher konnte sich jedoch nur schwer behaupten. Texte: Fabian Heckenberger
Der Posten des Bundestrainers war meist umkämpft: Nerz verliert unter Hitler, Beckenbauer putscht - jetzt soll Joachim Löw bis 2014 endlich wieder einen Titel gewinnen.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-vorschau-traumduo-und-gefaerbte-unterhosen-1.58295
sport
Bundesliga-Vorschau - Traumduo und gefärbte Unterhosen
00/02/2010
Werder Bremen - Hertha BSC Berlin (Freitag, 20.30 Uhr) Am Wochenende steht in Bremen die sogenannte Grün-Weiße Nacht an, das "Ballereignis des Jahres". So euphorisch kann der Verein im Moment zu Recht nur den rauschenden Tanzball im Rahmen des 111-jährigen Vereinsjubiläums ankündigen. Auf grünem Geläuf gab es von den Hanseaten zuletzt eher wenig zu bestaunen, das auch nur entfernt an ein "Ballereignis" erinnert. Vogelwildes Umherlaufen ohne jeglichen Körperkontakt zum Gegner (wie zuletzt von Manager Allofs attestiert) wird in Norddeutschland weder auf dem Rasen noch auf dem Parkett geschätzt. Den Vereinsnegativrekord von fünf Niederlagen in Folge hat Werder inzwischen eingestellt. Nun soll gegen den Tabellenletzten aus Berlin am Freitagabend die Trendwende eingeleitet werden, weg vom Tanz- hin zum Fußballfest. Die hüftsteifen und partyentwöhnten Herthaner werden da wohl kaum mitspielen wollen. Dabei harmoniert die Hertha doch ganz wunderbar mit den Hanseaten: Sechs der letzten sieben Duelle gegen Bremen gingen verloren. Personelle Änderungen gibt es in beiden Formationen: Den laut Thomas Schaaf zu hart kritisierten Abwehrspieler Aymen Abdennour wird Petri Pasanen ersetzen, Peter Niemeyer rückt wohl für Tim Borowski in die Startelf. Auf Berliner Seite soll Fabian Lustenberger nach überstandener Oberschenkelverhärtung ins Team zurückkehren, der Einsatz von Jaroslav Drobny (muskuläre Probleme im Oberschenkel) ist dagegen gefährdet. Foto: ddp
Warum das wahre "Robbery" derzeit in Stuttgart spielt, Adidas-Mitarbeiter das Lager durchforsten und ob Ruud van Nistelroy spielen darf.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/schulreform-in-hessen-berufsvorteil-fuer-hessens-schueler-1.14735
karriere
Schulreform in Hessen - Berufsvorteil für Hessens Schüler
00/02/2010
In Hessen wird es vom Schuljahr 2011/12 an eine neue Schulform geben: die Mittelstufenschule. Wie andere Bundesländer auch sucht Hessen damit eine Antwort auf die Krise der Hauptschule. Bisher habe man die Potentiale einiger junger Menschen "nicht ausreichend gehoben", sagte Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Die Reform sei "eine entscheidende Richtungsveränderung, die auch politisch nicht nur leicht fällt". Mehr Praxisorientierung In der neuen Schule können die Klassen fünf bis sieben gemeinsam unterrichtet werden. Erst in der siebten Klasse gibt es ein "Kompetenzfeststellungsverfahren". Anschließend werden die Schüler dann spätestens aufgeteilt: in einen praxisorientierten Zweig, der zum Hauptschulabschluss führt, und in einen "mittleren" Zweig für den Realschulabschluss. Gymnasien und der Übergang nach der vierten Klasse bleiben davon unberührt. Der praktische Zweig in der neuen Schulform soll die Jugendlichen stärker als bisher auf eine Ausbildung vorbereiten. Sie sollen bereits von Berufsschullehrern unterrichtet werden und einige Zeit auch in beruflichen Schulen verbringen. In den dortigen Werkstätten könnten sie Berufe kennenlernen, sagte Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP). Im mittleren Zweig dagegen sollen die Schüler eine zweite Fremdsprache lernen, die für einen möglichen Übertritt aufs Gymnasium nötig ist. 58 Standorte, bei denen bereits eine Haupt- und Realschule unter einem Dach arbeiten, können sich in einem ersten Schritt bewerben, um freiwillig zur Mittelstufenschule zu werden. Kein neuer Schulstreit Im Laufe dieses Jahrzehnts werde es in Hessen wohl "eine Schullandschaft auf zwei Säulen geben", sagte Koch. Damit nähert sich Hessen der Struktur anderer Länder an, vor allem dem System des deutschen Pisa-Siegers Sachsen. Dort gibt es keine Hauptschulen, die Schüler werden auf einer Mittelschule bis Klasse sieben gemeinsam unterrichtet. In Teilen der hessischen CDU war die Abkehr von der Hauptschule umstritten. Es gebe dazu aber keine Alternative, sagte Koch: "Die traditionelle Gliederung konnte den Erwartungen von Schülern, Eltern und Lehrern nicht mehr voll entsprechen." Er wolle jedoch auch keinen neuen Schulstreit oder "zu viel Veränderungsangst" provozieren, sagte Koch. Gewerkschaftern und der Opposition gehen die Pläne allerdings nicht weit genug. "Hier wird offensichtlich nur das Türschild ausgewechselt", kritisierte der SPD-Politiker Gerhard Merz. Die überkommene Dreigliedrigkeit bleibe erhalten.
Hessen verlängert die gemeinsame Schulzeit bis zur siebten Klasse. Hauptschüler sollen profitieren - den Unterschied machen die Lehrer.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/psychologie-fuer-fuehrungskraefte-gefuehlstraining-fuer-chefs-1.22984
karriere
Psychologie für Führungskräfte - Gefühlstraining für Chefs
00/02/2010
Um zu belegen, wie wichtig psychologische Kenntnisse im Wirtschaftsleben sind, verweist Bernd Glazinski gerne auf eine Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger. Danach scheitern Firmenübernahmen meist an sogenannten "weichen Faktoren", also Aspekten, die das Leben in einer Organisation zwar maßgeblich bestimmen, aber nicht einfach zu berechnen sind - wie Einstellungen, Werte und Gefühle. Warum diese Faktoren so oft unterschätzt werden, erklärt Glazinski, Professor an der Rheinischen Fachhochschule Köln, so: "Führungskräfte mit einer klassischen Ausbildung haben oft keine Kenntnisse in Psychologie, weil dieses Fach in den Lehrplänen selten auftaucht". Nur für qualifizierte Studenten Diesen Mangel will der Kölner Professor beseitigen. An dem von ihm gegründeten Cologne Research Center können sogenannte qualifizierte Studenten, also Studenten, die bereits ein abgeschlossenes Hochschulstudium vorweisen können, berufsbegleitend Wirtschaftspsychologie studieren. Nach vier Semestern winkt ein Master-Abschluss. Wer bei Glazinski und anderen Professoren, die sich das Cologne Research Center vor allem von den Universitäten Münster, Dortmund und Köln "ausleiht", studiert, ist meist Ende zwanzig bis Anfang vierzig Jahre alt und in der Personalabteilung eines Unternehmens beschäftigt. Auf dem Lehrplan stehen in erster Linie Themen aus den Fächern Arbeits- und Sozialpsychologie. Kostenlos ist der Studiengang nicht Dabei lernen die Studenten unter anderem, wie sich die Folgen einer Umstrukturierung für die Mitarbeiter abfedern lassen. Aber auch, wie Entlassungsgespräche einfühlsam und gleichzeitig effektiv geführt werden können. Kostenlos ist der Studiengang nicht: 10.500 Euro für vier Semester sind nötig. Mitunter übernimmt der Arbeitgeber die Studiengebühren; oft begleichen die Studenten den Betrag aber aus eigener Tasche. Für Glazinski, der auch an der Universität Bratislava lehrt, ist das Cologne Research Center "keine Geschäftsidee, mit der man reich wird." Vielmehr betrachtet er die Lehrtätigkeit als Ergänzung seines Kerngeschäfts - denn hauptberuflich kümmert sich Glazinski um die Beratung oder besser das Coaching von Führungskräften. Das ist ein umkämpfter Markt. Um Aufträge wetteifern große Beratungsunternehmen, Einzelkämpfer, ehemalige Führungskräfte, die ihre Erfahrungen zu Geld machen, und Expertenteams wie Glazinski mit seiner Firma Management System und Anwendungen (MSA), die ein Dutzend Mitarbeiter beschäftigt. Keine Schwäche mehr "Der Bedarf für Coaching wächst", sagt der lange schlaksige Mann. Denn die Aufgaben in den Unternehmen würden immer komplexer, und viele Manager, denen eine neue Aufgabe übertragen werde, seien den damit verbundenen Anforderungen am Anfang nicht in vollem Umfang gewachsen. Ihnen mangele es beispielsweise an Führungserfahrung oder ihr Auftreten sei verbesserungsfähig. Die Zeiten, in denen es jemandem als Schwäche ausgelegt wurde, wenn er sich coachen ließ, sind Glazinski zufolge vorbei. "Viele empfinden es als Auszeichnung, gecoacht zu werden, weil sie es ihrem Arbeitgeber offensichtlich wert sind, gefördert zu werden." Gleichwohl gebe es gelegentlich Anfragen für ein "Geheim-Coaching", was Glazinski jedoch ablehnt. "Wir schlüpfen drunter durch" Kunden hat der 42-Jährige in vielen Branchen, in der Automobilindustrie, der Telekommunikation, im Einzelhandel und bei Versicherungen. Darunter sind große Unternehmen, aber auch viele Mittelständler. Die Tatsache, dass die Kundschaft weit verzweigt ist, mache sein Team auch resistenter gegen Budgetkürzungen, meint der MSA-Chef. "Die Hälfte unseres Geschäfts entfällt auf so kleine Auftragsvolumen, dass wir bei vielen Sparmaßnahmen untendurch schlüpfen", sagt er.
Einfühlsame Entlassunggespräche und Motivationskünste: Der Hochschulprofessor und Coach Bernd Glazinski macht Psychologie für Führungskräfte zum Studienfach.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/motivation-von-mitarbeitern-lob-vom-chef-verzweifelt-gesucht-1.13586
karriere
Motivation von Mitarbeitern - Lob vom Chef - verzweifelt gesucht
00/02/2010
Fast zwei Drittel der Arbeitnehmer könnten mehr leisten, wenn Sorgen und Stress sie nicht so sehr belasten würden. Das zeigt eine neue Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Beratungsunternehmens Fürstenberg-Institut. Auch die Meinungsforscher vom Gallup-Institut bescheinigen den deutschen Beschäftigten Jahr für Jahr mangelndes Engagement. Laut der jüngsten Studie sind nur 13 Prozent mit vollem Einsatz bei der Sache. Das Versagen der Führungskräfte Als Ursache wird angeführt, dass die Führungskräfte häufig versagen. Unter anderem, weil sie die Leistungen der Mitarbeiter nicht ausreichend anerkennen. "Fehlendes Lob ist ein sehr wichtiger Faktor für die Motivation, weil sie ihre emotionale Seite trifft", sagt der Motivationspsychologe Hugo Kehr von der Technischen Universität München. Dasselbe gilt für die Angst vor Jobverlust. Aber reichen diese Faktoren aus, um das Motivationsdesaster in deutschen Firmen zu erklären? Hugo Kehr hat das "Drei-Komponenten-Modell" entwickelt, um anschaulich zu machen, wie Motivation funktioniert. Sie hängt sowohl von emotionalen Aspekten ab, davon, wie gerne Menschen etwas tun, als auch davon, wie sehr sie von etwas überzeugt sind. Dazu kommen Fähigkeiten und Erfahrungen. Wenn Bauch, Kopf und Hand eine Schnittmenge bilden, sind Mitarbeiter mit Einsatz und Spaß bei der Sache. "Kopf" und "Hand" reichen nicht aus Häufig fehlt jedoch einer der drei Faktoren. Arbeitgeber setzen bei der Führung ihrer Mitarbeiter nur auf "Kopf" und "Hand". Defizite beim Faktor "Hand" lassen sich mit Schulungen ausgleichen. Was ein Mitarbeiter noch nicht weiß, wird ihm beigebracht. Auch wenn der Arbeitnehmer noch nicht überzeugt ist, gibt es Lösungen: Notfalls bekommt er mehr Anreize wie mehr Geld. Aber was ist, wenn der Bauch nicht mitspielt? "Dann heißt es: ,Das schaffen Sie schon' - wenn der Mitarbeiter überhaupt Bedenken äußert", sagt Kehr. Häufig sind ihm dann innere Blockaden nicht bewusst. "Viele Menschen kennen ihre Bauch-Motive nicht. Wir lernen nicht, darauf zu achten. Schon in der Schule heißt es: Mathe ist wichtig, und deshalb musst du es lernen." Die Folge: Viele stellen am Berufsanfang die Weichen falsch. Sie treffen Karriereentscheidungen, ohne in sich hineinzuhorchen: Passt das überhaupt zu mir? Menschen, die ihre Gefühle ignorieren, sind häufig in Motivationstiefs und erledigen Aufgaben ungern. Streben nach Macht Der Psychologe Oliver Schultheiss forscht an der Universität Erlangen unter anderem über unbewusste Motive. "Manche Menschen leben zwar in der Vorstellung, dass ihnen ein Ziel entspricht, in Wirklichkeit haben sie sich aber nur etwas zu eigen gemacht, was andere von ihnen erwarten", sagt er. Psychologen unterscheiden drei große Motive: das Streben nach Anschluss, nach Leistung und nach Macht. Wenn nun zum Beispiel ein Anschluss-Typ sich erfolgreich auf eine Führungsposition bewirbt, kann er in der Machtposition eines Chefs unzufriedener sein als zuvor - obwohl sein Ziel eigentlich erreicht ist. Lesen Sie auf der nächsten Seite, womit Unternehmen ihre Mitarbeiter motivieren.
Leichtfertig verspielen Unternehmen das Engagement ihrer Mitarbeiter. Dabei können sie einiges tun, um ihre Beschäftigten neu zu motivieren.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/qualitaetsoffensive-fuer-unis-darueber-koennen-studenten-nur-lachen-1.13604
karriere
Qualitätsoffensive für Unis - Darüber können Studenten nur lachen
00/02/2010
In der Hochschulpolitik gibt es eine gefährliche Unwucht. Begleitet vom Ruf nach "Exzellenz" sind mehrere Milliarden Euro in die Spitzenforschung geflossen. Die Lehre jedoch hat davon nur wenig profitiert. Zehntausende neue Studienplätze sind entstanden, aber bei diesem Ausbau ging es in erster Linie um Quantität, nicht um Qualität. Wenn sie wieder einmal in einem überfüllten und schlecht betreuten Seminar sitzen, können die Studenten bestenfalls darüber lachen, dass ihre Universität neuerdings eine Elite-Einrichtung sein will. Beklatscht, aber ignoriert Die Bundesregierung könnte nun das nötige Gegengewicht zur einseitigen Forschungsförderung schaffen. Ministerin Schavan stellt jährlich 200 Millionen Euro für eine "Qualitätsoffensive" in Aussicht. Mehr Professoren und Mentoren, eine stärkere Hochschuldidaktik: Der Wissenschaftsrat hat dazu schon vor zwei Jahren ein Konzept vorgelegt, das die Politiker zwar beklatscht, dann aber ignoriert haben. Die großen Proteste im vergangenen Herbst haben gezeigt, dass sich viele Studenten die schlechten Studienbedingungen nicht länger gefallen lassen. So ist Schavans Vorstoß auch ein Versuch, die Reform der Studiengänge mit den neuen Abschlüssen Bachelor und Master zu retten. Ob diese Rettung gelingt, hängt allerdings auch von den Bundesländern ab. Der Wissenschaftsrat rechnet in seinem Gutachten mit jährlich 1,1 Milliarden Euro, die für eine bessere Lehre nötig wären. Das Geld des Bundes kann da nur ein Anfang sein, es wirkt zugleich als Ansporn für die Finanzminister der Länder. Die Hochschulen warten nur darauf, dass Bund und Länder den alten Streit um Kompetenzen überwinden und ihnen mit gemeinsamer Kraft helfen.
Millionen werden in die Forschung gepumpt, während Studenten sich in überfüllte Hörsäle drängen. Mehr Geld soll es jetzt richten.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/lieblingsfach-mathematik-was-sich-hasst-das-liebt-sich-1.17888
karriere
Lieblingsfach Mathematik - Was sich hasst, das liebt sich
00/02/2010
Wer hätte das gedacht? Mathe gehört zu den Lieblingsfächern der deutschen Schüler ab der fünften Klasse. Das hat eine repräsentative Forsa-Studie im Auftrag der Stiftung Rechnen in Hamburg ergeben, an der 1370 Schüler ab Klasse fünf teilgenommen haben. Sie wählten Mathematik bei der Frage nach den drei beliebtesten Unterrichtsfächern auf Platz zwei. Jeder Dritte (35 Prozent) sagt, dass ihm Mathe besonders viel Spaß macht. Nur Sport ist noch beliebter: Für jeden Zweiten (50 Prozent) ist es eines seiner Lieblingsfächer. Mädchen habe es nicht so mit Zahlen Mädchen sind von Mathe allerdings weit weniger angetan als Jungen. "Sie wählen es lediglich auf Rang sechs ihrer Lieblingsfächer, während es bei Jungen Rang zwei belegt", erläutert Michael Mandel von der Stiftung Rechnen. Von den befragten Schülerinnen sagt nur ein Viertel (25 Prozent), dass ihnen die Beschäftigung mit Formeln und Gleichungen besonders viel Spaß macht. Von den Jungen in weiterführenden Schulen finden das 44 Prozent. Auch viele Erwachsene denken offensichtlich gerne an ihren Mathematikunterricht in der Schule zurück: Das Fach belegt bei den Deutschen im Alter von 18 bis 65 Jahren Rang eins der populärsten Schulfächer. Danach folgen Sport, Geschichte und Erdkunde. Rechnen im Alltag Zwei Drittel (68 Prozent) der Erwachsenen in dieser Altersgruppe sagen außerdem, dass sie sich auch im Alltag gerne mit Rechenaufgaben beschäftigen. Allerdings können viele von ihnen auch verstehen, wenn es anderen nicht so geht: So glauben nur 11 Prozent, dass Mathematik ein Schulfach ist, das den meisten Spaß macht. Und lediglich 18 Prozent aus dieser Gruppe sind davon überzeugt, dass die meisten im Alltag Spaß am Rechnen haben. Für diese Angaben wurden zusätzlich zu den Schülern 1057 Personen zwischen 18 und 65 Jahren und 1029 Eltern mit schulpflichtigen Kindern befragt.
Wer hätte das gedacht? Mathe zählt zu den Lieblingsfächern deutscher Schüler - nur ein einziges Fach ist noch beliebter.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/bayerisches-abitur-kultusministerium-unter-verdacht-1.1727
karriere
Bayerisches Abitur - Kultusministerium unter Verdacht
00/02/2010
Klaus Wenzel, der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), hat schwere Vorwürfe gegen das Kultusministerium erhoben: Auf Druck der Behörde sollen Schüler des achtjährigen Gymnasiums besser benotet werden. "Mir wurde mitgeteilt, dass das Kultusministerium Schulleitern die versteckte Anweisung erteilt hat, man solle nachhelfen, dass G-8-Schüler nicht schlechter abschneiden als die Schüler auf dem G9", sagte Wenzel. Genauere Angaben wollte er nicht machen, um keine Kollegen zu belasten. Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) dementierte die Vorwürfe: "Ich kenne eine derartige Aussage meines Ministeriums nicht." Anlass für Wenzels Kritik war eine Erhebung, die Spaenle am Dienstag veröffentlichte: Danach schnitten die Elftklässler des G8 in den Halbjahreszeugnissen etwas besser ab als die Zwölftklässler des letzten G-9-Jahrgangs. Die Erhebung sollte die Befürchtung zerstreuen, der Leistungsdruck führe zu schlechteren Noten bei den G-8-Schülern. "Spaenle wollte die Öffentlichkeit beruhigen, doch jetzt wird der Sturm erst richtig losgehen", sagte Wenzel. Mündliche Noten aufgewertet Damit G-8-Schüler besser abschneiden, seien auch die mündlichen Noten aufgewertet worden, so Wenzel. Bei den G-8-Schülern wird die Gesamtnote zu gleichen Teilen aus mündlicher und schriftlicher Teilnote errechnet, bei den G-9-Schülern zählt die schriftliche Note weiterhin doppelt. Mündliche Noten fielen aber erfahrungsgemäß immer besser aus, deshalb seien die G-8-Schüler im Vorteil. Auch Josef Kraus, Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbands und Gymnasialdirektor in Vilsbiburg, kritisiert das Kultusministerium: "Das mutet schon ein bisschen planwirtschaftlich an", sagte er. "Und ich prognostiziere schon jetzt, dass die Abiturnoten der G-8-Schüler nächstes Jahr - beim ersten doppelten Abiturjahrgang - um drei Zehntel besser sein werden als bei den G-9-Schülern. Und die sagen jetzt auf einmal: Wir sind die Gelackmeierten." Minister Spaenle wies die Kritik an der Notenerhebung zurück: Die neue Gewichtung der mündlichen Noten sei notwendig, um die Chancengleichheit zwischen G8 und G9 zu wahren, da die Gesamtstruktur der Oberstufe stark verändert wurde. Und die mündlichen Leistungen würden im Vergleich zu früher objektiver bewertet, sagte er. Beispielsweise gebe es im neuen G8 viele kleine schriftliche Arbeiten, die in die Note einfließen würden.
Schwere Vorwürfe: Das bayerische Kultusministerium soll Lehrer angewiesen haben, Schüler des achtjährigen Gymnasiums besser zu benoten.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/foerdergelder-in-der-wissenschaft-schluss-mit-dem-geschwalle-1.12370
karriere
Fördergelder in der Wissenschaft - Schluss mit dem Geschwalle
00/02/2010
Mehr Qualität statt ständig steigende Quantität: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) will die Publikationsflut in der Wissenschaft eindämmen. Forscher dürfen künftig bei Förderanträgen im Lebenslauf nur noch maximal fünf Arbeiten angeben - ""eben jene fünf, die sie selbst für die wichtigsten ihrer gesamten wissenschaftlichen Arbeit halten", sagte DFG-Präsident Matthias Kleiner in Berlin. 20.000 Anträge auf Förderung Bei Publikationen mit direktem Bezug zum jeweiligen Forschungsprojekt dürfen künftig pro Förderjahr nur noch zwei Veröffentlichungen angeführt werden. Ein Wissenschaftler, der für drei Jahre Fördermittel beantragt, darf also bis zu sechs Veröffentlichungen nennen. Mit dem Motto "Qualität statt Quantität" wolle die DFG damit "Pflöcke gegen die Publikationsflut" einschlagen, sagte Kleiner. Die DFG ist in Deutschland der wichtigste Finanzierer der Hochschulforschung. Bei ihr gehen pro Jahr etwa 20.000 Anträge auf Förderung ein, von denen die Hälfte bewilligt wird. Mit der Begrenzung solle die immer größere Bedeutung von Publikationsverzeichnissen in der Wissenschaft verringert werden. Zugleich solle die eigentliche Beschreibung des Forschungsprojekts mehr Gewicht erhalten. "Damit wollen wir zeigen: Es sind die Inhalte, auf die es uns bei der Bewertung und Förderung von Wissenschaft ankommt", sagt Kleiner. Leider laute heute die erste Frage nicht mehr, was jemand erforscht, sondern wo und wie viel er publiziert habe. "Das übt einen außerordentlich starken Druck auf Wissenschaftler aus, möglichst viel zu publizieren."
