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https://www.sueddeutsche.de/reise/reise-urteil-angst-vor-absturz-geld-zurueck-1.22246
reise
Reise-Urteil - Angst vor Absturz, Geld zurück
00/03/2010
Pauschalurlauber müssen nicht in ein Flugzeug steigen, wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass die Maschine fluguntüchtig ist. Sie können in einem solchen Fall unter Umständen vom Reiseveranstalter sogar den kompletten Reisepreis zurückfordern. Das hat das Amtsgericht Düsseldorf entschieden (Aktenzeichen: 52 C 1370/09), wie die Deutsche Gesellschaft für Reiserecht in der Zeitschrift ReiseRecht aktuell berichtet. Im konkreten Fall ging es um eine vereitelte Türkei-Reise. Wegen eines technischen Defekts hatte das Flugzeug eine Zwischenlandung in Wien eingelegt. Erst nach fast 14 Stunden Wartezeit sowie dem Einfliegen von Technikern und Ersatzteilen aus der Türkei konnte die Maschine wieder starten. Rund 40 Gäste gingen jedoch nicht wieder an Bord, darunter das Ehepaar, das vor Gericht zog. Es meinte, eine Weiterreise mit dem reparierten Flugzeug sei nicht zumutbar gewesen. Das Gericht gab den Klägern Recht. Weil den Passagieren keinerlei Informationen über Art und Umfang des Defekts gegeben wurden, hätten die Urlauber "nicht ansatzweise Anhaltspunkte" zur Abschätzung ihres Risikos bei einem Weiterflug gehabt. Es könne in solchen Situationen nicht von Reisenden verlangt werden, dass sie "in blindem Vertrauen" in eine reparierte Maschine einsteigen. Vielmehr müsse den Touristen das Wesentliche über den Defekt und die Reparatur mitgeteilt werden.
Schlecht informiert fühlten sich Türkei-Reisende über den technischen Zustand ihres Flugzeugs, weigerten sich einzusteigen und zogen vor Gericht.
https://www.sueddeutsche.de/reise/preisgestaltung-bei-der-bahn-zugfahrt-durch-den-preisdschungel-1.12293
reise
Preisgestaltung bei der Bahn - Zugfahrt durch den Preisdschungel
00/03/2010
Bahn fahren schont zwar die Umwelt, aber nicht immer den Geldbeutel des Fahrgastes. Im Dschungel der Normaltarife, Sparpreise und Aktionstickets hat sich schon so mancher Bahnkunde teuer verlaufen. Besonders arm dran ist einem Test der Stiftung Warentest zufolge, wer sich bei der Ticketbuchung ratsuchend an Bahnmitarbeiter in Reisezentren oder am Telefon wendet. Anonym wurde die Auskunftsqualität auf 19 Bahnhöfen quer durch Deutschland getestet, mit vernichtendem Ergebnis. Keiner der geschulten Bahnmitarbeiter konnte die günstigste Zugverbindung für fünf Testfahrten empfehlen. Das kreideten die Tester aber nicht den Servicekräften an: Das Preissystem der Bahn sei so kompliziert und variantenreich, dass selbst die Profis den Überblick verlieren müssten. Und günstige und leicht verständliche Angebote wie zum Beispiel das Quer-Lurchs-Land-Ticket wurden wenige Monate nach der Einführung von der Bahn wieder abgeschafft. Doch Bahnkunden müssen nicht zähneknirschend jeden Tarif akzeptieren, der ihnen von gestressten und häufig unter Zeitdruck stehenden Schaltermitarbeitern angeboten wird. Wer kostengünstig Zugfahren will, darf sich allerdings nicht scheuen, als Nervensäge zu gelten oder in die Trickkiste zu greifen. Hartnäckig bleiben Viele Berater empfehlen der Einfachheit halber häufig die teuren ICE-Züge. Bahnkunden sollten sich damit nicht zufrieden geben und unbeirrt nach billigeren Reisemöglichkeiten fragen. Der Test zeigte: Oft wurden die günstigeren Fahrten erst dann erwähnt. So kostete ein Ticket für den ICE, der auf Umwegen von Köln nach Kassel fuhr, 90 Euro. Der Regionalzug bewältigte die Strecke auf direktem Wege nur unwesentlich langsamer, der Fahrpreis aber betrug nur 40,50 Euro. Strecken aufteilen Statt auf direktem Wege mit dem ICE teuer von A über B nach C zu rauschen, kann es sich preislich lohnen, die Strecken in A-B und B-C aufzuteilen.
Wer günstig Bahnfahren will, muss Nervensägen-Qualitäten beweisen oder trickreich buchen, ergab ein Test der Stiftung Warentest.
https://www.sueddeutsche.de/reise/street-art-touren-das-andere-bild-der-stadt-1.16967
reise
Street-Art-Touren - Das andere Bild der Stadt
00/03/2010
Der Junge kniet auf dem Boden, die gefalteten Hände an die Nasenspitze gelegt, den Kopf mit der Basecap gesenkt. Schwarz-weiß, bis auf den Inhalt des Farbeimers vor ihm. In grellrosa schreien die Worte von der Wand: "Forgive us our trespassing". Es ist eines der Werke des populären britischen Künstlers Banksy, auf einer Mauer in Salt Lake City. Was früher rigoros mit Sandstrahlern bekämpft wurde, lassen sich Hausbesitzer in London heute mit Plexiglas schützen. Denn Street Art gilt im Gegensatz zu ihrem Vorläufer Graffiti nicht mehr als illegale Schmiererei. Aus den Ursprüngen der schwer lesbaren Writings (Buchstaben und Schriftzüge) haben sich Bilder und Grafiken entwickelt, die dem Betrachter Geschichten erzählen und als Kunst im öffentlichen Raum gesehen und interpretiert werden. Und das lässt sich auch touristisch nutzen: Immer mehr Metropolen locken Besucher mit so genannten Street-Art-Touren. "Unsere Rundgänge sollen eine Einführung in die Handschrift der Künstler sein", sagt Miriam Bers von GoArt!Berlin. Als Zusammenschluss freier Künstler und Galeristen, die "aktuelle Sachen vermitteln wollen", beschreibt sich der Berliner Veranstalter. "Wir führen in verschiedene Bezirke, an Orte, die man so nicht finden würde. Damit die Teilnehmer auch den Kiez ein bisschen kennenlernen." Das geht mit dem Rad, zu Fuß oder mit der Ringbahn, je nach Alter und Fitness der Teilnehmer. Die Faszination der Szene scheint durchschaubar. Das Leben ist langweilig, da wirkt die ein bisschen verbotene häufig mit linkspolitischer Botschaft verbundene Kunst als attraktiver Kontrast. Schließlich darf sich Berlin laut New York Times seit zwei Jahren "die Graffiti-Hauptstadt Europas" nennen. Aber nicht nur dort haben Veranstalter die Kunst-Touren im Programm. Um Londons Street-Art-Highlights zu erkunden, braucht man seit 2009 zum Beispiel beim Veranstalter "Insider London" nur knappe zwei Stunden und 20 Euro. "Viele Teilnehmer möchten etwas anderes als die großen Sehenswürdigkeiten wie Big Ben und Tower sehen. Öffentliche Kunst ist eine Möglichkeit zu lernen, wie London als Stadt funktioniert", sagt Lisa Robertson vom britischen Veranstalter. Jede Tour sei einzigartig, die Straßen, die man heute gezeigt bekommt, könnten in zwei Jahren ganz anders aussehen.
Kritische Kunst von Banksy & Co: Geführte Touren machen Street Art zur touristischen Sehenswürdigkeit in Großstädten.
https://www.sueddeutsche.de/reise/sicherheit-beim-fliegen-umdrehen-oder-ausziehen-1.20136
reise
Sicherheit beim Fliegen - Umdrehen oder ausziehen
00/03/2010
Manche Urlauber benehmen sich so unmöglich, dass sie aus dem Flugzeug fliegen - andere kommen gar nicht erst hinein. So wäre es fast einem 38-Jährigen ergangen, der vom Londoner Gatwick-Flughafen aus mit Frau und zwei kleinen Kindern in den Skiurlaub nach Österreich reisen wollte. Doch an der Sicherheitsschranke wurde er zu seiner Überraschung vom Personal aufgehalten: Die Kontrolleure befahlen ihm, sein T-Shirt mit den Nähten nach außen zu tragen. Als Begründung nannten sie dem Passagier, einige Fluggesellschaften würden Slogans wie auf dem Shirt als bedrohlich ansehen, berichtete der Engländer dem Daily Telegraph. Die Aufschrift lautete: "Freiheit oder Tod". Er habe die Anordnung zunächst für einen Witz gehalten, doch der Sicherheitsoffizier meinte es ernst. Schließlich bot der Passagier an, die klein gedruckte Parole auf dem Designershirt unter einer Strickjacke zu verbergen. Nun entschuldigte sich der Gatwick-Flughafen für das übereifrige Verhalten des Sicherheitspersonals: "Sicherheit ist unsere oberste Priorität, aber wir erwarten vom Personal auch gesunden Menschenverstand und Urteilsvermögen", sagte ein Sprecher. Schweißgeruch, zu freizügige Kleidung, ein brabbelndes Kind - es gibt viele Gründe, aus einem Flugzeug geworfen zu werden ... (sueddeutsche.de/AFP/kaeb, Foto: iStock)
Die Aufschrift auf dem Shirt eines Passagiers war dem Sicherheitspersonal auf dem Londoner Flughafen Gatwick zu brisant, um den Mann an Bord zu lassen.
https://www.sueddeutsche.de/reise/neuer-hochgeschwindigkeitszug-london-peking-in-zwei-tagen-1.10187
reise
Neuer Hochgeschwindigkeitszug - London - Peking in zwei Tagen
00/03/2010
Selbstverständlich war es ein britischer Gentleman, der Ende des 19. Jahrhunderts den exzentrischen Plan hatte, in 80 Tagen um die Welt zu reisen und von London über Bombay nach China gelangte. So ist es nur logisch, dass ein Hochgeschwindigkeitszug quer durch den eurasischen Kontinent im Londoner Bahnhof Kings Cross starten und in Peking enden würde. Das zumindest sehen chinesische Pläne vor. Zwei Tage würde die Reise auf der schnellsten Route dauern, die durch den Nahen Osten, Pakistan und Indien führen würde. Entsprechende Details hat Wang Mengshu, Mitglied der Chinesischen Akademie für Ingenieurwissenschaften und Regierungsberater in Sachen Hochgeschwindigkeitszug, der britischen Zeitung Independent verraten. Führend bei schnellen Zügen Eine zweite mögliche Trasse wäre Wang zufolge die bereits existierende Route Peking-Moskau-Berlin, wo streckenweise die Transsibirische Eisenbahn fährt. Länder wie Indien würden China drängen, die Pläne zu verwirklichen, sagte Wang dem Independent. Als Beweis, wie ernst es China ist, sagte Wang, dass die konkreten Planungen für eine dritte, südostasiatische Trasse bereits begonnen hätten. Die chinesische Seite sei dabei, in der Provinz Yunnan einen Abschnitt fertigzustellen, Birma würde dasselbe auf seiner Seite tun. China ist derzeit durchaus führend bei schnellen Zügen. Das Land plant ein gitterförmiges Hochgeschwindigkeitsnetz, das bis 2020 mehr als 16.000 Kilometer Schienen umfassen und alle großen Städte verbinden soll. Derzeit sind es offiziellen Angaben zufolge 6500 Kilometer, zuletzt wurde im Dezember der mit einem Durchschnittstempo von 330 Stundenkilometer brausende Harmony Express auf den 1000 Kilometer langen Weg von Wuhan nach Guangzhou geschickt. Die Züge sind made in China, ihre Technik stammt allerdings von Siemens und Kawasaki. Auch im Ausland will Peking sich betätigen, zum Beispiel indem das Land sich an der Ausschreibung von Hochgeschwindigkeitsstrecken in Kalifornien und Florida beteiligt. In Brüssel sieht man Pekings Pläne eher skeptisch. Schon innerhalb der EU gebe es große Hürden beim Bau von Hochgeschwindigkeitsstrecken, sagt Michael Clausecker, Direktor des Verbands der Europäischen Eisenbahnindustrie Unife in Brüssel. Schon die Genehmigung auf nationaler Ebene sei langwierig. Brüssel fördert zwar grenzübergreifende Eisenbahntrassen, ein Masterplan für ein europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz fehlt jedoch. Vor allem in den neuen Mitgliedsländern in Osteuropa gibt es keine schnellen Verbindungen, weder national noch grenzüberschreitend. In zwei Tagen von London nach Peking mit dem Zug? Ganz abgesehen davon, dass es genügend Menschen geben müsste, die sich lieber 48 Stunden in einen Zug als zehn Stunden in ein Flugzeug setzen. Als Science-Fiction mag Eisenbahn-Lobbyist Michael Clausecker den chinesischen Plan nicht abtun, doch: "Die Hürden sind hoch."
Ehrgeiziges Vorhaben: China plant eine Hochgeschwindigkeitstrasse quer durch den eurasischen Kontinent. Alles nur Science Fiction?
https://www.sueddeutsche.de/reise/transsibirische-eisenbahn-in-der-jogginghose-durch-russland-1.20064
reise
In der Jogginghose durch Russland
00/03/2010
Wer auf diese Reise geht, darf bequeme Kleidung nicht vergessen. Denn wer tagelang im Zug sitzt oder liegt, will keine Jeans tragen und erst recht keine unbequemen Stoffe. Russen wissen das nur zu gut. Denn wenn sie reisen, dann meist mit der Bahn - und das dauert. Die Züge fahren langsam, in dem Riesenland ist man Tage unterwegs. Russlands längste Reise ist die Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn, kurz: Transsib. Sechs Tage braucht der Zug von Moskau nach Wladiwostok, quer durch zwei Kontinente und sieben Zeitzonen. Und wenn stolze 9288 Kilometer zurückgelegt werden, gehört die Jogginghose ebenso wie Zahnbürste und viel Lektüre ins Gepäck. Noch bevor sich der Zug schwerfällig aus dem Jaroslawler Bahnhof schiebt, sind die Passagiere umgezogen. Für viele Touristen ist die Reise von Europa bis an die Küste des Japanischen Meeres immer noch ein faszinierendes Abenteuer. Wem dieser Trip jedoch zu aufwendig ist oder wem schlicht die Zeit dafür fehlt, kann sich jetzt zum Trost auf eine virtuelle Fahrt mit der legendären Transsib begeben. Denn der Internetkonzern Google und die Russische Eisenbahngesellschaft RSchD ermöglichen die Reise nun vom heimischen Schreibtisch aus. Das Beste daran: Die Jogginghose kann man natürlich auch in den eigenen vier Wänden tragen. Monitor als Abteilfenster Auf der Internetseite www.google.ru/transsib wird der Computermonitor gleichsam zum Abteilfenster. "Die Reise führt entlang der berühmten Route und Sie sehen den Baikal, das Bargusingebirge, den Fluss Jenissej und viele andere malerische Orte Russlands, ohne Ihr Haus zu verlassen", heißt es auf der Webseite. Die Fahrt auf einer der berühmtesten Bahnstrecke der Welt beginnt in Moskau - bei Kilometer null. Dort rollt der Zug vorbei an wartenden Reisenden, an grauen Plattenbauten und neuen bunten Hochhäusern. Immer weiter ostwärts. Jeder Kilometer bis in den Fernen Osten wurde abgefilmt, 150 Stunden dauert die Internet-Tour. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Wie die Reise vor dem Computer authentisch wird und welches Konzept hinter der virtuellen Fahrt steht.
Ein 150 Stunden dauerndes You-Tube-Video dokumentiert die 9288 Kilometer lange Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn von Europa ans Japanische Meer.
https://www.sueddeutsche.de/reise/die-scheusslichsten-laender-der-welt-mrs-mortimer-rechnet-ab-1.157393
reise
Die scheußlichsten Länder der Welt - Mrs. Mortimer rechnet ab
00/03/2010
Mrs. Favell Lee Mortimer war eine Bestsellerautorin aus dem 19. Jahrhundert, die selbst nicht reiste - was sie aber nicht davon abhielt, voller Vorurteile über den Rest der Welt zu schreiben. Ihr Wissen entnahm sie Büchern ihrer Zeit und reimte sich den Rest zusammen. Obwohl die moralinsaure Schriftstellerin höchst ungnädig über die Völker der Welt berichtete, zeigt Herausgeber Todd Pruzan in seiner Einleitung gewisse Sympathien für Mrs. Mortimer. Denn er hat recherchiert, warum die viktorianische Autorin (1802-1878) mit derartiger Voreingenommenheit über die Welt berichtete - und fand heraus, dass sie im Gegensatz zu den Einträgen in damaligen Lexika beinahe gemäßigt über fremde Kulturen urteilte. So steht etwa in der Encyclopaedia Americana von 1854 über die Malaien: "Sie haben äußerst ekelerregende und affenartige Züge, stehen auf der untersten Stufe der körperlichen und geistigen Entwicklung und leben in dem Zustand von Wilden..." Dass Mrs. Mortimer einen übellaunigen und keinen fröhlich-optimistischen Reiseführer verfasste, lag nicht nur an den abwertenden Vorlagen aus den Lexika, die sie mangels eigener Reiseerfahrung zu Rate ziehen musste - sie selbst verließ England nur zweimal. Foto: iStock
"In Japan schlitzen sie sich die Bäuche auf!" Die Autorin aus dem 19. Jahrhundert blieb stets zu Hause - das hielt sie nicht davon ab, voller Vorurteile über die Welt zu schreiben.
https://www.sueddeutsche.de/auto/autoland-usa-versagen-ist-programm-1.8748
auto
Autoland USA - Versagen ist Programm
00/03/2010
Es war eine Szene wie aus einem Film, der Albtraum jeden Autofahrers: Als der 61-jährige James Sikes Anfang März auf dem Freeway bei San Diego unterwegs war, beschleunigte sein Toyota Prius plötzlich unkontrollierbar. Bei 150 Kilometer pro Stunde trat Sikes auf die Bremse, doch der Wagen wurde nur noch schneller. Panisch rief Sikes die Polizei um Hilfe. Die nahm die Verfolgung auf und gab ihm per Lautsprecher Anweisungen. Als das alles nichts half, setzte sich der Streifenwagen vor den Prius und bremste ihn nach 50 Kilometer gewaltsam ab. Millionen von Amerikanern sahen die dramatischen Szenen im Fernsehen. Sonderlich überrascht war freilich niemand. Seit Wochen hatte man von Toyotas gehört, die ihre entsetzten Insassen gegen Bäume und in Flüsse geschleudert hatten. Wie groß die Gefahr war, belegten schließlich auch drei Rückrufaktionen, mit denen Toyota weltweit über neun Millionen Autos zum Nachbessern in die Werkstatt gebeten hatte. Während die US-Medien täglich neue Anekdoten von Killer-Toyotas auftischten, gingen einige besonnenere Autojournalisten ihrem Déjà-vu nach: Hatte man das nicht alles schon einmal erlebt? Richtig, in den Achtzigern, als der Audi 5000 wegen eines angeblichen mechanischen Problems regelmäßig spontan beschleunigte. Nach ausführlichen Untersuchungen kam die US-Verkehrsbehörde damals zu dem Schluss, dass die Autos völlig in Ordnung waren. Der Grund war "Pedal-Fehlanwendung": Die Fahrer hatten statt auf die Bremse aufs Gas getreten. Auch an Sikes' Wagen konnte die Polizei keinerlei technische Mängel feststellen. Und seltsam: Alle Fälle von unkontrolliert beschleunigenden Toyotas traten in den USA auf. Sind also nicht die Autos das Problem, sondern die amerikanischen Fahrer?
Fahren unter Vorbehalt: Warum in den USA Autos ungewollt beschleunigen und oft nicht zu bremsen sind.
https://www.sueddeutsche.de/auto/china-jet-comac-c919-durchstarten-im-reich-der-mitte-1.10659
auto
China-Jet Comac C919 - Durchstarten im Reich der Mitte
00/03/2010
Bis jetzt hat die Öffentlichkeit nur wenig mehr gesehen als ein großes Plastikmodell. Neulich etwa stand das in den Ausstellungshallen der Singapore Air Show und die interessierten Besucher konnten die Neuigkeit von allen Seiten betrachten. In Wirklichkeit existiert immerhin schon ein Teil der Flugzeugnase, den die Ingenieure zum Test dieses aerodynamisch besonders kniffligen Bereichs zusammengenietet haben. Das Modell und die dazugehörigen Pläne genügen aber, um den aktuellen Marktführern im zivilen Flugzeugbau, Airbus und Boeing, Respekt einzuflößen. Denn: Die Globalisierung hat nun endgültig auch im Flugzeugbau Einzug gehalten. Was die Messebesucher bewundern durften, ist nicht etwa die neueste Modellreihe aus Toulouse oder Seattle, sondern der Erstling aus Shanghai. In vier Jahren schon soll der erste Prototyp der C919 starten und etwa zwei Jahre später an den ersten Kunden ausgeliefert werden. Die Ära, in der Airbus und Boeing den zivilen Flugzeugbau alleine dominierten, nähert sich ihrem Ende; überall auf der Welt tauchen neue Konkurrenten auf. In Brasilien baut Embraer schon seit längerem erfolgreich große Regionalflugzeuge, Mitsubishi will künftig nicht nur Autos, sondern auch Flugzeuge fabrizieren. Die südkoreanische Industrie will ebenso wie Indien eigene Jets entwickeln. Und auch die traditionsreiche russische Luftfahrtbranche versucht gut 20 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs einen Neustart. Doch keinem trauen weltweit die Experten so viel zu wie den Chinesen. Einen Regionaljet namens ARJ-21 haben sie schon als eine Art Übungsjet entwickelt - ob dieses Flugzeug ein technischer und kommerzieller Erfolg wird, ist dabei fast schon egal. Denn die staatliche chinesische Luftfahrtbranche hat Größeres vor und brauchte ein Objekt zum Üben. Mit der C919 aber wird der neu gegründete Konzern Comac (Commercial Aircraft Corporation of China) Airbus und Boeing erstmals direkt angreifen.
Mit dem neuen Mittelstreckenjet C919 will der chinesische Staatskonzern Comac gegen Airbus und Boeing antreten.
https://www.sueddeutsche.de/auto/unterm-hammer-der-jaguar-der-queen-souveraene-befoerderung-1.19319
auto
Unterm Hammer: der Jaguar der Queen - Souveräne Beförderung
00/03/2010
Meist waren es amerikanische Präsidenten, die öffentlich bewegte Klage führten über diese Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit. Aber auch von anderen Spitzenpolitikern ist bekannt, wie sehr sie nach ihrer Wahl in die Führungsposition etwas vermissten, was für Millionen ihrer Wähler eine alltägliche Selbstverständlichkeit ist: selbst ein Auto zu chauffieren, anstatt zur Untätigkeit verdammt hinten im Fonds zu sitzen. Eine weltberühmte Spitzenkraft freilich kennt dieses Problem nicht: Die englische Königin Elisabeth hat zwar offiziell keinen Führerschein, darf aber als einzige Britin auch ohne fahren. Und sie hat es sich noch nie nehmen lassen, sich hinters Steuer zu setzen und Gas zu geben - bislang absolut unfallfrei versteht sich. Die Queen liebt das Autofahren ebenso wie die Autos selbst. Und seitdem sie als Armeehelferin im Zweiten Weltkrieg eine entsprechende Ausbildung erhalten hat, kann sie sogar kleinere Reparaturen an älteren Modellen selbst ausführen. Dies freilich wird bei jener Limousine nicht nötig sein, die soeben im Internet (hmthequeensdaimler.com) versteigert wird: Denn der dunkelgrüne Jaguar Daimler Majestic V8 war von 2001 bis 2004 das persönliche Fahrzeug der Queen - kaum bewegt und stets sorgfältig gepflegt. Es ist das erste Mal, dass ein Privatauto der Königin auf dem Markt ist. Die Monarchin steuerte den Acht-Zylinder durch den Park von Schloss Windsor, inkognito durch London, und sonntags auch schon mal zum Kirchbesuch in Schloss Sandringham in Norfolk.
Kaum bewegt und stets sorgfältig gepflegt: Der Jaguar, den die britische Königin Elisabeth selbst gefahren hat, wird versteigert - Handtaschenhalter und Hundehaare inbegriffen.
https://www.sueddeutsche.de/auto/vw-touareg-2010-flirt-mit-dem-zeitgeist-1.10115
auto
VW Touareg 2010 - Flirt mit dem Zeitgeist
00/03/2010
Ein Allradmonster war der Touareg nie. Anders als der technisch verwandte Cayenne von Porsche, sah er auch nicht aus, als würde er die Luft verpesten und Kleinwagen zum Frühstück fressen. Das hat ihn in SUV-feindlicher Zeit vor der sozialen Ächtung bewahrt und ihm außerdem eine Menge Anhänger beschert. Seit er 2002 auf den Markt kam, verkaufte Volkswagen etwa 500.000 Stück, mit gutem Gewinn, darf man vermuten. Aus dem gewohnten "Größer-Stärker-Schneller-Prinzip" der deutschen Autobauer ist inzwischen ein Flirt mit dem Zeitgeist geworden. Wie intensiv, das sieht man jetzt am neuen Touareg. Fast könnte man meinen, hier sei eine Elfe auf Rädern entstanden, so schwelgen die Pressetexte in Beschwörungsformeln der Verkleinerung: Leichter sei der Touareg geworden, sparsamer die Motoren, die Form schlanker, der Auftritt eleganter. Und dann, die Krönung: Mit Hybrid gibt es ihn jetzt. Alles richtig, nur, neu erfunden hat man den Touareg nicht. Das war auch gar nicht nötig. Die Karosse: Vier Zentimeter länger ist der Touareg geworden und eine Idee breiter. Um zu erkennen, dass der Neue 1,7 Zentimeter niedriger ist als der Vorgänger, braucht es allerdings ein geschultes Auge. Dennoch kaschiert das Design gekonnt die schiere Wucht - neben dem ausdrucksvollen, horizontal betonten Markengesicht das Verdienst einiger ausgeprägter Kanten und deutlich betonter Radläufe. Die sanfte Taillierung belebt außerdem die Seitenflächen. Mehr Größe, mehr Gewicht, das galt bisher. Nicht mehr beim Touareg. Bis zu 222 Kilo, je nach Modell, wurden ihm abtrainiert, abgemagert ist er aber trotzdem nicht, immerhin liegt das Leergewicht nach wie vor deutlich über zwei Tonnen. Dennoch sollen die diversen Motoren im Schnitt etwa 20 Prozent weniger verbrauchen als die bisherigen.
Länger, breiter, komfortabler - und deutlich sparsamer: VW hat seinen großen Allradler Touareg gründlich überarbeitet.
https://www.sueddeutsche.de/auto/genf-2010-mitsubishi-asx-familienzuwachs-1.3706
auto
Genf 2010: Mitsubishi ASX - Familienzuwachs
00/03/2010
Großstadtindianer fahren gerne im bulligen Geländewagen durch den Asphaltdschungel. Doch je größter das Dickschiff ist, um so schneller eckt man mittlerweile an. Nicht nur im beengten Parkhaus, m noch bei den politisch korrekten Zeitgenossen. Die beliebten SUV müssen und dürfen nun gerne eine Nummer kleiner ausfallen. Die Studie cX, die Mitsubishi auf der IAA 2007 vorgestellt hat, traf den Nerv der Zeit und wurde unter dem Namen ASX serienflott gemacht. In Japan ist es schon gestartet, jetzt stellt es sich auf dem Genfer Autosalon vor. Auch der Neue weist eindeutig SUV-Charakter auf. Der ASX ist knapp 35 Zentimeter kürzer als der Geländegänger Outlander, verfügt mit 2,67 Metern aber über den gleichen Radstand wie der große Bruder. In Sachen Design gibt sich das Crossover dynamisch, kraftstrotzend und selbstbewusst. Die Front wird vom markanten Jetfighter-Grill dominiert, der das Markenzeichen der meisten europäischen Mitsubishi-Modelle ist. Beim ASX wird die Kühlerpartie durch eine Einfassung und den plastischen Übergang in die Fronthaube zusätzlich akzentuiert. Moderat zeigt sich die eher niedrige und breitenbetonte Heckansicht mit den schlanken, schräg angesetzten LED-Rückleuchten.
Der Mitsubishi Outlander bekommt ab Sommer kompakten Nachwuchs. Der neue ASX soll Nissan Qashqai und Nissan Juke angreifen.
https://www.sueddeutsche.de/auto/das-ende-von-tupolew-der-traum-vom-fliegen-1.17652
auto
Das Ende von Tupolew? - Der Traum vom Fliegen
00/03/2010
Der Abschied. Im Schnee steckt eine Champagnerflasche, vor dem Bugrad stehen aufgereiht die Flugbegleiterinnen und Piloten und halten rote Nelken in den Händen. Die Maschine ist gerade aus Jekaterinburg gekommen, die Nacht bricht an, die Passagiere sind schon fort, nur die Crew harrt einsam aus für ein Erinnerungsfoto. Es ist Silvester, der letzte Tag des Jahres, der letzte Tag der Tupolew. Aeroflot-Flug 735 nach Moskau, das war es nun. Es gab dichten Schneefall auf dem Weg vom Ural, sonst war alles normal. Außer für Nikolaj Tschuprun. "Ich war traurig", sagt er. 18 Jahre lang ist der russische Pilot die Tupolew Tu-154 geflogen, er sagt, sie ist ihm zur Freundin geworden. Jetzt muss er sich von ihr trennen. Aeroflot, Russlands größte Fluglinie und so etwas wie die Mutter aller anderen im Land, hat die letzte heimische Tupolew aussortiert. Tschuprun klappt seinen Laptop wieder zu, auf dem er das Erinnerungsfoto gespeichert hat. Er sitzt in einem Nebengebäude des Moskauer Flughafens Scheremetjewo-1, in dem das Aeroflot-Museum untergebracht ist. Der Stolz der russischen Luftfahrt ist hier zusammengefasst auf alten Bildern, in Büchern und Flugzeugmodellen. Auf einem Schwarz-Weiß-Foto steht der Konstrukteur Andrej Tupolew mit Mütze, Mantel und strenger Brille. In Russland wird er verehrt. Berühmt ist sein Grabstein auf dem Moskauer Nowodewitschi-Friedhof, in das mehrere Flugzeuge eingraviert sind. Sein Name steht für russische Ingenieurskunst, und doch hat er arg gelitten seit Beginn der neunziger Jahre. Für viele ist er sogar zum Schrecken geworden.
Tupolews hatten nie den besten Ruf, dass nun auch noch Aeroflot sie ausrangiert, verletzt die russische Seele.
https://www.sueddeutsche.de/politik/katholische-kirche-missbrauch-erzwungenes-gestaendnis-1.14328
politik
Katholische Kirche: Missbrauch - Erzwungenes Geständnis
00/04/2010
In der Affäre um den pädophilen Priester Peter H. in der Erzdiözese München und Freising hat das Ordinariat den früheren Generalvikar Gerhard Gruber möglicherweise zur alleinigen Schuldübernahme gedrängt. Vertraute Grubers schildern einem Vorabbericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel zufolge, er stehe unter großem Druck und solle wohl als Sündenbock für den Papst herhalten. Es sei darum gegangen, den Papst "aus der Schusslinie zu nehmen". Der Sprecher der Erzbistums wies den Bericht am Sonntag entschieden zurück. An der Spitze des Ordinariats stand Anfang der achtziger Jahre, als H. trotz massiven sexuellen Missbrauchs von Kindern erneut als Seelsorger eingesetzt wurde, Erzbischof Joseph Ratzinger, der heutige Papst Benedikt XVI. Ratzinger leitete dem Bericht zufolge auch die Sitzung, in der über H.s Aufnahme in München entschieden wurde. Als die Affäre H. Mitte März aufflog, sei er am Telefon eindringlich "gebeten" worden, die volle Verantwortung zu übernehmen, soll der Ex-Generalvikar Freunden geklagt haben. In einem Brief an seine Vertrauten schreibt Gruber, er habe eine fertig formulierte Stellungnahme zugefaxt bekommen und Änderungswünsche anmerken können. Über die Darstellung des Bistums und darüber, dass man ihm "eigenmächtiges Handeln" im Fall H. vorwarf, empfinde er jedoch großen Unmut. Auch der Ausdruck "Eigenmächtigkeit" sei nicht mit ihm abgesprochen gewesen. Bernhard Kellner, Sprecher des Erzbistums, hat derweil diese Darstellung entschieden zurückgewiesen. "Das ist frei erfunden", sagte er am Sonntag der Süddeutschen Zeitung. Dem Erzbistum liege eine Erklärung Grubers vor, in der er darlege, dass die Geschichte im Spiegel falsch sei. Er sei nicht vom Erzbistum dazu gedrängt worden, Ratzinger in Schutz zu nehmen. Vielmehr habe Gruber von sich aus die Verantwortung dafür übernommen, dass Pfarrer H. wiederholt in anderen Gemeinden eingesetzt wurde. Kellner sagte weiter, die nun zitierten Behauptungen seien bereits vor zwei Wochen in einem Brief aufgetaucht. Nach SZ-Informationen stammt dieser Brief von ehemaligen Absolventen des Germanicums, einem Ausbildungsseminar für Priester in Rom, das einst auch Gruber besucht hatte. Gruber sei zu keinem Zeitpunkt zu irgendetwas gezwungen worden, betonte Kellner. Jedoch habe Gruber für seine Stellungnahme Formulierungshilfen übernommen - dies aber nach gemeinsamer Absprache.
Sündenbock für den Papst? In der Affäre um den pädophilen Priester Peter H. wurde ein früherer Generalvikar möglicherweise zur Schuldübernahme gedrängt.
https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-labour-partei-rutscht-auf-dritten-platz-1.12808
politik
Politik kompakt - Labour-Partei rutscht auf dritten Platz
00/04/2010
Die britische Labour-Partei ist nach der Fernsehdebatte der Spitzenkandidaten in der Gunst der Wähler auf den dritten Platz hinter die Liberaldemokraten zurückgefallen. Einer am Freitag veröffentlichten Erhebung zufolge würden lediglich 28 Prozent der Befragten die Regierungspartei von Premierminister Gordon Brown wählen. Die traditionell dritte Kraft im Land, die Liberaldemokraten, legten auf 30 Prozent zu, während die Konservativen von Oppositionschef David Cameron auf 33 Prozent abrutschten, wie die Umfrage des Instituts YouGov im Auftrag der Zeitung Sun ergab. In der ersten Fernsehdebatte der Spitzenkandidaten in einem britischen Unterhaus-Wahlkampf hatte sich der Parteichef der Liberaldemokraten, Nick Clegg, in der Wahrnehmung der Zuschauer gegen Brown und Cameron durchgesetzt. Zahlreiche Kommentatoren urteilten deshalb, die Debatte habe eine neue politische Ära auf der Insel eingeläutet. Traditionell landen die Liberaldemokraten bei Unterhauswahlen abgeschlagen auf dem dritten Platz, weil das britische Wahlrecht bei der Sitzvergabe faktisch die beiden großen Parteien begünstigt. Thailand liefert sich mit einem Nachbarn wieder Feuergefechte, in Polen ist ein Nobelpreisträger bereit, wieder in die Politik einzusteigen - und die schwarz-gelbe Koalition einigt sich auf eine gemeinsame Linie. Auf den nächsten Seiten lesen Sie weitere Kurzmeldungen im Überblick.
Neuer Tiefpunkt für die Partei Gordon Browns: Neben den Tories haben auch die Liberaldemokraten Labour in Umfragen überholt. Kurzmeldungen im Überblick.
https://www.sueddeutsche.de/politik/afghanistan-kundus-affaere-der-zorn-des-opfer-anwalts-1.21143
politik
Afghanistan: Kundus-Affäre - Der Zorn des Opfer-Anwalts
00/04/2010
Im Januar hat das Bundesverteidigungsministerium sich von ersten größeren Zweifeln noch nicht irritieren lassen. Jetzt dagegen hat das Ministerium die schärfste aller Konsequenzen gezogen - und die Verhandlungen mit dem Opferanwalt Karim Popal abgebrochen. Popal vertritt nach eigenen Angaben die Hinterbliebenen der Opfer des verheerenden Luftangriffs im nordafghanischen Kundus. Er hatte mehrfach mit Vertretern des Ministeriums verhandelt, wähnte sich dabei Mitte März sogar auf gutem Wege zu einer Einigung - und reagiert jetzt voller Zorn auf das Ende der Gespräche. Für Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist das nicht schön: Neben den vielen anderen Baustellen bekommt er auch noch Krach mit dem Anwalt, der ihm in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schwerste Vorwürfe bis hin zur Lüge machte. Veränderte Sicht der Dinge Wer in dieser Sache warum und wie agiert und dabei auch Fehler gemacht hat, ist nicht mit absoluter Sicherheit zu klären. Richtig aber ist, dass es im Verteidigungsministerium wiederholt Zweifel gab, ob Popal der richtige sei für Verhandlungen, in denen es nicht um persönliche Entschädigungen geht, sondern um eine Förderung zahlreicher Projekte in exakt jener Gegend, in der vor gut einem halben Jahr, am 4.September 2009, bis zu 142 Afghanen durch einen Bombenangriff ums Leben kamen. Als Mitte Januar schon einmal Unsicherheiten auftraten, erklärte ein Sprecher Guttenbergs noch, man stehe zu den Gesprächen und sehe in Popal einen rechtmäßigen Vertreter der Opferinteressen. Er sagte: "Popal ist ein in Deutschland zugelassener Rechtsanwalt, der nachweisen konnte, dass er Opfer vertritt; deshalb verhandeln wir mit ihm weiter." Diese Sicht auf die Dinge hat sich inzwischen offenbar geändert. Laute Reaktion Hintergrund ist die Sorge, dass das Geld - einige Millionen Euro - bei einer weiteren Kooperation mit Popal nicht wirklich an den richtigen Stellen und zum Nutzen der richtigen Leute eingesetzt worden wäre. Entsprechende Zweifel wurden zuletzt während einer Reise von Staatssekretär Christian Schmitt nach Afghanistan in der vergangenen Woche deutlich, bei der Schmitt als Reaktion auf die Bedenken die Verbindung zum Unabhängigen Afghanischen Flüchtlingskomitee ausgebaut hat. Nun will Guttenbergs Ministerium künftig vor allem mit deren Vertretern verhandeln. Für Popal ist das ein Rückschlag. Entsprechend laut reagiert er. So wirft er Guttenberg Arroganz vor, weil er, Popal, aus der Zeitung vom Abbruch der Gespräche erfahren habe. Und er behauptet, Guttenberg sei vor dem Druck der Nato eingeknickt, die im Falle deutscher Zugeständnisse einen Präzedenzfall auch für andere Länder fürchte. Doch während diese Behauptung des Anwalts einfach so im Raum steht, will Popal an anderer Stelle konkret werden. Wie es heißt, bereite er nun eine Entschädigungsklage vor.
Karim Popal will Opfer des Bundeswehr-Luftangriffs bei Kundus vertreten. Das Verteidigungsministerium zweifelt an dem Anwalt. Der verschärft den Ton - und provoziert Krach mit Guttenberg.
https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-prozessauftakt-gegen-bischof-williamson-1.6789
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Prozessauftakt gegen Bischof Williamson
00/04/2010
Das Regensburger Amtsgericht befasst sich an diesem Freitag mit dem Holocaust-Leugner und Traditionalistenbischof Richard Williamson. Wegen Volksverhetzung hat die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl über 12.000 Euro gegen den 70 Jahre alten Geistlichen, der der umstrittenen Piusbruderschaft angehört, beantragt. Da Williamsons Anwalt Matthias Loßmann dagegen Beschwerde eingelegt hat, werden die Vorwürfe nun in einem öffentlichen Verfahren verhandelt. Laut dem Verteidiger wird Williamson aber nicht selbst zu dem Prozess kommen. Williamson hatte im November 2008 am Rande einer Diakonweihe im Priesterseminar der Piusbruderschaft im oberpfälzischen Zaitzkofen einem schwedischen Fernsehteam ein Interview gegeben und dabei die Existenz von Gaskammern in den Konzentrationslagern angezweifelt. Der Bischof behauptete, die historische Evidenz spreche gegen die Existenz von Gaskammern zur NS-Zeit. Es seien nicht sechs Millionen Juden, sondern 200.000 bis 300.000 von den Nazis ermordet worden. Die zuständige Amtsrichterin muss nun klären, ob der Strafbefehl, der 120 Tagessätze zu je 100 Euro umfasst, angemessen ist. Der Papst hatte im Januar 2009 Williamson und drei weitere exkommunizierte Bischöfe der Bruderschaft Pius X. wieder in die katholische Kirche aufgenommen. Da gerade zu dieser Zeit auch der Inhalt des Interviews mit Williamson bekannt wurde, war die Entscheidung des Vatikans weltweit heftig kritisiert worden. Wer zehn Jahre Haft wegen eines Mordkomplotts gegen Obama erhält, was das Ehepaar Obama im vergangenen Jahr verdiente und warum eine UN-Untersuchung schwere Vorwürfe gegen die ehemalige Regierung Musharraf erhebt: Auf den nächsten Seiten lesen Sie weitere Kurzmeldungen im Überblick.
Das Regensburger Amtsgericht muss klären, ob der Strafbefehl gegen den Holocaust-Leugner angemessen ist. Kurzmeldungen im Überblick.
https://www.sueddeutsche.de/politik/papst-benedikt-zum-missbrauchsskandal-ein-bisschen-reue-1.19774
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Papst Benedikt zum Missbrauchsskandal - Ein bisschen Reue
00/04/2010
Fast nebenbei hat am Donnerstag Papst Benedikt XVI. zu den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche Bezug genommen. "Wir Christen haben auch in jüngster Zeit oft das Wort Reue vermieden, weil es uns als zu hart erschienen ist", sagte Papst Benedikt XVI. am Donnerstag. "Aber "jetzt, unter den Angriffen der Welt, die von unseren Sünden spricht, sehen wir, dass es eine Gnade ist, Buße tun zu können. Und wir sehen, wie notwendig es ist, Buße zu tun und zu erkennen, was falsch ist in unserem Leben." Das Kirchenoberhaupt fuhr fort: "Der Schmerz der Reue bedeutet Reinigung und Veränderung." Der Papst hat keinen spektakulären Anlass gesucht, um zumindest im Ansatz die Worte zu finden, auf die so viele seit Wochen gewartet haben. Benedikt XVI. sprach sie in einer Predigt während einer Messe in der Paolinischen Kapelle des Vatikan vor Mitgliedern der Päpstlichen Bibelkommission aus. Diese Mahnung zu Reue und Buße des Papstes stand in Zusammenhang mit einer Ausführung zum Thema "Primat des Gehorsams vor Gott". Der Text wurde von der italienischen Agentur Ansa verbreitet, Radio Vatikan veröffentlichte ihn unter der Überschrift: "Der Gehorsam gegenüber Gott macht den Menschen wirklich frei, auch, um sich der Diktatur des Konformismus zu widersetzen." Die Passage, in der Papst Benedikt XVI. offenkundig Bezug nimmt auf die Angriffe, unter denen die Kirche wegen der zahlreichen Missbrauchsfälle durch Priester und andere Kirchenbedienstete in vielen Ländern steht, taucht dort jedoch erst gegen Schluss des Beitrages auf. Demonstration für den Papst Das Kirchenoberhaupt sagte am Donnerstag weiter, es gehe darum, sich dem Vergeben zu öffnen, sich auf die Vergebung vorzubereiten, sich verändern zu lassen. Deutlicher hat sich der Papst bisher nur in seinem Hirtenbrief an die Gläubigen in Irland vom 20. März. geäußert. Am Wochenende fliegt Benedikt XVI. nach Malta, es ist seine erste Auslandsreise seit Bekanntwerden der Missbrauchsskandale. Auch dort gibt es mehrere Dutzend Opfer. Einige von ihnen haben gebeten, dass der Papst sich mit ihnen treffen soll. Unterdessen hat wegen der Vorwürfe gegen den Papst die vatikanische Kleruskongregation die Priester weltweit zu einer Solidaritätsdemonstration für das Kirchenoberhaupt aufgerufen. Die Kundgebung soll am 11.Juni auf dem Petersplatz in Rom stattfinden. Kardinal Claudio Hummes, rief in einem Brief an 400.000 Geistliche aus aller Welt zu der Aktion auf. "Es geht darum, unserem geliebten Papst Benedikt XVI. unsere Solidarität, unsere Unterstützung, unser Vertrauen zu zeigen", schrieb er in dem Brief, den die Glaubenskongregation am Donnerstag im Internet veröffentlichte. Eine ähnliche Aktion plant das italienische Bündnis laizistischer Gruppen für Mitte Mai.
Eher nebenbei äußert sich Papst Benedikt zum Missbrauchsskandal. Der Vatikan will unterdessen Hunderttausende Priester in Rom für ihr Oberhaupt demonstrieren lassen.
https://www.sueddeutsche.de/politik/oesterreich-braeunliche-bewerberin-1.7642
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Österreich - Bräunliche Bewerberin
00/04/2010
Am 24. April wählt Österreich den Bundespräsidenten. Noch nie hat ein Herausforderer gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt gewonnen. Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) hat folglich keinen eigenen Kandidaten gegen den Amtsinhaber Heinz Fischer aufgestellt, einen einst führenden Sozialdemokraten. Die Führungsebene der Christsozialen empfiehlt ihren Anhängern, zur Wahl zu gehen, aber eine ungültige Stimme abzugeben. Die rechtsradikale Freiheitliche Partei (FPÖ) wiederum nutzt den Fehlstart ihrer Kandidatin zur Bereinigung interner Frontlinien. Der Dritte im Bunde ist ein Außenseiter, ein christlicher Kandidat, der mit seiner demonstrativen Frömmelei sogar die Abwehr der Kirche herausfordert. Keine Erstattung von Wahlkampfkosten Die ÖVP war nicht nur zu ängstlich, den würdevoll und vorsichtig amtierenden Heinz Fischer herauszufordern. Es gibt auch keine Wahlkampfkostenerstattung. Die Partei weigert sich jedoch, Fischers Wiederwahl zu empfehlen. Hohe ÖVP-Provinzfunktionäre orakelten, "bürgerliche Wähler" würden angesichts des "Altsozialisten" Fischer doch lieber die von den Rechtsradikalen aufgestellte Barbara Rosenkranz wählen. Diese Aussage verstört viele Österreicher. Barbara Rosenkranz wird oft zugeschrieben, dass sie im Windschatten nationalsozialistischen Gedankengutes segelt. Wiens Israelitische Kultusgemeinde nannte Rosenkranz' Nominierung eine Beleidigung der Opfer der Judenverfolgung. Rosenkranz zweifelt an Strafen für Nazis So hat die ÖVP-Führung auf Bundesebene nun mehr oder minder deutlich ihren Leuten geraten, ungültig zu stimmen. Die Grünen, die ihren Anhängern raten, Fischer zu wählen, sehen darin einen bösen Fauxpas: Wer zur Kandidatin Rosenkranz nichts zu sagen habe, verharmlose den Nationalsozialismus, finden sie. Amtsinhaber Fischer selbst aber nehmen die Grünen übel, dass er nicht eindeutig ausschließen will, je eine Bundesregierung mit FPÖ-Beteiligung zu vereidigen. Die zehnfache Mutter Rosenkranz hatte zunächst die Zustimmung der Neuen Kronen Zeitung, des bestimmenden, ultrakonservativen Revolverblattes des Landes. Dann zweifelte sie am Verbotsgesetz, das Betätigung im Sinne des Nationalsozialismus mit hohen Strafen bedroht. Krone-Herausgeber Hans Dichand verlangte von ihr eine eidesstattliche Erklärung, dass sie die Gräuel der NS-Zeit nicht anzweifele - die Rosenkranz prompt abgab. Es hatte in der Krone-Redaktion sogar einen Aufstand gegen den Kurs des Herausgebers gegeben, ein bis dato unerhörter Vorgang. Mit ihrer Demutsgeste hat Rosenkranz für ihre Anhänger an Glaubwürdigkeit verloren. Erfahren Sie auf Seite 2 mehr über Barbara Rosenkranz und den Kandidaten der Christlichen Partei Österreichs, der seinen Wahlkampf mit einer katholischen Messe eröffnete.
Österreichs rechtsradikale FPÖ schickt die zehnfache Mutter Barbara Rosenkranz ins Rennen ums Präsidentenamt. Ihre eindeutigen Parolen verstören viele Wähler.
https://www.sueddeutsche.de/politik/palaestinenser-im-westjordanland-drakonische-aufenthaltsregeln-1.1854
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Palästinenser im Westjordanland - Drakonische Aufenthaltsregeln
00/04/2010
Die israelische Regierung hat neue Aufenthaltsbestimmungen für die 2,4 Millionen im besetzten Westjordanland lebenden Menschen erlassen. Sie könnten die Ausweisung oder die Festnahme von Tausenden Palästinensern zur Folge haben. Die Anordnung gilt für im Westjordanland lebende Palästinenser, die im von der Hamas regierten Gazastreifen geboren wurden oder in deren Ausweis eine Adresse im Gazastreifen vermerkt ist, berichtete die Zeitung Haaretz. Betroffen seien auch die Angehörigen dieser Palästinenser, selbst wenn sie aus dem Ausland stammen. Mit dem Dekret, das am Dienstag in Kraft trat, sollen Menschen ausgewiesen werden, die sich nach israelischer Sicht "illegal" im Westjordanland aufhalten. Verstöße sollen mit bis zu sieben Jahren Haft und einer Geldstrafe von 7500 Schekel (1500 Euro) geahndet werden. Der palästinensische Ministerpräsident Salam Fajad warf Israel vor, Zehntausende Menschen deportieren zu wollen. Die beiden Militärerlasse seien so weit gefasst, dass Israel ganze Landstriche von ihren Bewohnern befreien könne. Nach Ansicht von Fajad besteht auch die Gefahr, dass Tausende in Ostjerusalem lebende Familien zwangsweise abgeschoben werden. Fajad warf Israel einen Verstoß gegen das internationale humanitäre Völkerrecht sowie Entscheidungen des UN-Sicherheitsrates vor. Israel wolle mit der Maßnahme seine Besatzung verschärfen, zusätzliches Land der Palästinenser enteignen und den Ausbau von Siedlungen vorantreiben. Zehn israelische Menschenrechtsorganisationen haben inzwischen den israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak aufgefordert, die Militärbefehle auszusetzen. Auch die Europäische Union verlangt Aufklärung über die neuen Bestimmungen. Dies sagte der spanische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Miguel Ángel Moratinos am Dienstag nach einem Treffen mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Salam Fajad in Madrid. Der Erlass war am 13. Oktober 2009 von dem für das Westjordanland zuständigen Kommandeur Gadi Schamni unterzeichnet worden und muss sechs Monate später - also an diesem Dienstag - in Kraft treten. Bisher haben die israelischen Zivilgerichte Ausweisungen dieser Art abgelehnt. Allerdings unterstellt das Dekret diese Verfahren laut Haaretz nun Militärgerichten, die den Anweisungen der Armee-Spitze verpflichtet sind.
Israel erlässt Bestimmungen für die Bewohner des Westjordanlands. Theoretisch können Tausende Palästinenser ausgewiesen werden. Menschenrechtsgruppen laufen Sturm.
https://www.sueddeutsche.de/politik/budapest-rechte-gewinnt-wahl-in-ungarn-1.6643
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Budapest - Rechte gewinnt Wahl in Ungarn
00/04/2010
Die konservative Bürgerunion Bund Junger Demokraten (Fidesz) und ihr Führer Viktor Orbán haben den ersten Durchgang der Parlamentswahlen in Ungarn haushoch gewonnen. 52,8 Prozent der Wähler stimmten für Orbáns Partei, teilte die Landeswahlkommission (OVB) bei einem Auszählungsstand von 98,9 Prozent der abgegebenen Stimmen mit. Die bisher regierenden Sozialisten (MSZP) sind von nahezu 46 Prozent auf etwa 19,3 Prozent der Stimmen geschrumpft. Sie wollen die Wahl aber wegen Problemen bei der Stimmabgabe anfechten. Die Sozialisten wurden aber nicht von der rechtsextremen Partei Jobbik ("Das bessere Ungarn") überholt. Jobbik holte dennoch zwischen 16,7 Prozent und zieht damit auf Anhieb ins Parlament ein und komplettiert den gewaltigen Rechtsruck in dem mitteleuropäischen Schlüsselstaat. Jobbik hatte Orbán im Wahlkampf mit schrillem Chauvinismus weit rechts überholt. Auch die links-ökologische Partei "Politik kann anders sein" (LMP) schaffte mit 7,4 Prozent erstmals den Sprung in die Volksvertretung. Die Wahllokale schlossen offiziell um 19 Uhr. Vielerorts mussten sie aber wegen einer neuen Wahlordnung, die bestimmte Lokale zur Stimmabgabe vorschreibt, länger offen bleiben, da sich lange Schlangen gebildet hatten. Deswegen verzögerten sich offizielle Ergebnisse bis in die Nacht. Insgesamt gingen weniger Bürger an die Urnen als 2006. Bis zum Ende hatte sich eine teils gereizte, teils resignierte Wende-Stimmung im Land und der Hauptstadt gehalten. "Wir werden am Montag in einem neuen Land aufwachen", erklärte Fidesz-Chef Orbán. Die Freien Demokraten (SZDSZ), die sieben der letzten acht Jahre in Koalition mit dem MSZP, den sozialdemokratisch Erben der alten kommunistischen Arbeiterpartei, Ungarn regierten, sind den Umfragen zufolge endgültig gescheitert und nicht mehr im Parlament. Die Liberalen, bei denen sich seit dem Untergang des Kommunismus viele einstige Widerständler und Menschenrechtler versammelt hatten, waren am Ende als Anhängsel der MSZP verschrien und hatten mit neoliberalen Vorstellungen für Sozialreformen die Wähler verschreckt. Die SZDSZ hatte das letzte Jahr noch zusammen mit den Sozialisten die Expertenregierung des parteilosen Gordon Bajnai im Parlament gestützt, der das krisengeschüttelte Land mit Hilfe von EU und Internationalem Währungsfonds vor dem Staatsbankrott bewahrt hat. Das Ungarische Demokratische Forum (MDF), einst die Säule des Wandels weg vom Kommunismus, hat den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde offenbar nicht mehr geschafft. Beiden Kleinparteien, mit denen die wichtigsten Träger der antitotalitären Umbruchs verschwinden würden, half nichts, dass sie ein Wahlbündnis geschlossen hatten. Als krasser Außenseiter hat die neue Grüne Partei (LMP - "Eine andere Politik ist möglich") den Einzug ins Parlament geschafft. Sie konzentrieren sich auf ökologische und soziale Fragen, werden aber nur ein schwacher Ersatz für das Verschwinden der Liberalen Elemente von SZDSZ und MDF sein können. Am Sonntag konnten etwa acht Millionen Magyaren im ersten Durchgang über Parteilisten 152 der 386 Abgeordnete sowie die Direktabgeordneten der 176 Wahlkreise bestimmen. Gewählt ist, wer mehr als 50 Prozent der Direktstimmen errungen hat. Erreicht niemand die 50 Prozent der Stimmen, gibt es in 14 Tagen Stichwahlen. Dabei könnte es zu Parteiabsprachen kommen. Am Ende werden über ein Reststimmenverfahren nochmals 58 Abgeordnetensitze verteilt. Die Fidesz könnte so zwei Drittel der Mandate im Parlament einheimsen, ohne zwei Drittel der Stimmen zu haben.
Drastischer Rechtsruck in Ungarn: 52,8 Prozent der Wähler haben für Viktor Orbáns Fidesz-Partei gestimmt. Das Land steht vor einem Machtwechsel.
https://www.sueddeutsche.de/politik/gewalt-gegen-kinder-eiszeiten-der-erziehung-1.12356
politik
Gewalt gegen Kinder - Eiszeiten der Erziehung
00/04/2010
Darf der Vater sein achtjähriges Kind mit einem Hartgummischlauch verprügeln? Wer heute eine solche Frage stellt, gilt zu Recht als verdächtig. Der Vater darf natürlich nicht prügeln. Auch dann nicht, wenn das Kind die Brille des Vaters zertreten und sein Fernglas kaputtgemacht hat. Das ist heute allgemeine Meinung, und kaum jemand wird sich unterstehen, solche väterliche Raserei zu rechtfertigen. Der Bundesgerichtshof freilich hat noch 1988 "eine gelegentliche Tracht Prügel" für zulässig erklärt. Die Züchtigung mit einem "stockähnlichen Gegenstand" sei, so sagten die fünf hohen Richter im genannten Fall, "nicht pauschal zu verdammen". Es müssten, so urteilten sie allen Ernstes, alle "objektiven und subjektiven Umstände des Tatgeschehens geprüft werden". Die Untaten des Kindes mussten also zur Dicke des Schlauches und der Zahl der Schläge ins Verhältnis gesetzt werden. So war es Recht - nein, nicht bis 1800, nicht bis 1900, sondern bis zur großen Rechtsänderung von 2000. Furiose Ächtung der Prügellehrer Ist das verdrängt - aus Scham über das Vergangene, aus Stolz über das Erreichte? Die lange Geschichte der alltäglichen Prügelei in Schule und Familie ist erst vor einer historischen Sekunde zu Ende gegangen. Es ist bezeichnend, dass zwei Jahrtausende lang "Frau Grammatika", also die Symbolfigur für Schule und Unterricht, mit der Rute in der Hand gezeigt worden ist. Und zwei Jahrtausende lang hieß das, was heute elterliche Sorge heißt, elterliche Gewalt. Martin Luther hat sie so geschildert: "Die Mutter stäupte mich um einer geringen Nuss willen, dass das Blut hernach floss." Aber, so fügte er an, die Eltern "meinten's herzlich gut". Diese Art von Güte ist noch nicht ausgestorben. Schulische Körperstrafen erst 1973 umfassend verboten Das Recht des Ehemanns, die Ehefrau zu züchtigen, wurde erst 1947 offiziell aufgehoben; das Recht des Lehrherrn zur väterlichen Zucht der Lehrlinge wurde erst 1951 abgeschafft; die schulischen Körperstrafen, also die von Lehrern verabreichten Ohrfeigen, Kopfnüsse und Tatzen, wurden in der Bundesrepublik erst 1973 umfassend verboten. Erst seit 1998 sind "körperliche und seelische Misshandlungen" im Bürgerlichen Gesetzbuch für unzulässig erklärt. Und erst seit dem Jahr 2000 steht dort der klare Satz, der Kindern ein "Recht auf gewaltfreie Erziehung" gibt. Dagegen gab es vor einem Jahrzehnt massive Widerstände. Es sei, so hieß es, dem "Kindeswohl wenig förderlich, wenn Selbstverständlichkeiten ständig wiederholt würden". Selbstverständlichkeiten? Die Eiszeit der Erziehung ist soeben erst zu Ende gegangen. Sie war eine Art Scharia im Westen. Die Misshandlungsskandale, die heute entdeckt werden, sind ihr Nachhall.
Die Gesellschaft ächtet die Methoden der prügelnden Erzieher von gestern - und vergisst die Missstände von heute.
https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-karsai-ruft-taliban-zu-frieden-auf-1.15133
politik
Karsai ruft Taliban zu Frieden auf
00/04/2010
Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat die aufständischen Taliban am Bundeswehr-Standort Kundus zu einem Ende der Gewalt aufgerufen. "Meine Brüder, kommt zu mir, wenn Ihr Probleme habt oder Probleme bei uns seht, meine Tür steht Euch offen", sagte Karsai bei einem Treffen mit Stammesältesten. "Wenn Ihr irgendwelche Forderungen habt, kommt und sagt sie mir. Hört damit auf, Eure Brüder zu töten und Euer Land zu zerstören." Der Gouverneur der Provinz Kundus, Mohammad Omar, warnte bei dem Treffen mit Karsai und den Stammesältesten vor einer weiteren Verschlechterung der Sicherheitslage und forderte eine Militäroperation. "Die Situation wird sich nicht nur hier verschlechtern, sondern auch andere Provinzen in der Region destabilisieren", sagte Omar. Er verwies auf Einsatzbeschränkungen der Deutschen und forderte andere Nato-Staaten dazu auf, Truppen nach Kundus zu schicken. Im Januar hatte Omar den Einsatz der Bundeswehr in Kundus als "wirkungslos" kritisiert und mehr US-Soldaten für die Provinz gefordert. Karsai wurde vom Kommandeur der Internationalen Schutztruppe Isaf, US-General Stanley McChrystal, begleitet. Nach den Beobachtungen von Geheimdienstler in Kabul laufen schon seit längerem streng abgeschirmte Verhandlungen Karsais mit Vertretern der unterschiedlichen Gruppierungen der Taliban und Warlords sowie Stammesführer. Karsai verfolge die Absicht, alle Afghanen in einen Versöhnungsprozess einzubinden. Er wolle Ende April eine Große Ratsversammlung, eine "Jirga", einberufen, zu der sogar der abtrünnige, aber einflussreiche Warlord Gulbuddin Hekmatyar eingeladen werden soll. Er gilt als der brutalste Kriegsherr Afghanistans.
"Meine Brüder, meine Tür steht euch offen": Afghanistans Präsident Karsai gibt sich Aufständischen gegenüber gesprächsbereit. Kurzmeldungen im Überblick.
https://www.sueddeutsche.de/politik/buchpraesentation-sarrazin-hartz-iv-und-verhaltensarmut-1.12334
politik
Buchpräsentation - Sarrazin, Hartz IV und Verhaltensarmut
00/04/2010
Diese Schlange ist beeindruckend: 500 Menschen warten vor einer Kellertreppe im Berliner Kulturkaufhaus Dussmann, einige von ihnen seit einer Dreiviertelstunde. Wer die Plakate am Eingang übersehen hat, könnte glauben, hier würde ein neuer Harry-Potter-Band vom Stapel gelassen. Stattdessen spricht wenig später - der Keller ist längst mit Menschen besetzt - eine junge Frau etwas zu aufgeregt in ein Mikro. Sie, die Besucher, seien sicher froh, "ihn mal wieder live zu erleben". Er war mal hier in der Hauptstadt als Finanzsenator eine große Nummer. Nun ist Thilo Sarrazin Vorstand der Deutschen Bundesbank und noch immer Mitglied der SPD. Sarrazin und seine Sprüche Der Ökonom hat in der jüngeren Vergangenheit viele Dinge gesagt, die, so heißt es dann immer, polarisiert haben. Wer bei Google "Sarrazin" eingibt, bekommt als weiteren Suchbegriff sogleich "Sprüche" vorgeschlagen und so liest sich das dann: Eine große Zahl der Araber und Türken in Deutschland habe lediglich für den Gemüsehandel eine produktive Funktion, sie würden ständig neue Kopftuchmädchen produzieren und wer in Deutschland Hartz IV beziehe, der könne doch kalt statt warm duschen und auf diese Weise Stütze sparen. So recht weiß man nicht, ob die Leute an diesem Donnerstag Zuhörer oder Gaffer sind, ob sie wegen des Geifers gekommen sind oder wegen des Gesprächs. Präziser: des "Streitgesprächs", so ist es angekündigt. Wobei die Frage berechtigt ist, ob dieser Begriff nicht ein weißer Schimmel auf grünem Rasen ist und inzwischen jedes öffentliche Gespräch mit Thilo Sarrazin zum Streit führt. Zu einem Streitgespräch gehören mindestens zwei, das droht an diesem Abend bisweilen in Vergessenheit zu geraten. Irgendjemand besaß sogar die - freilich nachvollziehbare - Dreistigkeit, den Namen Sarrazin auf dem Veranstaltungsplakat über den der eigentlichen Protagonistin zu setzen: Ulrike Herrmann, Redakteurin der Tageszeitung. Sie hat ein Buch geschrieben*: Hurra, wir dürfen zahlen soll vom "Selbstbetrug der Mittelschicht" künden, es soll - im Idealfall - nach der Unterschichtendebatte nun zu einem Diskurs über die Mitte der Gesellschaft anregen. Herrmann schreibt, dass die Mittelschicht zwar die gesamtgesellschaftlichen Aufgaben finanziere, dass von Steuererleichterungen aber stets nur die Oberschicht profitiere. Die Frage sei: Warum macht die Mittelschicht das mit? "Weil sie sich für reicher hält, als sie ist. Weil sie sich von der Unterschicht ausgebeutet fühlt, in Wahrheit aber von der Oberschicht ausgebeutet wird", sagt Herrmann. Das Schlimme daran sei, dass die Mittelschicht sich ihrer Rolle als Zahlmeister gar nicht bewusst sei. Erheblichen Anteil daran habe die Oberschicht, weil sie der Mittelschicht das Gefühl gebe, zur Oberschicht zu gehören. "Die Reichen rechnen sich arm, während die Armen reich gerechnet werden", sagt Herrmann. Die Thesen von Herrmann sind diskussionswürdig, mindestens. Doch es kommt zu keiner rechten Diskussion an diesem Abend, was mehrere Gründe hat.
Die Journalistin Ulrike Herrmann will ihr Buch über die Mittelschicht vorstellen. Doch Thilo Sarrazin übernimmt die Sache.
https://www.sueddeutsche.de/politik/kirgistan-die-selbsternannte-chefin-1.10565
politik
Die selbsternannte Chefin
00/04/2010
Sie scheint am Ziel zu sein. Vor fünf Jahren, als das kirgisische Volk bereits einmal auf die Straße ging und das Regime des Alt-Kommunisten Askar Akajew stürzte, stand Rosa Otunbajewa auch schon in der ersten Reihe. Aber nicht sie, sondern ihr Mitstreiter Kurmanbek Bakijew, der wie sie auf den Barrikaden stand und ein Ende von Misswirtschaft und Korruption forderte, setzte sich durch. Er wurde neuer Präsident. Jetzt ist Bakijew allem Anschein nach Geschichte, auch wenn er weiter auf seinem Amt beharrt, und Otunbajewa kann erst einmal die Früchte ihrer Arbeit einfahren: Nach der Machtübernahme Bakijews hatte sie seinen Kurs gestützt, sich als Außenministerin verdingen lassen, dann aber enttäuscht gezeigt und der neuen Regierung das Vertrauen entzogen. Im zweiten Anlauf In den vergangenen Jahren führte sie die Sozialdemokratische Partei Kirgistans und profilierte sich als Oppositionsführerin. Während des Volksaufstandes der vergangenen Tage las man emotionale Appelle von der 59-Jährigen: "Bakijew, hör auf, Deine Landsleute zu erschießen! Dir wird nie jemand verzeihen", flehte sie in einem Twitter-Eintrag, während sie sich vor dem Geheimdienst versteckt hielt. Überhaupt twittert sie gern publikumswirksam. Die Einrichtung von Bürgerpatrouillen kündigte sie auf diese Weise an, die für Ruhe und Ordnung sorgen sollen, dann beruhigte sie die Massen: Verantwortliche Menschen arbeiteten unter einer "sich normalisierenden Lage". Es hat den Anschein, als hätte Rosa Otunbajewa überraschend schnell Nägel mit Köpfen gemacht: Eine Regierung des Volkes habe man gegründet und ein Übergangskabinett eingesetzt; in sechs Monaten werde es - diesmal faire - Parlamentswahlen geben. Überraschend schnell hat sich, allem Anschein nach, auch Moskau mit den neuen Umständen abgefunden. Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin soll Otunbajewa bereits als Chefin einer neuen Regierung anerkannt haben. Im Interesse Moskaus Das mag zweierlei Hintergründe haben: Zum einen hatte Moskau zuletzt ungewohnt offen das Regime Bakijews kritisiert; der Volksaufstand und seine Folgen dürften im Interesse Moskaus sein. Zum anderen gehört Rosa Otunbajewa durchaus zur alten, sowjetisch geschulten Elite, die in vielen zentralasiatischen Ländern nach wie vor die Politik dominiert. Die Kirgisin hat an der Lomonossow-Universität in Moskau studiert und in den 80er Jahren hauptamtlich für die Kommunistische Partei ihres Landes gearbeitet. Noch zu Sowjetzeiten war sie Vize-Chefin des Ministerrates in der kirgisischen Volksrepublik, sie hat im Moskauer Außenministerium gearbeitet und später als Botschafterin ihres Landes. Ein unbeschriebenes Blatt ist Otunbajewa also nicht, auch nicht die Protagonistin einer unabhängigen, zivilen Opposition. Sie weiß, was von ihr erwartet wird - und hat als Erstes die USA wissen lassen, dass deren militärische Interessen und ihr Armeestützpunkt auf kirgisischem Boden nicht gefährdet seien. Die neue Regierung hat die Armee und wohl auch große Teile des Geheimdienstes hinter sich; und der neue Kurs wurde in einer Rundfunkansprache bereits mit großem Pathos verkündet: "Repression, Tyrannei und Aggression" seien jetzt beendet.
Erfolg im zweiten Anlauf: Nachdem Präsident Kurmanbek Bakijew offenbar Geschichte ist, kann Rosa Otunbajewa die Früchte ihrer Arbeit einfahren und in Kirgistan regieren.
https://www.sueddeutsche.de/politik/ex-raf-terroristin-anklage-gegen-verena-becker-1.5592
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Ex-RAF-Terroristin - Anklage gegen Verena Becker
00/04/2010
Die Karlsruher Bundesanwaltschaft hat gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker Mordanklage erhoben. Die 57-Jährige soll Mittäterin bei dem Anschlag auf den früheren Generalbundesanwalt Siegfried Buback im April 1977 gewesen sein. An der eigentlichen Tatausführung sei Becker allerdings nicht beteiligt gewesen. Die Bundesanwälte stützen sich bei ihrer Anklage vor allem auf drei Bekennerschreiben der RAF zum Mord an Buback. Mit Hilfe neuer kriminaltechnischer Verfahren hatten Spuren nachgewiesen werden können, die von Becker stammten. Hauptbelastungszeuge der Ermittler wird der ehemalige RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock sein, der etliche Male von der Bundesanwaltschaft vernommen wurde. "Der General muss weg" Er sagte aus, deutsche Terroristen hätten im Sommer oder Herbst 1976 in einem Ausbildungslager der Terrororganisation PFLP im Jemen die grundsätzliche Entscheidung getroffen, nach der Rückkehr in die Bundesrepublik Mordanschläge gegen führende Repräsentanten des Staates, unter ihnen Buback, zu begehen. Von den in Stammheim inhaftierten Terroristen sei der Befehl gekommen: "Der General muss weg." Die im Jemen entstandene Gruppe, zu der auch Becker zählte, dürfe sich nur als RAF bezeichnen, wenn sie einen solchen Anschlag verübe. Danach habe es Vorbereitungstreffen im Harz und in den Niederlanden gegeben. Becker habe sich stark dafür eingesetzt, die Anweisungen der in Stammheim inhaftierten Führungsmitglieder auch umzusetzen. Beckers Anwalt Walter Venedey hat bereits angekündigt, dass er in dem bevorstehenden Prozess Freispruch für seine Mandantin fordern werde. Er stellt vor allem die Aussagen Boocks in Frage, der sich in Widersprüche verstrickt habe. Auf Antrag Venedeys hatte der dritte Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Dezember vergangenen Jahres Beckers Haftbefehl aufgehoben. Zwar erschienen die Aussagen Boocks "inhaltlich eindeutig und plausibel", aber die "Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen" könne nur in einer Beweisaufnahme in einer Hauptverhandlung getroffen werden. Vorwurf der Mittäterschaft Auch die Karlsruher Richter kamen zu dem Ergebnis, dass Becker an dem Attentat selbst nicht direkt beteiligt gewesen sei. Sie gingen aber aufgrund sichergestellter handschriftlicher Notizen Beckers davon aus, dass sie über "Kenntnisse bezüglich des Anschlags" verfügt habe. Der Strafsenat befand im Dezember, dass nicht mehr, wie noch im Haftbefehl formuliert, vom Verdacht der Mittäterschaft auszugehen sei, sondern nur noch vom Verdacht der Beihilfe, bei der Becker im Fall einer Verurteilung eine deutlich geringere Strafe zu erwarten hätte. Obwohl der BGH die Revisionsinstanz ist, blieb die Bundesanwaltschaft dann doch bei dem Vorwurf der Mittäterschaft. In dem Prozess vor dem Oberlandesgericht Stuttgart werden möglicherweise auch als geheim eingestufte Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) eine Rolle spielen. Becker hatte Anfang der achtziger Jahre über RAF-Interna mit dem BfV gesprochen und war von der Behörde wie eine Aussteigerin behandelt worden. Ihr war damals absolute Vertraulichkeit zugesagt worden. Das Bundesinnenministerium hatte nach langem Gezerre einen Teil der Akten im März dieses Jahres der Anklagebehörde übermittelt.