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft will die wissenschaftliche Publikationsflut eindämmen. Geld fließt nur noch, wenn der Inhalt stimmt.
https://www.sueddeutsche.de/reise/user-bilder-mein-paradies-schoener-geht-s-nicht-1.132294
reise
User-Bilder: Mein Paradies - Schöner geht's nicht
00/02/2010
Eruvanhippuzha Arripara , Südindien "Mein ganz persönliches Paradies liegt fernab aller Touristenstraßen im tropischen Regenwald Südindiens. Sein Name ist so unaussprechlich wie seine Schönheit: Am Eruvanhippuzha Arripara lasse ich die Beine im kristallklaren Wasser baumeln und genieße das zarte Kitzeln, wenn die bunten Tropenfische an den Härchen zupfen. Es erfüllt mich jeden Winter mit Ehrfurcht: Jahrmillionen hat es gedauert, mir diesen 'Swimmingpool' anzufertigen - sogar mit Wasserrutsche. Links wie rechts vom kleinen Wasserfall sieht der Elefantenfelsen aus wie ein Emmentaler. Hunderte von runden Löchern mit einem kugelrunden Stein am Grunde. Der mahlt sich in der Monsunzeit jedes Jahr einen Millimeter tiefer in den Felsen, wenn der große Regen seine Fluten aus den Bergen der Westghats hinunter schickt und das ganze Tal füllt. Doch jetzt im Februar ist es mein schönstes Idyll. Stundenlang kann ich im Schatten des alten Cashewnussbaum sitzen, Agamen, Paradiesvögel und bunte Schmetterlinge beobachten, die meine Sportschuhe so interessant finden." Foto: Bernd Symons
User schickten uns ihre Bilder vom Paradies - das überwiegend in der Nähe von Wasser liegen muss.
https://www.sueddeutsche.de/reise/streik-bei-der-lufthansa-die-rechte-der-passagiere-1.56807
reise
Streik bei der Lufthansa - Die Rechte der Passagiere
00/02/2010
Der geplante Pilotenstreik trifft die Lufthansa und ihre Passagiere hart: Die größte europäische Fluggesellschaft kann nach am Freitag veröffentlichten Planungen nur jeden dritten Flug bedienen. Statt täglich 1800 Flügen heben demnach jeweils nur rund 600 Flieger ab. Aufgerufen sind mehr als 4000 Kapitäne und Copiloten. Die Arbeitsniederlegungen sollen am Montag um null Uhr beginnen und bis Donnerstag um eine Minute vor Mitternacht dauern, wie die Pilotenvereinigung Cockpit (VC) mitteilte. Im Kern geht es der Gewerkschaft um die Sicherung der Arbeitsplätze der deutschen Piloten. Cockpit fürchtet, Jobs könnten verloren gehen, weil die Lufthansa künftig mehr Strecken von ihren Auslandstöchtern bedienen lässt, bei denen das Lohnniveau für den Konzern günstiger ist. Zu den Auslandstöchtern zählen unter anderem Swiss, Austrian Airlines (AUA) und British Midland (bmi). Im Gegenzug für eine Zusicherung zum Erhalt der deutschen Jobs ist VC eigenen Angaben zufolge zu Zugeständnissen bei den Gehaltsforderungen von bislang 6,4 Prozent bis hin zu einer Nullrunde bereit. Welche Rechte Passagiere bei einem Streik haben, lesen Sie auf den folgenden Seiten. Foto: Getty
Von Montag an streiken die Lufthansa-Piloten und ein Großteil der Flieger bleibt am Boden - die Rechte der betroffenen Passagiere im Überblick.
https://www.sueddeutsche.de/reise/streik-bei-der-lufthansa-ueberblick-im-drohenden-chaos-1.57146
reise
Streik bei der Lufthansa - Überblick im drohenden Chaos
00/02/2010
Die Piloten der Fluggesellschaft Lufthansa wollen von Montag an streiken. Bei einer Urabstimmung, zu der 4500 Piloten der Lufthansa, der Töchter Cargo und Germanwings aufgerufen waren, war eine große Mehrheit für den Arbeitskampf. Die Arbeitsniederlegungen bei den drei Gesellschaften sollen am Montag um null Uhr beginnen und bis Donnerstag um eine Minute vor Mitternacht dauern, wie die Pilotenvereinigung Cockpit (VC) mitteilte. "Wir arbeiten gerade aus, wie wir vielleicht doch Flüge durchführen können", sagte anschließend Lufthansa-Pressesprecherin Amélie Schwierholz. Im Kern geht es der Gewerkschaft um die Sicherung der Arbeitsplätze der deutschen Piloten. Cockpit fürchtet, Jobs könnten verloren gehen, weil die Lufthansa künftig mehr Strecken von ihren Auslandstöchtern bedienen lässt, bei denen das Lohnniveau für den Konzern günstiger ist. Zu den Auslandstöchtern zählen unter anderem Swiss, Austrian Airlines (AUA) und British Midland (bmi). Im Gegenzug für eine Zusicherung zum Erhalt der deutschen Jobs ist VC eigenen Angaben zufolge zu Zugeständnissen bei den Gehaltsforderungen von bislang 6,4 Prozent bis hin zu einer Nullrunde bereit. Welche Rechte Passagiere bei einem Streik haben, lesen Sie auf den folgenden Seiten. Foto: ddp
Stornieren oder Umsteigen: Von Montag an wollen die Piloten von Lufthansa und Germanwings vier Tage lang streiken - die Rechte der Passagiere im Überblick.
https://www.sueddeutsche.de/reise/in-der-lausitz-bluehende-wasserlandschaften-1.389691
reise
In der Lausitz - Blühende Wasserlandschaften
00/02/2010
Als der Bundespräsident zur Besichtigung kam, da war seine erste Assoziation: Castel del Monte. Wie die mittelalterliche Festung in Süditalien erschienen ihm die sechs Backsteintürme in der Lausitz, die früher einmal zur Klärung der Kokerei-Abwasser dienten und nun als "Biotürme" Industriedenkmal, Konzert- und Theaterort sowie Aussichtspunkt sind. Detailansicht öffnen (Foto: SZ-Grafik: Michael Mainka) Bevor es so weit kam, fanden die Einheimischen, weit bodenständiger als der Bundespräsident: "Hier hat's immer so gestunken." "Wir mussten da immer wieder aufs Neue kämpfen, damit der Schalter umgelegt wurde", sagt Rolf Kuhn. Er ist Chef der Internationalen Bauausstellung "Fürst Pückler Land" (IBA). Diese transformiert seit dem Jahr 2000 und noch bis 2010 die ehemalige Braunkohleregion der Lausitz in ein Seengebiet, das für Menschen, speziell für die urlaubende Sorte, wieder attraktiv sein soll. Ein Kernstück ist die Flutung der Braunkohlegruben mit Wasser, auf dass bis zum Jahr 2015 zehn größere, durch Kanäle verbundene Seen entstehen mit einer Gesamtfläche von 7000 Hektar. Insgesamt wird das Seengebiet, das zum Teil in Brandenburg und zum Teil in Sachsen liegt und von der staatlichen Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft saniert wird, einmal 14.000 Hektar haben, das ist etwas mehr als Starnberger See und Chiemsee zusammen. In der Lausitz ist die Krise nicht nur ein Wort Man ist hier in einer Region, in der Krise nicht nur ein Wort ist, das seit ein paar Monaten unentwegt aus Radio und Fernseher tönt. Nein, hier ist die Krise auch richtig zu spüren. Hier hat man die Landschaft bis in die 1990er Jahre mit riesigen Schaufelradbaggern umgewühlt, sodass es aussah wie auf einem anderen Planeten. Seit die Braunkohle erschöpft ist, wurden viele Menschen arbeitslos, es gab und gibt eine Abwanderung vor allem junger Menschen, weil sie hier keine Zukunft sehen. Ziel der ersten Phase des Strukturwandels musste es sein, das negative Bild aus den Köpfen zu bringen, vor allem aus denen der Einheimischen, sagt IBA-Geschäftsführer und Landschaftsarchitekt Rolf Kuhn. "Das ist uns weitgehend gelungen. Die Leute spüren, dass sie eine Chance haben und wieder stolz sein können auf etwas." 25 Projekte hat er mit seinen 15 Mitarbeitern angeschoben, geschätzte 20 Millionen Euro wurden investiert. Bergbaurelikte als Attraktionen Dazu zählt auch die Bewahrung und touristische Weiterverwendung von Bergbaurelikten wie etwa der Abraumförderbrücke F60 bei Lichterfelde, ein 500 Meter langes und bis zu 78 Meter hohes Ungetüm aus Stahl. Zunächst konnte sich niemand vorstellen, dass sich Touristen für so etwas interessieren. Mit langem Atem gelang es den Leuten von der IBA, die Menschen zu überzeugen, es wurde ein Erfolgsprojekt daraus. 70000zahlende Besucher kamen im vergangenen Jahr, um sich von ehemaligen Kumpels durch die Konstruktion führen zu lassen, unter anderem auch nachts, denn ein Künstler hat aus der Maschine eine Licht- und Klanginstallation gemacht. Alleinstellungsmerkmal - so nennen die Touristiker so etwas. Lesen Sie weiter, welche weiteren Schwerpunkt das Tourismuskonzept hat.
Wasser marsch! In der Lausitz entsteht aus Braunkohlegruben ein Seengebiet, das seine Geschichte nicht verleugnet.
https://www.sueddeutsche.de/reise/reiseziel-kuenstlerort-urlaub-wie-gemalt-1.55925
reise
Reiseziel Künstlerort - Urlaub wie gemalt
00/02/2010
Den Rückzug in die Natur antreten, neue Lebensformen erproben, Gleichgesinnte um sich scharen - es gab viele Gründe, warum sich Maler, Schriftsteller, Musiker und andere Künstler ab Ende des 19. Jahrhunderts in der Provinz trafen, um Künstlerkolonien zu gründen. Noch heute pflegen die Orte ihr Andenken und sind geprägt vom Schaffen der Koloniegründer - eine Reise durch Künstlerorte in Deutschland und Europa. Worpswede, Niedersachsen Worps - wo? Es ist keine Schande, das niedersächsische Dorf Worpswede nicht auf den ersten Versuch orten zu können - wohl aber, es nicht zu besuchen. Fritz Mackensen war der erste einer Reihe von Malern, der das damals bettelarme, aber idyllisch gelegene Dorf inmitten des Teufelsmoors nordöstlich von Bremen für sich entdeckte. Begleitet von Studienkollegen wie Otto Modersohn und Hans am Ende entschloss er sich Ende der 1880er Jahre, dort eine Künstlerkolonie zu gründen. Maler, Bildhauer und Schriftsteller folgten ihnen in der Hoffnung, im Teufelsmoor ein Paradies zu finden, das sie den Lärm und die Hektik des Industriezeitalters vergessen ließ. Sie lebten wie in einer Kommune und abgeschottet von der Dorfbevölkerung. Landschaften, Menschen und Tiere waren die Hauptmotive ihrer Werke, bei den Malern spielte vor allem das Licht in all seinen unterschiedlichen Ausprägungen eine wichtige Rolle. Teufelsmoor bei Worpswede Foto: Nicole Kanning/www.worpswede.de
Dieses Licht! Diese Landschaft! Diese Stimmung! Berühmte Künstler hatten gute Gründe, sich in der Provinz zu treffen - die schönsten Orte zum Nachreisen in Deutschland und Europa.
https://www.sueddeutsche.de/politik/amnesty-international-todesstrafenstatistik-toedliche-bilanz-1.14224
politik
Amnesty International: Todesstrafenstatistik - Tödliche Bilanz
00/03/2010
Auf den ersten Blick sieht es aus, als wäre ein großer Schritt in Richtung Abschaffung der Todesstrafe getan. Bei näherem Hinsehen folgt jedoch die Ernüchterung. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat die Statistik über die Todesstrafe im Jahr 2009 veröffentlicht. Und im Vergleich zu 2008 sind die Zahlen massiv gesunken. Waren es 2008 noch 2390 Menschen die hingerichtet wurden, werden für 2009 noch 714 vollstreckte Todesurteile angegeben. Dass so viel weniger Menschen hingerichtet wurden, liegt aber allein daran, dass AI für 2009 keine Zahlen aus der Volksrepublik China berücksichtigt, da hier keine zuverlässigen Angaben vorliegen. Die tatsächliche Anzahl der staatlichen Hinrichtungen dürfte also um einiges höher liegen. Außer China ahndeten 17 weitere Staaten im Jahr 2009 die unterschiedlichsten Straftaten mit der Todesstrafe. Oft werden Todesurteile auch als Mittel gegen politische Gegner eingesetzt. In der Todesstrafenstatistik finden sich neben totalitären Staaten wie Nordkorea auch westliche Demokratien und Urlaubsparadiese. Die Statistik in Bildern: Foto: dpa
Amnestie International veröffentlicht die Todesstrafenstatistik für das Jahr 2009. In 18 Staaten wurden 714 Menschen hingerichtet. Die Dunkelziffer liegt viel höher.
https://www.sueddeutsche.de/politik/merkel-besuch-in-ankara-ein-bisschen-frieden-1.17503
politik
Merkel: Besuch in Ankara - Ein bisschen Frieden
00/03/2010
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich offen für türkische Schulen in Deutschland gezeigt. "Wenn Deutschland Auslandsschulen in anderen Ländern hat, zum Beispiel in der Türkei, dann kann es natürlich auch die Türkei sein, die Schulen in Deutschland hat", sagte Merkel am Montag in Ankara nach einem Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Entscheidend sei dabei nur, dass es um Zweisprachigkeit gehe. Türkische Schulen dürften keinesfalls "als Ausrede herhalten, nicht Deutsch zu lernen", sagte Merkel. Wie Erdogan gehe es ihr nicht um Assimilierung, wohl aber um eine erfolgreiche Integration. Und "da sind wir sehr gemeinsam", sagte die Kanzlerin. Erdogan sagte, die türkischstämmigen Staatsbürger in Deutschland wollten natürlich ihre Kultur bewahren, aber sich auch integrieren. Gut, verlässlich und vertrauensvoll Erdogan und Merkel bemühten sich nach ihrem ersten Treffen darum, die türkisch-deutschen Beziehungen nach den kritischen Äußerungen der vergangenen Tage wieder als gut, verlässlich und vertrauensvoll darzustellen. Trotz teils gegensätzlicher Auffassungen in der Debatte um türkische Gymnasien in Deutschland, möglichen Sanktionen gegen Iran im Atomstreit und der Frage einer Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU betonten Merkel und Erdogan, die Beziehungen beider Staaten seien ausgezeichnet. Erdogan sprach von "Freunden und Verbündeten", die "sehr wichtig füreinander" seien und deren tief verwurzeltes Verhältnis Vorbild auch für andere EU-Staaten sein könnte. Merkel lobte die "sehr engen und freundschaftlichen Beziehungen" zwischen beiden Ländern. Schon zuvor hatte die deutsche Delegation das persönliche Verhältnis zwischen Erdogan und Merkel als ausgesprochen gut beschrieben. Beim Thema Atomstreit mit Iran lehnte Erdogan die von Merkel befürworteten Sanktionen gegen Teheran allerdings ab. Es müsse in den Verhandlungen mit der iranischen Führung weiter auf Diplomatie gesetzt werden, sagte er. Frühere Sanktionen hätten sich als untaugliches Mittel erweisen. "Gibt es in der Region Atomwaffen? Ja! Gibt es deswegen Sanktionen? Nein!", sagte Erdogan in Anspielung auf israelische Atomwaffen. Vor Merkels zweitägiger Visite waren die Töne zuletzt immer schärfer geworden. Insbesondere Erdogan war mit harten Angriffen auch gegen Merkel persönlich zitiert worden. Von einem "Hass" gegen die Türken war da die Rede gewesen, von der Frage, ob die Türkei ein "Prügelknabe" geworden sei. Zuvor hatte Merkel Erdogans Ruf nach mehr türkischen Gymnasien in Deutschland ebenso zurückgewiesen wie Ankaras Forderung nach einer Vollmitgliedschaft in der EU. Mit Blick auf türkische Schulen und Gymnasien hatte Merkel eine ganze Liste von Grundschulen und Gymnasien in Deutschland im Gepäck, an denen heute schon Türkisch unterrichtet wird. Mit Blick auf den türkischen Wunsch nach einer EU-Mitgliedschaft sagte Merkel, sie habe inzwischen gelernt, dass der Begriff einer privilegierten Partnerschaft, wie ihn CDU und CSU seit Jahren als Ersatz für eine EU-Mitgliedschaft bevorzugten, in der Türkei "gar keine gute Ausstrahlung hat". Merkel sagte zu, dass die Verhandlungen weiter ergebnisoffen geführt würden und sich als Nächstes auf eine Lösung der Zypern-Frage konzentrieren sollten.
Geschenk mit Symbolkraft: Kanzlerin Merkel überreicht dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan eine Friedenstaube. Den Schulstreit haben die Regierungschefs erst einmal entschärft.
https://www.sueddeutsche.de/politik/anschlaege-in-moskauer-u-bahn-der-hass-ist-gross-1.4313
politik
"Anschläge in Moskauer U-Bahn - ""Der Hass ist groß"""
00/03/2010
Nach den Selbstmordanschlägen in Moskau hat der russische Präsident Dmitrij Medwedjew einen unerbittlichen Kampf gegen Extremisten angekündigt. Russland werde ohne zu zögern den "Krieg gegen den Terror" fortsetzen, erklärte Medwedjew. Moskaus Bürgermeisters Jurij Luschkow vermutete tschetschenische Separatisten hinter den Anschlägen. Auch der Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB, Alexander Bortnikow, ging von einer Verbindung zu Rebellengruppen im Nordkaukasus aus. Zwei Selbstmordattentäterinnen hatten sich am Montagmorgen während des Berufsverkehrs in der Moskauer U-Bahn in die Luft gesprengt und dabei mindestens 38 Menschen in den Tod gerissen, Dutzende wurden verletzt. Bislang hat sich niemand zu den Anschlägen bekannt. Dennoch vermuten russische Behörden - wie schon bei früheren Anschlägen - Gruppen aus dem Nordkaukasus hinter den Attentaten. Ob 2009 und 2007 bei Anschlägen auf einen Zug des Newski-Expresses, ob 1996 in der Moskauer U-Bahn: Die Täter blieben zwar unentdeckt, verdächtigt aber wurden Tschetschenen. Nicht ganz zu Unrecht: In den russischen Teilrepubliken Inguschetien, Tschetschenien und Dagestan wird seit Jahren "ein veritabler Krieg" geführt, erklärt Hans-Henning Schröder, Leiter der Forschungsgruppe Russland an der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Aufgrund des Gewaltpotentials der Region liege der Verdacht nahe, dass der Terror daher kommt. Dennoch will Schröder eine weitere mögliche Tätergruppe erwähnt wissen: Auch russische Rechtsextremisten haben in den vergangenen Jahren immer wieder Anschläge verübt. Doch zurück zum Nordkaukasus, der wahrscheinlicheren Herkunft der Terroristinnen. Russland-Forscher Schröder erklärt: "Bei den russischen Teilrepubliken Inguschetien, Tschetschenien und Dagestan handelt sich um Regionen mit ethnischen und religiösen Spannungen - ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung ist muslimisch - und großem Gewaltpotential. Das liegt auch daran, dass Russland von 1994 bis 2009 in Tschetschenien Krieg führte." Diesen Krieg haben die Russen Schröder zufolge "gewonnen", indem sie Klan-Chef Ramsan Kadyrow zum Präsidenten gemacht und ihm freie Hand gegeben haben, seine Gegner entweder zu vernichten oder mit Geld auf seine Seite zu ziehen. "Mit dieser Strategie hat Moskau großen Erfolg gehabt", so der Experte, denn seitdem sei in Tschetschenien die Gewalt deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig hat sich die Sicherheitslage in Dagestan und Inguschetien allerdings dramatisch verschlechtert. Seit 2004 beschränkten sich die Gewaltakte allerdings mehrheitlich auf die Region, weswegen sie international wie auch in Russland nur wenig Beachtung fanden. Immer wieder hatten kaukasische Rebellengruppen daher damit gedroht, den Terror wieder in das russische Zentralland zurückzubringen. Das scheint mit den Bomben vom Montagmorgen nun passiert zu sein.
Selbstmordattentäterinnen bringen in Moskau Dutzende Menschen um. Die Behörden verdächtigen Rebellen aus dem Unruheherd Kaukasus, wo seit Jahrzehnten kriegsähnlicher Zustand herrscht.
https://www.sueddeutsche.de/politik/tuerkei-merkel-trifft-erdogan-warum-dieser-hass-1.4743
politik
"Türkei: Merkel trifft Erdogan - ""Warum dieser Hass?"""
00/03/2010
Angela Merkel besucht die Türkei - mit einer "privilegierten Partnerschaft" im Gepäck, einem Begriff, der viele Türken brüskiert. Doch ist dies nicht die einzige Konfliktlinie: Welche heiklen Themen die Kanzlerin außerdem erwarten. Ein Überblick. Im Vorfeld von Merkels zweitägiger Türkeireise hat vor allem die Diskussion um türkische Gymnasien in Deutschland Aufsehen erregt. Denn Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit gefragt: "In der Türkei haben wir deutsche Gymnasien - warum sollte es keine türkischen Gymnasien in Deutschland geben?" Erdogan begründete seinen Vorstoß mit den anhaltenden Sprachproblemen vieler Türken in Deutschland. "Hier hat Deutschland noch nicht die Zeichen der Zeit erkannt." Dafür hagelte es prompte Kritik von allen Seiten - auch Bundeskanzlerin Merkel machte klar, dass sie von dieser Idee nicht viel hält. Deshalb legte Erdogan kurz vor Merkels Besuch noch mal nach: "Warum dieser Hass gegen die Türkei? Ich verstehe es nicht", sagte er am Wochenende zu türkischen Journalisten. "Das hätte ich von der Bundeskanzlerin Merkel nicht erwartet. Ist die Türkei ein Prügelknabe?" Naben zahlreichen Politikern hatten sich auch Vertreter von Menschenrechtsorganisationen in dieser Debatte zu Wort gemeldet: Im Bild: ein türkisches Mädchen im Türkischunterricht an der Albert-Schweitzer-Schule in Hannover; Foto: dpa
Kurz vor Merkels Besuch in Ankara hat Premier Erdogan die Kanzlerin attackiert - im Streit um türkische Gymnasien. Doch dies ist nicht das einzige heikle Thema des Treffens: Ein Überblick in Bildern.
https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-grausames-massaker-im-kongo-aufgedeckt-1.16830
politik
Grausames Massaker im Kongo aufgedeckt
00/03/2010
Grausames Massaker im Kongo Im Nordosten Kongos haben ugandische Rebellen ein schweres Massaker verübt. Wie erst jetzt bekannt wurde, kamen bei dem Blutbad im Dezember mindestens 321 Dorfbewohner ums Leben, viele weitere wurden entführt oder verstümmelt. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach an diesem Samstag von einem der schlimmsten Verbrechen, das die "Widerstandsarmee des Herrn" (LRA) in ihrer 23-jährigen Geschichte begangen habe. Der Angriff der Rebellen in der Region Makombo dauerte nach Erkenntnissen von Human Rights Watch vier Tage, vom 14. bis 17. Dezember. Die LRA-Kämpfer hätten mindestens zehn Dörfer in der Gegend heimgesucht, die Männer gefesselt oder an Bäume gebunden und sie mit Macheten oder Äxten erschlagen. Ein dreijähriges Mädchen sei bei lebendigem Leib verbrannt worden, heißt es in dem Bericht, der sich auf die Aussagen von Augenzeugen stützt. Etwa 250 Frauen und Kinder wurden entführt und zu einem fast 100 Kilometer langen Gewaltmarsch in die Ortschaft Tapili im Norden des Landes gezwungen. Wer zu langsam war, den töteten die Rebellen. Sie zwangen Kinder, andere Kinder zu erschlagen, die sich den Befehlen widersetzt hatten. Andere Opfer wurden verstümmelt und zur Abschreckung in ihre Dörfer zurückgeschickt. In einem von Human Rights Watch dokumentierten Fall schnitten die LRA-Kämpfer sechs Menschen die Lippen und jeweils ein Ohr ab - als Drohung, "dass jeder, der von der LRA hört oder über sie spricht, auf diese Weise bestraft wird". Warum Bundesverteidigungsminister Guttenberg die FDP warnt und der Lobby-Skandal in Großbritannien immer weitere Kreise zieht: Auf den folgenden Seiten finden Sie weitere Kurzmeldungen.