Die Bundesanwaltschaft klagt an: Die frühere RAF-Terroristin soll Mittäterin beim Mord am damaligen Generalbundesanwalt Buback gewesen sein.
https://www.sueddeutsche.de/politik/politik-kompakt-taliban-veroeffentlichen-video-von-us-geisel-1.1903
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Politik kompakt - Taliban veröffentlichen Video von US-Geisel
00/04/2010
Kraft will DGB-Landeschef zum Minister machen Der nordrhein-westfälische DGB-Vorsitzende Guntram Schneider soll nach der Landtagswahl Arbeits- und Sozialminister werden, wenn die SPD die Wahl gewinnt. Das kündigte die SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft in Düsseldorf an. Der 58-jährige Schneider ist seit fast 40 Jahren SPD-Mitglied. Für seinen Eintritt in das Wahlkampfteam von Kraft habe er die Rückendeckung der Einzelgewerkschaften in Nordrhein-Westfalen, sagte Schneider. Bis zum Wahltag werde er für den DGB nicht mehr öffentlich auftreten. Den Gewerkschaftsbund werde er intern aber weiter leiten. Schneider ist das erste Mitglied im Schattenkabinett von Kraft. Die Politikerin kündigte an, bis zur Wahl noch weitere Mitglieder des Kompetenzteams vorzustellen. Dazu gehörten ihre Stellvertreter im Partei- und Fraktionsvorsitz. "Sie sind gesetzte Teammitglieder. Hinzu kommen einige wenige von außen." Was ein von der Taliban verschleppter US-Soldat in einer neuen Videobotschaft sagt und mit welcher Begründung die thailändische Regierung den Fernsehsender der Opposition abgeschaltet hat: Auf den folgenden Seiten finden Sie weitere Kurzmeldungen im Überblick.
Zehn Monate nach seiner Entführung in Afghanistan gibt es ein neues Lebenszeichen des US-Soldaten Bowe Bergdahl. Kurzmeldungen im Überblick
https://www.sueddeutsche.de/politik/hartz-iv-kindergeld-wird-voll-auf-einkommen-angerechnet-1.15208
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Hartz IV - Kindergeld wird voll auf Einkommen angerechnet
00/04/2010
Das Kindergeld darf auch in Zukunft in voller Höhe auf die Hartz-IV-Bezüge angerechnet werden. Diese Praxis verstößt nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht gegen das Grundgesetz. In dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss (Az: 1 BvR 3163/09) heißt es, die Hartz-IV-Leistungen für Kinder sicherten deren Existenzminimum. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum sei folglich bei der vollständigen Verrechnung des Kindergelds nicht verletzt. Das Grundgesetz verlange keine Sozialleistungen, die den Betreuungs- und Ausbildungsbedarf in gleichem Maße berücksichtigten wie das Steuerrecht. Die zuständige Kammer des Gerichts verwies in ihrem einstimmigen Beschluss auf das Hartz-IV-Urteil vom 9. Februar 2010. Damals hatte der Erste Senat zwar die ungenaue Berechnung, nicht aber die Höhe des Sozialgeldes beanstandet. Die volle Anrechnung des Kindergeldes wahre auch den Gleichheitssatz, heißt es weiter in der Begründung des jetzt veröffentlichten Beschlusses. Eltern mit steuerpflichtigem Einkommen erhielten zwar steuerrechtliche Vergünstigungen in Form von Kinderfreibeträgen. Der Gesetzgeber sei aber nicht verpflichtet, diese auch in Form von Sozialleistungen Personen zu gewähren, die kein steuerpflichtiges Einkommen erzielen. Mit dem Beschluss wurde die Verfassungsbeschwerde von Hartz-IV-Empfängern mit einem heute 15-jährigen Sohn mangels Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen. Für den Sohn hatten die Eltern im Jahr 2008 ein halbes Jahr lang Arbeitslosengeld II erhalten. Auf den damaligen Regelsatz in Höhe von 208 Euro monatlich wurde das Kindergeld von seinerzeit 154 Euro in voller Höhe angerechnet, wie es das Gesetz vorsieht. Die Eltern machten im Namen ihres Kindes geltend, dass nur die Hälfte des staatlichen Kindergeldes dem Existenzminimum diene. Die andere Hälfte sei für den Betreuungs- und Ausbildungsbedarf. Deshalb dürfe auch nur das halbe Kindergeld auf das Sozialgeld angerechnet werden. Mit ihrer Klage verlangten sie eine Nachzahlung von insgesamt 462 Euro. Bereits die Sozialgerichte hatten die Klagen jedoch abgewiesen. Auch die Verfassungsbeschwerde blieb nun ohne Erfolg.
Keine Leistungserhöhung durch die steuerliche Hintertür: Die Karlsruher Richter sehen die Anrechnung von Kindergeld auf Hartz IV als verfassungsgemäß.
https://www.sueddeutsche.de/politik/merkel-und-machtworte-lass-die-leute-reden-1.12299
politik
Süddeutsche.de
00/04/2010
Merkel und Machtworte – Pubertät Zum Amt der Parteichefin kommt Merkel sogar mit einer Art Machtwort. Als erste in der Partei wendet sich die damalige Generalsekretärin von ihrem spendenaffären-gebeutelten Übervater Helmut Kohl ab und schreibt 2000 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: "Die Partei muss also laufen lernen, muss sich zutrauen, in Zukunft auch ohne ihr altes Schlachtross, wie Helmut Kohl sich oft selbst gerne genannt hat, den Kampf mit dem politischen Gegner aufzunehmen. Sie muss sich wie jemand in der Pubertät von zu Hause lösen, eigene Wege gehen." Schreibt sie da vielleicht nicht nur über die Partei, sondern über sich selbst? Viel Zeit für pubertäre Aufmüpfigkeit bleibt Angela Merkel jedoch nicht, denn nur wenige Monate später übernimmt sie selbst die Führung der CDU. Seitdem ließ sie nicht mehr viele Machtworte hören. Foto: dpa; im Bild: Generalsekretärin Angela Merkel mit dem damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel Welches Machtwort von Angela Merkel haben Sie vermisst?
Seit zehn Jahren ist Angela Merkel Vorsitzende der CDU. Ihre Karriere zeigt, wie wenig Macht mit Machtworten zu tun haben kann. Bilder und Worte der Bundeskanzlerin. Zusammengestellt von Barbara Vorsamer
https://www.sueddeutsche.de/politik/klaus-reinhardt-zu-afghanistan-karsai-general-bundeswehr-1.7620
politik
Ex-General Klaus Reinhardt über Afghanistan
00/04/2010
Klaus Reinhardt hat viel gesehen. Mitte der neunziger Jahre war er verantwortlich für den Einsatz der Bundeswehr in Somalia. Er stieg auf zum Befehlshaber der Alliierten Landstreitkräfte in Mitteleuropa und leitete schließlich als erster deutscher Kommandant die Nato-Friedenstruppen im Kosovo. Doch im Ruhestand kommt der pensionierte Vier-Sterne-General nicht zur Ruhe. Er macht sich Sorgen um die Bundeswehr - vor allem um das Wohl der Soldaten in Afghanistan. Nach den Drohungen des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, eine Nato-Offensive in der umkämpften Region Kandahar zu blockieren, wächst der Argwohn beim General a. D. "Die Rolle von Hamid Karsai ist zweifellos problemtisch, er wandelt auf einem sehr gefährlichen Grat", sagt Reinhardt im Gespräch mit sueddeutsche.de. Die Nato-kritischen Worte und seine Äußerungen zum Wahlbetrug seien zwar wohl mehr nach innen als nach außen gerichtet, räumt Reinhardt ein. "Aus Sicht der Nato sind Karsais Worte allerdings alles andere als hilfreich. Wenn hierzulande und in anderen westlichen Staaten über den Sinn und Zweck des Afghanistan-Einsatzes diskutiert wird, ist es kontraproduktiv, so auf den Tisch zu hauen." Unterstützung erhält Reinhardt von Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU). "Der Mann ist politischer Treibsand. Die Alliierten sollten nicht auf ihn bauen", urteilte Rühe über Karsai in der Bild-Zeitung. Auch der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Oberstabsbootsmann Wolfgang Schmelzer, kritisierte Karsai. "Signale dieser Art sind unerträglich", sagte Schmelzer der Passauer Neuen Presse. Wenn sich der afghanische Präsident jetzt mit den Taliban gemein mache, solle die Nato abziehen. Reinhardt sieht den Westen hier in einem Dilemma: "Die Nato hat niemand anderen, mit dem sie politisch zusammenarbeiten kann." Die Alliierten müssten daher mit der derzeitigen Führung des Landes zusammenarbeiten und deren Arbeit wie Ansehen zu verbessern versuchen - "auch wenn sie sich geriert wie es Karsai tut". Der Ex-General kritisiert auch die Ausstattung der Bundeswehr in Afghanistan. Die Ausbildung deutscher Soldaten vor einem Auslandseinsatz sei zwar in der Regel gut, zweckmäßig und solide, in Afghanistan sei allerdings modernstes Gerät im Einsatz, das in der Heimat noch nicht vorhanden sei. "Die Soldaten konnten sich beispielsweise mit dem Dingo oder neuester Fernmeldetechnik in der Vorbereitung nicht vertraut machen. Im Einsatz ist dann manchmal zu wenig Zeit, die Systeme voll in den Griff zu kriegen." Auch Schmelzer sieht hier erhebliche Defizite: "Wenn für die Ausbildung nicht ausreichend Fahrzeuge und Gerät zur Verfügung stehen, muss man sich nicht wundern, wenn im Einsatz Fehler gemacht werden", so der Vize des Bundeswehrverbands. Zudem bemängelt Reinhardt, dass der Bundeswehr in Afghanistan Kampf- und Transporthubschrauber fehlen, "die den Soldaten eine höhere Flexibilität im Gefecht geben, Hubschrauber, die sich rasch ins Gefecht einschalten können und erlauben, Kräfte schnell zu verlegen." Die in Afghanistan eingesetzten Hubschrauber vom Typ CH-53 seien zu wenig und auf dem technischen Stand von 1966 - "x-mal nachgerüstet, aber natürlich höchst anfällig angesichts der klimatischen Begebenheiten vor Ort".
Nach Karsais Drohungen attackiert Ex-General Reinhardt Afghanistans Präsidenten - und bemängelt die Ausstattung der Deutschen.
https://www.sueddeutsche.de/politik/neue-nuklearstrategie-obama-entschaerft-atomdrohung-1.2756
politik
Neue Nuklearstrategie - Obama entschärft Atomdrohung
00/04/2010
Barack Obama ändert die militärische Nuklearstrategie der USA: Ein Ersteinsatz von Atomwaffen soll künftig nur noch unter eingeschränkten Bedingungen infrage kommen. Damit soll die von Obama angestrebte atomwaffenfreie Welt ein Stück näher rücken. Der Präsident erläuterte seine Pläne am Montag (Ortszeit) in einem Interview der New York Times - am Vorabend der mit Spannung erwarteten offiziellen Vorstellung seiner neuen Nuklearstrategie. Darin legt sich Obama aber nicht auf einen Abzug der rund 200 taktischen Atomwaffen aus Europa fest, wie US-Medien hochrangige Regierungsbeamte zitierten. Das würde bedeuten, dass auch Deutschland zumindest vorerst nicht atomwaffenfrei wird: Hier lagern schätzungsweise noch bis zu 20 Atomsprengköpfe vom Typ B-61. Nach Angaben der New York Times wollen sich die USA nunmehr erstmals dazu verpflichten, keine Atomwaffen gegen Nicht-Atommächte einzusetzen, die sich an den Vertrag zur Nichtweiterverbreitung von Nuklearwaffen halten - auch dann, wenn sie die USA mit biologischen oder chemischen Waffen angreifen. Solche Bedrohungen, so zitierte die Zeitung Obama, könnte mit einer Reihe anderer Optionen begegnet werden, einer Kombination aus alten und neuen konventionellen Waffen. Ausnahme Außenseiter Als Ausnahmen nannte der US-Präsident demnach aber "Außenseiter" wie Iran oder Nordkorea, die den Vertrag entweder verletzt oder dagegen verstoßen hätten. Wie Regierungsbeamte ergänzend erläuterten, wird den Atomwaffen in dem Strategie-Papier nunmehr eine "wesentliche Rolle" bei der Abschreckung von atomaren Angriffen oder bei der Antwort darauf eingeräumt. Die USA bewegten sich damit in Richtung einer Strategie, in der Atomwaffen künftig nur noch "ausschließlich" im Fall eines nuklearen Angriffs eingesetzt würden. Obama deutete in dem Zeitungsinterview weiter an, dass er nach der Unterzeichnung des neuen START-Vertrags mit Russland zur Verringerung strategischer Atomwaffen am 8. April auch möglichst bald mit Moskau über eine Reduzierung von Waffen kürzerer Reichweite sprechen will. Dazu gehören die taktische Atomwaffen in Europa. Die Bundesregierung will die B-61-Sprengköpfe als Relikte des Kalten Krieges loswerden, so wurde es auf Drängen der FDP auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Nach Angaben von verschiedenen US-Medien will Obama aber über die Frage der taktischen Atomwaffen erst mit den NATO-Verbündeten sprechen und dann mit Russland verhandeln, hieß es unter Berufung auf Regierungsbeamte. Der US-Präsident hatte vor einem Jahr in Prag seine Vision von einer atomwaffenfreien Welt dargelegt. Die nächsten Tage stehen ganz im Zeichen dieses Ziels. Nach der Veröffentlichung seiner Nuklearstrategie wird Obama zur Unterzeichnung des START-Vertrages in die tschechische Hauptstadt zurückkehren. Für den 12. und 13. April hat er dann Staats-und Regierungschefs aus über 40 Staaten zu einem Nuklear-Gipfel nach Washington eingeladen, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel will kommen. Im Mittelpunkt des Gipfels steht die Frage, wie verhindert werden kann, dass Atomwaffen oder spaltbares Material in die Hände von Terroristen fallen.
US-Präsident Obama will sich erstmals dazu verpflichten, keine Atomwaffen gegen Nicht-Atommächte einzusetzen - unter bestimmten Bedingungen.
https://www.sueddeutsche.de/politik/piraten-vor-somalia-niederlaendische-marine-befreit-deutsches-schiff-1.24198
politik
Piraten vor Somalia - Niederländische Marine befreit deutsches Schiff
00/04/2010
Niederländische Marinesoldaten haben am Montag das deutsche Containerschiff MS Taipan aus der Gewalt somalischer Piraten befreit. Wie ein Sprecher der EU-Marinemission Atalanta mitteilte, war die Taipan kurz zuvor etwa 500 Seemeilen östlich der somalischen Küste auf dem Weg von der kenianischen Hafenstadt Mombasa nach Dschibuti von Piraten angegriffen worden. Als klar war, dass das Schiff den Booten der Seeräuber nicht entkommen konnte und die Piraten die Taipan enterten, folgte die Besatzung den Atalanta-Ratschlägen und stellte alle Maschinen ab, um das Schiff manövrierunfähig zu machen. Gleichzeitig alarmierte sie die im Golf von Aden patrouillierenden Kriegsschiffe, ehe sie sich in einem Sicherheitsraum des Schiffes verschanzte. Die niederländische Fregatte Hr. Ms. Tromp, das sich in der Nähe des Überfallorts befand, versuchte zunächst, mit den Piraten zu verhandeln, teilte Atalanta weiter mit. Da die Piraten aber entschlossen waren, Widerstand zu leisten, entschloss sich die Einsatzleitung zur gewaltsamen Befreiung des Schiffes. Bei Schusswechseln mit den Piraten wurde ein Marinesoldat der Tromp verletzt, teilte das Verteidigungsministerium in Den Haag mit. Ein Team der niederländischen Fregatte seilte sich auf das Containerschiff ab. Bei dem Einsatz wurden zehn Piraten festgenommen. Die 15-köpfige Mannschaft der Taipan, unter ihnen zwei Deutsche, blieb unverletzt. Erst am Osterwochenende hatten somalische Piraten im Indischen Ozean einen südkoreanischen Öltanker gekapert. Ein Kriegsschiff der südkoreanischen Marine hat Medienberichten zufolge die Verfolgung des Schiffes aufgenommen.
Mit einer spektakulären Kommandoaktion hat die niederländische Marine einen Angriff somalischer Seeräuber vor Somalias Küste vereitelt.
https://www.sueddeutsche.de/politik/afghanistan-guttenberg-spricht-von-krieg-1.6058
politik
"Afghanistan - Guttenberg spricht von ""Krieg"""
00/04/2010
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat nach dem tödlichen Gefecht in der Nähe von Kundus von Krieg in Afghanistan gesprochen. "Auch wenn es nicht jedem gefällt, so kann man angesichts dessen, was sich in Teilen Afghanistans abspielt, umgangssprachlich von Krieg reden", sagte Guttenberg am Sonntag in Bonn. Guttenberg hatte bereits kurz nach seiner Vereidigung gesagt: "Ich will ganz offen sein: In Teilen Afghanistans gibt es fraglos kriegsähnliche Zustände" und hinzugefügt, er verstehe jeden Soldaten, der sage: "In Afghanistan ist Krieg, egal, ob ich nun von ausländischen Streitkräften oder von Taliban-Terroristen angegriffen, verwundet oder getötet werde". Seine Vorgänger sprachen dagegen stets von "Kampfeinsatz". Nach dem Gefecht, bei dem am Freitag drei Soldaten getötet und acht zum Teil schwer verletzt wurden, kündigte der Minister zugleich eine Untersuchung des Vorfalls auf deutscher Seite an. Parallel werde die Nato den Vorfall untersuchen. Guttenberg betonte, dass die Bundeswehr in Afghanistan bleiben werde. Die Bundesregierung werde ihre neue Strategie umsetzen. Der Minister wies zudem Kritik an der Ausrüstung der Bundeswehrtruppen in Afghanistan zurück. "Man sollte mit pauschalen Urteilen darüber was fehlt, sehr zurückhaltend sein", sagte er. Die Talibangruppen, die am Karfreitag bei Kundus die Bundeswehr in ein schweres Gefecht verwickelt hatten, seien äußerst professionell vorgegangen. Die Bundeswehr habe Aufklärungsmittel vor Ort gehabt und diese auch eingesetzt. Der frühere Generalinspekteur Harald Kujat hatte kritisiert, die Soldaten seien nicht mit den nötigen modernen Aufklärungssystemen ausgerüstet. Guttenberg entgegnete: "Wenn sich ein Gegner lange genug in einem Graben tarnt, dann können sie noch so oft eine Drohne (unbemanntes Aufklärungsflugzeug) darüber fliegen lassen und werden ihn im Zweifel nicht erkennen." Der CSU-Politiker sprach vom einem perfiden Anschlag auf die deutschen Soldaten. Er brachte sein "tiefst empfundenes Mitgefühl" zum Ausdruck. Er wünschte den Verwundeten "beste und auch schnelle Genesung". Guttenberg war bei der Ankunft des Flugzeugs, das die Leichen der am Freitag getöteten Soldaten überführte, am Sonntagabend auf dem Militärflughafen Köln-Wahn zugegen. Der Minister hatte seinen Osterurlaub in Südafrika wegen der Ereignisse in Nordafghanistan abgebrochen. Auch den Angehörigen der bei dem Gefecht getöteten afghanischen Soldaten sprach Guttenberg sein Mitgefühl aus. Der Minister sprach von sechs getöteten Afghanen und bestätigte damit afghanische Zahlen. Von deutscher Seite war bislang von fünf Todesopfern die Rede.
Nach dem tödlichen Gefecht zwischen Bundeswehrsoldaten und Taliban-Kämpfern greift der Verteidigungsminister wieder auf das K-Wort zurück.
https://www.sueddeutsche.de/politik/afghanistan-einsatz-ex-general-kujat-wirft-regierung-ignoranz-vor-1.21739
politik
Afghanistan-Einsatz - Ex-General Kujat wirft Regierung Ignoranz vor
00/04/2010
Der frühere Generalinspekteur Harald Kujat hat die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem jüngsten Angriff auf Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan scharf kritisiert. Aus dem Luftangriff im September, bei dem nahe Kundus rund 140 Menschen ums Leben gekommen waren, seien nicht die nötigen Lehren gezogen worden, sagte Kujat der Welt am Sonntag. "Unsere Soldaten sind dort nur in diese Lage geraten, weil sie wie so oft nicht mit den nötigen modernen Aufklärungssystemen ausgerüstet sind." Der General, der zwischen 2000 und 2002 Deutschlands ranghöchster Soldat war, befürchtet weitere Anschläge auf die deutschen Soldaten in Nordafghanistan. Der Luftangriff vom September habe die Taliban zunächst geschwächt, sagte Kujat. "Danach haben sie eine gewisse Zeit gebraucht, um sich in Szene zu setzen. Und genau das tun sie jetzt." Zwei Tage nach den blutigen Gefechten von Kundus nahmen die Bundeswehrsoldaten vor Ort Abschied von ihren drei getöteten Kameraden. Im Feldlager der nordafghanischen Provinz erwiesen sie an diesem Sonntag den zwischen 25 und 35 Jahre alten Fallschirmjägern aus Niedersachsen die letzte Ehre. "Wir haben alle gehofft, dass wir diesen Tag niemals erleben müssen", sagte der Isaf-Kommandeur für Nordafghanistan, Brigadegeneral Frank Leidenberger. "Die Hoffnung wurde am 2. April jäh zerstört". Leidenberger gedachte auch der versehentlich von der Bundeswehr getöteten afghanischen Soldaten und entschuldigte sich bei deren Angehörigen. Erstmals räumte er ein, dass sechs Afghanen getötet wurden. Bisher hatte die Bundeswehr von fünf Toten gesprochen. Verletzte Soldaten nach Koblenz gebracht Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel sprach den Soldaten in Kundus die Anteilnahme der Bundesregierung aus. Er hatte seine Afghanistan-Reise um einen Tag verlängert, um an der Trauerfeier teilnehmen zu können. "Die deutschen Soldaten lassen sich durch noch so heimtückische Gewalt nicht beeinflussen", sagte der FDP-Politiker. "Mit unseren Alliierten werden wir den Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan für ein friedliches, stabiles und sicheres Land fortsetzen." Niebel forderte in einem Interview mehr Rückhalt in der Bevölkerung für den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan. Das Gefecht zeige, wie gefährlich die Situation für die Soldaten dort sei. "Sie wünschen sich mehr Verständnis dafür, dass sie sich, manchmal auch präventiv, wehren müssen", sagte der Liberale der Bild am Sonntag. Die Soldaten verstünden nicht, wenn sie sich dafür in der deutschen Öffentlichkeit rechtfertigen müssten oder sogar strafrechtlich verfolgt würden, betonte der Minister, der in Afghanistan Wiederaufbauprojekte besucht hatte, die mit deutscher Hilfe finanziert werden. Am Karfreitag waren die drei Soldaten bei stundenlangen Gefechten zwischen der Bundeswehr und den radikal-islamischen Taliban nahe Kundus erschossen worden. Acht weitere deutsche Soldaten wurden verletzt. Vier von ihnen wurden am Samstag in die Heimat geflogen und zur Behandlung ins Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz gebracht. Die Trauerfeier fand auf dem Appellplatz statt, von wo aus die Bundeswehrpatrouillen in den Einsatz fahren. Dort befindet sich auch ein Ehrenhain für alle im Einsatz gefallenen Bundeswehrsoldaten. Die Särge mit den Leichen der drei Soldaten wurden in Transportpanzern auf den Platz gefahren, wo sich mehrere hundert Soldaten versammelt hatten. Noch am Sonntag sollten die Särge mit Hubschraubern und einem Militärflugzeug zunächst über Masar-i-Sharif in das usbekische Termes gebracht werden. Von dort sollten sie im Airbus der Delegation von Entwicklungsminister Niebel nach Deutschland gebracht werden.
Nach dem Tod dreier Bundeswehr-Soldaten fordert Entwicklungsminister Niebel mehr Rückhalt für die Truppe. Derweil liest Ex-Generalinspekteur Kujat der Regierung die Leviten.
https://www.sueddeutsche.de/politik/personalmangel-in-steuerbehoerden-tausende-finanzbeamte-fehlen-1.4129
politik
Personalmangel in Steuerbehörden - Tausende Finanzbeamte fehlen
00/04/2010
Der Bundesrepublik entgehen jedes Jahr Milliardeneinnahmen, weil in der Finanzverwaltung 15.000 Beamte fehlen. Dies geht nach Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft aus der Personalbedarfsberechnung der Bundesländer hervor. Experten befürchten, dass es Steuerhinterzieher künftig noch leichter haben, weil sich die Personalsituation bei den Steuerbehörden in den kommenden Jahren weiter deutlich verschlechtern wird. Für das Personal in den Finanzämtern sind die Länder zuständig. Sie berechnen, wie viele Mitarbeiter nötig wären, um Unternehmen und Steuerzahler gesetzesgemäß zu prüfen. Dieser Personalbedarf beläuft sich demnach auf 130.000 Stellen. Tatsächlich sind nach Berechnungen der Steuergewerkschaft, die die Finanzbeamten in Deutschland vertritt, aber nur etwa 11.5000 Stellen besetzt. "Kein Bundesland erfüllt derzeit den tatsächlichen Bedarf", sagte Gewerkschaftschef Dieter Ondracek der Süddeutschen Zeitung. Er schätzt, dass dem Staat jährlich etwa 30 Milliarden Euro an Steuern vorenthalten werden. Der Personalschlüssel zeigt, dass vor allem die Prüfung von Betrieben vernachlässigt wird. So fehlen nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi allein 3050 Betriebsprüfer und 420 Steuerfahnder. "Gemessen an den 13.800 Beschäftigten in der Betriebsprüfung und den 2570 Fahndern ist dies ein erheblicher Fehlbestand", heißt es bei Verdi. Die Finanzbeamten im Außendienst sind besonders effektiv: Im Schnitt treibt ein Steuerfahnder jährlich knapp eine Million Euro zusätzlich für den Fiskus ein. Bei einem Betriebsprüfer sind es gut 1,2 Millionen Euro. Vor allem Kleinbetriebe und Einzelunternehmer, deren Zahl sich in den vergangenen 20 Jahren stark erhöht hat, müssen seltener mit Besuch von einem Prüfer rechnen. "In den achtziger Jahren kam auf 200 Kleinunternehmer und Selbständige ein Betriebsprüfer, heute beträgt dieses Verhältnis 700 zu eins", sagt Lars P. Feld, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Heidelberg. Verdi-Chef Frank Bsirske spricht von einem "organisierten Steuervollzugsdefizit". Der Staat verzichte "Jahr für Jahr auf Milliardeneinnahmen, weil er nicht genug Steuerfahnder und Prüfer einsetzt", sagte Bsirske der SZ. Davon profitierten "vor allem vermögende Unternehmen, Selbständige und die Besitzer großer Kapitalvermögen, die weniger deklarieren als sie einnehmen, während Lohnsteuerpflichtige direkt mit der Gehaltsabrechnung zur Kasse gebeten werden". Gewerkschaftschef Ondracek wies darauf hin, dass die Finanzbeamten vor allem im Innendienst mehr Fälle zu bearbeiten hätten, weil knapp 1,5 Millionen Rentner erstmals Steuern zahlen müssten. Er befürchtet, dass sich der Steuervollzug weiter verschlechtert: "Die Zahl der Ausbildungsplätze reicht nicht aus, um den zunehmenden Abgang der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand auszugleichen", sagte Ondracek. Zugleich würden wegen des Mangels an Fachkräften Unternehmen zukünftig noch stärker als bisher Steuerbeamte abwerben. Der Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands, Hans-Christoph Seewald, sagte: Steuergerechtigkeit sei nicht nur eine Frage der Gesetzgebung, sondern auch der richtigen Anwendung. Deshalb müsse die Qualifikation der Steuerbeamten "auch zukünftig mindestens auf dem gleichen Niveau bleiben". Als Hauptgrund für die schlechte Personalausstattung gilt die Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern: Stellen die Länder mehr Prüfer ein, haben sie höhere Personalkosten, von den Mehreinnahmen bleibt ihnen aber wenig übrig.
Dem Staat entgehen Jahr für Jahr Milliardenbeträge - weil die Beamten fehlen, die das Geld eintreiben. Besonders Kleinbetriebe werden seltener geprüft.
https://www.sueddeutsche.de/politik/nahostkonflikt-israel-nimmt-gaza-streifen-unter-beschuss-1.24166
politik
Nahostkonflikt - Israel nimmt Gaza-Streifen unter Beschuss
00/04/2010
Mit einer Reihe von Luftangriffen im Gaza-Streifen hat Israel auf den erneuten Beschuss seines Grenzgebiets durch militante Palästinenser reagiert. Kampfflugzeuge griffen in der Nacht zum Freitag Ziele in Gaza-Stadt und im Süden des Palästinensergebiets an. Mit mindestens sieben Raketen zerstörten sie dabei unter anderem Wohnwagen und eine Käsefabrik, in denen nach Angaben des Militärs Munition hergestellt oder gelagert wurde. Dabei seien drei Kinder verletzt worden. Wie palästinensische Rettungskräfte berichteten, wurden die zwei, vier und elf Jahre alten Kinder durch herumfliegende Glasscherben nach einem Angriff auf den Westteil von Gaza-Stadt verletzt. Nach palästinensischen Angaben flogen Kampfflugzeuge insgesamt sechs Angriffe auf verschiedene Ziele im Gazastreifen. Die israelische Luftwaffe beschoss demnach mehrere Einrichtungen nahe Chan Junis im Süden des Palästinensergebietes, darunter ein Lager der Essedin-el-Kassam-Brigaden, dem bewaffneten Arm der im Gazastreifen regierenden radikalislamischen Hamas. Getroffen worden sei auch das Flüchtlingslager Nusseirat sowie eine Fabrik im Westen von Gaza-Stadt. Radikale Palästinenser hatten am späten Donnerstagabend eine Rakete auf den Süden Israel abgefeuert. Das Geschoss schlug in der Stadt Aschkelon ein, richtete aber lediglich Sachschaden an. Wie die israelische Armee am Donnerstag mitteilte, wurden seit Jahresbeginn mehr als 40 Raketen und Mörsergranaten in Richtung Israel abgefeuert, davon alleine 20 im Monat März. Vor zwei Wochen wurde bei einem dieser Angriffe ein aus Thailand stammender Landarbeiter in einem israelischen Kibbutz getötet. Israelische Siedlungspolitik sorgt für neue Welle der Gewalt In den vergangenen Wochen hatte die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern wieder zugenommen. Der israelischen Ankündigung weiterer Siedlungsbauprojekte im arabischen Ostteil Jerusalems hatten militante Palästinenser wieder verstärkte Raketenangriffe aus dem Gazastreifen folgen lassen. Vor einer Woche waren zwei israelische Soldaten und zwei militante Palästinenser getötet worden. Die derzeitige Gewaltwelle ist die schwerste seit der 22-tägigen israelischen Offensive in dem Palästinensergebiet Anfang 2009, bei der rund 1400 Palästinenser und 13 Israelis ums Leben gekommen waren.
Israels Luftwaffe schlägt hart zurück: Nach einem Raketenangriff durch radikale Palästinenser greift Israel mehrere Ziele im Gaza-Sreifen an.
https://www.sueddeutsche.de/politik/london-besuch-merkel-und-brown-wollen-banken-zur-kasse-bitten-1.14715
politik
London-Besuch - Merkel und Brown wollen Banken zur Kasse bitten
00/04/2010
Deutschland und Großbritannien haben sich für ein koordiniertes europäisches Vorgehen in der Frage der Bankenabgabe ausgesprochen. Nach einem Gespräch mit Premierminister Gordon Brown zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag in London erfreut, "dass es auch in Großbritannien die Absicht gibt, eine solche Abgabe einzuführen". Auch über mögliche neue Sanktionen gegen Iran sprachen die beiden Politiker. "Wir haben verabredet, dass wir eine Koordination innerhalb der Europäischen Union durchführen wollen", sagte Merkel nach Angaben des Kanzleramtes zum Thema Bankenabgabe. Ziel sei, "dann als Europäer beim G20-Gipfel - ich denke, auch gemeinsam mit den Amerikanern - dies als einen weltweiten Ansatz zu wählen, durch den sichergestellt wird, dass Banken, wenn sie in eine Krise geraten, in Zukunft nicht den Steuerzahler belasten, sondern ihr Risiko selbst tragen können". Sie habe mit Brown verabredet, "dass eine solche Bankenabgabe dann möglichst auch koordiniert innerhalb der Europäischen Union eingeführt wird", sagte Merkel. Die Bundesregierung hatte am Mittwoch die umstrittene Bankenabgabe zur Vorsorge gegen künftige Finanzkrise beschlossen. Mit der Zwangsabgabe soll sichergestellt werden, dass Banken für Rettungskosten zur Kasse gebeten werden und die Kosten nicht allein beim Steuerzahler bleiben. Während die USA allerdings mit ihrem Abgabemodell die Geldinstitute schon für die vergangene Krise zahlen lassen wollen, setzt das Modell der Bundesregierung auf einen Fonds, der bei künftigen Krisen einspringen soll. Weitere Themen des Gesprächs mit Brown waren laut Merkel die Klimaverhandlungen und die Frage, "wie wir die Nuklearaktivitäten Irans stoppen können, dabei Sanktionen ins Auge fassen und die internationale Abstimmung hierfür koordinieren können". Merkel traf Brown auf dessen Landsitz Chequers bei London. Später wurde sie in der britischen Hauptstadt für ihren Einsatz zur Förderung der Wissenschaft ausgezeichnet. Die promovierte Physikerin bekam von der Royal Society die "King Charles II Medal" verliehen. Die Gesellschaft würdigte damit nach eigenen Angaben nicht nur Merkels Engagement zugunsten der Wissenschaft in Deutschland, sondern auch ihre Führungsrolle in Europa und weltweit bei Themen wie dem Klimaschutz. Vor Merkel erhielten 1998 der japanische Kaiser Akihito und 2007 der damalige indische Staatspräsident Abdul Kalam die Medaille.
Sanktionen gegen Iran und Abgaben für Banken: Angela Merkel stimmt sich mit dem britischen Premier Gordon Brown ab.
https://www.sueddeutsche.de/politik/vietnamesen-in-deutschland-nur-bildung-fuehrt-weg-vom-reisfeld-1.20543
politik
"Vietnamesen in Deutschland - ""Nur Bildung führt weg vom Reisfeld"""
00/04/2010
Man wüsste gerne, ob Du-Vi Hong versteht, was seine Tochter da gerade gesagt hat. "Er wäre gerne der Chef", hat Le-Chi Helga lachend über ihren Vater erklärt - und der lächelt freundlich, anstatt zu toben, wie es das hochrespektierte Familienoberhaupt nach vietnamesischer Tradition eigentlich hätte tun müssen. Aber Vater Hong hat über die Jahre gelernt, dass so erfrischend freche Kinder in Deutschland zum Familienleben gehören. Und dieses Leben wollte er ja damals, 1979, als er aus Vietnam über das Meer nach Deutschland floh. Das kann jeder schon an seinen Kindern sehen. Sie heißen Le-Phuong Marion, Le-Chi Helga, Vinh-Duc David und Vinh-Khanh Jürgen - jeder Name ein Brückenschlag in die neue Heimat. Du-Vi Hong und seine Frau haben sich von Anfang an auf diese Gesellschaft eingelassen. Selbstbewusste Kinder sind nicht das einzige Ergebnis geblieben. Die Hongs haben es in der schwäbischen Kleinstadt Aalen vom Bootsflüchtling zum Reihenhaus-Besitzer gebracht, seit dreißig Jahren schuftet das Ehepaar für wenig Lohn, doch drei der vier Kinder studieren, der vierte Sohn, Jürgen, ist auf dem Weg zur Fachhochschulreife. Es gibt Tausende solcher Beispiele: Etwa 100.000 Vietnamesen und Vietnamesischstämmige leben in Deutschland, sie sind eine kleine Gruppe unter den 15 Millionen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte - und die wohl erfolgreichste, trotz schlechter Voraussetzungen: Die Vietnamesen kamen einst als Flüchtlinge in den Westen oder in die DDR als Vertragsarbeiter, das ist die Ost-Version der Gastarbeiter. Einmal Unterschicht, immer Unterschicht - die Vietnamesen durchbrechen diesen Zirkel. Rösler ist nur ein Beispiel Das bekannteste Beispiel ist Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler, er wurde 1973 als Säugling von Deutschen adoptiert. Dass ausgerechnet einer aus Vietnam erster Minister mit ausländischer Herkunft wurde, passt gut ins Bild der erfolgreichen Vietnamesen - allerdings mit einem großen Schönheitsfehler: Rösler wuchs bei Deutschen auf, er selbst bezeichnet sich als "Deutscher durch und durch". Deshalb debattieren viele Vietnamesen, ob Philipp Rösler eigentlich ein "echter" Vietnamese ist. Rösler ist nur ein Beispiel, der Erfolg der Vietnamesen lässt sich auch an Zahlen festmachen: Mehr als die Hälfte ihrer Kinder schaffen es in Mecklenburg-Vorpommern aufs Gymnasium, in Thüringen zählt man sogar fast 63 Prozent pro Jahrgang - deutlich mehr als unter den einheimischen Kindern. Auch beim größten Stipendienprogramm für Schüler aus Zuwandererfamilien, dem "Start-Programm", sind Vietnamesen weit überdurchschnittlich vertreten. Nur bei der Arbeitslosigkeit schneiden sie noch schlechter ab als die Einheimischen. Trotzdem: "Die Vietnamesen sind eine der am besten integrierten Zuwanderergruppen in Deutschland", sagt die brandenburgische Integrationsbeauftragte und Potsdamer Professorin Karin Weiss. Fragt sich nur: Warum? Lesen Sie auf der nächsten Seite: Gründe für die gute Integration.
Menschen mit vietnamesischen Wurzeln gelten als erfolgreichste Zuwanderer - Gesundheitsminister Philipp Rösler ist nur ein Beispiel.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/die-wolke-in-zahlen-asche-zu-asche-1.934606
wirtschaft
Die Wolke in Zahlen - Asche zu Asche
00/04/2010
Ein Vulkan spuckt - und vernichtet mal eben Milliarden: Eyjafjallajökull, die wirtschaftlichen Folgen - und bunte Skurrilitäten im Überblick. Asche zu Asche: Rund 200 Millionen Dollar (150 Millionen Euro) haben die die internationalen Fluggesellschaften wegen der Aschewolke verloren - pro Tag. Doch es ist, wie es immer ist: Der Wettlauf um die Zahlen hört im Himmel nicht auf. So schätzte der Luftfahrtverband IATA die Einbußen zwischendurch sogar auf bis zu 250 Millionen Dollar täglich. Betroffen seien schließlich auch die Zulieferer und Dienstleister für Flughäfen oder Airlines. Inzwischen hat sich der Flugverkehr wieder eingependelt, und die endgültige Rechnung steht: Durch die Sperrung der Lufträume sei der Luftfahrtbranche in den vergangenen Tagen ein Schaden von umgerechnet 1,3 Milliarden Euro entstanden, hat der Fachverband IATA ausgerechnet. Die Sperrung der Lufträume in vielen Ländern Europas habe zeitweise knapp ein Drittel der Luftfahrt weltweit lahmgelegt. Die Folge: Schon am vergangenen Wochenende hat die Luftfahrtbranche finanziellen Ausgleich gefordert. Flugzeuge der Lufthansa warten in Frankfurt am Main auf die Wiederaufnahme des Flugbetriebs Foto: ddp
Ein Vulkan spuckt, verhindert milliardenschwere Umsätze und verdirbt sogar den Rosenhändlern in Kenia das Geschäft: Eyjafjallajökull, die wirtschaftlichen Folgen - und ein bunter Zahlensalat. In Bildern.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/foerderung-der-kurzarbeit-schluss-mit-der-medizin-1.2833
wirtschaft
Förderung der Kurzarbeit - Schluss mit der Medizin
00/04/2010
In den Konjunkturprogrammen der Bundesregierung zur Bewältigung der Wirtschaftskrise war die Kurzarbeit ohne Zweifel eine der besseren Ideen. Sie hat dafür gesorgt, dass viele Unternehmen Mitarbeiter auch in den schwersten Zeiten halten konnten - und dass sämtliche Konjunkturforscher mit ihren Prognosen zum Anstieg der deutschen Arbeitslosigkeit weit daneben lagen. Man könnte sagen, die Kurzarbeit war eine wirksame Medizin zur richtigen Zeit. Doch jede gute Medizin hat Nebenwirkungen. So muss ein Antibiotikum zwar ausreichend lange eingenommen, darf aber keinesfalls überdosiert werden. Um unerwünschte Langzeitschäden zu vermeiden, muss es der Patient in gebührender Zeit nach Abklingen der Symptome absetzen. Genauso verhält es sich mit der Kurzarbeit. Die akuten Symptome der Krise sind bei den meisten Unternehmen abgeklungen. Viele haben es - auch aus eigener Kraft - besser durch das Tal geschafft, als so mancher Aufschrei es zunächst hatte befürchten lassen. Für dieses und das kommende Jahr erwarten Wirtschaftsforscher schon wieder ein Wachstum, das im langjährigen Vergleich ansehnlich ist. Es gibt also keinen vernünftigen Grund, Firmen bis zum Frühjahr 2012 (!) finanziell dafür zu belohnen, ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Dies hilft nur den Unternehmen, die es in der Krise versäumt haben, neue Märkte zu suchen, innovative Produkte zu entwickeln und Kosten zu senken. Es behindert also den Strukturwandel, den Deutschland im weltweiten Wettbewerb braucht. Nur chronisch Kranke sind auch in guten Zeiten auf Medizin angewiesen. Chronisch kranke Firmen sollte sich die Wirtschaft aber nicht allzu lange leisten.
Die Kurzarbeit war ein wirksames Mittel zur richtigen Zeit. Doch für eine Verlängerung gibt es keinen vernünftigen Grund
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ermittlungen-gegen-middelhoff-verdaechtige-honorare-1.11783
wirtschaft
Ermittlungen gegen Middelhoff - Verdächtige Honorare
00/04/2010
Gegen den früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff ermitteln jetzt Staatsanwaltschaften in Bochum und in Köln: Im vergangenen Jahr hatten die Strafverfolger aus dem Revier nach dem Fast-Zusammenbruch des Warenhauskonzerns gegen Middelhoff ein Verfahren wegen Verdachts der Untreue eingeleitet. Neuerdings ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen den 56-Jährigen wegen Verdachts der Beihilfe zur Untreue. Dieses Verfahren wurde im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die frühere Führung der Privatbank Sal. Oppenheim eingeleitet. Unmittelbar nachdem Middelhoff im Frühjahr 2009 bei dem Warenhauskonzern ausgeschieden war, hatte er von Sal. Oppenheim einen Beratervertrag in Sachen Arcandor bekommen. Middelhoff hatte die Öffentlichkeit darüber informiert, ohne Details zu nennen. Beispielsweise hatte er nicht die Höhe seines Beraterhonorars öffentlich gemacht: Es lag bei vier Millionen Euro im Jahr. Das war weit mehr, als Middelhoff bei Arcandor verdient hatte. Die Laufzeit betrug drei Jahre plus Option für ein weiteres Jahr. Weil Sal. Oppenheim wegen des misslungenen Arcandor-Engagements, aber auch wegen großer Fehlschläge in anderen Bereichen im Herbst 2009 in großen Problemen steckte und quasi unter der Kuratel der Deutschen Bank stand, endete Middelhoffs Beratertätigkeit bereits im September. Er erhielt eine Abfindung für das etwa sechsmonatige Engagement. Über die Höhe der Zahlungen an Middelhoff gibt es unterschiedliche Angaben: Laut einem im Auftrag der Bafin von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte erstellten vertraulichen Bericht erhielt Middelhoff als Abfindung fünf Millionen Euro. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung im März 2009 erklärte Middelhoff, die Abfindungssumme habe in zweistelliger Millionenhöhe gelegen. Der Vertrag sei nun mal über drei Jahre plus Option vereinbart gewesen. Die Kölner Staatsanwaltschaft geht bei ihren Berechnungen von 7,6 Millionen Euro Beraterhonorar aus. Die Strafverfolger haben den Anfangsverdacht, dass diese Summe weit überhöht war, und haben deshalb Middelhoff ein Aktenzeichen gegeben. Ermittlungen auch gegen Esch Bei den Ermittlungen werden auch die Vermögensverhältnisse von Middelhoff, der als Partner einer Private-Equity-Firma viel Geld verdient hat, eine Rolle spielen. Allein in den Jahren 2005 bis 2010 hat er Einkommenserträge in Gesamthöhe von rund 72 Millionen Euro erzielt. Das Gehalt von Arcandor und die Boni waren die kleinsten Positionen in seiner privaten Einkommensbilanz. Middelhoff und seine Ehefrau hatten bei Sal. Oppenheim Darlehen von 106,9 Millionen Euro, mit denen im Wesentlichen Beteiligungen an Immobilienfonds des Projektentwicklers Thomas Esch finanziert wurden. Im ersten Halbjahr 2009 hatte die Bank bei diesen Darlehen Wertberichtigungen in Höhe von 37,4 Millionen Euro vornehmen müssen. In dem neuen Kölner Verfahren wird jetzt auch gegen Esch ermittelt. Die Staatsanwälte gehen unter anderem dem Verdacht nach, beim Neubau eines Verwaltungsgebäudes des Bankhauses in Luxemburg habe Esch im Dezember 2008 exakt 14,375 Millionen Euro erhalten, obwohl es angeblich für diese Summe keine entsprechende Gegenleistung gegeben habe. In dem Verfahren geht es auch um diverse Esch-Fonds sowie um die Bewertung von Grundstücken in Frankfurt und in Köln. Auch gehen die Ermittler dem Anfangsverdacht nach, frühere Gesellschafter der Bank hätten durch einen angeblich falschen Lagebericht Ende 2008 die Bilanz gefälscht.
Nach seinem Ausscheiden bei Arcandor hat Thomas Middelhoff ein Beraterhonorar von Sal. Oppenheim erhalten. War das überhöht? Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/oelpreis-das-rad-laesst-sich-nicht-zurueckdrehen-1.11174
wirtschaft
"Ölpreis - ""Das Rad lässt sich nicht zurückdrehen"""
00/04/2010
Christof Rühl, Chefvolkswirt des BP-Konzerns, über die negativen Folgen steigender Ölpreise und Befürchtungen, dass ein zu rascher Anstieg die Wirtschaft schwer belasten könnte. SZ: Herr Rühl, die Weltwirtschaft erholt sich langsam, die Ölnachfrage steigt wieder. Muss man mit Engpässen und neuen Rekordpreisen rechnen? Christof Rühl: Noch nicht. Selbst wenn morgen ein starkes Wirtschaftswachstum einsetzen sollte, würden zwei bis drei Jahre vergehen, bis eine echte Knappheit vorliegt und die derzeit nicht genutzten Förderkapazitäten von sechs Millionen Fass Öl pro Tag aufgebraucht wären. Es ist daher unwahrscheinlich, dass Rohöl in den kommenden zwei bis drei Jahren Spitzenpreise erreicht. Ich rechne mit leicht steigenden Notierungen. SZ: Trotzdem wächst nicht nur in Deutschland die Angst, dass ein rasch steigender Rohölpreis den zaghaften Aufschwung abwürgen könnte. Rühl: Diese Gefahr besteht. Wie hoch dieses Risiko tatsächlich ist, lässt sich schwer kalkulieren. Wir wissen aber, welche Länder über ihre Handelsbilanz unter der letzten Hochpreisphase von 2004 bis Mitte 2008 am stärksten gelitten haben. Während die USA am stärksten betroffen waren, kamen Deutschland, Europa und Japan etwas besser weg. Am besten überstanden China und Indien die schwierige Phase, weil es beiden Ländern gelang, den Preisaufschlag durch hohe Exporte in die ölproduzierenden Länder weitgehend auszugleichen. SZ: Wo liegt die kritische Ölpreisgrenze für Europas Wirtschaft? Rühl: Das Ölkartell der Opec geht davon aus, dass die Gefahr für die wirtschaftliche Erholung bis 80 Dollar je Fass relativ gering ist. Solche Aussagen haben aber nur eine begrenzte Gültigkeit. Im Moment spielt die von der Opec gedrosselte Förderung eine wichtige Rolle. Diese künstliche Verknappung ist einer der entscheidenden Gründe, warum Öl derzeit im Vergleich zu Erdgas oder Kohle teurer ist als sonst. Werden Preise jedoch über Marktniveau gehalten, kann das eine wirtschaftliche Erholung bremsen. SZ: Angenommen, die Ölnachfrage zieht schneller an, als erwartet. Wie schnell lassen sich die Produktionskapazitäten wieder hochfahren? Rühl: Grundsätzlich könnten die Fördermengen rasch wieder auf das Niveau von vor zwei Jahren erhöht werden. Das wird aber wohl nicht passieren, höchstens in Reaktion auf steigende Nachfrage, denn ein größeres Angebot würde automatisch zu einem Preisverfall führen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich große Ölproduzenten wie Saudi Arabien und andere Opec-Mitglieder darauf einlassen werden. SZ: Benzin und Diesel sind jetzt schon beinahe so teuer, wie kurz vor der Krise, obwohl der Ölpreis von seinem Rekordhoch noch weit entfernt ist. Wie ist das möglich? Rühl: Das hat verschiedene Gründe. In Deutschland hängen die Preise für Benzin und Diesel auch von der Euro-Entwicklung ab. Öl und die Produkte daraus werden in Dollar gehandelt und die europäische Währung hat allein seit Jahresbeginn zur US-Währung zehn Prozent an Wert verloren, das verteuert Mineralölprodukte für die Länder der EU. Hinzu kommen Strukturverwerfungen im Raffineriesektor. In den letzten Jahren wurde vor der Krise weltweit die Kapazitäten kräftig erhöht, vor allem in den Entwicklungsländern wurden neue Raffinerien gebaut. In Europa wird dagegen abgebaut, weil hier die Nachfrage zurückgeht. Dies führt zu einem knapperen Angebot und höheren Transportkosten.
Der Ölpreis wird unberechenbarer: Christof Rühl, Chefvolkswirt des Mineralölkonzerns BP, erläutert die globalen Umbrüche bei der Ölnachfage.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/daimler-hauptversammlung-brust-raus-der-stern-soll-leuchten-1.4707
wirtschaft
Daimler: Hauptversammlung - Brust raus - der Stern soll leuchten
00/04/2010
Die Sensenmänner vor dem Berliner Messegebäude verheißen nichts Gutes. Als Jobkiller verhöhnen sie die Daimler-Führung um Konzernchef Dieter Zetsche. Der Vorwurf: Aus Profitgier würde der Autohersteller Arbeitsplätze vernichten. Drinnen geht es nicht weniger kämpferisch zu - allerdings auf einem anderen Feld. Zetsche verteidigt seine Strategie und gibt ehrgeizige Ziele aus: "Wir wollen 2010 etwa doppelt so schnell wachsen wie der globale Pkw-Markt", sagt der Manager und gibt sich selbstbewusst. "Wir haben uns nicht darauf beschränkt, in der Krise den Kopf über Wasser zu halten. Wir haben strategisch weiter unsere Hausaufgaben gemacht." Ambitionierte Ziele Entsprechend ambitioniert sind die Ziele des Stuttgarter Autokonzerns. Weltweit rechnet das Unternehmen in diesem Jahr mit einer Steigerung der Pkw-Verkäufe von drei bis vier Prozent - im Vorjahr hatte Daimler in dieser Sparte nur 1,1 Millionen Autos verkauft, 14 Prozent weniger als 2008. Die ehrgeizigen Pläne sollen sich auch finanziell rentieren. Insgesamt will Daimler vor Zinsen und Steuern 2,3 Milliarden Euro verdienen, im Jahr 2009 war dagegen ein Fehlbetrag von 1,5 Milliarden Euro angefallen. Unter dem Strich verbuchte der Dax-Konzern sogar ein Minus von 2,6 Milliarden Euro (2008: plus 1,4 Milliarden Euro). Wegen der roten Zahlen bekommen die Aktionäre in diesem Jahr keine Dividende - anders als im Vorjahr, als Daimler 60 Cent pro Aktie ausschüttete. Für 2010 stellte Zetsche eine Ausschüttung von 40 Prozent des Konzernergebnisses in Aussicht. Auch die in der vergangenen Woche besiegelte strategische Partnerschaft mit Renault und Nissan soll auf der Hauptversammlung thematisiert werden. Daimler erhofft sich davon Synergien, insbesondere im Kleinwagensegment. So soll gemeinsam mit den Partnern das Sorgenkind Smart wieder in die Erfolgsspur gebracht werden. Geplant ist etwa, dass der Smart und der Renault Twingo künftig kostengünstig auf einer gemeinsamen Plattform gebaut werden. Renault/Nissan sollen zudem neue Drei- und Vierzylindermotoren für den Smart sowie für neue Kompaktmodelle der Mercedes-Benz A- und B-Klasse liefern.
Draußen stänkern Kritiker, drinnen gibt Konzernchef Zetsche ehrgeizige Ziele vor: Bei der Daimler-Hauptversammlung wird wieder Selbstbewusstsein demonstriert.
https://www.sueddeutsche.de/geld/steuerschaetzung-daempfer-fuer-die-fdp-1.16915
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Steuerschätzung - Dämpfer für die FDP
00/04/2010
Die Hoffnungen der schwarz-gelben Koalition auf einen raschen und kräftigen Wiederanstieg der Steuereinnahmen werden sich nicht erfüllen. Die Steuerschätzung in gut zwei Wochen wird nach Angaben aus Expertenkreisen keine positive Botschaft bringen. So wird der Bund in diesem Jahr voraussichtlich mit Einnahmen von etwa 215 Milliarden Euro auskommen müssen. 2011 könnten gut 220 Milliarden Euro zusammenkommen. Das entspräche in etwa den Werten, die sich schon bei den beiden jüngsten Steuerschätzungen ergeben hatten. Auch die Wachstumsprognose, die Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) am Mittwoch vorstellen will, gibt wenig Anlass zur Zuversicht. Die Fachleute der Regierung gehen für 2010 von einem Wachstum von 1,4 Prozent aus. 2011 soll die Wirtschaftskraft um 1,6 Prozent zulegen. Das ist deutlich weniger als im Finanzplan von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) unterstellt, wodurch die notwendigen Sparanstrengungen erschwert werden. An diesem Montag wollen sich die zuständigen Ministerien auf endgültige Zahlen verständigen. Die Koalition hatte darauf gehofft, dass ihr die Schätzung Anfang Mai neue "Spielräume" für die vor allem von der FDP gewünschten Steuersenkungen eröffnen würde. Stattdessen muss der Bund nun weiterhin mit Einnahmen planen, die die Ausgaben bei weitem nicht decken. Nach den Plänen der Liberalen sollen Bürger und Unternehmen von 2012 an pro Jahr 16 Milliarden Euro weniger an den Fiskus überweisen müssen als bisher. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dagegen betont, Zeitpunkt und Umfang der im Koalitionsvertrag vereinbarten Entlastungen hingen vom Ergebnis der Steuerschätzung ab. Schäuble äußerte leise Kritik am Vorhaben der Liberalen. Wichtiger sei es, sich zunächst um die schwierige Finanzlage der Kommunen zu kümmern, sagte er dem Spiegel. Nach Angaben aus den Kreisen der Steuerschätzer werden die Einnahmen des Staates vermutlich erst 2013 wieder das Niveau erreichen, das sie vor dem Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008 hatten. Damals hatten Bürger und Betriebe knapp 240 Milliarden Euro an den Bund überwiesen. Dass die Summe in diesem Jahr deutlich geringer ausfallen wird, ist außer der Rezession des vergangenen Jahres auch dem sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz geschuldet, das die schwarz-gelbe Koalition unmittelbar nach Amtsantritt in Kraft gesetzt hatte. Es umfasste ebenfalls Steuererleichterungen, darunter die umstrittene Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Hoteliers. "Das Gesetz war zumindest in Teilen sinnvoll, weil damit die Konjunkturentwicklung weiter stabilisiert wurde. Ohne die Reform wären allerdings die Steuereinnahmen in diesem Jahr höher ausgefallen als noch im November erwartet", sagte ein Steuerschätzer. Obwohl die Summe der Steuereinnahmen auch 2011 noch auf einem sehr niedrigen Niveau liegen wird, könnte sich die Aufstellung des nächsten Bundeshaushalts als nicht ganz so schwierig erweisen wie zunächst befürchtet. So wird beispielsweise die Zahl der Arbeitslosen aller Voraussicht nach deutlich hinter den bisher pessimistischen Prognosen zurückbleiben. Entsprechend geringer könnte der Bundeszuschuss an die Bundesagentur für Arbeit ausfallen.
Die Liberalen hoffen, durch steigende Steuereinnahmen mehr Spielraum für ihre Wahlversprechen zu bekommen. Doch die Steuerschätzer sehen da schwarz.
https://www.sueddeutsche.de/geld/griechenland-finanzmisere-das-grosse-zittern-1.16545
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Griechenland: Finanzmisere - Das große Zittern
00/04/2010
Trotz aller Hilfsangebote Europas für Griechenland nimmt die Nervosität der Finanzmärkte wieder zu. Nachdem die Euro-Staaten am Sonntag Kredite von bis zu 30 Milliarden Euro für das hochverschuldete Land versprochen hatten, waren die Kurse griechischer Staatsanleihen gestiegen. Inzwischen kehrt sich dieser Trend wieder um. Am Donnerstag fielen die Notierungen zeitweise so stark, dass die Rendite der zehnjährigen Staatspapiere von 7 Prozent auf ein Niveau von 7,4 Prozent anzog. Damit hatten die Kreditkosten für die Regierung fast wieder die Höhe erreicht, die sie vergangene Woche vor dem Eingreifen der Euro-Finanzminister hatte. Erst am Nachmittag beruhigten sich die Werte. Wenn Griechenland knapp siebeneinhalb Prozent auf neue Schuldenpapiere zahlen muss, ist das mehr, als für Entwicklungsländer wie Panama oder Nigeria fällig ist. Die Kreditkosten für Deutschland betragen nur gut drei Prozent. Das mit weit über 100 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung verschuldete Griechenland muss dieses Jahr etwa 30 Milliarden Euro frisches Geld auftreiben. Als vergangene Woche an den Finanzmärkten Panik herrschte, gab es bereits Befürchtungen, Athen bekomme von privaten Kapitalgebern kaum noch Mittel. Die Euro-Staaten entschlossen sich daraufhin, ihre geplante Hilfe zu präzisieren. Demnach kann Griechenland 2010 mit Krediten von bis zu 30 Milliarden Euro von den Euro-Nachbarn und mit bis zu 15 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds (IWF) rechnen. Beides zu Zinsen, die weit unterm Marktniveau rechnen. Doch auch dieses Signal verfehlt nun offenbar teilweise seine Wirkung. Laute Kritik an Rettungsaktion In Deutschland wächst unterdessen die Kritik an einer Rettungsaktion der Euro-Länder. Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute sprachen sich dafür aus, den IWF bei der Lösung der Griechenland-Krise und der Finanzprobleme einzelner EU-Staaten die Regie zu überlassen. "Er kann glaubwürdiger als eine EU-Einrichtung drohen, dass Finanzhilfen bei Nichtbefolgung von Auflagen nicht erfolgen und verfügt über große Erfahrung bei der Organisation von Rettungsprogrammen für Staaten", heißt es in dem Frühjahrsgutachten der Ökonomen, die die Bundesregierung beraten. Griechenland dürfe nicht "ohne Bedingungen" geholfen werden. Vielmehr seien die Hilfsmaßnahmen so zu gestalten, dass sie "Reformprozesse in dem betreffenden Land unterstützen". Nur so lasse sich ein Vertrauensverlust des gesamten Euroraums verhindern.
Das Rettungspaket für Athen ist geschnürt, doch jetzt steigt die Nervosität der Finanzmärkte - und die Kritik an einer teuren Rettung wächst.
https://www.sueddeutsche.de/geld/griechenland-lehren-aus-dem-desaster-schutz-und-suehne-1.3334
geld
Griechenland: Lehren aus dem Desaster - Schutz und Sühne
00/04/2010
Die EU-Kommission will einen ständigen Notfallfonds schaffen, um auf Schuldenkrisen wie die in Griechenland künftig besser vorbereitet zu sein. Währungskommissar Olli Rehn kündigte am Mittwoch an, er werde dazu Mitte Mai einen konkreten Vorschlag unterbreiten. Er betonte jedoch, dass die Inanspruchnahme der Hilfe an derart harte Auflagen geknüpft werden müsse, dass der Fonds vor allem der "Abschreckung" diene. Das Sicherheitsnetz müsse so "unattraktiv" sein, dass niemand in Versuchung gerate, sich hineinfallen zu lassen, ohne selbst alles zur Überwindung der Probleme unternommen zu haben. Die Kommission geht nach eigenem Bekunden davon aus, dass der Notfallfonds ohne eine Änderung der EU-Verträge eingeführt werden könnte. Das wäre eine wichtige Voraussetzung für eine rasche Umsetzung des Plans. Zugleich will Rehn den EU-Stabilitätspakt verschärfen, der die Haushaltsdefizite in Europa begrenzt und damit die Stabilität des Euro sichern soll. Der Fall Griechenland hatte gezeigt, dass der bisherige Sanktionsmechanismus unzureichend ist. Darüber hinaus schwebt Rehn eine stärkere Überwachung der Fiskal- und Wirtschaftspolitik der Mitgliedsländer vor. "Schuss aus der Hüfte" Der Plan der Kommission geht in die gleiche Richtung wie der Vorschlag von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, zur Krisenabwehr eine Art Europäischen Währungsfonds einzurichten. Rehn zeigte Sympathie für die Idee, verwies aber darauf, dass sie nur mit einer Vertragsänderung zu verwirklichen wäre. Dies jedoch hält die Kommission gegenwärtig für nicht durchsetzbar. Auch in Berlin hieß es, inhaltlich gebe es Gemeinsamkeiten zwischen Schäuble und Rehn. Bereits beim EU-Finanzministertreffen am Wochenende in Madrid werde es eine erste Diskussion geben. In Kreisen der EU-Mitgliedsländer zeigte man sich allerdings verwundert darüber, dass die Kommission nun mit einem eigenen Vorschlag vorprescht. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten auf ihrem Frühjahrsgipfel im März Ratspräsident Herman van Rompuy mit der Bildung einer Arbeitsgruppe beauftragt, die bis zum Herbst Vorschläge zur Vermeidung von Schuldenkrisen ausarbeiten soll. In den Kreisen hieß es nun, Kommissionschef José Manuel Barroso habe es offenbar nicht verwunden, dass die Regierungschefs die Aufgabe van Rompuy und nicht ihm übertragen hätten, weshalb die Kommission nun "einen Schuss aus der Hüfte" abgefeuert habe. Mehrere prominente Euro-Kritiker kündigten derweil eine Klage gegen das EU-Hilfspaket für Griechenland an. Der Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider sagte der Süddeutschen Zeitung, er werde innerhalb der nächsten 14 Tage Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen. Schachtschneider hatte bereits 1998 zusammen mit dem früheren Zentralbankratsmitglied Wilhelm Nölling sowie den Wirtschaftsprofessoren Wilhelm Hankel und Joachim Starbatty erfolglos gegen die Einführung des Euro geklagt. Die Grünen verlangten von Schäuble einen Nachtragshaushalt, um mögliche Griechenland-Hilfen parlamentarisch abzusichern. Ein Sprecher Schäubles sagte dagegen, der Minister werde den Bundestag im Zweifel um eine "gesetzliche Ermächtigung" bitten. Martin Winter, Claus Hulverscheidt, Markus Zydra
EU-Währungskommissar Olli Rehn will Nägel mit Köpfen machen: Ein permanenter Rettungsfonds soll besseren Schutz vor Euro-Schuldensündern bieten. Wehe allerdings den Ländern, die ihn brauchen.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/guatemala-13-jaehriger-toetete-fuer-zehn-euro-1.18180
panorama
13-Jähriger tötete für zehn Euro
00/04/2010
Dass auch Kinder und Jugendliche zu extremer Gewalt fähig sind, ist bekannt: Am Münchner S-Bahnhof Solln prügelten drei junge Männer im Alter zwischen 17 und 18 Jahren im September 2009 den Geschäftsmann Dominik Brunner zu Tode, als dieser Kindern zu Hilfe eilen wollte, die von den Jugendlichen drangsaliert worden waren. Und jüngst quälten zwei 13-Jährige in München eine demenzkranke, alte Frau auf grausame Art und Weise. In Südamerika soll nun ein ebenfalls erst 13-jähriger Junge eine Frau erschossen haben - für umgerechnet zehn Euro. Die Polizei in Guatemala-Stadt nahm den mutmaßlichen Auftragsmörder fest. Der Junge wurde laut Polizei im Besitz einer Waffe festgenommen, mit der zuvor eine Frau erschossen worden war, als sie ihre Kinder in die Schule brachte. Der 13-Jährige habe gestanden, umgerechnet knapp zehn Euro für die Tat kassiert zu haben, sagte der Polizeisprecher Donald González. "Der Junge hat zahlreiche Tätowierungen am Körper, die auf eine Verbindung zu einer Gang hinweisen." Der Junge wurde unter Arrest gestellt, da Minderjährige in Guatemala nicht in einem Gefängnis untergebracht werden dürfen.
Die Polizei in Guatemala-Stadt hat einen mutmaßlichen Auftragsmörder verhaftet: Der Jugendliche soll eine Frau erschossen haben.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/kokain-fund-in-hamburg-schwarzes-gold-1.24612
panorama
Kokain-Fund in Hamburg - Schwarzes Gold
00/04/2010
Es sollte aussehen wie ein harmloser Import von kleinen schwarzen Holzbriketts. Jedes Brikett war sorgfältig in Plastik eingeschweißt, auf der Folie prangte ein Logo mit fünf roten Sternen. Von Südamerika kamen die Briketts per Schiff in Containern in den Hamburger Hafen. Aber mehr als tausend der Holzbriketts bargen eine hochbrisante Ladung in ihrer Mitte: 1244 Pakete unverschnittenes Kokain von einem sehr hohen Reinheitsgehalt, insgesamt 1,3 Tonnen. Am Montagmorgen fand die Polizei das Rauschgift in einem Container. Es ist der größte Kokain-Fund, der in Deutschland jemals sicher gestellt wurde. "Ein Sechser mit Zusatzzahl reicht nicht", erklärte der Leiter der Abteilung gegen organisierte Kriminalität (OK) Thomas Menzel bei der Präsentation, um den Marktwert des Fundes zu beschreiben. Die Polizei schätzt den Verkaufswert auf 39,9 Millionen Euro. Sechs junge Männer im Alter zwischen 27 und 35 Jahren wurden am Montag nach monatelangen Ermittlungen und aufwendigen Telefonüberwachungen, in die 200 Beamte einbezogen waren, festgenommen. Gegen einen siebten Verdächtigen laufen die Ermittlungen noch. Die Polizei spricht von einer weitverzweigten Struktur von Tatverdächtigen. Sie hatten die Einfuhr des Kokains offenbar über Monate mit einer ausgefeilten Logistik vorbereitet. Auf ihre Spur stießen die Fahnder bei einem Drogenfund im vergangenen November. Die Tatverdächtigen bauten demnach im Herbst 2009 den Briketthandel als Legende auf, um ihren Rauschgifttransport zu tarnen. Die Ermittler beobachteten, wie sie von November bis März sechs Container mit Holzbriketts aus Paraguay nach Hamburg schickten, insgesamt 20 Tonnen. Alle sechs Ladungen waren absolut harmlos. Der Warenwert dieser Briketts interessierte die vermeintlichen Drogenhändler wenig. Sie landeten in den Niederlanden überwiegend im Müll. "Zunehmend elektrisiert" Doch gleichzeitig liefen die Vorbereitungen für den großen Kokaintransport. Die Drogenhändler sammelten zunächst im großen Stil Geld ein, um das Kokain aus mehreren Quellen in Südamerika zusammenzukaufen. Für den Schmuggel wurde das Kokain, so der OK-Leiter Menzel, "sehr professionell verpackt": Die Holzbriketts wurden von einem Drogenhändler in Paraguay aufgesägt, die Kokainpakete dazwischengelegt, die Briketts dann mit Heißkleber wieder verschlossen. Aus Asunción in Paraguay gingen die Container nach Hamburg, ohne dass die Transportgesellschaften in Paraguay und Deutschland davon wussten. "Der Hamburger Hafen ist eine der wichtigen deutschen Transitstationen für den internationalen Drogenschmuggel", erklärte der Ermittler Menzel den Fund. Hier organisierte ein 31 Jahre alter türkischstämmiger Hamburger, der als Haupttäter gilt, den Weiterverkauf des Stoffs innerhalb Europas. "Zunehmend elektrisiert" habe man, so sagten die Fahnder am Dienstag, auf den siebten Container gewartet. Darin enthielten 31 von 32 Paletten nun nicht nur Briketts, sondern auch die geschmuggelten Drogen. Die Polizei präsentierte Koffer und Reisetaschen, mit denen das Kokain weitertransportiert werden sollte. Bei Durchsuchungen fand sie in den Wohnungen der Verdächtigen Pistolen und Revolver, auch Schreckschusswaffen sowie eine größere Menge Bargeld, eine Geldzählmaschine und zahlreiche Handys - allein einer der Verdächtigen operierte mit 14 aktiven Mobiltelefonen.