Ugandische Rebellen haben im Nordosten Kongos mindestens 321 Menschen getötet. Das Massaker soll im Dezember verübt worden sein. Kurzmeldungen im Überblick.
https://www.sueddeutsche.de/politik/barack-obama-und-die-republikaner-die-naechste-kraftprobe-1.12050
politik
Barack Obama und die Republikaner - Die nächste Kraftprobe
00/03/2010
Für Obama geht eine der erfolgreichsten Wochen zu Ende. Die Opposition indes schäumt. Seit längerer Zeit schon üben sich die Republikaner in Blockadehaltung. Und nun dürften sich die Fronten noch etwas verhärten. Denn zum Abschluss der Woche platzte Obama der Kragen - und zwar in Bezug auf die Verweigerungshaltung der Republikaner bei der Besetzung wichtiger Behördenpositionen. Kandidaten für Ämter in den Finanz-, Handels- und Heimatschutzministerien warteten im Schnitt seit sieben Monaten auf ihre Bestätigung durch den Senat, erklärte Obama in Washington. Er sehe sich gezwungen, angesichts der nun begonnenen Osterpause des Kongresses 15 Positionen auf Interimsbasis zu besetzen. Obama warf den Republikanern Fundamentalopposition vor. Der Senat habe die Verantwortung, seinen Vorschlägen zuzustimmen oder sie abzulehnen, sagte Obama. Aber die Republikaner hätten das einfach nicht gemacht. Deshalb müsse er nun handeln und die Positionen wenigstens übergangsweise besetzen. Obama musste zum Abschluss seiner erfolgreichen Woche Dämpfer in der Personalpolitik hinnehmen. Sein Kandidat für die Leitung der Behörde für Verkehrssicherheit, der frühere Generalmajor Robert Harding, erklärte am Freitagabend, dass er für das Amt nicht mehr zur Verfügung stehe. Bereits Obamas erster Kandidat für die Transportation Security Administration (TSA), Erroll Southers, hatte im Januar einen Rückzieher gemacht, weil seine Betätigung im Kongress in Frage gestellt schien. Diesmal tauchten Fragen zur Rolle Hardings als Berater der Regierung bei Rüstungsaufträgen auf, wofür der Exgeneral nach seinem Abschied von der Army im Jahr 2001 ein Unternehmen gegründet hatte. Die TSA hat vor allem die Aufgabe, terroristische Bedrohungen im zivilen Luftverkehr abzuwenden.
Ärger am Ende einer erfolgreichen Woche: Obama wirft den Republikanern Fundamentalopposition vor - und besetzt wichtige Behördenpositionen im Alleingang.
https://www.sueddeutsche.de/politik/katholische-kirche-papst-benedikt-und-der-missbrauch-1.3100
politik
Papst Benedikt und der Missbrauch
00/03/2010
Keine Woche ist es her, da hat Papst Benedikt XVI. einen Hirtenbrief geschrieben. Der Papst erklärt, dass er den Missbrauch von Minderjährigen in Irland bedauert - und greift die irischen Bischöfe an für ihre "schweren Fehleinschätzungen" im Umgang mit den dortigen Übergriffen. Gleich zu Beginn schreibt Ratzinger. "Ich kann die Bestürzung und das Gefühl des Vertrauensbruchs nur teilen, das so viele von Euch beim Erfahren dieser sündhaften und kriminellen Taten und der Art der Autoritäten der Kirche, damit umzugehen, erfahren haben." Nun hat die New York Times brisante neue Dokumente veröffentlicht. Und die wecken erhebliche Zweifel, an der Art, wie die Autorität Joseph Ratzinger mit einem schweren Missbrauchsfalls umgegangen ist. Der amerikanische Priester Lawrence C. Murphy hat über Jahrzehnte bis zu 200 gehörlose Jungen sexuell missbraucht. Murphy wurde im Jahr 1950 Lehrer und später Rektor an der renommierten St. John's School for the Deaf, einer Schule für Gehörlose im US-Bundesstaat Wisconsin. Pfarrer Murphy ist bereits im Jahr 1998 gestorben - als Priester, der weder vom kirchlichen noch staatlichen Justizsystem belangt worden ist. Dabei waren Murphys Übergriffe offenbar so massiv und zahlreich, dass seine Taten früh ans Licht kamen. In den Dokumenten der New York Times findet sich sogar ein Flugblatt aus dem Jahr 1974, das Opfer vor der Kirche in Milwaukee verteilt hatten. Darauf zu sehen ist ein Bild Murphys unter der Überschrift: "Most Wanted". Im Jahr 1993 schickt Rembert G. Weakland, der Erzbischof der Diözese Milwaukee, Murphy zu einem Sozialpädagogen. Der legt dort ein umfangreiches Geständnis ab und räumt ein, dass die Vorwürfe gegen ihn der Wahrheit entsprechen. Weitere drei Jahre vergehen, bis der Bischof sich dazu durchringt, Konsequenzen für den Triebtäter in Erwägung zu ziehen. Lesen Sie auf Seite zwei, wie Kardinal Ratzinger auf mehrere Anfragen nicht reagiert.
Ein Priester missbrauchte gehörlose Jungen. Wie die vatikanische Glaubenskongregation und ihr damaliger Chef Kardinal Ratzinger den Fall verharmlost haben.
https://www.sueddeutsche.de/politik/kanzlerin-merkel-und-minister-schaeuble-fremde-weggefaehrten-1.9502
politik
Kanzlerin Merkel und Minister Schäuble - Fremde Weggefährten
00/03/2010
Wer Angela Merkel diese Woche auf dem Kleinen Parteitag der CDU gesehen hat, der hatte nicht das Gefühl, eine Frau vor sich zu haben, die allein mit der Kraft ihrer Worte einen ganzen Kontinent einen kann. Die Rede lausig, der Beifall müde, und der einzige Delegierte, der sich in der anschließenden Debatte über die Ansprache der Parteichefin zu Wort meldete, war ein wahlkämpfender Landespolitiker namens Jürgen Rüttgers. Und doch scheint der Bundeskanzlerin in dieser Woche genau das zu gelingen: Sie setzte durch, dass der Internationale Währungsfonds den im Schuldensumpf versinkenden Griechen zu Hilfe eilen soll, und beendete damit, zumindest vorerst, einen seit Wochen andauernden Streit innerhalb der Europäischen Union. Sie überzeugte den Franzosen Nicolas Sarkozy, sie stoppte den Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso, vor allem aber hielt sie ihren eigenen Finanzminister davon ab, seinem griechischen Amtskollegen mit deutschem Steuergeld zur Seite zu springen und damit die europäischen Verträge zu brechen. Ausgerechnet ihn, den Durch-und-durch-Juristen Wolfgang Schäuble. Es ist viel geschrieben worden über Angela Merkel und Wolfgang Schäuble in den vergangenen Tagen. Über ihr angeblich zerrüttetes Verhältnis. Über ihre Sprachlosigkeit und ihr gegenseitiges Misstrauen. Nichts davon stimmte in dieser Zuspitzung, und doch ist richtig: In 20 Jahren gemeinsamer Arbeit sind sich die heutige Kanzlerin und ihr Finanzminister, die frühere CDU-Generalsekretärin und ihr damaliger Parteichef, fremd geblieben. Ihr persönliches Verhältnis ist nicht schlecht, es existiert gar nicht. Es entschwand während der CDU-Spendenaffäre Ende des vergangenen Jahrzehnts, als der Vorsitzende sein Amt aufgeben musste und die Generalsekretärin beherzt zugriff. Und es kam nicht wieder, als Merkel Schäuble später den Weg ins Amt des Bundespräsidenten verbaute. Ihre Beziehung zueinander ist heute eine ausschließlich berufliche, eine fast schon beängstigend nüchterne. Als Merkel Schäuble im Herbst vergangenen Jahres fragte, ob er ihr Finanzminister werden wolle, zögerte der alte Haudegen ein paar Sekunden lang. "Sie werden's mit mir aushalten müssen", sagte er dann. "Ich bin loyal, aber unbeweglich - auf eine freundliche Art stur." Merkels Reaktion ist nicht überliefert, aber man liegt wohl nicht ganz falsch, wenn man annimmt, dass sie lächelnd nickte. Denn exakt einen solchen Sturkopf wird sie brauchen, um den in der Wirtschaftskrise völlig aus dem Ruder gelaufenen Bundeshaushalt wieder einigermaßen ins Lot zu bringen. Allerdings handelte sie sich mit der Sturköpfigkeit auch einen neuen Politikstil im Finanzministerium ein. Merkels Verhältnis zu Schäubles Amtsvorgänger Peer Steinbrück war durch die Finanzkrise geprägt gewesen. Sie bescherte der CDU-Chefin und dem damaligen SPD-Vize beinahe wöchentlich einen Blick in den Abgrund und schweißte sie ungewöhnlich eng zusammen. Absprachen wurden auf dem ganz kurzen Dienstweg getroffen, ohne jedes bürokratische Brimborium, sowohl zwischen Merkel und Steinbrück selbst, als auch zwischen ihren Mitarbeitern.
Kanzlerin Merkel und ihr Finanzminister sind in der Krise aufeinander angewiesen. Trotz 20 gemeinsamer Jahre sind sie sich fremd. Ihr persönliches Verhältnis ist nicht schlecht - denn es existiert nicht.
https://www.sueddeutsche.de/politik/erdgas-aus-zentralasien-nabucco-pipeline-kommt-spaeter-1.13820
politik
Erdgas aus Zentralasien - Nabucco-Pipeline kommt später
00/03/2010
Die von der EU mitgeplante Erdgasleitung Nabucco wird frühestens im Jahr 2018 und damit vier Jahre später als bisher geplant in Betrieb gehen. Das sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. Die Pipeline, die Gas aus Zentralasien nach Europa transportieren und damit die Abhängigkeit der Europäer von russischen Lieferungen verringern soll, sei dennoch "ein Prestigeprojekt der Europäischen Union", erklärte Oettinger. In trockenen Tüchern seien die Planungen für die 3300 Kilometer lange Leitung allerdings noch nicht. "Ich hoffe, wir werden 2010 den endgültigen Beschluss fassen, die Leitung zu bauen", erklärte der Deutsche. In den vergangenen Monaten seien die Chancen dafür deutlich gestiegen. Noch im September vergangenen Jahres habe die Wahrscheinlichkeit bei höchstens dreißig Prozent gelegen. "Jetzt sind es ungefähr 65 Prozent", sagte der Unionspolitiker. Bis sie tatsächlich Gas liefern könne, "wird es aber wohl 2018 werden". Nabucco werde definitiv nicht ein mögliches Gasproblem im Winter 2013 lösen können. Der Energiekommissar erklärte, die EU investiere 200 Millionen Euro für die Entwicklung der Röhre. Im Juli werde in Brüssel oder Istanbul eine Konferenz mit allen Partnern organisiert. Die bisherigen Planungen sahen vor, dass Nabucco bereits von 2014 an Erdgas nach Europa transportieren sollte. Die voraussichtlichen Baukosten wurden mit 7,9 Milliarden Euro angegeben. Eigentümer der Leitung sollten mit jeweils etwa 16,7 Prozent die Unternehmen Botas (Türkei), Bulgarian Energy (Bulgarien), MOL (Ungarn), OMV (Österreich), RWE (Deutschland) und Transgas (Rumänien) sein. RWE bestritt die Verzögerung. Nabucco solle "2014 in Betrieb gehen", sagte ein RWE-Sprecher in Essen. Neben Nabucco sollen zwei weitere Leitungen die Europäer mit Erdgas versorgen. Beide sollen deutlich eher in Betrieb genommen werden. Oettinger rechnet damit, dass die Ostsee-Pipeline Nordstream in zwei Jahren Gas aus Russland nach Europa bringt. Das Projekt sorgte vor allem in der Planungsphase für negative Schlagzeilen, weil Deutschland und Russland die Anrainerstaaten der Ostsee unzureichend informierten. Oettinger räumte ein, die Verhandlungen seien "sehr undiplomatisch" verlaufen. Inzwischen sei Nordstream "auf einem guten Weg", zuletzt habe Polen seine Bedenken aufgegeben. Oettinger kündigte an, dass die bisherige Haupttransportleitung für russisches Gas in den kommenden drei Jahren renoviert werde, "ansonsten bekommen wir technische Probleme, die größer sein werden als die politischen, die wir bisher mit der Ukraine und Russland hatten". Aufgrund des Ausfalls müsse auch der dritte Neubau, die Leitung Southstream, gebaut werden. Oettinger unterstrich, dass er für die Energie-Außenpolitik der EU zuständig sein werde. Eine entsprechende Vereinbarung sei kürzlich mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso unterzeichnet worden. In den vergangenen Tagen seien einige Beamte des bisherigen außenpolitischen Dienstes in sein Ressort gewechselt. Die EU-Außenbeauftragte Lady Catherine Ashton stimme ihre energiepolitischen Gespräche im Ausland mit ihm ab.
Energiekommissar Günther Oettinger gesteht die Verzögerung eines EU-Prestigeprojekts ein: Die Gasleitung aus Zentralasien wird frühestens 2018 fertig.
https://www.sueddeutsche.de/politik/saudi-arabien-polizei-vereitelt-terrorwelle-1.2424
politik
Polizei vereitelt Terrorwelle
00/03/2010
Sicherheitskräfte in Saudi-Arabien haben offenbar eine Welle von Terror-Attacken auf lebenswichtige Einrichtungen im Königreich verhindert. Mehr als hundert mutmaßliche Mitglieder des Al-Qaida-Netzwerks seien verhaftet worden, teilte das Innenministerium am Mittwoch mit. Selbstmord-Anschläge auf Einrichtungen der Ölindustrie sollen unmittelbar bevorgestanden haben. Nur knapp die Hälfte der Festgenommenen sind den Angaben zufolge saudische Staatsbürger, die meisten anderen stammen aus dem Jemen. Vom Nachbarland aus sollen die Kämpfer auch gelenkt worden sein. Saudi-Arabien gilt als eigentliche Heimstätte des Al-Qaida-Terrors, weil hier einst der Milliardärssohn Osama bin-Laden sowie Tausende andere zum Heiligen Krieg nach Afghanistan aufgebrochen waren. Auch 15 der 19 Attentäter vom 11. September 2001 stammten aus dem Königreich. Mittlerweile aber hat sich der Schwerpunkt in den Jemen verlagert, der mit seiner schwachen Zentralregierung und seinen zerklüfteten Stammesgebieten den Terroristen reichlich Raum zum Rückzug gewährt. Vor gut einem Jahr hatten sich die saudischen und jemenitischen Teile des Netzwerkes zusammengeschlossen - unter Führung eines jemenitischen Vertrauten von bin Laden namens Nasir al-Wahaschi alias Abu Basir. Die Gruppe nennt sich "Al-Qaida der Arabischen Halbinsel" und hat sich auch zu dem nur knapp vereitelten Anschlag auf ein amerikanisches Passagierflugzeug auf dem Weg nach Chicago an Weihnachten bekannt. Der verhinderte Attentäter Umar Faruk Abdulmutallab aus Nigeria soll bei seiner Vernehmung ausgesagt habe, er sei von al-Qaida im Jemen für die Tat trainiert worden. Anschlag auf den Terror-Beauftragten Die Gruppe hat mehrmals angekündigt, dass sie Ölanlagen, Sicherheitskräfte sowie Ausländer ins Visier nehmen wolle. Oberstes Ziel ist der Sturz des saudischen Königshauses, dem eine "unheilige" Allianz mit den USA zur Last gelegt wird. Ende August schickte die Organisation einen Selbstmord-Attentäter zu dem für Terrorismus-Bekämpfung zuständigen Prinzen Mohammed bin Naif. Der Sohn des Innenministers überlebte aber den Anschlag in Dschiddah. Sensibelstes Ziel sind jedoch die Ölanlagen des weltweit größten Öl-Exporteurs. Hier könnten die Terroristen gleich zwei Feinde treffen: das konservative Königshaus sowie den vom Rohstoff abhängigen Westen. Mehr als tausend Quellen sind in Betrieb, dazu noch riesige Verarbeitungseinrichtungen. Zum Schutz dieser Anlagen wurde in den letzten Jahren eine mehr als 30.000 Mann umfassende Spezial-Polizeieinheit aufgebaut. Repression und Rehabilitation Die neue Gefahr aus dem Jemen, mit dem Saudi-Arabien eine 1800 Kilometer lange Grenze teilt, bedroht jedoch die Erfolge, die saudische Sicherheitskräfte im Kampf gegen den Terror erzielt haben. Seit einer blutigen Anschlagsserie in den Jahren 2003 und 2004 wurden Dutzende mutmaßlicher Al-Qaida-Mitglieder getötet und Tausende Verdächtige festgenommen. Neben der Repression setzen die Saudis auch auf Rehabilitation. In Umerziehungslagern sollen Terroristen, darunter auch Entlassene aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo, durch religiöse Unterweisungen und die Wiedereingliederung in ihre Familien von Anschlägen abgehalten werden. Doch al-Qaida kann immer wieder neue Kräfte aufbieten.
Die saudische Polizei nimmt mehr als 100 mutmaßliche Al-Qaida-Terroristen fest. Sie sollen Selbstmordanschläge auf Ölanlagen geplant haben.
https://www.sueddeutsche.de/politik/us-plaene-piraten-in-die-pleite-treiben-1.11545
politik
US-Pläne - Piraten in die Pleite treiben
00/03/2010
Piraterie ist am Horn von Afrika ein einträgliches Geschäft. Wie viel Lösegeld genau sie für einen gekaperten Frachter zahlen, verraten die Reedereien aber meistens nicht. Doch angeblich sind mehrere Millionen US-Dollar durchaus üblich. Es gibt in dem verarmten Bürgerkriegsland Somalia wohl kaum eine andere Branche, die so hohe Gewinne verspricht. Dieses Grundproblem muss früher oder später jeder lösen, der die Seeräuberei bekämpfen will. Die US-Regierung hat dazu nun eine radikale Idee entwickelt: Sie will es mit Hilfe von Anti-Terror-Gesetzen international verbieten, dass Lösegeld an Piraten gezahlt wird. Die Reedereien sind wegen des Vorschlags, der noch intern diskutiert wird, in heller Aufregung. Sie fürchten um die Sicherheit ihrer Mannschaften. Die dänische Zeitung Berlingske Tidene berichtete am Dienstag, dass der internationale Reederverband ICS seine Mitglieder aufgefordert habe, bei ihren jeweiligen Regierungen gegen die US-Initiative zu kämpfen. Peter Hinchliffe vom ICS bestätigt, man sei sehr besorgt. Die somalischen Seeräuber seien zudem gewöhnliche Kriminelle, keine Terroristen. Diese Meinung wird aber nicht von allen geteilt. Einige Beobachter warnen schon länger davor, dass die Verbindungen zwischen den Piraten und den radikal-islamischen Al-Shabaab-Milizen in Somalia enger werden. Al-Shabaab werden gute Kontakte zum Terrornetzwerk al-Qaida nachgesagt. Die Befürchtung ist, dass die Lösegeld-Millionen letztlich in die Planung von Anschlägen fließen könnten. In den USA ist die somalische Piraterie ein großes Thema, seit im April 2009 die Maersk Alabama am Horn von Afrika überfallen und ihr amerikanischer Kapitän gekidnappt wurde. US-Spezialtruppen beendeten das Geiseldrama mit gezielten Schüssen, drei Entführer starben. In Washington wurde danach der Ruf nach einer härteren Gangart laut. Die nun gestartete Initiative greift diese Forderungen auf. Sie zielt darauf ab, die somalischen Empfänger des Lösegelds mit Hilfe des UN-Sicherheitsrats weltweit als Terroristen zu ächten. "Der Vorschlag ist menschenverachtend" Jede Zahlung an sie wäre dann verboten. Die Überlegung dahinter ist einfach: Eine Branche, die keine Gewinne macht, geht ein. Die Reeder aber brächte das in ein Dilemma. Zahlen sie nicht, riskieren sie das Leben ihrer Mannschaft. Zahlen sie trotz Verbots, müssen sie Strafen befürchten. Unter anderem dürften sie dann wohl keine amerikanischen Häfen mehr anlaufen. "Der Vorschlag ist menschenverachtend", sagt Jan-Thiess Heitmann, Justitiar beim Verband Deutscher Reeder (VDR). Derzeit befinden sich in Somalia etwa zwölf Schiffe und mehr als 200 Seeleute in der Gewalt von Piraten. Ein Lösegeldverbot könne da Leben kosten, sagt Heitmann. Er hält die Idee der USA auch für unvereinbar mit dem Grundgesetz, schließlich gelte die Arbeitgeber-Fürsorgepflicht. Die Bundesregierung hat ein juristisches Gutachten zu der Frage erstellt und teilt die Bedenken. Einer Sprecherin des Verkehrsministeriums zufolge lehnt Berlin das Ansinnen aus Washington ab. Lösegeld müsse eine Option bleiben, sagt sie, was freilich nicht heiße, dass es immer gezahlt werden solle. Falls Washington sich durchsetzt, würde vermutlich kaum noch ein Reeder Schiffe durch den Suez-Kanal und den Golf von Aden schicken. Die Strecke ist eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt. Am schlimmsten betroffen wäre der Osten Afrikas, meint Heitmann. Dort könne man einige Häfen dann gar nicht mehr anlaufen, mit verheerenden Folgen für die ganze Region.