Rekord-Fund im Hamburger Hafen: Die Polizei stellt 1,3 Tonnen Kokain sicher. Der Stoff war aufwändig in harmlos aussehenden Holzbriketts versteckt.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/extremsport-in-kamtschatka-gefaehrliche-schoenheit-1.5547
panorama
Extremsport in Kamtschatka - Gefährliche Schönheit
00/04/2010
Sie nennen es das "Land aus Feuer und Eis": Kamtschatka, Russlands atemberaubend schöne, aber so gut wie unzugängliche fernöstliche Halbinsel. Zehn Menschen starben hier am Samstag beim Heliskiing, unter ihnen fünf Deutsche aus Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sowie fünf Russen. Eines der Opfer hat offenbar die doppelte Staatsbürgerschaft gehabt, sodass die deutschen Behörden von sechs Deutschen sprachen. Das tödliche Lawinenunglück soll von den Wintersportlern selbst ausgelöst worden sein, teilte das Zivilschutzministerium am Montag mit. Zunächst hatte es geheißen, ein Helikopter hätte die Lawine verursacht. Wie das Unglück genau ablief, werden künftige Untersuchungen zeigen. Sicher ist: Die Touristen fielen einem von vielen Risiken zum Opfer, die es auf der russischen Halbinsel gibt. Auf Kamtschakta gibt es Säureseen und schwefelige Dämpfe, Unvorsichtige können durch Erdspalten in brodelnde Flüssigkeiten stürzen oder von Bären zerrissen werden. Auf einer Fläche so groß wie Deutschland und Österreich zusammen ragen hier 30 aktive Vulkane und mehr als 100 erloschene auf. Berge von bis zu 4800 Metern Höhe fallen jäh ins Meer ab. In den Reiseführern steht, Einheimische warnen, man finde "keine Wege, nur Richtungen". Bis 1990 war die Halbinsel militärisches Sperrgebiet, seitdem ist sie ein Geheimtipp für Extremurlauber, die schon mit den Tuareg durch die Wüste gezogen sind und den Lenin-Gipfel in Tadschikistan bezwungen haben. In den Flüssen Kamtschatkas schwimmen so viele Lachse wie nirgendwo sonst auf der Welt, und mit etwas Glück sieht man einen Bären auf der Fischjagd. Es ist, als sehe man der Erde bei ihrer Entstehung zu, sagen die, die da waren. Zu den vielen Opfern dieses so feindlichen und so faszinierenden Landstriches zählt auch Vitus Bering (1681-1741). Acht Jahre bereitete er eine Expedition nach Kamtschatka vor, die klären sollte, ob es eine Landverbindung zwischen Russland und Amerika gibt; Bering betrat tatsächlich als erster Europäer Alaska, konnte aber nur ein paar Stunden bleiben und starb vor der Küste Kamtschatkas auf der Awatscha-Insel, die später in Beringinsel umbenannt wurde, durch Vitamin-C-Mangel an Skorbut. Inzwischen ist die Versorgung auf Kamtschatka besser, aber noch immer nicht überragend. Die 350000 Bewohner - 200000 von ihnen leben allein in der Hauptstadt Petropawlowsk, und werden ohnehin mit jedem Jahr weniger - sind den gewaltigen Naturräumen ausgeliefert. Seit dem Ende der Sowjetunion ist der Transport mit Hubschraubern, früher eine Art öffentlicher Nahverkehr, in ganz Sibirien und im Fernen Osten teuer geworden. Die Plattenbauten verfallen, die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Sommer sind kurz. Die Tage der ruhmreichen sowjetischen Pazifikflotte sind längst vorbei. Heute ziehen abgehalfterte Kutter tonnenweise Fisch aus dem Meer, der an Japan verkauft wird. Doch wer es sich leisten kann, reist aus. Allerdings: Die wenigsten können. So ist der Tourismus eine der raren Einnahmequellen. Entsprechend teuer sind die Touren auf die Vulkane. Sechs Tage Heliskiurlaub kosten mehr als 4000Euro, und darin ist die Anreise noch nicht einmal enthalten. Wie alle anderen exklusiven Freizeitvergnügen hier am Ende der Welt ist Heliskiing kostspielig - und manchmal auch gefährlich.
Zehn Menschen starben hier beim Heliskiing: Kamtschatka gilt Extremsportlern als Traumziel - doch die unberührten Berge werden für Skifahrer schnell zur Falle.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/reformschule-im-zwielicht-clockwork-orange-im-odenwald-1.14184
panorama
"Reformschule im Zwielicht - ""Clockwork Orange"" im Odenwald"
00/04/2010
"Clockwork Orange" in Hessen: Der Missbrauchsskandal an der Odenwaldschule nimmt immer größere Ausmaße an. Die heutige Rektorin der reformpädagogisch orientierten Schule, Margarita Kaufmann, berichtete der Frankfurter Rundschau nicht nur von grausigen Ritualen aus der jüngeren Vergangenheit. Auch Suizide ehemaliger Schüler gehen offenbar auf Missbrauch während der Schulzeit zurück: Kaufmann kenne inzwischen vier ehemalige Schüler, die sich nach ihrer Zeit im Odenwald das Leben genommen hätten. Von allen vier berichteten Ex-Mitschüler, dass sie ebenfalls missbraucht worden seien. An der hessischen Schule soll es bis weit in die neunziger Jahre hinein Fälle von sexuellem Missbrauch von Schülern durch Lehrer sowie durch Mitschüler gegeben haben. Ein Altschüler habe die Vorgänge, die bis weit in die neunziger Jahre reichten, mit der filmischen Gewaltorgie "Clockwork Orange" verglichen. Mehrere Schüler sollen laut der Zeitung einen Vorfall beschrieben haben, bei dem ein gefesselter Schüler von Mitschülern mit einer Banane vergewaltigt worden sei. Ein Lehrer habe untätig danebengestanden. Dieser werde auch beschuldigt, in seiner Zeit an der Modellschule sowohl Jungen als auch Mädchen missbraucht zu haben. Ex-Kultusminister bestreitet Vorwürfe Der frühere hessische Kultusminister Hartmut Holzapfel (SPD) bestritt derweil, in seiner Amtszeit von 1991 bis 1999 über Missbrauchsfälle an der Odenwaldschule informiert worden zu sein. "Das ist schlicht unzutreffend", sagte Holzapfel der Frankfurter Rundschau. Der frühere Schulleiter Gerold Becker, der Schüler missbraucht haben soll, hatte nach Angaben seines Nachfolgers Wolfgang Harder im August 1998 den damaligen Kultusminister Holzapfel über die Vorwürfe informiert. Holzapfel widersprach dieser Darstellung: "Sie können sicher sein, dass ich das nicht für mich behalten hätte", sagte er dem Blatt. Er hätte Becker in einem solchen Fall auch sofort von seiner Tätigkeit als Berater des Ministeriums entbunden. Staatsanwaltschaft ermittelt in zehn Fällen Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hat inzwischen zehn Ermittlungsverfahren eingeleitet. In neun Fällen gehe es um sexuellen Missbrauch von Lehrern an Schülern, sagte ein Sprecher der Behörde. Gegen den früheren Schulrektor Wolfgang Harder werde wegen möglicher Strafvereitelung ermittelt. Zwei der Beschuldigten seien schon gestorben. Nach derzeitigem Kenntnisstand seien die Taten verjährt, sagte der Sprecher. Neue Sachverhalte würden aber geprüft. Die jüngsten Berichte ehemaliger Schüler mit neuen Missbrauchsvorwürfen liegen der Staatsanwaltschaft bislang nicht vor. Im November 1999 hatte die Frankfurter Rundschau erstmals Missbrauchsfälle an der Schule publik gemacht. Anfang März dieses Jahres wurde erneut über Missbrauch an der Modellschule berichtet. Danach weitete sich der Skandal aus. Ende vergangenen Monats erklärten fünf der insgesamt sieben Vorstandsmitglieder der Schule ihren Rücktritt. Nur Rektorin Kaufmann und Geschäftsführer Meto Salijevic blieben im Amt.
Furchtbare Misshandlungen, unbewältigter Missbrauch, Suizide: Ehemalige Schüler sollen an den Erlebnissen in der Odenwaldschule zerbrochen sein.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-33-spieltag-psychospielchen-und-parolen-1.935821
sport
Bundesliga, 33. Spieltag - Psychospielchen und Parolen
00/04/2010
Hamburger SV - 1. FC Nürnberg (Samstag, 15.30 Uhr) Es hatte alles so gut ausgesehen für den HSV, im Europa-League-Halbfinale beim FC Fulham. Bis weit in die zweite Halbzeit spielte die Hamburger Elf - offenbar befreit von der Labbadia-Last - technisch guten und höchst effektiven Fußball. Doch dann zerrannen binnen weniger Minuten jegliche Träume vom Heimfinale in der Europa League wie ein Schokoriegel in der Mittagssonne. Das 1:2 gegen Fulham lässt die Saison der Hanseaten endgültig zur Katastrophe werden, und mitten rein in diese tiefe Depression kommt jetzt der 1. FC Nürnberg an die Waterkant. Der "Club" lechzt nach zuletzt drei Pleiten in Serie nach dem entscheidenden Schritt Richtung Klassenerhalt, da scheint ein reichlich angeschlagener Gegner wie der HSV gerade recht zu kommen. Nürnbergs Trainer Dieter Hecking beschwört deshalb bereits eine Psychoschlacht herauf: "Mit dem ureigenen Fußballspiel haben die letzten Spiele nichts mehr zu tun. Es geht nur noch darum, wer am besten mit der Situation umgeht. Das Nervenkostüm muss halten." Wie es um die Nerven der Hamburger bestellt ist, zeigte das fatale Waterloo in London - beim "Club" würde eine weitere Niederlage vermutlich ähnliches Unwohlsein auslösen. Foto: dpa Texte: Jonas Beckenkamp und David Bernreuther
Schalke 04 setzt im Titelkampf auf Nadelstiche und Voodoo-Zauber, Nürnberg beschwört das Nervenkostüm und Hannover hat Bammel vor Eigentoren. Die Bundesliga-Vorschau.
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sport
FC Bayern: Einzelkritik - Küsse von van Gaal
00/04/2010
2800 Fans waren mitgereist nach Lyon, und schon lange vor dem Abpfiff übertönten sie mit ihren Gesängen das anfangs so euphorisch gestimmte Heimpublikum. Es grummelte jetzt nur noch bedient, während die Münchner beseelt vom Finale sangen und natürlich Ivica Olic hochleben ließen, den überragenden Torschützen im Stade de Gerland. Trotzdem erreichten die Gäste diesmal nicht wegen eines Individualisten das Finale von Madrid. Sondern wegen einer überzeugenden Teamleistung. Jörg Butt Verschreckte die Franzosen mit seinem orangefarbenen Sweater: Bekam nämlich so gut wie gar nichts zu tun. Ein paar Flankenbälle durfte er aus dem lauen Rhône-Himmel pflücken, nach der Pause griff er noch nach einem Distanzschuss - seine zweite Prüfung in 180 Halbfinal-Minuten. Mehr kam da nicht. Zeigte trotzdem erhebliche Fortschritte im Vergleich zum Hinspiel, denn seine Abspiele nach Rückpässen blieben diesmal fast ausnahmslos im Spiel. Hat 2002 mit Leverkusen den Titel-Triple verpasst - was geht jetzt mit dem FC Bayern? Foto: AFP
Beim Sieg in Lyon feiern die Fans Ivica Olic, gibt Daniel Van Buyten den Indianer und kann es sich Arjen Robben leisten, blass zu bleiben. Die Bayern in der Einzelkritik.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-32-spieltag-zeit-der-abstinenz-1.933366
sport
Bundesliga, 32. Spieltag - Zeit der Abstinenz
00/04/2010
1. FC Nürnberg - Borussia Dortmund, Samstag 15.30 Uhr Eigentlich sollte die Abstiegsakte aus Nürnberger Sicht längst geschlossen sein, doch irgendwie schaffte es der Club, seine soliden Rückrundenleistungen in den vergangenen zwei Spielen komplett vergessen zu lassen. Dem 0:2 gegen Wolfsburg folgte beim 1:2 gegen den direkten Konkurrenten Freiburg die laut Trainer Dieter Hecking "schlechteste Vorstellung" unter seiner Regie - damit befinden sich die Franken drei Spiele vor Schluss nun doch wieder in akuter Gefahr. Da wiegt der Ausfall von Kapitän Andreas Wolf (Daumenbruch) gegen Dortmund doppelt schwer, denn knallharte Defensivkönner seines Kalibers sind im Kellerkampf so brauchbar wie Kohldampf am Gratisbuffet. Ersetzt wird der Nürnberger Abwehrchef durch den Norweger Håvard Nordtveit. Bei der Borussia gab es wohl selten zuvor eine Akte, die derart geschlossen schien, wie zuletzt das Spiel gegen Hoffenheim. Dass es am Ende nur 1:1 stand und obendrein auch noch Stürmer Mohammed Zidan (im Bild) einen Kreuzbandriss erlitt, war wohl mindestens so ernüchternd wie ein vorzeitiger Zapfenstreich am heutigen Tag des Bieres. Foto: ddp
Fußball-Oberexperte Udo Lattek erinnert an eine Alkohol-Verdunstungsstunde, Mohamed Zidans Verletzung an einen Zapfenstreich, und in Hannover herrscht Ernüchterung. Die Bundesliga-Vorschau
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Bundesliga: Hamburger SV - Hamburger Charakterfragen
00/04/2010
Bernd Hoffmann ist ein Topmanager. Der Vorstandschef des Hamburger SV hat binnen sieben Jahren aus einem kränklichen Fußballunternehmen wieder eine Adresse gemacht, der auch im Ausland Beachtung geschenkt wird. Er hat mittlerweile ein Plus von über 50 Millionen Euro gemacht, weil der HSV Spieler wie van Buyten, Boulahrouz, de Jong oder van der Vaart und demnächst Boateng zu einem satten Aufpreis weiterverkauft - und dennoch Geld in die Mannschaft reinvestiert hat. Hoffmanns HSV ist inzwischen nicht nur für Edeltalente wie Boateng oder Elia, sondern auch für frühere Weltstars wie Zé Roberto oder van Nistelrooy ein interessanter Arbeitgeber. Dennoch: Hoffmann ist schuld, dass der HSV vor seinem wichtigsten Spiel seit Jahren - im Halbfinale der Europa League gegen Fulham - die schwierigste Phase seit dem Winter 2006 durchmacht. Damals rutschte die von Verletzungspech heimgesuchte Elf bis auf Platz 18 der Bundesliga ab - und Hoffmann entließ den Trainer Thomas Doll. Bald könnte Bruno Labbadia folgen, der sechste Coach in sieben Jahren Hoffmann. Womöglich ist er nach dem 0:1 gegen Mainz nur deshalb nicht beurlaubt worden, weil es eben die Europa League gibt, die die Saison noch retten könnte. Aber selbst wenn sich die Hamburger dort ihren größten Wunsch erfüllen, im Finale am 12. Mai im eigenen Stadion anzutreten, wird der Trainer nächste Saison kaum noch Labbadia heißen. Weil sich, wie vor einem Jahr bei Bayer Leverkusen, wichtige Profis von ihm abgewandt haben. Labbadias Entlassung wiederum wäre die schlimmste Niederlage für Hoffmann. Sie zeigt nämlich, dass er in einem Punkt eben kein Topmanager ist: im sportlichen wie im psychologischen Bereich. Er hat den 44-jährigen Labbadia, der noch immer ein Bundesliga-Neuling ist, als Mann der Zukunft vorgestellt und ihm einen Dreijahresvertrag gegeben - um endlich zu zeigen, dass er Kontinuität herstellen wolle. Doch der Hoffnungsträger ohne Erfahrung musste nach der von Hoffmann befeuerten Trennung von Sportchef Beiersdorfer fast ein Jahr lang ohne sportlichen Berater klarkommen. Und womöglich ist auch Hoffmanns Idee gescheitert, Spieler zu holen, die von einer noch viel größeren Karriere als beim HSV träumen. Nun will er einen "Charaktertest" einführen. Um herauszufinden, ob Profis nur ihren eigenen Weg oder auch den des HSV im Blick haben. Hoffmann selbst sollte sich auch mal einem Charaktertest unterziehen. Um aufzuzeigen, ob seine ungeduldige Art den Klub nicht manchmal auch bremst.
Bernd Hoffmanns Unternehmen mit Bruno Labbadia als Trainer scheint trotz der Euroleague-Erfolge gescheitert. Die Schuld daran trägt der HSV-Chef selbst.
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Formel 1 in China - Vettel holt dritte Pole Position im vierten Rennen
00/04/2010
Vize-Weltmeister Sebastian Vettel steht im vierten Formel-1-Rennen der Saison zum dritten Mal auf der Pole Position. Der 22 Jahre alte Red-Bull-Pilot war am Samstag in der Qualifikation für den Großen Preis von China in 1:34,558 Minuten mehr als zwei Zehntelsekunden schneller als sein Teamkollege Mark Webber auf Rang zwei. Gemischte Gefühle gab es dagegen bei Mercedes: Während Nico Rosberg nur eine Zehntelsekunde hinter Ferrari-Pilot Fernando Alonso Vierter wurde, musste sich Rekordweltmeister Michael Schumacher mit Rang neun unmittelbar vor Adrian Sutil im Force-India-Mercedes begnügen. Vor dem 4. von 19 WM-Läufen am Sonntag in Shanghai (9.00 Uhr MESZ) hat Vettel als Dritter hinter dem punktgleichen Alonso (beide 37) zwei Zähler Rückstand auf Felipe Massa (Ferrari/39). Rosberg folgt mit weiteren zwei Punkten Abstand auf Position fünf, Rückkehrer Schumacher hat bislang neun Punkte gesammelt. Formel-1-Einsteiger Nico Hülkenberg kam im Williams-Cosworth in der Qualifikation nicht über Platz 16 hinaus. Drei Plätze dahinter bildete Virgin-Pilot Timo Glock auf Position 19 das deutsche Schlusslicht, war damit aber der beste Fahrer aus einem der drei neuen Teams. Die Leistungen Vettels bringen seinen Teamchef indes zum Schwärmen. "Er ist mittlerweile ein kompletter Fahrer. Seine Leistungen in dieser Saison sind außergewöhnlich", lobte Christian Horner den Red-Bull-Piloten in Shanghai. Der Rennfahrer aus Heppenheim ist vor dem Rennen am Sonntag Dritter der Weltmeisterschaft, zwei Punkte hinter dem Gesamtführenden Felipe Massa. In der Vorsaison hatte Vettel den WM-Titel knapp verpasst. "Er hat im vergangenen Jahr viele wertvolle Lektionen gelernt. Es ist unvermeidlich, dass jemand, der so jung ist, an Erfahrung gewinnt", meinte Teamchef Horner. Der 22-Jährige Vettel fuhr in seiner Karriere bislang sechs Grand-Prix-Siege ein. Zuletzt gewann er in Malaysia und reiste daher als Siegfavorit nach Shanghai. "Sebastian war in diesem Jahr bisher fehlerlos, und ich erwarte,dass er das fortsetzt", sagte Horner. Einen Nummer-1-Status gegenüber Teamkollege Mark Webber will Red Bull Vettel aber vorerst nicht einräumen. "Wir unterstützen beide Fahrer absolut gleich. Sie erhalten beide die gleichen Möglichkeiten", beteuerte Horner. "Es wird aber der Zeitpunkt kommen, an man sich entscheiden muss."
Formel-1-Rennfahrer Sebastian Vettel beweist auch in Shanghai seine großartige Frühform und holt die dritte Pole Position im vierten Rennen.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-31-spieltag-um-wuerste-und-filetsteaks-1.11714
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Bundesliga, 31. Spieltag - Um Würste und Filetsteaks
00/04/2010
1. FC Köln - VfL Bochum (Freitag, 20.30 Uhr) Gerade als in Köln angesichts des halbwegs gesicherten Klassenerhalts in dieser Saison Langeweile droht, tut sich wieder was: Unter der Woche zeigte Mittelfeldspieler Maniche (li.) einem Fotografen auf dem Trainingsgelände seine Wertschätzung per Stikefinger und bekam dafür eine drastische vereinsinterne Strafe aufgebrummt. Wäre doch gelacht, wenn bei den jecken Rheinländern nach den Fan-Schmähungen gegen den umstrittenen Trainer Zvonimir Soldo endlich einmal Ruhe einkehren würde - nein, in Köln gehören hadern, scheitern, meckern und zetern einfach dazu wie das frische Kölsch neben dem gerade Getrunkenen. Immerhin steht der FC trotz seiner klubinternen Kapriolen nicht so sehr mit dem Rücken zur Wand wie die Bochumer. Geradezu traditionell befindet sich der VfL zum Ende der Saison da, wo man sich zu Genüge auskennt: kurz vor den Abstiegsplätzen. Vielleicht kommt Heiko Herrlichs Truppe der Kölner-Querulantenhaufen gerade recht, denn das Motivationsplus dürfte nach der fast beschlossenen Rettung des FC eindeutig auf Seiten des VfL liegen. Langweilig wird beiden Klubs bestimmt nicht so bald. Foto: ap Texte: Dominik Prantl, Jonas Beckenkamp, Jürgen Schmieder und David Bernreuther
Dunkle Wolken über Hamburg, eine Kampfansage aus dem Ruhrpott und die Hoffnung auf eine leckere Belohnung für einen Sieg gegen den FC Bayern. Die Bundesliga-Vorschau
https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-bundesliga-die-tiefstapler-1.15903
sport
Fußball: Bundesliga - Die Tiefstapler
00/04/2010
Schritt für Schritt haben sie sich nach oben geschlichen, und fast hätte es niemand bemerkt. Erst als Eintracht Frankfurt den FC Bayern in letzter Minute besiegte und zwei Wochen später Leverkusen eine schmerzhafte Niederlage zufügte, wurde Fußball-Deutschland aufmerksam. Jetzt träumt ganz Frankfurt von der Europa League. Ganz Frankfurt? Nein! Ein Mann leistet Widerstand, ein selbsternannter Realist, der oft im dunklen Anzug auftritt und im Vergleich zu manchem Kollegen eher unscheinbar wirkt. Es sagt Sätze wie "Die Eintracht ist noch nicht bereit für Europa" oder "Platz acht ist derzeit das Maximum". Der Mann heißt Michael Skibbe und ist Trainer in Frankfurt. Er behauptet, der Verein sei nicht gefestigt, der Kader nicht ausgeglichen genug für den Europapokal. Dabei holte die Eintracht in der Rückrunde mehr Punkte als Leverkusen oder Hamburg, die einen Platz im internationalen Wettbewerb unmissverständlich zum Saisonziel erklärt haben. Doch Skibbe warnt: "Man hat an Hertha BSC Berlin gesehen, wie gefährlich es ist, wenn man eine Saison über seine Verhältnisse spielt. Und wie es ist, wenn man dann international spielen muss, obwohl der Kader für Liga und Europacup gar nicht gut genug ist." In dieser Einschätzung mag viel Wahrheit stecken, doch hinter Skibbes Aussagen verbirgt sich eine Taktik. Wer Platz acht als "Maximum" bezeichnet, wer immer wieder darauf hinweist, dass die Strukturen und die Spieler eigentlich nur für einen Mittelfeldplatz taugen, der kann schon einen siebten Platz als überraschenden Erfolg verkaufen, einen sechsten gar als Sensation. Ausschlaggebend für dieses unerwartet gute Abschneiden war dann natürlich: der Trainer - denn er hat ja mehr aus der Mannschaft herausgeholt, als eigentlich in ihr steckt. Fans und Medien sollen sich hinterher fragen: Was für ein Genie muss dieser Trainer sein? Wie hat er das bloß gemacht? Wer aber öffentlich verkündet, man wolle Titel holen oder den Europapokal erreichen, der setzt sich der Gefahr des Scheiterns aus und wird schnell zum Buhmann. Das trauen sich die wenigsten. Dazu kommt der psychologische Aspekt: Sobald ein Trainer forsche Ziele formuliert, steigt der Druck auf die Mannschaft. Wenn es in Richtung Europa League gehen soll, erwarten die Fans einen Sieg nach dem anderen, und die Medien lauern begierig auf den nächsten Ausrutscher gegen ein Team aus der Abstiegszone. Der siebte Platz wäre dann eine Enttäuschung, der achte käme gar einer Katastrophe gleich. Experten würden dann vermutlich urteilen, Trainer und Spieler hätten das große Potential, das in der Mannschaft steckt, leichtfertig verschleudert. Oder sie wären am großen Druck zerbrochen.
Leverkusen begnügt sich mit Platz drei, dem BVB reicht die Europa League, Frankfurts Trainer will nicht international spielen. Dahinter steckt eine Taktik.
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sport
FC Chelsea: Michael Ballack - Mehr Arbeit, weniger Geld
00/04/2010
Der Bundestrainer will demnächst mit seinem Stab nach London fliegen, um Michael Ballack beim FC Chelsea zu besichtigen, das hat Joachim Löw anfangs der Woche angekündigt. Es wäre eine Premiere - in den vier Jahren, die der Kapitän der Nationalelf in England spielt, hat Löw bisher nicht den Weg auf die Insel gefunden. Sollte er sich nun aber auf die beschwerliche Reise machen, könnte er zumindest relativ gewiss sein, Ballack tatsächlich in Aktion zu erleben. Zuletzt hatte der 33-jährige Mittelfeldspieler wegen einer Verletzung pausieren und anschließend in drei Partien bis zur Einwechslung auf der Bank Platz nehmen müssen. Am Dienstag beim 1:0-Sieg gegen die Bolton Wanderers gehörte er aber wieder zur ersten Elf. Über Ballacks Stand im Team des italienischen Trainers Carlo Ancelotti hatte sich Löw zuvor bereits am Telefon erkundigt und Beruhigendes erfahren. Er wusste, dass sein Kapitän beim zweiten Champions League-Achtelfinale gegen Inter Mailand nur dank einer Spritzenbehandlung hatte mitwirken können, und dass er nach der verlorenen Partie nicht wegen personeller Umstürze im Londoner Spitzenteam oder wegen chronisch nachlassender Leistung, sondern aufgrund einer Achillessehnenblessur aussetzen musste. Als er sich davon erholt hatte, vermachte ihm einer seiner Söhne eine Erkältung, die er aus dem Kindergarten importiert hatte. So verlängerte sich die Trainings- und Spielpause. Unsicherheit im Verein Während Löw darauf vertrauen darf, einen gesunden und motivierten Kapitän zur WM-Vorbereitung begrüßen zu dürfen, hat Ballacks vorübergehendes Verschwinden aus Chelseas Stammformation den Spekulationen in der Branche Nahrung gegeben. Es schien zu seiner unsicheren Situation beim Londoner Spitzenklub zu passen. Seit Monaten verbreitet die englische Presse Meldungen, die eine just bevorstehende Verlängerung seines im Sommer auslaufenden Vertrages verheißen, er selbst hatte im vergangenen Herbst erzählt, "dass wir uns bald zusammensetzen werden", aber auf dieses ergiebige Gespräch wartet er immer noch. Es gibt zwar nach Angaben seines Beraters Michael Becker ein Angebot des Vereins, die Zusammenarbeit ein weiteres Jahr fortzusetzen. Aber die Garantie reicht Ballack nicht aus. Er möchte eine Zusage, die seine Vorstellung vom Karrierehorizont erschließt, er will eine längere Bindung oder zumindest die Option darauf. Offenkundig möchte er seine Laufbahn im Nationalteam nicht nach der WM in Südafrika beenden, er hat auch die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine noch im Blick. Bis dahin braucht er einen Arbeitgeber, der ihn auf hohem Niveau beschäftigt.
DFB-Kapitän Michael Ballack zählt beim FC Chelsea nach einer schwierigen Phase wieder zur Stammelf. Doch die ausbleibenden Vertragsgespräche schüren Spekulationen.
https://www.sueddeutsche.de/sport/nba-playoff-vorschau-nowitzkis-naechster-versuch-1.8985
sport
NBA: Playoff-Vorschau - Nowitzkis nächster Versuch
00/04/2010
Cleveland Cavaliers, Saisonbilanz: 61-21, Erstrundengegner: Chicago Bulls In Cleveland regiert nach wie vor der König: Mit diesem Spitznamen beherrscht der 25-jährige LeBron James (29,7 Punkte pro Spiel; im Bild) seit einigen Jahren die Highlight-Videos der NBA und steht als weltbester Basketballer neben Kobe Bryant sinnbildlich dafür, dass aus den einst graumäusigen Cavaliers ein veritabler Meisterschaftskandidat geworden ist. Zu Beginn der laufenden Saison stellte ihm das Management mit Shaquille O'Neal den vielleicht dominantesten Center-Koloss der Geschichte zur Seite, der zwar auf seine alten Tage kein Brecher mit regelmäßigen 30-Punkte-Partien mehr ist (Saisonschnitt: 12 Punkte), aber immer noch ein gewichtiger Faktor unter den Körben der Liga. Nach einer Verletzung Mitte der Saison scheint der mittlerweile 38-jährige Fanliebling pünktlich zu den Playoffs wieder fit zu sein. Mit Maurice Williams verfügen die Cavaliers außerdem über einen offensivstarken Aufbauspieler, der gemeinsam mit dem im Winter verpflichteten Arbeitstier Antawn Jamison die perfekte Ergänzung zu James und O'Neal sein könnte. Für Cleveland, das die 82 Spiele lange Saison als bestes Team abschloss, heißt es dieses Jahr "jetzt oder nie", denn O'Neal wird bald in Rente gehen, und bei James heißt es, er werde wohl spätestens 2011 einen monströsen Vertrag bei den New York Knicks unterschreiben. In Runde eins sollte es gegen die Chicago Bulls für die Cavaliers keine Probleme geben. Foto: afp Texte: Jonas Beckenkamp
Ausgeruht und formstark startet an diesem Wochenende Dirk Nowitzki mit seinen Mavericks in die Playoffs. Doch auf dem Weg zum Titel warten Teams, die noch stärker einzuschätzen sind.
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Fußball: Traditionsklubs - Kerker mit 20 Insassen
00/04/2010
Am Stuttgarter Schlossplatz, mitten in der Innenstadt, haben sie gerade eine Ausstellung über den Fußball im Südwesten eröffnet. Der Titel - "Gefühle, wo man schwer beschreiben kann" - basiert auf einem Bonmot von Jürgen Klinsmann und dürfte Touristen aus Hannover oder Berlin vor Schreck zusammenzucken lassen. Der Stürmer hatte bei aller Freude über den EM-Sieg 1996 vergessen, dass das ein Satz ist, wo außerhalb vom Südwesten ein wenig merkwürdig klingt. In der Stadionzeitung der Kickers haben sie der Ausstellung eine ganze Seite gewidmet, und das längst nicht nur, weil darin auch ein Plakat gezeigt wird, das für ihr Freundschaftsspiel gegen Real Madrid warb, 1963. Nein, Klinsmann haben sie hier oben in Degerlochs Höhen als einen der Ihren im Gedächtnis behalten. Als den bekanntesten unter vielen Fußball-Prominenten, die ihre Karriere hier gestartet haben. Wie Guido Buchwald, Karl Allgöwer, Fredi Bobic und all die anderen. In der Ewigen Tabelle der zweiten Liga belegen die Kickers Platz drei, Darmstadt 98 Rang zwölf. An diesem Donnerstagabend treffen die beiden Traditionsklubs beim Nachholspiel der Regionalliga Süd aufeinander - vierte Liga ist das. Tom Eilers hat schon mal einen Blick ins Stadion geworfen. "Mau", sagt er, "keine zweitausend Zuschauer." Der Jurist berät das Darmstädter Präsidium. Und wer seine ausladenden Hände sieht, kann sich nicht vorstellen, dass er sich früher als Zweitligakeeper überhaupt werfen musste, um an die Bälle zu kommen. Heute ist Darmstadt Vorletzter der Regionalliga Süd, am Ende der Saison wäre Eilers heilfroh über den Klassenerhalt. Dabei hält er diese Liga für ein Auslaufmodell: kaum Fernsehgeld, und gleich sieben U23-Mannschaften von Profivereinen (Nord: sechs, West: acht). Teams wie Wehen-Wiesbaden II also, die weder in Wiesbaden noch in Darmstadt jemand sehen will. "Eine Ausbildungsliga mit Zweitmannschaften", stöhnt Eilers, "die Wahrnehmung der Regionalliga ist katastrophal." Nur einmal im Jahr, beim Lokalderby, empfinde er etwas, das ihm ansonsten bei den Heimspielen abgeht: "Wenn wir gegen Hessen Kassel spielen, hat man das Gefühl, wir sind beim Fußball." Was ihm vorschwebt, ist eine zweigleisige vierte Liga ohne U23-Teams. Jeder hätte mehr Geld, die Begegnungen wären attraktiver. Ob er mit baldiger Realisierung seiner Pläne rechne? Eilers lächelt etwas säuerlich. Auch Rüdiger Bartsch kostet es hörbar Mühe, höflich über die Liga zu sprechen. Bartsch ist Manager des 1.FC Magdeburg. Der Verein hat den 102-maligen Nationalspieler Joachim Streich und Jürgen Sparwasser hervorgebracht. Neben Dynamo Dresden war der FCM zu DDR-Zeiten der wohl populärste Verein. Auch deshalb berichtet der MDR ellenlang von den Spielen in der hochmodernen Magdeburger Arena, während andere dritte Programme die vierte Liga komplett ignorieren. "Klar unterbezahlt" sei man mit den 90.000 Euro, die der DFB an Fernsehgeldern pro Regionalligist ausschüttet, findet Bartsch. Wer von der ersten in die zweite Liga absteige, bekomme statt zwölf Millionen Euro nur vier, also ein Drittel. Aber als Viertligist bekommen man nur ein Zehntel von einem Drittligisten. "Da kann ja etwas nicht stimmen."
Kein Geld, keine Zuschauer, keine Übertragungen im Fernsehen: In der Regionalliga können sogenannte Traditionsklubs kaum existieren.
https://www.sueddeutsche.de/sport/sport-kompakt-rummenigge-ribery-bleibt-1.9570
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Sport kompakt - Rummenigge: Ribéry bleibt
00/04/2010
Karl-Heinz Rummenigge hat den Transferpoker um Franck Ribéry vorerst beendet. Der Vorstands-Chef des FC Bayern München ist davon überzeugt, dass der französische Fußball-Nationalspieler seinen bis Saisonende 2011 gültigen Vertrag beim deutschen Rekordmeister erfüllen wird. "Ich gehe im Moment davon aus", sagte Rummenigge der Bild-Zeitung (Mittwoch), schloss aber Gespräche über eine vorzeitige Vertragsverlängerung nicht aus: "Unser Ziel ist immer noch, den Vertrag zu verlängern. Aber wenn wir das nicht hinkriegen, heißt das nicht automatisch, dass wir Franck in diesem Sommer verkaufen werden." ____________________________________________________________________ Die Gefahr eines Streiks im spanischen Profi-Fußball ist gebannt. Die Spieler-Gewerkschaft AFE sagte einen für dieses Wochenende geplanten Ausstand in den spanischen Profi-Ligen ab. Sie hatte sich zuvor mit dem spanischen Fußball-Verband (RFEF) und dem Verband der Profi-Ligen (LFP) auf Hilfen für diejenigen Spieler verständigt, die in der vergangenen Saison von ihren Clubs nicht die anstehenden Gehaltszahlungen erhalten hatten. In der Spielzeit 2008/2009 waren acht zahlungsunfähige Drittliga- Vereine ihren mehr als 200 Fußballern Gehälter in Höhe von insgesamt 4,1 Millionen Euro schuldig geblieben. Diese Summe sollen die Betroffenen nach Presseberichten vom Mittwoch nun aus einem Hilfsfonds des RFEF und aus Toto-Einnahmen erhalten. ____________________________________________________________________ Die WM-Chancen von Lucas Barrios sind stark gestiegen. Paraguays Fußball-Nationaltrainer Gerardo Martino will den Welttorjäger vom Bundesligisten Borussia Dortmund, der erst seit wenigen Tagen die paraguayische Staatsbürgerschaft besitzt, in den vorläufigen Kader für die WM-Endrunde in Südafrika (11. Juni bis 11. Juli) berufen. "Ich werde ihn nach der Einbürgerung in meinen Überlegungen berücksichtigen", sagte Martino in Asuncion in einem Radio-Interview. ________________________________________________________________ Der frühere Eishockey-Bundestrainer Hans Zach greift mit den Hannover Scorpions nach seinem ersten deutschen Meistertitel seit 1993. Der "Alpen-Vulkan" führte die Niedersachsen durch ein 5: 4 nach Verlängerung im dritten Halbfinal-Spiel gegen den ERC Ingolstadt erstmals in der Vereinsgeschichte in die Endspiel-Serie. Den vielumjubelten Siegtreffer erzielte Sascha Goc nach bereits 97 Sekunden der Verlängerung. Am Mittwoch haben die Augsburger Panther beim EHC Wolfsburg ebenfalls den ersten Matchball zum ersten Final-Einzug der Vereinsgeschichte. _____________________________________________________________________ Inter Mailand darf weiter vom Triple träumen. Der Champions-League-Halbfinalist und Zweite der Serie A hat zum 12. Mal das Endspiel um den italienischen Fußball-Pokal erreicht. Der Meister gewann am Dienstagabend im Beisein des italienischen Nationaltrainers Marcello Lippi das Halbfinal-Rückspiel beim AC Florenz durch ein Tor von Samuel Eto'o (57.) mit 1:0 (0:0). Auch das Hinspiel hatten die Mailänder bereits mit 1:0 für sich entschieden. Damit steht das Team zum fünften Mal in den vergangenen sechs Jahren im Pokalfinale.
Bayern-Vorstandschef erklärt den Transferpoker vorerst für beendet, in Spanien ist die Streikgefahr gebannt, Barrios hat gute Chancen auf die WM.
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DFB: Schiedrichteraffäre - Raue Zeiten für den Chef
00/04/2010
Am Montag war beim Augsburger Landgericht die erste öffentliche Justizfehde in der Schiedsrichteraffäre Amerell/Kempter zu verfolgen, und der Eindruck, den die DFB-Vertreter hinterließen, war besorgniserregend. Nicht, weil sie eine krachende Niederlage für ihren Chef Zwanziger einfuhren. Sondern, weil bereits diesem (im Kontext zu vernachlässigenden) Zivilverfahren Fingerzeige für die ausstehenden harten Prozesse zu entnehmen sind. Die Kernfrage ist, wie die Beziehung Kempters zu Amerell war: einvernehmlich - oder erzwungen, wie Kempter behauptet? Als Amerell kürzlich eindeutige Mails von Kempter im TV verlas, konterte der Referee öffentlich, auch dieser intime Ton sei erzwungen worden. Sonst hätte ihn Amerell gleich wieder traktiert, ob was nicht stimme. Kempter hat einschlägige Mails also bestätigt, das dürfte es künftigen Strafrichtern leicht machen, die Authentizität Hunderter weiterer Mails festzustellen, die Amerell nun dem Staatsanwalt übergab. Zugleich ging der Aktenordner an DFB und DFL. Sie werden kaum umhin kommen, auf Basis dieser angeblich höchst intimen Schreiben Kempters seit 2007 erneut zu prüfen, ob ihre Einschätzung, der Referee habe aufrichtig und verantwortungsvoll gehandelt, noch gilt - oder ob dessen auffallend eilige Rückführung auf den Rasen überdacht werden muss. Der DFB hat die Version von Kempter und drei weiteren Referees rigoros übernommen, er hat offen ein System Amerell angeprangert, ohne diesen umfassend anzuhören; das wurde vorm Landgericht deutlich. Zwar behauptet der DFB, Amerell sei angehört worden bei einem Gespräch am 1. Februar in Zwanzigers Büro mit Generalsekretär und Personalchef. Doch gibt es von der angeblichen Anhörung in einer so heiklen Sache offenbar nicht mal ein ordentliches Protokoll, also eines mit der Unterschrift des Betroffenen. Auch traten drei seiner Ankläger ja erst nach jenem Kaffeetreff auf den Plan. Da aber, behaupten die DFB-Vertreter, habe man Amerell leider nicht mehr anhören können, weil er per Rücktritt vom Amt den Fall ja selbst erledigt habe. Geht das so einfach? Ob Amerell tagelang zum Rücktritt gedrängt wurde, ob der Rücktritt nicht aufgrund einer schon in der Presse tobenden Schlammschlacht um seine Person unausweichlich war, und: ob im Rechtsstaat bei Vorwürfen, die so tief in die Persönlichkeitsrechte eingreifen, ein paar Sportregeln genügen, um Beschuldigten Gehör und Vortrag ihrer Ankläger zu versagen - das ist zu klären. Von der Justiz, nicht vom DFB. Dass auf dessen Chef raue Zeiten warten, hat der Augsburger Eröffnungsakt nur angedeutet.
Dass auf DFB-Präsident Theo Zwanziger raue Zeiten warten, hat der Augsburger Eröffnungsakt um Manfred Amerell nur angedeutet.
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sport
Stadionstreit in München - Subtiler Druck
00/04/2010
Offiziell heißt es bei 1860 München: Es gibt nichts zu sagen. Franz Maget sagt das, der Vizepräsident der Löwen, und natürlich hat er recht. In diesem Monat soll und muss sich entscheiden, ob der Umzug der Zweitliga-Fußballer aus der Arena in das Olympiastadion zur neuen Saison gelingt. Jeder voreilig verbreitete Zwischenton kann dieses Vorhaben gefährden, und dass es in der Tat um eine heikle Verhandlungsmission geht, leuchtet ein, wenn man sich die zwei Parteien, die sich noch nicht einig sind, an einem Tisch vorstellt: links der FC Bayern, rechts der TSV 1860, und das in einer Zeit, in der beide Seiten sich einander vor Gericht bearbeiten, Stichwörter Catering-Prozess und Arena-Vertrag. Dass die Löwen aber Zugeständnisse liefern müssen, wenn sie die Aufkündigung des Mietverhältnisses bewerkstelligen wollen, ist anzunehmen. Uli Hoeneß, Präsident des FCB, erhöhte diesbezüglich subtil den Druck und sagte nun: "Wir äußern uns erst, bis das Thema Gerichtsprozess zu Ende ist." Das lässt sich so verstehen, dass 1860 seine Klage zurückziehen soll. Eines steht in jedem Fall fest: Die Bayern haben neuerdings wieder die besseren Karten, und das bekommen die Löwen zu spüren. Die Bayern stellen weiterhin öffentlich auf Durchzug, nicht sie wollen ja etwas von den Löwen, es ist andersherum. Wenn es die Bayern wirklich ernst meinen damit, bis zum nächsten Gerichtstermin am 14. Juli kein Wort mehr mit den Sechzigern zu wechseln, hätte sich der Umzugswunsch der Löwen von alleine erledigt. Ein in der Tat ordentliches Druckmittel ist das. Am 6. Mai, wenn der Olympiapark-Aufsichtsrat tagt und über Umbauten im Stadion entscheidet, muss schließlich klar sein, ob der Fußball zurückkehrt. Dass die Stadt als Eigentümerin darauf drängt, erschließt sich anhand finanzieller Gründe. 1860 wäre eine neue und erträgliche Einnahmequelle. Die Frage wird also sein, wer und wie sich 1860 den Bayern nähern wird und was man anzubieten hat. Möglich wäre ein Verzicht der Klage, die den Bayern bei negativem Ausgang eine Millionensumme einbringen könnte. Möglich - zumindest theoretisch- ist aber auch eine Zahlung einer großen Summe, um sich frei zu kaufen. Und noch ein Umstand dürfte die Verhandlungen aus Sicht der Löwen belasten: Nachdem die Vereinsführung den angestrebten Umzug ins Grünwalder Stadion nicht geschafft hatte, sollte alsbald mal ein Vorhaben gelingen.
In diesem Monat soll und muss sich entscheiden, ob der Umzug der Löwen ins Olympiastadion gelingt. Dafür muss 1860 dem FCB etwas anbieten.
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-30-spieltag-szenario-fuers-selbstvertrauen-1.12867
sport
Bundesliga, 30. Spieltag - Szenario fürs Selbstvertrauen
00/04/2010
Am Samstag trat in der Halbzeit des Spiels Bayer Leverkusen gegen Bayern München Bundestrainer Joachim Löw vor das Mikrofon und sagte einige sehr interessante Dinge. Ja, Bastian Schweinsteiger werde sehr wahrscheinlich neben Michael Ballack das zentrale Mittelfeld der Nationalmannschaft bilden. Nein, für den in Ungnade gefallenen Kevin Kuranyi ist der WM-Zug noch nicht abgefahren, Löw werde sich dazu jedenfalls noch einmal "Gedanken machen". Überhaupt sei außerdem die vergangene Fußballwoche mit dem Weiterkommen der Bayern und dem Einzug der Hamburger ins Halbfinale der Europa League nicht nur sehr erfreulich gewesen, sondern auch "sehr wichtig für Deutschland und das Selbstvertrauen der Spieler". Hat Löw gesagt. Wer die deutsche Meisterschaft gewinnt, konnte natürlich auch der Bundestrainer nicht sagen. Allerdings hat Bayer Leverkusen nach dem 1:1 gegen Bayern München jetzt schon sechs Punkte Rückstand auf den Spitzenreiter. Die Schalker wiederum waren beim 2:4 gegen Hannover "einfach nur schlecht", wie der Schalker Abwehrmann Heiko Westermann den verpassten Sprung an die Tabellenspitze unverblümt kommentierte. Und weil im entscheidenden Moment eine geheimnisvolle Konstante namens "Bayerndusel" den Ausschlag geben wird, müssen sich die Fans von Schalke im Westen über Bremen im Norden bis Berlin im Osten wahrscheinlich auf einen tränenreichen Mai einstellen. Dann kegelt der FC Bayern als Deutscher Meister nämlich mit ziemlicher Sicherheit die Berliner aus der Ersten Liga (8. Mai), um eine Woche später - ausgerechnet in Berlin - die Bremer im Pokalfinale zu demoralisieren (15. Mai) und schließlich den FC Messi im Champions-League-Finale zu bezwingen (22. Mai). Dass die Münchner dabei kein einziges Mal in die gegnerische Hälfte vorstoßen, macht gar nichts, weil Arjen Robben per Freistoß aus 70 Metern trifft. Dann gäbe es da noch ein ziemlich gewagtes Szenario, das dafür umso wichtiger für Deutschland und das Selbstvertrauen der Spieler wäre, um kurz mit Joachim Löw zu sprechen. In diesem Szenario gibt es außer den Bayern mit ihrer Titelgier und dem reichlich unverschämten Abstiegsgespenst so etwas wie Gerechtigkeit und Gleichverteilung: Bremen gewinnt den DFB-Pokal, Hertha BSC Berlin verbleibt in der Bundesliga durch einen Sieg am letzten Spieltag gegen die Bayern, die dafür die Champions League gewinnen und Hamburg die Europa League. Mann, wäre das was für das Selbstvertrauen im ganzen Land. Und wenn dann erst Kuranyi im ersten Spiel Deutschland bei der WM in Südafrika zum 1:0 trifft, als Deutscher Meister mit Schalke... Okay, ein spannendes Saisonfinale würde uns für den Anfang auch reichen
Eine Verteilung des Erfolgs auf verschiedene Klubs wäre gut für den deutschen Fußball. Wahrscheinlich aber gibt es jenseits von München einen tränenreichen Mai. Ein Ausblick.
https://www.sueddeutsche.de/sport/fc-bayern-in-leverkusen-letzte-delikatesse-1.22340
sport
FC Bayern in Leverkusen - Letzte Delikatesse
00/04/2010
Louis van Gaal würde sagen: Der FC Bayern hat die "Chance kreiert", eine Saison für die Geschichtsbücher zu spielen. Nach der betörenden Europa- pokal-Nacht in Manchester (2:3) ist möglich, was selbst die ruhmreichen Münchner noch nie geschafft haben: Meisterschaft, Pokalsieg und Champions-League-Krone im selben Jahr - vulgo: das Triple. Für Mark van Bommel wären es im besten Fall sogar vier Titel in einer Saison, denn der Kapitän hat bereits den weithin unterschätzten Sprachpreis der Vrijen Universiteit Amsterdam errungen. Jury-Begründung: Van Bommel, 32, analysiere Fußballspiele fachlich fundiert, redegewandt und phrasenfrei. Der Hobbytaktiker hat diese Auszeichnung verdient. Van Bommel erkannte bereits den sich anbahnenden Bayern-Aufschwung in dieser Saison, als viele noch Bauchgrimmen hatten wegen des ruppigen neuen Trainers: "Wir machen fußballerisch Fortschritte - nur die Ergebnisse fehlen", betonte der Mittelfeldchef im heißen Herbst mit der Geduld eines Gebetsmühlendrehers. Zudem erforscht van Bommel gerne das Wesen des Fußballs ("manchmal braucht man Arschlöcher"). Und er beherrscht die Kunst des ironischen Konterns nach unsinnigen Fragen ("Hast Du den Trainerschein?"). Kugelschreiber für Ribéry Nach der Party in England und der Zwischenlandung am Donnerstag in Düsseldorf floskelte van Bommel aber doch mal: "Wir haben noch nichts gewonnen, zum Träumen bleibt keine Zeit", mahnte er vor dem Bundesliga-Hit in Leverkusen. Immer weiter, dieses Kahnsche Mantra umschrieb ja nicht nur die Energieleistung der Bayern in Manchester. Es ist auch das aktuelle Motto für ihr Frühjahrsfestival des Spitzenfußballs: Schalke, Manchester, Leverkusen - im Hecheltempo einer japanischen Reisegruppe reihen sie Höhepunkt an Höhepunkt. Nun also Samstag, 18.30 Uhr: Bayer 04, Heynckes, Kroos, Kießling, Dritter gegen Erster - die nächste Königsetappe für den möglichen 22. Meistertitel. Vor dem Spiel bezogen die Bayern ein Kurztrainingslager am anderen Rheinufer, der 1.FC Köln stellte ihnen sein Geißbockareal und am Freitag sogar das WM-Stadion zur Verfügung. Altintop ist gesperrt, darüber hinaus hat van Gaal nicht verraten, ob er alle müden Stammkräfte mobilisiert für die letzte schwere Prüfung dieser Ligasaison. Das Restprogramm ist ja definitiv zumutbar (Hannover, Gladbach, Bochum, Hertha). Bayer-Coach Jupp Heynckes nannte die Münchner Solisten Robben und Ribéry eine "Delikatesse für die Liga", dessen ungeachtet will er sie "im Kollektiv ausschalten" - was Manchester misslang. Robben stand bei seinem Volleytraumtor zum 2:3 im Rückraum ja so frei wie sonst nur gegen eine übernächtigte Kreisligaabwehr. Van Bommel witzelte überdies: "Wenn Arjen nochmal so schießen würde, finden wir den Ball nicht mehr." Heynckes rekapitulierte spitz, die Bayern hätten in Old Trafford "aus dem Spiel heraus fast keine Torchance" gehabt. Das war beinahe ein kleines Psychospielchen, ein mind game, wie vom Kollegen Ferguson am Mittwoch mit der wundersamen Nominierung Wayne Rooneys. Die Bayern überstanden auch dies, und so wird nun bereits debattiert, welche Transfers sie demnächst tätigen. Ziel sei, "nicht die Kassenlage, sondern die Mannschaft zu verbessern", sagte Vorstandschef Rummenigge in der Hochstimmung nach dem Millionensieg bei ManU. Für den begehrten Franck Ribéry läuft eine Charmeoffensive. Zum 27.Geburtstag am Mittwoch erhielt der Franzose beim Bankett im Hotel ein Geschenk mit Hintersinn. Präsident Hoeneß überreichte dem Filou eine Torte und einen edlen Kugelschreiber - fürs baldige Signieren eines neuen Vertrags.
Nach der betörenden Europapokal-Nacht in Manchester erwartet den FC Bayern gegen Leverkusen die letzte schwere Prüfung dieser Ligasaison.
https://www.sueddeutsche.de/sport/europa-league-viertelfinale-hamburg-souveraen-wolfsburg-machtlos-1.24951
sport
Europa League, Viertelfinale - Hamburg souverän, Wolfsburg machtlos
00/04/2010
Während der deutsche Fußball-Meister VfL Wolfsburg nach dem 1:2 im Hinspiel auch das Viertelfinal-Rückspiel im eigenen Stadion gegen den FC Fulham mit 0:1 (0:1) verlor, schaffte der HSV in Belgien bei Standard Lüttich dank Doppel-Torschütze Mladen Petric und Flaschenwerfer Paolo Guerrero einen unerwartet deutlichen 3:1 (2:1)-Erfolg. Für die Hamburger ist nun der Wolfsburg-Bezwinger aus England am 22. und 29. April der letzte Prüfstein vor dem Endspiel im eigenen Stadion am 12. Mai. Das Team von Bruno Labbadia könnte so eine durchwachsene Saison doch noch krönen. Im zweiten Europa-League-Halbfinale stehen sich der FC Liverpool und Atletico Madrid gegenüber, die sich im Viertelfinale gegen Benfica Lissabon und den FC Valencia durchsetzten. Schon zur Pause machte der HSV mit dem 2:1-Heimsieg im Rücken alles klar. Vor 29.000 Zuschauern im Maurice-Dufrasne-Stadion war Petric der Mann des Abends. Nach tagelangen Unruhen wegen Guerreros Ausraster und der Medienschelte gegen Labbadia gingen die HSV-Profis vor Spielbeginn mit einem großen Banner "Wir für Euch - Ihr für uns" auf Schmusekurs. Die mitgereisten Fans zeigten sich versöhnlich. Der reumütige Sünder Guerrero, in der Bundesliga für fünf Spiele gesperrt, blieb zunächst draußen und erzielte dann sogar noch ein Tor. Auch Nationalspieler Piotr Trochowski musste auf die Bank - für ihn begann überraschend Robert Tesche. Mit Ballkontrolle und Kombinationssicherheit trumpfte der HSV auf. Schon in der 20. Minute köpfte Petric die abgefälschte Flanke von Zé Robertos mühelos zum 1:0 ein. Statt beruhigt ihre technische und taktische Überlegenheit auszuspielen, verfielen die Hamburger bei Poccognolis Freistoß in kollektiven Tiefschlaf. Lüttichs brasilianischer Kapitän Igor de Camargo, von Gladbach umworben, schaffte ebenfalls per Kopf ungehindert den Ausgleich. Petric wie Robben Sichtlich bemüht um positive Signale hatte der angespannte Labbadia die Dienstreise nach Lüttich zu einem "Festtag" ausgerufen. Für Vollzeittorjäger Petric hat sich der emotionale Betriebsausflug ganz besonders gelohnt. Nach einer tollen Flanke von Dennis Aogo gelang dem Kroaten mit einem Fallrückzieher die 2:1-Halbzeitführung; es war mehr ein Kunstwerk als ein Schuss, das den Vergleich mit der Direktabnahme von Bayerns Arjen Robben tags zuvor gegen Manchester nicht zu scheuen braucht. In der Nachspielzeit traf dann noch Guerrero - alles war wieder gut beim Bundesliga-Dino. Wer hingegen auf eine Aufholjagd der Wolfsburger gehofft hatte, wurde schnell enttäuscht. Ein Blitztor schockte die Gastgeber und beendete den Traum abrupt. Der Gegentreffer von Bobby Zamora nach 23 Sekunden entschied am Donnerstag vor 24.834 Zuschauern, unter ihnen Hollywood-Star Hugh Grant, die Begegnung. Der Schauspieler drückte auf der Tribüne in Wolfsburg seinem Lieblingsclub die Daumen. Der bekennende Fulham-Fan wurde nicht enttäuscht. Der große Wolfsburger Optimismus hatte dagegen bereits vor dem Anpfiff einen Dämpfer erhalten. Abwehrspieler Alexander Madlung, Torschütze im Hinspiel, fiel mit einer Oberschenkelverletzung kurzfristig aus. Für ihn rückte Jan Simunek in die Innenverteidigung. Ehe sich der Tscheche richtig orientiert hatte, lag der Ball bereits im Wolfsburger Kasten. Zamora tanzte Simunek aus, und gegen den platzierten Schuss des Fulham-Goalgetters war VfL-Keeper Diego Benaglio machtlos. "Das war sehr ärgerlich und darf auf diesem Niveau nicht passieren", kritisierte der angeschlagene Madlung in der Halbzeit. Besser wurde es auch danach nicht.
Der HSV zieht durch ein 3:1 gegen Standard Lüttich ins Halbfinale der Europa League ein. Wolfsburg unterliegt dem FC Fulham durch ein Blitztor nach 23 Sekunden.
https://www.sueddeutsche.de/sport/olic-robben-wuehler-und-kuenstler-1.15907
sport
Olic & Robben - Wühler und Künstler
00/04/2010
Fast 43 Minuten lang musste man glauben, der FC Bayern wäre ohne Chance. Es regte sich so gut wie nichts in der Münchner Mannschaft an diesem Abend in Manchester, 0:3 lag sie zurück im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League - ohne Aussicht auf Besserung. Doch dann kam Ivica Olic (Bild mitte) und hauchte den Bayern mit seinem Tor zum 1:3 neues Leben ein. Zuvor hatte er sich gegen Michael Carrick durchgesetzt, ihn weggedrängt, so wie man es vom Wühler Olic kennt. Die Wiederbelebung durch Olic war nur der erste Schritt, der zweite war kunstvoll, präzise, technisch perfekt: Arjen Robben (links) versenkte den Ball nach einer Ecke volley im Eck. 2:3 - Bayern steht im Halbfinale! Der Wühler und der Künstler, Robben und Olic, zusammen vielleicht bald "Rolic" genannt, sind bei Bayern die Garanten für wichtige Tore. Das Duo sorgte in der laufenden Saison in Liga, Pokal und Champions League schon in 13 Spielen für die Wende oder die Entscheidung. Eine Chronologie der wichtigen Tore: Foto: dpa
Arjen Robben und Ivica Olic haben den FC Bayern ins Halbfinale der Champions League geschossen. Das Duo sorgte in dieser Saison schon mehrmals für entscheidende Tore.
https://www.sueddeutsche.de/sport/champions-league-manchester-muenchen-schwimmstunde-traumtor-halbfinale-1.17293
sport
Champions League: Manchester - München - Schwimmstunde, Traumtor - Halbfinale!
00/04/2010
Die vergangenen Wochen hatten dem FC Bayern die sonnige Aussicht eröffnet, sich mit einer Supersaison auf dem hauseigenen Briefpapier zu verewigen: Eintritt ins Pokalendspiel, wieder Erster in der Liga, 2:1 im ersten Champions-League-Viertelfinale gegen das mutmaßlich übermächtige Manchester United - schon schillerte das "Titel-Triple" am Horizont. Dem Vorstandschef kam all der Frohsinn "fast schon einen Schuss zu euphorisch" vor, so sagte es Karl-Heinz Rummenigge, bevor er in den Flieger nach England stieg. Es wurde dann zunächst sehr schnell sehr finster für die Bayern am Mittwochabend in der Fußball-Kathedrale von Old Trafford: 0:1 nach drei Minuten, 0:2 nach sieben, 0:3 nach 41 - Manchester schien kurzen Prozess zu machen im Rückspiel. Doch mit typisch bayerischer Unbeugsamkeit und ihrer zuletzt erlangten psychischen Stärke kamen die Münchner kraftvoll zurück und schafften durch Olic (43.) und Robben (74.) doch den Eintritt ins Halbfinale. Wieder durch ein 2:3, wieder durch ein rettendes Traumtor von Robben, wie schon im Achtelfinale von Florenz. Nach dieser herkulischen Leistung erscheint nun alles möglich im Halbfinale gegen Olympique Lyon. Das Medizinressort der Bayern hatte alle Kräfte mobilisiert fürs große Spiel. Arjen Robben (Wade) und Abwehrchef Daniel van Buyten (Knie) standen auf dem Aufstellungsbogen, wie erhofft. Wie von manchen Münchnern befürchtet, ließ die Kriegslist des gegnerischen Trainers allerdings auch - simsalabim - Wayne Rooney dort auftauchen. Damit nicht genug der Überraschungen, die Sir Alex Ferguson für das Duell der Groß-Hirne mit Louis van Gaal ausgeheckt hatte. Der Brasilianer Rafael, 19, ersetzte als Rechtsverteidiger Routinier Neville, 35. Und das ManU-Mittelfeld bereicherte der irische Jüngling Darron Gibson. "Diesmal ab der ersten Minute bereit sein!", hatte Robben den eigenen Hinterleuten ins Pflichtenheft geschrieben - ein Warnhinweis wegen des 0:1 im Hinspiel in der 64.Sekunde. Es blieb beim Vorsatz, es kam - noch schlimmer. Rafael, von Ribéry kaum belästigt, passte vom rechten Flügel in die Spitze zu Rooney, dem vermeintlich verletzten Sturmbullen der Briten, Rooney ließ prallen zu Gibson, der schüttelte Schweinsteiger ab und schoss den Ball auf flatternder Bahn ins Tor; Verteidiger Demichelis konnte nicht blocken, Torwart Butt nicht halten - 1:0 (3.), durch eine Zusammenarbeit der drei Überraschungsspieler Fergusons: Rafael, Rooney, Gibson, es sah aus wie ein geübtes Kombinationsmuster. Nun war Schwimmstunde im Münchner Abwehrpool. Ein erhabener langer Pass von Rooney erreichte rechts vorne Valencia, Bayerns junger Linksverteidiger Badstuber ließ sich vom Ecuadorianer austricksen - und dessen Flanke verwandelte Nani zum 2:0 (7.), kunstvoll mit der Hacke, wie einst ein gewisser Rabah Madjer (FC Porto) gegen die Bayern im Europacup-Finale 1987. Nani hatte sich clever mit zwei, drei flinken Schritten zum Ball in ein Vakuum zwischen den Verteidigern Lahm, van Buyten und Demichelis bewegt, alle drei blickten hinaus auf den Flügel, zum Ball, zum Flankengeber; und niemand über die Schulter, zum Torschützen. Es war der nächste Schnitzer der Münchner Hintermannschaft, die es allen Kritikern zeigen wollte, die ihre Tauglichkeit auf europäischem Topniveau angezweifelt hatten.
2:3 nach 0:3: Ivica Olic und Arjen Robben sichern dem FC Bayern im turbulenten Viertelfinale von Manchester das Weiterkommen. Dort wartet Lyon.
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sport
TSV 1860 München - Olympiastadion - der Löwen neues Reich?
00/04/2010
Röhrende Tourenwagen oder singende Fußballfans - noch im April soll sich entscheiden, ob der TSV 1860 München ins Olympiastadion zurückkehrt und die Stadt auf den Plan verzichtet, dort Autorennen zu veranstalten. OB Christian Ude, der auch Vorsitzender des Olympiapark-Aufsichtsrats ist, sagte am Mittwoch zur SZ, er habe dem Verein eine Frist bis Ende April gesetzt, die Voraussetzungen für den Umzug zu schaffen. Für den Auszug aus der von ihnen ungeliebten und mit dem FC Bayern München geteilten Arena in Fröttmaning müssten die Löwen zwei Bedingungen erfüllen. Erstens müssen sie dafür sorgen, dass ihnen der FC Bayern München die Freigabe erteilt, aus dem Vertrag mit der Allianz Arena GmbH auszusteigen. Zudem erwartet die Stadt von den Löwen, dass sie den Verbleib im Olympiastadion langfristig zusagen. Es müsse ausgeschlossen sein, so Ude, dass der TSV 1860 das Olympiastadion nur als Zwischenlösung sehe und insgeheim weiter auf eine Rückkehr ins Grünwalder Stadion hoffe. Außerdem muss Ude zufolge geklärt sein, dass die Allianz-Arena weiterhin auf kulturelle Events verzichtet, um dem ohnehin mit Steuergeld subventionierten Olympiapark keine Konkurrenz zu machen. Die jetzigen Verträge sehen vor, dass in der Arena keine Kulturevents stattfinden dürfen und dass es im Olympiastadion keinen Profifußball geben sollte. Damit wären laut bisheriger Vertragslage im Olympiastadion nur Freundschafts- oder Jubiläumsspiele möglich. Erste Gespräche zwischen den Löwen und Olympiapark-Chef Ralph Huber gab es bereits. Ude selber will sich mit Löwen-Vize Franz Maget nach den Osterferien treffen und die weiteren Details besprechen. Im Stadtrat würde es für die Fußball-Lösung durchaus eine Mehrheit geben, sagte Ude, "weil sie sinnvoller und angemessener wäre als der Motorsport". Ude sagte, er habe in seinen Gesprächen mit dem FC Bayern den Eindruck gewonnen, "dass er gesprächsbereit ist". Die Löwen allerdings haben mit den Bayern aber offenbar dahingehend noch keinen Kontakt gesucht. Der Stadtrat hat zwar schon voriges Jahr genehmigt, dass im Olympiastadion von 2011 an Rennen der Deutschen Tourenwagen-Masters (DTM) stattfinden sollen. Der Umbau des Stadions sollte bereits im Mai beginnen. Dazu gehört der Einbau eines bis zu 600 Meter langen, mit Schikanen versehenen Rundkurses. Auch der natürliche Rasen sollte den Autos weichen und durch einen leichter zu pflegenden Kunstrasen ersetzt werden.
Raus aus der Arena? Münchens Oberbürgermeister Christian Ude sieht gute Chancen, dass der TSV 1860 ins Olympiastadion zurückkehrt.
https://www.sueddeutsche.de/sport/formel-1-michael-schumacher-ungebremst-in-die-lernkurve-1.11072
sport
Formel 1: Michael Schumacher - Ungebremst in die Lernkurve
00/04/2010
Michael Schumacher ist ein analytischer Mensch. Die Freude am Fahren hat ihn zurück in die Formel 1 gelockt, die aber macht sich immer auch an Ergebnissen fest. In den ersten zwei Rennen wurde Schumacher Sechster und Zehnter, im dritten fiel er aus. Ähnlich mäßig ist er in den 16 Jahren, die er bislang in der Serie antrat, erst einmal gestartet: 2005, als er nach fünf Titeln mit Ferrari, den Champion-Status an Fernando Alonso verlor. Weil die Rennen lang sind und für einen glücklichen Ausgang immer auch etwas Fortune vonnöten ist, taugt der Punktestand alleine noch nicht, um Schumacher einen Stotter-Start zu attestieren. In Australien wurde er in der ersten Kurve in eine Kollision verwickelt, zu der er nichts konnte. Und auch die lose Radmutter, die in Malaysia eine Punktefahrt verhinderte, ist Schumacher nicht anzulasten. Ein Trend aber fällt auf: Am Start parkte der 41-Jährige bisher jedes Mal hinter seinem 17 Jahre jüngeren Teamkollegen Nico Rosberg. So eine schwarze Serie hat es in Schumachers langer Formel-1-Zeit vorher nur einmal gegeben: 2003 ließ ihn Rubens Barrichello in England, Deutschland und in Ungarn dreimal nacheinander in der Qualifikation im Ferrari hinter sich. In Sepang musste Schumacher hinter Rosberg Aufstellung beziehen, weil er auf der nassen Piste in seiner zweiten flotten Runde attackieren wollte. Dummerweise spielten da die Regenreifen nicht mehr mit, die sich während Schumachers dreijähriger Pause stark verändert haben. "Das wird mir nicht noch einmal passieren", versprach der einstige Seriensieger erstaunlich gelassen, er lerne noch. Lernkurve ist eines der Schlüsselworte, das oft fällt, wenn es in der Formel 1 um die Leistung der Fahrer geht. Fehler dürfen sein. Aber jeder darf nur einmal vorkommen. Diese Formel gilt auch für Schumacher. Noch erfüllt er sie, mit jedem Streich, der Rosberg glückt, wird aber auch genauer hingeschaut. Bild führt schon das Wort "Ultimatum" in den Überschriften - und TV-Experte Niki Lauda sagt über Schumacher, der Europa-Auftakt Anfang Mai in Barcelona "ist die absolut klare Grenze: Dort wird man sehen, wo er angekommen ist". Das Ende der Schonzeit rückt näher.
Der Frust sitzt tief: Bislang wartet Michael Schumacher in seiner Comeback-Saison vergeblich auf Erfolge. Er ist gewarnt: Viele Fehler dürfen ihm nicht mehr passieren.
https://www.sueddeutsche.de/sport/hamburger-sv-guerrero-attackiert-zuschauer-1.9532
sport
Hamburger SV - Guerrero attackiert Zuschauer
00/04/2010
Lange war Paolo Guerrero vom Hamburger SV erfolglos durch die Abwehrreihen von Hannover 96 geirrt. Auf dem Weg in die Kabinen startete er den letzten Angriff des Tages, und in ihm entlud sich der komplette Frust des peruanischen Stürmers. Er stoppte beim Verlassen des Platzes unmittelbar vor dem Eingang zur Arena und warf mit einer Trinkflasche auf einen Zuschauer. Der Mann wurde voll im Gesicht getroffen. Offenbar war dem Wurf eine Beleidigung vorausgegangen. "Da muss man seine Emotionen im Griff haben. Von Vorbildfunktion brauche ich erst gar nicht zu reden", sagte DFB-Sportdirektor Matthias Sammer in der Sendung Sky 90. Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) dürfte Ermittlungen aufnehmen. HSV-Vorstandschef Bernd Hoffmann kündigte eine Bestrafung für Guerrero an: "Egal welchen Wortwechsel es da gegeben hat. Das ist eine Aktion, die ist völlig unakzeptabel. Es wird entsprechende Konsequenzen geben." Detailliert wollte sich Hoffmann zur Reaktion des Fußball-Bundesligisten jedoch nicht äußern. Man müsse die Aktion des Peruaners im Gesamtzusammenhang beurteilen, so Hoffmann. HSV-Torhüter Frank Rost nahm seinen Teamkollegen sogar in Schutz: "Unterm Strich macht er das nicht grundlos. Da hat er gut getroffen." Die Emotionen durch das 0:0, nach dem der HSV im Kampf um die Europa-League-Plätze nur noch einen Punkt Vorsprung auf die Konkurrenten aus Stuttgart und Frankfurt aufweist, kochten schon während der Begegnung hoch, als sich die Spieler gellende Pfiffe für die dürftige Leistung anhören mussten. Die wachsende Kluft zwischen Fans und Mannschaft äußerte sich auch in den deutlichen Worten des Hamburger Spieler Dennis Aogo: "Klar sind wir nicht zufrieden. Wir hätten uns heute aber etwas mehr Unterstützung gewünscht. Nach einer Viertelstunde gab es schon die ersten Pfiffe. Jeder, der etwas von Fußball versteht, hat doch gesehen, dass sich Hannover mit zehn Mann hinten reingestellt hat. Da ist es sehr schwer." Drei Tage nach dem Hinspiel im Europa-League-Viertelfinale gegen Standard Lüttich hatte sich bei der Mannschaft von Trainer Bruno Labbadia wieder Bundesliga-Lethargie eingeschlichen. Wenig war von den Ankündigungen zu sehen, den Schwung des 2:1-Sieges gegen die Belgier mitzunehmen. Die Hanseaten traten über weite Strecken der ersten Halbzeit ähnlich uninspiriert und gemächlich auf wie bei der peinlichen Niederlage vor einer Woche in Mönchengladbach. Auch in Überzahl nach einem Platzverweis an Jiri Stajner (59.)fiel den Gastgebern gegen die schwächste Abwehr der Bundesliga nicht viel ein. Immerhin bekamen die Hamburger eine gute Lehrstunde, wie sie am kommenden Donnerstag im Rückspiel der Europa-League bei Standard Lüttich agieren könnten. Dann würde ein 0:0 zum Halbfinaleinzug reichen - und die bitter enttäuschten HSV-Fans versöhnen.
Die trostlose Vorstellung des Hamburger SV gegen Hannover 96 gipfelt in einem Flaschenwurf des HSV-Stürmers Paolo Guerrero gegen einen Fan aus den eigenen Reihen.
https://www.sueddeutsche.de/sport/zweite-bundesliga-thurk-rettet-einen-punkt-1.17274
sport
Zweite Bundesliga - Thurk rettet einen Punkt
00/04/2010
Die Aufstiegsaspiranten 1. FC Kaiserslautern und FC Augsburg haben Federn gelassen, Rot-Weiß Oberhausen, Energie Cottbus, Hansa Rostock und die TuS Koblenz feierten im Kampf um den Klassenerhalt in der 2. Fußball-Bundesliga wichtige Siege. Der FC Kaiserslautern kassierte mit dem 1:2 (1:0) bei RWO die erste Niederlage nach zehn Spielen, hat nach dem 29. Spieltag mit 61 Punkten aber weiter einen komfortablen Vorsprung von sieben Zählern auf den Dritten Augsburg. Der FCA (54 Punkte) kam nicht über ein 1:1 (0:1) gegen die SpVgg Greuther Fürth hinaus. Im Spitzenspiel am Montag gegen den Zweiten FC St. Pauli (20.15 Uhr/live bei Sky und im DSF) kann Aufsteiger Fortuna Düsseldorf mit einem Sieg den Rückstand auf Augsburg auf fünf Punkte reduzieren. Mit 37 Punkten hat Oberhausen wohl den entscheidenden Schritt in Richtung Liga-Verbleib gemacht. Das Gleiche trifft auf Cottbus zu, das nach einem 2:1 (2:1) bei 1860 München punktgleich mit RWO ist. Rostock hat nach einem 2:0 (1:0) gegen Alemannia Aachen nun drei Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang 16. Dort steht immer noch der FSV Frankfurt (29 Punkte), der trotz Führung 1:2 (0:0) bei Arminia Bielefeld verlor. Die Hessen haben nun Koblenz wieder im Nacken - die Mannschaft von Trainer Petrik Sander gewann 2:1 (0:1) gegen den SC Paderborn und hat nun 27 Zähler auf dem Konto. Abgeschlagen ist hingegen Rot Weiss Ahlen (21) auf dem letzten Rang nach einem 0:1 am Samstag gegen den MSV Duisburg. Aufsteiger Union Berlin und der Karlsruher SC hatten sich 1:1 getrennt. Erik Jendrisek (29.) brachte Kaiserslautern mit seinem 14. Saisontor in Führung. Doch Moritz Stoppelkamp (61.) mit seinem neunten Treffer in der laufenden Spielzeit und RWO-Kapitän Markus Kaya (76.) mit einem verwandelten Foulelfmeter sorgten für die Wende zugunsten der Gastgeber. Vor 10.080 Zuschauern in Oberhausen blieb der FCK weit unter seinen Möglichkeiten. Zwar waren die Roten Teufel die spielerisch bessere Mannschaft, kamen aber kaum zu Chancen und wurden am Ende bestraft. Torjäger Michael Thurk bewahrte Augsburg vor dem zweiten schweren Rückschlag im Aufstiegskampf. Der 33-Jährige erzielte mit seinem 22. Saisontor den Treffer zum glücklichen Ausgleich gegen die SpVgg Greuther Fürth. Neben Thurk verhinderte auch Torwart Simon Jentzsch eine Woche nach dem 0:4 in Aachen eine weitere Niederlage, als er in der 82. Minute einen Foulelfmeter von Sami Allagui parierte. Augsburg spielte nach einer Gelb-Roten Karte gegen den Fürther Marino Biliskov (44., wiederholtes Foulspiel) sogar eine Halbzeit lang in Überzahl.