Piraterie ist ein einträgliches Geschäft. Die US-Regierung will deshalb Lösegeldzahlungen für gekaperte Schiffe verbieten. Eine radikale Idee. Die Reedereien sind in heller Aufregung.
https://www.sueddeutsche.de/politik/verurteilter-ss-mann-boere-mord-an-der-haustuer-1.15481
politik
Verurteilter SS-Mann Boere - Mord an der Haustür
00/03/2010
66 Jahre hat es gedauert, bis diese Verbrechen ihre Ahndung finden konnten. Im Sommer 1944 hat Heinrich Boere, heute 88 Jahre alt, in den von deutschen Truppen besetzten Niederlanden drei Menschen erschossen. 1949 wurde er dafür von einem Sondergerichtshof in Amsterdam zum Tod verurteilt, später zu lebenslanger Haft begnadigt. Aber da hatte sich Heinrich Boere schon längst der holländischen Justiz entzogen. 1947 war er aus einem Kriegsgefangenenlager entflohen, sieben Jahre hielt er sich in Holland versteckt, dann überquerte er die deutsche Grenze und ließ sich in seinem Geburtsort Eschweiler als Bergmann nieder. Seit 1976 lebt er als Rentner in einem Seniorenheim. Nie hat er geheiratet - er habe ja, sagte er einmal, jeden Tag fürchten müssen, abgeholt zu werden. Zivilisten mussten sterben, weil sie "deutschfeindlich" waren Jetzt hat ihn seine Vergangenheit eingeholt: Das Landgericht Aachen verurteilte ihn wegen Mordes in drei Fällen zu lebenslanger Haft. Der Urteilsbegründung folgte er teilnahmslos, zeitweise schien es, als sei er eingeschlafen. Ob er das Urteil wirklich begriffen hat, ist ungewiss - vielleicht bleibt es ja auch folgenlos für ihn. Bis zur Rechtskraft können aller Voraussicht nach noch Jahre vergehen. Die Opfer der drei Morde waren Zivilisten, die von den Nazi-Besatzern als deutschfeindlich eingestuft und deshalb als Zielpersonen für Vergeltungsaktionen ausgesucht worden waren. Fritz Bicknese, 56, Apotheker in Breda und Vater von zwölf Kindern, Teunis de Groot, 42, Fahrradhändler in Voorschoten, Vater von fünf Kindern, und Frans Willem Kusters, 28, Prokurist, ebenfalls in Voorschoten. Keiner von ihnen war je an bewaffneten Widerstandsaktionen gegen die Deutschen beteiligt gewesen. "Niederträchtige und feige" Exekutierungen Am 14. Juli 1944 kurz vor zehn Uhr abends betrat Heinrich Boere mit einem zweiten SS-Mann, beide in Zivil, die Apotheke Fritz Bickneses. Boere fragte: "Bist du Bicknese", und als dieser bejahte, zog er eine schussbereite Pistole aus der Manteltasche und erschoss den Apotheker. In gleicher Weise ging er am 3. September bei dem Fahrradhändler Teun de Groot vor. Morgens um halb acht klingelten die Mörder an der Haustür, forderten de Groot, der im Schlafanzug war, auf, sich zu legitimieren, und schossen sofort. Nur eine Stunde später klingelten sie bei Frans Willem Kusters. Ihn nahmen sie, weil sie ihn nicht in Anwesenheit seiner Ehefrau erschießen wollten, im Auto mit und täuschten eine Panne vor. Kusters versuchte davonzulaufen, aber Boere und sein Kumpan töteten ihn mit mehreren Schüssen.
"Niederträchtig und feige": In Aachen ist der ehemalige SS-Mann Heinrich Boere zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Vollstreckung der Strafe ist ungewiss.
https://www.sueddeutsche.de/politik/grossbritannien-parlamentswahl-wie-viel-porno-vertragen-pruede-briten-1.16336
politik
Großbritannien: Parlamentswahl - Wie viel Porno vertragen prüde Briten?
00/03/2010
Cicciolina hat vorgemacht, wie frau den Sprung aus den Pornofedern auf das politische Parkett schafft: Das selbsternannte Schnuckelchen (italienisch: la cicciolina) entblößte auf Wahlkampfveranstaltungen schon mal ihre Brüste. So viel Körpereinsatz honorierten die Italiener 1987 mit einem Sitz im Parlament. Anna Arrowsmith hat einen ähnlich wohlklingenden Namen wie Cicciolina (bürgerlich Ilona Staller) - und auch in ihren politischen Ambitionen gleichen sich der italienische Sexfilmstar und die britische Porno-Produzentin: Wenn im Mai auf der Insel gewählt wird, will die 38-Jährige als Kandidatin der Liberaldemokraten im südenglischen Bezirk Gravesham einen Platz im Unterhaus ergattern. Sie hat die Haare schön wie Merkel Eine Passion für Porno und Politik haben die beiden Frauen gemeinsam, doch ihre Wahlkampfstrategien könnten unterschiedlicher kaum sein: Das fängt schon beim Erscheinungsbild an. Cicciolina pflegte eine lange, wasserstoffblonde Mähne, Anna trägt dagegen Bob, kinnkurz und brünett. Die Frisur ähnelt der der deutschen Kanzlerin: Angela Merkels Haarschnitt strahlt zwar keine Erotik, dafür aber Effizienz und Professionalität aus. Dazu passt, dass sich Arrowsmith auf ihrer offiziellen Kandidaten-Homepage in hellem Streifenhemd und schwarzem Jacket präsentiert. Auf annaforgravesham.org.uk erfährt man, dass Anna einen Bachelor in "Film und Video" sowie einen Master in Philosophie hat. Schwerpunkt ihres Studiums: Gender-Philosophie. "Anna wurde Großbritanniens erste Regisseurin für Erwachsenenfilme, als sie merkte, dass es ihrem großen Interesse an den Rechten der Frau am dienlichsten ist, wenn sie die Erwachsenenindustrie von innen heraus verändert", ist da zu lesen. Ihre Produktionsfirma "Easy on the Eye" habe in zwölf Jahren 250 frauen- und paarfreundliche Filme herausgebracht. Die Akademikerin halte Vorträge an Universitäten - über ihre Arbeit, Feminismus und Filmtheorie. Außerdem ist sie Mitglied in der Organisation "Feminists Against Censorship" und wurde für ihr berufliches Engagement, laut Webseite, unter anderem mit dem internationalen Good For Her Feminist Award ausgezeichnet. Als Intellektuelle des "Erwachsenenfilms" präsentiert sich Anna Arrowsmith. Das Pfui-Wort "Porno" wird vermieden. So entsteht auch der Eindruck, bei dem ominösen Good For Her Feminist Award handele es sich um eine Ehrung für verdiente Frauenrechtlerinnen. Dabei heißt der Preis richtig Good For Her Feminist Porn Award - und ist eine Auszeichnung der Sexfilm-Industrie. Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie sich das Sauberfrau-Image von Anna Arrowsmith mit einem Klick in Luft auflöst.
Kreuz für die Sünde: Anna Arrowsmith kandidiert für das Unterhaus. Sie produziert hauptberuflich "feministische Erwachsenenfilme".
https://www.sueddeutsche.de/politik/usa-gesundheitsreform-gebilligt-obama-und-sein-langer-weg-1.13407
politik
USA: Gesundheitsreform gebilligt - Obama und sein langer Weg
00/03/2010
Am Ende also hat es doch gelangt. Nach einer mäandernden, mehr als einjährigen Diskussion, nach Zugeständnissen hier und Nachbesserungen dort, deren Weiterungen nur Experten wirklich überschauen können, nach einer Zitterpartie bis zum Schluss hat das US-Repräsentantenhaus die Gesundheitsreform gebilligt. Nun kann Präsident Barack Obama das Reformgesetz unterschreiben und in Kraft setzen. Das ist von enormer Bedeutung für Amerika - und seine Präsidentschaft. Alles andere wäre einer Katastrophe für ihn gleichgekommen. Politisch brauchte er den Erfolg. Sonst hätten er und seine Partei, die Demokraten, wenig vorzuweisen, wenn im Herbst der Kongress neu gewählt wird. Wie sehr die Reform den Demokraten bei den Wählern indes wirklich helfen wird, ist keineswegs ausgemacht. Zu erbittert wurde die Diskussion geführt, als dass sich die aufgewühlten Gemüter schnell wieder beruhigen ließen. Noch lehnt eine Mehrheit der Bevölkerung die Reform ab. Der Präsident hofft, dass die Amerikaner die Vorzüge der Reform erkennen werden, nun da sie eingeführt wird. Das könnte sich als Wunschdenken erweisen. Dabei ist die Reform von der Sache her zwingend geboten. Es ist ein Skandal, dass ein Sechstel aller Menschen in den Vereinigten Staaten ohne Krankenversicherung auskommen muss. Das bedeutet nur allzu oft, dass sie erst zum Arzt gehen, wenn es zu spät ist. Oder aber, dass Krankenkassen sich Patienten einfach entledigen, deren Behandlung ihnen zu teuer wird. Mit beiden Missständen räumt diese Reform auf. Und wenn die Berechnungen stimmen, wird sie auch die Kosten des ausufernden amerikanischen Gesundheitswesen eindämmen. Zwar bei weitem nicht so weitreichend, wie es nötig wäre. Aber ein Anfang ist gemacht. Die Republikaner haben den Untergang des American Way of Life heraufbeschworen, das Ende des Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen über das eigene Schicksal. Das ist eine groteske Verzerrung der tatsächlichen Absichten und Folgen der Reform und menschenverachtend gegenüber den Millionen, die sich im bisherigen System keine Versicherung haben leisten können. Das Gezeter dürfte weitergehen, kaum dass die Tinte Obamas unter dem Reformgesetz trocken sein wird. Die Aktivisten der Tea-Party-Bewegung werden nicht nachlassen, die Reform als Teufelswerk zu brandmarken. Die Republikaner werden versuchen, sie im Wahlkampf auszuschlachten. Konservative Gouverneure wollen gegen die Reform klagen und deren Verfassungsmäßigkeit überprüfen lassen. Obama darf indes die kommenden Wochen und Monate nicht darauf verwenden, die richtige und so wichtige Reform zu verteidigen. Er wird seinen Kritikern nur mit einem den Wind aus den Segeln nehmen können: Wenn er sich ohne Wenn und Aber erkennbar auf die Ankurbelung der US-Wirtschaft und die Schaffung neuer Arbeitsplätze konzentriert. Wenn ihm das gelingt, kann er hoffen, dass irgendwann die Mehrheit der Amerikaner die Notwendigkeit der Reform einsieht. Aber nur dann.
Nach langem Streit beschließt das Repräsentantenhaus die Gesundheitsreform. Ein Sieg für Präsident Barack Obama - doch seine Hauptaufgabe ist eine andere.
https://www.sueddeutsche.de/politik/odenwaldschule-ex-schulleiter-entschuldigt-sich-1.9041
politik
Ex-Schulleiter entschuldigt sich
00/03/2010
Jahrelang hat er zu den Vorwürfen geschwiegen, nun endlich ein Wort: Gerold Becker, der frühere Leiter der Odenwaldschule in Hessen bittet in einem Brief um Verzeihung. In den vergangenen Wochen hatten sich immer mehr ehemalige Schüler gemeldet, die Becker vorwerfen, sie sexuell missbraucht zu haben. Beharrlich hatte Becker, der 73 Jahre alt ist und unter einer schweren Lungenkrankheit leidet, jede Auskunft dazu verweigert. Schriftliche Entschuldigung Am Freitag nun, teilte die jetzige Schulleiterin Margarita Kaufmann mit, ging ein Brief an der Schule ein, in dem Becker Übergriffe einräumt und sich dafür entschuldigt. Laut Kaufmann schreibt Becker in dem Brief: "Schüler, die ich (...) durch Annäherungsversuche oder Handlungen sexuell bedrängt oder verletzt habe, sollen wissen: Das bedauere ich zutiefst und ich bitte sie dafür um Entschuldigung." Diese Bitte beziehe sich "ausdrücklich auch auf alle Wirkungen, die den Betroffenen erst später bewusst geworden sind." Die Schriftstellerin und ehemalige Odenwald-Schülerin Amelie Fried, die Becker öffentlich aufgefordert hatte, sich zu entschuldigen, sagte: "Ich bin dankbar, dass er sich zu diesem Schritt entschlossen hat." Auch wenn Becker Erklärungen schuldig bleibe, sei es eine Erleichterung für die Opfer und früheren Schüler. "Für seine Entschuldigung gebührt ihm Respekt", sagte Fried. Im Kreise der Opfer gibt es allerdings auch andere Ansichten. Der Rechtsanwalt Thorsten Kahl, der einen früheren Schüler vertritt, nannte Beckers Entschuldigung ein "Lippenbekenntnis". Becker hätte sich schon vor Jahren äußern können, er bezweifele, dass die Worte ehrlich seien und mehr als "bloße Taktik". Traumatische Erlebnisse Becker arbeitete von 1969 bis 1985 an dem bundesweit bekannten Internat, seit Beginn der siebziger Jahre war er dort auch Direktor. Bereits Ende der neunziger Jahre hatten ihn frühere Schüler beschuldigt, sie missbraucht zu haben. Schon zum damaligen Zeitpunkt waren die Taten jedoch strafrechtlich verjährt. Im Jahr des 100-jährigen Bestehens der Odenwaldschule meldeten sich in diesem Jahr aber erneut die Opfer, und es kamen viele weitere hinzu, die erst jetzt ihre traumatischen Erlebnisse mitteilten. Außer Becker stehen an der Odenwaldschule noch sieben weitere ehemalige Lehrer unter Verdacht. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hat nun erneut Ermittlungen eingeleitet, weil nicht auszuschließen ist, dass einige Taten noch nicht verjährt sind. Insgesamt haben sich bisher mehr als 30 Opfer bei der derzeitigen Schulleitung gemeldet. Ende der neunziger Jahre zog sich Becker aus allen Funktionen an der Odenwaldschule zurück, trat aber als gefragter pädagogischer Experte immer wieder in Erscheinung. Beckers Lebensgefährte Hartmut von Hentig hatte Becker bis zuletzt verteidigt und es ausgeschlossen, dass Becker ein Unrecht begangen haben könnte. In einer E-Mail hatte Becker der Süddeutschen Zeitung noch Anfang März mitgeteilt, von ihm könne man keine neuen "Fakten" erfahren, sondern bestenfalls ein paar Argumente für sein öffentliches Schweigen. In den vergangenen Tagen hatten zahlreiche Medien ausführlich über den Fall und die Verwicklung Beckers berichtet. Die jetzige Schulleiterin Margarita Kaufmann bemüht sich seit Wochen um eine vollständige Aufklärung des sexuellen Missbrauchs an der Odenwaldschule. Die Vorfälle haben auch bundesweit eine Debatte über die Reformpädagogik entfacht, der sich die Odenwaldschule verpflichtet fühlt.
Er bedauert und bittet um Entschuldigung: Der ehemaliger Leiter der Odenwaldschule räumt in einem Brief Übergriffe auf Schüler ein.
https://www.sueddeutsche.de/politik/treffen-in-moskau-nahost-quartett-verurteilt-israels-siedlungsplaene-1.9334
politik
Treffen in Moskau - Nahost-Quartett verurteilt Israels Siedlungspläne
00/03/2010
Das Nahost-Quartett hat bei einem Treffen in Moskau die israelischen Siedlungspläne verurteilt. Zugleich appellierte die Vermittlergruppe an diesem Freitag an die Palästinenser, alle Provokationen in der Konfliktregion einzustellen. Das Quartett begrüße jedoch die grundsätzliche Bereitschaft beider Parteien zu Gesprächen, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bei einer vom russischen Staatsfernsehen live übertragenen Pressekonferenz. Das Nahost-Quartett aus Russland, den USA, den Vereinten Nationen und der Europäischen Union strebe innerhalb von zwei Jahren eine Einigung zwischen Israel und den Palästinensern an. Alle Staaten der Region sollten einen Dialog unterstützen. Das Quartett fordere Israel weiter auf, alle seit März 2001 errichteten Siedlungen wie im Friedensplan (Road Map) vorgesehen wieder abzureißen, sagte Ban. Der UN-Generalsekretär kündigte eine baldige Reise in den Gazastreifen an. Er sei "tief beunruhigt" über die humanitäre Situation in dem abgeriegelten Palästinensergebiet. "Aufwieglerische Rhetorik" Ban rief die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, mehr zur Bildung eines "unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen" Palästinenserstaats zu unternehmen. Allerdings müssten die Palästinenser ihre "aufwieglerische Rhetorik" zügeln. "Ein Dialog ist ein wichtiger Schritt zu Verhandlungen ohne Vorbedingungen." US-Außenministerin Hillary Clinton bezeichnete die jüngsten Pläne Israels zum Bau von 1600 Wohnungen im arabischen Ostteil Jerusalems als "einseitige Schritte, die nicht bei der Lösung der Situation" helfen. "Wir hoffen sehr, dass beide Parteien schon bald zumindest indirekte Verhandlungen beginnen", sagte Clinton. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sprach von "sehr deutlichen Schlussfolgerungen" des Quartetts, die er im Nahost-Konflikt als "Schritt vorwärts" betrachte. "Ich gehe davon aus, dass Israel diese Erklärung hören und richtig verstehen wird", betonte Lawrow. An dem Treffen in Moskau nahmen auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sowie der neue Nahostbeauftragte Tony Blair teil. In der Nacht zum Freitag hatten israelische Kampfflugzeuge Ziele im Gazastreifen angegriffen. Wie das Armee-Radio berichtete, wurden Werkstätten zur Waffenherstellung und Schmugglertunnel im Süden des Palästinensergebiets an der Grenze zu Ägypten beschossen. Angaben über Schäden oder Verletzte gab es zunächst nicht. Die Angriffe erfolgten nur wenige Stunden nach einem tödlichen Raketenangriff militanter Palästinenser, bei dem in einem israelischen Grenzort ein thailändischer Arbeiter getötet worden war. Es war das erste Mal seit dem Gaza-Krieg vor 14 Monaten, dass wieder ein Mensch in Israel bei einem solchen Angriff ums Leben kam.
"Tief beunruhigt": Das Nahost-Quartett hat Israels Ankündigung zum Ausbau jüdischer Siedlungen in Ost-Jerusalem scharf kritisiert.
https://www.sueddeutsche.de/politik/kundus-ausschuss-gruppe-85-nach-den-bomben-die-pr-1.22587
politik
"Kundus-Ausschuss - ""Gruppe 85"": Nach den Bomben die PR?"
00/03/2010
Die "Organisationseinheit 85" war angetreten, um schwarze Schafe in den eigenen Reihen zu finden. In den sechziger Jahren überprüfte die Sondereinheit die Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes auf ihre nationalsozialistische Vergangenheit. Mehr als 70 BND-Mitarbeiter, die hohe Nazi-Ämter inne gehabt hatten oder nachweislich in Kriegsverbrechen verwickelt gewesen waren,wurden daraufhin entlassen, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung in dieser Woche berichtet hatte. Auch die "Gruppe 85", die im vergangenen Herbst im Bundesverteidigungsministerium tätig war, beschäftigte sich mit den eigenen Leuten. Allerdings kam es hier anscheinend weniger auf innere Reinigung an als auf die Außenwirkung. Nachdem bei dem umstrittenen Angriff auf zwei Tanklastzüge bei Kundus am 4. September 2009 auch Zivilisten ums Leben gekommen waren, untersuchte die Nato den Vorfall. Die deutsche "Gruppe 85" sollte diese Untersuchung begleiten. Sie begann ihre Arbeit am 9. September - fünf Tage nach dem Angriff - und beendete sie kurz bevor Karl-Theodor zu Guttenberg Ende Oktober das Verteidigungsressort übernahm. Unklar ist, mit welcher Absicht die "Gruppe 85" ihrer Arbeit nachging: Nur beobachten oder auch beeinflussen? Der inzwischen entlassene Staatssekretär Peter Wichert bestätigte am Donnerstag im Untersuchungsausschuss, dass er die Arbeitsgruppe eingesetzt habe. Sie sollte die Untersuchungen der Nato zum Luftschlag begleiten und sicherstellen, dass der Bericht neutral ausfalle. Es sei ihm darum gegangen, dass nicht "eine einseitige Untersuchung der Nato in die Welt gesetzt wird, der wir dann hinterhergelaufen wären", sagte Wichert. Tatsachen, die den verantwortlichen Oberst Klein entlasten könnten, sollen nicht unter den Tisch fallen. Anscheinend hatten kritische Äußerungen, die Nato-General McChrystal im Vorfeld gemacht hatte, den Staatssekretär zu dieser Maßnahme gebracht. Dass die "Gruppe 85" die Ermittlungen behindern und belastende Informationen vertuschen sollte, nannte Wichert am Donnerstag "blanken Unsinn". Spiegel Online hatte berichtet, dass im Ministerium eine Arbeitsgruppe aus mindestens fünf Beamten gegründet wurde, "um die Ermittlungen der Nato zu dem Fall zu beeinflussen". Der Bericht über die "Vernebelungseinheit", die einen "Spion" in der Nato-Untersuchungskommission hatte, wurde am Donnerstag kurz vor Wicherts Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss veröffentlicht. Die Glaubwürdigkeit des ehemaligen Staatssekretärs wird durch den Vertuschungsverdacht deutlich beschädigt. Pikant ist vor allem der Zeitpunkt des Vorfalls - kurz vor der Bundestagswahl am 27. September 2009. In den Papieren aus dem Verteidigungsministerium, aus denen neben Spiegel Online auch die Nachrichtenagentur dpa zitiert, ist am 16. September 2009 - elf Tage vor der Bundestagswahl - davon die Rede, dass es 100 bis 120 Todesopfer gegeben haben könnte. Offiziell wurde bis zu dem Ende Oktober in Berlin eingetroffenen Isaf-Bericht von deutlich weniger Toten gesprochen. In dem Isaf-Bericht hieß es dann, dass durch den Angriff am 4. September bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt worden seien. Der Untersuchungsausschuss will nun auch der Frage nachgehen, ob der Öffentlichkeit Informationen zu zivilen Opfern aus Wahlkampfgründen vorenthalten wurden. Sollte das der Fall gewesen sein, sei dies ein "ungeheurer Vorgang", sagte der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour. Weniger wichtig, aber genauso unklar ist, warum die Arbeitsgruppe den Namen "Gruppe 85" trug. Auf diese Frage weiß man noch nicht mal im Verteidigungsministerium eine Antwort.
Harmlose Arbeitsgruppe oder "Vernebelungseinheit"? Die Gruppe 85 begleitete im Verteidigungsministerium die Nato-Untersuchungen des Luftschlags in Kundus.
https://www.sueddeutsche.de/politik/usa-plaene-fuer-den-legislativen-amoklauf-1.20578
politik
USA - Pläne für den legislativen Amoklauf
00/03/2010
Als US-Präsident ist Barack Obama zugleich Oberbefehlshaber der Armee seines Landes. Das gibt ihm das Recht, im Kriegsfall den Abwurf einer Atombombe zu befehlen. Nicht vorgesehen ist freilich, dass er daheim Politik mit derart explosiven Mitteln betreibt. Das aber ist Obama im Begriff zu tun: Per Interview hat er seinen Demokraten im Kongress praktisch die Erlaubnis gegeben, das politische System der USA zu sprengen. Wenn die demokratischen Fraktionsführer in Abgeordnetenhaus und Senat die umstrittene Gesundheitsreform nur mit Hilfe eines dubiosen Verfahrenstricks durchs Parlament drücken könnten, so solle ihm das recht sein, ließ Obama wissen. Er habe anderes zu tun, als sich um Verfahrensregeln zu sorgen. Im Weißen Haus liegen die Nerven blank, nur so ist Obamas harte Haltung zu erklären. Die Gesundheitsreform ist das mit Abstand wichtigste innenpolitische Vorhaben des Präsidenten. Obama hält es - völlig zu Recht - für einen Skandal, dass in einem reichen Land wie den USA etwa 50 Millionen Menschen keine Krankenversicherung haben; dass Menschen finanziell ruiniert sind, weil sie sich ein Bein brechen; oder dass ein Kind stirbt, weil eine entzündete Zahnwurzel nicht behandelt wird. Obamas Reform soll einigen Millionen bisher unversicherten Amerikanern eine bezahlbare Krankenversicherung verschaffen. Dass der Präsident dafür kämpft, ist richtig. Zudem kann man Obama nicht dafür schelten, dass er keine Rücksicht auf die oppositionellen Republikaner mehr nehmen will. Sie haben seine Reform torpediert und verleumdet. Die Auseinandersetzung ist längst zu einer Kraftprobe zwischen Präsident und Opposition geworden - ein Machtkampf, in dem sich Obama keine Niederlage leisten kann. Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Obama die Reform trotzdem durchdrücken will.
Obama fehlt für seine Gesundheitsreform die Mehrheit im Kongress. Jetzt erwägt der Präsident unlautere politische Tricks.
https://www.sueddeutsche.de/politik/kundus-ausschuss-guttenberg-hatte-alle-relevanten-informationen-1.22233
politik
"Kundus-Ausschuss - ""Guttenberg hatte alle relevanten Informationen"""
00/03/2010
Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, und Ex-Staatssekretär Peter Wichert fühlen sich zu Unrecht von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) entlassen. Das machten beide am Donnerstag vor dem Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestages deutlich. Beide versicherten auch, dass Guttenberg schon unmittelbar nach seinem Amtsantritt am 28. Oktober alle für die Bewertung des Luftschlags vom 4. September relevanten Informationen vorlagen. Schneiderhan sagte überdies, dass er Guttenberg schon frühzeitig auf Fallstricke im Zusammenhang mit dem Luftschlag von Kundus aufmerksam gemacht habe. Schneiderhan und Wichert waren von Guttenberg am 25. November vorigen Jahres entlassen worden, was von der Opposition, aber auch von Teilen der Union bis heute für falsch und voreilig gehalten wird. Guttenberg hatte das Bekanntwerden des sogenannten Feldjägerberichts zum Anlass für die Entlassung der beiden Spitzenleute genommen. Schneiderhan und Wichert sagten, dass dieser Bericht keine neue Fakten enthalten habe und deshalb zur Begründung für ihren Rauswurf nicht tauge. Guttenberg hatte am 28. Oktober das Amt von seinem Vorgänger Franz Josef Jung übernommen. Am selben Abend traf in Berlin der offizielle Abschlussbericht der Nato zum Luftschlag von Kundus ein. Am Tag darauf bezeichnete Schneiderhan in einer im Ministerium sorgfältig abgestimmten Erklärung den Luftschlag als "in operativer Hinsicht militärisch angemessen". Unmittelbar danach will Schneiderhan dem neuen Minister unter vier Augen, vor dem Start zu einem gemeinsamen Flug nach Nörvenich zur Verabschiedung des Luftwaffeninspekteurs, empfohlen haben, er solle bei der bevorstehenden Begegnung mit Journalisten bei Äußerungen zu dem Luftschlag "Vorsicht und Zurückhaltung" üben, weil "nicht alles so einfach" sei, wie es in der Kürze der ersten Unterrichtung des Ministers am Morgen womöglich ausgesehen habe. Der Minister habe sich bedankt, aber nicht weiter nachgefragt, sagte Schneiderhan.
Ex-Generalinspekteur Schneiderhan und der frühere Staatssekretär Wichert wehren sich gegen ihren Rauswurf und "ehrabschneidende" Darstellungen.
https://www.sueddeutsche.de/politik/hartz-iv-anzeige-gegen-westerwelle-ich-fiel-ploetzlich-in-ein-loch-1.12338
politik
"Hartz IV: Anzeige gegen Westerwelle - ""Ich fiel plötzlich in ein Loch"""
00/03/2010
Leise und unsicher klingt Gunther Clemens gut vier Wochen nach der Anzeige gegen FDP-Chef Guido Westerwelle. "Das nimmt mich psychisch alles total mit", sagt der 42-Jährige. Der Hartz-IV-Empänger hatte Strafanzeige gegen den Außenminister und Vizekanzler gestellt, weil er sich durch dessen Äußerungen zu Hartz IV persönlich beleidigt gefühlt hatte und dies in einem Interview mit sueddeutsche.de begründet. Westerwelle hatte sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Hartz-IV-Satz für Kinder über die "spätrömische Dekadenz" echauffiert, die seiner Ansicht nach unter deutschen Empfängern von sozialen Hiflsleistungen herrsche. Gunther Clemens, der seit Jahren aus gesundheitlichen Gründen auf diese Hilfestellungen angewiesen ist, sich aber nebenbei um Arbeit bemüht, findet dies empörend. Durch gesundheitliche Probleme in der Hartz-IV-Falle Denn Gunther Clemens war nicht immer auf Hartz IV angewiesen. Der Mann aus Leer war viele Jahre als selbständiger Möbelschreiner tätig, nebenbei betrieb er einen Kurierdienst. "Die Geschäfte liefen gut - allerdings habe ich den Fehler gemacht, mehr als 50 Prozent der Aufträge von einem einzigen Kunden zu übernehmen. Als der Pleite ging, riss er uns mit in den Ruin", erinnert sich Clemens. "Das war eine große seelische Belastung, dann kamen gesundheitliche Probleme dazu und schon war ich in der Hartz-IV-Falle." Bandscheibenvorfälle, Knieprobleme und Migräne führten dazu, dass Clemens eine Umschulung zum Reiseverkehrskaufmann abbrechen musste. Hartz IV war für den Niedersachsen die letzte Möglichkeit, sich und seine Familie zu versorgen. Denn auch seine Frau ist neben ihrem 400-Euro-Job bei einem Discounter auf Hartz IV angewiesen. "Es ist wirklich schwer, über die Runden zu kommen", sagt Clemens und erzählt von den vielen Wünschen, die er seiner 15-jährigen Tochter abschlagen muss. Die würde gerne mal in den Urlaub fahren, "aber eigentlich reicht es immer nur für Balkonien", seufzt er. Die Familie lebt in einem kleinen Einfamilienhaus. Das wenige Geld, das am Ende des Monats übrig bleibt, legt Clemens lieber für die Zukunft seiner Tochter auf die Seite: "Sie möchte ihr Abitur machen und Fotografie oder Grafikdesign studieren. Um ihr das zu ermöglichen, würde ich auf fast alles verzichten."
Hartz-IV-Empfänger Gunther Clemens zeigte den Vizekanzler wegen Beleidigung an. Bis heute kämpft er mit den Folgen.
https://www.sueddeutsche.de/politik/neue-plaene-der-regierung-berliner-steuer-express-fuer-duesseldorf-1.1914
politik
Neue Pläne der Regierung - Berliner Steuer-Express für Düsseldorf
00/03/2010
Die Spitzen von Union und FDP planen angesichts schlechter Umfragewerte und einer drohenden Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen einen Strategiewechsel. In Koalitionskreisen hieß es, wenn man in die Offensive kommen wolle, dürften wichtige Projekte nicht auf die Zeit nach der NRW-Wahl am 9. Mai verschoben werden. Im Gespräch ist deshalb, noch im April ein deutlich abgespecktes Steuerreformkonzept zu präsentieren. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung könnte das Volumen der steuerlichen Entlastungen von zunächst geplanten knapp 20 Milliarden auf fünf bis zehn Milliarden Euro reduziert werden. Im Mittelpunkt soll dabei die Bekämpfung der sogenannten kalten Progression stehen. Sie entsteht, wenn die Gehaltserhöhung nicht ausreicht, um die Inflationsrate auszugleichen, die Steuerbelastung aber trotzdem steigt. Zudem könnte der Einkommensteuertarif im unteren Bereich etwas abgeflacht werden, was ebenfalls vor allem Gering- und Durchschnittsverdienern zugute käme. Die Grundzüge eines solchen Konzepts sollen bereits am kommenden Sonntag bei einem weiteren Sechs-Augen-Gespräch der Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Guido Westerwelle (FDP) besprochen werden. Ob dann auch schon endgültige Beschlüsse fallen und bekannt gegeben werden, blieb am Mittwoch allerdings noch offen. Mit dem Vorziehen ihrer Pläne will sich die Koalitionsführung aus der misslichen Lage befreien, in die sie sich durch die selbst auferlegte Bremse hineinmanövriert hat, erst nach der NRW-Wahl Steuerbeschlüsse zu fassen. Derzeit liegt die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf Umfragen zufolge hinter SPD, Grünen und Linkspartei. Sollte sich das am 9. Mai bestätigen, verlören Union und FDP nicht nur die Regierungsmehrheit im bevölkerungsreichsten Bundesland, sondern auch ihr knappes Stimmenübergewicht im Bundesrat. In den Koalitionskreisen hieß es, Merkel, Seehofer und Westerwelle seien sich einig, dass sie in den kommenden Wochen eigene Themen setzen müssten, um den Negativtrend zu brechen. Neben einer Reihe kleinerer Punkte eigneten sich dafür allein Steuersenkungen, weil Beschlüsse in der Gesundheitspolitik, zum Atomausstieg oder zur Neuordnung der Hartz-IV-Regeln entweder unpopulär oder koalitionsintern noch strittig seien. Allerdings müssten Union und FDP auch in der Steuerpolitik noch Positionen räumen: So besteht bislang vor allem die CDU darauf, vor weiteren Ankündigungen die nächste Steuerschätzung Anfang Mai abzuwarten. Bankenabgabe wird eingeführt Die Liberalen wiederum müssten sich mit einem geringeren Entlastungsvolumen zufrieden geben als gewünscht. Im Gegenzug wäre allerdings die Gefahr gebannt, dass die FDP bei ihrem Parteitag im April ein eigenes Steuerreformkonzept vorlegt. Sie hatte dies aus Verärgerung über die zögerliche Haltung der Union angekündigt, befürchtet aber nun, dass ihr Modell den nächsten großen Koalitionsstreit auslösen und in der öffentlichen Debatte zerredet werden könnte. Durch den Verzicht auf ein Entlastungsvolumen von 20 Milliarden Euro würde Parteichef Westerwelle zudem seine Position in der Debatte über die geplante Kopfpauschale im Gesundheitswesen verbessern, für deren Einführung er zusätzliche Steuergelder benötigt. Parallel zur Ankündigung einer Steuerreform wird die Koalition möglicherweise die Einführung einer Bankenabgabe bekanntgeben, mit deren Hilfe ein Teil der Kosten der Finanzkrise bei den Kreditinstituten wieder eingetrieben werden könnte. CDU und CSU machen sich für eine solche Abgabe stark, die FDP hat sich noch nicht endgültig entschieden.
In NRW droht Schwarz-Gelb eine Niederlage. Deshalb plant die Regierung einen Strategiewechsel: Noch im April soll eine Steuerreform präsentiert werden.
https://www.sueddeutsche.de/politik/missbrauchsskandal-merkel-nimmt-die-kirche-ins-gebet-1.5585
politik
Missbrauchsskandal - Merkel nimmt die Kirche ins Gebet
00/03/2010
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat von den Verantwortlichen für die Missbrauchsfälle in katholischen und anderen Einrichtungen schonungslose Offenheit verlangt. "Es gibt nur eine Möglichkeit, dass unsere Gesellschaft mit diesen Fällen klarkommt, und das heißt: Wahrheit und Klarheit über alles, was passiert ist", sagte Merkel am Mittwoch in der Generalaussprache des Bundestages über den Haushalt. Zugleich räumte sie ein: "Völlige Wiedergutmachung wird und kann es nicht geben." Man müsse über Verjährung und könne über Entschädigung sprechen, sagte die Kanzlerin. "Dass Menschen, die so etwas erfahren haben, sich in dieser Gesellschaft wieder anerkannt, aufgehoben fühlen und wenigstens ein Stück Wiedergutmachung bekommen", sei eine Bewährungsprobe für die gesamte Gesellschaft. Merkel betonte, die Diskussion über die Aufarbeitung der "verabscheuungswürdigen Verbrechen" dürfe sich nicht auf die katholische Kirche beschränken, auch wenn die ersten Fälle aus diesem Bereich bekanntgeworden seien. "Es ist etwas, was in vielen Bereichen der Gesellschaft sich ereignet hat und es ist vor allen Dingen auch etwas, was sich heute teilweise in anderer Form, aber mit gleichen Folgen, weiter ereignet." Die Kanzlerin begrüßte, dass Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gemeinsam mit Familienministerin Kristina Schröder und Bildungsministerin Annette Schavan (beide CDU) gemeinsam ein Gesprächsforum zur Aufarbeitung der Vorfälle bilden wollen. Die Kirche deutete inzwischen Bereitschaft an, Opfer zu entschädigen. "Im Prinzip bekennt sich die Kirche zu ihrer Verantwortung, dass sie den Menschen helfen muss", sagte der Leiter des Katholischen Büros bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten in der ARD. Derzeit diskutiere die Deutsche Bischofskonferenz, wie man Betroffenen auch materiell helfen könne. Dabei stünden zunächst einmal die Täter selbst in der Pflicht. Bei Mönchen seien zudem die Ordensgemeinschaften gefragt. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, hat Merkels Umgang mit der katholischen Kirche scharf kritisiert. "Es sind die Kinder, die den besonderen Schutz der Gesellschaft brauchen, und nicht der Papst," sagte sie im Bundestag und bezog sich damit auf Meldungen, die Bundeskanzlerin verteidige das Vorgehen des Papstes. Außerdem habe die Regierung zu spät auf die Missbrauchsfälle reagiert. Künast forderte die Kanzlerin dazu auf, einen Fonds zur Entschädigung der Opfer einzurichten und dafür Sorge zu tragen, dass auch verjährte Fälle öffentlich gemacht werden. Unions-Fraktionschef Volker Kauder warnte hingegen vor einer Abrechnung mit der Kirche. "Die Wahrheit muss auf den Tisch, aber nicht um der Anklage willen, sondern um in Zukunft so etwas zu verhindern", sagte Kauder. An die Opposition gerichtet sagte er: "Was mich schon betroffen gemacht hat, war, dass offensichtlich einigen von Ihnen es nicht um diese Frage geht, sondern um eine Abrechnung mit der Kirche. Und dies werden wir nicht zulassen."
"Wahrheit und Klarheit über alles": Kanzlerin Merkel pocht darauf, dass die katholische Kirche die Missbrauchsfälle schonungslos aufklärt - und fordert Wiedergutmachung.
https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-auf-fraktionskosten-in-der-rotlichtbar-1.16207
politik
Auf Fraktionskosten in der Rotlichtbar
00/03/2010
Wegen schwerer Untreue in 18 Fällen und schweren Betrugs ist der frühere Geschäftsführer der CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag, Markus Hebgen, zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem muss er 150 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten. Das entschied das Mainzer Amtsgericht am Montag rechtskräftig. In der Verhandlung hatte der CDU-Mann die Vorwürfe umfassend gestanden. Zwischen 2003 und 2006 bezahlte er unter anderem Besuche in Rotlichtbars mit der Kreditkarte der Fraktion. Ob ihn dabei mehrere CDU-Abgeordnete begleiteten, wie von Hebgen ausgesagt, blieb ungeklärt. Auch hat Hebgen Geld aus der Kasse der Fraktionsvorsitzendenkonferenz von CDU und CSU abgezweigt, um damit die drohende Zahlungsunfähigkeit der Landtagsfraktion zu verhindern. Der gesamte Schaden beläuft sich auf etwa 83.000 Euro. Hebgen litt damals unter Geldnot und lebt heute von Hartz IV. Er entschuldigte sich bei der CDU. Für die Partei ist die Affäre indes noch nicht beendet: Sie kann nicht belegen, für welchen Zweck die Fraktion im Wahlkampf 2006 - als Hebgen die Geschäfte führte - 386.000 Euro an die Düsseldorfer Agentur C4 bezahlte. Hebgen behauptet, das Fraktionsgeld sei illegalerweise für den Wahlkampf der Partei geflossen. Ein Prüfbericht des Landesrechnungshofs liegt derzeit bei der CDU zur Stellungnahme. Ihr droht nicht nur die Rückzahlung der Summe, sondern auch eine Geldstrafe in dreifacher Höhe. In einem Jahr wird in Mainz ein neuer Landtag gewählt.
Markus Hebgen, Ex-Geschäftsführer der CDU-Fraktion in Rheinland-Pfalz, ist wegen Untreue und Betrugs verurteilt worden. Kurzmeldungen im Überblick.
https://www.sueddeutsche.de/politik/regionalwahlen-in-frankreich-schlappe-fuer-sarkozy-1.20608
politik
Regionalwahlen in Frankreich - Schlappe für Sarkozy
00/03/2010
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy und seine regierende UMP-Partei haben offenbar eine deutliche Wahlniederlage hinnehmen müssen. Ersten Hochrechnungen zufolge erreichte die UMP bei den Regionalwahlen am Sonntag im Landesdurchschnitt nur 27 Prozent. Die oppositionellen Sozialisten erzielten dagegen 30 Prozent. Das Bündnis Europe Écologie behauptete sich mit 13 Prozent als dritte Kraft im Parteienspektrum, vor dem rechtsextremen Front National, der mit 11 Prozent überraschend stark abschnitt. Kleinere, weit links stehende Parteien erlangten zusammen 8 Prozent. Die Zentrumspartei MoDem kam auf für sie enttäuschende 3,5 Prozent. Insgesamt liegt das linke Lager deutlich vor dem rechten. Die Wahlbeteiligung soll unter 50 Prozent betragen haben. Dies wäre ein Negativrekord für Frankreich. Die Abstimmung galt als wichtiger Test vor der Präsidentschaftswahl 2012. Traditionell werden die Regionalwahlen benutzt, den Präsidenten und seine Regierung abzustrafen. Meinungsforscher hatten daher mit einer Niederlage für Sarkozys UMP-Partei gerechnet. Die Sozialisten unter Parteichefin Martine Aubry hofften, diesmal sämtliche 22 Regionen auf dem Festland sowie die vier Überseeregionen zu gewinnen. Ob sich solche Erwartungen erfüllen, wird sich erst beim zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag zeigen. Bei den Wahlen 2004 hatte die Linke bereits alle Regionen mit Ausnahme von Korsika und dem Elsass errungen. Die Regionen entsprechen von der Größe her deutschen Bundesländern, haben aber weniger Kompetenzen. Das Regionalwahlrecht ist kompliziert. In allen Regionen, in denen diesen Sonntag keine Partei die absolute Mehrheit erlangte, kommt es am 21. März zu einem zweiten Wahlgang. Dann dürfen nur Parteien antreten, die im ersten Wahlgang mehr als zehn Prozent der Stimmen erzielten. Mit ihnen dürfen sich Parteien, die mehr als fünf Prozent erhielten, zu Listen verbinden. In den nächsten Tagen wird es zu harten Verhandlungen kommen. Nach dem Wahlergebnis vom Sonntag ist die Ausgangsbasis der Linken günstiger als die der Rechten. Sarkozy hat angekündigt, in jedem Fall seinen Reformkurs fortzusetzen und auch bei einer Niederlage bei den Regionalwahlen an seiner bisherigen Regierung festzuhalten. Im Video: Umfragen: Sarkozys UMP ist Verlierer der Regionalwahl in Frankreich. Weitere Videos finden Sie hier
Präsident Sarkozy und seine regierende UMP-Partei müssen eine deutliche Niederlage hinnehmen. Hochrechnungen zufolge gewinnen die Sozialisten bei den Regionalwahlen in Frankreich.
https://www.sueddeutsche.de/politik/verteidigungsminister-in-der-kritik-neue-debatte-um-guttenberg-1.24645
politik
Verteidigungsminister in der Kritik - Neue Debatte um Guttenberg
00/03/2010
Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist nach der von ihm angeordneten Versetzung des Brigadegenerals Henning Hars in den einstweiligen Ruhestand in die Kritik geraten. Verteidigungspolitiker der Opposition aus SPD, Grünen und Linkspartei äußerten den Verdacht, Guttenberg könne keine Kritik an seiner Amtsführung ertragen. Er dulde keine Andersdenkenden in der Militärführung und drohe, das Vertrauen der Truppe zu verlieren. Das Verteidigungsministerium wies diese Anschuldigungen zurück. Ein Thema im Untersuchungsausschuss des Bundestags, der Licht in die von einem deutschen Offizier angeforderte Bombardierung eines Tanklastzuges im afghanischen Kundus bringen und die Rolle von Guttenberg aufklären will, wird diese Personalie aber wohl nicht werden. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sagte der Süddeutschen Zeitung: "Diese Angelegenheit ist vom Untersuchungsauftrag nicht gedeckt." Arnold äußerte sich zugleich skeptisch, ob der Bundestag wegen dieser Entlassung bereit sein werde, den Untersuchungsauftrag noch einmal zu verändern. Harsche Kritik Der 54 Jahre alte Hars war vergangene Woche in den Ruhestand versetzt worden, nachdem er vergangenes Jahr in einem Schreiben offenbar harsche Kritik an Guttenberg geäußert hatte. In dem öffentlich noch nicht bekannten Brief soll er nach den Gründen der Entlassung von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan im November sowie nach den unterschiedlichen Einschätzungen Guttenbergs zu dem folgenreichen Bombardement eines Tanklastzuges bei Kundus gefragt haben. Nach Angaben aus Offizierskreisen hatte Hars darin Guttenberg sogar kaum verhohlen zum Rücktritt aufgefordert. Er, Hars, habe den Eindruck, Minister Guttenberg sei nicht aufrichtig und solle, wenn dem so sei, daraus selbst Konsequenzen ziehen - so wurde der Inhalt des Briefes in diesen Kreisen wiedergegeben. Der Brief von Hars sei "recht unverschämt" und "unangemessen im Ton" gewesen, hieß es in diesen Kreisen. Das Schreiben habe man als eine "Bitte um Rausschmiss" interpretiert. Hars, Vater von sieben Kindern, kam nach dem Abitur 1974 zur Bundeswehr, studierte an der Bundeswehrhochschule Hamburg Pädagogik und war neben zahlreichen Aufgaben in der Truppe auch im Kanzleramt tätig sowie als Sekretär der von Altbundespräsident Richard von Weizsäcker geleiteten Kommission, die eine Strukturreform der Bundeswehr erarbeiten sollte. Unterschiedliche Einschätzungen Von 2006 bis 2009 war er Verteidigungsattaché an der deutschen Botschaft in Washington und zuletzt beim Wehrbereichskommando in Kiel. Dort sollte er sich auf eine neue Aufgabe vorbereiten. In der Spitze des Verteidigungsministeriums gab es dem Vernehmen nach unterschiedliche Einschätzungen darüber, wie man nach dem Schreiben mit dem Brigadegeneral verfahren sollte. Guttenberg habe zunächst mit einer Versetzung in den Ruhestand gezögert, weil er sich der anschließenden Diskussionen bewusst gewesen sei und Kritik an einer solchen Entscheidung erwartet habe, hieß es. Staatssekretär Rüdiger Wolf und andere Vorgesetzte des Generals, die mit Hars über sein Schreiben gesprochen hätten, seien für eine Trennung gewesen, verlautete weiter. Schneiderhan und der frühere Staatssekretär Peter Wichert sollen am Donnerstag im Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagen. Beide waren im November wegen Informationspannen abgelöst worden. Im Mittelpunkt wird dabei die Frage stehen, ob Schneiderhan und Wichert tatsächlich mit dafür verantwortlich waren, dass ihr Minister wegen ihm angeblich vorenthaltener Informationen über Opferzahlen den Angriff mit bis zu 142 Toten zunächst falsch eingeschätzt und ihn deshalb als "militärisch angemessen" beurteilt hatte.