Torjäger Michael Thurk bewahrt Augsburg vor Rückschlag im Aufstiegskampf, 1860 München verliert gegen Cottbus, Oberhausen bezwingt Spitzenreiter Kaiserlautern überraschend.Die Zweite Liga.
https://www.sueddeutsche.de/sport/formel-1-ein-zeigefinger-gegen-24-gasfuesse-1.8718
sport
Ein Zeigefinger gegen 24 Gasfüße
00/04/2010
Als Werbegag wäre die Aktion ein Erfolg gewesen: minimaler Aufwand, ziemlich viel Wirbel. Seit Formel-1- Fahrer Lewis Hamilton vorvergangene Woche in Melbourne die Reifen seines Autos unmittelbar neben einer Polizeistreife durchdrehen ließ und die Beamten Mann und Wagen festsetzten, wissen fachkundige Beobachter, welches Gefährt der bisher jüngste Weltmeister privat bewegt: ein schnelles der deutschen Marke, die sich mit einem Stern ziert. Das Tempolimit von 100 km/h, das im Bundesstaat Victoria gilt, ist schnell erreicht, wenn man die Kraft von 500 Pferden unter der Haube hat, das hat auch Ferrari-Fahrer Fernando Alonso erlebt. Vom Spanier kursiert ein Filmchen im Internet, das ihn beim fröhlichen Temposündigen zeigt. Was er dazu sagt? "Das Internet ist manchmal eine sehr schlechte Sache." Formel-1-Fahrer und Verkehrsregeln - da prallen Extreme aufeinander. Wer bei seinem Sport stets ans Maximum getrieben wird, hat offenbar Mühe, Limits zu akzeptieren. Der Kolumbianer Juan Pablo Montoya wurde einst auf einer Autobahn mit 238 km/h erwischt, auf der 130 erlaubt waren. Kimi Räikkönen fiel in Finnland einmal mit einem Anhänger im Schlepp auf, obwohl ihm dafür der Führerschein fehlte. Weil sich die Strafzettel in dem Land nach dem Einkommen richten, war das ein teurer Spaß. Mit derlei Verfehlungen soll jetzt Schluss sein. Jean Todt, der neue Präsident des Automobilweltverbandes, der auch die Formel 1 dirigiert, hat die Aktion "Make roads safe" gestartet. Und zu sicheren Straßen gehört offenbar, die Helden der Rennstrecke dort in Fesseln zu schlagen. Todt plant eine Benimm-Fibel für Rennfahrer, in der steht, was sich gehört. Vor allem aber: was sich nicht gehört. In der Szene hat das für Kopfschütteln gesorgt. Ein erhobener Zeigefinger gegen 24 Gasfüße - auf den ersten Blick ist klar, wie diese Machtprobe ausgeht. Aber den 64-Jährigen sollte niemand unterschätzen. Todt hegt Ambitionen in seinem Amt, und er hat ein sehr persönliches Motiv, den Rowdys ihre Flausen auszutreiben. In den Neunzigern war er Teamchef bei Ferrari, und kaum war er das geworden, hatten die von ihm eingestellten Piloten Jean Alesi und Gerhard Berger seinen privaten Lancia, den sie sich ungefragt geliehen hatten, auf dem kurzen Weg zwischen der Fabrik und der Teststrecke zerstört. Alessi hatte etwas zu viel Gas geben, Berger gleichzeitig ein bisschen zu stark an der Handbremse gezogen. Daraufhin überschlug sich das Auto. So schnell kann's gehen.
Hamilton, Alonso, Montoya: Rennfahrer und Verkehrsregeln - da prallen Extreme aufeinander. Eine Benimmfibel soll sie nun bremsen.
https://www.sueddeutsche.de/digital/israel-einfuhrverbot-ipad-ist-nicht-koscher-1.11651
digital
Israel: Einfuhrverbot - iPad ist nicht koscher
00/04/2010
Israels Kommunikationsministerium hat die Einfuhr des neuen iPad-Computers von Apple verboten. Begründet wurde dies damit, dass die Technologie zum drahtlosen Verbinden mit dem Internet nicht mit israelischen Standards übereinstimme, heißt es in einem Bericht der Tageszeitung Haaretz. Wer dennoch mit einem im Ausland gekauften Tabletcomputer einreist, riskiert den Verlust des Geräts. Seit Ostern gibt es den Tabletcomputer von Apple in den Vereinigten Staaten. In einer Woche sind 500.000 Geräte verkauft worden. Die Nachfrage sei in den USA so groß, teilte Apple am Mittwoch mit, dass das iPad andernorts später als geplant erhältlich sein soll. "Am 10. Mai werden wir sowohl die internationalen Preise bekanntgeben als auch mit der Möglichkeit zur Vorbestellung beginnen", heißt es. In Deutschland ist das Gerät nun Ende Mai zu haben, geplant war bislang Ende April. Wer es vorher in den Händen halten will, kann es im Internet ersteigern: Importgeräte kosten derzeit etwa das Doppelte des US-Listenpreises. Auch die technikverliebten Israelis wollen nicht warten: Ein aus den USA eingereister Israeli berichtet, dass sein iPad nun eingezogen worden sei, als er beim Zoll die Einfuhrgebühr bezahlen wollte. Die Beamten verwiesen ihn auf das Kommunikationsministerium, wo er um Rückgabe nachsuchen sollte. Dort jedoch habe man ihm gesagt: "Es ist verboten, iPads nach Israel zu bringen. Schicken Sie ihn einfach in die USA zurück." Nun liege sein Gerät bis auf weiteres in einem Lagerhaus des Zolls und er müsse für jeden Tag Gebühren zahlen. Ein Zoll-Sprecher am Flughafen von Tel Aviv bestätigte, dass allein am Dienstag zehn iPads beschlagnahmt worden seien. Das ist eine große Enttäuschung für die Israelis - allerdings keine ungewohnte. Denn auf das iPhone hatten sie ebenfalls lange warten müssen. Beim Apple-Handy erteilte das zuständige Ministerium spät eine Genehmigung. Mit zweijähriger Verspätung gab es das Gerät in Israel offiziell Ende 2009. Da gab es Schätzungen zufolge bereits 80.000 bis 100.000 iPhones im Land - alle illegal importiert. Auch damals hatte das Ministerium den Importeur abgewehrt und erklärt, das Gerät entspreche zwar amerikanischen, aber nicht europäischen Standards, die den israelischen ähneln. Im Falle des iPad forderte das Kommunikationsministerium nun vom Unternehmen iDigital, das in Israel die Apple-Geräte vertreibt, alle Informationen über das iPad. Dem Haaretz-Bericht zufolge soll der Minister Mosche Kalon nicht über das von seinem Haus verhängte Importverbot informiert worden sein - was einen Aufruhr im Ministerium zur Folge gehabt hätte.
Israel hat die Einfuhr des neuen iPads verboten, weil die Technologie nicht mit israelischen Standards übereinstimme. Wer mit iPad einreist, riskiert den Verlust.
https://www.sueddeutsche.de/digital/microsoft-drahtlos-in-seattle-1.23589
digital
Microsoft - Drahtlos in Seattle
00/04/2010
Vergangene Woche noch wurde ein Geheimnis um den neuen Posten von Achim Berg gemacht. Der 46-Jährige, bislang Chef der deutschen Microsoft-Niederlassung, werde in die US-Zentrale wechseln, hieß es nur. Am Dienstag nun gab der Softwarekonzern bekannt, dass Berg in der Mobiltelefonsparte eine entscheidende Rolle spielen wird. Er soll für die Weiterentwicklung der Windows-Telefone zuständig sein - ein Schlüsselbereich, in dem der Konzern den Anschluss verloren hat. Telefonieren: Nebensache Bislang bietet Microsoft sein mobiles Betriebssystem an, das wie das Pendant auf den Arbeitsplatzrechnern Windows heißt. Die Handys werden von Partnern wie HTC, Dell oder Samsung hergestellt. Doch gegen die schicken Multifunktionsgeräte von Google oder Apple kommt Microsoft damit kaum an. Am Montagabend hat das Unternehmen die ersten eigenen Handys vorgestellt, die den Namen Kin tragen, zu deutsch: Familie oder Sippe, und für die Generation Internet gemacht sein sollen. Telefonieren ist bei Kin Nebensache. Internetdienste stehen im Vordergrund. Eine jüngere Zielgruppe kann auf den Geräten etwa Einträge beim Online-Treff Facebook verfolgen oder Twitter-Nachrichten verschicken. Der große Wurf ist Microsoft mit Kin allerdings nicht gelungen, darin sind sich die Kommentatoren im Internet einig. Berg wird also einiges zu tun haben in seinem neuen Job: Der komplexe Titel "Corporate Vice President Mobile Communications Business & Marketing" steht künftig auf seiner Visitenkarte - übersetzt heißt das in etwa Verantwortlicher für Geschäftsentwicklung und Marketing im Bereich Mobilkommunikation. Beim Projekt Kin war er noch nicht beteiligt. Anfang Mai tritt er den Posten in der Microsoft-Zentrale in Redmond an und wird dann das Marketing aller Windows-Phones-Aktivitäten verantworten - auch das von Kin. Künftig noch reibungsloser Der Job ist dem Diplom-Informatiker, Amateur-Rallye-Fahrer und Fan der neuesten Technikspielzeuge auf den Leib geschneidert. Im Rheinland hat Berg in einem "Smart Home" gelebt: In seinem Haus konnte er die Temperatur der Heizung von unterwegs steuern oder durch einen Blick aufs Handy sehen, wer vor der Haustür steht. Das Haus ist ein Überbleibsel aus den Tagen, als Berg noch im Vorstand der Deutschen Telekom saß. Dort war er für das Festnetz zuständig. Zuvor arbeitete er in der PC-Branche bei Fujitsu Siemens, Dell und Bull. Nun zieht Berg in die USA. Zunächst wird er pendeln, Mitte August soll die Familie umziehen. "Diese Entscheidung hat mich manche schlaflose Nacht gekostet", schreibt er in seinem internen Microsoft-Blog. "Ich gebe zu, dass ich doch sehr in Deutschland verwurzelt bin." Dabei kennt er das Terrain: Zurzeit ist er wieder in den USA, um das nächste Geschäftsjahr für Microsoft zu planen - zusammen mit Ralph Haupter, den Berg seinen Freund nennt und der nun sein Nachfolger in Deutschland wird. Die neue Position hat Berg neben seiner Expertise den Kontakten zu Microsoft-Chef Steve Ballmer zu verdanken. Erst kürzlich sagte Berg im SZ-Interview: "Jedes Mal, wenn Steve nach Deutschland kommt, joggen wir gemeinsam um sechs Uhr morgens. Er stellt kurze Fragen und rennt immer schneller. Ich habe eine halbe Stunde Zeit, nebenherzuhecheln und zu antworten. So holt er sich seine Informationen." Dieser Informationsfluss wird künftig noch reibungsloser verlaufen.
Aus dem "Smart Home" in die USA: Microsoft holt Deutschland-Chef Achim Berg in die Zentrale. Er soll den Konzern im Handygeschäft nach vorne bringen.
https://www.sueddeutsche.de/digital/britisches-internetgesetz-hier-sperrt-der-minister-1.15847
digital
Britisches Internetgesetz - Hier sperrt der Minister
00/04/2010
Im Vorfeld war viel geredet worden, doch am Ende ging es ganz schnell: Die Debatte am späten Mittwoch dauerte gerade einmal zwei Stunden, dann war die "Digital Economy Bill" verabschiedet - ein äußerst umstrittenes Gesetz, das den Umgang mit illegalen Downloads und die Wahrung des Urheberrechts im Internet zeitgemäß regeln soll. Bürgerrechtler hatten in den vergangenen Monaten gegen das Gesetz mobil gemacht, da sie die Einführung einer Three-Strikes-Law fürchteten, wie sie es bereits in Frankreich gibt. Wer dort urheberrechtlich geschütztes Material im Netz verbreitet, kann nach zwei Warnbriefen mit der Abschaltung des Internetanschlusses bestraft werden. Diese Regelung wurde im Vorfeld aus dem Entwurf gestrichen, um in abgeschwächter Form wieder aufgenommen zu werden. Internetprovider sind nun verpflichtet, bei Hinweisen auf Urheberrechtsverstöße Nutzern Warnhinweise zu schicken und die Anschlussdaten an die Rechteinhaber weiterzugeben. Zwölf Monate Schonfrist Ein Jahr lang soll gemessen werden, ob diese Warnungen tatsächlich zu einem Rückgang illegaler Downloads führen. Sollte dies nicht der Fall sein, kann die unabhängige Regulierungsbehörde Ofcom auch "technische" Sanktionen gegen die Kunden anordnen. Diese können aus einer Drosselung der Internetgeschwindigkeit, aber auch aus einem Kappen der Verbindung bestehen. Bürgerrechtler sehen ein mögliches Abschalten von Internetabschlüssen kritisch: So könnten bei Internetzugängen, die von mehreren Menschen genutzt werden, Unbeteiligte bestraft werden. Auch die Regeln für ein Abschaltprocedere sind im verabschiedeten Gesetz offen gelassen - fest steht nur, dass der Kunde ein Recht hat, bei einer unabhängigen Stelle Widerspruch gegen eine Sperrung einzulegen.
Kurz vor den Wahlen verabschiedet das britische Parlament ein umstrittenes Internetgesetz: Filesharern drohen heftige Sanktionen, der Wirtschaftsminister darf Internetseiten blocken.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/unbezahlte-jobs-fuer-absolventen-praktikant-mit-doktortitel-1.24385
karriere
Unbezahlte Jobs für Absolventen - Praktikant mit Doktortitel
00/04/2010
Kaffee kochen für den Chef oder schuften bis zum Umfallen für lau - ein Praktikum kann frustrierend sein - besonders für Absolventen, die bereits einen Uni-Abschluss in der Tasche haben. Ganz unten auf der Berufsleiter ins Berufsleben einzusteigen ist für viele eine Notlösung. Finden sie auf andere Weise keinen regulären Job, ist ein Praktikum womöglich ein guter Türöffner. Werden sie aber als billige Aushilfskraft eingesetzt, verschwenden sie bloß ihre Zeit. Traurig und ungerecht "Ich kann die Enttäuschung nachvollziehen, wenn man gezwungen ist, nach dem Studium noch ein kostenloses Praktikum zu machen", sagt der Bewerbungsberater Gerhard Winkler aus Berlin. "Aber so traurig und ungerecht es ist, wenn Firmen die Zwangslage von Jobsuchenden ausnutzen - es bleibt einem oft gar nichts anderes übrig." Jessica Heyser vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sieht das anders. Sie empfiehlt Uni-Absolventen mehr Selbstbewusstsein gegenüber Arbeitgebern. "Ein Praktikum nach dem Studium sollte man nur machen, wenn man gar keinen anderen Ausweg weiß." Laut einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans Böckler Stiftung aus dem Jahr 2007 machen 37 Prozent der Absolventen nach dem Studium noch ein Praktikum. Vor allem in Kreativberufen ist ein langer Atem nötig, um den ersehnten Job zu bekommen. Das gilt für Kultureinrichtungen wie Museen, aber auch die Medien und die PR-Brache. Euphorie hilft nur kurz gegen den Frust Gerade kreative Köpfe sind oft hochmotiviert, wenn sie von der Uni kommen. Nach Jahren der Theorie wollen sie ihre Ideen endlich in der Praxis umsetzen - und akzeptieren dann schlechte Arbeitsbedingungen. "Viele gieren regelrecht danach, endlich etwas machen zu können", sagt Achim Baum von der Fachhochschule Osnabrück. Der Professor für Public Relations und Journalismus unterstützt Studenten seit Jahren bei Fragen rund ums Praktikum. Euphorie reicht nicht Ist die erste Euphorie verflogen, kommt oft die Ernüchterung. Baum war es eines Tages leid, dass seine Studenten immer wieder von schlechten Praktikums-Bedingungen erzählten. 2004 rief er gemeinsam mit Studenten die Deklaration Praktikum ins Leben: Unternehmen einigten sich mit der Hochschule auf faire Bedingungen für Hospitanten. "Unsere Studenten wählen sehr sorgfältig aus. Und wenn sie sehen, dass ein Unternehmen nicht akzeptable Bedingungen bietet, dann nehmen sie ein Praktikum dort nicht an", erklärt der Professor.
Sprungbrett oder Sackgasse? Dass Absolventen nach dem Studium unbezahlte Praktika absolvieren, ist beinahe schon normal. Sinnvoll ist es nur manchmal.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/herausforderung-neuer-job-per-du-mit-dem-platzhirsch-1.151168
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Herausforderung neuer Job - Per du mit dem Platzhirsch
00/04/2010
Hält man nach einem nervenaufreibenden Bewerbungsgespräch einen Arbeitsvertrag in der Hand, ist das Schlimmste überstanden. Denkt man - bis man am ersten Tag zwischen lauter feindseligen Kollegen steht und nicht weiß, was zu tun ist. sueddeutsche.de verrät, wie man die ersten 100 Tage im neuen Job unversehrt übersteht. Die Überlebenstipps in Bildern. 1. Tag: Augen zu und durch Es gibt nichts schönzureden, der erste Tag im neuen Job ist meist die Hölle. Daran werden auch die schönsten Motivationssprüche nach dem Aufstehen nichts helfen. Also am besten die eigenen Erwartungen runterschrauben und sich selbst keine zu hohen Ziele stecken. Jetzt geht es erst einmal darum, sich zu orientieren. Und scheinen einen die neuen Kollegen zu ignorieren, nicht persönlich nehmen. Die sind wahrscheinlich einfach nur gestresst. Wer jetzt überall reinplatzt und erwartet, die Welt drehe sich nur um ihn, hat schlechte Karten. Am besten freundlich und zurückhaltend auftreten und sich im Sekretariat einen Überblick verschaffen. Foto: iStock
Feindselige Kollegen und unbekannte Strukturen: Die erste Zeit im neuen Job bringt auch die Härtesten an ihre Grenzen. sueddeutsche.de verrät, wie man sie unversehrt übersteht. Überlebenstipps in Bildern.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/job-ausblick-2009-der-ultimative-karriereplaner-1.361322
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Job-Ausblick 2009 - Der ultimative Karriereplaner
00/04/2010
Januar: Das Zielvereinbarungsgespräch Wer an Silvester gute Vorsätze für das neue Jahr gefasst hat ("Endlich befördert werden - und hart dafür arbeiten"), nimmt sie bestenfalls im Januar noch ernst. Das weiß auch Ihr Vorgesetzter: Deshalb legt er - strategisch sehr geschickt - das Zielvereinbarungsgespräch in die ersten Wochen des Jahres. Da ist der Mitarbeiter noch motiviert und bereit, sich auf allerhand Sonderprojekte und -aufgaben festnageln zu lassen. Doch Vorsicht: Man sollte sich nur gut vorbereitet in die Verhandlung begeben. Blauäugige sehen sich schnell mit unmöglichen Vorgaben à la "Verdopplung des Jahresumsatzes schon im ersten Quartal" konfrontiert. Deshalb: Legen Sie nur solche Ziele fest, von denen Sie absolut sicher sind, sie auch zu erreichen - und verpacken Sie das so geschickt, dass Ihr Chef dennoch beeindruckt ist. Wenn "Absolute Erfüllung der Just-in-Time-Vorgabe und bedarfsynchroner Arbeitsbeginn" zum Beispiel nur bedeutet, dass Sie pünktlich zu erscheinen haben, wäre dieses Problem gelöst. Bild: iStock
Rezession, Jobabbau, Wirtschaftskrise? sueddeutsche.de sagt Ihnen, wie Sie trotzdem unbeschadet durch das Jahr 2009 kommen - und Monat für Monat die Karriereleiter hochklettern.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/schulfach-mathematik-lehrer-gescheitert-an-den-hausaufgaben-1.11324
karriere
Schulfach Mathematik - Lehrer, gescheitert an den Hausaufgaben
00/04/2010
Manche deutschen Grundschüler erhalten Mathe-Unterricht, dessen fachliches Niveau mit jenem in Botswana oder auf den Philippinen vergleichbar ist. Andere bekommen hingegen einen Mathe-Lehrer mit ausgezeichneten fachlichen Fähigkeiten. Beeinflussen können das weder die Schüler noch deren Eltern. Es hängt nämlich davon ab, ob der Klassenlehrer während seines Studiums speziell das Fach Mathematik belegt hat. Das ist eines der Ergebnisse der internationalen Vergleichsstudie TEDS-M, einer Art Pisa-Studie für angehende Mathe-Lehrer. Insgesamt 20.000 ausgebildete Lehrer aus 17 Ländern sind dafür am Ende ihres Studiums getestet worden. Sie mussten einerseits mathematische Aufgaben lösen und andererseits didaktische Wege beschreiben, wie man komplizierte Inhalte den Schülern am besten vermitteln kann. Für Deutschland zeigt die Studie enorme Qualitäts-Unterschiede in der Lehrerausbildung. Die Forscher der Humboldt-Universität Berlin und der Universität Hamburg haben 98 verschiedene Ausbildungswege festgestellt, die in Deutschland zu einem Lehramt führen. In den meisten deutschen Bundesländern kann ein Grundschullehrer auch ohne Mathematik-Schwerpunkt im Studium später in der Grundschule Mathe unterrichten - in Berlin können Lehramtsstudenten das Fach sogar völlig weglassen. Beides ist international die Ausnahme. "Mit ihrem überwiegend noch aus der Schule stammenden Wissen können diese Lehrer kaum erfolgreich Mathematikunterricht durchführen", sagte die Studienleiterin Sigrid Blömeke. "Dabei ist Mathe ein Schlüsselfach für die Berufschancen der Kinder." Ähnlich große Unterschiede stellten die Forscher bei jenen Lehrern fest, die Kinder ab der fünften Schulstufe unterrichten - sie wurden getrennt von den Grundschullehrern getestet. Die angehenden deutschen Gymnasiallehrer schneiden dabei hervorragend ab, sie liegen weit vor europäischen Staaten wie Norwegen, Polen oder der Schweiz. Die Haupt- und Realschullehrer bekämen hingegen so dürftige Fach-Kompetenzen vermittelt, dass sie zum Teil selber Schwierigkeiten hätten, aufwendigere mathematische Aufgaben auf Schüler-Niveau zu lösen, stellt die Stude fest. Und auch bei den didaktischen Kompetenzen liegen sie durchgängig im Umfeld von Ländern wie Oman oder Malaysia. Norwegen schnitt allerdings noch schlechter ab. Auf potentielle Problemschüler würden in Deutschland also ungenügend ausgebildete Lehrer treffen, kritisierte Blömeke. "Das ist alarmierend." Es gebe einen engen Zusammenhang zwischen Lehrerkompetenz und Schülerleistung: Fachlich gute Lehrer führten in der Regel zu guten Schülern. Die Krux mit den zwei Fächern Für das fachliche Gefälle in deutschen Klassenzimmern nennen die Forscher zwei Gründe: Haupt- und Realschullehrer unterrichten meist zwei Fächer, während international nur ein Unterrichtsfach üblich ist - und das bei einer vergleichbaren Studiendauer. Der zweite Grund: Die besten Schulabgänger würden sich heutzutage für das Gymnasial-Lehramt entscheiden, nicht für eine Karriere an Haupt- oder Realschulen. Co-Autorin Gabriele Kaiser sagte: "Es möchte heute fast niemand mehr Hauptschullehrer werden." Josef Kraus, Präsident des deutschen Lehrerverbandes, sieht das als Problem. "Wir müssen wieder dafür sorgen, dass wir die Spitzenabiturienten für den Lehrerberuf begeistern können", sagte er der Süddeutschen Zeitung.
Im Fach Mathematik zeigt eine Studie enorme Unterschiede bei den Kompetenzen - lediglich Gymnasialpädagogen schneiden hervorragend ab.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/beschaeftigungsverhaeltnis-das-ende-des-tarifvertrags-1.13489
karriere
Beschäftigungsverhältnis - Das Ende des Tarifvertrags
00/04/2010
Branchenbezogene Tarifverträge verlieren in Deutschland an Bedeutung. Im vorigen Jahr arbeiteten nur 52 Prozent der Beschäftigten in Betrieben, für die ein Branchentarifvertrag galt. Dies zeigen Daten des jüngsten Betriebspanels des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Das IAB befragt seit 1996 jährlich etwa 15.000 Betriebe zur Tarifbindung. Die Erhebung gilt als einzige repräsentative Datenquelle, die entsprechende Auskünfte in einer langen Zeitreihe für die Gesamtwirtschaft liefert. Die Zahl der tarifgebundenen Betriebe ist sowohl in West- wie in Ostdeutschland seit 1996 stark zurückgegangen. 1996 arbeiteten in Westdeutschland 70 Prozent der Beschäftigten in Betrieben, in denen ein Branchentarifvertrag galt. Im vorigen Jahr waren es dagegen nur noch 56 Prozent. In Ostdeutschland sank diese Tarifbindung von 56 auf 38 Prozent. Da sich einige Unternehmen aber am jeweiligen Branchentarifvertrag orientierten, profitierten etwa 20 Prozent der Arbeitnehmer indirekt von den Vereinbarungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern, ergab die IAB-Auswertung außerdem. Das sind 19 Prozent der westdeutschen und 24 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten. Nur noch Rahmenvereinbarungen Für weitere neun Prozent der westdeutschen und 13 Prozent der ostdeutschen Arbeitnehmer galt ein zwischen Betrieb und Gewerkschaft abgeschlossener Firmentarifvertrag. Doch mehr als ein Drittel der Beschäftigten im Westen und fast die Hälfte der Arbeitnehmer im Osten arbeiten in Betrieben, die sich an keinem Tarifvertrag orientieren. Dass die einst dominierende Rolle von Branchentarifverträgen nachgelassen hat, liege mitunter an der sogenannten "Verbetrieblichung", so die IAB-Arbeitsmarktforscher Peter Ellguth und Susanne Kohaut. In den Tarifverträgen würden zunehmend nur noch Rahmenvereinbarungen getroffen, die von den Betriebsparteien konkretisiert würden, schreiben sie in einem Beitrag in den WSI-Mitteilungen, dem Fachblatt des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung. Mittlerweile seien auch in Branchentarifverträgen oft sogenannte Öffnungsklauseln enthalten, die den Betriebsparteien viele Möglichkeiten ließen. Oft sind Zeitpunkt und Höhe einer Lohnsteigerung an die wirtschaftlichen Verhältnisse der Firmen gekoppelt. "Damit haben betriebsbezogene Regelungen und die betrieblichen Interessenvertretungen an Bedeutung gewonnen", kommentieren die Forscher. Das gesamte System der Lohnfindung sei somit vielschichtiger geworden.
Sicherheit ade: In Deutschland wird nur noch gut die Hälfte der Beschäftigten von einem Branchentarifvertrag geschützt.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/regensburg-ausbildung-zum-gladiator-nur-fuer-ganz-harte-1.10271
karriere
Regensburg: Ausbildung zum Gladiator - Nur für ganz Harte
00/04/2010
Antike Gladiatorenkämpfe faszinieren die Menschen seit Alters her. Das heutige Bild der Gladiatoren wird dabei oft bestimmt von monumentalen Hollywoodstreifen. Doch diese Heldenepen aus dem Kino über angeblich Tod-Geweihte haben wohl mit der Realität vor zwei Jahrtausenden wenig zu tun. An der Regensburger Universität soll deswegen im August ein Gladiatoren-Spektakel in Dienste der Wissenschaft starten. Einen Monat lang werden 20 Studenten aus unterschiedlichen Fakultäten wie Pompejis Gladiatoren in der Zeit um das Jahr 79 nach Christus hausen, essen und trainieren - 24 Stunden am Tag. Schon in den nächsten Monaten werden die Teilnehmer auf das ungewöhnliche Projekt vorbereitet. "Von den Gladiatoren wissen wir fast nichts", betont der Historiker und Projektleiter Josef Löffl. Mit dem Image der halsbrecherischen Wagenrennen aus Ben Hur kann er sich nicht anfreunden. "Damit sind viel Mythos und Klischees verbunden." Löffl und seine Forscher-Kollegen wollen der Sache auf den Grund gehen. Sie wollen herausfinden, wie diese römischen Kämpfer und antiken Entertainer lebten und ausgebildet wurden. Foto: dpa
30 Grad Hitze, wattierte Rüstungen und fünf Kilo Bronze auf dem Kopf: Die Universität Regensburg bildet im Sommer Gladiatoren aus - unter wissenschaftlicher Aufsicht. Das hält nicht jeder aus.
https://www.sueddeutsche.de/karriere/medizinstudium-roesler-will-numerus-clausus-abschaffen-1.6514
karriere
Medizinstudium - Rösler will Numerus clausus abschaffen
00/04/2010
"Ich plädiere für eine Abschaffung des Numerus clausus und für eine stärkere Berücksichtigung von Auswahlgesprächen", sagte Philipp Rösler der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Der Notendurchschnitt allein sage nichts darüber aus, ob jemand ein guter Arzt werde. "Ich finde, da kommt es noch auf ganz andere Faktoren an. So spielt die Fähigkeit zur menschlichen Zuwendung eine große Rolle." Der FDP-Mann gab keine Prognose darüber ab, wann ein anderes Zuteilungsverfahren für Studienplätze kommen könnte, da darüber die Bundesländer befinden müssten. "Ich würde die Umstellung gerne noch in dieser Legislaturperiode politisch auf den Weg bringen", betonte er jedoch. Einen erheblichen Ärztemangel befürchtet Rösler auf dem Land. Hier sei die "gefühlte Unterversorgung" viel größer, als es die Statistiken auswiesen. "Wenn wir jetzt nicht handeln, wird das Problem dramatisch schon in den nächsten zehn Jahren." Der Gesundheitsminister plädierte ferner für andere Arbeitszeit-Modelle von Ärzten, weil bereits 60 Prozent der Medizinstudenten weiblichen Geschlechts sind. Kliniken, die über Ärztemangel klagen, sollten den Klinikalltag anders organisieren, damit Halbtagsbeschäftigung von jungen Eltern möglich werde, schlug er vor. Rösler sieht weitergehende Privatisierungstendenzen in der medizinischen Versorgung nach eigenen Worten mit Sorge. "Zentren, in denen am Ende nicht Ärzte, sondern Betriebswirtschaftler das Sagen haben, sind nicht im Interesse der Patienten. Reines Renditestreben ist mit einer ethischen Gesundheitsversorgung nicht zu vereinbaren." Es müsse sichergestellt sein, "dass Entscheidungen über Therapien immer aus medizinischer Sicht gefällt werden können."
Der drohende Ärztemangel in Deutschland zwingt zum Umdenken: Nun will Gesundheitsminister Rösler den Zugang zum Medizinstudium erleichtern.
https://www.sueddeutsche.de/reise/staedtetipps-von-insidern-barcelona-viva-barcelona-1.159223
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Städtetipps von Insidern: Barcelona - Viva Barcelona!
00/04/2010
In Reiseführern finden Touristen "Städte-Klassiker", doch selten steht darin, wo der beste Platz für ein Picknick ist, wann ganz besondere Clubs einmal im Monat öffnen oder wo man die passende Kleidung dafür findet. So erging es auch Sanne und Bart van Poll, einem reisebegeisterten Ehepaar aus Amsterdam. Auf einer Städtetour durch Brüssel vor zwei Jahren beschlossen sie, die Lieblingsorte eines lokalen Bloggers aufzusuchen - und waren begeistert. Diese Plätze hätten sie bei ihrer Städtereise verpasst, wenn sie sich allein mit dem Reiseführer durchgeschlagen hätten. Das Erlebnis inspirierte sie zur Gründung des City-Blogs "Spotted by Locals" - mit weitreichenden Folgen für ihr persönliches Leben: Inzwischen hat das Paar seine Jobs gekündigt und reist. Schließlich treffen sich die van Polls mit jedem Einheimischen persönlich, bevor er für das Blog-Netzwerk schreibt. In 22 Städten Europas von London über Berlin und Madrid bis hin zu Ljubljana verraten Einheimische ihre Lieblingsplätze. Viele der Blogger sind unter 30 Jahre alt, aber auch über 50-Jährige sind vertreten - gemeinsam ist ihnen die Liebe zu ihrer Stadt. Für ihre aktuellen Insider-Tipps wurde Spotted by Locals bereits ausgezeichnet: 2009 mit dem Lonely Planet Award für den besten Reise-Blog einer Gruppe sowie 2008 mit dem Mashable Open Web Award in der Kategorie Reise. Für sueddeutsche.de haben die Spotter die besten Insidertipps für zehn Städte zusammengestellt, die in einer wöchentlichen Serie erscheinen. Im ersten Teil empfiehlt Spotted by Locals die besten Plätze für Kunst und sonstigen Genuss in Barcelona ... Foto: Sanne und Bart van Poll, Spotted by Locals
Ein Schwimmbad mit Panoramablick über die Stadt, Treffpunkte von Skatern und Künstlern und leidenschaftliche Barbesitzer - Blogger geben Insidertipps für Barcelona.
https://www.sueddeutsche.de/reise/staedtetipps-von-insidern-rom-dolce-vita-in-rom-1.133092
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Städtetipps von Insidern: Rom - Dolce Vita in Rom
00/04/2010
Boccone - Sandwich-Paradies "Wenn Sie ohnehin schon den Pantheon besuchen, legen Sie unbedingt noch einen Stop auf der hübschen Piazza di Pietra gleich in der Nähe ein. Abgesehen von den berühmten elf Säulen des Hadrian-Tempels gibt es noch einen anderen guten Grund für eine kurze Pause: Boccone, eine der besten Take-away-Möglichkeiten der Stadt. Die sehr freundlichen Bedienungen bereiten Panini von der Karte zu, die ungewöhnliche Kombinationen aus italienischen und internationalen Zutaten bietet. Oder man lässt sich ganz nach dem persönlichen Geschmack aus dem Angebot in der Theke ein Sandwich zusammenstellen, zum Beispiel mit Büffelmozzarella, frischem Lachs und Thunfisch, Kirschtomaten, Chicoreesalat, Rührei, sonnengetrockneten Tomaten und würzigem Käse. Dazu kann man verschiedene Brotsorten wählen und kaltgepresstes Olivenöl. Meine Favoriten sind 'Roma', 'Palermo' und 'Scilla' - yummy! P.S. Bei Boccone findet man außerdem eine Auswahl an Bier, kalten Getränken, frischen Salaten, Früchten und Suppen (in der kalten Jahreszeit). P.P.S. Es gibt keine Tische, zum Essen setzt man sich auf die Bank vor dem Laden." Piazza di Pietra, Innenstadt, Täglich von 10:00 - 19:30 Uhr Text: Barbara Marcotulli Foto: Alessondro Giuliani, Spotted by Locals
Wo Sie mehr essen werden, als je zuvor, wo es das beste Tiramisù der Stadt gibt und wie man durch die Zeit reist: Römer verraten ihre Lieblingsorte.
https://www.sueddeutsche.de/reise/staedtetipps-von-insidern-wien-wiener-melange-1.50619
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Städtetipps von Insidern: Wien - Wiener Melange
00/04/2010
In Reiseführern finden Touristen "Städte-Klassiker", doch selten steht darin, wo der beste Platz für ein Picknick ist oder wann außergewöhnliche Clubs öffnen. Der City-Blog 'Spotted by Locals' führt deshalb zu den Lieblingsorten lokaler Blogger. Für sueddeutsche.de haben Insider die besten Tipps für zehn Städte zusammengestellt. In dieser Woche verraten Wiener, welche Orte sie in ihrer Stadt lieben. Das Möbel - Einrichtung zum Ausprobieren "Beim Hineingehen fällt einem sofort auf, dass hier kaum ein Möbelstück zum anderen passt. Und an jedem hängt ein Preisschild, denn alle sind zum Verkaufen. Junge, aufstrebende Designer stellen ihre Möbel hier aus, in der Hoffnung, sie an den Mann zu bringen. Aber keine Sorge: Man muss deshalb nicht im Stehen essen und wird auch nicht belangt, wenn mal etwas vom Teller fällt. Als junges, hippes Lokal legt Das Möbel wert auf gesunde Snacks und eine große Bandbreite an ayurvedischen-, Bio- und Kräutertees sowie frisch gepresste Säfte. Die Öffnungs- (ab 10 Uhr) und Frühstückszeiten (bis 14 Uhr) machen vollends klar, welche Zielgruppe hier einkehrt: Studenten und Designinteressierte." Burggasse 10, Innere Bezirke. Täglich von 10 - 1 Uhr Text und Foto: Alicja Swierczek, Spotted by Locals
Ein Café, dessen Möbel man kaufen kann, originelle Mode, die nicht zu teuer ist und ein Markt zum Staunen: Wiener verraten ihre Lieblingsorte.
https://www.sueddeutsche.de/reise/staedtetipps-von-insidern-paris-bienvenue-a-paris-1.42128
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Städtetipps von Insidern: Paris - Bienvenue à Paris!
00/04/2010
In Reiseführern finden Touristen "Städte-Klassiker", doch selten steht darin, wo der beste Platz für ein Picknick ist oder wann außergewöhnliche Clubs öffnen. Der City-Blog 'Spotted by Locals' führt deshalb zu den Lieblingsorten lokaler Blogger. Für sueddeutsche.de haben Insider die besten Tipps für zehn Städte zusammengestellt. In dieser Woche verraten Pariser, welche Orte sie in ihrer Stadt lieben. Place Furstemberg - wie eine Bühnenkulisse "Vielleicht werden sich einige fragen, was so besonders ist an diesem Platz. Andere, mich eingeschlossen, sind einfach verliebt in dieses versteckte Kleinod. Obwohl er mitten in Saint-Germain-des-Prés liegt, herrscht nicht viel Verkehr auf den umliegenden Straßen und wer den Place Furstemberg nicht kennt, läuft leicht daran vorbei. Sein besonderer Charme entsteht durch die Symmetrie der Fassaden, die majestätisch hohen Bäume und die fünfarmige Straßenlaterne, die in seiner Mitte steht. Abends verleiht ihr Licht dem Plätzchen eine theatralische Atmosphäre. Eugène Delacroix, ein berühmter französischer Maler des 19. Jahrhunderts, dessen Hauptwerke im Louvre zu sehen sind, wohnte und arbeitete im Haus Nr. 6. Dort befindet sich heute ein kleines Delacroix-Museum. Viel mehr als die überschaubare Anzahl der ausgestellten Gemälde dürfte einen der idyllische Garten interessieren. Hier vergisst man komplett, dass man sich mitten in Paris befindet." Rue de Furstemberg, Quartier Latin. Täglich 24 Stunden Text und Foto: Fred Moussaïan, Spotted by Locals
Wer sich von unseren Insider-Tipps leiten lässt, findet sie selbst in einer Mega-City wie Paris: Verschwiegene Plätze, Treffpunkte von Einheimischen, Kunst auf der Straße.
https://www.sueddeutsche.de/reise/staedtetipps-von-insidern-madrid-madrid-fuer-geniesser-1.31306
reise
Städtetipps von Insidern: Madrid - Madrid für Genießer
00/04/2010
La Ardosa - Jazzklänge zum Drink "Ein Stück abseits der geschäftigen Calle de Fuencarral liegt die La Ardosa. Die Bar ist dekoriert mit allerlei Krimskrams, der sich seit 1892, dem Jahr der Eröffnung, angesammelt haben muss. Fotos der Wirtsfamilie, von mehr oder weniger berühmten Gästen sowie vergilbte Goya-Drucke schmücken die Wände. Eine Schiefertafel zeigt das Ergebnis eines Guinness-Trinkwettwerbs: 14 (!) Gläser. Auf der Speisekarte stehen einige meiner liebsten Tapas: Dünn geschnittener Schinken von Schweinen, die ausschließlich mit Eicheln gefüttert worden sind (Jamon de Bellota), getrockneter Thunfisch (Mojama) und eine dicke Version von Gazpacho, die Salomorejo genannt wird. Die 'Raciones' (Portionen) sind üppig, fragen Sie ruhig nach einer 'media-racion' (halbe Portion). Auch die Getränkekarte ist großzügig bestückt mit Weißwein, Rotwein, Vermut und verschiedenen Importbieren. Falls die Bar von der Straße aus voll aussieht, quetschen Sie sich durch die Menge und ducken Sie sich unter der Theke hindurch: Dies ist der einzige Weg, um in das Hinterzimmer zu gelangen." Calle Colon 13, Chueca & Malasaña. Täglich 08.30 - 02.30 Uhr, im August nur 11.30 - 02.30 Uhr Text und Foto: Nikko Hinderstein, Spotted by Locals
Auch wenn es mit der Olympia-Bewerbung nicht geklappt hat: In Sachen Schlemmen, Feiern und Kunstgenuss gehört Madrid zu den Top-Städten in Europa. Die besten Tipps von Einheimischen.
https://www.sueddeutsche.de/reise/staedtetipps-von-insidern-amsterdam-entspannt-in-amsterdam-1.31029
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Städtetipps von Insidern: Amsterdam - Entspannt in Amsterdam
00/04/2010
In Reiseführern finden Touristen "Städte-Klassiker", doch selten steht darin, wo der beste Platz für ein Picknick ist oder wann außergewöhnliche Clubs öffnen. Der City-Blog "Spotted by Locals" führt deshalb zu den Lieblingsorten lokaler Blogger. Für sueddeutsche.de haben Insider die besten Tipps für zehn Städte zusammengestellt. In dieser Woche verraten Amsterdamer, welche Orte sie in ihrer Stadt lieben. De Ysbreker - Nah am Wasser "De Ysbreker liegt direkt am Fluss Amstel - vielleicht einer der schönsten Plätze Amsterdams. Das Lokal blickt auf eine lange Geschichte zurück. In früheren Zeiten war es ein Gasthaus, in dem die Männer, die die Amstel im Winter eisfrei hielten, logierten. Dieses Gebäude brannte ab, das neue behielt den alten Namen. Zwischenzeitlich wurde es auch einmal als Theater genutzt. Heute kann man im Sommer wunderbar auf der Terrasse draußen sitzen, über den Fluss schauen und die Menschen vorbeiradeln sehen ... Ist das Wetter einmal nicht so gut, sitzt man aber auch drinnen sehr schön, vor allem an den großen Fenstern an der Vorderseite. Tagsüber ist es recht ruhig. Gäste lesen Zeitung (es gibt ein großes Angebot verschiedener Tageszeitungen) und trinken ihren Kaffee. Abends ist mehr Betrieb. Ein sehr schöner Ort, um wochentags ein paar freie Stunden zu verbringen - oder einen faulen Sonntagnachmittag." Weesperzijde 23, Plantag/Oost. Sonntag bis Donnerstag 09.00 - 01.00, Freitag und Samstag 09.00 - 02.00 Uhr Text und Foto: Gisela Clarke, Spotted by Locals
Wo kann man sich satt essen, wo exquisit speisen, Originelles shoppen, Architektur entdecken oder einfach ein paar Stunden vertrödeln? Hier steht's: Amsterdamer verraten ihre Lieblingsorte.
https://www.sueddeutsche.de/reise/staedtetipps-von-insidern-stockholm-schweden-happen-1.29444
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Städtetipps von Insidern: Stockholm - Schweden-Happen
00/04/2010
In Reiseführern finden Touristen "Städte-Klassiker", doch selten steht darin, wo der beste Platz für ein Picknick ist oder wann außergewöhnliche Clubs öffnen. Der City-Blog "Spotted by Locals" führt deshalb zu den Lieblingsorten lokaler Blogger. Für sueddeutsche.de haben Insider die besten Tipps für zehn Städte zusammengestellt. In dieser Woche verraten Stockholmer, welche Orte sie in ihrer Stadt lieben. Dansens Hus - Zeitgenössischer Tanz und Performances "Stockholms Tanztheater ist der richtige Ort, wenn Sie gerne zeitgenössischen Tanz live erleben wollen. Und das Beste: Dafür muss man nicht ein Wort Schwedisch sprechen. Wie in jeder Saison bietet Dansens Hus auch im Herbst/Winter ein dicht gedrängtes Programm. Mindestens 35 verschiedene Performances gibt es pro Saison. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir eine Choreographie von Russell Maliphant, "Push": Zwei Tänzer spielten mit dem Thema Schwerkraft auf eine ganz weiche und leichte Art - sehr schön! Außergewöhnlich gut gefallen haben mir auch die Produktionen von Virpi Pahkinen, die regelmäßig ihre Arbeit im Dansens Hus zeigt. In der vergangenen Saison haben mich am meisten die Stücke von Dorte Olesen, Cullbergbaletten und DV8 beeindruckt. Die Truppe von DV8 hat damals stehende Ovationen bekommen, das Publikum klatschte bestimmt zehn Minuten. Dansens Hus gibt es seit 1931, das Haus verfügt über zwei Bühnen. Die Preise sind niedrig, vor allem für Studenten oder wenn man unter 26 ist. Man kann dort auch Lesungen besuchen, Workshops und Filme, oftmals bei freiem Eintritt." Dansens Hus, Barnhusgatan 14, City/Norrmalm, montags bis freitags 14.00 - 18.00 Uhr, samstags 14.00 -19.00 Uhr (nur in Verbindung mit Vorstellungen) Text und Foto: Natalia Urbanska Spotted by Locals Stockholm
Günstige Kunstgenüsse, berühmte Hackfleischbällchen und der Club mit der besten Partystimmung - Einheimische verraten ihre Lieblingsorte in Stockholm.
https://www.sueddeutsche.de/reise/staedtetipps-von-insidern-london-lieblingsorte-in-london-1.33220
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Städtetipps von Insidern: London - Lieblingsorte in London
00/04/2010
In Reiseführern finden Touristen "Städte-Klassiker", doch selten steht darin, wo der beste Platz für ein Picknick ist oder wann außergewöhnliche Clubs öffnen. Der City-Blog "Spotted by Locals" führt deshalb zu den Lieblingsorten lokaler Blogger. Für sueddeutsche.de haben Insider die besten Tipps für zehn Städte zusammengestellt. In dieser Woche verraten Londoner, welche Orte sie in ihrer Stadt lieben. Das Monument - Londons unbekannteste Aussicht "Das Zentrum von London, Jahrhunderte alt und durch den Zweiten Weltkrieg größtenteils plattgemacht, ist nicht übersät mit Wolkenkratzern wie andere europäischen Städten wie Moskau oder Frankfurt. Aber genau aus diesem Grund gibt es einige umwerfende Aussichtsmöglichkeiten über die Stadt, nicht zuletzt vom London Eye und vom Centrepoint. Aber das Eye ist teuer und auf den Centrepoint kommt man meistens nur schwer hoch. Doch es gibt eine Alternative: Versteckt zwischen den steinernen Bankgebäuden befindet sich Christopher Wrens (der von der St. Paul's Cathedral) Monument für das große Feuer in London im Jahr 1666. Die riesige römische Säule mit einer Flamme auf der Spitze ist 202 Fuß hoch und 202 Fuß weit weg von dem Ort in der Pudding Lane, wo das verheerende Feuer angeblich seinen Anfang nahm. Wenn Sie es schaffen, gehen Sie die 311 Stufen hoch - der Blick ist großartig bei gutem Wetter. Und auch der Preis ist gut: Drei Pfund - will jemand rein? Sehr gerne, danke!" The Monument, Monument Street, London-Zentrum. Tel.: 00442076262717. Öffnungszeiten: täglich, 9.30 Uhr bis 17.30 Uhr (letzter Einlass: 17 Uhr) Text: Sean Williams; Foto: AP; spotted by locals
Auf einem Pferd durch den Hyde Park, Romantik im Doppeldecker und Londons unbekanntester Aussichtspunkt: Londoner verraten Geheimtipps für ihre Stadt.
https://www.sueddeutsche.de/reise/staedtetipps-von-insidern-prag-prager-perlen-1.31089
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Städtetipps von Insidern: Prag - Prager Perlen
00/04/2010
In Reiseführern finden Touristen "Städte-Klassiker", doch selten steht darin, wo der beste Platz für ein Picknick ist oder wann außergewöhnliche Clubs öffnen. Der City-Blog "Spotted by Locals" führt deshalb zu den Lieblingsorten lokaler Blogger. Für sueddeutsche.de haben Insider die besten Tipps für zehn Städte zusammengestellt. In dieser Woche verraten Prager, welche Orte sie in ihrer Stadt lieben. Popocafépetl @ Újezd - Trinken und Tanzen "Im Stadtbezirk Újezd sollte man auf jeden Fall das Popocafépetl besuchen. Aber Vorsicht, es gibt insgesamt vier Cafés mit diesem Namen in Prag (in Na Struze, Italská, Melantrichova) - aber dieses ist das einzige, das auch ein Musikclub ist. Wenn Sie den etwas versteckten Eingang gefunden haben und die Treppen in den Keller hinabsteigen, werden Sie sofort den unverkennbaren Duft riechen. Dann betreten Sie den kleinen und nur schwach erleuchteten Club mit der altmodischen Dekoration und die Party kann beginnen. Sie können Kaffee, Bier, Wein oder Cocktails zu einem vernünftigen Preis bestellen. Nahezu jeden Tag findet ein Konzert statt, suchen Sie sich eines aus: Sonntags spielen meist Gypsy Bands live, montags wird Latino Musik und freitags und Samstags werden Oldies gespielt, und so weiter. Schauen Sie einfach in das Programm auf der Webseite des Popocafépetl. Der Eintritt ist meist frei und ansonsten vernachlässigbar. Aber ich würde Ihnen sehr ans Herz legen, zu reservieren, da der kleine Club oft sehr voll ist. Das Popocafépetl kennt keine rigiden Öffnungszeiten - es macht zu, wenn kaum noch Leute da sind, und das kann um zwei Uhr oder um fünf Uhr morgens sein. Darum ist dies auch ein großartiger Ort, wenn man woanders rausgeschmissen wurde und immer noch Lust auf Party hat." Popocafépetl @ Újezd, Újezd 19, Prag 5, täglich 16 bis 2 Uhr (offiziell) Text und Foto: Tomáš Jungwirth, Spotted by Locals
Der originellste Musikclub der Stadt, die beste Aussicht Prags und die wahre Heimat des tschechischen Kubismus: Prager zeigen, was man in ihrer Stadt jenseits der Touristenklassiker entdecken kann.
https://www.sueddeutsche.de/reise/staedtetipps-von-insidern-berlin-ich-bin-ein-berliner-1.173174
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Städtetipps von Insidern: Berlin - Ich bin ein Berliner
00/04/2010
In Reiseführern finden Touristen "Städte-Klassiker", doch selten steht darin, wo der beste Platz für ein Picknick ist oder wann außergewöhnliche Clubs öffnen. Der City-Blog "Spotted by Locals" führt deshalb zu den Lieblingsorten lokaler Blogger. Für sueddeutsche.de haben Insider die besten Tipps für zehn Städte zusammengestellt. In dieser Woche verraten Berliner, welche Orte sie in ihrer Stadt lieben. Badeschiff - ein Pool auf dem Fluss "Sie wollen Baden? Dann besuchen Sie doch das Badeschiff! Stellen Sie sich einen einfachen Swimming Pool vor. Und dann stellen Sie sich vor, dass dieser Pool selbst schwimmt - wie ein Schiff. Kombinieren Sie das mit dem Berliner Fluss Spree und Sie haben ihn - einen wirklich coolen Platz zum Relaxen, der ein wenig Strandleben ins hektische Berlin bringt. Beim Schwimmen können Sie die fantastische Aussicht auf die Spree, die komplette städtische Szenerie (ein kleiner Industriehafen, Brücken, Appartements, Bürogebäude, ein Schiffswrack, ...) und vielleicht sogar auf ein vorbeifahrendes Boot genießen. Oder Sie nehmen einen Drink an der Bar und relaxen auf den strandähnlichen Sandbänken. Manchmal gibt es Livemusik oder DJs legen auf. Der Eintritt ist mit nur drei Euro überraschend billig, Kinder unter zwölf Jahren zahlen nur 1,50 Euro. Meiner Meinung nach beweist das Badeschiff - so wie viele andere Plätze - was für eine kreative Stadt Berlin ist. Deshalb liebe ich es! Die Webseite ist auf Deutsch und enthält einen großartigen Überblick. Klicken Sie hier für mehr Informationen über "Sommerbadeschiff Steg 1" oder die "Escobar"! Interessiert? In Wien gibt es ebenfalls ein Badeschiff ..." Badeschiff, Eichenstraße 4, Treptow. Öffnungszeiten: Täglich ab acht Uhr, Ende offen. Fotos und Text: Herrmann Königs; Spotted by Locals/Berlin
Ein Badeschiff auf der Spree, der beste Wurstimbiss der Stadt und ein Secondhandladen, in dem kiloweise verkauft wird - Lieblingsorte in Berlin.
https://www.sueddeutsche.de/reise/karlsbruecke-in-prag-ein-mythos-wird-verschandelt-1.21397
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Karlsbrücke in Prag - Ein Mythos wird verschandelt
00/04/2010
Es soll Glück bringen. Wer in Prag die Karlsbrücke überquert und an der Statue des heiligen Nepomuk die dort befindliche Figur eines Hundes berührt, dem werden seine Wünsche erfüllt. So besagt es zumindest eine alte Legende, und dementsprechend verhalten sich bis heute Hunderttausende Touristen aus aller Welt. Die Metallplatte mit der frommen Darstellung wurde gerade entfernt und durch eine neue Kopie ersetzt. Das alte Stück, schon selber eine Nachbildung des im Museum verwahrten Originals, soll von Mai an bei der Expo-Weltausstellung in Shanghai den tschechischen Pavillon und die dort präsentierte Nachbildung der Karlsbrücke zieren. Der Mythos Karlsbrücke ist nämlich ein Exportschlager. Deshalb findet es auch außerhalb von Tschechien Beachtung, wenn es um die seit August 2007 laufende Renovierung des gotischen Baudenkmals wieder einmal Streit gibt. Mit einem Paukenschlag machte jetzt im Auftrag des Kulturministeriums die Denkmalschutzbehörde in Pilsen auf grobe Missstände aufmerksam. Das Amt verhängte gegen die Verantwortlichen der Stadt Prag eine Geldbuße in Höhe von umgerechnet 130.000 Euro, weil bei der Renovierung der Karlsbrücke schwere Fehler gemacht worden seien. "Die traditionellen Methoden des Steinmetzhandwerks wurden nicht respektiert", erklärte der Pilsner Behördenchef Peter Jirasek. Außerdem habe die beauftragte Baufirma exzessiv viele historische Steinquader zerstört und durch Nachbildungen ersetzt. Zudem sei der falsche Mörtel benutzt worden. "Die Fugen wurden mit einem handelsüblichen Kunststoffkitt verschlossen, wie er auch bei der Sanierung von Plattenbauten verwandt wird", erklärte die Behörde. Sie kritisierte ferner, dass als Untergrund für die neue Pflasterung des mehr als 650 Jahre alten Bauwerks Beton ausgelegt wurde. Dies kann jeder, der in diesen Tagen die Brücke betritt, mit eigenen Augen sehen. In einem abgesperrten Sektor hantieren Bauarbeiter, und es ist auch klar erkennbar, wo sie in der Brückenmauer die alten, dunklen Steine durch neuere ersetzt haben, die durch ihre helle Farbe krass hervorstechen. Insgesamt 240 alte Quader wurden, wie am Wochenende die Zeitung Lidové noviny berichtete, schon vor einiger Zeit vollkommen zerstört. Auch die Pflasterung vermittelt alles andere als eine historische Anmutung von diesem einmaligen Denkmal, dessen Grundsteinlegung im Jahre 1357 der mittelalterliche Kaiser Karl IV. veranlasst hatte.
Dilettantischer Denkmalschutz: Nach schweren Fehlern bei der Restaurierung der weltberühmten Karlsbrücke muss Prag hohe Strafen zahlen.
https://www.sueddeutsche.de/reise/reisen-in-deutschland-die-schoensten-ecken-deutschlands-1.1132064
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Lieblingsorte in Deutschland - Berlin, Berlin, warum nur nach Berlin?
00/04/2010
"Ich bin ein Berliner!" Mit diesem Satz kann man zur richtigen Zeit am richtigen Ort in die Geschichte eingehen. Aber heute noch damit einen Preis gewinnen? Die Touristen-Werber von be berlin hoffen wahrscheinlich auf etwas kreativere Beiträge: Sie rufen zu "Liebesbekenntnissen" für Berlin in Form von Kurzvideos auf, um damit mehr Anhänger für die Hauptstadt-Seite auf Facebook zu gewinnen - eine Million Fans sollen es werden. Die Macher der schönsten Liebesbekenntnisse dürfen dann zum Beispiel DJ Paul van Dyk treffen oder über den Roten Teppich bei der Berlinale schreiten. In den bereits eingestellten Videos kann man statt einen Panther hinter Gittern einen Pandabären hinter Glas im Berliner Zoo bei seinen Kreisen beobachten. Oder ganz in Ruhe die Sonne über Berlin versinken sehen, etwas zeitgerafft in zweieinhalb Minuten. Doch warum sollte nur Berlin mit Liebesbekundungen überschüttet werden? Schließlich gibt es viele andere schöne Orte in Deutschland, deren Anblick allein schon eine Erholung ist ...
Das Tourismusportal Visit Berlin sammelt per Video-Wettbewerb "Liebesbekenntnisse" an die Hauptstadt. Dabei können andere Orte in Deutschland noch schöner sein.
https://www.sueddeutsche.de/reise/sehenswuerdigkeiten-und-alternativen-besser-als-grand-canyon-1.130043
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Sehenswürdige Alternativen - Besser als Grand Canyon
00/04/2010
Warum sich an berühmten Sehenswürdigkeiten, so beeindruckend und einzigartig sie auch sein mögen, über die vielen anderen Touristen ärgern? Es gibt Alternativen! Statt Grand Canyon, Colorado: Bryce Canyon, Utah Grand Canyon: Natürlich gehört der Anblick des Grand Canyon zu Recht zu den imposantesten der Welt. Größe zählt eben doch: Die berühmte Schlucht, die der Colorado River über Jahrmillionen Jahre in den Fels gegraben hat, ist 445 Kilometer lang, knapp 30 Kilometer breit und etwa 1600 Meter tief. Fünf Millionen Besucher wandern jährlich am Rand des Canyons auf gut asphaltierten Wegen entlang, ein Shuttle-Bus-System transportiert die Fußfaulen zum nächsten Aussichtspunkt. Und dann wieder zum nächsten. Die Trails zum Grund der Schlucht sind nur geübten und ausdauernden Wanderern zu empfehlen. Doch die schiere Größe des Grand Canyon ist zugleich auch sein Manko: Ein bisschen eingeschüchtert steht der Besucher vor dieser Weite, während hinter ihm die nächste Ladung Aussichtswilliger aus dem Bus quillt und versucht, das gewaltige Panorama mit ihren Kameras zu erfassen. Grand Canyon, Foto: nps.gov
An berühmten Attraktionen drängen sich Touristen. Dabei gibt es ebenso eindrucksvolle, aber weniger überlaufene Alternativen - zehn Beispiele.
https://www.sueddeutsche.de/reise/sicherheit-auf-usa-fluegen-name-herkunft-zuletzt-besuchte-laender-1.1416
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Sicherheit auf USA-Flügen - Name, Herkunft, zuletzt besuchte Länder
00/04/2010
Wer es als Flugpassagier bis zur Biometrie-Kontrolle auf US-Boden geschafft hat, hat eine Vielzahl von Kontrollen künftig bereits hinter sich - manche von ihnen, ohne es zu wissen. Als Konsequenz aus dem vereitelten Anschlag auf ein Delta-Flugzeug an Weihnachten 2009 kündigte das US-Ministerium für Heimatschutz in Washington ein neues Sicherheitssystem an, das potenziell verdächtige Passagiere bereits im Vorfeld einer USA-Reise gezielt herausfiltern und von dem Flug in die USA abhalten soll. Wie Heimatschutzministerin Janet Napolitano mitteilte, sollen die neuen Bestimmungen künftig einen "mehrschichtigen Ring von sichtbaren und unsichtbaren Sicherheitsvorkehrungen" um Flugpassagiere in die USA legen. Ziel sei es, Terroranschläge effektiver und zielgenauer abzuwehren. "Passagiere von ausländischen Flughäfen mit Ziel USA dürften bereits beim Einchecken und Einsteigen verschärfte Sicherheitsmaßnahmen und stichprobenartige Kontrollen bemerken", hieß es in einer Erklärung des Ministeriums. "Dazu zählen die Suche nach Sprengstoffspuren, verbesserte Durchleuchtungstechnologien, Hundestaffeln, Abtasten und andere Vorkehrungen." Geheimdienst-Informationen und Risikoanalysen Weitere Kontrollen werden sich unbemerkt von den Passagieren vollziehen. Das neue System sei "viel passgenauer auf Informationen der Geheimdienste und Risikoanalysen zugeschnitten, anstatt alle Reisenden einer bestimmten Nationalität anzuhalten", zitierte die Washington Post einen Regierungsmitarbeiter. Daten von Reisenden wie Name, Herkunft und die zuletzt besuchten Länder sollten automatisch mit Erkenntnissen der Geheimdienste abgeglichen werden. Die neuen Bestimmungen sollen die pauschale Anweisung zur automatischen Kontrolle von Flugreisenden aus 14 zumeist muslimischen Ländern ersetzen, die nach dem vereitelten Attentat an Weihnachten vorübergehend erlassen worden war. Betroffen von den Extra- Kontrollen waren Fluggäste aus Afghanistan, Algerien, Libanon, Libyen, Irak, Nigeria, Pakistan, Saudi-Arabien, Somalia, Jemen, Kuba, Iran, Sudan und Syrien. Airlines bekommen Zugang zu Datenbanken Die neuen Vorkehrungen wurden nach Angaben des US-Heimatschutzministeriums in Kooperation mit Fluglinien und Regierungen im Ausland erarbeitet. So werden ausländische Fluggesellschaften Zugang zu Datenbanken mit bestimmten geheimdienstlichen Informationen erhalten, um sie mit Passagier-Daten abgleichen zu können. Sie sollen weitgehende Befugnisse erhalten, Passagiere festzuhalten, hieß es im Vorfeld der Bekanntgabe des neuen Systems weiter. Es wird sofort in Kraft treten, die volle Umsetzung aber wohl noch länger dauern. Die in US-Medien zitierten Beamten bestritten, dass das neue System auf ethnischem oder religiösem "Profiling" beruhe - also auf dem gezielten Herausgreifen von Menschen allein wegen ihrer nationalen oder religiösen Identität. "Das System basiert auf Geheimdiensterkenntnissen", stellte ein Regierungsvertreter gegenüber der New York Times klar. Den US-Behörden sind "Profiling"-Maßnahmen verboten; nach dem vereitelten Anschlag an Weihnachten wurden freilich Stimmen in der Politik laut, die eine offenere Diskussion über das gesellschaftspolitisch sensible Thema forderten. Anlass für die Überarbeitung der Sicherheitsvorkehrungen war der Anschlagsversuch des Nigerianers Umar Farouk Abdulmutallab, der an Weihnachten eine Delta-Maschine auf dem Flug von Amsterdam nach Detroit mit Sprengstoff, den er in der Unterhose schmuggelte, in die Luft sprengen wollte. Abdulmutallab wurde an Bord gelassen, obwohl bei den US-Geheimdiensten zuvor Warnungen über mögliche Terrorabsichten eingegangen waren.
Flugreisende in die USA werden künftig bereits vor dem Abflug schärfer kontrolliert. Geheimdienst-Informationen sollen helfen, potentielle Terroristen herauszufiltern.
https://www.sueddeutsche.de/auto/dauertest-40-000-km-im-mini-e-lange-leitung-1.24972
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Dauertest: 40.000 km im Mini E - Lange Leitung
00/04/2010
500 Elektro-Minis schickte der britische BMW-Ableger letztes Jahr in einen groß angelegten Feldversuch. Die Kunden rissen sich um die Elektroautos, die ein Jahr zu leasen waren. Tom Moloughney kam dabei zum Elektroauto wie die Jungfrau zum Kind. "Ich wollte mich im Internet über den neuen Chevy Volt informieren und bin dann beim Surfen im Netz irgendwie auf den Mini E gestoßen", erzählt der Inhaber des italienischen Restaurants "Nauna's Bella Casa" in New Jersey, "hier konnte man sich für einen der 500 Mini E bewerben. Ich hatte keine große Ahnung. Das las sich nur alles ganz nett." Der Amerikaner hatte Glück und wurde aus den über 20.000 Bewerbungen für die Testphase des Mini E ausgewählt. Pro Monat bezahlt er für seinen Mini E mit der laufenden Seriennummer 250 seither 850 Dollar. Kein billiges Vergnügen. Die Liebe zum Mini E wuchs dennoch von Tag zu Tag. Auf seinem Mini kleben zahlreiche "electric"-Aufkleber und das Kennzeichen lautet vielversprechend "EF - OPEC" - soll heißen: Tom zeigt der OPEC den automobilen Mittelfinger. Der Hauptwagen der Familie, ein älterer Mercedes ML 430, wurde kurzerhand verkauft. Für Wochendausfahrten hat Tom Moloughney noch einen Porsche Boxster in der Garage. Schließlich ist der Elektro-Mini kein Spaß-Cabrio. Seit über neun Monaten ist er nun Tag für Tag in seinem Mini unterwegs - und der Elektro-Mini ist längst sein ganzer Stolz. Täglich legt er mehr als 120 Meilen zurück. "Ich mache die meisten meiner Fahrten mit dem Mini. Wahnsinn, wie der beschleunigt. Damit hänge ich jeden ab", erzählt er, "ich habe bei mir in der Firma eine zweite Ladestation. Nach ein bis zwei Stunden ist der Wagen wieder voll. Das ist praktisch. So kann ich den Mini E auch für meinen Cateringservice nutzen. Da gibt es immer was zu tun."
In neun Monaten hat der Amerikaner Tom Moloughney über 40.000 Kilometer mit seinem Mini E zurückgelegt. Kaum jemand dürfte mehr Praxis-Erfahrung mit einem Elektroauto haben.
https://www.sueddeutsche.de/auto/die-zukunft-von-premium-1-wolken-vor-dem-stern-1.10640
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Die Zukunft von Premium (1): Mercedes - Wolken vor dem Stern
00/04/2010
Daimler und seine Partner - das Thema könnte Bücher füllen. Nicht geklappt hat es mit VW, BMW, Fiat und Toyota. Geschieden wurden die Verbindungen mit Hyundai, Mitsubishi und Chrysler. Und jetzt, frisch unterschrieben, der Deal mit Renault, Nissan, Infiniti. Das Ziel aller Arrangements war und ist ein Wettbewerbsvorteil durch Synergieeffekte - gemeinsam stark, gemeinsam groß, gemeinsam profitabel. So jedenfalls sehen die Schwaben durch ihre rosarote Brille die Autowelt, deren einzige Konstante ein immer rascherer Wandel ist. Trotzdem: Der Grundgedanke der Kooperation hat in den letzten 20 Jahren nichts an Attraktivität verloren. Statt parallel zu entwickeln, einzukaufen und zu produzieren, will man Geld, Anlagen und Ingenieursleistungen nach Möglichkeit zusammenlegen. Das hat Sinn - aber nur, wenn es jene Marken nicht beschädigt, die ihren Premiumanspruch und ihre Premiumpreise durch Premiuminhalte absichern müssen. Und bei Mercedes hapert es hier an beiden Enden der Produktskala. So funktioniert Smart nicht, weil für solch eine Ein-Auto-Marke selbst der Weltmarkt zu klein ist. Und Maybach funktioniert nicht, weil zu wenige Superreiche auf eine veraltete S-Klasse-Metamorphose im König-Ludwig-Design hereinfallen. Allzu oft hat sich die Konzernmutter Mercedes den Schneid abkaufen lassen. Bei Smart hat man Roadster und Coupé zu früh die Luft abgedreht, den Forfour als bunten Colt fehlprogrammiert, den Formore lebendig begraben; bei Maybach wurde die geplante Evolution vorschnell gestoppt. Und bei Mercedes läuft das Sandwichkonzept für die A- und B-Klasse just zu jenem Zeitpunkt aus, wo man den für Batterien, Range Extender und Wasserstofftanks geeigneten Hohlraum endlich nicht mehr nur mit Luft füllen müsste. Zu wenig Geduld, zu wenige Visionen, zu wenig Verständnis für die eigenen Marken - das sind nur drei Gründe dafür, warum Daimler 2009 mit mehr als drei Milliarden Euro ins Minus gerutscht ist.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet: Warum die Daimler-Allianz mit Renault und Nissan keines der drängenden Mercedes-Probleme löst.
https://www.sueddeutsche.de/auto/tesla-bei-der-rallye-monte-carlo-werbetour-ins-fuerstentum-1.9281
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Tesla bei der Rallye Monte Carlo - Werbetour ins Fürstentum
00/04/2010
Am Ende schiebt sich der Fürst die Sonnenbrille ins Gesicht, steigt in einen Tesla und dreht vom Palais du Prince hoch über dem Hafen aus eine Runde durch die Altstadt von Monaco. "Mission accomplished", denkt Craig Davis, der Marketingchef von Tesla Europa und versendet mit seinem iPhone die Fotos an Journalisten. Denn: Albert II. könnte zum wichtigsten Werbeträger der neuen Marke für die Alte Welt werden. Zumindest in den großen Autonationen Deutschland, Frankreich und Italien hat der kalifornische E-Autobauer trotz berühmter Kunden wie George Clooney und Leonardo di Caprio den Durchbruch noch nicht geschafft. Die Rallye Monte Carlo für alternative Antriebe gibt es seit 2007. Sie ist die grüne Enkelin der ehrwürdigen "Monte"; der Großmutter aller Rallyes, deren Mythos seit 99 Jahren Mobilisten fasziniert. In diesem Jahr starten beim Öko-Ableger von Lugano, Clermont-Ferrand und Annecy le Vieux aus erstmals mehr als 100 Fahrzeuge zu den Wertungsprüfungen. Dieses Feld ist genauso unübersichtlich wie die technischen Ansätze zur Minimierung des CO2-Ausstoßes: Vom originellen Buggy Acrea bis hin zum Sportwagen von Tesla, von Erd- und Autogaslösungen von Fiat, Subaru, Citroën, Saab, Alfa und Renault über Hybridserienmodelle wie Honda Insight und Toyota Prius bis zu elektrischen Neuheiten wie Smart Fortwo Electric Drive und Mitsubishi i-MiEV (beide fuhren allerdings nur eine 120 Kilometer kurze Etappe mit).
Tesla gewinnt die imageträchtige Rallye Monte Carlo für alternative Antriebe - dank eines überlegenen Autos und des besten Fahrers.