Das Ministerium von Karl-Theodor zu Guttenberg verteidigt die Entlassung eines Generals, der einen "unverschämten" Brief geschrieben haben soll.
https://www.sueddeutsche.de/politik/westerwelle-auf-dem-nrw-parteitag-ihr-kauft-mir-den-schneid-nicht-ab-1.17752
politik
"Westerwelle auf dem NRW-Parteitag - ""Ihr kauft mir den Schneid nicht ab"""
00/03/2010
Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat sich zum ersten Mal offiziell zu den Vorwürfen der Opposition geäußert, er betreibe Günstlingswirtschaft. Nach seiner Rückkehr von der Südamerikareise sprach er am Sonntag auf dem NRW-Landesparteitag in Siegen über die "Attacken". Die Opposition hatte ihm vorgehalten, sein Lebensgefährte Michael Mronz habe die gemeinsame Reise nach Südamerika für geschäftliche Zwecke genutzt. Westerwelle bezeichnete es als "einmaligen Vorgang", dass die Opposition eine Attacke gegen den Außenminister fahre, während dieser sich im Ausland aufhalte, weil "man sich im Ausland gegen die Attacken nicht wehren kann." Das, so der FDP-Bundesvorsitzende, gehöre sich nicht. "Nur noch unanständig" Westerwelle erklärte, in anderen Ländern werde ein Außenminister kritisiert, wenn er nicht Chancen für die Wirtschaft auf seinen Reisen eröffnet. Und weiter: "In Deutschland wird man dafür kritisiert." Besonders perfide bezeichnete Westerwelle das Vorgehen, den Bundespräsidenten in die Debatte "hineinzuziehen" und ihm vorzuwerfen, er habe sich "nicht auf Seiten der Opposition gestellt". Die Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen Renate Künast hatte dem Bundespräsidenten Horst Köhler parteiisches Verhalten zugunsten der Union und der FDP vorgeworfen. Das, so Westerwelle weiter, finde er "nur noch unanständig". Diese Debatte "schadet den Interessen des Landes". Außerdem sieht Westerwelle diese Attacke als Beispiel für die Kulturlosigkeit der Opposition. Er schlussfolgerte: "Wenn links regiert, hat dieses Land auch keine politische Kultur mehr. " Direkten Bezug auf seinen Lebensgefährten Michael Mronz, auf den sich der Vorwurf maßgeblich bezog, nahm Westerwelle nicht. Stattdessen betonte er, sich durch diese Diskussion nicht aus der Ruhe bringen zu lassen: "Sie merken, dass ich sehr gelassen bin, sehr ruhig, aber auch sehr entschlossen. " Die Attacke wertete er als "ein gutes Zeichen", denn, so der Außenminister: "Wir sind der Konkurrenz zu groß geworden und deswegen arbeitet sie sich an uns ab. " Er prognostizierte: "Das wird so weitergehen bis zur Wahl." "Not the public opinion!" Dann wechselte er wieder zum Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen. Hier setzte er vor allem die Schulpolitik als Thema ein. Weiter sprach Westerwelle über entideologisierte Energiepolitik und verteidigte die Änderung im Erbschaftssteuerrecht ("ich werde dafür kritisiert, das ist mir aber egal, weil es nötig ist.") Er warb für ein "einen Neuanfang in unserem Steuer und Abgabensystem" und betonte: "Ein faires Steuersystem, es rettet die Staatsfinanzen." Außerdem sprach er sich erneut er für moderne Gen- und Nanotechnologien aus. Das Beispiel eines zuckerkranken Jungen, den er zufällig in seinem Winterurlaub kennenlernte und der dank Geninsulins "einigermaßen unbeschwert mit mir in einem anderen Land im selben Hotel Urlaub machen konnte"," sollte die Bedeutung von modernen Technologien erläutern. Guido Westerwelle benutzte auch ein paar englische Worte: "The published opinion ist not always the public opinion.That's english." Dazu erklärte er in Richtung der anwesenden Medienvertreter: "Um es auf deutsch zu sagen: Ihr kauft mir den Schneid nicht ab." Weiter legte Westerwelle in der Hartz IV Debatte nach und forderte, "dass der Sozialstaat denen hiflt, die nicht können, aber nicht denen hilft, die nicht wollen, obwohl sie können. "
Auf dem Landesparteitag in Siegen verteidigt FDP-Chef Guido Westerwelle sein Verhalten auf Auslandsreisen und legt in der Hartz-IV-Debatte nach.
https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-anschlagsserie-erschuettert-kandahar-1.6391
politik
Anschlagsserie erschüttert Kandahar
00/03/2010
Bei einer Anschlagsserie in der afghanischen Stadt Kandahar sind am Samstagabend 30 Menschen getötet worden. Unter den Anschlagsopfern seien Zivilisten und Polizeibeamte, sagte der Chefarzt des größten Krankenhauses in Kandahar. Mehr als 50 Menschen seien zudem verletzt worden, als nach Einbruch der Dämmerung vier Sprengsätze in der Innenstadt in kurzer Folge explodiert seien. Die radikal-islamischen Taliban bekannten sich zu der Anschlagsserie. Die Selbstmordanschläge seien als Warnung an die ausländischen Truppen gerichtet, teilten die Aufständischen am Samstag auf ihrer Internetseite mit. Bei den Attentaten seien "zahlreiche Feinde der Gotteskrieger" getötet worden. Die größte Bombe detonierte nach Angaben der Provinzregierung nahe des streng bewachten Gefängnisses von Kandahar. Den Angreifern sei aber wohl nicht gelungen, in das Gefängnis einzudringen, sagte der Vorsitzende des Provinzrates von Kandahar, Ahmed Wali Karsai, der dpa. Der Bruder von Staatspräsident Hamid Karsai hielt sich zum Zeitpunkt der Angriffe in der Hauptstadt Kabul auf. Aufständische hatten das Gefängnis bereits im Juni 2008 angegriffen. Damals war es ihnen gelungen, hunderte Gefangene zu befreien. Ein weiterer Anschlag zielte auf das Gebäude des Polizeichefs. Ein dritter Sprengsatz ging nahe der Residenz des Provinzchefs Ahmad Wali Karsai, dem Halbbruder von Präsident Hamid Karsai, in die Luft. Die US-Streitkräfte haben noch für dieses Jahr eine Offensive gegen die Aufständischen in der Provinz Kandahar angekündigt und den Einsatz bereits im Vorfeld als möglicherweise entscheidende Schlacht gegen die Taliban bezeichnet. Kandahar war die inoffizielle Hauptstadt der Taliban bis zu deren Sturz 2001. Ein mutmaßliches Mitglied des Terrornetzwerks al-Qaida hat jahrelang in einer US-Atomanlage gearbeitet, in Thailand marschieren Zehntausende Demonstranten in Richtung Bangkok und in Irland sind drei Verdächtige im Zusammenhang mit dem geplanten Mord an einem Mohammed-Karikaturisten wieder auf freiem Fuß: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.
Bei vier Explosionen in der afghanischen Taliban-Hochburg Kandahar sind 30 Menschen getötet worden. Kurzmeldungen im Überblick.
https://www.sueddeutsche.de/politik/fdp-parteitag-in-siegen-liberale-schiessen-sich-auf-gruene-ein-1.1229
politik
FDP-Parteitag in Siegen - Liberale schießen sich auf Grüne ein
00/03/2010
Zwei Monate vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen schießt sich die FDP immer stärker auf die Grünen ein. Am 9. Mai gehe es um die Frage: "Die Grünen oder wir", schwor Fraktionschef Gerhard Papke die Delegierten des FDP-Landesparteitags in Siegen auf eine harte Auseinandersetzung um Platz drei im Düsseldorfer Landtag ein. Auch Parteichef Andreas Pinkwart griff die Grünen scharf an. "Sie ruinieren unser Land, wenn man sie nur lässt", warnte der Düsseldorfer Innovationsminister. FDP-Innenexperte Horst Engel stieß ins gleiche Horn: "Diese Truppe darf nicht in die Landesregierung." Die grundsätzliche Abneigung gegen die Grünen hat sich bei der FDP seit dem vergangenen Donnerstag zur anhaltenden Empörung gesteigert. In einer Landtagsdebatte hatte der Grünen-Innenpolitiker Horst Becker die Liberalen mit dem Vorwurf zur Weißglut gereizt, er halte die FDP "innerhalb der Parlamente für einen extremen marktradikalen Rand". Damit seien sie "genau der Gegenpol zur Linken". Mit solchen Angriffen auf die FDP wollten die Grünen nur davon ablenken, dass sie einen "Pakt mit den Linksradikalen" vorbereiten, konterte der neuen Generalsekretär der NRW-FDP, Joachim Stamp. Die Grünen seien eine "kalte, machthungrige Truppe, die mit jedem geht, der Pöstchen verspricht". Adressat der Empörung der FDP ist auch Koalitionspartner CDU. Schwarz-grüne Gedankenspiele sorgen bei den Liberalen schon seit geraumer Zeit für Unmut. Die CDU müsse sich entscheiden, "ob sie genau so klar wie wir auf die Fortsetzung von Schwarz-Gelb setzt, oder ob sie sich auf schwarz-grüne Experimente einlassen will", forderte Papke. In Teilen der CDU gebe es den naiven Glauben, man könne sich die Grünen als Machtreserve halten. Die Grünen seien gerade in Nordrhein-Westfalen fester Bestandteil des linken Lagers. "Wer bei der CDU von Schwarz-Grün träumt, der könnte am Morgen nach der Landtagswahl mit Rot-Rot-Grün aufwachen." Deshalb irritiert Liberalen auch die neue Schul-Kampagne der CDU gegen die Schulpläne von SPD und Linkspartei. Von der kommenden Woche wollen die Christdemokraten in der Nähe von Schulen im ganzen Land Plakate mit der Aufschrift hängen: "Diese Schule wird geschlossen, wenn Rot-Rot regiert." Der FDP fehlen auf den Plakaten die Grünen. Alle drei Parteien forderten "glasklar und übereinstimmend die Einheitsschule", erinnerte Stamp CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid an die Beschlusslage bei SPD, Grünen und Linkspartei. Rösler fordert klaren Kurs von der CDU Auch Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler forderte beim Landesparteitag der Liberalen in Niedersachsen einen klaren politischen Kurs von der CDU. "Wenn wir in der Bundesregierung jetzt nicht schnellstmöglich anfangen, konkreter zu werden als bisher, dann haben die Menschen Recht, wenn sie sich beklagen", sagte er. "Der Erfolg dieser Bundesregierung wird davon abhängen, schnellstmöglich zu klaren Lösungsvorschlägen kommen." Rösler verteidigte auch FDP-Chef Guido Westerwelle gegen Kritik. Dieser sei mit seinen Äußerungen bewusst den "unbequemen Weg" gegangen, auch auf die Gefahr hin, dass er das Ansehen seiner eigenen Position gefährde. Rösler wurde bei dem Parteitag mit einem klaren Ergebnis als Landesvorsitzender der niedersächsischen FDP bestätigt . 97,67 Prozent stimmten für den 37-jährigen, der das Amt seit 2006 innehat.
Kampfbereite FDP: Zwei Monate vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen nimmt Spitzenkandidat Pinkwart die Grünen ins Visier.
https://www.sueddeutsche.de/politik/missbrauch-in-der-katholischen-kirche-paedophiler-pfarrer-in-ratzingers-bistum-1.14013
politik
Missbrauch in der katholischen Kirche - Pädophiler Pfarrer in Ratzingers Bistum
00/03/2010
In der Amtszeit des heutigen Papstes Benedikt XVI. als Erzbischof von München und Freising ist ein wegen Kindesmissbrauchs vorbelasteter Priester in der Gemeindearbeit eingesetzt worden. Dort verging er sich erneut an Jugendlichen und wurde dafür verurteilt. Der damalige Erzbischof Joseph Ratzinger soll dem Umzug des pädophilen Priesters von Essen nach München im Jahr 1980 zugestimmt haben. Das Erzbischöfliche Ordinariat in München bestätigte am Freitag Informationen der Süddeutschen Zeitung, wonach der Priester seit 1980 fast ununterbrochen in der Gemeindearbeit eingesetzt wurde und noch immer als Seelsorger in Oberbayern tätig ist. Der Sprecher des Bistums, Bernhard Kellner, sprach von "schweren Fehlern", die in den achtziger Jahren gemacht worden seien. Nun würden alle Akten auf sogenannte Altfälle untersucht. Die Verantwortung für den Einsatz des Priesters übernahm der frühere Generalvikar Gerhard Gruber, 81. "Der wiederholte Einsatz des Mannes in der Pfarrseelsorge war ein schwerer Fehler", sagte er der SZ am Freitag. "Ich übernehme dafür die volle Verantwortung. Ich bedauere zutiefst, dass es durch diese Entscheidung zu dem Vergehen mit Jugendlichen kommen konnte und entschuldige mich bei allen, denen Schaden zugefügt wurde." Mit Wissen des Erzbischofs Besondere Brisanz erhält der Fall dadurch, dass der heutige Papst darin verwickelt ist. Benedikt XVI. saß damals als Erzbischof von München und Freising im Ordinariatsrat des Bistums. Dieser Rat stimmte dem Umzug des pädophilen Priesters nach München zu, der sich im Bistum Essen wegen Kindesmissbrauchs nicht mehr halten konnte. "Diesen Beschluss hat der damalige Erzbischof mit gefasst", erklärte das Bistum. Der SZ liegt die eidesstattliche Erklärung des damals elf Jahre alten Opfers aus Essen vor, wonach ihn der Priester zum Oralverkehr gezwungen habe. Der Täter sollte zur Therapie nach München kommen. Er wurde aber sofort wieder in einer Gemeinde eingesetzt. Davon allerdings soll der damalige Erzbischof Ratzinger nichts gewusst haben. Der Generalvikar habe eigenmächtig den Beschluss gefasst, den Priester in der Gemeindearbeit einzusetzen, sagte Bistumssprecher Kellner. Möglicherweise sei Erzbischof Ratzinger die Dienstanweisung Grubers an den pädophilen Priester, wieder in der Gemeinde zu arbeiten, zugestellt worden. Man könne aber nicht davon ausgehen, dass Ratzinger sie persönlich geprüft habe. Wieder im Dienst nach Verurteilung 1982 ging Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation nach Rom. 1986 wurde der Priester von einem oberbayerischen Amtsgericht wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu 18 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Außerdem musste er 4000 Mark Strafe zahlen. Trotzdem wurde er danach erneut in einer Gemeinde eingesetzt. Der Geistliche ist noch heute in Oberbayern im Dienst. Vom Vatikan war bis Freitagabend keine Stellungnahme zu dem Vorfall zu erhalten. Auch der pädophile Priester wollte sich zunächst nicht äußern. Am Freitag empfing der Papst den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Der Papst sei wegen der Missbrauchsfälle in Deutschland zutiefst erschüttert, hieß es nach dem Treffen. Benedikt XVI. unterstütze in vollem Umfang das Vorgehen der katholischen Bischöfe und habe diese zur Aufklärung der Vorwüfe ermutigt, sagte Zollitsch. Nicht zur Sprache gekommen seien bei dem Treffen die Vorfälle beim Regensburger Domspatzen-Chor, dessen langjähriger Leiter der Bruder des Papstes, Georg Ratzinger, war.
Mit Wissen des heutigen Papstes kam in den achtziger Jahren ein einschlägig belasteter Pfarrer nach München.
https://www.sueddeutsche.de/politik/stegner-unter-betrugsverdacht-der-staatsanwalt-ermittelt-1.24541
politik
Stegner unter Betrugsverdacht - Der Staatsanwalt ermittelt
00/03/2010
Gegen den schleswig-holsteinischen SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Ralf Stegner (50) ermittelt die Kieler Staatsanwaltschaft wegen Betrugsverdachts. Dies teilte die Behörde mit. In dem Verfahren geht es um Zahlungen aus Stegners Zeit im Aufsichtsrat der HSH Nordbank. Er hatte 14.375 Euro für das Jahr 2007 bekommen, als er in der damaligen schwarz-roten Landesregierung noch Innenminister war. Gezahlt wurde das Geld erst 2008, als Stegner das Amt schon aufgegeben hatte und Fraktionschef im Landtag war. Er behielt die gesamte Summe. Laut Staatsanwaltschaft hätte er nach den Nebentätigkeitsvorschriften nur 5550 Euro behalten dürfen und den Rest an die Landeskasse überweisen müssen. Stegner begründete sein Vorgehen erneut mit einem Rechtsirrtum. Die Differenz von 8825 Euro habe er schnellstmöglich zurückgezahlt. "Ob und inwieweit Dr. Stegner einem von ihm öffentlich behaupteten Irrtum über die Abführungspflicht erlag, bedarf der Aufklärung", heißt es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft. Die Anklagebehörde wies extra darauf hin, dass für Stegner wie für jeden Beschuldigten in einem Ermittlungsverfahren die Unschuldsvermutung gelte. "Erheblicher Irrtum" Stegner sprach in einer Erklärung von einem "erheblichen Irrtum über die Ablieferungspflichten". In früheren Äußerungen hatte er dies mit falschen Auskünften von Regierungsmitarbeitern begründet. Er werde dazu beitragen, dass die Ermittlungen so schnell wie möglich abgeschlossen werden können, damit die Vorwürfe gegen ihn entkräftet werden, gab Stegner an. Er sei zuversichtlich, dass dies bald der Fall sein wird. "Dass durch diesen Vorgang meine Fraktion und Partei, aber auch mein persönliches Umfeld belastet wird, auch die Politik insgesamt, bedauere ich sehr." Der Vorsitzende des SPD-Landesparteirates, Andreas Beran, gab Stegner Rückendeckung: Es sei absurd, ihm vorsätzliche Täuschung oder Betrug zu unterstellen. Beran warf der CDU Intrigen gegen den SPD-Landeschef vor. "Man kann zu Ralf Stegner stehen wie man will, aber in dieser Auseinandersetzung, in der es um die Integrität unseres Landesvorsitzenden geht, stehen wir an seiner Seite." Stegner selbst hatte im Zusammenhang mit seinen HSH-Tantiemen Strafanzeige gegen unbekannt gestellt, weil ein Briefwechsel zwischen ihm und Innenstaatssekretär Volker Dornquast an die Presse lanciert wurde. Wenig später zog er gegen Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) vor Gericht, weil dieser ihm sinngemäß vorgehalten hatte, er habe 2007 vor seinem Ausscheiden aus dem damaligen schwarz-roten Kabinett um seine Ministerpension gefeilscht. Der Streit endete mit einem Vergleich: Die Kontrahenten verpflichteten sich, das Thema nicht mehr öffentlich zu erwähnen.
Verdacht Betrug: Die Staatsanwaltschaft in Kiel hat den schleswig-holsteinischen SPD-Vorsitzenden Stegner im Visier. Es geht um seinen Verdienst als HSH-Nordbank-Aufsichtsrat.
https://www.sueddeutsche.de/politik/irak-erfolg-fuer-maliki-1.2901
politik
Erfolg für Maliki
00/03/2010
Bei den irakischen Parlamentswahlen zeichnet sich ein Sieg von Regierungschef Nuri al-Maliki ab. Am Donnerstagabend lagen zwar nur die vorläufigen Ergebnisse für zwei der 18 irakischen Provinzen vor. In den beiden südlichen Provinzen Nadschaf und Babil, in denen die religiös-islamistischen Schiiten-Parteien stark sind, konnte Malikis säkular-nationalistisches Parteienbündnis "Rechtsstaat" nach Angaben der Obersten Wahlkommission aber mehr als 40 Prozent der Stimmen gewinnen. Malikis Gegner erhoben den Vorwurf, die Ergebnisse seien gefälscht worden. Politiker und Beobachter waren von einem Gleichstand der vier großen Parteienbündnisse ausgegangen. Diese sind Malikis national-säkulare Rechtsstaats-Liste, die schiitisch-islamistische National-Allianz, die säkulare Irakiya-Liste und die Kurdenallianz. Die Wahlkommission will ein vorläufiges Ergebnis bekanntgeben, wenn 30 Prozent aller Stimmen der zweiten Parlamentswahl nach dem Sturz des Saddam-Regimes ausgezählt worden sind. Eigentlich wollte sie schon am Mittwochabend Teilergebnisse melden. Die Kommission hat dies aber ohne Angabe von Gründen verschoben. Die Ergebnisse aus dem Süden des Landes sind wichtig: Dort galt Maliki als schwach. Er musste die Konkurrenz des islamistisch-religiösen Bündnisses Nationale Allianz der großen Schiiten-Parteien fürchten. In der Allianz sind die Iran nahestehende ISCI-Partei und die radikalen Anhänger des Predigers Sadr vertreten. Aus dem ISCI war allerdings bereits kurz nach der Wahl am Sonntag verlautet worden, man habe schlechter als erwartet abgeschnitten. Viele Iraker sind von der Politik der mit Maliki regierenden religiösen Parteien enttäuscht, da die sozialen Fragen nicht gelöst wurden. Maliki selbst kann für sich hingegen in Anspruch nehmen, die Sicherheitslage im Land verbessert zu haben. In der Provinz Babil gewann das Maliki-Bündnis 42 Prozent, in der Provinz Nadschaf 47 Prozent. Besonders das Ergebnis in Nadschaf ist erstaunlich. Die Provinzhauptstadt ist den Schiiten heilig und Sitz ihrer theologischen Hochschulen: Hier sind die religiösen Schiiten-Parteien tief verwurzelt. In beiden Provinzen landete die Schiiten-Allianz aber auf dem zweiten Platz. Die säkulare Irakiya-Liste kam im Süden auf den dritten Platz. Da sie aber sowohl die Interessen säkular orientierter Schiiten als auch die der politisch marginalisierten Sunniten vertritt, könnte sie in der Hauptstadt Bagdad und den sunnitisch geprägten Provinzen im Westen und im Landesinneren deutlich besser abschneiden. Die Schiiten-Allianz hat angekündigt, sie werde das Ergebnis nur anerkennen, wenn es mit den Ergebnissen ihrer eigenen Beobachter übereinstimme. Alle Parteien hatten Beobachter in die Wahllokale geschickt. Hinzu kamen Zehntausende unabhängige irakische und einige internationale Wahlbeobachter. Entifadh Qanbar, ein Kandidat der Schiiten-Allianz, warnte vor Fälschungen auf Wunsch der USA: "Wir befürchten, dass die Amerikaner bei der Endauszählung mit den Computern der Wahlkommission manipulieren werden." Selbst wenn Maliki sich landesweit als klarer Sieger durchsetzen sollte, wird mit einer langwierigen Regierungsbildung gerechnet. Auch er wäre gezwungen, mit einer oder zwei anderen Listen eine Koalition einzugehen. Seine Person stößt aber in allen anderen Gruppen auf Widerstand. Ein naheliegender Partner für Maliki wäre die Kurdenallianz. Die Kurden haben aber erklärt, dass sie die Klärung der Frage, wem Kirkuk gehört, zur Bedingung jeder Regierungsbeteiligung machen wollen. Die ölreiche Stadt wird von den Kurden beansprucht. Dies lehnen die große arabische und die kleine turkmenische Bevölkerungsgruppe aber ab. Das offizielle Ergebnis wird erst in einigen Wochen erwartet.
Überraschung im Irak: Das Bündnis des Regierungschefs holt offenbar in Schiiten-Hochburgen über 40 Prozent. Malikis Gegner wittern Betrug.
https://www.sueddeutsche.de/politik/hartz-iv-fdp-sozialpolitiker-grenzt-sich-von-westerwelle-ab-1.4847
politik
Hartz-IV - FDP-Sozialpolitiker grenzt sich von Westerwelle ab
00/03/2010
Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Johannes Vogel, geht auf Distanz zu den Hartz-IV-Äußerungen seines Parteivorsitzenden Guido Westerwelle. "Langzeitarbeitslosigkeit demütigt und isoliert die Menschen", sagte Vogel. "Wenn man diesen Menschen nur Beschäftigungstherapien verordnet, hilft es ihnen nicht." Westerwelle hatte verlangt, dass "junge Sozialleistungsempfänger zum Schneeräumen auf Bürgersteigen" eingesetzt werden. Vogel hält solche Jobs allenfalls für sinnvoll, um Langzeitarbeitslose wieder an den Arbeitsmarkt heranzuführen. Dies solle jedoch "in erster Linie diesen Menschen helfen, nicht primär der Gesellschaft, die gerne Gegenleistungen für das Arbeitslosengeld hätte", sagte Vogel der Süddeutschen Zeitung. Ein Thesenpapier, das Vogel mit FDP-Generalsekretär Christian Lindner sowie den liberalen Sozialpolitikern Heinrich Kolb und Pascal Kober vorgelegt hat, grenzt sich ebenfalls von Westerwelle ab: "Aktuelle Forderungen nach einem gemeinwohlorientierten Arbeitsmarkt sind volkswirtschaftlich schädlich", schreiben die Autoren, ohne Westerwelles Schneeräum-Forderung zu nennen. Sie verweisen auf einen Bericht des Bundesrechnungshofs, nach dem 80 Prozent der Ein-Euro-Jobs reguläre Arbeitsplätze gefährden. Vogel selbst vermied direkte Kritik an Westerwelle, grenzte sich aber von der Forderung ab, "dass Arbeitslose in öffentlichen Parks unentgeltlich Hecken schneiden" sollen. "Die Grundsicherung, die der Staat gewährt, ist ein Grundrecht", sagte Vogel. Der FDP-Politiker, der auch Vorsitzender der Jungen Liberalen ist, regt an, einen Teil der Hartz-IV-Empfänger weniger stark zu kontrollieren. Erwachsene Arbeitslose müssten "massive Schnüffelei in privatesten Lebensverhältnissen" erdulden. Derzeit kürzen Ämter ihnen den Regelsatz leicht, wenn sie nachweisen können, dass zwei erwachsene Arbeitslose als Paar zusammenleben. Um solche Bedarfsgemeinschaften zu ermitteln, zählen Kontrolleure der Sozialämter gelegentlich auch Zahnbürsten im Badezimmer der Alg-II-Empfänger. Vogel nimmt an, dass sich manche Paare sogar zwei Wohnungen nehmen, um nicht als Bedarfsgemeinschaft zu gelten. Letztlich müsse das der Staat finanzieren. Solche Fälle könnten nicht durch immer schärfere Kontrollen verhindert werden; stattdessen solle der Staat den Erwachsenen einer Bedarfsgemeinschaft die vollen Regelsätze zahlen, empfiehlt Vogel. Die von Liberalen immer wieder geforderte Abschaffung der Bundesagentur für Arbeit zählt nicht zu den Anliegen Vogels und seiner Mitstreiter. Stattdessen plädieren sie dafür, "die Fachkompetenz und Motivation der Mitarbeiter in der Arbeitsvermittlung vor Ort" zu fördern. Zu prüfen sei auch, "ob eine bessere Relation zwischen Vermittlern und Kunden erreicht werden muss". Vogel verlangt, die Erfolge der Arbeitsvermittler bei ihren inneren Reformen in den vergangenen Jahren anzuerkennen: "Es hilft nicht weiter, nur grundsätzlich Kritik an der Bundesagentur zu üben."
"Ein-Euro-Jobs keine Lösung": Der FDP-Sozialpolitiker Johannes Vogel geht auf Distanz zu den Hartz-IV-Äußerungen seines Chefs Guido Westerwelle.
https://www.sueddeutsche.de/politik/entwicklungshilfe-brunnen-ohne-boden-1.22283
politik
Brunnen ohne Boden
00/03/2010
Wenn es zu schwierig wird, sucht man gerne nach schlichten Lösungen. Ein schönes Beispiel dafür ist das Thema Entwicklungshilfe und Afrika. Da gibt es Musiker wie Bono oder Bob Geldof, die einfach viel mehr Geld für den Kontinent fordern, dann würde alles besser werden. Und da gibt es die, die aus leidvoller Erfahrung das Ende der bisherigen Politik und eine radikale Kürzung der Zahlungen wollen. Dazu gehören Cap-Anamur-Gründer Rupert Neudeck oder der einstige deutsche Botschafter in mehreren afrikanischen Ländern, Volker Seitz. Die sagen: Schluss mit der Forderung nach mehr Entwicklungshilfe. Bringt in der jetzigen Form eh nichts. Beide Positionen zeigen lediglich, dass mit der Entwicklungshilfe etwas im Argen liegt. Die Zahlen sind ja auch ernüchternd. Es wird geschätzt, dass in den vergangenen 50 Jahren rund eine Billion US-Dollar vom Norden in den armen Süden geflossen sind, der allergrößte Teil davon nach Afrika. Dennoch geht es den meisten Ländern südlich der Sahara heute schlechter als zu Beginn der Unabhängigkeit. 30 der 39 ärmsten Staaten der Welt liegen in Afrika, die Lebenserwartung der Menschen sinkt, und das tägliche Pro-Kopf-Einkommen liegt heute ebenfalls deutlich niedriger als noch vor einem halben Jahrhundert. Doch auch an diesen Zahlen scheiden sich die Geister. Die einen sagen, es wurde eben mit viel zu wenig Geld geholfen, die anderen legen Studien vor, die nachweisen sollen, dass ausgerechnet die Länder am ärmsten dran sind, die die meiste Entwicklungshilfe bekommen haben. Und der Grund dafür sei einfach: Wer es gewohnt ist, Hilfe von außen zu bekommen, werde keine Eigeninitiative zeigen, sich selbst zu helfen. Die interessanteste Kritik an der westlichen Hilfsindustrie aber kommt seit Jahren von Afrikanern. Intellektuelle wie Axelle Kabou, George Ayittey oder Andrew Mwenga haben immer wieder die größten Fehler benannt: Die Entwicklungshilfe setzt viel zu oft an den falschen Stellen an. Wer auf staatlicher Ebene in Kenia, im Kongo oder in Angola die Zusammenarbeit koordinieren muss, braucht sich nicht zu wundern, wenn ein Großteil des Geldes durch korrupte Regierungen verschwindet. Wer glaubt, von außen den Herrschern befehlen zu können, was sie mit dem Geld machen sollen, wird ebenso schnell an seine Grenzen stoßen. Und blickt man auf die Landkarte, dann wird man nur wenige Staaten wie zum Beispiel Botswana entdecken, die sich wirklich um das Wohl aller Bürger kümmern. Die effizienteste Hilfe ist immer noch die Wirtschaftsförderung. Eine neu errichtete Zuckerfabrik in Mosambik beseitigt die Armut weit schneller als das zehnte Brunnenprojekt. Und wer möchte, dass sich eine breite Mittelschicht entwickelt, der sollte lokale Unternehmer mit Krediten fördern, anstatt den nächsten Workshop mit Regierungsmitgliedern zu organisieren. Denn nur dort, wo die Wirtschaft auf einer breiten Basis wächst, können sich die Menschen aus der Armut befreien.
Noch mehr Geld für Afrika? Warum die westliche Hilfsindustrie oft die Bedürftigen nicht erreicht und manche Länder sogar lähmt.
https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-nach-dem-massaker-96-festnahmen-in-nigeria-1.16650
politik
Nach dem Massaker: 96 Festnahmen in Nigeria
00/03/2010
Nach dem jüngsten Massaker in Nigeria haben Polizei und Militär 96 Männer vom muslimischen Nomadenstamm der Fulani Hausa festgenommen. Bei dem Überfall auf drei christliche Dörfer im zentralnigerianischen Bundesstaat Plateau waren in der Nacht zum Sonntag etwa 500 Menschen getötet worden. Der amtierende nigerianische Präsident Goodluck Jonathan zog Konsequenzen - und entließ den nationalen Sicherheitsberater. Erst im Januar waren mehr als 300 Menschen bei Unruhen zwischen Christen und Muslimen getötet worden. US-Außenministerin Hillary Clinton hatte die nigerianische Regierung zu einer Aufklärung der Massaker an Christen und zu einer Bestrafung der Täter aufgerufen. Außerdem mahnte Clinton Besonnenheit an: "Wir rufen alle Parteien dringend auf, sich zurückzuhalten und einen konstruktiven Ausweg aus dem Kreislauf der Gewalt zu suchen." Mehrere hundert Opfer des Angriffs vom Wochenende wurden noch am Montag in Massengräbern beigesetzt, berichtete die Zeitung Vanguard. In den Dörfern wurden Soldaten stationiert, um weitere Übergriffe und Plünderungen zu verhindern. In Jos, der Hauptstadt des Staates Plateau, machten dem Zeitungsbericht zufolge Gerüchte über neue religiöse Gewalt die Runde. Daraufhin brach in mehreren Stadtteilen Panik aus. Westerwelle will seinen Lebensgefährten weiter auf Auslandsreisen mitnehmen, der Vatikan wehrt sich gegen den Eindruck, Missbrauch komme nur in kirchlichen Bildungseinrichtungen vor und im Iran hat der Prozess gegen zwölf Polizisten begonnen: Auf den folgenden Seiten finden Sie weitere Kurzmeldungen.
Dem Massenmord folgt eine Massenverhaftung - in Nigeria greift die Regierung hart durch und nimmt 96 verdächtigte Nomaden fest. Kurzmeldungen im Überblick
https://www.sueddeutsche.de/politik/us-gesundheitsreform-kaffee-statt-tee-1.23231
politik
Kaffee statt Tee
00/03/2010
Wer möchte, kann im Internet live zusehen, wie Amerika gerade auf einen neuen Geschmack kommt. Knapp 99000 Menschen haben sich bei Facebook bis Montagabend als Kaffeetrinker geoutet. Und jede Minute werden es zwei, drei mehr. Prompt erheben die Aktivisten den Anspruch, eine Bewegung zu verkörpern: "Coffee Party Movement" nennen sie sich. Das ist weniger kulinarisch denn politisch gemeint. Denn die Freunde des Kaffees wollen vor allem eines: Den Trend zum Tee stoppen. Der spektakuläre Feldzug der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung war es, der die Gegenströmung kreierte. Im Januar grübelte Annabel Park - genervt von all den Fernsehreportagen über die wilden Anti-Obama-Proteste - auf ihrer Facebook-Seite öffentlich, dass man eine Gegen-Party "mit irgendwas anderem, nur keinem Tee" anzetteln müsse. Fruchtsaft, Red Bull, Cappuccino, so allerlei kam der Dokumentarfilmerin in den Sinn. Es blieb beim simplen Kaffee. Die Website und das Video auf YouTube folgten. Da steht die kleine Frau, mit einem Pappbecher des Bohnentranks in der Hand und erklärt verzagt, warum es Zeit sei, etwas Neues zu wagen: "Die Tea-Party repräsentiert nicht Amerika." Amerikas politischer Kaffee Die Kaffee-Freunde predigen vor allem Vernunft. Sie mahnen die Parteien in Washington zur Zusammenarbeit, fordern von Demokraten und Republikanern den Mut zum Kompromiss. Das klingt recht unparteiisch, ist aber - da Präsident Barack Obama nichts so dringlich braucht wie etwa das Gesetz zur Gesundheitsreform - letztlich ein Gebräu, an dem die Regierung mehr Geschmack findet als die Opposition. Am Wochenende musste Park dementieren, sie sei eine bezahlte Obama-Agentin: Sie habe 2008 zwar Wahlkampf für den Demokraten gemacht, dafür aber keinen Cent kassiert. Wie stark Amerikas politischer Kaffee ist, will die Bewegung am kommenden Samstag testen: Dann sollen alle Fans sich virtuell oder in irgendeinem Lokal als örtliches Kaffeehaus etablieren. Bis dahin muss Park viel Koffein trinken - um wachzubleiben und die mehr 300 Anfragen zu beantworten, in denen Fans aus allen Bundesstaaten um das Gütesiegel buhlen, eine ehrlich gebrannte Unterabteilung der neuen Bewegung zu sein.
Koffeinhaltiger Widerstand: Die "Coffee-Party-Bewegung" versammelt auf Facebook Anhänger der US-Gesundheitsreform - und läuft der "Tea-Party-Bewegung" den Rang ab.
https://www.sueddeutsche.de/politik/kraft-und-die-hartz-iv-debatte-fuer-immer-arbeitslos-1.14285
politik
Kraft und die Hartz-IV-Debatte - Für immer arbeitslos
00/03/2010
Senioren in Altenheimen Bücher vorlesen, in Sportvereinen helfen oder Straßen sauber halten - so stellt sich die stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD, Hannelore Kraft, die Zukunft von Langzeitarbeitslosen vor, die keinen regulären Job mehr finden. Aber ist es überhaupt möglich, einen "gemeinwohlorientierten Arbeitsmarkt" aufzubauen, wie es die SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) formuliert? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema. Um welche Arbeitslosen geht es? Knapp 6,7 Millionen Menschen sind derzeit auf Hartz IV angewiesen. Von diesen Hilfsbedürftigen sind etwa 1,8 Millionen Kinder, 4,9 Millionen sind erwerbsfähig. Nur ein Teil schafft aber den Sprung zurück in ein geregeltes Berufsleben. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) stellte kürzlich fest: "Viele Bedarfsgemeinschaften bleiben lange bedürftig." Das IAB fand heraus, dass seit Einführung der Hartz-Gesetze 2005 bis Ende 2007 1,5 Millionen Hartz-IV-Haushalte durchgehend auf die staatliche Unterstützung angewiesen waren. Kraft selbst spricht von 1,2 Millionen Langzeitarbeitslosen mit besonderen Handicaps. Sieht die Bundesagentur für Arbeit das genauso wie die SPD-Politikerin? Die Zahl der Langzeitarbeitslosen beziffert die BA offiziell mit 933.000. Viele von ihnen haben gleich mehrere Vermittlungshemmnisse, wie es in der BA heißt: Sie haben zum Beispiel Schulden, sind häufig krank, ohne Berufsausbildung. Oder sie sprechen kaum Deutsch. In einem BA-Papier aus dem Jahr 2006 ist von einem "arbeitsmarktfernen Personenkreis von wenigstens 400.000" die Rede. Gemeint sind damit Menschen, die noch nie oder seit mehr als sechs Jahren nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren. Existiert bereits ein gemeinwohlorientierter Arbeitsmarkt? Es gibt einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt für gemeinnützige Jobs, die keine reguläre Beschäftigung verdrängen dürfen. Im Februar 2010 registrierte die BA hier 292.000 Stellen. 245.000 waren davon sogenannte Ein-Euro-Jobs, bei denen sich Hartz-IV-Bezieher ein schmales Entgelt hinzuverdienen dürfen. Die Ein-Euro-Jobs sind jedoch umstritten: Der Bundesrechnungshof stellte fest, dass Ein-Euro-Jobber häufig Aufgaben der Kommunen übernehmen - und zum Beispiel als Gärtner arbeiten statt in einer Essens-Tafel warme Mahlzeiten auszuteilen. Geförderte Billig-Arbeiter verdrängen dadurch reguläre Beschäftigungsverhältnisse. Was will Hannelore Kraft ändern? Auf dem öffentlich geförderten Arbeitsmarkt sind die Jobs befristet. Die SPD-Politikerin plädiert dafür, Langzeitarbeitslose dauerhaft gemeinnützig zu beschäftigen - auf freiwilliger Basis, finanziert von der öffentlichen Hand. "Es muss darum gehen, dass diejenigen, die arbeiten wollen, sich auch einbringen können", sagt die NRW-Spitzenkandidatin. Bei der Höhe der Bezahlung wollte sie sich nicht festlegen. Es solle aber mehr geben als bei den Ein-Euro-Jobs. Ist der Vorschlag neu? Nein, im Koalitionsvertrag der früheren schwarz-roten Koalition stand bereits 2005: "Personen, deren Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist, und die keine Arbeit auf dem regulären Arbeitsmarkt finden können, müssen eine Perspektive bekommen." Es sei deshalb zu prüfen, ob sich für diese Gruppe von Menschen Stellen zur Verfügung stellen lassen, "die eine sinnvolle und den individuellen Möglichkeiten entsprechende Entfaltung zulassen". Entscheidendes passiert ist seitdem jedoch nicht. Wie lässt sich die Idee umsetzen? Dies geht nur über regionale Bündnisse. Experten aus der jeweiligen Kommune, der BA, von Arbeitgebern und Gewerkschaften müssten festlegen, welche gemeinnützige Arbeit sinnvoll ist und keine Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt vernichtet. Wie schwierig das ist, zeigt der Vorschlag von Kraft, Langzeitarbeitslose in Altenheimen Bücher vorlesen zu lassen. Das tun bereits jetzt sogenannte "Alltagsbetreuer", die regulär beschäftigt sind.
Hunderttausende Erwerbslose sind kaum noch vermittelbar. Warum es schwierig ist, ihnen gemeinnützige Aufgaben zu übertragen: Die wichtigsten Fragen und Antworten.
https://www.sueddeutsche.de/politik/russland-streit-um-stalin-krieg-der-plakate-1.9832
politik
"Russland: Streit um Stalin - ""Krieg der Plakate"""
00/03/2010
Wer sich von Russlands neuer Atomwaffe bedroht fühlt, kann sich beruhigen. Ihre Durchschlagskraft reicht derzeit nicht einmal gegen ein paar Papp-Plakate. Zur Siegesfeier am 9.Mai soll die Interkontinental-Rakete Topol-M erstmals über den Roten Platz geschleppt werden, doch der Stolz der Militärführung wird dieser Tage arg getrübt. Niemand redet über das moderne Raketensystem, aber alle über ein Dutzend Fotos, die demnächst die Straßen und Plätze Moskaus säumen sollen. Die russische Hauptstadt hat dem Wunsch einiger Veteranen-Verbände stattgegeben, zum 65.Jahrestag des Sieges über den Faschismus Stalin-Porträts aufzuhängen. "Ein Regime, das Millionen Menschen umgebracht hat" Menschenrechtler reagierten entsetzt: "Stalin ist ein Krimineller, und es ist eine Schande, Plakate eines Regimes auszustellen, das Millionen Menschen umgebracht hat", sagt Ljudmilla Alexejewa, die bekannteste Menschenrechtlerin Russlands. Oft musste sie sich in ihrem Land wie eine Ruferin in der Wüste fühlen, doch nun hat der Streit über die Rolle des früheren Diktators auch Russlands Führung erreicht. Parlamentspräsident Boris Gryslow forderte das mächtige Moskauer Stadtoberhaupt Jurij Luschkow auf, seine Entscheidung zu ändern. "Er ist kein Historiker, sondern Bürgermeister", sagte Gryslow bissig. Er ist nach Ministerpräsident Wladimir Putin der wichtigste Mann in der Regierungspartei Einiges Russland, ein strammer Parteisoldat, der sich ohne Zustimmung des Premiers kaum mit derartiger Wucht gegen Luschkow wenden würde. Zum 65.Jahrestag des Kriegsendes werden in diesem Jahr auch Soldaten der anderen Siegermächte USA, Frankreich und Großbritannien an der traditionellen Mai-Parade teilnehmen; eingeladen sind Dutzende Staatschefs, unter ihnen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die aufflammende Debatte über die Stalin-Plakate scheint daher dem Kreml die Sorge zu bereiten, dass einige der geladenen Gäste absagen könnten. Putin und Präsident Dmitrij Medwedjew hatten Stalin zuletzt deutlich als Verbrecher bezeichnet, zuvor jedoch der schleichenden Renaissance des Stalin-Kultes lange nichts entgegengesetzt. Die vernachlässigte Stalin-Debatte Viele Jahre wurde in Russland eine Debatte über Stalins Verbrechen vernachlässigt. Nun aber drängt bis zum Sieg-Jubiläum am 9. Mai plötzlich die Zeit, und so versucht Russland derzeit in einer Art Schnellkurs, ein wenig von dem Versäumten nachzuholen. Bürgermeister Luschkow stemmt sich gegen den Wind aus dem Kreml und sagt: "Ich bin kein Bewunderer von Stalin, aber ich bin ein Bewunderer von objektiver Geschichte." Russland könne nicht einfach Persönlichkeiten streichen. Die Informationen über Stalin würden neutral sein. Außerdem machten die Stalin-Bilder nur einen kleinen Teil aller Poster zur Siegesfeier aus. Die Menschenrechtsgruppe Memorial kündigte dagegen einen "Krieg der Plakate" an, um die "Verbrechen des Tyrannen" zu zeigen, und sie wird dabei vom letzten sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow unterstützt. Nicht Stalin habe Russland den Sieg im Zweiten Weltkrieg zu verdanken, sondern der Bevölkerung, sagte Gorbatschow. Das sehen die Kommunisten etwas anders, und auch der Wolgograder Unternehmer Boris Isgarschew. "Ob uns das gefällt oder nicht, doch es war Stalin, der den Krieg gewonnen hat." Zum Jahrestag der Schlacht von Stalingrad ließ er auf das Etikett eines Mineralwassers ein Foto des Diktators drucken. Das Wasser gab es zum verbilligten Preis - als Geschenk an die Veteranen. Frank Nienhuysen
Half Stalin, den Weltkrieg zu gewinnen? Veteranen in Russland sagen ja und wollen zur Siegesfeier Porträts des Diktators zeigen. Das empört Menschenrechtler - und Russlands Führung.
https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-prognosen-sehen-al-maliki-im-irak-vorne-1.6273
politik
Prognosen sehen al-Maliki im Irak vorne
00/03/2010
Wahlbeteiligung im Irak laut Kommission bei 62 Prozent An den Parlamentswahlen im Irak haben nach Angaben eines Vertreters der Wahlkommission IHEC trotz zahlreicher Terroranschläge 62 Prozent der Stimmberechtigten teilgenommen. Nach Angaben eines Abgeordneten aus dem Lager von Ministerpräsident Nuri al-Maliki gaben im Ausland 250.000 Iraker ihre Stimme ab. Das Wahlbündnis des schiitischen Ministerpräsidenten al-Maliki hat bei der Parlamentswahl nach inoffiziellen Schätzungen die meisten Stimmen erhalten. Trotz des prognostizierten guten Abschneidens al-Malikis wird nicht erwartet, dass eine Partei die Wahl klar für sich entscheiden kann. Neben al-Malikis Rechtsstaat-Koalition kämpfen die religiöse Schiiten-Allianz von Ammar al-Hakim und das reformorientierte Bündnis Irakija unter dem säkularen Schiiten Ijad Allawi um eine Regierungsbeteiligung. Es wird damit gerechnet, dass sich die Verhandlungen über eine Regierungsbildung noch länger hinziehen könnten als nach der Abstimmung 2005. Damals hatte die junge Demokratie fünf Monate gebraucht, um eine Koalition zu bilden. Das vorläufige offizielle Wahlergebnis werde frühestens am Donnerstag verkündet, sagte der Chef der Wahlkommission, Farradsch al-Haidari. Die Wahlkommission erklärte, die Kandidaten und Parteien hätten "Dutzende von Beschwerden" eingereicht, die erst noch geprüft werden müssten. Justizministern Sabine Leutheusser-Schnarrenberger attackiert den Vatikan, Außenminister Westerwelle reist nach Chile, in Pakistan wird ein Anschlag auf ein Polizeigebäude verübt: Auf den folgenden Seiten finden sie weitere Kurzmeldungen.
62 Prozent der wahlberechtigten Iraker haben ihre Stimme abgegeben. Ministerpräsident al-Maliki soll in Führung liegen. Kurzmeldungen im Überblick.
https://www.sueddeutsche.de/politik/politiker-und-hartz-iv-wie-haltet-ihr-es-mit-der-menschenwuerde-1.6843
politik
Politiker und Hartz IV - Wie haltet Ihr es mit der Menschenwürde?
00/03/2010
Hartz IV und spätrömische Dekadenz - kann man das eigentlich in einem Atemzug nennen? Die Antwort wird man nicht durch Parteipolemik, sondern nur durch nüchterne Fakten bekommen: Das Bundesverfassungsgericht hat ein Urteil zur Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II (den Hartz-Gesetzen) gesprochen - ein bemerkenswertes Urteil! Die beiden Grundpfeiler des Urteils und seiner Begründung sind die Artikel unseres Grundgesetzes zur Menschenwürde (Artikel I,1) und zum Sozialstaat (Artikel 20,1). Darum geht es im Kern: Unser Sozialstaat hat eine Grundsicherung für alle Bürgerinnen und Bürger zu organisieren, sodass ihnen allen ein menschenwürdiges Existenzminimum garantiert wird. Ich bin froh, in einem Land zu leben, das seine Rechtsordnung einschließlich aller Sozialgesetze aus einem solchen Grundgesetz entwickeln kann und in dem ein Gericht über die Einhaltung dieser Grundnormen wacht. Dieses Grundgesetz wurde nach den Erfahrungen der Nazi-Barbarei formuliert. Nicht zuletzt deshalb ist Menschenwürde der zentrale Orientierungsgedanke für alles rechtliche und staatliche Handeln in unserem Land. Nicht zuletzt deshalb ist die Bundesrepublik ein Sozialstaat. Denn zur Garantie des menschenwürdigen Existenzminimums ist eine materielle Basis notwendig - wenn auch nicht hinreichend. Zur Versachlichung der augenblicklichen Debatte trägt bei, wenn wir uns im Einzelnen klarmachen, wovon die Rede ist: Der Regelsatz zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums orientiert sich an den Ausgaben der untersten 20 Prozent der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Einpersonenhaushalte ohne Berücksichtigung der Empfänger von Sozialhilfe. Hierbei gibt es Abschläge: Ausgaben für Bildung werden überhaupt nicht berücksichtigt, die für Bekleidung und Schuhe, Wohnen, Verkehr, Freizeit, Unterhaltung und Kultur nur zum Teil. Kein "leistungsloser Wohlstand" Für Lebenspartner werden 90 Prozent, Kinder bis fünf Jahre 60 Prozent, Kinder zwischen sechs und 14 Jahren 70 Prozent, Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren 80 Prozent der Regelleistung in Anschlag gebracht. Besondere Lebensumstände wie chronische Erkrankungen finden grundsätzlich keine Berücksichtigung. Der Regelsatz beträgt zurzeit 359Euro. In besonderen Ausnahmefällen kann es einmalige Beihilfen geben, schulpflichtige Kinder erhalten 100 Euro pro Schuljahr. Anpassungen dieser Leistungen erfolgen nach der Entwicklung des aktuellen Rentenwertes in der gesetzlichen Rentenversicherung. Um diese Leistungen geht es. Das ist wirklich kein "leistungsloser Wohlstand", wie es heutige Stimmungsmache suggerieren will. Im OECD-Vergleich liegt dieses Leistungsniveau unterhalb des mittleren Wertes. Das Urteil besagt nun, dass die Vorschriften über Regelleistungen für Erwachsene und Kinder nicht dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums entsprechen. Dabei bezieht sich der Begriff Menschenwürde auf die physische Existenz und die Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Das Urteil des Verfassungsgerichts bemängelt, dass die Regelsätze nicht auf verfassungsgemäße Weise errechnet wurden, weil die Abweichungen - "Abschläge" - vom Strukturprinzip des Statistikmodells zur Berechnung des Regelsatzes ohne sachliche Rechtfertigungen vorgenommen wurden. So sind zum Beispiel Kürzungen bei Strom um 15 Prozent nicht nachvollziehbar, solche wegen Pelzen, Maßkleidung und Segelflugzeugen unsinnig, weil sie in der Vergleichsgruppe als Ausgaben in der Realität nicht existieren. Skandalös ist auch, dass Bildungsausgaben nicht berücksichtigt wurden.
Politiker müssen aufhören, Hilfsbedürftige pauschal zu verdächtigen. Die Achtung vor den Menschen fehlt in der Sozialstaatsdebatte. Ein Gastbeitrag von Nikolaus Schneider
https://www.sueddeutsche.de/politik/hartz-iv-debatte-strassen-fegen-und-vorlesen-1.6961
politik
Hartz-IV-Debatte - Straßen fegen und vorlesen
00/03/2010
In der Hartz-IV-Debatte hat sich nun auch SPD-Vize Hannelore Kraft dafür ausgesprochen, gemeinnützige Jobs für Langzeitarbeitslose zu schaffen. "Diese Menschen können zum Beispiel in Altenheimen Senioren Bücher vorlesen, in Sportvereinen helfen oder Straßen sauber halten", sagte die SPD-Spitzenkandidatin für die NRW-Landtagswahl im Mai dem Spiegel. Die FDP begrüßte den Vorschlag, nachdem Parteichef Guido Westerwelle für seine Forderung scharf kritisiert worden war, Hartz-IV-Empfänger sollten zu gemeinnützigen Arbeiten wie Schneeschippen verpflichtet werden. Herbe Kritik kam vom CDU-Sozialflügel und der Linken. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte unterdessen, dass Bezieher von Arbeitslosengeld II bessere Anreize bekommen sollen, um wieder ins Arbeitsleben einzusteigen. Symbolischer Aufschlag SPD-Vize Kraft sagte in dem Interview: "Wir müssen endlich ehrlich sein. Rund ein Viertel unserer Langzeitarbeitslosen wird nie mehr einen regulären Job finden." Für sie müsse so schnell wie möglich "ein Gemeinwohl-orientierter Arbeitsmarkt" aufgebaut werden. Mehrkosten für den Staat entstünden nicht. "Die meisten Langzeitarbeitslosen werden sich über eine sinnvolle Beschäftigung freuen, selbst wenn sie dafür nur einen symbolischen Aufschlag auf die Hartz-IV-Sätze bekommen." FDP-Generalsekretärs Christian Lindner erklärte dazu in Berlin, mit den Äußerungen von Kraft gestehe die SPD erstmals ein, dass es im Sozialstaat einen Erneuerungsbedarf gebe. "Wir fordern die SPD auf, in der Tradition von Gerhard Schröder und Wolfgang Clement zu einer Politik des Forderns und Förderns zurückzukehren." Der Bundesvorsitzende des CDU-Sozialflügels, NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann, nannte es "unerträglich", dass die SPD- Landeschefin einem Viertel der rund 570.000 Hartz-IV-Empfänger keine Chance mehr einräume. Er warf ihr vor, das eigene Land nicht zu kennen. Heute schon arbeiteten mehr als 70.000 Menschen in solchen gemeinnützigen Jobs. Linken-Vize Klaus Ernst kritisierte, Kraft plane nichts anderes als eine Verschärfung von Hartz IV. "Ein-Euro-Jobs gibt es schon heute. Das Modell funktioniert nicht." Arbeit ohne Lohn nehme den Menschen die Würde. "Wenn die SPD in NRW auf Null-Euro-Jobs für Langzeitarbeitslose setzt, gibt es keine Gesprächsgrundlage", sagte Ernst mit Blick auf die Landtagswahl am 9. Mai. Das SPD-Präsidium will sich Informationen des Spiegels zufolge wahrscheinlich an diesem Montag mit Vorschlägen zur Korrektur der Hartz-Arbeitsmarktreformen befassen. Die Neujustierung der Reform gehöre zu den wichtigsten Anliegen von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel, schreibt das Magazin. Kanzlerin Merkel trat in einem Interview von Kölner Stadt-Anzeiger und Frankfurter Rundschau dafür ein, Hilfen für Kinder von Hartz-IV-Beziehern auch als Sachleistungen zu geben. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts werde die Regierung prüfen, "wie kinderspezifische Bedarfe am besten abgegolten werden können, also auch durch Sachleistungen wie schulische Angebote und nicht nur durch Transferzahlungen".
SPD-Vize Hannelore Kraft plädiert dafür, gemeinnützige Jobs mit symbolischem Lohn für Arbeitslose zu schaffen - und erntet prompt herbe Kritik.
https://www.sueddeutsche.de/politik/neuverschuldung-westerwelles-rechentricks-1.21760
politik
Neuverschuldung - Westerwelles Rechentricks
00/03/2010
Man mag es nach den Debatten der jüngsten Vergangenheit eigentlich kaum mehr hören, aber immer dann, wenn dieser Tage in der Bundespolitik besonders großer Unsinn erzählt wird, ist Guido Westerwelle nicht weit. In einer Fernseh-Talkshow hat der FDP-Vorsitzende jetzt vorgerechnet, dass die Regierung in diesem Jahr sechs Milliarden Euro weniger an neuen Schulden aufnehmen werde als vom früheren SPD-Finanzminister Peer Steinbrück einst geplant - und das obwohl sie zu Jahresbeginn Hoteliers und besserverdienende Eltern steuerlich entlastet hat. Damit ist nach Lesart des Vizekanzlers der Beweis erbracht, dass Steuersenkungen das Wachstum ankurbeln und sich am Ende auch positiv in der Staatskasse bemerkbar machen. Das Dumme ist nur, dass die Rechnung von vorne bis hinten falsch ist: Zwar haben die Haushälter von Union und FDP in der Nacht zu Freitag tatsächlich beschlossen, die Nettokreditaufnahme gemessen an Steinbrücks Entwurf um sechs Milliarden auf gut 80 Milliarden Euro zu senken. Was Westerwelle jedoch verschweigt: Die wirtschaftliche Lage stellt sich heute gänzlich anders dar als im Juli des vergangenen Jahres, nämlich deutlich besser. Deshalb sind die Steuerausfälle nicht so gravierend und die Arbeitsmarktausgaben nicht so hoch wie Steinbrück dies seinerzeit befürchtet hatte - was den Haushalt um insgesamt etwa zwölf Milliarden Euro entlastet. Die schwarz-gelbe Regierung gibt also nicht sechs Milliarden Euro weniger aus als die schwarz-rote Vorgängerkoalition, sondern sechs Milliarden mehr. Man mag es für nebensächlich halten, ob sich der Bund nun zusätzlich 74 Milliarden oder 80 Milliarden Euro bei Banken und Bürgern leihen muss, denn mit einer in etwa doppelt so hohen Neuverschuldung wie im bisherigen Rekordjahr 1996 wird der Haushalt 2010 so oder so in die Geschichte eingehen. Tatsächlich sind die Zahlen nicht viel mehr als das Spiegelbild der Wirtschaftskrise und der vielen staatlichen Programme, die zu ihrer Eindämmung nötig waren. Was jedoch bedenklich stimmt, ist das Signal, das von diesen Etatberatungen ausgeht: Wie will eine Koalition, die schon im ersten Amtsjahr deutlich mehr ausgibt als sie muss und die für den weiteren Verlauf der Wahlperiode Steuer- und Gesundheitsreformen mit Kosten in jeweils zweistelliger Milliardenhöhe plant, die gigantische Konsolidierungsaufgabe bewältigen, die ihr bevorsteht? Schon 2011 werden Union und FDP mindestens zehn Milliarden Euro im Haushalt einsparen müssen, wenn sie das Grundgesetz und den EU-Stabilitätspakt nicht brechen wollen. Bis 2016 kommen Jahr für Jahr weitere zehn Milliarden dazu. Um diese Herausforderung zu meistern, bedarf es eines klaren, transparenten und für die Bürger nachvollziehbaren Fahrplans, den die Regierung trotz aller Aufforderungen bis heute schuldig geblieben ist. Was es dagegen nicht braucht, sind billige Rechenspiele derer, die für diese Klarheit sorgen müssten.
Der FDP-Chef und Vizekanzler Guido Westerwelle behauptet, dass die Bundesregierung spart. Doch das Gegenteil ist richtig.
https://www.sueddeutsche.de/politik/dialog-mit-den-muslimen-de-maiziere-reformiert-islamkonferenz-1.23586
politik
Dialog mit den Muslimen - De Maizière reformiert Islamkonferenz
00/03/2010
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will den Dialog mit den etwa vier Millionen Muslimen in Deutschland auf eine neue Grundlage stellen. Hierfür werde er die Deutsche Islamkonferenz als zentrales Forum für diesen Dialog völlig umgestalten, sagte de Maizière am Donnerstag in Berlin. Die Teilnehmer der bisher 30 Personen zählenden Runde aus Bund, Ländern, Gemeinden und Muslim-Vertretern werden weitgehend ausgetauscht. Beim nächsten Treffen am 17. Mai neu hinzukommen sollen Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) und der nordrhein-westfälische Minister Armin Laschet (CDU) als derzeitiger Vorsitzender der Integrationsministerkonferenz. Zudem sollen die Oberbürgermeister von Nürnberg, Duisburg und Göttingen beteiligt werden - als Beispiel-Städten mit hohem Muslim- oder Ausländeranteil. Der Minister verteidigte seine Entscheidung, den Moscheenverband Milli Görüs und seinen Dachverband Islamrat nicht mehr einzuladen. "Ich möchte mich nicht mit jemandem an einen Tisch setzen, gegen den wegen des erheblichen Verdachts auf Delikte wie Steuerhinterziehung in Millionenhöhe ermittelt wird", sagte er mit Blick auf laufende Verfahren gegen Milli Görüs. Der Vorsitzende des Islamrats, Ali Kizilkaya sagte dazu, der eigentliche Grund für den Rauswurf sei die kritische Haltung des Verbandes bei den bisherigen Treffen. "Als Feigenblatt zur Legitimierung von Positionen, die von muslimischer Seite nicht tragbar sind" stehe er nicht zur Verfügung. Das Innenministerium hatte Kizilkaya eine ruhende Mitgliedschaft angeboten, solange die Vorwürfe gegen Milli Görüs nicht ausgeräumt sind. Dies hatte der Islamrat aber abgelehnt. Der Verband Milli Görüs, den der Verfassungsschutz islamistisch nennt, umfasst etwa 300 Moscheegemeinden in Deutschland, die von Hunderttausenden Muslimen besucht werden. De Maizière räumte ein, dass er noch nicht genau wisse, wie er diese Muslime nun einbinden könne. Man müsse wohl an dem Verband vorbei auf die Anhänger zugehen. Islamkritiker weichen Professor für Religionspädagogik Vollständig ausgetauscht werden die neun unabhängigen Muslim-Vertreter in der Konferenz, unter ihnen die Islamkritiker Seyyran Ates und Necla Kelek. Diese besänftigte der Minister, indem er sie weiter als Berater persönlich anhören will. Kelek, die zuvor vor einer Dominanz der Religionsverbände gewarnt hatte, zeigte sich damit zufrieden. An ihrer Stelle sollen Muslime mit Praxiserfahrung treten, etwa der Osnabrücker Professor für Islamische Religionspädagogik, Bülent Ucar, oder der Politologe und Publizist Hamed Abdel-Samad. Auch ein Imam und ein Islamlehrer sollen eingeladen werden, wer ist noch unklar. Mit den neuen Teilnehmern will de Maizière rascher zu Ergebnissen kommen. Bisher waren die Konferenzpapiere weitgehend im Allgemeinen geblieben. Konkret nannte de Maizière den schnellen Aufbau von Islamlehrstühlen zur Ausbildung heimischer Imame und Islamlehrer. Es sei "überhaupt nicht schön", dass diese bisher meist aus dem Ausland gesandt werden, sagte er.
Innenminister de Maizière ordnet die Islamkonferenz neu: Zahlreiche Teilnehmer werden ausgetauscht - auch der umstrittene Verband Milli Görüs.
https://www.sueddeutsche.de/politik/bibelpark-in-jerusalem-netanjahu-stoppt-umstrittenes-bauprojekt-1.13506
politik
Bibelpark in Jerusalem - Netanjahu stoppt umstrittenes Bauprojekt
00/03/2010
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den umstrittenen Abriss von 22 Häusern im arabischen Ostteil Jerusalems vorerst gestoppt. Die Stadtverwaltung solle sich mehr Zeit nehmen, um mit den Bürgern eine Einigung zu erreichen, teilte das Büro des Ministerpräsidenten am Dienstag in Jerusalem mit. Die Stadtverwaltung will nach dem Abriss in dem Gebiet südlich der Altstadt von Jerusalem einen Bibelpark errichten. Der Überlieferung nach sollen dort vor 3000 Jahren König Salomo sein Hohelied und König David Psalme geschrieben haben. Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat stellte das Projekt "Garten des Königs" am Dienstag in Jerusalem vor. Angesichts der ohnehin aufgeheizten Atmosphäre in den Palästinensergebieten und Ostjerusalem hatten Anwohner wie auch Kommentatoren vor neuen Krawallen und Ausschreitungen gewarnt. "Wir werden niemals gehen. Wenn sie (die Israelis) darauf bestehen, wird es viel Ärger geben und möglicherweise auch gewalttätig", sagte ein Sprecher des Einwohnerkomitees. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas forderte die arabischen Länder auf, zu handeln: "Sie müssen Jerusalem als islamische und christliche Hauptstadt der Araber betrachten, die es zu bewahren gilt." Der künftige Status von Jerusalem soll erst in Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern geklärt werden. Die Palästinenser werfen der Stadtverwaltung vor, mit neuen Projekten wie dem Gartenpark den Status quo im besetzten arabischen Ostteil Jerusalems zugunsten Israels ändern zu wollen. Das israelische Kabinett hatte 1980 Jerusalem zur ungeteilten und ewigen Hauptstadt Israels erklärt. Der UN-Sicherheitsrat bezeichnete diese Entscheidung später als "null und nichtig". Araber als "illegale Anwohner" bezeichnet Der von Bürgermeister Barkat vorgestellte Plan sieht vor, dass in dem arabischen Stadtteil al Bustan (Garten) 22 der 88 Häuser abgerissen werden. Auf 3000 Quadratmeter Land sollen dann in einer Gartenlandschaft Geschäfte, Restaurants, Souvenirläden sowie Apartmenthäuser entstehen. Barkat kündigte nach dem Eingreifen Netanjahus einen Dialog mit Einwohnern an, um neue Ideen in den Plan aufzunehmen. Danach solle die Planungsbehörde in der Stadtverwaltung entscheiden. Barkat bezeichne die jetzt in dem Stadtteil al Bustan lebenden rund 1500 Araber als "illegale Anwohner", weil die Häuser ohne Genehmigung gebaut worden seien. Die betroffenen Familien sollten nach dem Abriss ihrer Häuser umgesiedelt werden. Dagegen verweist ein Bürgerkomitee darauf, dass die Familien Eigentümer des Grund und Bodens seien. Außerdem habe die Stadtverwaltung von Jerusalem generell keine Baugenehmigungen ausgestellt, so dass die Familien für Kinder und Kindeskinder illegal bauen mussten. Die Stadtverwaltung sei auch nicht bei Baubeginn eingeschritten. Sie habe auch Steuern und Abgaben für die Häuser kassiert.
Israels Ministerpräsident Netanjahu stoppt den Bau des umstrittenen Bibelparks im arabischen Osten Jerusalems - palästinensische Anwohner hatten heftig protestiert.
https://www.sueddeutsche.de/politik/parteiausschlussverfahren-berliner-spd-groessen-duschen-sarrazin-1.6301
politik
Parteiausschlussverfahren - Berliner SPD-Größen duschen Sarrazin
00/03/2010
Es wird eng für Thilo Sarrazin, den früheren Berliner Finanzsenator und jetzigen Bundesbanker mit rhetorischem Alleinvertretungsanspruch. Sein Ausschluss aus der SPD wird immer wahrscheinlicher. Der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit zum Beispiel, einst Sarrazins Chef, äußert sich nur noch ironisch über den Schlagzeilen-Helden: "Jemand, der so ein Gehalt hat, ist auch ein wunderbarer Ratgeber, dass er anderen, die wenig Geld haben, sagt, was sie einkaufen müssen, dass sie kalt duschen müssen und wie hoch die Zimmertemperatur ist", sagte Wowereit in der ARD-Talksendung Beckmann. Bundesbank-Vorstand Sarrazin hatte in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung Hartz-Empfängern empfohlen, lieber kalt zu duschen: "Warmduscher sind noch nie weit gekommen." Auch für den Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), ist ein SPD-Ausschluss Sarrazins jetzt denkbar. Mit seinen jüngsten Äußerungen in der Süddeutschen Zeitung sei er zu weit gegangen, so Buschkowsky. "Dieses Interview am Tag der Anhörung der Landesschiedskommission über seinen möglichen Parteiausschluss, das war eine gezielte Provokation", erklärt Buschkowsky, der sich wie Sarrazin teils sehr kritisch zur Integrations- und Sozialpolitik geäußert hat. "Mit den Äußerungen in der SZ hat Sarrazin eine Grenze überschritten, das ist teils nackter Rassismus, das trage ich nicht mit", so der SPD-Politiker. Buschkowsky bezog sich dabei vor allem auf die Passagen, ob es sinnvoll sei, noch mehr Geld in die Bildung der Kinder von Hartz-IV-Empfängern zu stecken. Nach Ansicht von Sarrazin ist Intelligenz "weitgehend erblich". Deshalb sei es auch eine Illusion zu glauben, man könne Menschen oder sogar soziale Schichtungen durch die Schule ändern. "Wer mit 15 Jahren Schulversager sei, komme mit allergrößter Wahrscheinlichkeit auch in seinem weiteren Leben nicht mehr in die Spur", zitiert ihn die SZ. "Sehr nah an der Rassentheorie" Sarrazin hatte auch erklärt: "Jemanden, der als Teenager immer noch nicht richtig lesen kann, den lasse ich nicht zurück. Da sage ich: 'Das ist nun mal so'." Solche Einschätzungen sind für Buschkowsky "sehr nah an der Rassentheorie". Zudem seien sie inhaltlich falsch. "Wenn Intelligenz tatsächlich vererbt würde, dann wären wir alle noch Kinder der Proletarier des 19. Jahrhunderts", erklärt SPD-Mann Buschkowsky. Die seien alle arm und ungebildet gewesen. Sarrazin leugne damit die Herausbildung einer Mittelschicht, die sich durch Bildung hochgearbeitet und so Schichten aufgebrochen habe. Bisher sei er ein "glühender Gegner eines Parteiausschlusses" gewesen, weil eine so breit aufgestellte Partei wie die SPD auch Querköpfe wie Sarrazin aushalten müsse, sagt Buschkowsky: "Nun bin ich kein bedingungsloser Gegner mehr!" "Erst noch ein Bier, dann ins Bett": Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie sich Sarrazin nach der Sitzung der Landesschiedskommission äußerte und was die SPD-Funktionäre über das Treffen berichteten.
Berlins Stadtoberhaupt Wowereit und der Neuköllner Bürgermeister Buschkowsky wenden sich gegen Noch-SPD-Parteifreund Sarrazin. Ein Vorwurf: "Nackter Rassismus".